2014-12-25 Weihnachtspredigt

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Liebe Mitchristen!
Es gibt ein Lied, das nicht nur von Kirchenchören, sondern
auch von vielen anderen Menschen an Geburtstagen gerne
gesungen wird: „ Wie schön, dass du geboren bist…“
Ich meine, dass das eine wunderbare Überschrift über dem
heutigen Festtag ist: „Wie schön, dass du geboren bist..“ Es ist
eine Überschrift über mehr als 2000 Jahre Christentum.
„Wie schön, dass du geboren bist“, das werden Maria und Josef
gedacht haben, als sie vor der Krippe standen und auf das
neugeborene Kind schauten. Trotz widriger Umstände bei der
Geburt, hat sicher die Freude überwogen, genau wie bei den
jubilierenden Engeln und den Hirten, die mit ihren Herden zur
Krippe ziehen und auch später bei den Weisen aus dem
Morgenland, die sich auf eine gefährliche Reise machten, um
dem Kind in der Krippe begegnen zu können.
„ Wie schön, dass du geboren bist“, denken viele, die heute
Weihnachten feiern. Kinder und Erwachsene freuen sich über
Geschenke, Familien kommen zusammen, treffen sich, nehmen
z.T. weite Anfahrten in Kauf und pflegen so ihre
Gemeinschaft. Einsame werden hoffentlich besucht und
Notleidenden wird geholfen.
„ Wie schön, dass du geboren bist“,haben sicher viele gedacht,
die dem erwachsenen Jesus begegnet sind. Kranken schenkte er
neue Lebensmöglichkeiten, Schuldiggewordenen wurde ihre
Last abgenommen, Ausgestoßene erfuhren neue Gemeinschaft
und lebendig Tote erwachten zu neuem Leben.
„ Wie schön, dass du geboren bist“,das geht tief, denn in
diesem Kind in der Krippe zeigt sich Gott. Der Gott, der in
unzugänglichem Licht wohnt, der als der ganz Andere von uns
Menschen nur erahnt werden kann, bekommt ein Gesicht, das
Gesicht eines Kindes, das Gesicht eines Menschen, dieser Gott
wird einer von uns. In unvorstellbarer Solidarität begibt er sich
in unser menschliches Leben hinein. Er bleibt nicht auf
Distanz, er bleibt nicht Zuschauer, er wird Akteur. Er begibt
sich in diese Welt hinein, um sie innen heraus zu verändern. Er
wird Mensch.
Einen politischen Vergleich mit dem Weihnachtsgeheimnis
werden Sie nachvollziehen können. Viele von Ihnen werden
sich an das Ereignis erinnern. Als der amerikanische Präsident
John F. Kennedy am 26. Juni 1963 nach Berlin flog, kam er in
die bereits eingeschlossene Stadt. In seiner berühmten Rede
vor dem Schöneberger Rathaus waren es unter den vielen
rhetorisch genialen und starken Sätzen gegen den
Kommunismus vier einfache Worte, welche die Berliner im
Herzen berührten und die bis heute unvergessen sind:“ Ich bin
ein Berliner!“. Wer Ohren hatte zu hören, der konnte es hören:
Der amerikanische Präsident wollte sich identifizieren mit der
Situation der eingeschlossenen Bürger in Berlin. Er wollte sich
an ihre Seite stellen, wie einer von ihnen sein, sie so verstehen,
dass sie sich verstanden fühlten.
Das gibt eine Ahnung von dem, was Weihnachten ist. Ich kann
nur etwas verändern, bewirken, wenn ich nicht auf Distanz
bleibe, wenn ich mich berühren lasse, wenn ich mich
hineinbegebe in das Elend der Menschen. Wir in der Gemeinde
, in der Caritas bekommen nur etwas mit von der Situation der
Menschen in den Familien, in den Häusern, von der Situation
in Litauen, wenn wir uns hinbegeben und sehen, wie die
Menschen leben, denken, fühlen. Nur, wenn wir das sehen,
erleben, an uns heran lassen, uns berühren lassen, haben wir
die Chance etwas zu ändern.
Gott hat in Jesus einen unglaublichen Akt der Solidarität
gesetzt. „ Wie schön, dass du geboren bist.“ Wir würden diesen
Anfang verraten, wir würden Gott verraten, wenn wir es beim
Jubeln beließen.
Der neue Kölner Erzbischof Woelki hat in einem Gespräch
gesagt:
Grundsätzlich können wir niemals mit dem Rücken zum Leid
der Welt leben und schon gar nicht feiern. Das verträgt sich
absolut nicht mit unserer Botschaft und unserem Auftrag als
Christen. Weihnachten als weltabgewandte Oase auf einer
Insel der Seligen feiern zu wollen, geht am Sinn des Festes
vorbei. Weihnachten selbst stößt uns ja – wenn wir uns nicht
vom Kitsch verleiten lassen – mitten ins Elend, in den
Stall, in die Not einer Flüchtlingsfamilie, damit wir darin
Gottes unglaubliches Handeln erkennen und von dort
aufbrechen zu den Menschen in Not.
Ja, das ist es. Freude über diesen Gott, der Kind wurde, der uns
anschaut mit den Augen eines Kindes, der darin seine
unglaubliche Solidarität mit uns Menschen zum Ausdruck
bringt, der uns die Sicherheit gibt, dass wir niemals mehr allein
sind, und der uns auffordert mit seinem Blick, selber
solidarisch zu sein mit notleidenden Menschen unserer
Umgebung, mit den vielen Flüchtlinge, die zu uns kommen,
aber auch mit den Menschen in den Krisengebieten unserer
Erde, die ich Ihnen nicht aufzählen muss. Solidarität ist
gefordert, nicht Ablehnung, Demonstrationen für die
Menschen, für eine liebevolle Aufnahme von Flüchtlingen und
nicht Pegida- Aufmärsche gegen sie, ist das Gebot der Stunde.
Freude über diesen Gott- und Solidarität mit den Notleidenden:
Beides gehört zusammen. Dann ist Weihnachten. Dann ist es
stimmig:
„ Wie schön, dass du geboren bist!“. Amen.
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