05-si - beim Niederösterreichischen Landtag

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Landtag von NÖ, XI. Gesetzgebungsperiode
III. Session
5. Sitzung am 2. Dezember 1980
INHALT:
1. Eröffnung durch Präsidenten Dipl.-Ing. Robl (Seite 119)
2. Verlesung des Einlaufes (Seite 119)
3. Verhandlung:
Voranschlag des Landes Niederösterreich für das Jahr 1981. Berichterstatter: Abg. Reischer (Seite
120) ; Redner: Landeshauptmannstellvertreter Ludwig (Seite 122).
Generaldebatte. Redner: Abg. Lechner (Seite 132), Abg. Ing. Kellner (Seite 140); Abstimmung
über das Eingehen in die Spezialdebatte (Seite 145).
Spezialdebatte zur Gruppe 0. Berichterstatter: Abg. Reischer (Seite 145); Redner: Abg. Zimper mit 3
Resolutionsanträgen (Seite 145), Abg. Deusch mit Resolutionsantrag (Seite 151), Abg. Dr. Bernau mit
Resolutionsantrag (Seite 153), Abg. Präsident Reiter mit 4 Resolutionsanträgen (Seite 158), Abg.
Präsident Binder (Seite 164), Abg. Romeder mit Resolutionsantrag (Seite 170), Abg. Dr. Bauer mit
Resolutionsantrag (Seite 174), Abg. Mag. Freibauer (Seite 179), Landesrat Höger (Seite 182),
Landeshauptmannstellvertreter Grünzweig (Seite 185), Abg. Ing. Kellner (Seite 188),
Abg. Lechner (Seite 188); Abstimmung (Seite 190).
Spezialdebatte zur Gruppe 1. Berichterstatter: Abg. Reischer (Seite 190); Redner: Abg. Haufek
mit 2 Resolutionsanträgen (Seite 190), Abg. Spiess mit Resolutionsantrag (Seite 194), Abg. Gruber
(Seite 198), Abg. Kurzbauer (Seite 202); Abg. Ing. Kellner (Seite 207) ; Abstimmung (Seite 208).
Spezialdebatte zur Gruppe 2. Berichterstatter: Abg. Reischer (Seite 208); Redner: Abg. Jirkovsky
(Seite 208), Abg. Prokop (Seite 210), Abg. Kalteis (Seite 213).
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL (um 9.00 Uhr): Ich eröffne die Sitzung. Das Protokoll der letzten Sitzung
ist geschäftsordnungsmäßig aufgelegen. Das Protokoll ist unbeanstandet geblieben und daher als
genehmigt zu betrachten.
Ich ersuche um Verlesung des Einlaufes.
SCHRIFTFÜHRER (liest):
Ltg.-264 - Vorlage der Landesregierung, betreffend den Gesetzentwurf, mit dem die NÖ
Gemeindeordnung 1973 geändert wird.
Ltg.-262 - Vorlage der Landesregierung, betreffend den Gesetzentwurf über die Behandlung der
Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten (Wald- und WeideservitutenLandesgesetz 1980).
Ltg.-261- Vorlage der Landesregierung, betreffend den Gesetzentwurf, mit dem die Dienstpragmatik
der Landesbeamten 1972 geändert wird (DPL-Novelle 1980).
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL (nach Zuweisung des Einlaufes an die zuständigen Ausschüsse): Wir
gelangen zur Beratung der Tagesordnung. Ich ersuche den Herrn Abg. Dr. Bernau, die Verhandlung
zur Zahl 12/67 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. Dr. BERNAU: Hoher Landtag! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! So wie in allen Jahren ist auch heuer wieder bei der Erstellung des Landesvoranschlages für
das Jahr 1980 durch verschiedene Umstände, die Ihnen, meine sehr geehrten Herren, aus der
Beilage B näher erläutert werden, die Notwendigkeit entstanden, Kredite des Voranschlages 1980 zu
erhöhen und neue Kredite zu bewilligen. Die zusätzlichen Mittel dienen vorwiegend der Leistung von
Pflichtzahlungen.
In der Beilage A sind die Nachtragskredite ausführlich beschrieben. Insgesamt werden im ordentlichen
Teil des Voranschlages Nachtragskredite in der Höhe von 120,513.000 Schilling und im
außerordentlichen Teil von 6,971.000 Schilling, zusammen daher 127,484.000 Schilling, bewilligt.
Die Bedeckung, der Nachtragskredite soll durch die damit im sachlichen Zusammenhang stehenden
Mehreinnahmen, und zwar sind das Grundstücke, Nebenkosten, Landesausstellungen, Außenstelle
Schallaburg, in der Höhe von 14,009.000 Schilling sowie Minderausgaben in der Höhe von 5,250.000
Schilling und Schuldenaufnahmen in der Höhe von 108,225.000 Schilling erfolgen.
Für die allgemeinen Maßnahmen auf dem Personalsektor sind nur Pauschalsummen beantragt, weil
es heute nicht möglich ist, die Auswirkungen für die einzelnen Voranschlagsstellen zu erfassen. Zur
Verrechnung der Mehrausgaben bei den einzelnen Voranschlagsstellen ist es notwendig,
Pauschalsummen zugunsten aller in Betracht kommenden Personalkredite einseitig ,deckungsfähig zu
erklären.
Schließlich ist eine Reihe von Umwidmungen vorgesehen, und zwar beim Landes-Pensionistenheim
Hainburg, beim Landes-Pensionistenheim Türnitz. Eine vorgesehene Subvention für die
Jugendherberge St. Ägyd soll für die Jugendherberge in Stockerau umgewidmet werden, und
schließlich wird von der Niederösterreichischen Kapitalbeteiligungsgesellschaft eine Stammeinlage als
Rücklagenbetrag von 3,750.000 Schilling auf ein Gesellschaftsdarlehen umgewidmet.
Ich erlaube mir daher, namens des Finanzausschusses folgenden Antrag zu stellen (liest):
,,Der Hohe Landtag wolle beschließen:
1. Die in der Beilage A angeführten Nachtragskredite zum Voranschlag für das Jahr 1980 in der Höhe
von
S 127,484.000
werden bewilligt. Die in der Beilage B dazu gegebenen Erläuterungen werden genehmigend zur
Kenntnis genommen.
2. Die Bedeckung der Nachtragskredite hat
durch Mehreinnahmen von.
S 14,009.000
durch Minderausgaben von
S 5,250.000
und Schuldaufnahmen von
S 108,225.000
zu erfolgen.
3. Die Voranschlagsstellen im Teilabschnitt 1/05941 ,,Unvorhergesehene Personalausgaben'' werden
zugunsten aller Voranschlagsstellen mit gleicher Post und gleicher Kreditverwaltung einseitig
deckungsfähig erklärt.
4. Die Umwidmung der bei VS 5/410283/ 04201002 ,,Landes-Pensionistenheim Hainburg, Errichtung"
bestehenden Kreditrücklagen von S 450.000 auf VS 5/410283/ 0632/001 ,,Landes-Pensionistenheim
Hainburg, Umbau und Sanierung" wird bewilligt.
5. Die Umwidmung der Kreditrücklagen beim Landes- Pensionistenheim Türnitz von ,,Ausstattung"
(VS 5/ 410443/0420/001) . . . . .
S 40.272,52
,,Zufahrt und Hofbefestigung"
(VS 5/410443/0602/003
S 80.000,-sowie ,,Geräteschuppen" (VS
5/41044/30622/004) . . . .
S 80.000,zusammen
S 200.272,52
auf „Aufzugseinbau und Küchensanierung" (VS 51410443/0632/005) wird bewilligt.
6. Die Umwidmung einer Subvention für eine Jugendherberge in St. Aegyd (VS 11252025; 7770) von
S 560.000 auf eine solche für eine Jugendherberge in Stockerau wird bewilligt.
7. Die Umwidmung der Stammeinlage für die NÖ Kapitalbeteiligungsgesellschaft mbH (VS
5/914003/0806/060) im Betrag von S 3,750.000 in ein Gesellschaftsdarlehen wird bewilligt.
8. Die NÖ Landesregierung wird beauftragt. die zur Durchführung dieses Landtagsbeschlusses
erforderlichen Maßnahmen zu treffen."
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Wort ist niemand gemeldet. Wir kommen daher zur Abstimmung.
(Nach Abstimmung über den vorliegenden Antrag des Finanzausschusses): Einstimmig angenommen.
Ich bitte den Berichterstatter, Herrn Abg. Reischer, durch den Bericht zur Zahl 236 die Verhandlungen
zum Voranschlag des Landes Niederösterreich für das Jahr 1981 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. REISCHER: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Als Berichterstatter
obliegt mir die Aufgabe, dem Hohen Landtag den Voranschlag des Landes Niederösterreich für das
Jahr 1981 zur Beratung und Beschlußfassung vorzulegen. Die Vorlage wurde vom Finanzausschuß in
eingehenden Beratungen gründlichst durchgearbeitet.
Die Landesregierung hat gemäß Art. 29 Abs. 2 der NÖ Landesverfassung 1979 den
Voranschlagsentwurf der Einnahmen und Ausgaben des Landes für das Jahr 1981 rechtzeitig
aufgestellt.
Der Aufbau des Landesvoranschlages 1981 entspricht den Bestimmungen der Verordnung des
Bundesministers für Finanzen vom 15. Juli 1974, Bundesgesetzblatt Nr. 493, Voranschlags- und
Rechnungsabschlußverordnung - VRV, vom 11. Oktober 1976, Bundesgesetzblatt Nr. 604, Zweite
Voranschlags- und Rechnungsabschlußverordnung - 2. VRV, mit der Form und Gliederung der
Voranschläge und Rechnungsabschlüsse der Länder, der Gemeinden und von Gemeindeverbänden
geregelt wurden.
Er besteht aus dem ordentlichen Teil, dem außerordentlichen Teil und dem Konjunkturausgleichsteil
samt Erläuterungen sowie dem Dienstpostenplan und dem Kraftfahrzeug-Systemisierungsplan.
Seine vertikale Gliederung erfolgt auf Grund des Ansatz- und Postenverzeichnisses der VRV
innerhalb der einzelnen Teile in Gruppen, Abschnitte, Unterabschnitte und Voranschlagsstellen nach
funktionellen, finanzwirtschaftlichen und ökonomischen Gesichtspunkten. Nähere Ausführungen hiezu
sind im Allgemeinen Teil der Erläuterungen zum Landesvoranschlag 1981 enthalten. Zur Erleichterung
der Handhabung ist dort auch ein alphabetisch geordnetes Schlagwörterverzeichnis beigegeben.
Die Horizontalgliederung umfaßt die Einnahmen und Ausgaben des Haushaltsplanes 1981, die
Gegenüberstellung zu den entsprechenden Voranschlagsbeträgen des Finanzjahres 1980 sowie den
Beträgen der Jahresrechnung 1979.
In Weiterführung des schon bisher verfolgten Ordnungsprinzips werden im Hauptteil des
Landesvoranschlages 1981 durchgehend nur mehr die Einnahmen- und Ausgabensätze dargestellt.
Sämtliche weiteren Untergliederungen finden sich in den Untervoranschlägen.
Der Voranschlag 1981 sieht in Gegenüberstellung zum Voranschlag 1980 folgende Einnahmen und
Ausgaben vor:
Einnahmen, ordentlicher Teil, im Voranschlag 1980 16.316,OOO.OOO Schilling, Voranschlag 1981
17.660,541.000 Schilling. Außerordentlicher Teil, Voranschlag 1980, Einnahmen 196,101.000
Schilling, Voranschlag 1981 143,395.000 Schilling. Gesamteinnahmen 1980 16.196,417.000 Schilling,
Voranschlag 1981 17.803,936.000 Schilling.
Ausgaben, ordentlicher Teil, 17.167,863.000 Schilling im Jahre 1980, 1981 18.599,124.000 Schilling.
Außerordentlicher Teil Ausgaben 979,939.000 Schilling 1980, 1981 961,144.000 Schilling,
Konjunkturausgleichsteil 1980 274,000.000 Schilling, 1981 230,000.000 Schilling. Gesamtausgaben
im Jahr 1930 18.421,802.000 Schilling, im Jahre 1981 19.790,268.000 Schilling.
Der Abgang stellt sich folgendermaßen dar: Ordentlicher Teil 1.167,547.000 Schilling im Jahr 1980, im
Jahr 1981 938,583.000 Schilling. Außerordentlicher Teil 1980 783,838.000 Schilling, Voranschlag
1981 817,749.000 Schilling. Konjunkturausgleichsteil 274,000.000 Schilling im Jahre 1980, im Jahr
1981 230,000.000 Schilling. Gesamtabgang im Jahr 1980 1.986,332.000 Schilling.
Die Bedeckung des Abganges wird eine weitere Fremdmittelaufnahme erforderlich machen und eine
neuerliche Erhöhung des Schuldenstandes des Landes bewirken. Das Gesamtausgabenvolumen des
Voranschlages 1980 betrug 18.421,802.000 Schilling.
Das Gesamtausgabenvolumen des Voranschlages 1981 beträgt 19.790,268.000 Schilling. Es ergibt
sich somit eine Budgetausweitung um 1.348,466.000 Schilling, das sind 7,43 %.
Der Ordentliche Teil des Voranschlages zeigt gegenüber dem Vorjahr eine Erhöhung der Einnahmen
um 10,380/0 oder 1.660,225.000 Schilling, eine Erhöhung der Ausgaben um 8,34 % oder
1.431,261.000 Schilling. Personalausgaben erhöhen sich um rund 324 Millionen Schilling.
Die Leistungen für Personal (Lehrer) steigen um rund 348 Millionen Schilling.
Die Sachausgaben (ordentlicher, außerordentlicher und Konjunkturausgleichsteil) er- fahren
demgegenüber eine Steigerung um rund 696 Millionen Schilling.
Der Anteil der Personalausgaben (Verwaltung) an den ordentlichen Ausgaben zeigt folgende
Entwicklung: Im Voranschlag 1979 23,91 %, im Voranschlag 1980 23,70 % und im Voranschlag 1981
24,14 %.
Mit Ende des Jahres 1980 läuft das Gehaltsübereinkommen für den öffentlichen Dienst aus. Die im
September 1980 aufgenommenen Verhandlungen über eine Bezugserhöhung für die Zeit ab 1.
Jänner 1981 waren im Zeitpunkt der Abschlußarbeiten am Budgetentwurf 1981 noch zu keinem
Ergebnis gekommen. So wie schon in der gleichen Situation im Jahre 1979 soll innerhalb des
Gesamtrahmens für die budgetäre Bedeckung der zu erwartenden Besoldungsregelung in der Weise
Vorsorge getroffen werden, daß bei den einzelnen Voranschlagsstellen der Personalausgaben und
Pensionen eine Reserve in Höhe von 6% eingebaut wurde.
Diese Reserve soll jedoch bei allen in Frage kommenden Voranschlagsstellen von Beginn an gesperrt
werden und nur in dem Ausmaß in Anspruch genommen werden, in welchem im Jahre 1981 allgemein
eine Besoldungsregelung erfolgt. (Im Antrag Abschnitt II, Ziffer 2 enthalten.)
Die folgende Aufstellung zeigt den perzentuellen Anteil der einzelnen Gruppen am Ausgabenvolumen
des ordentlichen Teiles des Voranschlages 1981 in Gegenüberstellung zum Voranschlag 1980:
In der Gruppe 0, Vertretungskörper und Allgemeine Verwaltung, sind im Voranschlag 1981 14,93 %
enthalten und im Voranschlag 1980 waren es 15,24 %. In der Gruppe 1, Öffentliche Ordnung und
Sicherheit, 0,48 % 1981 und 0,51 % 1980. In der Gruppe 2, Unterricht, Erziehung, Sport und
Wissenschaft, 1981 27,70 %, im Voranschlag 1980 waren es 27,50 %. In der Gruppe 3, Kunst, Kultur
und Kultus, 0,88 % im Jahre 1981, im Voranschlag 1980 0,88 %. In der Gruppe 4, Soziale Wohlfahrt
und Wohnbauförderung, sind es im Voranschlag 1981 24,63 %, im Voranschlag 1980 waren es 23,55
%. In der Gruppe 5, Gesundheit, 7,4876 im Voranschlag 1981, im Voranschlag 1980 waren es 7,58
%. In der Gruppe 6, Straßen- und Wasserbau, Verkehr, sind es 9,46 %; und im Voranschlag 1980
waren 10,15 % vorgesehen. In der Gruppe 7, Wirtschaftsförderung, 4,40 % im Budget 1981, im
Voranschlag 1980 4,84 %. In der Gruppe 8, Dienstleistungen, im Voranschlag 1981 0,07 %, im
Voranschlag 1980 0,08 %, und in der Gruppe 9, Finanzwirtschaft, im Voranschlag 1981 9,97 % und im
Voranschlag 1980 9,67 %.
Herkunft und Zweckwidmung und Begründung der einzelnen Einnahmen und Ausgaben sind in den
Erläuterungen zum Landesvoranschlag 1981 ausführlich dargestellt. Änderungen gegenüber dem
Vorjahr sind aus der Horizontalgliederung ersichtlich.
Die außerordentlichen Ausgaben sind mit 961,144.000 Schilling veranschlagt, denen Einnahmen in
der Höhe von 143,395.000 Schilling gegenüberstehen.
Es ergibt sich somit ein ungedeckter Abgang im außerordentlichen Teil von 817,749.000 Schilling. Die
einzelnen Vorhaben sind in den Erläuterungen zum außerordentlichen Teil des Voranschlages näher
beschrieben.
Der Konjunkturausgleichsteil enthält Ausgaben in der Höhe von 230 Millionen Schilling. Die
vorgesehenen Kreditmittel betreffen investitionswirksame Ausgaben und sollen nur unter
Berücksichtigung der Wirtschaftsentwicklung im Jahre 1981 eingesetzt werden. Dadurch besteht die
Möglichkeit, den Budgetvollzug mit den gesamtwirtschaftlichen Erfordernissen abzustimmen.
Zur Budgetentlastung soll die Finanzierungsform für Investitionsgüter im Rahmen von
Beschaffungsprogrammen, welche zur Erfüllung der laufenden Verwaltungsaufgaben erforderlich sind,
sowie von Bauvorhaben, für welche die grundsätzliche Genehmigung durch den Landtag vorliegt,
schrittweise auf die Nutzungsdauer dieser Güter abgestellt werden.
Im Jahresvoranschlag 1981 steht in diesen Fällen nur mehr ein Teilbetrag des Anschaffungs- bzw.
Herstellungspreises zur Verfügung, der gesamte Kaufpreisrest bildet dann eine Vorbelastung künftiger
Finanzjahre.
Die zur Erfüllung dieser rechtsverbindlichen Verpflichtungen aus den Kauf- bzw. Werksverträgen
erforderlichen Landesausgaben in den folgenden Jahren bedürfen vor ihrer Vollziehung der
Genehmigung durch den Landtag. Als Ausdruck des Einverständnisses ist eine diesbezügliche
Ermächtigung im Antrag Abschnitt 111, Ziffer 7, enthalten.
Zur Durchführung des Landesvoranschlages 1981 werden wieder alle jene Bestimmungen beantragt,
die sich schon bisher für den Budgetvollzug als notwendig oder zweckmäßig erwiesen haben.
Ich ersuche den Herrn Präsidenten, die Verhandlungen zum Voranschlag 1981 einzuleiten.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt der Finanzreferent des Landes, Herr
Landeshauptmannstellvertreter Siegfried Ludwig.
Landeshauptmannstellvertreter LUDWIG: Verehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Hohes Haus! Gemäß Artikel 29 Absatz 2 der NÖ Landesverfassung 1979 hat die
Landesregierung spätestens sechs Wochen vor Ablauf des Kalenderjahres einen Voranschlag der
Einnahmen und Ausgaben des Landes dem Landtag vorzulegen. Da der Landesvoranschlag für das
Jahr 1981 dem Landtag am 18. November zugegangen ist, wurde dem Verfassungserfordernis
entsprochen.
Der Landesvoranschlag ist in der seit dem Finanzjahr 1976 durch die Voranschlags- und
Rechnungsabschlußverordnung vorgeschriebenen Form und Gliederung entsprechend erstellt. In den
vorliegenden vier Teilheften sind Bericht und Antrag zum Voranschlag, die Erläuterungen, ein
Schlagwörterverzeichnis, der Hauptteil des Voranschlages, die Untervoranschläge und der
Dienstpostenplan enthalten.
Der Hauptteil ist in einen ordentlichen, außerordentlichen und einen Konjunkturausgleichsteil
gegliedert. Die Ansätze des Konjunkturausgleichsteiles sind jeweils bestimmten Ansätzen des
ordentlichen und außerordentlichen Teiles zugeordnet. Der Konjunkturausgleichsteil bleibt vorerst
wieder gesperrt und kann erst im Laufe des nächsten Finanzjahres unter Bedachtnahme auf die
Einnahmenentwicklung und die Möglichkeiten der Darlehensaufnahmen in Anpassung an die
Wirtschaftslage in Niederösterreich ganz oder teilweise freigegeben werden.
Der Hauptteil ist zur Erreichung einer besseren Überschaubarkeit nunmehr wesentlich gerafft worden
und enthält innerhalb der einzelnen Voranschlagstellen keine weiteren Untergliederungen mehr. Die
gewünschte Aufschlüsselung kann jedoch den Untervoranschlägen entnommen werden. Wie schon
bisher enthalten die Voranschlagshefte wieder verschiedene Nachweise, so über die Leistungen für
das Personal einschließlich der Pensionen, Finanzzuweisungen, Zuschüsse von und an
Gebietskörperschaften, die Zuführung an Rücklagen sowie Entnahmen aus Rücklagen, den
Schuldenstand, Schuldendienst, Finanzierungspläne, den Kraftfahrzeug-Systemisierungsplan und
verschiedene statistische Daten.
Der gesamte Ausgabenrahmen des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1981
beträgt S 19.790,268.000. Den Ausgaben stehen voraussichtlich Einnahmen von S 17.803,936.000
gegenüber, woraus ein anzunehmender Abgang von S 1.986,332.000 resultiert. Damit liegt der
Abgang um S 239,053.000 oder 10,74 % unter dem Abgang des heurigen Jahres.
Der ordentliche Teil umfaßt Ausgaben von S 18.599,124.000 und angenommene Einnahmen von S
17.660,541.000. Er kann sohin auch im Jahre 1981 nicht ausgeglichen erstellt werden und weist ein
Defizit von S 938,583.000 auf.
Der außerordentliche Teil des Voranschlages weist Ausgaben von S 961,144.000 und Einnahmen von
S 143,395.000 auf, woraus sich ein voraussichtlicher Abgang von S 817,749.000 ergibt.
Im Konjunkturausgleichsteil mit Ausgaben von S 230,000.000 kann mit keinen Einnahmen gerechnet
werden.
Die Erstellung des Budgets war natürlich wieder sehr schwierig. Die an die Finanzabteilung
herangetragenen Budgetanforderungen überstiegen den Beamtenentwurf um insgesamt 3,5 Milliarden
Schilling. Daß in den Verhandlungen auf Regierungsebene hier beide Seiten nachgeben mußten, war
unabdingbar. Dennoch ist es auf Grund der einsichtsvollen Haltung meiner Regierungskollegen
gelungen den Abgang im Landeshaushalt in gerade noch vertretbaren Grenzen zu halten. Eine
wesentliche Reduzierung des Fehlbetrages zwischen Einnahmenerwartung und voraussichtlichen
Ausgaben war leider nicht möglich. Es müssen eben auch nächstes Jahr wieder neue Aufgaben
übernommen werden, während gegebene Verpflichtungen weiter bestehen und nicht ganz einfach
negiert werden können.
Der Budgetrahmen des Landesvoranschlages 1981 übersteigt den des Jahres 1980 um S
1.368,466.000 oder 7,4376. Die Einnahmenerwartung steigt um S 1.607,519.000 oder 9,93 %. Der
Abgang liegt, wie schon erwähnt, um 10,74 % unter dem Abgang des Voranschlages für das Jahr
1980. Es ist damit erstmalig seit dem Jahre 1974 gelungen, das stetige Ansteigen der
Abgangssummen nicht nur einzubremsen, sondern die Abgangshöhe gegenüber dem heurigen Jahr
sogar zu reduzieren.
Vergleicht man das voraussichtliche Gebarungsergebnis für das Jahr 1980 mit den Ausgaben des
Voranschlages 1981, ergibt sich lediglich eine Ausgabensteigerung von 6,71 %.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach der erstmaligen Erstellung des Voranschlages über
eine elektronische Datenverarbeitungsanlage im Jahre 1976 wird ab 1. Jänner 1981 mit der
Einführung der Mehrphasenbuchhaltung wieder ein ganz wesentlicher Schritt in der Modernisierung
der Landesverwaltung gesetzt. Niederösterreich ist nicht das erste Bundesland, das sich nunmehr der
Mehrphasenbuchhaltung bedienen wird, vier Bundesländer arbeiten schon einige Zeit mit diesem
System. Die Größe unseres Landes und der damit zwangsläufig verbundene weitverzweigte Apparat
der Hoheits- und Wirtschaftsverwaltung erforderten eine ganz besonders sorgfältige Vorbereitung
dieser einschneidenden Umstellung, die nun ab nächstem Jahr schrittweise erfolgen wird.
Schon im Jahre 1513 stellte der italienische Staatsmann und Geschichtsschreiber Machiavelli fest:
,,Nichts ist schwieriger zu planen, zweifelhafter im Erfolg und gefährlicher in der Durchführung, als ein
neues System". Wir glauben aber dank unserer hier unter der Leitung des Herrn
Landesamtsdirektorstellvertreters Wirkl. Hofrat Dr. Kern agierenden Projektgruppe alle bei der
Einführung des neuen Systems auftretenden Probleme in diesem Lande meistern zu können.
Die Mehrphasenbuchhaltung ist ein mehr- dimensionales Rechenwerk, das nicht nur die Vollziehung
des Voranschlages in allen Phasen darstellt, sondern simultan dazu die Darstellung aller Gebarungen
nach Gesichtspunkten der kaufmännischen Buchhaltung erlaubt und neben der Verrechnung nach
Kostenstellen, Personenkonten und Gebarungsfallkonten auch eine Vielzahl von statistischen
Auswertungen ermöglicht.
Die Einführung des Mehrphasenbuchhaltungssystems stellt nicht nur eine Verwaltungsvereinfachung
oder eine Rationalisierungsmaßnahme dar, sondern bedeutet den Ersatz eines aus der Zeit Maria
Theresias stammenden Buchhaltungssystems mit reiner Dokumentationsfunktion durch ein modernes
Rechnungswesen mit instrumentellem Charakter.
Nach Inbetriebnahme des Mehrphasenbuchhaltungssystems wird die Landesbuchhaltung
Zahlenmaterial anbieten können, das nicht nur die Basis für eine bessere Finanz- Planung und
Kontrolle bietet, sondern dar- über hinaus auf betriebswirtschaftlicher Ebene Ansatzpunkte für echte
Rationalisierungsmaßnahmen liefert. Die Mehrphasenbuchhaltung wird nach außen hin gegenüber
dem Landesbürger, eine raschere, ja sofortige Auskunftsbereitschaft bringen. Durch eine Vielzahl von
Auswertungen und Informationen soll die Mehrphasenbuchführung als Führungs-, Planungs- und
Kontrollinstrument wesentlich dazu beitragen, die Verwaltung unseres Landes schlagkräftiger,
wendiger und effizienter zu gestalten.
Und nun ein Wort zur wirtschaftlichen Entwicklung. Wie jedes Jahr haben auch heuer wieder die
beiden österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitute Ende September ihre revidierten Prognosen für
1980 und eine Vorschau auf das Jahr 1981 vorgelegt. Danach wirft die internationale Rezession, die
seit dem Frühjahr immer mehr Länder erfaßt, bereits lange Schatten auf Österreich. Schon vor dem
Sommer war eine Verschlechterung der Konjunktur festzustellen, doch soll die Rezession relativ mild
ausfallen und zumindest bei uns keine gravierenden Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben. Das,
zumindest die Prognosen der Institute!
Nach Ansicht des Institutes für Wirtschaftsforschung wird die konjunktureIIe Entwicklung
voraussichtlich von selbst eine Entschärfung der Leistungsbilanzproblematik und ein Nachlassen des
Preisauftriebes mit sich bringen.
Einen Bremseffekt erwartet man ja von den zur Zeit in astronomische Höhen ansteigenden
Kreditzinsen. Das mag auf die Kauffreudigkeit etwa neuer ausländischer Autos dämpfend wirken, hat
aber andererseits für die Fremdmittelfinanzierung von Wohnbauten katastrophale Auswirkungen.
Die beiden Wirtschaftsforschungsinstitute haben festgestellt, daß sich die Konjunktur in Österreich
schon vor dem Sommer zu verschlechtern begann. Die Dynamik der Exporte schwächte sich ab, das
Wachstum des privaten Konsums und die Baunachfrage verringerten sich.
Die Ausrüstungsinvestitionen stiegen aber bis in das zweite Quartal noch ebenso kräftig wie der
Lageraufbau.
Das Niveau der Industrieproduktion lag saisonbereinigt zur Jahresmitte um rund zwei Prozent
niedriger als im März.
Von der Konjunkturverschlechterung waren bisher vor allem die Vorproduktindustrien auf dem Stahl-,
Metall- und Gießereisektor betroffen. Hier sind ja auch in Niederösterreich schon einige Problemfälle
in der letzten Zeit aufgetreten.
Nach der Prognose des Wirtschaftsforschungsinstitutes wird das reale Brutto-Inlandsprodukt im
zweiten Halbjahr 1980 nur noch um eineinhalb Prozent über dem Niveau des gleichen
Vorjahreszeitraumes liegen, während es in den ersten sechs Monaten dieses Jahres noch um fünf
Prozent darüber lag. Für das ganze Jahr erwartet man als Obergrenze eine reale Wachstumsrate des
Brutto-Inlandsproduktes von dreieinhalb Prozent. Das Institut für Höhere Studien rechnet allerdings
nur mit höchstens drei Prozent.
Bei der Einschätzung der EntwickIung der Auslandsnachfrage im Jahre 1981 geht das Institut für
Wirtschaftsforschung von der Annahme aus, daß sich die Konjunktur in den westlichen
Industrieländern im zweiten Halbjahr 1980 etwa auf dem Niveau der Jahresmitte stabilisieren und im
Winter in einen zögernden Aufschwung übergehen wird. Die Entwicklung des privaten Konsums wird
durch eine nur mäßige Realeinkommenssteigerung und eine weitere Abnahme der Sparfreudigkeit
gekennzeichnet sein. Auch heuer wird ein Rückgang der privaten Sparquote um rund zwei
Prozentpunkte erwartet, womit sie bereits um vier Prozentpunkte tiefer als 1978 liegen wird.
Insgesamt nimmt man eine Steigerung des privaten Konsums um ein Prozent an. Die Zunahme wird
bei den dauerhaften Konsumgütern geringer ausfallen als bei den übrigen Konsumgütern.
Die Investitionskonjunktur wird sich infolge der Verschlechterung der Wirtschaftsaussichten, der
sinkenden Kapazitätsauslastung und der Verschlechterung der Kreditbedingungen spätestens gegen
Jahresende 1980 merklich abschwächen. Von den öffentlichen Haushalten werden auch im
kommenden Jahr infolge des zu geringen Einnahmenwachstums und der gegebenen Schuldenlasten
keine wesentlichen zusätzlichen Impulse ausgehen können, so daß sich die Baukonjunktur nach einer
leichten Verbesserung der Auftragslage im zweiten Halbjahr 1980 wieder verflacht. Die Industrie wird
das zufriedenstellende Investitionsniveau des laufenden Jahres voraussichtlich bestenfalls nominell
halten können, real ist mit einem Rückgang des Investitionsvolumens zu rechnen.
Die Anpassung der Lagerbestände an die Verschlechterung der Nachfrage dürfte schon im Gange
sein. Sie wird zumindest noch bis Jahresende eine weit geringere Aufstockung als im Vorjahr bringen.
Im Verlaufe des Jahres 1981 ist der untere Wendepunkt des Lagerzyklus zu erwarten.
Die Konjunkturabschwächung bringt unvermeidliche Folgen für den Arbeitsmarkt. Es dürfte jedoch,
sowohl heuer wie auch im nächsten Jahr möglich sein, Freistellungen von Beschäftigten durch
Umdisposition, wie auch durch den Einsatz der Arbeitsmarktförderung im Zusammenwirken von Bund
und Ländern zu vermeiden.
Weil der Konjunkturabschwung etwas stärker als ursprünglich angenommen ausfällt, wird die
Handelsbilanz heuer mit einem geringeren Defizit abschließen, als noch vor dem Sommer befürchtet
wurde. Bedenklich ist allerdings, daß im Jahre 1981 weiterhin mit einem hohen Handelsbilanzdefizit
gerechnet wird, obwohl das Wirtschaftswachstum nur ein Prozent betragen wird. Das Defizit der
Leistungsbilanz wird nun für 1980 mit ca. 25 Milliarden Schilling - gegenüber bisher 32 Milliarden erwartet, die Prognose für 1981 lautet auf 15,5 Milliarden Schilling.
Da das Wirtschaftsforschungsinstitut für den Rest des laufenden Jahres bestenfalls leicht fallende
Inflationsraten annimmt, mußte eine Revision der ursprünglichen Inflationsprognose vorgenommen
werden. Statt 6 Prozent werden 6,4 Prozent und für 1981 5,5 Prozent prognostiziert.
Die Prognosen des Institutes für Höhere Studien sind wesentlich pessimistischer. Dort errechnet man
das Leistungsbilanzdefizit für 1980 mit 29,8 Milliarden und für 1981 mit 23,8 Milliarden Schilling. Die
Verbraucherpreissteigerung wird für 1980 mit 6,5 % und für 1981 mit 5,9 Prozent angenommen.
Ein Wort zur Finanzierung des Budgets. Die Länder haben, wie schon mehrfach aufgezeigt wurde,
praktisch keine Möglichkeit, ihre Einnahmen selbst in irgendeiner Weise maßgeblich zu beeinflussen.
Dies im Gegensatz zum Bund, der ja auch den Abgang des nächstjährigen Budgets durch ein
weiteres Anziehen der Steuerschraube und durch Gebührenerhöhungen zu verringern trachtet. Der
sozialistische Wirtschaftswissenschaftler Universitätsprofessor Dr. Egon Matzner hat - von einer
Schwedenreise höchst ernüchtert zurückgekehrt - gefordert, der schwedischen Krankheit unter allen
Umständen vorzubeugen. Nach der Wiedergabe seiner Ausführungen in der ,,Wiener Zeitung" vom
26. September d. J. tritt für die österreichische Wirtschaft zur Zeit eine sehr gefährliche Konstellation
ein. Der Zunahme der Preissteigerungsrate steht eine Abflachung der Konjunktur gegenüber.
Gleichzeitig engen das Rekorddefizit der Leistungsbilanz und das hohe Budgetdefizit den
Handlungsspielraum der Wirtschaftspolitik ein.
Das Rezept Professor Matzners gegen diese drohende Gefahr lautet: Senkung der
Spitzensteuersätze, produktive Investitionen profitabler machen, Anhebung der Vermögenssteuer und
Importsteuerung gegen das Leistungsbilanzdefizit.
Auch im Staatschuldenbericht von Professor Helmut Frisch und in der Budgetprognose des
Wirtschaftsbeirates wird eindringlich darauf hingewiesen, daß die Finanzierungserfordernisse für den
Zinsendienst, die in den achtziger Jahren beträchtlich steigen werden, die laufenden Einnahmen des
Staatshaushaltes zunehmend belasten. Doch wäre es ein schwerer Fehler, sollte aus diesem Titel
eine stärkere Besteuerung von Verbrauch oder Einkommen ins Auge gefaßt werden.
Den Ländern fehlt, selbst wenn sie diese Ratschläge in den Wind schlagen wollten, jede Möglichkeit,
sich auf diese Weise höhere Einnahmen zu verschaffen.
Die Einnahmenerwartung bei der maßgeblichen Einnahmenquelle der Länder, nämlich bei den
Ertragsanteilen aus den gemeinschaftlichen Bundesabgaben, wurde im vorliegenden
Landesvoranschlag für das Jahr 1981 mit S 6.543,000.000 angenommen. Bei dieser Schätzung
wurde wie immer vom voraussichtlichen Rechnungsergebnis des Jahres 1980 ausgegangen und ein
Aufschlag von 10 % vorgenommen. Dieser Aufschlag entspricht annähernd der von der
Verbindungsstelle der österreichischen Bundesländer ausgesprochenen Empfehlung.
Der Großteil der übrigen Einnahmen des Landes ist, wenn man etwa nur an die Wohnbauförderung
denkt, weitgehend zweckgebunden. Das heißt, sie können nicht als allgemeine Deckungsmittel
Verwendung finden, sondern dürfen nur für die festgelegten Zwecke ausgegeben werden. Andere,
den Ländern zustehende Finanzen oder Einnahmen, wie der Beitrag an den KrankenanstaltenZusammenarbeitsfonds und den Wasserwirtschaftsfonds aus dem dritten Mehrwertsteuersatz werden
vom Bund vorweg abgezweigt und unmittelbar den genannten Fonds zugeführt.
Die verbleibende Differenz zwischen erwarteten Einnahmen und Ausgaben des Landes von S
1.986,332.000 wird also wieder auf dem Kreditmarkt besorgt werden müssen. Abgesehen von der
herrschenden Geldknappheit ist dies wegen der Höhe der Kreditzinsen eine sehr schmerzliche
Finanzierung. Es wird daher Aufgabe des Budgetvollzuges des nächsten Jahres sein, durch erhöhte
Sparsamkeit den bewilligten Ausgabenrahmen womöglich nicht in allen Sparten voll auszuschöpfen
und so die Fremdmittelaufnahme in Grenzen zu halten.
Um durch den Finanzierungsbedarf für dringende Bauvorhaben aber auch durch die Anschaffung von
Kraftfahrzeugen das Budget nicht übermäßig zu strapazieren, soll die Finanzierung auf diesen
Gebieten im Leasingwege erfolgen. Die anfallenden Kosten können dadurch bei Bauten auf 15 bis 20
Jahre, bei Fahrzeugen auf etwa 5 Jahre verteilt werden. Dieser Methode bedienen sich Bund und
Gemeinden etwa auf dem Gebiete des Schulbaues schon längere Zeit mit Erfolg.
