Bildung als Privileg – Ursachen, Mechanismen, Prozesse und

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Bildung als Privileg – Ursachen, Mechanismen, Prozesse und Wirkungen (Becker, Lauterbach)
Bildung ist nicht nur allgemeine Bildung und formelle Berufsbildung, sondern auch berufliche Weiterbildung und kontinuierlich selbstgesteuertes Lernen. Bildungsexpansion führte zu einer zunehmenden Bildungsbeteiligung in allen Sozialschichten (1950-1960). Die Bedeutung der Hauptschule als
hauptsächliche Schullaufbahn oder als Volksschule schwindet zusehends. Die gestiegene Chancengleichheit beim Zugang zum Gymnasium wurde jedoch mit einem hohen Preis bezahlt. Insgesamt
erbrachte die Bildungsexpansion einen Zuwachs an Bildungschancen für alle Sozialgruppen, aber
keinen umfassenden Abbau der sozialen Ungleichheit von Bildungschancen. Bildung ist nicht nur eine
formale, auf dem Arbeitsmarkt verwertbare Ressource im Sinne des Humankapitals, sondern eine
entscheidende Voraussetzung für viele unterschiedliche Lebenschancen. Es wird vor allem nach dem
Ursache-Wirkungs-Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungschancen geforscht.
Es wurde mehrfach bewiesen, dass soziale Ungleichheiten von den Eltern an ihre Kinder weitergegeben werden. Es gibt primäre Effekte der sozialen Herkunft (Kinder aus höheren Sozialschichten
erlangen infolge Erziehung, Ausstattung und Förderung Fähigkeiten, mithilfe derer sie in der Schule
bessere Noten bekommen) und sekundäre Effekte der sozialen Herkunft (elterliche Bildungsentscheidungen sind ausschlaggebend für den weiteren Bildungsweg ihrer Kinder). Der Übergang von
der Grundschule in eine weiterführende Schule ist auf dem Bildungsweg die bedeutendste Entscheidung. Sie wird vor allem durch den Willen der Eltern beeinflusst. Die im jungen Erwachsenenalter
auftretenden Bildungsungleichheiten können darum eine Nebenfolge dieser frühen Entscheidung der
Eltern sein. Der sekundäre Herkunftseffekt ist bedeutsamer als der primäre. Wenn sich Investitionen in
Bildung der Kinder lohnen, bezeichnet man das als elterliche Bildungsmotivation und das Verhältnis
zwischen Schulischer Leistung und erwarteter Bildungskosten als Investitionsrisiko. Arbeiterfamilien
sind nicht auf höhere Bildung angewiesen, um den Status zu erhalten. Wenn die Bildungsmotivation
grösser ist als das Investitionsrisiko, dann entscheiden sich Eltern aus der Mittel- und Oberschicht eher
für das Gymnasium als für die Realschule. Die Hauptschule ist keine Alternative. Für die Mittelschichten ist es entscheidend, ob B>I oder B<I, für die Oberschicht hingegen nicht, sie entscheiden
sich so oder so für das Gymnasium. Bei den Ober- und Mittelschichten hängen die Bildungsentscheidungen in einem höheren Ausmass als bei der Unterschicht von der Bildungsmotivation ab. Die Realschule ist nur Ausweichstelle. Die höheren Schichten erhalten eher Empfehlungen für das Gymnasium. Bei den Mittel- und Oberschichten überwiegen die sekundären, bei den Unterschichten die primären Herkunftseffekte. Die Bildungsexpansion trug dazu bei, dass Bildung zum zentralen ständebildenden Element der Erwerbs- und Lebenschancen wurde, während gleichzeitig die soziale Homogenität in der Hauptschule geistigen ist und die soziale Ungleichheit beim Hochschulzugang zugenommen
hat. Es ist anzunehmen, dass der Wohlstand in allen Schichten steigt, der instrumentelle Wert von
Bildung verändert wird, die Bildungsinvestitionen sinken. Kinder aus unteren Schichten erhalten eher
Empfehlungen für die Hauptschule, auch wenn die Leistungen für das Gymnasium genügend wären.
Auf der Makroebene der Gesellschaft sehen wir, dass die Verstaatlichung des Bildungssystems sowie
die Einführung von Schulpflicht und Mindestalter der Bildungsbeteiligung erstmals grobe Ungleichheiten beseitigt hat. Bildungsreformen und der strukturelle Ausbau der Schulsysteme haben auch dazu
beigetragen. Auf der Mesoebene ist das Bildungssystem und seine Institutionen angesiedelt. Als Ursache der Ungleichheit werden hier die unüberwindbaren Barrieren bei den Verzweigungen zwischen
Schul- und Ausbildungslaufbahn angesehen. Auch hier sind die Zensuren grösstenteils Lehrereinschätzungen. Bildungsentscheidungen sind sozial selektiv. Grundschulen sind kaum in der Lage, soziale Ungleichheiten der Startchancen auszugleichen. Die materielle Ausstattung der Schulen stellt nur
eine hinreichende Bedingung dar, die Ungleichheiten auszuräumen. Durch die Sozialisation im Elternhaus haben die Kinder grosse Startvorteile, die offensichtlich durch die Schule kaum wettgemacht
werden können.
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Soziologie als Wissenschaft – Warum Begriffe lernen? (Gukenbiehl)
Soziologie ist Wissenschaft von der Sozialen Wirklichkeit. Nach Max Weber ist Soziologie eine Wissenschaft, welche soziales Handeln deutend verstehen und dadurch in seinem Ablauf und in seinen
Wirkungen ursächlich erklären will. Handeln soll dabei ein menschliches Verhalten heissen, wenn und
insofern der oder die Handelnden mit ihm einen subjektiven Sinn verbinden. Soziales Handeln aber
soll ein solches Handeln heissen, welches seinem von dem oder den Handelnden gemeinten Sinne
nach auf das Verhalten anderer bezogen wird und daran in seinem Ablauf orientiert ist. Die Soziologie
nach Durkheim kann als Wissenschaft von den Institutionen, deren Entstehung und Wirkungsart,
definiert werden. Ein soziologischer Tatbestand ist jede mehr oder minder festgelegte Art des Handelns, die die Fähigkeit besitzt, auf den Einzelnen einen äusseren Zwang auszuüben. Beide sehen in
der Soziologie eine Wissenschaft, die Phänomene und Prozesse der sozialen Wirklichkeit erfassen und
erklären soll. Während Durkheim die objektiv gedachten Tatbestände aus beobachtbarem Handeln
logisch erschliessen zu können glaubt, sieht Weber die Notwendigkeit, nicht nur das Verhalten zu
beobachten, sondern auch den Sinn und die Sozialorientiertheit des Handelns zu verstehen. Soziologie
ist eine empirisch-rationale Sozialwissenschaft und hat eine paradigmatische Struktur. Paradigmen
bestimmen darüber, was das Wichtige und Grundlegende an der sozialen Wirklichkeit sei und wie
Soziologie am besten zu betreiben sei. Grundannahmen über das Soziale sind, dass Menschen nicht
alleine leben und sich in ihrem Zusammenleben eine zweite, kulturelle Welt schaffen. Die soziale
Wirklichkeit ist aber in doppelter Weise Veränderungen unterworfen: Zum einen durch biografische
Wandlungen der Personen, zum anderen durch den geschichtlichen Wandel der Gesellschaften. Fachtermini haben einen doppelten Bezug: zum einen stehen sie in Beziehung zur sozialen Wirklichkeit
und zum anderen stehen sie im Zusammenhang mit theoretischen Modellen, mit fachlichen Gesamtvorstellungen über die soziale Wirklichkeit. Es sind keine Aussagen über das wahre Wesen der Dinge.
Soziales Handeln und seine Grundlagen: Normen, Werte und Sinn (Schäfers)
Norm: Wenn Normen sagen, wie etwas beschaffen sein sollte, dann handelt es sich um normative
Urteile, im Gegensatz zu Tatsachenurteilen. Was einer Norm entspricht, heisst normal; was ihr widerspricht, abnormal. Soziale Normen sind wie soziales Handeln. Der Sinnbegriff wird vor allem vom
Individuum her gedacht, während der Normbegriff eine Kategorie ist, die von aussen an das Handeln
herangebracht wird. Normierung heisst hier Institutionalisierung verbindlicher Regeln und Standards.
Mit jeder Normierung ist eine Selektion verbunden, diese ist wiederum ein Grundprinzip der sozialen
Strukturbildung. Normen können folgendermassen eingeteilt werden: Nach Grad des Bewusstseins,
nach Grad der Verbindlichkeit (Muss-Normen, Soll-Normen, Kann-Normen), nach dem Adressaten
(personen-, gruppen-, gesellschaftsbezogen), nach subjektiv gemessenem Sinn (Norm als Wert, als
Muss). Der statistische Durchschnitt wird zur Verhaltensregel, an der man sich orientiert. Hauptstadien der Normentwicklung: (1) Gut ist, was belohnt, schlecht ist, was bestraft wird (präkonventionelle
Moral). (2) Gut ist, was diese Gruppen als gut bewerten (konventionelle Moral). (3) Orientierung an
abstrakten Prinzipien (postkonventionelle Moral). Sanktionen sind Reaktionen auf ein Verhalten. Es
erfolgt Regulierung und Orientierung durch Sanktionen. Sie können negativ (Bestrafung) und positiv
(Belohnung) sein. Soziale Rollen sind die Verfestigung einer Reihe von Normen zu bestimmten Verhaltenskomplexen und die Summe der Erwartungen, die der andere an mich hat. Die personale Identität verlangt, so zu sein wie kein anderer, die soziale Identität verlangt, so zu sein wie alle anderen. Es
gibt die selbstständig erworbenen und die zugeschriebenen Rollen. Gemeinschaftliches Handeln
heisst, die Interaktion in Familie, Sippe etc. basiert auf auf genauer Kenntnis des Gegenübers. Max
Weber unterschied folgende Arten des Handelns: zweckrational, wertrational, affektuell und traditional.
Werte: Werte sind die allgemeine Grundprinzipien der Handlungsorientierung und der Ausführung
bestimmter Handlungen. Werte sind Vorstellungen vom Wünschenswerten, kulturelle und religiöse,
ethische und soziale Leitbilder, die die gegebene Handlungssituation transzendieren. Die in einer Gesellschaft vorherschenden Wertorientierungen sind das Grundgerüst der Kultur. Änderungen der WerEinführung Pädagogik II
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tordnungen führen zu neuen Selektionen von Sinn und können in Konflikt mit dem tradierten und immer umfänglicher kodifizierten Normgefüge geraten.
Sinn: kann körperlich, aber auch geistig sein. Jedes Individuum kann Sinnverstehen. Es wird davon
ausgegangen, dass jedes Individuum mit Normen und Werten ausgestattet ist, dass Kultur ein zusammenhängendes und vom Menschen verstandenes Normen- und Wertsystem ist und dass Menschen
nach dem Sinn und den Kulturwerten suchen. Der Sinn ermöglicht dem Individuum die Orientierung
in der Welt. Der Sinnbegriff ist die Ordnungsform menschlichen Lebens. Menschen handeln in bestimmten Situationen aufgrund von Bedeutungen, die sie selbst als Sinn verstehen (vorstrukturiertes
Alltagswissen). Ein Grossteil der individuellen Handlungen unterliegt einer nachträglichen Rationalisierung, Motivation und Sinngebung.
Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital (Bourdieu)
Kapital ist angehäufte Arbeit, entweder in Form von Materie oder verinnerlichter, inkorporierter Form.
Beides braucht aber Zeit zum Aufbau. Um ein Funktionieren der gesellschaftlichen Welt zu ermöglichen, muss der Begriff des Kapitals in allen Erscheinungsformen vorhanden sein, nicht nur in der
Form der Wirtschaftstheorie. Denn der wirtschaftswissenschaftliche Kapitalbegriff reduziert die Gesamtheit der gesellschaftlichen Austauschverhältnisse auf den blossen Warenaustausch (subjektiv und
objektiv ausgerichtet auf Profitmaximierung und Eigennutz). Wichtig eben: Erfassung des Kapitals
und des Profits in allen seinen Erscheinungsformen (es gibt immer Dinge, deren Wert sich schwer in
Geld ausdrücken lässt) und die Bestimmung der Gesetze, in denen die verschieden Arten von Kapital
(oder Macht) ineinander transformiert werden können. Das Kapital tritt in drei grundlegenden Arten
auf (hängt vom Anwendungsbereich und mehr oder weniger hohen Transformationskosten ab).
