Chemie Einheit Glas 1 Einheit Glas Inhalt WAS IST GLAS ....................................................................................................................................... 2 DER CHEMISCHE VORGANG BEI DER GLASBILDUNG ................................................................... 3 GLASHERSTELLUNG ............................................................................................................................ 4 WIR MACHEN FARBIGES GLAS .......................................................................................................... 5 ZUSAMMENSETZUNG VERSCHIEDENER GLASSORTEN ................................................................ 5 GLASVEREDELUNG .............................................................................................................................. 6 CHEMISCHE STABILITÄT VON GLAS ................................................................................................. 7 MECHANISCHE STABILITÄT VON GLAS ............................................................................................ 8 GLAS IM AUTO .................................................................................................................................... 10 GLASRECYCLING ............................................................................................................................... 11 GLAS UND UMWELT ........................................................................................................................... 12 BOLOGNESER TRÄNEN - GANZ EINFACH HERZUSTELLEN! ....................................................... 13 EXPERIMENTE: VERSUCH: HERSTELLUNG VON BOLOGNESER TRÄNEN ............................... 13 EXPERIMENTE ..................................................................................................................................... 14 2 Chemie Was ist Glas Definition: Glas ist ein stofflich einheitliches Schmelzprodukt, das abgekühlt und erstarrt ist, ohne merklich zu kristallisieren. Gläser schmelzen nicht bei einer bestimmten Temperatur, sondern werden über einen weiten Temperaturbereich weich. Man nennt diese Substanzen auch amorph (griech. a: nicht, morphe: Gestalt; also formlos, gestaltlos). Treffend spricht man auch von einer unterkühlten Schmelze oder vom plastischen Zustand. Glas-Eigenschaften haben viele anorganische Stoffe wie z. B. Schmelzen von Boraten oder Phosphaten, die in der klassischen Analytik eine wichtige Rolle spielten (siehe Experimente, Borax- und Phosphorsalzperlen in der Analytik). Natürlich ist das Glas selbst zu nennen. Hierzu gehört aber auch der aufgeschmolzene Quarz, der rasch abkühlt. Sogar unter den organischen Stoffen findet man Gläser: Das sind vor allem Kunststoffe wie das Plexiglas oder PVC ohne Weichmacherzusatz. Sogar tiefgekühltes Gummi hat glasartige Eigenschaften. Typisch für Gläser ist der plastische Zustand in gewissen Temperaturbereichen. Dieser liegt energetisch zwischen den Aggregatzuständen Fest und Flüssig. Energiediagramm der Aggregatzustände Die Eigenschaften von kristallinen Festkörpern und Gläsern lassen sich wie folgt unterscheiden: Nicht plastische Stoffe: Scharfer Schmelzpunkt, Viskosität nimmt beim Schmelzen ab. Sie besitzen eine regelmäßige Molekülstruktur. Plastische Stoffe: Unscharfer Erweichungsbereich, Viskosität nimmt beim Schmelzen zu. Sie besitzen keine regelmäßige Molekülstruktur. Chemie Einheit Glas 3 Zum Verständnis der Eigenschaften von Glas wollen wir den molekularen Aufbau von zwei Feststoffen vergleichen: eine aus Ionengittern aufgebaute Substanz (Natriumchlorid) sowie die makromolekularen Substanzen Quarz und Glas. - Natriumchlorid NaCl ist einheitlich aus Na+- und Cl -Ionen aufgebaut (Ionengitter; im Versuch Schmelzen von Kaliumnitrat nehmen wir aus Gründen der Schmelzbarkeit das analoge Kaliumnitrat). Jedes Ion hat räumlich und energetisch exakt die gleiche Umgebung. Alle Ionen werden deshalb beim Erreichen eines bestimmten Energiegehaltes (charakterisiert durch eine präzise Temperatur) schlagartig aus der Bindung gelöst. Folglich beobachtet man einen scharfen Schmelzpunkt von 801 °C (bzw. 339 °C im Versuch 3). Der Vorgang ist reversibel. NaCl-Gitter Einen scharfen Schmelzpunkt beobachtet man auch beim natürlichen Quarz SiO2, der völlig symmetrisch aus Si- und O-Atomen aufgebaut ist (siehe Bild). Man kennt die kristalline Form als Bergkristall. Hier handelt es sich nicht um ein Ionengitter, sondern um ein Makromolekülgitter. Auch hier hat jeder Bausteintyp räumlich und energetisch exakt eine gleiche Umgebung. Quarz schmilzt deshalb scharf bei 1705 °C. Lässt man die Quarzschmelze abkühlen, können sich die kovalent gebundenen Bausteine nicht mehr regelmäßig zusammenfügen. Es existieren keine gleichen Umgebungen bzw. Bindungswinkel/Bindungslängen mehr (siehe Bild). Deshalb brechen beim erneuten Schmelzen einzelne Bindungen nacheinander auf. Man beobachtet folglich keinen scharfen Schmelzpunkt mehr, sondern das für Gläser typische Erweichen. Ein chemisch einfacher Glastyp, Quarzglas, ist entstanden. Der chemische Vorgang bei der Glasbildung Experimente: Versuch: Auflösen von