„Kultur und Anti-Aggressivitätstraining gegen Jugendgewalt“

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„Kultur und Anti-Aggressivitätstraining gegen Jugendgewalt“ - ein
vielversprechender Ansatz?
von Uli Rothfuss
Elemente aus der Kulturpädagogik, integriert in die Anti-Gewalt-Arbeit in
der Form von Gruppentrainings mit Jugendlichen – bevor man daran denkt,
sollte darüber nachgedacht werden, ob die Teilnahme an einem AntiAggressivitätstraining überhaupt dazu beitragen kann, die Anwendung von
Gewalt durch erhöht gewaltbereite Jugendliche zu minimieren.
Die Theorie der Anti-Aggressivitätstrainings ist, dass Jugendliche, die über
ein erträgliches soziales Maß hinaus Gewalterfahrungen haben, aus ihrer
gewohnten Umgebung, meist Jugendgangs, herausgeholt und in einen
Kurs integriert werden, in dem pädagogische und therapeutische
Techniken angewendet werden, um die eigene Gewalttätigkeit zu
thematisieren und aus dieser Erfahrung heraus diese verurteilen zu lernen.
An sich ein plausibles Unterfangen. Die Techniken der Trainings in der
Anti-Gewalt-Arbeit sind bei der Arbeit mit Jugendlichen explizit für deren
Bedürfnisse anzupassen, für Jugendliche, die überwiegend aus
unterprivilegierten sozialen Bevölkerungsgruppen kommen – was den
Einbezug von sportlichen und Abenteuer-Abgeboten, Spielen und
theaterpädagogischen Experimenten bedeutet, die dazu dienen sollen, den
jungen Menschen Alternativen zu ihren bisherigen Lebensweisen
aufzuzeigen. Dies ist das Anliegen kulturpädagogisch orientierter Ansätze
der Anti-Gewalt-Arbeit mit Jugendlichen: über kulturelle Ansätze den Weg
zu finden, von der Anwendung von Gewalt wegzukommen. Es soll versucht
werden, den Prozess des Nachdenkens über frühere Lebensstile und über
die ganz persönliche Zukunft des einzelnen Teilnehmers anzustoßen.
Schließlich sollen alternative Möglichkeiten zur Führung eines
ausgefüllteren Lebens in der Zukunft als des von stereotypen
Verhaltensweisen geprägten Lebens der Vergangenheit internalisiert
werden, die Teilnehmer sollen ausgestattet werden mit einem neuen
Vertrauen zu den sie umgebenden Menschen - sie sollen in der Lage sein,
die eigene Zukunft in ihre eigenen Hände zu nehmen.
Dialogische Form
Ein Anti-Aggressivitätstraining, angelegt in dialogischer Form mit
interdisziplinären Elementen aus dem weiten Feld der Kulturpädagogik
kann Jugendliche mit einer erhöhten Bereitschaft zur Anwendung von
Gewalt zumindest und oft zum ersten Mal in ihrem Leben in die Lage
versetzen, ernsthaft über ihren bisherigen Lebensstil und über ihr
Verhalten gegenüber der Umwelt nachzudenken. Damit würde eine erste
Voraussetzung erfüllt, aus dem Kreislauf der kopflosen Anwendung von
Gewalt auszubrechen, mit der es Jugendliche durch einen Kurs schaffen
können, aus ihren oft halbkriminellen Jugendgruppen auszusteigen und ihr
kriminelles Verhalten zu beenden.
