Psychologie aktuell: Schizophrenie: Der Mensch deutet Symbole

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Psychologie aktuell: Schizophrenie: Der Mensch deutet Symbole und ringt um den Sinn des Geschehens
01-11-13
Schizophrenie: Der Mensch deutet Symbole und ringt um den Sinn des Geschehens
Schizophrenie: Wie sind befremdliche Äußerungen von Patienten einzuordnen? Der
Schizophrene versucht im Wahn, verschiedenste Zeichen als Symbole zu deuten und als
signifikant zu verstehen: relevant für ihn persönlich. Er "sucht in der Struktur der
begegnenden Zeichen nach dem Grund schicksalhafter Veränderungen. Solange diese
Zeichen als ominöse Symbole verstanden werden, ist Deutungsarbeit erforderlich. Dabei
manifestiert sich die Unsicherheit der Zuordnung als affektive Spannung, und die
vermeintlichen oder tatsächlichen Symbole können als Signale mit Handlungsaufforderung
missverstanden werden." Professor Dr. Andreas Heinz und Kollegen (Berlin) haben diese
Missverständnisse untersucht und ihre Befunde in einem Beitrag zum Studienband "Psyche
zwischen Natur und Kultur" veröffentlicht.
"Die Symptomatik der Schizophrenie kann weder auf eine mechanische Assoziationsstörung
reduziert, noch als originelle Deutungsarbeit banalisiert werden. Konstitutiv ist eine tiefgreifend
veränderte Weltsicht, die überkommene Bedeutungsmuster zerstört, so dass die Vorstellung nicht
mehr zum Begriff und der Begriff nicht mehr zum Gegenstand passt.
Konstitutiv ist in der Schizophrenie das menschliche Ringen um den Sinn des Geschehens, das als
dunkles Symbol oder schließlich allzu bekannte Allegorie gedeutet wird. Allgemein menschlich ist
auch der Versuch, das eigene Schicksal in Metaphern, Bildern und Symbolen zu fassen. Die subjektiv
erlebte Realität der psychotischen Erfahrung bedingt dabei, dass für den schizophrenen Patienten der
´als ob´- Charakter der Symbolisierung verloren geht.
Hingegen besteht die Aufgabe der Mitmenschen und Therapeuten darin, Aussagen von
Schizophrenie-Kranken wie Metaphern zu verstehen, also zu versuchen, Aussagen über
psychotisches Erleben soweit wie möglich nachzuvollziehen, ohne die doppelte Bedeutung des
Gesagten zu verleugnen, das für den schizophrenen Patienten Realität und für uns eine vereinzelnde
Sichtweise der Welt darstellt. Die kränkende Vereinsamung im psychotischen Erleben kann mit
diesem Versuch einer Übersetzung in unsere Sprache und Weltsicht zwar nicht aufgehoben, aber
vermindert werden. Und die schizophrene Auflösung überkommener Bedeutungsstrukturen kann
unseren Blick schärfen für eigene Allegoresen, die im Geschehen nur die endlose Transformation
entfremdeter Warenverhältnisse zu replizieren vermögen ..."
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Psychologie aktuell: Schizophrenie: Der Mensch deutet Symbole und ringt um den Sinn des Geschehens
A. Heinz, K. Lefrink, Y. Bühmann, M. Heinze: ´Autismus und Konkretismus´- widersprüchliche
Konzepte schizophrener Denkstörungen? In: Kai Vogeley, Thomas Fuchs, Martin Heinze (Hrsg.)
Psyche zwischen Natur und Kultur. Pabst, 200 Seiten, ISBN 978-3-89967-519-1
M. Ziegenbein, W. Machleidt, B.R. Brüggemann, A. Wessels, H. Haltenhof (Hrsg.) Schizophrenie Frühintervention und Langzeitbegleitung. Pabst, 400 Seiten, ISBN 978-3-89967-584-9
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