Glaspulver durch Alkalien; Nachweis von Siliziumdioxid Das übliche Glas ist ein Salz der Kieselsäure (siehe Experimente auflösen von Glaspulver durch Alkalien). Vereinfacht kann man die Bildung von Glas als Bildung eines Salzes aus Nichtmetalloxid und Metalloxid auffassen: SiO2 + CaO ————> CaSiO3 Denn Quarz ist ein Säureanhydrid, das in einer ganz normalen Säure/Base-Reaktion mit basischen Oxiden wie CaO oder Na2O Salze (Silicate) bildet. (Der Vergleich mit den Salzen der Kohlensäure liegt nahe. Kohlenstoff ist ja im PSE ein Element der gleichen Gruppe wie Silizium. Allerdings bildet Siliziumdioxid bei Zimmertemperatur makromolekulare Gitter und ist daher fest, während Kohlenstoffdioxid aus einzelnen Molekülen besteht und gasförmig ist.) 4 Chemie Geht man von den Carbonaten aus, so kann man auch sagen, dass es sich bei dieser Säure/BaseReaktion um den Austausch von Säureanhydriden handelt: CaCO3 + SiO2 ————> CaSiO3 + CO2 Im einzelnen geschieht bei der Glasherstellung Folgendes: Bei den hohen Temperaturen werden die Alkali- und Erdalkalicarbonate zersetzt und die entsprechenden Metalloxide gebildet. In der Schmelze werden die Sauerstoff-Ionen der Oxide freigesetzt; sie brechen das Quarzgitter auf. Die entstandenen negativen Ladungen werden durch die Metall-Ionen ausgeglichen: Es bilden sich regellose Strukturen mit vielen Trennstellen. Die Folge ist der niedrige und weite Erweichungsbereich dieses Glastyps (Kalk-Natron-Glas) um 600 °C. Glasherstellung Experimente: Versuch: Schmelzen und Bearbeiten von Glas Versuch: Herstellen von Glasperlen Benötigt werden Temperaturen um 1600 - 1800 °C, da die reinen Ausgangssubstanzen erst bei sehr hohen Temperaturen schmelzen. Ihr Schmelzpunkt sinkt allerdings mit zunehmender Sinterung, die bereits bei 600 - 800 °C einsetzt (Schmelzpunkterniedrigung bei zunehmender Durchmischung der Schmelze an den Phasengrenzen). Hierbei setzen sich Kalk, Soda etc. unter beträchtlicher CO 2Freisetzung mit Quarz zu Silicaten um: CaCO3 + SiO2 ———> CaSiO3 + CO2 Wegen des großen Erweichungsbereichs lässt sich Glas hervorragend bearbeiten. Damit kann man auch die Tätigkeit des Gasbläsers verstehen. Übrigens wurde auch Flachglas früher aus geblasenen flaschenartigen Hohlkörpern hergestellt. Man trennte diese nach der Formung die flachen Böden ab, schnitt die Zylinder auf und entrollte sie zu flachen Scheiben. Die abgetrennten Böden nannte man "Butzen" (daher die Bezeichnung "Butzenscheiben" in altdeutschen Möbeln). Später wurde Glasschmelze zu Flachscheiben gepresst oder gewalzt. Heute wird flüssiges Glas auf ein Bad mit einer heißen Zinkschmelze gegossen und dann abgekühlt. Im Unterricht gelingt es kaum, die hohen Temperaturen zur Glassinterung zu erhalten. Deshalb gehen wir zur Herstellung von Glasperlen (siehe Experimente, V 7) von einer Mischung aus Boroxid und Blei(II)-oxid aus. Chemie Einheit Glas 5 Wir machen farbiges Glas Foto: Daggi Experimente: Versuch: Herstellen von Glasperlen Versuch: Borax- und Phosphorsalzperlen in der Analytik Wenn man im Unterricht Glas herstellen will, muss man daran denken, dass die Bunsenbrenner nicht die erforderliche Temperatur zum Sintern und zum Schmelzen der Glasmasse hat. Deshalb stellt man für diesen Versuch eine besonders niedrig schmelzende Mischung her. Statt Quarz verwenden wir Boroxid oder auch Borax, anstelle von Alkali- oder Calciumcarbonat Blei(II)-oxid. Damit lassen sich wunderschöne Glasperlen herstellen (siehe Experimente Herstellen von Glasperlen). Diese Perlen kann man mit Schwermetalloxiden anfärben. Als "Boraxperlen" spielten sie in der klassischen chemischen Analytik neben den analogen Phosphatperlen als Vorprobe eine Rolle, da man aufgrund ihrer oftmals typischen Färbung auf das Vorliegen bestimmter Metalle schließen kann (siehe Experimente, Borax- und Phosphorsalzperlen). So sind kobalthaltige Perlen blau ("kobaltblau"), kupferhaltige blaugrün, nickelhaltige gelb (usw.). Zusammensetzung verschiedener Glassorten Experimente: Versuch: Nachweis von Boraten in Glas Die Eigenschaften eines Glastyps variieren stark mit der chemischen Zusammensetzung. Man kann Glas durch Variation der Stoffe und deren relativer Mengen für fast jeden gewünschten Zweck (wie mechanische oder thermische Stabilität oder optische Eigenschaften) konstruieren. Das wird schon deutlich, wenn man liest, welches die wichtigsten Ausgangsstoffe sind: Quarzsand (SiO2; Glassand), Soda Na2CO3, Pottasche K2CO3, Kalkstein oder besser reiner Marmor CaCO3, Kreide (eine Mischung aus Kalkstein, Silicaten und Feuerstein (feinverteilter Quarz)), 6 Chemie Quarz (Quarzsand oder Feuerstein) SiO2, Mennige Pb3O4, Borax (Natriumtetraborat) Na2B4O7 · 10 H2O bzw. Na2O · 2 B2O3 · 10 H2O, Kaolin Al2(OH)4Si2O5 bzw. Al2O3 · 2 SiO2 · 2 H2O, Feldspat K[AlSi3O8] bzw. K2O · Al2O3 · 6 SiO2. Diese lassen sich nach ihren chemischen Eigenschaften in drei Gruppen einteilen: 1. Netzwerkbildner (saure Bestandteile) 2. Quarz, aber auch Phosphor- oder Arsenpentoxid, Bortrioxid und Aluminiumoxid. Arsenoxid ist vor allem bei Gläsern für optische Zwecke unerlässlich. 