Word-Datei - beim Niederösterreichischen Landtag

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Landtag von NÖ, X. Gesetzgebungsperiode
II. Session
6. Sitzung am 3. Dezember 1974
INHALT:
1. Eröffnung durch Präsident Dipl. Ing. Robl (Seite 167).
2. Abwesenheitsanzeige (Seite 167).
3. Verlesung das Einlaufes (Seite 167).
4. Verhandlung:
Antrag des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage, betreffend Voranschlag für das Jahr
1974, Bewilligung von Nachtragskrediten und einer Deckungsfähigkeit sowie Zweckbindung von
Einnahmen; Zinssatzanpassung der Nö. Landesanleihe 1954. Berichterstatter: Abg. Wittig (Seite 167);
Abstimmung (Seite 168).
Voranschlag des Landes Niederösterreich für das Jahr 1975. Berichterstatter: Abg. Reischer (Seite
168); Redner: Landeshauptmannstellvertreter Ludwig (Seite 171).
Generaldebatte. Redner: Abg. Dr. Brezovszky (Seite 184), Abg. Ing. Kellner (Seite 190); Abstimmung
über das Eingehen in die Spezialdebatte (Seite 194).
Spezialdebatte zur Gruppe 0. Berichterstatter: Abg. Reischer (Seite 194); Redner: Abg. Wiesmayr
(Seite 195), Abg. Bieder (Seite 198), Abg. Wittig mit Resolutionsantrag (Seite 200), Abg. Pospischil
(Seite 203), Abg. Fidesser (Seite 207), Abg. Blabolil mit Resolutionsantrag (Seite 209), Abg. Präsident
Reiter mit 3 Resolutionsanträgen (Seite 213), Abg. Präsident Binder (Seite 218), Abg. Buchinger mit
Resolutionsantrag (Seite 223).
PRÄSIDENT DIPL. ING. ROBL (um 14.00 Uhr): Ich eröffne die Sitzung. Das Protokoll der letzten
Sitzung ist geschäftsordnungsmäßig aufgelegen. Das Protokoll ist unbeanstandet geblieben und als
genehmigt zu betrachten. Von der heutigen Sitzung haben sich entschuldigt die Frau Abgeordnete
Kirchmair und der Herr Abgeordnete Birner. Ich ersuche um Verlesung des Einlaufes.
SCHRIFTFÜHRER (liest):
Ltg.44 - Vorlage der Landesregierung, betreffend Papierfabrik Schlöglmühl Gesellschaft mbH. Wien,
Übernahme der Landeshaftung für ein Darlehen in der Höhe von S 15,000.000.
Ltg.43 - Vorlage der Landesregierung, betreffend den Gesetzentwurf, mit dem die Dienstpragmatik der
Landesbeamten 1972 geändert wird (DPL-Novelle 1974).
PRÄSIDENT DIPL. ING. ROBL (nach Zuweisung des Einlaufes an den zuständigen Ausschuß): Wir
gelangen zur Beratung der Tagesordnung. Ich ersuche den Herrn Abg. Wittig, die Verhandlung zur
Zahl 550/48 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. WITTIG: Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich habe über die Vorlage, betreffend
die Bewilligung von Nachtragskrediten, zu berichten.
Seit der Verabschiedung des Voranschlages 1974 ergibt sich durch verschiedene Umstände, die aus
der angeschlossenen Beilage zu ersehen sind, neuerlich die Notwendigkeit, Kredite des
Voranschlages 1974 zu erhöhen und neu Kredite zu bewilligen. Diese zusätzlichen Mittel dienen vor
allem zur Abdeckung von Kostensteigerungen und Leistung von Pflichtzahlungen. Die Vorlage entspricht daher den vom Land Niederösterreich unterstützten Stabilisierungsmaßnahmen.
In der weiters angeschlossenen Aufstellung sind die beantragten Ausgabenkredite zusammengefaßt.
Insgesamt werden im ordentlichen Teil des Voranschlages Nachtragskredite in der Höhe von
108,917.000 Schilling und im außerordentlichen Teil des Voranschlages Nachtragskredite von
31,224.000 Schilling, also insgesamt 140,141.000 Schilling, beantragt.
Die Bedeckung der Nachtragskredite soll durch Mehreinnahmen, Minderausgaben und
erforderlichenfalls durch Heranziehung der Haushaltsrücklage erfolgen.
Für Mehraufwendungen beim Personalaufwand wird beim ordentlichen Voranschlagsansatz 09-00
eine Pauschalsumme beantragt, da es nicht möglich ist, alle Auswirkungen dieser Maßnahmen bei
den einzelnen Voranschlagsansätzen des Personalaufwandes zu erfassen.
Durch die Anhebung des Eckzinssatzes für Spareinlagen ist bekanntermaßen das Sollzinsgefüge in
Bewegung geraten, wodurch sich gewisse Auswirkungen auf die Verzinsung der Darlehen und
Anleihen des Landes ergaben. Diese Zinsenbelastung und die Kosten der Begebung der
Landesanleihe 1974 können mit der im Voranschlag vorgesehenen Zinsenreserve nicht mehr
abgedeckt werden. Es ist daher erforderlich, die einseitige Deckungsfähigkeit des ordentlichen
Voranschlagsansatzes 913-86, Tilgung, für den ordentlichen Voranschlagsansatz 913-81, Zinsen und
Spesen, zu beantragen, da die entstehenden Mehrausgaben in der veranschlagten Tilgungsreserve
ihre Deckung finden könnten.
Die allgemeine Anhebung des Zinsniveaus für die verschiedenen Arten des Kontensparens sowie die
Wertpapieremissionen machen es erforderlich, auch den Nominalzinsfuß der im Umlauf befindlichen
niederösterreichischen Landesanleihen 1954 und 1974 zur Vermeidung eines Kursverfalls
entsprechend anzuheben.
Diese Anpassung besteht, wie bei den meisten anderen Bundesländern, in einer Anhebung des
Nominalzinssatzes um je einen Prozentpunkt, also bei der Landesanleihe 1954 von derzeit 6,5 auf
7,5% und bei der Landesanleihe 1974 von derzeit 7 bzw. 6 ¾% auf nunmehr 8 bzw. 7 ¾%.
Während bei der Landesanleihe 1974 diese Zinssatzerhöhung schon auf Grund der mit den
Landtagsbeschlüssen vom 14. Dezember 1973 und 21. März 1974 erteilten Ermächtigung zur
Darlehensaufnahme erfolgen kann, ist bei der Landesanleihe 1954 eine gesonderte Genehmigung
erforderlich, weil der Zinssatz für diese Anleihe im Landtagsbeschluß vom 30. März 1954 ausdrücklich
mit 6 1/2% festgelegt war.
Die Zinssatzanpassung der Landesanleihen bildet mit einen Grund für die beim ordentlichen
Voranschlagsansatz 913-81, Zinsen und Spesen, sich ergebenden Überschreitungen.
Auf Grund einer bereits ausgearbeiteten Landtagsvorlage soll im Amtsgebäude Wien I, Teinfaltstraße
8, ein Kindergarten eingerichtet werden. Da voraussichtlich noch im Jahre 1974 mit einer Betriebszeit
von zwei Monaten zu rechnen ist, ergeben sich in diesem Jahr Einnahmen aus Kostenbeiträgen, die
wieder für den Betrieb des Kindergartens verwendet werden sollen. Es wären daher diese Einnahmen
bei einem neu zu eröffnenden ordentlichen Voranschlagsansatz 09 + 614,
Landhauskindergarten, zu verrechnen und als zweckgebunden für den ebenfalls neu zu eröffnenden
Ausgabenvoranschlagsansatz 09-614, Landhauskindergarten, zu erklären.
Ich darf mir erlauben, namens des Finanzausschusses über diese Vorlage der Landesregierung,
betreffend die Bewilligung von Nachtragskrediten, mit einer Deckungsfähigkeit, folgenden Antrag zu
stellen:
„Der Hohe Landtag wolle beschließen:
1. Die in der Beilage A angeführten Nachtragskredite zum Voranschlag für das Jahr 1974 in der Höhe
von 140,141.000 Schilling werden genehmigt. Die Erläuterungen hierzu (Beilage B) werden
genehmigend zur Kenntnis genommen.
2. Die Bedeckung der Nachtragskredite hat durch Mehreinnahmen, Minderausgaben und
erforderlichenfalls durch Heranziehung der Haushaltsrücklage zu erfolgen.
3. Im ordentlichen Teil des Voranschlages wird der Ausgabenvoranschlagsansatz 913-86, Tilgung, als
eindeutig deckungsfähig für den Ausgabenvoranschlagsansatz 913-81, Zinsen und Spesen, erklärt.
4. Der Anhebung des Nominalzinssatzes der Nö. Landesanleihe 1954 ab 1. Juli 1974 um einen
Prozentpunkt von 6 1/2% auf 7 1/2% wird zugestimmt.
5 . Die Einnahmen beim neu zu eröffnenden ordentlichen Voranschlagsansatz 09 + 614,
Landhauskindergarten, werden für Ausgaben beim ebenfalls neu zu eröffnenden ordentlichen
Voranschlagsansatz 09-614, Landhauskindergarten, für zweckgebunden erklärt.
6. Die Nö. Landesregierung wird beauftragt, die zur Durchführung dieses Landtagsbeschlusses
erforderlichen Maßnahmen zu treffen.“
Herr Präsident, ich darf bitten, eine allfällige Debatte einzuleiten und die Abstimmung durchzuführen.
PRÄSIDENT DIPL. ING. ROBL: Zum Worte ist niemand gemeldet. Wir kommen zur Abstimmung.
(Nach Abstimmung über den vorliegenden Antrag des Finanzausschusses): Angenommen.
Ich bitte den Berichterstatter, Herrn Abg. Reischer, durch seinen Bericht zu Zahl 12 die
Verhandlungen zum Voranschlag des Landes Niederösterreich für das Jahr 1975 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. REISCHER: Herr Präsident! Hohes Haus! Als Berichterstatter obliegt mir die
Aufgabe, dem Hohen Landtag den Voranschlag des Landes Niederösterreich für das Jahr 1975 zur
Beratung und Beschlußfassung vorzulegen. Die Vorlage wurde vom Finanzausschuß in eingehenden
Beratungen gründlich durchgearbeitet. Die Landesregierung hat gemäß Art. 23 des LandesVerfassungsgesetzes für das Land Niederösterreich in der Fassung von 1930, Landesgesetzblatt Nr.
137, den Voranschlagsentwurf der Einnahmen und Ausgaben des Landes für das Jahr 1975
rechtzeitig aufgestellt.
Der Haushaltsplan 1975 ist in Inhalt und Umfang von drei Faktoren maßgeblich beeinflußt: Es sind
dies die Einkommensteuerreform 1975, die gesetzliche Neuordnung der Sozialhilfe in Niederösterreich
und die Fortführung der stabilitätspolitischen Maßnahmen.
Die mit 1. Jänner 1975 wirksam werdende Einkommensteuergesetznovelle 1974, Bundesgesetzblatt
Nr. 469, hat nach den zugrunde liegenden Berechnungen für das Land Niederösterreich
Mindereinnahmen an Ertragsanteilen einschließlich Landesumlage im Gesamtbetrag von rund 450
Millionen Schilling zur Folge. Im Hinblick auf den gesetzlichen Zusammenhang wirkt sich die
Einkommensteuerreform 1975 auch im Bereich der Wohnbauförderung mit einem Einnahmenausfall
an zweckgebundenen Mitteln für die Wohnbauförderung von rund 225 Millionen Schilling aus. Eine
der wesentlichen Einnahmequellen des Landes, nämlich die Beteiligung am Ertrag der Lohn- und
Einkommensteuer, wird somit im Jahre 1975 eine arge Schmälerung erfahren. Durch die
Auswirkungen der Einkommensteuerreform 1975 werden schon allein von der verminderten
finanziellen Bedeckungsmöglichkeit her den Ausgabewünschen Grenzen gesetzt.
Mit dem am 1. Juli 1974 in Kraft getretenen Niederösterreichischen Sozialhilfegesetz,
Landesgesetzblatt Nr. 9200-0, wurden die bisherigen Fürsorgeverbände aufgelöst und das Land als
alleiniger Träger der Sozialhilfe eingesetzt. Durch die gesetzliche Regelung, wonach das Land die
Kosten der Sozialhilfe zu tragen und die Gemeinden einen Beitrag in Höhe von insgesamt 70 vom
Hundert dieser Kosten an das Land zu leisten haben, ist nunmehr der gesamte Sozialhilfeaufwand in
das Landesbudget zu integrieren. Dadurch tritt nicht nur zwangsläufig eine Ausweitung des
Budgetvolumens um annähernd 600 Millionen Schilling, sondern infolge Obernahme des Personals
der ehemaligen Bezirksfürsorgeverbände an das Land auch eine Kostenverschiebung im Verhältnis
zwischen den Gemeinden und Land zu Lasten des Landes ein.
Den dritten Faktor bildet schließlich die Notwendigkeit, die stabilitätspolitischen Maßnahmen
weiterzuführen. Nach einem ersten Übereinkommen im Dezember 1972, welches im Mai 1973 sowie
im Jänner und Juni 1974 verlängert und erneuert wurde, haben sich die Gebietskörperschaften zu
einer Reihe von Stabilisierungsmaßnahmen und deren Weiterführung bekannt. Im Landesvoranschlag
1975 sollen diese Bemühungen in der schon im Jahre 1974 bewährten Form des eigenen
Stabilisierungsteiles den unmittelbaren Niederschlag finden. Es handelt sich dabei wiederum um
zusätzliche Mittel für investitionswirksame Ausgaben, die erst zu einem Zeitpunkt eingesetzt werden
sollen, wenn es sowohl die konjunktur- als auch die stabilitätspolitische Lage erlauben.
In formeller Hinsicht ist der Voranschlag nach den Richtlinien aufgebaut, die das Bundesministerium
für Finanzen im Einvernehmen mit dem Rechnungshof für die Erstellung der Voranschläge der
Länder, Gemeindeverbände und Gemeinden auf Grund des § 16 Abs. 1 des FinanzVerfassungsgesetzes aus 1948, Bundesgesetzblatt Nr. 45, erlassen hat.
Seine Gliederung folgt mit einem ordentlichen, einem außerordentlichen und einem Stabilisierungsteil
jener des Vorjahres.
Sämtliche Ausgabenkredite des Voranschlages sind wiederum nach finanzwirtschaftlichen
Gesichtspunkten aufgegliedert und die Zugehörigkeit der Gebarungsgruppen in der Spalte
„Kennzeichen“ ausgewiesen.
Die Zusammenfassung der Ausgaben nach diesen Gebarungsgruppen sowie deren prozentueller
Anteil an den Gesamtausgaben des Voranschlages sind in einer Beilage im Anhange ersichtlich
gemacht.
In materieller Hinsicht erlaube ich mir, über den Voranschlag folgendes zu berichten:
Die Einnahmen des ordentlichen Teiles betragen 11.102,039.000 Schilling, die des außerordentlichen
Teiles 381,453.000 Schilling, somit zusammen 11.483,492.000 Schilling.
Die Ausgaben des ordentlichen Teiles stellen sich auf 11.102,039.000 Schilling, die des
außerordentlichen Teiles auf 556,821.000 Schilling und die des Stabilisierungsteiles auf 219,500.000
Schilling. Die Gesamtausgaben betragen somit 11.878,360.000 Schilling.
Es ergibt sich somit im außerordentlichen Teil ein Abgang von 175,368.000 Schilling und im
Stabilisierungsteil ein solcher von 219,500.000 Schilling, somit ein Gesamtabgang von 394,868.000
Schilling.
Die Bedeckung des Abganges soll durch Aufnahme von Anleihen, Darlehen und sonstigen Krediten
erfolgen.
Das Gesamtausgabenvolumen des ordentlichen und des außerordentlichen Teiles des Voranschlages
für das Jahr 1974 betrug 9.350,743.000 Schilling. Demgegenüber beträgt das Ausgabenvolumen des
Jahres 1975 11.878,360.000 Schilling. Nach Abzug der Zuführung zum außerordentlichen Haushalt in
der Höhe von 304,543.000 Schilling, die keine echten Ausgaben darstellen, und den Ausgaben des
Stabilisierungsteiles in der Höhe von 219,500.000 Schilling, die erst zu einem späteren Zeitpunkt
freigegeben werden sollen, sowie schließlich des auf Grund des Niederösterreichischen
Sozialhilfegesetzes zugewachsenen Betrages von rund 600 Millionen Schilling, ergibt sich eine echte
Ausweitung des vergleichbaren Ausgabenvolumens von 1.403,574.000 Schilling, das sind 15,01%.
Da die bisherigen Erfahrungswerte für eine vollständige Erfassung aller Gebarungen im Sinne des
Umsatzsteuergesetzes 1972 noch nicht ausreichen, wird ebenso wie im Jahre 1974 die Erteilung der
Ermächtigung beantragt, diese Gebarungen, soweit sie in diesem Voranschlag noch nicht erfaßt sind,
entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen darzustellen.
Die Budgetschwerpunkte bilden weiterhin der Straßenbau, der Schul- und Kindergartenbau, der
Krankenanstaltenbau, der Umweltschutz, die Grenzlandförderung. Einen neuen Schwerpunkt stellen
irn Budget 1975 auf Grund der gesetzlichen Neuregelung die Sozialhilfeausgaben dar.
Zum ordentlichen Teil: Zu den ordentlichen Gebarungen gehören ausnahmslos solche Ausgaben und
Einnahmen, die der Art nach im Landeshaushalt regelmäßig oder in kürzeren Zeitabständen
wiederkehren.
Der ordentliche Teil des Voranschlages zeigt gegenüber dem Vorjahr eine Erhöhung der Einnahmen
und Ausgaben von je 2.109,778.000 Schilling.
Die Ausgaben beim Personalaufwand der Verwaltung erhöhen sich um rund 452,9 Millionen Schilling,
wovon rund 108 Millionen Schilling auf Übernahme der Bediensteten der ehemaligen
Bezirksfürsorgeverbände (einschließlich der Heime) durch das Land entfallen, die Ausgaben beim
Personalaufwand der Lehrer um rund 407,1 Millionen Schilling.
Der Sachaufwand hingegen erfährt eine Steigerung von rund 1.249,8 Millionen Schilling.
Nach dem Rechnungsabschluß 1973 betrug der Personalaufwand (Verwaltung) 27,07% der
ordentlichen Ausgaben. Er erhöhte sich im Voranschlag für das Jahr 1974 auf 29,89% und beträgt im
Jahre 1975 29,23%. Die ziffernmäßige Erhöhung des Personalaufwandes ist auf die ganzjährige
Auswirkung der dritten Etappe sowie die halbjährige Auswirkung der vierten Etappe der
Besoldungsregelung und der damit verbundenen Regelung der Teuerungszulagen, auf die
Übernahme der Bediensteten der aufgelösten Bezirksfürsorgeverbände sowie schließlich auf die
Gewährung der Allgemeinen Dienstzulage auch an jene Pensionisten, bei denen die Pension
spätestens am 1. Dezember 1972 angefallen ist, zurückzuführen.
Die Steigerung im Sachaufwand ergibt sich vor allem durch erhöhte Aufwendungen in der Gruppe 0,
in der Gruppe 2 durch erhöhte Zuwendungen an den Niederösterreichischen Schul- und
Kindergartenfonds, an den Niederösterreichischen Berufsschulbaufonds sowie bei den Kindergärten,
in der Gruppe 3 durch höhere Aufwendungen für Wissenschafts-, Kunst- und Heimatpflege,
insbesondere die Denkmalpflege und den Naturschutz, in der Gruppe 4 durch Übernahme des
Sozialhilfeaufwandes einschließlich der 34 Altersheime und zwei Jugendheime von den bisherigen
Fürsorgeträgern infolge der gesetzlichen Neuregelung, durch den erhöhten Bedarf bei den
Einrichtungen des Fürsorgewesens, der Jugendhilfe, der Fürsorgeerziehung, in der Gruppe 5 durch
die erhöhten Beiträge für die Gesundheitspflege, insbesondere den Zuschuß zum Ausbau öffentlicher
Krankenanstalten, die Einrichtungen des Gesundheitswesens und die körperliche Ertüchtigung, in der
Gruppe 6 durch höhere Mittel für Maßnahmen der Raumordnung und des Umweltschutzes, für die
Wohnbauförderung, den Straßenbau, den Wasserbau sowie Wasserleitungs- und Kanalbauten, in der
Gruppe 7 durch die Erhöhung der Mittel für das Feuerwehrwesen, für die Land- und Forstwirtschaft
sowie für die Einrichtungen zur Förderung der Land- und Forstwirtschaft, durch die Bereitstellung
erhöhter Mittel für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft, der Fremdenverkehrs- und
Industrieförderung, in der Gruppe 8 durch Erhöhung des Landesbeitrages für Bauvorhaben der
NÖSIWAG, die Verlustabdeckung der niederösterreichischen Raumordnungs- und
Betriebsansiedlungs- und Strukturverbesserungsgesellschaft mbH und schließlich in der Gruppe 9
durch den erhöhten Bedarf für den Schuldendienst, erhöhte Bedarfszuweisungen an Gemeinden und
Gemeindeverbände sowie durch die Bereitstellung erhöhter Mittel für den Zinsendienst des
Gemeindeinvestitionsfonds und die Landes-Finanzsonderaktion für Gemeinden.
Die Mehreinnahmen sind im wesentlichen in der Gruppe 0 auf die Abschnitte Verwaltung des
Bundesvermögens und Ruhe- und Versorgungsgenüsse, in der Gruppe 4 auf die Abschnitte
Sozialhilfe und die Einrichtungen des Fürsorgewesens, in der Gruppe 5 auf den Abschnitt
Einrichtungen des Gesundheitswesens, in der Gruppe 6 auf den Abschnitt Wohnungswesen, in der
Gruppe 7 auf die Abschnitte Einrichtungen zur Förderung der Land- und Forstwirtschaft, Förderung
der gewerblichen Wirtschaft und Industrieförderung und in der Gruppe 9 auf die Abschnitte Allgemeine
Kapitalvermögen, Steuern und steuerähnliche Einnahmen sowie Beihilfen ohne besondere
Zweckbestimmung zurückzuführen.
Zum außerordentlichen und Stabilisierungsteil: Als außerordentliche Gebarungen sind Ausgaben und
Einnahmen dann zu behandeln, wenn sie der Art nach im Landeshaushalt nur vereinzelt vorkommen
und der Höhe nach den normalen Wirtschaftsrahmen überschreiten oder vermögensbildend bzw.
vermögensvermehrend sind.
Die Gebarungen im Stabilisierungsteil sind investitionswirksame Ausgaben, die erst dann freigegeben
werden sollen, wenn es die konjunktur- und stabilitätspolitische Lage erlaubt. Je nach ihrem
sachlichen Zusammenhang sind die Ausgabenkredite des Stabilisierungsteiles dem ordentlichen oder
außerordentlichen Teil des Voranschlages zugeordnet. Entsprechend dieser Zuordnung soll auch die
Verrechnung dieser Gebarungsfälle sowie die Nachweisung im Rechnungsabschluß erfolgen.
Die außerordentlichen Ausgaben sind mit 556,821.000 Schilling veranschlagt, denen Einnahmen von
381,453.000 Schilling gegenüberstehen.
Das ergibt somit einen ungedeckten Abgang im außerordentlichen Teil von 175,368.000 Schilling.
Mit den Ausgaben des Stabilisierungsteiles in der Höhe von 219,500.000 Schilling ergibt dies somit
einen ungedeckten Gesamtabgang von 394,868.000 Schilling.
Die einzelnen Vorhaben sind in den „Erläuterungen“ des außerordentlichen und Stabilisierungsteiles
des Voranschlages näher beschrieben.
Die Ausgabenkredite des außerordentlichen und Stabilisierungsteiles dürfen nur soweit in Anspruch
genommen werden, als sie durch veranschlagte Einnahmen, durch Überschüsse der ordentlichen
Gebarung und durch Kreditoperationen gesichert sind. Es ist daher notwendig, die Landesregierung
zu ermächtigen, daß sie zur Bedeckung des Abganges Darlehen, Anleihen und sonstige Kredite
aufnehmen bzw. die Haushaltsrücklage heranziehen darf.
Hinsichtlich der Inanspruchnahme und Verwendung der Ausgabenkredite des außerordentlichen und
Stabilisierungsteiles wird die Erteilung einer Reihe von weiteren Ermächtigungen durch die
Landesregierung beantragt, welche sich für den Budgetvollzug als notwendig oder zweckmäßig
erweisen.
Ich ersuche den Herrn Präsidenten, die Verhandlungen über den Voranschlag für das Jahr 1975
einzuleiten.
PRÄSIDENT DIPL. ING. ROBL: Zum Worte gelangt der Finanzreferent des Landes, Herr
Landeshauptmannstellvertreter Siegfried Ludwig.
LANDESHAUPTMANNSTELLVERTRETER LUDWIG: Sehr verehrter Herr Präsident! Hohes Haus!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Termingerecht und letztmalig in der den meisten von Ihnen bereits vertrauten äußeren Form kann ich
Ihnen heute namens der Landesregierung den Voranschlag für das Jahr 1975 vorlegen. Warum
letztmalig in dieser Form? Nach jahrelangen Vorbereitungsarbeiten der Experten und langwierigen
Verhandlungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ist heuer im Sommer als Ergebnis dieser
Bemühungen im Bundesgesetzblatt die Voranschlags- und Rechnungsabschlußverordnung - kurz
VRV genannt - verlautbart worden. Darnach hat mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1976 eine
Neugliederung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse bei allen Gebietskörperschaften Platz zu
greifen.
Die Umstellung erfordert eine sorgfältige Vorbereitung. In der niederösterreichischen
Finanzverwaltung sind daher bereits neben den Vorarbeiten für die Erstellung des Voranschlages
1975 die Vorarbeiten für die Einführung des neuen Ansatz- und Postenverzeichnisses angelaufen.
Nun aber zurück zum Budget 1975! Unter Bedachtnahme auf das nunmehr in der Phase IV
befindliche Stabilisierungsabkommen der Länder und Gemeinden mit dem Bund, wurde der
nächstjährige Voranschlag wieder in drei Teile gegliedert, und zwar in einen ordentlichen Teil, in einen
außerordentlichen Teil und in einen Stabilisierungsteil. Im Stabilisierungsteil sind zusätzliche
investitionswirksame Mittel vorgesehen, die jedoch nur dann zur Ausschüttung gelangen sollen, wenn
es die konjunkturelle und stabilitätspolitische Lage im nächsten Jahr erlaubt. Eine nicht unwesentliche
weitere Voraussetzung für die Erfüllung dieses Budgetteiles wird jedoch eine entsprechende
Einnahmenentwicklung sein.
Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Der Budgetrahmen des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1975 beträgt S
11.878,360.000,-. Diesen Ausgaben steht eine Einnahmenerwartung von S 11,483,492.000,gegenüber, so daß sich ein Abgang von S 394,868.000,- ergibt.
Der ordentliche Teil des Voranschlages weist Ausgaben in der Höhe von S 11.102,039.000,- und
Einnahmen in der gleichen Höhe auf. Das bedeutet, daß im ordentlichen Haushalt kein Abgang zu
verzeichnen ist. Er ist ausgeglichen.
Im außerordentlichen Teil des Voranschlages stehen die Ausgaben von S 556,821.000,- den
Einnahmen von S 381,453.000,- gegenüber. Daraus ergibt sich ein Abgang von S 175,368.000,-.
Der Stabilisierungsteil weist Ausgaben in der Höhe von S 219,500.000,- auf, denen keine Einnahmen
gegenüberstehen. Damit ergibt sich ein Gesamtabgang des Budgets 1975 in der Höhe von S
394,868.000,-.
Der Bruttoausgabenrahmen des Voranschlages 1975 übersteigt den des Jahres 1974 um 2,25
Milliarden Schilling. Läßt man jedoch den Stabilisierungsteil, die Zuführung zum außerordentlichen
Haushalt und die neuangewachsenen Ausgaben auf Grund des Sozialhilfegesetzes, die im Jahr 1974
ja noch nicht veranschlagt wurden, außer Betracht, so ist nur eine Steigerung von 1,4 Milliarden
Schilling oder 15,0l0/o zu verzeichnen. Die vergleichsweise Ausgabensteigerung beim Bund beträgt
15,7O/o. In den Beilagen zur Budgetrede des Herrn Finanzministers wird jedoch nur eine
Ausgabensteigerung von 9,4% ausgewiesen. Wie kommt aber das Finanzministerium zu diesem
Ergebnis? Es wird nämlich nicht der Bundesvoranschlag 1974 dem Bundesvoranschlag 1975
gegenübergestellt, sondern das voraussichtliche Rechnungsergebnis 1974 dem Voranschlag für das
Jahr 1975. Beim Anstellen einer derartigen Zahlenspielerei, wie dies der Abgeordnete Mussil im
Parlament bezeichnete, würde der Ausgabenrahmen des Landesbudgets sogar nur um 5,12%
gegenüber dem Jahr 1974 anwachsen. (Beifall bei dev ÖVP.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich darf Sie nochmals besonders darauf hinweisen, daß zum Unterschied vom Bundesbudget der
ordentliche Teil des Landesvoranschlages ausgeglichen erstellt werden konnte. Darüber hinaus wird
noch ein Betrag von 304,5 Millionen Schilling dem außerordentlichen Haushalt zugeführt!
Darf ich Sie weiters darauf aufmerksam machen, daß der erwartete Einnahmenzuwachs gegenüber
1974 perzentuell über dem Anwachsen der voraussichtlichen Ausgaben liegt und daß der Abgang des
Budgets 1975 zwar gegenüber 1974 höher ist, in seiner Steigerungsquote jedoch unter der
Steigerungsquote des Ausgabenrahmens liegt. Vergleichsweise beträgt der Abgang beim
Landesbudget ohne Stabilisierungsteil 1,5% des Ausgabenrahmens, beim Budget des Bundes jedoch
8,85%.
Wie steht es nun mit der Schuldenlast? Ich konnte im Vorjahr in meinen Erläuterungen zum
Voranschlag des Jahres 1974 auf ein Absinken des Schuldenstandes auf 1,15 Milliarden Schilling im
Vergleich zu einem Ausgangsstand von 1,76 Milliarden Schilling im Jahre 1969 verweisen. Natürlich
hat die heuer aufgelegte Landesanleihe mit einem Volumen von 350 Millionen Schilling wieder ein
leichtes Ansteigen der Landesschuld bewirkt. Mit 31. Dezember 1974 wird daher der Schuldenstand
des Landes Niederösterreich 1,4 Milliarden Schilling betragen. Sie sehen aber aus dieser Ziffer, daß
schon wieder ein Teil des Anleihebetrages aufgesogen werden konnte. Die Verschuldung pro Kopf
der Bevölkerung beträgt nur 990 Schilling im Gegensatz zur weit größeren Verschuldung pro
Einwohner auf Grund der Staatsschuld.
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich bitte Sie, sich selbst an Hand dieser nüchternen Zahlen ein genaues Bild zu machen und darnach
den Wahrheitsgehalt der schon wieder kursierenden Pressemeldungen von einer Explosion der
Länderbudgets zu prüfen. In Niederösterreich findet jedenfalls keine Explosion des Landesbudgets
statt! (Beifall bei der ÖVP.) Wenn etwas über das erträgliche Maß hinaus expandiert, so ist es nach
Meinung vieler Finanzexperten das Bundesbudget. Ich will hier gar nicht meine vielleicht als subjektiv
zu bezeichnende Meinung kundtun, ich zitiere nur als Beispiel Professor Horst Knapp in der ersten
Novembernummer der Finanznachrichten. Prof. Knapp sagt zum Leitsatz der Budgetrede des Herrn
Finanzministers folgendes wörtlich:
„In dieser Zeitspanne (gemeint sind die Jahre seit 1970) konnte das Budget konsolidiert werden. Die
Staatsfinanzen sind in Ordnung. Diese lapidaren Behauptungen stehen an der Spitze der Budgetrede
am 22. Oktober 1974. Sie sind unwahr: So wenig in Ordnung waren die Staatsfinanzen seit
Menschengedenken nicht.
Was in der Budgetrede und im Amtsbehelf zum Bundesfinanzgesetz an budgetpolitischen
Begründungen zu finden ist, war schon im Vorjahr und ist erst recht heuer nicht mehr als die
nachträgliche ,Rationalisierung' einer Volumen- und Saldenentwicklung, die nicht mehr gestaltet wird,
sondern nur noch passiert.“
Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Was hat nun der Finanzverwaltung bei der Erstellung des Voranschlages für das kommende Jahr
besondere Sorgen bereitet? Die mit 1. Jänner 1975 wirksam werdende Einkommensteuerreform
bewirkt nach den Berechnungen des Finanzministeriums bei der Lohnsteuer einen Ausfall von 9
Milliarden Schilling und bei der veranlagten Einkommensteuer einen Ausfall von 2 Milliarden Schilling,
also insgesamt von 11 Milliarden Schilling. Davon entfallen, ungelegt auf die den Ländern
zukommenden Ertragsanteile, auf Niederösterreich bei gleichzeitiger Berücksichtigung des Ausfalles
an der Landesumlage zirka 454 Millionen Schilling. In der Wohnbauförderung muß ein Ausfall von 225
Millionen Schilling hingenommen werden.
Auf Grund der Phase IV des Stabilisierungsübereinkommens mit dem Bund ist der Erlös aus dem
erfolgten Ankauf von 4%igen Kassenscheinen der Österreichischen Nationalbank, der im Jänner 1975
fällig wird, sofort wieder in Kassenscheinen anzulegen. Die Rücklösung der Kassenscheine wird
sodann in fünf Monatsraten ab März 1975 erfolgen. Dies bedeutet einen Kassenmittelausfall zu
Beginn des nächsten Haushaltsjahres in der Höhe von mindestens 160 Millionen Schilling. Dies ganz
abgesehen von dem Umstand, daß die Verzinsung der Kassenscheine mit 4% in keiner Weise dem
gegenwärtigen Zinsniveau entspricht.
Dazu kommen noch kleinere Nadelstiche, wie etwa der auf Grund der Erfahrungen dieses Jahres zu
erwartende Ausfall an Kraftfahrzeugsteuer, bewirkt durch den Wegfall der Kontrolle der rücklaufenden
Kraftfahrzeugsteuerkarten und durch den Niederösterreich und Burgenland gegenüber
benachteiligenden Aufteilungsschlüssel dieser Steuer.
Die Ausgabenseite des Budgets wird einerseits vom ungeheuren Kostendruck der Inflation und
anderseits von den Klammern der Stabilisierungsmaßnahmen bestimmt. Zwei Komponenten, die
diametral auseinandergehen. Hier den richtigen Weg zu finden, um die in Niederösterreich unbedingt
notwendigen Investitionen und die Erhaltung der Arbeitsplätze dennoch zu gewährleisten, wird 1975
nicht leicht sein.
Die Ausweitung des Budgetrahmens ist 1975 vor allem aber auch durch die Auswirkungen des mit 1.
Juli 1974 bereits in Kraft getretenen Sozialhilfegesetzes bedingt. Hier ist die Aufnahme des bisher bei
den Bezirksfürsorgeverbänden präliminierten Sozialaufwandes, also etwa die budgetäre Vorsorge für
den Neu- und Ausbau der Pflege- und Altenheime sowie für deren laufenden Betrieb, in den
Landeshaushalt erforderlich. Dieser Aufwand ist für 1975 mit 889,7 Millionen Schilling zu beziffern.
Wie soll nun der Teil des außerordentlichen Voranschlages sowie der gesamte Stabilisierungsteil, der
durch die derzeit angenommene Einnahmenerwartung nicht gedeckt ist, dennoch im Laufe des
nächsten Jahres realisiert werden?
Im Antrag zum Voranschlag des Jahres 1975 wird hierzu unter der Überschrift „Sicherstellung des
Haushaltsausgleiches“ folgende Vorgangsweise angeboten: „Die Landesregierung wird ermächtigt, im
ordentlichen Teil des Voranschlages allgemeine und gleichmäßige prozentuelle Kürzungen aller
Voranschlagsansätze vorzunehmen. Hiervon sind nur auf gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtung
beruhende Zahlungsverbindlichkeiten ausgenommen.“ Ich werde im Sinne dieser Ermächtigung und
im Hinblick auf das von der Landesregierung beschlossene Stabilisierungsabkommen auch heuer
wieder eine Kürzung aller Ermessenskredite in der Landesregierung beantragen.
Ferner heißt es im Antrag zum Voranschlag, daß die Inanspruchnahme des außerordentlichen und
des Stabilisierungsteiles des Voranschlages nur insoweit erfolgen darf, als ihre Deckung durch die
veranschlagten Einnahmen, durch Überschüsse der ordentlichen Gebarung oder durch
Kreditoperationen gesichert ist.
Von der Ermächtigung, auch nächstes Jahr wieder einen Kredit aufzunehmen, werde ich allerdings
nur im äußersten Notfall Gebrauch machen; denn erstens ist - wenn sich die Verhältnisse nicht
grundlegend ändern - kaum Geld auf dem Kreditmarkt aufzutreiben und zweitens ist dieses Geld nicht
gerade billig zu haben.
In realistischer Betrachtung all dieser Faktoren kann ich daher allen jenen, die im nächsten Jahr auf
mehr oder weniger kräftige Nachtragskredite hoffen, nur den dringenden Rat geben, diese Hoffnungen
zumindest vorerst einmal zurückzustellen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Erlauben Sie mir, diesmal die verschiedenen Ausgabenschwerpunkte dieses um Stabilität und
Sparsamkeit bemühten Voranschlages im Rahmen der Erläuterungen zu den einzelnen
Budgetgruppen aufzuzeigen.
Die Voranschlagsgruppe 0, Landtag und Allgemeine Verwaltung, sieht im ordentlichen Teil des
Voranschlages Einnahmen von S 455,217.000,- und Ausgaben von S 1.543,082.000,- vor. Damit ist
gleich ein Ausgabenschwerpunkt, nämlich die Personalkosten, gegeben. Die Auszahlung der
Aktivitäts- und Ruhegenußbezüge der Landesbediensteten beim Amt der Landesregierung, den
Bezirkshauptmannschaften, der Agrarbezirksbehörde und den Gebietsbauämtern erfordert 42
Milliarden Schilling. Der gesamte Personalaufwand der Verwaltung des Landes, also für alle
Landesbediensteten mit Ausnahme der Pflichtschullehrer, beträgt nicht ganz 2,5 Milliarden Schilling.
Der Personalaufwand steigt im Vergleich zum Jahr 1974 jedoch noch immer nicht so stark wie der
Sachaufwand. Hier steht einer Steigerungsrate von 22,21% beim Personalaufwand eine
Steigerungsrate von 26,12% beim Sachaufwand gegenüber. Das Verhältnis des Personalaufwandes
zum Sachaufwand bewegt sich mit 29,23% zu 70,77% durchaus im Rahmen der Voranschlage der
vorangegangenen Jahre.
Für das Ansteigen der Personalausgaben sind vor allem die im Zuge der stufenweisen
Gehaltsregulierung auf Grund des Gehaltsabkommens ganzjährig zu berücksichtigende 3. Etappe mit
einer Erhöhung um 10,33% und die ab 1. Juli 1975 wirksam werdende 4. Etappe einschließlich der
Teuerungsabgeltung mit einer Steigerung um 11,5% bestimmend.
Ferner waren zu berücksichtigen: die Auswirkungen der 40-Stunden-Woche, die Erhöhung der
Familienbeihilfen sowie notwendige Neueinstellungen von Kindergärtnerinnen und Straßenpersonal.
Einen wesentlichen neuen Kostenfaktor bildet die Obernahme der vormaligen Bezirksbediensteten
durch das Inkrafttreten des Nö. Sozialhilfegesetzes mit einem Personalkostenvolumen von 108
Millionen Schilling.
Dies sind alles, meine verehrten Damen und Herren, beachtliche Zahlen, dennoch muß eine in der
Budgetrede des Herrn Finanzministers aufgestellte Behauptung richtiggestellt werden. Der Herr
Finanzminister weist nämlich darauf hin, daß der Bundesdienstpostenplan seit dem Jahre 1969 eine
Zunahme um 12.672 Dienstposten oder um 4,60/0 zu verzeichnen hat. Dem stünde im gleichen
Zeitraum eine Vermehrung der Dienstposten in den Ländern - ohne Landeslehrer - um 12,7%
gegenüber. In welchen Ländern ein derartiges Anwachsen der Dienstposten zu verzeichnen ist, weiß
ich nicht. In Niederösterreich trifft dies jedenfalls nicht zu, denn hier beträgt die Steigerungsrate der
Dienstposten ab dem gleichen Zeitpunkt nur 5,1%. Dies trotz des laufenden Anwachsens der Zahl der
Kindergärten und einer personalintensiven Straßenbetreuung.
Wenn der in der Gruppe 0, aber auch in den anderen Voranschlagsgruppen, veranschlagte
Amtssachaufwand im Vergleich zu den vergangenen Jahren größere Steigerungsraten aufweist, so ist
das vor allem auf das 100%ige Ansteigen der Heizkosten und die beachtliche Verteuerung anderer
Betriebskosten, wie Beleuchtung, Telefon, Reinigung etc., zurückzuführen.
Im außerordentlichen Teil des Voranschlages sind bei dieser Gruppe 21,9 Millionen Schilling
präliminiert. In dem Betrag sind vor allem die 2. Baurate für den Neubau der Bezirkshauptmannschaft
Lilienfeld mit 12,5 Millionen Schilling sowie die Kosten für die Schaffung eines
Katastrophenfunknetzes bei den Bezirkshauptmannschaften mit 2,5 Millionen Schilling, die Schaffung
von Dienstwohnungen bei den Bezirksvororten und der Ankauf eines elektronischen Aufnahmegerätes
für die Agrarbezirksbehörde enthalten.
Von den schon oben bezifferten Einnahmen der Gruppe 0 ist auf den zu erwartenden Kostenersatz für
Projektierungs-, Bauleitungs- und Bauführungskosten für die Bundesstraßen einschließlich der
Autobahnen und für den Bundeshochbau zu verweisen. Diese Summen enthalten auch den
Kostenersatz für das hier zum Einsatz gelangende Straßenpersonal. Dieser Umstand möge bedacht
werden, wenn man der gesamten, dem Lande zufließenden Pauschalsumme die in der Gruppe 6
präliminierten Ausgaben für Projektierungen im Bundesstraßen- und im Bundeshochbau
gegenüberstellt. In den dort vorgesehenen 80 Millionen Schilling ist die beträchtliche
Personalkostentangente nicht enthalten. Die hier eigentlich zuzurechnenden Personalkosten sind im
gesamten Personalaufwand des Landes eingeschlossen. Zu bedenken ist ferner auch, daß besonders
die Projektierung von Autobahnen in Niederösterreich in den vergangenen Jahren wesentlich höhere
Kosten verursacht hat, als Pauschalvergütungen vom Bund hereingekommen sind. Es gilt also jetzt
auch die Vorausleistungen des Landes abzudecken.
Die Gruppe 1, Öffentliche Ordnung und Sicherheit, weist keine Einnahmenerwartung auf. Ausgaben
sind ausschließlich im ordentlichen Teil des Voranschlages mit 2,4 Millionen Schilling ausgewiesen.
Sie dienen der Förderung des Zivilschutzes und sind höher als im Vorjahr.
Die Gruppe 2, Schulwesen, mit Einnahmen im ordentlichen Teil des Voranschlages von S
2.473,404.000,- und Ausgaben von S 2.959,041.000,- wird in ihrer Ausgabenausweitung durch den
Personalaufwand der Landeslehrer bestimmt. Die rund 2,6 Milliarden Schilling betragenden Kosten
der Lehrerbesoldung werden vom Bund ersetzt; bei den Berufsschullehrern und
Landwirtschaftslehrern allerdings nur zu 50%. Ausgenommen vom Ersatz bleiben jedoch die für die
Auszahlung von Gehaltsvorschüssen zu treffende finanzielle Vorsorge und die für die
Bezugsanweisung auflaufenden Zustellgebühren. Für die Gehaltsvorschüsse muß das Land immerhin
zunächst 34,4 Millionen Schilling aufbringen. Der Betrag fließt dann im Zuge der Rückzahlung der
Vorschüsse wieder dem Lande zu.
Die Steigerung der Lehrerbezüge gegenüber dem Vorjahr beträgt rund 407 Millionen Schilling oder
18,8%. Diese Steigerungsquote liegt vorwiegend in den schon beim Personalaufwand der
Landesverwaltung aufgezeigten Momenten, wie Gehaltsetappen und Teuerungszuschlägen,
begründet.
Beachten Sie bitte beim Studium der Ansätze der Gruppe 2 vor allem auch die Aufwendungen des
Landes für die Kindergärten. Damit wird den Gemeinden eine wesentliche finanzielle Entlastung
gebracht. Der Kindergartenaufwand steigt von 140,4 Millionen Schilling im Jahre 1974 auf 168,6
Millionen Schilling im Jahre 1975, das ist um mehr als 20%. Ich darf sagen, daß es sich dabei wieder
um einen echten Ausgabenschwerpunkt des Landes im Interesse unserer zukünftigen Landesbürger
handelt. (Beifall bei der ÖVP.)
Mit einem Beitrag von 160 Millionen Schilling, wovon 120 Millionen Schilling im ordentlichen Teil und
40 Millionen Schilling im Stabilisierungsteil des Budgets untergebracht sind, ist der
Förderungszuschuß des Landes an den Schul- und Kindergartenfonds im Grundbudget des nächsten
Jahres mit Abstand höher als in den vergangenen Jahren. Auch hier wird den Gemeinden eine echte
Hilfe des Landes zum Abbau der Schuldenlast geboten.
Der mit 23 Millionen Schilling präliminierte Landesbeitrag an den Berufsschulbaufonds soll vor allem
die weitere Finanzierung der Internatsbauten für die Landesberufsschulen in Baden und St. Pölten
sowie einen Schülerheimzubau in Schrems sicherstellen.
Von den in der Gruppe 2 des außerordentlichen Teiles des Voranschlages präliminierten 12,7
Millionen Schilling sollen 2 Millionen Schilling der Landesberufsschule in Neunkirchen und 4,8
Millionen Schilling der Landesfachschule für Damenkleidermacher in Mödling zufließen. Die Schule in
Mödling ist wegen des Eigenbedarfes der Stadt zur Übersiedlung in die Hyrtlsche Waisenanstalt
genötigt. Dort müssen aber erst Adaptierungen vorgenommen werden. 5 Millionen Schilling werden für
die Einrichtung und den Ausbau der Lehrwerkstätten in den Berufsschulen zur Verfügung stehen. S
900.000,- erhält die Waldschule Wiener Neustadt.
Die Gruppe 3, Kulturwesen, weist im ordentlichen Teil des Voranschlages Einnahmen von 3,5
Millionen Schilling und Ausgaben von 116,1 Millionen Schilling auf, wozu noch Ausgaben von 3,6
Millionen Schilling im außerordentlichen Teil des Voranschlages kommen. Die Einnahmen sinken
gegenüber dem Vorjahr um 2 Millionen Schilling ab. Das ist auf das Auslaufen des einige Jahre
hindurch für die Renovierung der Schallaburg gewährten Bundeszuschusses zurückzuführen.