Ökonomisches Kapital: unmittelbar und direkt in Geld konvertierbar und eignet sich v.a. zur Institutionalisierung in der Form des Eigentumsrechts. Kulturelles Kapital (KK): unter bestimmten Voraussetzungen in ökonomisches konvertierbar, Institutionalisierung von schulischen Titeln (Bildungszertifikate). Es gibt drei Formen von KK: (1) verinnerlichter, inkorporierter Zustand (meint Bildung,
erfordert persönliche Zeitinvestition, um das Kapital anzuhäufen, man kann es nicht weiterdelegieren,
man bezahlt mit Zeit und allen möglichen Entbehrungen, Opfern. Die Primärerziehung in der Familie
muss auch in Rechnung gestellt werden  positiver oder negativer Wert bei Schulantritt. Inkorporiertes Kapital kann nicht kurzfristig weitergegeben werden, es ist eng an die bestimmte Person gebunden.
Deshalb ist die Ausbeutung auch heikel (Wie kauft man diese Kapitalform, ohne den Menschen zu
kaufen?). Oft ist erfolgt die Inkorporierung völlig unbewusst. Oft wird es, weil es viel verborgener ist
als das ökonomische Kapital, als blosses symbolisches Kapital ausgewiesen und der wahre Wert nicht
anerkannt. Dafür hat es aber im Gegenzug mehr Wert wo das ökonomische z.Bsp. nicht so viel zählt
(Heiratsmarkt). Die zum Erwerb erforderliche Zeit ist das Bindeglied zwischen ökonomischem und
kulturellem Kapital. (2) objektivierter Zustand (in Form von kulturellen Gütern, Bildern, Büchern,
Lexika, ist dadurch übertragbar. Das objektivierte Kulturkapital hat eine Reihe von Eigenschaften, die
sich nur durch seine Beziehung zum inkorporierten Kapital bestimmen lassen (z. Bsp. Der Werte eines
Gemäldes schätzen oder mit einer Maschine umgehen können). Kulturelle Güter können somit entweder zum Gegenstand materieller Aneignung werden, dies setzt ökonomisches Kapital voraus. Oder sie
können symbolisch angeeignet werden, was inkorporiertes Kapital voraussetzt. (3) institutionalisierter
Zustand (Objektivierung in Form von Titeln. Schulische Titel sind ein Zeugnis für kulturelle Kompetenz, es wird einer Person institutionelle Anerkennung verliehen. Damit wird es möglich, die Besitzer
derartiger Titel zu vergleichen oder auszutauschen. Durch Bestimmung des Geldwertes für bestimmten Titel lässt sich ein Wechselkurs zwischen kulturellem und ökonomischem Kapital festlegen. Soziales Kapital (SK): soziale Verpflichtungen und Beziehungen, in ökonomisches Kapital konvertierbar, Institutionalisierung von Adelstiteln (Ressourcen, die auf der Zugehörigkeit einer Gruppe beruhen. Ein Beziehungsnetz ist Produkt einer fortlaufenden Institutionalisierungsarbeit, diese ist notwendig für die Produktion und Reproduktion der dauerhaften und nützlichen Verbindungen, die Zugang zu
materiellen oder symbolischen Profiten verschaffen. Das Beziehungsnetz ist das Produkt individueller
oder kollektiver Investitionsstrategien, die bewusst oder unbewusst auf die Schaffung und Erhaltung
von Sozialbeziehungen gerichtet sind, die früher oder später einen unmittelbaren Nutzen versprechen.
Für die Reproduktion von SK ist eine unaufhörliche Beziehungsarbeit in Form von ständigen Austauschakten erforderlich, durch die die gegenseitige Anerkennung immer wieder bestätigt wird. Bei
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Beziehungsarbeit wird Zeit und Geld und damit, direkt oder indirekt auch ökonomisches Kapital verausgabt. In Gruppen gibt es verschieden Arten von Delegation (z.Bsp. kann eine Person Leitung der
Gruppe übernehmen. Die Macht, die er auf Grund des gesamten Kapitals erhält, steht in keinem Verhältnis zu seinem persönlichen Gewicht  Konzentration von SK  Repräsentation (Bsp. Der Adel)).
Kapitalumwandlungen: Die anderen Kapitalarten können mit Hilfe von ökonomischem Kapital erworben werden, aber nur um den Preis eines mehr oder weniger grossen Aufwandes an Transformationsarbeit. Es gibt bestimmte Güter und Dienstleistungen, die mit Hilfe von ökonomischem Kapital
ohne Verzögerung und Kosten erworben werden können. Es gibt aber auch solche, die nur aufgrund
eines sozialen Beziehungs- oder Verpflichtungskapitals erworben werden können. Bei Kapitalumwandlungen geht keine soziale Energie verloren  Gewinne auf einem Gebiet werden mit Kosten auf
einem anderen Gebiet bezahlt. Es ist nur möglich, das Funktionieren des Kapitals in seiner Logik, die
Kapitalumwandlungen und das sie bestimmende Gesetz der Kapitalerhaltung zu verstehen, wenn man
zwei einseitige und einander entgegengesetzte Betrachtungsweisen bekämpft. 1. Ökonomismus: alle
Kapitalarten sind auf ökonomisches Kapital reduzierbar, keine spezifische Wirksamkeit der anderen
Kapitalarten. 2. Semiologismus: reduziert soziale Austauschbeziehungen auf Kommunikationsphänomene und ignoriert die Tatsache der universellen Reduzierbarkeit auf die Ökonomie.
Bildungsentscheidungen und -ungleichheit – ein Überblick über den Forschungsstand.(Kristen)
Bildungsqualifikationen stellen zentrale Ressourcen auf dem Arbeitsmarkt und auch auf dem gesellschaftlichen Positionsmarkt dar. Da Bildung eine besondere Bedeutung einnimmt, in Hinsicht auf die
Lebenschancen von Individuen, besteht reges Interesse an bildungssoziologischen Fragestellungen,
oftmals auch Bildungsungleichheiten. Die Chancenunterschiede der Schichten schwächen sich zwar
im Zeitverlauf ab, jedoch bestehen immer noch Ungleichheiten bezüglich des Bildungsverhaltens.
Ebenfalls zum Standardrepertoire der Ungleichheitsforschung gehört die Frage, wie es zu systematischen Unterschieden im Bildungsverhalten verschiedener Bevölkerungsgruppen kommt. Es gibt dazu
keine allgemeine theoretische Erklärung. Der Bericht will einen Überblick geben über den Stand der
bildungssoziologischen Ungleichheitsforschung. Das Interesse richtet sich vor allem auf die Entstehung von Bildungsungleichheiten.
Etappen bildungssoziologischer Ungleichheitsforschung:
schichtspezifische Sozialisationsforschung: 60er Jahre  Krise im Bildungswesen durch veränderte
Bildungssituation = Ausgangspunkt der bildungssoziologischer Ungleichheitsforschung. Im Mittelpunkt steht die Frage nach dem Beitrag des Bildungssystems zur Reproduktion sozialer Ungleichheit.
Empirische Nachweise des Zusammenhangs- zwischen Schicht-, Geschlechts- und Regionalzugehörigkeit und dem Bildungserfolg. Die in dieser Zeit vorherrschende schichtspezifische Sozialisationsforschung beschäftigt sich mit Vorgängen der Reproduktion sozialer Ungleichheit über Familie und
Schule. Es geht darum um eine Verknüpfung der Frage nach den Effekten schichtspezifischer Sozialisation einerseits und den Reaktionen des Bildungssystems andererseits. Es wird davon ausgegangen,
dass mit der Schichtzugehörigkeit typische Gesellschaftsbilder, Wertorientierungen, Erziehungseinstellungen und Erziehungspraktiken verbunden sind. Es sind schichtspezifische Unterschiede in Satzbau, Wortschatz und Abstraktionsvermögen festgestellt worden  schaffen unterschiedliche Voraussetzungen für schulischen Erfolg. „Mittelklasseinstitution“ Schule als von einem Normensystem geprägt, das Kindern der Unterschicht weniger vertraut ist und dementsprechend zu ihrer Benachteiligung führt. Auch wird den Lehrern ein bestimmtes Ausleseverfahren (unbewusst) vorgeworfen 
Verfestigung von Unterschieden  Reproduktion von Ungleichheit.
Die schichtspezifische Sozialisationsforschung ist mit zwei zentralen Problemen konfrontiert: der ausstehenden empirischen Bestätigung ihrer wichtigsten Thesen und gravierenden Theoriedefiziten.
Statuserwerb und Mobilitätsprozesse: Untersuchung des Zusammenhangs zwischen sozialer Herkunft, Bildungserfolg und erreichtem beruflichen Status. Im Mittelpunkt steht die Analyse von Mobilitätsprozessen und damit die Frage, welchen Einfluss die soziale Herkunft der Eltern einerseits und ihre
erworbenen Bildungsqualifikationen andererseits auf die spätere berufliche Platzierung der Kinder hat.
„The American Occupational Structure“ (Duncan & Blau) bildet den Ausgangspunkt für unzählige
Analysen, die nachweisen, dass Bildungsqualifikationen von entscheidender Bedeutung im Statuszuweisungsprozess sind. Damit stellen die Autoren einen veränderten Ansatz zur Untersuchung von Mobilitätsprozessen vor: In Mobilitätsforschung  direkte Statusvererbung von beruflichen Stellung des
Vaters. „Wisconsin Model of Status Attainment“ (Sewell; Haller, Portes) gilt als einer der ersten beEinführung Pädagogik II
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deutsamen Versuche, das Blau-Duncan-Modell anhand sozialpsychologischer Aspekte zu modifizieren und zu erweitern. Es wird davon ausgegangen, dass der Effekt der sozialen Herkunft auf Bidlugnsund Berufserfolg zu einem grossen Teil über Bezugsgruppeneinflüsse und Bildungs- bzw. berufliche
Aspirationen vermittelt wird. Erste quantitativ-empirischen Untersuchungen in Bundesrepublik gehen
auf Müller zurück, ausgehend vom Blau-Duncan-Modell.
Im Mittelpunkt steht nicht mehr primär die Untersuchung von Bildungsungleichheiten, sondern die
Frage, wie soziale Ungleichheiten über Bildung reproduziert werden.
Aktuelle Bildungsforschung: Die eigentliche Beschäftigung mit Bildungsungleichheiten gerät aufgrund der verstärkten Hinwendung zu Mobilitätsprozessen aus dem Blickfeld. Seit Beginn 90er Jahre
wiedererwachendes Interesse an Beschäftigung mit Bildungsungleichheiten. In erster Linie geht es um
Frage nach Ausmass, Stabilität und Wandel von Bildungsungleichheiten. Seit 1990 Informationen
über Schülergenerationen verfügbar, die unter den veränderten Bedingungen der Bildungsexpansion
ihre Schullaufbahn beendet und den Übergang in den Arbeitsmarkt machten  Analysen zu Veränderungen im Vergleich zu früheren Kohorten möglich. Auch der Übertritt vom Bildungssystem in den
Arbeitsmarkt wird genauer unter die Lupe genommen. Auch erstmals Migrantenkinder werden analysiert.
Theoretische Ansätze zur Erklärung von Bildungsentscheidungen: Die individuelle Bildungslaufbahn lässt sich als sequentieller Entscheidungsprozess mit wiederkehrenden, in der Regel institutionell
festgelegten Übergangspunkten modellieren. Folgen der Entscheidungen zeigen sich erst mit der Zeit,
daher ein schwer einsetzbares Risko  Fehlentscheidung kann mit erheblichen Kosten verbunden
sein. In der Regel werden Kosten ausgeglichen mit dem späteren Ertrag. Auch Besonderheit in der Art
der Entscheidung: Familienentscheidung (wobei angenommen wird, dass mit dem Alter die Einflussnahme der Eltern abnimmt).
Humankapitaltheorie: Anwendung der Kapitaltheorie auf menschliche Ressourcen. Bildung wird
nachgefragt, wenn sie sich unter Berücksichtigung der entstehenden Kosten lohnt. Bildungsinvestitionen verursachen Kosten (Geld, Zeit, Mühe). Es gibt direkte Kosten der Schulbildung (Bücher, Nachhilfe, Fahrtkosten etc.) und indirekte Kosten (Opportunitätskosten, der entgangene Lohn). Hinsichtlich
der Erträge sind weniger die gegenwärtigen, als vielmehr die zukünftigen Erträge der Bildungsinvestition von Bedeutung: Entscheidend ist das ganze Lebenseinkommen. Die Humankapitaltheorie erklärt
Investitionsunterschiede in Bildung anhand von Angebots- und Nachfragefunktion. …..