Hoher Landtag! Der Schuldenstand des Landes wird mit Ende dieses Jahres voraussichtlich 5,6
Milliarden Schilling erreichen. Das sind 28,4 % des gesamten Budgetvolumens. Die Steigerung
gegenüber 1979 beträgt 2 % und ist damit um 2 % geringer als im Jahre vorher. Um den
Rückzahlungsverpflichtungen nachzukommen, müssen im Voranschlag 1981 bereits knapp über eine
Milliarde Schilling eingesetzt werden. Im Voranschlag 1980 sind hiefür 893 Millionen Schilling
vorgesehen gewesen. Die Steigerung beträgt daher 16,4.% Der Schuldendienst beansprucht 5,25 %
der Gesamtausgaben des Voranschlages 1981. Wir hatten schon einmal einen in absoluten Zahlen
zwar niedrigeren, aber im Verhältnis zum Budgetvolumen höheren Schuldenstand. Die Finanzschuld
des Landes betrug am 1. Jänner 1969 1,6 Milliarden Schilling, was jedoch rund 45 % des
Budgetvolumens entsprach. 1975, also sechs Jahre später, war die Finanzschuld auf 1,4 Milliarden
Schilling abgesunken, was damals 11,79 % des Budgetvolumens ausmachte. Darnach stieg die
Finanzschuld wieder stetig an.
Daß es gelungen ist, den Abgang im Landeshaushalt 1981 etwas unter dem Abgang des heurigen
Jahres zu halten, möchte ich als sehr erfreulich bezeichnen. (Beifall bei der ÖVP.) Die Differenz
zwischen Einnahmen und Ausgaben in der Höhe von immerhin zwei Milliarden Schilling wird auch im
nächsten Jahr ganz oder überwiegend auf dem Kapitalmarkt aufgebracht werden müssen. Die
Verschuldung wird daher 1981 weiter ansteigen.
Nicht nur Niederösterreich, sondern auch andere Bundesländer haben mit denselben Problemen zu
kämpfen. Der Ruf nach höheren Einnahmen wird daher im nächsten Jahr noch deutlicher sein als
bisher. Die schon im Forderungsprogramm der Bundesländer verankerte Steuerhoheit für die Länder
bekommt daher immer größere Bedeutung. Es geht nicht an, da5 sich der Bund immer wieder neue
Einnahmequellen, wie gerade in letzter Zeit durch Steuer- und Gebührenerhöhungen, Banken- und
Tankstellenabgabe, erschließt und an dem Ertrag die Länder überhaupt nicht oder zumindest in nicht
nennenswertem Ausmaß beteiligt. Schließlich wird aber die eigene Steuerhoheit den Ländern dann
nichts mehr nützen, wenn die steuerliche Belastbarkeit der Bevölkerung und der Wirtschaft an der
äußersten Grenze angelangt ist.
Erlauben Sie, daß ich nun einige Schwerpunkte des Budgets 1981 herausgreife. Bedingt durch die
Abflachung der Konjunktur und durch erhebliche Schwierigkeiten, die bei einigen größeren Firmen in
Niederösterreich aufgetreten sind, kommt der Arbeitsplatzsicherung weiterhin größte Bedeutung zu.
Ein wirksames Gegengewicht ist die Niederlassung von Betrieben mit Zukunftschancen in
Problembezirken und die Förderung von sinnvollen Investitionen in gesunden bestehenden
niederösterreichischen Betrieben. So sind im Voranschlag für das Jahr 1981 ca. 7,l Milliarden Schilling
für Investitionen und investitionsfördernde Maßnahmen vorgesehen. Das sind um rund 400 Millionen
Schilling mehr als heuer. (Beifall bei der ÖVP.)
Für die Arbeitnehmerförderung stehen mit rund 220 Millionen Schilling etwa gleichhohe Mittel wie
1980 zur Verfügung.
Der Arbeitsplatzsicherung und Schaffung neuer Arbeitsplätze dient sicher auch das gemeinsam mit
dem Bund erarbeitete Entwicklungsprogramm für das Waldviertel. Industrie, Gewerbe und
Fremdenverkehr stehen zunächst im Mittelpunkt dieser Aktion. Im Rahmen der „Waldviertelaktion
Industrie" können jene Wirtschaftsunternehmungen Anträge auf die Gewährung von
Förderungsmitteln stellen, die im Waldviertel Betriebsstätten für Produktions- und
Forschungsvorhaben errichten oder erweitern wollen. Die Vergabe der Förderungsmittel ist für
technisch und wirtschaftlich interessante Betriebsgründungen mit mindestens 20 neuen
Dauerarbeitsplätzen vorgesehen. Hiebei muß die Investition je Arbeitsplatz mindestens 400.000
Schilling betragen. Die Förderung kann aber auch für technisch und wirtschaftlich interessante
Erweiterungen von Betrieben ab fünf zusätzlichen Beschäftigten in Anspruch genommen werden,
wobei die Investition je Arbeitsplatz mindestens 200.000 Schilling betragen muß. Die
Gesamtförderung kann bis zu 75 % des förderungswürdigen Investitionsvolumens betragen.
Zur Belebung und Attraktivierung des Fremdenverkehrs im Waldviertel können Investitionen für die
Neugründung oder den Ausbau bestehender Betriebe bis zu 33,3 % der förderbaren Investition,
jedoch maximal 100.000 Schilling pro Arbeitsplatz in Anspruch genommen werden.
Darüber hinaus können bei Betriebsgründungen oder Betriebserweiterungen bis zu 15% der Kosten
für die Errichtung von Freizeiteinrichtungen, wie Hallenbäder, Sauna, Tennishallen, Kegelbahnen,
Reithallen usw. gefördert werden.
Die Förderung erfolgt unter der Bedingung, daß die geschaffenen Arbeitsplätze mindestens drei Jahre
erhalten bleiben. Für die gesamte Förderungsaktion sollen vom Bund und dem Land Niederösterreich
jährlich je 50 Millionen Schilling aufgebracht werden. Die Aktion ist vorerst bis Ende des Jahres 1983
befristet. Die Voraussetzungen für das Wirksamwerden dieser Waldviertler Aktion sind so mit
gegeben. Mein Appell richtet sich nun an alle Mitglieder der Beurteilungskommission, diese Richtlinien
großzügig und praxisnah zu handhaben, damit den in Frage kommenden Betrieben so rasch wie
möglich auch geholfen werden kann. (Beifall bei der ÖVP.)
Solche Aktionen müssen im Interesse der Arbeitsplatzsicherung auch in anderen Regionen folgen.
Eine wesentliche Bedeutung kommt, wie immer, der Wohnbauförderung zu. Das Ausgabenvolumen
der Wohnbauförderung wird einschließlich der erweiterten Landeswohnbauförderung und der
landwirtschaftlichen Wohnbauförderung voraussichtlich 2,560 Milliarden Schilling betragen.
Hinzuzurechnen sind noch die im Landesvoranschlag nicht zu präliminierenden Rückflüsse aus den
bereits bewilligten Darlehen der Landeswohnbauförderung, die unmittelbar in den
Landeswohnbauförderungsfonds fließen.
Wenn hier auch sehr beträchtliche Beträge umgesetzt werden, ist keinesfalls genug Geld vorhanden,
die anstehenden Wünsche prompt zu erfüllen. Warten zur Zeit Ca. 8.000 Bewerber auf ihre Darlehen,
werden es - wenn keine besonderen Maßnahmen ergriffen werden - Ende 1981 18.000 sein. Da aus
demselben Topf auch die Annuitätenzuschüsse bestritten werden müssen, wird das Geld für
Neubauten in Zukunft immer knapper. Durch diese Zuschüsse wird zwar die rapid ansteigende
Zinsenlast gemildert, das Geld geht jedoch der Wohnbauförderung verloren und fließt letztlich, wenn
man es genau überlegt, in die Kassen der Banken. Unter gleichen Voraussetzungen wie sie derzeit
gegeben sind, wird bereits im Jahre 1982 fast ein Drittel der gesamten Wohnbauförderungsmittel für
diese Annuitätenzuschüsse zweckgebunden sein.
Die geschilderte Situation ist natürlich nicht auf Niederösterreich allein beschränkt. Der Bund ist auf
Grund eigener Erkenntnis und der dringenden Vorstellungen aller Länder bemüht, die
Wohnbauförderung 1968 so zu modifizieren, daß der Großteil des eingesetzten Geldes wirklich wieder
dem Wohnbau zugute kommt.
Wir müssen aber auch vom Land Selbsthilfemaßnahmen ergreifen. So wird ein größerer
Fremdmitteleinsatz über den Landeswohnbauförderungsfonds unvermeidlich sein. Der revolvierende
Einsatz der für bereits bewilligte Ansuchen bereitgestellten Mittel kann ebenso zur Abkürzung der
Wartezeiten beitragen wie die Verkürzung der Laufzeit von Wohnbaudarlehen. Schließlich könnte die
Bedachtnahme auf soziale Momente wie Einkommensverhältnisse, Größe der Familie usw. zu einer
rationelleren Vergabe der Annuitätenzuschüsse führen.
Aus der vorgenannten Schilderung der tatsächlichen Verhältnisse resultiert aber auch der dringende
Wunsch nach Selbsthilfe. Ich darf hier ankündigen, daß das Land Niederösterreich, wie ich bereits mit
meinem Regierungskollegen, der mit der Wohnbauförderung betraut ist, besprochen habe, im
nächsten Jahr ein Modell der Finanzierung des Wohnbaues verwirklichen wird. Der Expertenentwurf
wird in Kürze vorliegen. (Beifall bei der ÖVP.)
Die Sozialhilfeeinrichtungen werden ständig ausgebaut und die finanziellen Hilfen er- weitert. Dies hat
eine weiter steigende Belastung von Land und Gemeinden zur Folge, die für die Kosten der Sozialhilfe
seit 1974 gemeinsam aufkommen müssen. Die notwendigen Aufwendungen für die Sozialhilfe
einschließlich der Pensionisten- und Pflegeheime belaufen sich im nächsten Jahr auf 1 Milliarde 552
Millionen Schilling. Dazu kommen noch 122 Millionen Schilling im außerordentlichen Haushalt für die
Errichtung und den Ausbau von Heimen. Der gesamte Aufwand wird damit auf fast 1,7 Milliarden
Schilling anwachsen.
Seit dem Jahre 1975 - in diesem Jahr wurde die neue landesgesetzliche Regelung der Sozialhilfe
erstmals voll wirksam - sind somit die Ausgaben der Sozialhilfe von 873 Millionen Schilling auf 1,7
Milliarden Schilling, also praktisch auf den doppelten Betrag, angestiegen. Damit schreitet die
blaugelbe Sozialoffensive progressiv fort.
Sehr geehrte Damen und Herren! Hinter diesen nüchternen Zahlen stecken aber persönliche
Schicksale, Menschen, an denen unsere moderne Wohlstandsgesellschaft vorbeigegangen ist. Eine
Produktionsgesellschaft, die für eine Minderheit im wahrsten Sinne des Wortes Armut und Einsamkeit
produziert. Daher hat unsere Gesellschaft auch die Verpflichtung, dort, wo Not besteht, diese Not
zumindest zu lindern. (Beifall bei der ÖVP.) Politik für die Menschen als Auftrag heißt eben unteilbar
Politik für alle Menschen, also auch für die Armen, die Kranken und die Schwachen. Jeder Schilling
auf sozialem Gebiet ist eine Investition in die Menschlichkeit! Auf diesem Weg, verehrte Damen und
Herren, müssen wir auch in nächster Zukunft weitergehen!
Und nun zu einem weiteren Schwerpunkt, zu den Krankenanstalten. Die Finanzierung des Baues und
des Betriebes der Krankenanstalten ist nach wie vor eine sehr sensible und schwierige Materie.
Knapp zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Neuregelung über die Spitalsfinanzierung und
Errichtung des Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds sind nun die Arbeiten für eine Erneuerung
der seinerzeitigen Vereinbarung zwischen Bund, Ländern, Gemeinden und
Sozialversicherungsträgern, die zur Schaffung dieses Fonds führte, angelaufen. Die Fondsmitglieder
haben über Einladung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz ihre Vorschläge
erstattet. Seitens der Länder wurden folgende Änderungen vorgeschlagen:
1. Aufstockung des Finanzierungsvolumens. Durch Einbringung zusätzlicher Mittel durch den Bund
und die Sozialversicherungsträger soll das Finanzierungsvolumen des KrankenanstaltenZusammenarbeitsfonds aufgestockt werden. Dies scheint im Hinblick auf die quantitativen und
qualitativen Veränderungen, die sich im Krankenanstaltenwesen er- geben haben, gerechtfertigt.
2. Festsetzung der Pflegegebührenersätze. Die im Jahr 1978 beschlossene Neuregelung der
Spitalsfinanzierung hat zu einer Verbesserung der Lage der Rechtsträger der Krankenanstalten
geführt. Dieses positive Ergebnis wird jedoch durch Mindereinnahmen aus den Pflegebührenersätzen
bereits wieder entscheidend beeinträchtigt.
Das Zurückbleiben der Pflegegebührenersätze ist auf jene Bestimmung im Rahmen der Neuregelung
der Krankenanstaltenfinanzierung zurückzuführen, die vorsieht, daß die Pflegegebührenersätze der
Sozialversicherungsträger ab dem Jahre 1978 ohne jede Bedachtnahme auf die unvermeidliche
Kostenentwicklung in den Krankenanstalten nur mehr in dem Ausmaß angehoben werden, in dem die
Beitragseinnahmen der Krankenkassen steigen. Die damit verbundene Gefahr eines Zurückbleibens
der Pflegegebührenersätze gegenüber den mit der allgemeinen Kostenentwicklung zwangsläufig
steigenden Pflegegebühren wurde von den Ländern in allen Phasen der Verhandlungen über die neue
Krankenanstaltenfinanzierung aufgezeigt.
Auf diese Entwicklung wurde auch bereits von der Landesfinanzreferentenkonferenz am 20. Juni 1979
mit Besorgnis hingewiesen und festgestellt, daß ein derartiges Zurückbleiben der
Pflegegebührenersätze binnen weniger Jahre die Vorteile der Neuregelung der
Krankenanstaltenfinanzierung wieder zunichte machen würde.
Um den Ländern das weitere Festhalten an der Fondsregelung überhaupt zu ermöglichen, wurde
daher vorgeschlagen, für die jährliche Anhebung der Pflegegebührenersätze der
Sozialversicherungsträger eine an der notwendigen Ausgabensteigerung orientierte Mindesthöhe
festzusetzen, wobei als Maßstab die gesamtösterreichische Ausgabensteigerung der
Krankenanstalten gelten soll.
3. Änderung der Verteilung der Fondsmittel. Die Länder bekennen sich im Sinne einer grundlegenden
Zielsetzung der Fondsregelung zu einer schrittweise verstärkt leistungsorientierten Vergabe der
Fondsmittel und sind bereit, in Verhandlungen mit allen Fondsmitgliedern einzutreten, um gemeinsam
jene Leistungskriterien zu erarbeiten, die die Voraussetzung für eine Regelung im Sinne dieser
Zielsetzung darstellen.
4. Kündigungsverzicht. Dem vom Herrn Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz zur
Diskussion gestellten Vorschlag, im Interesse mittelfristiger Finanzierungszusagen des Fonds für
einen Zeitraum von fünf Jahren auf eine Kündigung zu verzichten, kann nur dann nähergetreten
werden, wenn über die in den vorstehenden Punkten erstatteten Vorschläge Einvernehmen erzielt
werden kann.
In Niederösterreich wurden inzwischen Überlegungen angestellt, wie man der Kostenexplosion auf
dem Sektor des Krankenhausneubaues und -ausbaues Herr werden kann. In mehreren
Klausurtagungen wurden grundsätzliche Richtlinien festgelegt. Zunächst soll das
Raumordnungsprogramm für das Gesundheitswesen neu erstellt werden. Zur Bedarfsanpassung ist
eine Reduzierung der Krankenanstaltenbetten unbedingt erforderlich. Die Erreichung dieses Zieles
wird durch die Bevölkerungsabnahme in den einzelnen Landesteilen und die Verbesserung der
Verkehrswege erleichtert. Dennoch wird diese Neuordnung nicht ganz ohne Schmerzen möglich sein.
Meine Damen und Herren! Die Arbeit für den Menschen muß selbstverständlich bei den jüngsten
Bürgern des Landes beginnen. Das Kapital für die Zukunft sind unsere Kinder. Mit Stolz kann das
Land Niederösterreich auf die bespiellosen Leistungen der letzten Jahrzehnte zurückblicken.
Ausdrucksvoll dokumentiert sich dieses Bemühen mit der Eröffnung des 1000. Bildungsbaues auf dem
Pflichtschul- und Kindergartensektor am 7. Dezember 1980 in Lassee.
Der Beitrag des Landes für den Schul- und Kindergartenfonds wird nächstes Jahr 150 Millionen
Schilling betragen. Dazu kommen 79 Millionen Schilling für den Bau von Landesschulen, wobei das
Hauptgewicht auf den Sektoren Berufsschulen und landwirtschaftliche Fachschulen liegt.
Hier ist festzuhalten, daß die Reorganisation des Pflichtschulwesens in Niederösterreich, die im Jahre
1965 begonnen wurde, im wesentlichen abgeschlossen ist. Der weiter bestehende Geldbedarf des
NÖ Schul- und Kindergartenfonds resultiert aus dem noch nicht abgeschlossenen Ausbau des
Kindergartennetzes und den Aufwendungen für die Instandhaltung sowie die qualitative Verbesserung
der bestehenden Schul- und Kindergartengebäude. Dazu gehört auch der Bau und die Ausgestaltung
von Turnsälen, die im Rahmen der offenen Schule der gesamten Bevölkerung zugute kommen.
Für den Straßenbau werden im nächstjährigen Budget reine Baukredite von 821 Millionen Schilling zur
Verfügung stehen. Hinzu kommt die mit dem Bund vereinbarte Vorfinanzierung der ,,S 33", das ist die
in Bau befindliche Schnellstraße zwischen Krems und St. Pölten. Mit den hiefür einzuplanenden 250
Millionen Schilling erhält der Straßenbau nächstes Jahr vom Land über 1 Milliarde Schilling.
Für den Schienen-, Schiffs- und Luftver- kehr werden 102 Millionen Schilling aufgewendet werden.
Das Schwergewicht liegt auf dem Investitionszuschuß an die Österreichischen Bundesbahnen für die
Verbesserung und Beschleunigung des Nahverkehrs, wofür 40,3 Millionen Schilling vorgesehen sind.
Der Flughafen in Schwechat erhält 50,6 Millionen Schilling.
Für den Umweltschutz, den Naturschutz und andere Maßnahmen auf diesem Gebiet sind mit 40,5
Millionen Schilling um 2 Millionen Schilling mehr als heuer präliminiert. Die Förderung
umweltfreundlicher Investitionen, das heißt von Investitionen zur Vermeidung von Geruchs-, Staubund Lärmbelästigung, wird fortgesetzt.
Für den Bau von Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen werden 85 Millionen
Schilling an Förderungsmitteln bereitgestellt. Für die Kapitalaufstockung der NÖSIWAG sind 40
Millionen Schilling erforderlich. Der Betrag des Landes an den Wasserwirtschaftsfonds macht 83
Millionen Schilling aus. Ich glaube aber, daß jeder Schilling, der in den Umweltschutz investiert wird,
eine Verpflichtung gegenüber unseren Kindern erfüllt.
Niederösterreich ist nach wie vor das größte Agrarland Österreichs. Unsere Bauern sichern trotz aller
Wettbewerbsnachteile die Lebensmittelversorgung unserer Bevölkerung weit über die Grenzen des
Bundeslandes hinaus und sind Bewahrer unserer Erholungslandschaft. Die besondere Förderung der
Landwirtschaft ist daher ein allgemein gesellschaftspolitisches Anliegen. Dieser Wirtschaftszweig hat
durch den Ausschluß aus dem EG-Raum, strukturbedingte höhere Betriebskosten als in den
Nachbarländern und die sicher nicht optimale Landwirtschaftspolitik der Bundesregierung mit enormen
Schwierigkeiten zu kämpfen.
Obwohl der Bund zweckgebundene Mittel aus der Importabgabe zur Verfügung hat und hier eine klare
Bundeskompetenz gegeben ist, werden die Länder zur Mitfinanzierung der Exportförderung
gezwungen. Dies führt insbesondere bei der Förderung des Viehexportes zu schwersten Belastungen
der Länderhaushalte. Heuer sieht sich das Land veranlaßt, aus diesem Titel nachträglich noch 30
Millionen Schilling bereitzustellen.
Im Voranschlag des nächsten Jahres sind für den Sektor der Landwirtschaft 346 Millionen Schilling
präliminiert. Für das land- wirtschaftliche Schulwesen, einschließlich des landwirtschaftlichen
Schulbaues, jedoch ohne Bezüge der landwirtschaftlichen Lehrer kommen weitere 185 Millionen
Schilling dazu, 81- so insgesamt 531 Millionen Schilling. (Beifall bei der ÖVP.)
Und nun zu einigen weiteren Budgetkapiteln. Es wird immer schwerer, wichtige Förderungssparten,
wie die Industrie, die gewerbliche Wirtschaft, den Fremdenverkehr, die Kultur und den Sport,
halbwegs zufriedenstellend zu dotieren. Die Ursache liegt im Neuzuwachs von Aufgaben der
Landesverwaltung, den unabdingbaren Ausgaben auf Grund gesetzlicher Verpflichtungen, den rasch
steigenden Energiekosten, die wieder primär auf die unverhältnismäßig angestiegenen Ölpreise
zurückzuführen sind, aber auch im Ansteigen der Tarife für Post, Telefon und öffentliche
Verkehrsmittel begründet. Nicht zuletzt engt die steigende Schuldenlast den Ermessensspielraum bei
den frei verfügbaren Förderungsmitteln erheblich ein.
Sicher wird das niederösterreichische Kulturbewußtsein durch spektakuläre Glanzleistungen, wie die
über alle Maßen erfolgreiche, Joseph 11. gewidmete Ausstellung im Stift Melk kräftig gestärkt. Die
Kulturarbeit muß jedoch primär auf eine möglichst intensive, der Größe des Landes adäquate
Breitenstreuung bedacht sein, was natürlich nur mit entsprechenden finanziellen Mitteln bewerkstelligt
werden kann.
Das Ansteigen des Kulturbudgets hält mit der Ausweitung des Gesamtbudgets im nächsten Jahr
Schritt, wenn auch Mittel für eine besondere Kulturoffensive nicht bereitgestellt werden können.
Es ist erfreulich zu hören, daß das Niederösterreichische Tonkünstlerorchester erst kürzlich eine sehr
erfolgreiche Amerikatournee absolviert hat. Das Unterrichtsministerium honoriert diese sicher
wirkungsvolle Propaganda für ganz Österreich eher schlecht. Seit Jahrzehnten ist die
Bundessubvention für das Orchester bei 3 Millionen Schilling eingefroren. Niederösterreich wendet,
wiewohl es keine Landeshauptstadt und kein eigenes Opernhaus hat, 41,5 Millionen Schilling oder
fast 20 % des gesamten Kulturbudgets für das Symphonienorchester auf! Das sind Tatsachen!
Der Sportförderungsetat hält sich mit über 48 Millionen Schilling etwa auf dem Niveau des Jahres
1980. Leider war es nicht möglich, dem neuen Sportreferenten der Landesregierung ein besonderes
Einstandsgeschenk zu machen. Die durch das Erträgnis des Kultur- und Sportstättenschilling
angereicherten Sportgelder werden auch im nächsten Jahr die schwerpunktmäßige Förderung,
insbesondere des im Interesse der Jugenderziehung und einer sinnvollen Freizeitgestaltung
gelegenen Breitensportes ermöglichen.
Einen unvermeidbaren Schwerpunkt des Budgets jeder Gebietskörperschaft bildet der
Personalaufwand. Wie schon mehrfach in vergangenen Jahren waren auch heuer zur Zeit der
Budgeterstellung Gehaltsverhandlungen im öffentlichen Dienst im Gang, ohne daß ein Ergebnis
bereits greifbar gewesen wäre.
Mit einer Vorsorge von 6 % liegt die Schätzung nur 0,2 % unter dem inzwischen bekanntgewordenen
Verhandlungsergebnis. Die Regelung tritt mit 1. Jänner 1981 in Kraft. Zur Verbesserung des
Einkommens der sogenannten ,,kleinen" Gehaltsempfänger wird jedoch noch an einer Änderung des
Besoldungsschemas gebastelt. Diese Regelung wird in drei Etappen wirksam werden, wobei die erste
Etappe am 1. Juli nächsten Jahres in Kraft treten soll. Die möglichst genaue Einschätzung der
Personalkosten ist deswegen für das Land so wichtig, weil sie immer auch einen wesentlichen Faktor
in der Festsetzung der Verpflegskosten bzw. der Pflegegebühren der verschiedenen Landesanstalten
bilden. Wird dieser Faktor zu niedrig angesetzt, hat das Land neben den höheren Personalkosten
auch noch den Entgang entsprechend höherer Kostenersätze in Kauf zu nehmen.
Unter Berücksichtigung aller vorhersehbarer Faktoren werden die Personalausgaben im Voranschlag
des Landes im Jahre 1981 mit 3,7 Milliarden Schilling angenommen, das sind 24,14 % der
ordentlichen Ausgaben. Die Steigerung gegenüber dem Vorjahr beträgt 9,6 %. Der über der
Bezugserhöhung liegende Prozentsatz ergibt sich durch die Erhöhung der Familienbeihilfen, durch die
Übernahme der Heilstätte Grimmenstein, die Einstellung von Personal für die Pensionistenheime und
im Straßendienst sowie aus der Vorsorge für Bezugsverbesserungen durch Beförderungen und
Vorrückungen.
Für die Landeslehrer werden fast 3,3 Milliarden Schilling präliminiert, was einer Steigerung von 11,9 %
gegenüber 1980 entspricht. Diese Aufwendungen werden zum überwiegenden Teil aber vom Bund
refundiert.
Dennoch ist der Anteil der Personalausgaben in Relation zum Sachaufwand relativ günstig.
Um dieses Kapitel mit einem erfreulicheren Thema als den Sorgen über ständig steigende
Personalausgaben abschließen zu können, sei noch auf die Raumordnung verwiesen. Ihr
Budgetanteil steigt um nur etwa 800.000 Schilling auf 65,5 Millionen Schilling und trägt damit der
restriktiven Bundgetpolitik vorbildlich Rechnung. Die Aufgaben der Raumordnung sind jedoch nicht
geringer geworden.
Ich habe in den vergangenen Jahren mehrmals in der Budgetdebatte darauf hingewiesen, daß mit
Hilfe der Raumordnung und der Regionalplanung der Voranschlag des Landes auf besondere
Schwerpunkte ausgerichtet wird. In diesem Zusammenhang verdienen heuer vor allem die
Neufassungen der Raumordnungsprogramme für Gewerbe und Industrie und für das
Gesundheitswesen Erwähnung, die sich derzeit im Begutachtungsverfahren befinden.
Das Raumordnungsprogramm für Gewerbe und Industrie soll die Wirtschaftsförderung des Landes
noch stärker als bisher den regionalen Erfordernissen anpassen und dafür Sorge tragen, daß durch
finanzielle Anreize die Investitionstätigkeit dort stärker stimuliert wird, wo entweder Arbeitsplätze
fehlen oder bestehende Arbeitsplätze gefährdet sind.
Das neue Gesundheitsraumordnungsprogramm verfolgt das Ziel, eine möglichst große Streuung von
Standorten, an denen praktische Ärzte ihren Sitz haben, zu erreichen. Die mit der Ärztekammer und
den Sozialversicherungsträgern ausgehandelten Standorte befinden sich in 390 Gemeinden, das sind
um 41 mehr als im alten Raumordnungsprogramm.
Die erheblich verbesserte Versorgungssituation bei den praktischen Ärzten ermöglicht es auch, bei
der Festlegung der erforderlichen Betten der Krankenanstalten besonders rigorose Maßstäbe
anzulegen. Das bei der Erstellung des 1. Raumordnungsprogrammes vorhandene Versorgungsdefizit
bei den Landärzten und die damaligen Schwierigkeiten bei seiner Behebung führten ja dazu, daß man
bei der Ausweitung von Spitalsbetten etwas großzügiger vorging, um die Spitäler in die Lage zu
versetzen, auf Grund der fehlenden praktischen Ärzte eine Art Notstandshilfe zu gewähren. Heute ist
dies Gott sei Dank nicht mehr erforderlich, denn in den letzten sechs Jahren hat sich die Anzahl der
praktischen Ärzte in diesem Bundesland um 600 vermehrt. Dazu kommt, daß uns die Kostenexplosion
auf dem Spitalssektor zwingt, die Bettenzahlen äußerst genau auf die tatsächlichen Bedarfswerte zu
reduzieren.
Der Raumordnung und Regionalplanung kommen in zunehmendem Maße neben der Koordination
und Konzeption von Zielen und Maßnahmen im eigenen Wirkungsbereich des Landes neue
Funktionen zu:
Eine Aufgabe, wie sie in der angelsächsischen Welt mit dem Begriff ,,Advokatenplanung" bezeichnet
wird. Die niederösterreichische Raumordnung und Regionalplanung hat Advokatenplanung im
Interesse des Landes und seiner Regionen gegenüber dem Bund zu betreiben. In diesem
Zusammenhang möchte ich auf die Bemühungen um das Zustandekommen eines Übereinkommens
nach Artikel 15a B-VG auf den Erfolg bei der Verwirklichung der Waldviertler Sonderförderungsaktion
oder auf die Zusage nach Aufnahme einer neuen Donaubrücke bei Pöchlarn in das
Bundesstraßengesetz verweisen.
Schließlich kommt der Raumordnung und der Regionalplanung in verstärktem Maße auch die Aufgabe
zu, die Selbsthilfe in den einzelnen Regionen dieses Landes zu stimulieren. Eine wirkungsvolle
Regionalpolitik erfordert ja neben dem notwendigen Kapitaltransfer auch einen Informationstransfer.
Die Bemühungen um eine verstärkte Innovationsförderung versuchen dieser Aufgabenstellung mit
Nachdruck zu entsprechen.
Hoher Landtag! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die prekäre finanzielle Lage der Gemeinden
in unserem Land und in Österreich ist notorisch. Daß das kein auf Niederösterreich beschränktes
Spezifikum ist, sondern eine österreichweite Krankheit, gibt wenig Trost. Der Schuldenstand der
niederösterreichischen Gemeinden wird heuer 14 Milliarden Schilling erreichen, wobei für den
Schuldendienst bereits mehr als ein Viertel der Steuereinnahmen aufgebracht werden muß. Daß da
auch notwendige Investitionen zurückgestellt werden müssen, liegt auf der Hand. Da die Gemeinden
andererseits der größte Investor dieses Landes sind, gewinnt dieses Problem besondere Bedeutung.
In besonderer Berücksichtigung dieser Situation fließen im nächsten Jahr den Gemeinden
Niederösterreichs direkt oder indirekt wieder mehr als 1,6 Milliarden Schilling zu. Nicht berücksichtigt
sind hiebei die Bedarfszuweisungen. Außerdem kommen bekanntlich auch die Landesbeiträge an den
Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds und an den Wasserwirtschaftsfonds in der Höhe von 193
Millionen Schilling zum überwiegenden Teil den Gemeinden zugute.
Zuletzt möchte ich noch einen kurzen Rückblick und Ausblick geben. Dieser Voranschlag wird der
letzte sein, den ich namens der Landesregierung die Ehre habe, dem Hohen Haus vorzulegen. Aus
diesem Anlaß scheint zunächst ein kurzer Rückblick über 14 Budgetjahre angebracht. Wir waren seit
dem Jahr 1968, in dem ich mein erstes Budget erarbeitet habe, mit allen Facetten der Budgetpolitik
von der Hochkonjunktur bis zur Rezession konfrontiert. Die in den Zeiten der Hochkonjunktur
angesammelten und damals oft heftiger Kritik der sozialistischen Fraktion dieses Hauses
ausgesetzten Reserven kamen dem Lande bei der Mitte der 70er Jahre einsetzenden Rezession sehr
zustatten, denn ab diesem Zeitpunkt mußte ein stetiges Ansteigen der Abgänge im Landeshaushalt
registriert werden. Im Jahre 1981 wird diese Entwicklung erstmalig abgestoppt. Ob eine Fortsetzung
dieses Trends zu erwarten ist, kann man schwer sagen. Ich wünsche es jedenfalls dem künftigen
Finanzreferenten.
Die Gesamtausgaben des Budgets für das Jahr 1968, des ersten Budget, das ich zu vollziehen hatte,
betrugen nicht ganz 3,3 Milliarden Schilling. Für das Jahr 1981 sind Ausgaben in der Größenordnung
von fast 19,8 Milliarden Schilling, also um 16,5 Milliarden Schilling mehr oder sechsmal so viel
präliminiert.
Der Abgang betrug 1968 300,7 Millionen Schilling und wird 1981 1,98 Milliarden Schilling betragen.
Absolut eine enorme Steigerung, im Prozentsatz zum Budgetrahmen jedoch fast gleich.
In der Zeit meiner Budgetbewirtschaftung wurde die Veranlagung nicht sofort benötigter oder
gebunden zu haltender Gelder grundlegend geändert. Lagen diese Gelder bei meiner Übernahme
vorwiegend auf ertragslosen Postscheckkonten, werden sie nunmehr teils relativ kurzfristig bei
verschiedenen Geldinstituten in Niederösterreich und Wien veranlagt. Die pflichtmäßig längere Zeit zu
haltenden Geldreserven werden langfristig zu entsprechend höherer Verzinsung gebunden oder hiefür
Pfand- und Kommunalbriefe gekauft.
In den jährlichen Zinsenerträgen spiegelt sich der Effekt dieser Veranlagungspolitik wieder. So
betrugen die Zinsenerträge der Geldreserven des Landes laut dem Rechnungsabschluß für das Jahr
1967 rund 15.3 Millionen Schilling. Schon ein Jahr darauf wurde ein fast doppelt so hoher
Zinsenertrag erzielt. Heute wird ein Vielfaches der seinerzeitigen Zinsenerträge lukriert, was jedoch
nur zum Teil in der fortschreitenden Geldverdünnung begründet liegt.
Die Schwerpunkte der Investitionen aus Landesmitteln lagen in all den Jahren bereits immer bei der
Wohnbauförderung, beim Schul- und Kindergartenbau, in der Sozialhilfe, bei den Krankenanstalten
und beim Landesstraßenbau. In den letzten Jahren fanden aber immer mehr auch die Raumordnung,
der Umweltschutz, die Arbeitsplatzsicherung und die Arbeitnehmerförderung, die Förderung der
Wirtschaft sowie auch die Landwirtschaft einen schwerpunktmäßigen Niederschlag im Landesbudget.
Die hier zum Einsatz gelangenden Mittel nahmen von Jahr zu Jahr, und das nicht etwa nur
inflationsbedingt, sondern auch wegen ihrer besonderen Bedeutung, progressiv zu.
Reformen und Rationalisierungsmaßnahmen haben sichtbar mit dem Jahre 1970 in diesem Lande
eingesetzt. Damals wurden in der gesamten Landesverwaltung die Bargeldein- und -auszahlungen
eingestellt und der zeitgemäße und wesentlich risikofreiere bargeldlose Zahlungsverkehr eingeführt.
Eine gewaltige Umstellung brachte die Durchführung der Verordnung des Bundesministeriums für
Finanzen vom 15. Juli 1974, mit der Form und Gliederung der Voranschläge und
Rechnungsabschlüsse der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände einheitlich geregelt wurden.
Damit hat das Zeitalter der EDV-gerechten Voranschläge und Rechnungsabschlüsse begonnen. Der
Landesvoranschlag und der Rechnungsabschluß waren darnach erstmalig für das Jahr 1976 über
eine elektronische Datenverarbeitungsanlage zu erstellen und Iaufend fortzuführen. Dies erschließt
nunmehr die Möglichkeiten und Vorteile der elektronischen Datenverarbeitung auch bei der
Bewirtschaftung des Landeshaushaltes. Fehlerquellen, die die händische Berechnung in sich schließt,
sind weitgehend ausgeschaltet. Rasche Änderungen sind möglich, alle gewünschten Daten können
sofort abberufen werden. Rasche statistische Auswertungen und optimale Vergleichbarkeit mit den
Voranschlägen und Rechnungsabschlüssen der anderen Gebietskörperschaften sind gegeben.
Als letzter Schritt im Zuge dieser Reform erfolgt nunmehr mit 1. Jänner 1981 die Umstellung auf die
Mehrphasenbuchhaltung, deren Wesen ich schon eingangs erklärt habe. Die Führung eines
Finanzressorts galt immer als eine schwierige und unangenehme, wie ich aber bestätigen kann, auch
faszinierende Aufgabe. Besonders, wenn man davon überzeugt ist, die dem Finanzressort
anvertrauten Gelder immer bestmöglich eingesetzt zu haben. Ich bin überzeugt, meinem Nachfolger
geordnete Finanzverhältnisse in diesem Lande übergeben zu können. (Beifall bei der ÖVP)
Zum Abschluß dieser Einbegleitung zum nächstjährigen Voranschlag des Landes Niederösterreich
möchte ich allen Mitarbeitern am Budget herzlichen Dank sagen. Besonders dem Leiter der
Finanzabteilung, Vortr. Hofrat Dr. Riemer, ferner Wirkl. Hofrat Dr. Höbart, Inspektionsrat Krebs und
Oberrechnungsrat Pichler sowie allen Bediensteten der Finanzverwaltung und Buchhaltung.
Wesentlicher Anteil an der richtigen und zeitgerechten Erstellung des Ziffernoperates hatte wieder die
Datenverarbeitung. Dieser unter der Leitung des Präsidialvorstandes, Vortr. Hofrat Dr. Mayer,
stehenden Dienststelle ist größtes Lob für ihre Präzision auszusprechen. Zu danken ist wie immer
auch der hauseigenen Druckerei und Buchbinderei, die für schönes Schriftbild und sauberes
Aussehen des Werkes verantwortlich zeichnen.
Herzlichen Dank auch den Regierungskollegen, die wieder besonderes Verständnis für die
begrenzten Möglichkeiten, durchaus berechtigte Wünsche zu erfüllen, gezeigt haben. Den Mitgliedern
des Finanzausschusses ist für die sorgfältige und objektive Arbeit in der Ausschußberatung zu
danken.
