Bildung (= mehr als Wissensvermittlung mit Unterrichtsprinzipien, Lehrerpersönlichkeit, erziehender Unterricht) 1. Definition - Durch Erziehung soll der Zögling von der Person im Sinne der Individualität zur Persönlichkeit und Persönlichkeitsentfaltung (=Bildung) erzogen werden. - Zögling bekommt im Unterricht als Akt der personalen Hilfe vom Lehrer eine Sachkompetenz und in der Erziehung eine Handlungskompetenz KLAFKI: - materiale Bildung, d.h. sie ist vorwiegend an der Objektseite orientiert, der Schüler eignet sich viele Inhalte an (Material) und verfügt am Ende über viel Wissen (Bildungstheoretischer Objektivismus: möglichst viel Wissen haben) - formale Bildung, d.h. sie ist vorwiegend an der Subjektseite orientiert, der Schüler eignet sich Inhalte an, um dann zur Ausformung seiner Kräfte und seines Könnens und zu einem guten Umgang mit der Wirklichkeit zu gelangen Beide Theorien dürfen aber nicht getrennt voneinander gesehen werden, sondern sie erschließen sich gegenseitig. Materiale Bildung Formale Bildung Kategoriale Bildung (nach LEHMENSICK 1926) KLAFKI: „Bildung muß eine doppelseitige Erschließung sein; daß sich dem Menschen seine Wirklichkeit kategorial erschlossen hat und daß eben damit er selbst ... für diese Wirklichkeit erschlossen worden ist.“ DE LAGARDE: „Bildung ist die Fähigkeit, Wesentliches vom Unwesentlichem zu unterscheiden und das Wesentliche tun.“ Max MÜLLER: „Bildung ist auf über-einzelner Erfahrung beruhende Prägung des Einzelmenschen durch die lebendige Gegenwart eines ihn in allen Einzelhandlungen und Einzelvollzügen bestimmenden Ganzen.“ Max MÜLLER: „Bildung ist die grundsätzliche Orientierung des ganzen Menschen im Ganzen des Seins.“ WIATER: „Bei der Bildung erschließt sich der Mensch solche geistigen und dinglichen Inhalte seiner Lebenswelt, die ihn Einsichten, Erfahrungen und Erlebnisse ermöglichen, mit derer Hilfe er die Wirklichkeit durchschaut und sich den Anforderungen der Welt selbstbestimmt und solidarisch stellt.“ ARBEITSdefiniton: Bildung ist die wachsende Teilhabe an der Kultur mit dem Ziel einer wertgeleitenden, harmonischen Persönlichkeit. - wachsend: Bildung ist ein dynamischer Prozess, endet nie! Teilhabe: aktives Mitleben in der Kultur Kultur: Wertgeleitet: Werte in Bezug auf das Schöne, Wahre, Gute + Heilige werden anerkannt Persönlichkeit: Ziel 1.1. Bildung und Erziehung - zeitliche Dimension: Erziehung wird abgeschlossen bei Mündigkeit, Bildung besteht immer BÖNSCH: „ Bildung ist ein lebenslanges Lernen.“ - Wirkungsfeld: Erziehung meist in Schule und Familie, Bildung geht darüber hinaus - Gerichtetheit: Erziehung ist Vermittler von Normen, Bildung ist ein gehobenes Verhältnis zu kulturellen Werten - Steuerung: Erziehung kommt von außen (interpersonaler Vorgang), Bildung vollzieht sich im inneren (intrapersonaler Vorgang) 2. Merkmale der Bildung (1) Bildung ist ein intrapersonaler Vorgang, ein Vorgang der Selbstverwirklichung, den jeder Mensch zu leisten hat. (2) Bildung umfaßt den ganzen Menschen in seiner Leib-, Seele-, Geisteinheit. Man kann zwar bestimmte Bereiche des Menschen schulen, trainieren und ausbilden. Bildung ist aber immer ein Vorgang, der den ganzen Menschen erfaßt und umfaßt. (3) Bildung, die nicht auf das Ganze, die Grundverhältnisse, das Allgemeine zugeht, ist allenfalls Ausbildung aber keine Bildung. (4) Bildung ist die Fähigkeit zuordnen, einordnen zu können, Akzente zu setzen. Die Fähigkeit zusammen zu sehen, Parallelen zu erkennen, vernetzt und zusammenhängend