Donnerstag 2.2.2017

Werbung
Riemannsche Flächen, WS 2016/2017
Donnerstag 2.2
$Id: roch.tex,v 1.4 2017/02/10 13:47:02 hk Exp $
§4
Der Satz von Riemann-Roch
In der letzten Sitzung hatten wir begonnen uns mit Divisoren auf einer kompakten
Riemannschen Fläche S zu beschäftigen und hatten insbesondere jedem solchen Divisor
D eine Garbe OS (D) komplexer Vektorräume zugeordnet. Ist der Divisor effektiv so ist
OS eine Untergarbe von OS (D) und wir hatten den Quotienten OS (D)/OS berechnet.
Wir wollen das Ergebnis dieser Überlegungen als ein Lemma formulieren.
Lemma 4.3 (Die kurze exakte Sequenz eines Divisors)
Seien S eine kompakte Riemannsche Fläche und D ein effektiver Divisor auf S. Für
jeden Punkt p ∈ S mit D(p) > 0 wähle eine lokale Uniformisierung zp von S bei p und
betrachte den komplexen Vektorraum
(
)
aD(p)
a1 Lp :=
+ · · · + a1 , . . . , aD(p) ∈ C ≤ MS (dom(zp )).
D(p)
zp zp
Schließlich bezeichne LD die Wolkenkratzergarbe deren nicht triviale Halme die Vektorräume Lp in den Punkten p ∈ S mit D(p) > 0 sind und für jede in S offene Menge U
bezeichne πU : OS (D)(U ) → LD (U ) die lineare Abbildung die jeder meromorphen Funktion f ∈ OS (D)(U ) das Tupel der Hauptteile der Laurentwicklungen von f bezüglich zp
in den Punkten p ∈ U mit D(p) > 0 zuordnet. Dann ist
π
0 −→ OS −→ OS (D) −→ LD −→ 0
eine kurze exakte Sequenz von Garben komplexer Vektorräume wobei der links stehende
Homomorphismus die Inklusion ist.
Beweis: Dies haben wir bereits eingesehen.
Haben wir eine exakte Sequenz von Garben über einem topologischen Raum S so
sind die induzierten Sequenzen der Halme der betrachteten Garben exakt allerdings
muss die auf offenen Teilmengen induzierte Sequenz im allgemeinen nicht mehr exakt
sein. Wir wollen uns diese Situation jetzt etwas genauer anschauen. Seien also X ein
topologischer Raum, A ein Ring und
ϕ
ψ
0 −→ E −→ F −→ G −→ 0
eine kurze exakte Sequenz von Garben von A-Moduln über X. Wir behaupten das
dann auch die Sequenz
ϕ
ψ
X
X
F (X) −→
G(X)
0 −→ E(X) −→
26-1
Riemannsche Flächen, WS 2016/2017
Donnerstag 2.2
von A-Moduln exakt ist. Dass die Sequenz in E(X) exakt ist, dass also ϕX : E(X) →
F (X) injektiv ist, gilt dabei nach §2.Lemma 22.(a). Dass sie auch in F (X) exakt ist
erfordert etwas mehr Arbeit. Sei e ∈ E(X) gegeben. Für jedes x ∈ X gilt dann
G
F
[ψX (ϕX (e))]G
x = ψx ([ϕX (e)]x ) = ψx (ϕx ([e]x )) = 0
G
also existiert eine offene Umgebung U (x) von x in X mit RX,U
(x) (ψX (ϕX (e))) = 0.
Dann ist (U (x))x∈X eine offene Überdeckung von X und da G eine Garbe über X ist
haben wir auch ψX (ϕX (e)) = 0. Dies zeigt Bild(ϕX ) ⊆ Kern(ψX ). Zum Nachweis der
anderen Inklusion sei ein Element f ∈ Kern(ψX ) gegeben. Ist dann x ∈ X so haben
F
wir auch ψx ([f ]Fx ) = [ψX (f )]G
x = 0 und somit gilt [f ]x ∈ Kern(ψx ) = Bild(ϕx ), es
gibt also eine offene Umgebung U (x) von x in X und ein ex ∈ E(U (x)) mit [f ]Fx =
F
ϕx ([ex ]E
x ) = [ϕU (x) (ex )]x . Weiter existiert somit eine offene Umgebung V (x) von x in
F
F
E
X mit V (x) ⊆ U (X) und RX,V
(x) (f ) = RU (x),V (x) (ϕU (x) (ex )) = ϕV (x) (RU (x),V (x) (ex ))
F
0
und wir setzen e0x := RUE(x),V (x) (ex ) ∈ E(V (x)), also RX,V
(x) (f ) = ϕV (x) (ex ). Nun seien
x, y ∈ X gegeben. Wieder nach §2.Lemma 22.(a) ist auch ϕV (x)∩V (y) : E(V (x)∩V (y)) →
F (V (x) ∩ V (y)) injektiv und wir haben
ϕV (x)∩V (y) (RVE (x),V (x)∩V (y) (e0x )) = RVF (x),V (x)∩V (y) (ϕV (x) (e0x ))
F
F
= RVF (x),V (x)∩V (y) RX,V
(x) (f ) = RX,V (x)∩V (y) (f )
F
und analog auch ϕV (x)∩V (y) (RVE (y),V (x)∩V (y) (e0y )) = RX,V
(x)∩V (y) (f ). Damit haben wir
E
0
E
0
auch RV (x),V (x)∩V (y) (ex ) = RV (y),V (x)∩V (y) (ey ) eingesehen. Da E eine Garbe ist gibt es
E
0
somit ein e ∈ E(X) mit RX,V
(x) (e) = ex für jedes x ∈ X. Für jedes x ∈ X gilt damit
auch
F
E
0
F
RX,V
(x) (ϕX (e)) = ϕV (x) (RX,V (x) (e)) = ϕV (x) (ex ) = RX,V (x) (f )
und da F eine Garbe ist folgt schließlich f = ϕX (e) ∈ Bild(ϕX ). Dies zeigt Kern(ψX ) ⊆
Bild(ϕX ) und wir haben Kern(ψX ) = Bild(ϕX ) gezeigt.
Andererseits ist die Sequenz
ϕ
ψ
X
X
0 −→ E(X) −→
F (X) −→
G(X) −→ 0
im allgemeinen nicht exakt, der Homomorphismus ψX : F (X) → G(X) muss nicht
surjektiv sein. Um dies besser zu verstehen versuchen wir einmal ein Urbild eines
Elements g ∈ G(X) unter ψX zu konstruieren. Für jeden Punkt x ∈ X ist ψx :
Fx → Gx surjektiv, es gibt also eine offene Umgebung U (x) von x in X und ein
F
G
fx ∈ F (U (x)) mit [g]G
x = ψx ([fx ]x ) = [ψU (x) (fx )]x und weiter existiert eine offene UmG
G
0
gebung V (x) ⊆ U (x) von x in X mit RX,V
(x) (g) = RU (x),V (x) (ψU (x) (fx )) = ψV (x) (fx )
mit fx0 := RUF (x),V (x) (fx ) ∈ F (V (x)).
Es gibt also zumindest eine offene Überdeckung U = (Ui )i∈I von X und für jeG
des i ∈ I ein Element fi ∈ F (Ui ) mit RX,U
(g) = ψUi (fi ). Falls es nun ein Elei
F
ment f ∈ F (X) mit fi = RX,Ui (f ) für jedes i ∈ I gibt so ist für jedes i ∈ I auch
26-2
Riemannsche Flächen, WS 2016/2017
Donnerstag 2.2
G
F
G
RX,U
(ψX (f )) = ψUi (RX,U
(f )) = ψUi (fi ) = RX,U
(g) und somit ist ψX (f ) = g da G
i
i
i
eine Garbe ist. Setzen sich die lokalen Lösungen fi für i ∈ I also zu einem Element von
F (X) zusammen so liegt g im Bild von ψX . Da auch F eine Garbe ist benötigen wir
also RUFi ,Ui ∩Uj (fi ) = RUFj ,Ui ∩Uj (fj ) für alle i, j ∈ I, die Differenzen
fij := RUFi ,Ui ∩Uj (fi ) − RUFj ,Ui ∩Uj (fj ) ∈ F (Ui ∩ Uj )
sollten also für alle i, j ∈ I verschwinden. Für i, j ∈ I gilt dabei
ψUi ∩Uj (fij ) = ψUi ∩Uj RUFi ,Ui ∩Uj (fi ) − RUFj ,Ui ∩Uj (fj )
= RUGi ,Ui ∩Uj (ψUi (fi )) − RUGj ,Ui ∩Uj (ψUj (fj ))
G
G
= RUGi ,Ui ∩Uj (RX,U
(g)) − RUGj ,Ui ∩Uj (RX,U
(g))
i
j
= 0
und da 0 −→ E|Ui ∩ Uj −→ F |Ui ∩ Uj −→ G|Ui ∩ Uj −→ 0 und somit auch
ϕUi ∩Uj
ψUi ∩Uj
0 −→ E(Ui ∩ Uj ) −→ F (Ui ∩ Uj ) −→ G(Ui ∩ Uj )
exakt sind folgt fij ∈ Kern(ψUi ∩Uj ) = Bild(ϕUi ∩Uj ), es gibt also eij ∈ E(Ui ∩ Uj ) mit
fij = ϕUi ∩Uj (eij ). Dass fij = 0 für alle i, j ∈ I gilt, ist dann gleichwertig zu eij = 0 für
alle i, j ∈ I und wir können diese Bedingungen in der Form d = 0 mit
Y
d := (eij )i,j∈I ∈
E(Ui ∩ Uj )
(i,j)∈I 2
zusammenfassen. Sind drei Indizes i, j, k ∈ I gegeben so haben wir
RUFi ∩Uj ,Ui ∩Uj ∩Uk (fij ) + RUFj ∩Uk ,Ui ∩Uj ∩Uk (fjk ) + RUFk ∩Ui ,Ui ∩Uj ∩Uk (fki ) = 0
also auch
ϕUi ∩Uj ∩Uk RUEi ∩Uj ,Ui ∩Uj ∩Uk (eij ) + RUEj ∩Uk ,Ui ∩Uj ∩Uk (ejk ) + RUEk ∩Ui ,Ui ∩Uj ∩Uk (eki ) = 0
und da ϕUi ∩Uj ∩Uk analog zur obigen Überlegung injektiv ist erhalten wir die sogenannte
Cozykelbedingung
RUEi ∩Uj ,Ui ∩Uj ∩Uk (eij ) + RUEj ∩Uk ,Ui ∩Uj ∩Uk (ejk ) + RUEk ∩Ui ,Ui ∩Uj ∩Uk (eki ) = 0.
Die Menge all dieser Cozykel