Typische Veränderungen im Verlauf von Angebots- und Nachfragekurven werden also auf Unterschiede in der Kostenbelastung und in den schulischen Erfolgswahrscheinlichkeiten verschiedener
Bevölkerungsgruppen zurückgeführt. Bei geringem Familieneinkommen wiegen Kosten höherer Bildung schwerer  im Vergleich Nachfrage nach Bildung geringer. Wahrscheinlichkeit für schulischen
Erfolg wird für benachteiligte Gruppen geringer gewertet und somit ergibt sich ein höheres Risiko bei
Bildungsinvestitionen. Der Zins für entgangenen Lohn wird höher eingeschätzt  die Bildungsnachfrage unterer Schichten reduziert sich weiter. Im Gegensatz sieht die Humankapitaltheorie Unterschiede in den Ertragsraten nicht vor, damit wird unterstellt, dass beigegebener Bildungsinvestition die zu
erwartenden Erträge für alle Bevölkerungsgruppen dieselben sind. Die Argumentation erfolgt ausschliesslich über die Angebotsseite und lässt die Nachfrageseite des Arbeitsmarktes unberücksichtigt.
Im Mittelpunkt des Ansatzes steht die Vorstellung von Investitionen in menschliche Ressourcen und
den aus diesen Investitionen resultierenden langfristigen Erträgen in Form von Einkommen.
Boudon (1974): Primäre Effekte der Schichtzugehörigkeit: beziehen sich auf schichtspezifische
Unterschiede im kulturellen Hintergrund und deren Auswirkungen auf schulische Leistungen. Je niedriger der Sozialstatus der Familie, desto ärmer ist die kulturelle Ausstattung der Kinder und desto begrenzter ist der Schulerfolg. Die sekundären Effekte: ergeben sich aus der Stellung innerhalb des
Schichtungssystems. Es geht um den Einfluss der sozialen Herkunft im Entscheidungsprozess an den
einzelnen Bildungsübergängen. Die primären Effekte schaffen eine Art „Ausgangsverteilung“ auf
Basis des kulturellen Hintergrunds. Die sekundären Effekte sorgen dann dafür, dass Individuen unterschiedliche Bildungsentscheidungen treffen – in Abhängigkeit von ihrer Position im Sozialsystem.
Identische monetäre Bildungskosten belasten die Familien unterschiedlich stark je nach Einkommenshöhe. Unterschiede in den Bildungserträgen begründet Boudon mit Statusverlust (höhere Familien
wollen, dass ihre Kinder den Status beibehalten, bei niedrigen ist dies nicht wichtig). Modell eines
sequentellen Entscheidungsprozesses mit x Entscheidungspunkten. Familie trifft Entscheidung hinsichtlich Verbleib oder Verlassen des Bildungssystems. Sekundäre Effekte ausschlaggebend, primäre
nehmen eher ab. Es lässt sich leicht ablesen, wie auch bei identischen Schulleistungen die Chancen,
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dasselbe Bildungsniveau zu erreichen, schichtspezifisch auseinanderdriften. Boudon setzt Kontrapunkt
zur schichtspezifischen Sozialisationsforschung (er hält nicht die primären Effekte für massgebend, es
geht ihm um den Entscheidungsprozess selbst). Boudon weist im Gegensatz zur Humankapitaltheorie
dem Statusverlustmotiv und damit schichttypischen Unterschieden in den Bildungserträgen zentrale
Bedeutung bei der Entstehung von Bildungsungleichheiten zu.
Neuere Ansätze: Gambetta (1987): er unterscheidet drei unterschiedliche Aspekte in der Erklärung
individueller Bildungsentscheidungen. Er unterscheidet einerseits verschiedene Arten von Constraints
(Grenzen, Hemmnisse), welche die Entscheidung einschränken und sie in eine bestimmte Richtung
lenken (Push-Faktoren), andererseits geht es um rationales, intentionales Handeln, basierend auf der
Bewertung von Alternativen (Pull-Faktoren); und schliesslich bezieht er die individuellen Präferenzen
und Pläne der Akteure ein. Push-Faktoren: institutionelle (schulische und rechtliche Regelungen, in
die eine Entscheidung eingebettet ist), kulturelle und ökonomische Constraints. Vor allem ökonomische sind wichtig: je grösser die ökonomischen Contstraints sind, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit für den Verbleib im Schulsystem. Pull-Faktoren: Vertrauen Individuen auf ihre schulischen
Fähigkeiten, so werden sie eher eine längere Schullaufbahn anstreben – auch unabhängig von ihrer
sozialen Herkunft. Hinsichtlich der ökonomischen Präferenzen befasst sich Gambetta zum einen mit
der Zeitperspektive, die für die Zukunftsplanung angesetzt wird: Je langfristiger diese Perspektive ist,
desto grösser ist auch die Bereitschaft, zukünftige Erträge weiter in die Zukunft zu verschieben und
langfristige Bildungsinvestitionen zu tätigen. Zum anderen bezieht er den Einfluss von Arbeits- und
Verdienstpräferenzen auf Bildungsentscheidungen ein: Je ehrgeiziger Individuen sind, desto eher werden sie auch ihre Ansprüche über die entsprechenden Bildungsinvestitionen verwirklichen. Gambetta
nimmt an, dass Bildungspräferenzen in der Gesellschaft etwa normalverteilt sind (unteres Ende der
Verteilung (links)  keine Bildung, oberes Ende (rechts)  Bildung um jeden Preis in Planung)er
geht von einer rechtssteilen Verteilung aus, da er den meisten Menschen ein generelles Interesse an
Bildung unterstellt. Constraints stellen keine unüberwindbaren Barrieren dar. Je umfangreicher die
Constraints, desto höher sind die Kosten anspruchsvollerer Bildungswege und desto grösser sind auch
die Opfer, die erbracht werden müssen, falls diese Wege allen Widrigkeiten zum Trotz gewählt werden. In der Mitte der Verteilung ist der Einfluss von Pull- und Push-Faktoren am grössten auf die Bildungsentscheidung. Schichtspezifische Unterschiede resultieren in den Bildungsentscheidungen und
den je nach schulischen Fähigkeiten variierenden Erfolgswahrscheinlichkeiten; Präferenzen bilden die
dritte Einflussgrösse. Unterschied zu bisher dargestellten Ansätzen? (Push-Pull-Faktoren  Boudons
Ausführungen, Bildung als Konsum- und Investitionsgut  HK-Theorie)  Unterschied von Gambetta. Er führt als neuen Aspekt die schichtspezifisch variierenden Präferenzen ein. Bei der Präferenzformation sind neben dem Einfluss indirekter Effekte von Push- und Pull-Faktoren vor allem die Trägheitskräfte bedeutsam. Trägheit bedeutet dabei, dass die Wahl einer bestimmten Bildungsoption auch
unabhängig von der Höhe der Erträge alternativer Bildungswege und deren Erfolgserwartungen getroffen werden. Insofern handelt es sich um nicht-rationale Kräfte, die unbewusst im Entscheidungsprozess wirken.
Erikson & Jonsson (1996): Beschäftigen sich mit der Erklärung schichtspezifischer Bildungsungleichheit am Beispiel Schweden. Wie kommt es zu Unterschieden zwischen Ländern, wie könnte also
eine allgemeine Erklärung von Bildungsentscheidungen aussehen, die es zudem erlaubt, Länderunterschiede zu berücksichtigen? Gleichung: U = pB-C  Bildungskosten = C, Wahrscheinlichkeit für
erfolgreichen Abschluss = p. Wird die Bildungsetappe nicht erfolgreich beendet, so werden die Erträge des Fehlversuchs = null, die Kosten bleiben im Falle des Versagens gleich hoch. Die auf diese Weise gebildeten Erwartungswerte für die einzelnen Handlungsalternativen werden miteinander verglichen. Schliesslich wird diejenige Bildungsentscheidung getroffen, die den höchsten zu erwartenden
Ertragswert aufweist. Sie beschäftigen sich mit einer Reihe von Hypothesen, die sich auf Veränderungen einzelner Parameter des Modells beziehen. Dabei geht es um die Frage, warum C, B und/oder p
und in der Folge auch U mit der sozialen Herkunft interagieren und damit zu systematisch unterschiedlichen Bildungsentscheidungen verschiedener Bevölkerungsgruppen führen. Sie gehen ein auf
Unterschiede der akademischen Fähigkeiten von Kindern unterschiedlicher sozialer Herkunft, die finanziellen Ressourcen und institutionelle Aspekte. Ansatz knüpft an Boudon an. Über die Formalisierung des Modells in der Sprache der Werterhaltungstheorie zeigen sie anschaulich, wie sich einzelne
Einflussgrössen je nach Schichtzugehörigkeit auf Veränderungen der entsprechenden Parameter auswirken und damit in der folge zu typischen Bildungsmustern führen. Hauptunterschied zu Boudon
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liegt in der anderen Gewichtung, die sie hinsichtlich der Bedeutung von primären und sekundären
Effekten der Schichtzugehörigkeit vornehmen.
Breen & Goldthorpe (1997): Sie entwickeln ein allgemeines Modell zur Erklärung von Bildungsentscheidungen, in dem sie von einem sequentiellen Entscheidungsprozess mit verschiedenen Übergängen im Bildungssystem ausgehen. Optionen: Verbleib oder Verlassen an den Übergängen. Drei Faktoren ausschlaggebend: 1  Verlassen Bildungssystem, Eintritt in Arbeitsmarkt. 2  Verbleib, schulischer Erfolg. 3  Verbleib, Misserfolg. Sie gehen von den drei Schichten (Ober- Mittel- und Unterschicht) aus. Anlehnung an Boudon. Sie sehen drei Wirkungsmechanismen: 1  relative Risikoaversion bzw. Motiv des Statuserhaltes. 2  Unterschieden in schulischen Fähigkeiten und Erfolgserwartung. 3  Unterschiede in der Ressourcenausstattung verschiedener Schichten.
Stichwort: Familienstruktur und Bildung (Diefenbach)
Familienstruktur kann aufgefasst werden als die Art, in der die Bestandteile der Familie miteinander
in Beziehung stehen, als eine innere Gliederung der Familie. Definitionen für Familie gibt es viele.
Familie verbinden die meisten Menschen mit den Begriffen Vertrautheit, Verständnis, Rücksichtnahme und Solidarität. Familie im juristischen Sinn sind aber die Eltern und ihre Kinder. Verwandtschaftliche Beziehungen sind solche, die auf Blutsverwandtschaft beruhen, aber keine Eltern-KindBeziehungen sind. Familienstruktur bezeichnet aber in jedem Fall die Beziehungsmuster zwischen den
Personen, die – in Übereinstimmung mit dem jeweiligen Familienbegriff – als Familienmitglieder
gelten. Bildung meint einerseits das (Aus-)Gebildetsein oder das erworbene Allgemeinwissen als Produkte des Bildungsprozesses, andererseits Erziehung als einen Typus von Bildungsprozessen. Durch
Bildungsprozesse werden ganz allgemeine Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, aber auch Werte
und Einstellungen vermittelt.
Schichtspezifische Sozialisation: Neben den autoritären Vater als Schlüsselperson für die Erziehung
des Kindes trat der defizitäre Vater, dem es an den Möglichkeiten gebrach, die materiellen und immateriellen Bedingungen zu schaffen, die der Bildung seiner Kinder zuträglich waren. Ungünstige Sozialisationsbedingungen: eingeschränkter Wohnraum, Mithilfe der Kinder bei der Hausarbeit, Vorhandensein vieler Geschwister, wenig Beaufsichtigung... Kritik: Besser wäre Milieuzugehörigkeit, statt
Schichtzugehörigkeit, und die Entwicklung eines bestimmten Habitus (Bourdieu) anzuschauen.
Primäre Effekte der Schichtzugehörigkeit: defizitäre Sozialisation von Kindern in Familien der
Unterschicht.
Sekundäre Effekte der Schichtzugehörigkeit: Bildungsabschlüsse werden immer relativ zur sozialen Herkunft bewertet. Wenn Kinder aus verschiedenen Schichten einen relativ zu ihrer Schichtzugehörigkeit gleich hohen Bildungsabschluss anstreben, resultieren daraus unterschiedliche Bildungsabschlüsse.
Die Sozialisation in Familien ohne Vater wird als defizitär betrachtet (mangelnde ökonomische Ressourcen, fehlendes Geschlechtsrollenmodell, fehlende Autoritätsperson). Es wurde bestätigt, dass das
blosse Aufwachsen in einer Stieffamilie im Vergleich zur Teil- oder Kernfamilie keinen direkten Einfluss auf den Bildungsabschluss hat. Die Folgen einer Stiefelternschaft für den Bildungsverlauf hängen davon ab, in welcher Lebensphase diese beginnen. Es ist auch erwiesen, dass Kinder ihre Erfahrungen an ihre Kinder weitergeben.