zu denken (5) Bildung ist dialogisch. Sie geschieht immer in Auseinandersetzung zum Anderen und zur Welt. Sie nimmt die Anforderungen der geschichtlichen Welt ernst. Bildung ist also auch als rechte Antwort auf den Anruf des Anderen und der Anderen zu sehen. (6) Bildung bedeutet auch Unvorhergesehenem, Überraschendem gegenüber offen zu sein, sich einzustellen und das Wesentliche immer wieder neu zu suchen. Bildung ist also alle andere als ein totaler Wissensbesitz, eine bloße Wissensammlung (7) Bildung ist Bindung. Als ein Akt der Freiheit ist Bildung nicht nur Orientierung, sie ist auch Entscheidung und Bindung an diese Entscheidung. Bildung als Bindung bedeutet also auch, etwas durchhalten zu können, zu seiner Sache stehen. (8) Bildung ist geschichtlich, d.h. sie vollzieht sich immer in einer bestimmten gesellschaftlich, in einer geschichtlichen Welt. Kindsein, Jugendzeit, Erwachsensein und Alter bieten also jeweils andere Bildungsvoraussetzungen Bildung = Entscheiden (Grundlage: Wissen, Können) + Handeln 3. Oberste Bildungsziele in Bayern Art. 131 (2) Oberste Bildungsziele sind Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor religiöser Überzeugung und vor der Würde des Menschen, Selbstbeherrschung, Verantwortungsgefühl und Verantwortungsfreudigkeit, Hilfsbereitschaft und Aufgeschlossenheit für alles Wahre, Gute und Schöne und Verantwortung für Natur und Umwelt (3) Die Schüler sind im Geiste der Demokratie, in der Liebe zur Bayerischen Heimat und zum deutschen Volk und im Sinne der Völkerversöhnung zu erziehen. Die 7 Bildungsziele beschreiben Elemente eines Menschenbildes, indem sie Aussagen machen zur Entwicklung der Person, zur sittlichen Persönlichkeit im Rahmen von Staat, Volk und Völkergemeinschaft. (1) Ehrfurcht vor Gott (Achtung vor der religiösen Überzeugung des anderen) Begründung: Religion ist ein Ausdruck für die Möglichkeit, sich selbst und die Welt sinnerfüllt zu erfahren Schüler soll: - erkennen, dass der menschlichen Erkenntnis Grenzen gesetzt sind - offen sein für religiöses Erleben - wissen, dass niemand wegen seiner Religion benachteiligt werden darf Veränderte Kindheit: kein Interesse mehr an Religion Konsequenzen für den Unterricht: Gebet vor Schulbeginn Projekte zu verschiedenen Glaubensrichtungen Verzicht auf Indoktrination Freiheit zur Religionsausübung Anthropologie (Freiheit) (2) Achtung vor der Würde des Menschen (Verantwortungsgefühl + Verantwortungsfreudigkeit) Begründung: Würde des Menschen wird nur dann beachtet, wenn er sein Leben in Freiheit gestalten kann Entfaltung und Behauptung der eigenen Person: Mensch ist auf Hilfe angewiesen Anthropologie, erziehender Unterricht Schüler soll: - Selbstvertrauen gewinnen Prinzip der Erfolgsbestätigung - Sich selbst gegenüber aufrichtig sein - Eigene Wünsche, Ansprüche, Rechte gegen Angriffe verteidigen, aber auch auf sie verzichten können Veränderte Kindheit: Verantwortung ist heute oft eine Pflicht für die Kinder, weil Eltern wenig Zeit haben (Alleinerziehung) Allgemein ist die Verantwortung geringer, weil man öfter alleine ist und nicht mehr in der Gesellschaft Konsequenzen für den Unterricht: Ämter übernehmen Gruppenarbeit Unterrichtsformen Helfer – Tutoren System in der Klasse Behindertenintegration z.B. immer einen vom Bus holen (2.1.) Achtung vor der Würde des Menschen (Hilfsbereitschaft) Begründung: Mensch ist auf Gemeinschaft angelegt In der Gemeinschaft gewinnt der Mensch ein Verständnis von sich selbst, dass immer wieder neu