Seit Jahren und immer noch steht die Kinder- und Jugendkriminalität,
sicher auch oft aufgrund der immer wieder dramatisierten statistischen
Anteile von Kindern und Jugendlichen am Kriminalitätsaufkommen, im
Mittelpunkt des Interesses. Seriöse Forschungen nach den Ursachen von
Kriminalität durch junge Menschen sehen dieses Problem tiefschichtig und
differenziert, die Gefahr eines "Klimas der Gewalt", die durch verfälschte
oder übertriebene Darstellungen der Situation der Kinder- und
Jugendkriminalität hinsichtlich der Gewaltanwendung immer wieder
heraufbeschworen wird, muss in unserer Gesellschaft ernst genommen
werden. Es muss in jedem Fall erkannt werden, dass die Entwicklung von
Gewalt unter jungen Menschen nicht ausschließlich von der Polizei und
anderen Justizorganen in der Art von kommandoartigen Reaktionen
bekämpft werden kann, sondern dass man sich im Zusammenhang mit
Gewalt mit einer Vielzahl von Lebensbereichen innerhalb der menschlichen
Gesellschaft beschäftigen muss, und deshalb eine breite Basis an
gesellschaftlichen Kräften gefragt ist, um Gewalt, zumal wenn sie durch
junge Menschen begangen wird, nachhaltig zu bekämpfen. Und schließlich
muss auch immer wieder erkannt und daran erinnert werden, dass ein
gewisses Ausmaß an Gewalt zur Erfahrung des Erwachsenwerdens gehört
und dass jungen Menschen am wenigsten damit gedient ist, sie in einem
Ghetto der gewaltfreien Glückseligkeit aufwachsen zu lassen. Die
Schwierigkeit liegt oft gerade dort, eine Trennlinie zwischen "normalen"
Gewalterfahrungen und der sinnlosen, der zerstörerischen, der
selbstzerstörerischen Gewalt zu ziehen.
Gewalt : Auffallen um jeden Preis?
Alfred Adler stellte die Frage nach der Nähe aggressiver Bedürfnisse zum
Wunsch nach Vergeltung als das Ergebnis von Gefühlen der
Minderwertigkeit dar (Adler, 1920). Nach Adler ist dieses aggressive
Bedürfnis von einem Motiv des "Auffallens um jeden Preis" des
Individuums begleitet, von unkontrolliertem Angeben, und, zugleich, von
einer extremen Anfälligkeit für Kritik am eigenen Verhalten. Dies erlaubt die
Schlussfolgerung, dass von dem Aggressor, vom Gewalttäter, eine
Fassade des Verhaltens der Rechtfertigung aufgebaut wird, die gegen die
Gefühle der eigenen Minderwertigkeit schützen soll (siehe auch Weidner,
1997: 38). In Bezug auf eine therapeutische oder pädagogische
Intervention sind für eine gewünschte Veränderung der Persönlichkeit die
Entwicklungen und Möglichkeiten interessant, die von dem Verständnis der
psychoanalytisch definierbaren Delinquenz ausgehen (Weidner, 1997: 38).
Die Möglichkeit, Verhaltensmuster von Jugendlichen zu ändern, findet ihre
Grenzen in dem Wissen, dass Aggression und Destruktion lediglich
bedürfnisorientierte Gefühle befriedigen - und deshalb nicht die Aggression
selbst, sondern maximal ihre extern geäußerte Intensität reduziert werden
kann. Deshalb müsste in einem therapeutischen wie auch pädagogischen
Ansatz der Anti-Gewalt- und Anti-Aggressivitätsarbeit die aggressive,
angstproduzierende Interaktion als Basis anerkannt und als Grundlage für
das Eingreifen eines Trainings genommen werden. Es muss akzeptiert
werden, dass die Teilnehmer eines Anti-Aggressivitätstrainings auch im
Kurs Verhaltens- und Aggressivitätsausbrüche haben werden, da diese
Verhaltensexplosionen, besonders bei Jugendlichen, einen inneren Schutz
gegen die aufgezwungene "Behandlungssituation" in solchen
Trainingskursen darstellen. Es kann auch nicht von den Teilnehmern
erwartet werden, dass allein die Bereitschaft zur Teilnahme an solch einem
Kurs – und die ist erste Voraussetzung für einen möglichen Erfolg –
bedeutet, dass von ihrer Seite aus keine Gewalt mehr vorkommt.