Y
Z 1 (X, U, E) := z ∈
E(Ui ∩ Uj ) ∀(i, j, k ∈ I) : zijk = 0


2
(i,j)∈I
26-3
Riemannsche Flächen, WS 2016/2017
Donnerstag 2.2
bildet dann einen A-Modul, wobei wir für i, j, k ∈ I
zijk := RUEi ∩Uj ,Ui ∩Uj ∩Uk (zij ) + RUEj ∩Uk ,Ui ∩Uj ∩Uk (zjk ) + RUEk ∩Ui ,Ui ∩Uj ∩Uk (zki )
schreiben. Bezüglich der offenen Überdeckung U haben wir dem Element g ∈ G(X)
damit einen Cozykel d ∈ Z 1 (X, U, E) zugeordnet so, dass aus d = 0 bereits g ∈
Bild(ψX ) folgt. Dabei hängt d nicht nur von g sondern auch von der gewählten offenen
Überdeckung U und den lokalen Urbildern“ fi für i ∈ I ab, die Elemente eij für i, j ∈ I
”
sind dann eindeutig festgelegt. Nehme nun an wir haben für jedes i ∈ I ein weiteres
G
Element fi0 ∈ F (Ui ) mit RX,U
(g) = ψUi (fi0 ). Dann haben wir auch
i
ψUi (fi − fi0 ) = 0 also folgt wie oben fi − fi0 = Kern(ψUi ) = Bild(ϕUi )
und somit gibt ein ti ∈ E(Ui ) mit ϕUi (ti ) = fi − fi0 . Bilden wir also fij0 und e0ij für
i, j ∈ I wie oben so wird
fij0 = RUFi ,Ui ∩Uj (fi0 ) − RUFj ,Ui ∩Uj (fj0 )
= RUFi ,Ui ∩Uj (fi − ϕUi (ti )) − RUFj ,Ui ∩Uj (fj − ϕUj (tj ))
E
E
= fij − ϕUi ∩Uj RUi ,Ui ∩Uj (ti ) − RUj ,Ui ∩Uj (tj )
also auch e0ij = eij − tij mit tij = RUEi ,Ui ∩Uj (ti ) − RUEj ,Ui ∩Uj (tj ). Definieren wir also den
Untermodul


Es existieren si ∈ E(Ui ) für i ∈ I mit 

B 1 (X, U, E) := z ∈ Z 1 (X, U, E) zij = RUEi ,Ui ∩Uj (si ) − RUEj ,Ui ∩Uj (sj ) für