An den Herrn Präsidenten des Landtages ergeht nun die Bitte, die Debatte über die Budgetvorlage zu
eröffnen. (Beifall im Hause.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Ich eröffne die Generaldebatte und erteile als erstem Redner dem
Herrn Abg. Lechner das Wort.
Abg. LECHNER: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hoher Landtag! Der
Finanzreferent des Landes Niederösterreich, noch Finanzreferent, hat im Vorjahr in seiner
Einbegleitungsrede darauf hingewiesen, wie sehr dieses Jahrhundert die Welt und das Leben der
Menschen verändert hat, wie sehr die Entwicklung in dieser Welt auch die Menschen verunsichert und
hat weiters darauf hingewiesen, daß wir Problemen gegenüberstehen, deren ungeheure Dimension
noch gar nicht erkannt bzw. erst in den Konturen erkennbar ist. Diese Aussage im Dezember 1979
könnte genauso gut heute Thema der Einbegleitungsrede des Finanzreferenten gewesen sein, nur mit
dem Zusatz, möchte ich sagen, daß ein Teil dieser Konturen, die er im Vorjahr aufgezeigt hat,
praktisch bereits im Jahre 1980 verschiedentlich eine sehr feste Gestalt angenommen haben.
In der Wirtschaftsentwicklung, der Herr Finanzreferent hat darauf hingewiesen, müssen wir leider
erkennen, daß sich die Lage in dieser Welt merklich verschlechtert hat. Industrieländer erwarten laut
Prognose der Wirtschaftsforschung für das Jahr 1980 und auch für das Jahr 1981 lediglich ein
Wirtschaftswachstum von 1. % Die Arbeitslosigkeit erreicht in Westeuropa jene der Rezession von
1975 um etwa die Hälfte, in den EG-Staaten sind derzeit nahezu 7 Millionen Arbeitslose und in den
USA ist mit etwa 8 Millionen der Höchststand des Jahres 1975 erreicht. Die jüngste Entwicklung,
meine Damen und Herren, in der Weltwirtschaft ist derzeit wieder geprägt von einer starken
Energiepreiserhöhung, sodaß für die Industriestaaten zu den schon bestehenden Problemen
zwangsläufig neue hinzukommen. Ich möchte dazu sagen, die Stahlkrise, die weltweite Stahlkrise, ist
vielleicht ein Ausdruck dafür.
Ich habe, meine Damen und Herren, diese Ausführung in diese eher düstere Atmosphäre nicht
deshalb getan, um den uns Österreichern zugeschriebenen Optimismus etwa herabzuschrauben,
sondern deshalb, weil uns bewußt sein sollte, wie sehr es gerade im kommenden Jahr darauf
ankommt, in allen Sparten der Politik, in der Kommunal-Landes: und Bundespolitik, immer wieder
neue Wege zu suchen, neue Initiativen zu setzen, um dem Trend, der sich heute abzeichnet, der in
Österreich im Jahre 1974 erfolgreich bekämpft werden konnte, entgegenzuwirken.
Wenn wir auch die Grenzen, sie sind verhältnismäßig eng, des Budgets des Landes erkennen
müssen, wenn wir als Staat in diesem komplizierten Räderwerk der Weltwirtschaft tatsächlich nur ein
kleinstes Rädchen sind, so sind wir uns doch bewußt, daß wir die Verwendung der uns zur Verfügung
stehenden Mittel, sie werden im Budget offenbar, verantwortungsbewußt, rationell und in der Form
einzusetzen haben, daß damit besonders im Hinblick auf die Entwicklung der Wirtschaft der
größtmögliche Effekt zu erzielen ist, daß der Einsatz, wie wir so oft erklärt haben, in ganz besonderer
Weise für die Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen der Menschen in allen Landesteilen
Verwendung findet. Das bezieht sich aber auch auf die Erhaltung, Sicherung und Schaffung von
neuen Arbeitsplätzen, auf die verstärkte und differenzierte Förderung von Investitionen für die
Wirtschaft, bezieht sich aber genauso auf die Sozial-, Schul-, Kultur- Gesundheits-, Wohnbau- und
Verkehrspolitik.
Inwieweit, meine Damen und Herren, das Budget des Landes 1981 diesen Anforderungen gerecht
wird, werden die Abgeordneten des Hauses in diesen Tagen nach bestem Wissen und Gewissen zu
prüfen haben. Wir sind uns dabei bewußt, daß auf Grund der bestehenden Finanzverfassungs- und
Finanzausgleichsgesetze die Einnahmen der Länder - der Landesfinanzreferent hat das ja betont -,
ich gebe auch noch die Einnahmen der Gemeinden hinzu, von der Finanz- und Wirtschaftspolitik des
Bundes abhängig sind. Wenn wir die Entwicklung dieser Einnahmen einer kurzen Betrachtung
unterziehen, so sind die Überweisungen des Bundes an Länder und Gemeinden in den vergangenen
Jahren mit wenigen Ausnahmen verhältnismäßig reichlich geflossen.
Wenn wir nämlich die Entwicklung der Ertragsanteile gegenüberstellen, so können wir ohne Prophet
zu sein, nach den Schätzungen des Landesfinanzreferenten feststellen, daß mit Ausnahme des
Rechnungsabschlusses 1974, wo das Land 665 Millionen Schilling Ertragsanteile eingenommen hat,
im Jahre 1981 die zweithöchsten Einnahmen an Ertragsanteilen zu erwarten sind, nämlich etwa 580
Millionen Schilling. Es ist daher für mich nicht ganz wenn man hier am 19. November Ihre Worte hören
konnte bzw. die Landeskorrespondenz schreibt: ,,Ludwig unterstrich gestern vor Pressevertretern die
Tatsache, daß trotz aller Schwierigkeiten, bedingt durch relativ schwach fließende Einnahmen und
rapid steigende Ausgaben und so weiter.. ."
Herr Landesfinanzreferent, hier, glaube ich, sind Sie wieder ein bißchen Pessimist gewesen. Ich habe
aber Verständnis dafür, daß ein Landesfinanzreferent immer mehr Einnahmen haben will, als er
erwarten kann. Meine Damen und Herren! Ich möchte hier nur noch aufzeigen, daß auch die
Landesumlage eine sehr schöne Steigerung auf 468 Millionen Schilling erfährt, und das ist für alle, die
wir mit der Kommunalpolitik zu tun haben, immer ,der Wermutstropfen. Wir können also erklären, daß
auch im Jahre 1981 gute Einnahmen für das Land erwartet werden. Das Budget weist einen
Ausgabenrahmen von 19,79 Milliarden Schilling aus, geschätzte Einnahmen von 17,8 Milliarden
Schilling; das entspricht einer Steigerung an Ausgaben von etwa 7,43%.
Hier, meine Damen und Herren, gibt es bei den Aussagen der verschiedenen ÖVP- Politiker die
ersten Widersprüche. Auf der einen Seite möchte der Landesfinanzreferent noch mehr Ertragsanteile
für das Land, bei den verschiedenen Reden in Wirtschaftskreisen hört man auch immer wieder von
der Steuerverdrossenheit, hört man davon, wie sehr die Wirtschaft überfordert wird; man spricht von
Steuerabbau und meint die Getränkeabgabe, meint eventuell die Lohnsummensteuer; spricht davon,
ob die Gewerbesteuer überhaupt noch eine Berechtigung hätte, und muß also zur Meinung gelangen,
na ja, auf der einen Seite mehr Einnahmen, es können gar nicht genug sein, und auf der anderen
Seite ein gewisses Doppelspiel, von der Regierung mehr Einnahmen zu erwarten, die auch wieder nur
durch die verschiedenen Steuern hereingebracht werden können.
Insofern hat es ja ein Landesfinanzreferent wesentlich leichter als der Finanzminister des Bundes,
denn der ist der Steuereintreiber, und der Finanzreferent des Landes hat eigentlich zum Großteil die
angenehme Aufgabe zu kassieren. Es ist sicher das Recht der Opposition, meine Damen und Herren,
zu kritisieren und auch die gerechte Aufteilung der Steuern in Frage zu stellen. Eines aber muß
festgehalten werden: daß gerade die Vertreter jener Interessengemeinschaften, deren Mitglieder die
größten Steuerbegünstigungen in Anspruch nehmen, am meisten von Steuerungerechtigkeit und
Steuerdruck reden. Der Herr Landesfinanzreferent hat sich in derselben Sache, die ich betrachte,
auch der Aussage eines sozialistischen Wissenschaftlers bedient.
Herr Landeshauptmannstellvertreter! Auch ich würde in der Aussage eines ÖVP-Wissenschaftlers
etwas finden, was ich für mich verwenden könnte. Sie haben wahrscheinlich lange nachzulesen
gehabt, um hier doch ein bißchen an die Realität zu kommen. Wenn man die Steuer- und
Sozialversicherungsbeiträge in Prozenten zum Bruttonationalprodukt aus dem Jahre 1977 aus der
Quelle Bundesministerium für Finanzen aus Bonn hier zitiert, so liegen die Steuern, in Prozenten vom
Bruttonationalprodukt ausgedrückt, in Österreich mit 25,4 im Vergleich zu Frankreich mit 24,
Luxemburg mit 29,5, Belgien mit 29,8, Dänemark mit 43,4, Norwegen 33,9, Niederlande 30,
Schweden 38 und Deutschland mit 24,5 absolut im Mittelfeld, im Mittelfeld dieser von mir aufgezählten
Staaten und die Sozialversicherungsbeiträge betragen 15,3 %. (Abg. Dr. Bernau: Nicht mehr seit dem
letzten Nationalratsbeschluß!) 1979, Herr Dr. Bernau, ich habe es betont. (Abg. Dr. Bernazi: Waren
wir! Aber jetzt ist es vorbei! ist ja schon beschlossen!)
Meine Damen und Herren! Ich habe die Zahl 1979 genannt, das Jahr 1980 ist noch nicht
abgeschlossen, Herr Dr. Bernau, und wenn wir jetzt mit der neuen Version, Herr Dr. Bernau, auch
einen anderen Prozentsatz erreichen, so darf ich Sie beruhigen, auch bei den anderen Ländern wird
sich dieser sogenannte, von Ihnen ganz besonders zum Ausdruck gebrachte Steuerdruck genauso
erhöhen wie in Österreich. Da wir bei den Gemeinden ein bißchen unzufrieden sind und das Land
über den Aufteilungsschlüssel der Erträge an öffentlichen Abgaben immer am Bund Kritik übt, auch
dazu, meine Damen und Herren, ein Wort.
Wir haben im Jahre 1981 einen Gesamtabgabenertrag von 261 Milliarden Schilling zu erwarten. Der
Bund nimmt für sich 61,53 % in Anspruch, Herr Präsident Reiter! Ich darf Ihnen die Zahl sagen, damit
auch klar wird, daß der Bund in den Jahren 1960-1969 65,70% für sich in Anspruch genommen hat.
Wir wollen da einmal Klarstellungen treffen.
Die Länder haben jetzt 19,38%, in den Jahren 1960-1969 gab es einen Schlüssel für die Länder von
15,43 %, Herr Landesfinanzreferent, lediglich die Gemeinden sind jetzt etwas schlechter daran mit
13,0476. Von 1970 bis 1979 hatten die Länder einen Anteil von 19,33, jetzt von 19,38 und in der
Alleinregierung der ÖVP und in der Koalitionsregierung hatten die Länder nur einen Anteil von
15,43%. Das muß hier auch einmal gesagt werden, damit man die Illusionen zerstreut. (Beifall bei der
SPÖ.)
Ich möchte nicht unerwähnt lassen, meine Damen und Herren, daß das Organ der
Niederösterreichischen Handelskammer bei den Aussagen über die Steuerquote, ich möchte fast
sagen Pionierarbeit leistet; Schwarzmalerei, Katastrophenmeldungen in bunter Reihenfolge. Ich muß
das einmal erwähnen, denn wenn das, was das Organ einer gesetzlichen Interessenvertretung in den
Jahren an Schriften und Aufsätzen herausgegeben hat, Wirklichkeit geworden wäre, meine Damen
und Herren, wäre Österreich längst von der Erdoberfläche verschwunden! In Wirklichkeit muß man
sich fragen, ob das Organ einer gesetzlichen Interessenvertretung - hier gibt es ja Pflichtbeiträge und
nicht lauter Wirtschaftsbundmitglieder sind darin vertreten -, ob sich die Niederösterreichische
Handelskammer ihrer Verantwortung bewußt ist. Alle jene, meine Damen und Herren, die für die
Herausgabe dieser Schriften verantwortlich sind, sollten einmal zur Kenntnis nehmen, daß unsere
Wirtschaft seit Jahren im Vertrauen auf die Politik in diesem Staate mit größtem Optimismus wirkt, und
der Erfolg schlägt sich in sehr eindrucksvoller Weise in den steigenden Exportziffern und auch in der
Inanspruchnahme jener reichlich fließenden Förderungsmittel für Investitionen nieder, jenen
Förderungsmitteln, die es in der ÖVP-Regierung vor 1970 in sehr, sehr bescheidenem Ausmaß
gegeben hat.
Meine Damen und Herren! Wir sind nicht gegen Kritik, wir sind nicht gegen berechtigte Forderungen,
wir sind aber dagegen, daß man aus parteipolitischen Gründen Unsicherheit und
Katastrophenstimmung erzeugt. Wie sind denn die Tatsachen? Die österreichische
Wirtschaftsentwicklung hebt sich auch in diesem Jahr sehr deutlich von der Entwicklung in der Welt
ab. Wir haben, zum Unterschied von den meisten anderen Ländern, Vollbeschäftigung, reales
Wirtschaftswachstum und relative Preisstabilität. Das reale Wachstum wird voraussichtlich 1980 3,5 %
betragen. Die österreichische Exportfinanzierung, meine Damen und Herren, zählt zu den am besten
ausgebauten Systemen der Welt, und es heißt hier, sie sei nur in Teilbereichen verbesserungsfähig.
Das wurde nicht etwa von irgendeinem sozialistischen Politiker gesagt, sondern geschrieben in dem
Buch ,,Die österreichische Wirtschaft in den 80er Jahren" - sonst ruft der Abg. Romeder wieder, wo
nachzulesen? - von Hans Seidel und Helmut Kramer, erschienen im Fischer-Verlag zu Stuttgart.
Meine Damen und Herren! Auch der Fremdenverkehr hat sich durch die Zahl der
Ausländernächtigungen wesentlich verstärkt. Der Produktionszuwachs in den ersten sieben Monaten
erreichte ein Plus von 6,5% gegenüber dem Vorjahresstand und die Investitionen der Industrie werden
in diesem Jahr auf fast 34 Milliarden Schilling ansteigen. So unterscheidet sich, meine Damen und
Herren, die Entwicklung Österreichs von den übrigen Industriestaaten. Das sind nämlich die
Tatsachen, und so ist es dieser Bundesregierung immer wieder gelungen, dem negativen Trend
entgegenzuwirken.
Hoher Landtag! Wir anerkennen sicher die Leistung der Wirtschaft. Wir anerkennen auch den Fleiß
der Bevölkerung dieses Staates. Voraussetzung für diesen Erfolg ist aber eine moderne und
fortschrittliche Wirtschaftspolitik, eine moderne und fortschrittliche Politik, für die seit 1970 eine
sozialistische Bundesregierung verantwortlich zeichnet. Meine Da- men und Herren von der Rechten!
Ob es Ihnen paßt oder nicht, es ist so! (Beifall bei der SPÖ.)
Wir verkennen gar nicht die Tatsache, daß die Unsicherheit in der Wirtschaftsentwicklung weltweit
zugenommen hat durch den gesteigerten Ölpreis und die ungünstige Entwicklung der Leistungsbilanz.
Österreich wird heuer etwa 49 Milliarden Schilling für Energieimporte aufzubringen haben; die
Energieimporte sind genau 57 % des Handelsbilanzdefizits. Wenn wir heute, meine Damen und
Herren, von einer Energiekrise sprechen, so muß man sich doch immer wieder die Haltung der
Österreichischen Volkspartei vor Augen führen, die Linie dieser Partei, man könnte sie mitunter auch
Wellenlinie nennen, oder heute wird draußen oft gesagt man hat die Kurve gekratzt. Wenn man
bedenkt, wie positiv hier verschiedene ÖVP-Politiker geredet haben: sie waren nicht zufrieden mit
,,einem" Kernkraftwerk, sondern es sollte sogar über ihre Initiative auch noch ein zweites in
Niederösterreich errichtet werden.
Meine Damen und Herren! Ich möchte keine Energie- keine Kernenergiediskussion beginnen, sie wird
sicher im Parlament stattfinden, aber eines sollten wir doch sehr klar zum Ausdruck bringen. Es soll
festgehalten werden, daß die weitere Wirtschaftsentwicklung nicht nur in Österreich ganz beträchtlich
von der zur Verfügung stehenden Energie abhängig sein wird, neben all den Produkten mit denen sich
die Forschung beschäftigt; Energiegewinnung aus landwirtschaftlichen Produkten und so weiter, all
das steckt in den Kinderschuhen. Wir werden uns vor allem mit dem Bau von weiteren
Flußkraftwerken, Wasserkraftwerken, auch Kleinkraftwerken, zu beschäftigen haben.
Ich bin mir bewußt, meine Damen und Herren, daß jedes dieser Projekte in irgendeiner Form mit
Landschaft, Umwelt, zu tun hat, und wir sind sehr in Sorge - ich möchte das offen sagen -, wenn heute
bei allen werbenden Projekten von vornherein aus irgend welchen Gründen einzelne Vereine und
Interessengruppen sofort gegen diese Kraftwerksbauten Protest erheben. Ich glaube, bei allen
Rechten, die dem Staatsbürger zustehen, müssen wir - das sollte doch einmal ein sehr klares Wort
sein - die Situation so sehen, daß manchmal einer Minderheit die schweigende Mehrheit
gegenübersteht, und bei aller Achtung vor dem Recht des einzelnen wird es einfach darum gehen, da
und dort diese Projekte zu verwirklichen. Ich glaube, Grundsatz für diese Politik in Niederösterreich
müßte es auch sein, daß diese Kraftwerke unter besonderer Berücksichtigung der Umwelt, der Natur
gebaut werden.
Grundsatz sollte also nicht sein, wie verhindere ich diesen Kraftwerksbau, sondern was muß getan
werden, damit die Natur, die Umwelt, in größtmöglichem Ausmaß geschont wird. Das erscheint mir
der einzig gangbare Weg, vielleicht auch der, daß die Projektanten und jene Gesellschaften, die
Aufträge für Projekte erteilen, doch die Naturschutzfachleute schon beim Werben für dieses Projekt
zur Mitarbeit einladen.
Meine Damen und Herren! Österreich wird sich von der weltwirtschaftlichen Entwicklung nicht gänzlich
absondern können. Wir sind Partner in der Wirtschaft. Da stellt sich nun auch im Lande
Niederösterreich für uns die Frage, in welcher Form und in welcher Höhe das Land in den letzten
Jahren der Wirtschaft Förderungsmittel zugeführt hat unter besonderer Berücksichtigung der
Problemgebiete, des Grenzlandes und der regionalen Verhältnisse sowie der raumordnerischen
Grundsätze, von denen die ÖVP praktisch in den letzten Jahren - man hat diesen Eindruck auch in der
Rede des Herrn Landeshauptmannstellvertreters Ludwig gehabt - das Allheilmittel erwartet.
Ich glaube, von den 40 Milliarden Schilling, die da einmal aufgetaucht sind, redet heute niemand
mehr. Sie haben erkannt, daß die Fortschreibung von Zahlen aus dem Voranschlag nicht den
erwarteten Niederschlag findet, und man redet heute besser nicht mehr von dieser Amtshausmilliarde.
Im wesentlichen hat sich in Niederösterreich in der Wirtschaftsförderung nicht sehr viel geändert.
Landeshauptmann Maurer hat einmal von 14 maßgeschneiderten Wirtschaftsförderungsaktionen
gesprochen. Er hat allerdings nicht dazugesagt, daß ein großer Teil der Gesuchsteller sehr lange
warten muß, wenn er drankommen will bei diesen Aktionen. Da gibt es den BIF und den Invest und
den Wirtschaftsförderungsfonds, den Fremdenverkehrsförderungsfonds, und neuerdings auch die ProGewerbeaktion, sie ist durchaus positiv zu beurteilen, diese Aktion. Aber, meine Damen und Herren,
wenn ich die Entwicklung dieser Fonds betrachte - der Herr Landeshauptmannstellvertreter Ludwig
hat heute von Schwerpunkten gesprochen -, dann muß ich doch leider die Frage an ihn richten, wo
wer die Schwerpunkte sieht: bei der Errichtung oder bei der Dotierung dieser Fonds? Es sind nämlich
die verschiedensten Fondsgebarungen in den Beiträgen wesentlich geschwächt.
Da liest man beim Fremdenverkehrsförderungsfonds 4,7 Millionen Schilling im Vorjahr, heuer 3,8, vor
zwei Jahren über 10 Millionen Schilling; beim Wirtschaftsförderungsfonds heuer 18, im Vorjahr 25,
noch ein Jahr vorher 19 Millionen Schilling; beim BIF 32 Millionen Schilling heuer und 37 Millionen im
Vorjahr. So großartig ist also diese Schwerpunktbildung nicht, wenn man noch dazu die
verschiedenen Mittel für den Fremdenverkehr ins Kalkül zieht.
Meine Damen und Herren, aber eines. Es gibt jetzt nicht 14, sondern es gibt meines Wissens nach,
ich sage meines Wissens nach, 16 Aktionen des Landes. Man hat heute tatsächlich ein Gestrüpp von
Aktionen vor sich. Sie zu administrieren muß zwangsläufig immer mehr an Bürokratie erfordern. Sie zu
verstehen und zu beherrschen, das ist vor allem in der Wirtschaft nur mehr einigen Fachleuten,
Experten, wie wir sagen, möglich. Hier ist der Zeitpunkt gekommen, meine Damen und Herren, wo
man endlich einmal sagen sollte, haben wir doch den Mut zur Zusammenfassung, zur Vereinfachung!
Es muß doch eine solche Möglichkeit geben!
Machen Sie doch, Herr Landeshauptmannstellvertreter - ich weiß nicht, ob ich jetzt den alten oder
einen neuen ansprechen soll --, Herr Landesrat Schauer, machen Sie doch unter den Beamten der
Wirtschaftsabteilung einen Wettbewerb! Wer hat die beste Idee? Ein Königreich für eine Idee! Wie
machen wir es, daß die gesamten komplizierten Wirtschaftsaktionen zum Wohle dieser Wirtschaft
zusammengefaßt und vereinfacht werden, Herr Landeshauptmann, nicht nur zum Wohle der
Wirtschaft, sondern vielleicht sogar zum Wohle der Bevölkerung und auch jener Abgeordneten, die
sich immer wieder mit diesen Dingen beschäftigen müssen, (Beifall bei der SPÖ.) Oder bleiben Sie das werden wir ja abwarten - bei der Methode, eine Vielzahl von Maßnahmen zu haben, damit man
eben davon sprechen kann, was Niederösterreich alles aufzuweisen hat, denn daß diese Fonds
teilweise so schlecht finanziert sind, das weiß ja nicht jeder. Unsere Kritik an Ihrer Wirtschaftspolitik,
Herr Landesfinanzreferent, wurde bisher von Ihnen niemals als sehr ungerecht dargestellt. Das Organ
der Niederösterreichischen Handelskammer hat die Wirtschaftspolitik des Landes immer hochgejubelt,
möchte ich sagen.
Einen der letzten Beweise, daß es Ihnen in der Wirtschaftspolitik nicht immer auf die echten Probleme
ankommt, hat Ihre Fraktion am 13. November und am 20. November im Ausschuß und im Landtag
geliefert, als Sie unseren Antrag - Sie haben übrigens heute davon gesprochen - auf Erarbeitung von
Förderungsmodellen für die Problemgebiete abgelehnt haben. Es geht Ihnen also hier nicht um die
Sache, es geht Ihnen hier offensichtlich um die politische Show! Das haben Sie damit bewiesen, daß
Sie unbedingt die Einbindung der Bundesregierung in diese Förderung oder die Errichtung von
Förderungsmodellen haben wollten, obwohl wir Ihnen gesagt haben, die Niederösterreichische
Landesregierung ist ja nicht daran gehindert, bei der Erarbeitung dieser Förderungsmodelle und ihrer
späteren Finanzierung die Bundesregierung einzuladen. (Abg. Ing. Kellner: Ihrer Verpflichtung
nachzukommen!) Sie haben es immer sehr gut bewerkstelligt, bei all den Dingen auf die
Bundesregierung nicht zu vergessen, meine Damen und Herren! (Abg. Anzenberger: Die verlangt
viel!)
Wir wollten vielleicht doch einige Klarstellungen bezüglich der Wirtschaftsförderung und der Wirtschaft
überhaupt treffen. Wenn sich nämlich die Wirtschaft auf Grund der konjunkturellen Situation in der
Welt sehr gut entwickelt, der Absatz gesichert ist, ein starker Konsum für gute Umsätze sorgt und
damit auch die verschiedenen strukturellen Mängel manchmal verdeckt werden, dann heißt es immer
wieder, wir haben die freie Marktwirtschaft, der Staat soll sich so wenig als möglich einmischen. Wenn
aber ein paar dunkle Wolken am Horizont auftauchen, wenn da und dort Schwierigkeiten auftreten,
dann wird ununterbrochen nach dem großen Bruder gerufen. (Abg. Anzenberger: Bei der
Verstaatlichten!) Dann vergessen Sie nämlich, meine Herren von der Rechten, das Industrieland
Nummer eins, auf das Sie so stolz sind, in Anspruch zu nehmen, dann sind Sie
(Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Darauf sind wir auch stolz!) auf einmal Tiefstapler geworden
und rufen den großen Bruder zu Hilfe, und der trägt dann für alles, was nicht richtig ist, die Schuld.
(Dritter Präsident Reiter übernimmt den Vorsitz.)
Meine Damen und Herren, Herr Kollege Zimper! Wir haben in letzter Zeit für unsere Kritik einen sehr
guten Partner gefunden. Da lese ich im Kurier: (Abg. Anzenberger: Rede von Bauer nachlesen!) Herrn
Kollege Anzenberger, ich komme schon noch zur Landwirtschaft. (Abg. Anzenberger: Nur diese Rede
nachlesen!) Dazu komme ich auch noch. Ich habe auf die Strukturprobleme hingewiesen, das gilt für
die ganze Wirtschaft, Kollege Anzenberger, nicht nur für die Privatwirtschaft.
,,In Niederösterreich", heißt es, „muß generell eine neue Wirtschaftspolitik durchgezogen werden."
Und da gibt es einen sehr bösartigen Zusatz, da heißt es: „Wir machen derzeit eine Wirtschaftspolitik
wie die Volksschüler." (Abg. Zimper: Ist schon dementiert worden!) Herr Kollege Zimper, ich habe das
nicht gelesen. (Landesrat Schauer: Der Bund wurde nur vergessen!) Ich habe nur im ORF diese
Abschrift gesehen. Es wurde dort sicher auch so ähnlich geredet. Da müssen auf einmal, heißt es,
neue Konzepte, und zwar im besonderen Betriebsansiedlungskonzepte, her.
Meine Damen und Herren! Wenn wir von Konzepten reden, frage ich mich, nachdem Herr
Landeshauptmannstellvertreter Ludwig der Raumordnung einen breiten Raum gewidmet hat, ob es
nicht doch heißen müßte, bezüglich der Raumordnung ist doch alles geschehen in Niederösterreich,
da brauchen wir nicht noch neue Konzepte. Herr Landesrat Schauer! Hier bietet sich aber doch die
Gelegenheit, mit einigen Sätzen zu dieser Raumordnung Stellung zu nehmen.
Herr Landeshauptmannstellvertreter Ludwig! Ich möchte gar nicht Über die theoretischen Dinge der
Raumordnung sprechen, ich möchte gar nicht über die Methoden reden, von ,denen ein Raumplaner
einmal in einem Aufsatz erklärt hat, wir haben diese Methode gewählt, und sollte sie sich als nicht
durchführbar erweisen, na dann müssen wir eben Änderungen durchführen, wir haben keinerlei
Erfahrung.
Uns geht es hier, meine Damen und Herren, um die Praxis. ich zähle nicht zu denen, die der Meinung
sind, daß die Existenz eines Maßnahmenkataloges schon alles ist und damit auch die Durchführung
möglich ist. Eines sollten wir aber doch sagen: Die Raumordnung hat die Aufgabe, mit Hilfe der
Grundlagenforschung für eine Region Ziele zu erarbeiten, also das, was diese Region braucht,
festzulegen, und Prioritäten zu setzen, um so den Weg zu zeigen, welche Maßnahmen zu treffen,
welche Entscheidungen zu fällen sind.
Wer von der Raumordnung das Allheilmittel zur Lösung der Probleme erwartet, der wird
wahrscheinlich bitter enttäuscht sein. Ganz gleich, welche Kritik man an der Raumordnungsarbeit der
letzten Jahre übt: ob man über Kompliziertheit, über zu viel Papier, über zu wenig Kompetenzen des
Beirates redet, ob man die Einengung der Autonomie der Gemeinden darunter versteht, ob man die
finanzielle Belastung der Gemeinden bezüglich Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne
darunter versteht, all das ist vielleicht nicht so wesentlich.
Eines sollte jedoch hier festgestellt werden: Die praxisbezogenste und produktivste Institution in der
Raumordnung sind noch immer die regionalen Planungsbeiräte draußen in den Bezirken, jene Leute,
die wissen, wie man Konzepte erarbeitet. Da gibt es so eine schöne Zeitschrift ,,Raumplanung
aktuell". Ich würde jedem Abgeordneten empfehlen - ich kann es nicht in der Kürze der Zeit -, diesen
Artikel über Raumplanung, Diskrepanz zwischen Planung und Realität zu lesen, wo es im ersten bzw.
letzten Absatz heißt: ,,Vielleicht sollte der Raumplaner an dem Ort oder in der Region, den oder die er
plant, wohnhaft sein, vielleicht sollte er die verschiedenen Funktionen draußen besser kennen." Ein
Beispiel für eine solche Synthese in Ansätzen ist eine Regionalplanungsarbeit für den Sektor
Wirtschaft. Es heißt nämlich hier: „Die Gefahr, daß der Raumplaner in seinem Stübchen sitzt und die
Praxis draußen vergißt."
Ich glaube, für uns, meine Damen und Herren, sollte eines klargestellt sein: Raumordnung heißt im
Sinne des Raumordnungsgesetzes die vorausschauende Gestaltung eines Gebietes und dessen
bestmögliche Nutzung. Raumordnung heißt für uns - das ist vielleicht die primäre Aufgabenstellung im
besonderen Maße - die Erarbeitung von Konzepten, von Maßnahmenkatalogen, von Prioritäten - das
ist jetzt, glaube ich, das wichtigste daran - als Entscheidungshilfe der Politik. Das ist die Aufgabe der
Raumordnung. Ob sie diese Aufgabe bisher erfüllt hat, bzw. ob sich die Politiker dieser Raumordnung
in dem Maße bedient haben, das kann man heute trotz jahrelanger Arbeit noch nicht unbedingt mit
einem eindeutigen Ja beantworten. Wenn man nämlich in diesen regionalen Konzepten sieht, wie hier
schon mit Arbeitskräften jongliert wird, mit Pendlern - die einen müssen auspendeln, damit die
anderen in der gleichen Region Arbeit finden -, dann muß man sagen, die Raumordnung geht etwas
weit an der Realität vorbei.
Meine Damen und Herren! Wir wollen aber nicht allein von der Industrie und dem Gewerbe sprechen,
wir glauben, daß die Erhaltung einer gesunden Landwirtschaft nicht nur für unser Land von Bedeutung
ist; Landwirtschaftspolitik ist für uns genauso wichtig wie jede andere Sparte der Wirtschaft, weil es
eben auf die Dauer keine geteilte Prosperität gibt, weil diese Wirtschaftsentwicklung einfach nicht
teilbar, sondern ein Ganzes ist. Außer der Versorgung der Bevölkerung durch die Produktion und den
Export hat die Landwirtschaft noch andere wichtige Aufgaben zu erfüllen. Hier sehen wir auch die
Verflechtung mit der Wirtschaft, im besonderen mit dem Wirtschaftszweig des Fremdenverkehrs, oder
anders gesagt: die Landschaftspflege, eine gesunde Forstwirtschaft sind die Grundlagen und
Voraussetzungen für den Fremdenverkehr. Hier kann man reden und argumentieren, Kollege
Anzenberger, wie man will.
Auch der Niederösterreichische Bauernbund muß langsam erkennen, daß sich die Regierung
genauso um die Landwirtschaft bemüht wie um andere Wirtschaftszweige. (Landesrat Dr. Pröll: Das
ist aber zu wenig!) Wer dies bestreitet, Herr Kollege, Herr Landesrat Pröll, wer dies bestreitet, tut das
(Landesrat Dr. Pröll: Herr Abgeordneter, bemühen ist zu wenig! Fakten muß man sagen! - Abg.
Anzenberger: Der ist in den letzten Jahren jährlich um 10% erhöht worden!) sicher wider besseren
Wissens. (Abg. Blochberger: Dafür sind ja effektiv die Beweise vorhanden!)
Ich weiß schon, wir werden Ihnen noch jenes Ausmaß der Förderungsmittel bekanntgeben, die diese
Regierung in den letzten Jahren der Landwirtschaft zugeführt hat. Da sind ja effektiv die Beweise
dafür vorhanden. Über Zahlen können Sie mit uns nicht streiten.
Meine Damen und Herren! Ein wichtiger Punkt - hier wurde es auch erwähnt - sind die
Krankenanstalten, sie sind ein Schwerpunkt in den Budgets der 80er Jahre. Ein Großteil dieser
Krankenanstalten wurde praktisch um die Jahrhundertwende errichtet, und ich möchte dazu nur eines
sagen: Es geht hier darum, daß wir mit der Finanzierung noch immer nicht volle Zufriedenheit erreicht
haben. Die Belastungen, die durch die Fülle der Aufgaben entstehen, treffen nicht nur Land und Bund,
sondern auch die spitalserhaltenden Gemeinden. Wenn man von etwa 5 Milliarden Schilling für die
Erfüllung dieser Aufgaben bis 1984 spricht, so sollte doch erwähnt werden, meine Damen und Herren,
daß nur die sorgfältige Ausarbeitung der Grundlagen, besonders auf dem Sektor des Bettenbedarfes,
eine richtige Planung und die daraus resultierende Finanzierung ermöglicht. Die Version, Herr
Landeshauptmannstellvertreter, die ich von Ihnen heute zum erstenmal gehört habe, daß man mehr
Betten braucht, weil man zu wenig Ärzte auf dem Land hat, ist ganz neu. Das ist eine neue Version.
Ich lasse sie mitunter auch gelten. Man hat all das, was geschehen ist, vorher ein bisserl anders
gesehen oder geglaubt, es zu erkennen. Darum habe ich von der Entscheidungshilfe, Herr Kollege
Kellner, der Raumordnung, gesprochen. Sie ist für die Politiker eine Entscheidungshilfe.
Aufgabe der Sozialhilfe wird es in den kommenden Jahren sein, besondere Anstrengungen zu
unternehmen, um den wirtschaftlich Schwächsten unsere Hilfe angedeihen zu lassen. Der
Jugendförderung muß in diesem Jahrzehnt, meine Damen und Herren, durch Verstärkung der
Budgetmittel mehr Bedeutung zukommen als bisher. Die Jugendförderung ist gegenwärtig genauso
ein Stiefkind der Landespolitik, wie es vor zehn bis fünfzehn Jahren die Sportförderung war. Durch
gemeinsame Initiativen konnte die Sportförderung wesentlich verbessert werden. Im Gegensatz dazu
muß die Jugendförderung heute noch mit völlig unzureichenden Mitteln aus- kommen, die tatsächlich
als Almosen anzusehen sind. Ich glaube, auf diesem Gebiet muß in den nächsten Jahren mehr im
Budget ent- halten sein. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Mit der Eröffnung der Therapiestation in Mödling - ich möchte dem Thema
nicht aus dem Wege gehen - ist Niederösterreich nach Tirol das fortschrittlichste Bundesland bei der
Hilfe für heilungswillige Drogenkranke geworden. Ich glaube, es wird noch sehr viel an Aufklärung
bedürfen, um der Bevölkerung klarzumachen, daß es ein Akt der Menschlichkeit ist, diesen jungen
Menschen, aus welchen Gründen immer sie in diese furchtbare Situation gekommen sind, die Chance
zu geben, wieder den Anschluß an die Gesellschaft zu finden.
Meine Damen und Herren! Das vorliegende Budget 1981 zeigt, daß die jahrelangen Bemühungen,
auch der sozialistischen Abgeordneten, doch nicht ganz erfolglos gewesen sind.
Die Veranschlagung der Einnahmen erscheint einigermaßen realistisch. Die Bemühungen, Mittel für
die Investitionen auch um den Preis einer weiteren Verschuldung des Landes bereitzustellen, werden
auch von uns anerkannt. Zweifellos gehen die Meinungen der Wissenschaftler Über die Verschuldung
einer Gebietskörperschaft weit auseinander. Von den Gemeinden jedenfalls wissen wir, daß die
Verschuldung im Prozentanteil, zu welcher Bezugsbasis immer, ein Vielfaches von jenem des Landes
beträgt. Hier muß aber auch weiterhin Kritik geübt werden.
Es wird in Hinkunft im verstärkten Ausmaß notwendig sein, zur finanziellen Entlastung der Gemeinden
beizutragen. Wohl konnte nach jahrelangen Forderungen erreicht werden, daß die Gemeinden nicht
mehr für den Bau von Landes- und Landeshauptstraßen belastet werden. Es konnte auch ein
günstigerer Schlüssel bei der Sozialhilfe erreicht werden; wenn wir aber die Gemeinden fragen, wird
wohl jede sagen, es reicht noch nicht aus. Im Bereich der Krankenanstalten jedoch hat bisher wohl der
Bund eine wirkungsvolle Hilfe zur Abgangsdeckung geleistet, seitens des Landes wird eine solche
Bereitschaft nach wie vor, nach wie vor vermißt!