Deeskalation und Stärkung des Selbstbewusstseins
Die Trainer in solch einem Anti-Aggressivitäts-Kurs sollten den
Teilnehmern als gut ausgebildete, aber nicht belehrende Kursleiter
präsentiert werden. Die Konfrontationen während des Kurses sollten frei
von Gewalt und auch von einer distanzierenden Hierarchie sein, wobei die
Kursleiter trotzdem als Autoritätspersonen anerkannt sein müssen. Dies
wird bei Jugendlichen schwierig sein, die gar keine Form von Autorität
akzeptieren.
Redl und Winemans bieten einen Ansatzpunkt (Redl/Winemans, 1979),
nach dem ein psychoanalytisch arbeitender Pädagoge, der eine im
Ergebnis therapeutische Behandlung bietet, die auf aktiven und
konfliktorientierten Übereinkommen basiert und auf dem direkten Einbezug
von aggressiven Jugendlichen, mit dem unmittelbaren aggressiven
Augenblick starten muss, von dem aus die Gründe für die Bereitschaft zum
Gebrauch von Gewalt aufgedeckt werden. Dieser Prozess sollte dann
durch die Teilnehmer nachvollzogen werden, die sich selbst die Frage
stellen: Wie kam diese Überreaktion der Gewalt zustande? Das Interesse
der Teilnehmer an ihren eigenen, konkreten Aktionen muss also benutzt
werden, um ihr Interesse an dem Training zu wecken und zu erhalten. Und
es kann helfen, die Realitätslüge im Leben der gewalttätigen Jugendlichen
zu erkennen und zu überwinden.
In einem Anti-Aggressivitäts-Training für Jugendliche mit einer erhöhten
Gewaltbereitschaft soll der dauerhafte Verzicht auf den Gebrauch von
Gewalt über zwei Wege erreicht werden: durch die Deeskalation der
Gewaltanwendung und durch die Stärkung des Selbstbewusstseins der
Jugendlichen. Diese beiden Wege stehen für zwei Grundprinzipien: Für
Jugendliche müssen klare Grenzen gesetzt werden, und dabei kann
gewalttätiges Verhalten nicht geduldet werden. Um dieses Prinzip
durchzusetzen, werden im Kurs alle pädagogischen und legalen Methoden
gebraucht. Die Pädagogen, die als Trainer in dem Kurs eingesetzt sind,
bieten den Jugendlichen damit ein wichtiges Stück an Orientierungshilfe
und stehen gewissermaßen selbst als Modell, an dem gelernt werden
kann. Die Trainer müssen von den Jugendlichen respektiert und anerkannt
werden und deshalb in allen Phasen des Trainings auch bewertet werden
können. Das zweite Prinzip ist, dass im Training immer das gewalttätige
Verhalten verurteilt wird, das Handeln, und nicht der Täter, und damit das
Handeln von der handelnden Person getrennt wird. Dadurch wird erreicht,
dass der Jugendliche seine Taten von außen betrachten und bewerten
kann.
Durch das Konzept des Anti-Aggressivitätstrainings soll der Teufelskreis
von Verharmlosung von Gewalt, Gewöhnung an den Gebrauch von Gewalt
und der persönlichen Abwertung wegen des zu verurteilenden Handelns
durchbrochen werden. Es soll ein Ende gemacht werden mit der
Zuweisung von Schuld und der Rolle des Aggressors. Stattdessen sollen
den Jugendlichen alternative intellektuelle und Verhaltens-Modelle geboten
werden, die die Ehre anderer Menschen nicht beschädigen und das eigene
Selbstbewusstsein stärken, sodass sie mit deren Hilfe ihre eigene Identität
aufbauen und stärken können. Deshalb bekämpfen die in einem AntiAggressivitätstraining angewandten Methoden nicht direkt die
gewalttätigen Situationen, sondern sie wollen zuerst erreichen, dass die
Jugendlichen neue soziale und psychologische Techniken erlernen, um die
eigene Gewaltanwendung umgehen zu können, bevor die bereits
ausgeprägte Rolle des Gewalttäters überwunden werden kann. Das Motto
sollte sein: bekämpfe nicht das Böse, aber fördere das Gute, bis das Böse
überflüssig wird (Maurer, 1995).