Die Ausgabenkredite der Gruppe 3 steigen gegenüber den Vorjahren progressiv an, doch kann dies
wohl verantwortet werden, da der Kulturetat budgetmäßig in früheren Jahren eher schwach dotiert
wurde und man den Aufwendungen in diesem Bereich am wenigsten eine inflationsbeschleunigende
Wirkung nachsagen kann. Trotzdem mußte der Herr Kulturreferent auch heuer wieder zahlreiche
Vorhaben zurückstellen bzw. mit kleineren Ansätzen zufrieden sein, da eben auch bei einem gewissen
Nachholbedarf nicht alles auf einmal gegeben werden kann.
Immerhin wurden in den letzten Jahren für unsere Landesausstellungen beträchtliche Mittel
aufgewendet. Hier liegt auch heuer wieder einer der Schwerpunkte des Kulturbudgets. Denken Sie
nur an die Restaurierung der Schallaburg. Bisher wurden für die Instandsetzung dieses Kulturjuwels
ca. 39 Millionen Schilling aufgewendet. Der Bund leistet einen Zuschuß von insgesamt 10 Millionen
Schilling: Sie werden verstehen, daß es trotz des als phänomenal zu bezeichnenden Erfolges der
heuer auf Schloß Schallaburg durchgeführten Landesausstellung „Die Renaissance in Österreich“
weiterhin unsere Sorge bleiben muß, wie diese enormen Aufwendungen wenigstens teilweise
amortisiert werden können. Gewiß wird der prachtvolle Rahmen der Burg immer wieder Gelegenheit
zu kulturellen Veranstaltungen bieten und hierfür auch in Anspruch genommen werden. Dies allein
wird aber nicht genügen, die Kapazität der Anlagen voll auszunützen. Bedenken Sie etwa, daß das
Schloß infolge einer leistungsfähigen Heizanlage Sommer und Winter benützbar ist. Die stilvoll
eingerichtete Schloßtaverne gewährleistet einen vollen Restaurationsbetrieb. Nur für die
Instandsetzung und Einrichtung der Räume der Taverne mußten allein 3 Millionen Schilling
aufgewendet werden.
Ein weiterer Schwerpunkt des Kulturbudgets ist auch im nächsten Jahr wieder das
Niederösterreichische Tonkünstlerorchester. Im Voranschlag des Orchesters für das Jahr 1975 sind
noch 25,35 Millionen Schilling abzudecken. Das Orchester erhofft hierfür wieder vom Bund und vom
Land Niederösterreich entsprechende Subventionsbeträge zu erhalten. Im Landesvoranschlag ist
hierfür auch ein Förderungsbeitrag von 20,5 Millionen Schilling, also um 3 Millionen Schilling mehr als
in diesem Jahr, ausgewiesen. Der Bund leistet einen schon jahrelang gleichbleibenden Zuschuß von
3,7 Millionen Schilling.
Vergleichsweise erhalten andere Orchester, wie die Wiener Symphoniker, vom Bund die doppelten
Subventionsbeträge. Nun - niemand neidet diesen die höheren Förderungsmittel. Aber es rnuß auch
von hier aus gesagt werden, daß das Niederösterreichische Tonkünstlerorchester getreu seinem
Gründungsgedanken die niederösterreichischen Städte und Gemeinden bereist, um dort Konzerte
aufzuführen, und es ungleich schwerer hat, einen entsprechend großen Konzertsaal zu finden und zu
füllen, um die nötigen Einnahmen einzuspielen.
Ich richte daher den dringenden Appell an den Herrn Unterrichtsminister, diese wertvolle kulturelle
Initiative des Niederösterreichischen Tonkünstlerorchesters auch gebührend zu honorieren. Jeder
Osterreicher hat den gleichen Anspruch auf kulturelle Werte. (Beifall bei der ÖVP.) Es ist gut und
schön, daß eine gewisse Konzentration kultureller Veranstaltungen auf die Bundeshauptstadt erfolgt.
Man darf deswegen aber auch die sogenannte „Provinz“ nicht vergessen.
Eingedenk des Umstandes, daß das nächste 1 Jahr als Jahr der Denkmalpflege begangen wird,
1 wurde der für die Denkmalpflege vorgesehene Budgetansatz um 1,5 Millionen Schilling aufgestockt.
Denkmalpflege ist bekanntlich Bundessache, doch verfügt das Bundesdenkmalamt nur über derart
bescheidene Mittel, daß sich Länder und Gemeinden immer wieder genötigt sehen, helfend
einzuspringen.
Die Gruppe 3 beinhaltet auch den Naturschutz. Für Zwecke des Naturschutzes werden nächstes Jahr
4 Millionen Schilling, und damit um rund 1 Million Schilling mehr als 1974, zur Verfügung stehen.
Die Gruppe 4, Fürsorgewesen und Jugendhilfe, steht im Zeichen des im nächsten Jahr erstmals
ganzjährig zum Tragen kommenden Nö. Sozialhilfegesetzes. Hier erwachsen dem Lande bedeutende
Mehrausgaben, denen allerdings auch gewisse Mehreinnahmen aus den gesetzlich normierten
Rückersätzen der Gemeinden gegenüberstehen. Das Land muß zunächst aber einmal mit den
gesamten anfallenden Kosten in Vorleistung treten, um später dann einen Teil der aufgewendeten
Beträge refundiert zu erhalten.
Von den Gesamtausgaben der Gruppe 4 im ordentlichen Teil des Voranschlages in der Höhe von
947,5 Millionen Schilling und im außerordentlichen Teil in der Höhe von 134 Millionen Schilling
entfallen 742 Millionen Schilling im ordentlichen Teil und 90,7 Millionen Schilling im außerordentlichen
Teil auf die von den vormaligen Bezirksfürsorgeverbänden nunmehr auf das Land übergegangenen
Verpflichtungen.
Von den Einnahmen dieser Gruppe im ordentlichen Teil des Voranschlages in der Gesamthöhe von
767,5 Millionen Schilling erwartet sich das Land einen Rückersatzanteil der Gemeinden von 304,9
Millionen Schilling. Von der im außerordentlichen Teil des Voranschlages für die Errichtung und den
Ausbau der vormaligen Bezirksaltersheime vorgesehenen Summe von 90,7 Millionen Schilling
erwartet das Land Rückersätze in der Höhe von 63,5 Millionen Schilling.
Ich möchte nur einige größere Vorhaben auf diesem Sektor erwähnen: So ist geplant, das Altenheim
Hainburg a. d. Donau umzubauen und zu sanieren. Im Altenheim St. Pölten wird ein Zubau zur
Pflegeabteilung mit 80 Betten errichtet werden. In Scheibbs erfolgt ebenfalls ein Zubau; der
Endausbau der Altenheime Preßbaum und Stockerau wird durchgeführt werden und in Bad Vöslau
soll ein neues Altenheim errichtet werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Im Hinblick auf die grundlegende Änderung, die das Nö. Sozialhilfegesetz mit 1. Juli 1974 auf dem
Gebiete des Fürsorgewesens gebracht hat, und seine bedeutenden Auswirkungen auf den Ihnen
vorliegenden Voranschlag 1975, gestatten Sie mir einige allgemeine Bemerkungen zu diesem Thema.
Da gemäß § 47 Abs. 3 Nö. Sozialhilfegesetz die Beziehungen zwischen dem Land und den
Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege sowie anderen Einrichtungen durch schriftliche
Vereinbarungen zu regeln sind, wobei darauf Bedacht zu nehmen ist, daß die für die Erbringung der
Sozialhilfe zu leistenden Kostenentgelte des Landes nach den Grundsätzen der Sparsamkeit und
Zweckmäßigkeit festzusetzen sind, ist beabsichtigt mit sämtlichen Einrichtungen der freien Wohl-,
fahrtspflege den Gemeinden - soweit sie Sozialhilfeeinrichtungen besitzen - und sonstigen Trägern
von Sozialhilfeeinrichtungen die Verträge zu schließen. Unabhängig von der Verpflichtung zum
Abschluß von schriftlichen Vereinbarungen besteht die Absicht, die Kontakte zu den Trägern der
privaten Sozialhilfeeinrichtungen, insbesondere zu den Rehabilitationseinrichtungen, zu intensivieren.
Die Neubesinnung über die Grundbedingungen des Lebens hat mit der Einführung des Begriffes
„Qualität des Lebens“ begonnen. Das Ziel einer modernen Sozialpolitik kann nur auf die Schaffung
optimaler Lebensbedingungen für den Menschen auf allen Gebieten gerichtet sein. Nicht eine ziellose
Quantität von Sozialleistungen, sondern die Qualität einer geplanten, den konkreten Bedürfnissen
unserer Gesellschaft entsprechenden Leistung ist maßgebend. Der soziale Bereich ist aber
inzwischen so differenziert und kompliziert geworden, daß er ohne Bestandsaufnahme,
Bedarfsfeststellung und Zielgestaltung, d. h. ohne Planung, nicht mehr bewältigt werden kann.
Daraus resultiert die Notwendigkeit, sich - beginnend mit dem Jahr 1975 - mit einer
Sozialfürsorgeplanung und einer Sozialstrukturplanung intensiv zu beschäftigen, denn auch auf dem
Gebiet der Sozialhilfe gilt der immer mehr und mehr in den Vordergrund tretende Grundsatz
„Vorbeugen ist besser als heilen“.
Das Bedürfnis nach einer ausreichenden und grundlegenden Information der Bevölkerung über
Angelegenheiten der Sozialhilfe, insbesondere über die Möglichkeiten der Sozialhilfe in
Sozialhilfeeinrichtungen nimmt immer mehr zu. Es ist daher beabsichtigt, einen die Interessen der
Bevölkerung sehr wesentlich berührenden Informationsdienst zu schaffen.
Lassen Sie mich auch einige Worte zu den Landes-Pflegeheimen sagen:
Das Bundesland Niederösterreich führt derzeit fünf Landes-Pflegeheime, und zwar in St. Andrä vor
dem Hagentale, Mistelbach, Wiener Neustadt, Melk und Waidhofen a. d. Thaya. Außerdem stehen
noch vertraglich zugesicherte Plätze im Pflegeheim Hochegg, welches der Krankenanstalt
Grimmenstein angeschlossen ist, zur Unterbringung pflegebedürftiger Menschen zur Verfügung.
Insgesamt können 912 Pfleglinge in den Pflegeheimen untergebracht werden.
In den neuerrichteten Pflegeheimen Wiener Neustadt, Melk und Waidhofen a. d. Thaya werden
laufend Instandsetzungen, Nachschaffungen und Neuanschaffungen zur Führung eines
ordnungsgemäßen Betriebes vorgenommen.
Das Pflegeheim St. Andrä weist den schlechtesten Bauzustand auf und wird in den nächsten Jahren
durch ein neues Pflegeheim in Tulln ersetzt werden. Die Vorarbeiten für den Neubau „Tulln„ wurden
bereits begonnen.
Im Pflegeheim Mistelbach wurde durch ständige Adaptierungen und bauliche Verbesserungen und,
soweit es ging, auch durch Verkleinerung der Zimmer aus der ehemaligen Siechenanstalt ein
entsprechend wohnliches Heim geschaffen.
Wir haben hier eine bald hundertjährige Tradition des Landes Niederösterreich bei der Betreuung
pflegebedürftiger Menschen fortzusetzen, denn am 22. Oktober 1881 hat der Landtag die Errichtung
der Landes-Siechenanstalten in St. Andrä und Mistelbach, bald darauf in Hollabrunn und Allentsteig in
die Wege geleitet und dadurch den Gemeinden diese ihnen damals obliegenden Lasten der
Armenversorgung abgenommen. Mit dem Nö. Sozialhilfegesetz wurde nunmehr eine völlig neue Ära
auf diesem wichtigen Gebiet der sozialen Vorsorge für unsere hilfsbedürftigen Mitbürger eingeleitet.
Abschließend und am Rande möchte ich in der Gruppe 4 auf dem Gebiete der Fürsorgeerziehung ein
Beispiel erwähnen, wie durch wohlgemeinte bundesgesetzliche Regelungen wieder einmal den
Ländern indirekt neue Mehrbelastungen erwachsen.
Auf Grund des mit 1. Jänner 1975 in Kraft tretenden Jugendstrafrechtsanpassungsgesetzes werden
die Bundesanstalten für Erziehungsbedürftige aufgelassen.
Da die Bewährungshilfe alle diese Fälle, in denen die Jugendlichen bisher in die Erziehungsanstalten
eingewiesen wurden, sicher nicht bewältigen wird können, werden diese Jugendlichen von den
Richtern in verstärktem Ausmaße in Landeserziehungsheime eingewiesen werden.
Nach dem Jugendwohlfahrtsgesetz hat aber das Land für solche Einrichtungen vorzusorgen und die
Kostan, die nur zu einem geringen Teil hereingebracht werden, zu tragen. Der finanzielle Aufwand
wird sich daher wegen der genannten bundesgesetzlichen Regelung auf diesem Gebiet in Zukunft
erhöhen.
Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Nun komme ich zur Gruppe 5, Gesundheitswesen und körperliche Ertüchtigung, die Einnahmen von
360,7 Millionen Schilling sowie Ausgaben im ordentlichen Teil von 705,9 Millionen Schilling, im
außerordentlichen Teil von 28,1 Millionen Schilling und im Stabilisierungsteil von 30 Millionen Schilling
aufweist. Der Schwerpunkt dieser Gruppe liegt bei den Aufwendungen für die Krankenanstalten. Die
Beiträge zur Abgangsdeckung der nicht landeseigenen öffentlichen Krankenanstalten sind mit 120
Millionen Schilling veranschlagt. Für den Zuschuß zum Ausbau der nicht landeseigenen öffentlichen
Krankenanstalten werden im ordentlichen Teil des Voranschlages 140 Millionen Schilling - also um
55% mehr als im Voranschlag 1974 - und im Stabilisierungsteil 30 Millionen Schilling präliminiert.
Als Zweckzuschuß des Bundes zum Betriebsabgang der Krankenanstalten werden nächstes Jahr
14,4 Millionen Schilling und als Beitrag des Bundes zum Investitionsaufwand der Krankenanstalten
wieder 30 Millionen Schilling erwartet.
Wo bleiben da die Versprechungen des Herrn Bundesministers für Finanzen und der Frau
Gesundheitsminister? In seiner Rede zum Bundesvoranschlag für das Jahr 1975 führte der Herr
Finanzminister aus:
„Ein wesentlicher Bestandteil der Regierungspolitik ist die Gesundheitspolitik. Sie verfolgt das Ziel,
allen Menschen in Österreich, unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Lage, die bestmögliche
medizinische Versorgung zu sichern.
Gesundheitspolitik muß das gemeinsame Anliegen aller Gebietskörperschaften sein. Obwohl es nicht
unmittelbar in seinen Aufgabenbereich fallt, unterstützt der Bund auch 1975 durch finanzielle
Zuschüsse Länder und Gemeinden beim Ausbau und beim Betrieb der Spitäler.“
Nach einer Aussprache, die über die Spitalsfinanzen am 6. Februar 1974 zwischen der Frau
Gesundheitsminister und Vertretern der Bundesländer stattfand, sollten an die Länder für
Investitionen, die der Erneuerung und Erweiterung von Krankenanstalten dienen, weiterhin jährlich
250 Millionen Schilling aus dem Bundesbudget fließen; darüber hinaus im Jahre 1974 zusätzlich 105
Millionen Schilling sowie in den Jahren 1975 und 1976 je 210 Millionen Schilling. Weiters wurden 400
Millionen Schilling aus der schon mit Jahresbeginn in Aussicht genommenen Erhöhung der
Tabaksteuer angekündigt.
Wie sieht aber die Realität aus? 1974 wurden für alle Bundesländer zusammen bisher 250 Millionen
Schilling ausgeschüttet. Von den im Frühjahr angekündigten weiteren 105 Millionen Schilling ist noch
keine Rede. Für 1975 entnimmt man der Beilage zur Bundesbudgetrede, daß die versprochenen und
vom Herrn Finanzminister auch ausdrücklich in dieser Höhe bezifferten 250 Millionen Schilling im
Voranschlag des Bundes nur mit 242,5 Millionen Schilling ausgewiesen sind. Weitere 210 Millionen
Schilling scheinen im Konjunkturausgleichsbudget auf. Von den 400 Millionen Schilling aus der
Tabaksteuer ist den Krankenanstalten bis jetzt noch kein Schilling zugekommen. Mit nur halb
eingelösten Versprechungen wird man den Spitalsbau aber nicht vorantreiben können!
(Landeshauptmannstellvertreter Czettel: Lustiger geht es nicht mehr. - Unruhe bei der SPÖ. Präsident Dipl. Ing. Robl gibt das Glockenzeichen!)
Inzwischen klaffen die Pflegegebühren der Krankenanstalten und die Kostenersätze der
Sozialversicherungsträger immer weiter auseinander.
Die am 30. Oktober 1974 abgehaltene Finanzreferentenkonferenz hat daher zur Spitalsfrage unter
anderem beschlossen, die Verbindungsstelle der Bundesländer möge beim Bundesministerium für
Finanzen darauf dringen, daß die noch ausstehenden Zweckzuschüsse des Bundes für den
Krankenanstaltenbau ehestens und in voller Höhe ausgeschüttet bzw. im Bundesvoranschlag
vorgesehen werden.
Im außerordentlichen Teil des Landesvoranschlages sind 28 Millionen Schilling für den weiteren
Ausbau der Landeskrankenanstalten vorgesehen. Hiervon ist der größte Betrag, nämlich 8 Millionen
Schilling, für die Errichtung einer Neurologischen Abteilung im Landeskrankenhaus für Psychiatrie und
Neurologie in Klosterneuburg in Aussicht genommen. Die Gesamtkosten dieses Vorhabens werden
mit 40 Millionen Schilling angenommen.
Das Sportbudget des Landes wird 1975 um 8 Millionen Schilling und damit um 40% auf 28,3 Millionen
Schilling aufgestockt. Hiervon sollen 12 Millionen Schilling aus dem Kultur- und Sportstättenschilling
fließen. Erstmalig scheint auch ein Betrag für die Errichtung einer Nö. Landessportschule auf. Für ein
weiteres Vorhaben, nämlich die Errichtung einer Sportschule des Nö. Fußballverbandes, das aus
Bundes- und Landeszuschüssen sowie aus Sporttotomitteln und Rücklagen des Nö.
Fußballverbandes finanziert werden soll, ist ein erster Beitrag in der Höhe von 2 Millionen Schilling
vorgesehen.
Die Gruppe 6, Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen, ist eine der einnahmen-, besonders aber auch
der ausgabenstärksten Budgetgruppen. An Einnahmen sind im ordentlichen Teil des Voranschlages
rund 1,39 Milliarden Schilling und im außerordentlichen Teil 12,9 Millionen Schilling präliminiert. Dem
stehen Ausgaben im ordentlichen Teil des Voranschlages von 2,85 Milliarden Schilling und im
außerordentlichen Teil von 288,7 Millionen Schilling sowie von 124 Millionen Schilling im
Stabilisierungsteil gegenüber. Diese Ausgabensummen verteilen sich auf die Schwerpunkte
Raumordnung und Umweltschutz, Wohnbauförderung, Straßenbau sowie Wasserbau.
Gerade auf dem Sektor der Raumordnung haben wir es mit einem Aufgabenbereich zu tun, dem für
die Erstellung des Landesbudgets eine zentrale Bedeutung zukommt. Raumordnung bedeutet ja, daß
alle raumwirksamen Maßnahmen, die das Land trifft oder zu treffen beabsichtigt, auf klare
Zielsetzungen ausgerichtet und untereinander koordiniert werden. Seit Jahren bemühe ich mich in
meiner Eigenschaft als Finanz- und Raumordnungsreferent, diesem Koordinierungserfordernis
gerecht zu werden. Die größte Schwierigkeit, die dabei auftritt, besteht darin, daß
Raumordnungsprogramme auf Grund ihres rechtlichen Charakters als Verordnungen gesetzliche
Bestimmungen, die mit den Raumordnungszielen nicht konform sind, keineswegs aufheben können.
Dadurch verbleibt oft der Raumordnungstätigkeit nur ein verhältnismäßig kleiner Spielraum. Nimmt
zum Beispiel ein Förderungsgesetz auf raumordnerische Zielsetzungen nicht Rücksicht, so kann ein
Raumordnungsprogramm als Verordnung eigentlich nichts anderes tun, als eine zusätzliche
Förderung einzuführen, diesmal aber eine raumordnungskonforme. Diese Vorgangsweise hat den
Nachteil, daß dadurch der Katalog an Förderungsmaßnahmen noch weiter vergrößert wird. Mir
erscheint eine solche Lösung deshalb nicht ideal, weil wir heute eher eine Verringerung und
Bereinigung der Förderungsmaßnahmen anstelle der Einführung zusätzlicher Förderungsarten
anstreben sollten. Im Zuge der Raumordnung sollten meines Erachtens die vorhandenen
Förderungen konsequenter auf die Raumordnungsziele ausgerichtet und nur in Ausnahmefällen
zusätzliche Förderungsmöglichkeiten eingeführt werden.
Auch die Novellierung des Nö. Raumordnungsgesetzes aus dem Jahre 1968, für die ein Beamtentwurf
bereits vorliegt, soll dazu beitragen, die Wirksamkeit der Raumordnung in Niederösterreich weiter zu
vergrößern. Derzeit sind sieben Raumordnungsprogramme in Kraft. Die Nö. Landesregierung hat in
ihrer Sitzung vom 3. Dezember 1974 das Raumordnungsprogramm über die Verbesserung der
Grundausstattung in Gemeinden des Grenzlandes bereits beschlossen. Ein weiteres, das den Verkehr
behandelt, wird demnächst dem Raumordnungsbeirat zur Begutachtung vorgelegt werden. Drei
weitere Programme, nämlich die Raumordnungsprogramme für Freizeit und Erholung, für das
Wohnsiedlungswesen und das Schulwesen, befinden sich im Stadium der Fertigstellung bzw. der
Diskussion auf Beamtenebene. Auch das zonale Raumordnungsprogramm Donau befindet sich in
einem fortgeschrittenen Bearbeitungsstadium. Darüber hinaus laufen seit einiger Zeit Vorarbeiten für
die Erstellung von regionalen Raumordnungsprogrammen.
Soll Raumordnung keine Spielwiese für Fachleute bleiben, sondern auf einer breiten Basis der
Mitarbeit möglichst vieler Niederösterreicher vor sich gehen, so müssen wir neben der Schaffung
zusätzlicher Beratungsgremien für die einzelnen Regionen auch für eine verstärkte
Informationstätigkeit über die Raumordnung in unserem Lande sorgen. (Beifall bei der ÖVP.) In
diesem Sinne können wir die Ausstellung „Modernes Land am Strom, Raumordnung in
Niederösterreich“, die vom Mai bis Juli dieses Jahres in Krems an der Donau zu sehen war, als einen
gelungenen Anfang betrachten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch noch einige Worte zum Umweltschutz sagen:
Das am 31. Jänner 1974 vom Landtag verabschiedete Nö. Umweltschutzgesetz hat die rechtliche
Basis für die Arbeiten auf dem Gebiete des Umweltschutzes und der Umweltgestaltung erweitert. Die
in diesem Gesetz vorgesehene Nö. Umweltschutzanstalt hat inzwischen ihre Tätigkeit aufgenommen.
Die konstituierende Sitzung des Kuratoriums hat am 19. November 1974 stattgefunden. Wir werden in
absehbarer Zeit der Öffentlichkeit das Programm dieser Körperschaft des öffentlichen Rechts
vorstellen.
Die wissenschaftliche und technische Aufgabenstellung der Anstalt ermöglicht es, bereits jetzt
konkrete Vorhaben in Angriff zu nehmen. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur auf einige
Projekte der Müllbeseitigung hinweisen, die in ihrer technischen und rechtlichen Konzeption bereits
soweit fortgeschritten sind, daß der Müll aus zahlreichen Gemeinden Niederösterreichs in Kürze
umweltfreundlich beseitigt werden kann. In diesem Zusammenhang sollen auch einmal eindeutig die
Vorstellungen über eine geordnete und damit gefahrlose Müllbeseitigung konkretisiert werden. Bisher
wurde im wesentlichen der Müll ja nur abgeführt und deponiert. Bei vielen kommunalen
Müllbeseitigungen, wie sie derzeit gepflogen werden, sind Mängel festzustellen. Auch die geringe
Anzahl privater Müllbeseitigungen kann in keiner Weise als befriedigend betrachtet werden.
Deswegen soll die Nö. Umweltschutzanstalt sich um die Beseitigungsanlagen in der Weise kümmern,
daß sie nicht nur begutachtet, sondern auch errichtet und betrieben werden. Diese Lösung ist materiell
die wirtschaftlichste und ideell die sicherste. Deswegen wird das Land zumindest einen gleich hohen
Beitrag neben den nach dem Finanzausgleichsgesetz vom Bund dem Land zufließenden Mitteln der
Nö. Umweltschutzanstalt zur Verfügung stellen. Die Gemeinden können die Zweckzuschüsse, die
ihnen nach dem Finanzausgleichsgesetz zugesprochen sind, beanspruchen, wenn sie innerhalb der
gemeinsamen Lösung sich dieser Einrichtung bedienen und die von ihnen geforderte Grundleistung
ebenfalls erbringen.
Zur Vollziehung des behördlichen Teiles des Umweltschutzes sind noch Rechtsvorschriften
erforderlich, die kurz vor ihrer Erlassung stehen. Die Schwierigkeiten dieser Materien und ihre
vielfachen Zusammenhänge erfordern komplizierte legistische Vorarbeiten. Vielleicht bringt uns in
diesem Zusammenhang auch der durch die Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1974 neu geschaffene
Artikel 15 a ein Stück weiter. Dieser Artikel ermöglicht nämlich den Abschluß öffentlich-rechtlicher
Vereinbarungen zwischen dem Bund und den Ländern auf dem Gebiete des Umweltschutzes.
Weiters stehen die Arbeiten zur Erlassung eines Luftreinhaltegesetzes und einer Prüfungsverordnung
für Umweltschutzorgane und einer Prüfungsfibel nach dem Nö. Umweltschutzorganisationsgesetz in
Ausarbeitung. Soweit zu den nächsten Vorhaben auf dem Gebiet der Raumplanung und des
Umweltschutzes.
In Erkenntnis der Bedeutung der Arbeiten und der noch zu setzenden Maßnahmen in diesen
Bereichen wurde auch im Voranschlag 1975 der entsprechende Ansatz um 50°/o auf nunmehr 30
Millionen Schilling erhöht.
Ergänzend darf ich feststellen, daß nunmehr auch das Problem der Erhaltung des Erholungswertes
der die Großstadt Wien umgebenden Gebiete Niederösterreichs in befriedigender Weise gelöst
werden konnte. Die Sicherheitsdirektion für Niederösterreich hat die Statuten des für diese Aufgaben
vorgesehenen Erholungsvereines im September ohne Beeinspruchung zur Kenntnis genommen.
Nach Nominierung der Vertreter beider Bundesländer wird der Verein seine Tätigkeit aufnehmen. Ein
entsprechender Wunschkatalog der Aufgabenstellung liegt bereits vor und wurde diesem Forum zur
weiteren Behandlung zugeleitet. Aufgabe des Erholungsvereines wird es dann sein, Prioritäten zu
setzen, um konkrete Maßnahmen in Angriff zu nehmen. Für diesen Zweck sind in der Gruppe 6 auch
1975 wieder 5 Millionen Schilling vorgesehen.
Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Einer der größten Budgetposten in der Gruppe 6 und im Gesamtbudget sind die Ausgaben für die
Wohnbauförderung. Für das kommende Jahr haben wir hierfür fast 1,52 Milliarden Schilling
präliminiert. Dies sind um 170 Millionen Schilling mehr als im Jahr 1974. Trotz dieses hohen Betrages
wird es gerade auf diesem Sektor im kommenden Jahr zu ernsten Schwierigkeiten kommen. Ein
Großteil der Mittel, die für den großvolumigen Wohnbau vorgesehen sind, ist durch langfristige
Tranchenfinanzierungen gebunden. Allein im kommenden Jahr macht diese Bindung einen Betrag von
683 Millionen Schilling aus.
Eine wahre Flut von Ansuchen Privater um ein Darlehen aus der Wohnbauförderung 1968 ist im
heurigen Jahr bereits eingegangen. Bis Ende Oktober 1974 hat die zuständige Abteilung 3500
Ansuchen für ca. 4000 Wohneinheiten vorgemerkt. Zur Realisierung dieser Wünsche wären nach den
derzeitigen Richtlinien allein 480 Millionen Schilling erforderlich.
Im kommenden Jahr wird für alle ab 1973, also nach der Wohnbauförderungsgesetznovelle,
bewilligten Wohnungen der größte Teil der Endabrechnungen vorgelegt werden. Dies bedeutet, daß
der aliquote Annuitätenzuschuß ausgezahlt werden muß. Dieser Zusahuß bringt wohl eine
vorübergehende Herabsetzung der Wohnungsaufwandbelastung für den einzelnen, belastet aber das
Budget enorm. Derzeit macht diese Belastung rund 5,5% der zur Verfügung stehenden Mittel aus. Die
im Sommer d. J. verfügte Anhebung des Zinssatzes mußte in der letzten Wohnbauförderungsnovelle
ebenfalls ihren Niederschlag finden, so daß wir jetzt schon eine Anhebung des Hypothekarzinsfußes
von 9 auf 11% verkraften müssen. Die Anhebung des Annuitätenzuschusses geht damit Hand in
Hand. Eine Fortsetzung der Wohnbaufinanzierung in dieser Form würde in zehn Jahren bereits 49,3%
der Budgetmittel nur für Annuitätenzuschüsse binden.
In diesem Zusammenhang darf einmal mehr auf die Ungerechtigkeit des Verteilerschlüssels bei der
Wohnbauförderung 1968 hingewiesen werden. Dem Verteilerschlüssel 27,66% für Wien zu 16,68O/o
für Niederösterreich steht ein Einwohnerverhältnis von 21,65% (Wien) zu 18,97% (Niederösterreich)
gegenüber. Niederösterreich hat schon vor längerer Zeit beantragt, diesen Schlüssel u. a. nicht nach
dem Aufkommen an Einkommensteuer, sondern nach dem Stand der Wohnbevölkerung, welche die
Nachfrage repräsentiert, sowie nach dem qualitativen und quantitativen Wohnungsbedarf zu
orientieren. Diese Forderung muß meines Erachtens nach wie vor aufrecht bleiben.
Die allseits bekannte Kostenexplosion auf dem Bausektor sowie die vom Finanzminister verfügte
Kreditrestriktion bringt gerade auf dem Sektor des sozialen Wohnbaues sehr unangenehme Folgen.
Zum Teil werden die Wohnungen durch teure Fremdfinanzierung unerschwinglich, zum Teil sind
solche Fremdmittel von den Wohnbauträgern gar nicht aufzutreiben und der Baufortschritt kommt ins
Stocken. Die ab 1. Jänner 1975 daher in Aussicht genommene Aufstockung der öffentlichen Darlehen
im Rahmen der Wohnbauförderung 1968 auf 60% wird wohl eine Verringerung der Belastung der
einzelnen Wohnungswerber mit sich bringen, auf der anderen Seite jedoch die Dispositionsmöglichkeit
mit den zu erwartenden Budgetmitteln weiter einschränken. Ich sehe daher mit ernster Sorge der
weiteren Entwicklung entgegen.
Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Nun auch einige Worte zum Straßenbau: Im § 13 des Nö. Landesstraßengesetzes aus dem Jahre
1956 wird bestimmt, daß alle Straßen so herzustellen und zu erhalten sind, daß sie von allen
Gattungen von Fahrzeugen und von Fußgängern bei Beachtung der Straßenverkehrsvorschriften und
unter Bedachtnahme auf die Witterungsverhältnisse sowie allfällige Elementarereignisse ohne Gefahr
benützt werden können. Niederösterreich hat das längste Landesstraßennetz unter allen
Bundesländern. Es ist daher nicht leicht, die für die Durchführung des Gesetzesauftrages
erforderlichen Mittel aufzubringen. Material und Arbeitskosten auf dem Bausektor steigen bekanntlich
rascher als andere Kosten. In den Beilagen zur Bundesbudgetrede heißt es: „... obwohl mit Hilfe der
Stabilisierungsbemühungen eine gewisse Beruhigung des Baukostenauftriebes erreicht werden
konnte, liegt die Steigerung des Baukostenindex mit rund 20% noch immer weit über der Steigerung
des Index der Verbraucherpreise.“
Es besteht sohin die eminente Gefahr, daß trotz Bereitstellung höherer Mittel für den Straßenbau
nächstes Jahr nur die gleiche oder sogar eine geringere Leistung als in diesem Jahr erbracht werden
kann, weil die Erhöhung der Kreditansätze von der Kostensteigerung verschlungen wird. Dieser Effekt
wäre mehr als unerwünscht.
Für 1975 werden für den Landesstraßenbau unter Ausklammerung des Personalaufwandes für das
zur Instandsetzung der Straßen eingesetzte Landesstraßenpersonal 723 Millionen Schilling zur
Verfügung stehen. Von dieser Summe entfallen 353 Millionen Schilling auf den ordentlichen Teil des
Voranschlages, 260 Millionen auf den außerordentlichen Teil und 110 Millionen auf den
Stabilisierungsteil. Das sind insgesamt um 126 Millionen mehr als die im Voranschlag für das Jahr
1974 ausgewiesene Summe.
Neben der reinen Straßenbaulast wird die Reorganisation der Straßenverwaltung zügig fortgesetzt.
Zentralisierung der Straßenmeistereien, Ergänzung des Fuhrparks und Einrichtung eines UKWFunknetzes stehen am Programm.
Für den Wasserbau und die Flußregulierung sind 75,5 Millionen Schilling veranschlagt. In diesem
Betrag ist auch die erste Rate des Landesbeitrages zum Hochwasserschutz und Hafenausbau der
Stadt Krems enthalten. Ausgelöst durch den Bau des Donaukraftwerkes Altenwörth mußte von der
Stadt Krems ein Projekt für den weiteren Ausbau des Donauhafens und für den Hochwasserschutz
erstellt werden. Die im Raum Krems notwendig gewordenen Wasserbauten erfordern 42 Millionen
Schilling. Dieser Betrag soll zu 50% aus Wasserbaukrediten des Bundes, zu 30% vom Land
Niederösterreich und zu 20% von der Stadt Krems aufgebracht werden.
Für Wasserleitungs- und Kanalbauten sieht das Budget 1975 einen Beitrag von 48 Millionen Schilling
vor. Sollte der Stabilisierungsteil des Voranschlages freigegeben werden können, stehen für den
Wasser- und Kanalbau noch weitere je 5 Millionen Schilling zur Verfügung.
Die Gruppe 7, Öffentliche Einrichtungen und Wirtschaftsförderung, bringt im ordentlichen Teil des
Voranschlages eine mit 238,6 Millionen Schilling präliminierte Einnahmenerwartung. An Ausgaben
sind im ordentlichen Teil des Voranschlages 777,6 Millionen Schilling, im außerordentlichen Teil 20,4
Millionen Schilling und im Stabilisierungsteil 25,5 Millionen Schilling zu verzeichnen. Schwerpunkte
dieser Gruppe sind das Feuerwehrwesen, die Land- und Forstwirtschaft einschließlich der
Landwirtschaftlichen Schulen sowie die Gewerbe-, Fremdenverkehrs- und Industrieförderung.
Der Anteil der Feuerwehren aus dem dem Lande zukommenden Ertrag aus der Feuerschutzsteuer
wird im Jahre 1975 von bisher 80% auf 85% angehoben. Damit erhöht sich dieser Förderungsbetrag
unter Berücksichtigung des steigenden Ertrages aus der Feuerschutzsteuer gegenüber 1974 um 11
Millionen Schilling und beträgt nunmehr 34 Millionen Schilling. Ein Teil des Mehrerlöses muß
allerdings von der Feuerwehr zur Abdeckung des Beitrages für die 1975 erstmalig zum Tragen
kommende Unfallversicherung der Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren und für Maßnahmen der
„Ölwehr“ im Raum Donau, March und Thaya verwendet werden.
Für die Förderung der Landwirtschaft einschließlich der landwirtschaftlichen Wohnbauförderung
werden im ordentlichen Teil des Voranschlages 259,4 Millionen Schilling und im Stabilisierungsteil 20
Millionen Schilling vorgesehen. Die landwirtschaftlichen Schulen benötigen 1975 für den Personal-
und Sachaufwand 147,3 Millionen Schilling. Für die Einrichtung und den Ausbau dieser Schulen sind
im außerordentlichen Teil des Voranschlages 20,4 Millionen Schilling präliminiert. Darüber hinaus sind
im Stabilisierungsteil weitere 5,5 Millionen Schilling für den Ausbau des Lehr- und Wirtschaftshofes
der Landes-Kursstätte für Obst-, Wein- und Gartenbau in Langenlois präliminiert. An Schul- und
Internatsgebühren erwartet das Land im nächsten Jahr eine Einnahme von 37 Millionen Schilling.
In Weiterführung des heuer angelaufenen fünfjährigen Grenzlandsonderprogramms werden auch
nächstes Jahr wieder 30 Millionen Schilling aus dem Landeshaushalt zur Verfügung gestellt. Weitere
30 Millionen Schilling sollen im Wege des Bundesministeriums f ü r Land- und Forstwirtschaft in das
Grenzland fließen. Förderungsziel des Grenzlandsonderprogramms ist eine Verbesserung der
Lebensbedingungen aller Bevölkerungsschichten in den entsiedlungsgefährdeten Grenzgebieten
unseres Bundeslandes. Im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft kommen insbesondere
Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur, der Produktionsgrundlagen und der
Markterschließung zur Durchführung, Weiters soll die Rationalisierung, Modernisierung und
Marktanpassung der bäuerlichen Betriebe unterstützt werden.
Die Förderungsmaßnahmen der Gruppe 7 werden mit 85,3 Millionen Schilling für die
Gewerbeförderung, mit 78,9 Millionen Schilling für die Fremdenverkehrsförderung und mit 128,1
Millionen Schilling für die Industrieförderung fortgesetzt. Zu bemerken ist, daß sich die Nö.
Kreditbürgschaftsgesellschaft wegen der regen Inanspruchnahme dieser Einrichtung genötigt sieht, ihr
Kapital aufzustocken. Seitens des Landes ist zur Durchführung dieser Maßnahme der Haftungsfonds
um 1,5 Millionen Schilling aufzustocken.
Der Beitrag für die Grenzlandförderung zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen mußte von
bisher 5 Millionen Schilling auf 20 Millionen Schilling aufgestockt werden, da sich diese auf dem
Raumordnungsprogramm für die Gewerbe- und Industrieförderung beruhende Aktion weiterhin großen
Interesses erfreut.
Die aus Haushaltsmitteln erforderliche Ergänzung der zweckgebundenen Haftungsbeiträge von
Industriebetrieben, die für die Beschaffung von Fremdmitteln die Landeshaftung in Anspruch
genommen haben, muß 1975 von bisher 2 Millionen Schilling auf 4,6 Millionen Schilling aufgestockt
werden. Es ist dies die Folge der Illiquidität von Betrieben, für die das Land die Haftung übernommen
hat.
Die Gruppe 8, Wirtschaftliche Unternehmungen und Beteiligungen, weist im ordentlichen Teil des
Voranschlages Einnahmen aus den Beteiligungen des Landes in der Höhe von 1,3 Millionen Schilling
auf. Dem stehen im ordentlichen Teil des Voranschlages Ausgaben von 32,5 Millionen Schilling und
im außerordentlichen Teil von 47,2 Millionen Schilling gegenüber.
Der im ordentlichen Teil des Voranschlages präliminierte Ausgabenbetrag fließt zum überwiegenden
Teil, nämlich mit 30 Millionen Schilling, der NÖSIWAG zur Förderung ihrer Bauvorhaben zu. 2,5
Millionen Schilling dienen der Verlustabdeckung der Nö. Raumordnungs-, Betriebsansiedlungs- und
Strukturverbesserungs-Ges. m. b. H. Im außerordentlichen Teil des Voranschlages sind weitere 10
Millionen Schilling für die Erhöhung des Stammkapitals dieser Gesellschaft präliminiert. Aus diesen
Voranschlagsansätzen könnte man vielleicht den Schluß ziehen, daß dieses Unternehmen eine wenig
erfolgreiche Tätigkeit aufzuweisen hat. Dem ist aber nicht so. Die Gesellschaft wurde 1971 zur
Förderung und Unterstützung von Investoren sowie der niederösterreichischen Gemeinden gegründet.
Sie entfaltete während der kurzen Zeit ihres Bestehens eine intensive Tätigkeit und wird in steigendem
Maße in Anspruch genommen; ein Beweis für die Notwendigkeit dieser Institution.
Schwerpunkte der Tätigkeit bilden die strukturgefährdeten Gebiete Niederösterreichs, und hier vor
allem die Grenzlandgebiete. Neben der Beratungstätigkeit in Standortfragen sowie in finanzieller,
rechtlicher und technischer Hinsicht beschäftigt sich die Gesellschaft derzeit auch mit der Erfassung
und Prüfung möglicher Betriebsstandorte in Niederösterreich. Sie erstellt in Zusammenarbeit mit den
Gemeinden und den Abteilungen der Gruppe Raumordnung und Umweltschutz Flächenverwendungsund Aufschließungspläne für Betriebsansiedlungsgebiete, welche als Einzelstandorte oder für
Betriebskonzentrationen geeignet sind. Die Arbeitsmarktsituation wird dabei ebenfalls untersucht.
Die Betriebsflächenplanungen werden in Übereinstimmung mit den regionalpolitischen Zielsetzungen
des Landes sowie der örtlichen Raumplanung der Gemeinden durchgeführt. Besonders wird auf eine
strikte Trennung von Wohn- und Betriebsgebieten geachtet, wie überhaupt an den Umweltschutz
strenge Maßstsbe angelegt werden.
Der umfangreiche Aufgabenbereich konnte seit Gründung in großem und steigendem Ausmaß
wahrgenommen werden. Bis jetzt haben schon weit mehr als 100 Unternehmen die Dienste der
Gesellschaft in einschlägigen Fragen in Anspruch genommen.
Zu erwähnen wären noch die Vorarbeiten für den Industriepark Zwettl und das künftige IndustrieZentrum Nö.-Nord in Wolkersdorf. Mit Blickrichtung auf die Fertigstellung des Rhein-MainDonaukanals kommt im niederösterreichischen Donaubereich der Stadt Krems besondere Bedeutung
zu. Dort sind deshalb in Verbindung mit dem bereits bestehenden Donauhafen, der - wie bereits
erwähnt - jetzt ausgebaut und erweitert werden soll, Planungen für eine große Hafen- und
Industriezone Krems, an welcher die Gesellschaft maßgeblich mitwirkt, in Vorbereitung.
Wegen des sachlichen Zusammenhanges hier auch einige Worte zum Industrie-Zentrum Nö.-Süd:
Das Industrie-Zentrum Nö.-Süd ist das derzeit bedeutendste Betriebsansiedlungsvorhaben des
Landes Niederösterreich. Auf einer voll aufgeschlossenen Fläche von mehr als 250 ha entsteht hier
der erste, mit allen erforderlichen Dienstleistungs- und Sozialeinrichtungen ausgestattete Industriepark
Usterreichs. Das Industrie-Zentrum Nö.-Süd hat keine vergleichbaren Vorbilder. 45 Betriebe der
verschiedensten Branchen mit 3000 Beschäftigten wurden bereits angesiedelt. Bisher investierte
Anlagenwerte: 1,5 Milliarden Schilling. Zeitgemäße Erkenntnisse und Erfahrungen auf
betriebsökonomischem, technologischem und soziologischem Gebiet liegen der Konzeption des
Industrie-Zentrums Nö.-Süd zugrunde.
Für Betriebe, welche keine Grundstücke erwerben und Anlagen errichten wollen, stellt das IndustrieZentrum Nö.-Süd genormte Betriebsanlagen auf Mietbasis zur Verfügung. Bis jetzt haben
sich im Industrie-Zentrum Nö.-Süd bereits neun Unternehmen angemietet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Von den im außerordentlichen Teil des Voranschlages für die Aufstockung von Beteiligungen des
Landes vorgesehenen Beträgen ist vielleicht der Beitrag für die Instandsetzung der Schloßanlage in
Laxenburg in der Höhe von 3,2 Millionen Schilling hervorzuheben. Es handelt sich hier nicht um die
Erhöhung einer Gesellschaftseinlage, sondern um einen Baukostenzuschuß, der zum weiteren
Ausbau des Schlosses Laxenburg für Zwecke des Institutes für angewandte Systemanalyse - kurz
IIASA genannt - dienen soll. Die Kosten der zweiten Ausbaustufe, die in den Jahren 1975 und 1976
erfolgen soll, belaufen sich auf 32 Millionen Schilling. Der Betrag wird zu 60% vom Bund und zu je
20% von Niederösterreich und Wien bestritten. Das Institut hat bekanntlich in Laxenburg den Betrieb
bereits aufgenommen. Die bisher adaptierten Räume werden ständig von Wissenschaftlern und deren
Hilfskräften aus aller Welt bevölkert. Zur Zeit arbeiten dort über 250 Personen. Der gute Ruf des
Institutes und seine internationale Bedeutung rechtfertigen - glaube ich - die Bereitschaft des Bundes
sowie der Länder Niederösterreich und Wien, für die Instandsetzung des Sitzes dieser Einrichtung die
erforderlichen Mittel gemeinsam auf zubringen.
Ferner ist darauf hinzuweisen, daß im nächsten Jahr die vom Bund und dem Land Niederösterreich zu
gründende Grenzland Ges. m. b. H. ihre Tätigkeit aufnehmen wird. Die Gesellschaftsgründung beruht
auf dem Ergebnis der im Rahmen der Grenzlandförderung zwischen dem Bund und dem Land
Niederösterreich geführten Verhandlungen. Die Stammeinlage beläuft sich auf 10 Millionen Schilling.
Aufgabe dieser Gesellschaft ist es, die vom Bund und vom Land für die Entwicklung der
Grenzlandgemeinden bereitgestellten Mittel optimal einzusetzen. Das Land Niederösterreich hat für
die Grenzlandgemeinden im Frühjahr dieses Jahres eine nicht zu unterschätzende Vorleistung im
Ausmaß von 24 Millionen Schilling erbracht. Auch 1975 wird in der Gruppe 9 ein weiterer Zuschuß von
25 Millionen Schilling flüssiggemacht. Die Bereitstellung aufgeschlossener Industriegründe in Laa a. d.
Thaya und Hollabrunn stellt noch eine zusätzliche Grenzlandförderungsmaßnahme des Landes
Niederösterreich dar. (Beifall bei der ÖVP.)