Ein diesbezüglicher Abänderungsantrag der sozialistischen Fraktion, der zum Ziele hatte, die für die
Abgangsdeckung jeweils präliminierten Mittel zur Gänze für diesen Zweck zu erhalten, wurde von der
ÖVP abgelehnt. Es ist uns durchaus bewußt, daß auch diese Mittel für den Krankenanstaltenfonds, für
das Krankenhauswesen verwendet werden. Das wollen wir ja auch anerkennen. Als
Investitionsbeihilfen bewirken sie aber nur die Entlastung einzelner Gemeinden. Würden sie jedoch so
wie präliminiert in der Abgangsdeckung eingesetzt, könnte dies zu einer Entlastung sowohl der
spitalserhaltenden als auch der spitalsnichterhaltenden Gemeinden führen. Man wird jedenfalls, meine
Damen und Herren, über die Novellierung des Krankenanstaltengesetzes weiterreden müssen, da es
nicht angeht, daß nur der Bund mehr leistet und die politische Verantwortung über den dritten
Mehrwertsteuersatz übernimmt, der dann die Landesleistung zum - ein böses Wort - KRAZAF
darstellt, das Land darüber hinaus jedoch keine Mehrleistungen übernimmt.
Ebenso wird es notwendig sein, meine Damen und Herren - hier wieder zur Kommunalpolitik -, den
Gemeindeinvestitionsfonds allenfalls in einem Nachtragsvoranschlag stärker zu dotieren, soll er nicht
mehr allein der Schuldentilgung dienen, sondern auch der Finanzierung neuer Vorhaben.
Erfreulich im Voranschlag ist sicher die verstärkte Dotierung der Gruppe 3 und der verschiedenen
Bereiche des Sozialwesens und des Naturschutzes.
Ein Wermutstropfen, ich habe es schon er- wähnt, der aus den Bemühungen entstanden ist, ein
Sparbudget zu erstellen, ist vor allem die Kürzung der Ansätze der Abschnitte für den Fremdenverkehr
und die Wirtschafts- und Industrieförderung. Gerade in diesem Bereich könnten jedoch die
Einsparungen durch eine Konzentration der derzeitigen Förderungsmaßnahmen, immerhin handelt es
sich um 16, und damit auch durch eine erhöhte Effizienz ausgeglichen werden. Insbesondere die
jüngste wirtschaftliche Entwicklung in einer Reihe von Problemgebieten zeigt die Notwendigkeit eines
gezielten Einsatzes der vorhandenen Mittel.
Auch hier wiederum hat sich in letzter Zeit die OVP gegen die Erarbeitung dieser von mir bereits
besprochenen Förderungsmodelle für sämtliche Problemgebiete Niederösterreichs durch das Land
ausgesprochen und der Landesfinanzreferent, meine Damen und Herren, hat diese nebulosen 100
Millionen Schilling angekündigt, von denen sich schon in der letzten Sitzung des Finanzausschusses
herausgestellt hat, daß sie nämlich gar nicht vorhanden sind, womit hier wieder das Pendant zur
Amtshausmilliarde gegeben ist. In einer Zeit andauernder wirtschaftlicher Stagnation ist die Erstellung
eines Voranschlages sicher schwieriger als in Zeiten wirtschaftlicher Blüte. (Landeshauptmann
Maurer: Viel eingespart haben wir beim Amtshaus!)
Herr Landeshauptmann, wenn Sie das sagen, sind mir noch immer die Landesstraßenbeiträge von
einer Milliarde Schilling in Erinnerung; da haben Sie uns nicht sparen geholfen! (Beifall bei der SPÖ.)
Das müssen wir auch sagen. (Landeshauptmann Maurer: Das stimmt nicht. Das ist ja keine
Vergleichsbasis!)
Für mich, Herr Landeshauptmann, für einen Bürgermeister war es im Jahre 1960 ein Betrag von
500.000 Schilling, heute wären es 3 Millionen Schilling. Das ist uns damals genauso schwer
angekommen wie heute. (Landeshauptmann Maurer: 92 Prozent sind heute steuerfrei!) Das ist sehr
lobenswert, Herr Landeshauptmann, aber nach wie vor zahlen die Gemeinden für Landesstraßen die
Grundablöse. Die Kompetenz hätte dazu praktisch das Land. Wir sind noch nicht fertig bei den
Landesstraßen, es wird ja über einiges andere zu reden sein. (Landeshauptmann Maurer: Nein, nein,
wir sind noch nicht fertig!)
Meine Damen und Herren! Das Jahr 1981 wird angesichts der nicht gerade ermutigenden
Wirtschaftsentwicklung höchste Anforderungen an uns stellen. Über Unterschiede in der Auffassung,
die es in der Politik immer geben wird, über die Art der Lösungen, über den Weg, der einzuschlagen
ist, wird es immer wieder zu Diskussionen kommen. Für uns muß aber in der Politik, glaube ich, immer
wieder maßgebend sein, daß wir unsere Aufgaben in der Form erfüllen, daß die Bevölkerung den
eindeutigen Willen des Politikers erkennt, mit seiner ganzen Kraft für die Menschen und für dieses
Land zu wirken.
Das Jahr 1980 und die Anfänge des Jahres 1981 sind geprägt von großen Veränderungen in der
Führung unseres Landes. Die Aufgaben, die uns für die Zukunft in einer Vielfalt gestellt werden,
werden wir nur dann lösen, wenn es trotz der verschiedenen Gegensätze zu einer konstruktiven
Arbeit, wenn es zum freien und fairen Wettstreit der Ideen kommt, in einer Zeit, in der offensichtlich
das Maß für die politische Auseinandersetzung nicht immer und überall gefunden wird und wo darüber
hinaus an einer entsprechenden Überlieferung bis zu einer gewissen Vervollkommnung mit einer
Begeisterung gearbeitet wird und dadurch sicher keine produktiven Beiträge zum Ansehen der Politik
und des Politikers erbracht werden.
Es sollte doch einmal gesagt werden, meine Damen und Herren, daß die Qualität der Politik von der
Bevölkerung nicht an der Vielzahl der fruchtlosen Auseinandersetzungen und der Zahl der
persönlichen Angriffe gemessen wird, sondern daran, wie es den Politikern gelingt, den
Anforderungen, die in der kommenden Zeit in größter Zahl an sie gestellt werden, gerecht zu werden,
wie es gelingt, die großen Aufgaben für die Menschen, für die Bevölkerung, zu meistern. Die
sozialistische Fraktion wird trotz verschiedener Kritiken, die wir zum Budget haben, diesem Budget die
Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Als nächstem Redner zur Generaldebatte erteile ich dem Herrn Abg.
Ing. Kellner das Wort.
Abg. Ing. KELLNER: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die
Generaldebatte im Niederösterreichischen Landtag über den Budgetvoranschlag des nächsten Jahres
bedeutet kritische Durchleuchtung, Austausch von Meinungen und bedeutet gleichzeitig, Argumente
zu einer sehr komplizierten Materie zu hören und zu verwerten. Im Prinzip werden wir, wenn auch auf
einer anderen Ebene, die nächsten drei Tage dasselbe tun, was sich in allen Familien unseres Landes
abspielt.
In jeder Familie muß tagtäglich abgewogen werden, welche Ausgaben unbedingt zu tätigen sind und
wie diese Ausgaben finanziert werden. Sie kennen das aus dem ureigensten Bereich. Jeder in der
Familie hat bestimmte Vorstellungen und Wünsche, Wünsche, die aus zum Teil völlig verschiedenen
Ansatzpunkten zustande kommen. Sicherlich ist die Welt und besonders die finanzielle Welt der
Kinder eine andere als die der Eltern. Man könnte es als das Aufeinanderprallen verschiedener
Ideologien im trauten Familienheim betrachten.
Aber eines weiß jede Familie ganz genau: Alle diese Vorstellungen müssen auf einen gemeinsamen
Nenner gebracht werden, und vor allem muß dafür Vorsorge getroffen werden, daß die Familie nicht
pleite geht. Verzeihen Sie mir, meine sehr verehrten Damen und Herren, diesen kleinen Ausflug in die
Privatsphäre. Ich halte ihn aber für wichtig, weil das als Leitmotiv für die Basis der nächsten drei Tage
dienen kann.
Als Abgeordnete zu diesem Niederösterreichischen Landtag haben wir ein hohes Maß an
Verantwortung, ebenso wie der Hausvater für seine Familie, die Geschicke dieses Landes
mitzubeeinflussen, denn vergessen wir niemals: Hinter den vielen nüchternen Zahlen, über die wir in
den nächsten drei Tagen zu beraten haben, stehen Menschen, persönliche Schicksale und tausende
Stunden von Freud und Leid. Das sollten wir bedenken und im Dienst am Menschen beachten. Ich
freue mich daher, Kollege, daß Ihr Abschluß einem ähnlichen Aufruf gedient hat und hoffe, daß sich
im Laufe der Budgetdebatte des heurigen Jahres ein entsprechender Niederschlag abzeichnen wird.
Natürlich werden da und dort, einfach aus der ideologischen Herkunft der Mitglieder dieses Hohen
Landtags, Differenzen auftreten. Wie in einer guten Familie sollten aber keine Gräben aufgebrochen
werden. Sicherlich werden die beiden im Landtag vertretenen Fraktionen auch dieses Budget aus
verschiedenen Gesichtswinkeln betrachten. Das ist gut und das ist richtig so, denn das spielt sich
auch in jeder Familie tagtäglich ab. Was ich mir jedoch wünsche, meine sehr verehrten Damen und
Herren, ist die Besinnung auf die Rolle des Hausvaters, nämlich der Familie zu dienen, wie wir
Abgeordneten ein einziges Ziel haben sollten, dem Bürger dieses Landes zu dienen. Umso leichter
fällt mir dieser Appell, weil es das 15., entschuldigen Sie, weil es das 14. Budget des Finanzreferenten
Siegfried Ludwig ist und das erste, das in der Regierung mit den Stimmen der sozialistischen Fraktion
beschlossen werden konnte. Für mich ein Beweis dafür, daß aus diesem Budget, wenn es auch
verschiedener Kritik ausgesetzt sein sollte, doch ein gemeinsamer Weg für das kommende Jahr 1981
ersprießen kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! So wie es in jeder Familie Sorgen und Probleme gibt, den
Kindern muß geholfen werden, weil sie es selbst noch nicht leisten können, die Wohnung
einzurichten, den Teppich zu kaufen, den Kühlschrank, die Waschmaschine zu finanzieren, der
Wintermantel ist auch nicht mehr das, was er einmal war, und der Pkw, den die Familienmitglieder
zum täglichen Pendeln brauchen, braucht ebenfalls ein neues Service. Das alles ist, wenn man es
zusammenrechnet, vorläufig nur auf Kredit zu finanzieren. Dennoch, irgendwann muß man sich
überlegen, da und dort einzusparen, weil die Zukunft der Kinder nicht auf Dauer durch immer größer
werdende Schulden zu sichern ist, und das, meine Damen und Herren, ist, wieder übersetzt in andere
Dimensionen, die Budgetsituation des Bundeslandes Niederösterreich. Der Finanzreferent war in
diesem Sinne ein guter Hausvater.
Wenn Sie sich erinnern, wir haben bei den Budgets der letzten Jahre bedeutende Ausweitungen des
Schuldenstandes in Kauf genommen, um Arbeitsplätze zu sichern. Mit dem vorliegenden Budget 1981
und der Senkung des Defizits ist jedoch ein logisch völlig richtiger Schritt unternommen worden. Im
Gegensatz zum Bund, worüber noch sehr ausführlich zu sprechen sein wird, sind wir der Ansicht, daß
wir unser heutiges Leben durch eine schrankenlose Budgetausweitung nicht auf dem Rücken
zukünftiger Generationen, auf dem Rücken unserer Kinder, finanzieren sollen. Wir wären ein
schlechter Hausvater. So gesehen ist der Ruf nach mehr Geld in allen Bereichen nicht sehr
verantwortungsbewußt. Es wäre natürlich faszinierend und schön, einen chromblitzenden Rolls Royce
in Niederösterreich zu bauen. Wir haben jedoch nichts davon, wenn wir nach einiger Zeit
daraufkommen, daß sich in diesem großen chromblitzenden Rolls Royce nur ein Fünfhunderter-Puch
als Motorquelle befindet. Um das Bild zu vervollständigen: Was wir tun müssen, ist der Bau eines
soliden, in der ganzen Konzeption abgewogenen Mittelklasseautos, das uns sicher auf die Straße in
die Zukunft führt.
Hohes Haus! Wenn wir uns mit den anderen Familien, mit den anderen Bundesländern vergleichen,
dann ist festzustellen, daß der Voranschlag des Landes Niederösterreich in einem guten Mittelfeld
liegt. Mit einer Ausweitung der Ausgaben um 7,5% liegen wir ausgewogen im Mittelfeld zwischen
Extremwerten in der Steiermark und Extremwerten in Wien. Während in anderen Ländern besonders
stark gebremst wird, während wieder in anderen Ländern extrem der Gashebel durchgetreten wird,
gehend wir mit diesem Budget 1981 in Niederösterreich einen vernünftigen Weg zwischen
notwendiger Anhebung gewisser Budgetposten und notwendiger Reduktion der Ausgabensteigerung.
So gesehen ist das Landesbudget 1981 weder ein Sparbudget noch ein Budget der
unverantwortlichen und risikoreichen Belastung der Zukunft.
Nun zu unserem Landesbudget 1981 und den markantesten Zahlen. Die Einnahmen, wir haben es ja
schon gehört, steigen um 9,9,% die Ausgaben um 7,5 % der Personalaufwand beträgt 24% und stellt
damit eine durchaus vertretbare Größenordnung dar. Arbeitsplatzsicherung und
Arbeitsplatzbeschaffung sind auch im Budget 1981 das vorrangige Ziel unserer Politik. Für
Investitionen und Förderungen sind im vorliegenden Budget 7,1 Milliarden Schilling bereitgestellt, das
heißt rund ein Drittel der Gesamtausgaben. Die Sicherung bestehender und die Schaffung neuer
Arbeitsplätze wird in den kommenden Jahren im Sinne einer menschennahen Politik zunehmend in
den Mittelpunkt der Aufgaben treten, die der Landespolitik gestellt sind.
Herr Kollege Lechner! Wenn Sie der Auffassung waren, daß gerade im Bereich der
Wirtschaftsförderung in den verschiedenen Fonds abnehmende Zahlen im Jahr 1981 sichtbar werden,
darf ich Sie bitten, diese Dinge näher zu betrachten. Überall dort, wo Sie Kritik geübt haben, daß sich
die Ansatzposten verringert haben, überall dort handelt es sich um auslaufende Aktionen, um
Aktionen, die im Laufe der Zeit wieder aufgefüllt werden müssen, unter Umständen auch abgeändert
werden müssen. Die Erfüllung dieser Aufgaben stellt für die Österreichische Volkspartei eine
moralische Verpflichtung dar.
Der Erfolg der Maßnahmen des Landes hängt dabei aber maßgebend davon ab, daß der Bund die
ihm auf Grund der verfassungsmäßigen Kompetenzen zufallenden Aufgaben erfüllt. Der
Landesfinanzreferent hat in seiner Einbegleitungsrede schon darauf hingewiesen, daß es nach
längerem Bemühen gelungen ist, im Einklang mit dem Bund für die Wirtschaftsförderung im
Waldviertel einen Vertrag nach Art 15a der Bundesverfassung abzuschließen. Ich darf nur hoffen,
meine sehr verehrten Damen und Herren, daß es auch in anderen Bereichen, in klassischen
Industriebereichen unseres Landes, möglich sein wird, zu ähnlichen Vertragsabschlüssen zu kommen.
Im Bereich der Landwirtschaft, in dem unsere Bauern nach wie vor dafür sorgen, daß wir Agrarland
Nummer eins sind, sind im Budget ebenfalls entsprechende Schwerpunkte vorhanden. Für den
Viehexport 15 Millionen Schilling, der Landwirtschaftliche Siedlungsfonds wird von 70,8 Millionen
Schilling auf rund 93 Millionen Schilling aufgestockt. Besitzfestigung, Weinabsatz, Tierzuchtförderung,
überbetriebliche Zusammenarbeit sind weitere Schwerpunkte im Bereich der Landwirtschaft, denn,
wie Landeshauptmannstellvertreter Ludwig gesagt hat, es muß sich wieder lohnen, in Niederösterreich
Bauer zu sein.
Hoher Landtag! Die menschenwürdige und familiengerechte Wohnung gehört zur sozialen
Grundausstattung unserer Gesellschaft. Daher müssen auch die finanzschwächeren Gruppen unserer
Gesellschaft eine ihrem Bedürfnis angemessene Wohnung erreichen können. Die soziale Sicherung
des menschenwürdigen und familiengerechten Wohnens in funktionstüchtiger Umwelt setzt einen
entsprechenden Eigenbetrag voraus, der in einem angemessenen Verhältnis zur finanziellen
Leistungskraft des privaten Haushaltes steht. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, können
wir bereits nachlesen im Leitbild 80, dem Wahlprogramm der Österreichischen Volkspartei. In dieser
Richtung müssen aber auch Maßnahmen angesetzt werden, wie der bessere und zielgerichtete
Einsatz der aus der Wohnungsbeihilfe einfließenden Mittel, Erleichterung des Erwerbes einer
familiengerechten, modernen Wohnung, vor allem für jüngere Menschen. Durch die
kostenbeeinflussende Mitwirkung der Wohnungswerber bei der Art und der Aufwendigkeit der
Ausgestaltung der im Bau befindlichen Wohnungen, um vor allem älteren Mitbürgern leichter den
Verbleib im familiären Wohnungsverband zu ermöglichen, soll die förderbare Größe einer Wohnung
auf 150 Quadratmeter angehoben werden. Im vorliegenden Budget sind für den Wohnbau 2,5
Milliarden Schilling vorgesehen - scheinbar eine Riesensumme, bezogen aber auf die vorliegenden
Ansuchen ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Die Darlehenswerber wünschen sich vor allem, daß die beantragten Mittel möglichst rasch bewilligt
und auch ausbezahlt werden können. Landeshauptmannstellvertreter Ludwig hat bereits ein neues
Modell angekündigt, das diesen Wünschen Rechnung tragen soll. Gleichzeitig wird durch eine
entsprechende Darlehensaufnahme die notwendige finanzielle Basis zu schaffen sein. Wenn schon
die bundesweite Wohnbauförderung dem Kollaps nahe ist und die Mittel versiegen, dann muß eben
das Land Niederösterreich im Interesse unserer Häuselbauer und Wohnungswerber mit einer
zusätzlichen Milliarde Schilling einspringen. Ich hoffe, Herr Kollege Lechner, es stört Sie nicht, daß wir
für diesen Zweck eine Milliarde Schilling bereitstellen wollen. (Beifall bei der ÖVP.)
Zum Sozial- und Gesundheitsbereich, meine sehr verehrten Damen und Herren, wäre folgendes zu
sagen: In den letzten Jahren wurden große Anstrengungen unternommen, um im Bereich des
Krankenanstaltenwesens entsprechend günstige Voraussetzungen zu schaffen. Im Sozialwesen ist es
zu einem starken Ausbau der Heimplätze gekommen, sodaß wir ohne Übertreibung sagen können,
daß hier kaum offene Wünsche bestehen. Es hat sich aber gezeigt, daß es bei einer richtig
verstandenen und geförderten Nachbarschaftshilfe durchaus möglich wäre, die Versorgung von
älteren Mitbürgern billiger und menschlicher durchzuführen. Unter dem Schlagwort „Mehr Hilfe zur
Selbsthilfe" gibt es in unserem Bundesland durchaus sehenswerte Ansätze, die dieser Entwicklung
Rechnung tragen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß es müßig ist, weiter ins Detail zu gehen, da
dies ohnehin der Finanzreferent getan hat und alle Punkte noch ausführlich besprochen werden.
Eines möchte ich jedoch noch sagen. Das vorliegende 14. Budget unseres Finanzreferenten Ludwig
gibt gleichzeitig auch Gelegenheit, eine kleine Bilanz zu ziehen über vierzehn Jahre gemeinsamer
Arbeit für Niederösterreich, die vor allem von Landeshauptmann Andreas Maurer und
Landeshauptmannstellvertreter Siegfried Ludwig bestimmt wurde. Aus dem Land der Klein- und
Kleinstgemeinden und der Zwergschulen ist ein modernes Land mit leistungsfähigen Gemeinden und
einem vorbildlichen Schulwesen geworden. (Beifall bei der ÖVP.)
Durch die Raumordnungsprogramme und die Zielsetzungen einer modernen Landespolitik ist es
möglich geworden, aus dem Agrarland Nummer eins, das wir bleiben wollten und das wir geblieben
sind, zum Industrieland Nummer eins zu werden. Eine wahrhaft große Leistung, die unsere
arbeitsame und arbeitswillige Bevölkerung Niederösterreichs in Zusammenarbeit mit unseren
Betrieben erzielen konnte. Ich möchte die Gelegenheit nicht versäumen, nicht nur den
Verantwortlichen dieses Landes, sondern der gesamten Bevölkerung für diese Leistungen zu danken.
(Beifall bei der ÖVP.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Familienvater ist in seiner Finanzplanung natürlich nicht
nur von den Wünschen der Familienangehörigen, den notwendigen Investitionen und den eigenen
Möglichkeiten abhängig. Bei bestem Willen, bei größter Liebe zur Familie gibt es Einflüsse von außen,
die nicht negiert werden können. Umso mehr gilt dies für ein Landesbudget, seine Abhängigkeiten von
der Finanzsteuer und der Finanzpolitik des Bundes. Und weil diese Abhängigkeit gegeben ist, muß
aufgezeigt werden, daß es Unterschiede gibt zwischen dem Haushaltungsvorstand des Bundes und
dem Haushaltungsvorstand des Landes und der Sorgfalt, mit der beide auf der einen Seite wenig, auf
der anderen Seite mehr agiert haben. Um es anders, wenn Sie so wollen, etwas brutaler zu sagen: Es
würde unserem Landesbudget besser gehen, gäbe es nicht die verfehlte Politik des sozialistischen
Finanzministers. Selbstverständlich ist das auch zu beweisen, Kollege Lechner! Das ist zu beweisen.
Dazu einige nüchterne Zahlen. (Abg. Kaiser: Das glaubst Du selber nicht!)
Die Finanzschuld des Bundes betrug 1968 27,4 Milliarden Schilling, 1981 werden es 281,4 Milliarden
Schilling sein, eine nahezu unglaubliche Steigerung auf das Achteinhalbfache. Demgegenüber ist die
Finanzschuld des Landes Niederösterreich im gleichen Zeitraum nur um das Dreifache, von 1,4
Milliarden Schilling auf 5,6 Milliarden Schilling, gestiegen. (Abg. Lechner: Das ist ein Vergleich! - Abg.
Stangl: Und die Erhaltung der Arbeitsplätze? - Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Georg, da war
Vollbeschäftigung!) Der springende Punkt ist aber der: Der An- teil der Finanzschulden am
Gesamthaushalt des Bundes ist zwischen 1968 und 1981 von 32% auf 78% gestiegen. Im gleichen
Zeitraum fiel dieser Anteil beim Budget des Landes Niederösterreich von 42 % auf 28 % .
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben es in den abgelaufenen Jahren immer wieder
erlebt, daß die sozialistische Bundesregierung, hier vor allem der Bundeskanzler, neue Begriffe prägt,
neue Begriffe auch im Wirtschaftsbereich prägt. Erinnern Sie sich: Es ist, glaube ich, zwei Jahre her,
da ist der Begriff des ,,Minuswachstums" plötzlich im Raum gestanden. Es gibt eine neue Situation, es
gibt das sogenannte ,,Nettodefizit".
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was meint man mit dem Nettodefizit? Das ist das gesamte
Defizit des Staates, abgezogen jene Summen, die wir brauchen, um die Schulden zurückzubezahlen.
Das ist das Nettodefizit. Geld bleibt allerdings keines über und die Probleme, die gelöst werden sollen,
sind beim Nettodefizit und beim Bruttodefizit; die Ausgangsposition ist bei beiden dieselbe.
Ich könnte Ihnen, Kollege Lechner, die diesbezüglichen Zahlen aus dem Haushalt des Bundes
vorlegen, denn es ist auch das Nettodefizit, wenn Sie schon diesen Begriff haben wollen, in den
letzten Jahren unverantwortlich hoch gestiegen. Das Bruttodefizit hat im Jahre 1970 beim Bund 7,2
Milliarden Schilling betragen. Das Nettodefizit 2,2 Milliarden Schilling, also 7,2 zu 2,2, Brutto zu Netto.
Im Jahre 1981 beträgt das Defizit 49,7 Milliarden, rund 50 zu 25 Milliarden, also 2 zu 1, während es
vor zehn Jahren noch 3,5 zu 1 gewesen ist. In so einem Riesenausmaß hat sich auch die Situation
verändert.
Ja, was bedeutet denn das? Das bedeutet doch, daß aus dem Budget jährlich ungeheure Mittel für
Zinsen und Kapitalsrückzahlungen aufgewendet werden müssen, meine Damen und Herren, und das
zu einem Zeitpunkt, wo wir wissen, daß der Bund nur für einen Teil der bereits eingegangenen
Verpflichtungen Rückzahlungen tätigt. Wir müssen uns doch daran erinnern, daß viele Kredite
aufgenommen wurden, die erst nach einem bestimmten zinsen- und rückzahlungsfreien Zeitraum
wirksam werden, in der Optik wirksam werden. Es wird sich daher in Hinkunft das Verhältnis zwischen
Brutto- und Nettodefizit noch stärker verschlechtern.
Mit solchen Schlagworten kann man vielleicht einmal oder zweimal jemanden beeindrucken, aber
nicht auf die Dauer gesehen. Auf gut deutsch gesagt, Kollege Stangl: Der Bund hat im Gegensatz
zum Land Niederösterreich nicht wie ein verantwortungsvoller Hausvater gehandelt, sondern
bedenkenlos Schulden auf dem Rücken unserer Kinder gemacht. Was diese Bundesregierung letztlich
tut, ist die Finanzierung der heutigen Ausgaben durch einen Vorgriff auf die Zukunft.
Sozialistische Gesellschaftspolitik mit zentralen Bürokratiegewalten und mit dem Hang, alle Gewalten
in die Hand einiger Mächtiger zu legen, ist eben teuflisch schwer zu finanzieren. Was wir nicht
einsehen, ist, daß dies nach dem Motto funktioniert „Hinter uns die Sintflut", unsere Kinder werden es
schon bezahlen!
Hohes Haus! Ich sage dies nicht, weil ich hier eine wirtschaftsideologische oder
gesellschaftsideologische Debatte vom Zaun brechen möchte, sondern weil es heute um das
Landesbudget 1981 geht. Wie anders als der sozialistische Finanzreferent hat doch der
Finanzreferent des Landes Niederösterreich in mehr als über einem Jahrzehnt gehandelt. Viele von
Ihnen haben diese Entwicklung miterlebt. In Zeiten der Hochkonjunktur mit Zuwachsraten, die
wahrscheinlich nie wiederkehren werden, hat Siegfried Ludwig Schulden abgebaut und jene Reserven
angelegt, die das Land in den Jahren der Rezession in die Lage versetzt haben, helfend einzugreifen,
um die Arbeitsplätze zu sichern. Wir haben damals, wenn Sie sich erinnern, ein stetiges Ansteigen
des Abganges, ein stetiges Ansteigen der Schulden auf uns genommen, weil uns die Arbeitsplätze
wichtiger sind als alles andere.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verzeihen Sie mir, wenn ich endgültig mit einer Legende
aufräumen mußte, mit der Legende nämlich, daß der Herr Bundeskanzler höchstpersönlich mit
seinem ungeliebten Finanzminister der große Bekämpfer der Rezessionserscheinungen war.
Während die sozialistische Bundesregierung einen sogenannten österreichischen Weg gegangen ist,
ist Niederösterreich einen niederösterreichischen Weg gegangen, den Weg in ein schönes Stück
Zukunft, obwohl uns genug Steine in den Weg gelegt wurden. (Beifall bei der ÖVP.)
Hoher Landtag! Der Spielraum unseres Landesbudgets für die ureigensten Aufgaben des Landes
verringert sich schnell. Steigende gesetzliche Bindungen hat jede Gebietskörperschaft, jeder Staat
dieser Welt aufzuweisen. Das ist ein Symptom jedes Sozialstaates. Doch kein förderalistisch
aufgebautes Land der westlichen Welt setzt seinen Bundesstaaten derartig die Daumenschrauben an,
wie es bei uns geschieht. Nicht nur, daß die Länder in Sorge um die Wohlfahrt ihrer Bürger die
Sünden der sozialistischen Politik büßen müssen, nicht nur, daß auf Verordnungsweg die
Kompetenzen der Länder ausgehöhlt werden, viel schlimmer ist die finanzielle Demontage der
österreichischen Bundesländer durch einseitige Veränderungen des Finanzausgleiches durch neue
Steuern, von denen die Länder keinen Groschen sehen.
Kollege Lechner hat heute darauf hingewiesen, daß der KRAZAF so ein Kind einer
Steuervorenthaltung gegenüber dem Bund, das Land Niederösterreich bzw. den anderen Ländern ist.
Ich frage Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn das so weitergeht, woher soll das Land
Niederösterreich in Zukunft die Gelder nehmen, um den Gemeinden zu helfen, die Kultur zu
unterstützen, die Landesstraßen zu bauen, den einzelnen Menschen zu helfen? Und wenn ich an die
vielfältigen Pressionen zur Vorfinanzierung denke, dann kommt mir das vor wie der Schnitt, den der
Hausvater persönlich an den Fußadern seiner neun Söhne und Töchter vornimmt.
Hoher Landtag! Eine mehr als zehnjährige sozialistische Budgetpolitik hat dazu geführt, daß nunmehr
der Finanzminister selbst offen zugeben muß, daß der Bundeshaushalt sanierungsbedürftig ist. 50
Milliarden Schilling Defizit im kommenden Jahr oder, wenn es schlechter geht, 70 Milliarden Schilling
sprechen eine deutliche Sprache. Auf Grund dieser Horrorziffer möchte ich Sie, meine sehr geehrten
Damen und Herren, an die Größenverhältnisse erinnern.
Das Gesamtbudget des Landes Niederösterreich beträgt ein Drittel des Defizits, das der
Finanzminister im kommenden Jahr macht. Wenn der Finanzminister von der Notwendigkeit
gesprochen hat, übrigens mehrmals seit vielen Jubelbudgets, daß das Bundesbudget saniert werden
müsse, dann ist von unserer Seite vor allem eines festzustellen: Diese Sanierung des Bundesbudgets
kann und darf nicht auf dem Rücken der Länder erfolgen! Wir glauben aber auch nicht, daß ein
Bundesbudget auf dem Rücken der Menschen dieses Landes saniert werden soll. Gerade die
niederösterreichischen Bürger, die zum Teil in den schwierigen Grenzregionen leben, werden durch
Belastungen am härtesten getroffen. Und was sich, meine sehr geehrten Damen und Herren, in der
letzten Woche im Parlament bei der Ausschußsitzung abgespielt hat, geht über den Begriff
,,Belastungswelle" bereits weit hinaus. Diese Woche im Parlament kostet die Österreicher mindestens
10 Milliarden Schilling mehr.
Die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Strom, Gas und Brennstoffe, die Leasing- Steuer, die
Erdölabgabe, die Bankensteuer, die Erhöhung der Bahntarife, die Erhöhung der Telefon- und
Portogebühren, die exorbitante Steigerung der Stempelgebühren, das sind Maßnahmen, meine
Damen und Herren, die viele Bemühungen des Landes Niederösterreich um eine menschliche Zukunft
unserer Bürger zunichte machen. Wir sind nämlich der felsenfesten Ansicht, daß man ein Budget nicht
durch Belastungen sanieren kann, sondern nur durch Sparsamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)
Im Gegensatz zum Bund beschreiten wir mit dem Budget 1981 diesen Weg, ohne daß die
Lebensqualität unserer niederösterreichischen Bürger beeinträchtigt werden muß. Wir von der
Österreichischen Volkspartei wollen die niederösterreichische Politik bewußt am Menschen
orientieren, wir werden an diese Aufgabe mit Optimismus herangehen, weil auch schon in der
Vergangenheit bewiesen wurde, daß selbst schwierigste Probleme mit Hilfe aller gelöst werden
können. Niederösterreich ist eine schöne Zukunft wert, und wir werden, das kann ich versprechen,
auch im Laufe dieser Budgetdebatte alles tun, um in vielen Bereichen diese menschliche Zukunft
sobald als möglich in Angriff zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Die Rednerliste zur Generaldebatte ist erschöpft. Der
Berichterstatter hat das Schlußwort. Berichterstatter
Abg. REISCHER: Ich verzichte.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Ich bitte das Hohe Haus, in die Spezialdebatte einzugehen. (Nach
Abstimmung über das Eingehen in die Spezialdebatte): Angenommen.
Ich beabsichtige, bei der Spezialdebatte die Beratung und Beschlußfassung des ordentlichen Teiles
über alle Gruppen, ,des außerordentlichen Teiles zu den Gruppen 0, 2, 4, 5, 6, 8 und 9, des
Konjunkturausgleichsteiles zu den Gruppen 2, 5, und 6 sowie des Dienstpostenplanes 1981 je unter
einem abzuführen und nach Verabschiedung des ordentlichen Teiles, des außerordentlichen Teiles,
des Konjunkturausgleichsteiles sowie des Dienstpostenplanes 1981 Über den Voranschlag des
Landes Niederösterreich für das Jahr 1981 als Ganzes hinsichtlich Erfordernis und Bedeckung und
über den Antrag des Finanzausschusses zum Voranschlag Punkt I bis Punkt VIII abstimmen zu
lassen.
Bei der Abstimmung über die einzelnen Gruppen des Voranschlages beabsichtige ich, zunächst über
alle allfälligen Abänderungs- oder Zusatzanträge zu den drei Teilen des Voranschlages 1981, dann
über die Gruppe selbst und zum Schluß über allfällig zu der jeweiligen Gruppe eingebrachte
Resolutionsanträge abstimmen zu lassen. Ich ersuche den Berichterstatter, Herrn Abg. Reischer, zur
Gruppe 0, Vertretungskörper und Allgemeine Verwaltung, ordentlicher und außerordentlicher Teil, zu
berichten.
Berichterstatter Abg. REISCHER: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die Gruppe 0,
Vertretungskörper und Allgemeine Verwaltung, weist ordentliche Ausgaben im Betrag von
2,777,022.000 Schilling aus, denen Einnahmen von 382,252.000 Schilling gegenüberstehen.
Diese Gruppe enthält Einnahmen und Ausgaben für Landtag, Landesregierung, Amt der
Landesregierung, Bezirkshauptmannschaften, Sonderämter, sonstige Aufgaben der allgemeinen
Verwaltung, Personalvertretung, Pensionen und Personalbetreuung.
Der prozentuelle Anteil der Gruppe am Ausgabenvolumen des ordentlichen Teiles des Voranschlages
beträgt 14,93 % .
An außerordentlichen Ausgaben sind in der Gruppe 0 22,902.000 Schilling vorgesehen.
Ich ersuche den Herrn Präsidenten, die Debatte einzuleiten.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Ich eröffne die Debatte. Zum Wort ist bisher niemand gemeldet.
Bitte, zu Wort gemeldet ist verspätet der Abg. Zimper.
Abg. ZIMPER: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Wir haben
heute eine Budgetdebatte begonnen - der Abg. Lechner hat es schon kurz angerissen -, die unter
politischen Vorzeichen steht, wie sie keiner von uns vor einem Jahr eigentlich auch nur annähernd
vermutet hätte. Die politische Landschaft Niederösterreichs hat sich von der letzten Budgetdebatte bis
heute, genauer gesagt eigentlich erst in den letzten Monaten, in massierter Form in einer politischen
und in einer personellen Dimension verändert, wie dies kaum jemals in einem Bundesland Österreichs
passiert ist und wie es in dieser konzentrierten Form auch in Niederösterreich noch nie der Fall
gewesen ist.
Die Volkspartei, meine Damen und Herren, hat einen politischen und einen personellen
Erneuerungsprozeß hinter sich, der auch von weniger gutmeinenden Kräften als imponierend
bezeichnet wird. Die Sozialistische Partei dieses Hauses war ihrerseits durch sehr tragische
Ereignisse gezwungen, tiefgreifende Veränderungen vorzunehmen. Äußerlich sichtbar werden diese
gewaltigen Veränderungen am deutlichsten dadurch, daß das Land Niederösterreich ab dem 22.
Jänner des nächsten Jahres eine Regierung haben wird, in der nur mehr zwei Persönlichkeiten aus
jener Mannschaft vertreten sein werden, die bis März 1979, bis zu den letzten Landtagswahlen, die
Geschicke dieses Landes geleitet haben. Lediglich die beiden Landeshauptmannstellvertreter
Siegfried Ludwig und Leopold Grünzweig, also nur zwei von insgesamt sieben Regierungsmitgliedern,
werden die Kontinuität der niederösterreichischen Landespolitik personifizieren. Alle anderen
Regierungsmitglieder werden neu sein.
Ich sage das deshalb, meine Damen und Herren, Hohes Haus, weil eine derartig weitgehende
personelle Veränderung an der Spitze der beiden im Landtag vertretenen Parteien zwangsläufig auch
die Frage nach einer möglichen Änderung des politischen Stils in Niederösterreich aufwirft und die
derzeit laufenden Parteienverhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ nur ein Indikator dafür sind, daß
gewisse Änderungen von beiden Parteien offenbar gewünscht, angestrebt und konkret in die Wege
geleitet werden. Für die Österreichische Volkspartei, meine Damen und Herren, darf ich festhalten,
daß wir eine Veränderung, sprich eine Verbesserung, des politischen Klimas in diesem Haus und in
diesem Land im Interesse des Landes als überaus wünschenswert und erstrebenswert erachten.
Es hat zwar auch in den letzten eineinhalb Jahren keine politische Eiszeit gegeben, wie es von
einigen Kommentatoren überspitzt bezeichnet wurde, und die beiden Parteien werden sicherlich auch
in Hinkunft nicht, frei nach Grünzweig, ,,Arm in Arm" durch die Lande ziehen. Ich glaube aber, daß es
angelegen sein sollte, jene Reibungsflächen zu vermeiden, die nach innen hin zur Schwächung des
politischen Handelns und nach außen hin zur Stärkung des öffentlichen Mißtrauens gegenüber der
Politik beitragen. Hier, glaube ich, sind Änderungen am Platz und auch erwünscht.
Keiner Änderung bedarf es hingegen im Bereich der sachlichen Politik des Landes Niederösterreich.