3. Netzwerkstörer (basische Bestandteile) 4. Oxide (bzw. Carbonate) von Ca, Na, K und Pb. 5. Trennstellenschließer 6. Zuschläge wie das ebenfalls Makromoleküle bildende Boroxid oder das amphotere Aluminiumoxid sowie AlumoSilicate (Kaolin, Feldspäte) sind zugleich Netzwerkbildner wie -störer. Sie schließen aufgrund der mittleren Wertigkeit (III) Trennstellen und sorgen für höhere Schmelzbereiche des Na/Ca-Glases (daher die Stabilität von Duran-Gläsern). Sie sind deshalb auch chemisch resistenter. Borate lassen sich folglich in fast allen hochwertigen Glassorten nachweisen (siehe Experimente Nachweis von Boraten in Glas). Glasveredelung Experimente: Versuch: Kobaltglas Versuch: Verspiegeln von Glas Farbgeber Farbige Gläser entstehen vor allem bei Zusatz von Schwermetalloxidspuren: CoO Blau Fe2O3 Gelbbraun Cr2O3 Smaragdgrün MnO2 Violett CuO Blaugrün U3O8, NiO Gelb FeO Grün Au, Se Rubinrot Das Prinzip kann man zeigen, indem man einen Glasstab mit Kobaltverbindungen beschichtet und diesen dann aufschmilzt (siehe Experimente Kobaltglas). Chemie Einheit Glas 7 Glasuren Glasuren sind Gläser mit einem höheren Anteil an Netzwerkstörern und schmelzen deshalb niedrig. Vielfach verwendet man bleihaltige Glasuren, die empfindlich gegen Korrosion sind und vor allem saure Nahrungsmittel (wie Salate, Obst) kontaminieren können. Lüsterfarben Hierunter versteht man aufgedampfte Schwermetalle wie Cadmium bzw. deren Verbindungen. Diese waren besonders auf Jugendstilgläsern beliebt. Mattglas Wenig transparente Gläser produziert man durch Anätzen mit Fluoriden oder Flusssäure oder durch Einwirkung von Sandstrahlgebläsen. Opalglas Setzt man von vornherein Calciumfluorid zur Glasschmelze zu, so erhält man durchgehend milchiges Glas. Spiegel Spiegelüberzüge (und Christbaumschmuck) werden vor allem durch Reduktion von Silbernitrat hergestellt. Das beste Reduktionsmittel ist immer noch Glucose im basischen Milieu (siehe Experimente Verspiegeln von Glas). Man nimmt im großtechnischen Verfahren auch gern Formaldehyd (Methanal). Die Redox-Gleichungen sind: Im basischen Milieu verschieben sich die Gleichgewichte nach rechts. Beachte, dass der Sauerstoff nicht aus der Luft, sondern aus dem Wasser stammt. Da er seine Wertigkeit nicht ändert, erkennt man, dass er am Redoxgeschehen gar nicht teilnimmt. Oxidationsmittel sind allein die Silber-Ionen! Chemische Stabilität von Glas Experimente: Versuch: Hydrolyse von Glas Versuch: Nachweis der Netzwerkkorrosion durch Laugen Versuch: Anätzen von Glas durch Kaliumhydroxid Versuch: Reduktion von Glas mit Aluminium Glas gilt für viele als ein gegen chemische Einwirkung resistenter (inerter) und daher als ein ausgesprochen langweiliger Werkstoff. Einige Einschränkungen sind jedoch zu machen: Glasoberflächen nehmen immer Wasser auf und quellen dabei unter Bildung einer mechanisch wie chemisch recht empfindlichen Schicht. In ihr laufen viele Reaktionen ab: Glas besteht aus Salzen der schwachen Kieselsäure mit starken Basen. (Ein formales Beispiel ist Na2CaSiO4.) Gläser reagieren deshalb aufgrund der Protolyse (Hydrolyse) mit Wasser basisch (siehe Experimente Hydrolyse von Glas). Na2CaSiO4 + H2O ————> NaCaHSiO4 + Na+ + OH¯ 8 Chemie Dabei löst Wasser aus dem Glas Metallionen heraus und baut es ab. Billiges Glas wird deshalb nach mehrfachem Spülen in heißem Wasser ganz besonders unter Einwirkung von aggressiven Chemikalien wie Laugen in der Spülmaschine trübe. Bei langfristiger Einwirkung kann es zum so genannten Entglasen kommen, d.h. das Glas fängt an zu kristallisieren. Es bilden sich irisierende quarzartige Schichten, die man von alten Gläsern, die z. B. seit der Römerzeit im Boden lagen, aus Museen kennt. In sauren Lösungen findet ein Ionenaustausch zwischen Lösung und Oberfläche statt: Was viele nicht wissen: Auch starke, konzentrierte Säuren wie Salzsäure greifen Glasuren an! Bei längerer Einwirkung von alkalischen Lösungen beobachtet man Trübung aufgrund der Anätzung durch OH¯- Ionen, die mit polymeren Silicaten bzw. Kieselsäure reagieren: Hier sei an Haushaltsmittel mit starken Alkalien wie Rohrreiniger oder basische WC-Desodorantien erinnert, die leicht Glasuren (Badewanne, Toilettenbecken) angreifen. Deshalb ist bei der Verwendung dieser Haushaltsmittel Vorsicht geboten! Aber auch in den Schullabors stehen viele angeätzte Flaschen herum. Ätzspuren kann man demonstrieren, indem man in billigen Reagenzgläsern Kaliumhydroxid aufschmilzt (siehe Experimente Anätzen von Glas durch Kaliumhydroxid). Durch weniger saure Netzwerkbildner wie Al2O3 oder B2O3 steigert man die chemische Resistenz gegenüber Alkalien (spülmaschinenfeste Gläser). Glas ist reduzierbar. Das gelingt leicht durch Magnesium oder vor allem auch durch Aluminium, das z. B. durch Flaschenverschlüsse oder Ziermanschetten ins Recyclingglas gelangt: 3 Ca2SiO4 + 4 Al ————> 6 CaO + 2 Al2O3 + 3 Si (siehe Experimente, Reduktion von Glas mit Aluminium) Mechanische Stabilität von Glas Experimente: Versuch: Nachweis von Kunststoffüberzügen auf Light-Gläsern Versuch: Herstellung von Bologneser Tränen Obwohl Glas äußerst hart ist (das weiß jeder, der schon einmal gegen eine Glastür gerannt ist oder sich mit einem dolchartig spitzen und scharfen Glasstück verletzt hat), setzt die