Bildung in Europa (Müller, Steinmann, Schneider)
Wir verbringen rund einen Viertel unserer Lebenszeit in Bildungsinstitutionen. Die dort erworbenen
Qualifikationen sind eine wichtige Grundlage für den materiellen Wohlstand der Gesellschaft. Umgekehrt ermöglichen erst der Reichtum und der hohe Stand der Technik die verbesserte Versorgung zunehmend grösserer Bevölkerungsgruppen mit Wissen und anderen Bildungsgütern. In Europa gab es
drei grosse Etappen der Bildungsentwicklung: In der ersten Phase wurden die nationalen Bildungssysteme unter staatlicher Kontrolle etabliert. Kirchen wurden verdrängt. Einführung der elementaren
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Schulbildung für alle Kinder. Einführung der gesetzlichen Schulpflicht. In der zweiten Phase hat die
Schulbildung immer breitere Bevölkerungsschichten erfasst. Grund dafür war die Aufhebung des parallelen Verlaufs von Volksschulen und Gymnasien. In der dritten Phase öffneten sich die Gymnasien
und höheren Sekundarschulen zunehmend der breiten Bevölkerung. Wandel von Eliteuniversitäten zu
überfüllten Hochschulen durch Veränderungen der Eintrittsbedingungen und Differenzierung des
Hochschulsystems.
Ursachen der Bildungsexpansion
Ökonomisch: Nach dem Kosten-Ertrags-Konzept wird Bildung als Investition verstanden, die mit
Erträgen verbunden ist (höhere Arbeitsproduktivität). Investitionen in Bildung erscheinen als entscheidender Beitrag zur Verbesserung der Wettbewerbsposition eines Landes in der ökonomischen
Konkurrenz der Nationen. Nach der Signaltheorie ist Schule eine Einrichtung, die der Auslese und
Einstufung dient. Im Arbeitsplatzwettbewerb zählen Erfolg in der Schule und die Höhe des erreichten
Abschlusses vor allem, weil diese Arbeitgeber als Signal nutzen, dass ihre Arbeitskraft gelehrig ist und
wenige Einarbeitungskosten verursacht. Wenn die Zahl der Personen mit hoher Bildung stärker wächst
als die Nachfrage am Arbeitsmarkt, werden die Löhne für diese Personen fallen, die Bildungsrenditen
sinken und die Nachfrage nach Bildung lässt entsprechend nach.
Soziologisch: Modernisierungstheorie deutet Bildungsentwicklung als Teil eines strukturellen Wandlungsprozesses. Staatsbürgerrechte schafften Ordnung, Stabilität und Legitimität im Staatsgebilde.
Statusgruppentheorie sucht die Ursachen für die Expansion in den Auseinandersetzungen zwischen
Statusgruppen, die um Verfügung über gesellschaftlich knappe Ressourcen wie Reichtum, Macht und
Prestige kämpfen. Der erreichte Bildungsabschluss erhält nach Weber die Schlüsselfunktion zu Statusund Berufsgruppen. Die Herausbildung formaler Bildungsprozesse und die Bildungsexpansion stellen
nach dieser These also Begleiterscheinungen der bürokratischen Entwicklung dar.
Bildungs- und Ausbildungssysteme in Europa
Im Modell "Individuum als Gesellschaftsmitglied" ist Bildung dezentralisiert und auf Gemeindeebene
oder sogar auf privater Basis organisiert, naturwüchsig mit vielen Zweigen, die nicht wirklich miteinander verbunden sind. Im "Nationalstaatenmodell" fördert der Staat die Entwicklung eines Systems
der Massenbildung, das ein hohes Mass an Uniformität aufweist. Unterschiede in den Bildungssystemen in Europa vor allem in den Bereichen: (1) Grad der Zentralisierung, (2) Aufteilung zwischen öffentlicher und privater Trägerschaft, (3) Grad und Art der Differenzierung der Bildungswege, (4) Grad
der Variation zwischen den Schulen.
Primarbereich: Ist überall sowohl institutionell als auch die Curricula betreffend wenig differenziert.
In der Regel findet keine Aufteilung der Schüler in Leistungsgruppen statt. Einschulungsalter: Meistens 6 Jahre. In GB und NL schon mit 5, in Skandinavien mit 7. Dauer der Primarschule: sehr unterschiedlich. In rein gesamtschulartigen Bildungssystemen (Skandinavien, PT, ES) 8-9 Jahre, in Ländern, wo die Grundschule nur wenige Jahre umfasst (GB, IRL, FRA, ITA) 5-6 Jahre. In einer dritten
Gruppe (DE, CH, AUS, BEL, NL) geht dem Sekundarbereich nur eine Primarschuldauer von 4-6 Jahren voraus. In der ersten Gruppe schliesst der Primarbereich die ganze Pflichtschulzeit ein, in den anderen nur einen Teil.
Sekundarbereich: Hier gibt es eine untere und obere Stufe. In den Gesamtschulsystemen (SKA, PT,
ES) sind dies die letzten drei Klassen der Grundschule. Im ein, zwei oder dreigliedrigen Schulsystem
(DE, CH, AUS) gibt es verschiedene Institutionen. Auf der oberen Stufe unterscheiden sich die verschiedenen Institutionen deutlich in ihrer vertikalen Durchlässigkeit, ihrer horizontalen Übergangsmöglichkeit, in den Formen der Integration und Differenzierung zwischen allgemein- und berufsbildenden Bildungswegen und in den institutionellen Formen der beruflichen Bildung. Mit der Dualität
von allgemeiner und beruflicher Bildung geht bislang noch in vielen Ländern der Erwerb oder NichtErwerb der Hochschulzugangsberechtigung einher. Eine relative hohe Durchlässigkeit zum Hochschulstudium haben die skandinavischen und südeuropäischen Länder. Es entstanden unterschiedliche
Maturtypen (SWE, FRA, CH). Oft ist für die weiterführende Zulassung entscheidend, welchen Typus
man gewählt hat.
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Berufliche Bildung: Die Nachfrage nach beruflichen Bildungsgängen hat zugenommen. Es lassen
sich die dualen Ausbildungssysteme (mit betrieblicher und schulischer Komponente) von den vollschulischen und rein betrieblichen Ausbildungen (on-the-job-training) unterscheiden. Explizit berufspraktisch orientierte Ausbildungswege haben oft ein geringeres Ansehen und geringere Verwertungschancen.
Tertiärbereich: Dieser Bereich wurde differenziert in Universitäten mit stärker wissenschaftlicher
Orientierung und längerer Studiendauer und anderen Bildungseinrichtungen des Tertiärsektors mit
stärker beruflicher Orientierung und in der Regel kürzeren Studienzeiten. In Westeuropa dominieren
die Universitäten. In Frankreich gibt es eine starke Gliederung in verschiedene Stufen mit berufsqualifizierenden Abschlüssen auf jeweils höherem Niveau. Nur in Frankreich (Grandes Ecoles) und in England (Oxford und Cambridge) gibt es sogenannte Eliteuniversitäten. Die nicht-universitären Einrichtungen konzentrieren sich auf die technischen Fächer und auf einzelne Studiengänge der Wirtschaft
und des Sozialwesens. Voraussetzung für ein Studium ist eine 12-jährige Schulbildung (SWE 11, GB,
ITA, DE 13).
Zur quantitativen Bildungsentwicklung in Westeuropa
Dänemark, Norwegen, Schweden, Deutschland und Holland haben die höchsten Anteile von Hochschulabsolventen. Portugal, Italien, Österreich und die Schweiz die niedrigsten. Die weitaus höchsten
Anteile von Personen mit nur geringer Bildung haben die südeuropäischen Länder. Länder mit hohen
Anteilen von fast 40% sind Belgien, Frankreich, Holland, Irland und Dänemark. In den deutschsprachigen und skandinavischen Ländern gibt es nur wenige Personen, die nur das unterste Bildungsniveau
erreichen. In den deutschsprachigen Ländern ist nach einem beruflichen Abschluss ein Hochschulstudium nur nach Überwindung von Hürden möglich. Bis zum 18. Lebensjahr besuchen fast alle Europäer irgendeine Bildungsinstitution, danach sinkt die Quote schnell. In GB hat schon fast die Hälfte aller
17-jährigen das Bildungssystem verlassen. In Irland, Schweden und Schweiz sind es bei den 21jährigen nur noch 20% oder weniger, in den anderen Ländern noch deutlich über 30%. In Skandinavien bleiben die Leute am längsten im Bildungssystem. Die Niederlande haben den höchsten Anteil von
Abschlüssen im Tertiärbereich, weil eine Reihe von berufsbezogenen Ausbildungen in Tertiärinstituten integriert ist. In Skandinavien und den deutschsprachigen Ländern ist das Bildungsniveau wohl am
höchsten in Europa.
Bildungsungleichheit im westeuropäischen Vergleich
Bildungsungleichheit zwischen Männern und Frauen: Generell niedrige Bildungsbeteiligung der
Frauen und unterschiedliche Fächerwahl, führt auch zu ungleichen beruflichen Erträgen von Investitionen in Bildung. In der jüngeren Kohorte ist ein enormer Wandel in Richtung geringerer Ungleichheit
zwischen den Geschlechtern festzustellen. In Skandinavien war die Ungleichheit schon immer sehr
gering. Die Schweiz hinkt am weitesten nach. Den grössten Vorsprung vor den Männern scheinen die
Frauen in Spanien und Portugal gewonnen zu haben. In allen Ländern erwerben die Männer häufiger
als die Frauen eine technisch-mathematisch-naturwissenschaftliche Hochschulausbildung. Diese Differenz wird keinesfalls geringer.
Soziale Herkunft und Bildungschancen: Es steuert überwiegend die erworbene Bildung den Zugang
zu vorteilhaften beruflichen Positionen. Je mehr aber Bildung von Bedingungen der sozialen Herkunft
abhängt, um so mehr übertragen sich Ungleichheiten der Lebensbedingungen und -chancen der Elterngeneration auf die Kinder. Je weiter fortgeschritten die Bildungslaufbahn ist, desto weniger hängen
die Bildungsentscheidungen von den Bedingungen des Elternhauses ab. Es ist in den meisten Ländern
sehr ähnlich. Die einzelnen Länder bauen an den Übergangsstellen verschieden starke Hürden auf. Nur
in Schweden und Niederlande zeigt sich eine Abnahme in der Ungleichheit der Bildungschancen.
Ethnische Ungleichheit: In Deutschland und Frankreich haben Migrantenkinder eindeutig schlechtere
Bildungschancen als Kinder einheimischer Eltern. Bei hoher kultureller Assimilation der Familie ist
der Bildungserfolg der Migrantenkinder sogar deutlich höher als der von Kindern französischer Eltern.
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Bildung und ihre Folgen
Erwerbsbeteiligung: In fast allen Ländern sind die Frauen mit einer Ausbildung auf dem Tertiärniveau fast durchweg erwerbstätig (80%). 40% der Frauen, die höchstens eine Ausbildung auf SekI haben, arbeiten. In Skandinavien ist die Erwerbsbeteiligung der Frauen besonders hoch. Bei den Männern sind 94% der Männer mit Hochschulabschluss, 90% mit Sek2-Abschluss und 80% mit Sek1Abschluss erwerbstätig.
Arbeitslosigkeitsrisiko: Dies ist am geringsten für Hochschulabsolventen. In Ländern, in denen die
Ausbildung weniger berufsorientiert ist, ist die Spreizung des Arbeitslosigkeitsrisikos nach Ausbildungsniveau sehr viel grösser.
Bildung und berufliche Platzierung: Generell gibt es eine enge Verknüpfung zwischen erworbener
Bildungsqualifikation und dem Niveau der damit erreichbaren beruflichen Position. Die deutschsprachigen Länder mit dem dualen System der Berufsbildung sind ausgeprägte Beispiele für den Typ beruflicher Segmentierung der Arbeitsmärkte. Frankreich gilt als Muster für betriebsinterne Arbeitsmärkte. Das zukünftige Lebensschicksal von Personen entscheidet sich weitgehend in den Jahren, die
diese in den Bildungsinstitutionen verbringen.
Bildung und Erwerbseinkommen: Insgesamt verdienen in allen Ländern Erwerbstätige umso mehr,
je höher ihre Bildung ist. In allen Ländern liegt der durchschnittliche Einkommenszuwachs durch ein
Hochschulstudium weit über dem Zuwachs, der auf dem Sekundarniveau erreicht werden kann.