Die Gruppe 9, Finanz- und Vermögensverwaltung, muß auf ihrer Einnahmenseite den Großteil der
Mittel ausweisen, die zur Bedeckung der Ausgaben des Voranschlages benötigt werden.
Dementsprechend wird im ordentlichen Teil des Voranschlages eine Einnahmenerwartung von 5,4
Milliarden Schilling ausgewiesen. Im außerordentlichen Teil sind es 305 Millionen Schilling, wovon um es gleich vorwegzunehmen - 304,5 Millionen Schilling aus dem Einnahmenüberschuß des ordentlichen Teiles des Voranschlages stammen
und zur teilweisen Abdeckung der Ausgaben des außerordentlichen Haushaltes dienen sollen. Es
handelt sich sohin hier eigentlich um keine echte Einnahme, sondern um die Darstellung einer
haushaltsmäßigen Transaktion.
Ausgaben scheinen nur im ordentlichen Teil auf und sind mit 1,16 Milliarden Schilling präliminiert.
Die bedeutendste Einnahmenquelle der Länder sind zum Unterschied von Bund und Gemeinden
ausschließlich die Anteile an den sogenannten gemeinschaftlichen Bundesabgaben, auch
Ertragsanteile genannt. Aus den Ertragsanteilen muß über ein Drittel der Ausgaben gedeckt werden.
Zur leichteren Einschätzung dieser Einnahmen werden von der Verbindungsstelle der Bundesländer
dankenswerter Weise schon frühzeitig Berechnungen angestellt und das Ergebnis vor Erstellung der
Länderbudgets den Finanzverwaltungen mitgeteilt.
Auch der Herr Finanzminister läßt natürlich als Grundlage für seine Einnahmenerwartungen durch den
Finanzapparat Einnahmenschätzungen durchführen. Diese Zahlen werden aber frühestens am Tag
der Budgetrede im Parlament bekannt. Zu diesem Zeitpunkt ist es für die meisten Länder schon zu
spät, von diesem Material Gebrauch zu machen. Nach den Erfahrungen des letzten Jahres kann das
aber auch gar nicht empfohlen werden, denn die Schätzung der Einnahmenerwartung erfolgt vom
Finanzministerium derart optimistisch, daß die Übernahme der Bundesprognose das Risiko arger
Enttäuschungen im Laufe eines Budgetjahres in sich birgt. (Landeshauptmannstellvertreter Czettel:
Zwei Milliarden!)
So liest man in verschiedenen Zeitungen, daß sich das Finanzministerium bei der Schätzung der
Eingänge aus der Mehrwertsteuer für das Jahr 1974 arg verrechnet hat. Die Mehrwertsteuer stellt
aber mit einer Beteiligungsquote der Länder von 18,3% im Hinblick auf die Ertragshöhe den
bedeutendsten Quotienten der Ertragsanteile dar.
In der Feiertagsnummer der „Presse“ vom 25., 26. und 27. Oktober 1974 konnte man als makaberen
Beitrag zum Staatsfeiertag unter der Überschrift „über den Daumen gepeilt“ aus der Feder des
Wirtschaftsjournalisten Karl Graber unter anderem folgendes lesen: „Tatsächlich scheint die
Einnahmenschätzung ziemlich optimistisch angesetzt zu sein. Abermals läßt nämlich die
Mehrwertsteuer mit allen ihren Komponenten aus. Laut Bundesvoranschlag sollte die Mehrwertsteuer
heuer runde 53 Milliarden Schilling abwerfen - um über 81% mehr als im Voranschlag und um fast
480/0 mehr, als 1973 tatsächlich eingegangen sind. Bis Ende August sind aber nur 31,2 Milliarden
Schilling hereingekommen, und es müßte ein wahres Wunder geschehen, wenn im letzten
Jahresdrittel nochmals mehr als 20 Milliarden (!) Mehrwertsteuerertrag in die Bundeskassen fließen
sollten.
Niemand scheint an ein solches Wunder zu glauben; vielmehr wird angenommen, daß der Ertrag der
Mehrwertsteuer um rund 4 Milliarden Schilling hinter dem Voranschlag zurückbleiben werde.“
Die niederösterreichische Finanzverwaltung stellt daher, gestützt auf die Angaben der
Verbindungsstelle der Bundesländer, immer eigene Berechnungen an. Die auf Niederösterreich
entfallenden Ertragsanteile für das Jahr 1975 finden Sie im Voranschlag mit 4,18 Milliarden Schilling
eingesetzt. Die Berechnung basiert auf dem voraussichtlichen Rechnungsergebnis des Jahres 1974
und einem Zuschlag von 10%. Dieser Betrag liegt geringfügig über der Schätzung der
Verbindungsstelle, aber unter der Schätzung des Finanzministers. Der im Voranschlag eingesetzte
Betrag nimmt Bedacht auf die von mir schon eingangs erwähnten Ausfälle auf Grund der
Einkommensteuerreform unter gleichzeitiger Berücksichtigung des Anwachsens anderer
Steuererträge, die Bestandteile der gemeinschaftlichen Bundesabgaben sind. Eine übersicht über die
von der Finanzverwaltung nächstes Jahr erwarteten Anteile an den einzelnen Abgaben finden Sie auf
Seite 57 der Erläuterungen zum Voranschlag.
Auf der Einnahmenseite der Gruppe 9 wird Ihnen vielleicht das starke Ansteigen der Zinsenerträge
auffallen. Es ist dies eine Folge der kräftigen Anhebung des Zinsenniveaus. Sie finden aber auch auf
der Ausgabenseite ein ebenso kräftiges Ansteigen der Zinsenlast vor. Bekanntlich sind ja die
Zinssätze für Kredite stark angestiegen, wozu noch kommt, daß auch die alten Darlehen aufgezinst
werden mußten. Das Ansteigen der Tilgungspost ist auf die Rückzahlungsverpflichtung aus der
Landesanleihe 1974 zurückzuführen.
Die Einnahmen aus den Zweckzuschüssen des Bundes gemäß § 18 des Finanzausgleichsgesetzes
1973 sind in ihrer Höhe fast !gleich geblieben. Nur der Zweckzuschuß für den Pflichtschulbau steigt
um S 880.000,- an. Auch der Zweckzuschuß für die Anschaffung von Katastropheneinsatzgeräten der
Feuerwehren wird um S 500.000,- angehoben.
Auf der Ausgabenseite entfallt nächstes Jahr die Landesgrundleistung für die Förderung von
wirtschaftlich entwicklungsbedürftigen Gebieten als Folge des neuen Finanzausgleiches. Der
Nachweis der Grundleistung des Landes, die nunmehr die gleiche Höhe wie der Bundeszuschuß
aufweisen muß, erfolgt durch Anrechnung entsprechender Ausgaben des Landeshaushaltes in den in
Frage kommenden Voranschlagsgruppen.
Den finanziellen Schwierigkeiten des Gemeindeinvestitionsfonds Rechnung tragend, wurde der
Zuschuß des Landes zum Zinsendienst des Fonds verdoppelt und beträgt nunmehr 10 Millionen
Schilling.
Als Strukturhilf e wird den Grenzlandgemeinden nach den Grundsätzen des
Raumordnungsprogramms - wie schon erwähnt - ein Zuschuß von 25 Millionen Schilling zufließen. Ich
darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß der Name „Gemeinden“ manchen vielleicht im
Landesvoranschlag zu wenig oft vorkommt und doch kann ich Ihnen versichern, der Schein trügt. Ich
habe eine Zusammenstellung machen lassen, welche Mittel aus dem Landesbudget des Jahres 1974
mittelbar oder unmittelbar den Gemeinden zugeflossen sind. Es ergibt dies die stattliche Summe von
rund 1 Milliarde Schilling. (Beifall bei der ÖVP.) Die stärksten Positionen sind hierbei die Zuschüsse
des Landes an den Schul- und Kindergartenfonds, die Zuschüsse für die Krankenanstalten, für den
Fremdenverkehr in den Gemeinden, für die Landes-Finanzsonderaktion.
Diese beachtlichen finanziellen Leistungen mögen berücksichtigt werden, bevor leichthin behauptet
wird, das Land unterstütze seine Gemeinden zu wenig. Gewiß werden durch die den Gemeinden vom
Lande direkt oder indirekt zufließenden Mittel noch nicht alle Probleme gelöst werden können. Ich
denke da nur etwa an die drückende Schuldenlast zahlreicher Gemeinden. Es ist dies ein Problem,
das nicht auf Niederösterreich allein beschränkt bleibt. Grundsätzlich sollten ja die Gemeinden auf
Grund des Finanzausgleiches die Mittel in ausreichendem Maße zur Verfügung erhalten, die sie zur
Bewältigung ihrer Aufgaben unbedingt benötigen.
Auch der Bund kann sich meines Erachtens aus dieser Sache nicht ganz heraushalten. Es wäre glaube ich - nicht zielführend, jetzt rasch vor den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich eines
billigen Effektes wegen irgendwelche unzureichenden Maßnahmen zu treffen. Erforderlich erscheint
vielmehr die Ausarbeitung eines sinnvollen Konzeptes, an dessen Erstellung Bund, Länder und
Gemeinden mitzuarbeiten hätten. (Beifall bei den Abgeordneten der ÖVP.)
Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren!
Erlauben Sie mir, zum Schluß Paul Valkrys, einen französischen Dichter und Philosophen dieses
Jahrhunderts, zu zitieren. Er sagte: „Politik ist nicht die Kunst des Möglichen; Politik ist die Kunst, das
Notwendige möglich zu machen.“
Von dieser Maxime ist das Ihnen vorliegende Budget bestimmt. Es war leider nicht möglich und wäre
in der gegenwärtigen Situation unserer Wirtschaft auch gar nicht richtig, alle Wünsche zu erfüllen;
aber das, was notwendig ist, wird mit den aus diesem Budget fließenden Mitteln ermöglicht werden.
Studieren Sie diesen Voranschlag sorgfältig, machen Sie von den dem Voranschlag beigegebenen
Behelfen Gebrauch. Wenn Ihnen das reine Ziffernoperat und die knappe Formulierung der
Voranschlagsansätze zu wenig aussagt, greifen Sie zu den ,,Erläuternden Bemerkungen", sehen Sie
sich auch die Untervoranschläge und Zusammenstellungen, die der Anhang zum Voranschlagsband
enthält, genau an.
Wie immer, werden Sie auch, verehrte Damen und Herren, einen Kraftfahrzeugsystemisierungsplan
vorfinden und als drittes Heft wird mit dem Voranschlag auch der Dienstpostenplan des Landes für
das Jahr 1975 vorgelegt.
Die Vorbereitungsarbeiten für die Erstellung des Voranschlages haben viel Zeit und Mühe erfordert.
Das Setzen erfolgte in der Hausdruckerei. Diese Arbeit erfordert große Genauigkeit; der Ausdruck des
Voranschlages erfolgte heuer in einer von der Hausdruckerei eingelegten Nachtschicht, um die voraus
bestimmten Termine auf alle Fälle einhalten zu können. Schließlich muß die Buchbinderei noch Zeit
zum Zusammenlegen und Binden der Voranschlagshefte haben. Ich danke daher allen Beamten des
Hauses, der Finanzverwaltung, der Hausdruckerei und der Buchbinderei für ihren selbstlosen Einsatz.
(Beifall bei der ÖVP.) Mein besonderer Dank gilt, wie in jedem Jahr, Herrn Vortr.-Hofrat Dr. Riemer
und Herrn Inspektionsrat Krebs sowie Herrn Oberregierungsrat Dr. Wöber.
Ich danke vor allem aber auch meinen Kollegen in der Landesregierung für ihr Verständnis für die
gegebene Situation. Die Budgetgespräche erfolgten auf Regierungsebene in amikaler und sachlicher
Atmosphäre. Nicht zuletzt möchte ich aber auch den Mitgliedern des Finanzausschusses für die
sachkundige Erörterung des Voranschlages in der Ausschußsitzung danken.
Ich bitte Sie, sehr geehrter Herr Präsident, nunmehr die Debatte über die Budgetvorlage zu eröffnen
und Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, um eine sachbezogene Debatte und um Ihre
Zustimmung zum Voranschlag für das Jahr 1975. (Anhaltender Beifall bei den Abgeordneten der
ÖVP.)
PRÄSIDENT DIPL. ING. ROBL: Ich eröffne die Generaldebatte und erteile als erstem Redner dem
Herrn Abg. Dr. Brezovszky das Wort.
Abg. Dr. BREZOVSZKY: Hohes Haus! Sehr verehrte Damen und Herren! Vorerst möchte ich meinem
Bedauern Ausdruck geben, daß Ihre Klubkollegin, die Abgeordnete Kirchmair, durch einen
bedauerlichen Unfall heuer verhindert ist, an der Budgetdebatte teilzunehmen, und wir entbieten ihr
die besten Genesungswünsche. (Beifall im Hause.)
Der Berichterstatter und der Herr Landesfinanzreferent haben sehr viele Zahlen gebracht, so daß ich
es mir als Generalredner der sozialistischen Fraktion ersparen kann, Sie mit vielen Zahlen zu
belästigen. Wir haben heute, glaube ich, den längsten Spezialdebattenredner und den polemischesten
Landesfinanzreferenten der letzten Jahre gehört. (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Wieso denn
das?) Er hat gegen den Bund in einer Weise polemisiert, als würden im Februar/März die
Nationalratswahlen vor der Tür stehen. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Sie werden sich noch etwas
gedulden müssen. (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Stimmt es nicht? - Abg. Anzenberger: Um
so besser!) Es war auch bezeichnend, daß der Herr Landesfinanzreferent gegen die Bundesregierung
polemisiert und in einem Atemzug eine Reihe von Bundesleistungen an das Land Niederösterreich
angeführt hat, von denen wir sehr froh gewesen wären, wenn die damalige Bundesregierung in den
Jahren 1966-1970 unserem Bundesland Niederösterreich so geholfen hätte. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich glaube nicht, daß das jener Stil ist, der dem entspricht, was man sich so sehnsüchtig auf der
anderen Seite wünscht, daß man nämlich so bald als möglich auch auf Bundesebene wieder eine
große Koalition hat. Denn eines, glaube ich, können wir als Niederösterreicher feststellen: soviel wie in
den letzten fünf Jahren wurde unserem Bundesland noch nie geholfen. Ich werde Ihnen das auch
beweisen. (Zwischenruf bei der ÖVP: Ich höre es!) Der Traum vom goldenen Zeitalter gehört seit jeher
zu den großen Sehnsüchten der Menschen. Für den Landesfinanzreferenten von Niederösterreich
waren gerade die letzten fünf Jahre so ein goldenes Zeitalter, denn er bekam vom
Bundesfinanzminister nahezu 3 Milliarden Schilling mehr zugewiesen, (Abg. Anzenberger:
Inflationsschillinge!) als er jeweils in den Landesvoranschlägen aufgenommen hat, und bei den
Rechnungsabschlüssen haben wir immer wieder feststellen können, daß jene Ziffern, die wir hier bei
der Budgetdebatte bezüglich der Bundesertragsanteile bekanntgegeben haben, eher gestimmt haben
als jene Angaben, die der Herr Landesfinanzreferent im Einnahmenteil des Landesvoranschlages
ausgewiesen hat.
Auch, für das kommende Jahr hat der Herr Landesfinanzreferent zugeben müssen, daß im
Bundesfinanzgesetz wieder um 400 Millionen Schilling mehr an Bundesertragsanteilen ausgewiesen
sind, als heuer im Landesvoranschlag aufscheinen. Ich glaube auch nicht, daß sich viel daran ändern
wird, wenn man der Verschiebung der Eingänge bei der Mehrwertsteuer Glauben schenken darf. Der
Grund besteht darin, daß die Firmen heuer zahlreiche Großbauvorhaben nicht abgerechnet haben
und erst nach deren Endabrechnung verpflichtet sind, die Mehrwertsteuer an die Finanzämter
abzuführen. (Abg. Anzenberger: Der Finanzminister hat es gestern anders gesagt!) Es wird, wenn
diese Annahme zutrifft, dann sicherlich wieder dazu kommen, daß der Herr Landesfinanzreferent beim
Rechnungsabschluß wird zugeben müssen, daß wieder mehr Geld gekommen ist, als er sich in
seinen kühnsten Träumen erhofft hat.
Als der gegenwärtige Landesfinanzreferent vor sechs Jahren seine Funktion angetreten hat, konnte
man ihn mit einer historischen Gestalt vergleichen, mit dem „Friedel mit der leeren Tasche“. Es war
dies zu einer Zeit, als wir alle unter einer „verschmitzten“ Finanzpolitik zu leiden hatten, in der Folge
Opfer dieser verfehlten Finanzpolitik von Dr. Schmitz wurden und auch Opfer der Korenschen
Wurzenpolitik auf dem Steuersektor waren. (Heiterkeit bei der ÖVP. - Abg. Anzenberger: So etwas!)
Wir erinnern uns noch daran, daß der damalige Landesfinanzreferent immer wieder darauf hinweisen
mußte, daß es leider weniger Einnahmen gegeben hat und die Wirtschaftssituation in Niederösterreich
und in ganz Österreich durch eine Rezession gekennzeichnet war. Es war dann in der Folge nicht
verwunderlich, daß die Landesverschuldung auf Grund dieser Rezession, auf Grund der
Wirtschaftspolitik der ÖVP-Alleinregierung innerhalb von wenigen Jahren stark angestiegen ist und
45% des Landesbudgets ausgemacht hat.
Erst 1970, als „Hannes der Münzreiche“ (Heiterkeit bei der ÖVP) sein Amt angetreten hat, füllten sich
die leeren Taschen des Landesfinanzreferenten von Niederösterreich, denn er hat ihm eben jährlich
allein bei den Bundesertragsanteilen um rund 500 Millionen Schilling mehr zugewiesen, als er sich
erhofft hat. Und in der Folge konnte auch der Landesfinanzreferent eine Finanzpolitik einleiten, deren
er sich heute hier gerühmt hat. Der Schuldenberg, der durch die Sanierung der NEWAG und NIOGAS
angewachsen ist, wurde abgebaut. Es wurden die Landesgesellschaften saniert, und auch - wir stellen
das im heurigen Landesvoranschlag fest - die Landesfinanzen sind weitgehend saniert worden. Wir
haben nur mehr einen 12%igen Anteil am Gesamtbudget, was den Schuldenberg anbelangt. überdies
konnte Niederösterreich mit Hilfe dieser 3 Milliarden Schilling an Ertragsanteilen, die der
Bundesfinanzminister zusätzlich dem Land Niederösterreich zugewiesen hat -, um wieder historisch
zu vergleichen und wieder beim „Friedel mit der leeren Tasche“ zu enden - mehr als ein „Goldenes
Dachl“ bauen.
Einen besseren Beweis für eine gute Finanz- und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung Kreisky und
Androsch als das Landesbudget gibt es an sich nicht, wenn man bedenkt, daß der
Landesfinanzreferent nur für 1% der Einnahmen aus Landessteuern, und zwar in der Höhe von rund
127 Millionen Schilling - das ist ein Bruchteil der Einnahmen von 11.102,000.000 Schilling - zu sorgen
hat, während ihm den größten Teil eben der reiche Kollege aus der Himmelpfortgasse besorgte. (Abg.
Anzenberger und Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Steuerträger!) Er muß diese Steuern
einbringen, und das eine Prozent, für das der Landesfinanzreferent aufzukommen hat, muß eben der
Landesfinanzreferent besorgen. (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Warum hat denn Wien so
große Schwierigkeiten?) Im übrigen muß der Steuerträger vom Bundesfinanzreferenten gebeten
werden, (Unruhe. - Präsident Dipl. Ing. Robl gibt das Glockenzeichen.) diese Mittel zum Wohle der
Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. Der Finanzminister steckt sie ja nicht ein, er gibt sie zum
Großteil wieder an die Länder weiter, (Heiterkeit bei der ÖVP) - Gott sei Dank haben wir diesen
Landesfinanzreferenten und nicht einen anderen -, so daß wir sagen können, daß die Hauptsorge und
die Hauptverantwortung für die positive Einnahmenentwicklung eben die Wirtschaftspolitik der
Bundesregierung und damit auch der Bundesfinanzminister trägt. (Landeshauptmannstellvertreter
Ludwig: Kollege, aber auch in Wien und Kärnten und bei unseren Gemeinden!)
Der Hinweis auf die Inflationsrate kann diese Erfolge kaum mindern. Wenn man die weltweiten
Preissteigerungen auf dem Rohstoffsektor, wie beim Rohöl und bei allen übrigen Rohstoffen bis zu
400%, in Betracht zieht - wer heute früh im Morgenjournal genau zugehört hat, der konnte hören, daß
Österreich zu den drei Ländern mit der geringsten Preissteigerungsrate gehört -, vor allem aber einen
Vergleich mit der Wirtschaftspolitik konservativer Regierungen in aller Welt anstellt, dann glaube ich,
kann man von einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung sprechen.
(Landeshauptmannstellvertreter Ludwig und Abg. Anzenberger: Deutschland! Schweden! England!
Sind das konservative Regierungen?) Aber, Herr Kollege Anzenberger, die Konservativen mußten in
England eine schwere Niederlage einstecken, weil sie die Preissteigerungen verschuldet haben, und
daß die kommende Regierung dann mit diesen Problemen belastet ist, das wissen Sie selbst! Denn
wenn Sie als Bauer eine verluderte Wirtschaft übernehmen, dann brauchen Sie auch Jahre, bis diese
wieder in Schuß gebracht wird. (Abg. Anzenberger: Es wurden gute Wirtschaften übernommen, die
jetzt verludert sind!)
Wenn wir in Österreich die Entwicklung der Spareinlagen von 1969 betrachten, als Koren seine
Wurzenpolitik betrieb, dann können wir feststellen, daß sich die Österreicher nur 113 Milliarden
Schilling auf das Bankkonto legen konnten. Und seitdem eine andere Finanzpolitik gemacht wird, ist
der Anteil der Spareinlagen auf 218 Milliarden Schilling gestiegen- das ist nahezu das Doppelte. Wir
alle wissen, daß die Preissteigerungsraten in den letzten Jahren nicht einmal ein Viertel ausgemacht
haben. (Abg. Kienberger: Immer dieselbe Inflation!)
Schauen Sie, Sie haben ja gar kein anderes Argument und müssen sich halt irgendwie an einen
Strohhalm klammern, aber am 23. Juni hat Ihnen nicht einmal dieser Strohhalm geholfen. Warten wir
erst die nächste Nationalratswahl ab, dann werden wir sehen! (Abg. Anzenberger: Deswegen sind alle
Wahlen zugunsten der SPÖ ausgegangen!)
Ich glaube, daß für den Österreicher entscheidend ist, daß er in den letzten 5 Jahren eine bedeutende
Steigerung seines Lebensstandards erfahren hat, sein Einkommen überdurchschnittlich gestiegen ist
und er in der Lage war (Abg. Romeder: Da fragen wir einmal die Bauern!), 218 Milliarden Schilling
zum Nutzen der Wirtschaft auf den Bankkonten liegen zu lassen. Wenn Sie von den Bauern reden,
Herr Kollege Romeder, sicherlich gibt es Bauern, die auf Grund verschiedener Umstände (Abg.
Romeder: Verschuldet von der Regierung!) nicht in der Situation sind, wie wir sie alle wünschen.
Sicherlich, verschuldet durch die konservative Regierung von 1945 bis 1970! (Abg. Romeder: Wir
haben ja Hannes den Münzreichen!) Ich kann Ihnen aber eines sagen, Herr Kollege Romeder: Im
Marchfeld waren die Bauern noch nie so zufrieden wie im heurigen Jahr. Und ich kann Ihnen auch
sagen, daß die Bauern in meiner Heimatgemeinde allein in diesem Jahr 20 Hektar Grund gekauft und
das Geld sofort auf den Tisch gelegt haben, weil wir dieses sehr dringend benötigt haben. (Abg.
Romeder: So ein Fall ist nicht durchschnittlich!) Ich glaube nicht, daß Sie auf die Dauer Waldviertler
Bauern auf 600 bis 700 m Seehöhe mit anderen Bauern gleichstellen können. Man wird sich vielleicht
doch einmal über den interlandwirtschaftlichen Einkommensausgleich Gedanken machen müssen.
Vielleicht wird auf diesem Sektor noch etwas drinnen sein, um jenen Bauern, jenen Landwirten, und
jenen Großgrundbesitzern zu helfen, die eben auf Grund der Kleinheit ihrer Landwirtschaft nicht in der
Lage sind, denselben Lebensstandard zu haben wie anderswo. (Abg. Romeder: Wo ist das Konzept
der Regierung, um zu helfen?)
Im übrigen glaube ich, daß es hauptsächlich inländische Kritiker sind, die aus sehr durchsichtigen
Gründen ununterbrochen alles, was diese Bundesregierung macht, für schlecht halten (Abg.
Anzenberger: Wie die Sozialisten die Regierung 1966 bis 1970!), und daß es im Ausland objektive
Betrachter gibt, die Usterreich das beste Zeugnis ausstellen. Der letzte, Herr Kollege Romeder, war
der Generalsekretär der CDU, Biedenkopf, der in der Hofburg bei dem Thema Tabakkonsortium die
österreichische Wirtschaftspolitik sehr gelobt hat - sehr zum Mißfallen des dort anwesenden Dr.
Schleinzer, der danach etwas saurer dreingesehen hat als vorher. (Heiterkeit bei der ÖVP.)
Ich brauche da nur den Landesfinanzreferenten von Niederösterreich anschauen, der in den letzten
fünf Jahren trotz der Bürde seines Amtes als Landesfinanzreferent von Niederösterreich immer
beruhigend aussieht. Offensichtlich ist die Belastung, die ihm die Bundesfinanzpolitik bereitet, nicht
besonders groß. Wir freuen uns, daß er sich auch nach fünfjähriger sozialistischer Finanzpolitik bei
guter Gesundheit befindet. (Beifall bei der SPÖ.)
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, darf ich, weil ich gerade vor wenigen Tagen aus
einem bestimmten Anlaß ein Buch geschenkt bekommen habe, das mich sehr interessiert hat und das
ich in einer Nacht ausgelesen habe, auch ein offenes Wort sagen. Es gibt Dinge, die gesagt werden
müssen. Was es vor allem zu lernen gibt, ist das, daß wir uns immer und überall rechtzeitig die volle
Wahrheit sagen. Das sagt ihr ehemaliger Vizekanzler Dr. Withalm. Wir können eines feststellen: daß
(Abg. Anzenberger: Jetzt lobt er ihn schon! Heiterkeit bei der ÖVP.) er gehen mußte, dazu haben Sie
ihn gezwungen und nicht wir. Aus einem „Friedel mit der leeren Tasche“ ist aber auf einem anderen
Gebiet ein „Sonnenkönig Ludwig von Perchtoldsdorf“ herangewachsen (Abg. Anzenberger: Jetzt
haben wir schon einen zweiten Sonnerzkönig! - Heiterkeit.), der heute bereits mehr Machtpositionen
innehat als „Viktor der Mächtige“ in seiner Glanzzeit, der dann 1966 vom hohen Roß mußte. Er ist
inzwischen Landesfinanzreferent - ich bin beim jetzigen Landesfinanzreferenten -,
Landeshauptmannstellvertreter, Präsident der NIOGAS und Obmann der ÖAAB-Landesbediensteten
geworden. Diese Machtfülle hatte noch kein niederösterreichischer Landespolitiker auf sich vereint,
wenn man noch die Superkompetenz als Landesfinanzreferent, als Raumplaner, als Umweltschützer,
als Industrieansiedler und noch (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Ich bin nicht zuständig, ich
bin nur Gesellschaftsvertreter!) und noch in Betracht zieht. Sicherlich, diese Machtfülle wurde von
seinen Regierungskollegen mitgemaurert und zugeschneidert (Heiterkeit im Hause), und wir sind nur
neugierig, wie sich der Dritte im Bunde in Zukunft wird verhalten müssen, wenn einmal der ÖAAB
verlangen wird, daß der „Matthias-Corvinus-Becher“ mit Macht gefüllt (Heiterkeit bei der ÖVP) an
dieses Reich des Sonnenkönigs auch
noch übergeben werden muß. Aber in Niederösterreich weiß man nie, wie sich die Dinge abspielen.
Ich will nur über die finanzielle, wirtschaftliche und politische Lage berichten, das gehört wohl anläßlich
der Generaldebatte dazu. Man kann nie sagen, wie sich die Dinge entwickeln werden, denn wir alle
wissen, daß in Niederösterreich von Zeit zu Zeit Ritterspiele veranstaltet werden. Sie haben nur eine
Ähnlichkeit mit den Pradler Ritterspielen, und da weiß man auch nie, wer jeweils die Hauptrolle spielt,
wenn der Ritter Kunibert kommt (Heiterkeit bei der ÖVP.)
Wir haben in den letzten Jahren festgestellt, daß eine Reihe von Funktionären schriftlich - diese
Unterlagen liegen uns vor - geschildert haben, wie sich diese Spiele zugetragen haben: wer die
jeweilige Hauptrolle spielen mußte, und wer dann die jeweilige Hauptrolle oder größere Rolle bei den
Oberlebenden gespielt hat. (Abg. Anzenberger: Da ist es kein Wunder, daß die Partei die Wahl
verliert!) Bundesrat Kaspar, Landesrat Roman Resch, Oberregierungsrat Weißensteiner und
Bürgermeister Dr. Wedl haben schriftlich über das Demokratieverständnis in der Mehrheitspartei, über
die politische Moral, über die Kameradschaft, über den Rechtsstaat, über die Verfahren, die bei der
Behandlung all dieser Dinge eingehalten werden, sehr ausführlich berichtet.
Und wir alle wissen, daß das alles ein Mann, der Ihnen viele Jahre seines Lebens sehr ergeben
gedient hat, in einem offenen Brief dargestellt hat, und der die Frage, die Gretchenfrage: „Ist die
Österreichische Volkspartei eine demokratische Partei?“, an die Spitze stellt. Ich will aber diese Leute
nicht besonders erwähnen und möchte Sie (Heiterkeit bei der ÖVP) mit einem viel besseren Zeugen
konfrontieren, mit einem Mann, der in der aktiven Politik steht und der, nachdem er noch im Parlament
ist, nachdem er Vizekanzler, Generalsekretär, Klubobmann und so weiter war, wirklich auch für Sie ein
völlig unverdächtiger Zeuge sein müßte. Ich habe seine beiden Bücher, seine Aufzeichnungen und
seit Sonntag auch die Antworten sehr interessiert und sehr genau gelesen. Ich empfehle sie auch
Ihnen, Herr Kollege Blochberger, denn durchs Lesen können Sie sehr viel lernen. (Heiterkeit bei der
ÖVP.)
(Dritter Präsident Reiter übernimmt den Vorsitz.)
Ich kann Ihnen nur empfehlen, mindestens jede Woche ein Buch zu lesen. Ich glaube, wir alle haben
es notwendig, uns mit dem Wissen der Gegenwart zu bereichern. Ich will nicht die 250 interessanten
Seiten hier zum Vortrag bringen, möchte aber nur eines sagen und tue dies aus einem ganz
bestimmten Grund, weil ich beim ersten Hauptpunkt meiner Kritik angelangt bin. Ich möchte Ihnen das
hier deshalb sagen, weil er in dem Kapitel über die Vorgänge um die Präsidentschaftskandidatur auf
Seite 165 in den letzten beiden Absätzen schreibt (Abg. Anzenberger: Was hat das mit dem Budget
zu tun?) - Oh, sehr viel, das werden Sie gleich sehen. - (Heiterkeit bei der ÖVP.) Dr. Prader findet
diese Vorgangsweise völlig korrekt. Er hätte mit dieser Feststellung vielleicht sogar recht, wenn es für
das Zusammenleben der Menschen nur gesetztes Recht und nicht auch Moralbegriffe gäbe. Er hatte,
auf den politischen Bereich übertragen, vielleicht auch recht, wenn es für das Zusammenleben, das
Miteinanderleben, nicht auch die Begriffe wie politische Moral, Kameradschaft und etwa den Begriff
Lebensfreundschaft gäbe, der ihm, Prader, laut Withalm besonders bekannt sein müßte. Und es wird
dann in diesem Kapitel sehr bitter Klage geführt über die Behandlung, die ihm widerfahren ist. Ihm,
dem seinerzeiten - und auch das schreibt er wortwörtlich - „eisernen“, später dem „blechernen“ und
dann „verschrotteten“ Hermann Withalm. (Landeshauptmann Maurer: Jetzt sind wir genau dort!) Er hat
dann - Herr Landeshauptmann, Sie spielen in diesem Buch eine besondere Rolle - geschildert, daß er
sich erwartet hätte, daß dem „verschrotteten“ Hermann Withalm wieder eine menschliche
Anerkennung zuteil geworden wäre, wenn er in dieser Phase so behandelt worden wäre, wie es ihm
zugesagt wurde. Er beschreibt, wie er sich der Prozedur unterziehen mußte, der sich jeder
Spitzenkandidat unterziehen muß, und wie man ihn dann, wie die Salzburger Nachrichten
geschrieben haben - auch das weht in diesem Buch -, seine Dienste um seine Partei mit - wortwörtlich
- Unmenschlichkeit gedankt hat.
Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, nachdem ich alle diese Fälle, Ihre Personalfälle, von
denen ich auch die ganzen Unterlagen bei mir habe, angeführt habe, stelle ich, wenn vielleicht bei
Ihnen einmal einer nicht über den Archipel „Melk“, sondern über den Archipel „Niederösterreich“
schreiben will, gerne diese Dinge zur Verfügung. Wenn Sie Ihre eigenen Leute in dieser Weise
behandeln, dann verstehen wir alle, was es in Niederösterreich bedeutet, als Nichtangehöriger der
Österreichischen Volkspartei im Landesdienst, bei den Landesgesellschaften oder sonstwo zu sein,
sofern man durch die berühmt-berüchtigte Personalpolitik in den letzten 25 Jahren überhaupt eine
Chance bekommen hat, seinem Land Niederösterreich zu dienen. (Abg. Steinböck: Reden Sie von der
Gemeinde Wien oder von der Eisenbahn?)
Herr Kollege, wie ich als frei gewählter Abgeordneter des Landtages von Niederösterreich über
Fragen der Wirtschaft, der Finanzen, der Politik, der Kultur rede, so spreche ich auch über die
Personalpolitik in Niederösterreich. (Zwischenrufe bei der ÖVP: St. Pölten, Wr. Neustadt! - Landesrat
Bierbaum: Gänserndorf! - Abg. Romeder: Vom niederösterreichischen Gänserndorf!) Überlassen Sie
es in Wien und bei den Bundesbahnen Ihren Freunden, dort aufzustehen und nachzuweisen, wo in
einer Weise wie hier, in dieser - wie die Kronen Zeitung einmal geschrieben hat - brutalen Weise
Personalpolitik gemacht wird. Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden - ich
habe mir vor 10 Jahren, als ich zum erstenmal hier bei der Budgetdebatte sprechen durfte, zur
Aufgabe gestellt, meinem eigenen Gewissen zu folgen - (Abg. Dr. Bernau: Bravo!) solange, Herr
Kollege Bernau, gegen jene Einstellung ankämpfen, die Sie auch im Falle Dr. Wedl - das können Sie
nachlesen - an den Tag gelegt haben. (Abg. Dr. Bernau: Sie sollten sich mit dem Herrn Wiesmayr
unterhalten!)
Schauen Sie, es geht hier nicht um den einen Fall, es geht hier um ein System, wo Menschen nur
ihrer Gesinnung wegen nicht eingestellt werden, nicht entsprechend befördert werden, wo man
Menschen ihre Existenzberechtigung absprechen will. (Abg. Anzenberger: Was bat das mit dem Wedl
zu tun?) Schauen Sie, Sie müssen mit Ihren Personalfällen selbst fertig werden - das ist Ihr Problem.
Unser Problem ist es, dafür zu sorgen (Abg. Dr. Bernau: Jetzt habe ich geglaubt, Sie helfen uns
dabei!), daß in Niederösterreich endlich jene Zustände eintreten, die einer Demokratie würdig sind.
Die „Furche“ vom 26. Oktober dieses Jahres (Abg. Dr. Brezovszky zeigt den Zeitungsausschnitt. Abg. Kurzbauer: So klein ist diese!) schildert die Vorgänge um die Personalvertretungswahl. Und hier
steht: „Demokratie ... Nun ja, in einem Land wie in unserem, sprich Österreich, wo die Stimmenanteile
der Großparteien jeweils um ihr arithmetisches Mittel pendeln, besteht durchaus Grund, sich
Gedanken über die Demokratie zu machen, wenn irgendwo in den demokratischen Körperschaften
11.000 (oder etwas mehr) von insgesamt 12.000 Wahlberechtigten sich für eine Gruppierung
entscheiden. Da muß etwas nicht stimmen. Egal, ob es sich um ein Bundesland oder um eine
Landesregierung handelt, in Niederösterreich oder anderswo. Freiheit ist immer die Freiheit der
anderen. Das sollte sich jede Partei groß in ihr Stammbuch schreiben. In Niederösterreich und überall,
in der niederösterreichischen und in allen anderen Landesregierungen.“ Das ist eine (Abg. Romeder:
Auch in Wien und in Kärnten!) Kritik, wie sie eine sozialistische Zeitung nicht härter hätte anbringen
können. Wir werden diese Forderung nach Gesinnungsfreiheit, die Forderung nach Ausschreibung
aller Dienstposten, die Forderung, daß im Bereich der Landesverwaltung und der
Landesgesellschaften nach dem Gesetz, nach dem Grundsatz der Gleichberechtigung unter Wahrung
der Menschenwürde vorgegangen wird, daß in diesem Lande ein demokratisch zustande
gekommenes Personalvertretungsgesetz geschaffen wird, daß die Arbeitsverfassung in den
Landesanstalten, gegen die Sie täglich verstoßen, hier Anwendung findet. Denn eines muß ich Ihnen
in aller Deutlichkeit sagen: Mit dieser Ihrer Haltung verstoßen Sie tagtäglich gegen den wichtigsten
Grundsatz in der Demokratie, nämlich gegen die Pluralität in der Demokratie. Solange Sie nicht die
Menschen sowohl in der Verwaltung als auch bei den Landesgesellschaften und in ganz
Niederösterreich allein nach ihrer Leistung beurteilen, allein nach ihrem Können, sondern allein nach
der Zugehörigkeit zu Ihrer Partei, solange kann man nicht von Pluralität in der Demokratie sprechen.
Ich möchte Ihnen auch noch sagen, daß Dr. Withalm in seinem Buch „Antworten“ ein
leidenschaftliches Bekenntnis zur Kontrolle und zur Konkurrenz auf allen Gebieten als Salz der
Demokratie ablegt - auch das können Sie wortwörtlich lesen -, nämlich nicht nur in der Gesetzgebung,
sondern auch in der Regierung, in der Verwaltung und bei den Landesgesellschaften. Ich habe diesen
unverdächtigen Zeugen deshalb genommen, damit Sie nicht sagen können, na ja, das ist halt
irgendeiner, der uns nicht nahesteht. Er steht Ihnen nach wie vor sehr nahe, und er schreibt
wortwörtlich: „Erst die volle Kontrolle und die volle Konkurrenz in allen Bereichen unterscheidet uns
von der Volksdemokratie und unterscheidet uns von der Diktatur.“ So Dr. Withalm. (Landeshauptmann
Maurer: Er hat noch mehr geschrieben!) Ja, Herr Landeshauptmann, wenn Sie wollen, stelle ich Ihnen
das Buch zur Verfügung, Sie werden sicherlich das Kapitel, in dem Sie bei Ihrem Aufenthalt in New
York geschildert werden, besonders interessiert lesen. (Abg. Buchinger: Was täten Sie, wenn er das
Buch nicht geschrieben hätte?)
Ich nehme nun zum zweiten Problemkreis kurz Stellung: Zur neuen Landesverfassung. Ich sage hier
in aller Offenheit: Eine Landesverfassung, die nicht demokratische Elemente, wie Volksbegehren,
Volksabstimmung, Fragestunde und das uneingeschränkte Kontrollrecht der Minderheit vorsieht, halte
ich für wenig zielführend. Es wird daher hier sicherlich über die Fragen der Finanzkontrolle und der
Kontrolle durch die Minderheit entscheidend gesprochen werden müssen. Und ich frage Sie, wenn Sie
in der Verwaltung nichts zu verbergen haben, warum verweigern Sie der Minderheit das volle
Kontrollrecht? Warum wird seit 20 Jahren der Minderheit der Kontrollobmann verweigert? Die Frage,
was man wohl zu verbergen hat, stellt sich wirklich für jeden. Daß man vor 20 Jahren etwas zu
verbergen hatte, wissen wir ganz genau, denn vor zehn Jahren kam es dann an den Tag. Wir
glauben, daß es sehr gut sein wird, wenn wir uns über die Fragen des Kontrollrechtes und
Konkurrenzrechtes in der Landesverfassung bei der Verhandlung über eine neue Landesverfassung
in sehr sachlicher Form unterhalten werden. (Abg. Anzenberger: Bei den Beschlüssen wird immer
zugestimmt!) Aber, Herr Kollege Anzenberger, wenn Sie mir etwas erzählen wollen über die
Verwaltung, wenn Sie mir etwas erzählen wollen über die Kontrolle in der Verwaltung, dann wäre es
genauso vermessen, wenn ich Ihnen etwa erzählen wollte, wie man ein Kalb zur Welt bringt. (Große
Heiterkeit im Hause. - Abg. Romeder: So lustig war es hier schon lange nicht!)
Wir haben im Finanzausschuß, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr sachliche
Verhandlungen geführt, wir haben im Finanzausschuß auch unsere Vorstellungen deponiert, wie man
in Hinkunft die Budgets schon auf der Regierungsebene, aber auch in den Ausschüssen beraten sollte
und haben dort einvernehmlich festgestellt, daß es das unveräußerliche Recht des Landtages ist, ein
Budget so zu beschließen, wie es der Landtag für richtig befindet. Wir haben dort auch festgestellt,
daß nicht der Drucker in der Druckerei endgültig entscheiden könne, wie ein Budget aussehen soll.
Wir haben auch darauf hingewiesen, daß nicht über ein Gesamtbudget rechtzeitig verhandelt wird und
daß man eine Reihe von Dingen hätte längst bereinigen können, wenn man in der Landesverwaltung
einen Prioritätenkatalog für alle Bereiche zusammengestellt hätte.
Und hier eine Frage, die uns immer wieder beschäftigt: Wir haben in Niederösterreich eine Reihe von
Raumordnungsverordnungen, solche, die bereits in Geltung sind, andere, die im Rohentwurf oder in
Bearbeitung sind. Aber wir haben in Niederösterreich nach wie vor kein Gesamtkonzept. Wir haben
kein Landeskonzept, wir haben in verschiedenen Bereichen nur Teilkonzepte, die hinsichtlich der
Prioritäten nicht aufeinander abgestimmt sind. Wir haben es hier mit einer Landespolitik zu tun, die
von Jahr zu Jahr improvisiert wird, und es fehlt uns nach wie vor ein großer Gesamtplan für das Land
Niederösterreich, der erst eine Landespolitik gezielt und nach Prioritäten geordnet ermöglichen würde.
(Landeshauptmann Maurer: Der ist im Bund vorhanden. - Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Die
ÖROK hat ihn geschaffen!) Was uns aber vor allem fehlt, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist
die Abstimmung zwischen den Gebietskörperschaften. Der Herr Landesfinanzreferent hat sehr beredt
Klage darüber geführt, daß im Landesvoranschlag für einen bestimmten Zweck Mittel vorgesehen sind
und die andere Gebietskörperschaft diese Mittel offensichtlich nicht in genügendem Ausmaß zur
Verfügung stellen konnte. Wenn wir diese Frage analysieren und wenn wir uns die Situation der
niederösterreichischen Gemeinden insgesamt anschauen, so wird in Zukunft auf mehreren Gebieten
der Umstand eintreten: Es werden im Landesbudget Mittel vorgesehen sein, aber in den Gemeinden
werden heute da und dort und in Zukunft in weit größerem Ausmaß die Grundvoraussetzungen nicht
mehr erbracht werden können, und wir werden es in vielen Bereichen mit einem echten Notstand zu
tun haben.
Wir sollten uns als Politiker angewöhnen, eine Gesamtschau über die Politik Bund, Land und
Gemeinden zu halten. Denn auch hier gilt, daß die Kette so stark ist wie das schwächste Glied. Bei
dieser Finanzpolitik sind nach wie vor die Gemeinden das schwächste Glied, und zwar auch deshalb,
weil man den Gemeinden in den letzten Jahren - allein der Herr Landeshauptmann hat den
Gemeinden für Landesaufgaben, wie für den Landesstraßen- und Landeshauptstraßenbau,
Belastungen von rund einer Milliarde Schilling auferlegt - das Geld weggenommen hat, um es für
gemeindeeigene Aufgaben,. wie für den Schulbau, Kanalbau, Wasserleitungsbau und was es da so
gibt, einzusetzen. Wir haben gerade in diesen Tagen in den Gemeinden wieder ein Sachgebiet
zugeteilt bekommen, wo man sich wirklich fragen muß, wielange unsere Gemeinden diese
Belastungen noch tragen werden können, und wann sie nicht mehr in der Lage sein werden, zu ihren
eigenen Auf gaben, den Umweltschutz, die Wasserversorgung, die Abwasserversorgung und den
Gemeindestraßenbau, zu kommen. Ich glaube, daß wir grundlegend werden umdenken müssen: In
der Finanzpolitik, in der Wirtschaftspolitik und vor allem in der Gemeindepolitik. Denn wenn wir die
Gemeinden nicht in die Lage versetzen, diese Grundbeträge aufzubringen, wenn wir ihnen noch
Belastungen aufhalsen, die sie zwingen, auf den Kapitalmarkt zu gehen und dort eine Milliarde
Schilling zu den drei Milliarden Schilling Schulden zusätzlich aufzunehmen, dann wird sich das
Gemeindebudget im Rückzahlen der Schulden erschöpfen und jede Investitionspolitik ihr Ende finden.
Darf ich noch ganz kurz zu einem Punkt etwas sagen. Auch in der Landwirtschaftspolitik wird man sich
auf Landesebene grundlegend überlegen müssen, ob wir mit den bisherigen Maßnahmen fortfahren
sollen: Ob wir den Kammern jährlich 50 Millionen, wie es im nächsten Jahr der Fall ist, zuführen und
diese das Schicksal mancher Entwicklungshilfe in den Entwicklungsländern erleiden. Bis das Geld
dorthin kommt, wo es gebraucht wird, nämlich bei den Bauern, ist dann nichts mehr da, weil es der
Kammerapparat verschlungen hat. Wir werden uns in Zukunft der Frage des landwirtschaftlichen
Nebenerwerbs in besonderem Maße zuwenden und in Niederösterreich eine Politik machen müssen,
die auch für die Grenzbevölkerung ein Aufholen ermöglicht.