alle i, j ∈ I
und ist d0 analog zu d definiert so gilt d0 − d ∈ B 1 (X, U, E). Bilden wir also den
Quotienten
H 1 (X, U, E) := Z 1 (X, U, E)/B 1 (X, U, E)
und bezeichnen mit M ≤ G(X) die Menge aller g ∈ G(X) die bezüglich der offenen
Überdeckung U lokal Urbilder in F haben, so definiert die obige Konstruktion einen
Homomorphismus δ : M → H 1 (X, U, E). Ist dabei g ∈ Kern(δ) so gilt auch g ∈
Bild(ψX ). In den obigen Bezeichnungen gibt es dann nämlich für jedes i ∈ I ein si ∈
E(Ui ) so, dass eij = RUEi ,Ui ∩Uj (si ) − RUEj ,Ui ∩Uj (sj ) für alle i, j ∈ I gilt. Für alle i, j ∈ I
ist dann weiter auch
fij = ϕUi ∩Uj (eij ) = RUFi ,Ui ∩Uj (ϕUi (si )) − RUFj ,Ui ∩Uj (ϕUj (sj )),
setzen wir nun also für jedes i ∈ I stets fi0 := fi − ϕUi (si ) ∈ F (Ui ) so ist auch
G
ψUi (fi0 ) = ψUi (fi ) − ψUi (ϕUi (si )) = ψUi (fi ) = RX,U
(g)
i
26-4
Riemannsche Flächen, WS 2016/2017
Donnerstag 2.2
da wir analog zur obigen Überlegung ψUi ◦ ϕUi = 0 haben. Für alle i, j ∈ I gilt dabei
RUFi ,Ui ∩Uj (fi0 ) = RUFi ,Ui ∩Uj (fi ) − RUFi ,Ui ∩Uj (ϕUi (si ))
= RUFj ,Ui ∩Uj (fj ) + fij − RUFi ,Ui ∩Uj (ϕUi (si ))
= RUFj ,Ui ∩Uj (fj ) − RUFj ,Ui ∩Uj (ϕUj (sj )) = RUFj ,Ui ∩Uj (fj0 )
und wie bereits oben eingesehen impliziert dies g ∈ Bild(ψX ).
All dies betrifft nur die g ∈ G(X) die sich bezüglich der offenen Überdeckung U
lokal als Bild von ψ schreiben lassen, will man ganz G(X) erfassen so kann man jetzt
einen direkten Limes über die Menge aller offenen Überdeckungen von X bilden. Auf
diese Weise erhält man dann eine Beschreibung von Bild(ψX ) ≤ G(X) in Termen der
sogenannten Cech-Coholologie von E. Für unsere Zwecke gibt es auch eine gleichwertige und etwas einfacher zu verwendende Methode dieses Coholologie zu konstruieren.
Es ist nicht mehr genug Zeit dies im Detail durchzuführen, daher begnügen wir uns
hier mit der Beschreibung der Konstruktion ohne die einzelnen Schritte vollständig zu
verifizieren. Wir brauchen zwei Vorbemerkungen.
Bemerkung 4.4 (Cohomologiemoduln von Cokettenkomplexen)
Wir setzen Bemerkung 1 fort. Sei A wieder ein Ring.
(a) Ist M = (Mq , dq )q∈Z ein Kokettenkomplex über A so gilt für jedes q ∈ Z stets
Bild(dq−1 ) ⊆ Kern(dq ) und wir können den sogenannten q-ten Cohomologiemodul
H q (M ) := Kern(dq )/ Bild(dq−1 )
bilden. Dieser ist wieder ein A-Modul und genau dann ist H q (M ) = 0 wenn der
Kokettenkomplex M in Mq exakt ist, wenn also Kern(dq ) = Bild(dq−1 ) gilt.
(b) Nun seien M = (Mq , dq )q∈Z und N = (Nq , d0q )q∈Z zwei Kokettenkomplexe über A
und es sei weiter ein Homomorphismus f = (fq )q∈Z : M → N von Kokettenkomplexen gegeben, d.h. für jedes q ∈ Z ist fq : Mq → Nq ein Homomorphismus
von A-Moduln und für jedes q ∈ Z gilt d0q+1 ◦ fq = fq+1 ◦ dq . Sei q ∈ Z. Für
jedes x ∈ Kern(dq ) haben wir dann auch d0q fq (x) = fq+1 (dq x) = 0 und für jedes
x ∈ Mq−1 gilt fq (dq−1 x) = d0q fq−1 x, wir haben also fq (Kern dq ) ⊆ Kern d0q und
fq (Bild dq−1 ) ⊆ Bild(d0q−1 ). Damit induziert f auch einen Homomorphismus
fq∗ : H q (M ) → H q (N ); x + Bild(dq−1 ) 7→ fq (x) + Bild(d0q−1 )
von A-Moduln. Diese Konstruktion ist funktoriell, d.h. ist idM := (idMq )q∈Z der
identische Homomorphismus von M so gilt id∗M,q = idH q (M ) für jedes q ∈ Z und ist
K = (Kq , d00q )q∈Z ein weiterer Kokettenkomplex über A und g = (gq )q∈Z : N → K
ein weiterer Homomorphismus von Kokettenkomplexen über A so ist auch
g ◦ f := (gq ◦ fq )q∈Z : M → K
ein Homomorphismus von Kokettenkomplexen über A und für jedes q ∈ Z gilt
(g ◦ f )∗q = gq∗ ◦ fq∗ : H q (M ) → H q (K).
26-5
Riemannsche Flächen, WS 2016/2017
Donnerstag 2.2
(c) Seien wieder M = (Mq , dq )q∈Z und N = (Nq , d0q )q∈Z zwei Kokettenkomplexe über
A und weiter seien f = (fq )q∈Z : M → N und g = (gq )q∈Z : M → N zwei Homomorphismen von Kokettenkomplexen. Wir nennen f und g homotop, geschrieben
als f ' g, wenn es ein Tupel (Φq )q∈Z von Homomorphismen Φq : Mq → Nq−1 für
q ∈ Z gibt so, dass für alle q ∈ Z
fq − gq = Φq+1 ◦ dq + d0q−1 ◦ Φq : Mq → Nq
gilt. In diesem Fall induzieren f und g in der Cohomologie denselben Homomorphismus. Sei hierzu q ∈ Z gegeben. Ist dann x ∈ Kern dq so gilt
fq (x) = gq (x) + Φq+1 (dq x) + d0q−1 Φq (x) = gq (x) + d0q−1 Φq (x) ∈ gq (x) + Bild(d0q−1 )
und dies bedeutet
fq∗ (x +Bild(dq−1 )) = fq (x) +Bild(d0q−1 ) = gq (x) +Bild(d0q−1 ) = gq∗ (x +Bild(dq−1 )).
Damit haben wir fq∗ = gq∗ eingesehen.
(d) Wir betrachten nun eine kurze exakte Sequenz von Kokettenkomplexen über A
g
f
0 −→ M −→ Nq −→ K −→ 0
d.h. M, N, K sind Kokettenkomplexe über A, deren Corandabbildungen wir jetzt
der Einfachheit halber alle als d“ schreiben, und f : M → N , g : N → K sind
”
Homomorphismen von Kokettenkomplexen so, dass die Sequenz
fq
gq
0 −→ Mq −→ N −→ Kq −→ 0
für jedes q ∈ Z eine exakte Sequenz von A-Moduln ist. Wir wollen zu dieser
Sequenze von Kokettenkomplexen die zugehörige lange exakte Sequenz von AModuln bilden. Sei q ∈ Z und betrachte die Homomorphismen
..
.


y
..
.


y
..
.