Sprödigkeit von Glas dieser mechanischen Stabilität Grenzen. Die mechanische Stabilität ist aber auch eine Frage der Einwirkungsdauer: Rasche Einwirkung bewirkt Bruch oder reversible Deformation. Langanhaltende, vorsichtige Einwirkung bewirkt bleibende Deformation: Z. B. können Fensterscheiben nicht beliebig groß gemacht werden, da sie unter ihrem eigenen Gewicht fließen. Hier macht es Sinn, wenn man Glas als eine unterkühlte Schmelze oder Flüssigkeit bezeichnet. (Der Traum vieler Architekten hat so seine natürlichen Grenzen gefunden...) Die reale Festigkeit eines Glases wird durch die Festigkeit der Oberfläche und nicht durch die des gesamten Materials bestimmt. Oberflächliche Kratzer erhöhen die Instabilität beträchtlich ("Glasschneiden" durch leichtes Anritzen mit einem Diamanten und anschließendes Brechen). Chemie Einheit Glas 9 Ein wirksamer Schutz der Oberfläche steht deshalb im Mittelpunkt der Glasforschung. Entsprechende Versiegelungen der Oberflächen ermöglichen zusätzlich Gewichtsersparnis bei der Glasherstellung. So sind die Gläser für Light-Getränke selbst sehr leicht, aber erstaunlich unempfindlich und gegen Stoß und Schlag stabil. Grund: Sie sind mit einer feinen Kunststoffschicht überzogen Verbundglas Hierunter versteht man Mehrschichtglas mit Kunststofffolien zwischen den einzelnen Schichten. Diese fangen Sprungrisse auf und verstärken Glas gegen mechanische Einwirkungen (Bankschalterglas; siehe Bilder weiter unten). Schusseinwirkung auf normales Glas Schusseinwirkung auf Verbundglas 10 Chemie Thermische Stabilität von Glas Glas ist gegen extreme Temperaturunterschiede empfindlich. Diese Eigenschaft ist allerdings über die Zusammensetzung steuerbar. So kann man den relativen Anteil an stabilisierenden kovalenten Bindungen durch Quarzzusatz steigern. (Quarzglas ist bekanntlich besonders stabil gegen thermische Schocks.) Positiv wirken sich auch Trennstellenschließer wie die Oxide der Elemente der 3. Hauptgruppe aus. Sicherheitsglas Darunter versteht man Glas mit gezielten thermischen Spannungen, das bei mechanischer Einwirkung spontan in kleine Stücke zerfällt (Autoscheiben). Hier sei an die Bologneser Tränen erinnert (siehe Experimente Herstellung von Bologneser Tränen). Glas im Auto Woraus die Autoscheiben gemacht sind Holt euch einmal eine Probe von Schutzscheibenglas vom Schrottplatz oder vom Autohändler. Damit könnt ihr experimentieren. Schlagt z. B. mit einem stumpfen Gegenstand darauf. Das Glas scheint in tausende kleiner Stücke zu zerplatzen. Diese bleiben aber zusammenhängen. Grund ist eine Kunststofflage zwischen den Glasschichten. Diese erkennt ihr, wenn ihr das Glas erhitzt: Dann verkohlt nämlich der Kunststoff und verbrennt anschließend Autoscheiben bestehen aus Verbundglas, das zugleich Sicherheitsglas ist. Sicherheitsglas ist eine Glassorte mit gezielten thermischen Spannungen, das bei mechanischer Einwirkung spontan in kleine Stücke zerfällt. Diese thermischen Spannungen erkennst du, wenn du Autoscheiben unter einem bestimmten Winkel zur Sonne betrachtest: Dann siehst du merkwürdige, regelmäßige Muster auf der Scheibe (-> Bild). Grund für diese Muster sind Polarisationsphänomene des Sonnenlichts. Früher baute man nur Sicherheitsglas ein, wodurch beim Crash die Bildung großer, messerartiger Splitter verhindert wurde. Die herumfliegenden kleinen Splitter hatten dennoch viele Nachteile. Da man aber inzwischen mit Sicherheitsgurt fährt, ist beim Aufprall des Autos auf ein Hindernis das auf Trägheit beruhende Durchstoßen einer Scheibe eher unwahrscheinlich geworden. Daher hat man das Sicherheitsglas mit Verbundglas kombiniert. Unter Verbundglas versteht man Mehrschichtglas mit Kunststofffolien zwischen den einzelnen Schichten. Diese fangen Sprungrisse auf und verstärken Glas gegen mechanische Einwirkungen (auch bekannt als Bankschalterglas). Das folgende Bild zeigt solch eine Scheibe. Die Kunststoffschicht ist etwa 0,6 mm dick! Chemie Einheit Glas 11 Diese Kombination verhindert die Bildung großer Splitter, und die kleinen Splitter fallen auch nicht mehr auseinander. Wie sich die Kunststoffeinlagen zum Beispiel auf die Schusssicherheit auswirken, zeigen die Abbildungen im Kapitel zur mechanischen Stabilität des Glases. Außerdem kann man kleine Schäden am Sicherheits-/Verbundglas leicht durch Klebung beheben, wie in letzter Zeit die RadioWerbung verheißt. Der Klebstoff muss natürlich die gleichen optischen Eigenschaften wie das Glas haben. Glasrecycling Experimente: Versuch: Herstellen von Glasperlen Versuch: Reduktion von Glas mit Aluminium Versuch: Auflösen von Aluminiumfolie durch Natronlauge In den Haushalten fallen pro Jahr etwa 30 Mio. Tonnen Müll (ohne Sperrmüll) an. Der Glasanteil beträgt 3,8 Mio. Tonnen. Knapp 30 % des gesamten Mülls werden recycelt. Diese Quote ist mit etwa 65 % beim Glas am höchsten. Das Recycling von Glas ist gesetzlich entsprechend verankert. Es wird von den Glasfirmen dem Vernehmen nach gern unterstützt. Sie sparen bei der Glasgewinnung vor allem die Anfangsenergie zum Sintern der Rohstoffe. Das Problem ist aber die stoffliche Inhomogenität von Altglas, so daß nur billige Hohlgläser oder Fensterglas