Alles in allem, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird das nur möglich sein, wenn wir uns das
größte Maß an Anstrengungen finanzieller Art vornehmen, wenn wir nicht nur von Zusammenarbeit
reden, sondern Zusammenarbeit auf allen Ebenen praktizieren: In der Gesetzgebung, in der
Regierung, in der Verwaltung, in den Landesgesellschaften und wo immer es notwendig ist. Aber das
Allerwichtigste wird sein, daß wir in der Verwaltung die größte Sparsamkeit an den Tag legen, weil wir
ansonsten nicht in der Lage sein werden, noch so schöne Raumordnungskonzepte und noch so
schöne Programme zu verwirklichen. Das aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird nur
dann im größten Ausmaß möglich sein, wenn sich auch die Mehrheit ihrer Verantwortung und ihrer
Verpflichtung bewußt wird, allen Niederösterreichern in allen Bereichen, die ich hier erwähnt habe, die
gleiche echte Chance zur Mitarbeit zu geben. Dies wird möglich sein, wenn Sie echte
Gesinnungsfreiheit für alle Niederösterreicher gewährleisten. Das wird nur möglich sein, wenn Sie
eine Revolution Ihrer politischen Moral einleiten und jene Grundsätze befolgen, die Dr. Withalm in
seinen „Antworten“, in seinem Rat an seine Partei gibt. Wir sind bereit zur Zusammenarbeit mit allen,
die wirklich zusammenarbeiten wollen. Wir sind bereit, im kommenden Jahr und, wenn es sein sollte,
auch in härteren Jahren alles zu tun, um unserer niederösterreichischen Bevölkerung, wo immer sie
arbeitet und auf welcher Seite sie auch steht, in Zukunft eine bessere Lebensqualität im materiellen,
geistigen und kulturellen Bereich zu ermöglichen.
In diesem Sinne haben wir im. Ausschuß zugestimmt und werden wir auch im Plenum dem
Voranschlag 1975 unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Als nächstem Redner der Generaldebatte erteile ich Herrn Abg. Ing.
Kellner das Wort.
Abg. Ing. KELLNER: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses!
Wir waren am Beginn der Ausführungen meines geschätzten Vorredners, Herrn KlubObmann Dr.
Brezovszky, durchaus bereit, ihm den Ehrennamen „Ernest der Lustige“ bzw. „Ernest der
Blumenreiche“ zu geben. Das so lange, als er in der gewohnten Art begonnen hat, politische Leichen
zu exhumieren. Ab diesem Zeitpunkt ist die Debatte eigentlich wieder in der Richtung abgelaufen, wo
wir vorher gemeint haben, es wäre heute einmal etwas Neues zu erwarten. Alle anderen Ausdrücke,
die ab diesem Zeitpunkt gefallen sind - Herr Dr. Brezovszky, es tut mir also ausgesprochen leid, Ihnen
das wieder einmal vorhalten zu müssen, so etwa (Abg. Lechner: Er hat ohnehin nur den Withalm
zitiert, Herr Kollege!) in der Diktion politische Moral der ÖVP in diesem Land, Terror, Personalterror,
Gedankenfreiheit, Gesinnungsfreiheit -, sind Worte, die wir immer wieder von Ihnen in einem
Zusammenhang hören, wo wir die Auffassung vertreten, daß diese Dinge bereits der Vergangenheit
angehören. Herr Dr. Brezovszky, ich möchte mich, ehrlich gestanden, mit dem vorliegenden Budget
auseinandersetzen und nicht mit jenen Dingen, die Sie hier besprochen haben. Aber es reizt doch, zu
einigen Dingen etwas zu sagen.
Wenn Sie der Auffassung waren, daß es „Hannes dem Münzreichen“ gelungen ist, in unserem Lande
jenes Huhn zu züchten, das goldene Eier legt, so dürfen wir Sie aber doch bei Gelegenheit darauf
aufmerksam machen, daß „Hannes der Münzreiche“ logischerweise dann, durch den Umlauf des
Geldes bedingt, auch der Vater der Inflationswaisen ist, die jetzt vaterlos in der Gegend
herumschwirren und bisher nicht in der Lage waren, nach einem Vater zu suchen, oder Sie erfinden in
der Zwischenzeit das Goldeselein, das also dann beim Strecken, oder mit dem Knüppel aus dem Sack
oder wie es sonst im Märchen heißt, in der Lage ist, jene Gelder herbeizuschaffen, die wir hoffentlich
am Ende des Jahres 1975 in unserer Budgetübersicht bzw. in der Abrechnung unserer
Budgetübersicht finden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir das Budget 1975 ansehen, so kommen wir zur
Auffassung, daß gegenüber dem Jahre 1974 einige sehr wesentliche Unterschiede gegeben sind. Wir
waren eigentlich auch der Meinung, daß in der Budgetdebatte neue Ansätze festzustellen sein
könnten - bisher haben wir nämlich vom Klubobmann der SPÖ nur altgewohnte Dinge gehört - und es
diesmal gelingen würde, nicht nur nach außen hin, sondern auch innerhalb der Budgetdebatte eine
Veränderung herbeizuführen, die etwa dadurch ihren Ausdruck finden könnte, daß wesentlich weniger
Redner in einer kürzeren Zeit konzentrierter und, wie wir hoffen, auch sachlicher in gewissen
Bereichen ihre Aussagen treffen. Wir hoffen, daß das in der Spezialdebatte bei den einzelnen Kapiteln
möglich sein wird. Wir waren auch der Auffassung, daß es durch die Vorverlegung der
Landtagswahlen in den Junibereich gegenüber einem Oktoberwahltermin möglich sein müßte, das
Budget 1975 in einer ruhigen, sachlichen und auch zeitlich nicht eingeschränkten Atmosphäre zu
beraten und über die Bühne zu bringen. Und hier hat sich nun im Finanzausschuß auch ein neuer
Akzent gezeigt, worüber man auch sprechen könnte. Denn im Finanzausschuß - der Herr Dr.
Brezovszky hat einmal, glaube ich, in seinen Ausführungen darauf hingewiesen - ist es heuer plötzlich
passiert, daß in den einzelnen Kapiteln Anträge um Erhöhung der Ansätze gestellt wurden - ein
legitimes Recht der Abgeordneten, was ich also durchaus hier anerkennen möchte. Als wir dann
ersucht haben, uns doch zu sagen, wohin diese neue Methode führen soll und ob auch in Zukunft so
vorgegangen wird, waren wir der Auffassung, na schön, dann gehen wir mit dieser Methode insoweit
vor, daß wir alle jene Forderungen, die wir in einer Größenordnung von letztlich etwa 180 Millionen
Schilling stellen, in das Nachtragsbudget verlagern. Das würde in der Konsequenz bedeuten, daß
Mittel des Nachtragsbudgets, wenn es überhaupt zu einem solchen kommt, bereits bei den
Beratungen über das Budget 1975 gefunden werden. Wir vertraten aber die Auffassung, daß diese
Dinge durchaus besprechbar seien, daß es aber ungewöhnlich sei, diese Methode im
Finanzausschuß einzubringen und sich dann darüber zu wundern, wenn die zweite Partei, in dem Fall
die Mehrheitsfraktion, nicht bereit ist, bei dieser Methode mitzuziehen.
Das Budget 1975 - es wurde ja vom Herrn Finanzreferenten im Detail bereits ausgeführt - wird von
drei Komponenten sehr stark beeinflußt. Es ist zunächst der im Jahre 1975 durch die Einkommenbzw. Lohnsteuerreform zu erwartende Einnahmenausfall, der ca. 450 Millionen Schilling betragen
wird. Ich glaube, Herr Dr. Brezovszky, Sie sind mit mir und dem Beirat für Wirtschafts- und
Sozialfragen, der auch beim Bund eine Budgetvorschau auf das Jahr 1975 gemacht hat, einer
Meinung, daß die Lohn- und Einkommensteuer auf der einen Seite und die Umsatzsteuer bzw. die
Mehrwertsteuer auf der anderen Seite, heute eigentlich die wesentlichste Einnahmenquelle des
Bundes geworden sind und in Zukunft noch stärker werden wird. Es sind nämlich 67% bereits im
Jahre 1967 aus diesen zwei Steuersäulen eingenommen worden. Diese Einnahme aus der Lohn- und
Einkommensteuer bzw. Umsatzsteuer wird sich im Jahre 1978 auf 72% erhöhen. Es ist daher
erklärlich, daß sich eine Veränderung in der Gesetzgebung, beispielsweise eine Steuerherabsetzung,
in diesen Steuerbereichen selbstverständlich sehr entscheidend auf die Finanzpolitik des Bundes
auswirken muß und damit auch auf die Finanzpolitik der Länder.
Es ist auch bekannt, daß im Jahre 1975 infolge der Übernahme der Sozialhilfe in den Landesbereich
die gesamte Sozialhilfe durch das Land zu besorgen ist, wenn auch die Kostenteilung, 70%
Gemeinden, 30% Land, hier zu Buche steht und daher mehr als 650 Millionen Schilling im
Landesbudget erstmalig für die Sozialhilfe aufscheinen, und die Fortführung der stabilitätspolitischen
Maßnahmen, wie sie bereits angeführt wurden, gibt diesem Budget für das Jahr 1975 ebenfalls das
Gepräge.
Es wurde auch darauf hingewiesen, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß dem
Ausgaberahmen von 11,8 Milliarden Schilling Einnahmeerwartungen von 11,4 Milliarden Schilling
gegenüberstehen, so daß sich nur ein Abgang von 394 Millionen Schilling ergibt, wobei der
ordentliche Teil überhaupt ausgeglichen erscheint.
Wenn wir einen Blick zum Bundesbudget machen, so müssen wir feststellen, daß der Bund bereits im
Bereich des ordentlichen Budgets einen entsprechenden Abgang ausweist und sich daher
einschließlich des außerordentlichen Budgets, das im Bundesbereich verständlicherweise ebenfalls
unbedeckt erscheint, dort eine viel höhere Abgangsziffer ergibt, als das bei uns der Fall ist. Ihnen ist
bekannt, daß der Bund bei einem Gesamtbudget von 184 Milliarden Schilling 16 Milliarden Schilling
Abgang hat. Das ergibt eine wesentlich ungünstigere Situation als beim Land Niederösterreich.
Daraus nun den Schluß zu ziehen, daß wir, weil wir im Land Niederösterreich verhältnismäßig günstig
budgetiert haben, das nur dem Bund zu verdanken hätten, glaube ich, ist sehr gewagt, denn es
müßten ja auch alle anderen Gebietskörperschaften, alle anderen Länder Österreich und letztlich
auch die Gemeinden, die ebenfalls nach dem Finanzausgleich des Bundes beteilt wurden, eine
ähnliche günstige Entwicklung aufweisen können. Ich glaube also, man kann es sich hier nicht so
einfach machen. Denn der Bund hat bereits im ordentlichen Bereich einen Abgang von 11,7 Milliarden
Schilling und im außerordentlichen Teil von 4,6 Milliarden. Ich wiederhole: Einen Gesamtabgang von
16,3 Milliarden Schilling. Wenn vom Anteil der Fremdfinanzierung gesprochen wird und Sie heute
feststellen können, daß in Niederösterreich die Verschuldung, die Fremdfinanzierung, wenn sie so
wollen, pro Kopf der Bevölkerung unter 1000 Schilling liegt und daher gegenüber dem Jahre 1969
nicht nur perzentuell, sondern auch faktisch stark abgenommen hat, so glaube ich, wäre es auch hier
nicht richtig, darauf hinzuweisen, daß in anderen Bereichen, sei es beim Bund, sei es in anderen
Ländern, sei es bei den Gemeinden, die Verschuldung gestiegen ist, und die gute Ertragslage in
diesem Land nur, wie ich schon einmal gesagt habe, darauf zurückzuführen ist, daß uns der Bund
alles gegeben hat, wir die Gemeinden zusätzlich wie eine Zitrone ausgepreßt haben, um uns nun
sozusagen als Krone in dieser Situation hinstellen zu können und zu erklären, wir hätten eine gute
Wirtschafts- und Finanzpolitik betrieben. Eine Verschuldung, die unter 12% liegt, glaube ich, kann in
der heutigen wirtschaftlichen Situation als Vorteil angesprochen werden. Bei der Frage - und bei einer
genauen Durchleuchtung des Budgets drängt sich diese Frage auf - hat nun unser
Landesfinanzreferent Ludwig vorsichtig budgetiert, hat er zu optimistisch budgetiert oder hat er zu
pessimistisch budgetiert, glaube ich, können wir festhalten - und es verdichtet sich von Tag zu Tag
immer mehr dieser Eindruck -, daß er sehr realistisch budgetiert hat. War es in den vergangenen
Jahren so, daß es doch noch immer einen kleinen Polster, manche haben auch behauptet, eine kleine
Tuchent, gegeben hat, die dem Finanzminister mit Hilfe dieser Mehreinnahmen sozusagen
übriggeblieben ist, so daß er dann bei den Nachtragsbudgets die Möglichkeit gehabt hat,
verschiedene Weichen neu zu stellen, so kann man heute in verschiedenen Pressemeldungen bereits
die Meinung entnehmen, daß bei der Budgetierung für das Jahr 1975, die uns der Herr
Finanzlandesreferent heute hier vorgelegt hat, mit diesem Hoffnungszuwachs kaum mehr zu rechnen
sein wird, weil die Budgetierung der Einnahmen des Landes Niederösterreich durch dessen
Finanzreferenten als ausgesprochen realistisch zu bezeichnen ist.
Sie alle wissen, daß die Investitionssteuer vom 1. Jänner 1973 bis zum 31. Dezember 1977 zu
entrichten ist. Sie betrug bekanntermaßen im Jahre 1973 12%, wird sich im kommenden Jahr auf 6%
belaufen und wird im Auslaufjahr 1977 2% betragen. Wir alle wissen, daß dieser Investitionssteuer der
Selbstverbrauch im Bereich des Anlagevermögens zugrunde liegt. Es haben also die Körperschaften
selber zu bestimmen, wie die Anschaffungs- und Herstellungskosten der Abnutzung unterliegen bzw.
wie sie einzuordnen sind. Wir soellen nun fest - ich glaube das ist auch heute einmal durchgeklungen , daß die Sache doch nicht so einfach ist, wie man sich das vorgestellt hat. Man hat nämlich in der
Öffentlichkeit erklärt, daß jene Mindereinnahmen, die im Jahre 1974 aus dem Titel der Mehrwertsteuer
bzw. des Umsatzsteuergesetzes zu erwarten sind, nur darauf zurückzuführen sind, weil es irgendwo
böse Unternehmer gibt, die Steuern hinterziehen und dem Finanzminister nicht das zukommen
lassen, was ihm gebührt. Man ist heute schon daraufgekommen ... (Abg. Dr. Brezovszky: Das habe
ich nicht gesagt!) Ich habe ja nicht gesagt, daß Sie das gesagt haben, es ist auch im Ausschuß gesagt
worden - wenn Sie wollen, kann ich auch den Namen des Kollegen nennen, der das im Ausschuß
sehr deutlich behauptet hat. Ich stelle nun fest, daß das in der Öffentlichkeit auch von
Regierungsmitgliedern gesagt wurde und daß man es auch in der „Arbeiter-Zeitung“ in einer ähnlichen
Diktion lesen konnte. Nur stellt es sich jetzt heraus, daß die Situation doch etwas anders gelagert ist,
weil man seinerzeit bei der Beschlußfassung des Mehrwertsteuergesetzes bzw.
Umsatzsteuergesetzes nicht daran gedacht hat, daß die Firmen, die Unternehmer oder auch der
Bauherr heute auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen den Zeitpunkt mehr oder weniger selber
bestimmen können, wann diese Investitionssteuer bzw. zum Teil auch wann die Mehrwertsteuer fällig
wird. Es ist daher, glaube ich, durchaus gerechtfertigt, wenn der Landesfinanzreferent sehr vorsichtig
budgetiert, weil er aus dieser Tatsache und der erwähnten Prognose des Beirates für Wirtschaft und
Sozialfragen für die Ausgaben keine entsprechenden Mehreinnahmen erwarten kann. Wir wissen, daß
die Finanzpolitik des Bundes auf Grund des Systems unseres Finanzausgleiches, auf Grund des
Systems der verbundenen Steuerwirtschaft, natürlich auf jede Gemeinde und auch auf das Land seine
Auswirkungen hat.
Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir, daß ich auch einige, aus meiner
Sicht kritische Bemerkungen zum derzeitigen Finanzausgleichsgesetz mache. Wir alle wissen - und
hier scheiden sich ja auch die Meinungen -, daß auf Grund des Finanzausgleichsgesetzes 1973
selbstverständlich auch die Gemeinden genauso wie das Land und der Bund die Steuern bzw.
steuerähnliche Abgaben usw. zugeteilt erhalten. Sie sind der Ansicht, daß wir als Land
Niederösterreich jene Ausfälle, die die Gemeinden auf Grund des Finanzausgleichsgesetzes - was
nach unserer und vor allem nach meiner Auffassung in den Prämissen falsch ist - haben, ersetzen
sollen. (Zwischenruf von Abg. Dr. Brezovszky.) Darf ich Ihnen eines sagen, Herr Dr. Brezovszky:
Wenn Sie auf den Österreichischen Gemeindebund verweisen, so darf ich Ihnen mitteilen, daß der
Österreichische Gemeindebund bei allen Verhandlungen über den Finanzausgleich darauf
hingewiesen hat, daß die rein perzentuelle Aufteilung der gemeinschaftlichen Abgaben keine Lösung
der künftigen Entwicklung bietet, vor allem wenn man raumordnerisch-politisch orientiert ist. Wie ist es
denn derzeit? Derzeit ist es doch so, daß die Zuteilung der Mittel nach sehr verschiedenen Kriterien
erfolgt. Ich möchte zwei Beispiele demonstrieren. So wird die veranlagte Einkommensteuer auf die
Länder nach dem örtlichen Aufkommen aufgeteilt. Auf der anderen Seite wird die Biersteuer nach dem
länderweisen Verbrauch aufgeteilt. Überlegen Sie sich, was dabei herauskommt: Vor allem dort, wo
überhaupt kein Einkommen da ist - ich denke zum Beispiel an ein Land im Grenzlandbereich, wo ein
sehr geringes Einkommen gegeben ist -, wo es also notwendig wäre, zusätzliche Mittel hinzugeben,
fließt dem Land aus dem Finanzausgleich überhaupt nichts zu. Und umgekehrt muß ich trachten, daß
ich in einem Land möglichst viele Biertrinker habe - ich muß also die Leute umerziehen, weil auch die
Zuteilung der Mittel in diesem Bereich nach dem Bierkonsum erfolgt. Jetzt könnten Sie fragen, was
daran also ungerecht ist. Es kommt darauf an, wie man die Situation betrachtet. Denn wenn ich nach
beispielsweise raumordnerischen Grundsätzen Politik machen möchte und wenn ich zum Beispiel die
Politik nach dem Bedarf ausrichten will, dann muß ich die Mittelzuteilung nach anderen Kriterien
erfließen lassen. Entscheidend müßten in diesem Fall doch die Grundsätze der Raumordnung, die
Schaffung der Infrastruktur, die Gesunderhaltung der Bevölkerung und nicht zuletzt die Vorsorge für
alte Menschen sein. Es müßten also bei einem Finanzausgleich andere Kriterien maßgebend sein als
jene, die wir derzeit vorfinden. Nach meiner Information, Herr Dr. Brezovszky, war es bisher so, daß
auch der Österreichische Gemeindebund, der durch den Herrn Präsident Reiter präsidiert wird, in
dieser Richtung seine Verhandlungen geführt hat.
Wenn wir nun in den Einzelbereich des Budgets eingehen, meine sehr verehrten Damen und Herren,
und uns fragen, nach welchen Richtlinien unser Finanzreferent, der Herr
Landeshauptmannstellvertreter Ludwig, das Budget 1975 erstellt hat, so glaube ich, könnten wir uns
als Überschrift durchaus „Erhöhung der Lebensqualität“ vorstellen, weil das Budget nach sehr
raumordnerischen Gesichtspunkten erstellt wurde und man echt versucht hatte, die einzelnen
Raumordnungsprogramme, die hier in Niederösterreich auf Grund des Raumordnungsgesetzes
beschlossen wurden, tatsächlich zum Leben zu erwecken. Gerade im neuen Bereich der Sozialhilfe,
die ja in unserem heurigen Budget einen Schwerpunkt darstellt, können wir bereits solche moderne
Grundsätze feststellen. Im Landesvoranschlag ist unter anderem vorgesehen, daß die nunmehr von
den Bezirksfürsorgeverbänden übernommenen Altenheime, und zwar 34 an der Zahl, und zwei
Jugendheime, erhalten und auch weiter ausgebaut werden sollen. Auch Neuerrichtungen sind
vorgesehen. Ich weiß nicht, wer von Ihnen die Neuerrichtung in Preßbaum, die ja bereits im Rohbau
fertigsteht, kennt, wo man nach sehr modernen Grundsätzen versucht, nicht nur Einzel- und
Doppelzimmer zu gestalten, sondern ein Wohnheim zu errichten, wo auch eine Integrierung der
Außenbevölkerung mit den älteren Menschen möglich ist. Die Heime in Bad Vöslau und Stockerau
sollen ebenfalls weiter ausgebaut werden - alle drei mit einem finanziellen Aufwand von rund 70
Millionen Schilling. Darüber hinaus besitzt das Land auch fünf Pflegeheime, für die wir ebenfalls
aufkommen müssen. Auch hier, meine sehr verehrten Damen und Herren, wäre zu überlegen, ob die
Gebietskörperschaften mit ihren Einkünften aus dem Finanzausgleich in der Lage sind, einer
fortschrittlichen und den Interessen der Sozialhilfe folgenden Entwicklung gerecht zu werden. Es wäre
zu überlegen, ob sich nicht die jüngere Generation hier stärker engagieren müßte, ob nicht die jüngere
Generation bereit sein müßte, finanzielle Opfer zu bringen, um den sogenannten, manchmal
despektierlich bezeichneten „Alten“ dieses „Sozialhilfeausgedinge“, möchte ich unter
Anführungszeichen sagen, zu bieten. Es wäre doch auch vom Landesgesetzgeber zu überlegen, der
die Möglichkeit auf dem Abgabesektor hat und dem auch ein gewisses Steuerfindungsrecht zusteht,
ob nicht auch in dieser Frage ein Weg zu finden wäre, den ich jetzt aufgezeigt habe.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wissen, daß im Schul- und Kindergartenbereich
neuerlich zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt wurden, wobei wir annehmen, daß sich in Hinkunft
die Bautätigkeit vom Schulbereich in den Kindergartenbereich stärker verlagern wird, was ja auch
allgemein bekannt ist. Wir werden auf Grund der starken Bautätigkeit im schulischen Bereich und der
Vorfinanzierung durch die Gemeinden natürlich noch einige Jahre hindurch auch aus dem Schul- und
Kindergartenfonds Mittel für schulische Bauten, die in der Zwischenzeit bereits errichtet wurden,
verwenden müssen.
Dem Gesundheitswesen wird auch in diesem Budget wieder ein starker Akzent gegeben. Für die
Gemeindespitäler allein ist insgesamt ein Betrag von 290 Millionen Schilling vorgesehen, davon
werden 120 Millionen bloß für die teilweise Abdeckung der Abgänge der Gemeindespitäler verwendet.
Daß der Landesstraßenausbau mit insgesamt 723 Millionen Schilling wieder eine entsprechende
Säule in der Entwicklung des Landes sein wird, steht, glaube ich, außer Frage, wie es auch möglich
sein wird, trotz des Ausfalles bei den Wohnbauförderungsmitteln seitens des Bundes wieder um 170
Millionen Schilling mehr als im Jahre 1974 zur Verfügung zu stellen. Auch hier, glaube ich, wird es
notwendig sein, sich wieder etwas einfallen zu lassen, wenn wir uns überlegen, daß einerseits die
vielen Ansuchen, die unsere Landesbürger in Niederösterreich bereits vorgelegt haben, und
anderseits die Geldmittel, die offiziell zur Verfügung stehen, nicht in ein entsprechendes Verhältnis
zueinander gebracht werden können.
Zur Frage des Umweltschutzes, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben wir heute in der
Einbegleitungsrede des Herrn Landesfinanzreferenten gehört, daß hier vor allem durch die Schaffung
der Umweltschutzanstalt ein Akzent gesetzt wurde, der in den kommenden Jahren sehr stark
ausgebaut werden muß. Die Grenzlandförderung muß auch in Zukunft vorrangig behandelt werden.
Im Budget finden wir hier verschiedene Ansatzpunkte, die diesen Belangen auch gerecht werden
können.
Ich möchte abschließend auch noch einige Worte zur Landesverfassung sagen. Die beiden Parteien
haben sich zur Änderung bereit erklärt - ich glaube das ist unbestritten -, weil sie erkannt haben, daß
die derzeitige Landesverfassung in vielen Bereichen - sie ist ja immerhin fast 50 Jahre alt - da und dort
nicht mehr dem Zeitgeist entspricht. Nur, Herr Dr. Brezovszky, wenn Sie hier festhalten, daß eine
Landesverfassung nur dann zustandekommen wird, wenn beispielsweise Volksbegehren,
Fragestunde usw. enthalten sind, so darf ich darauf hinweisen, daß in einem Verhandlungskomitee
zwischen den beiden Parteien bereits Kontaktgespräche stattgefunden haben, und ich glaube, daß wir
in diesen Fragen gar nicht oft verschiedener Auffassung sind; im Gegenteil, ich darf darauf hinweisen,
daß die Österreichische Volkspartei der Ansicht ist, daß man nicht nur im Legislativbereich ein
Mitspracherecht geben soll, denn Volksbegehren und Fragestunde liegen ja eigentlich in diesem
Bereich und beeinflussen die Legislative. Wir als Vertreter der Österreichischen Volkspartei gehen
aber noch weiter. Wir sind nämlich der Auffassung, daß die Mitwirkung der Bevölkerung auch an der
Vollziehung gewährleistet sein soll, was derzeit - das darf ich ausdrücklich betonen -, noch in keiner
anderen österreichischen Bundesverfassung verankert ist. Es entspricht aber unserer Auffassung
nach dem Bedürfnis interessierter und berührter Kreise, zumindest von künftigen
Vollziehungshandlungen informiert zu werden. Das heißt, wir wollen zu dem, was es bisher schon gibt,
nämlich die Mitwirkung an der Gesetzgebung, auch eine verstärkte Mitwirkung an der Vollziehung.
Darüber hinaus wollen wir für bestimmte Interessengruppierungen, die derzeit in den bestehenden
gesetzlichen Interessenvertretungen aus bestimmten Gründen nicht verankert sind, wie beispielsweise
die große Gruppe der Jugend, die Gruppe der Familie und die große Gruppe der älteren Menschen,
für die es ja keine eigene Kammer gibt, eine direkte Mitbestimmung. Es gibt ja keine Jugendkammer,
keine Familienkammer, und es gibt auch keine Pensionistenkammer, wobei ja gerade diese
Altersgruppe von der Vertretung, ja, ich möchte fast sagen, durch die von den Parteien intern
festgelegte Altersgrenzenklausel sehr häufig von der direkten Mitbestimmung ausgeschlossen sind.
Wir sind also der Auffassung, daß eine neue Landesverfassung in einer entsprechenden Breite noch
auch neue Ideen enthalten soll. Ich glaube, Herr Dr. Brezovszky, daß es in verschiedenen Bereichen
gar nicht so große Auseinandersetzungen geben wird.
Daß heute auch in der Bundesverfassung noch Relikte enthalten sind, glaube ich, haben wir alle
erlebt, als von Ihnen zu einer Wahlordnung der Abänderungsantrag gekommen ist, wonach man dort
Vertrauensmänner aufnehmen soll. Gleichzeitig ist darin enthalten, daß diese Vertrauensmänner der
Amtsverschwiegenheit unterliegen. Hier, glaube ich, wird so typisch deutlich, daß der Begriff der
Amtsverschwiegenheit, wie er in früheren Zeiten einmal notwendig war, heute sinnlos, ja sogar
widersinnig werden kann. Wenn ich mir überlege, daß jene Partei, die in einer Wahlbehörde durch
keine Beiräte bzw. Beisitzer vertreten ist, das Recht hat, einen Vertrauensmann zu entsenden, dieser
aber der Verschwiegenheit unterliegt, dann muß ich mich fragen, wozu man jemand dort hinschicken
soll, wenn dieser nicht einmal seiner eigenen Partei, oder jener, die ihn entsendet hat, berichten darf.
Hier sehen wir also, daß gewisse Begriffe heute durchaus nicht mehr der Zeit entsprechen und dort,
wo es notwendig ist, auch entfernt gehören. (Landeshauptmannstellvertreter Czettel: Darüber werden
wir uns bald einigen!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich persönlich sowie meine Fraktion haben mit einer
gewissen Genugtuung vernommen, daß die Verwaltungsakademie, die vom Herrn
Landesamtsdirektor befürwortet wurde - er hat sich ja in dieser Frage sehr engagiert -, sehr starke
Formen annimmt und daß es also möglich war, diese Institution zum Zwecke der Schulung und
Fortbildung der Beamten auszubauen. Wir freuen uns darüber und haben den Wunsch, daß die
Bemühungen entsprechend fortgesetzt werden, denn nicht nur die Politiker sollen entsprechend
ausgebildet und fortgebildet werden, sondern das muß selbstverständlich auch im Beamtenbereich
möglich sein. Durch die Einrichtung einer Verwaltungsakademie sheint uns hier ein geeigneter Weg
gegeben zu sein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir den vorliegenden Budgetentwurf für das Jahr
1975 betrachten, der mit 11,8 Milliarden Schilling erstmals die Zehn-Milliarden-Grenze überschritten
hat, und ihn ganz kurz noch einmal vor unserem geistigen Auge Revue passieren lassen, dann
können wir feststellen: Er bringt uns in jenen Bereichen, die wir als Grundlage zur Verbesserung der
Lebensqualität betrachten, jene Ansätze, die wir wünschen. Er zeugt von verantwortungsvoller
Finanzpolitik und gibt, glaube ich, der Verwaltung Niederösterreichs die Möglichkeit, die
Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß auch im Jahre 1975 in diesem Lande eine erfolgreiche
Aufwärtsentwicklung weitergeführt werden kann, so daß wir mit Recht sagen können: In
Niederösterreich zu leben, in einem Land, wo die Zukunft schon begonnen hat, ist für alle ein großer
Vorteil. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Die Rednerliste zur Generaldebatte ist erschöpft. Der Herr
Berichterstatter hat das Schlußwort.
Berichterstatter Abg. REISCHER: Ich verzichte.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Ich bitte das Hohe Haus, in die Spezialdebatte einzugehen. (Nach
Abstimmung über das Eingehen in die Spezialdebatte): Angenommen.
Ich beabsichtige, bei der Spezialdebatte die Beratung und Beschlußfassung des ordentlichen
Voranschlages über alle Gruppen, des außerordentlichen Voranschlages zu den Gruppen 0 und 2 bis
9, des Stabilisierungsteiles zu den Gruppen 2, 5, 6 und 7 sowie des Dienstpostenplanes 1975 je unter
einem abzuführen und nach Verabschiedung des ordentlichen Voranschlages, des außerordentlichen
Voranschlages, des Stabilisierungsteiles sowie des Dienstpostenplanes 1975 über den Voranschlag
des Landes Niederösterreich für das Jahr 1975 als Ganzes, hinsichtlich Erfordernis und Bedeckung
und über den Antrag des Finanzausschusses zum Voranschlag, Punkt I bis Punkt VIII, abstimmen zu
lassen.
Bei der Abstimmung über die einzelnen Gruppen des Voranschlages beabsichtige ich, zunächst über
allfällige Abänderungs- und Zusatzanträge zu den drei Teilen des Voranschlages 1975, dann über die
Gruppe selbst und zum Schluß über allfällige, zu der jeweiligen Gruppe eingebrachten
Resolutionsanträge abstimmen zu lassen.
Ich ersuche den Abgeordneten Reischer, zur Gruppe 0, Landtag und Allgemeine Verwaltung,
ordentlicher Voranschlag und außerordentlicher Voranschlag, zu berichten.
Berichterstatter Abg. REISCHER: Herr Präsident! Hoher Landtag! Die Gruppe 0, Landtag und
allgemeine Verwaltung, weist ordentliche Ausgaben im Betrage von 1.543,082.000 Schilling aus,
denen Einnahmen von 455,217.000 Schilling gegenüberstehen. Es ergibt sich daher ein
Nettoerfordernis von 1.087,865.000 Schilling.
Diese Gruppe enthält die Ausgaben und Einnahmen für Landtag, Landesregierung, Amt der
Landesregierung, Bezirkshauptmannschaften, Besondere Verwaltungsbehörden, Verwaltung von
Bundesvermögen, Ruhe und Versorgungsgenüsse sowie sonstige Aufwendungen bzw. Erträge. Der
prozentuelle Anteil dieser Gruppe am Ausgangsvolumen des ordentlichen Teiles des Voranschlages
beträgt 13,9%. Die Ausgabenkreditsumme erhöht sich gegenüber dem Vorjahr um rund 269,8
Millionen Schilling. Hiervon entfallen rund 211,1 Millionen Schilling auf den Personalaufwand und rund
58,7 Millionen Schilling auf den Sachaufwand.
Auf der Einnahmenseite wird einte Erhöhung von rund 56,7 Millionen Schilling ausgewiesen. An
außerordentlichen Ausgaben sind in der Gruppe 0 21,951.000 Schilling vorgesehen. Ich ersuche den
Herrn Präsidenten, die Debatte einzuleiten.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zu Worte gelangt der Abg. Wiesmayr.
Abg. WIESMAYR: Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich gehöre zu jenen Abgeordneten, die sich im
Zuge der Verhandlungen über daß Budget im Finanzausschuß erlaubt haben, einen
Abänderungsantrag zu stellen. Ich habe das deswegen getan, weil ich angenommen habe, daß, wenn
dieser Antrag Ihre Zustimmung gefunden hätte, einer großen Gruppe aus der niederösterreichischen
Bevölkerung viel eher hätte geholfen werden können, als dies der Fall ist, wenn nur jene Mittel
wirksam werden, die jetzt im Budget des Landes Niederösterreich vorgesehen sind. Ich habe zur
Kenntnis genommen, daß der Landesfinanzreferent bereit ist, falls dem Land vom Bund weitere Mittel
zur Verfügung gestellt werden, In einem Nachtragsbudget auf diesen meinen Antrag
zurückzukommen. Und aus diesem Grunde habe ich meinen Antrag zurückgezogen.
Mit der Meinung des Klubobmannes der ÖVP hinsichtlich einer Straffung der Budgetdebatte kann ich
mich nur insoweit einverstanden erklären, daß es selbstverständlich den Mitgliedern des Hohen
Hauses überlassen bleiben muß, wielange sie reden und wieviel sie von ihren Wünschen, Sorgen und
Beschwerden hier vorbringen wollen. Es erscheint mir zum Beispiel eine Selbstverständlichkeit zu
sein, daß der Landesfinanzreferent für eine Einbegleitungsrede zu einem Budget, die ungefähr 66
Seiten umfaßt, eineinhalb Stunden für sich in Anspruch nimmt. Und es scheint mir auch eine
Selbstverständlichkeit zu sein, daß aus diesem Grunde auch alle anderen Mitglieder des Hauses das
Recht haben müssen, so lange zu reden, als es ihnen richtig und notwendig scheint. Ich möchte
daher, weil ich so etwas ähnliches in der Zeitung gelesen habe, bevor ich heute auf einige Wünsche
hinsichtlich der Gruppe 0 zu sprechen komme, noch folgendes sagen:
Vor einer Woche, glaube ich, war es, konnte man in einer niederösterreichischen Wochenzeitung
lesen, daß diesmal Dauerredner beim niederösterreichischen Budget nicht gefragt sind. (Abg.
Blochberger: Wie im Parlament!) Es ist gar keine Frage, niemand hat mit Dauerrednern eine Freude,
aber solange ich mich erinnern kann, sind eben die Reden so abgefaßt gewesen, daß sie je nach
Gewicht weniger lange oder eben länger gedauert haben. Aus diesem Grunde bin ich der eingangs
erwähnten Meinung. Es ist gar keine Frage, daß man mit Dauerrednern keine Freude hat, ich möchte
aber zu den polemischen Bemerkungen, die in diesem Artikel gemacht wurden, dennoch einiges
sagen.
Meine Damen und Herren! Wenn ein Sportjournalist über ein Spiel berichtet, nimmt man an, daß er
über die Regeln dieses Spiels Bescheid weiß, und wenn sich ein Journalist mit den Dingen
auseinandersetzt, die hier im Landtag passieren, nimmt man selbstverständlich auch an, daß er die
Spielregeln des Landtages kennt. Und zu den Spielregeln des Landtages gehören die
Niederösterreichische Landesverfassung und die Geschäftsordnung des Landtages. Es ist gar nicht
böse gemeint, was ich sage. Ich lade im besonderen den Herrn, der diesen Artikel geschrieben hat,
ein, die Landesverfassung zu lesen, ja, wenn notwendig, sehr aufmerksam zu studieren, und auch die
Geschäftsordnung zu lesen und zu studieren, denn wenn er das getan hat, dann wird er mir recht
geben, wenn ich folgendes behaupte:
Die Mitglieder des Hohen Landtages haben zur Zeit nur einmal jährlich die Gelegenheit und das
Recht, ihre Sorgen, Wünsche und Vorschläge hier im Landtag vorzubringen. Eine andere Möglichkeit
ist derzeit in der Landesverfassung noch nicht gegeben. Wir haben heute schon gehört, daß
Gespräche zwecks Änderung der Landesverfassung im Gange sind, und es ist im Interesse des
Landtages, aber auch im Interesse der Mitglieder des Hohen Hauses zu wünschen und zu hoffen, daß
diese öfter als bisher, und zwar zu jeder Zeit, Gelegenheit finden, zu dem einen oder zu dem anderen
Problem reden zu können. Ich hoffe, meine Damen und Herren, daß das, was ich jetzt gesagt habe,
nicht wieder dazu führt, daß ein Chefredakteur aus Niederösterreich zur Meinung kommt, dies stünde
mir nicht zu und aus diesem Grunde wieder der Zeitung die Anweisung gibt, meinen Namen darin
nicht mehr zu drucken. Ich bin der Meinung, daß Journalisten und Redakteure selbstverständlich Kritik
üben sollen, glaube aber, daß sie auch an sich selbst Kritik üben lassen müssen, denn erst darin liegt
die wahre Demokratie.
Nun, meine Damen und Herren, erlauben Sie mir, daß ich ganz kurz einige Probleme aufzeige und
einige Wünsche vorbringe. (Abg. Zimper: Sie diskriminieren unseren ganzen Berufsstand! Das ist ein
ungeheuerlicher Vorwurf!) Das ist kein ungeheuerlicher Vorwurf. Wenn Sie wollen, können Sie von mir
in einem Privatgespräch erfahren, was ich gemeint habe. Ich sage das hier gar nicht von dieser Stelle
aus, aber wenn Sie wollen, bin ich gerne bereit, Ihnen in einem Privatgespräch das zu sagen, was ich
meine. Das ist kein Vorwurf, sondern die Feststellung einer Tatsache, die ich beweisen kann, geehrter
Herr Kollege.
Und nun zu dem Problem Nr. 1, das ich mir zur Erörterung vorgenommen habe. (Zwischenruf von
rechts.)
Ich habe Ihnen schon gesagt, ich bin gerne bereit, Ihnen in einem Privatgespräch das zu beweisen,
was ich gesagt habe. (Abg. Zimper: Konkreter!) Konkreter sag ich’s hier nicht, weil ich es einfach nicht
gut finde, daß ich es hier von dieser Stelle aus tue. Ich bin aber gerne bereit, dies außerhalb des
Landtages zu tun. Ich kann Beweise erbringen, Sie können Gift darauf nehmen.
In der vergangenen Woche hat der Finanzausschuß zur Behandlung des Budgets getagt. Bei diesen
Budgetverhandlungen waren mehr als 100 Wortmeldungen. Ich sage Ihnen das deswegen, weil ich
darauf hinweisen will, daß es bis heute noch Brauch und Sitte ist, daß bei den
Ausschußverhandlungen im Lande Niederösterreich ein Abgeordneter Schriftführer ist. Wenn wie im
Finanzausschuß zur Behandlung des Budgets 100 und mehr Wortmeldungen vorliegen, dann glaube
ich, kommt derjenige, der gerade Schriftführer ist, ob dies der gewählte Schriftführer oder sein
Stellvertreter ist, kaum dazu, in die Debatte einzugreifen. Es ist hier über dieses Problem schon einige
Male gesprochen worden, und ich möchte dies heute wiederholen, und zwar aus dem einfachen
Grund, weil ich der Meinung bin, daß die Abgeordneten im Finanzausschuß und in allen anderen
Geschäftsausschüssen die Möglichkeit haben sollen, sich zu den einzelnen Problemen zu Wort zu
melden. Ich sage es Ihnen noch einmal:
In einem Ausschuß, wo umfangreiche Geschäftsstücke behandelt werden, hat der sogenannte
Schriftführer mit dem Schriftführen so viel zu tun, daß er einfach nicht in der Lage ist, an den
Beratungen dieses Geschäftsstückes teilzunehmen. Wenn ich mich an meine Funktion als
Gemeinderat zurückerinnere, dann weiß ich, daß in den Gemeindeämtern den Ausschüssen sehr
wohl Schriftführer, und zwar beamtete Schriftführer, zur Verfügung stehen. Ich bin der Meinung, daß
das, was in den niederösterreichischen Gemeinden Brauch und Sitte ist, auch im
Niederösterreichischen Landtag möglich sein müßte. Mein Ersuchen geht daher an die Herren
Präsidenten des Hohen Hauses, dieses Problem bei einer ihrer nächsten Beratungen zur Sprache zu
!bringen, weil dieses meiner Meinung nach geregelt gehört.
Einen zweiten Wunsch, den ich vorzubringen habe: Vor einigen Monaten hat hier im
Landtagssitzungssaal die Landeskonferenz der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten getagt. In
Niederösterreich gibt es derzeit rund 14.000 Gemeindebedienstete. Etwa 12.000 davon sind
gewerkschaftlich organisiert. Bei der Landeskonferenz ist eine Reihe sehr wichtiger Anträge behandelt
worden, die sich mit dem Dienst- und Gehaltsrecht und mit vielen anderen Problemen, die die
Gemeindebediensteten betreffen, befaßt haben. Einen davon möchte ich heute hier zur Sprache
bringen, um den Hohen Landtag darauf aufmerksam zu machen. Die Konferenz der Gewerkschaft der
Gemeindebediensteten ist der Meinung gewesen, daß man in Niederösterreich darangehen sollte, bei
den Gemeinden sogenannte Verwaltungslehrlinge oder, wenn Sie wollen, Verwaltungspraktikanten
einzustellen. Weshalb ich heute diesen einen Antrag zur Sprache bringe, sage ich Ihnen auch. Ich bin
nämlich der Meinung, daß in diesem Falle Eile not tut. Die ungefähr 25 bis 30 Jahre dienenden
Gemeindebediensteten, die im Jahre 1945 angefangen haben, die niederösterreichischen Gemeinden
aufbauen zu helfen, gehen langsam in Pension. Und es wäre notwendig - die Gemeindeverwaltungen
werden immer komplizierter -, daran zu denken, einen neuen Stock von Bediensteten heranzubilden,
die bei der Bewältigung der Arbeit in den Gemeinden gute Dienste leisten könnten. Ich möchte
bemerken, daß sich die Gemeindebediensteten sehr wohl den Kopf darüber zerbrechen - und auch
den Kopf darüber zerbrechen sollen -, was ihren Gemeinden gut tut. Ich darf sagen, daß einige
Gemeinden des Landes Niederösterreich bereits einen Versuch unternommen haben - ich führe nur
die Stadtgemeinde Schwechat an -, und ich kann weiterhin mitteilen, daß die Gemeinde Schwechat
auf diesem Gebiet die beste Erfahrung gemacht hat. Die Verwaltungslehrlinge, die vor Jahren
aufgenommen worden sind, sind heute im Verwaltungsapparat eingegliedert und leisten sehr gute
Arbeit. Ich betone das hier im Niederösterreichischen Landtag deswegen, weil Eile not tut und weil der
Landtag Gesetzgeber ist und in dieser Hinsicht gesetzgeberisch tätig werden müßte.
Ich möchte aber darauf aufmerksam machen, daß uns dabei folgendes vorschwebt: Dies soll, so wie
es in allen anderen Sparten auch der Fall ist, eine echte Berufsausbildung sein mit einer Lehrzeit von
drei oder vier Jahren, so daß der Verwaltungslehrling einen echten Abschluß hat und mit dem Zeugnis
natürlich überall ankommen kann. Vielleicht - ich weiß es nicht, die Frage ist noch nicht geprüft
worden - würde es sich sogar lohnen, mit den anderen Bundesländern das Einvernehmen darüber
herzustellen, um unter Umständen eine bundeseinheitliche Regelung herbeizuführen.
Ein weiteres Problem, das die Gemeindebediensteten bewegt hat, ist ihre Weiterbildung. Die
Gemeindebediensteten sind der Auffassung - und die Gewerkschaft unterstreicht dies -, daß eine sehr
intensive Weiterbildung der Bediensteten unbedingt notwendig ist. Nun wissen wir, daß es in
Niederösterreich eine Kommunalakademie gibt. Die Kommunalakademie setzt sich aus Funktionären
der beiden Gemeindevertreterverbände zusammen. Zu meiner Verwunderung steht die Gewerkschaft,
diese Institution, die für ungefähr 12.000 Dienstnehmer mitverantwortlich ist, außerhalb der
Verwaltungsakademie.
Ich habe mir vorgenommen, dies heute vorzubringen, weil die Gewerkschaft der
Gemeindebediensteten in der nächsten Zeit an die beiden Gemeindevertreterverbände mit dem
Ersuchen herantreten wird, die Gewerkschaftsvertreter in diese Institution aufzunehmen. Wir glauben,
daß Gemeindebedienstete sehr wohl wissen, wie ihre Weiterbildung und Fortbildung aussehen soll
und wie sie durchgeführt werden soll. Weil ich weiß, daß hier eine Reihe von einflußreichen
Kommunalpolitikern sitzt, die auch in den Verbänden mit tonangebend sind, möchte ich heute die Bitte
an Sie richten, das Ansuchen, das in der nächsten Zeit an Sie ergehen wird, wohlwollend zu prüfen
und dabei die Meinung vorherrschen zu lassen, daß die Gemeindebediensteten. nichts anderes
wollen, als in den beiden Verbänden und in der Verwaltungsakademie mitzuhelfen, die
Gemeindebediensteten weiterzubilden.