y
fq
gq
fq+1
gq+1
0 −−−→ Mq −−−→ Nq −−−→ Kq −−−→ 0






d
d
y
y
yd
0 −−−→ Mq+1 −−−→ Nq+1 −−−→ Kq+1 −−−→ 0






y
y
y
..
..
..
.
.
.
.
26-6
Riemannsche Flächen, WS 2016/2017
Donnerstag 2.2
Wir wollen einen weiteren Homomorphismus δq : H q (K) → H q+1 (M ) konstruieren. Sei hierzu z ∈ Kq mit dz = 0 gegeben. Da gq : Nq → Kq surjektiv ist gibt es
dann ein y ∈ Nq mit z = gq (y). Wir erhalten das Element dy ∈ Nq+1 mit
gq+1 (dy) = dgq (y) = dz = 0 also dy ∈ Kern(gq+1 ) = Bild(fq+1 )
und schließlich gibt es ein x ∈ Mq+1 mit dy = fq+1 (x). Dann gilt fq+2 (dx) =
dfq+1 (x) = d2 y = 0 und da fq+2 injektiv ist haben wir auch dx = 0. Damit
können wir δq ([z]) := [x] definieren und als eine Übungsaufgabe nachrechnen das
so ein Homomorphismus δq : H q (K) → H q+1 (M ) definiert wird, der dann die
lange exakte Cohomologiesequenz
fq∗
gq∗
· · · −→ H q (M ) −→ H q (N ) −→ H q (K)
∗
fq+1
δq
∗
gq+1
−→ H q+1 (M ) −→ H q+1 (N ) −→ H q+1 (K) −→ · · ·
liefert.
Bemerkung 4.5 (Injektive Moduln)
Wir brauchen einen weiteren Begriff der eventuell aus den Grundvorlesungen zur Algebra bekannt ist. Sei A ein Ring. Ein A-Modul I heißt dann injektiv wenn für alle
A-Moduln M , jeden Untermodul N ≤ M und jeden Homomorphismus f : N → I
stets ein Homomorphismus f : M → I mit f |N = f existiert, es soll sich also jeder
Homomorphismus von einem Untermodul in den injektiven Modul I zu einem auf dem
ganzen Modul definierten Homomorphismus fortsetzen lassen.
Anstelle von Untermoduln N ≤ M kann man dabei auch Monomorphismen g :
N → M betrachten und dann folgt weiter das ein A-Modul I genau dann injektiv ist
wenn für alle A-Moduln M, N und alle Homomorphismen f : N → I, g : N → M mit
Kern(g) ⊆ Kern(f ) stets ein Homomprphismus f : M → I mit f ◦ g = f existiert.
Diese Umformulierung ist manchmal bequem.
Es gibt ausreichend viele injektive A-Moduln, überhaupt jeder A-Modul stellt sich
als Untermodul eines injektiven A-Moduls heraus. Da dies wie gesagt eher zur Algebra gehört wollen wir hierfür keinen vollständigen Beweis angeben sondern das Argument nur andeuten. Im ersten Schritt reduziert man das Problem auf den Fall A = Z
abelscher Gruppen indem ein A-Modul M als Untergruppe einer geeigneten Gruppe
von Homomorphismen abelscher Gruppen interpretiert wird. Die injektiven abelschen
Gruppen lassen sich bestimmen, es handelt sich genau um die dividierbaren abelschen
Gruppen, d.h. um abelsche Gruppen G so, dass es für alle a ∈ G, n ∈ N mit n ≥ 1 stets
ein b ∈ G mit nb = a gibt. Insbesondere ist dann Q/Z injektiv. Sei nun G wieder eine
abelsche Gruppe. Ist dann 0 6= a ∈ G so gibt es einen Homomorphismus fa : hai → Q/Z
mit fa (a) 6= 0, hat nämlich a endliche Ordnung n so kann man den Homomorphismus
durch fa (a) = [1/n] definieren und andernfalls nimmt man etwa fa (a) = [1/2]. Da Q/Z
26-7
Riemannsche Flächen, WS 2016/2017
Donnerstag 2.2
injektiv ist gibt es dann auch einen Homomorphismus ga : G → Q/Z mit ga (a) 6= 0.
Beachtet man dann noch das Produkte injektiver Moduln offenbar wieder injektiv sind,
so erhält man die injektive abelsche Gruppe
Y
I :=
Q/Z und den Homomorphismus g : G → I; x 7→ (ga (x))a∈G\{0} .
06=a∈G
Nach Konstruktion ist dann Kern(g) = 0 und wir können G als Untergruppe von I
auffassen.
Um all dies auf Garben und ihre Homomorphismen auszudehnen definieren wir auch
noch den Begriff einer injektiven Garbe.
Definition 4.5 (Injektive Garben von A-Moduln)
Seien X ein topologischer Raum und A ein kommutativer Ring. Eine Garbe I von
A-Moduln über X heißt injektiv wenn es für alle Garben F, G von A-Moduln über X
und alle Homomorphismen f : F → I, g : F → G mit Kern(g) ≤ Kern(f ) stets einen
Homomorphismus f : G → I mit f ◦ g = f gibt.
Die in der vorigen Bemerkung für A-Moduln diskutierte Konstruktion injektiver Moduln läßt sich dann auf Garben übertragen.
Satz 4.6 (Die Godemont-Konstruktion)
Seien X ein topologischer Raum, A ein kommutativer Ring und F eine Garbe von
A-Moduln über X. Dann existiert eine injektive Garbe I von A-Moduln über X mit
A ≤ I.
Beweis: Für jedes x ∈ X ist der Halm Fx ein A-Modul, also gibt es einen injektiven
A-Modul Jx und einen injektiven Homomorphismus ηx : Fx → Jx von A-Moduln. Ist
dann U ⊆ X offen in X, so können wir den injektiven A-Modul
Y
I(U ) :=
Jx
x∈U
definieren und ist auch V ⊆ U offen in X so ist
RUI V : I(U ) → I(V ); (ax )x∈U 7→ (ax )x∈V
ein Homomorphismus von A-Moduln. Bezeichnet τ die Topologie von X so ist
I
I := (I(U ))U ∈τ , (RU V )U,V ∈τ,V ⊆U
offenbar eine Garbe von A-Moduln über X. Wir überlegen uns nun das F eine Untergarbe von I ist. Sei wieder U ⊆ X offen in X. Dann ist
jU : F (U ) → I(U ); a 7→ (ηx ([U, a]x ))x∈U
26-8
Riemannsche Flächen, WS 2016/2017
Donnerstag 2.2
ein Homomorphismus von A-Moduln und ist auch V ⊆ U offen in X so gilt für jedes
a ∈ F (U )
RUI V (jU (a)) = (ηx ([U, a]x ))x∈V = ([ηx ([V, RU V (a)]x ))x∈V = jV (RU V (a)),
d.h. j := (jU )u∈τ ist ein Homomorphismus von Garben über X. Für jede in X offene
Menge U ⊆ X ist jU dabei injektiv, denn sind a, b ∈ F (U ) mit jU (a) = jU (b) so gilt
ηx ([U, a]x ) = ηx ([U, b]x ) also auch [U, a]x = [U, b]x für jedes x ∈ U und hieraus folgt
a = b. Damit können wir F als Untergarbe von I auffassen.
Es bleibt nur noch zu zeigen das I injektiv ist. Für jedes x ∈ X konstruieren wir
zunächst einen Homomorphismus prx : Ix → Jx des Halms von I in x nach Jx . Für
jede offene Umgebung U von x in X ist
prUx : I(U ) → Jx ; (ay )y∈U 7→ ax
ein Homomorphismus von A-Moduln und ist auch V ⊆ U eine offene Umgebung