überprüft, verändert und gewonnen wird Schüler soll: - versuchen, andere zu verstehen ohne Vorurteile - fähig sein, soziale Bindungen auf Dauer einzugehen - helfen und selbst Hilfe annehmen - sich freiwillig in den Dienst gemeinsamer Ziele zu stellen Veränderte Kindheit: kleinere Familien Leistungsgesellschaft Leistung als Produkt Konsequenzen für den Unterricht: Projekte (Altenheim) Integration von Behinderten (3) Aufgeschlossenheit für alles Wahre, Gute und Schöne (vgl. Lehrplan: Ästhetische Erziehung) Begründung: Bedürfnis des Menschen nach sittlichem Handeln Werte wie Gerechtigkeit, Fairneß und Harmonie Schüler soll: - einsehen, dass zur Erschließung von Werten die Orientierung an Maßstäben wichtig ist - gut und böse unterscheiden können - sich an der Natur erfreuen und die Erhaltung anstreben Veränderte Kindheit: Welt ist durch TV/Computer verfälscht (nur noch sekundäre Erfahrungen) Falsche Realität Voller Terminkalender Konsequenzen für den Unterricht: Anschauung, originale Begegnung Prinzip der Veranschaulichung Aktivierung Prinzip der Aktivierung Kritische Medienerziehung Medien Projekte (4) Verantwortungsbewußtsein für Natur und Umwelt (vg. Lehrplan: Natur und Umwelt) (5) Bekenntnis zum Geist der Demokratie Begründung: Grundwerte sind der Demokratie verankert: Freiheit, Gleichheit vor dem Gesetz, Solidarität, Rechsstaatlichkeit, Volkssouveränität Schüler soll erkennen: - dass Demokratie nur bestehen kann, wenn man sich für die Erhaltung der Grundwerte einsetzt - dass Konflikte unter Wahrung der Rechte auszutragen sind - dass man seine eigene Meinung sagen kann Veränderte Kindheit: Konsequenzen für den Unterricht: SMV Klassensprecherwahl Unterrichtsformen z.B. Gruppenarbeit Projekte (6) Liebe zur bayerischen Heimat und zum deutschen Volk Begründung: Gefühl der Zugehörigkeit, des Zuhause-seins Bereitschaft zur Erhaltung und Förderung Keine übersteigerte Vaterlandsliebe, weil sonst pol. Gefahr droht (NS-Zeit) Schüler soll: - sich Bayern als geographischen, politischen und kulturellen Raum erschließen - bereit sein, Landschaften, Brauchtum und Denkmäler zu pflegen Veränderte Kindheit: Stadtleben Konsequenzen für den Unterricht: Exkursion Museum Schulleben (Ausstellungen) (7) Bekenntnis zum Geist der Völkerverständigung Begründung: Jedem Volk und jedem Menschen kommt das Recht auf Individualität zu Verständigung der Nationen für eine menschenwürdige Zukunft Sicherung des Friedens Schüler soll: - lernen, dass jedes Volk Recht auf Selbstbestimmung hat - einsehen, Mitglieder anderer Völker zu achten - einsehen, dass die Erhaltung von Lebensbedingungen auf der Welt nur von allen Völkern erreicht werden kann Veränderte Kindheit: Ausländerhass Konsequenzen für den Unterricht: Interkulturelle Erziehung Projekte z.B. Essensgestaltung mit internationaler Küche Schulleben z.B. Partnerschaften, Brieffreundschaften Bildung an der Schilb Selbstverwirklichung in sozialer Integration Leitziele: - die eigene Person erfahren und ein Lebenszutrauen aufbauen sich selbst versorgen und zur eigenen Existenzsicherung beitragen sich in der Umwelt zurechtfinden und sie angemessen erleben sich in sozialen Bezügen orientieren und bei ihrer Gestaltung mitwirken die Sachumwelt erkennen und gestalten Bildungsziele bei SPECK („Zielhof“) - Erschließung von Lebenszutrauen Ausbilden von Lebensfertigkeiten Vermittlung von Lebensorientierung Bildung von Lebenshaltung Personale Integration (Persönlichkeitsförderung) Soziale Integration (in die Gesellschaft)