EUROPÄISCHES PARLAMENT 2014 - 2019 Plenarsitzungsdokument 12.1.2015 B8-0043/2015 ENTSCHLIESSUNGSANTRAG eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik gemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung zur Freiheit der Meinungsäußerung in der Türkei im Zusammenhang mit den aktuellen Festnahmen von Journalisten und führenden Medienvertretern und dem systematischen Druck auf die Medien (2014/3011(RSP)) Renate Sommer, Cristian Dan Preda, Arnaud Danjean, Jacek SaryuszWolski, Elmar Brok, Andrej Plenković, Tunne Kelam, David McAllister, Philippe Juvin, Michael Gahler, Michaela Šojdrová, Artis Pabriks, Barbara Matera, Davor Ivo Stier, Claude Rolin, Dubravka Šuica, Giovanni La Via, Pascal Arimont, Ivana Maletić, Lara Comi im Namen der PPE-Fraktion RE\1045764DE.doc DE PE547.466v01-00 In Vielfalt geeint DE B8-0043/2015 Entschließung des Europäischen Parlaments zur Freiheit der Meinungsäußerung in der Türkei im Zusammenhang mit den aktuellen Festnahmen von Journalisten und führenden Medienvertretern und dem systematischen Druck auf die Medien ((2014/3011(RSP)) Das Europäische Parlament, – unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Türkei, – unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates (Allgemeine Angelegenheiten) vom 16. Dezember 2014, – unter Hinweis auf die Erklärung des Menschenrechtskommissars des Europarats vom 15. Dezember 2014, – unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und des für die Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen zuständigen Mitglieds der Kommission vom 14. Dezember 2014; – unter Hinweis auf den Fortschrittsbericht 2014 über die Türkei vom 8. Oktober 2014, – gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung, A. in der Erwägung, dass die türkische Polizei am 14. Dezember 2014 Journalisten und führende Medienvertreter festgenommen hat, darunter auch den Chefredakteur der Tageszeitung Zaman, Ekrem Dumanlı und den Geschäftsführer der Mediengruppe Samanyolu TV, Hidayet Karaca; in der Erwägung, dass in einem von einem Richter in Istanbul ausgestellten Haftbefehl festgestellt wird, dass gegen sie strafrechtliche Ermittlungen wegen der Bildung einer Organisation durchgeführt würden, die „mittels Druck, Einschüchterungen und Drohungen versucht habe, die staatliche Macht zu übernehmen“ und dabei auf „Lügen, Freiheitsentzug gegenüber Personen und Fälschung von Dokumenten“ zurückgegriffen habe; B. in der Erwägung, dass die Vizepräsidentin der Kommission/Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und das für die Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen zuständige Mitglied der Kommission am 14. Dezember 2014 erklärten, dass „die Polizeirazzien und die Verhaftung mehrerer Journalisten und Medienvertreter unvereinbar mit der Medienfreiheit sind“; in der Erwägung, dass sie ihrer Erwartung Ausdruck verliehen, dass die Unschuldsvermutung gelte, und dass sie an das unveräußerliche Recht auf eine unabhängige und transparente Untersuchung jeder mutmaßlichen Rechtsverletzung, einschließlich der uneingeschränkten Achtung der Rechte der Angeklagten, erinnerten; C. in der Erwägung, dass einige der im Dezember 2014 verhafteten Personen freigelassen wurden; in der Erwägung, dass ein Gericht in Istanbul am 19. Dezember 2014 PE547.466v01-00 DE 2/4 RE\1045764DE.doc bekanntgab, dass Ekrem Dumanlı unter Bewährungsauflagen und mit einem Reiseverbot bis zum Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen entlassen werde, aber Hidayet Karaca bis zum Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen weiterhin inhaftiert bleibe; in der Erwägung, dass ein Gericht in Istanbul am 31. Dezember 2014 den Einspruch eines Staatsanwalts gegen die Entlassung von Ekrem Dumanlı und sieben anderen Personen zurückgewiesen hat; D. in der Erwägung, dass in dem Fortschrittsbericht 2014 über die Türkei die Kommission feststellt, dass mit der Annahme des Aktionsplans zur Verhinderung von Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und einer Verkürzung der Dauer der Untersuchungshaft, infolge derer viele Journalisten aus der Haft entlassen wurden, positive Maßnahmen ergriffen worden seien; in der Erwägung, dass die Kommission auch feststellt, dass Rechtsvorschriften erlassen wurden, die die Meinungsäußerungsfreiheit, auch im Internet, weiter einschränken und die effektive Wahrnehmung dieser Freiheit, wie der