daraus gewonnen werden können. Vermischung von Weißglas mit Buntglas Geringste Spuren von grünem Glas verunreinigen große Mengen Weißglasschmelze. Wenn z. B. Spuren von Grünglas in die Weißglasmischung gelangen, wird diese bereits deutlich grünstichig. (Man kann solche grünstichigen Flaschen ab und zu in den Getränkekisten finden. Sie heben sich deutlich von den anderen, rein weißen Flaschen ab.) Hier hilft die Glasmacherseife, Braunstein MnO2, die das Glas selbst purpurn färbt (siehe Experimente, V 7), aber aufgrund der additiven Farbmischung Purpur + Grün => Farblos durch einen optischen Trick entfärbend wirkt. Steingut und andere Keramik Wirklich problematisch sind z. B. Steinhägerflaschen oder Porzellan im Altglas. Diese schmelzen nicht mit dem Glas. Die kleinen Stücke bewirken Spannungsrisse im fertigen Glas und destabilisieren es. Das sorgt bei geschlossenen, vollen Sprudelflaschen, die unter einem Druck von bis zu 5 bar stehen, für Probleme: Sie können spontan explodieren. 12 Chemie Laborglas Wichtig für Schulen und chemische Labors: Durangläser ® und andere Laborgläser sind beim Recyceln unerwünscht, da sie eine von Normalglas stark abweichende Zusammensetzung haben. Daher muss man gut gemeintes Einwerfen in Glascontainer unterlassen. Opalglasflaschen Die fluoridhaltige und deshalb milchige Odolflasche® stellt (im Gegensatz zur gängigen Meinung) dem Vernehmen nach nur in größeren Mengen ein Problem dar. Aluminiumverschlüsse Störend beim Glasrecycling sind auch die Aluminium-Verschlüsse oder (die in letzter Zeit allerdings zunehmend weniger verwendeten) Ziermanschetten bei Flaschen. Denn diese reagieren beim Einschmelzen mit Glas in einer aluminothermischen Reduktion zu elementarem Silizium, das man als schwarze, blätterige Einschlüsse erkennt und das die Glasstabilität stark herabsetzt (siehe Experimente Reduktion von Glas mit Aluminium). 3 SiO2 + 4 Al ———> 3 Si + 2 Al2O3 Die dünnen Alufolien kann man mit verdünnter Natronlauge auflösen (siehe Experimente Auflösen von Aluminiumfolie durch Natronlauge). Schwermetallverschlüsse Problematisch sind auch Schwermetallverschlüsse von Weinflaschen, die in die Glasschmelze gelangen und die chemische Zusammensetzung der Glasmasse verändern können. So findet man oftmals große Mengen an Schwermetall beim Abreißen von alten Glasschmelzhäfen. Glas und Umwelt Obgleich Glas ein ausgesprochen inerter Werkstoff ist, treten dennoch Umweltbelastungen auf. Beispiele sind: Herstellungsbedingte Probleme großer Energieverbrauch, große CO2-Emission, begrenzte Rohstoffquellen, große Landschaftsschäden durch Steinbrüche oder Sandgruben, in früherer Zeit große Waldrodungen zur Pottaschegewinnung und als Brennstoff zum Glasschmelzen. Glasmüll Glas als Müllbestandteil ist unzerstörbar und sehr voluminös, Glas in der Landschaft ist oft Ursache von Waldbränden (Linseneffekt von gebogenem Glas), Verletzungsgefahr bei unsachgemäßer Entsorgung (z. B. in den Papierkorb). Schwermetallgehalt Bleiglas und bleihaltige Glasuren, cadmiumhaltige Aufdampffarben. Chemie Einheit Glas 13 Bologneser Tränen - ganz einfach herzustellen! Experimente: Versuch: Herstellung von Bologneser Tränen Wenn ihr schon einmal eine Glashütte besucht habt, wie z. B. die gastfreundliche Heye-Glashütte in Obernkirchen bei Bückeburg, wird euch eingeschärft, ja kein Stück abgekühlter Glasmasse aufzuheben oder gar mitzunehmen. Dabei gefallen manchen die Glasbrocken so gut, dass sie sie sich in den Vorgarten oder als Briefbeschwerer auf den Schreibtisch stellen. Der Grund für das Verbot sei, sagt der Betreuer, dass das Glasstück explodieren könnte! Glas baut nämlich bei raschem Abkühlen ("Abschrecken") immense innere Spannungen auf, die sich beim geringsten Anritzen der Oberfläche entladen. Dann platzt das Stück. (Diesen Effekt nutzt man bei der Konstruktion von Sicherheitsglasscheiben, die bei Stoß in kleine Stücke zerfallen. Die planmäßig eingebrachten Spannungen im Glas führen außerdem dazu, dass das Glas nicht mehr optisch einheitlich ist. Deshalb sieht man an den entsprechend präparierten Autoscheiben oftmals eigenartige, regelmäßige Muster, wenn man die vom Sonnenlicht beschienenen Scheiben von der Seite her betrachtet.) Leicht explodierende "Wundergläser" kann man unter der Bezeichnung "Bologneser Tränen" kaufen. Die wurden früher in der Glasbläserstadt Bologna in Norditalien hergestellt. Es sind Glastropfen mit ausgezogenem Schwänzchen. Sie werden hergestellt, indem man flüssige Glasschmelze ins Wasser tropfen lässt. Sie können mit einem Hammer bearbeitet werden, ohne dass etwas passiert. Wenn aber das "Schwänzchen" abgekniffen wird, so explodieren die Tränen. Billiger und natürlich auch viel spannender ist es, wenn ihr euch die Glastränen selber herstellt (siehe Experimente, V 19). Dann könnt ihr den Effekt selber nachprüfen. Allerdings gehören zur Herstellung der Tränen besonders niedrigschmelzendes Glas (was man leider nicht mehr so leicht bekommt) sowie etwas Fingerspitzengefühl und Geschick, und am Anfang ist nicht jeder Versuch ein Treffer. 