Deshalb muss die zwischenmenschliche Interaktion zwischen den
Teilnehmern des Kurses und den kursleitenden Pädagogen das zentrale
pädagogische Element in dem Anti-Aggressivitätstraining sein. Auch ein
gewalttätiger Krimineller benötigt, wenn er den Weg aus der Gewalt finden
soll, ein sensibles Verständnis seitens der von ihm respektierten Person in
der Kursleitung, wie viel mehr dann ein Jugendlicher, der (erste)
Gewalterfahrungen gemacht hat und für den ein Weg aus der
Abwärtsspirale der Gewalt gesucht wird. Wenn die Jugendlichen selbst
Akzeptanz, Respekt, Verständnis und Toleranz in dem kooperativen
Zusammenarbeiten mit ihren Trainern erleben, dann werden sie eher die
Chance wahrnehmen, diese Haltungen als ihre eigenen zu übernehmen.
Dann kann erreicht werden, dass der gewalttätige Jugendliche in die Lage
versetzt wird, dieses Verhalten zu erkennen, in die eigene soziale Umwelt
zu transferieren und Konsequenzen zu ziehen (Honneth, 1990).
Kreativität als Antwort auf Gewalt
"Das Gespräch kann Kriminalität verhüten", sagt die Psychologin Eva
Zeltner (Zeltner, 1993: 202), und: "Kreativität ist die beste Antwort auf
Gewalt" (Zeltner, 1993: 220). Ein Anti-Aggressivitätstraining in dialogischer
Form versucht, diese beiden Aussagen zusammenzubringen. Dabei spielt
die Ausbildung der Fähigkeit, sich adäquat auszudrücken zu lernen, die
größte Rolle. Die Fähigkeit, sich in einen Dialog zu begeben, ist zu einem
großen Anteil eine Frage, inwieweit eine Ausdrucksmöglichkeit in der
Sprache besteht. Eine Person, die sich nicht in einer Sprache ausdrücken
kann, wird nur schwerlich in der Lage sein, in eine befriedigende
Beziehung mit anderen Menschen zu treten, ganz zu schweigen davon,
dass sie Schwierigkeiten haben wird, Konflikte, die auftreten, verbal zu
regeln. Das Anti-Aggressivitätstraining in dialogischer Form nimmt diese
Annahmen als Ausgangspunkt und setzt im Kurs vor allem auf das verbale
Argumentationstraining: Argumente statt Gewalt, Reden statt des
Gebrauchs der Faust, eingebettet in einen sozialen Trainingskurs mit
vielen weiteren Elementen der sozialen Gruppenarbeit.
Die aus den allgemeinen sozialen Trainingskursen heraus
weiterentwickelte Form des „dialogischen“ Anti-Aggressivitätstrainings mit
Schwerpunkten auf der Ausbildung der verbalen Kompetenz bedeutet
verhaltensorientierte Arbeit mit den Jugendlichen. Die Jugendlichen sollen
die Möglichkeit erhalten, Erfahrungen außerhalb des von ihnen Gekannten,
Eingespielten und der von ihnen seit vielen Jahren gelebten Strukturen zu
sammeln und diese neuen Erfahrungen auch ausdrückbar machen. Der
Schwerpunkt der Kurse soll deshalb auf die Möglichkeit gelegt werden,
Abenteuer und Erfahrungen in der Gruppe und mit der Gruppe zu erleben.