Dasselbe gilt für die Vorbereitung der Dienstprüfungen der Gemeindebediensteten. Ich möchte heute
hier meiner Verwunderung Ausdruck verleihen und feststellen, daß es noch immer keinen
Gemeindebediensteten gibt, der von der Verwaltungsakademie oder Kommunalakademie eingeladen
wurde, gelegentlich einmal bei der Vorbereitung der Gemeindebediensteten für die Dienstprüfung
einen Vortrag zu halten. Ich kann mir vorstellen, daß gerade die Gemeindebediensteten ganz genau
wissen, was die Prüflinge wissen müssen, um die Prüfung zu bestehen. Ich könnte Ihnen aus dem
Stegreif eine Reihe von versierten und vorgebildeten Gemeindebeamten aufzählen, die ohne weiteres
bereit wären, im Rahmen dieser Akademie Vorträge zu halten.
Die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten - das will ich auch mit allem Nachdruck sagen - wundert
sich im übrigen darüber, daß bei den Dienstprüfungen noch kein Gewerkschaftsvertreter dabei ist. Wir
werden unseren Wunsch in der allernächsten Zeit dem Land Niederösterreich wiederum zur Kenntnis
bringen und dafür eintreten. Ich möchte Sie bitten, dies auch zu tun und zu verstehen, daß bei den
Dienstprüfungen ein Gewerkschaftsvertreter dabei sein soll.
Nun zum Problem Numero drei, das ich mir vorgenommen habe, heute wieder zur Sprache zu
bringen. Es betrifft nicht dan Finanzkontrollausschuß, sondern das Kontrollamt, meine Damen und
Herren. Das ist heute schon einmal angeklungen. Im vergangenen Jahr habe ich ersucht, daß dem
Kontrollamt ein Jurist zur Verfügung gestellt wird, was im Laufe des vergangenen Jahres möglich
gewesen ist. Ich habe außerdem schon einige Male darum ersucht, daß dem Kontrollamt weiteres
Fachpersonal zur Verfügung gestellt wird. Im Kontrollamt ist derzeit ein Diplomkaufmann und
außerdem ein B-Techniker tätig. Das ist schon ein bedeutender Fortschritt. Ich darf Ihnen aber sagen,
daß es notwendig sein wird, in der nächsten Zeit gerade auf diesem Gebiet noch einiges zu tun.
Ich komme auf das Beispiel zurück, das wir hier auch schon einmal zur Sprache gebracht haben,
nämlich auf das Beispiel der Kontrolle der NEWAG. Die Landesregierung hat dem Kontrollamt zu
diesem Zweck zwei Hochschullehrer zur Verfügung gestellt, ausgesuchte Fachkräfte, die uns
überhaupt erst in die Lage gesetzt haben, eine Kontrolle bei der NEWAG durchführen zu können. Wir
werden nicht jedes Jahr die NEWAG zu kontrollieren haben, und es ist auch nicht notwendig, diesem
Beispiel zu folgen, um gelegentlich wiederum einen oder zwei Hochschullehrer in das Kontrollamt zu
bekommen. Ich sage Ihnen aber sehr ernsthaft: Wenn uns an der Echtheit der Kontrolle gelegen ist,
brauchen wir bei der Kompliziertheit der Verwaltung weitere Fachkräfte. Aus diesem Grunde kündige
ich folgendes an: Meine Freunde und ich werden in der nächsten Zeit im Finanzkontrollausschuß
hinsichtlich des Personals, das wir notwendig brauchen, um eine echte und wahre Kontrolle
durchführen zu können, einige Vorschläge erstatten. Ich hoffe, daß die Mitglieder des
Finanzkontrollausschusses, die von der ÖVP-Seite kommen, im Interesse der Kontrolle des Landes
Niederösterreich diesem unserem Wunsche beitreten werden.
Nun noch einige wenige Worte zur Personalhoheit. Meine Damen und Herren! Ich darf Sie darauf
aufmerksam machen, daß nach der niederösterreichischen Landesverfassung ein einziger Beamter
durch Wahl des Landtages in eine Position berufen wird. Es ist dies der Vorstand des Kontrollamtes.
Als die Landesverfassung beschlossen wurde, haben sich die Abgeordneten dieses Hohen Hauses
sicherlich etwas dabei gedacht. Ich stelle mir vor, daß man sich damals gedacht hat, man müßte einen
Beamten von der Verwaltung dadurch unabhängig machen, daß er vom Landtag gewählt wird und nur
diesem und dem Finanzkontrollausschuß Rechnung legen muß. Nun möchte ich dies erweitern und
folgendes sagen: Wenn uns an einer echten Kontrolle tatsächlich gelegen ist, müßten wir uns einmal
darüber unterhalten, ob es nicht notwendig und möglich wäre, auch die übrigen Beamten des
Kontrollamtes aus der Personalhoheit der Landesregierung zu lösen und dem Finanzkontrollausschuß
bzw. dem Landtag direkt zu unterstellen. Eine Überlegung wäre dieser Vorschlag sicherlich wert. Ich
möchte daher mit der Bitte schließen, daß uns, wenn meine Fremde und ich in der nächsten Zeit im
Finanzkontrollausschuß derartige Vorschläge zur Sprache bringen, das nötige Verständnis
entgegengebracht wird. (Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Wort gemeldet ist der Abg. Fidesser, der nicht anwesend ist.
Damit wäre die Rednerliste erschöpft, meine Damen und Herren. Ich darf also die Klubordner bitten, in
Zukunft einige Redner mehr anzumelden, damit nicht wieder ein solcher Zwischenfall passiert.
Der Abg. Bieder hat das Wort.
Abg. BIEDER: Hoher Landtag! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Umfang des
Personalaufwandes, der im ordentlichen Haushalt ohne Lehreraufwand fast ein Drittel des Budgets
ausmacht, ist immer von Bedeutung. An der Spitze meiner Ausführungen lassen Sie mich sehr
allgemein ein offenes Wort sagen. In der Öffentlichkeit ist leider der öffentlich Bedienstete in ein Licht
gerückt, das seine tatsächlichen Leistungen keinesfalls erkennen läßt. Die negative Einstellung, die
aus verschiedenen Gründen gegeben ist, lenkt daher das Auge der Öffentlichkeit sehr stark auf die
Ausgabenseite. Damit wird der Personalaufwand zu einem sehr kritischen Punkt jedes öffentlichen
Haushaltes. Der Mann von der Straße sagt sich schlechthin ganz einfach: Ein Drittel meines
Steuerschillings frißt der Beamte, ohne darauf näher einzugehen, welch große Leistungen die
öffentliche Hand auch im Bereiche der öffentlich Bediensteten für die Bevölkerung liefert. In
Wirklichkeit, auch wenn wir bei der Aussage von den 30 Groschen des Steuerschillings bleiben,
fließen diese dem Bürger bei etwas näherer und objektiverer Betrachtung in Form von verschiedenen
Dienstleistungen wieder zurück.
Der öffentliche Dienst bezieht sich ja nicht nur auf die Hoheitsverwaltung, die natürlich im gleichen
Maße bedeutsam ist, sondern umfaßt einen weiten Bogen bis zu den Kindergärten und darüber
hinaus. Ich möchte auch heute, wie bei jeder Gelegenheit zuvor, sagen, daß es unbedingt erforderlich
ist, den Personaleinsatz immer wieder neu zu überdenken und daß man im Sinne der Rationalisierung
stets trachten muß, Mehrerfordernisse auf diesem Gebiet soweit als möglich aufzufangen.
Verwaltungsreform soll auch hier kein Schlagwort bleiben, sondern ein ständiger Prozeß der
rationelleren Arbeitsweise, wie er ja auch in der Privatwirtschaft stets angewendet wird, der sich dann
audi im Einsatz des öffentlich Bediensteten positiv auswirkt.
Auf der anderen Seite muß aber doch immer wieder betont werden, daß infolge der allgemeinen
Arbeitszeitverkürzung, die mit 1. Jänner 1975 erfolgt, die Dienstleistungen, die zum Beispiel durch das
Sozialhilfegesetz erforderlich wurden, einfach nicht durch Maßnahmen vorgenannter Art ganz
aufgefangen werden können. Wir freuen uns hier im Haus, daß es gelingt, mehr Kindergärten, mehr
Altenheime sowie mehr und qualitativ bessere Spitalsbetten zu bauen.
Meine Damen und Herren! Wenn wir solche Vorhaben hier im Hohen Haus des öfteren mit
begreiflicher Begeisterung beschließen können, muß uns klar sein, daß wir damit immer wieder neue
Dienstposten quasi mitbeschließen. Die Rechnung, so will ich sagen, bekommen wir natürlich in Form
des Personalaufwandes jeweils serviert. Wir sollten keinesfalls ausweichen, sondern auch hier eine
klare und eindeutige Haltung beziehen. Wir haben 1975 um 1407 Dienstposten mehr zu verkraften.
Das bedeutet gleichzeitig einen Mehraufwand - der Berichterstatter hat das schon sehr exakt
ausgeführt - von rund 453,000.000 Schilling, in welchem Betrag natürlich auch die am 1. Juli 1975
wirksam werdende vierte Etappe enthalten ist. 698 Dienstposten entfallen auf die ehemaligen
Bezirksfürsorgeverbände ohne Bezeichnung im Zusammenhang mit dem Sozialhilfegesetz, die
restlichen 709 Dienstposten teilen sich wie folgt auf. Ich möchte das ganz betont unterstreichen, weil
daraus noch einiges zu erkennen ist: 172 Dienstposten für die Behördenverwaltung, 227 Posten für
Spitäler und Altenheime, 147 für den Kindergartendienst und 162 Dienstposten für den Straßen- bzw.
Baudienst. Schließlich ist ein Dienstposten noch für eine Hilfskraft in einer Fachschule vorgesehen.
Auch als ein Vertreter der Minderheit hier im Hohen Haus will ich diese Dinge ohne jede Demagogie
darlegen und damit die Notwendigkeit dieses Personalbedarfes im Sinne meiner vorhergehenden
Anmerkungen anerkennen.
Meine Damen und Herren der rechten Seite dieses Hauses! Bei Ihnen ist dies jedoch, wo immer Sie in
der Minderheit sind, ein wenig anders. Im Bund zum Beispiel, darf ich Sie daran erinnern, wird die
Arbeitszeitverkürzung von Ihren Parteifreunden natürlich ebenso zur Kenntnis genommen; zur
Personalvermehrung, um diese aufzufangen, sagen Sie aber in aller Öffentlichkeit „nein“. Bei jeder
passenden, oder, wenn Sie wollen, auch unpassenden Gelegenheit wird höhere Sicherheit verlangt,
was natürlich eine Vermehrung der Sicherheitsbeamten bedeutet. Am schulischen Sektor
desgleichen. Wenn diesen Belangen aber dann entsprochen wird, geht die Polemik in aller
Öffentlichkeit eben gegen den Personalaufwand. Diese Polemiken erfolgen doch nur deshalb, weil,
wie ich anfangs erwähnte, der öffentlich Bedienstete gerade wegen solcher oft unsachlicher
Polemiken in der Öffentlichkeit in einem ungebührlichen Licht steht und man deshalb glaubt,
besonders aktuell zu sein. Im Interesse der öffentlich Bediensteten und deren Leistungen wäre es
meiner Überzeugung nach wirklich zielführender, die Dinge so zu betrachten, wie ich es in bezug auf
diese Vorlage versucht habe.
Meine Damen und Herren! Ich habe erfreulicherweise festgestellt, daß wir in Kürze eine
Dienstpragmatiknovelle, die heute im Hause eingebracht wurde, zur Behandlung vorfinden werden, so
daß ich meine altbekannten Forderungen, die ich immer wieder hier von dieser Stelle aus vertreten
habe, heute ausnahmsweise erst auf den Verhandlungstisch zur DPL-Novelle legen möchte. Lassen
Sie mich aber dennoch ein paar personalpolitische Fragen einer kurzen Betrachtung unterziehen.
Vor wenigen Wochen, ich glaube, es ist der rechten Seite dieses Hauses noch in freudiger
Erinnerung, wurden Personalvertretungswahlen abgeführt. Obwohl die Kompetenz für die
Rechtsstellung der Personalvertretung im Lande ab 1. Jänner 1975 gegeben ist, hat es die
Österreichische Volkspartei vorgezogen, auch noch für diese Wahl eine ungesetzliche Grundlage zu
akzeptieren. Sicher, meine Damen und Herren, kann man sagen, die Kompetenzübertragung ist der
erste Schritt, die Erarbeitung gesetzlicher Grundlagen, nämlich des LandesPersonalvertretungsgesetzes, bedarf noch gründlicher Diskussionen, da sie ja langfristig wirksam sein
sollen und daher gut überlegt werden müssen. Auch diesem Argument hat die sozialistische Fraktion
Rechnung getragen und in einigen wenigen Punkten eine Änderung der provisorischen Wahlordnung
verlangt.
Die sozialistische Fraktion wäre nach Verhandlungen über diese Änderungsvorschläge bereit
gewesen, eine solche Wahlordnung als Grundlage für diese Personalvertretungswahl zu jenem
Zeitpunkt anzuerkennen, wo ein Landes-Personalvertretungsgesetz Rechtskraft erlangt hat. Es waren
drei bzw. vier Punkte, die ich gerne noch einmal in Erinnerung rufen möchte. Erstens die Einführung
des Amtlichen Stimmzettels. Zweitens sollten für die Kandidatur keine Unterstützungsunterschriften
nötig sein. Drittens sollten alle für eine Gruppe abgegebenen Stimmen auch für die
Zentralpersonalvertretung gültig sein, auch dann, wenn nur für eine Dienststelle ein gültiger
Wahlvorschlag vorliegt oder eingebracht wurde. Und schließlich wurde viertens verlangt, die
Bediensteten der Spitäler nach den Bestimmungen des Betriebsrätegesetzes wählen zu lassen, da
dieses Gesetz für diese Bediensteten schon immer gilt.
Zum ersten Punkt, Amtlicher Stimmzettel, meine Damen und Herren, sollte man glauben, daß dazu
wohl kaum etwas zu sagen ist. Beibringung von Unterschriften. Dazu werden Sie mir vielleicht sagen,
daß diese auch in anderen Rechtsbereichen dieser Art, im Betriebsrätegesetz, aber auch im BundesPersonalvertretungsgesetz erforderlich sind, was ich natürlich selbst weiß, und Sie können versichert
sein, daß das meine Freunde in der Gewerkschaftsfraktion ebenso wissen. Meine Damen und Herren!
Dieses Ansinnen wurde gestellt, weil bei den letzten Wahlen auf jene Bediensteten, die den SPÖVorschlag unterstützten, ein derartiger Druck ausgeübt wurde, daß befürchtet werden mußte, daß sich
kein Bediensteter mehr unterschreiben getraut, weil dies ja schwerste Nachteile in dienst- und
besoldungsrechtlicher Hinsicht und darüber hinaus noch andere Nachteile zur Folge gehabt hätte.
Meine Damen und Herren! Ich habe von dieser Stelle aus und bei den letzten
Personalvertretungswahlen das Beispiel Tulln zitiert und Ihnen dies sogar mit Namen untermauert.
Bezüglich des Ansinnens, daß alle Stimmen für die Zentralpersonalvertretungswahlen gelten sollen,
auch wenn sie in einer Dienststelle abgegeben wurden, wo kein Dienststellenvorschlag eingebracht
worden ist, glaube ich, daß dies sicher eine kleine Geste der Minderheit gegenüber gewesen wäre.
(Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Ändern wir sofort, wenn wir dieselbe Bestimmung in den
Betrieben bekommen!) Ich habe ganz deutlich gesagt, warum wir dieses Ansinnen an Sie gestellt
haben, meine Damen und Herren! Wenn Sie uns hier einigermaßen eine Garantie gegeben hätten,
dann hätten wir darüber sprechen können. Sie waren aber in Wahrheit gar nicht bereit, darüber zu
reden. Man hat es wirklich nicht der Mühe wert gefunden, mit uns zu verhandeln. Die
Personalvertretung hat einstimmig, so hieß es, beschlossen, daß alles beim alten bleibt. Die
Minderheit, das muß hier auch noch einmal deponiert werden, war nicht ordnungsgemäß eingeladen
gewesen, weshalb sie bei dieser Sitzung gar nicht anwesend sein konnte und in der Folge natürlich
auch nicht sprechen konnte. Ich glaube, das ist doch Demagogie in höchstem Ausmaß. Noch etwas
hat sich, wie schon gesagt, die SPÖ-Fraktion erlaubt, nämlich zu fordern, daß die Spitalsbediensteten
nach dem Betriebsrätegesetz, nach dem Betriebsverfassungsgesetz wählen sollten. Meine Damen
und Herren! Seit Jahrzehnten fordert die Österreichische Volkspartei vor allem in diesem Haus unter
anderem die Kompetenzübertragung des Bundes an das Land, um es dem Land zu ermöglichen, ein
Landespersonalvertretungsrecht zu normieren. Was die Österreichische Volkspartei in der Koalition
und in der folgenden Alleinregierung nicht gemacht und nur versprochen hat - ich darf im
Zusammenhang mit dem Notopfer daran erinnern, daß es damals echt versprochen wurde -, hat nun
die Regierung Kreisky bzw. die SPÖ-Mehrheit im Parlament bewerkstelligt. Mit 1. 1. 1975, wie gesagt,
sind nun diese Kompetenzen beim Bund. Nun ist es aber doch, meine Damen und Herren, sehr
bezeichnend: Auf der einen Seite der ständige Ruf nach rechtlicher Grundlage, dort, wo sie aber
gegeben ist, steht sie für Sie nicht zur Diskussion. In den Krankenanstalten, ich sage es noch einmal,
ist nun einmal das Betriebsrätegesetz die eindeutige Rechtsgrundlage für die Betriebsratswahlen, und
die SPÖ-Fraktion hat auch diesmal wieder verlangt, auf dieser vorhandenen gesetzlichen Basis
Wahlen abzuhalten. Aber auch dazu von seiten der Österreichischen Volkspartei ein klares, ein
kategorisches Nein. Damit, meine Damen und Herren, glaube ich, sieht man hier völlig klar. Es geht
der Österreichischen Volkspartei - den Schluß muß man aus dieser Haltung ziehen - nur um jenes
„Recht“ mit Anführungszeichen, das man sich als Mehrheit richten kann, nicht aber um die echten
demokratischen Rechtsnormen für die Durchführung solcher Wahlen. Die Mehrheit hat ohne rechtliche
Basis, ohne Einvernehmen mit der Minderheit eine Wahl durchgezogen. Meine Damen und Herren,
ohne jede demokratische Kontrolle? Man wollte eben offensichtlich ganz unter sich sein. Das
Ergebnis: Hundertprozent gültige Stimmen für die Österreichische Volkspartei.
Meine Damen und Herren rechts, ich gratuliere Ihnen zu diesem Erfolg, nicht aber der Demokratie.
Das Ergebnis, meine Damen und Herren, war ja von vornherein völlig klar und wurde ja auch bei einer
Konferenz in Klosterneuburg deutlich ausgesprochen; die Veröffentlichung erfolgte natürlich erst am
Abend des letzten Wahltages. Was eine Partei in der Größenordnung der Österreichischen
Volkspartei zu solchem bewegt, ist mir persönlich, das sage ich hier ganz offen, einfach
unverständlich.
Seit 25 Jahren haben Sie, meine Damen und Herren der Rechten, die Personalpolitik in einer Art in
der Hand, wie sie weit über unsere Grenzen hinaus sprichwörtlich geworden ist. Es gibt doch in
diesem Land in Wahrheit keine Aufnahme ohne politisches Röntgenbild. Ein rotes Pünktchen, wenn
auch nur im zweiten Glied der Familie, in der Verwandtschaft, genügt schon, um für den Landesdienst
untauglich zu sein. Der Herr Landeshauptmann hat ja kürzlich gesagt, ich glaube im Zusammenhang
mit den Niederösterreichischen Landtagswahlen, „warum soll ich mir denn andere hereinnehmen“,
zumindest im Tenor, wenn nicht wortwörtlich. Sie sind also, wenn Sie nicht eindeutig der
Österreichischen Volkspartei hörig sind, untauglich für den niederösterreichischen Landesdienst. Die
damit erzwungene Mehrheit ist Ihnen aber trotz allem anscheinend noch nicht verläßlich genug, um
demokratische Wahlen nach dem Betriebsrätegesetz durchzuführen.
Daß es wirklich nicht mehr statthaft ist, Ihre Personalpolitik mit allen Mitteln zu führen, will ich Ihnen
aus dem Munde einer Mutter wiedergeben. Sie schreibt einen offenen Brief. Ich zitiere: „Unsere
Tochter hat in der Krankenschwesternschule in Mödling allgemeine Krankenpflege gelernt und im
September dieses Jahres das Diplom gemacht. Sie war 15% Jahre alt, als sie eintrat, hat zwei Jahre
Vorschule gemacht und kam dann in die Schwesternschule. Schon in der Vorschule ist man an die
jungen Mädchen herangetreten, sie sollen zum ÖAAB gehen, sie würden dafür dies und jenes
erhalten, darunter auch ein besseres Essen.“ (Heiterkeit bei der ÖVP.) Meine Damen und Herren, Sie
lachen, mir ist bei der Zitierung dieses Briefes nicht zum Lachen. Sie schreibt weiter, es wurden aber
weder Mängel abgestellt noch wurde das Essen besser, nur die Beiträge hätte man von den jungen
Mädchen kassiert, die sowieso jeden Groschen gebraucht hätten. Da sieht man wieder, mit welchen
Bauernfangmethoden die Österreichische Volkspartei samt ihren verschiedenen Vereinen arbeitet.
Meine Damen und Herren der rechten Seite, das ist nicht von mir (Heiterkeit bei der ÖVP), das ist von
der Mutter einer Schwesternschülerin, die das offen mit ihrem Namen bekanntgibt. Wenn solche
Schreiben für Sie lächerlich sind, dann bedauere ich das außerordentlich. (Abg. Zimper: Ernst nehmen
kann man das wirklich nicht.) Ich, meine Damen und Herren, betrachte diese Methoden gering gesagt
als skandalös. (Abg. Steinböck: Sie glauben das ja selbst nicht, was Sie vorgelesen haben.) Es wäre
besser, Kollege Steinböck, wenn Sie das zu einem anderen sagen würden. Aber ich bin ja selbst
Landesbediensteter, ich weiß, wie die Dinge intern aussehen. Gerade deshalb sehe ich die Dinge
wirklich ernster und kann mich Ihrer lächelnden Haltung nicht erfreuen, sondern bin ernstlich
befremdet darüber, daß Sie solche Tatsachen mit einem Lächeln abtun. Ich wünsche mir nur, daß Sie
diese Dinge sachlich überprüfen, die Abschrift dieses Briefes steht Ihnen jederzeit zur Verfügung.
Ändern Sie doch endgültig Ihre Haltung. Ich wäre hocherfreut, könnte ich einmal in diesem Hohen
Haus zur Gruppe 0 - das würde mir viel besser tun, das können Sie mir aufrichtig glauben - auch
bezüglich der Personalpolitik einmal etwas Positives sagen. (Beifall bei den Sozialisten.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Wort gelangt der Abg. Wittig.
Abg. WITTIG: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich an sich gefreut
und wollte schon ein Wort des Dankes sagen, Herr Kollege Bieder, daß Sie einmal sehr sachlich zu
den die Gruppe 0 und den Dienstpostenplan betreffenden Problemen gesprochen haben. Auch in der
Polemik, auf die Sie dann eingegangen sind, gibt es sicherlich Dinge, über die man reden kann. Ich
bin durchaus dieser Auffassung. Daß wir die vierjährige Periode nicht überziehen wollten, ist meiner
Meinung nach ein demokratischer Standpunkt. Wir haben vor vier Jahren die Personalvertretung
gewählt und wollen also, nachdem wir schon einige Male auf dieser Basis gewählt haben, dies
neuerlich tun. Der Wunsch, betreffend die Krankenanstalten, wird sich auf Grund des neuen
Personalvertretungsgesetzes sicherlich in Ihrem Sinne ändern.
Zu Ihren letzten Ausführungen möchte ich aber doch eines sagen: Man hatte heute schon mehrmals
den Eindruck, daß der Hohe Landtag mit einem Kabarett verwechselt wird. Das war bei dem
Hauptredner der Fall und auch bei den letzten Ausführungen. Herr Kollege Bieder, ich glaube, es war
meine erste Rede hier im Hohen Haus, bei der es um das Straßenpersonal ging und auch um
Personalprobleme, wobei ich gesagt habe, es sei doch nicht so, daß ein sozialistischer Straßenwärter
eine größere Schaufel in der Hand hat. So ähnlich kommt also Ihr Vergleich: „Wenn man zum ÖAAB
geht, dann kriegt man in einer Krankenanstalt ein besseres Essen.“ Sie haben sogar gesagt, sie sei
dazugegangen und es wäre trotzdem nicht besser geworden. Herr Kollege, Leserbriefe kenne ich,
auch wir arbeiten hin und wieder mit Leserbriefen. (Abg. Dr. Brezowszky: Ein Geständnis!) Kann man
als persönliches Geständnis zur Kenntnis nehmen. (Zwischenrufe bei den Sozialisten.) Ich kann Ihnen
aber auch nachweisen, daß sehr viele Leerbriefe einlangen. Ich spreche vielleicht von der lokalen
Ebene, damit es nicht so dramatisch aussieht, wie Sie das jetzt sehen wollen. Ich glaube also, daß
man die Dinge nicht überspitzen soll.
Es sind eine Reihe von Äußerungen gefallen, wie „skandalös“ und dergleichen. Herr Kollege Bieder, in
der letzten Zeit ist eine ganze Reihe von Leuten in den Landesdienst aufgenommen worden, die Ihrer
Richtung angehören. Ich denke an Kindergärtnerinnen, davon haben Sie zweifellos nichts gesagt.
Wenn es in allen Spitälern so wäre, wie Sie es hier geschildert haben, dann müßte ich mich als
ÖAAB-Mandatar freuen. Es gibt aber auch die gegenteilige Entwicklung. Ich nenne sehr offen hier das
Krankenhaus Krems. Ich habe Informationen, daß es dort umgekehrt ist, Herr Kollege Bieder. Dort
gehen die sozialistischen Schwestern schon zu den Schülerinnen und werben für die Sozialistische
Partei; ob sie diese Mädchen auch mit dem Essen ködern, das hat sich bis zu mir noch nicht
durchgesprochen. Ich nehme es in Krems nicht an, bitte. Man sollte also die Dinge nicht einseitig
beleuchten.
Es ist schon mehrmals gesagt worden, wie es bei der Bundesbahn aussieht. Ich glaube, da ist noch
ein Beispiel zu nennen, die Verstaatlichte. Herr Kollege Stangl, wie schaut es bei der Verstaatlichten aus? (Abg. Stangl: Die Bundesbahn können Sie ausschalten.) Wie schaut es bei der
Verstaatlichten aus? Wer sich da zum ÖAAB bekennt, der hat in Kürze eine sehr miese
Beschäftigung, wenn ich Ihnen ein Beispiel hier sagen darf.
Ich möchte von diesem Problem jetzt zur Gruppe 0 zurückkehren. Der Kollege Bieder hat schon
ausgeführt, wie man die Gruppe 0, eine der größten Gruppen im Budget, beurteilt. Auch in der
Debatte des Finanzausschusses ist zum Ausdruck gekommen, daß man mit der Entwicklung
zufrieden ist; der Kollege Graf hat gesagt, wir sind zufrieden, weil der Personalaufwand unter 30%
liegt. Das Verhältnis Personalaufwand zu Sachaufwand ist 29,23 zu 70,77%. Ich glaube, daß hier
sicherlich auch die Bemühungen in Richtung einer sparsamen Verwaltung zum Tragen gekommen
sind. Auch über die Gesamtausgaben und ihre Begründung ist gesprochen worden, über die
Kostensteigerung. Ich glaube daher, mir diese Dinge sparen zu können.
Es ist auch über die Steigerung der Reisekosten diskutiert worden, sie beträgt ohne Altersheime
17,07%; ich glaube, daß auch die Reisekosten nicht sprunghaft gestiegen sind, meine Damen und
Herren, sondern daß die Erhöhung des Kilometergeldes von S 1,58 auf S 2,- infolge Änderung des
Berechnungsschlüssels durch Umstellung von der früheren Relation zum Eisenbahntarif auf eine
Koppelung an den Benzinpreis zwangsläufig eine Erhöhung nach sich zog. Eine enorme Ausweitung
der Ausgaben hat eben zweifellos auch eine Ausweitung des Reisekostenetats zur Folge.
Auch zum Dienstpostenplan kann man meiner Meinung nach ein positives Urteil abgeben. Wir
verzeichnen eine Vermehrung um 709 Dienstposten oder 5,2%; auch hier sind bereits die
wesentlichsten Fakten, die zu dieser Dienstpostenvermehrung führten, aufgezählt worden. Wir haben
auch hier, ähnlich wie das beim Bund geschehen ist, mit der Systemisierung von 142 Dienstposten
sicherlich auch eine Vorsorge für die 40-Stunden-Woche getroffen. Damit ist aber nicht gesagt, daß
diese Dienstposten voll ausgeschöpft werden, sondern sie stellen eine Fiktion dar. Ich weiß vom
Bund, daß man dort gesagt hat, man müßte nur theoretisch 13.000 Dienstposten systemisieren, denn
durch Ersparnisse kommt man sehr wesentlich darunter. Man ist jetzt bei einer Summe - mit allen
Vermehrungen, die auch Kollege Bieder aufgezählt hat - von etwa 4300 Dienstposten gelandet. Ich
glaube also, daß man auch hier sehr sorgsam und sehr zielbewußt vorgegangen ist. Man hat bei der
Erstellung des Dienstpostenplanes den Schwerpunkt sicherlich nicht darauf gelegt, Schreibtische zu
vermehren, sondern den Personalstand dort zu erhöhen, wo es darum geht, die Bevölkerung
Niederösterreichs besser zu betreuen, sei es nun im vorschulpflichtigen Alter oder im höheren Alter, in
der Pension, wo der einzelne Mensch nicht mehr selbst für sich sorgen kann.
Der Herr Landesfinanzreferent hat darauf Bezug genommen, daß die Aussage in der Budgetrede des
Herrn Bundesministers für Finanzen, daß wir eine Personalsteigerung von über 12,7% aufweisen, für
das Land Niederösterreich nicht zutrifft, sondern daß nach den Berechnungen zwischen 1970 und
1974 auch Niederösterreich nur eine Steigerung der Dienstposten um 5,1% aufweisen kann. Ich
glaube, daß man ganz allgemein zur Gruppe 0, wie es eigentlich auch meine Vorredner zum Ausdruck
gebracht haben, eine positive Stellungnahme abgeben muß.
Aus dem Motivenbericht ist auch in der Waldschule in Wr. Neustadt eine Vermehrung um 9
Dienstposten ersichtlich. Man wird sicherlich zu einer anderen Zeit über die bauliche Problematik
dieser Schule zu reden haben. Ich glaube aber, daß es auch personelle Probleme dort draußen gibt.
Wie uns gesagt wurde, ist dort ein Personalwechsel eingetreten, vor allem deshalb, weil
Schwierigkeiten finanzieller Art bestehen; es sind ja verschiedene Bundesländer dafür zuständig. Nun
gehen Erzieher manches Mal in andere Anstalten, weil sie dort in ein öffentlich-rechtliches
Dienstverhältnis übernommen werden. Ich könnte mir vorstellen, daß auch diesen Bediensteten im
Hinblick auf die schwierige Situation, der sie sich auf Grund ihres schwierigen Dienstes gegenüber
sehen, im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten die Übernahme in ein öffentlich-rechtliches
Dienstverhältnis angeboten wird. Zweifellos würde die Pensionslast dem Land zufallen bzw. müßten
mit den anderen Ländern allenfalls gewisse Vereinbarungen getroffen werden. Für das Gesamtklima
in der Schule würde auch die Erstellung eines Geschäftsverteilungsplanes eine sehr wesentliche Rolle
spielen und könnte hier etwa nach dem Beispiel des Jugendheimes Korneuburg meiner Meinung nach
eine sehr wesentliche Verbesserung der Arbeitsverhältnisse geschaffen werden.
Meine Damen und Herren, ich darf aber aus Anlaß der Gruppe 0 noch zu einem anderen Problem
Stellung nehmen, das vermutlich alle betrifft. Es ist das Problem der Dienstfreistellungen der
Gemeindefunktionäre, vor allem der Bürgermeister. Es ist wohl klar, daß der Arbeitsumfang der
Gemeindefunktionäre im Wachsen ist, daß die Bürgermeister einen immer größeren Zeitaufwand
benötigen und es schon seit Jahren ein ständiger Ansatzpunkt von Beschwerden ist, daß die
betroffenen Gemeindemandatare nicht die erforderliche Zeit zur Verfügung haben. Es gibt hier sehr
wesentliche Unterschiede. Für die pragmatischen Bediensteten ist der § 71 der Dienstpragmatik
anzuwenden; danach ist ein Beamter, der sich um das Mandat eines Abgeordneten für einen
verfassungsmäßigen Vertretungskörper oder um das Mandat eines Ersatzmannes bewirbt, von
Amtswegen nach vollzogener Wahl außer Dienst zu stellen. Wird der Beamte zum Mitglied des
Nationalrates oder des Bundesrates gewählt und nimmt er die Wahl an, so ist die Außerdienststellung
für die Dauer des Mandates, im Falle der Wahl zum Ersatzmann mit dem Zeitpunkt des Eintrittes oder
der Einberufung in den Vertretungskörper, zu verfügen. Diese Regelung, meine Damen und Herren,
ist in zweifacher Hinsicht unbefriedigend. Sie gilt erstens nur für pragmatisierte Bedienstete. Eine
vergleichbare Regelung für Vertragsbedienstete kennt das Vertragsbedienstetengesetz 1948 nicht.
Zweitens sind unter dem Begriff „verfassungsmäßige Vertretungskörper“ im Sinne des § 71 der
Dienstpragmaoik des Bundes nur die verfassungsgesetzlich mit Aufgaben der Gesetzgebung
betrauten Gebietskörperschaften zu verstehen, also Nationalrat, Bundesrat und die Landtage. Die
Gemeindevertretungen sowie die übrigen allgemeinen Vertretungskörperschaften fungieren formell
nur als Organe der Vollziehung. Das bedeutet, daß für ihre Mandatare die Bestimmungen des § 71
nicht anwendbar sind. Ob und in welchem Ausmaß daher ein Bundesbediensteter, der ein Mandat im
Gemeinderat innehat oder das Amt eines Bürgermeisters ausübt, dienstfrei gestellt wird, liegt, da auf
eine solche Dienstfreistellung kein Rechtsanspruch besteht, im Ermessen des jeweiligen
Dienststellenleiters bzw. des Ressortministers. Dieser hat sich dabei wieder an die Richtlinien des
Bundeskanzleramtes zu halten. Dies ist sehr schwierig, weil es nach den derzeitigen Richtlinien nur
vorgesehen ist, einen Bürgermeister oder Gemeinderat einen Tag pro Monat dienstfrei zu stellen. Daß
solche Regelungen in einer Demokratie, meine Damen und Herren, nicht sehr positiv zu bewerten
sind, dürfte wohl klar auf der Hand liegen.
Im Bereich des Landes liegen die Dinge etwas günstiger; die Regelung der Dienstfreistellung sieht im
45 der Dienstpragmatik vor, daß Beamte vom Dienst freigestellt sind, soweit sie zur Ausübung eines
Mandates im Nationalrat, Bundesrat, Landtag oder Gemeinderat oder zweitens zur Erfüllung der
Aufgaben als Mitglied der Bundesregierung, Präsident des Rechnungshof es, Staatssekretär,
Landeshauptmann oder Mitglied der Landesregierung erforderlich sind. Wir haben also hier bereits
den Begriff des Gemeinderates inkludiert. Der Vorteil gegenüber der Bundesregelung liegt also darin,
daß auch Beamte, die ein Gemeinderatsmandat innehaben, in den Genuß der Dienstfreistellung
kommen. Auf die besondere Funktion des Bürgermeisters in der heutigen modernen Freizeitgemeinde
mit ihren erhöhten Anforderungen wurde dabei jedoch nicht Bedacht genommen. Insofern wird der §
45 also ebenfalls einer Abänderung bedürfen. Bedauerlich ist auch, daß für die Vertragsbediensteten
des Landes, auf welche das Vertragsbedienstetengesetz 1948 anzuwenden ist, derzeit keine
gesetzliche Regelung der Dienstfreistellung besteht.
Völlig ungeregelt, meine Damen und Herren, ist die Angelegenheit aber im Bereich des Privatrechtes.
Gemeindemandatare, die Dienstnehmer auf Grund der privatrechtlichen Bestimmungen sind, haben
überhaupt keinen Rechtsanspruch auf Dienstfreistellung und sind diesbezüglich vom guten Willen des
Chefs abhängig. Eine Tatsache, die eigentlich grotesk anmuten muß, da die Gemeinden auf Grund
unserer Verfassung nicht nur selbständige Wirtschaftskörper, sondern auch Verwaltungssprengel sind
und der Bürgermeister also in vielen Belangen Behörde erster Instanz ist. Zur Bereinigung dieses an
sich undemokratischen Zustandes sind meiner Meinung nach folgende gesetzgeberische Maßnahmen
zu veranlassen: Der Bundesgesetzgeber hat für Privatangestellte eine dem § 45 der Dienstpragmatik
der Landesbeamten vergleichbare und den modernen Anforderungen der Gemeinden entsprechende
Regelung hinsichtlich der Dienstfreistellung ihrer Mandatare und Funktionäre zu treffen. Der private
Unternehmer ist in Form einer steuerlichen Begünstigung für jeden in seinem Betrieb beschäftigten
und dienstfreigestellten Mandatar zu entschädigen. Ein Vorschlag, über den man vielleicht diskutieren
könnte.
Als zweiten Punkt: Die §§ 71 und 72 der Bundesdienstpragmatik wären im Sinne des § 45 der
Dienstpragmatik der Landesbeamten neu zu formulieren, das heißt, der Bürgermeister wäre in die
Regelung miteinzubeziehen und wären weiters die diesbezüglichen Bestimmungen der
Dienstpragmatik auch für die Vertragsbediensteten des Bundes als vollinhaltlich anwendbar zu
erklären.
Der Landesgesetzgeber hätte die Bestimmungen des § 45 der Dienstpragmatik der Landesbeamten
auch auf die Bürgermeister auszudehnen und überdies eine den Anforderungen der einzelnen
Mandatare und Funktionäre entsprechende Mindestdienstfreistellung vorzusehen; darüber hinaus
wäre diese Bestimmung auch auf die Vertragsbediensteten des Landes anzuwenden. Die Frage der
Kompetenz hat sich durch das Bundesverfassungsgesetz vom 10. Juli 1974 nach Änderung des
Artikels 21 geklärt, wonach grundsätzlich den Ländern die Gesetzgebung und Vollziehung in den
Angelegenheiten des Dienstrechtes und des Personalvertretungsrechtes obliegt; dies bezieht sich auf
die Bediensteten der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände. Man müßte also weiters
den Gedanken voll durchziehen und auch die Bestimmungen des § 20 der Gemeindeordnung 1973 an
die neu zu fassende landesgesetzliche Regelung anpassen. Als Grundsätze dieser Neuregelung zieht
man eine Dienstfreistellung in unbedingt notwendigem Ausmaß in Betracht. Keinerlei finanzielle
Verluste des Mandatars oder Funktionärs als Dienstnehmer und kein Spesenersatz einer
Gebietskörperschaft an eine andere, bei Dienstfreistellung eines Bediensteten der übergeordneten
Gebietskörperschaft zur Ausübung eines Mandates oder einer Funktion für die untergeordnete
Gebietskörperschaft, sofern der Funktionär bzw. der Mandatar bei Ausübung seiner Tätigkeit auch
Aufgaben der übergeordneten Gebietskörperschaft besorgt.
Sie sehen also, eine zweifellos sehr komplizierte Materie, die aber doch immer mehr und mehr die
Funktionäre aller Parteien berührt, weil es ja nicht Sinn und Zweck sein kann, daß etwa das Mandat
eines Bürgermeisters nur von einem öffentlich Bediensteten, der in einem pragmatischen Verhältnis
steht, ausgeübt werden kann, weil er die erforderliche Zeit dazu hat. Ich glaube, daß wir hier auf dem
gleichen Weg gehen. Ich erlaube mir daher, einen Resolutionsantrag in dieser Richtung zu stellen und
ihn hiermit zur Kenntnis zu bringen:
Resolutionsantrag des Abgeordneten Wittig zu Gruppe 0 des ordentlichen Voranschlages des Landes
Niederösterreich für das Jahr 1975, Landtagszahl 12.
Die Landesregierung wird aufgefordert, im selbständigen Wirkungsbereich des Landes entsprechende
Vorsorge zu treffen, sowie bei der Bundesregierung dahin zu wirken, daß gesetzgeberische
Maßnahmen mit den nachstehenden rechtspolitischen Zielsetzungen eingeleitet werden, und zwar:
1. § 45 der Dienstpragmatik der Landesbeamten hätte auch die Amtsausübung des Bürgermeisters
miteinzubeziehen.
2. Die §§ 71 und 72 der Dienstpragmatik für die Bundesbeamten wären dem 45 der Dienstpragmatik
der Landesbeamten im Sinne der Ziffer 1 anzupassen,
3. auch im weiteren Dienstbereich des Bundes und des Landes wären Regelungen zu treffen, die dem
§ 45 der Dienstpragmatik der Landesbeamten im Sinne der Ziffer 1 entsprechen und
4. durch Bundesgesetz wäre eine dem § 45 der Dienstpragmatik der Landesbeamten im Sinne der
Ziffer 1 vergleichbare Regelung für die Bediensteten in der Privatwirtschaft zu treffen. Dem
Arbeitgeber müßte der aus der Dienstfreistellung entstehende wirtschaftliche Nachteil durch
entsprechende Maßnahmen, so insbesondere durch steuerliche Begünstigungen, ersetzt werden.
Gleiches hätte für die Gemeindebediensteten zu gelten.
Ich darf bitten, daß Sie diesem Antrag Ihre Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt der Abg. Pospischil.
Abg. POSPISCHIL: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wie in den vergangenen
Jahren möchte ich mich heuer wiederum bei der Budgetdebatte mit den Fragen der Verwaltung und
vor allem mit den der elektronischen Datenverarbeitung beschäftigen. Der Prozeß der
Verwaltungsvereinfachung, aber auch der Verwaltungsreform ist, wie ich das in der vorjährigen Rede
festgestellt habe, natürlich ein langwieriger. Daß die Fragen der Verwaltungsvereinfachung und der
Reform keine Wunschträume bleiben müssen, beweist die derzeitige Bundesregierung. Sie hat erst
vor kurzem dem Nationalrat einen Bericht zugeleitet, aus dem erkennbar ist, daß sich die Struktur der
öffentlichen Verwaltung den sich ständig ändernden Bedingungen anzupassen hat und auch auf die
Erfordernisse eines modernen, unserer Zeit entsprechenden Industriestaates auszurichten ist.
Probleme des Personalsystems, die Verbesserung des gesamten Personalwesens, auch die
Ausbildung des Personals, Reform des Rechtsgutes, Kompetenzänderungen auch innerhalb der
Ministerien - ich verweise auf das Bundesministeriengesetz aus 1973 - wurden zusammen mit der
Neugestaltung des Dienstrechtes bereits erfolgreich in Angriff genommen. Hier spürt man und hier
merkt man sehr deutlich, daß durch geeignete Maßnahmen die Infrastruktur der Verwaltung
wesentlich verbessert wurde.
Ebenso erwähnen möchte ich die Feststellung im Bericht und darauf lege ich den größten Wert, weil
ich mich wiederum damit beschäftigen werde: die Anpassung der Rechtsordnung an die moderne
technologische Entwicklung, insbesondere hinsichtlich des Einsatzes von elektronischer
Datenverarbeitung. Auf diesem Gebiete sind sehr wichtige Schritte unternommen worden. Nach einem
EDV-Konzept der Bundesregierung - es stammt aus dem Jahre 1971 - konnten Grundsatzbeschlüsse
und Zielsetzungen schrittweise verwirklicht werden. Die Schwerpunktbildung sozusagen ist vom Bund
her in dieser Hinsicht vollzogen. In der nächsten Phase wird nunmehr geprüft, inwieweit die
bestehenden Schwerpunkte zum Zwecke der Datensicherung aufeinander abgestimmt werden
können. Allgemein wird nunmehr der Datensicherung als Gegenstück zu dem bereits vor dem
Abschluß stehenden Datenschutzgesetz ein echtes Augenmerk zugewendet. Dabei soll aber
möglichst kostensparend vorgegangen und der organisationstechnisch einfache Weg eingeschlagen
werden.
Nun zu etwas anderem. Als Vorsitzender im Ausschuß der Verwaltungsvereinfachung im
Österreichischen Gemeindebund möchte ich auch zu einigen Dingen Stellung nehmen und sehr
interessante Ergebnisse einer Umfrage bekanntgeben. Die Umfrage erstreckte sich auf das ganze
Bundesgebiet und bezog sich ebenfalls auf die Datenverarbeitung der Gemeinden. Von den 2300
österreichischen Gemeinden haben 1371 geantwortet; sie haben diese Fragebögen ausgefüllt und
zurückgesandt. Das ist also ein sehr schöner Durchschnitt. Es kam dabei überwiegend zum Ausdruck,
daß sich zum vielschichtigen Problem der Rationalisierung in der Verwaltung eigentlich nur eine
einzige Lösungsvariante anbietet, nämlich durch den Einsatz von Buchungsmaschinen und auch von
Bürocomputern Teilbereiche der Buchhaltung und der Gebührenverrechnung schlechthin zu lösen.
Integrierte Abläufe sind derzeit aus rein technischen Überlegungen und durch die technische
Beschränkung überhaupt im allgemeinen zur Zeit nicht möglich. Wenige Ausnahmen gibt es in Tirol
und in Vorarlberg, wo Gemeinden mit Privatbetrieben kooperieren. Der Wunsch nach dem
Kleincomputer und der mittleren Datentechnik stand also im Vordergrund. Natürlich mögen auch die
wirtschaftlichen Überlegungen eine besondere Rolle gespielt haben, weil doch sehr wesentlich ist, ob
man 700.000 Schilling für eine Anlage ausgegeben hat oder 1,700.000 Schilling.
Es wäre also müßig, über die Zukunft des Kleincomputers und seine Verwendbarkeit hier zu reden
oder sie in Zweifel zu stellen, obwohl die Entwicklung auch in dieser Hinsicht erst in ihren Anfängen
steht. Der Einsatz des Kleincomputers in der Verwaltung parallel zu den großen EDV-Anlagen
erfordert natürlich auch für die Fachleute ein generelles Umdenken. Es hat aber auch den Anschein,
daß nunmehr die Kleincomputer die Vorwürfe beseitigen könnten, die der großen EDV immer noch
anhängen, nämlich daß sie zu kostspielig und zu kompliziert wären und daß sie auch eine Papierfabrik
mit endlosen Listen und so weiter werden. Der Kleincomputer wäre einfacher zu handhaben, und das
stimmt auch. Wenn man also die Zukunft des Kleincomputers beurteilt, dann sollte man darüber
sprechen, welche genauen Impulse der Kleincomputer dem Datenverarbeitungseinsatz geben kann.
