DMEK lang - 29. internationaler kongress der deutschen

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(DMEK_lang.doc)
Neue Erfolge im Kampf gegen Erblindung
Luftkissen-Operation revolutioniert Hornhaut-Verpflanzung
Neue OP-Technik mit ultradünnen Transplantaten
verbessert die Ergebnisse und senkt Komplikationen
Es wäre eine ideale Frage sowohl für Günter Jauchs Quizsendung „Wer wird
Millionär“, als auch für jede ärztliche Examensprüfung: Welche Organe oder
Gewebe werden in der Transplantationsmedizin am längsten, erfolgreichsten
und zugleich am häufigsten verpflanzt: Niere, Leber, Herz oder Augenhornhaut?
Einem Kandidat, der diesen Artikel gelesen hat, würde die Antwort keine
Schwierigkeiten bereiten: Natürlich die Augenhornhaut!
Tatsächlich fand die erste Transplantation schon 1905 statt. Die Erfolgsrate ist
bis heute auf 95 Prozent gestiegen. Und aktuell werden in Deutschland pro Jahr
über 5.200 Augenhornhäute verpflanzt. Fast doppelt so viele, wie alle anderen
drei Organe zusammen.
Das ist noch nicht lange so. Erst in den letzten Jahren gelang es
Augenchirurgen, neue Transplantationstechniken zu entwickeln, die die
Hornhaut-Verpflanzung geradezu revolutioniert haben. „So ist es heute möglich,
anstelle der gesamten Hornhaut nur noch einzelne, betroffene, hauchdünne
Schichten zu transplantieren“, sagt Augenarzt und Kongresspräsident Dr. Armin
Scharrer (Fürth) auf dem 28. Internationalen Kongress der Deutschen
Augenchirurgen (DOC), der vom 11. bis 13. Juni in Leipzig stattfindet. „Dank
dieser besonders schonenden Methode können 95 Prozent der körpereigenen
Hornhaut des Empfängers unversehrt erhalten bleiben. Gleichzeitig haben sich
die Ergebnisse dramatisch verbessert. Die Patienten sehen anschließend
deutlich schärfer, sind wesentlich schneller wieder gesund und etwaige
Abstoßreaktionen sinken auf ein nie zuvor erreichtes, seltenes Minimum.“
Großen Anteil daran hat die neue DMEK-Technik, die auf dem DOC-Kongress
den über 5.000 teilnehmenden Augenärzten vorgestellt wird. „Bei diesem
hochmodernen Verfahren“, so Dr. Scharrer, „fügt der Augenchirurg das
hauchfeine Transplantat berührungsfrei und nur mit Hilfe eines kleinen
Luftkissens auf der Innenseite der Empfänger-Hornhaut ein.“ Deutsche
Augenkliniken nehmen hier übrigens weltweit Spitzenplätze ein.
Um diese Technik zu verstehen, muss man den Aufbau der Augenhornhaut
kennen. Die glasklare, durchsichtige Hornhaut ist insgesamt nur etwa einen
halben Millimeter (500µ) dick und schützt das Auge wie ein Uhrglas vor äußeren
Einflüssen. Durch ihre Krümmung bricht sie die einfallenden Lichtstrahlen, damit
sie im Augeninneren punktförmig auf die Netzhaut auftreffen, was ein scharfes
Sehen ermöglicht.
Die Hornhaut besteht aus fünf Schichten (1µ = 1/1000 Millimeter):
1. der äußeren Epithelschicht mit vorderer Basalmembran (ca. 40-60µ dick)
2. der Bowman Membran (ca. 10-15µ dick)
3. dem Stroma, einer kollagenhaltigen Bindegewebsschicht (ca. 400-500µ dick)
4. der Descemet-Membran (hintere Basalmembran, ca. 10-15µ dick)
5. dem Endothel, der innersten Zellschicht (ca. 5-10µ dick)
Sind eine oder mehrere dieser Schichten verletzt oder durch Narben,
Entzündungen, Infektionen oder andere Augenkrankheiten irreversibel getrübt,
durch Astigmatismus stark verformt oder anders geschädigt, muss in der Regel
eine gesunde Spenderhornhaut transplantiert werden.