Erwartete und unerwartete Folgen der Bildungsexpansion (Müller)
Die starke Erweiterung der Bildungsbeteiligung ist in der Nachkriegszeit in praktisch allen entwickelten Gesellschaften zu beobachten und ist mit anderen Entwicklungen verbunden (Wandel der Erwerbsarbeit und Klassenstrukturen, Frauenbewegung, veränderte Rolle der Frauen etc.). Dieser Massenkonsum von höherer Bildung zieht eine ganze Reihe Folgen mit sich  Riss zwischen den Generationen in der Nachkriegszeit, der lange anhält.
Die westdeutsche Gesellschaft bildet Mitte 50er Jahre den Hintergrund für die Diskussion um das
Bildungswesen. Die Bildungsstruktur von damals ist heute kaum noch vorstellbar: über 80 % der Bevölkerung hat höchstens eine Volksschulbildung (ca. 6-7 Jahre), 5 % Abitur oder Universitätsstudium,
15 % schulische Ausbildung zwischen Volksschule und Abitur. Grosse Teile der Bevölkerung sind in
Bereichen beschäftigt, in denen Bildung kaum eine Rolle spielt (Landwirtschaft, Selbständige, mithelfende Familienangehörige, Arbeiter (ungelernte).
Beginn der Diskussion: 1956; Helmut Schelsky macht ein Gutachten für das Erziehungs- und Bildungswesen „Soziologische Bemerkungen zur Rolle der Schule in unserer Gesellschaftsverfassung“.
Er bezeichnet die Schule als „primäre, entscheidende und nahezu einzige soziale Dirigierungsstelle für
den Rang, Stellung und Lebenschancen des einzelnen in der Gesellschaft“. Die Schule spielt die Rolle
einer Art Zuteilungsamtes in einer Sozialchancen-Zwangswirtschaft. Schelsky vertritt die Ansicht dass
die Schule so zum zentralen gesellschaftlichen Mittel für den sozialen Abstieg der Familien in der
modernen Gesellschaft wird. Er sieht die Schulde dabei überfordert und ist der Meinung, Schule sollte
wieder mehr Erziehungsfunktion übernehmen und zum Vertreter der Interessen des Elternhauses werden. Von der Selektion für das Beschäftigtensystem und anderen öffentlichen gesellschaftspolitischen
Aufgaben muss sie entlastet werden. Schelsky empfiehlt die Öffnung der Aufstiegsschulzweige und
Ausweitung der Grundbildung auf neun Jahre (9.Jahr beruflich orientiert), obwohl er eine Senkung des
Standards erwartet dadurch.
Picht (1964): Unterausstattung der Schulen, Lehrermangel, Gefahr des Zurückfallen Deutschlands 
Bildungsnotstand ist wirtschaftlicher Notstand. Die bildungspolitische Ausrichtung ist primär auf Erhöhung der Abiturientenzahlen ausgerichtet  Lösung des Problems des Lehermangels. Dem Dokument von Picht fehlt aber jegliche soziologische Vertiefung im Hinblick etwa auf die Folgen der Bildungsexpansion für die soziale Ungleichheit der Bildungschancen oder die Absorption der Hochschulabsolventen auf dem Arbeitsmarkt.
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Dahrendorf (1965): Bildung ist Bürgerrecht. Er fordert die materielle Umsetzung dieses Rechts, ganz
entgegen der Position von Schelsky. Chancengleichheit meint nicht Gleichheit von Bildung, aber offensichtlich ist die Gesellschaft bei den zwischen sozialen Gruppen bestehenden Unterschieden der
Bildungsbeteiligung weit von einem Zustand der Chancengleichheit entfernt. Erstrangiges Ziel der
Expansion nach Dahrendorf ist Erhöhung der Beteiligung im allgemeinbildenden Zweig, denn es geht
mehr um Bildung. Der Zusammenhang zwischen Berufswelt und Ausbildung sei zu durchbrechen. Die
Absolventen müssen sich möglicherweise mit weniger privilegierten Berufsperspektiven abfinden.
Von der Expansion wird aber eindeutig ein Abbau der Ungleichheit der Bildungschancen erwartet.
Vier Merkmale der unterproportionalen Bildungsbeteiligung nach Peisert: Arbeiterkind, Mädchen, ländliche Region und katholische Konfession (Das katholische Arbeitermädchen vom Lande).
Die traditionalen, in der Gesellschaft verwurzelten Einstellungen der Eltern müssen durch Aufklärung
und Bildungswerbung verändert werden (Förderung der Bildungsmotivation). Schule muss verstärkt
die unterschiedlichen sozialen Voraussetzungen der Schüler auffangen. Bildungsexpansion als zentraler Schritt auf dem Weg zu einer modernen Gesellschaft, die vor allem zur Absicherung von Demokratie und Freiheit dient. Doch viel zu schnell werden die Ungleichheiten der Bildungsbeteiligung als
Rückstände traditioneller Unmündigkeit gedeutet, die – wenn aufgelöst – auch zu einer Egalisierung
der Bildungsbeteiligung führen. Doch es wird nicht bedacht, dass dadurch, dass Bildung zu einer Voraussetzung für höhere Bildungserträge wird, die bildungsfernen Gruppen sich mehr bilden, aber auch
die bildungsnahen Gruppen. Und da die Bildungserträge abnehmen, bilden sich wieder eher die bildungsnahen Gruppen, da sie es sich besser leisten können.
Empirische Analyse der Bildungsungleichheit und sozialer Mobilität:
Dahrendorf, Bolte und andere Autoren sehen Bildung noch als entscheidenden Mobilitätskanal und
unterstellen, dass über Bildungsexpansion die soziale Ungleichheit der Bildungsbeteiligung abgebaut
und als Folge auch die Ungleichheiten in den beruflichen Zukunftsperspektiven von Kindern unterschiedlicher sozialer Herkunft geringer würden. Doch empirische Ergebnisse gehen eher in die andere
Richtung: für die Platzierung in der beruflichen Statushierarchie sind die Bedingungen der sozialen
und familiären Herkunft insgesamt deutlich gewichtiger als der davon unabhängige und eigenständige
Effekt der Bildung. Der Zusammenhang zwischen Bildungssystem und Beschäftigungssystem würde
insgesamt eher enger werden, als dass er lockerer werden könnte. Im Erwerbssystem werden die Bereiche, in denen Bildung nicht so eine grosse Rolle spielt (Landwirtschaft etc.) immer kleiner und die
bürokratisch-grossbetrieblichen Arbeitsverhältnisse mit ihren meritokratischen Rekrutierungsmustern
immer grösser. Deshalb bestehen keine grossen Hoffnungen auf eine deutliche Erhöhung intergenerationaler sozialer Mobilität durch Bildung denn Bildung vermittelt in hohem Mass ihr vorausgehende
ungleiche Bedingungen und der unabhängige Effekt der beruflichen Statusplatzierung ist gering. Es
profitieren vermehrt die relativ besserstehenden Herkunftsgruppen.
Mit Beginn der 90er Jahre neue Studien und Überblickaufsätze die eine allgemeine Niveauanhebung
in Bildungsbeteiligung, Abbau der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern und Konfessionen feststellen. Auch klarer Abbau Stadt-Land Unterschiede. Nur die Ungleichheit nach sozialer Herkunft
bleibt gemäss der (Peisert-Formel) bestehen. Nach neuesten Studien kommt man aber zu einem weitestgehend übereinstimmenden Ergebnis einer verringerten Abhängigkeit der Bildungsbeteiligung von
sozialen Herkunftsbedingungen (Müller und Haun 1994, Henz und Maas, 1995, Schimpl-Neimanns,
1998). Diese versuchen nun zu klären, weshalb ihre Befunde Ungleichheitsabbau und nicht Konstanz
wie andere Arbeiten aufzeigen. Wichtige Gründe: Ihre Analysen ermöglichen den Blick auf längere
Zeiträume, es sind teilweise grössere Stichproben, verwenden odds-ratios (ist im Unterschied zu anderen nicht abhängig von der zu untersuchenden Bildungsverteilung).Die festgestellte Verringerung bedeutet natürlich nicht, dass alle sozialen Ungleichheiten in der Bildungsbeteiligung verschwunden
sind. Sie sind nach wie vor gross.
Hat damit die Bildungsexpansion die in sie gesetzten Erwartungen eines Abbaus der Ungleichheit der
Bildungsbeteiligung doch erfüllt? Hat sie im Hinblick auf alle vier von Peisert und Dahrendorf identifizierten Beteiligungsdefizite von Geschlecht, Konfession, ländlicher Region und sozialer Lage Fortschritte durch mehr Gleichheit gebracht? Hat sich die Dahrendorfsche Diagnose erfüllt, dass mit der
Erhöhung der Abiturientenquote ein Abbau der Traditionsbestände von Unmündigkeit erreicht und das
Bürgerrecht auf Bildung materiell verwirklicht?? Diese Fragen können sehr eingeschränkt mit JA beantwortet werden, bezieht man sie wirklich auf den Mechanismus der Expansion im Sinne der Erweiterung von Bildungsgelegenheiten. Es können auch andere Gründe ausschlaggebend sein. (Konfession
 kein Kommentar; Stadt/Land  ja, durch mehr Bildungsmöglichkeiten auf dem Land; GeschlechEinführung Pädagogik II
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ter  Grund wahrscheinlich eher emanzipiertes Rollenverständnis; soziale Lage  schwierig zu bestimmen, wenigstens wurde Stagnation erreicht)
Bildungsexpansion und Arbeitsmarkt:
Während die Bildungsexpansion in vollem Gange ist und sich weiter fortsetzt, sieht die sozialwissenschaftliche Deutung diesen Prozess zunehmend ambivalent. Auf der einen Seite steht die fast alle Erwartungen übertreffende Erhöhung des Bildungsniveaus. Auf der anderen Seite ist die Diskussion
bestimmt durch das Hervorheben der individuellen und gesellschaftlichen Kosten der Bildungsexpansion. Die Übernachfrage nach Bildung kommt in Gang, weil die gesellschaftliche Positionshierarchie
relativ inflexibel ist. Die besten Plätze kann nur erreichen, wem es gelingt, sich vor den Mitkonkurrenten in der Labour Queue (Thurow 1975) einzuordnen. Sicherstes Mittel dafür = Bildung  also gibt es
einen Teufelskreis  Verdrängungswettbewerb, die unterste Schicht „fällt“ hinaus. Im Zuge dieser
Entwicklung hat das Bildungssystem statusverteilende Position eingebüsst  an die Personalabteilungen (es spielen neben Bildung extrafunktionale Kriterien wie Auftreten, Beziehungen, Loyalität etc.
eine grosse Rolle.
Für die Absolventen einiger Ausbildungsgänge werden die erreichten Positionen ungünstiger (Bsp.
Abitur). Die Uniabsolventen sind von der Verschlechterung am wenigsten betroffen. Bezogen auf
Einkommen der Hochschulabsolventen: niedriger beim Einstieg und das Einpendeln der Einkommen
auf das hergebrachte Niveau dauert etwas länger. In der Folge der Expansion ist auch das allgemeine
Durchschnittseinkommen angestiegen. D.h. den Beschäftigten mit niedrigen und mittleren Qualifikationen läuft das Durchschnittseinkommen davon.
Die Bildungsverteilung und die weitreichende Niveauanhebung sind die Veränderungen der Bildungsexpansion. Die Gruppen mit höherer Bildung sind heterogener geworden. Anteil von Kindern bildungsferner sozialer Herkunft an Gymer und Hochschulen hat zugenommen. Deren soziale Exklusivität ist geringer geworden.
Kultur und Politik – noch viele blinde Flecken in der Forschung:
Hoch mit Bildung korreliert sind das Sprechen von Fremdsprachen, Allgemeinwissen, Lesen und Verstehen von anspruchsvoller Literatur etc, höheres Mass an Progressivität, Akzeptanz und Toleranz
ggü. Fremden, Egalitarismus und Ungleichheitskritik. Am stärksten korrelieren die direkten Bildungsgegenstände (Textverständnis, Fremdsprachen, Mathematik) und eher weniger die gesellschaftlichen
Einstellungen. Allgemeine Niveauanhebung in der breiten Bevölkerungsmehrheit während 2. Hälfte
des 20. Jhd. Es gab einen Kohortenwandel bei der Einstellung. Hochgebildete aus den älteren Kohorten bilden die Kerngruppe des bildungsbürgerlichen „Niveautyps“, Hochgebildete aus den jüngeren
Kohorten die Kerngruppe des „Selbstverwirklichungstyps“.