Nun, die österreichischen Gemeinden dürften diesen Vorteil jedenfalls erkannt haben, das hat die
Umfrage ja gezeigt, und wir werden uns auch sehr bemühen, von seiten des Bundes her geeignete
Lösungsvorschläge zu erhalten, um bei den Lösungsversuchen entscheidend mitzuwirken. Letzten
Endes auch schon deswegen, weil Fehlinvestitionen tunlichst vermieden werden sollten.
Nun komme ich zu einem Problem, das hier auch schon zum wiederholten Male besprochen und
diskutiert wurde. Ich verweise neuerlich auf den Landtagsbeschluß aus dem Jahre 1972, nach
welchem jene Gemeinden, die sich bereit erklären, Daten zur Verfügung zu stellen, im
Zusammenhang mit der Anschaffung einer Datenverarbeitungsanlage, eines Kleincomputers,
Subventionen erhalten können. Dieser Beschluß des Landtages ist von der Landesregierung
erfreulicherweise bereits im Sommer dieses Jahres wenigstens teilweise realisiert worden. Ich glaube,
daß etwa 50 Gemeinden solche Subventionen auch schon erhalten haben. Meine Damen und Herren,
daraus kann man also ersehen, daß die Gemeinden mit diesen Anlagen fast durchwegs - es gibt
natürlich auch Ausnahmen - zufrieden sind. Aus dem Erhebungsbericht des Gemeindebundes geht
hervor, daß schon 77 Gemeinden damit arbeiten, und es müßte aus diesem Grunde
selbstverständlich der weiteren Entwicklung mehr Augenmerk zugewendet werden.
Nun leite ich aber gleich zu einem anderen Kapitel über und beschäftige mich ganz kurz mit der
Datenverarbeitungsanlage und mit der Datenverarbeitung im Hause. Die Anlage ist von uns mit
großen Hoffnungen, daß eine Landesdatenbank entstünde, die allen Gemeinden Niederösterreichs
zugute käme und zum Nutzen dienen könnte, eingerichtet worden. Von diesen Hoffnungen ist bis
heute so gut wie nichts verwirklicht worden und ich war oft schon gezwungen, in diesem
Zusammenhang und von dieser Stelle aus über mangelnde Planung, Koordination und Ausnützung
der Anlage zu berichten. Wenn man die Floskeln des Tätigkeitsberichtes der Abteilung I/AV
wegstreicht, stellt sich heraus - im Gegensatz zum Bund, möchte ich auch hier vermerkt wissen -, daß
alles hübsch beim alten geblieben ist. Im wesentlichen wird die Lohnverrechnung der Bediensteten
durchgeführt, bei der so mancher Beamte auch schon graue Haare bekommen hat wegen der vielen
Fehler, die es dabei gibt, weiters die Abrechnung der Siedlungsdarlehen und der Wohnbauförderung.
Ich brauche Ihnen wohl, meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht im Detail zu erwähnen, daß
die Beschwerden und die Reklamationen auf diesem Sektor an der Tagesordnung sind und positive
Abhilfe nur sehr schwer geschaffen werden kann.
Nun zu einem anderen Kapitel. In der letzten Zeit wird auf Bundesebene von seiten der ÖVP - ich will
da nur den Namen Professor Ermacora besonders ins Treffen führen - dann vehement für die
Schaffung eines Datenschutzgesetzes zu Felde gezogen und behauptet, daß gerade auf dem
Datensektor eine besondere Gefährdung der österreichischen Bevölkerung gegeben sei. Hierzu heißt
es auch in einem Artikel der „Volkspresse“ Nr. 47/1974, Mißbrauch gespeicherter Daten sei bei uns
ohne weiteres möglich. Es wird ausgeführt, daß die Gefahren im Zusammenhang mit der
Datenspeicherung im persönlichen Bereich liegen. Es können Daten gesammelt, ohne Wissen und
ohne Zustimmung verknüpft und weitergegeben sowie unter Umständen in mißbräuchlicher Weise
verwendet werden. Oder wie der Herr Bundesparteiobmann Dr. Schleinzer, so steht es hier, bei der
Eröffnung eines Datenschutzhearings der Volkspartei formulierte: ,So wie im vorigen Jahrhundert der
Schutz der einzelnen Staatsbürger vor den Mächtigen mit den Grund- und Freiheitsrechten
gewährleistet werden sollte, stehen wir nun vor dem Problem, den einzelnen Staatsbürger von der
Anonymität der Bürokratie und den Möglichkeiten, die mit der Verwendung von gespeicherten Daten
im Zusammenhang stehen, in gebührlicher Weise in Schutz zu nehmen.“
Meine Damen und Herren, nun scheint es, daß die Verfechter des Datenschutzgesetzes in ihr eigenes
Haus - oder in ihren eigenen Verein - nach Niederösterreich geblickt haben, denn ich muß Ihnen
einige Fälle von Mißbrauch im Datenverarbeitungswesen bekanntzugeben, die eindeutig beweisen,
daß die ÖVP in Niederösterreich nach wie vor meint, ohne Rücksicht auf Gesetz und Recht mit dem
Vermögen des Landes im Parteiinteresse schaffen und walten zu können. Nach herrschender Lehre
gibt es mehrere Arten von Mißbrauch in der Datenverarbeitung. Eine Art des Mißbrauches ist jene an
gespeicherten Daten. Auf diese werde ich noch später zu sprechen kommen. (Präsident Dipl. Ing.
Robl übernimmt den Vorsitz.) Die zweite Art des Mißbrauches, von der im allgemeinen weniger die
Rede ist, ist die Verwendung eines millionenteuren Gerätes und der ebenso teuren Arbeitskraft zu
Zwecken, die außerhalb des Widmungszweckes der Anlage liegen. Nun möchte ich aber auch Ihre
Meinung hören, was Sie zu folgendem Fall der Verwendung unseres Landescomputers im
ausschließlichen Interesse der ÖVP in einem kritischen Zeitpunkt zu sagen haben. Ich erinnere an die
Landtagswahlen im Juni dieses Jahres. Für diese Landtagswahlen ist von der hiesigen
Datenverarbeitung ausschließlich zur besseren Information der ÖVP ein spezielles Programm
entwickelt worden, das ausschließlich zur Information der Regierungsmitglieder der ÖVP eingesetzt
worden ist (Rufe bei der SPÖ: Hört! Hört!), während man unsere, ich meine die Regierungsmitglieder
der SPÖ, in Unkenntnis ließ. Ich möchte sagen, hier handelte es sich um hochgerechnete Ausdrucke.
Es ist ein Unterschied, ob normale Ausdrucke der von den Gemeinden hereinkommenden Daten
geliefert werden, die als Information zu gelten haben, oder ob diese hochgerechnet und dann
ebenfalls zur Verfügung gestellt werden. Hier handelt es sich um Hochrechnungen. Es ist dies ein
seltener Fall von unfairer Gangart, der noch dazu allen bisherigen Gepflogenheiten widerspricht.
Meine Damen und Herren, währenddessen haben sich der Rundfunk und die Öffentlichkeit mit den
eher zaghaften Ergebnissen des im Marmorsaal installierten Kleincomputers begnügt, von dem in der
„Wiener Zeitung“ im Juli ein Bericht „Totale Information durch direkte Datenverarbeitung“ zu lesen war,
welcher hier Lob ausspricht, weil vor aller Öffentlichkeit Daten eingegeben wurden und sofort
wiederum ausgedruckt werden konnten. Für die Journalisten und für die Reporter war das eine
Genugtuung, letzten Endes konnte durch diesen Umstand im Rundfunk immer wieder sehr interessant
berichtet werden. Es war aber doch ein bißchen beschwerlich, da es eine langsame Anlage ist.
Unsere Millionenauflage hat dauernd für die Herren der Regierung der ÖVP gerechnet und ihnen
Ergebnisse auf den Tisch gelegt, die es ihnen ermöglicht haben, in Interviews und Stellungnahmen
eindeutig die bessere Position einzunehmen.
Wir haben von verschiedenen Fachexperten und Firmen der EDV Erkundigungen eingezogen und es
wurde uns mitgeteilt, daß die Entwicklung eines Hochrechnungsprogramms mehrere hunderttausend
Schilling kostet. Es wurde uns auch bekanntgegeben, daß der Einsatz einer Groß-EDV-Anlage für
mehrere Stunden ebenfalls zwischen 30.000 und 40.000 Schilling ausmachen würde. Meine Damen
und Herren, unter solchen Umständen konnte freillich der Herr Landeshauptmann am Wahlabend
lächelnd erklären, daß die ÖVP der Wahlkampf sehr wenig gekostet hätte. (Zweiter Präsident Binder
übernimmt den Vorsitz.) Trotz meiner Nachforschungen ist es mir also nicht gehgen, festzustellen,
daß Seiten der Landesleitung der ÖVP auch nur ein Bruchteil der vorhin genannten Beträge an das
Land zur Abgeltung der Computerzeit und der Entwicklung der Programme erstattet worden wäre.
(Landeshauptmannstellvertreter Czettel: Ein harter Vorwurf, meine Herren!) Wir werden bei der
Behandlung des Rechnungsabschlusses schon die Augen offen halten, damit wir sehen, wie hier der
Hase gelaufen ist. (Landeshauptmannstellvertreter Czettel: Hunderttausende Schilling!)
Nun aber, meine Damen und Herren, nach dem Fall des Mißbrauches der Datenverarbeitungsanlage
zu einem Fall von geradezu bodenloser Leichtsinnigkeit im Zusammenhang mit Bevölkerungsdaten,
gegen den sich der erstgenannte Fall förmlich als Bagatelle erweist. Wie Sie alle wissen, haben auch
wir der Errichtung eines gemeinsamen Landesrechenzentrums zugestimmt; wir sind dafür eingetreten,
aber unter den derzeitigen Umständen scheint es nicht mehr gerechtfertigt, diese Meinung aufrecht zu
erhalten. Im Sinne des Landtagsbeschlusses wurden die Gemeinden aufgefordert, dem Land Daten
zur Verfügung zu stellen. Einige Gemeinden, darunter auch die Gemeinde Amstetten, sind diesem
Aufruf gefolgt und haben dem Land die Einwohnerdaten zur Verfügung gestellt.
Und jetzt, meine Damen und Herren, kommt das Kuriose. Diese Daten wurden nämlich ins Ausland
transferiert und im Ausland einer Datenverarbeitung unterzogen (Landeshauptmannstellvertreter
Czettel: Stellt euch das vor!) ohne daß auch nur die Zustimmung des zuständigen Ministeriums oder
eine Wohlmeinung des Ministeriums eingeholt worden wäre. (Landeshauptmannstellvertreter Czettel:
Auch nicht der Gemeinden!) Ich glaube, daß in diesem Fall ein Anruf bei dem Datenschützer
Professor Ermacora oder beim Herrn Bundesparteiobmann Dr. Schleinzer genügt hätte. Letzterer hat
ja, wie ich vorhin berichten konnte, in einer Erklärung im Zusammenhang mit Datenschutz vom Schutz
des einzelnen Staatsbürgers vor den Mächtigen durch die Grund- und Freiheitsrechte gesprochen. Es
hätte also ein einfacher Anruf genügt, um das Wahnwitzige dieser Vorgangsweise rechtzeitig zu
stoppen.
Ich glaube behaupten zu können, daß die Verantwortlichen in diesem Raum zumindest die schuldige
Aufsicht außer acht gelassen haben. Was glauben Sie, meine Damen und Herren, was in einem
unserer östlichen Nachbarstaaten oder in einem Militärstaat, aber auch in Frankreich oder in einem
anderen westlichen Land mit jemandem geschieht, der ganz genaue Bevölkerungsdaten über
einzelne Einwohner ins Ausland transferiert, wo sie der Oberwachung und der Aufsicht der
inländischen Behörden entzogen sind und man nicht weiß, was mit diesen Daten geschieht oder
geschehen ist.
In Österreich gibt es für alles einen Dienstweg. Ich frage hier öffentlich: Ist bei diesem Vorgang der
Dienstweg über das Ministerium eingehalten worden? Meine Damen und Herren, der Vorwand, daß
es in Osterreich zur Zeit kein geeignetes Gerät zur Umwandlung der Daten gäbe, oder daß man in
bester Absicht gehandelt habe, kann hier nicht anerkannt werden, er kann höchstens als
Milderungsgrund gelten. (Abg. Fidesser: Können wir vielleicht ausführlicher erfahren, welche Daten es
waren?) Daten des Meldewesens. Ich werde es Ihnen noch ganz genau sagen, Sie brauchen meinen
Worten nur zu folgen. (Abg. Romeder: Schriftlich brauchen wir das!)
Daß diese Angelegenheit, Herr Kollege Fidesser, noch Konsequenzen nach sich ziehen muß, dürfte
jedem klar sein, der die Integrität des Bürgers sichergestellt wissen will, und zwar im Hinblick auf jene
Gefahren, die aus dem Umgang mit Angaben entstehen, die sich auf eine Person beziehen. Hier hat
es sich um einen echten Bürgerschutz zu handeln, der eine Verteidigung des einzelnen gegen die
Gefährdung seiner Person erfordert, ganz gleich, von wem sie auch immer ausgeht. Bei den
übergebenen Daten, Kollege Fidesser, handelt es sich um Einwohnerdaten, also um die Meldedaten,
um Wehrdaten, um die staatsbürgerschaftlichen Wählerevidenzdaten, um private Daten aller Art,
wenn Sie das so genau wissen wollen. Diese Daten werden also jetzt in den Versuchsgemeinden mit
besonderen Schreibmaschinen auf ein Blatt Papier gebracht und an das Land weitergeleitet.
Dieselben Daten wurden dann in das Ausland, und zwar nach Frankreich, nach Paris, transferiert, weil
es angeblich dort einen Belegleser gibt, der das überspielen und in die EDV einarbeiten kann. Ich
habe aus Äußerungen von Datenfachleuten gehört, was bei Datentranskriptionen - also beim
Überlesen von Papieren über Computer auf Magnetband - für unerlaubte Manipulationen möglich
sind. Es ist nämlich beim überlesen der Daten von der einen Aufzeichnungsform in die andere ohne
weiteres möglich, daß gleichzeitig mehrere Bänder mitlaufen, wobei etwas gespeichert wird und dann
dort verbleibt, ohne daß es der, der den Vorgang überwacht, auch tatsächlich bemerkt. Ich brauche
Ihnen also nicht ausmalen, daß diese Daten, die auch alle Wehrdaten der Osterreicher in der
betreffenden Gegend beinhalten, im Ausland unter Umständen ein besonderes Interesse finden
könnten.
Meine Damen und Herren! Für den amtlichen Verkehr österreichischer Verwaltungsstellen mit dem
Ausland bestehen ganz besondere Vorschriften und es darf kein Schriftstück einer österreichischen
Verwaltungsstelle, ausgenommen Schreiben an österreichische Vertretungsbehörden im Ausland,
ohne Kenntnisnahme und ohne Bewilligung der zuständigen Zentralstellen weitergeleitet werden. Ich
verweise auch auf das Bundesverfassungsgesetz, Artikel 10, Absatz 1, Ziffer 7, da heißt es,
Meldewesen ist Bundeskompetenz, Bundessache. Auch hier wäre die Frage zu stellen und zu
überprüfen, inwieweit das Land überhaupt mit den Gemeinden kooperieren und das Meldewesen
erfassen darf.
Daß sich die verantwortlichen Leute hier im Hause, bei denen es sich zum Teil um hochgestellte
Persönlichkeiten oder Offiziere - auch Berufsoffiziere - handelt, so wenig Gedanken um die ganze
Angelegenheit gemacht haben, ist mehr als verwunderlich. Es ist noch gar nicht lange her, meine
Damen und Herren, da mußten wir zur Kenntnis nehmen, daß ausländische Geheimdienste für die
Zusammenstellung von Adressen aus unseren Telefonbüchern mit Adressen militärischer
Dienststellen hohe Beträge bezahlt haben und die Schuldtragenden natürlich auch hierfür verurteilt
wurden. Ein hoher Ministerialbeamter wieder hat die an sich lächerlichen Kohleneinkaufpläne unserer
Republik zusammengestellt und ebenfalls ins Ausland transferiert. (Abg. Diettrich: Ostspion!) Der
Gegenstand, der uns so lädierlich erschien, war für die Ausländer bedeutend genug, um auch hierfür
hohe Geldsummen aufzuwenden.
Ein Fall der Transferierung der Gesamtdaten von tausenden Einwohnern ins Ausland ist sowohl in der
Geschichte der Datenverarbeitung als auch in der Geschichte der Zweiten Republik einmalig; idi
glaube, das hat es noch nie gegeben. Ich kann nur die Frage stellen, wo die zuständige Aufsicht des
Herrn Landeshauptmannes bzw. der Landesamtsdirektion als Verantwortliche für den inneren Dienst
in der Landesregierung geblieben ist. Meine Damen und Herren, nicht nur in Zentralstellen, auch in
diesem Hause sind mehrere Abteilungen für das ins Ausland gebrachte Datenmaterial zuständig. Und
wenn mehrere Abteilungen zuständig sind, dann hat die Angelegenheit selbstverständlich unter der
Federführung der Landesamtsdirektion abgewickelt zu werden. Ich frage also, ob dies tatsächlich
geschehen ist.
Ich bin mir sicher, daß der Sprecher der ÖVP diese ganze Sache bagatellisieren wird; er wird in
gewohnter Form Ausreden suchen, daß die Argumentation nicht richtig genug wäre, und wir vor allem
darauf hinweisen, daß es im Inland keinen geeigneten Leser gegeben hat. Ich behaupte das
Gegenteil. Wir haben recherchiert und haben uns sehr gewissenhaft mit diesen Dingen befaßt. Es
dürfte jenen, die damit zu tun haben, ebenfalls bekannt sein, daß es auch in unmittelbarer Nähe
solche Leser gibt. Angeblich hat es nicht auf Anhieb funktioniert. Bei solchen Testversuchen kommt es
eben vor, daß es nicht gleich auf Anhieb funktioniert, aber bei einer Umstellung und bei weiterer
Verfolgung dieser Möglichkeit wäre das sicherlich ins Lot gekommen. Ich sage also, man hätte diese
Versuche sicherlich auch im eigenen Land anstellen können. Es wurde auch an vielen Beispielen
bereits erfolgreich praktiziert. Wir können daher den Vorwand, daß es nur im Ausland möglich
gewesen sei, nicht abnehmen.
Meine Damen und Herren! Aus dem Geschilderten können Sie ersehen, daß es in der Verwaltung hier
im Land Niederösterreich nicht mit rechten Dingen zugeht und daß es unumgänglich ist, in dieser
Hinsicht Untersuchungen einzuleiten, damit die Angelegenheit auch vor aller Öffentlichkeit geklärt
werden kann. Ich bitte Sie daher auch einzusehen, daß die erforderlichen Schritte zu unternehmen
sind, um die notwendige Aufsicht über ein Instrument herzustellen, dessen Gefährlichkeit dem Herrn
Landeshauptmann bis heute offenbar gar nicht bewußt geworden ist und das er bis zum heutigen Tag
auch nicht gehörig zu verwahren vermag. Da ein gemeinsames Vorgehen in dieser für die gesamte
Verwaltung so wichtigen Angelegenheit nicht zu erwarten ist, bin ich der Meinung, daß die Arbeiten für
eine Landesdatenbank bis zur Klärung solange zu sistieren sind, bis eindeutig ein Riegel
vorgeschoben ist, der es verhindert, daß weitere Meldedaten auf x-beliebige Art in ausländische
Karteien überspielt werden können. Die sogenannten Rechtsschützer in diesem Hause - als solche
geben sich ja viele sehr gerne aus - sollen über das Aufgezeigte nachdenken und den Mut haben
einzugestehen, daß sie die notwendige Aufsicht außer acht gelassen haben. (Beifall bei der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Als nächster Redner hat sich der Abg. Fidesser zu Wort gemeldet.
Ich erteile es ihm.
Abg. FIDESSER: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe eben erfahren - eine * genauere
Antwort auf die Worte des Vorredners wird sicher noch kommen -, daß es sich hier um die
versuchsweise Erstellung eines Programms zur Lesung verschiedener Datengrundlagen gehandelt
hat (kndeshauptmannstellvertreter Czettel: Paris!) und daß es hierbei normalerweise völlig üblich ist,
als Beispiel einen kleinen Teil eines Datenbereiches herauszugreifen. Bei einem Versuch werden ja
keine genauen und keine vollständigen Daten verwendet, sondern ein Teilaspekt von einigen
Adressen. (Landeshauptmannstellvertreter Czettel: Gemeindedaten ins Ausland transferieren! - Das
darf es nicht geben!) Wenn man also eine Datenverarbeitung zu Versuchszwecken ausbaut, wird es
wohl oder übel notwendig sein, gewisse Unterlagen beizustellen, das ist bekannt.
(Landeshauptmannstellvertreter Czettel: Das ist eine Amtsverschwiegenheit! Wir werden als
Regierungsmitglieder verfolgt, wenn wir nur ein Wort sagen!) Es wird geprüft werden und es wird
sicher eine entsprechende Antwort darauf kommen. (Abg. Dr. Brezovszky: Wir werden überprüfen, ob
nicht auch eine Verletzung von österreichischen Gesetzen vorliegt. Dafür ist der Landeshauptmann
zuständig und verantwortlich! - Abg. Kellner: Gedulden Sie sich noch 10 Minuten, dann werden Sie die
Antwort bekommen!) Ich persönlich möchte mit dem Hinweis auf die Budgetpost 09-621 Ihre
Aufmerksamkeit auf ein anderes Kapitel lenken, nämlich auf die Situation der niederösterreichischen
Hochschulstudenten. Niederösterreich hat etwa sechseinhalbtausend Hochschulstudenten, davon
etwas über 6000 allein in Wien. Ich habe mir die Mühe gemacht, einmal nachzusehen, wie es denn
überhaupt mit den Anteilen der niederösterreichischen Bevölkerung an Studenten bzw. an
Akademikern aussieht. Hier kommt sehr deutlich hervor, daß Niederösterreich beim Anteil der
Akademiker und beim Anteil der Hochschulstudenten unter den Bundesländern ganz am Schluß
rangiert. Wir haben zwar in den letzten 10 Jahren - wenn man Vergleiche anstellt - bedeutend
aufgeholt, aber noch immer sieht die Situation etwa so aus (ich habe leider nur die Daten von 19711972 bzw. 1972-1973), daß wir etwa bei der Anzahl der Maturanten hinter Wien, Steiermark und
Oberösterreich an vierter Stelle stehen. Bei denen, die dann wirklich an die Hochschulen gehen,
stehen wir mit unseren 6564 Studenten, das entspricht ca. 5 Studenten unter 1000 Einwohnern, vor
Burgenland an vorletzter Stelle. Wenn man das in Verbindung mit den Ergebnissen der Bezirke
ansieht, merkt man zwei Probleme: Erstens einmal, daß Niederösterreich selber keine Hauptstadt hat,
während die wesentlichen Ballungen von Akademikern und Studenten in den großen Städten, in den
Landeshauptstädten bestehen. Den größten Studentenanteil auf Bundesebene hat sogar die Stadt
Krems mit 13 Hochschulstudenten von 1000 Einwohnern. Demgegenüber steht etwa die Stadt Wien
nur mit einem Durchschnitt von 9 Studenten von 1000 Einwohnern. Auch die Städte Wr. Neustadt mit
9 Studenten von 1000 Einwohnern oder Mödling mit 8 Studenten von 1000 Einwohnern, haben einen
sehr hohen Durchschnitt, während etwa die Bezirke - der schlechteste Bezirk Niederösterreichs ist
Zwettl - nur 3 Studenten von 1000 Einwohnern haben. Ich möchte nicht alle Bezirke durchgehen, aber
hier sieht man sehr stark, daß es sich im wesentlichen um die ländlichen Bezirke und jene Bezirke
handelt, die sehr weit von Wien entfernt sind. Und hier kann man, glaube ich, dem Übel schon auf den
Grund gehen. Wenn man einerseits die Anzahl derer, die tatsächlich die Matura ablegen, mit der
Anzahl derer vergleicht, die dann auf die Hochschule gehen, sieht man, daß die Entfernung von Wien
eine wesentliche Rolle spielt. Hier möchte ich anknüpfen und sagen, daß es eine wesentliche Pflicht
des Landes Niederösterreich wäre, noch mehr als bisher dafür zu sorgen, daß die Niederösterreicher,
die in Wien studieren, auch dort Heime besuchen können. Wir haben nämlich als Folge einer
Vernachlässigung des Heimwesens auch nach dem Studium einen gewaltigen Akademikerschwund
nach Wien; während nach den Unterlagen eines Wiener Studentenheimvereins etwa 85% der
oberösterreichischen Studenten wieder nach Oberösterreich zurückkehren, sind es von den
niederösterreichischen Studenten in diesem Studentenheim nur etwa 55%, die laut Meldekartei nach
Niederösterreich zurückgehen.
Auf die Dauer gesehen, muß sich ein derartiger Schwund von Akademikern sicher auch in der
Gesellschaft Niederösterreichs bemerkbar machen. Wenn von 6700 Heimplätzen, die in Wien für
Studenten zur Verfügung stehen, ca. 2500 Plätze auf Niederösterreich entfallen, und wir annehmen,
daß von den sechseinhalbtausend Studenten Niederösterreichs etwa zweieinhalbtausend aus der
Umgebung von Wien stammen (Baden, Tulln, Korneuburg, Bruck an der Leitha, Wien-Umgebung), so
sind es immerhin iiber 1000 Studenten, die keinen Heimplatz finden. Wenn ich die Auskünfte von zwei
größeren Vereinen, die ich urgiert habe, in Vergleich setze dazu, wie viele Studenten insgesamt
abgewiesen wurden, so rechne ich, daß immerhin jährlich noch etwa 300 bis 500 Studenten von den
Heimen abgewiesen werden und sich daher in Wien privat ein Quartier suchen oder eben von zu
Hause aus täglich zum Studium fahren müssen.
Hier hat das Land Niederösterreich eine gewaltige Aufgabe zu lösen. Wenn man bedenkt, daß die
Kosten eines Studentenheimes mit Gesellschaftsräumen pro Bett umgerechnet 250.000 Schilling
betragen, weiß man, welch gewaltige Millionenbeträge zur Beseitigung dieser Mißstände notwendig
wären. Insbesondere bei den Mädchen besteht ein gewaltiges Manko an Heimplätzen. Es ist daher
dringend notwendig, daß das Land Niederösterreich für ein Mädchenstudentenheim mit Vorsorge trifft,
weil dort von drei Mädchen, die aus Niederösterreich nach Wien kommen und einen Heimplatz
suchen, zwei abgewiesen werden müssen.
Ich möchte, ohne Sie zu lange aufzuhalten, noch auf das Problem der Kosten dieser Studentenheime
kommen. Die Kosten in den bekannten und vom Wissenschaftsministerium erfaßten
Studentenheimvereinen schwanken zwischen 600 und 1000 Schilling je Bett. Wenn man dem Grund
nachgeht, warum es eigentlich möglich ist, daß das eine Heim mit nur 600 Schilling auskommen kann
und das andere 1000 Schilling je Bett verlangt, so ist es nicht allein der Qualitätsunterschied. Es
leuchtet mir ein, daß ein Heim, das vor 15 Jahren gebaut wurde und etwa nur ein Bett bat und die
sanitären Anlagen außerhalb des Zimmers hat, wesentlich billiger ist. Aber der Unterschied ist
insbesondere dadurch bedingt, daß die Gemeinde Wien für bestimmte Studentenheimvereine die
Heime baut und vorfinanziert und dann weitervermietet. Dagegen wäre an und für sich nichts
einzuwenden, wenn es nicht nur bestimmte Heimvereine beträfe. Aber dazu kommt dann eben die
andere Oberlegung, daß sich die anderen Förderer ... (Zwischenruf von Landesrat Grünzweig.) Ich
sehe das schon ein, nur möchte ich auf ein Problem hinweisen, Herr Landesrat, nämlich auf das
Problem, daß die anderen nur deshalb teurer werden, weil sie als Vereine die Heime selbst bauen und
beim Bau dieser Heime neben der Inanspruchnahme von Förderungsmitteln auch auf dem
Kapitalmarkt Geld aufnehmen müssen und dafür Zinsen zu bezahlen haben. Wenn Sie nun diese
Zinsen den Kosten des Heimes aufrechnen, dann werden Sie um etwa 200 bis 250 Schilling teurer.
Und hier wäre zu überlegen, ob das Land Niederösterreich nicht daran gehen sollte, die Mittel nicht
nur als Investitionsgelder zu vergeben, sondern unter Umständen auch die Zinsendienste mitzutragen.
Ich weiß, daß diese Dinge noch genauer Überlegungen bedürfen, aber hier könnte ein Beitrag von der
Warte der Kosten her geleistet werden. Wenn man es zweitens noch ermöglichen kann, daß die
Niederösterreicher in bestimmten Studentenheimen sicher unterkommen könnten, indem das Land
Niederösterreich mit den Geldern, die es dorthin gibt, sich bestimmte Plätze sichert, dann kann ich mir
vorstellen, daß auch aus Bezirken, die weiter entfernt sind, mehr Studenten als bisher auch in Wien
weiterstudieren.
Ich möchte also zum Abschluß sagen, daß wir diese Rolle am unteren Punkt der Statistik bei den
Akademikern und Studenten gewaltig verbessern müssen, auch wenn man jetzt noch die Ausrede hat,
daß derzeit die Verwaltung im Rahmen der Stadt Wien konzentriert ist. Je mehr aber Betriebe von
Wien hinausgehen nach Niederösterreich, je mehr also draußen in Niederösterreich zentrale
wirtschaftliche Tätigkeiten aufgebaut werden, um so mehr wird es notwendig sein, auch Akademiker
nach Niederösterreich hinauszubringen. Hier ist es insbesondere der Kreis der Techniker, bei
welchem Niederösterreich ein gewaltiges Manko hat. Mir zeigt eine Statistik der Handelskammer, daß
im Kreis der Diplomingenieure für Hochbau und Maschinenbau gewaltige Wünsche vorhanden wären.
Es fahlen vor allem auch die Diplomkaufleute, wobei Firmen bei uns mit 400, 500 Leuten ohne eine
kaufmännisch geschulte Kraft dastehen, nur auf den Unternehmergeist angewiesen, wie man es eben
im Betrieb gelernt hat.
Ich bitte Sie deshalb, mit darauf hinzuwirken, daß in Zukunft alle Anstrengungen unternommen
werden, mehr Studenten aus Niederösterreich wieder hinauszubekommen, damit nicht nur für die
Verwaltung ausreichend Akademiker zur Verfügung stehen, sondern auch für die Wirtschaft
bestgeschulte Leute nachwachsen. Der Ertrag der Wirtschaft hängt nicht nur vom Kapital und von der
Arbeit, sondern, wie wir wissen, auch vom Unternehmergeist und vom Wissen allgemein ab. (Beifall
bei der Volkspartei.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Als nächster Redner zur Gruppe 0 kommt der Abg. Blabolil zu Wort.
Ich erteile es ihm.
Abg. BLABOLIL: Hochgeschätzter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Nach dieser so
heftig geklungenen Debatte über die Computer möchte ich wieder in eine recht friedliche Atmosphäre
zurückkehren und erst jenen Herrschaften danken, die dafür gesorgt haben, daß wir ein so gutes
Klima hier im Hause haben - ich meine die Luft hier im neuen Saal -, und auch den Technikern, daß
man angenehmer sitzt. Es ist doch ein Unterschied zwischen den vorjährigen Budgetdebatten und
heute, wo man hier angenehm verweilen kann. Nicht so angenehm ist das Klima, in dem sich hier
verschiedene Aussagen abspielen.
Ich möchte nun zu einem Thema kommen, welches ich nach eigenem Erleben für spruchreif halte, so
daß eine Debatte darüber notwendig ist. Wenn man bei der Prüfung unseres Voranschlages in der
Gruppe 0 festgestellt hat, daß im Gegensatz zu den Ausführungen des Herrn
Landeshauptmannstellvertreters Ludwig eh alles so schlecht ist und der böse Finanzminister des
Bundes schon dafür sorgt, daß die Länder und noch weniger die Gemeinden nichts zum Lachen
haben, so müßte ich ihm doch sagen, gerade in der Gruppe 0 steckt er ganz ruhig über 350 Millionen
Schilling ein. Ich weiß schon, daß das Gelder für den übertragenen Wirkungsbereich sind, aber wer
die Dinge am Ursprung, in der Gemeinde, miterlebt, der weiß, daß da unter Umständen beachtliche
Summen irgenwo hängenbleiben können. In diesem Fall bei der Landesverwaltung. Der Bund kann
nicht jede Schaufel Sand nachprüfen, die man zum Streuen auf Bundesstraßen braucht, und so
weiter. Auch die Gemeinden geben in diesen Topf der Gruppe 0 etliche Millionen Schilling hinein. Herr
Landesfinanzreferent, es sitzen eine Menge Bürgermeister in diesem Haus, auch einige
gottbegnadete, so der Kollege Wallner am rechten Flügel. Er gehört zu den gottbegnadeten.
(Heiterkeit. - Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Da gehörst Du auch dazu!) Alle anderen gehören
zu den verruchten und zu den armen. Ich komme noch darauf zurück. Wenn der Herr
Landesfinanzreferent heute in seinem Bericht einen ausführlichen Budgeteinbegleitungsvortrag
gehalten hat, so ist ihm das, glaube ich, noch nie leichter gefallen als in diesem Jahr. Erstens einmal
hat der Bund Vorsorge getroffen, daß die Schillinge nach dem Land Niederösterreich weiterhin im
ausreichenden Ausmaß fließen. (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Auch nach Stockerau!) Zu
dem komme ich, deswegen rede ich ja; weil das nicht stimmt, und das beweise ich.
Der Herr Landesfinanzreferent hat ein Gesamtbudget von 11,s Milliarden Schilling erstellt
(Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Viel Geld!), und im außerordentlichen Teil einen
Gesamtabgang von 394,868.000 Schilling veranschlagt. Diesen Abgang bei so einem Riesenbudget das getraue ich mir glatt zu sagen - diese 394 Millionen Schilling würde ich mir im ordentlichen Budget
bei dieser Summe einsparen. Ich habe noch nicht den Polster berücksichtigt
(Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: So ein kleines Capricepolsterl!) und die trotz der Finanzlage
durch die Steuerreform zu erwartenden Abgänge. Dieser Abgang macht 3,3% aus.
Wie sieht es aber bei den Gemeindebudgets aus, bei jenen größeren Gemeinden, die auch größere
Aufgaben zu erfüllen haben, Aufgaben, die über den Rahmen der kleinen Gemeinden hinausgehen?
Da ist es wesentlich anders. Und hier, Herr Landeshauptmannstellvertreter, da wünschte ich, an Ihrer
Stelle sitzen zu können. (Abg. Romeder: Das glaube ich!) Ich würde eine Umverteilung vornehmen,
die auch den Anliegen der Gemeinden näherkommt und die gerechter wäre. Es ist festzustellen, daß
die Länder sich auf Grund des Finanzausgleichsgesetzes eine ganz beachtliche Summe, ein Mehr,
geholt haben und daß die Gemeinden mehr oder weniger auf der Strecke geblieben sind. Wenn man
sich das genauer ansieht, dann kommt man darauf, daß die größeren Gemeinden zweimal zum
Handkuß kommen. Ich möchte einmal einen Vergleich der Finanzentwicklung bei den Gemeinden,
ihrer Verschuldung, mit dem Land Niederösterreich anstellen. Der Herr Landeshauptmannstellvertreter
Ludwig hat uns ein Gesamtbudget von 11,878 Milliarden Schilling vorgelegt, dazu weist er einen
Schuldenstand von 1,4 Milliarden Schilling aus. Was bedeutet denn eine Verschuldung von 990.000
Schilling pro Kopf? (Landeshauptmannstellvertreter: 990 Schilling!) Entschuldigen Sie, ich habe mich
versprochen, 990 Schilling. So ein Glück hatte vor drei Jahren nur noch eine Gemeinde in
Niederösterreich, aber die hat das mittlerweile verfünf- oder versechsfacht, glaube ich, während der
Schuldenstand beim Land in den letzten Jahren stabil geblieben ist.
Der Vergleich mit den Gemeinden, den ich jetzt bringe, ist bezogen auf das Jahr 1969 - entspricht 100
- und die Rechnungsabschlüsse 1973. Das Land Niederösterreich hat im Jahre 1969 1,7 Milliarden
Schulden gehabt und ist jetzt zurückgegangen auf 1,4 Milliarden; mit diesem Schnitt ungefähr halten
wir uns schon ein paar Jahre, das heißt, Schuldenstand 100 ist beim Land gleich 100 geblieben. Bei
den Gemeinden sieht es aber anders aus, wobei der Schuldenstand jener großen Gemeinden, die
auch mehr Leistungen als kleinere Gemeinden erbringen müssen, zwangsläufig besonders ins Auge
fallt. Aber darauf komme ich noch genauer zu sprechen.
Amstetten hatte im Jahre 1969 61 Millionen Schilling Schulden - entspricht 100. Im Jahre 1973 hierüber liegen die Rechnungsabschlüsse ja vor - hat sich der Schuldenstand von 61 Millionen
Schilling auf 148 Millionen Schilling erhöht, das heißt von 100 auf 242, also um 142 mehr. Das ist
wichtig, ich kann Ihnen auch sagen, warum. Das war 1969 eine Verschuldung von 5302 Schilling pro
Kopf, 1973 sind es bereits 7065 Schilling.
Ich habe schon gesagt, daß der Herr Kollege Wallner aus Baden es leichter hat, aber dazu haben wir
Niederösterreicher alle unseren Beitrag zum Teil auch dafür geleistet, daß er günstiger wegkommt. Er
hat im Jahre 1961 einen Schuldenstand von 63,s Millionen Schilling gehabt und hat im Jahre 1973 nur
67,7 Millionen Schilling, also eine Steigerung von 100 auf 106 bzw. bei der Kopfquote von 3843 auf
3981 Schilling. Ich nehme an, Herr Kollege, Sie werden zu uns allen ,,Danke schön" sagen, daß wir
auch als Gäste in Ihre Stadt kommen. Vielleicht trägt der eine oder andere einmal einen Schilling auch
ins Spielkasino und hier sind es jährlich ungefähr 5 ½ Millionen Schilling, die der Herr Professor
Wallner für seine Gemeinde zusätzlich einnehmen kann. Wir sind nicht neidisch, wir freuen uns. (Abg.
Wallner: Wird radikal schlechter!) Das ist ein anderes Problem, Herr Kollege.
Krems hat 1969 einen Schuldenstand von 137,7 Millionen Schilling gehabt und ist auf 168,l
gekommen, das heißt von 100 auf 122; die Kopfquote der Verschuldung betrug 1969 6639 Schilling
und nun 7573.
Ganz kraß und am schlechtesten ist es bei Mödling. Hatte Mödling im Jahre 1969 nur 16 Millionen
Schilling Schulden, so wurden diese Schulden bis 1973 auf 89,2 Millionen erhöht, das bedeutet eine
Erhöhung von 100 auf 557. Und jetzt komme ich auf die Verschuldungsquote: Mödling war im Jahre
1969 jene Stadt mit 998 Schilling pro Kopf der Bevölkerung und heute sind es 5157 Schilling.
Ich hätte noch mehr auf dieser Liste, ich habe hier vorwiegend die größeren Gemeinden mit über
10.000 Einwohner und die Statutarstädte angemerkt. Ich will sie aber nicht einzeln verlesen, der
Schnitt liegt auf der gleichen Linie.
Natürlich möchte ich Stockerau nicht verschweigen, sonst sagt einer, seine Schulden hat er sich nicht
sagen getraut. Die nenne ich auch. Stockerau hat 1969 61,7 Millionen gehabt, dann haben sie einen
rührigen Bürgermeister bekommen, der dann gleich erhöht hat auf 90,5 Millionen im Jahr 1973.
(Heiterkeit bei der ÖVP.) Das sind alles die Ziffern 1973, welche sich im Jahre 1974 - es wird bei allen
Gemeinden so sein - wahrscheinlich um weitere 10 bis 15% erhöhen werden, so daß die Kopfquote
der Verschuldung, welche 1969 5990 Schilling betrug, zur Zeit in Stockerau 7473 Schilling beträgt.
Sie sehen daraus, meine Damen und Herren, daß es ein Alarmzeichen gibt, und Sie sehen den
Unterschied. Es ist ungerecht, daß der Herr Landesfinanzreferent hier mit Freude und Genugtuung in
Niederösterreich eine Verschuldung von 990 Schilling pro Kopf feststellen kann, und die Gemeinden,
die in Nahverbindung zu den Menschen stehen, die die Belange dieser Menschen nach den heutigen
Erfordernissen der Gesellschaft verändern und besser gestalten sollen, sich derart in Schulden
stürzen müssen, um nur einem Teil dieser Anforderungen gerecht zu werden.
Und hier kommt auch zum Ausdruck, daß die größeren Gemeinden mehr Leistungen zu erbringen
haben. Eine dieser Mehrleistungen liegt zum Beispiel auf dem Sektor der Musikschulen oder der
Handelsschulen. In den kleineren Gemeinden wird man wahrscheinlich ohne Musikschule
auskommen. Da wird es unter Umständen einen privaten Musiker geben, der irgendwo hier
unterrichtet. Aber in den Ballungszentren wird man überfordert; es kommen auch vom Nahbereich des
Bezirkes alle Musikschüler in die Stadt, um sich ausbilden zu lassen, und diese Städte haben dafür zu
sorgen, daß dementsprechend geschulte und qualifizierte Lehrer vorhanden sind. Diesbezüglich kann
ich Ihnen von Stockerau berichten, daß wir 16 Professoren haben, die alle von Wien, überwiegend
von der Volksoper oder einem anderen Ensemble kommen und die nicht billig sind. Nun wird der Herr
Landesfinanzreferent natürlich sagen, daß wir ja auch Zuschüsse vom Land Niederösterreich
bekommen. Jawohl, jawohl, wir kriegen Zuschüsse vom Land Niederösterreich, wir kriegen auch
Beiträge von den Eltern. Wir geben in Stockerau 1,800.000 Schilling aus und bekommen insgesamt mit der Unterstützung, nicht wahr - die erwähnten 800.000 Schilling zurück, so daß wir echt
zuschießen, auch für jene Schüler, die von auswärts kommen. Wenn bei auswärtigen Schülern der
Musikleiter sagt, von dieser Familie sind drei Kinder in der Musikschule und sie haben eine gute Note,
aber sie können es sich nicht leisten, dann geben wir ihnen genauso eine Ermäßigung des
Schulgeldes wie jedem anderen. Die Wohnsitzgemeinde, die kleinere Gemeinde, zeigt hingegen kein
Interesse daran, in solchen Fällen den Besuch der Musikschule in Stockerau zu fördern. Wir erbringen
daher eine überörtliche Leistung, die nicht oder nicht im ausreichenden Maße honoriert wird. Dasselbe
gilt bei der Handelsschule.
In diesem Ballungszentrum ist es auch notwendig, kulturelle und sportliche Einrichtungen zu schaffen,
die wiederum über den örtlichen Rahmen hinausgehen, ob nun Theatersäle gebaut werden müssen
oder Konzertsäle, die man in der kleinen Gemeinde nicht immer benötigt. Ob wir als Gemeinde ein
Bezirksmuseum errichten oder ausbauen, diese Probleme hat eine kleine Gemeinde nicht. Genauso
ist es auf dem Sektor der Erholungszentren mit - wenn Sie wollen - Hallenbad, Tennisanlage, Sauna
und was es da alles gibt; ein Angebot, das man von einer kleinen Gemeinde erstens gar nicht erwartet
und das sie sich zweitens von Haus aus nicht leisten kann.
Genau die gleichen Leistungen, die nicht ausreichend honoriert werden, haben wir bei der Feuerwehr.
Wir haben heute eine Feuerwehr, die nach meiner Auffassung noch zu wenig ausgerüstet ist und die
daher den technischen Anforderungen nicht gerecht werden kann. Aber bereits diese Feuerwehr geht
über unsere Leistungskraft. Wir waren daher nicht imstande, eine Magirusleiter zu kaufen. Vor acht
Tagen hat es in einem der größten holzverarbeitenden Betriebe - einem der größten Betriebe in
unserem Gebiet - gebrannt und wir reichten da so hoch nicht hinauf, als es nötig gewesen wäre. Es
konnte aber dann die Landesfeuerwehrschule, die sich nicht allzu weit weg befindet, hier eingreifen.
Es ist einfach unmöglich, alle erforderlichen Mittel aufzubringen, beispielsweise von einer
Feuerwehrzentrale angefangen bis zu einer Magirusleiter und diesen vielen, vielen Geräten, die
benötigt werden. Man wird überfordert. Wenn man sich dann die Einsatzliste ansieht, sind die meisten
Fälle außerhalb der Sitzgemeinde der Feuerwehr, wenn sie zur Hilfestellung und auf die Autobahn
gerufen wird.
Überdurchschnittliche Leistungen bringen diese Gemeinden auch, wenn sie ein Krankenhaus
besitzen. Ich sage Ihnen hier nichts Neues und ich glaube, Herr Finanzlandesreferent, hier tun Sie uns
zweimal weh. Erstens einmal ist der Zuschuß zum Abgang gering und zweitens, wenn der Bund
endlich bereit ist, mehr herzugeben, dann nehmen Sie das zum Anlaß, weniger hergeben zu müssen.
Und das trifft uns hart; es ist keine echte Förderung mehr, wenn man seinen Teil um den Betrag, den
der Bund dazugibt, verringert. (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Freilich! Teilen!) Und daher
auch hier dieser Aufschrei für alle Gemeinden, die ein Krankenhaus haben. Es könnte jemand sagen,
man verdiene ja ganz schön bei einem Krankenhaus, weil ja Besuche hinkommen und daher die
Steuereinnahmen steigen. Wer sich einmal 14 Tage zu so einem Krankenhaus hinstellt und schaut,
welche Besuche kommen, und wer sich am Monatsende die Einnahmen und die Ausgaben anschaut,
der wird sagen: Schenken wir das Krankenhaus dem Herrn Landesfinanzreferenten, heute lieber als
morgen! Es ist kein Geschäft, es soll auch kein Geschäft mehr sein, aber wenn den kranken
Menschen geholfen werden soll, müssen auch die Gemeinden in die Lage versetzt werden, ihre
Verpflichtungen erfüllen zu können.
Das gleiche Problem bildet die Müllbeseitigung. Es ist für eine kleine Gemeinde nicht zumutbar, sich
dieser Belange anzunehmen. Man setzt das aber bei den größeren Gemeinden voraus und ich glaube
sagen zu können, daß es einige größere Gemeinden gibt, die hier sozusagen Pionierarbeit geleistet
haben. Dazu zähle ich, wenn Sie wollen, die Gemeinde Mistelbach und auch die Gemeinde
Stockerau, soweit ich sie kenne. Ich weiß, daß es andere gibt, die es ermöglicht haben, daß der
gesamte Bezirk heute eine geordnete Deponie hat; das heißt, daß jede kleinere Gemeinde ihren Müll
in dieser Hauptsitzgemeinde deponieren kann. Es gibt bei uns im Bezirk keine Gemeinde, die hier
nicht mit eingeschlossen ist. Daß es natürlich in den größeren Gemeinden auch an größeren
Verkehrsanlagen nicht mangeln darf, ist eine Selbstverständlichkeit.