Darüber hinaus sollen soziale und kulturpädagogische Methoden wie
Rollenspiele (z.B. das Durchspielen von Geschlechterrollen), Psychodrama
und Theater benutzt werden, um eine produktive und kritische Haltung der
Jugendlichen zu Themen wie Freundschaft und Feindschaft, Gewalt oder
Kriminalität aufzubauen.
Die Jugendlichen, die in der Regel aufgrund von gerichtlichen
Verurteilungen an den Kursen teilnehmen, sind meist nicht notorische
Gewalttäter mit einem manifesten Gewaltproblem, sondern eher
Jugendliche, die situativ Gewalt anwenden, und zwar in einer immer noch
jugendtypischen, aber sozial nicht mehr akzeptablen Form. Deshalb ist das
Konzept der dialogischen Anti-Aggressivitäts-Kurse kein Projekt, das
hauptsächlich therapeutische Ziele hat oder das insbesondere auf das
Moment der Konfrontation setzt, sondern das mit unterschiedlichen
Methoden der Pädagogik sucht, die Jugendlichen zu erreichen.
Soziale Team-Works
Die traditionellen Konzepte sozialen Team-Works gründen sich auf das
Zusammenspiel von positiven Einflüssen auf das Verhalten durch Lernen
der sozialen Beziehungen innerhalb einer Gruppe. Soziales Lernen kann
deshalb hier durchaus als Lernen am Modell verstanden werden (Bandura,
1979). Die Trainingskurse sollen deshalb auf emotionale genauso wie auf
kognitive und psycho-motorische Prozesse der Teilnehmer abzielen und
diese in Gang setzen. Nach den modernen Gewalt-Theorien kann
delinquentes und gewaltorientiertes Handeln, besonders unter
Jugendlichen, nur multifunktional bekämpft werden. Für eine Intervention
kann deshalb auch nur ein interaktionales, verhaltensorientiertes Handeln
in Frage kommen. Aus diesem Grund wird ein dialogisches AntiAggressivitätstraining in drei Stufen vorgehen:
1. Auf der Stufe der sozial-kognitiven und der Motivations-Prozesse: Die
Jugendlichen müssen ein Bewusstsein für die eigene Situation
entwickeln, ein Gefühl für die Ursprünge des eigenen Handelns und für
die möglichen Konsequenzen dieses Verhaltens.
2. Auf der Stufe der sozialen Unterstützung: Welche instrumentellen und
emotionale Unterstützung kann den Jugendlichen gegeben werden?
3. Auf der Stufe der Umwelteinflüsse auf das Verhalten.
Für die praktische Realisierung eines so angelegten sozialen
Trainingskurses und das in diesem beinhaltete, sogenannte "EventArrangement" eignet sich eine dreiteilige Methodendurchführung, die
Gruppenpädagogik mit jugend- und rollenorientierten Formen des
Trainings verbindet:
1. Sport- und abenteuerorientierte Erlebnisse wie Akrobatik, Streetball,
Trecking, Klettern, Kanufahren oder Stadtspiele mit der Zielrichtung der
Stärkung der sozialen Situation der Jugendlichen, wobei auch ihre
Wünsche berücksichtigt werden sollen.
2. Soziale, kulturpädagogische und lebensorientierte Erlebnisse wie
Rollenspiele mit Videoaufnahmen, Gruppendiskussionen und
Diskussionen mit besonderem Augenmerk auf kognitive Elemente und
die Motivation der Teilnehmer.
3. Einzel-Diskussionen mit Jugendlichen mit der Zielrichtung der sozialen
Unterstützung und gedanklichen Ausrichtung auf die jeweiligen
Zukunftsaussichten der Jugendlichen.