von x in X so gilt prVx (RUI V (a)) = ax = prUx (a) für jedes a ∈ I(U ), wir haben also
prVx ◦RUI V = prUx . Die universelle Eigenschaft §2.Bemerkung 20.(e) liefert uns damit
den Homomorphismus
prx : Ix = lim I(U ) → Jx
−→
U ∈U(x)
mit prx ([U, a]Ix ) = ax für alle offenen Umgebungen U von x in X und alle a ∈ I(U ).
Seien nun G, H zwei Garben über X und f : G → I, g : G → H Homomorphismen
von Garben mit Kern(g) ≤ Kern(f ). Sei x ∈ X. Ist dann ξ ∈ Kern(gx ) so existieren
eine offene Umgebung U von x in X und ein a ∈ G(U ) mit ξ = [U, a]G
x und wir haben
G
H
0 = gx ([U, a]x ) = [U, gU (a)]x , also existiert eine weitere offene Umgebung V ⊆ U von x
in X mit gV (RUGV (a)) = RUHV (gU (a)) = 0. Damit gilt RUGV (a) ∈ Kern(gV ) ⊆ Kern(fV )
und es folgt
G
G
I
fx (ξ) = fx ([U, a]G
x ) = fx ([V, RU V (a)]) = [V, fV (RU V (a))]x = 0.
Dies zeigt Kern(gx ) ⊆ Kern(fx ) ⊆ Kern(prx ◦fx ). Da Jx ein injektiver A-Modul ist gibt
es somit einen Homomorphismus f x : Hx → Jx mit f x ◦ gx = prx ◦fx . Für jede in X
offene Menge U ⊆ X erhalten wir einen Homomorphismus
f U : H(U ) → I(U ); a 7→ f x ([U, a]H
x ) x∈U
und ist auch V ⊆ U offen in X so gilt
H
I
f V (RUHV (a)) = f x ([V, RUHV (a)]H
x ) x∈V = f x ([U, a]x ) x∈V = RU V (f U (a))
für jedes a ∈ F (U ), d.h. wir haben f V ◦ RUHV = RUI V ◦ f U . Damit ist f := (f U )U ∈τ ein
Homomorphismus von Garben über X und wir zeigen schließlich das auch f ◦ g = f
26-9
Riemannsche Flächen, WS 2016/2017
Donnerstag 2.2
gilt. Sei also eine in X offene Menge U ⊆ X gegeben. Sei a ∈ G(U ). Für jedes x ∈ U
ist die entsprechende Komponente von fU (a) ∈ I(U ) dann gegeben als
fU (a)x = prx ([U, fU (a)]Ix ) = prx (fx ([U, a]G
x ))
H
= f x (gx ([U, a]G
x )) = f x ([U, gU (a)]x ) = f U (gU (a))x ,
es gilt also fU (a) = f U (gU (a)). Dies zeigt fU = f U ◦ gU und die Garbe I ist injektiv.
Damit sind alle Hilfsmittel bereitgestellt die sogenannten Cohomologiemoduln einer
Garbe zu konstruieren.
Bemerkung 4.7 (Cohomologiemoduln von Garben)
Seien wieder X ein topologischer Raum, A ein kommutativer Ring und F eine Garbe
von A-Moduln über X. Nach Satz 6 gibt es dann eine injektive Garbe I0 von A-Moduln
über X und einen injektiven Homomorphismus η0 : F → I0 . Nach Lemma 2 haben wir
dann eine exakte Sequenz
p0
η0
0 −→ F −→ I0 −→ I0 /A −→ 0
eine eine erneute Anwendung von Satz 6 liefert eine weitere injektive Garbe I1 von
A-Moduln über X und einen injektiven Homomorphismus η10 : I0 /A → I1 . Damit ist
auch η1 := η10 ◦ p0 : I0 → I1 ein Homomorphismus von Garben über X und für jeden
0
Punkt x ∈ X gilt Kern(η1,x ) = Kern(η1,x
◦ p0,x ) = Kern(p0,x ) = Bild(η0,x ), d.h. die
Sequenz
η1
η0
0 −→ F −→ I0 −→ I1
ist exakt. Induktiv so fortfahren erhalten wir eine Folge (Iq )q∈N injektiver Garben von
A-Moduln über X und für jedes q ∈ N mit q ≥ 1 einen Homomorphismus ηq : Iq−1 → Iq
so, dass die Sequenz
η0
η1
η2
0 −→ F −→ I0 −→ I1 −→ I2 −→ · · ·
exakt ist, eine sogenannte injektive Auflösung von F . Auswertung in X liefert einen
Cokettenkomplex I
η1,X
η2,X
0 −→ I0 (X) −→ I1 (X) −→ I2 (X) −→ · · ·
dessen Cohomologie wir die Cohomologie von F nennen, d.h. für jedes q ∈ N ist
H q (X, F ) := H q (I).
Es ist nicht sofort klar das dies bis auf Isomorphie nur von F und nicht von der speziell
gewählten injektiven Auflösung abhängt. Für H 0 läßt sich dies leicht einsehen, wir
haben
H 0 (X, F ) = Kern(η1,X ) = Kern(p0,X ) = Bild(η0,X ) ' F (X),
26-10
Riemannsche Flächen, WS 2016/2017
Donnerstag 2.2
können also H 0 (X, F ) = F (X) identifizieren. Die erste Cohomologie H 1 (X, F ) stimmt,
zumindest im Fall Riemannscher Flächen, mit der angedeuteten durch offene Überdeckungen definierten Coholomologie überein, für jede offene Überdeckung U können
wir Homomorphismen H 1 (X, U, F ) → H 1 (X, F ) konstruieren so, dass H 1 (X, F ) der
direkte Limes der H 1 (X, U, F ) gebildet über alle offenen Überdeckungen von X wird.
Weiter läßt sich jedem Homomorphismus f : F → F 0 von Garben von A-Moduln
über X für jedes q ∈ N ein induzierter Homomorphismus f q : H q (X, F ) → H q (X, F 0 )
zuordnen. Konstruiere hierzu auch zu F 0 eine injektive Auflösung. Da I00 injektiv ist und
Kern(η0 ) = 0 gilt, gibt es dann einen Homomorphismus f0 : I0 → I00 mit f0 ◦η0 = η00 ◦f .
Weiter ist I10 injektiv und es gilt Kern(η1 ) = Kern(p0 ) sowie η1 0◦f0 ◦η0 = η10 ◦η00 ◦f = 0,
also Kern(η1 ) ≤ Kern(η10 ◦ f0 ) und wir erhalten einen Homomorphismus f1 : I1 →
I10 mit f1 ◦ η1 = η10 ◦ f0 . Induktiv so fortfahren erhalten wir für jedes q ∈ N einen
Homomorphismus ηq : Iq → Iq0 mit fq ◦ ηq = ηq0 ◦ fq−1 für alle q ≥ 1. Damit ist
(fq,X )q∈N : I → I 0 ein Homomorphismus von Kokettenkomplexen und induziert für
jedes q ∈ N einen Homomorphismus
f q : H q (X, F ) → H q (X, F 0 ).
Für q = 0 ist dabei in der obigen Identifikation f 0 = f . Sind auch fq0 wie oben konstruiert, so läßt sich analog zeigen das die entstehenden Kokettenabbildungen homotop
sind und somit dieselben Homomorphismen der Cohomologiemoduln induzieren. Wendet man dies dann auf den identischen Homomorphismus idF an so ergibt sich auch
das die Cohomologiemoduln bis auf Isomorphie eindeutig festgelegt sind. All dies im
Detail nachzuprüfen ist dabei eine Übungsaufgabe.
Schließlich gibt es wieder eine lange exakte Cohomologiesequenz. Hierzu sei eine
kurze exakte Sequenz
ϕ
ψ
0 −→ F 0 −→ F −→ F 00 −→ 0
von Garben von A-Moduln über X gegeben. Dann wähle zunächst injektive Auflösungen I 0 von F 0 und I 00 von F 00 . Die injektive Auflösung I von F wird dann hierzu passend
konstruiert, man stellt ein kommutatives Diagramm der Form
0