Für diese Leistungen erbringen die Gemeinden große Opfer. Es ist daher unverständlich und auch
dem Gemeindebürger nicht mehr glaubhaft zu machen, daß es heute noch notwendig ist, eine
Landesumlage einzuheben, von welcher gerade jene Gemeinden am härtesten getroffen werden, die
eben den vorher von mir erwähnten Anforderungen gerecht werden müssen. Nach den
Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Finanzausgleich soll den größeren Gemeinden
geholfen werden, indem man bei ihnen den abgestuften Bevölkerungsschlüssel zur Anwendung
bringt. Dadurch soll diese Belastung gemildert werden, aber durch eine Unzahl von Landesgesetzen
wird das Gegenteil erreicht. Ich möchte alle Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses und auch die
gesamte Landesregierung bitten, mitzuhelfen, dieses Problems Herr zu werden, damit es uns gelingt,
bei der Urgemeinschaft, die dem Menschen am nächsten liegt, bei den Gemeinden zu helfen und
rascher zu helfen. Um die einzelnen Punkte nicht gesondert aufzählen zu müssen, erlaube ich mir,
diesbezüglich auf den folgenden Resolutionsantrag zu verweisen.
Resolutionsantrag des Abgeordneten Blabolil zu Gruppe 0 des ordentlichen Voranschlages des
Landes Niederösterreich für das Jahr 1975:
„Nach den Bestimmungen des Finanzausgleichsgesetzes 1973 wird der nach Abzug der
Bedarfszuweisungen verbleibende Rest der Gemeindeertragsanteile innerhalb eines Landes nach
folgendem Grundsatz aufgeteilt:
Vorerst bekommen die Gemeinden, deren Finanzkraft (Landwirtschaftliche Grundsteuer - Hebesatz
300%, Grundsteuer von den Grundstücken - Hebesatz 300% und tatsächlicher Ertrag der
Gewerbesteuer in den ersten neun Monaten des vorangegangenen und den letzten drei Monaten des
zweitvorangegangenen Jahres - Hebesatz 125%) im Vorjahr den Finanzbedarf nicht erreicht hat, 30%
des Unterschiedsbetrages zwischen Finanzbedarf (Landesdurchschnitt der Finanzkraft) und
Finanzkraft. Der verbleibende Teil ist auf die Gemeinden nach dem abgestuften
Bevölkerungsschlüssel aufzuteilen.
Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel ist das Ergebnis der Multiplikation aus der Einwohnerzahl und
einem Vervielfältiger, der bis 1000 Einwohner 1 1/6, von 1001 bis 10.000 Einwohner 1 1/3, von 10.001
bis 20.000 Einwohner 1 2/3 und von 20.001 bis 50.000 Einwohner oder Städten mit eigenem Statut
mit höchstens 50.000 Einwohnern 2 und bei Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern 2 1/3
beträgt.
Dieser nach der Einwohnerzahl abgestufte Vervielfältiger wurde gewählt, weil man annimmt, daß die
Gemeinden mit einer größeren Einwohnerzahl mannigfachere Aufgaben zu bewältigen haben, als
kleine Gemeinden.
Dieser vom Bundesgesetzgeber verfolgte Grundsatz wird bedauerlicherweise durch zahlreiche
Landesgesetze zum Gegenteil umgewandelt.
Für die Berechnung der Aufteilung der Landesumlage hat der Gesetzgeber eine Finanzkraft
herangezogen, die über der Finanzkraft nach dem FAG 1973 hinaus noch 50% der zugeteilten
Ertragsanteile berücksichtigt. Das gleiche trifft hinsichtlich der Finanzkraft, die bei der Überwälzung
des Gemeindeanteiles an der Sozialhilfe Anwendung findet (§ 50 Abs. 4 Nö. Sozialhilfegesetz,
Landesgesetzblatt 9200-0), und des NÖKAS zu.
Ein weiterer Punkt, der zur Benachteiligung der größeren Gemeinden führt, ist der, daß man in der
letzten Zeit für die Ermittlung der Finanzkraft neben den angeführten Kriterien auch 50% der
Jahreserträgnisse der Lohnsummensteuer unter Zugrundelegung von 1000% heranzieht. Da der
Finanzkraftschlüssel auf Landesebene nicht nur für die Leistung von Umlagen, sondern auch für die
Zuteilung verschiedener Subventionen, wie Mittel des Schul- und Kindergartenbaufonds, des
Gemeinde-Investitionsfonds, der Finanzsonderaktion, der Förderung der Grenzlandgemeinden, um
einige zu nennen, Anwendung findet, zeigt die angeführte Praxis, daß sich allmählich günstige
Einnahmen und ehe dementsprechende Finanzkraft negativ auswirken.
Die Landesregierung wird daher aufgefordert, dem Landtag einen Bericht darüber zu erstatten, welche
Nachteile einer Gemeinde durch die Einbeziehung von 50% der Ertragsanteile in die Berechnung des
Finanzkraftschlüssels entstehen.“
Ich möchte Sie bitten, dieser Resolution Ihre Zustimmung zu geben. Ich möchte Sie darüber hinaus
auffordern, nicht nur diesen Antrag zu unterstützen, sondern auch zu prüfen, ob es nicht möglich ist,
diesen in starke Not geratenen Gemeinden ehebaldigst zu helfen. Ich glaube, hier gilt der Spruch
„Wenn Du schnell hilfst hilfst Du doppelt“. (Landeshauptmann Maurer: Der Spruch gilt für den Bund!)
Die Gemeinden haben den Aufschrei nicht zuletzt gemacht ... Herr Landeshauptmann, wenn Sie
freundlicherweise sagen, der Bund, ich habe auch nichts dagegen, wenn uns der Bund hilft, aber ich
muß mich da an das Land wenden; da wir dem Lande angehören, kann ich nicht sagen: Zum Bund!
(Landeshauptmann Maurer: Na selbstverständlich auch Bundesangelegenheiten!) Aber wir sind doch
die letzten, Herr Landeshauptmann, uns beißen ja die Hunde. Der Bund verdient, das Land verdient,
die Kurven gehen so (weist nach oben) in der Entwicklung der Einnahmen und bei den Gemeinden
geht es so (weist nach unten). Wir sind die letzten und uns beißen die Hunde. Aber wir sind die, die
die Aufgaben erfüllen sollen. Herr Landeshauptmann, wenn Sie zugehört haben, wie ich die
Verschuldungszahlen dargelegt habe, dann muß ich sagen, wir können uns nur an die wenden, die
Geld haben, und das ist das Land. Wir haben keines! (Landeshauptmann Maurer: Das ist der Bund!
Abg. Blochberger: Hannes der Münzreiche! - Abg. Romeder: Beim Bund!) Der Herr.
Landeshauptmannstellvertreter Ludwig hat doch gesagt, der Bund hat so viele Schulden! Wenn das
Land keine Schulen hat, na, wer ist dann unser Nächstliegender? Wir als niederösterreichische
Gemeindebürger wenden uns an das Land. Ich bitte, liebe Kolleginnen und Kollegen, um Verständnis
und Unterstützung für die notleidenden Gemeinden unseres Heimatlandes Niederösterreich. (Beifall
bei den Sozialisten.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Als nächster Redner kommt der Herr Präsident Abg. Reiter zu Wort.
Ich erteile es ihm.
Dritter Präsident Abg. REITER: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Daß die Gemeinden heute
einen wesentlichen Faktor in der Politik und in der Gesellschaft darstellen, wird von mehreren
Tatsachen unterstrichen. Schon der Herr Finanzreferent hat sich in der Einbegleitungsrede sehr
ausgiebig mit Gemeindeproblemen beschäftigt, die Generalredner haben sich mit den Gemeinden
beschäftigt und die Bedeutung dieser Thematik wird auch durch die Tatsache bestätigt, daß im Kapitel
0 eine Reihe von Rednern immer wieder auf die Schwierigkeiten in den Gemeinden hinweist. Mein
Vorredner, Kollege Blabolil, hat die Diagnose gestellt: „krank bis schwerkrank“ bei den Gemeinden.
Ich darf hierzu sagen: Soweit es sich um die Feststellung handelt, gibt es grundsätzlich keine
Meinungsverschiedenheiten. Wenn es aber darum geht, die Ursachen der Verschuldung zu
ergründen, decken wir uns schon nicht mehr; schon gar nicht, Herr Kollege Blabolil, können wir der
Behauptung beipflichten, daß die Aufgaben der größeren Gemeinden wesentlich größer sind als die
der kleinen. (Zwischenruf: aber intensiver!) Das stimmt, in der Intensität ist hier sicherlich ein gewisser
Unterschied. Aber daraus etwa abzuleiten, daß eine Gemeinde mit einer Kopfquotenverschuldung von
5000 Schilling unter Umständen ärmer dran wäre als eine kleine, finanzschwache Gemeinde mit einer
Kopfquotenverschuldung von nur 500 Schilling, das geht also komplett daneben. Hier liegen schon
andere Ursachen vor. Ich weiß schon, die Frage des abgestuften Bevölkerungsschlüssels, meine
Damen und Herren, stand bei allen Finanzausgleichsverhandlungen immer wieder zur Diskussion und
wird auch bei den kommenden Finanzausgleichsverhandlungen immer wieder einen Hauptpunkt der
Differenzen bilden. Man kann heute nicht mehr behaupten, daß der Bundesgesetzgeber das bei der
Schaffung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels oder Tannenbergschlüssels, wie er fallweise auch
genannt wird, berücksichtigte Kriterium, daß die größeren Gemeinden mehr Aufgaben zu erfüllen
haben, unbedingt noch immer beibehält. Das stimmte hundertprozentig für jene Zeit, als dieser
abgestufte Bevölkerungsschlüssel eingebaut wurde, also für die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg.
Heute, meine Damen und Herren, hat sich doch der Aufgabenbereich der Gemeinden wesentlich
geändert. Wenn auch die große Gemeinde heute mit gewissen Einrichtungen Schwerpunkte auch für
das Umland setzt, müssen wir doch sagen, daß man umgekehrt von der kleineren Gemeinde, vom
ländlichen Raum, den entsprechenden Erholungsraum erwartet. Dieser Erholungsraum für die
Städter, für den Ballungsraum zu erhalten, erfordert auch von den kleineren Gemeinden, von den
Gemeinden in den entlegenen ländlichen Gebieten, wesentlich mehr Mittel als früher. Zunächst einmal
für sich selbst, weil man heute auch der kleinen Gemeinde nicht mehr zumuten kann, auf Dinge zu
verzichten, die der Städter und der Ballungsraum bereits als selbstverständlich betrachtet.
Wir sollten also die Dinge von dieser Warte sehen und vielleicht auch zueinander ein wenig ehrlicher
sein, denn Groß und Klein müssen im Kommunalbereich heute zusammenstehen, um überhaupt die
Aufgaben erfüllen zu können. Wir werden also, wie schon wiederholt festgestellt wurde, trotz
Verbesserung der Kommunalstruktur mehr als in der Vergangenheit versuchen müssen, viele Fragen
der Gemeinden in Form einer interkommunalen Zusammenarbeit zu lösen. Wir werden den
Gemeindeverbänden viel mehr Bedeutung beimessen müssen, um schon dort einen gewissen
Ausgleich in der Bewältigung von gemeinsamen Aufgaben zu finden, weil bei diesen gemeinsamen
Aufgaben die kleinere Gemeinde anteilmäßig ja auch ihre Leistungen zu erbringen hat.
Ich glaube, ich brauche auf die Grundprobleme der Gemeinden nicht einzugehen, sie sind ja
festgehalten in den Umweltbedingungen, in den kulturpolitischen Aufgaben, in der Gestaltung der
Freizeit schlechthin, der Volksbildung, auch in der Erwachsenenbildung. Darüber wird man in einem
anderen Kapitel sicherlich noch sehr ausführlich reden. Auf die wirtschaftliche Bedeutung, meine
Damen und Herren, werden wir als Gemeinden mehr als in der Vergangenheit Rücksicht nehmen
müssen. Wir werden in die Wirtschaft mehr und mehr die Bewältigung der Freizeitprobleme einbinden
müssen, weil wir der Meinung sind, daß Gemeindepolitik nun einmal eine vernünftige Wirtschaftspolitik
voraussetzt. Erst dann, wenn wir das erreicht haben, werden wir auch die übrigen Fragen der
Kulturpolitik, der Gesundheitspolitik und der Bildungspolitik entsprechend regeln können.
lch darf aber doch, meine Damen und Herren, zu den Umweltproblemen ein paar Sätze sagen,
vielleicht in Form einer Fragestellung, indem ich sage: Was wollen die Gemeinden, was dürfen die
Gemeinden und was können die Gemeinden tatsächlich tun? Wir wissen alle, daß im Mittelpunkt einer
vernünftigen, modernen Kommunalpolitik heute der Mensch und seine Bedürfnisse stehen müssen,
gleichgültig, ob dieser Mensch nun in einer kleinen Gemeinde oder in einer größeren Stadt wohnt. Aus
diesen Bedürfnissen heraus ergibt sich wohl schon eine Reihe von Aufgaben und damit läßt sich auch
das Wollen, diese erste Frage der Gemeinden, beantworten. Ich glaube nämlich, daß alle Gemeinden,
ohne Unterschied, heute sagen können, daß sie in einer sinnvollen Umweltgestaltung versuchen, die
ökologischen Lebensbedingungen in allen Bereichen unseres Landes entsprechend günstig zu
beeinflussen. Die zweite Frage, was die Gemeinden tun dürfen, ist schon nicht mehr so leicht zu
beantworten, und zwar deswegen, weil Umweltfragen ja in die Zuständigkeit des Bundes, der Länder
und der Gemeinden fallen. Wir können heute sagen, daß die verfassungsrechtliche Situation einen
einheitlichen und umfassenden Umweltschutz gar nicht möglich macht und daß wir bei der Beurteilung
der Frage, was die Gemeinden tun dürfen, also immer wieder vom Einzelfall ausgehen müssen. Von
dem Dürfen der Gemeinden leiten sich nun eine ganze Reihe Aufgaben ab. Ich will gar nicht die
allgemeinen Aufgaben erwähnen, sondern darf vielleicht in erster Linie auf eine vernünftige
Raumordnung und den Umweltschutz hinweisen. Auch das Baurecht fällt da hinein. Wir sind sehr
dankbar, daß die Novelle bereits zur Begutachtung ausgeschickt wurde; ich glaube, daß sie uns eine
ganze Reihe notwendiger Verbesserungen bringen wird, welche die Gemeinden schon längst
brauchen.
Wo wir also etwas tun dürfen, tun können und eigentlich auch tun müssen - Abg. Blabolil hat es schon
angeschnitten -, das sind die finanziell ungeheuer aufwendigen Probleme der Wasserversorgung, der
Abwässeranlagen und der Abfallbeseitigung. Meine Damen und Herren, es wurde heute schon
wiederholt Kritik am Landesfinanzreferenten geübt. Es ist nicht meine Aufgabe, ihn in Schutz zu
nehmen, das macht er schon selber. Ich glaube aber, daß es nun einmal - bitte das nicht falsch
auszulegen - zu einer gewissen Anständigkeit, unter Anführungszeichen, gehört, auch positiv zu
bewerten, was an Positivem vorhanden ist. Gerade in der Frage der Müllbeseitigung haben wir doch
einen Vorstoß gemacht, der in Österreich ziemlich einmalig ist; diese Umweltschutzanstalt ist bereits
funktionsfähig und wir werden mit den Zweckzuschußmitteln des Bundes an die Länder und
Gemeinden, mit Zuschuß des Landes und mit Zuschuß der Gemeinden aus den Bedarfszuweisungen,
in den nächsten fünf Jahren immerhin rund 150 Millionen Schilling flüssig machen. Meine Damen und
Herren, das ist eine ungeheure Summe, und ich glaube, daß man hier die entscheidenden Fragen, die
auf dem Sektor der Müllbeseitigung in Niederösterreich ungelöst sind, einigermaßen in den Griff
bekommen kann. Ich darf für die Bereitschaft des Landes, hierfür zusätzliche Mittel beizusteuern,
obwohl es ein Aufgabenbereich der Gemeinden und nicht des Landes ist - ich glaube, auch in Ihrem
Namen -, „Danke schön“ sagen.
Und nun zur dritten Frage, die also lautet: Was können die Gemeinden tun? Meine Damen und
Herren, wir kommen dabei auf jene Frage, die Herr Kollege Blabolil schon angeschnitten hat. Ja, sie
könnten viel mehr tun, wenn sie die finanziellen Möglichkeiten hätten. Hier ist die Verschuldung der
Gemeinden tatsächlich ein ernstes Prolblem geworden. Aber wir müssen die Ursachen der
Verschuldung auch mutig hier aussprechen. Die Ursachen der Verschuldung liegen nun darin, daß
sich die Funktion der Gemeinde gewandelt hat, daß sich die Gemeinde vom Ordnungsfaktor eben
zum Wirtschafts- und in letzter Folge zum Leistungsfaktor gewandelt hat. Die uns anvertrauten
Menschen stellen immer mehr vom Standpunkt der einzelnen Bewohner aus selbstverständliche
Forderungen, die früher einmal auf wesentlich weitere Zeiträume verteilt werden konnten, als es bei
den heutigen Menschen Verständnis finden würde. Daher besteht diese ungeheure Verschuldung, die
im Jahre 1972 bereits die 4-Milliarden-Grenze erreicht hat. Es wird wiederholt behauptet, das sei keine
echte Verschuldung der Gemeinden. Diese Behauptung stimmt bis zu einem gewissen Grad, weil
sicherlich ein Teil der Verschuldung im Wege von Tarifen und Gebühren wieder hereinkommen kann
und die Kosten also gedeckt erscheinen. Wir haben uns aber der Mühe vieler Untersuchungen
unterzogen und sind draufgekommen, daß das höchstens auf ein Drittel aller Schulden zutrifft. Nur bei
einem Drittel der echten Verschuldung kann man mit einem Ersatz der Investitionen rechnen. Bei den
übrigen zwei Dritteln ist ein Hereinbringen nicht möglich. Sie müssen also aus anderen Mitteln
zurückgezahlt werden.
Ich möchte auch betonen, daß von der Bevölkerung, von der Presse und von den übrigen
Massenmedien vielfach die Ansicht vertreten wird, es sei im gemeindlichen Haushalt eine finanzielle
Manövrierfähigkeit vorhanden. Man meint also, daß die Gemeinden an sich nur Pflichtaufgaben und
freiwillige Aufgaben zu erfüllen haben und daß da eine große Spanne von Möglichkeiten drinnen sein
muß. Auch das ist untersucht worden; das Kommunalwissenschaftliche Institut der Hochschule in Linz
hat hierzu eindeutig festgestellt, daß diese Behauptung nicht mehr den Tatsachen entspricht. Es gibt
nämlich neben den echten gesetzlichen Pflichtaufgaben noch eine Reihe Aufgaben der Gemeinden,
welche die Wissenschaft als „festliegende Aufgaben“ bezeichnet. Wenn wir nun diese festliegenden
Aufgaben, die gleichwertig mit den gesetzlichen Aufgaben sind, zusammenzählen, so stellen wir fest,
daß hierauf 94 bis 98% aller Ausgaben der Gemeinden entfallen; das heißt also, daß die Gemeinden
heute nur mehr eine Dispositionsmöglichkeit über 2 bis 6% ihrer Mittel haben. Das ist also die
finanzielle Situation, in der wir uns befinden.
Es wurde hier wiederholt berechtigt darauf hingewiesen, meine Damen und Herren, daß ein echter
Ausgleich nur im Wege eines vernünftigen Finanzausgleiches geschehen kann, nämlich eines
Finanzausgleiches, der die geänderte, die gewandelte Funktion der Gemeinde berücksichtigt. Es kann
hier kein Wandel entstehen, wenn wir nur vom Land oder - ich sage auch das ganz offen - nur vom
Bund Mittel erhalten. Eine grundlegende Änderung kann nur über einen vernünftigen Finanzausgleich
geschehen, der das berücksichtigt. Meine Damen und Herren, nun glaube ich aber - wir wissen es alle
aus Erfahrung -, daß ein bestehender Finanzausgleich, der von den drei Gebietskörperschaften
ausgehandelt wurde, während seiner Geltungsdauer nicht umzuändern ist. Es ist also meiner Meinung
nach der Weg zu suchen und zu finden, wie man in der Zwischenzeit, bis die neuen Verhandlungen
kommen, eine andere Lösung trifft. Momentan beschäftigt sich ja eine ganze Reihe von
Wissenschaftlern mit Grundlagenforschung; der Herr Finanzminister hat uns die Unterlagen für
kommendes Frühjahr versprochen und wir hoffen also, darin echte neue Gedanken zu finden, wie
dieser Finanzausgleich grundlegend zu ändern ist. Aber bis dorthin müssen wir etwas anderes tun,
und ich glaube, wir dürfen dabei nicht einseitig sein, sondern müssen die Forderungen der
Gemeinden sowohl an das Land als auch an den Bund richten. Wenn das Wort Forderung stört, kann
ich auch sagen, die Bitte an das Land oder den Bund. Wir vergeben uns als Gemeinden gar nichts,
wenn wir eine durchaus vernünftige, eine berechtigte Bitte aussprechen. Ich darf daher in diesem
Zusammenhang einen Resolutionsantrag mit folgendem Wortlaut stellen:
„Die Verschuldung der Gemeinden ist - wie dargestellt - mehr als beängstigend. Es sind zwei
Hauptfaktoren, auf die diese Tatsache zurückzuführen ist, und zwar:
1. Der Finanzausgleich 1973 hat auf die umfassende Funktion der Gemeinden im Gesamtstaat bei
Verteilung der Mittel nicht gebührend Rücksicht genommen. Es war, wie bei allen vorangegangenen
Finanzausgleichsverhandlungen, daß nur über die Prozente der Beteiligung an den
gemeinschaftlichen Abgaben gefeilscht wurde. Moderne Gesichtspunkte, wie ,Herstellung
gleichwertiger Lebensbedingungen im gesamten Bundesgebiet' oder ,Ausbau zentraler Orte' usw. hat
man nicht berücksichtigt. 2. Den Gemeinden als den finanziell Schwächsten, hat man auch einen
beachtlichen Teil der Last der Stabilisierungsmaßnahmen aufgebürdet.
Eine Änderung des Finanzausgleichsgesetzes 1973 wird kaum vor seinem Ablauf erreicht werden
können und wenn dies auch möglich sein sollte, dann würden sich die Verhandlungen auf einen so
langen Zeitraum erstrecken, daß die angestrebte Finanzhilfe für die Gemeinden wahrscheinlich zu
spät kommt.
Die Landesregierung wird daher aufgefordert zu erwirken, daß sowohl auf Bundes- als auch auf
Landesebene, außerhalb des Finanzausgleiches, Gemeindeförderungsgesetze mit dem
rechtspolitischen Ziel geschaffen werden, die Gemeinden bei Bewältigung ihrer im Interesse der
Bevölkerung gelegenen kommunalen Aufgaben zu unterstützen.“
(Präsident Dipl. Ing. Robl übernimmt den Vorsitz.)
Ich glaube, meine Damen und Herren, dieser Antrag ist in einer Form gehalten, daß Sie über
Parteigrenzen hinweg zu diesem Antrag ja sagen können.
Und nun darf ich auch ein Wort zu dem künftigen Finanz- und Kreditbedarf sagen. Vom
Gemeindebund und vom Städtebund wurde gemeinsam mit den Sparkassen und den
Hypothekenanstalten in den vergangenen Jahren eine Vorschau gemacht, wie viele Kreditmittel, wie
viele Finanzmittel die österreichischen Gemeinden vom Jahre 1973 bis zum Jahre 1976 brauchen. Die
sehr interessanten Ergebnisse stimmen irgendwo, Kollege Blabolil, mit Deinen Behauptungen nicht
ganz zusammen. Ich betone noch einmal, das war eine ganz objektive Untersuchung, da hat nicht die
eine oder die andere Fraktion politisch hineingefunkt. Wir haben also festgestellt, daß der
Finanzbedarf, der Kreditbedarf, bis zum Jahre 1976 zwei Schwerpunkte hat. Der eine Schwerpunkt ist
das Schulwesen und der zweite Schwerpunkt Wasserversorgung, Wasserschutzbau,
Abwasserbeseitigung, Kläranlagen. Diese beiden Punkte allein werden 64% der Kreditmittel in
Anspruch nehmen. Nun gibt es eine Zusammenstellung, wie es im Verhältnis zur Gemeindegröße
aussieht. Dabei stellten wir fest, daß der Bedarf in den Gemeinden unter 5000 bei den Schulen kleiner
und bei den anderen größer ist; das entspricht dem, was ich eingangs erwähnt habe, daß wir da
irgendwo nicht ganz auf einer Linie sind. Umgekehrt haben bei der zweiten entscheidenden
Investitionsaufgabe die Gemeinden unter 5000 einen wesentlich höheren Bedarf als die Gemeinden
über 10.000.
Ich glaube daher, daß wir diese Untersuchung ernst nehmen sollten und daß hier alle bemüht sein
müssen, diese Fragen durch eine vernünftige Kooperation entsprechend zu lösen. Das wäre eine
Grundlage dafür. Ich könnte die einzelnen Punkte nun ebenfalls in Prozentzahlen anführen, das kann
ich mir aber ersparen. Ich darf nur feststellen, daß hier festgehalten wurde, daß die Kommunalpolitik
heute fast ausschließlich eine Investitionspolitik ist. Wenn ich sage fast, so möchte ich damit
andeuten, daß es natürlich daneben noch eine Reihe anderer Aufgaben gibt, daß aber auch in den
Gemeinden heute der Schwerpunkt auf der Investitionspolitik liegt.
Ich darf vielleicht noch - auch darüber wurde heute schon gesprochen - auf die Stabilisierung
hinweisen. Wir haben festgestellt, daß die Stabilisierungspolitik den Gemeinden, aber auch den
übrigen Gebietskörperschaften eine bestimmte Aufgabe zuteilt. Diese ganze Konjunktur- und
Stabilisierungspolitik soll antizyklisch - ich kenne kein besseres Wort für dieses häßliche Fremdwort wirken, das heißt, sie soll sich bei Hochkonjunktur mit Investitionen zurückhalten und wenn das
Gegenteil eintritt, die Konjunktur beleben. In den letzten Jahren müssen wir immer wieder etwas
bremsen. Es gibt, wie Sie wissen, eine Reihe von Stabilisierungsabkommen zwischen den drei
Gebietskörperschaften und hier muß ich sagen, daß wir mit dem ersten Stabilisierungsabkommen und
auch mit dem zweiten vom Standpunkt der Gemeinden absolut nicht zufrieden waren, weil man bei
diesen Stabilisierungsvereinbarungen nicht anerkannt hat, daß die Gemeinden eben ganz einfach
lebensnotwendige Investitionen durchführen müssen. Es gibt bei den Gemeinden Bereiche, wo man
nicht sparen, wo man sich nicht zurückhalten kann, weil es oft gar nicht möglich ist, die
Investitionspolitik der einzelnen Gemeinden kurzfristig den sich wandelnden konjunkturpolitischen
Erfordernissen anzupassen. Man kann nun einmal in einer Gemeinde Bauruinen nicht stehen lassen
und man kann einen begonnenen Schulbau nicht unvollendet lassen, man muß ihn fertigbauen. Das
gleiche gilt auch für einen Kanalbau. Wir haben in den letzten Verhandlungen hier einen kleinen
Durchbruch erreicht, es wurden gewisse Dinge doch ausgenommen. Ich darf aber in dem
Zusammenhang sagen, daß diese Stabilisierungsmaßnahmen wieder vornehmlich zu Lasten der
Gemeinden, vor allem zu Lasten der kleinen Gemeinden gehen. Nicht rein finanziell, sondern vor
allem auch deswegen, weil diese kleineren Gemeinden ohnedies bevölkerungsarm und
finanzschwach sind. Wenn man ihnen die wenigen Möglichkeiten noch wegnimmt, dann bedeutet das,
daß die Abwanderung aus diesen Gemeinden noch größer wird und daß sich also dieser Kreis dreht
und gerade in diesen Gemeinden das Gegenteil von dem eintritt, was die Stabilisierung erreichen
sollte.
Ich hätte auch noch eine Reihe Zahlen über die Investitionen der Gemeinden, die Summe ihrer
Haushaltspläne; das würde aber zu weit führen, ich darf mir das ersparen und nur darauf verweisen.
Auch hierfür möchte ich dem Land „danke schön“ sagen: wenn im vergangenen Jahr rund eine
Milliarde echte Förderungsmittel für die Gemeinden vorhanden waren, ist das doch eine schöne
Summe. Wir würden sicherlich noch etliche Milliarden brauchen, aber ich freue mich, daß der
Finanzreferent die Bereitschaft kundgetan hat - das möchte ich besonders unterstreichen -, sich mit
den Gemeinden, mit den Vertretungsverbänden in einer ruhigen Zeit im neuen Jahr
zusammenzusetzen und zu überlegen, was man für die Gemeinden also echt tun kann.
Einen Nachteil - das ist glaube ich heute schon angeschnitten worden - bringt die Lohnsteuerreform,
die wir an sich begrüßen; den Gemeinden kostet es 2 Milliarden Schilling, das bedeutet, daß ein
selbstverständliches Gemeindeservice eben um diesen Betrag herabgesetzt werden muß. Was des
einen Vorteil ist, ist des anderen Nachteil, das erleben wir ja in vielen Bereichen immer wieder.
Meine Damen und Herren, vielleicht noch ein Wort zur Siedlungswasserwirtschaft, welche heute
schon von den Generalrednern angeschnitten worden ist. Wir haben in Niederösterreich auf diesem
Sektor schon sehr viel erreicht, denn wir haben immerhin 73% der niederösterreichischen
Bevölkerung mit einer zentralen Wasserversorgungsanlage und haben 48% der Bevölkerung
Niederösterreichs mit einer ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigungsanlage versorgt. Das ist auch in
Zukunft die Hauptbelastung der Gemeinden. Wir bedauern, daß auf diesem Sektor im Bundesbudget
kaum Erhöhungen zu erwarten sind. Wir bedauern das, weil hier noch eine ganze Reihe von
Aufgaben in Niederösterreich zu erfüllen ist. Auch in diesem Zusammenhang, meine Damen und
Herren, könnte man die Gemeinden von Seiten des Bundes ein wenig entlasten, indem man bei den
vielen Krediten, die vom Wasserwirtschaftsfonds aushaften, den Gemeinden gegenüber eine Geste
seitens des Bundes macht. Ich erlaube mir in dem Zusammenhang hier einen Resolutionsantrag zu
stellen:
„Nach dem Wasserbautenförderungsgesetz erhalten die Gemeinden aus dem Wasserwirtschaftsfonds
Förderungen, vor allem für öffentliche Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen. Im
ersten Fall besteht die Förderung aus einem in 15 Jahren rückzahlbaren mit 2% p. a. verzinsbaren
Darlehen im Ausmaß von 40% des anerkannten Kostenaufwandes und im zweiten Fal
aus einem in 20 Jahren rückzahlbaren mit 2% p. a. verzinsbaren Darlehen im Ausmaß von 50% des
anerkannten Kostenaufwandes. In bestimmten Fällen gibt es auch noch die Möglichkeit, das Ausmaß
der Darlehen zu erhöhen.
Im Interesse der Gesunderhaltung der Bevölkerung und des Umweltschutzes haben die Gemeinden,
vor allem im letzten Jahrzehnt, gewaltige Investitionen getätigt. Ihre finanzielle Leistungsfähigkeit ist,
wenn man andere nicht vermeidbare Investitionen, wie z. B. den Schulbau, in Betracht zieht,
erschöpft.
Um die Entwicklung in diesen Bereichen nicht zu beeinträchtigen, stelle ich den Antrag:
Die Landesregierung wird ersucht, beim Bundesministerium für Bauten und Technik zu erwirken, daß
durch entsprechende Maßnahmen, ohne Schmälerung des Förderungsvolumens, den Gemeinden die
Rückzahlung von zumindestens 50% der aushaftenden Darlehen erlassen wird und aushaftende
Darlehen zinsenfrei gestellt werden.“
Ich darf auch bitten, daß Sie diesem Antrag Ihre Zustimmung geben.
Noch etwas ist heute angeklungen, das ist die Investitionssteuer. Meine Damen und Herren, das ist
eine Frage, die für uns Gemeinden vollkommen unverständlich ist. Daß man also von den
Gemeinden, die ja hier Leistungen für die Bevölkerung, für das Dasein der Bevölkerung erbringen, für
diese Vorhaben und diese Investitionen auch noch eine Steuer verlangt. Ich erlaube mir, in diesem
Zusammenhang ebenfalls einen Resolutionsantrag zu stellen:
„Die Landesregierung wird aufgefordert, bei der Bundesregierung dahin zu wirken, daß
gesetzgeberische Maßnahmen mit dem Ziele eingeleitet werden, die Gemeinden von der
sogenannten Investitionssteuer nach dem Umsatzsteuergesetz 1972 hinsichtlich jener Investitionen
auszunehmen, die für öffentliche Zwecke getätigt wurden.“
Und nun darf ich noch einen Satz im Zusammenhang mit dem Stadterneuerungsgesetz sagen. Meine
Damen und Herren, auch hier kommt einiges auf die Gemeinden zu. Wir begrüßen das Gesetz, weil
wir darin eine löbliche Fortsetzung des Raumordnungsgesetzes sehen, nur hat dieses Gesetz einen
kleinen Fehler. Die Grundlagen für die Stadterneuerung sind zwar gesetzlich verfügt worden, aber
dieses Gesetz hat einen wesentlichen Mangel, nämlich, daß es nichts von der Finanzierung sagt. Es
werden durch dieses Gesetz wohl die Länder ermächtigt und zur Abänderung des
Wohnbauförderungsgesetzes aufgefordert; sie sollen für die Maßnahmen des
Stadterneuerungsgesetzes auch verstärkte Mittel erhalten, das ist zu begrüßen. Überlegen wir aber,
wann diese Mittel verfügbar sind. In der letzten Phase der Stadterneuerung, in der letzten Phase der
Assanierungsmaßnahmen! Ich glaube, dann ist es fast schon zu spät. Es müßten also zum Beginn
dieser Assanierungsmaßnahmen auch entsprechende Mittel zur Verfügung stehen. Der Bund hat
sich's da ein bißchen leicht gemacht. Das merkt man daran, daß im Ausschußbericht zu der
finanziellen Frage nur ein Satz steht: ,Eine Verwaltungsmehrarbeit und eine finanzielle Mehrbelastung
des Bundes ist durch das gegenständliche Bundesgesetz nicht zu erwarten.“ Für den Bund natürlich
nicht, aber für uns! Für uns entstehen da ungeheure finanzielle Belastungen, und ich glaube, wer
Gesetze mit einer Belastung für die Gemeinden macht, sollte wenigstens dazu beitragen, daß den
Gemeinden dabei auch geholfen wird.
Nun noch ein paar Worte zur Gemeindeverwaltungsschule und Kommunalakademie. Meine Damen
und Herren, wir hatten bei den Parteienverhandlungen ein Papier unterfertigt, in welchem es wörtlich
heißt: „Im Wege der Nö. Gemeindeverwaltungsschule und Kommunalakademie soll eine Kooperation
Land und Gemeinden auf dem Sektor der Kultur, der Weiterbildung, der Landes- und
Gemeindebediensteten erzielt werden. Land und Gemeinden sollen sich an dieser gemeinsamen
Institution zur Erfüllung dieser Auf gaben beteiligen.“ Ich höre, darf diese Absicht in bezug auf die
Gemeinden angeblich von Seiten der sozialistischen Fraktion nicht mehr im vollen Ausmaß bestehen
soll. Ich darf doch bitten, hierüber in einer ruhigen Stunde zusammen echte Gespräche zu führen. Ich
glaube, diese Gemeindeverwaltungsschule und Kommunalakademie ist auch für die Gemeinden
ungeheuer wichtig und bei einigem guten Willen ist sicherlich eine Möglichkeit des gemeinsamen
Nenners zu finden.
Zur Gemeindeförderung noch einmal: Die Zusage wurde gegeben, wir begrüßen das.
Meine Damen und Herren, ich darf zum Abschluß kommen und erwähnen, daß die Komplexität des
gemeinschaftlichen Wollens den Staat, die Länder, aber vor allem auch uns Gemeinden in der Zukunft
vor schwer zu lösende Aufgaben stellen wird. Ein Zusammenwirken der Gebietskörperschaften vor
allem auf dem privatwirtschaftlichen Sektor, dem Investitions- und Subventionssektor, der
Abstimmung der raumordnerischen Vorstellungen, ist eine der wesentlichsten Voraussetzungen, um
die künftigen Situationen meistern zu können. Kommunalpolitik, meine Damen und Herren, war immer
die Basis des gemeinsamen Verstehens zwischen den beiden großen Parteien in Niederösterreich. Es
sollte auch weiterhin so sein, dann werden wir die offenen, schwierigen Probleme im Interesse der
Gemeinden und der Bevölkerung auch in Zukunft zufriedenstellend lösen können. (Beifall bei der
ÖVP.)
PRÄSIDENT DIPL. ING. ROBL: Als nächstem Redner erteile ich dem Herrn Abg. Präsident Binder
das Wort.
Abg. Zweiter Präsident BINDER: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen
Hauses! Zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich zum Resolutionsantrag des Herrn Abg. Wittig
Stellung nehmen und sagen, daß wir ihm mit Ausnahme des Punktes 4 zustimmen, und zwar mit der
Begründung, daß der Punkt 4 unserer Meinung nach unabsehbare Folgen hat, die meiner Meinung
nach bis zur persönlichen Abhängigkeit des betroffenen Mandatars vom Arbeitgeber reichen. Ich
glaube daher, daß dieser Punkt zu wenig durchdacht ist und daß er auch in steuerlicher Hinsicht
Wolken nach sich ziehen würde, die man vorerst einmal gar nicht absehen kann. Wir stimmen dem
Antrag daher, wie gesagt, in den Punkten 1-3 zu, im Punkt 4 aber können wir das leider nicht. Ich bitte
schon jetzt, darüber punkteweise abstimmen zu lassen.
Zu den Ausführungen meines Vorredners, Präsident Reiter, der auf die Meinung des Abg. Blabolil
über die Aufgabenstellung der großen und kleinen Gemeinden eingegangen ist, möchte ich mich der
Meinung anschließen, welche auch gegen Schluß zum Ausdruck kam: Bei der Feststellung des
Finanzbedarfes der Gemeinden wird klar und deutlich ersichtlich, daß es heute keine Vorzüge gibt für
große Gemeinden oder für kleine Gemeinden, sondern es darauf ankommt, wo die Gemeinde liegt
und welche Aufgabenstellung sie von Grund auf hat. Der Bedarf entsteht also nicht von der Größe
her, sondern von Grund auf, ob es ein zentraler Ort ist oder eine andere Aufgabe zu erfüllen ist.
Meiner Ansicht nah ist dabei die Infrastruktur sehr wesentlich und hier liegt von der Gemeindegröße
her gesehen die Grenze bei 5000 Einwohnern. Wir können uns erinnern, Herr Präsident Reiter, daß
wir gemeinsam versucht haben, bei den Finanzausgleichsverhandlungen für den abgestuften
Bevölkerungsschlüssel eine Grenze zwischen 1000 und 10.000 bei 5000 zu finden, um hier den
Gemeinden bis zu dieser Größenordnung oder darüber bis zu 10.000 über den Finanzausgleich mehr
finanzielle Mittel zuführen zu können.
Einverstanden bin ich mit den Aufgaben, die die Gemeindeverbände vom Gesetzgeber übertragen
bekommen haben, aber nur dann, wenn damit nicht, so wie wir das jetzt in der letzten Zeit erleben und
erlebt haben, auch eine Umfunktionierung der finanziellen Mittel vor sich geht, das heißt, daß ein Teil
der Gemeinden bei der Gründung von Verbänden finanziell auf jeden Fall draufzahlt. Das können wir
uns nicht leisten, das heißt, man wird sich in jedem einzelnen Fall genau ansehen müssen, welche
Aufgabenstellung der zu gründende Verband haben wird.
Und nun zur Verschuldung der Gemeinden. Man spricht von sogenannten Gebührenschulden, wenn
man Kanalbauvorhaben, Wasserleitungsvorhaben, Wohnbauten oder was immer meint, wo Gebühren
oder Mittel wieder hereinkommen. Der echte Aufwand, für welchen man Kredite mit einer vollen
Verzinsung aufnehmen muß, läge nach der Meinung von Präsident Reiter bei zwei Drittel der
gesamten Verschuldung. Das ist meiner Ansicht nach sehr hoch und ich wiederhole das deshalb, weil
ich auch von dieser Stelle aus immer wieder darauf hinweise, daß wir als Gemeinden zwar sehr froh
sind, wenn wir zinsenverbilligte oder überhaupt zinsenfreie Darlehen bekommen, daß aber dies nicht
die für die Gemeinden erstrebenswerte Lösung ist, sondern daß wir immer wieder echte, nicht
rückzahlbare Beiträge an die Gemeinden zur Erfüllung ihrer Aufgaben fordern müssen.
Und nun zu dem Antrag des Präsidenten Reiter bezüglich eines Gemeindeförderungsgesetzes. Herr
Präsident, ich darf hierzu sagen, daß Du in diesem Antrag ja nichts Neues forderst und es ohne
weiteres möglich wäre, über jenen Antrag, der schon über ein Jahr im zuständigen Ausschuß liegt,
hoffentlich nun sehr bald zu verhandeln. Ich meine den Antrag im Zusammenhang mit dem
Gemeindeinvestitionsfonds, wofür man schon eine entsprechende Lösung auf Landesebene finden
könnte, wenn man den ernsten Willen dazu hat.
Bezüglich der Stabilisierungsmaßnahmen bin ich auch der Meinung, daß das die Gemeinden sehr hart
trifft. Ich möchte nur sagen, daß die Länder von der Phase 1 bis zur nunmehrigen Phase 4 zugestimmt
haben, desgleichen bei den Verhandlungen letztlich auch die beiden Gemeindevertreterverbände, der
Gemeindebund und der Städtebund, weil es gar nicht anders geht. Ich glaube, daß Bund, Länder und
Gemeinden zusammen die so genannte Inflation in den Griff bekommen müßten und daß wir als
Gemeinde genauso wie die Länder oder der Bund interessiert sein müssen, daß dies geschieht. Wir
müssen daher auch als Gemeinden dabei mithelfen. Dies kommt ja bereits dadurch zum Ausdruck,
daß wir zugestimmt haben, wenn. gleich mit einigen Einschränkungen bzw. der Meinungsbildung, daß
die Durchführung anders vor sich gehen soll.
Deinen Antrag betreffend den Wasserwirtschaftsfonds halte ich für nicht ganz richtig. Wir haben
ähnliches schon bei anderer Gelegenheit erlebt. Ich glaube, daß eine vorzeitige Rückzahlung auf
Sicht gesehen nicht die erstrebenswerte Lösung ist, sondern man versuchen müßte, doch mehr Mittel
zu bekommen. Das ist aber wieder problematisch, wenn ich an die Steuerreform denke, welche
insgesamt einen Einnahmenverlust von 10,6 oder 11 Milliarden Schilling nach sich zieht, wovon die
Gemeinden mit nahezu zwei Milliarden Schilling betroffen sind. Man kann nicht alles haben. Man kann
nicht eine Steuerreform haben, gleichzeitig aber auch mehr Mittel vom Bund verlangen oder
bekommen, uim der Aufgabenstellung besser als bisher gerecht werden zu können. Gerade wir
Gemeindevertreter sind da, glaube ich, ganz besonders betroffen. Der Antrag scheint mir daher ein
bisserl danebenzugehen, aber such hierüber kann man im Zuge der Beratungen über den
Gemeindeinvestitionsfonds vielleicht noch einmal reden.
Zu einer Ausnahme von der Investitionssteuer, glaube ich, müssen wir nein sagen. Diesem Antrag
können wir vom Grundsatz her nicht zustimmen, weil wir glauben, daß er nicht richtig ist.
Letztlich noch einige Worte zur Verwaltungsschule und Kommunalakademie. Ich glaube, es wurde
heute hier im Hause schon gesagt, worauf wir immer wieder hinweisen. Die Belastungen der
Gemeinden sind so groß - es kommt bei jedem Redner zum Ausdruck -, daß wir nicht zustimmen
können, für den Aufwand zur Errichtung dieser Schule und Kommunalakademie wieder Millionen
Schilling von den Gemeinden einzufordern. Wir sind gerne bereit, in der Form mitzutun, daß wir für die
Inanspruchnahme der Verwaltungsschule bzw. der Akademie, für den Sachaufwand oder für unseren
Aufenthalt eine entsprechende Entschädigung zahlen. Ich glaube, darüber könnte man reden, aber es
würde heute zu weit führen, hierüber abschließend zu diskutieren. Es gibt einen Vorstand, der sich
damit zu beschäftigen hat bzw. werden seine Verbände das tun. Soweit zu dem, was der Herr
Präsident gesagt hat.
Und nun einige Worte, meine Damen und Herren, zum Herrn Landesfinanzreferenten,
Landeshauptmannstellvertreter Ludwig. Ich bin schon ziemlich lange als Angehöriger des Landtages
in diesem Haus, aber ich muß sagen, daß ich so eine Rede von ihm noch nie gehört habe. Diese
Rede war in manchen Teilen - nicht immer, aber in manchen Teilen - so bissig und so polemisch, daß
ich mich gewundert habe, daß er als Landesfinanzreferent solche Worte oder Satzstellungen, die für
mich zumindest nicht begreiflich waren, nötig hat. Politisch, polemisch, gegen die sozialistische
Bundesregierung. Man kann etwas so sagen - man kann etwas auch so sagen. Und er hat heute
Worte gefunden - ich weiß nicht, ob er nicht gut aufgelegt war, aber er hat eigentlich ein Konzept
gehabt -, über die ich mich sehr wundere. Wenn er den Finanzminister, die Frau Gesundheitsminister
in einer Art und Weise angreift, daß man sagen muß, es sind keine sachlichen Argumente ... (Abg.
Romeder: Das waren sachliche Argumente!) Nein, absolut keine sachlichen Argumente, sondern in
vielen Teilen eine ausgesprochen politische Aussage, ich habe mir das notiert. Ich bin das nicht
gewohnt vom Herrn Landesfinanzreferenten, er hat es ja nicht notwendig, eine
Budgeteinbegleitungsrede mit politischen Aussagen in dieser Form zu halten. (Abg. Romeder: Ein
Budget ist auch eine politische Sache!) Ich glaube nicht, meine Herren von der rechten Seite, daß der
Herr Landesfinanzreferent, wenn es noch immer eine Regierung Klaus geben würde, sich in gleicher
Art und Weise ausgedrückt hätte, wie er das jetzt bei der Regierung Kreisky gemacht hat. (Abg.