Pressefreiheit, in der Praxis eingeschränkt wurde; E. in der Erwägung, dass der Rat am 16. Dezember 2014 die Bedeutung der Beziehungen der EU zur Türkei bekräftigte und die fortgesetzte Umsetzung der in den vergangenen Jahren angenommenen Reformen begrüßte, insbesondere die Maßnahmen des im September 2013 bekanntgegebenen Demokratisierungspakets und den Aktionsplan zur Verhinderung von Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonvention; in der Erwägung, dass der Rat bedauert, dass die Reaktion der Regierung auf die mutmaßlichen Fälle von Korruption im Dezember 2013 ernsthafte Zweifel hinsichtlich der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz weckt und für eine wachsende Intoleranz gegenüber der politischer Opposition, dem öffentlichem Protest und kritischen Medien steht; 1. verurteilt die jüngsten Polizeirazzien und die Verhaftung mehrerer Journalisten und Medienvertreter in der Türkei; betont, dass diese Maßnahmen die Achtung der Freiheit der Medien in Frage stellen, die ein Kernprinzip der Demokratie ist; 2. betont, dass viele Bestimmungen des türkischen Rechtsrahmens und deren Auslegung durch Angehörige der Justiz weiterhin die freie Meinungsäußerung, einschließlich der Medienfreiheit, behindern; weist erneut darauf hin, dass freie Meinungsäußerung und Medienpluralismus ein Kernstück der europäischen Werte bilden und dass eine unabhängige Presse für eine demokratische Gesellschaft von grundlegender Bedeutung ist, weil sie es den Bürgern ermöglicht, sich aktiv und gut informiert an den Beschlussfassungsverfahren zu beteiligen, und somit die Demokratie festigt; ist tief besorgt über die Zahl von Journalisten, die sich in Untersuchungshaft befinden, und fordert die türkischen Justizbehörden auf, diese Fälle so bald wie möglich zu prüfen und zu bearbeiten; betont, dass Fortschritte in den Verhandlungen von der Achtung der Rechtstaatlichkeit und der Grundrechte abhängen; betont, dass es die Verantwortlichkeit der Türkei ist, dafür zu sorgen, dass Rechtstaatlichkeit und Grundrechte geachtet werden; 3. stellt fest, dass, wie im Fortschrittsbericht 2014 über die Türkei hervorgehoben, Gerichtsverfahren gegen Journalisten und Schriftsteller, in Verbindung mit zahlreichen RE\1045764DE.doc 3/4 PE547.466v01-00 DE Entlassungen von Journalisten und der hohen Eigentumskonzentration im Mediensektor in den Händen von Unternehmenskonglomeraten zu weit verbreiteter Selbstzensur von Medieneigentümern und Journalisten, auch in Bezug auf Angelegenheiten öffentlichen Interesses, wie etwa Korruptionsvorwürfe, führen; 4. fordert die Türkei nachdrücklich auf, an Reformen zu arbeiten, die für angemessene gegenseitige Kontrollen sorgen sollten, die Freiheit, einschließlich Gedankenfreiheit, Freiheit der Meinungsäußerung und der Medien, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Menschenrechte umfassend gewährleisten; 5. betont, dass, wie den Schlussfolgerungen des Rates vom 16. Dezember 2014 zu entnehmen, das Instrument für Heranführungshilfe (IPA II) für den Zeitraum 2014-2020 die Einführung von mehr Kohärenz zwischen finanzieller Unterstützung und dem Gesamtfortschritt bei der Umsetzung der Heranführungsstrategie vorsieht; betont, dass, wie im Indikativen Strategiepapier für die Türkei (2014-2020) vom 26. August 2014 dargelegt, von der Türkei erwartet wird, die Achtung der Grundrechte und Freiheiten, auch im Kernbereich der Meinungsäußerungsfreiheit (einschließlich der Freiheit der Medien) zu stärken; 6. nimmt die Annahme des Aktionsplans zur Verhinderung von Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonvention zur Kenntnis, die die Überarbeitung einiger Vorschriften des türkischen Strafgesetzbuches vorsieht, die die Freiheit der Meinungsäußerung und der Presse in Bereichen beschränken, in denen der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgestellt hat, dass die Türkei die Europäische Menschenrechtskonvention verletzt habe; 7. stellt fest, dass der Aktionsplan keine Überarbeitung aller Vorschriften des Antiterrorgesetzes oder des Strafgesetzbuches vorsieht, die zur Beschränkung der Freiheit der Meinungsäußerung genutzt wurden; betont, dass die notwendige Reform dieser Gesetze eine vorrangige Angelegenheit ist; 8. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und der Regierung und dem Parlament der Türkei zu übermitteln. PE547.466v01-00 DE 4/4 RE\1045764DE.doc