Ich glaube, daß heute alle Statistiken und Berichte und im wesentlichen die Aussagen aller Politiker
dieses Landes beweisen, daß sich der politische Weg Niederösterreichs bestens bewährt hat, dazu
geführt hat, daß sich unser Bundesland in vielen Bereichen vom Schlußlicht der Bundesländer an die
Spitze vorgeschoben hat und daß wir heute nationalen wie internationalen Vergleichen stolz
standhalten können. Auch eine bewährte Politik ist aber immer wieder mit neuen Impulsen zu erfüllen.
Und es ist die Volkspartei, die heute allen übrigen Parteien in Niederösterreich voraus hat, daß sie
sich bereits umfassende Klarheit nicht nur über personelle Änderungen, sondern auch über den Inhalt
ihres politischen Wollens und über alle landespolitischen Zielsetzungen verschafft hat.
Wir, meine Damen und Herren, sind daher mitten drin, Politik mit Entschlossenheit und einer klaren
Zielsetzung für dieses Land zu betreiben, und es ist sicherlich im Interesse Niederösterreichs zu
hoffen, daß auch alle übrigen demokratischen Parteien in Niederösterreich das mit dieser Klarheit bald
von sich behaupten können. Über die Inhalte der ÖVP-Politik, die, ausgehend von den Erkenntnissen
unseres Leitbildes 80 für Niederösterreich, in unserem Wahlprogramm für 1979 aktuell artikuliert und
mit neuen Impulsen erfüllt wurden, mit den Beschlüssen eines großen Parteitages am 8. November,
über diese Inhalte wird im Laufe der Budgetdebatte mit Sicherheit noch bei jedem einzelnen Kapitel
geredet werden.
Gestatten Sie mir nur einige Punkte, nämlich jene herauszunehmen, die sich aus unserem
grundsätzlichen politischen Wollen ergeben oder aber eine so einseitige Darstellung durch die
Sozialistische Partei erhalten haben, daß sie vor allem am Beginn einer neuen Gesprächsbasis
zwischen den Parteien einer eindeutigen Klärung bedürfen. Zwei Dinge sind es im wesentlichen,
meine Damen und Herren von der Sozialistischen Partei, die von Ihnen in der Öffentlichkeit immer
wieder hochgeschaukelt werden und die Sie sozusagen als politische Dauerbrenner vermarkten: die
angeblich so üble Personalpolitik in Niederösterreich und die angeblich so behinderte
Kontrollmöglichkeit der Minderheit dieses Hauses. Ich glaube, es ist gut und richtig, in beiden Fällen
eine klärende Darstellung zu geben.
Wir machen es grundsätzlich, meine Damen und Herren, auch in anderen Bereichen in der
Landespolitik so, und nur dadurch sind eigentlich objektive Vergleiche wirklich möglich, daß wir die
Leistungen, Erfolge und Statistiken unseres Landes mit den Zahlen und Gegebenheiten anderer
Bundesländer in Relation setzen und aus diesem Vergleich die Beurteilung der eigenen
landespolitischen Situation vornehmen. Stellen Sie sich nur vor, meine Damen und Herren, Hohes
Haus, wir machten das auch im Bereich der Personalpolitik so.
Keine Angst, ich mache es weder mir, aber auch nicht Ihnen, meine Damen und Herren, so leicht, ihre
Fragen nach der niederösterreichischen Personalpolitik mit Hinweisen lediglich auf die Zustände in
sozialistischen Bundesländern, in Wien, in Kärnten oder Burgenland, zu beantworten, wenngleich es
zugegeben verlockend wäre, und wenngleich man von vornherein einmal festhalten muß, daß
Niederösterreich diesen Vergleich mit sozialistisch dominierten Ländern hervorragend bestehen
würde. (Beifall bei der ÖVP. - Landeshauptmannstellvertreter Grünzweig: Sie gehen davon aus, daß
kein Mensch weiß, wie es dort zugeht!)
Ich gehe davon aus, meine Damen und Herren, daß Sie, Herr Landeshauptmannstellvertreter, in allen
öffentlichen Erklärungen zur Personalpolitik, bedauern und bekritteln, daß sich bei der
Personalvertretungswahl im Landesdienst so wenig Bedienstete zu Ihrer Partei bekennen. Sie gehen
der Ursache dieser Entwicklung eigentlich gar nicht auf den Grund, sondern behaupten, daß es
ausschließlich an der Aufnahmepolitik der Landesstellen liegen sollte. In einigen Fällen sind Sie dann
soweit gegangen, daß Sie schlicht und einfach den politischen Proporz im Landesdienst verlangt
haben. Sie haben diese Behauptungen immer wiederholt, auch wenn Sie sie immer wieder
zurücknehmen mußten. Ich zitiere Ihnen hier beispielsweise nur aus einem Fall eine Erklärung der
Arbeiter-Zeitung vom 19. Mai 1977. Erklärung der Arbeiter-Zeitung: ,,Wir haben in der Ausgabe vom
12. Dezember 1976 berichtet, daß Landeshauptmann Siegfried Ludwig (prophetisch
Landeshauptmann Siegfried Ludwig) Bewerber um die Aufnahme in den niederösterreichischen
Landesdienst aus politischen Gründen diskriminiere. Wir ziehen diesen Vorwurf mit dem Ausdruck
unseres größten Bedauerns zurück."
Sie ziehen diese Vorwürfe zwar mit Bedauern zurück, aber wenig später versuchen Sie, neuen Wind
mit diesen Argumenten zu machen. Um Ihnen nun aber endgültig, meine Damen und Herren, diesen
falschen Wind aus den politischen Segeln zu nehmen, hat der neue Landesparteiobmann der
Volkspartei und künftige Landeshauptmann von Niederösterreich, Siegfried Ludwig, angekündigt, die
Personalpolitik in Niederösterreich SO transparent zu machen, daß die gesamte Öffentlichkeit in der
Lage ist, den Wahrheitsgehalt Ihrer Unterstellungen in jedem Fall selbst überprüfen zu können. (Beifall
bei der ÖVP. - Abg. Fürst: Da hat man 30 Jahre dazu gebraucht!)
Ludwig hat angekündigt, daß objektive Aufnahmekriterien erstellt und veröffentlicht werden, nach
denen die Einstellung in den Landesdienst erfolgt. Ausbildung, Qualifikation, Alter, sozialer Status,
allenfalls die Entfernung zum Wohnort und ähnliche Dinge, sollen ausgeschrieben werden, die
Qualifikationsmerkmale festgelegt, die Bestellung im nachhinein ebenso öffentlich überprüfbar sein.
Höhere Dienstposten sollen ausgeschrieben werden, die Qualifikationsmerkmale festgelegt, die
Bestellung im nachhinein ebenso öffentlich rechtfertigbar werden.
Um dieses politische Wollen, meine Damen und Herren, des neuen Parteiobmannes der Volkspartei
und des künftigen Landeshauptmannes von Niederösterreich sofort zu exekutieren, darf ich Ihnen
einen Resolutionsantrag vorstellen (liest):
,,Resolutionsantrag
des Abg. Zimper zu Gruppe 0 des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1981; LT
236.
Die Landesregierung wird ersucht, für die Aufnahme von Bediensteten in den Landesdienst einen
Katalog von Kriterien zu erstellen, die für die vorgesehene Verwendung der Bewerber um Aufnahme
in den Landesdienst objektiv erforderlich sein sollen." (Landeshauptmannstellvertreter Grünzweig:
Was ist mit den Parteienverhandlungen?)
Das ist eine politische Willenserklärung, Herr Landeshauptmannstellvertreter, die keiner
Parteienverhandlungen bedarf, weil ja die eindeutige Klärung in der Sache
Landeshauptmannstellvertreter Ludwig bereits am Parteitag der ÖVP am 8. November 1980 in
Hollabrunn gegeben hat. Um diese Dinge hier durchzuführen, bedarf es gar keines anderen Anstoßes
als der klaren Erklärung des neugewählten Parteiobmannes. (Landeshauptmannstellvertreter
Grünzweig: Jetzt habe ich geglaubt, darüber gibt es Parteienverhandlungen! Wir sind das letztemal
vier Stunden beisammengesessen!)
Das ist eine politische Willenserklärung, die von Ludwig gekommen ist und die auch zu exekutieren
ist, und darum legen wir sie hier vor. Ich weiß nicht, warum Ihnen das so unangenehm sein sollte.
(Abg. Stangl: Derartige Anträge von uns haben Sie schon xmal abgelehnt!)
Nein, Herr Kollege, ganz im Gegenteil. Nur mit diesem Antrag können wir beweisen, daß die
bisherigen Beschuldigungen falsch waren. Das ist der Grund. Wir wollen also öffentlich überprüfbar
machen, damit festgestellt wird, daß auch bisher Ihre Unterstellungen nicht gehalten haben. Und noch
einmal: Um diese Klarheit, Herr Landeshauptmannstellvertreter, festzustellen, um diese Dinge hier zu
machen, bedarf es keines Anstoßes der Sozialistischen Partei, sondern das war die ausdrückliche
Willenserklärung des neuen Landesparteiobmannes der ÖVP am Parteitag am 8. November in
Hollabrunn, bitte. Nur, damit es klar ist.
Niederösterreich, meine Damen und Herren, ist damit das erste und einzige Bundesland, das seine
personalpolitischen Entscheidungen in so hohem Maße transparent und öffentlich überprüfbar macht.
Nicht dem politischen Proporz hinter verschlossenen Türen reden wir das Wort, sondern der
öffentlichen Transparenz dieser Dinge. (Beifall bei der ÖVP.)
Bevor Sie aber, meine Damen und Herren von der Sozialistischen Partei, neue Unterstellungen auf
diesem Gebiet anbringen, werden wir von Ihnen verlangen, daß Sie auch in den von Ihnen
dominierten Bereichen jenen öffentlichen Schritt setzen, den Ludwig für Niederösterreich gesetzt hat.
(Beifall bei der ÖVP.)
Sie haben ein breites Betätigungsfeld in der Sache vor sich, und wir werden ja sehen, meine Damen
und Herren, ob Sie die Transparenz in Ihren Bereichen genauso problemlos herbeiführen können wie
wir in Niederösterreich.
In diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, ist bedauerlich, ich darf das nur am Rande
erwähnen, daß Sie in einem Bereich, für den Sie zuständig sind, den betroffenen Arbeitnehmern
bislang eine gesetzliche Interessensvertretung nicht ermöglicht haben. Ich meine den großen Bereich
der Gemeindebediensteten. Ich will gar nicht eingehen auf die vielen Verhandlungen, die es schon
gegeben hat, auf die vielen Argumente. Ich möchte nur in dem Bereich unser Wollen unterstreichen,
daß auch diesen Arbeitnehmern rasch eine wirksame Personalvertretung ermöglicht wird, und darf
Ihnen deshalb einen weiteren Resolutionsantrag vorlegen (liest):
„Resolutionsantrag
des Abg. Zimper zu Gruppe 0 des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1981; LT
236.
Die Landesregierung wird ersucht, dem Landtag ehestens einen Gesetzentwurf über das
Personalvertretungsrecht der NÖ Gemeindebediensteten zur Beratung und Beschlußfassung
vorzulegen.''
Ein zweiter Punkt, meine Damen und Herren, auf den Sie Ihre politischen Aussagen aufhängen und
bei dem Sie wirklich in geradezu starker Weise die Vergleiche mit anderen österreichischen
Bundesländern außer acht lassen, das ist das Kontrollrecht der Minderheit bzw. die Konstruktion
unseres Kontrollausschusses. Ich halte eingangs fest und ich werde das sofort beweisen, daß die
Kontrollrechte, meine Damen und Herren, der Minderheitspartei in Niederösterreich deutlich besser
und effektiver sind als in allen übrigen österreichischen Bundesländern. Abgesehen von den
Bestimmungen der neuen Landesverfassung, die in ihren plebiszitären Möglichkeiten so weitgehend
und fortschrittlich ist, daß sich die übrigen Landesverfassungen und auch die Bundesverfassung nicht
annähernd damit messen können, ist auch das Kontrollrecht, meine Damen und Herren, der
Minderheit effektiver als in allen anderen, ich betone in allen anderen Bundesländern Österreichs.
In allen Ländern ist es so, 3daß die Zusammensetzung der Kontrollausschüsse des Landtages so
erfolgt wie die Zusammensetzung aller übrigen landtagsmäßigen Ausschüsse. Das heißt, die jeweilige
Mehrheitspartei hat auch in Kontrollangelegenheiten die Mehrheit und damit die Möglichkeit, die
Minderheit zu überstimmen. Im Burgenland, darf ich Ihnen sagen, da gibt es jetzt momentan noch gar
nichts, mit der neuen Landesverfassung ab September 1982 aber eine Konstruktion, einen
Kontrollausschuß, vier Mitglieder SPÖ, drei ÖVP. Kärnten vier SPÖ, zwei ÖVP, ein FPÖ - wieder die
Mehrheit für die regierende Mehrheitspartei. Wien zehn SPÖ, fünf ÖVP, ein FPÖ.
(Landeshauptmannstellvertreter Grünzweig: Wo ist denn der Obmann?)
Ich komme gleich darauf, Herr Landeshauptmannstellvertreter. Auch in Oberösterreich sieben ÖVP,
fünf SPÖ, ein FPÖ. In Tirol sieben OVP, drei SPÖ, ein FPÖ. Nur in Niederösterreich, meine Damen
und Herren, wurde eine Konstruktion außerhalb der üblichen Landtagsordnung gewählt.
Unser Kontrollausschuß ist der einzige, in dem die Minderheit des Hauses nicht überstimmt werden
kann. Obwohl die landtagsmäßigen Ausschüsse hier im Haus durchwegs mit vier zu drei
zusammengesetzt sind und daher in allen Gremien die Österreichische Volkspartei, legitimerweise
bitte, eine Mehrheit hat, besteht der Kontrollausschuß nur aus sechs Mitgliedern. Das bedeutet eine
Parität von drei zu drei, und damit hat die sozialistische Partei Niederösterreichs - meine Damen und
Herren, das ist wert, festgehalten zu werden - als einzige Partei in ganz Österreich, die Gewähr, daß
sie in Kontrollangelegenheiten von der Mehrheit nicht überstimmt werden kann. (Beifall bei der ÖVP.)
Das, meine Damen und Herren, ist das wahre Demokratieverständnis der Niederösterreichischen
Volkspartei und nicht das, was Sie der Öffentlichkeit immer weismachen wollen. Einzige Besonderheit
ist, zugegeben, Herr Landeshauptmannstellvertreter, daß die ÖVP in Niederösterreich bei dieser
Parität zumindest den Obmann des Ausschusses für sich beansprucht. Dieser kann aber nicht
dirimieren, und bei unserer Konstruktion ist auch nicht darauf zu vergessen, daß die Sozialistische
Partei einen Obmannstellvertreter stellt, der von allen möglichen Gegebenheiten her etwa gleichrangig
behandelt wird. Tatsache ist, meine Damen und Herren, (Abg. Icha: Na dann könnt Ihr ja tauschen!)
daß Sie in Niederösterreich, Ihre legitimen KontrolIrechte als Minderheit besser und effektiver ausüben
können als in jedem anderen österreichischen Bundesland. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich halte noch einmal fest: Wir, die Vertreter der Mehrheit in diesem Haus, haben Ihnen eine
Konstruktion eingeräumt, bei der Sie zum Unterschied von allen übrigen Bundesländern in
Kontrolldingen niemals überstimmt werden können, (Abg. Lechner: Was heißt eingeräumt?) dadurch
daß der Kontrollausschuß aus sechs Mitgliedern besteht. Alle übrigen Ausschüsse, so ist es in allen
anderen Bundesländern, sind so zusammengesetzt wie die übrigen landtagmäßigen Ausschüsse, und
nur, um Ihnen zu ersparen, daß Sie die Mehrheit in Kontrolldingen überstimmen kann, wurde in
Niederösterreich die Sonderkonstruktion, mit Ausnahme von allen übrigen Ausschüssen, mit sechs
Mitgliedern gewählt. So ist es also. (Abg. Stangl: Da hätten wir eine Verfassungsbestimmung
gebraucht! Glauben Sie, Sie hätten zugestimmt?)
Ich halte fest, Herr Kollege, daß Niederösterreich das einzige Bundesland Österreichs ist, wo die
Minderheit in Kontrolldingen nicht überstimmt werden kann. Das ist ein Faktum, an dem können Sie
nicht hinweg. Wir würden uns wünschen, Herr Kollege, daß die sozialistische Mehrheit, speziell in
Wien und auf Bundesebene, der ÖVP dort, wo wir in der Minderheit sind, die gleichen Rechte
einräumen würde. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich glaube, meine Damen und Herren, daß es einmal höchst notwendig war, mit jener
Legendenbildung aufzuräumen, die Niederösterreich als ein Land darstellt, das weniger demokratisch,
weniger kontrollfreundlich und weniger transparent ist als andere Bundesländer. (Abg. Stangl: Wenn
Sie so transparent gewesen wären, brauchten Sie nicht diesen Antrag!) Diese Art der politischen
Unterstellung entgegen aller politischen Wirklichkeit ist schließlich, meine Damen und Herren, ja auch
geeignet, den Ruf des Landes an sich zu schädigen. Wir von der Volkspartei sind grundsätzlich bereit,
uns mit jeder Art der Kritik und des Gedankenanstoßes auseinanderzusetzen. Nur die Kritik muß
annähernd der Wahrheit entsprechen und darf nicht irgendwo aus der Luft gegriffen werden. Diese Art
von Kritik wäre Rufmord.
Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Diese Art der Kritik wäre auch aus unserer Sicht sehr
verhängnisvoll. Immerhin, und ich glaube, da sind wir uns einig, leben wir in einer Zeit, in der die
Politik im allgemeinen und die Politiker im besonderen einer tiefen Vertrauenskrise unterworfen sind.
(Abg. Stangl: Steinbauer!) Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen, Herr Kollege!
Die Ursachen hiefür liegen allerdings nur vordergründig auf der Hand, denn ich zweifle gar nicht
daran, daß man nicht alles mit der Aufdeckung von Skandalen, mit dem Versuch, Skandale zu
vertuschen und so weiter, begründen und rechtfertigen kann. Sicherlich passiert uns das derzeit in
Österreich, und es ist ein einzigartiges Phänomen, von dem wir alle nur hoffen können, daß es recht
rasch zu einer umfassenden, klaren und sauberen Aufklärung kommt. Nur dann, wenn diese
Aufklärung in einer Form erfolgt, die befriedigend für die breite Öffentlichkeit ist, ist wieder eine
Chance gegeben, das Vertrauen in die Politik und die Politiker langsam wieder herzustellen.
Hohes Haus! Ich habe aber ausdrücklich gesagt, daß ich diese Skandale und die derzeitigen
politischen Auswirkungen dieser Dinge nur vordergründig als Ursache dafür halte, daß sich die
Menschen in immer stärker werdendem Ausmaß eigentlich von der Politik entfernen. Das ist kein
österreichisches Problem, sondern das ist eine Tatsache, die wir in Westeuropa, ja in der gesamten
westlichen Welt feststellen, und überall werden, auch von den demokratischen Parteien, neue Wege
gesucht, um dieser an sich verhängnisvollen Entwicklung entgegentreten zu können. Auch die
Niederösterreichische Volkspartei beweist seit Jahren ihre Entschlossenheit, durch eine verstärkte und
aktive Servicepolitik einem Beitrag zur Bewältigung dieses Zustandes zu leisten. Nicht nur, daß mit
der Erstellung der neuen Landesverfassung ein moderner und fortschrittlicher Weg gesucht wurde,
den niederösterreichischen Landesbürger stärker sowohl in die Gesetzgebung - ebenfalls einmalig in
Österreich - als auch stärker in die Vollziehung mit einzubeziehen. Nicht nur, daß es in diesem Land
seit Jahren funktionierende Beschwerde- und Informationsstellen gibt, und nicht nur, daß wir in einer
der letzten Sitzungen hier auch die Zuständigkeit des Volksanwaltes für Niederösterreich beschlossen
haben, auf dem Parteitag in Hollabrunn hat der künftige Landeshauptmann Ludwig auch angekündigt,
daß diese bürgernahe Politik im Land neue Impulse erfahren soll.
Ich glaube, daß der Weg, den Ludwig hier angedeutet hat, nämlich die wesentlich stärkere
Miteinbeziehung der Menschen dieses Landes in den politischen Entscheidungsprozeß, ein überaus
zielführender Weg ist, wenngleich ein zugegeben mühsamer Weg sein wird. Konkret wurde
angedeutet, daß man sich vorstellen könnte, beispielsweise gerade die nächste Phase der regionalen
Raumordnung so anzugehen, daß den betroffenen Bürgern der Region ein sehr persönliches
Mitspracherecht an den Entscheidungen über die Entwicklung ihres engeren Lebensraumes
eingeräumt wird. Mühsam wird das sicher deshalb, weil ein solcher politischer Weg eigentlich erst den
Zugang zu den Herzen und zu den Hirnen unserer Landesbürger finden muß, weil sie es in dieser
Dimension ja gar nicht gewohnt sind. Auch in Niederösterreich - machen wir uns gar nichts vor, meine
Damen und Herren, - ist es ja so, daß sich die Bürger durch das, was sie vordergründig als
Auswirkung der Politik kennenlernen, zwangsläufig in vielen Fällen überfordert fühlen.
Es ist auch kein Wunder, wenn man bedenkt, daß allein in der Zeit vom 1. Mai 1945 bis 1. September
1978 in Österreich insgesamt 18.951 Bundesgesetze erlassen worden sind. In dieser Zeit wurden
2.092 Gesetze außer Kraft gesetzt, und rund 4.000 Gesetze gelten sogar noch aus früheren Zeiten.
Die Unsicherheit mit den gesetzlichen Vorschriften, die vom Landesbürger als die normale erkennbare
Ausdrucksform des politischen Handelns empfunden wird, wird dadurch noch größer, daß der
Bundesgesetzgeber legistische Normen ändert, ohne daß im Titel des Gesetzes erkennbar wäre,
worum es sich im Inhalt handelt. Ich darf hier ein besonderes krasses Beispiel anführen:
Das Gesetz über die Neuordnung des Kindschaftsrechtes, Bundesgesetzblatt 403/1977. Im Art. 10
dieses Gesetzes wird ein Gesetz aus dem Jahre 1912 geändert, und diese gesetzliche Änderung
betrifft - man höre und staune - das Baurecht. Kein Mensch, glaube ich, wahrscheinlich nicht einmal
der gefinkeltste Jurist, würde die Änderung des Baurechtes unter dem Titel „Kindschaftsrecht"
vermuten und suchen. Ich stelle diese Dinge deshalb, meine Damen und Herren, mit großem
Bedauern in den Raum, weil ich mich mit dieser Materie schon im Vorjahr hier von diesem Rednerpult
aus beschäftigt habe und weil sie auch nicht mit dem grundsätzlichen Gedanken einer Servicepolitik
für die Landesbürger in Einklang steht, weil sich der Landtag im übrigen unter anderem auch im
Vorjahr damit beschäftigt hat, mit einer Resolution, wo die Wiederverlautbarung und die
Katalogisierung der Bundesverfassungsgesetze angeregt wurden.
Während im Landesbereich nunmehr zumindest versucht wird, durch eine EDV-gerechte Aufbereitung
die vollständige Erfassung, eine sinnvollere Einteilung und damit eine klarere, übersichtlichere
Zusammensetzung der gesetzlichen Maßnahmen zu erreichen, haben sich die Bundesstellen mit der
Bewältigung dieser Probleme sehr viel Zeit gelassen. Wie gesagt, Hohes Haus, ich halte diese
Entwicklung nicht deshalb für problematisch, weil sich die Juristen unseres Landes sehr viel schwerer
tun, sondern deshalb, weil ich es symptomatisch dafür halte, wie kompliziert das Verhältnis zwischen
Bürger und Politik bereits geworden ist.
Ich möchte daher zur Unterstreichung auch dieses unseres politischen Wollens einen weiteren
Resolutionsantrag stellen (liest):
„Resolutionsantrag
des Abg. Zimper zu Gruppe 0 des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1981; LT
236.
Zum Voranschlag des Landes Niederösterreich für das Jahr 1980 habe ich die Wieder- Verlautbarung
der österreichischen Bundesverfassung sowie die Katalogisierung aller Bundesverfassungsgesetze,
die in einfachen Bundesgesetzen enthalten sind, verlangt. Es ist sehr erfreulich, daß seitens des
Landes diesbezügliche Maßnahmen getroffen wurden.
In einem Schreiben des Herrn Präsidenten vom 8. Jänner 1980 wird hiezu folgendes ausgesagt:
Vom Legistischen Dienst wird derzeit eine Rechtsdokumentation aufgebaut, in der das gesamt NÖLandesrecht in der geltenden Fassung gespeichert sein soll. Mit Hilfe eines speziellen Programms
werden über ein Terminal jedes beliebige Wort oder logische Verknüpfungen bestimmter Wörter
abfragbar sein. Mit Hilfe dieses Informationserschließungssystems wird eine vollständige Erfassung
aller Landesverfassungsgesetze und in einfachen Landesgesetzen enthaltenen
Verfassungsbestimmungen relativ leicht möglich sein. Ein solcher Katalog könnte als Anhang zu dem
halbjährlich erscheinenden Register der geltenden Vorschriften des NÖ-Landesrechtes aufgenommen
werden.
Der Aufbau dieses Informationserschließungssystems wird voraussichtlich bis Juni 1980
abgeschlossen sein. Zu diesem Zeitpunkt wird der genannte Katalog erstellt werden.
Seitens des Bundes sind im Sinne der oben erwähnten Resolution bis nun keine abschließenden
Maßnahmen erfolgt.
Im Interesse eines bundesweiten Rechtsservice für den Staatsbürger stelle ich folgende
Anträge:
Die Landesregierung wird ersucht, bei der Bundesregierung dahin zu wirken, daß
1. die Kodifizierung der Bundesverfassung - ein diesbezüglicher Entwurf liegt im Parlament vor ehebaldigst dem Verfassungsrechtsbereich zugeführt wird,
2. im Interesse der Rechtsklarheit dem Nationalrat nicht Gesetzentwürfe vorgelegt werden, durch die
mehrere verschiedene Rechtsvorschriften geändert werden (sogenannte ,,Leges fugitivae") und
3. die Kundmachung von Rechtsvorschriften - das heißt die Bekanntmachung solcher - in Abkehr von
der bisherigen Methode derart erfolgt, daß jedermann die ihm obliegenden Rechte und Pflichten leicht
wahrnehmen kann."
Meine Damen und Herren! Hohes Haus! ich würde Sie bitten, allen Resolutionsanträgen die
Zustimmung zu geben. Ich darf abschließend meiner Überzeugung Ausdruck verleihen, daß sich die
niederösterreichische Landespolitik in dieser Art und Weise mit Sicherheit auch in den nächsten
Jahren wird erfolgreich behaupten können, denn die Voraussetzungen dafür sind gut und rechtfertigen
eigentlich jeden Optimismus. Auf der Basis der wirtschaftlichen Erfolge dieses Landes mit den
Möglichkeiten einer Landesverfassung, die den Bürgern viel mehr Rechte einräumt als anderswo, mit
der Grundhaltung politischer Verantwortungsträger, die den Landesbürgern viel mehr
Entscheidungsmöglichkeiten einräumt als anderswo, mit dem demokratischen Selbstverständnis, das
schließlich auch der politischen Minderheit in diesem Land mehr Rechte und Möglichkeiten einräumt
als anderswo und mit dem gemeinsamen Bekenntnis zur Arbeit im Interesse dieses Landes ist in
Niederösterreich, Hohes Haus, sicherlich ein politischer Arbeitsstil möglich, um den uns andere
Länder beneiden müßten. Die Volkspartei bekennt sich dazu, diesen Weg anzustreben. (Beifall bei
der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt der Abg. Deusch.
Abg. DEUSCH: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Ausgaben
für das Personal und somit auch den Leistungen des Personals einer so großen Körperschaft, wie sie
nun einmal das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung darstellt, kommt im
Landesvoranschlag natürlich eine wesentliche Bedeutung zu. Dementsprechend findet die Gruppe 0
auch bei der Budgetdebatte ihren Niederschlag. Der Landesvoranschlag 1981 für den
Personalaufwand weist gegenüber dem heurigen Jahr eine Steigerung von 9,6% auf. In diesem
Mehraufwand wurden die Neuaufnahmen und die Personalübernahmen von Grimmenstein, die
allfälligen Beförderungen und Vorrückungen der Bediensteten sowie eine 6%ige Personalreserve, da
ja zum Zeitpunkt der Erstellung des Voranschlages das Ausmaß der Gehaltserhöhung der öffentlich
Bediensteten für das Jahr 1981 noch nicht bekannt war, eingebaut.
Inzwischen wurden die Verhandlungen abgeschlossen, und nun wissen wir, daß die tatsächliche
Gehaltserhöhung ab 1. Jänner 1981 6,2% beträgt und daß für die unteren Gehaltsempfänger eine
monatliche durchschnittliche Gehaltserhöhung von etwa 300 Schilling ab 1. Juli 1981 als erste Etappe
in Kraft tritt. Somit ist sicher, daß mit der veranschlagten Personalreserve von 6 % kein Auslangen
gefunden werden kann, sondern eine höhere Personalreserve notwendig gewesen wäre. Dem
dadurch notwendig werdenden Nachtragsbudget werden wir selbstverständlich unsere Zustimmung
geben.
Der Dienstpostenplan 1981 beinhaltet eine Vermehrung von insgesamt 346 Dienstposten gegenüber
dem heurigen Dienstpostenplan. Die Vermehrung dieser Dienstposten erfolgt ausschließlich im
Dienstleistungsbereich, hauptsächlich eben durch die Übernahme der Bediensteten der Anstalt
Grimmenstein. Weiters sind drei neue Dienstposten zu einer fünfzigprozentigen Belastung des
Bundes und 29 neue Dienstposten zur gänzlichen Belastung des Bundes vorgesehen. Die in der
Hoheitsverwaltung systemisierten Dienstposten konnten gleichgehalten werden.
Zu den Leistungen unseres Personals muß man objektiverweise sagen, daß im
Dienstleistungsbereich, sei es in den Landeskrankenhäusern, in den Heimen oder im
Straßenerhaltungsdienst, um nur die größten Gruppen zu nennen, vorbildliche Dienste für die
Allgemeinheit geleistet werden und Worte des Lobes und der Anerkennung sicherlich nur den
bescheidensten Dank darstellen. Leider finden die Bediensteten des administrativen und legislativen
Dienstes mit ihrer Arbeit nicht die Anerkennung in der Öffentlichkeit, die sie sich verdienen würden.
Meines Erachtens ist ihr schlechtes Image darin begründet, daß niemand oder zumindest nur wenige
über die vielfältigen Probleme, denen sie sich bei ihrer Aufgabenerfüllung gegenübersehen, über die
Qualität der erbrachten Leistungen und über die Umstände, unter denen diese erbracht werden,
Bescheid weiß bzw. Bescheid wissen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem mein Vorredner, der Herr Kollege Zimper, die
Personalpolitik, wie er sie aus seiner Sicht sieht, dargestellt hat, erlauben Sie mir auch, einige Aspekte
zur Personalpolitik in unserem Land, und zwar wie ich diese Landespolitik sehe, darzustellen. Die
Personalpolitik des Österreichischen Arbeiter- und Angestelltenbundes im Bereiche des Amtes der
Niederösterreichischen Landesregierung wird seitens der sozialistischen Abgeordneten seit dem
Jahre 1952, als der ÖAAB-Kaiser Viktor Müllner erklärt hatte, er werde die Roten im Lande auf den
Aussterbeetat setzen, heftig kritisiert, leider ohne Erfolg. Es wurden diesbezüglich von den
sozialistischen Abgeordneten Resolutionen eingebracht, die eine Änderung dieses Kurses hätten
bewirken sollen, ebenso ohne Erfolg.
Als Herr Landeshauptmann Maurer bei seiner Amtsübernahme erklärte, er werde nach bäuerlicher Art
den vorhandenen Mist entfernen, hat er sonderbarerweise die kompromißlose Personalpolitik des
Österreichischen Arbeiter- und Angestelltenbundes für durchaus richtig befunden. Ja, er hat sogar
diesen vom ÖAAB eingeschlagenen Weg, den kein Andersgesinnter und kein Andersdenkender
betreten darf, mit Bemerkungen verteidigt, die wir noch von keinem Landeshauptmann hören konnten.
Nämlich angesprochen auf die Praxis daß beim Land Niederösterreich nur jene in den Dienst
aufgenommen werden, die Mitglied beim Österreichischen Arbeiter- und Angestelltenbund sind,
meinte er in aller Öffentlichkeit: ,,Na, ich werde mir doch keine Laus in den Pelz setzen!" Damit
wurden alle Andersdenkenden und Andersgesinnten als Läuse qualifiziert, und Läuse sind ja
bekanntlich nichts Erfreuliches.
Nun fand am 8. November dieses Jahres der Niederösterreichische ÖVP-Landesparteitag in
Hollabrunn statt, bei dem der designierte Landeshauptmann und bisherige Vollstrecker der ÖAABPolitik in der Niederösterreichischen Landesregierung, Herr Landeshauptmannstellvertreter Ludwig,
hinsichtlich der künftigen Personalpolitik eine Äußerung gemacht hat, die eine Abweichung vom
bisherigen Kurs bedeuten könnte. Mein Vorredner, der Herr Kollege Zimper, hat uns sehr ausführlich
darüber berichtet. (Abg. Zimper: Ich hoffe, auch befriedigend!) Der Herr
Landeshauptmannstellvertreter kündigte nämlich an, daß man die künftigen Personalentscheidungen
transparenter gestalten und die Ausschreibung von Spitzenpostionen durchführen will. Wir wollen
zunächst nicht skeptisch sein, aber man wird den Realitätswert dieser Äußerungen sicher prüfen
müssen. Hoffentlich sind es keine Worthülsen, die nur dazu dienen, um der Bevölkerung Sand in die
Augen zu streuen.
So wie mein Vorredner, Herr Kollege Zimper, hat auch am Landesparteitag der neugewählte
Landesparteiobmann angekündigt, daß man sich aber zuerst die roten Gemeinden bzw. die roten
Länder ansehen müsse. Gemeint hat der Herr Landeshauptmannstellvertreter sicher damit, daß in
den nieder- österreichischen Gemeinden mit sozialistischer Mehrheit eine dem Land Niederösterreich
ähnliche Personalpolitik betrieben wird. Und hier muß ich ihm widersprechen. (Abg. Zimper und Abg.
Ing. Kellner: Ich glaube auch, denn dort ist es viel schlimmer.)
Nein, man kann sich nämlich Gemeinden mit sozialistischer Dominanz ansehen, zum Beispiel St.
Pölten (Abg. Kurzbauer: Neunkirchen!) Dort ist die Krankenhauspersonal- Vertretung mit fünf zu zwei
zusammengesetzt. Fünf von der SPÖ, zwei von der ÖVP. Oder betrachten wir Amstetten, wo es in der
Krankenhauspersonalvertretung vier zu vier steht. (Abg. Zimper: Wr. Neustadt sagen Sie auch noch
geschwind!) Vier SPÖ und vier ÖVP!
Ähnlich sind die Verhältnisse in anderen Gemeinden. Bitte, zum Beispiel in Horn, Zwettl, Waidhofen,
Scheibbs, Mistelbach sind sie ähnlich wie in Wiener Neustadt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aber schon allein mit - (Abg. Zimper: Gute
Peronalvertretungen! - Abg. Buchinger: Bei der Bundesbahn vielleicht!) ich komme noch darauf zu
sprechen, Herr Kollege, - den Gemeinden Amstetten und St. Pölten ist der Beweis erbracht, daß es in
Gemeinden mit sozialistischer Mehrheit beileibe keine rote Personaldiktatur gibt und in diesen
Gemein- den auch Andersdenkende und Andersgesinnte aufgenommen werden. (Abg. Fidesser: Sie
sind ein typisches Beispiel. Eggenburg, Herr Abg. Deusch! - Abg. Stangl: Das ginge in Hollabrunn
nicht! - Abg. Buchinger: Im Bundesbereich auch vielleicht?)
Auch bei den Österreichischen Bundesbahnen, die der Herr Kollege Zimper und der Kollege
Buchinger erwähnt haben, (Abg. Buchinger: Wie war denn die im Bund?) sind die
Personalvertretungswahlen ein Beweis, daß dort keine rote Personaldiktatur besteht. Sie, meine sehr
geehrten Damen und Herren der rechten Reichshälfte, müssen offen und ehrlich zugeben, daß so
mancher Bauernbursche, der in der Landwirtschaft seine Existenz nicht mehr finden konnte, bei den
Österreichischen Bundesbahnen aufgenommen wurde, ohne daß von ihm die Zugehörigkeit zur
sozialistischen Partei gefordert wurde. (Abg. Fidesser: Aber die Eltern darf man nicht mehr grüßen!) In
der Praxis sieht es bei den Österreichischen Bundesbahnen nämlich so aus, daß bei Personalbedarf
jeder, der die Aufnahmeprüfung besteht und den ärztlichen Tauglichkeitsbefund erhält, aufgenommen
wird.
Auch die Gemeinde Wien haben Sie, Kollege Zimper, im Vorjahr schon erwähnt. Nun, wir wären froh,
wenn im niederösterreichischen Landesdienst ähnliche Verhältnisse herrschen würden, obwohl die
politische Zusammensetzung im Bundesland Niederösterreich eine wesentlich andere ist als in Wien.
(Abg. Kurzbauer: Das glaube ich! - Abg. Zimper: Die politischen Verhältnisse von Wien hätte ich nicht
gerne in Niederösterreich!)
Ihre Behauptungen, Herr Kollege Zimper, entsprechen also nicht den Tatsachen. Wie sieht es denn
wirklich im niederösterreichischen Landesdienst aus? Vom Bezirk Horn, aus dem ich komme, kann ich
nur sagen, daß bei der Bezirkshauptmannschaft nur über die Mitgliedschaft beim Österreichischen
Arbeiter- und Angestelltenbund eine Aufnahme stattfindet. (Abg. Wedl: Hört! Hört!) Beim
Straßenerhaltungsdienst werden jene Bewerber, die nicht dem Österreichischen Arbeiter- und
Angestelltenbund angehören, auf die Warteliste gesetzt, und dort warten sie bis zum Sankt
Nimmerleinstag, (Abg. Buchinger: Fragen Sie doch Ihre Minister, was die machen!) wenn sie nicht
dem ÖAAB beitreten. (Abg. Buchinger: In den Ministerien bleiben die Aufnahmeansuchen monatelang
im Ministerbüro liegen!) So, meine sehr geehrten Damen und Herren, sieht die Wirklichkeit aus.