y
0


y
η0
0
0 −−−→ F 0 −−−
→

ϕ
y
η0
0 −−−→ F −−−→

ψ
y
η 00
0
0 −−−→ F 00 −−−
→


y
0
0


y
η0
1
I00 −−−
→

ϕ0
y
η1
I0 −−−→

ψ
y 0
η 00
1
→
I000 −−−


y
0
26-11
I10 −−−→ · · ·

ϕ1
y
I1 −−−→ · · ·

ψ
y 1
I100 −−−→ · · ·


y
0
Riemannsche Flächen, WS 2016/2017
Donnerstag 2.2
zusammen. Dabei ist für jedes q ∈ N stets Iq = Iq0 ⊕ Iq00 und die einzelnen Homomorphismen müssen geeignet konstruiert werden, dies durchzuführen ist wieder eine
Übungsaufgabe. Ausgewertet in X erhalten wir eine kurze exakte Sequenz 0 −→ I 0 −→
I −→ I 00 −→ 0 von Kokettenkomplexen, deren lange exakte Cohomologiesequenz
ϕ0
ψ0
0 −→ H 0 (X, F 0 ) −→ H 0 (X, F ) −→ H 0 (X, F 00 )
ϕ1
δ0
ψ1
−→ H 1 (X, F 0 ) −→ H 1 (X, F ) −→ H 1 (X, F 00 ) −→ · · ·
dann die gesuchte lange exakte Cohomologiesequenz ist.
Wir wollen diese Konstruktionen nun zur Untersuchung eines effektiven Divisors D
auf einer kompakten Riemannschen Fläche S verwenden. Nach Lemma 3 haben wir die
kurze exakte Sequenz
π
0 −→ OS −→ OS (D) −→ LD −→ 0
und diese gibt uns eine lange exakte Sequenz
π0
0 −→ H 0 (S, OS ) −→ H 0 (S, OS (D)) −→ H 0 (S, LD )
π1
δ
−→ H 1 (S, OS ) −→ H 1 (S, OS (D)) −→ H 1 (S, LD ) −→ · · ·
komplexer Vektorräume. Nach §2.Korollar 8 ist dabei H 0 (S, OS ) = OS (S) = C, und
H 0 (S, OS (D)) = OS (D)(S) ist der Vektorraum aller auf S meromorphen Funktionen deren Pole höchstens in den Punkten a ∈ S mit D(a) > 0 liegen und dort
höchstens die Vielfachheit D(a) haben. Schließlich ist H 0 (S, LD ) = LD (S) der Vektorraum der Hauptteile der Laurententwicklungen in diesen Punkten, uns interessiert
also Bild(π 0 ) = Kern(δ). Die Bedingungen für die Existenz einer meromorphen Funktion mit den durch D vorgegebenen Hauptteilen liegt also im Vektorraum H 1 (S, OS ).
Beachte das dieser nur von der Riemannschen Fläche S und nicht vom konkreten
Divisor D abhängt, letzterer beeinflusst nur den Homomorphismus δ. Zur weiteren
Untersuchung der Situation wollen wir einen weiteren Begriff einführen.
Definition 4.6 (Geradenbündel über Riemannschen Flächen)
Sei S eine Riemannsche Fläche. Ein Geradenbündel L über S besteht aus einem topologischen Raum L und einer stetigen Abbildung π : L → S so, dass jede Faser
Lx := π −1 (x) für x ∈ S die Struktur eines eindimensionalen komplexen Vektorraums
trägt und es eine offene Überdeckung (Ui )i∈I von S und für jedes i ∈ I einen Homöomorphismus ϕi : Ui × C → π −1 (Ui ) mit den folgenden beiden Eigenschaften gibt.
(GB1) Ist i ∈ I so ist π ◦ ϕi = pr1 und die Abbildung ϕi (x, ) : C → Lx ist für jedes
x ∈ Ui ein Vektorraumisomorphismus.
(GB2) Für alle i, j ∈ I ist die Abbildung
ϕij : (Ui ∩ Uj ) × C → (Ui ∩ Uj ) × C; (x, z) 7→ ϕ−1
j (ϕi (x, z))
holomorph.
26-12
Riemannsche Flächen, WS 2016/2017
Donnerstag 2.2
Man nennt die offene Überdeckung (Ui )i∈I , beziehungsweise genauer das Paar (Ui , ϕi )i∈I
dann auch eine Trivialisierung von L.
Die offene Überdeckung (Ui )i∈I gehört dabei aber nicht mit zur Struktur des Geradenbündels, es wird nur verlangt das es eine solche gibt. Will man es vermeiden
eine solche offene Überdeckung in die Definition eines Geradenbündels aufzunehmen so
kann L gleich als eine zweidimensionale komplexe Mannigfaltigkeit“ definiert werden,
”
dies ist eine Verallgemeinerung des Begriffs einer Riemannschen Fläche auf den Fall
mehrerer Variabler“, die wir hier aber nicht besprechen wollen. Beachte weiter das die
”
Abbildungen ϕij wegen ϕ−1
ij = ϕji für alle i, j ∈ I sogar biholomorph sind. Wird die
offene Überdeckung (Ui )i∈I durch eine Verfeinerung (Vj )j∈J ersetzt, so können wir für
jedes j ∈ J ein i ∈ I mit Vj ⊆ Ui wählen und ψj := ϕi |Vj × C setzen, dann erfüllt auch
diese Verfeinerung die beiden Bedingungen (GB1) und (GB2). Insbesondere können
wir bei mehreren gegebenen Geradenbündeln auf einer Riemannschen Fläche S immer
eine offene Überdeckung von S finden die für alle diese Geradenbündel gleichzeitig
verwendet werden kann.
Man nennt zwei Geradenbündel L1 , L2 über einer Riemannschen Fläche S isomorph
wenn es einen Homöomorphismus ψ : L1 → L2 mit π 2 ◦ ψ = π 1 gibt der die folgenden
beiden Bedingungen erfüllt:
(BI1) Für jedes Punkt x ∈ S ist ψ|L1x : L1x → L2x ein Vektorraumisomorphismus.
(BI2) Ist (Ui )u∈I eine Trivialisierung von L1 und L2 so ist die Abbildung
ϕ2
−1
◦ ψ ◦ ϕ1 : Ui × C → Ui × C
für jedes i ∈ I holomorph.
Wir wollen nun kurz besprechen wie sich Isomorphietypen von Geradenbündeln über
einer Riemannschen Fläche S in Termen der Cohomologie einer geeigneten Garbe über
S interpretieren lassen. Aus Zeitgründen können wir dies leider nicht mehr vollständig
diskutieren und begnügen uns daher mit einem ersten Eindruck. Angenommen wir
haben ein Geradenbündel L über S mit einer Trivialisierung (Ui , ϕi )i∈I . Seien i, j ∈ I.
Ist dann z ∈ Ui ∩ Uj so haben wir die beiden Elemente ϕi (z, 1) ∈ Lz \{0} und ϕj (z, 1) ∈
Lz \{0}. Da Lz eindimensional ist erhalten wir eine komplexe Zahl aij (z) ∈ C\{0} mit
ϕi (z, 1) = aij (z) · ϕj (z, 1) und für jedes w ∈ C ist dann weiter
ϕi (z, w) = w · ϕi (z, 1) = aij (z)w · ϕj (z, 1) = ϕj (z, aij (z)w)
und dies bedeutet
ϕij (z, w) = (z, aij (z) · w).
Da ϕij holomorph ist, ist damit auch aij ∈ OS (Ui ∩ Uj ) holomorph. Jetzt ist C\{0}
bezüglich der komplexen Multiplikation eine abelsche Gruppe, definieren wir also für
jede in S offene Menge U ⊆ S die abelsche Gruppe
OS∗ (U ) := {f ∈ OS (U )|∀(z ∈ U ) : f (z) 6= 0}
26-13
Riemannsche Flächen, WS 2016/2017
Donnerstag 2.2
so wird OS∗ eine Garbe abelscher Gruppen über S. Für i, j ∈ I haben wir dann aij ∈
OS∗ (Ui ∩ Uj ). Wir wollen uns überlegen das diese Funktionen die zu Beginn dieser