Bildungsexpansion und Wandel des politischen Interesses in Westdeutschland zwischen 1980
und 2002 (Hadjar, Becker)
Die Förderung politischen Engagements und die Erziehung zu mündigen Bürgern gehörten zu den
Grundanliegen der Bildungsreformen in den 1960er Jahren. Im Mittelpunkt dieses Beitrags zur Analyse des politischen Interesses steht die Bildungsexpansion als Auslöser sozialen Wandels. Ausgehend
von der These, dass Individuen mit höherer Bildung erweiterte Reflexionsfähigkeiten und Kompetenzen besitzen und sich daher mehr für Politik interessieren, wird angenommen, dass im Zuge der Bildungsexpansion eine kognitive Mobilisierung stattgefunden hat. Während die kognitive Mobilisierung
als erwartete und erwünschte Folge der Bildungsexpansion gilt, hat die ebenso im Zuge der Bildungsexpansion erwartete Heterogenisierung neben dem (leichten) Abbau von Bildungsungleichheiten auch
unerwünschte Wirkungen in Gestalt sinkender Standards der höheren Bildungsinstitutionen und –
Schichten.
Internal Political Efficacy = Kompetenzwahrnehmung, durch politische Partizipation Wirkung zu
erzielen und politisch denken und handeln zu können.
Höher gebildete Individuen nehmen sich als kompetenter wahr, sich mit politischen Prozessen auseinander zu setzen und an diesen mitzuwirken. Weitere Folge der Bildungsexpansion war der eher unerwünschte Effekt der Senkung des Standards. Dadurch, dass die höheren Ausbildungen auch von
vorher ausgeschlossenen Schichten absolviert werden können, entsteht eine heterogene Struktur der
Schülerschaft in den höheren Schulformen. Heterogenität = Abnahme des Zusammenhangs der sozialen Herkunft und des Bildungsabschlusses.
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Also: Bildungsexpansion  Anstieg des internal political efficacy, Senkung der Kosten für Politik,
Prozess wird gebremst (nicht umgekehrt) durch zunehmende Heterogenisierung der höheren Bildungsschicht  aber politisches Interesse entwickelt sich eher in Richtung des Niveaus der niedrigen Bildungsschicht Mit Trendaussagen und Annahmen linearer zeitlicher Entwicklungen ist äusserst sorgsam und kritisch umzugehen, da diese verschiedenen zeitlichen Effekte sich gegenseitig überlagern.
Eine adäquate Betrachtung des sich auf unterschiedlichen Zeitdimensionen vollziehenden sozialen und
politischen Wandels ist nur unter Berücksichtigung von Alters-, Perioden- und Kohorteneffekten möglich, wobei nicht alle Zeitdimensionen (Alter, Kohorte, Periode) gleich bedeutend sein müssen. Ein
Kohorteneffekt ist aber nicht nur vor dem Hintergrund der spezifischen Bildung zu postulieren, sondern entsprechend des Konzepts der politischen Generation auch im Hinblick auf gesellschaftliche
Ereignisse, die im Zuge der politischen Sozialisation der einzelnen Kohorten von besonderer Bedeutung waren. Eine politische Generation bilden in diesem Sinne diejenigen Mitglieder einer Altersgruppe oder Kohorte, die mit bestimmten Schlüsselerlebnissen konfrontiert, zu einer gleichgesinnten bewussten Auseinandersetzung mit den Leitideen und Werten der politischen Ordnung gelangten, in der
sie aufwuchsen. Aus der Sicht der These der politischen Generationen müsste die jüngste Kohorte
(1959-1968) das grösste Ausmass an politischem Interesse zeigen (kultureller Umbruch nach Ereignissen 1968, Ölpreis-Schock, steigende AL, politische Umbrüche). Empirische Befunde weisen darauf
hin, dass Periodeneffekte, also Wirkungen gesellschaftlicher Verhältnisse und politischer Ereignisse
zu den jeweiligen historischen Kalenderzeiten eine wichtige Rolle für den Wandel des politischen
Interesses spielen. Mit zunehmender Problemwahrnehmung sinkt das „unpolitische Staatsvertrauen“
und damit wächst das politische Interesse.
Hypothese 1: Mit zunehmender Bildung steigt das politische Interesse in der Bevölkerung.  bestätigt
Hypothese 2a: Jüngere Kohorten haben infolge ihrer höheren Bildungsbeteiligung ein stärkeres politisches
Interesse. (aus Argumentation der kognitiven Mobilisierung).  bestätigt
Hypothese 2b: Der Unterschied im politischen Interesse zwischen niedriger und höherer Bildungsgruppe ist in
den jüngeren Kohorten geringer ausgeprägt. (Aus Argumentation zur Heterogenisierung).  bestätigt
Hypothese 3: Bildungs- und Kohorteneffekte werden von Periodeneffekten – die auf gesellschaftlichen Ereignissen und sozialstrukturellen Veränderungen basieren – überlagert. Mobilisierungsspitzen sind für 1990 und das
Ende der 1990er Jahre zu erwarten.  falsifiziert (Periodeneffekt nicht wirksam)
Hypothese 4: Mit der Zunahme des Alters steigt das politische Interesse moderat an.  bestätigt
A-P-K-Analyse-Design: Bei der Analyse des sozialen Wandels sind verschiedene Prämissen zu berücksichtigen. Es sind detaillierte Analysen unter Einbeziehung individueller Daten und unter Berücksichtigung von Kohorten-, Alters- und Periodeneffekten notwendig, um soziale Mechanismen darzustellen. Grundlage solcher Analysen können Paneldatensätze oder kumulierte Querschnittsdatensätze
über längere Zeitabschnitte sein.
ALLBUS: „Allgemeine Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften“. Dieser aus bevölkerungsrepräsentativen Querschnittserhebungen (13 Messzeitpunkte zwischen 1980 und 2002) generierte
Längsschnitt-Datensatz erlaubt die Bildung synthetischer Kohorten und verfügt über Fallzahlen, die
eine detaillierte Analyse der Haupteffekte (Bsp. Bildung x Kohorte) ermöglichen. Befragte: Westdeutsche über 21 Jahre (Altersgrenze: Minimierung der Effekte durch später erworbene Bildungszertifikate), Geburtsjahre 1919 – 1968. Stichprobe: 29’989 Fälle.
Abhängige und Unabhängige Variablen: Die abhängige Variable ist das politische Interesse. Skala
von 1-5, später wurde die Variable dichotomisiert. 0 = gar kein, wenig, oder mittleres Interesse für
Polititk, 1 = starkes bis sehr starkes Interesse. Weitere Variable war das Bildungsniveau, erfragt als
das höchste Bildungszertifikat. Auch dichotomisiert  niedrige Bildung (ohne Abschluss, Hauptabschluss, Mittlere Reife) und höhere Bildung (Abitur, Fachabitur). Zur Abbildung der Kohorten wurden
aus dem Geburtsjahr mehrere Variablen generiert. Eine weitere Variable = Heterogenität.
Empirische Befunde:
Es ist offensichtlich, dass die ältesten Kohorten – die Kriegs- und Wiederaufbaugeneration – von niedrigerer Bildung geprägt sind. Die eigentlichen Generationen der Bildungsexpansion sind die jüngeren
Kohorten der nach 1949 Geborenen, denn die Abiturientenquote steigt dort rasant. Entsprechend der
These von Baumert sind diese Nachkriegsgenerationen der zwischen 1949 und 1968 Geborenen auf
einem höheren Stand der kognitiven Mobilisierung. Somit wäre für diese Generationen ein ausgeprägteres politisches Interesse zu erwarten. Mit dem Anstieg des Anteils der höher Gebildeten gibt es auch
eine Zunahme der Heterogenität, d.h. der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungsabschluss sinkt. 1990 und 2002 gibt es Höhepunkte des Ausmasses an politischem Interesse (1990 VerEinführung Pädagogik II
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einigung mit ehemaliger DDR und 1998 kritische Situation auf dem Arbeitsmarkt). Daher ist ein höheres politisches Interesse im Zusammenhang mit diesen Periodenereignissen durchaus plausibel. Die
visuelle Inspektion gibt erste Hinweise auf Bildungs- Kohorten-, Alters- und Periodeneffekte. Periode
= Kohorte + Alter.
Diskussion und Ausblick:
Sozialer Wandel vollzieht sich nur in seltenen Fällen linear im Sinne einer stetigen Modernisierung.
Stattdessen sind die Bedingungen des Wandels sehr differenziert zu betrachten und die zeitabhängigen
und zeitveränderlichen Ursachenfaktoren – gesellschaftliche Ereignisse und historische Bedingungen
(Periodeneffekte), Bedingungen der (politischen) Sozialisation in bestimmten gesellschaftlichen Kontexten (Kohorteneffekte) und Alterungsprozesse im Sinne persönlicher Entwicklung und Lebenserfahrungen (Alterseffekte) – simultan zu untersuchen. Bildungsabschlüsse haben nicht an Wert oder Bedeutung verloren, sonder es ist nur die distinkte Stellung der höheren Bildungsschicht – aufgrund der
Öffnung der Schullaufbahnen und der dadurch initiierten Heterogenisierung dieser Schicht in Bezug
auf soziale Herkunft, Kompetenzen und Fähigkeiten (Stichwort: Internal Political Efficacy) – tendenziell geringer geworden.
Berufliche Weiterbildung – arbeitsmarktsoziologische Perspektiven und empirische Befunde
(Becker und Hecken)
Auf gesamtgesellschaftlicher Ebene soll berufliche Weiterbildung zur Verhinderung und zum Abbau
von Massenarbeitslosigkeit, zur Konvertierung der Qualifikationsstruktur an die Anforderungen eiens
sich im Wandel begriffenen Arbeits- und Gütermarktes und zur sozialen Verträglichekit unintendierter
Konsequenzen des gesellschaftlichen Wandels beitragen. Berufliche Weiterbildung wird somit als eine
gesellschaftliche Zukunftsinvestition, als ein Kollektivgut definiert. Aus sozialpolitischen Gründen
kann das Angebot an berufilcher Weiterbildung als eien Möglichkeit angesehen werden, Brüche von
Berufs- und Lebensverläufen zu verhindern oder zumindest abzumildern. Für Individuen liegt die Bedeutung von beruflicher Weiterbildung generell in der Erhaltung beruflicher Fertigkeiten, Weiterentwicklung vorhandener Qualifikationen, in der Verbesserung von Erwerbs- und einkommenschancen
und in der systematischen Erweiterung beruflicher Optionen.
Humankapitaltheorie: Kausaler Zusammenhang zwischen formaler Bildung und Lebenseinkommen.
Je mehr eine Person in ihre Ausbildung investiert hat, umso grösser sind deren zu erwartende Renditen
in Form von Einkommen. Bildung ist kein Selbstzweck, sondern soll das eigene Einkommen verbessern. Bei Investitionen in das betriebsspezifische Humankapital (HK) ist im Unterschied zu Investitionen in das allgemeine HK das Risiko einer Abwanderung der Weiterbildungsteilnehmer aus dem Betrieb geringer. Um den Betrieb gegen Abwanderung abzusichern, existieren teilweise Rückzahlungsklauseln. Je spezifischer das erweiterte HK ist, umso abhängiger sind Arbeitnehmer vom Arbeitgeber.
Einarbeitungszeit, on-the-job-training und Berufserfahrung sind ebenfalls dem HK hinzuzurechnen.
Arbeitslosigkeit dagegen beschleunigt die normale Alterung des HK. Weiterbildung wird als lohnend
angesehen, wenn sich die individuellen Investitionen an Zeit, Anstrengungen und entgangenem Einkommen in die berufliche Weiterbildung langfristig rentieren. Theoretisch sollten Weiterbildungsaktivitäten mit zunehmendem Alter abnehmen, weil die verleibende Zeit für die Amortisation der Kosten
für Bildung und berufliche Weiterbildung sinkt.
Signal- und Filtertheorie: Hier geht man von Entscheidungen und vom Handeln der Individuen unter
Unsicherheit und beeinträchtigter Markttransparent aus. Weiterbildungszertifikate oder zumindest
substanzielle Erfahrungen mit beruflicher Weiterbildung (WB) können Fehlallokationen verringern
und zur Korrektur von Fehlentscheidungen beitragen. WB-Zertifikate haben als screening device die
Funktion, den Arbeitgebern die Auswahl der Beschäftigten bei Unsicherheit über das tatsächliche Produktivitätspotenzial der Arbeitnehmer zu erleichtern und teure Fehlbesetzungen von Arbeitsplätzen zu
vermeiden. Arbeitgeber sind bestrebt, Such- und Informationskosten möglichst gering zu halten.
