Eine Schülerin der neunten Klasse beschreibt in einem Gedicht die

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Liebe Hörerin, lieber Hörer,
an der begeisternden Art, mit der Jugendliche über die Liebe sprechen
und schreiben, kann man spüren wie alt man geworden ist.
So beschrieb eine Schülerin der neunten Klasse mit folgendem Gedicht
die Liebe:
„Liebe ist das Gefühl, eingehüllt in eine große, weiche, warme, weiße
Wolke zu sein, über allem schwebend, was uns tagtäglich bekümmert.
Es ist das Gefühl als schienen Tausende von hellen Sonnenstrahlen bis
tief in dein Herz. Es ist wie das Gefühl, wenn dir der Wind übers Gesicht
streift, und wie das Gefühl, wenn kaltes Wasser über deinen Körper läuft,
und wie das Gefühl, wenn deine Füße den Erdboden spüren. Liebe ist
das Gefühl, das alle Sinneswahrnehmungen schärft. Das Gefühl, das
einen ruhiger schlafen, ruhiger atmen, einfach ruhiger leben lässt. Man
ist rundum glücklich und zufrieden mit sich selbst, was sich natürlich
auch auf andere überträgt. Man wird zu einem völlig anderen Menschen,
fast wie unnatürlich kommt einem dieses Gefühl vor. Liebe ist stärker als
jede Droge. Dieses Gefühl steht über allen anderen Gefühlen, man ist
überströmt von einer riesigen Welle von Geborgenheit, und das Gefühl,
nicht allein zu sein, lässt einen Menschen aufleben. Erst in diesem
unbeschreiblichen Zustand kommt die wahre Gestalt eines Menschen in
seiner ausgeglichensten Form zutage.
Aber wenn er dieses Gefühl verliert, fällt er in ein endloses Loch von
Traurigkeit, Einsamkeit, Verletzlichkeit, Wut, Depression, und
Selbstzweifel, aus dem der ohne die Hilfe eines ihm nahe stehenden
Menschen so schnell keinen Ausweg findet….
Warum riskieren Menschen in solch ein Loch von Traurigkeit zu fallen?
Um dieses Gefühl „Liebe“ zu erfahren, das all die anderen Gefühle eines
Menschen verdrängt und stärker ist als Raum und Zeit. Denn dieses
Gefühl ist es wert, auch wenn es manchmal nicht lange andauert.“
Sicher geht es in diesem Gedicht zunächst um die zwischenmenschliche
Liebe, aber wie ärmlich und kümmerlich wäre unser christlicher Glaube,
wenn die Liebesbeziehung zwischen Gott und Mensch keine
vergleichbar bewegende Kraft besäße.
Ich hoffe viele von ihnen haben schon Augenblicke erlebt, in denen es
keinen Zweifel an Gott und seinem guten Plan für unser Leben gab.
Als Christen sind wir immer wieder dazu herausgefordert, diese
Begeisterung der ersten Liebe wach zu halten.
Die Liebe hat eine unbeschreiblich verwandelnde Kraft, Menschen die
echte Zuwendung erfahren verändern sich zum Guten, ohne dass es
einer besonderen Aufforderung oder Ermahnung bedarf.
Leider sind diese Augenblicke in denen uns Gott sehr nahe erscheint
und wir ohne Wenn und Aber Glauben, Hoffen und Lieben oft nur kurz
und zerbrechlich. Aber die Erinnerung an solche Momente kann uns die
Kraft schenken, auch Zeiten der Dunkelheit und Angst durch zu stehen.
Menschen werden nur scheinbar von Vernunft und einleuchtenden
Gründen bewegt, stärker prägen uns Erfahrungen von Geborgenheit,
Zuwendung und Liebe. Selbst negativen Empfindungen wie Angst und
Wut beruhen häufig auf fehlender Aufmerksamkeit und Liebe.
Gleichzeitig erfahren wir die Liebe aber auch als eine Schwäche. Wir
machen uns verletzbar und erfahren auch immer wieder, dass unsere
Liebe enttäuscht oder sogar ausgenutzt wird.
Für die Philosophen des Altertums war deshalb klar, ein richtiger Gott ist
frei vom Auf und Ab der menschlichen Gefühle. Der bunte Götterhimmel
der Griechen, erfüllt von Neid, Gier und Kampf zwischen den
verschiedenen Göttern und Halbgöttern war eine Sache des einfachen
Volkes, für den wirklichen Gelehrten aber nur ein simples Abbild der
irdischen Wirklichkeit.
Wenn die Christen nun erklärten, der eine Gott habe menschliche
Gefühle und seine Schwäche für den Menschen habe ihn sogar dazu
gebracht selbst Mensch zu werden, muss dies zunächst wie ein Rückfall
in die naiven Vorstellungen der eigenen Götterwelt gewirkt haben.