Sitzung beschriebene Cozykelbedingung erfüllen. Seien also i, j, k ∈ I gegeben. Für
jedes z ∈ Ui ∩ Uj ∩ Uk gilt dann
ϕi (z, 1) = aij (z) · ϕj (z, 1) = aij (z)ajk (z) · ϕk (1, z)
also ist
aik (z) = aij (z)ajk (z) und somit aij (z)ajk (z)aki (z) =
aij (z)ajk (z)
= 1.
aik (z)
Schreiben wir also U := (Ui )i∈I so ist
(aij )(i,j)∈I 2 ∈ Z 1 (S, U, OS∗ )
und wir können dem Geradenbündel L ein Element von H 1 (S, U, OS∗ ) zuordnen. Wie
bereits früher bemerkt wird der direkte Limes all dieser Gruppen zu H 1 (S, OS∗ ), wir
können L also weiter auch ein Element
[L] ∈ H 1 (S, OS∗ )
zuordnen. Es läßt sich dann beweisen das durch diese Konstruktion eine bijektive Abbildung zwischen Isomorphieklassen von Geradenbündeln über S und der abelschen
Gruppe H 1 (S, OS∗ ) hergestellt wird. Zwischen den beiden abelschen Gruppen H 1 (S, OS )
und H 1 (S, OS∗ ) besteht ein sehr enger Zusammenhang. Sei wieder U ⊆ S offen in S.
Dann ist
expU : OS (U ) → OS∗ (U ); f 7→ e2πif
ein Homomorphismus abelscher Gruppen dessen Kern die Menge der lokal konstanten
Funktionen auf U mit Werten in Z ist. Ist A eine beliebige abelsche Gruppe so können
wir für jede in S offene Menge U ⊆ S die abelsche Gruppe
AS (U ) := {f : U → A|f ist lokal konstant}
mit punktweise definierter Addition einführen, und dann wird AS zusammen mit der
Restriktion von Abbildungen zu einer weiteren Garbe über S, eine solche Garbe nennt
man eine konstante Garbe. Als eine Übungsaufgabe kann man sich dann überlegen das
exp
0 −→ ZS −→ OS −→ OS∗ −→ 0
eine kurve exakte Sequenz von Garben abelscher Gruppen über S ist. Diese Sequenz
gibt uns weiter eine lange exakte Sequenz
exp
0 −→ H 0 (S, ZS ) −→ H 0 (S, OS ) −→ H 0 (S, OS∗ )
exp
δ
−→ H 1 (S, ZS ) −→ H 1 (S, OS ) −→ H 1 (S, OS∗ ) −→ · · ·
26-14
Riemannsche Flächen, WS 2016/2017
Donnerstag 2.2
Wir wissen bereits H 0 (S, OS ) = C und H 0 (S, OS∗ ) = OS∗ (S) = C\{0} also ist der
Homomorphismus H 0 (S, OS ) −→ H 0 (S, OS∗ ) surjektiv und somit gilt δ = 0. Somit ist
auch die Sequenz
exp
δ
0 −→ H 1 (S, ZS ) −→ H 1 (S, OS ) −→ H 1 (S, OS∗ ) −→ H 2 (S, ZS ) −→ · · ·
exakt. Nun wollen wir einige topologische Tatsachen verwenden die wir an dieser Stelle
nicht weiter begründen wollen. Die kompakte Riemannsche Fläche S ist eine kompakte,
zusammenhängende, orientierbare 2-Mannigfaltigkeit und all diese Räume sind bis auf
Homöomorphie vollständig klassifiziert. Der Homöomorphietyp kann durch eine einzelne natürliche Zahl g beschrieben werden so, dass S homöomorph zu einer 2-Sphäre S 2
mit g angeklebten Henkeln ist, oder gleichwertig zu einer Brezelfläche mit g Löchern.
Man nennt g dabei das Geschlecht von S. Beispielsweise hat die Riemannsche Zahlenb das Geschlecht g = 0 da C
b zur Sphäre S 2 homöomorph ist. Ist Λ ≤ C ein
kugel C
Gitter so ist C/Λ homöomorph zum Torus und dieser ist eine Brezelfläche mit einem
Loch also hat C/Λ das Geschlecht g = 1.
Sei q ∈ N. Dann hängt H q (S, ZS ) nur von dem topologischen Raum S ab, und muss
sich daher allein in Termen des Geschlechts g von S beschreiben lassen. Man kann
zeigen das H q (S, ZS ) zur gewöhnliche singulären Cohomologie von S isomorph ist und
diese wird im Laufe der oben erwähnten Flächenklassifikation bis auf Homöomorphie
sowieso berechnet, es ergibt sich
H 0 (S, ZS ) ' Z, H 1 (S, ZS ) ' Z2g , H 2 (S, ZS ) ' Z und H q (S, ZS ) = 0 für q > 2.
Ist insbesondere L ein Geradenbündel über S, so haben in H 1 (S, OS∗ ) das Element
[L] ∈ H 1 (S, OS∗ ) und können damit den sogenannten Grad
deg(L) := δ([L]) ∈ Z = H 2 (S, ZS )
definieren. Jedem Geradenbündel L über S können wir weiter eine Garbe ΓL über S
zuordnen. Hierzu bezeichne (Ui , ϕi )i∈I eine Trivialisierung von L und setze für jede jede
in S offene Menge U ⊆ S
Es ist π ◦ s = idU und die Abbildung
ΓL (U ) := s : U → L .
pr2 ◦ϕ−1
i ◦ s : U → C ist holomorph
Zusammen mit der gewöhnlichen Restriktion von Abbildungen ist ΓL dann eine Garbe
komplexer Vektorräume über S. Damit sind wir in der Lage eine erste Form des Satzes
von Riemann-Roch zu formulieren.
Satz 4.8 (Satz von Riemann-Roch für Geradenbündel)
Sei S eine kompakte Riemannsche Fläche von Geschlecht g und L ein Geradenbündel
über L. Dann sind die komplexen Vektorräume H 0 (S, ΓL ) und H 1 (S, ΓL ) endlichdimensional und es gilt
dimC H 0 (S, ΓL ) − dimC H 1 (S, ΓL ) = deg(L) + 1 − g.
26-15
Riemannsche Flächen, WS 2016/2017
Donnerstag 2.2
Dass die beiden Vektorräume endlichdimensional sind ist dabei der komplizierte Teil
und analytische Teil des Beweises, die Formel ergibt sich dann mit algebraischen Methoden. Es verbleibt einen Zusammenhang zwischen Divisoren und Geradenbündeln
herzustellen. Sei S wieder eine kompakte Riemannsche Fläche und D ein Divisor auf
S. Für jeden Punkt p ∈ S wählen wir eine lokale Uniformisierung zp von S bei p mit
{a ∈ dom(zp )|D(a) 6= 0} ⊆ {p}.
Nach §2.Satz 29 haben wir die Garbe MS der meromorphen Funktionen auf S und für
jedes p ∈ S ist MS,p ' C0 ((zp )) der Quotientenkörper von OS,p ' C0 [[zp ]]. Sei p ∈ S
und bezeichne mS,p = zp · OS,p das maximale Ideal von OS,p . Für jedes n ∈ N haben
wir dann auch
mnS,p = zpn · OS,p OS,p ≤ MS,p
und für jedes n ∈ Z mit n < 0 können wir
n a
o
n
mnS,p :=
a ∈ OS,p , 0 6= b ∈ m−n
S,p = zp · OS,p ≤ MS,p
b
definieren. Beachte das mnS,p dann für jedes n ∈ Z unabhängig von der speziell gewählten lokalen Uniformisierung zp definiert ist. Schließlich definieren wir den komplexen
Vektorraum
−(D(p)−1)
−D(p)
L(D)p := mS,p /mS,p
und fassen wir OS (D)p als eine Unteralgebra von MS,p auf, so können wir dies auch
als
L(D)p = OS (D)p /(OS (D)p · mS,p )
schreiben. Der Vektorraum L(D)p ist eindimensional, bezüglich des Isomorphismus