Das Anti-Aggressivitätstraining in dialogischer Form, das kultur-, theater-,
spiel- und abenteuerpädagogische Elemente enthält, wird für die
Jugendlichen bereits während des Kurses einen integrativen Effekt
aufweisen und den teilnehmenden Jugendlichen aufzeigen, dass es
Alternativen gibt zur Anwendung von Gewalt. Das dialogische AntiAggressivitätstraining ist in der Lage, die verbale Kompetenz der
teilnehmenden Jugendlichen aufzubauen und im gleichen Zug die
Notwendigkeit abzubauen, die Faust als Methode der Kommunikation
anzuwenden. Es zeigt sich aber auch, dass dialogisches AntiAggressivitätstraining das Gefühl der Selbstwertigkeit bei Jugendlichen
anheben kann und sie ermutigt, über ihre eigene Zukunft konstruktiv
nachzudenken, was ihnen wiederum die Möglichkeit gibt, die eigene
Zukunft in die Hände zu nehmen.
Durch solch einen Kurs können Jugendliche ihre früheren, (erst)kriminellen
Pfade in ihrer Gefährlichkeit für das weitere Leben erkennen und zum
Denken über die eigene Zukunft gebracht werden, was als Konsequenz
nach sich ziehen müsste, dass sie versuchen, wegzukommen von der
Vergangenheit. Übungen der Reflektion werden in dem Kurs rigoros
angewandt und mit aktiven Unternehmungen als Zukunftsmöglichkeiten
konfrontiert, die Alternativen zu dem früheren Lebensstil bieten, sodass
das Bewusstwerden einer negativen Vergangenheit und aus dieser heraus
einer bei keiner Änderung der Haltung zum Leben zwangsläufig unsicheren
Zukunft dem Leben der jungen Menschen eine ganz positive Richtung
geben kann, was letztlich das Ziel dieser Art des sozialen Trainings ist.
Abhängen wird der Erfolg solcher Kurse aber immer von der Einsicht der
teilnehmenden Jugendlichen, dass ihre Teilnahme letztlich doch freiwillig
und mit dem Willen geschehen muss, mitzumachen – und von dem
Engagement der in den Kurs integrierten Kursleiter.
Der Autor lernte die Prinzipien dieser Methode des "Dialogischen AntiAggressivitätstrainings" bei der Begleitung eines Kurses an der
sozialpädagogischen Einrichtung "Waldhaus" in Herrenberg und
Sindelfingen kennen. Das Konzept dieses Kurses haben die Kursleiter
Stefan Schlenker, Sport- und Erlebnispädagoge, und Max Kunkel,
Theaterpädagoge, erarbeitet; der Autor dankt ihnen für die vielfältigen
Einblicke während des Kurses.
Literatur:
Adler, A. (1920): Praxis und Theorie der Individualpsychologie, Wien
Bandura, A. (1979): Aggression, Stuttgart
Honneth, A. (1990): Integrität und Missachtung, in: Merkur, Vol. 501, S.
134 ff.
Maurer, H. (1995): Wege aus der Gewaltspirale, in: Texte zur Inneren
Sicherheit: Gewalt und Jugend, Der Bundesminister des Inneren, Bonn
Weidner, J. (1997): Anti-Aggressivitäts-Training für Gewalttäter, Godesberg
Zeltner, E. (1993): Kinder schlagen zurück - Jugend-Gewalt und ihre Väter,
Bern
Der Autor:
Prof. Uli Rothfuss M.Sc. (University of Leicester/Großbritannien), Dr.
phil.h.c. der Staatlichen Universität für Kultur und Kunst Tiflis, war 20 Jahre
lang im Polizeidienst tätig, zuletzt als Kriminalbeamter im gehobenen
Dienst bei der Fachhochschule Villingen-Schwenningen - Hochschule für
Polizei, heute ist er Rektor der staatlich anerkannten IB-Hochschule Berlin
und lehrt dort Kulturwissenschaften, außerdem ist er Vorstandsmitglied bei
World_Drives. International Center for Practice and Social Research, Zürich / Schweiz.
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