Theorie segmentierter Arbeitsmärkte: Segmentationstheoretische Ansätze gehen davon aus, dass
der Arbeitsmarkt in voneinander abgeschottete Teilarbeitsmärkte gegliedert ist. Die Mobilität zwischen den verschiedenen Teilarbeitsmärkten ist eingeschränkt, die Zugänglichkeit zu den einzelnen
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Teilarbeitsmärkten ist stark über die Berufs- und Weiterbildung geregelt. Es gibt Jedermannsarbeitsmärkte in grossen Betrieben und interne Arbeitsmärkte, in denen der Wettbewerb um knappe Arbeitsplätze und Arbeitskräfte erheblich durch strukturelle Rahmenbedingungen und institutionelle Regelungen eingeschränkt ist. Im umstrukturierten Arbeitsmarkt (Jedermannarbeitsmärkte in grossen und
kleinen Betrieben) ist das Interesse der Arbeitgeber, ihre Arbeitnehmer auf lange Zeit zu beschäftigen,
gering, daher bieten sich kaum WB-Chancen. In berufsfachlichen Teilmärkten gibt es wesentlich mehr
WB-Angebote, zum Teil auch hochwertige, institutionell anerkannte WB-Gänge (Meisterkurse). Berufliche WB scheint insgesamt ein ideales Instrument zu sein, die Qualifikationen an die spezifischen
Anforderungen des Betriebes anzupassen, gleichzeitig die Betriebsbindung der Arbeitnehmer zu stärken und die Fluktuationen im Betrieb gering zu halten. Innerbetriebliche WB-Spiralen entstehen, wenn
ohnehin schon gut qualifizierte Arbeitnehmer WB-Angebote erhalten.
Arbeitsplatzwettbewerbsmodell: Berufseinsteiger konkurrieren nach ihrer formalen Ausbildung
nicht direkt um Einkommen, sondern um Einstiegspositionen in spätere Karriereleitern. Die Produktivität ist nun an den Arbeitsplatz und seine vorgegebene Qualifikation gebunden, nicht mehr an das
Bildungssubjekt. Wie bei den vorherigen Modellen ist daher zu erwarten, dass diejenigen Bewerber
und Arbeitnehmer die besten WB-Chancen haben, die ohnehin bereits qualifiziert sind und im Berufsverlauf weiterhin zusätzliche Bildung akkumulieren. Somit kommt es wegen ungleicher, von vorheriger Ausbildung abhängiger Zugangschancen, zu WB zwischen den externen und internen Arbeitsmärkten und zur qualifikatorischen Polarisierung von Beschäftigungschancen (Mattäus-Effekt).
Es haben ohnehin bildungsmässig privilegierte Beschäftigte deutlich bessere WB-Chancen als minder
qualifizierte Personen. Je jünger die Kohorten sind, desto grösser ist der Anteil derjenigen, die in berufliche WB-Massnahmen eintreten. Es findet zudem eine kohortendifferenzierende Beschleunigung
beim Übergang in die WB statt. Ältere Personen nehmen in einem geringeren Ausmass an der WB teil
als die jüngeren Personen. Die These der Bildungsakkumulation, nach der diejenigen die höchsten
WB-Quoten aufweisen, die ohnehin schon über das höchste Bildungsniveau verfügen, bestätigt sich
durchgängig seit nahezu 30 Jahren WB-Forschung. Dies passiert eher bei Männern als bei Frauen.
Beschäftigte haben gute Chancen, sich weiterbilden zu können, wenn sie bereits über entsprechende
Erfahrungen in beruflicher WB verfügen. WB-Chancen sind zwingend an vorhergehende Bildungsund Beschäftigungschancen gebunden. Insgesamt gesehen tragen Arbeitsmarktstrukturen nicht nur zur
ungleichen Verteilung von Berufschancen bei, sondern auch zur Ungleichheit bei der Partizipation an
beruflicher WB und damit zur Polarisierung der Bildungs- und Berufschancen im Lebensverlauf.
Es muss in Rechnung gestellt werden, dass es sich bei den Teilnehmern an WB in der Regel um eine
positive Auswahl handelt, so dass der Zusammenhang zwischen WB-Teilnahme und daraus resultierenden Folgen nicht zwangsläufig auf kausale Effekte der WB beruhen muss. So kann die Selektion
für die WB auf beobachtbaren oder nicht beobachtbaren Merkmalen basieren. Zwar verbessern sich
die Arbeitsmarktchancen arbeitsloser WB-Teilnehmer gegenüber arbeitslosen Nichtteilnehmern, aber
zunehmend werden vor allem Langzeitarbeitslose nach einer WB-Massnahme schnell wieder arbeitslos oder bleiben trotz WB arbeitslos. So wie die Erwerbstätigen günstige Chancen für die Teilnahme
an beruflicher WB haben, so ergibt sich für sie ein nachhaltiger Nutzen aus der WB. Arbeitslose Frauen werden trotz WB nicht eher beschäftigt als Nichtteilnehmerinnen, während bei den arbeitslosen
Männern Teilnehmer an ausserbetrieblichen WB eine um 70% grössere Chance für eine Wiederbeschäftigung haben als Nichtteilnehmer. So ist angesichts anderer Studien nicht auszuschliessen, dass
es eine Kumulation von selektiven Arbeitslosigkeitsrisiken gibt, an der auch einen WB nichts ändert.
Als hauptsächliche Gründe für die Erfolglosigkeit von staatlich geförderten WB-Massnahmen gelten:
(1) Zwang zur WB, (2) Anreize für Mitnahmeeffekte durch Gewährung von Übergangsgeld und anderen finanziellen Unterstützungen, (3) mangels offener Stellen können auch keine WB-Teilnehmer
vermittelt werden, (4) Fehlspezifikation, (5) negative Selektion der Teilnehmer. Die WB-Teilnahme
alleine vermindert schon das Risiko eines beruflichen Abstiegs und der beruflichen Dequalifizierung
deutlich. Berufliche WB erhöht zudem gleichermassen die Betriebsbindung und die Arbeitsmarktmobilität. Diese erhöht sich allerdings nur für Männer mit zertifizierten WB-Abschlüssen. Bei Frauen
erhöht sich nicht die Wahrscheinlichkeit des Betriebswechsels, sondern die Betriebsbindung und Arbeitsplatzsicherheit. Frauen realisieren im Unterschied zu den Männern über WB signifikante Einkommenszuwächse, wenn sie kontinuierlich auf dem gleichen Arbeitsplatz beschäftigt waren. OffenEinführung Pädagogik II
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sichtlich hat dieser positive Nutzen jedoch eine zunehmende Einkommensungleichheit unter Frauen
zur Folge. Teilnehmer von Umschulungen wurden eher arbeitslos als Nichtteilnehmer, dies trägt zur
Diskriminierung dieser Personen bei. Fazit: Mit beruflicher WB lässt sich keine Minderung sozialer
Ungleichheiten bewerkstelligen, sondern das Gegenteil: Kumulation, Verfestigung und Verschärfung
sozialer Ungleichheiten! So ist die erste berufliche WB entscheidend für das weitere Berufsleben. WB
ist vor allem auf die ersten 10 Jahre des Berufslebens beschränkt. Je qualifizierter die Erstausbildung,
desto höher die Beteiligung an WB.
Lebenslanges Lernen und soziale Inklusion – der Markt alleine wird’s nicht richten (Schönmann,
Leschke)
Definition von WB: WB kann neben beruflicher Umschulung, Fortbildung und Rehabilitation auch
aus allgemeiner politischer WB oder sonstiger WB bestehen. Die WB muss nicht unbedingt im Zusammenhang mit dem Beruf stehen. Allgemeine WB: Gesundheit, Sprachkenntnisse, praktische
Kenntnisse, Wissen über Politik. Berufliche WB: selbst gesteuertes Lernen, Lektüre von Fachzeitschriften, Fernunterricht, interne und externe Kurse.
Die Fortbildung macht durchgehend den grössten Anteil der WB-Aktivitäten aus, Umschulungsmassnahmen haben vor allem in Folge der Wiedervereinigung an Bedeutung gewonnen. Die allgemeine
bzw. politische WB sowie die berufliche Rehabilitation entwickeln sich relativ konstant auf niedrigem
Niveau. WB umfasst auch die Teilnahme an Fachmessen oder Kongressen und das Lesen von Fachbüchern und -zeitschriften. Es gaben etwa 13% mehr Männer an, sich durch das Lesen von Fachzeitschriften und -büchern weitergebildet zu haben, die Beteiligung an Fachmessen und Kongressen lag
für Männer mehr als doppelt so hoch wie für Frauen.
Die Beteiligung hängt nicht nur vom Geschlecht ab, sondern wird zusätzlich auch noch vom Bildungsgrad und von der Wohnregion, von der Herkunft, dem Alter und dem Erwerbsstatus beeinflusst. Arbeitgeber unterstützen finanziell zudem häufiger WB-Massnahmen von männlichen Angestellten als von weiblichen. Neben dem Geschlecht stellt der Bildungsgrad bzw. das Qualifikationsniveau einen weiteren bedeutenden Einflussfaktor dar. WB-Beteiligung von Hochschulabsolventen ist
mit fast 38% bedeutend höher als die von Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung (26%).
Differenzen in der WB-Beteiligung lassen sich auch in Abhängigkeit der Wohnregion erkennen. Die
neusten Daten weisen zudem auf eine Verschiebung der WB-Aktivitäten auf ältere Personen hin. Bei
den Nichterwerbstätigen (Frauen und Männer) macht nur ein sehr geringer Teil eine WB.
Der wichtigste Grund für eine Teilnahme an einer WB ist, dass durch diese Massnahme die innerbetrieblichen sowie die ausserbetrieblichen beruflichen Perspektiven und das zukünftige Einkommen
verbessert werden kann. Bei Personen ohne Berufsabschluss stehen neben dem Motiv der Anpassung
an neue Entwicklungen der Erwerb von Aufstiegsqualifikationen und das Kennenlernen neuer Gebiete
im Vordergrund. Es existieren kaum Unterschiede zwischen Männern und Frauen mit Hochschulabschluss bezüglich der allgemeinen Beurteilung der Wichtigkeit von Weiterbildung. Als häufigstes
Nichtteilnahmemotiv wurden finanzielle Gründe und antizipierter Verdienstausfall genannt.
Die Zahl der absolvierten WB-Kurse innerhalb der letzten 3 Jahre schwankt zwischen durchschnittlich
um die 2 Massnahmen pro Personen ohne Abschluss und um die 4 WB-Massnahmen bei Personen mit
Hochschulabschluss. Die Gesamtdauer war durchschnittlich 4-5 Wochen. Ein Drittel der Personen, die
an Umschulungsmassnahmen teilnahmen, besuchten eine Vollzeitmassnahme, während bei den WBTeilnehmern nur ein Zehntel eine Vollzeit-WB absolvierte. Die durchschnittliche wöchentliche Stundenzahl liegt bei Männern bei 22 Stunden und bei Frauen bei 17 Stunden. 12% der Personen ohne
Berufsabschluss erhalten während der WB-Massnahme finanzielle Unterstützung vom Arbeitsamt, bei
Personen mit Berufsabschluss liegt dieser Anteil bei 5,8%, bei Hochschulabgängern bei 2,6%. Frauen
absolvieren ihre WB seltener während der Arbeitszeit als Männer. Annähernd 40% der WB werden
vom Arbeitgeber, dem Betrieb oder der Behörde selbst durchgeführt.
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Als Ziel der WB nennen 2/3 die Notwendigkeit, sich an neue Anforderungen in der bisherigen Tätigkeit anzupassen. Der subjektive Nutzen lässt sich daran beurteilen, ob sich die Massnahme in den Augen der teilnehmenden Person beruflich sehr ausgezahlt hat. Dieser Meinung waren 40% der Teilnehmer. Personen ohne Berufsabschluss halten die ihnen vermittelten Kenntnisse für weniger übertragbar.
Bei den Banken und Versicherungen ist die WB-Intensität der Mitarbeiter am grössten. Allgemein fiel
die WB-Beteiligung in den Branchen Gaststätten, Verbrauchsgüter und Bau auffallend gering aus.
Grosse Unternehmen bieten zudem eher WB an als KMU. Für Arbeitgeber lohnt es sich tendenziell
eher, in Vollzeitbeschäftigte zu investieren als in teilzeitbeschäftigte Personen. Knapp die Hälfte aller
WB-Teilnehmer gehen auf Anordnung oder Vorschlag ihres Arbeitgebers in eine WB.