übrigens, Herr Kollege Buchinger, müßten Ihnen die vielen ungültigen Stimmen bei den letzten
Personalvertretungswahlen im Landesdienst zu denken geben. (Beifall bei der SPÖ)
Wir sozialistischen Abgeordneten fordern daher mit Berechtigung, daß die allgemeine Verbotstafel für
Andersdenkende und Andersgesinnte auf dem Weg zum niederösterreichischen Landesdienst
endgültig entfernt wird. (Beifall bei der SPÖ. - Abg. Buchinger: Sind Sie aber auch dafür, daß das im
Bundes dienst so ist? Zum Beispiel bei Gendarmeriepostenbesetzungen usw., sind Sie da auch
dafür?)
Ich erlaube mir daher, folgenden Resolutionsantrag vorzulegen (liest):
,,Resolutionsantrag
des Abg. Deusch, zu Gruppe 0 des ordentlichen Teiles des Voranschlages 1981, LT 236.
Die Landesregierung wird aufgefordert, alle frei werdenden Arbeitsplätze im Bereich der
Landesverwaltung in geeigneter Form bekanntzugeben und öffentlich auszuschreiben." (Beifall bei der
SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Meine Damen und Herren, ich unterbreche die Verhandlungen über
den Voranschlag des Landes. Die Verhandlungen werden um 14.00 Uhr mit der Gruppe 0 fortgesetzt.
Die Sitzung ist unterbrochen.
(Unterbrechung der Sitzung um 12.45 Uhr. - Wiederaufnahme der Sitzung um 14.00 Uhr.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. Wir setzen die
Beratungen zum Voranschlag mit der Behandlung der Gruppe 0 fort. Zum Worte gelangt der Abg. Dr.
Bernau.
Abg. Dr. BERNAU: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte
ein paar Worte zu dem Problem des Forderungsprogrammes der österreichischen Bundesländer
sagen. Gestatten Sie mir nur, daß ich eine kleine Anmerkung zu den Ausführungen des Herrn Abg.
Lechner hinsichtlich seiner Kritik an den Publikationen der Handelskammer Niederösterreich mache.
Herr Abgeordneter, es ist nicht richtig, wenn Sie hier die These vertreten, bzw. wenn Sie behaupten,
daß die Handelskammer Niederösterreich aus rein parteipolitischen und durchsichtigen Gründen ihre
Publikationen so gestaltet, daß sie - ich glaube, Sie haben das Wort gebraucht - Unsicherheiten in der
Öffentlichkeit verstreuen. Ich möchte Sie also hier wirklich im Interesse der Handelskammer und auch
meiner Kollegen der Handelskammer bitten, diese Behauptung nicht aufrechtzuerhalten, da sie nicht
stimmt.
Ich glaube, die Handelskammer Niederösterreich hat mit ihrem Bestand sehr wohl bewiesen, daß sie
als öffentlichrechtliche Körperschaft bereit ist, die Dinge objektiv zu sehen. Natürlich hat sie Sorgen
um die Belange der Wirtschaft und hat nicht nur das Recht, sondern auch die Verpflichtung, diese
Sorgen entsprechend aufzuzeigen. Daß Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der
sozialistischen Seite, diese Objektivität der Handelskammer durchaus anerkennen, brauche ich Ihnen
nur in Erinnerung zu rufen, da fast keine Budgetdebatte vergeht, wo nicht einer Ihrer Redner hier am
Pult im Rahmen seiner Argumentation das Jahrbuch der Handelskammer herauszieht und es als
Beweisführung für seine Argumentation vorbringt. Ich glaube, daß (damit hinreichend die Objektivität
dieser Publikationen bewiesen ist, weil Sie das selbst in Ihren Reden hier mehrfach unter Beweis
gestellt haben. Soweit diese Klarstellung.
Was nun das Forderungsprogramm der Bundesländer betrifft, so ist dieses bereits seit dem Jahre
1976 anhängig. Es ist ein Programm, das von der Idee des förderalistischen Bundesstaates ausgeht.
Daher ist vielleicht der Begriff ,,Forderungsprogramm" nicht ganz zutreffend, weil es eigentlich nur
darum geht, dem Bundesstaat einerseits wieder echtes Leben einzuhauchen und andererseits den da
und dort und immer im verstärkten Ausmaß zu bemerkenden zentralistischen Bemühungen
entsprechend Einhalt zu gebieten. Es geht also vor allem um eine sinnvolle Gestaltung des
Zusammenwirkens der Gebietskörperschaften, nämlich des Bundes, der Länder und der Gemeinden.
Daher zielt das Forderungsprogramm weniger darauf hin, neue Kompetenzen zu erhalten, sondern es
bezweckt vielmehr, eine ungerechte Bevormundung der Länder durch den Bund hintanzuhalten und
das Mitspracherecht der Länder in den für sie wichtigen Angelegenheiten entsprechend zu verstärken.
In dem Zusammenhang wäre einmal mehr wieder die Überlegung anzustellen, wie man die zweite
gesetzgebende Körperschaft des Bundes, nämlich den Bundesrat, verfassungsrechtlich so ausstatten
könnte, daß er seiner Aufgabe als echte Länderkammer auch wirklich gerecht werden kann.
Eine Mindestforderung müßte dabei erfüllt werden, nämlich daß Verfassungsänderungen, die das
Recht der Länder berühren nur bei Zustimmung des Bundesrates mit Zweidrittelmehrheit beschlossen
werden können. Dem Grundsatz der Gleichheit der Gliedstaaten, also unserer Bundesländer würde
man auch entsprechen, wenn die Länder die Befugnis erhielten auch völkerrechtliche Verträge mit
anderen Staaten oder zumindestens mit Teilstaaten abzuschließen, wenn ihre Interessen berührt
werden. Beispielsweise gab es einmal eine große Frage bezüglich der Grenzübergänge zwischen
Niederösterreich und Mähren, oder die Fragen die sich aus dem Kontakt zwischen dem Freistaat
Bayern und dem Bundesland Salzburg oder Tirol ergeben, um nur einige dieser Fragenkomplexe zu
nennen.
Daß dieser Wunsch der Bundesländer keineswegs abstrakt ist, mögen Sie daraus ersehen, daß zwei
uns benachbarte Staaten nämlich die Schweiz und die Bundesrepublik Deutschland, dieses Recht
ihren Gliedstaaten durchaus einräumen und damit auch Erfolg gehabt haben. Selbstverständlich
müssen solche Verträge, wenn sie beschlossen werden, der Zustimmung des Bundes unterliegen.
Natürlich wäre damit dann auch dem gesamtstaatlichen Interesse Rechnung getragen.
Aber auch über dem großen Ozean, in den Vereinigten Staaten von Amerika, sind in der Verfassung
ähnlich Bestimmungen enthalten, wie ich überhaupt feststellen muß, daß dort das föderalistische
Prinzip wirklich wesentlich höher geachtet wird als bei uns. Es wird Sie vielleicht interessieren, daß
beispielsweise in der amerikanischen Länderkammer jeder Gliedstaat, jeder Teilstaat, mit der gleichen
Anzahl von Delegierten vertreten ist. Beispielsweise schickt der Staat New York mit 18,4 Millionen
Einwohnern dieselbe Anzahl von Delegierten in die Länderkammer wie der Staat Nevada mit, glaube
ich, 454.000 Einwohnern.
Eine weitere mir unverständliche Bevormundung der Länder stellt auch die derzeitige Handhabung
des Einspruchsrechtes des Bundes gegenüber Landesgesetzen dar. Dieses Einspruchsrecht, meine
Damen und Herren - das haben wir öfters hier im Landtag erlebt -, hat sich in der Praxis eigentlich zu
einer Aufsicht über die Landesgesetzgebung entwickelt, und diese Entwicklung können wir in den
Ländern ganz einfach nicht hinnehmen. Ich darf Sie erinnern, daß wir bei Gesetzen Verzögerungen
hatten, weil der Bund von seinem Einspruchsrecht entweder nicht, oder zu spät, oder erst nach langer
Zeit entsprechend Gebrauch gemacht hat. Ich glaube daher, das Einspruchsrecht des Bundes gegen
die Gesetzesbeschlüsse des Landtages müßte ausdrücklich auf allenfalls behauptete Eingriffe in die
Bundeszuständigkeit beschränkt werden. Soweit ist es zu bejahen, aber das müßte auch wirklich
vollkommen genügen.
Ein weiteres Beispiel mangelhafter förderalistischer Gesinnung des Bundes oder des
Bundesgesetzgebers ist in der derzeit gehandhabten Grundsatzgesetzgebung zu erkennen. Da
kommt es sehr oft vor, daß die Grundsatzgesetze vom Bund schon so im Detail geregelt sind, daß den
Ländern bei der Erstellung der Ausführungsgesetze überhaupt oder kaum mehr ein entsprechender
freier Spielraum zusteht.
Ich glaube, auch hier müßte man eine Änderung vornehmen. Ich habe aus den Protokollen ersehen,
daß hier eine gewisse Bereitschaft seitens des Bundes schon vorliegt. Es wurden also sehr
umfangreiche Wünsche vorgetragen, etwa gibt es 40. Ich möchte sie gar nicht alle hier im Detail
aufzählen, doch eines möchte ich erwähnen, weil es ein sehr alter Wunsch der Bundesländer ist. Er
geht schon mehr als zwanzig Jahre zurück, das ist das Problem der Sicherheitsdirektionen.
Die Forderung der Bundesländer nach Auflösung der Sicherheitsdirektionen wurde bisher vom Bund
abgewiesen, vielleicht auch deswegen, weil die Länder sich nicht ganz einig waren. Die drei
sozialistisch dominierten Bundesländer haben sich diesem Wunsch, wenn überhaupt, nur sehr
zögernd angeschlossen. Der Bundeskanzler hat in der letzten Zeit angeführt, daß er keine
Gesprächsbereitschaft zeigen könne, denn die Ereignisse im Zusammenhang mit der vor zwei Jahren
durchgeführten Lkw-Blockade hätten ihn davon überzeugt, daß es richtig sei, wenn diese
Sicherheitsdirektionen weiterhin in der Kompetenz des Bundes blieben. Gerade das ist ein sehr
schlechtes Beispiel. Ich glaube, daß es sich hier durchaus als günstig erwiesen hätte, wenn die
Länder selbst diese Kompetenz gehabt hätten. Es wäre den Landeshauptleuten wahrscheinlich viel
leichter gefallen, mit den streikenden Frächtern zu sprechen, als den Vertretern des Bundes, die ja
eigentlich für diese Maßnahmen, die damals gesetzt wurden, die Hauptverantwortung getragen
haben.
Es gibt, meine Damen und Herren, eine bedeutende Anzahl von Wünschen der Länder, die sich auf
den Föderalismus beziehen. Ich möchte nur einige kurz anführen, wie zum Beispiel die Beseitigung
des Erfordernisses der Zustimmung der Bundesregierung bei der Bestellung des
Landesamtsdirektors, die heute noch immer notwendig ist, dann das Notverordnungsrecht der
Landesregierungen oder auch die Überführung des Denkmalschutzes, um nur einiges in mittelbarer
Bundesverwaltung Liegendes zu erwähnen.
Aber auch ein spezielles Kapitel möchte ich hier anschneiden, nämlich jenes, das die Länder und zum
Großteil auch die Gemeinden sehr berührt, das ist die Frage der Finanzen. Der Landtag von
Niederösterreich hat sich schon öfters mit den zentralistischen Strukturen der Finanzverfassung
beschäftigt. Ich darf erinnern, daß wir eine Novelle zum Finanz-Verfassungsgesetz 1948 erarbeitet
haben und dem Bund mit einer Resolution, das Finanzgesetz 1948 diesbezüglich zu ändern, zur
Verfügung gestellt haben.
Unsere rechtspolitischen Vorstellungen sind im Sinne des Grundsatzes der Gleichheit aller
Gebietskörperschaften dahin gegangen, daß bei Abschluß eines Finanzausgleiches den Ländern und
den Gemeinden die gleichen Vertragschancen einzuräumen seien, die derzeit nur der Bund hat. Es
widerspricht dem Bundesstaat, wenn im Bereich des Abgabenwesens dem Bund auf Grund seiner
Kompetenz-Kompetenz ohne Rücksicht auf die anderen Gebietskörperschaften finanzielle
Möglichkeiten geboten sind. Dazu kommt noch, daß der Bund in der einfachen Gesetzgebung die ihm
eingeräumte dominante Stellung sehr oft zu Lasten der Länder und der Gemeinden ausnützt bzw.
ausnützen kann und der aus diesem Titel weit mehr Mittel in Anspruch nimmt, als sie ihm unter
Berücksichtigung einer gleichmäßigen Deckung der notwendigen Aufgaben zustehen würden. Dieses
Mißverständnis wird noch laufend dadurch vergrößert, daß ausschließlich Bundesabgaben und
gemeinschaftliche Bundesabgaben, an deren Erträgnissen der Bund einen Großteil für sich in
Anspruch nimmt, erhöht werden. Aber darüber, meine sehr geehrten Damen und Herren, höre ich,
werden ja noch meine Nachredner einiges zu sagen haben.
Nun stehen diese Verhandlungen über das Forderungsprogramm der Bundesländer unter einem nicht
ganz glücklichen Stern. Es ist natürlich begreiflich, aber nicht ganz verständlich, daß der Bund auf die
Wünsche der Länder mit einer sehr umfassenden Gegenforderung reagiert hat. Deswegen nicht ganz
verständlich, weil sich das Forderungsprogramm der Bundesländer fast ausschließlich nur gegen den
überspitzten Zentralismus wendet. Ich fürchte daher, daß es durch dieses Forderungsprogramm, das
jetzt von Seiten des Bundes vorgelegt wird, zu einer weiteren Verzögerung der Verhandlungen, die
ohnehin schon seit dem Jahre 1977 laufen und die unter dem Vorsitz des Staatssekretärs Löschnak
durchgeführt werden, kommt, und ich glaube, das wäre nicht ganz im Sinne der seinerzeitigen
Beschlüsse. (Abg. Binder: Es war im Parlament!) Ja, es war im Parlament, ich weiß es. Ich werde
Ihnen gleich an Hand einer Statistik sagen, wie im Augenblick die Verhandlungen ausschauen.
Vielleicht darf ich vorher ganz wenige Forderungen, die der Bund an die Länder stellt, erwähnen.
Da ist zum Beispiel einmal die Angelegenheit des Umweltschutzes, wo man bisher auch nicht
weitergekommen ist, weil man verlangt, daß Vereinbarungen mit den Bundesländern nach Art. 15a
des Bundesverfassungsgesetzes abgeschlossen werden sollen. Hier wäre der Bund zu erinnern, daß
er bis jetzt nicht einmal imstande gewesen ist, die gesetzlichen Regeln auf dem Gebiete der
Raumordnung zu treffen und seine Kompetenzen entsprechend zum Einsatz zu bringen. Natürlich gibt
es die öffentliche Raumordnungskonferenz, die sehr ordentlich arbeitet, aber es ist halt einfach kein
echter Ersatz für die mangelnde gesetzgeberische Tätigkeit des Bundes. Der Herr Bundeskanzler hat
in seinen Ausführungen selbst einmal gemeint, die ÖROK würde wohl eine sehr gute Zusammenarbeit
aller ermöglichen, sei aber doch ein bißchen zu wenig effizient.
Weitere Fragen bestehen auf dem Gebiete des Baurechtes, wo der Bund seine Zuständigkeit zwar im
Hinblick auf die Mindestvorschriften von baupolizeilicher Art wahrnimmt - durchaus eine Frage, über
die man reden kann; dann Forderungen hinsichtlich der Erwachsenenbildung, hier wird es schon
wesentlich schwieriger, und Fragen der Organisation des Zivilschutzdienstes bzw. der
Katastrophenhilfe über Ereignisse mit überregionaler Bedeutung. Darüber wird man mit den Ländern
sicherlich auch sprechen können.
Wo es aber problematisch wird, meine Damen und Herren, das ist die Frage, die sicherlich in das
Forderungsprogramm des Bundes bzw. in das Gegenforderungsprogramm des Bundes aufgenommen
wurde, der sogenannten Demokratisierung der Bezirksverwaltungsbehörden. Das ist ein langgehegter
Wunsch der Sozialisten in einigen Bundesländern, den hat also der Bund aufgenommen. Ich möchte
mich mit der Frage heute wirklich nicht beschäftigen, wir haben das ja im Landtag schon sehr
ausführlich und sehr oft getan. Die Argumente sind Ihnen allen hinlänglich bekannt, und ich möchte
sie daher nicht wiederholen.
Eines möchte ich aber hier doch erwähnen, nämlich daß die Gemeinden in ihrer Autonomie durch
diese sogenannte Demokratisierung der Bezirksverwaltungsbehörden zweifellos eine beachtliche
Einschränkung erfahren würden und daß damit, ich darf es so bezeichnen, die großen
rechtspolitischen Errungenschaften der Verfassungsgesetznovelle 1962 zum Teil mehr als in Frage
gestellt würden. In diesem Zusammenhang erlaube ich mir, auch den Herrn Bundeskanzler zu
zitieren, der in seiner Regierungserklärung 1979 bezüglich der Gemeinden erwähnte, wörtlich: ,,Die
Gemeinden entsprechen infolge ihrer Bürgernähe dem Gedanken der demokratischen
Dezentralisation am ehesten und am unmittelbarsten." Hier stimmen wir mit dem Herrn Bundeskanzler
völlig überein, und ich glaube, daß daher diese Zwischenschaltung gar nicht mehr opportun ist.
Nun, Sie haben mich gefragt, Herr Kollege, wie es damit ausschaut. Die Verhandlungen sind bisher so
gelaufen, daß von den Forderungen der Bundesländer zwei erfüllt wurden. Darunter ist die
Festsetzung der Höchstzahl der Mitglieder der Landtage - hier ist also eine Lockerung eingetreten und die Anhörung der Landesregierung vor Ernennung des Militärkommandanten. Diese Wünsche
sind erfüllt. Weitere sechs Forderungen - so scheint es - könnten erfüllt wer- den. Bei diesen kann
man mit einer Teilerfüllung rechnen. Dazu gehört unter anderem auch das von mir vielzitierte Problem
der Ernennung des Landesamtsdirektors.
Was die weiteren Kompetenzen des Bundesrates betrifft, sind diese zwei Forderungen an den
Gesetzgeber weitergeleitet worden und in vier Fragen erwarten die Bundesländer noch eine
entsprechende Klarstellung. Das heißt also, 14 Fragen dürften einer positiven Erledigung zugeführt
werden, weitere sechs Fragen sind offen. 20 Wünsche haben keine Erfüllung gefunden, und wie es im
Augenblick ausschaut, dürften sie auch keine Erfüllung finden. Zwei Forderungen sind überhaupt noch
offen und nicht besprochen worden, und die Gegenforderungen des Bundes, von denen er
ausdrücklich sagt, daß sie nicht taxativ, sondern demonstrativ aufgezählt sind, sind immerhin 15.
Das heißt also, das, was die Bundesländer mit viel Begeisterung, mit viel Freude begonnen haben,
scheint jetzt doch nur eine sehr mühsame Verwirklichung zu finden. Ich habe die Befürchtung, daß
gerade durch dieses starke Gegenforderungsprogramm weitere Verzögerungen eintreten könnten,
was ich sehr bedauern würde. Es sind weitere Verhandlungen angesetzt. Wollen wir hoffen, daß sie in
ein besseres Klima kommen.
In dem Zusammenhang darf ich jetzt noch einen Wunsch vorbringen, der vor zwei Jahren auch hier
bei der Budgetdebatte besprochen wurde, der nicht im Forderungsprogramm enthalten ist, den aber
alle Bundesländer haben. Er betrifft die Zurverfügungstellung von Mitteln aus dem
Arbeitsmarktförderungsgesetz beim Besuch von Meister- und
Konzessionsprüfungsvorbereitungskursen. Wir haben darüber hier im Hause schon gesprochen, und
es hat unser derzeitiger Wirtschaftsreferent des Landes im Nationalrat seinerzeit eine Anfrage, das
war im vorigen Jahr, an den Herrn Bundesminister für soziale Verwaltung gestellt, warum diese
Förderungsmittel nicht mehr zur Verfügung gestellt werden können und wie das weiter- gehen soll.
Nun hat der Herr Minister am 7. Jänner 1980 sehr ausführlich darauf erwidert. Ich möchte Ihnen doch
ein paar Punkte dieser Erwiderung vorlesen, weil ich beabsichtige, Ihnen einen Resolutionsantrag
vorzulegen, der sich mit dem Fragenkomplex befaßt, den ich doch für einen beachtlichen Teil unserer
werdenden Meister für sehr wichtig halte. Der Herr Bundesminister hat damals erwähnt .- durchaus zu
Recht -, ,,daß es Aufgabe der speziellen Förderung nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz ist, im
Sinne der aktiven Arbeitsmarktpolitik zur Erreichung und Aufrechterhaltung der Vollbeschäftigung
sowie zur Verhütung von Arbeitslosigkeit beizutragen." Er sagt dann noch weiter: ,,Es kann daher
keine Aufgabe der Arbeitsmarktpolitik sein, sondern es muß anderen Einrichtungen vorbehalten
bleiben, Förderungsmaßnahmen aus bildungspolitischen Überlegungen zu treffen." Dabei widerspricht
er sich schon im nächsten Absatz, denn er sagt: ,,Der Einsatz dieser Förderungsmittel hat sich nach
der jeweiligen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt zu richten."
Stand im Zeichen der Hochkonjunktur die Förderung von Schulungsmaßnahmen im Vordergrund, die
primär der Höherqualifizierung von Arbeitnehmern dienten, so muß mit Einsetzen der
Entwicklungsphase, in der weltweit und daher auch in Österreich gewisse Schwierigkeiten auf dem
Arbeitsmarkt zu er- warten waren, eine Umorientierung erfolgen. Es wurde daher jenen
Schulungsmaßnahmen Priorität zuerkannt, die der Beseitigung bzw. der Verhütung von
Arbeitslosigkeit dienen. Man hat also durchaus bejaht, daß man solche Fälle grundsätzlich fördern
kann, man hat nur im Hinblick auf die schwierige Arbeitsmarktsituation gesagt, jetzt haben wir halt
ganz einfach - das ist des Pudels Kern - nicht mehr Geld, um diese Förderung weiterhin geben zu
können. Er führt dann auch so aus: ,,Es wurden daher im Sinne des arbeitspolitischen
Schwerpunktprogramms 1978 Regeln getroffen, wonach solche Bildungseinrichtungen, die keinen
beschäftigungssichernden Charakter haben, nicht mehr zu fördern sind."
Auf Grund einer Anfrage wurde den Landesarbeitsämtern im Februar 1978 bekanntgegeben, daß
unter solchen Bildungseinrichtungen auch Meisterprüfungsvorbereitungskurse, Werkmeisterkurse und
ähnliche höherqualifizierte Lehrgänge fallen. Sehen Sie, und da, meine sehr geehrten Damen und
Herren, stimme ich mit dem Herrn Bundesminister jetzt nicht überein. Ich sehe durchaus die
Schwierigkeiten ein, die die Arbeitsmarktverwaltung heute im Hinblick auf die vielen Probleme, die es
mit der Sicherung der Arbeitsplätze gibt, hat, aber ich glaube, daß gerade diese werdenden Meister die Ausbildung ist ja ungeheuer teuer, sie kostet zwischen 60.000 und 90.000 Schilling, die Leute sind
bis zu zwölf Wochen in diesem Kurs im Internat voll beschäftigt und haben also keinerlei Einkommen,
sie müssen das alles selber bezahlen - Arbeitsplätze bringen. Erstens einmal räumen sie
Arbeitsplätze, weil sie ja selbständig werden, und wenn sie dann selbständig sind, meine Damen und
Herren, sind ja sie es wieder, die neue Arbeitsplätze schaffen.
Ich glaube, daß gerade hier das Geld sehr sinnvoll eingesetzt werden würde, wenn man jene
Menschen fördert, die bereit sind, praktisch für einen anderen einen Arbeitsplatz deswegen frei zu
machen, weil sie selbst sich in die Selbständigkeit begeben und damit ja auch bitte Arbeitsplätze
schaffen.
Ich möchte Ihnen daher einen Resolutionsantrag vorlegen (liest):
,,Resolutionsantrag
des Abg. Dr. Bernau zu 'Gruppe 0 des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1981;
LT 236.
In Beantwortung zur parlamentarischen Anfrage des Abg. Schauer, betreffend die Diskriminierung von
Besuchern der Meisterprüfungs- und Konzessionsprüfungsvorbereitungskurse, hat der zuständige
Ressortminister vermeint, daß es keine Aufgabe der Arbeitsmarktpolitik sei, Förderungsmaßnahmen
aus bildungspolitischen Überlegungen zu treffen. Hiefür seien eher andere Einrichtungen zuständig.
Aus meinen Ausführungen ergibt sich, daß ich diese Ansicht des Herrn Bundesministers nicht teilen
kann und stelle daher folgenden
Antrag:
Die Landesregierung wird ersucht, bei der Bundesregierung und insbesondere beim
Bundesministerium für soziale Verwaltung zu erreichen, durch geeignete Maßnahmen jene Förderung,
die bis zum Jahre 1977 den Besuchern von Meisterprüfungs- und
Konzessionsprüfungsvorbereitungskursen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz gewährt wurde,
wieder aufleben zu lassen."
Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie sehr, in beiden Fraktionen, diesem Antrag Ihre Zustimmung zu
geben. Es ist keine Parteipolitik, die hier gemacht werden soll, sondern ich bitte nur, daß man die
Frage noch einmal überdenkt. Der neue Sozialminister, von dem ich weiß, daß er sich für diesen
Fragenkomplex sehr interessiert, soll noch einmal die Möglichkeit haben, die Materie zu überprüfen.
Vielleicht kann er doch auch der Ansicht beitreten, daß es durchaus zweckmäßig ist, Menschen, die
bereit sind, durch ihre Ausbildung selber Arbeitsplätze für sich, aber auch für andere zu schaffen,
entsprechend zu unterstützen.
Meine Bitte geht dahin, daß Sie diesem Antrag Ihre Zustimmung geben. Ich danke schön. (Beifall bei
der ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Als nächster gelangt Herr Abg. Präsident Reiter zu Wort. Ich erteile
es ihm.
Abg. Dritter Präsident REITER: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Kapitel 0 stehen jedes
Jahr auch die Fragen und Probleme der Gemeinden zur Diskussion, und wir kommen als
Gemeindepolitiker dabei meist in Verdacht, als Jammerer, als Unzufriedene, als Kritiker oder auch als
Uneinsichtige hingestellt zu werden. Ich glaube aber, daß gerade wir als verantwortungsbewußte
Landespolitiker sehr wohl warnen müssen. Unsere Warnungen sind nicht leichtfertig gemacht, und wir
sprechen diese Warnungen auch nicht unbedacht aus, sondern lediglich fallweise. Und wo könnte
man es besser tun als bei den Budgetberatungen: das Land und den Bund erinnern, daß es ohne
Gemeinden eben keine Länder und auch kein Staatsgebilde gibt und daher beide
Gebietskörperschaften Verpflichtungen gegenüber den Gemeinden haben.
Meine Damen und Herren! Ich glaube grundsätzlich, daß es gefährlich ist, die finanzielle Krise der
Gemeinden zu unterschätzen, weil damit viele unerwünschte strukturpolitische Folgeerscheinungen
verbunden sind. Die unzureichende Möglichkeit, die Grundinvestitionen für die Gemeindebürger
sicherzustellen, kann zu einer Verknappung des gesamten ländlichen Raumes führen. Ein Prozeß, der
auf der anderen Seite wieder zu einem überproportionalen Ansteigen der Kosten in den
Verdichtungsgebieten führt, begleitet von einer sehr erheblichen Verschlechterung der
Umweltbedingungen.
Die Schaffung einer höheren Qualität des Lebens für alle Österreicher wird nur dann möglich sein,
wenn sich sowohl die Bevölkerung als auch das wirtschaftliche und kulturelle Leben im gesamten
Bundesgebiet gleichwertig entwickeln. Ich wage, meine Damen und Herren, in dem Zusammenhang
die Feststellung, daß es allen Bundesländern nicht gelungen ist, jenen Ausgleich zwischen den
Interessen der Ballungszentren und dem ländlichen Raum sicherzustellen, der allein Voraussetzung
für eine harmonische Entwicklung gewesen wäre.
Meine Damen und Herren! In dem Zusammenhang bin ich dem Gemeindereferat sehr dankbar für
seine jährlichen Berichte über die finanzielle Lage der Gemeinden Nieder- Österreichs. Aus dem
letzten Bericht entnehmen wir, daß sich das Gesamtaufkommen der Gemeinden vom Jahre 1975 mit
4.338 Millionen Schilling auf 5.677 Millionen Schilling im Jahre 1979 erhöht hat; im gleichen Zeitraum
ist das Aufkommen an Bundesertragsanteilen von 2.498 Millionen Schilling auf 3.406 Millionen
Schilling gestiegen. Der Umfang der Gemeindeinvestitionen stieg im gleichen Zeitraum von 3.667
Millionen Schilling auf 4.978 Millionen Schilling. Gleichzeitig hat sich aber die Verschuldung der
Gemeinden von 8.821 Millionen Schilling auf 13.781 Millionen Schilling erhöht.
Wenn wir die Zahlen vergleichen, so stellen wir fest, daß die Schuldenlast proportional wesentlich
stärker gestiegen ist als die Einnahmen und die Investitionen. Nachdem wir wissen, daß die
Gemeinden von allen drei Gebietskörperschaften die größten Investitionen vornehmen, nämlich mehr
als alle neun Länder zusammen und der Bund, so glaube ich, daß diese Frage eine wirtschaftliche
Bedeutung und auch eine arbeitsplatzsichernde Bedeutung hat, denn je höher die Verschuldung
ansteigt, umso größer ist der Tilgungsdienst und umso weniger Mittel stehen natürlich dann für
Investitionen zur Verfügung.
Nun merken wir in den letzten Jahrzehnten immer mehr, daß der Bundesgesetzgeber, sicherlich
entwicklungsbedingt, das sei festgestellt den Gemeinden, immer neue Aufgaben auf dem
Vollziehungsbereich aufhalst. Aber nicht nur der Bund, auch die Länder machen das, und wir haben
also immer wieder die Meinung vertreten, daß diese vermehrten Aufwendungen auch entsprechend
abgegolten werden müssen. Wir stellen fest, daß sich das Land echt bemüht hat, das zu tun; es sind
immerhin 1,7 Milliarden Schilling, die direkt oder indirekt den Gemeinden zufließen. Das ist gewiß ein
Versuch, diese vermehrten Aufwendungen einigermaßen abzugelten. Das gleiche können wir
allerdings von der Bundesseite nicht feststellen. Sie wissen, daß wir schon wiederholt gemeinsam die
Meinung vertreten haben, daß der Bund eigentlich ebenfalls in Form eines Förderungsgesetzes
außerhalb des Finanzausgleiches für die Vermehrung der zusätzlichen Aufgaben der Gemeinden eine
entsprechende Gegenleistung erbringen sollte.
Ich will damit sagen, meine Damen und Herren, daß die Verschuldung der Gemeinden keine
leichtfertige Angelegenheit ist, sondern daß eben in der Hauptsache zwei Gründe festzustellen sind:
Das sind die neuen Aufgaben im Vollziehungsbereich und das ist zweitens die Erfüllung berechtigter
Wünsche unserer Bevölkerung, wo wir als Gemeinden an sich gar keine Kompetenz haben. Aber
bitte, wer erklärt nun den Bürgern der Gemeinden, was eine Kompetenz und was keine Kompetenz
der Gemeinden ist?
Ich sage nur als Beispiel, daß der Wohnungsbau selbstverständlich keine Kompetenz der Gemeinden
ist. Welche Gemeinde könnte es sich aber leisten, nicht am Wohnbausektor mitzuwirken, sei es in
Form der Zurverfügungstellung von billigen Gründen und, und, und. Ich will damit nur darauf
hinweisen, daß eben die Erfüllung der Wünsche, der berechtigten Wünsche der Bevölkerung auch
einen Grund für die Verschuldung der Gemeinden darstellt, und auch auf die immer neuen
Maßnahmen, die der Bund zum Beispiel setzt, wo also die Gemeinden auch in ihren Einnahmequellen
gekürzt werden. Na ja, die neuen Maßnahmen, da könnte man ununterbrochen Listen vorlesen!
Ich erwähne zum Beispiel nur das letzte Abgabenänderungsgesetz 1980, wo der Bund neuerdings
eine sehr einseitige Veränderung der im Finanzausgleich 1979 paktierten Verteilung vorgenommen
hat, und dadurch treten halt Mindereinnahmen für die Gemeinden ein, wo sie glauben, daß das eine
materiellrechtliche Verletzung des paktierten Finanzausgleiches darstellt. Daß dieses
Abgabenänderungsgesetz 1980 daneben noch eine weitere Belastung für die Gemeinden bringt, sei
nur am Rande festgestellt.
Ich sage das deswegen, weil ich das Gefühl habe, daß die Bemühungen, die auf Seiten des
Bundeskanzleramtes seit Jahren hier laufen, nämlich am Sektor der Verwaltungsvereinfachung
weiterzukommen, ad absurdum geführt werden, da ununterbrochen neue Gesetze geschaffen
werden, die die Verwaltung komplizieren. Wir haben daher auch von dieser Stelle wiederholt
gefordert, daß, um dieser Eskalierung Einhalt zu gebieten, die Gemeindebünde und auch die Länder
in die Finanzverfassungsgesetzgebung verfassungsrechtlich aufgenommen werden. Durch eine
solche Änderung des Finanzverfassungsgesetzes soll der Bund gezwungen werden, mit den übrigen
Gebietskörperschaften, mit den Ländern und den Gemeinden, bei allen Änderungen des
Finanzausgleiches entsprechende Gespräche zu führen.
Es haben die Generaldebattenredner heute schon darauf hingewiesen, wie oft der Bund seit dem
Jahre 1959 bis zum heurigen Jahr einseitig für sich Maßnahmen ergriffen hat, um sich seine
Verschuldung ein wenig leichter zu machen, und wie oft dabei die Länder und die Gemeinden
übergangen wurden. Ich verweise in dem Zusammenhang auf die Resolutionsanträge aus dem Jahre
1977,1978 und 1979, die in dieser Richtung ergangen sind, und ich habe auch selber schon einmal
hier vorgeschlagen, daß man darüber hinaus bezüglich der Verankerung in der Bundesverfassung
doch eine Arbeitsgruppe einsetzen sollte, wo die Vertreter von Bund, Ländern und Gemeinden
anwesend sind und mitarbeiten können, um alle Fragen, die mit der Finanzverfassung im
Zusammenhang stehen, abzuklären. Der Herr Bundesminister hat dem Präsidenten des Landtages
mitgeteilt, daß er das zum derzeitigen Zeitpunkt für nicht sehr zweckmäßig hält.
Was wollten wir bitte mit diesem Vorschlag? Wir wollten mit dem Vorschlag aus dem Vorjahr eigentlich
nichts anderes, als der Bundesregierung eine Chance geben, über diesen Ausgleich der Interessen
über den geltenden Finanzausgleich hinaus neue Überlegungen zu diskutieren. Nicht mehr, nur zu
diskutieren.
Ich erlaube mir daher neuerdings, in dem Zusammenhang einen Resolutionsantrag zu stellen, der
verschiedene Fragen, über die wir schon in diesem Haus gesprochen haben, zusammenfaßt (liest):
„Resolutionsantrag
des Abg. Reiter zu Gruppe 0 des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1981; LT
236.
Zum Voranschlag des Landes Niederösterreich für das Jahr 1980 habe ich folgenden Antrag gestellt:
Die Bestimmungen des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 über den Finanzausgleich gehen u. a.
davon aus, daß einerseits die Gebietskörperschaften den Aufwand, der sich aus der Besorgung ihrer
Aufgaben ergibt, selbst zu tragen haben, andererseits davon, daß die Verteilung der
Besteuerungsrechte und Abgabenerträge auf die Gebietskörperschaften in Übereinstimmung mit der
Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung zu erfolgen hat und darauf Bedacht zu nehmen ist,
daß die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten
werden.
In zunehmendem Ausmaß werden durch den Bundesgesetzgeber den Gemeinden - wenn auch
entwicklungsbedingt - neue Aufgaben aus dem Vollziehungsbereich des Bundes übertragen. Gleiches
gilt auch für den Vollziehungsbereich des Landes.
Die Landesregierung wird aufgefordert, gemeinsam mit dem Bund, eine Regelung zu finden, die es
ermöglicht, daß die vermehrten Aufwendungen, auf die im geltenden Finanzausgleich nicht Bedacht
genommen ist, abgegolten werden können!
Diesen Antrag wiederhole ich, weil ihm bisher nicht entsprochen wurde.
In diesem Zusammenhang weise ich auch darauf hin, daß der Bund - zuletzt im
Abgabenänderungsgesetz 1980 - hinsichtlich der gemeinschaftlichen Bundesabgaben, und zwar der
Umsatzsteuer, der Einkommensteuer und der Lohnsteuer, einseitige Veränderungen der im FAG 1979
paktierten Verteilung vorgenommen hat.
Den Gemeinden kommen nämlich gemäß 5 8 Abs. 1 FAG 1979 aus den Erträgnissen der veranlagten
Einkommensteuer 27% und der Lohnsteuer 18,182% zu, sie erhalten aber von der Umsatzsteuer, die
durch das Abgabenänderungsgesetz 1980 ein höheres Erträgnis bringt, lediglich 11,750%. Dadurch
treten Mindereinnahmen für die Gemeinden ein, was als eine materiellrechtliche Verletzung des
paktierten Finanzausgleichs angesehen werden muß.
Ich verweise neuerlich auf die vom Landtag einstimmig beschlossenen Resolutionsanträge vom 21.
April 1977, 8. Juni 1978, 4. Dezember 1978 und 4. Dezember 1979, die dahin gehen, daß die
Landesregierung ersucht wird, bei der Bundesregierung, insbesondere beim Bundesministerium für
Finanzen, zu intervenieren, daß die in den erwähnten Beschlüssen formulierte Änderung des
Finanzverfassungsgesetzes 1948 den erforderlichen gesetzgeberischen Maßnahmen zugeführt wird.