Wenn Christen jedoch davon sprechen, dass Gott die Liebe ist, wollen
sie damit keineswegs sagen, dass Gott ein von Gefühlen hin und her
geworfener Übermensch ist. Im Leben und Sterben Jesu und seiner
Nachfolger soll sichtbar und spürbar werden, wie selbstlose und
konsequent gelebte Liebe zu jedem Menschen aussehen kann.
Was dies im Einzelnen bedeutet möchte ich am Beispiel des Liedes „ein
Stück vom Himmel“ von Herbert Grönemeyer verdeutlichen. Dies mag
zunächst verwundern, da in dem gesamten Lied das Wort Liebe nicht
vorkommt. Aber bei genauerer Betrachtung werden hier wesentliche
Aspekte wirklicher Liebe angesprochen.
Teil 1 des Liedes
Liebe und Religion dürfen niemals zur Rechtfertigung von Gewalt und
Intoleranz missbraucht werden. So singt Grönemeyer „Welches Ideal
heiligt die Mittel? Legionen von Kreuzrittern haben sich blindwütig
verrannt.“
Die Liebe ist, wie es der Apostel Paulus formuliert, „langmütig und
freundlich, die Liebe eifert nicht, sie bläht sich nicht auf.“ Alle noch so
frommen Reden und Taten haben keinen Wert ohne die Liebe.
Gott begegnet dem Menschen unaufdringlich durch seine Schöpfung.
„Die Erde ist freundlich, warum sind wir es eigentlich nicht?“ Im
Angesicht von Naturkatastrophen und Hungersnöten mag man
gelegentlich Grönemeyer widersprechen und an dieser Freundlichkeit
der Erde zweifeln.
Trotzdem muss man zugeben, dass es der Menschheit immer noch
nicht gelungen ist diese Welt vollständig zu ruinieren. Im Gegenteil,„Es
gibt genug für alle“ und kein Mensch müsste am heutigen Tag
verhungern, wenn wir bereit wären die Güter dieser Erde gerecht zu
teilen. Gott selbst fasst das Ergebnis seiner Schöpfung mit dem
eindeutigen Satz zusammen: „ siehe es ist alles sehr gut.“
Die Liebe Gottes zeigt sich in Milliarden Farben und einem weiten
Lebensraum. Gott schenkt in seiner Liebe ein Stück vom Himmel, einen
von Gott gegebenen Platz zum Leben.
Teil 2 des Liedes
Den Mitmenschen lieben und respektieren drückt sich in Toleranz und
gegenseitigem Austausch aus. Grönemeyer drückt dies in der treffenden
Formulierung aus: „Es wird zu viel geglaubt und zu wenig erzählt.“
Wer von Sich und seinen Sorgen und Hoffnungen, ja auch von seinen
persönlichen Glaubenserfahrungen erzählt, zwingt damit niemandem
etwas auf. Jesus selbst hat immer wieder in Bildern und Gleichnissen
von Gott und dem Himmelreich gesprochen und den Menschen Mut
gemacht, in Gott einen liebenden und barmherzigen Vater zu erkennen.
Wer jedoch nicht mehr von seinen persönlichen Erfahrungen spricht,
sondern sich hinter einem scheinbar objektiven und unfehlbaren
Glauben versteckt, entzieht sich seiner persönlichen Verantwortung.
„Warum reden und handeln wir in Gottes Namen? Wir heißen selber
auch und müssen für unser Reden und Tun selbst die Verantwortung
übernehmen.
Nur in einem Punkt, möchte ich Grönemeyer entschieden
widersprechen. Für Grönemeyer sind die Religionen für die Moral
gemacht. In diesem Sinne aber ist das Christentum keine Religion, denn
hier geht es weniger um eine moralische Belehrung, sondern um die
bedingungslose Annahme des Sünders durch Gott. Christen brauchen
sich nicht den Himmel und die Liebe Gottes zu verdienen, sondern
dürfen dankbar und freiwillig die von Gott geschenkte Liebe weitergeben.
Mit einem Gebet von Phil Bossmann möchte ich schließen und ihnen
einen von Liebe erfüllten Tag wünschen:
Meine Augen sind da für das Licht,
für das Frühlingsgrun, für das Weiß des Schnees,
für das Grau der Wolken und das Blau des Himmels,
für das Leuchten der Sonne am Tag,
für das Funkeln der Sterne in der Nacht
und für das unglaubliche Wunder,
dass es viele wunderbare Menschen gibt.
Mein Mund ist da für das Wort,
für ein gutes Wort, auf das ein anderer wartet.
Meine Lippen sind da für einen Kuß,
meine Hände, um zu helfen und zärtlich zu sein,
meine Füße, um den Weg zum Nächsten zu gehen,
zu denen, die in Einsamkeit und Kälte leben.
Und mein Herz ist da für die Liebe.
Warum bin ich dann nicht glücklich?
Sind meine Augen zu, der Mund voll Bitterkeit,
die Hände faul, die Füße steif, das Herz kalt?
Weiß ich denn nicht, dass ich gemacht bin für die Freude?
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