Der Familienstatus einer Person hat keinen systematischen Einfluss auf die WB. Kinder im Haushalt
führen nicht zwangsläufig zur Verringerung der WB-Teilnahme. Eine Teilzeitstelle und das gleichzeitige Vorhandensein von Kleinkindern lässt jedoch keine Zeit mehr für WB oder stellt eine organisatorische Überforderung dar.
Ältere und ausländische Arbeitnehmer sowie gering qualifizierte Arbeitnehmer nehmen signifikant
seltener an Lehrgängen und Kursen teil. Beschäftigung in einem Betrieb mit mehr als 200 Arbeitnehmern erleichtert Männern die WB-Teilnahme, Frauen nicht. Der öffentliche Dienst ermöglicht beiden
Geschlechtern überdurchschnittlich gute Chancen, sich beruflich weiterzubilden. Die WB reproduziert
in gewisser Weise die Schichtung der Gesellschaft und bietet ihr vielleicht sogar die Legitimation für
den Fortbestand dieser Schichtung.
„Rhetorik“. In: Metzler Lexikon Sprache (Vollers-Sauer)
Rhetorik ist die Fähigkeit, durch öffentliche Rede einen Standpunkt überzeugend zu vertreten und so
Denken und Handeln anderer überzeugend zu beeinflussen und Theorie bzw. Wissen von dieser
Kunst. Die Antike, in der die Rh. entstand, unterscheidet drei Situationen, in der der Redner allein
durch seine Überzeugungskraft auf andere einwirken kann:
a) die Rede vor Gericht
b) die Rede vor einer politischen Körperschaft
c) die Festrede auf ein Person
Die Sachkompetenz des Redners wird immer vorausgesetzt. In der Vorbereitung der Rede werden fünf
Phasen unterschieden:
1. inventio  Suchen der passenden Gedanken zum Thema
2. dispositio  Aus den Gedanken, die in der inventio entstanden sind, wird eine Auswahl getroffen  drei Wege: Rationale Argumentation (docére, belehren), Erregung von Affekten
milderer Art (delectare, erfreuen) oder heftigerer Art (movere, rühren), um zu erschüttern und
Emotionen anzusprechen.
3. elocutio  Einkleidung der Gedanken in Wörter, sprachlicher Ausdruck
4. memoria  Aneignung der Rede im Gedächtnis
5. pronuntiatio  Vortrag
Insgesamt stellt die Rhetorik eine der eindruckvollsten systematischen wissenschaftlichen Leistungen
der Antike dar und gehört zur antiken Allgemeinbildung. Der Zusammenbruch der rhetorischen Tradition erfolgt erst gegen Ende des 18. Jh. Nachfloge  Stilistik.
Rhetorische Figur:
Sprachliches Mittel der elocutio, der Einkleidung in der invention gefundenen und in der dispositio
geordneten Gedanken und Begriffe in Wörter. Sie dienen als Mittel der Wirkungssteigerung und sollen
die Aufmerksamkeit auf die Aussage lenken. Sie beziehen sich auf die Wirkungsfunktion der Rede als
Teil des Redeschmucks. Während der Redeschmuck im Wesentlichen durch das Verfahren des Austausches zustande kommt, kann der Schmuck in Wortverbindungen weitgehend als Änderung durch
Hinzufügung, Auslassung oder Umstellung systematisiert werden.
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„Ratschläge für einen schlechten Redner“ (Panther)
Ratschläge für einen guten Redner: Hauptsätze, klare Disposition im Kopf, Tatsachen oder Appell an
das Gefühl, nie länger als 40 Minuten sprechen.
„Wissenschaftliches Arbeiten im Studium der Pädagogik“ (Bohl)
Ziele und Bestandteile eines Referats: Es handelt sich nicht nur um das Reproduzieren von Texten,
sondern auch um möglicherweise neue Gedanken, neue Kontexte, um ein kritisch-konservatives Analysieren und Bewerten von Inhalten. Zuerst aber sachliche Darstellung der Inhalte. Zu jedem Referat
zählen didaktische Aspekte (Umgang mit Medium, Gliederung, Teilnehmerorientierung, Handouts
etc.) und rhetorische, zwischenmenschliche Aspekte (Mimik, Gestik, verständliche Sprache).
Ein mündliches Referat an einer Hochschule hat drei Ziele: Ein Themengebiet mit wissenschaftlichen Massstäben bearbeiten, die Kunst des Referierens übern und sich dabei verbessern, den Anwesenden einen Sachverhalt vermitteln.
Vorbereitung: Persönliches Manuskript, Absprachen mit Mitreferenten
Seminarskript: roter Faden, evt. Arbeitspapier, inhaltliches Grundgerüst, enthält methodische Hinweise, erfüllt formale Aspekte (Kopfzeile, Literaturhinweise etc.)
Durchführung: nicht ablesen, kurze Sätze, einfache Sprache, für jedermann verständlich, bewusstes
Setzen von Pausen, Aktivierungsphase (für die ganze Gruppenphase kalkuliert man ungefähr die doppelte Zeit, die man alleine bräuchte).
Phasen und Gliederung des Referats: Einstieg  Das Referat wird eröffnet, die Absicht klargestellt,
das Vorgehen wird transparent. Hauptteil  Das Thema wird sorgfältig abgehandelt, Aktivierungen
sind dabei. Schlussteil  Das Referat wird beendet und abgerundet (Zusammenfassen, Fragen formulieren, Diskussion strukturieren, Stellungnahme).
Vorschläge zur Aktivierung: Diskussion, Verfassen eines Kommentars zu einer Fragestellung mit
anschliessendem Austausch, Rollenspiel, Analyse eines Filmausschnittes, Interpretation eines Bildes.
Feedback zum Referat: Mündlich: immer positive Kommentare formulieren, Blitzlichrunde (Jeder
Teilnehmer kann sich äussern. Von Seiten des Referents  keine sofortigen Stellungnahmen machen,
erst am Schluss).
Schriftlich: über Blatt oder Bogen erfassen. Aspekte  Inhalt (Fachliche Tiefe, fachliche Breite, Verbindung von Theorie und Praxis), Gestaltung (Struktur, Medieneinsatz, Sprache, besondere Ideen,
Körpersprache), Seminarpapier (Gestaltung, Layout, Quellenangaben, Zitate, fachliche Qualität).
Schriftlicher Bericht: rundet das Referat inhaltlich und hochschuldidaktisch ab. Er enthält, neben der
inhaltlichen Ausarbeitung des Vortrags, auch eine persönliche Reflexion über den Verlauf des Referats
und evt. über interessante Diskussionspunkte oder Rückmeldungen.
„Reden, vortragen, präsentieren, überzeugen“ (Kürsteiner)
Die richtige Atemtechnik ist eine wichtige Grundvoraussetzung für das Sprechen. Das Ausatmen wird
mit der Fähigkeit zu geben, loszulassen verglichen. Das Einatmen mit dem Nehmenwollen. Der beste
Moment für ein Pause ist nach einem Punkt, bei dem man schriftlich einen Absatz machen würde.
Bogensätze: nach Peter heigl. Die Betonung geht am Ende des Satzes nach unten und nicht nach oben.
Bogensatz ist gleichzeitig das wichtigste Mittel gegen ähm. Es sollte nach etwa jedem dritten Satz der
Bogen wieder nach unten gehen. Die Pausen sind die Würze im Vortrag.
Kunstpausen: werden verwendet, um etwas Wichtiges hervorzuheben, dh. vor dem wichtigen Punkt
eine Pause machen. Ereignisse nachklingen lassen: nach einem besonderen Punkt eine Pause einlegen. Kurze einfache Sätze: umso einfacher ist es für den Zuhörer, dem Vortrag zu folgen. Grundwortschatz verwenden: Es muss möglich sein, den Vortrag ohne Vorwissen zu verstehen  keine
komplizierten Fremdwörter verwenden! Wortwahl den Zuhörern anpassen. Weg des Verstehens:
gesagt – heisst noch nicht – gehört - heisst noch nicht – verstanden - heisst noch nicht einverstanden heisst noch nicht angewendet - heisst noch nicht beibehalten. Wichtig: Zwischenstufen nicht ignorieren! Sprechtraining: Viele Redner reden zu schnell. Langsame und deutliche Aussprache trainieren
(Bsp. Fischers Fritz fischt…). Spannung erzeugen: Spannung ist A und O beim Vortrag! Entsteht aus
der Betonung, Gestik, Mimik, und Menge an Informationen pro Zeiteinheit. Modulation: Setzt sich auf
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folgenden Faktoren zusammen: Sprechgeschwindigkeit, Anzahl und Länge von Pausen, Stimmlage,
Betonung, Lautstärke. Möglichkeiten, Modulation zu trainieren: Singen, Gedichte aufsagen. Blickkontakt: am besten kein Skript, frei sprechen. Je aktiver der Blickkontakt, desto mehr sind Zuhörer
mit der Aufmerksamkeit beim Redner. Wichtig: alle Zuhörer gleichmässig anblicken, Blickkontakt
zwischen einer und fünf Sekunden. 3-A-Technik: Aufnehmen, Aufschauen, Aussprechen (nach Dr.
Peter Heigl). Selbsterfüllende Prophezeihungen: Sich bewusst werden, wo man Defizite aufweist
und dies kontrollieren  Auf Zettel schreiben und jeden Tag anschauen  so sollte sich das Verhalten dann ändern. Immer nur eine Aufgabe auf einmal.
Medienauswahl- und Einsatz
Frage steht immer im Mittelpunkt: Welche Wirkung erziele ich mit diesem Medium? Jedes Medium
hat seine Berechtigung an richtiger Stelle.
Art
Tafel
Einsatzgebiet
Gemeinsame Entwicklungen, erwartete
Korrekturen
Flipchart
Sammeln von Beiträgen, Arbeiten mit
Plakaten, Mindmaps,
Entwicklung einer
Übung etc.
Pinnwand
Sammeln von Ideen,
zum Ordnen und Gewichten, zum Merken
OverheadProjektor
Zur Unterstützung
eines Vortrages, Leitfaden für Vortrag,
zum Auflockern
Laptop
Imagepräsentationen,
professionelle Firmen- oder Produktpräsentationen
Vorteile
Grosse Fläche,
leichte Handhabung, Änderungen leicht möglich, umweltfreundlich
Schrittweises
Entwickeln möglich, kein technischer Aufwand,
kostengünstig,
spontan einsetzbar, Blätter können im Raum
aufgehängt werden etc.
Grosse Arbeitsfläche, schrittweises Entwickeln möglich,
Karten können
vorbereitet werden, aktiviert die
Zuhörer
Blickkontakt
kann gehalten
werden, spontane
Visualisierungen,
schrittweises
Entwickeln, kopierbar, abdeckbar, Folien immer wieder verwendbar
Wirkt am professionellsten,
Computerfolien
als Leitfaden,
Multimedia möglich
Nachteile
Sicht für max. 20
Personen, schnell
voll, nicht abdeckbar, nicht
mobil etc.
Tipps
Lesbarkeit überprüfen, Gliederung vorher überlegen, nicht zur
Tafel sprechen
Kein Blickkontakt während
Aufschreibens,
Änderungen
nicht möglich,
Blätter können
nicht kopiert
werden, evt. unprofessionelle
Wirkung etc.
Nicht oder nur
mit grossem
Aufwand zu vervielfältigen, sperrig und schwer
transportierbar
Farbige Darstellung erleichtern
Übersichtlichkeit,
Grosse Schriftgrösse wählen,
Blätter für alle
sichtbar aufhängen etc.
Birne kann kaputt gehen, starke
Veränderungen
der Farben durch
Projektor, lange
Folienschlachten
 langweilig
Ersatzbirne, pro
Folie nur ein
Thema, nur verständliche Folien,
Blickkontakt,
Gestik nicht vergessen, genug
grosse Schrift
Muss vorhanden
sein, technische
Pannen möglich,
Aufwand recht
gross, Zuhörer
passiv
Technik überprüfen, Ersatzkabel,
Einheitliches
Layout, mental
auf Pannen vorbereitet sein.
Vor Benutzung
mit Packpapier
bespannen, keine
karten ignorieren,
pro Karte nur eine
Bedeutung etc.
Gestaltung von Folien: pro Folie ein Thema, nur Stichworte, pro Folie max. 7 Zeilen, genügend grosse Schrift, keine Grossbuchstaben, kein Raster, hellen Hintergrund & kräftige Farben verwenden.
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