Gleichzeitig wurde verlangt, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die unter Beiziehung der Vertreter der
Länder und der Gemeinden sich mit allen, mit der Finanzverfassung im Zusammenhang stehenden
Fragen befassen soll.
Die Antwort des Bundesministeriums für Finanzen, die im Wege des Herrn Präsidenten des
Landtages von Niederösterreich der Landesregierung mitgeteilt wurde, ist unbefriedigend, sie lautet
nämlich:
Das Bundesministerium für Finanzen hält es auch im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht für zielführend,
Fragen der Änderung der Finanzverfassung, losgelöst von allen anderen Punkten des
Forderungsprogrammes und weiterer in der bisherigen Föderalismusdiskussion zu Tage getretener
Problembereiche, zu behandeln, sodaß auch die Einsetzung einer Arbeitsgruppe derzeit nicht
zweckmäßig wäre.
Als Antragsteller bemerke ich hiezu, daß de facto, wie ich an dem Beispiel des
Abgabenänderungsgesetzes 1980 aufgezeigt habe, der Bundesgesetzgeber einseitige
materiellrechtliche und finanzwirksame Veränderungen vornimmt."
Meine Damen und Herren! Ein Wort im Zusammenhang mit dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel.
Sie wissen, daß der Antrag, betreffend den abgestuften Bevölkerungsschlüssel, derzeit beim
Verfassungsgerichtshof liegt, der sich jetzt mit der Frage zu befassen hat. Es hat die Gemeinde
Waidhofen! Thaya-Land am 5. November 1980 einen Antrag und zwei Klagen eingebracht, weil die
Gemeinde glaubt, nicht dem Grundsatz der Gleichheit entsprechend behandelt zu werden.
Der Umstand, daß neben diesem Antrag auch Klagen nach Art. 137 Bundesverfassungsgesetz gegen
den Bund und das Land Niederösterreich eingebracht wurden, bedeutet keinesfalls eine Aggression
gegen diese beiden Gebietskörperschaften, sondern hat rein prozessualen Charakter, da die
Voraussetzungen für die Einbringung eines Individualantrages nach Art. 140 Abs. 1 des
Bundesverfassungsgesetzes noch nicht hinlänglich durchjudiziert sind. Dieser Weg muß gegangen
werden, um zu verhindern, daß der Antrag aus rein verfassungsrechtlichen Gründen zurückgewiesen
wird.
Meine Damen und Herren! Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel wird ja bereits seit dem Jahre 1929
bestritten. Die Initiative von Waidhofen-Land, darf ich das ausdrücklich sagen, ist kein politisches
Problem, es ist auch keine Angelegenheit, die sich gegen andere Gemeinden richtet, sondern eine
rein rechtliche Frage, wobei unbestritten bleiben muß, daß Gemeinden mit Zentralfunktionen oder
Aufgaben, die sie für andere Gemeinden durchführen, sollte dieser abgestufte Bevölkerungsschlüssel
aufgehoben werden, auch in Zukunft eine Abgeltung für diese Funktionen erhalten müssen.
Worum es bei diesem Antrag an den Verfassungsgerichtshof geht, ist, glaube ich, der Wunsch, daß
einmal eine Diskussionsruhe eintritt, daß die Behauptungen, die seit Jahrzehnten im Raum stehen,
nun endgültig vom Tisch gewischt werden. Entweder ist dieser abgestufte Bevölkerungsschlüssel
verfassungswidrig, dann wird man sich über etwas Neues unterhalten müssen, oder er ist nicht
verfassungswidrig, dann muß bitte Ruhe eintreten, aber Ruhe nicht nur unter den Fachleuten, sondern
auch bei den bekannten Sonntagsreden, weil ununterbrochen erklärt wird, wie arm die Gemeinden
sind, weil sie hier ungleichmäßig behandelt werden. Niemand ist bitte bereit, jetzt etwas dagegen zu
tun. Und um das geht es uns.
Meine Damen und Herren! Seien Sie mir nicht böse, wenn ich auch als Präsident des
Gemeindebundes hier sage, daß ich nicht unglücklich bin über die Initiative der Gemeinde WaidhofenLand, weil damit diese Fragen für alle Zeit außer Streit gestellt werden.
Meine Damen und Herren! Wir haben auch in der Frage der Landesumlage bei den letzten
Finanzausgleichsberatungen keine endgültige Lösung gefunden. Ihnen ist bekannt, daß in einem
Nachsatz des Protokolls festgehalten ist, daß bis Ende des heurigen Jahres zum Beispiel für die
Landesumlage den Ländern voller Ersatz gegeben werden soll, bzw. wie diese Landesumlage
abgeschafft werden könne. Sie wissen, daß die Länder einmal 20% von den gemeinschaftlichen
Bundesabgaben erhalten haben, derzeit sind es 10,5%. Wir haben in Niederösterreich eine interne
Regelung getroffen, dadurch, daß wir am 8. Juli 1978 den Beschluß gefaßt haben, daß die Mittel der
Landesumlage den Gemeinden zufließen müssen.
Dieser Passus ist, ich will nur den Antrag in Erinnerung rufen, aber auf Bundesebene im Zuge der
Finanzausgleichsgespräche nicht erfüllt worden, und ich erlaube mir daher, auch in dieser Richtung
einen Resolutionsantrag zu stellen (liest):
,,Resolutionsantrag
des Abg. Reiter zu Gruppe 0 des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1981 LT
236.
In den Verhandlungen über den FAG 1979 haben die Länder auf 2%-Punkte der Landesumlage
zugunsten der Gemeinden verzichtet. Sie darf daher nach dem FAG 1979 nicht mehr als 10,576 der
ungekürzten rechnungsmäßigen Ertragsanteile der Gemeinden an den gemeinschaftlichen
Bundesabgaben übersteigen. Es wurde auch vereinbart, daß während der kommenden
Finanzausgleichsperiode Verhandlungen mit dem Ziel einer Beseitigung der Landesumlage gegen
vollen Ersatz für die Länder geführt werden.
Bis nun wurden zu diesbezüglichen Gesprächen von der Bundesregierung bzw. vom
Bundesministerium für Finanzen weder die Länder noch die Gemeinden eingeladen.
Das Bundesland Niederösterreich hat zugunsten der Gemeinden insofern eine Regelung getroffen, als
auf Grund des Landesgesetzes, LGB1. 3200, die Landesumlage ausschließlich für die Förderung von
Aufgaben der Gemeinden (Gemeindeverbänden) verwendet werden darf. Diesen Beschluß hat der
Landtag schon am 8. Juni 1978 gefaßt.
Die Landesregierung wird daher ersucht, bei der Bundesregierung, insbesondere beim
Bundesministerium für Finanzen, zu erwirken, daß ehebaldigst die Länder und die Gemeinden zu
Gesprächen über die Landesumlage im Sinne des Resümeeprotokolls vom 20. Oktober 1978
betreffend ,Paktierung des Finanzausgleiches ab dem Jahre 1979 eingeladen werden."
Meine Damen und Herren! Die Frage der Zweitwohnbesitzer ist eine Materie, die uns ebenfalls
wiederholt beschäftigt hat. Ich will dazu nur ein paar grundsätzliche Feststellungen machen. Die
Problematik der Zweitwohnbesitzer und deren Versorgung ist nämlich eine echte Belastung für die
Gemeinden, solange der Zweitwohnbesitzer nicht bei der Volkszählung mitberücksichtigt wird. Die
Zweitwohnbesitzer belasten die Gemeinden draußen gewaltig, das wissen wir. Es steht ihnen zu, daß
die Städter das Recht auf Entspannung und Erholung haben in einer gesunden Umwelt, nur wissen
wir als Gemeinden, daß wir hier unsere Aufgaben viel aufwendiger leisten müssen als in
Ballungsräumen.
Ich denke nur an den Kanal, an die Wasserleitung. In einem Ballungsraum kann ich in einem Dreibzw. Vierstockhaus mit einem Anschluß 30, 40 Menschen versorgen, im ländlichen Bereich ist es oft
nur eine Familie. Daher glauben wir, daß beim Volkszählungsgesetz 1980 berücksichtigt werden
müßte, daß mehrere ordentliche Wohnsitze in der Finanzausgleichsgesetzgebung Berücksichtigung
finden müssen, nämlich bei der Aufteilung der gemeinschaftlichen Bundesabgaben.
Ich darf daher auch in dem Zusammenhang einen Resolutionsantrag stellen (liest):
,,Resolutionsantrag
des Abg. Reiter zu Gruppe 0 des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1981; LT236.
Die Aufgaben der kleineren Gemeinden im ländlichen Raum werden immer umfangreicher und sind
vielfach auch gesetzlich verpflichtend. Von der Kostenseite her sind die Aufgaben in diesen
Gemeinden viel aufwendiger als in Ballungszentren (Kanal, Wasserleitung, Verkehrsanlagen, Länge
der Verkehrswege, Elektrifizierung usw.). Andererseits werden gerade diese Gebiete für die sicher
notwendige Erholung der Städter aus den nahegelegenen Ballungszentren besonders in Anspruch
genommen, ohne daß hiefür ein wirtschaftlicher Ausgleich erfolgt. In diesem Zusammenhang wird
auch auf die Problematik der Zweitwohnungsbesitzer und deren Versorgung, Belastung der Gemeinde
und Nichtberücksichtigung bei der Volkszählung hingewiesen.
Die Landesregierung wird ersucht, bei der Bundesregierung, insbesondere beim Bundesministerium
für Finanzen, zu erreichen, daß die nach dem Volkszählungsgesetz 1980 zu zählenden mehreren
ordentlichen Wohnsitze auch in der Finanzausgleichsgesetzgebung bei Verteilung der
gemeinschaftlichen Bundesabgaben entsprechende Berücksichtigung finden."
Was den zweiten Wohnsitz in seiner Kompliziertheit betrifft, darüber beschäftigt sich bei uns ein
Expertenkomitee mit neuen Vorschlägen, neuen Ideen, um hier eine echte, saubere Lösung zu finden.
Ich hoffe, daß wir bald entsprechende Unterlagen im Hause haben und uns dann über diese ungleich
schwierige Materie beraten und unterhalten können. Zwei Fragen noch.
Mit Beginn des Jahres 1981 haben die Sparkassen auf Grund des Sparkassengesetzes über das
Kreditwesen neue Satzungen zu beschließen bzw. treten Änderungen in Kraft. Dabei tauchen aber,
wenn man die Gesetze anschaut, ein paar grundsätzliche Fragen auf. Vor Gesetzwerdung haben wir
diese Fragen beim Bundesgesetzgeber deponiert, wir sind aber dort auf taube Ohren gestoßen. Was
meine ich?
Meine Damen und Herren! Nach dem Sparkassengesetz 1979 sind die Gemeinden,
Sparkassenvereine oder sonstige juristische und natürliche Personen von jeder Beteiligung am
Vermögen oder Gewinn der Sparkassen ausgeschlossen, obwohl den Gemeinden das
verfassungsgesetzlich eingeräumt wird. Eine Einschränkung gibt es da, das ist bekannt, nur im Art.
119a Abs. 8. Nach dem Sparkassengesetz vom Vorjahr galten die Gemeinden als Ausfallsbürgen für
alle Vermögensdispositionen der Kasse, sie sind aber kraft Gesetzes ausgeschlossen, am Vermögen
oder Gewinn der Sparkasse beteiligt zu sein. Das bedeutet, daß die Gemeinden ausschließlich das
Risiko tragen, ohne selbst positiv am wirtschaftlichen Agieren beteiligt sein zu können.
Nach unserer Meinung hat daher der Bundesgesetzgeber im Falle der Regelung des
Sparkassenwesens die verfassungsgesetzlich garantierte wirtschaftliche Freiheit der Gemeinden
eingeschränkt und sie dadurch diskriminiert. Ich will in dem Zusammenhang keinen Antrag stellen,
bitte nur die Landesregierung oder vielleicht auch die beiden Gemeindevertreterverbände, daß man
sich über diese Materie unterhält und vielleicht doch eine Initiative ergreift, um dem
Bundesgesetzgeber klarzumachen, daß er hier offensichtlich seine Kompetenzen überschritten hat.
Meine Damen und Herren! Die Arbeit der Mandatare in den Gemeinden wird immer umfangreicher,
die Verantwortung wird größer. Das wissen wir. Die Gemeindemandatare einer ganzen Reihe von
Berufsgruppen haben aber immer wieder Schwierigkeiten bei der Ausübung ihres Mandats, weil sie
eben nicht immer die notwendige Freizeit, die sie brauchen, zur Verfügung gestellt bekommen. Wir
haben darüber in den Gemeindeverbänden wiederholt gesprochen, verhandelt, haben auch schon
Anträge gestellt. Geschehen ist nichts.
Ich glaube daher, daß wir auch dieses Problem wieder in Erinnerung bringen sollten und erlaube mir,
auch dazu noch einmal einen Antrag zu stellen (liest):
„Resolutionsantrag
des Abg. Reiter zu Gruppe 0 des ordentlichen Voranschlages des Landes Niederösterreich für das
Jahr 1981, LT 236,
betreffend die Erlassung von Bestimmungen über die Dienstfreistellung von Bundesbeamten und
Bediensteten in der Privatwirtschaft bei Ausübung eines Gemeinderatsmandates oder der Funktion
eines Bürgermeisters.
Gemäß Art. 59 Abs. 2 B-VG bedarf ein Beamter des Bundes, wenn er zum Mitglied des Nationalrates
oder zum Mitglied des Bundesrates gewählt wird, zur Ausübung seines Mandates keines Urlaubes; er
ist für die Dauer des Mandates von Amts wegen nach 0 17 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 von der
Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben freizustellen.
Wird ein Beamter zum Mitglied des Landtages gewählt, so ist ihm die zur Ausübung seines Mandates
erforderliche Freizeit gemäß Art. 95 Abs. 5 B-VG zu gewähren. Diese Regelung gilt auch für einen
Bematen des Bundes, der in den Gemeinderat der Bundeshauptstadt Wien berufen wird. Nahezu
gleichlautende Regelungen bestehen auch für die Vertragsbediensteten des Bundes. Bestimmungen,
wonach Beamte bzw. Vertragsbedienstete des Bundes eine Dienstfreistellung auch für die Ausübung
eines Mandates zu einer Gemeindevertretung oder für die Ausübung der Funktion eines
Bürgermeisters geltend machen können, bestehen, mit Ausnahme der Bestimmungen für eine
Berufung in den Gemeinderat der Bundeshauptstadt Wien, nicht.
Die vielfach vertretene Meinung, daß Art. 7 Abs. 2 B-VG, wonach den öffentlichen Angestellten,
einschließlich den Angehörigen des Bundesheeres, die ungeschmälerte Ausübung ihrer politischen
Rechte gewährleistet ist, den öffentlichen Angestellten einen derartigen Anspruch gebe, ist nach
Auffassung des Bundeskanzleramtes irrig. Die Bestimmungen des Art. 7 Abs. 2 B-VG bedeuten nach
Meinung des Bundeskanzleramtes lediglich, daß die Diensteigenschaft eines öffentlichen Angestellten
an sich kein Hindernis für die Ausübung der allgemeinen politischen Rechte der Staatsbürger bilden
darf. Ein Anspruch auf Dienstfreistellung oder auf Urlaub ist daraus nicht abzuleiten. Derartige
Diensterleichterungen könnten demnach nur auf Grund besonderer dienstrechtlicher Vorschriften in
Anspruch genommen werden. Solche wurden vom Bund bisher jedoch nicht erlassen.
Auch für den Bereich der Privatwirtschaft bestehen keine diesbezüglichen Bestimmungen, obwohl der
Großteil der Gemeindemandatare in der Privatwirtschaft tätig ist. Demgegenüber enthalten für den
Landesbereich sowohl 45 der Dienstpragmatik der Landesbeamten 1972 als auch § 95
Gemeindebeamtendienstordnung 1976 und § 32 Abs. 2 Gemeindevertragsbedienstetengesetz 1976
entsprechende Regelungen.
Da der Bund den Gemeinden aus seiner Vollziehung ständig neue Aufgaben zur Besorgung überträgt,
ist davon auszugehen, daß er auch an der ordnungsgemäßen Besorgung derselben interessiert ist.
Es ist daher unverständlich, daß der Bund der diesbezüglichen Aufforderung des Landtages von
Niederösterreich bisher nicht nachgekommen ist.
Ich erlaube mir daher, den Resolutionsantrag des Abg. WITTIG zu Gruppe 0 des ordentlichen
Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1975, LT-12, soweit er die Erlassung von
bundesgesetzlichen Maßnahmen zum Gegenstand hat, zu wiederholen, weil ihm bisher nicht
entsprochen wurde.
Die Landesregierung wird daher neuerlich aufgefordert, bei der Bundesregierung dahin zu wirken, daß
gesetzgeberische Maßnahmen mit den nachstehenden rechtspolitischen Zielsetzungen eingeleitet
werden, und zwar
1. die §§ 17 bis 19 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGB1. Nr. 333/1979, wären dem § 45
der Dienstpragmatik für die Landesbeamten 1972 anzupassen,
2. auch im weiteren Dienstrechtsbereich des Bundes wären Regelungen zu treffen, die dem § 45 der
Dienstpragmatik der Landesbeamten 1972 entsprechen und
3. durch Bundesgesetz wäre eine dem § 45 der Dienstpragmatik der Landesbeamten 1972
vergleichbare Regelung für die Bediensteten in der Privatwirtschaft zu treffen.
Dem Arbeitgeber müßte der aus der Dienstfreistellung entstehende wirtschaftliche Nachteil durch
entsprechende Maßnahmen, so insbesondere durch steuerliche Begünstigungen, ersetzt werden."
Meine Damen und Herren! Dieser Antrag soll keine neuen Privilegien schaffen, sondern lediglich dem
gewählten Gemeindemandatar die Möglichkeit geben, seinen Auftrag im Interesse der
Gemeindebürger zu erfüllen.
Abschließend noch ein paar Worte zur Demokratisierung der Bezirksverwaltungen. Darüber haben wir
uns erst grundsätzlich unterhalten. Ich will nur deswegen noch ein paar Sätze dazusagen, weil diese
Frage neuerdings im Forderungsprogramm der Bundesregierung gegenüber den Bundesländern
aufscheint und auch der Herr Bundeskanzler zum Unterschied von früher jetzt die Meinung hat, daß
man über die Sache wirklich reden müßte. Ich darf hier festhalten, meine Damen und Herren, daß sich
nach unserer Auffassung die Bezirksverwaltungsbehörden und ihre Behördenvertreter, die
Bezirkshauptleute, bestens bewährt haben, sich bestens bewährt haben bis zur Zeit des
Wiederaufbaues unserer Republik und daher überhaupt kein Anlaß besteht hier eine Änderung
herbeizuführen. Wenn diese Änderung gewünscht wird, in der Regel nur mit zwei Begründungen,
dann auch dazu einige Worte.
Die erste Begründung ist die Behauptung, daß die Bezirksverwaltungsbehörden keiner Kontrolle
unterliegen. Das ist also bitte unrichtig. Genauso wie in der Gemeinde der Bürgermeister dem
Gemeinderat gegenüber verantwortlich ist, so ist also auch in der Landesregion der
Landeshauptmann, der die Bezirkshauptleute ernennt, dem Landtag gegenüber rechtlich und politisch
verantwortlich, so daß die Kontrolle vollkommen gegeben ist.
Zur zweiten Behauptung etwa, daß es Probleme in einem Bezirk gibt, wenn sich die Bezirksgrenzen
überschneiden und daher diese Demokratisierung notwendig wäre, darf ich aus Erfahrung sagen - Sie
werden mich sicher dabei unterstützen -, daß es auch Probleme gibt, die weit über einen
Verwaltungsbezirk hinausgehen, und daß die Landesregierung und wir als Landtag dem schon längst
Rechnung getragen haben dadurch, daß wir Regionen gebildet haben und in diesen Regionen nun
alle Interessenvertretungen, Gebietskörperschaften vertreten sind. Ich glaube daher, daß beide
Begründungen nicht stichhältig sind.
Nun ein paar Worte vom Standpunkt des Bürgermeisters, des Gemeindevertreters. Ich glaube, daß mein Vorredner hat darauf hingewiesen - eine solche ,,Demokratisierung', unter Anführungszeichen,
eine Schmälerung der Autonomie der Gemeinden bedeuten würde, daß es zu einer
Kompetenzverschiebung kommen würde. Dreimal dürfen sie raten, wer da betroffen werden würde.
Daß die Länder und der Bund keine Kompetenz zugunsten der Gebietskörperschaften aus der Sache
abtreten, gar nicht abtreten können, würde bedeuten, daß hier die Gemeinden Kompetenzen abtreten
müssen und es hier zu einer Kompetenzverschiebung kommen würde.
Eine dritte Meinung. Na ja, eine solche neue Gebietskörperschaft müßte man ja auch finanzieren. Sie
dürfen wieder dreimal raten, woher die Gelder kämen. Doch nicht von den Ländern und doch nicht
vom Bund! Es würde vielmehr bei den Finanzausgleichsberatungen eine vierte
Verhandlungskörperschaft vorhanden sein, die nun wieder zu Lasten der Gemeinden ginge.
Eine vierte Feststellung. Diese Gebietsgemeinschaften würden ja auch Personal brauchen, würden
also Schreibtische brauchen. Das würde eine Vermehrung der Bürokratie bedeuten, wo wir uns doch
grundsätzlich, glaube ich, geeinigt haben und die Meinung vertreten, daß wir anstreben müßten, im
kommunalen Bereich in erster Linie eine noch stärkere bürgernahe Verwaltung zu schaffen.
Meine Damen und Herren! Ich kann mir nur eine wirklich funktionierende Gebietskörperschaft
vorstellen, ein Bezirksparlament, nämlich das Parlament der Bürgermeister eines Bezirkes. Das sind
die Verantwortlichen im Bezirk, und hier kann man also regelmäßig Besprechungen abführen. Das,
was hier versucht wird, haben die Deutschen ja seit vielen Jahren bitte bereits praktiziert, in ihren
sogenannten Landkreisen, und ich kann Ihnen aus vielen Gesprächen mit deutschen Freunden im
internationalen Bereich sagen, die würden diese Landkreise heute lieber als morgen abschaffen, weil
sie eine Verkomplizierung bedeuten und die Autonomie der echten Gemeinden an sich
benachteiligen.
Meine Damen und Herren! Ich gebe daher eine Frage zur Überlegung. Um diesem Wunsche
einigermaßen Rechnung zu tragen, brauchen wir das Gesetz gar nicht ändern. Das, was bis jetzt die
sogenannten Bürgermeisteramtstage darstellen, sind nichts anderes als Informationsveranstaltungen
für die Bürgermeister und zum Teil auch für die leitenden Gemeindebeamten. Sie liegen außerhalb
jedes politischen Bereiches und dienen letzten Endes zu nichts anderem, als daß in allen Gemeinden
einheitlich die Interessen der Bevölkerung verwaltungsmäßig und rechtssicherheitsmäßig gleichmäßig
dem Gesetzgeber gegenüber vertreten werden. Das ist also bitte klar.
Was wir aber machen könnten, stelle ich den beiden Gemeindevertreterverbänden zur Überlegung.
Könnten wir uns nicht Gedanken machen in der Richtung, daß wir etwa außerhalb dieser
Informationsbemühungen Bürgermeisterkonferenzen abhalten? Das kann uns bitte niemand
abschlagen, denn dazu haben wir jetzt schon das Recht. Wir sind ja als Interessenvertretungen
sowohl in der Gemeindeordnung wie auch in der Landesverfassung bereits verankert. Wir müßten nur
darüber diskutieren, wie wir das machen: daß wir also ein solches Bezirksparlament schaffen, wenn
es Bezirksprobleme gibt, damit wir diese dort diskutieren. Dazu brauchen wir keinen Auftrag der
Landesregierung, dazu brauchen wir auch keinen Auftrag der Bezirkshauptmannschaften. Das
können wir jetzt schon auf Grund der landesgesetzlichen Regelung durchführen.
Ich lade daher beide Gemeindevertreterverbände ein, sich in dieser Richtung einmal Gedanken zu
machen. Vielleicht kann man die Frage, Herr Landesrat, bei einer der bewährten
Kommunalgipfelsitzungen einmal besprechen. Dann hätten wir auch diese Frage aus dem politischen
Zentrum weg (Beifall bei der ÖVP.) und wir brauchten keine Änderung der Bundesverfassung, weil wir
im Land schon alle verfassungsrechtlichen Möglichkeiten dazu geschaffen haben. Meine Damen und
Herren! Ich komme damit bereits zum Ende. Ich glaube, daß wir diese letzten Überlegungen ernst
nehmen sollen, weil alles andere heute unrealistisch ist und nur dazu beitragen würde, daß der
Amtsschimmel wieder anfängt mehr zu wiehern, und nichts wollen unsere Menschen im ländlichen
Bereich, in unseren Gemeinden weniger als einen wiehernden Amtsschimmel, sondern die
Verwaltung soll dort so einfach wie möglich funktionieren.
Meine Damen und Herren! Die Gemeinsamkeit in der Kommunalpolitik im Lande Niederösterreich,
aber auch der Versuch, neue Wege zur Lösung der vielen anstehenden Probleme zu finden, hat dem
Land und den Gemeinden bisher gut getan. Ich glaube daher, der Landtag kann nur gemeinsam der
Landesregierung empfehlen, diesen Weg fortzusetzen. Wenn wir den Gemeinden noch mehr
Augenmerk zuwenden und den Bund mehr als bisher finanziell einbinden, dann wird es auch für
Niederösterreich und seine Gemeinden einen guten Weg in die Zukunft geben. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt Herr Abg. Präsident Binder.
Abg. Präsident BINDER: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses!
Man könnte fast von einer gemeinsamen Kommunalpolitik sprechen, mit einigen Richtigstellungen
oder anderen Formulierungen. Ich möchte aber grundsätzlich sagen, daß neben dem Bund und den
Ländern selbstverständlich die Gemeinden den Staatenbund bilden und in diesem Staatenbund eine
überaus wichtige Aufgabe zu erfüllen haben. Dies wurde mit dem Bundesverfassungsgesetz oder der
Novelle vom Jahre 1962 untermauert, und damit die autonome Gemeinde gestärkt. Positive
Voraussetzungen also, wie sie kaum in einem anderen Land in Europa oder in der gesamten Welt
vom Gesetz für die Gemeinden gegeben sind.
Bund und Länder sowie die Gemeinden sind auf vielen Gebieten Partner. Der Finanzausgleich, der
jeweils auf sechs Jahre abgeschlossen wird, ist dabei wohl der wichtigste Berührungspunkt. Es steht
aber auch fest, daß es noch keinen Finanzausgleich gegeben hat, der die Gemeinden befriedigt hätte.
Wir haben vom letzten Finanzausgleich, der im Jahre 1978 ausgelaufen ist, gesagt, der Bund hätte
seinen Teil erhalten und im besonderen die Länder.
Letztlich, Herr Präsident Reiter, Sie haben davon gesprochen, hat der Finanzausgleich, der für die
Gemeinden nicht voll befriedigend war, dazu geführt, daß eine Gemeinde des Landes
Niederösterreich zum Verfassungsgerichtshof gegangen ist und bezüglich des abgestuften
BevölkerungsschlüsseIs Klage erhoben hat. Es ist momentan nicht abzusehen, wie dieses
Klagebegehren behandelt wird. Sollte diese Klage aber Erfolg haben, dann zieht das mit sich, daß ein
völlig neuer Finanzausgleich ausgehandelt werden muß, und man wird sehen, wie man dann zu
Rande kommt.
Feststeht aber auch, meine Damen und Herren des Hohen Hauses, daß die Schere zwischen
Finanzbedarf und Finanzausstattung in den Gemeinden von Jahr zu Jahr größer wird. Wir stellen fest,
daß die Gemeinden die größten Investoren im Staate sind. Man muß sich wundern, wie dies zustande
kommt. Dazu kommt, daß die Gesetzgeber, der Bund und die Länder, den Gemeinden oftmals und
vielfach Aufgaben übertragen, ohne gleichzeitig für eine gesetzliche Bedeckung zu sorgen. Jeder
Bürgermeister kann ein Lied davon singen. Daher auch die oftmalige Forderung, den Katalog neu zu
fassen, in dem die den Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich zukommenden Aufgaben ersichtlich
sind. Dies besonders im Hinblick auf die von den Gemeinden derzeit tatsächlich zu vollziehenden
Aufgaben. Das ist eine sehr wichtige Feststellung, weil diese Aufgaben immer größer werden.
Die Gemeinden Niederösterreichs haben besonders im letzten Jahrzehnt oder speziell seit der
Gemeindestrukturverbesserung enorm viel geleistet. Das wurde heute schon in der
Einbegleitungsrede gesagt. Tausend neue Schulen und Kindergärten wurden errichtet, und wir sind
als Gemeinden dem Land dankbar dafür, daß wir durch den Schulbaufonds bis jetzt ein Bauvolumen
von ungefähr 9,5 Milliarden Schilling in Bewegung setzen konnten, und zwar seit 1949, seit Bestehen
dieses Schulbaufonds, und daß die Summe, die vom Land beigesteuert wurde, ungefähr 4,5
Milliarden Schilling ausmacht. Das ist für die Gemeinden ungemein wichtig. Dazu kommt noch die
Kostentragung für die Kindergärtnerinnen und eines Teiles der Kinderwärterinnen durch das Land.
Aber, und das gehört selbstverständlich auch dazu, ich muß feststellen, daß die Gemeinden hier
kolossale Leistungen erbracht haben. Wenn ich sage 9,5 Milliarden Schilling, Bauaufwand, dann
haben die Gemeinden sicherlich davon ungefähr 5 Milliarden Schilling aufgebracht. Dazu kommt der
Sachaufwand während des Jahres.
Wenn der Herr Landeshauptmann, speziell immer bei den Eröffnungen, vom Nulltarif spricht, worauf
wir als Niederösterreicher so stolz sind, so haben gerade die Gemeinden an diesem Nulltarif sehr
wesentlichen Anteil. Auch das muß einmal gesagt werden. Das Wichtigste ist, meine Damen und
Herren, und letztlich kommt es darauf an, daß die Gemeinden den Willen hatten und haben, diese
Bildungsstätten überhaupt zu bauen und sich immer wieder zu sagen, für unsere Kinder ist das Beste
gerade gut genug, um im Jahre 2000 bestehen zu können. Auch das muß man einmal hinzufügen,
wenn man von den Leistungen der Gemeinden spricht.
Dazu kommen dann die großartigen Leistungen auf dem Gebiete der Wasserversorgung und der
Abwasserbeseitigung. Wir dürfen heute feststellen, daß Niederösterreichs Gemeinden und ihre
Bevölkerung zu einem überwiegenden Teil mit gutem Trinkwasser versorgt sind und daß die
NÖSIWAG zum Beispiel einen wesentlichen Anteil an der Aufschließung von Gebieten hat, die an und
für sich selbst kein gutes Trinkwasser besitzen.
Bezüglich der Abwasserbeseitigungsanlagen, Kanalisationsanlagen, ist das Prozentausmaß wohl
geringer, aber auch hier schreitet der Ausbau zügig fort, allerdings mit einem enormen finanziellen
Aufwand. Das berührt ja im wesentlichen auch die Fragen des Umweltschutzes. Also großartige
Leistungen, aber auch - und hier wieder das ,,aber" - eine große finanzielle Belastung für die
Gemeinden. Wenn man genauer darüber nachdenkt, kommt man zu dem Schluß, daß gerade diese
Wasserversorgungsanlagen und Abwasserbeseitigungsanlagen im wesentlichen die Ursache sind für
die große Verschuldung der Gemeinden. Dies, obwohl der Wasserwirtschaftsfonds seinen Teil dazu
beiträgt, den Gemeinden zu helfen, und nicht zuletzt auch der Gemeindeinvestitionsfonds, der 1981
wieder mit 22 Millionen Schilling dotiert ist.
Wir wissen aber, daß dem GIF für 1981 ungefähr 29 Millionen Schilling fehlen. Der zuständige
Gemeindereferent hat mit dem Landesfinanzreferenten gesprochen und dieser meint, man könne
darüber weiter reden. Zusicherung gibt es aber vorerst keine. Wir wissen aber auch, meine Damen
und Herren, daß die Dotierung zwingend notwendig ist, wenn der GIF weiterbestehen und seine
Funktion erfüllen soll, oder, wenn er nicht über die entsprechenden Mittel verfügt, daß viele Vorhaben,
die geplant sind, zurückgestellt werden müssen.
Daher das Ersuchen an den bisherigen und noch im Amt befindlichen Finanzreferenten oder schon an
den neuen Finanzreferenten: nicht zu übersehen, welch wichtige Aufgabe der GIF zu erfüllen hat und
daß es notwendig ist, im Budget die entsprechende Vorsorge zu treffen und die Mittel zur Verfügung
zu stellen, oder der GIF, der sich bisher so gut bewährt hat, wird in Frage gestellt.
Schulen, Kindergärten, Wasserversorgungsanlagen, Abwasserbeseitigungsanlagen sind aber nicht
alles, was die Gemeinden zu bewältigen haben. Dazu kommt ja noch der Straßenbau, die
Krankenanstalten, die einen wesentlichen Teil im finanziellen Haushalts ausmachen, die
Aufwendungen für Jugend, Sport und Erholung sowie die Betreuung der älteren Generation und die
Sozialhilfe, was wir selbstverständlich finden.
Der Finanzreferent hat heute auch ausgeführt, und wir sehen es auch im Budget, daß die Kosten für
die Sozialhilfe 1975 ca. 873 Millionen Schilling ausgemacht haben und für 1981 1,7 Milliarden
Schilling vorgesehen sind. Das ist enorm, meine Damen und Herren, und sicherlich im Sinne der
Behinderten bzw. der Hilfebedürftigen hat, aber - hier wieder das berühmte „aber" -, von der
Kostenseite her eine große Bedeutung für die Gemeinden. Die Kostenexplosion von 873 Millionen
Schilling auf 1,7 Milliarden Schilling ist ja praktisch eine Verdoppelung.
Dazu kommt jetzt, daß das Land bei den Altenheimen den Gemeinden die Pflegestationen anrechnet
und wir bemüht sein müssen, einen Teil dieser Kosten, die vom Land auf die Gemeinden überwälzt
werden, wegzubringen. Dabei muß man überhaupt sagen .- die Bürgermeister werden mir recht
geben, wenn ich das so darstelle -, der Aufwand, den die Gemeinden für die Krankenanstalten, für die
Sozialhilfe und für die Landesumlage aufbringen müssen, bedeutet eine enorme Belastung für die
Gemeinden. So mancher Bürgermeister wird dasselbe sagen können wie ich: daß nämlich von den
monatlichen Finanzzuweisungen, die die Gemeinden erhalten, fast nichts übrig bleibt, und nach den
Abzügen für Krankenanstalten, Landesumlagen und Sozialhilfe, wenn vielleicht noch meinetwegen ein
GIF-Darlehen oder Mittel aus dem Schulbaufonds zurückzuzahlen sind, kann es passieren, daß die
Gemeinde noch etwas dazuzahlen muß. Damit aber kommen wir zu einem Kapitel, das auch so von
Präsident Reiter angeschnitten wurde, das ist die Landesumlage.
Im Finanzausgleichspaket ist enthalten, darauf bezieht sich auch ein entsprechender Antrag, daß es
eine Vereinbarung gibt, über die Frage der Landesumlage bis zum 31. Dezember 1980 zu verhandeln
und diese einer Lösung zuzuführen. Wir als Gemeinden haben darauf bestanden, weil wir meinen, da
diese Frage überaus wichtig ist. Feststeht, das wird jeder sagen müssen, daß die Landesumlage eine
überaus schwere Belastung für die Gemeinden darstellt. Wir haben ja ursprünglich gefordert und sind
davon ausgegangen daß die Landesumlage ersatzlos gestrichen werden müsse. Es wurde da schon
bemerkt, zuerst waren es 20%, derzeit sind es 10,5% die die Länder von den gemeinschaftlichen
Bundesabgaben erhalten. Bei den Finanzausgleichsverhandlungen unter der Federführung des
Finanzministers, das heißt des Bundes, konnte keine Einigung erzielt werden, lediglich über das, was
bisher an Prozentpunkten abgezogen oder abgestrichen werden konnte.
Es soll weiterverhandelt werden mit dem Ziel, die Landesumlage zu beseitigen. Das wesentliche ist,
daß die Länder zugestimmt haben, denn, ihnen ist es auch nicht recht, daß die Landesumlage bei
allen Finanzausgleichsverhandlungen zur Diskussion steht. Sie sind auch einverstanden, daß sie
abgeschafft wird, aber nicht ohne Ausgleich der Mittel, die sie bisher erhalten haben. Verständlich,
wenn ich es aus der Sicht des Landesfinanzreferenten betrachte. Für die Gemeinden steht die Frage
aber nach wie vor im Raum, daß die Landesumlage eine neuerliche Belastung bedeutet.
Man wird sehen, wie weit der Bund bereit ist, diese Frage einer Lösung zuzuführen, wobei aber zu
sagen ist, daß die Länder eigentlich derzeit kein Interesse haben, die Landesumlage abzuschaffen,
und zwar deshalb nicht, weil sie ja intern, und das haben wir heute schon gehört, diese Gelder zwar
zweckgebunden für die Gemeinden, aber immerhin nach ihrem Gutdünken verteilen können. Mich
wundert es eigentlich, daß uns heute ein entsprechender Antrag vorliegt, weil speziell die ÖVPNiederösterreich bisher hat erkennen lassen, daß sie es lieber hätte, wenn die Landesumlage nicht
beseitigt würde.
(Präsident Dipl.-Ing. Robl übernimmt den Vorsitz.)
Wenn man aber die Frage des sogenannten landesinternen Finanzausgleiches näher betrachtet und
auch mit der Landesumlage in Zusammenhang bringt, kann man es verstehen, daß hier der Wille
vorhanden ist, die Landesumlage weiter aufrechtzuerhalten, um nach dem bisherigen System die
Gemeinden beteilen zu können. Das heißt, daß die Mittel eigentlich landesintern sind und noch
umverteilt werden können, obwohl es einen Finanzausgleich insgesamt gibt. Daher auch immer
wieder unsere Forderungen an geeigneter Stelle, den landesinternenen Finanzausgleich
offenzulegen.