14 Chemie Experimente Versuch 1: Borax- und Phosphorsalzperlen in der Analytik Schülerversuch; 15 min. Geräte und Material Magnesiastäbchen oder Magnesiarinnen, Tiegelzange, Brenner. Chemikalien Borax (Natriumtetraborat, Na2B4O7) (Xn), Phosphorsalz (Natrium-ammonium-hydrogenphosphat, NaNH4HPO4), Eisen(III)-oxid, Chrom(III)-oxid (Xn), Kupfer(II)-oxid, Kobaltoxid (Xn), Mangan(IV)-oxid (Xn), Nickel(II)-oxid (Xn). Durchführung Man erhitzt das Magnesiastäbchen und taucht es in Borax oder in Phosphorsalz. Man schmilzt die Masse auf, taucht das Stäbchen wieder ein und wiederholt, bis eine ausreichend große Glasperle am Stäbchen hängt. Dann taucht man die heiße Perle in die zu untersuchende Substanz. Nicht zu viel auftragen. Man erhält je nach Metall typisch gefärbte Gläser. Entsorgung Schwermetallabfall. Versuch 2: Schmelzen von Kaliumnitrat Lehrerversuch; 10 min. Hinweis Die Demonstration des präzisen Schmelzpunktes und der entstehenden leichtbeweglichen Flüssigkeit verbindet man gleich mit der Oxidation von Holzkohle. Damit kann man zeigen, wie leicht schmelzbar auch Durangläser sind, wenn man nur genügend Energie zuführt. Geräte und Material Stativmaterial, Bunsenbrenner, großes Reagenzglas (sog. Demonstrations-Reagenzglas; am besten aus Duran), große Pinzette oder Glasstab. Chemikalien Kaliumnitrat (O), Holzkohle (nicht zu kleine Stücke). Durchführung (Raum abdunkeln; Schutzbrille!) Man spannt ein zu einem Drittel mit Kaliumnitrat gefülltes Reagenzglas so schräg ein, dass man später Holzkohle einwerfen kann. Nun erhitzt man kräftig, bis das Kaliumnitrat schmilzt. Man demonstriert die leichte Beweglichkeit der Schmelze. Beginnen sich Blasen zu bilden (Sauerstoff), so wirft man einige Stücke Holzkohle ein. Nach kurzer Zeit entzündet sich die Holzkohle. Der Brenner wird weggestellt. Man wirft weitere Stücke Holzkohle ein, die Flamme wird immer größer. Die Reaktion heizt sich schließlich so auf, dass das Reagenzglas zu schmelzen beginnt. Mit einem Glasstab verhindert man, dass das Glas zu rasch nach unten wegtropft. Verschluss vermeiden, damit die Gase abziehen können und das Glas sich nicht seitlich öffnet. Nach dem Abkühlen knackt das Glas laut und zerspringt oftmals. Man sollte auch der abgekühlten Reaktionsmischung Aufmerksamkeit schenken: Es hat sich offenbar ein blaugrüner Farbstoff gebildet. Anschließend den Raum gut lüften. Chemie Einheit Glas 15 Versuch 3: Hydrolyse von Glas Schülerversuch; 10 min. Geräte und Materialien Bunsenbrenner, Reagenzglasklammer, Reagenzgläser. Chemikalien Glaspulver (billiges Glas wie z. B. Fiolax, hochwertiges Glas wie Duran), alkoholische Lösung von Phenolphthalein (F). Durchführung Man gibt etwas Pulver von billigen Glassorten in 5 ml destilliertes Wasser, dem man zuvor einige Tropfen Phenolphthaleinlösung zugefügt hat. Die Lösung färbt sich zunehmend rot. Das Gleiche versucht man mit Duran-Glas-Pulver. Gegebenenfalls muss man die Mischung aufkochen (Vorsicht! Gefahr des Siedeverzugs). Versuch 4: Herstellen von Glasperlen Schülerversuche; 30 min. Mindestens jedoch ein bis zwei Stunden einkalkulieren... Geräte und Material Bunsenbrenner, Tiegelzange, Magnesiarinnen, Zeitungspapier, Spatel, Becherglas (100 ml, breite Form). Chemikalien Blei(II)-oxid (T), Boroxid (Xn), Farbgeber (siehe Tabelle unten). Durchführung (Handschuhe!) Man stellt die Glasmasse her, indem man gleiche Volumina von Boroxid und Blei(II)-oxid gut vermischt. Die Glasmasse gibt man auf eine Magnesiarinne. Dabei muss man unbedingt darauf achten, dass kein Pulver daneben fällt. Am besten deckt man den Tisch gut mit Zeitungspapier ab, das man nach der Stunde fachgerecht entsorgt. Nun greift man die Rinne mit einer Tiegelzange und schmilzt die Masse über dem blauen Kegel der Bunsenbrennerflamme. Ab und zu gibt man noch etwas Glasmasse zu. Man läßt dann durch Schräghalten der Rinne die Schmelze in der Hitze langsam nach vorn laufen und tropft sie, ohne sie abkühlen zu lassen, rasch auf eine feuerfeste, keramische Unterlage. Achtung! Nicht versuchen, die Tropfen durch Abschlagen zu lösen, da sie dann herumfliegen und verletzen können! Die Perlen dürfen nicht zu groß sein, da sie beim Abkühlen zerspringen. Man lässt die Perlen abkühlen, bevor man sie betrachtet. Das geht am besten beim Durchleuchten mit Hilfe des Overhead-Projektors. Beim Einfärben der Perlen muss man darauf achten, dass man sehr wenig Farbgeber zusetzt, da schon Spuren der Oxide stark färben können. Zum Färben gibt man mit einem Spatel zu frischer Glasmasse nur sehr wenig des jeweiligen Farbgebers und lässt diesen durch langsames Auf- und Abkippen der Rinne im Glas zerfließen. Dann lässt man die Masse abtropfen. Zu dunkel geratene Tropfen werden mit neuer Glasmasse aufgeschmolzen, um den Farbgeber zu verdünnen. Das muss gegebenenfalls mehrmals wiederholt werden. Nach dem Abkühlen wird die farbige Perle im Durchlicht betrachtet - am besten wieder auf dem Arbeitsprojektor. Farbgeber Cobaltoxid Mangan(IV)-oxid CoO (Xn) MnO2 Blau (sehr wenig nehmen) Violett-Rosa (sehr wenig nehmen) Eisen(III)-oxid Fe2O3 Gelbbraun Eisen(II)-oxid FeO Grün 16 Chemie Chrom(III)-oxid (Xn) Cr2O3 Grün Kupfer(I)-oxid (Xn) Cu2O Rot Kupfer(II)-oxid CuO Blaugrün Nickel(II)-oxid (Xn) NiO Gelb Kaliumdichromat (Xi) Rot K2Cr2O7 (sehr wenig