MS,p ' C0 ((zp )) ist die Abbildung
ψp : L(D)p → C;
∞
X
an zpn + zp−(D(p)−1) · OS,p 7→ a−D(p)
n=−D(p)
ein Vektorraumisomorphismus, die Umkehrabbildung ψp−1 bildet 1 auf die Klasse von
−D(p)
zp
in L(D)p ab. Setze nun
a
[
L(D) :=
L(D)p =
{p} × L(D)p und π := pr1 : L(D) → S.
p∈S
p∈S
Für jeden Punkt p ∈ S hat π −1 (p) = {p} × L(D)p dann die Struktur eines eindimensionalen komplexen Vektorraums und wegen D(q) = 0 für alle q ∈ dom(zp )\{p} haben
wir die bijektive Abbildung
−(D(q)−1
ϕp : dom(zp ) × C → π −1 (dom(zp )); (q, w) 7→ w · [zp ]−D(p)
+ mS,q
q
26-16
.
Riemannsche Flächen, WS 2016/2017
Donnerstag 2.2
Sind dabei p1 , p2 ∈ S mit p1 6= p2 so ist D(q) = 0 und zp1 (q), zp2 (q) 6= 0 für alle
q ∈ dom(zp1 ) ∩ dom(zp2 ), also ist dann für jedes w ∈ C stets
w · zp2 (q)D(p2 )
−1
,
ϕp2 (ϕp1 (q, w)) = q,
zp1 (q)D(p1 )
die Abbildung ϕ−1
p2 ◦ϕp1 ist also holomorph. Insbesondere ist sie stetig und hiermit folgt
dann als eine kleine Übungsaufgabe das
τ := {U ⊆ L(D)|Für jedes p ∈ S ist ϕ−1
p (U ) offen in dom(zp ) × C}
eine Topologie auf L(D) ist so, dass ϕp für jedes p ∈ S ein Homöomorphismus ist.
Damit ist L(D) ein Geradenbündel über S. Man kann dann weiter zeigen das
deg(L(D)) = deg(D)
ist, der Grad des Geradenbündels L(D) stimmt also mit dem Grad des Divisors D
überein. Damit ergibt sich dann der Satz von Riemann-Roch in seiner Formulierung
für Divisoren.
Korollar 4.9 (Satz von Riemann-Roch für Divisoren)
Seien S eine kompakte Riemannsche Fläche von Geschlecht g und D ∈ Div(S) ein
effektiver Divisor auf S. Dann sind die komplexen Vektorräume H 0 (S, OS (D)) und
H 1 (S, OS (D)) endlichdimensional und es gilt
dimC H 0 (S, OS (D)) − dimC H 1 (S, OS (D)) = deg(D) + 1 − g.
Beweis: Wir zeigen das die Garben ΓL(D) und OS (D) komplexer Vektorräume über S
isomorph sind. Wähle wieder für jedes p ∈ S eine lokale Uniformisierung zp von S bei p
mit D(q) = 0 für alle q ∈ dom(zp )\{p}. Sei U ⊆ S offen in S. Ist dann f ∈ OS (D)(U ) so
ist f eine auf U meromorphe Funktion mit ordq (f ) ≥ −D(q) für jedes q ∈ U . Für jedes
D(q)
D(q)
q ∈ U ist damit auch ordq (zq · f ) ≥ 0, also ist zq · f in einer offenen Umgebung von
−D(q)
−D(q)
q holomorph und wir haben [f ]q ∈ zq
· OS,q = mS,q . Wir erhalten die Abbildung
−(D(q)−1)
s : U → L(D); q 7→ (q, [f ]q + mS,q
)
D(p)
mit π ◦ s = idU . Sei p ∈ S. Dann haben wir im Fall p ∈ U bereits ordp (zp · f ) ≥ 0
eingesehen und für jedes q ∈ dom(zp ) mit q 6= p ist wegen D(q) = 0 auch ordq (f ) ≥
D(p)
−D(q) = 0 also ist auch ordq (zp · f ) ≥ 0. Damit ist
D(p)| dom(zp )∩U )
pr2 ◦ϕ−1
∈ OS (dom(zp ) ∩ U )
p ◦ s = (f | dom(zp ) ∩ U ) · (zp
holomorph. Dies zeigt s ∈ ΓL(D) (U ) und wir haben somit eine lineare Abbildung θU :
OS (D)(U ) → ΓL(D) (U ) konstruiert. Ist auch V ⊆ U offen in S so gilt dabei θU (f |V ) =
26-17
Riemannsche Flächen, WS 2016/2017
Donnerstag 2.2
s|V = θU (f )|V , wir haben also einen Garbenhomomorphismus und müssen nur noch
zeigen das dieser ein Isomorphismus ist. Hierzu ist zu beweisen das θU auch bijektiv ist
und hierzu konstruieren wir die Umkehrabbildung zu θU .
Sei also s ∈ ΓL(D) (U ) gegeben. Für jedes p ∈ S ist dann pr2 ◦ϕ−1
p ◦c ∈ OS (dom(zp )∩
U ) und wir erhalten die auf dom(zp ) ∩ U meromorphe Funktion
fp :=
1
D(p)
zp
· (pr2 ◦ϕ−1
p ◦ s) ∈ MS (dom(zp ) ∩ U ).
Fı̈r jedes q ∈ dom(zp ) ∩ U mit q 6= p gilt dabei ordq (fp ) ≥ 0 = −D(q) und im Fall
p ∈ U haben wir auch ordp (fp ) ≥ −D(p). Seien nun p1 , p2 ∈ S mit p1 6= p2 gegeben.
Für jedes q ∈ dom(zp1 ) ∩ dom(zp2 ) ∩ U haben wir dann nach unserer obigen Formel für
ϕ−1
p2 ◦ ϕp1
fp2 (q) =
1
1
−1
· pr2 (ϕ−1
· pr2 (ϕ−1
p2 (s(q))) =
p2 (ϕp1 (ϕp1 (s(q)))))
D(p
)
2
zp2 (q)
zp2 (q)D(p2 )
1
D(p1 )
· pr2 (ϕ−1
=
fp1 (q)))) = fp1 (q).
p2 (ϕp1 (q, zp1 (q)
zp2 (q)D(p2 )
Dies zeigt fp1 | dom(zp1 ) ∩ dom(zp2 ) ∩ U = fp2 | dom(zp1 ) ∩ dom(zp2 ) ∩ U und wir erhalten
eine auf U meromorphe Funktion f ∈ MS (U ) mit f | dom(zp ) ∩ U = fp für jedes
p ∈ U . Insbesondere gilt für jedes p ∈ U auch ordp (f ) = ordp (fp ) ≥ −D(p), d.h. es ist
f ∈ OS (D)(U ). Damit haben wir eine Abbildung ΓL(D) (U ) → OS (D)(U ) die dann zu
θU invers ist.
Damit haben wir OS (D) ' ΓL(D) eingesehen und der Satz von Riemann-Roch für
Geradenbündel Satz 8 liefert die Behauptung.
Es ist
H 0 (S, OS (D)) = OS (D)(S)
der Vektorraum der auf S meromorphen Funktion f so das für jedes p ∈ P (f ) stets
D(p) > 0 ist und der Pol p höchstens die Vielfachheit D(p) hat. Der Satz von RiemannRoch liefert also
dimC (OS (D)(S)) ≥ deg(D) + 1 − g,
und dies ist der ursprüngliche Satz von Riemann. Die Berechnung der Differenz wurde von Roch durchgeführt. Insbesondere erhalten wir den folgenden Existenzsatz für
meromorphe Funktionen.
Korollar 4.10 (Existenz meromorpher Funktionen)
Sei S eine kompakte Riemannsche Fläche von Geschlecht g und sei a ∈ S. Dann
existiert eine auf S meromorphe Funktion f mit P (f ) = {a} so, dass der Pol von f in
a höchstens die Vielfachheit g + 1 hat.
26-18
Riemannsche Flächen, WS 2016/2017
Donnerstag 2.2
Beweis: Betrachte den effektiven Divisor
(
g + 1, p = a,
D : S → Z; p 7→
0,
p=
6 a.
Dann ist deg(D) = g + 1 und Satz 9 ergibt
dimC OS (D)(S) ≥ deg(D) + 1 − g = 2 > 1
und somit gibt es eine nicht konstante Funktion f ∈ OS (D)(S). Es folgt P (f ) ⊆ {a}
und orda (f ) ≥ −D(a) = −(g + 1), d.h. f hat in a einen Pol der Vielfachheit höchstens
g + 1. Da f nicht konstant ist, kann f nach §2.Satz 8 nicht auf S holomorph sein, d.h.
es gilt sogar P (f ) = {a}.
Aus dem Korollar folgt dann zum Beispiel das jede kompakte Riemannsche Fläche
von Geschlecht 0 zur Riemannschen Zahlenkugel isomorph ist.
26-19
Herunterladen