Das geschah bisher nach der herkömmlichen Methode, bei der der zentrale Teil
einer kompletten Hornhaut verpflanzt und eingenäht wird. Allerdings erreichten
die Patienten trotzdem nur eine relativ geringe Sehschärfe und es kam häufiger
zu Infektionen, Abstoßreaktionen oder Wundheilungsstörungen. Außerdem
konnten die Fäden oft erst nach vielen Monaten bis zu zwei Jahren entfernt
werden, was das Sehen weiter beeinträchtigte.
Diese Technik ist heute nur noch nötig, wenn die gesamte oder ein Großteil der
Hornhaut geschädigt oder erkrankt ist. Außerdem bei Herpes-bedingten
Narbenbildungen, weil sich auch bei oberflächlichen Schäden die Viren gern in
der innersten Endothelschicht einnisten.
Die mit Abstand häufigste Krankheit aber, bei der eine Hornhaut-Verpflanzung
nötig wird, ist die sogenannte Fuchs Dystrophie. „Das betrifft etwa ein Drittel
aller Hornhaut-Transplantationen“, sagt Dr. Scharrer. „Bei dieser Krankheit,
deren Ursache wir noch nicht genau kennen, sterben verstärkt die
Endothelzellen der innersten Hornhaut-Schicht ab. Hier ist es heute möglich,
diese Schicht mit Hilfe der neuen DMEK-Technik allein durch ein hauchdünnes
Transplantat aus Endothel- und Descemet-Membran zu ersetzen, was dem
Patienten die meisten Komplikationen und Risiken erspart.“
DMEK steht dabei für „Descemet Membrane Endothelial Keratoplasty“. Das
Transplantat dazu ist gerade mal 20µ und damit nur ein Fünftel so dick wie ein
menschliches Haar.
Um dieses ultradünne Gewebescheibchen nicht zu beschädigen, darf der
Augenchirurg es bei der Transplantation nicht einmal berühren. „Wir injizieren
das Transplantat in einer wässrigen Lösung in das Auge und bewegen es mit
Hilfe einer ebenfalls injizierten, kleinen Luftblase und durch sanftes Drücken
berührungsfrei von außen an die richtige Stelle“, erklärt Dr. Scharrer. „Dort
haben wir zuvor das erkrankte Endothelgewebe ganz vorsichtig entfernt. Das
Transplantat wird dann von der Luftblase leicht von innen an die Rückfläche der
Hornhaut angedrückt, wo es von selbst und ohne Naht einheilt. Dazu braucht
der Augenchirurg sehr viel Erfahrung, eine extrem ruhige Hand und maximales
Feingefühl.“
Schon nach einer Stunde wird das Luftkissen wieder aus dem Auge abgesaugt.
Die nächsten Tage sollte der Patient aber hauptsächlich liegen, damit die neue
Endothelschicht gut einwachsen kann.
Der Klinikaufenthalt beträgt etwa eine Woche. In der Regel kann der Patient
bereits nach wenigen Wochen wieder gut sehen. Die Sehschärfe beträgt dann
oft schon 50 Prozent und kann langsam auf Werte bis über 80 Prozent
ansteigen.
Bei der herkömmlichen Technik dauert es jedoch oft ein bis zwei Jahre, bis sich
der Erfolg der Operation einstellt, weil dann erst die Fäden gezogen werden.
Weitere Vorteile: Die Gefahr von Infektionen bei oder nach der Operation nimmt
deutlich ab. Außerdem sinkt die Abstoßungsrate des Transplantats auf unter ein
Prozent, während sie bei der herkömmlichen Technik noch bei über 15 Prozent
lag.
Dr. Scharrer: „Mit der ultradünnen DMEK-Technik ist es der Augenchirurgie
gelungen, Menschen mit schweren Hornhautschäden besonders schonend und
risikoarm vor einer drohenden Erblindung zu bewahren und ihnen eine gute
Sehkraft zurückzugeben.“
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