nehmen) Sicherheitshinweise Mädchen dürfen diesen Versuch leider nicht durchführen, da Bleiverbindungen potentiell als fruchtschädigend gelten. Nach den Versuchen Hände gut waschen! Reste der Glasmasse in den Schwermetallabfall entsorgen. Hinweis Die Glasperlen können die Schüler mit nach Hause nehmen. Zum Schutz gegen Kratzer werden sie mit etwas Vaseline eingerieben. Versuch 5: Phosphorsalzperlen als Vorprobe in der qualitativen analytischen Chemie Schülerversuch, 15 min. Geräte Bunsenbrenner. Chemikalien und Materialien Magnesiastäbchen, Phosphorsalz (NaNH4HPO4) oder Borax (Na2B4O7). Salze oder Oxide von Kupfer, Eisen, Chrom, Kobalt, Nickel, Mangan. Durchführung Die Spitze des Magnesiastäbchens wird erhitzt und in Phosphorsalz oder Borax gedrückt. Das anklebende Salz wird weiter bis zur klaren Schmelze erhitzt. Man lässt abkühlen, feuchtet die Perle etwas an und berührt mit der Perle die zu prüfende Substanz. Dann erhitzt man in der oxidierenden Flamme. Wenn die Farben zu hell oder zu dunkel geworden sind, muss man ein wenig mit der Konzentration der zu prüfenden Substanz "spielen". Versuch 6: Anätzen von Glas durch Kaliumhydroxid Schülerversuch; 10 min. Geräte und Material Billiges Reagenzglas oder Marmeladenglas, Bunsenbrenner. Chemikalien Kaliumhydroxid (C). Durchführung Man erhitzt in dem Glas einige Stücke Kaliumhydroxid bis zur Schmelze. Dann wird vorsichtig weiter erhitzt, wobei man darauf achtet, daß das Kaliumhydroxid nicht vollständig entwässert wird. Man lässt 10 min abkühlen und löst das Kaliumhydroxid aus dem Glas heraus. Vorsicht! Schutzbrille! Nach Abtrocknen erkennt man am Glas Ätzspuren. Man kann eine Probe auch einige Tage mit dem Ätzkali stehen lassen und erst dann ausspülen. Dann werden die Ätzspuren deutlicher. Chemie Einheit Glas 17 Versuch 7: Reduktion von Glas mit Aluminium Schülerversuch; 10 min. Hinweis In der Technik dient der in diesem Versuch gezeigte Prozess zur Gewinnung von Silizium aus Quarz. Anstelle von Aluminium verwendet man dabei allerdings Magnesium. Geräte Reagenzgläser (Fiolax® oder Duran®), Bunsenbrenner. Chemikalien Aluminiumgranalien. Durchführung In einem Reagenzglas erhitzt man Aluminiumgranalien einige Minuten lang bis zur Rotglut. Man lässt abkühlen. Ergebnis Es hat sich in der Glaswand schwarzes Silizium gebildet (-> Bild). Unter dem Mikroskop erkennt man dessen Plättchenstruktur. Versuch 8: Nachweis von Boraten in Glas Lehrerversuch; 10 min. Hinweis Das Glas muss vor dem eigentlichen Boratnachweis "aufgeschlossen" werden. Dazu zerstört man das Silicatische Netzwerk mit Flusssäure; diese stellt man durch Austreiben aus Calciumfluorid unter Einwirkung von konzentrierter Schwefelsäure her. Geräte und Material Kleines Becherglas, Spatel, Glasstab, Magnesiarinne, Bunsenbrenner. Chemikalien Glaspulver (Duran), Calciumfluorid, konzentrierte Schwefelsäure (C). Durchführung Man rührt Duranglaspulver mit Calciumfluorid und konzentrierter Schwefelsäure zu einem Brei an. Davon gibt man etwas auf eine Magnesiarinne und erhitzt über der heißen Brennerflamme. Wenn Borate anwesend sind, sieht man eine grüne Flammenfärbung. 18 Chemie Versuch 9: Auflösen von Glaspulver durch Alkalien; Nachweis von Siliziumdioxid Schülerversuch; 25 min. Hinweis Der übliche Nachweis von Siliziumdioxid durch Erzeugung von Siliziumfluorid im Bleitiegel funktioniert nicht besonders gut, deshalb schlagen wir den folgenden Versuch vor. Geräte Tiegel aus Metall, Mörser und Pistill, Reagenzgläser, Filtriervorrichtung (kleine Trichter), Magnesiarinne, Tropfpipetten. Chemikalien und Materialien Normalglas, Kaliumhydroxid (C), destilliertes Wasser, halbkonzentrierte Salzsäure (C), Essigsäure (c = 2 mol/l; Xi). Durchführung (Schutzbrille, Handschuhe) Pulverisiere in einem Mörser Glasstückchen möglichst fein. Glühe dann Kaliumhydroxid zusammen mit der feingepulverten Probe auf einer Magnesiarinne lange durch. Dann gibst du die Rinne in ein Reagenzglas und fügst etwa 4 - 5 ml Wasser zu. Schüttele die Probe, damit sich die Schmelzmasse ablöst. Anschließend filtrierst du die Lösung durch einen möglichst kleinen Filter, den du zuvor mit Wasser angefeuchtet hast, in ein anderes Reagenzglas. Tropfe etwas Filtrat vorsichtig in 5 ml halbkonzentrierte Salzsäure oder verdünnte Essigsäure. An der Phasengrenze bildet sich Kieselgel. Lasse etwas stehen, dann verstärken sich die Flocken. Zum Betrachten musst du den Niederschlag aufschütteln. Wenn du größere Mengen Kieselgel erzeugen willst, benutzt du anstelle der Magnesiarinne einen Tiegel, den du beim Erhitzen zur Vermeidung von Wasserverlusten abdeckst. Nach Abkühlen gehst du wie oben beschrieben vor. Lasse das Lösungswasser nicht zu lange im Tiegel stehen, damit er nicht korrodiert. Versuch 10: Verspiegeln von Glas Schülerversuch; 10 min. Geräte und Material Reagenzgläser, eines davon besonders sauber (am besten ein neuwertiges), Tropfpipetten, Bunsenbrenner, Wasserbad (Becherglas, 400 ml), Thermometer, Schutzbrille. Chemikalien Glucoselösung (w = 5 %), Lösung von Silbernitrat (w = 5 %; Xi), konzentrierte Ammoniaklösung (C). Durchführung Man erhitzt das Wasserbad auf etwa 60 °C. Nun füllt man das saubere Reagenzglas halb voll mit Glucoselösung. In ein anderes Reagenzglas gibt man etwa 5 ml Silbernitratlösung und tropft gerade soviel Ammoniaklösung hinzu, dass sich der gebildete braune Niederschlag von Silberhydroxid AgOH wieder auflöst. Man gibt die ammoniakalische Lösung zu der Glucoselösung und vermischt gut. Dann stellt man das Reagenzglas in das heiße Wasserbad. Dieses sollte mindestens so hoch reichen wie der Flüssigkeitspegel im Reagenzglas. Nach kurzer Zeit bildet sich ein prächtiger Silberspiegel aus. Sicherheitshinweis Chemie Einheit Glas 19 1) Wegen der Arbeit mit Ammoniaklösung ist das Aufsetzen einer Schutzbrille unerlässlich! 