Anzenberger: Wäre es auf Ihrer Seite umgekehrt, Herr Präsident?)
Ich glaube, es muß auch gesagt werden, daß er im Zusammenhang mit der Notwendigkeit, den
Gemeinden zu helfen, die Meinung vertritt, vor der Gemeinderatswahl könne nichts mehr geschehen,
weil das ein Effekt oder schon eine Nötigung unter dem Blickwinkel Gemeinderatswahl wäre. Ich rnuß
mich auch in der Richtung wundern, weil ich glaube, daß man den Gemeinden nicht rasch genug
helfen kann, unabhängig von bevorstehenden Wahlen. Wenn ich jetzt sage, wir haben im April
Gemeinderatswahl, kann ich dann im Oktober wieder auf Nationalratswahlen verweisen; da kann
wieder nichts geschehen für die Gemeinden, es wäre wieder eine politische Beeinflussung. Ich glaube
hingegen, daß wir wirklich wirkungsvolle Maßnahmen brauchen, um den Gemeinden helfen zu
können. Angefangen vom Herrn Landeshauptmann über den Landesfinanzreferenten und viele
andere mehr wird immer wieder und seit langer Zeit davon gesprochen, daß den Gemeinden echt
geholfen werden muß. Wir brauchen diese Hilfe ja als Gemeinden wirklich dringend und jetzt,
unabhängig von Wahlen und egal
um welche Gemeinden es sich handelt. Ich bin aber auch dafür - das sage ich ausdrücklich -, daß
man ebenso wie an das Land, was wir jetzt tun, auch an den Bund herantreten soll bzw. daß wir uns
zusammensetzen, um eine Lösung zu finden, wie die Gemeinden aus ihrer Misere herauskommen.
Und nun zum Budget selbst, meine sehr geehrten Damen und Herren. Im Rahmen der
Budgetberatungen über den Voranschlag des Landes Niederösterreich für 1975 zieht man als
Gemeindevertreter unwillkürlich auch einen Vergleich zwischen den Gemeindefinanzen und den
Landesfinanzen, deshalb reden wir halt in der Gruppe 0 über das, was uns am Herzen liegt und was
man eigentlich sagen muß. Allerdings muß man auch einige andere Probleme, die nicht nur mit dem
Finanzwesen zu tun haben, in dieser Gruppe behandeln, weil es sich dabei ebenfalls um wichtige
Fragen handelt. In erster Linie aber betrifft es die Finanzen, welche in den Gemeinden, wie wir das
immer wieder hören und auch heute schon zur Kenntnis nehmen mußten, katastrophal sind, und zwar
bezüglich der Verschuldung. Der Abg. Blabolil hat schon drauf hingewiesen.
Ich habe hier eine Aufstellung, die für mich sehr aufschlußreich ist. Der Annuitätendienst der
Gemeinden, also der Tilgungs- und Zinsendienst der Gemeinden, hat im Jahre 1969 insgesamt
277,664.000 Schilling betragen; ein Jahr später 330,241.000 Schilling, das waren um rund 52,5
Millionen Schilling mehr. 1971 waren es bereits 397,7 Millionen Schilling, gegenüber dem Vorjahr
wieder um rund 67,5 Millionen Schilling mehr, 1972 bereits 478,4 oder 478,5 Millionen Schilling, das
ist wieder gegenüber dem Vorjahr um rund 80,6 Millionen Schilling mehr, und 1973 bereits 591,9, als
fast 592 Millionen Schilling, das sind gegenüber dem Jahr 1972 um 113,5 Millionen Schilling mehr.
Sie entschuldigen, daß ich hier diese Ziffern nenne, aber in Prozente umgerechnet bedeutet das, daß
die Steigerung im Jahre 1973 gegenüber 1972 23,7% beträgt. Ich rechne das jetzt auf die gesamte
Verschuldung der Gemeinden um. Laut einer von Herrn Landeshauptmann Maurer vor einiger Zeit
gemachten Aussage hatten die Gemeinden Niederösterreichs Ende 1972 rund 4,2 Milliarden Schilling
Schulden. Wenn ich jetzt die 23,7O/o hochrechne auf die gesamte Verschuldung der Gemeinden,
komme ich auf rund 5,2 Milliarden Schilling Schulden. Und wenn ich jetzt für die Steigerung von 1973
auf 1974 nur 20%, also gar nicht 23,7 wie die Steigerung 1972-1973, annehme, dann bedeutet das für
Ende 1974 eine Verschuldung der Gemeinden von bereits 6,2 Milliarden Schilling.
Warum sage ich das wieder? Weil ich einen Vergleich mit den Finanzen des Landes anstelle und
hierbei darauf hinweise, daß der Herr Landesfinanzreferent die Verschuldung pro Kopf der
Bevölkerung im Lande Niederösterreich mit 990 Schilling angegeben hat. Wenn ich die 6,2 Milliarden
Schilling oder besser vielleicht nur die 5,2 Milliarden Ende 1973 auf den Kopf der Bevölkerung
umrechne, erhalte ich bei den Gemeinden im Durchschnitt eine Kopfquote von 4000 Schilling, zum
Unterschied von 990 Schilling beim Land. Hieraus ersieht man die ganze Problematik der
Verschuldung der Gemeinden und wie notwendig es ist, den Gemeinden zu helfen.
Wenn ich nun den Schuldendienst des Landes seit 1964 betrachte, möchte ich auch einige Ziffern
nennen, weil man das sehr rasch vergißt und es deshalb immer wieder in Erinnerung rufen muß. Die
Entwicklung des Schuldenstandes, immer in runden Ziffern ausgedrückt, war: 1964 - 1.083,000.000
Schilling, 1965 - 1.222,000.000 Schilling, 1966 - 1.246,000.000 Schilling, 1967 - 1.400,000.000
Schilling, 1968 - 1.633,000.000 Schilling, 1969 - Sie erinnern sich an die Zeit, was hier vor sich
gegangen ist im Lande Niederösterreich - 1.768,000.000 Schilling, 1970 - 1.559,000.000 Schilling,
1971 - 1.370,000.000 Schilling. Und jetzt folgen Sie mir ziffernmäßg und stellen Sie einen Vergleich
mit den Gemeinden an: 1972 - 1.257,000.000 Schilling, 1973 - laut Voranschlag 1.1 17,000.000
Schilling, laut Rechnungsabschluß 1.146,000.000 Schilling und 1974 - laut Voranschlag 996,000.000
Schilling bzw. 1.400,000.000 Schilling. Im Jahre 1975 wird die Verschuldung des Landes Ende des
Jahres 1.210,000.000 Schilling ausmachen. Also wieder der alte Stand wie 1972, im Gegensatz zu
den Gemeinden, wo wir mit einer jährlichen Zunahme der Verschuldung um rund 1 Milliarde Schilling
rechnen können.
Ziehen wir nun den Finanzausgleich mit in Betracht, dann wissen wir, daß die Finanzen der
Gemeinden, bedingt durch die Steuerreform und bedingt durch sonstige Umstände auf Landesebene,
wieder nicht besser werden. Auch hierzu ein Beispiel, welches ein Grund wäre, daß sich Vertreter des
Landes, der Gemeinden und auch des Bundes zusammensetzen müssen.
Ich habe das Finanzausgleichsblatt aus meiner Gemeinde für 1975 mit und das ist sehr interessant.
Ich habe eine Einnahmensteigerung bei der Gewerbesteuer um 51.270 Schilling, eine Steigerung der
Grundsteuer B von 218.120 Schilling, Mindereinnahmen bei der Grundsteuer A - das ist auch
interessant - von 74.170 Schilling, aber bei der neuen Sozialhilfeumlage, der Nachfolgerin der
sogenannten Bezirksumlage, welche 1974 317.400 Schilling ausgemacht hat, betragen die Ausgaben
für 1975 452.590 Schilling. Ganz klar, das hat sich ja gewandelt. Wenn ich daran denke, daß ich eine
relativ hohe Zahl von Bewohnern in Heilanstalten habe, dann muß ich sagen, es müßte eigentlich
weniger werden für meine Gemeinde; trotzdem wird es um 135.000 Schilling mehr. Landesumlage
1974 bisher 388.800 Schilling, 1975 bereits 538.000 Schilling, da können Sie sagen, das hängt mit der
Finanzkraft zusammen. NÖKAS - Zweckaufwand: 276.300 Schilling, 1975 351.000 Schilling. Das
könnte man fortsetzen. Wenn ich jetzt die Mehreinnahmen zusammenrechne und dann das, was ich
mehr wegzahlen muß, was mir weggenommen wird, was ich gar nicht sehe, abrechne, bleiben mir an
Mehreinnahmen für 1975 50.130 Schilling. Das ist eine Katastrophe.
Und nun möchte ich fragen, wie die Gemeinde ihrer Aufgabenstellung gerecht werden kann. Diese
Beispiele könnte man jetzt beliebig fortsetzen, ichnehme wieder nur eine Gemeinde, und zwar die
Stadt Traiskirchen. Sie hat an Ertragsanteilen 1974 18,6 Millionen Schilling erhalten, wird 1975 21,2
Millionen Schilling bekommen, das heißt um 2,6 Millionen Schilling mehr, aber an Landesumlage muß
sie anstatt 3,8 Millionen 5,8 Millionen Schilling zahlen, das heißt um 2 Millionen Schilling mehr. Die
Mehrzuweisung der Ertragsanteile ist fast weg, und an Sozialhilfeumlage muß die Stadt Traiskirchen
anstatt der bisherigen Zahlungen für den Bezirksfürsorgeverband, welche 1974 2,1 Millionen Schilling
betrugen, im Jahre 1975 5,8 Millionen Schilling bezahlen, das sind um 3,7 Millionen Schilling mehr.
Das stimmt aber wirklich, es scheint im Finanzausgleichsblatt so auf, ich habe es mir selber
angesehen. Vielleicht stimmt etwas nicht, aber das kann ich mir nicht vorstellen, da müßte sich wer
geirrt haben bei II/1 oder sonst irgendwo. (Abg. Wallner: Diese Summe ist sicherlich zu hoch, Herr
Präsident!) Na ja, aber das habe ich mir herausgeschrieben und das bedeutet eine Katastrophe für die
Gemeinden. Ich glaube daher, daß hier etwas geschehen muß.
azu kommt nun immer wieder - darum habe ich vorhin darauf verwiesen, daß der Herr Präsident
Reiter von der Gründung und Bildung von Gemeindeverbänden gesprochen hat, um mit den Aufgaben
fertigzuwerden - daß langsam der Eindruck entsteht, von der ÖVP-Mehrheit wird der Versuch
unternommen, hier außerhalb des paktierten Finanzausgleiches schleichend einen interkommunalen
Finanzausgleich intern auf Landesebene durchzuführen. Und dabei glaube ich, können wir nicht
mittun,, weil das eine Katastrophe für alle Gemeinden Niederösterreichs wäre, nicht nur für die
sogenannten finanzstarken Gemeinden dieses Landes.
Man spürt das auch beim Förderungswesen, also bei Förderungen, die den Gemeinden durch das
Land gegeben werden, ob es nun beim Schulbaufonds ist, der Einbeziehung der Lohnsummensteuer,
beim Gemeindeinvestitionsfonds oder anderen Landesbeiträgen. Herr Landesrat Bierbaum, wie zum
Beispiel kommen jetzt diese Beiträge für die Errichtung von Wasserleitungsbauten und Kanalbauten
zustande, da Sie nach den Richtlinien die Möglichkeit verschiedener Festsetzungen haben. Auch das
ist ein altes Lied, aber es muß immer wieder gesagt werden, weil die Bürgermeister, wenn sie davon
betroffen sind, das ganze Jahr kommen und sagen: Hilf uns, da muß was geschehen. Für die
Möglichkeit der Festlegung von 5 bis 15%, je nach Schwierigkeitsgrad, gibt es Richtlinien, etwa der
Grundwasserstand und was da alles eine Rolle spielt, Felsengebiet usw. Aber in der Regel - und
diesbezüglich muß man sich zusammensetzen und es einmal durchsetzen - bekommen die
Gemeinden, welche wir zu vertreten haben, zunächst einmal 5% und es ist ganz selten, daß eine
Gemeinde mehr bekommt. Ich habe schon erwähnt, daß sie sogar ein bißchen weniger bekommen
haben und froh waren, daß man ihnen überhaupt etwas geben konnte. Dabei blase ich jetzt in das
gleiche Horn wie der Herr Landesrat Bierbaum beim Landesfinanzreferenten, welcher ebenfalls sagt,
er habe zu wenig Geld. Ich glaube daher, daß auch hier im Zusammenhang mit dem im Hohen Haus
liegenden, den Gemeindeinvestitionsfonds betreffenden Antrag eine Möglichkeit besteht, eine Lösung
zu finden, wie über diesen Fonds diese Mittel dann besser zugeteilt werden können.
Zum Förderungswesen gehört teilweise auch der Bedarfszuweisungsfonds und nicht zuletzt auch die
Landesumlage, von der Finanzkraft her gesehen.
Bezüglich des Ausbaues der Landesstraßen möchte ich heute nicht das wiederholen, was wir schon
immer gesagt haben. Der Herr Landeshauptmann hat im Ausschuß schon zugesagt, daß in zwei
Jahren die Beiträge, die die Gemeinden zu leisten haben, entfallen werden. (Landeshauptmann
Maurer: Ich habe nicht gesagt in zwei Jahren, sondern in drei!) 45 Millionen sind es, glaube ich, für
1975, 102 Millionen waren es bisher für 1974, und dann muß aber eine Ruhe sein. Als
Gemeindevertreter, als gelernter Bürgermeister muß man so reden, damit man zu einem Ergebnis
kommt. (Landeshauptmann Maurer: Jetzt reden Sie vernünftig! - So können wir reden!) Es bleibt noch
das Sozialhilfegesetz, über welches ich später ein paar Worte sagen werde.
Jetzt zum Finanzausgleich selbst, von dem auch der Herr Präsident Reiter gesprochen hat. Wir haben
über Antrag des Gemeindebundes auf Bundesebene eine Kommission eingesetzt, die 1975
entsprechende erarbeitete Unterlagen vorlegen wird, mit welchen sich dann auch die politischen
Funktionäre zu beschäftigen haben, um eine Grundlage zu schaffen, entweder schon für jetzt oder für
die nächsten Finanzausgleichsverhandlungen über den Finanzausgleich, der mit 1. Jänner 1979
wirksam wird. Weil man eben eine neue Basis sucht, kann man mit diesen Verhandlungen nicht
zeitgerecht genug beginnen. Ich vertrete aber die Auffassung, daß man bis zum neuen
Finanzausgleich den Gemeinden doch eine Hilfestellung geben muß, also auch vom Land
Niederösterreich her, Herr Landeshauptmann, Hilfe gewähren muß. Ich sage immer, auch vom Bund
müssen wir Mittel fordern, und diesbezüglich haben wir auch im paktierten Finanzausgleich, Herr
Präsident Reiter, die Zusage des Finanzministers, daß man laufend mit ihm reden kann, wenn
Probleme an die Gemeinden herangetragen werden, mit denen sie allein nicht fertigwerden. Es gibt
Zweckzuschüsse und ähnliches, nur müssen wir eben alle ein Gespräch mit ihm suchen. Ich bin daher
der Auffassung, daß es eine billige Ausrede des Finanzreferenten des Landes Niederösterreich wäre,
wenn er sagt, man könne den Gemeinden vorerst nicht helfen, weil die Gemeinderatswahlen im April
stattfinden. Deshalb sich nicht irgendwie festlegen zu wollen, das wäre nicht zweckmäßig; es wäre
auch nicht klug von ihm, wenn er sich so festlegen würde, weil das genauso ins Gegenteil gehen
könnte.
Und nun die Lösungsvorschläge in diesem Zusammenhang. Wir reden immer davon, daß wir bei den
Finanzausgleichsverhandlungen die Landesumlage ersatzlos streichen wollten, daß aber die Länder
nicht zugestimmt haben. Wir konnten nur den Satz von 14,5 auf 12,5% senken, wir wollten sie aber
ganz weg haben. Die Länder wollten dafür etwas anderes, da haben wir wieder nicht zugestimmt. Und
hier glaube ich, dem Herrn Landesfinanzreferenten eine Brücke bauen bzw. eine Konzession machen
zu können. Ich sehe es schon ein, wenn er als niederösterreichischer Landesfinanzreferent jetzt in
Niederösterreich nachgibt und die Landesumlage ersatzlos streicht, dann werden ihn die
Finanzreferenten der anderen Bundesländer steinigen. Ich könnte mir aber vorstellen, daß er trotzdem
den Gemeinden summenmäßig in gleicher Form hilft, indem wir entsprechend unserem den
Gemeindeinvestitionsfonds betreffenden Antrag die Hälfte der Landesumlage 1975, welche rund 365
Millionen Schilling betragen wird, aus Landesmitteln dem auszubauenden bzw. zu verbessernden
Gemeindeinvestitionsfonds zuführen und die andere Hälfte für eine echte Entschuldungsaktion der
Gemeinden verwenden. Ich könnte mir es jetzt leicht machen, einen Antrag stellen und Sie bitten,
darüber abzustimmen. Ich glaube aber, daß der Herr Landesfinanzreferent das aufgreifen und prüfen
wird und bin überzeugt, daß sich eine solche Lösung auch verwirklichen läßt. Also eine echte
Entschuldungsaktion für die Gemeinden, damit sie wieder mehr investieren und damit ihrer
Aufgabenstellung gerecht werden können, und die zweite Hälfte für den auszubauenden
Gemeindeinvestitionsfonds. Das heißt, es sind echte Landesmittel notwendig, um dem Rechnung zu
tragen, da die Belastungen der Gemeinden, auch das ist wiederholt gesagt worden, unerträglich sind
und eine weitere Belastung der Gemeinden einfach nicht mehr möglich ist.
Man muß es daher ablehnen, die Gemeinden zum Beispiel für irgendwelche Zwecke, für die das Land
zuständig ist, heranzuziehen. Wir erfahren gerade jetzt wieder durch das den Gemeinden für 1975
zugeschickte Blatt des Finanzausgleiches, daß das Sozialhilfegesetz, welches mit 1. Juli in Kraft
getreten ist, die Gemeinden immens belastet, und zwar nicht nur finanzstarke Gemeinden, sondern
die Gemeinden durchwegs. Wenn ich von der Berechnung 1972 ausgehe, das war die Grundlage, so
wurde gesagt, es muß ein Schlüssel gefunden werden, und dieser Schlüssel lautet: 30% Land - 70%
Gemeinden. Nach diesem Schlüssel werden jetzt die Umlagen berechnet. Wir als sozialistische
Fraktion haben aber den Vorschlag gemacht, diesen Schlüssel mit 50% : 50% festzulegen, wenn Sie
sich erinnern, weil wir die Meinung vertreten haben, daß 30 : 70 auf jeden Fall falsch ist und wir sehen
das jetzt. Was ich jetzt sage, betrifft nicht nur - ich sage es noch einmal - SPÖ-Gemeinden, sondern
geht quer durch die Parteien; ein Bürgermeister der ÖVP-Fraktion könnte jetzt nichts anderes sagen
und müßte sich auch bereit erklären, dasselbe zum Ausdruck zu bringen, wie ich jetzt: Daß die
Berechnungsgrundlage 1972 ergeben hat, daß die Gemeinden insgesamt einen Betrag von ungefähr
180 Millionen Schilling aufzubringen gehabt hätten und auch aufbringen mußten, das wäre dann ein
Schlüssel gewesen von 50 : 50. Jetzt haben wir im Budget eine Summe von mehr als 316 Millionen,
fast 317 Millionen Schilling, und zwar im ordentlichen Voranschlag rund 253 Millionen und im
außerordentlichen Voranschlag rund 63 Millionen Schilling, wobei ich höre, daß man im
Sozialhilfebeirat für den Nachtrag 1975 noch einmal eine Summe von 15 oder 16 Millionen Schilling,
also noch einmal eine Steigerung, erwartet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses, worum geht es mir jetzt. Es wurde bei
der Beurteilung der Frage Finanzkraft damals hier ein Mehrheitsbeschluß seitens der ÖVP-Fraktion
gefaßt, die Lohnsummensteuer bei der Finanzkraft mit einzubeziehen, und wir stellen jetzt bei der
Bekanntgabe der Summen, die die Gemeinden an Umlage Sozialhilfegesetz für 1975 zu bezahlen
haben, fest, daß diese Lohnsummensteuer noch gar nicht dabei ist und trotzdem die Gemeinden
schon so viel zahlen, nämlich 316 Millionen Schilling. Es ist wirklich eine Katastrophe, die hier über die
Gemeinden hereinbricht und ich erlaube mir hierzu die Feststellung und die Meinung an den
Finanzreferenten heranzutragen, daß man sich damit beschäftigen muß, den Schlüssel von 30 : 70
auf 50 : 50 abzuändern. Ich sage auch hier, daß ich es mir wieder leicht machen und einen
diesbezüglichen Antrag einbringen könnte, das wäre bei den Gemeinden sehr populär. Meine Bitte an
den Landesfinanzreferenten lautet, auch diese Frage ernstlich zu prüfen. Ich muß Dir mit aller
Deutlichkeit sagen, daß hier die Mehrheitspartei des Landes wieder gegen die Gemeinden in der Form
entschieden hat, daß die Belastung für die Gemeinden und damit auch für die Bevölkerung
unerträglich geworden ist. Auch dafür trägt die Mehrheit dieses Hohen Hauses die volle
Verantwortung.
Letztlich. meine Damen und Herren, noch einige andere Dinge, die für die Gemeinden ebenfalls
Probleme darstellen. ich möchte es sehr kurz machen, weil wir ja eine begrenzte Redezeit haben.
(Heiterkeit im Hause.) Na ja, ich bin als langer Redner bekannt, aber bei einem Gemeindevertreter
stauen sich so viele Probleme auf, die man ja, glaube ich, bei der Budgetdebatte sagen muß.
Also sehr kurz: Problem der Gemeindeärzte, meine Damen und Herren. Wir haben vollstes
Verständnis, wir wissen, daß die Landarztfrage eine brennende ist, daß hier etwas geschehen muß,
daß die Gemeinden schon sehr viel getan haben. Aber nun soll im Zusammenhang mit dem
Pensionsverfahren für die Gemeindeärzte wieder eine Änderung des Schlüssels vor sich gehen. Wir
haben derzeit eine Aufteilung von 40% Land - 40% Gemeinden - 20% Gemeindeärzte. Ein Vorschlag,
der nun schon zur Beschlußfassung vorliegt und schon ausgesendet ist, würde 45% Land - 45%
Gemeinden - 100/0 Gemeindeärzte lauten. Unser Vorschlag, dem näherzutreten ich Sie bitte und der
an den Herrn Finanzreferenten schon herangetragen wurde, lautet 50% Land, 40% Gemeinden und
100/0 die Gemeindeärzte. Es ist im Protokoll nachzulesen, außerdem haben wir unsere
Stellungnahme entsprechend abgegeben.
Schulärztlicher Dienst, ich erwähne diese Punkte, damit Sie sehen, daß die Gemeinden ja nicht nur für
den Kanal, für die Straße oder den Schulbau Mittel aufzubringen haben, sondern auch für viele
andere Dinge, die die Bevölkerung betreffen - Schulärztlicher Dienst also: Wir zahlen derzeit pro Kind
und Jahr für die ärztliche Untersuchung 20 Schilling plus 8% Mehrwertsteuer. Die Schulärzte - ich
sehe ein, daß sie mehr Geld haben wollen, aber die Gemeinden werden ja damit belastet - fordern
Übernahme des Computerprogramms des Bundes. Dieses besagt, daß in den Mittelschulen dreimal
während 8 Jahren Schulzeit Untersuchungen vor sich gehen sollen; dazu fordert nun die Ärztekammer
Niederösterreichs Untersuchungen fünfmal während des Besuches der Pflichtschule - also Volks- und
Hauptschule, Polytechnischer Lehrgang - und 80 Schilling pro Kind plus 8% Mehrwertsteuer. Daneben
soll noch jährlich eine Untersuchung für jedes Kind mit einem Honorar von 30 Schilling erfolgen. Auch
hier muß man darüber reden, was getan werden kann.
Ich melde heute schon an, Herr Landeshauptmann, Herr Landeshauptmannstellvertreter Czettel, daß
man versuchen sollte, die Gemeindewahlordnung doch noch 1975 zu novellieren. Für die kommenden
Gemeinderatswahlen einen Versuch zu unternehmen, geht sich nicht mehr aus, aber es sollte doch
auf Sicht gesehen versucht werden, den Amtlichen Stimmzettel zu erreichen und auch die
Wählerevidenz für Gemeinderatswahlen einzuführen. Es wäre noch mehr darüber zu sagen, aber das
würde heute zu weit führen.
An den Herrn Landeshauptmann Maurer richte ich eine Bitte. Die Gemeinden werden mit Fragen
konfrontiert, die von der Bevölkerung äußerst unangenehm vermerkt werden und bei denen wir als
Bürgermeister immer wieder bestürmt werden. Es sind dies erstens die Höchsttarife für das
Rauchfangkehrergewerbe - Herr Abg. Diettrich, Du wirst keine Freude haben, aber ich muß es sagen und zweitens gerade jetzt wieder, die Höchsttarife für das Bestattungswesen. Warum sage ich das?
Weil wir als Bürgermeister immer wieder den Eindruck haben, es nützt uns nichts, dagegen Stellung
zu nehmen. Die Gemeinden denken sich auch, es nützt nichts, und geben keine Stellungnahme ab.
Außerdem, und das ist der Hauptgrund, warum ich es sage, kommt die Aufforderung zu einer
Stellungnahme, zu einer Beschlußfassung durch den Gemeinderat, meistens im Juli vor der
Urlaubszeit oder im August, wo kein Gemeinderat zusammentritt. Oder wie jetzt im Zusammenhang
mit dem Bestattungswesen, Herr Landeshauptmann, vor Weihnachten, wo kaum ein Gemeinderat
mehr einen Beschluß zustande bringt. Das heißt, daß in diesen Fällen die Sechswochenfrist
verstreicht, ohne daß die Gemeinden eine Änderung abgegeben haben, und der Herr
Landeshauptmann eine Verfügung herausgeben kann, die dem Gewerbe entspricht und nicht dem
Bedürfnis der Bevölkerung oder der Gemeinden Rechnung trägt.
Das wäre im großen und ganzen das, was ich am Herzen hatte. Meine Damen und Herren des Hohen
Hauses, ein Großteil der niederösterreichischen Gemeinden - ich sage es .noch einmal - wird mit den
Pflichtaufgaben nicht mehr fertig. Der ordentliche Haushalt von mehr Gemeinden muß über die
Bedarfszuweisungen bzw. den Bedarfszuweisungsfonds ausgeglichen werden. Dazu kommt, daß wir
den Eindruck haben, man versucht die sogenannten finanzstarken Gemeinden auszuhungern und
durch einen schleichend interkommunalen Finanzausgleich landesintern eine Änderung der Finanzen,
der Finanzkraft, herbeizuführen. Das kann und darf nicht so weitergehen. Wir reden nur von der
schwierigen Lage der Gemeinden, tun aber relativ gesehen viel zu wenig, um das zu ändern. Es gibt
heute keine reichen und keine armen Gemeinden mehr, sondern nur mehr arme Gemeinden, aber ein
reiches Land, Herr Landeshauptmannstellvertreter und Finanzreferent.
(Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Da bin ich Dir dankbar!) Daher Schluß mit der Politik der
Verunsicherung der Gemeinden, ich sage das im Bewußtsein des vollen Ernstes der Lage. Wir haben
nicht nur die Interessen des Landes zu vertreten, sondern als Vertreter des Landes auch die
Interessen der Gemeinden, und das in erster Linie wieder im Interesse der niederösterreichischen
Bevölkerung, die in unseren Gemeinden wohnt. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT DIPL. ING. ROBL: Als nächster Redner gelangt der Abg. Buchinger zu Wort.
Abg. BUCHINGER: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf auch diesmal
wieder sagen, daß ich nicht die Absicht gehabt habe, mich zu diesem Thema zu melden,
ich glaube aber doch, daß die Dinge, die der Herr Abg. Pospischil im Zusammenhang mit der EDV
hier ausgesprochen hat, nicht unwidersprochen bleiben können. Herr Abg. Pospischil, ich habe Sie in
vergangenen Budgetdebatten als sogenannter EDV-Spezialist des Hauses kennengelernt und ich
muß sagen, daß ich Ihre Ausführungen, die zweifellos von einem sehr hohen fachlichen Wissen
getragen waren, immer sehr aufmerksam verfolgt habe. Ich darf aber gleich eingangs feststellen, daß
Sie heute ganz aus der Reihe getanzt sind, daß Sie sich von Ihren Vorträgen in den vergangenen
Jahren also weit entfernt haben.
Ich darf nun auf drei Punkte, die Sie hier vorgetragen haben und die nicht unwidersprochen bleiben
können, eingehen. Sie haben erstens einmal die Behauptung aufgestellt, daß mit der Datenanlage so
gut wie nichts geschehe. Mit einer solchen Feststellung werden sicherlich alle jene Beamten, die an
den Datenmaschinen arbeiten, keine sehr große Freude haben. Ich glaube auch, daß diese
Feststellung sehr ungerecht gegenüber den dortigen Beamten und Mitarbeitern ist, denn wer Leute
kennt, die in der EDV arbeiten, der weiß, mit welcher Faszination die Menschen hier an diesen
Geräten arbeiten und meistens nicht auf die Uhr schauen, ob die Amtsstunden abgelaufen sind,
sondern weit darüber hinaus arbeiten. Ich darf mir dieses Urteil auch erlauben, weil ich rein beruflich in
einer Dienststelle tätig bin, die bahnbrechend im Bereich des Bundes gewirkt hat, was die
Datenverarbeitung in Österreich betrifft, das darf ich wohl sagen. Ich kenne daher diese Dienststellen
sehr gut und glaube deshalb, daß ein solches Urteil sehr ungerecht gegenüber diesen Mitarbeitern
gewesen ist.
Wenn Sie da so gesagt haben, es würde mehr oder weniger ja nur die Lohnverrechnung und die
Wohnbauförderung durchgeführt, so darf ich das doch ein bißchen ergänzen, damit nicht ein falscher
Eindruck in der Öffentlichkeit entsteht. Bleiben wir gleich bei der Lohnverrechnung: Immerhin werden
rund 30.000 Bezüge hier in dieser Datenverarbeitung bearbeitet. Wir kennen auch den gigantischen
Umfang, den die Wohnbauförderung gerade in den letzten Jahren angenommen hat. Sie haben auch
gesagt, wir wüßten, daß bei der LohnVerrechnung Fehler passieren, daß da und dort die Dinge nicht
stimmen. Herr Abg. Pospischil, ich glaube, daß auch dieses Urteil ungerecht ist. Ich werde als
Beamter vom ZPA besoldet und kenne auch dort die Abwicklung; auch dort - auf Bundesebene passiert es immer, daß ab und zu einmal ein Fehler unterläuft. Vor kurzem hat mich ein Kollege
angerufen und gesagt, da könne etwas nicht stimmen, er hab- normalerweise ein Gehalt von 13,000
Schilling und in diesem Monat seien ihm 130.000 Schilling bar angewiesen worden. Also auch dort
können Fehler passieren, das ist eben überall möglich, wo Menschen arbeiten, auch dort, wo die EDV
zum Einsatz kommt.
Ich darf vielleicht noch zur Widerlegung der Ansicht, daß in der EDV nichts gemacht wird, ergänzend
anführen, daß die gesamte Amtskasse verrechnet und das Inventar geführt wird,
Finanzausgleichsberechnungen angestellt, die Reisegebühren angewiesen und
Gemeindefinanzstatistiken erstellt werden. Es wird die Materialabrechnung durchgeführt, es werden
die Berechnungen für den NÖKAS durchgeführt, es werden die Gemeindedarlehen und Beihilfen
durchgeführt. Es werden die Verpflegskosten für Anstalten und Krankenhäuser abgerechnet. Nicht
zuletzt sind auch die Arbeiten im Zusammenhang mit dem Landesgesetzblatt anzuführen, um nur
einige Dinge - das ist bei Gott nicht vollständig - hier zu nennen.
Wenn man die Auslastung ansieht, dann kann man feststellen, daß unsere EDV-Anlage mit den 3147
Stunden mit ungefähr 1 ½ Schichten ausgelastet ist. Sicherlich kann man darüber wieder sachlich
sprechen, ob die Auslastung entspricht oder noch größer gestaltet werden könnte. Sie wissen aber
sicherlich auch ganz genau, daß darüber die Meinungen der Fachleute sehr auseinandergehen. Da
gibt es welche, die sagen, die Maschine muß rund uni die Uhr laufen; dann gibt es wieder viele, die
sagen, daß dies nicht mehr rentabel oder günstig ist, weil Reparaturzeiten usw. ausfallen und hier der
Einsatz der Leute nicht mehr ganz so günstig erscheint. Mit eineinhalber Schichtauslastung kann man
aber wohl doch nicht davon sprechen, daß dort nichts geschieht oder nichts gemacht wird.
Sicherlich sind auch noch Wünsche offen, die wir alle gemeinsam schon oft ausgesprochen haben,
weitere Arbeitsbereiche mit der Datenverarbeitung zu erledigen. Ich denke zum Beispiel an die
Buchhaltung, also an und für sich den größten Faktor, der am meisten von der Datenverarbeitung
profitiert. Wir wissen aber und haben das, glaube ich, auch bei den Ausführungen des
Finanzreferenten heute gehört, daß dies vorerst in bezug auf Umstellung des Kontenrahmens und
wegen der Einführung der sogenannten Mehrphasenbuchhaltung bisher nicht möglich war. Wir wissen
darüber hinaus, daß diesbezügliche Überlegungen bereits angestellt werden, die Kapazität der
derzeitigen Anlage für die gigantische Buchhaltung des Landes Niederösterreich aber nicht ausreicht
und hier in der nächsten Zeit Entscheidungen getroffen werden müssen. Es ist Ihnen wohl auch
bekannt, daß eine Maschine, wenn sie im Einsatz steht - auch wenn sie angekauft ist, wie bei uns in
Niederösterreich -, nach vier bis fünf Jahren amortisiert ist. Das bedeutet also, daß man
wahrscheinlich im nächsten Jahr neue Oberlegungen anstellen wird müssen, bei welchen sicherlich
eine Erweiterung der Kapazität - vor allem bezüglich der Buchhaltung und einiger anderer Dinge miteinbezogen wird.
Daß das Land Niederösterreich auf diesem Gebiet nicht so schlecht beurteilt wird, beweist auch der
Bericht des EDV-Ausschusses des Bundesministeriums für Bauten und Technik, wo unter anderem
auf Seite 13 über die EDV-Arbeitsgruppe Straßen-Datenbank berichtet wird. Ich darf Ihnen dazu
sagen, falls Sie das nicht wissen sollten, daß
gerade das Programm über die Straßen-Datenbank v o m Land Niederösterreich entwickelt und vom
Bundesministerium angekauft wurde. Es findet auch bei den anderen Landesregierungen bereits
Verwendung.
Und nun zum zweiten Punkt. Sie haben sich mit zwei weiteren Dingen auseinandergesetzt und hier
unter anderem - ich habe ziemlich viel mitgeschrieben -, den Vorwurf an die Mehrheit in diesem Haus
gerichtet, sie schalte und walte mit dem Vermögen des Landes, wie es ihr so ungefähr paßt. Sie
haben davon gesprochen, daß die Verwendung eines millionenteuren Gerätes für außerhalb des
Amtes gelegene Zwecke erfolgt und dann weiter gesagt, daß die Österreichische Volkspartei einen
Mißbrauch von Daten begangen hätte. Ich darf auch dazu eine Feststellung treffen. Es wurden vom
Herrn Landeshauptmann als Wahlleiter und nicht zuletzt auch als zuständiger Referent für die EDVAbteilung Versuchsprogramme für die Wahlauswertung in Auftrag gegeben. Wenn Sie in der
Wahlnacht hier gewesen sind, so werden Sie auch gesehen haben, daß der Landeshauptmann immer
wieder Hochrechnungen bekanntgegeben hat, die mit der EDV ausgearbeitet worden sind. Da er die
Ergebnisse bekanntgegeben hat und sie also vorgelegen sind (Landeshauptmannstellvertreter
Czettel: Nein!), kann man wohl nicht davon sprechen, hier sei ein Mißbrauch für die ÖVP erfolgt. Als
Landeshauptmann, als zuständiger Referent und als Wahlleiter hat er eben hier einen bestimmten
Auftrag gegeben. Ich glaube, daß er hierbei Gedanken gehabt hat, daß er sich hier was Neues
einfallen lassen hat, daß er hier ein bißchen nachgedacht hat, wie man die EDV auch dazu einsetzen
kann, das spricht ja nur für den Landeshauptmann und für die Landesregierung. (Beifall bei der ÖVP.)
Herr Landeshauptmannstellvertreter Czettel, ich habe schon Verständnis dafür, daß Sie in der
Wahlnacht vielleicht da und dort Dinge übersehen haben, denn es war ja gerade für Ihre Fraktion eine
nicht sehr erfreuliche Wahlnacht. (Beifall bei der ÖVP.) Ich kann mir schon vorstellen, daß er da und
dort ein bißchen nervös gewesen ist. Ich darf hier namens meiner Fraktion, der Volkspartei, feststellen
- weil Sie eine Behauptung gemacht haben und vielleicht morgen schon wieder in einem Ihrer Organe
steht, der Herr Landeshauptmann hätte es leicht gehabt zu erklären, der Wahlkampf hat wenig
gekostet, die Volkspartei hatte also die Situation ausgenützt - ich darf also hier feststellen, daß die
ÖVP und deren Landesparteileitung keinerlei Unterlagen aus der EDV-Anlage dieses Hauses
bezogen hat. Herr Abg. Pospischil, wenn Sie Ihren Parteiapparat kennen und ich nehme das an, so
werden Sie wissen, daß es bei Ihnen nicht viel anders als bei uns sein wird. Man kann bei
verschiedenen Institutionen auch Dauerverträge abschließen, wodurch man immer wieder die
Unterlagen bekommt, die man als Partei braucht. Das hat Ihre Partei, wir kennen diese Institute
genau, und das hat auch die Österreichische Volkspartei. Wir brauchen solche Dinige also gar nicht.
Ich darf als dritten Punkt auf Ihre Ausführungen eingehen, mit welchen Sie es als einen Fall von
besonders bodenloser Leichtsinnigkeit dargestellt haben, daß Daten ins Ausland transferiert wurden,
wobei Sie da und dort so ziemlich deutlich eine Art Spionage unterschoben oder einige
Spionageverdächtigungen ausgesprochen haben und weiter sagten, daß diese Versuche, die im
Ausland gemacht wurden, auch bei uns im eigenen Land möglich gewesen wären. Ich darf auch
hierzu feststellen - Herr Abg. Pospischil, jetzt darf ich Sie bitten, vielleicht ein bißchen aufzupassen -,
wie diese Dinge wirklich waren. Sie werden wissen, daß bis vor kurzem nur ein Belegleser - ich ließ
mir sagen, daß dieses Gerät so heißt - in Österreich zur Verfügung stand. Es war das der Belegleser
der Firma IBM, mit welchem Versuche hier in Wien durchgeführt wurden. Es hat sich aber bei den
Fachleuten, die sich für diese Dinge interessierten, herumgesprochen, daß das nicht der
leistungsfähigste Belegleser ist, sondern daß es noch bessere Geräte gibt, unter anderem das Gerät
CBC 955, von der Firma Kontrolldata. Dieses Gerät war bis vor kurzem in Österreich nicht greifbar
oder ist nicht zur Verfügung gestanden; das nächstliegende Gerät befand sich, wie man wußte, in
Paris und deshalb wurden also solche Versuche dort durchgeführt. Das ist natürlich nicht so
geschehen, daß man die Daten dort hingeschickt hat und die Leute dort diese Versuche durchgeführt
haben, sondern es wurde mit Beschluß der Landesregierung ein Dienstauftrag an Herrn Ing. Weber
erteilt. Herr Ing. Weber, ein Mitarbeiter der hiesigen Datenzentrale, ist mit den Unterlagen nach Paris
gefahren - mit den Versuchsunterlagen im Aktenkoffer, wenn Sie wollen - und es wurden die Versuche
dort unter seiner Aufsicht und Mitarbeit einige Zeit durchgeführt. Ich glaube, da schauen die Dinge
schon ein bißchen anders aus. (Unruhe. - Präsident Dipl. Ing. Robl gibt das Glockenzeichen.)
Seit kurzem, seit Mitte Oktober, steht auch hier in Österreich ein solches Gerät zur Verfügung. Die
Gemeinde Wien, die ebenfalls solche Versuche durchgeführt hat, hat solch ein Gerät angemietet oder
angeschafft; seit dieser Zeit werden die weiteren Versuche nicht mehr in Paris durchgeführt, sondern
bei der Gemeinde Wien. Herr Abg. Pospischil, ich würde diese Dinge nicht so aufschaukeln, denn
solche Dinge sind auch auf Bundesebene gemacht worden. Ich habe schon gesagt, daß ich im
Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen tätig bin und wir waren vor etwa 15 Jahren
bahnbrechend bei der Umstellung des Grundkatasters. (Abg. Pospischil: Konkret müssen Sie es mir
sagen!) Ich darf Ihnen sagen, daß die ersten Versuche - damals haben wir die Geräte in Österreich
noch nicht gehabt - in München gemacht worden sind. Ich darf Ihnen sagen, daß dauernd Versuche
bei der Firma Gevaert in den Niederlanden gemacht wurden, weil die Einrichtungen auf dem
photomechanischen Sektor dort nicht zur Verfügung stehen. Und ich darf Ihnen sagen, daß auch
führende Beamte der Datenbank bzw. des Bundesrechnungszentrum, dem jetzt auch unsere
Abteilung angeschlossen ist, immer wieder im Ausland sind. Im vergangenen Jahr waren ein oder
zwei Beamte sogar in Amerika mit Unterlagen von hier, und haben dort Versuche durchgeführt. Ich
glaube, daß es richtig ist, eine gewisse Rentabilität zu überprüfen, bevor man sich zu etwas
entscheidet. Wenn ein Beamter hier mit ist, so glaube ich, daß man nicht solche Vorwürfe erheben
kann. (Beifall bei der ÖVP.) Mit Ihren sehr deutlichen Anspielungen auf die zuständigen Beamten - Sie
haben gesagt, die verantwortlichen Leute, Offiziere und Berufsoffiziere, wären sich ihrer
Verantwortung nicht bewußt - halben Sie hier schwere Vorwürfe erhoben. Wenn sich der Herr Abg.
Brezovszky gar dazu versteigt - das haben wir ja heute schon einige Male miterlebt -, daß er sagt,
Spione sitzen hier im Haus, dann ist das meiner Meinung nach der Höhepunkt von Verdächtigungen,
ja Verleumdungen gegen die Beamten, die sich dagegen nicht wehren können. (Beifall bei der ÖVP. Abgeordnete der ÖVP: Pfui! Pfui! - Abg. Dr. Brezovszky: Sogar Spione, die Telefonbücher
abgeschrieben haben, sind zur Verantwortung gezogen worden!) Sie haben den Zwischenruf
gemacht, ich habe ganz genau mitgeschrieben: „Spione sitzen im Haus“, aber dann können Sie sich
immer wieder nicht erinnern. Ebenso wie Sie jetzt gerade vorhin einen Zwischenruf gemacht haben,
der Herr Landeshauptmannstellvertreter Ludwig sei größenwahnsinnig. Na ich glaube, auf solche
Aussprüche hier in diesem Haus hat die Bevölkerung Niederösterreichs ja heuer die entscheidende
Antwort gegeben. (Beifall bei der ÖVP.) Ich darf also namens meiner Fraktion zusammenfassend
feststellen, daß wir diese grundlosen Anschuldigungen gegen die Beamtenschaft in diese^ Haus auf
das Energischeste zurückweisen. (Beifall bei der ÖVP.)
Nun darf ich ganz kurz - ich werde mich bemühen, die Zeit einzuhalten - noch zu einer anderen
Budgetpost Stellung nehmen, und zwar zu der Budgetpost 02-69, welche die Informationstätigkeit der
Landesregierung betrifft und wofür heuer ein erhöhter Betrag eingesetzt wird. Ich glaube, es ist
grundsätzlich zu begrüßen, daß sich auf dem Sektor der Informationstätigkeit gegenüber der
Bevölkerung in den letzten Jahren vieles zum besseren gewendet hat, daß heute mehr
Öffentlichkeitsarbeit, mehr Information betrieben und die Politik dieses Landes transparenter gemacht
wird, um bei einem sehr modernen Wort zu bleiben. Ich glaube, es ist zu begrüßen, daß in den
auflagenstärksten niederösterreichischen Wochenzeitungen dauernd Einschaltungen über die
niederösterreichische Landespolitik erfolgen und damit die Bevölkerung aus erster Hand über die
Vorgänge im Bereiche der Landespolitik aufgeklärt wird. Und es ist auch zu begrüßen, daß der Betrag
erhöht wurde. Ich glaube aber, daß die Einschaltungen in den Wochenzeitungen noch zu wenig sind
und man auf diesem Sektor noch mehr machen sollte. Dafür gibt es ja, glaube ich, eine Reihe von
Vorbildern, wobei ich an die Gemeinde Wien und auch an den Bundesbereich denke. Und ich gestatte
mir daher, einen Resolutionsantrag zu Gruppe 0 des ordentlichen Voranschlages des Landes
Niederösterreich für das Jahr 1975 zu stellen:
„Die Landesregierung wird aufgefordert, die unter Voranschlagspost 02-69 „Informationsdienst“
bereitgestellten Mittel von 5 Millionen Schilling neben den in den Erläuterungen zum Voranschlag
dargestellten Zwecken, auch für ein ständige Informationsorgan zu verwenden, um die Bevölkerung in
aktueller Weise mehr und besser über das Landesgeschehen zu informieren.“
Ich darf Sie bitten, im Interesse einer besseren
Information der Bevölkerung Niederösterreichs über die Landespolitik diesem Antrag Ihre
Zusstimmung zu geben.
PRÄSIDENT DIPL. ING. ROBL: Ich unterbreche die Beratungen über den Voranschlag des Landes.
Es werden sogleich nach dem Plenum der Finanzausschuß und der Rechtsausschuß ihre
Nominierungssitzungen im Herrensaal abhalten. Die nächste Sitzung des Landtages findet morgen,
den 4. Dezember 1974, um 9.00 Uhr, statt. Am Beginn der Sitzung werde ich zunächst das
Geschäftsstück Zahl 58, „Niederösterreichische Gemeindewahlordnung“, behandeln lassen. Sodann
werden die Beratungen über den Voranschlag des Landes mit der Spezialdebatte über die Gruppe 0
fortgesetzt. Die Sitzung ist geschlossen. (Schluß der Sitzung um 21.00 Uhr.)
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