2) Ammoniakalische Silbernitratlösungen nicht aufbewahren, da sich beim Eindunsten hochexplosives, schwarzes Silbernitrid (Ag3N) bilden kann. Deshalb die Lösung voll mit Glucose durchreduzieren. Hinweis Man kann statt Glucoselösung auch Methanal (Formaldehyd; (T)) nehmen. Dann muss allerdings unter dem Abzug gearbeitet werden. Der Versuch ist dann nicht als Schülerversuch geeignet. Hinzu kommt, dass wegen des niedrigen Siedepunkts von Methanal die Lösung stark siedet und die Ausbildung eines Silberspiegels dadurch erschwert wird. Versuch 11: Kobaltglas Schülerversuch; 10 min. Geräte und Material Bunsenbrenner, Glasstab (möglichst niedrig schmelzend). Chemikalien Cobaltoxid. Durchführung Man erhitzt das Ende eines Glasstabs, bis er anfängt weich zu werden. Nun taucht man ihn in Kobaltoxid und schmilzt ihn erneut auf. Nach dem Abkühlen erkennt man (ggf. unter der Lupe), dass das Glas sich teilweise blau gefärbt hat. Versuch 12: Auflösen von Aluminiumfolie durch Natronlauge Lehrerversuch; 5 min. Grundlagen Aluminium zersetzt sich aufgrund seines amphoteren Charakters auch in Natronlauge unter Wasserstoffentwicklung. Grund ist, dass sich der primär gebildete Hydroxid-Niederschlag unter Komplexbildung zu löslichem Aluminat reagiert: 2Al + 6 H2O+ 2NaOH ———> 2 Na[Al(OH)4] + 3 H2 Geräte und Material Becherglas (100 ml) , Flasche mit Leitungswasser, laugenfeste Unterlage, Schutzbrille. Chemikalien Aluminiumfolie, Natronlauge (w = 20 %; C). Durchführung (Schutzbrille!) Man füllt 50 ml Natronlauge in das Becherglas und gibt ein etwa 10 x 10 cm großes Stück von Alufolie hinein. Nach kurzer Zeit beginnt sich die Folie unter starker Wasserstoffentwicklung zu zersetzen. Falls die Reaktion zu heftig wird, beendet man sie durch Eingießen von Wasser. Versuch 13: Herstellung von Bologneser Tränen Schülerversuch; Zeitbedarf pro Perle 10 min. Geräte Guter Bunsenbrenner (Teklu), scharfe Kneifzange, Stativmaterial, Becherglas (400 ml). 20 Chemie Chemikalien, Materialien Billigste Glasstäbe (Durchmesser 7 mm, nicht dicker und nicht dünner). Kein Duran-Glas nehmen! Durchführung (Schutzbrille) Der Teklu-Brenner wird waagerecht eingespannt und das Gas entzündet, die Flamme auf höchsteLeistung eingeregelt. Unter den Flammenbereich stellt man das mit Wasser gefüllte Becherglas. Der Glasstab wird in die heiße Flammenspitze gehalten und so geführt, dass das Glasstabende über 1 - 2 cm Länge gleichmäßig erhitzt wird. Dabei wird der Stab ständig gedreht. Man muss darauf achten, dass wirklich alles Glas geschmolzen ist. Deshalb darf man sich nicht nur auf den Abschmelzbereich konzentrieren, sondern muss immer wieder das gesamte abzuschmelzende Ende des Stabs gleichmäßig mit erhitzen. (Dieses Vorgehen ist der Schlüssel für den Versuchserfolg!) Damit das gleichzeitige Aufschmelzen der gesamten Spitze gewährleistet ist, sollte man zunächst die Tropfenbildung durch geschicktes Drehen des Glasstabs verhindern. Lieber von vornherein etwas länger erhitzen! Schließlich bildet sich ein Tropfen, der sich selbst abschnürt und mit langem Glasfaden ins Wasser fällt. Wenn alles richtig gelaufen ist, bleibt der ins Wasser gefallene Tropfen mit langem Glasfaden erhalten. Die richtige Bologneser Träne ist nämlich wasserklar. Andernfalls durchzieht sich der Glastropfen mit feinsten Haarrissen oder zerplatzt sogar. (In diesen Fällen war das Glas nicht gleichmäßig aufgeschmolzen gewesen!) Die Glasträne nimmt man mit einer Pinzette aus dem Wasser, wobei man darauf achtet, dass man das Schwänzchen nicht abbricht. Nun kann man es verpacken (z. B. in Watte) und für spätere Demonstrationen aufbewahren. Zum Überprüfen des Erfolgs sollte man die Bologneser Träne aber wenigstens einmal sogleich testen. Dazu versucht man, sie mit einem Hammer zu zerschlagen (natürlich nicht zu heftig!). Wichtig: Das "Schwänzchen" darf nicht abbrechen. Dann kneift man kurz über der Träne das Schwänzchen mit einer scharfen Zange ab (Schutzbrille auch für Betrachter notwendig!). Dabei zerplatzt die Glasträne, die feinsten Stücke fliegen durch den ganzen Klassenraum. Hinweise 1) Empfindliche Experimentatoren sollten zum Abkneifen Handschuhe anziehen... 2) Wenn eine klare Träne einmal nicht platzen sollte, so kann man sie noch einmal abkneifen. Nutzt auch das nichts, so legt man sie auf eine feste Unterlage und klopft vorsichtig mit dem Hammer darauf. Ansonsten den Blindgänger in den Glas-Müll geben. Noch etwas Wichtiges zum Schluss: Wenn ihr die Perlen zu Hause vorführen wollt, an die Sicherheit denken!