Heute ist es so, daß die Länder jederzeit nach ihrem Gutdünken auf Grund von Richtlinien diese Mittel
umverteilen können, ob es nun Subventionen sind, Umlagen oder Förderungsmittel, und nach
Finanzkraftkriterien entscheiden, in welcher Höhe die Gemeinden diese finanziellen Mittel erhalten
sollen. Da gibt es natürlich immer wieder viele Klagen und viele Unzufriedene.
In dem Zusammenhang auch ein Wort über die Einbegleitungsrede des Herrn Landesfinanzreferenten
Ludwig, der ausgeführt hat, daß die Gemeinden Niederösterreichs 1981 1,6 Milliarden Schilling vom
Land erhalten werden. Sicherlich stimmt diese Summe, so wie sie im Voranschlag enthalten ist, wenn
man an den Schulbaufonds, die Finanzsonderaktion für die Gemeinden, die Kosten der
Kindergärtnerinnen und so weiter denkt. Aber Landeshauptmannstellvertreter Ludwig spricht nie
davon - solange er Finanzreferent war, hat er das nie gemacht -, welche Beträge die Gemeinden an
das Land zahlen bzw. welche Beträge vom Land einbehalten werden. Wenn man nämlich diese von
den 1,6 Milliarden Schilling abzieht, bleibt nicht sehr viel übrig.
Ich habe im Vorjahr schon die echten Zahlen nachgewiesen, die dann ergeben haben, was im
Zusammenhang mit den 1,6 Milliarden Schilling sicherlich auch für 1981 zutreffend ist, daß davon
überhaupt keine Rede sein kann. Ein paar Beispiele jetzt von dem, was das Land den Gemeinden
anlastet.
Soziales Hilfswerk. Wir haben diese Frage 1979 im Landtag behandelt und einer Beschlußfassung
zugeführt, allerdings nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben. Wir waren nämlich der Meinung, daß
die Aufgabe der sozialen Hilfe die Gemeinden bewerkstelligen sollten, wie sie dies teilweise schon
bisher getan haben, und haben dabei bei der ÖVP kein Verständnis gefunden, die der Meinung war,
die Frage der Sozialhilfe sei den Vereinen zu übertragen.
Nun kommen einzelne Gemeinden zu uns und beklagen sich, daß gewisse Sozialstationen des
sozialen Hilfswerkes für Niederösterreich sie mit Briefen bombadieren bzw. Ersuchen einbringen,
dieses Hilfswerk finanziell zu unterstützen. Da ist davon die Rede, daß jede Gemeinde eine Kopfquote
von 10 Schilling geben soll. Es ist nämlich im Hinblick auf unseren Vorschlag, daß diese Aufgaben die
Gemeinden übernehmen sollen, völlig unverständlich, daß dieser Verein Kollege Fidesser, nunmehr
so wie das Rote Kreuz an die Gemeinden herantritt. (Abg. Fidesser: Das sind winzige Beträge
gegenüber dem, was sozialistische Gemeinden der Volkshilfe geben!)
Ja, 10 Schilling, aber von meiner Gemeinde kann ich sagen, daß ich dafür bisher nichts gegeben
habe, in keiner Weise und nirgendwem, und von anderen Gemeinden höre ich, daß das auch nicht
der Fall ist. (Abg. Stangl: Wo steht das?) Daß heißt, wenn die Gemeinden selbst diese Sozialaktionen
führen, kommen sie natürlich für den Aufwand, den sie htaben, auf. Das ist selbstverständlich, und
das sind Gemeinden, die nicht erst heute diese Aufgaben erfüllen, sondern wahrscheinlich schon 10,
15 und 20 Jahre lang. Es ist daher befremdend, daß man hier im Landtag ein Gesetz beschließt, das
diese Aufgabe den Vereinen überträgt, und dann kommen diese Vereine wieder zu den Gemeinden
und ersuchen um eine entsprechende finanzielle Unterstützung. Ich bringe nur eines von den
Beispielen, wie man bei der ÖVP diese Fragen behandelt. Das nächste ist das
Staatsbürgerschaftsevidenzgesetz.
Gemäß § 48 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1965 hat das Land den Gemeinden oder
Gemeindeverbänden jene Kosten zu ersetzen, die ihnen aus der Führung der
Staatsbürgerschaftsevidenz erwachsen. Diese sind durch Verordnung der Landesregierung für jedes
begonnene Hundert der in der Staatsbürgerschaftsevidenz verzeichneten Personen festzusetzen. Aus
der Formulierung ,,Kosten zu ersetzen, welche ihnen aus der Führung der Staatsbürgerschaftsevidenz
erwachsen", geht eindeutig hervor, daß damit die tatsächlich aufgelaufenen Kosten gemeint sein
müssen, obgleich im Gesetz von Pauschbeträgen die Rede ist. Es handelt sich somit um einen
effektiven Kostenersatz, der sich jedoch ziffernmäßig nicht mit den tatsächlich aufgelaufenen Kosten
auf den vollen Schillingbetrag decken muß. Der Gesetzgeber hat mit großer Sicherheit wohl solche
Pauschbeträge gemeint, die sich weitgehend mit den tatsächlichen Kosten decken bzw. diesen
nahekommen.
Diese meine Meinung wird durch den Ausschußbericht zu § 49 Staatsbürgerschaftsgesetz 1965
erhärtet, worin es heißt, daß die Landesregierung bei der Festsetzung der Pauschbeträge jedenfalls
darauf Bedacht nehmen müsse, daß die Gemeinden aus der Errichtung und der Fortführung der
Staatsbürgerschaftsevidenz keine finanzielle Mehrbelastung haben.
Mit Verordnung der Niederösterreichischen Landesregierung vom 24. Oktober 1978 über den
Kostenersatz an Gemeinden über die Gemeindeverbände für die Führung der
Staatsbürgerschaftsevidenz wurde der Kostenersatz für jedes begonnene Hundert der in der
Staatsbürgerschaftsevidenz verzeichneten Personen mit 150 Schilling festgesetzt. Der in der
Verordnung fixierte Pauschbetrag deckte im Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung vor Ca. zwei
Jahren nur zu einem geringen Teil die mit der Führung des Staatsbürgerschaftsevidenz anfallenden
Aufwendungen ab. Der sozialistische Gemeindevertreterverband hat daher mit Schreiben vom 28.
August 1979 auf Grund einer bei einer Reihe von Gemeinden festgestellten Kostenstagnation eine
Erhöhung des Kostenersatzes für jedes begonnene Hundert der in der Staatsbürgerschaftsevidenz
verzeichneten Personen gefordert. So wurden in folgenden vier Gemeinden im Sommer 1979
Erhebungen geführt, die nachfolgende Kosten ergaben - das ist sehr interessant jetzt: St. Pölten 337
Schilling, Amstetten 524 Schilling, Wiener Neustadt 486 Schilling und Schwechat 416 Schilling. Die
Gemeinden erhalten 150 Schilling, die Differenz müssen sie aus ihrer Kasse bezahlen. Wie sehr das
Bundesland Niederösterreich vom Gesetzesauftrag, die Bauschbeträge in der annähernden Höhe der
tatsächlichen Kosten festzusetzen, abweicht, geht aus der Tatsache hervor, daß das Bundesland
Salzburg den Bauschbetrag mit 496 Schilling, das Bundesland Tirol diesen mit 200 Schilling und
Niederösterreich mit 150 Schilling festgesetzt hat. Wohl gibt es Bundesländer, die auf der Höhe von
Niederösterreich liegen, sie haben jedoch die Absicht, den Bauschbetrag anzuheben. Ich muß daher
erneut die Forderung erheben, den Bauschbetrag den tatsächlichen Kosten weitgehend anzupassen.
Herr Präsident, ich würde bitten, daß wir diese Sache weiter verfolgen.
Ein weiteres Beispiel, um {die Dinge beim richtigen Namen zu nennen. In den Städten mit eigenem
Statut haben wir ebenfalls eine alte Forderung offen, nämlich daß die Abdeckung der Kosten der
Tätigkeit einer Bezirksverwaltungsbehörde gegeben sein muß. Darüber hinaus - das wurde auch noch
nicht erwähnt - wissen wir, daß wir als Gemeinden für Erhebungen für
Pensionsversicherungsanstalten, für Strafverfahren, Strafakte und so weiter einen enormen
Zeitaufwand haben, ohne eine entsprechende finanzielle Abgeltung zu erhalten. Alles Dinge, Herr
Präsident, die ebenfalls im Rahmen künftiger Gespräche mit dem Bund und mit den Ländern einer im
Sinne der Gemeinden aufrechten Erledigung zugeführt werden müssen.
Wir haben von der Abteilung II/1-Gemeindereferat in dankenswerter Weise wie seit 1975 wieder den
Bericht für 1979 über die finanzielle Lage der Gemeinden erhalten. Wir dürfen hier dem Referat
herzlich danken, das ist eine Fundgrube. Eine Fundgrube für uns als Gemeinldevertreter und
sicherlich auch für das Land selbst. Es wäre verlockend, zu anaIysieren, darzustellen, was in diesem
Bericht alles zum Ausdruck kommt, wie groß die finanzielle Belastung und wie trist die finanzielle
Situation der Gemeinden an und für sich ist. Aber Aussagen in dieser Richtung würden den Rahmen
der Beratungen des Voranschlages für das Land Niederösterreich sprengen und zu lange dauern. Der
Herr Präsident Reiter hat nur einiges davon zum Ausdruck gebracht. Feststeht und jeder kann es
nachlesen, daß etwas geschehen muß, um den Gemeinden zu helfen, bevor es zu spät ist. Er hat das
einigermaßen dramatisch zum Ausdruck gebracht, aber es stimmt. Wir reden stets davon, daß den
Gemeinden geholfen werden muß, aber effektiv wurde bisher sehr wenig oder nichts getan. Ich
appelliere daher an alle Verantwortlichen im Land, aber auch im Bund, sich die Lage der Gemeinden
vor Augen zu führen und für sie etwas zu tun. Das Steueraufkommen steht in keinem Einklang zu den
Investitionen und zu den Pflichtausgaben der Gemeinden. Die finanziellen Probleme der Gemeinden
müssen daher gelöst werden. Der Bericht von II/1 ist eine geeignete Entscheidungsgrundlage, um die
dringenden erforderlichen Initiativen zu schaffen. Ich danke daher noch einmal dem Referat für diese
gute Diskussionsgrundlage.
Und nun noch einige Bemerkungen zur laufenden Förderalismusdiskussion, die heute hier schon
angezogen wude, und zum Forderungsprogramm ,der Bundesländer. Nur mit einem Satz. Im
Zusammenhang mit dem Forderungsprogramm der Bundesländer muß man sagen, daß bisher auf die
Gemeinden vergessen wurde. Sicherlich mit voller Absicht, was die Länder, wie sie das bisher schon
bewiesen haben, gerne tun. Und eben im Zusammenhang mit dem Forderungsprogramm der
Bundesländer ist auch die Demokratisierung der Bezirksverwaltungsbehörden zu betrachten. ich freue
mich Über die Äußerung von Präsident Reiter, daß er meint, man könnte nun
Bürgermeisterkonferenzen abführen. Ich darf für unseren Bereich sagen, das machen wir schon
lange. Mit besten Erfahrungen. Bisher war die ÖVP nicht bereit, zu diesen Bürgermeisterkonferenzen
zu kommen, auf Weisung der Bezirksparteileitung. (Abg. Anzenberger: ihr habt Eure Bürgermeister
ausgesperrt!) Wenn sich hier die Meinung der ÖVP geändert hat, nehme ich das gerne zur Kenntnis,
weil wir in unserem Bereich mit diesen Bürgermeisterkonferenzen die beste Erfahrung gemacht
haben. Nichts anderes wollen wir. Wobei ich überhaupt sagen möchte, meine sehr geehrten Damen
und Herren der rechten Seite . . . (Abg. Anzenberger: Eure Bürgermeister haben bis jetzt nicht
teilgenommen. ihr seid Befehlsempfänger von der Partei! - Abg. Stangl: Und ihr von den
Bezirkshauptleuten! - Abg. Anzenberger: Freiwillig seid ihr nicht daheimgeblieben. Die Bürgermeister
Eurer Partei haben immer gesagt, wir würden kommen, wir dürfen aber nicht!) Da müßten wir ein
bißchen weiter ausholen in der Richtung, das hängt ja letztlich auch mit der Gesamtpolitik des Landes
Niederösterreich zusammen. (Unruhe. - Präsident Dipl.-ing. Robl gibt das Glockenzeichen.) Vielleicht
geht Ihr hinaus! (Abg. Stangl: Abhängig seid ihr! - Abg. Anzenberger: Uns hat niemand etwas
verboten, daß wir zu Hause bleiben!) In diesem Sinn möchte ich sagen, wenn die OVP bereit ist, ihre
Meinung ZU ändern und ein sogenanntes Bezirksparlament einzurichten, dann ist das genau unsere
Meinung und das möchte ich hier zum Ausdruck bringen. Wenn die ÖVP immer sagt, die Version der
SPÖ käme zu teuer, weil Personal einzustellen sei und so weiter, so ist das, möchte ich sagen, ein
bewußtes Mißverständnis der ÖVP, um eine Ausrede zu gebrauchen. Wir haben nie daran gedacht, in
die Verwaltung einzugreifen, wir haben gar nichts anderes gemeint, als was der Präsident Reiter zum
Ausdruck gebracht hat: Bürgermeisterkonferenzen, mehr Demokratie in den
Bezirksverwaltungsbehörden! (Beifall bei der SPÖ.) Warum sollen sich die Bürgermeister nicht
zusammensetzen und eigenständig arbeiten, wenn es darum geht, politische Probleme im Bezirk zu
behandeln und zu erarbeiten? Brauche ich dazu einen Verwaltungsapparat? Das kann ich doch als
freigewählter Bürgermeister! Nichts anderes wollen wir, als mit dieser Mär ausräumen, wir wollten die
Bezirkshauptleute umbringen. Davon ist überhaupt keine Rede, der Bezirkshauptmann bleibt nach wie
vor Bezirkshauptmann, so wie er es bis jetzt auch war. Wir haben ja auch in den Statutarstädten das
typische Beispiel, meine Damen und Herren. In Wr. Neustadt, St. Pölten, Krems und Waidhofen ist der
Bürgermeister Bezirkshauptmann und hat einen Stadtamtsdirektor daneben. (Abg. Anzenberger: In
den Statutarstädten sind die Bürgermeister gleichzeitig Gemeinderäte!) Warum soll das nicht auch auf
der Bezirksebene, bei den Bezirkshauptmannschaften möglich sein, daß man dort einen gewählten
Mandatar hat, der verantwortlich ist für die Politik, die im Bezirk gemacht wurde? (Abg. Anzenberger:
Das ist kein Vergleich, Herr Präsident!) Im Beisein der Bürgermeister des Bezirkes, aber Sie wollten
das bisher nicht. Sie wollten das bisher nicht, weil die Konstellation der Bezirkshauptmannschaften
gewissen politischen Möglichkeiten Tür und Tor geöffnet hat. Das ist der wahre Grund und man muß
es einmal beim Namen nennen. Wir wollen aber nichts anderes, als Bezirksparlamente einrichten, um
in demokratischer Art und Weise mit allen Bürgermeistern die Probleme der Bezirke zu lösen. Gar
nichts sonst. (Abg. Anzenberger: Da sind wir schon auf einem Weg, Herr Präsident!) Das wollte ich
einmal sagen, um die Dinge ins richtige Lot zu bringen.
Ich sage noch einmal, ich freue mich, daß Präsident Reiter heute hier eine entsprechende Erklärung
abgegeben hat.
Die Welt ist schon so klein geworden und Österreich ist ja an und für sich im Vergleich mit anderen
Staaten der Welt ein überaus kleines Land. Bund, Länder und Gemeinden haben daher einen
begrenzten Wirkungsbereich, der auf jeden Fall aufeinander abgestimmt werden soll und abgestimmt
werden muß. Wir sollten daher auch unseren Teil dazu beitragen, auch im Zusammenhang mit dem
was ich vorher gesagt habe über die Bezirksverwaltungsbehörden, wo immer wir dazu die
Gelegenheit haben. Darum bitte ich Sie. Darüber hinaus bitte ich alle Abgeordneten des Hohen
Hauses im Interesse der Gemeinden ernsthaft, mehr als bisher für die Gemeinden zu tun. Danke für
die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt Herr Abg. Romeder.
Abg. ROMEDER: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn die
politischen Parteien unseres Landes besonders in letzter Zeit den Slogan ,,Näher zum Bürger" ganz
besonders prägen, dann glaube ich, wäre damit bewiesen, daß gerade die Kommunalpolitik die Politik
der Bürgernähe schlechthin ist. Ich glaube, das wurde auch von meinen beiden Vorrednern, Präsident
Reiter und Präsident Binder, entsprechend zum Ausdruck gebracht. Denn nirgends ist das
Naheverhältnis in diesem Ausmaß gegeben, nirgends gibt es die lokale und kleinregionale
Überschaubarkeit der Probleme so wie eben in der Gemeindestube.
Wenn in der Gemeinde die Aufgaben, die sich stellen, erfüllt werden sollen, dann müssen unsere
Gemeinden auch über das notwendige Geld verfügen. Es wurde heute bereits darüber gesprochen,
daß es im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen primär Aufgabe des Bundes wäre, der
Gebietskörperschaft Gemeinde diese Mittel zur Verfügung zu stellen. Es wurde auch heute
ausgeführt, daß diese Verhandlungen im Laufe der letzten Jahrzehnte nicht den befriedigenden Erfolg
zeitigten.
Und wenn dann Präsident Binder von der Notwendigkeit der sogenannten Demokratisierung der
Bezirksverwaltungsbehörden spricht, wobei er etwas anderes meint, das möchte ich auch dazusagen,
als das, was Präsident Reiter zuvor ausgeführt hat, damit da keine Verwechslungen das Kerns der
Aussage gegeben sind, so möchte ich nur darauf verweisen, daß dann eine weitere
Gebietskörperschaft entstehen würde, wie sie in der österreichischen Verfassung von Kelsen
vorgesehen ist, wofür aber die entsprechenden Ausführungsgesetze bis heute fehlen.
(Landeshauptmannstellvertreter Grünzweig: Darüber kann man auch reden!) Reden kann man immer
darüber! Hören Sie sich, Herr Landeshauptmannstellvertreter, dazu einmal ,die Meinung des Herrn
Landeshauptmannes Wagner aus Kärnten und des Landeshauptmannes Kery aus dem Burgenland
an. Meine sehr geehrten Herren, da hören Sie, daß da sicher auch eine andere Meinung gerade in
dieser Frage gegeben ist.
Ich darf hier bewußt wiederholen: Vom Standpunkt der Gemeinden wollen wir heute haben, daß
bestimmte Rechte, die wir uns im Laufe der Jahre, speziell beim letzten Verfassungsgesetz im Jahre
1962 zusätzlich erkämpft haben, eben auch in Zukunft gewahrt werden. Denn sonst könnte die Politik
nicht mehr ,,näher zum Bürger" durchgeführt werden, wie wir sie uns eben vorstellen. Das vielleicht
ganz kurz zu den Ausführungen des Herrn Präsidenten Binder, um hier, glaube ich, nicht in ein
Mißverständnis zu münden im Zusammenhang mit der Aussage des Herrn Präsidenten Reiter.
Aber nicht nur die Probleme des Finanzausgleiches zwischen den Gebietskörperschaften Bund, Land
und Gemeinden sind entscheidend. Wenn man die Meinung vertritt, daß im gesamten Land ähnliche
Voraussetzungen gegeben sein sollen, um die angestrebte Lebensqualität zu schaffen, ist es sicher
auch notwendig, daß ein interkommunaler Ausgleich Platz greift, damit eben alle Gemeinden, ob groß,
ob klein, die Chance haben, für ihre Bevölkerung eben die gleichen Einrichtungen ins Leben zu rufen.
Wenn wir uns in diesem Zusammenhang mit dem Problem der Finanzkraft auseinandersetzen, dann
stellen wir fest, daß viele Förderungsmaßnahmen des Landes genauso wie auf Bundesebene auf der
Finanzkraft aufgebaut sind. Hier müssen wir uns aber die Frage stellen, welche Arten der Finanzkraft
gibt es, denn landläufig könnte sonst der Eindruck entstehen, daß diese Finanzkraft praktisch nach
einer Berechnungsmodalität berechnet wird und daraus auch die entsprechenden Konsequenzen, sei
es bei legistischen Maßnahmen, sei es dann im Rahmen der Förderung auf Grund dieser legistischen
Maßnahmen gezogen werden. Wir unterscheiden hier vier verschiedene Berechnungsarten der
Finanzkraft, und zwar wenn Gemeinden Förderungsmittel beanspruchen und wenn Gemeinden zu
einer Leistung von Umlagen und Beiträgen verpflichtet sind.
Vielleicht zur ersten Art, wenn Förderungsmittel angesprochen werden. Hier ist gerade das auch von
Präsident Binder angeführte Gemeindeinvestitionsfondsgesetz ganz interessant, dann das Schul- und
Kindergartenfondsgesetz, das gerade auf Grund dieser Regelung die Gemeinden, vor allem die
kleineren und mittleren Gemeinden, im Laufe der letzten Jahre in die Lage gesetzt hat, Schulbauten
zu errichten, was in Niederösterreich ja in einem entsprechend großen Umfang der Fall war, eben
dank der Initiativen unserer Gemeinden, wobei auch die kleineren und mittleren, finanzschwächeren
Gemeinden diese Baumaßnahmen durchführen konnten.
Eine entsprechende Berechnung der Finanzkraft liegt auch dem Gesetz über die
Landesfinanzsonderaktion zugrunde, die heute viele Gemeinden erst in die Lage versetzt, notwendige
Investitionen zu tätigen.
Eine entsprechende Regelung der Finanzkraft gibt es auch bei den Bedarfszuweisungen
(Finanzausgleichsgesetz 1979) und - ich glaube, das ist ganz wichtig zu betonen, denn hier ist aus der
Sicht der kleineren und mittleren Gemeinden eine ganz befriedigende Regelung - im Zusammenhang
mit der Landesstrukturhilfe. Hier sind nämlich die tatsächlichen Einnahmen zugrunde gelegt, während
bei allen anderen Gesetzen ein entsprechend anderer Berechnungsmodus anzuwenden ist, der
unserer Meinung nach, wenn man Berechnungsbeispiele mit sogenannten finanzstarken Gemeinden
und sogenannten finanzschwachen Gemeinden anstellt, oft ein Ungleichgewicht zu den
finanzschwächeren Gemeinden erkennen läßt.
Eine entsprechende Berechnungsmodalität wird gerade auch zugrunde gelegt bei der Leistung von
Umlagen und Beiträgen. Ich verweise hier auf das Landesumlagegesetz, das Sozialhilfegesetz, das
Pflichtschulgesetz, das Krankenanstaltengesetz, um nur auf einige dieser Gesetze zu verweisen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine entsprechende Überlegung, eine entsprechende
Beratung, wie man diesen interkommunalen Ausgleich in Zukunft gerechter angehen könnte, ist
meiner Meinung nach in Zukunft nicht nur Aufgabe der Gemeindevertreterverbände, des Landes,
sondern auch aller interessierten Institutionen. Hier sind sicher Überlegungen anzustellen und ich
hoffe, daß gerade diese Frage, die auch hier im Hohen Haus bereits einige Male angeschnitten
wurde, in absehbarer Zeit angegangen werden kann, um eine Regelung, die befriedigend ist, zu
ermöglichen.
Gestatten Sie mir, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch auf einige Detailprobleme, die
unsere Gemeinden berühren, einzugehen. Wir haben uns im Jahre 1977 durch viele Monate hindurch
mit dem niederösterreichischen Kanalgesetz befaßt und gerade in diesem Zusammenhang
Überlegungen angestellt, wie eine gerechtere Berechnung der diesbezüglichen Gebühren in die
Wirklichkeit umgesetzt werden könnte. Wir haben dann ein Detailproblem zum Teil gelöst, nämlich die
Frage der Anschlußgebühren für die Land- und Forstwirtschaft. Es ist aber unbestritten, daß noch
einige wichtige Fragen für die Bewohner unserer Gemeinden, aber auch für die Gemeindeverwaltung
schon von der Forderung der inneren Gerechtigkeit her noch offen sind und einer entsprechenden
Lösung bedürfen. Nicht nur die Frage der finanziellen Absicherung der notwendigen Investitionen für
Kanalbauten ist sehr schwierig, weil die Laufzeiten der Darlehen aus dem GIF und
Wasserwirtschaftsfonds sicher nicht zu lang, sondern noch immer zu kurz sind, es ist hier auch vom
Legistischen her, glaube ich, noch einiges zu lösen, damit der Kanaleinmündungsgebühr echt ein
entsprechender Anschlußflächenschlüssel zugrunde gelegt wird, wie es eben heute ist, und in Zukunft
eben die anfallenden Abwassermengen zugrunde gelegt werden.
Auch die Frage der Berechnung dieser Gebühren für die Land- und Forstwirtschaft ist noch immer
nicht befriedigend geregelt. Wenn ich hier die Frage der bebauten Flächen nochmals kurz
anschneiden darf, ob eben diese bebauten Flächen angeschlossen sind an die Abwässerbeseitigung
oder nicht, so verweise ich auf die Frage der Dachrinnen, ob hier Dachrinnen das Abwasser
beseitigen oder ob man eben gezwungen ist, von einer Dachrinneninstallierung Abstand zu nehmen.
Hier wird, glaube ich, im Zusammenhang mit der Bauordnung eine entsprechende Anpassung
zusätzlich zu erfolgen haben. Auch bei der Berechnung der Kanalanschluß- und
Kanalbenützungsgebühren betreffend die Mischwasserkanäle ist die Frage, daß man hier echt
unterscheidet zwischen Mischwasserkanal und Fäkalienkanal und das Trennsystem mit überlegt.
Grundsätzlich ist zu überlegen, daß heute die Kanalgebühren in keiner Weise kostendeckend sind
und die Investitionen immer größeren Umfang erreichen. Auch in dieser Frage sind, glaube ich,
Überlegungen anzustellen, desgleichen in der Frage von Sondergebühren, wenn Fleischhauereien,
Molkereien, chemische Betriebe - speziell chemische Betriebe - über das übliche Maß hinausgehende
Wartungskosten verursachen und heute eine entsprechende Sondergebühr eben nicht
vorgeschrieben werden kann.
Die Berechnung der Anschlußgebühr ist gerade im Zusammenhang damit, daß hier die Möglichkeit
der Benützung eine echte Voraussetzung ist, glaube ich, auch neu zu überlegen. Nachdem in ,dem
Gesetz, das hat sich ja auch im Jahre 1977 gezeigt, sehr widerstreitende Interessen inkludiert sind,
wäre es vielleicht doch empfehlenswert, daß man die Niederösterreichische
Gemeindeverwaltungsschule beauftragt, im Rahmen eines Seminars diese Fragen mit zu überlegen
und vielleicht damit zu erreichen, daß befriedigende Ansatzpunkte für eine entsprechende
Novellierung dieses Gesetzes erarbeitet werden könnten.
Ich wollte nur auf diese Fragen verweisen, damit sie nicht in Vergessenheit gelangen, weil diese
Fragen auch in Zukunft gerade unsere Gemeindeverwaltungen entscheidend berühren und weil wir
alle, glaube ich, das gemeinsame Interesse haben, daß auch im Rahmen dieses Gesetzes die
entsprechende innere Gerechtigkeit zum Tragen kommt.
Präsident Binder hat darauf verwiesen, daß unsere Gemeindeverwaltungen immer mehr belastet
werden im Zusammenhang mit Erhebungen. Mit Erhebungen des Bundes, der
Pensionsversicherungsanstalten. Aber nicht nur diese Erhebungen, die die einzelnen
Gemeindebürger berühren, nehmen entsprechend zu, sondern auch die grundsätzlichen statistischen
Erhebungen. Diese statistischen Erhebungen werden vom Inhalt her immer umfangreicher, sodaß wir
feststellen müssen, daß hiefür sehr oft Bedienstete der Gemeinde für einige Zeit echt abgestellt
werden müssen. Das bedeutet, daß diese Bediensteten für die normal anfallenden Arbeiten nicht zur
Verfügung stehen und dadurch zusätzliche Kosten für unsere Gemeinden entstehen. Ich glaube,
gerade diese Frage, die immer mehr an Bedeutung zunimmt, soll nicht unterschätzt werden und
dieser Frage soll daher in nächster Zukunft ein besonderes Augenmerk zugewendet werden. Ich darf
in diesem Zusammenhang einen Resolutionsantrag hier unterbreiten mit dem Ersuchen um Ihre
Zustimmung (liest):
„Resolutionsantrag
des Abg. Romeder zur Gruppe 0 des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1981,
LT-236. Gemäß § 7 Abs. 1 des Bundestatistikgesetzes 1965, BGB1. Nr. 91/ 1965, sind die
Gemeinden zur Mitwirkung bei statistischen Erhebungen verpflichtet, wenn das Gesetz oder die
Verordnung über diese Erhebung es anordnen.
Von dieser Ermächtigung wird in den letzten Jahren immer mehr Gebrauch gemacht und gibt es kaum
statistische Erhebungen, bei denen die Gemeinden nicht zur Mitwirkung herangezogen werden.
Nach Abs. 7 der zitierten Gesetzesstelle hat der Bund den Gemeinden auf Antrag die ihnen bei der
Mitwirkung an statistischen Erhebungen entstehenden Kosten abzufinden. Die Abfindung ist als
Bauschbetrag zu gewähren und im Bundesgesetz oder in der Verordnung, mit dem oder mit der eine
statistische Erhebung angeordnet wird, nach Maßgabe des Umfanges des Erhebungsbogens und es
mit der Erhebung verbundenen Arbeitsaufwandes festzusetzen. Da die Gemeinden aus finanziellen
Gründen die Anzahl ihrer Bediensteten so gering wie möglich halten müssen, führen immer häufiger
werdende Leistungen bei statistischen Erhebungen des Bundes dazu, daß dafür eigene Hilfskräfte
beigestellt werden müssen.
Die seitens des Bundes für die Mitwirkung an den statistischen Erhebungen den Gemeinden auf
Antrag gewährte Abfindung reicht aber vielfach nicht aus, um die damit im Zusammenhang stehenden
Kosten abzudecken. Als besondere Härte muß es dabei angesehen werden, daß der Kostenersatz
nur auf Antrag gewährt wird.
Diese Regelung stellt nicht nur einen unnötigen Verwaltungsaufwand dar, sondern ist auch deshalb
unverständlich, weil die von den Gemeinden bei der Mitwirkung an statistischen Erhebungen
erbrachten Leistungen und der dafür zustehende Kostenersatz von der die statistischen Erhebungen
durchführenden Stelle (österreichisches Statistisches Zentralamt) objektiv feststellbar sind. Es bedarf
daher keines gesonderten Antrages, um etwa die für die Berechnung des Kostenersatzes
notwendigen Fakten mitzuteilen.
So gesehen, stellt die Verpflichtung zur Antragstellung daher einen sachlich nicht gerechtfertigten
Arbeitsaufwand dar. Die Landesregierung wird daher aufgefordert, bei der Bundesregierung dahin zu
wirken, daß
1. die den Gemeinden zuerkannten Pauschbeträge auch die für die Mitwirkung entstehenden Kosten
decken,
2. entsprechende gesetzgeberische Maßnahmen zur Änderung des Bundesstatistikgesetzes 1965 im
Sinne der Antragsbegründung getroffen werden,
3. auch in anderen Bundesgesetzen jene Bestimmungen beseitigt werden, wonach die Gewährung
von Zuschüssen oder Kostenersätzen an Gemeinden von der Stellung eines formellen Antrages
abhängig ist."
Ich darf Sie bitten, diesem Antrag Ihre Zustimmung zu geben, wobei ich noch besonders darauf
verweisen möchte, daß gerade die Vorschrift der Antragstellung, um eine Vergütung zu bekommen,
eine entsprechende Härte ist. Manche kleine Gemeinde hat es dann verabsäumt, in offener Frist diese
Anträge zu stellen. Es wäre daher auch im Sinne der erwähnten Verwaltungsvereinfachung, wenn
man hier automatisch diese Pauschalbeträge, die sicher angehoben werden müssen, überweist.
Es ist Aufgabe des Landes Niederösterreich als Aufsichtsbehörde, in unseren Gemeinden die
entsprechenden Gebarungsprüfungen regelmäßig zu tätigen. Ungefähr alle fünf bis sechs Jahre wird
diese Gebarungsprüfung durchgeführt. Hier hat sich gerade im Laufe der letzten Zeit bei vielen
Gemeinden im Zusammenhang mit dem Bezügegesetz für die Gemeindemandatare herausgestellt,
daß bei Baukommissionen, wo häufig dieselben Parteienvertreter, meistens aus der Sicht, wie es
ihnen beruflich möglich ist, anwesend sind, diese für ihre zusätzliche Mehrarbeit keine entsprechende
Entschädigung erhalten können. Diese Frage hat daher bei vielen Gemeindermandataren, meistens
bei denen, die mit besonderem Fleiß ans Werk gehen, und gerade bei denen, auf die sich der
Bürgermeister bei der Arbeitseinteilung meistens verlassen kann, eben auch Unmut erzeugt. Ich
glaube, wenn man hier arbeitsgerecht sein will, ist in Zukunft auch diese Frage im Rahmen des
Bezügegesetzes im Interesse unserer Gemeindemandatare, die echt aus Idealismus für ihre
Bevölkerung, für ihre Gemeinden, Entsprechendes leisten, zu lösen. Ich darf mir daher erlauben, auch
hiezu einen entsprechenden Resolutionsantrag zu stellen (liest):
,,Resolutionsantrag
des Abg. Romeder zur Gruppe 0 des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1981,
LT-236. Nach § 2 Abs. 2 des Gesetzes vom 10. Juli 1975, LGB1. 1005-1, über die Bezüge der
Mitglieder des Gemeinderates und der Ortsvorsteher, gilt der mit der Ausübung des Mandates und
Amtes verbundene Aufwand, mit der den Mitgliedern des Gemeinderates gemäß §§ 6 oder 7 leg. cit.
zukommenden Entschädigung als ersetzt. Lediglich Barauslagen, die im Zusammenhang mit einer
Dienstreise entstehen, sind nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes gemäß dem VIII. Teil der Dienstpragmatik
der Landesbeamten 1972 zu ersetzen.
Diese Regelung gilt auch für die gemäß § 99 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1976 der Bauverhandlung
beizuziehenden Gemeinderäte, was bedeutet, daß auch ihnen keine über das Bezügegesetz
hinausgehende Entschädigung gewährt werden kann.
Diese Regelung wird allgemein als unbillige Härte aufgefaßt, da es sich bei den an den
Bauverhandlungen teilnehmenden Gemeinderäten - vielfach aus beruflichen Gründen - immer um
dieselben Personen handelt, die demnach eine größere Belastung durch die Ausübung ihres
Mandates zu tragen haben als die übrigen Gemeinderäte, ohne daß ihnen hiefür eine gesonderte
Entschädigung zukommt.
Die von manchen Gemeinden gehandhabte Übung, diesen Gemeinderäten einen Teil der
vereinnahmten Kommissionsgebühren zu überlassen, widerspricht den gesetzlichen Bestimmungen
und führt immer wieder zu Beanstandungen durch die Aufsichtsbehörde. Eine Lösung dieses
Problems kann daher nur durch Abänderung des Bezügegesetzes in der Weise erreicht werden, daß
Gemeinderatsmitgliedern, die mit ,,besonderen Aufgaben" betraut sind, dafür eine gesonderte
Entschädigung zuerkannt wird.
Die Landesregierung wird daher aufgefordert, im Sinne der obigen Ausführungen dem Landtag einen
Gesetzentwurf zur Beratung und Beschlußfassung zuzuleiten.''
Darf ich auch hier um Ihre entsprechende Unterstützung bitten.
(Zweiter Präsident Binder übernimmt den Vorsitz.)
Wenn ich vom Einsatz unserer Gemeindemandatare gesprochen habe, dann darf ich heute hier nur
mit einigen Sätzen etwas kurz wiederholen. Es wäre nach der Kommunalstrukturreform keine
befriedigende Verwaltungsaufgabe in den Gemeinden durchführbar, wenn sich nicht gerade unsere
Gemeindemandatare im Laufe der letzten Jahre ebenso wie die Gemeindebediensteten entsprechend
schulen hätten lassen. Ich darf in diesem Zusammenhang allen Funktionären im Land
Niederösterreich für diesen ihren Idealismus, ihren Einsatz, für die Opferung mancher Freizeit
herzlichen Dank sagen. Genauso darf ich einen herzlichen Dank sagen für das Engagement unserer
Gemeindebediensteten. Wenn man bedenkt, daß sich seit dem Jahre 1973, seit dem Bestehen der
Gemeindeverwaltungsschule und Kommunalakademie, rund 7.000 Personen, seien es Funktionäre,
seien es Bedienstete, einer Schulung unterzogen haben, dann sehen wir auf der einen Seite den
Bildungswillen unserer Funktionäre und Bediensteten, aber auch die große Leistung dieser
Einrichtung der niederösterreichischen Gemeindeverwaltungsschule und Kommunalakademie. Ich
kann nur hoffen, daß auch im Laufe der nächsten Jahre diese intensive Schulungstätigkeit aufrecht
erhalten wird, denn eine funktionierende Gemeindeverwaltung bedarf immer eines Wissens auf dem
neuesten und letzten Stand. Und dazu soll eben diese Schule das Entsprechende beitragen.
Wir freuen uns, daß das Land Niederösterreich im Laufe der letzten Jahre immer wieder, sei es auf
legistischer, sei es auf förderungspolitischer Ebene, erkannt hat, daß eine entsprechende Regionalund Strukturpolitik über unsere Gemeinden und in unseren Gemeinden positivst erfolgt und daß jeder
landespolitische Einsatz für unsere Gemeinden gezielt am besten auf den einzelnen Gemeindebürger
abgestimmt den örtlichen Bedürfnissen entspricht. Und wir sind sehr froh, daß man das nicht nur
erkannt hat, sondern daß auch im Budget für das Jahr 1981 die entsprechenden Mittel vorgesehen
wurden.
Wenn ich heute auf einige förderungspolitische Maßnahmen, aber auch legistische Probleme, die in
Zukunft anstehen, verwiesen habe, dann wird es sicher Aufgabe des Hohen Landtages sein, diesen
legistischen Maßnahmen und auch den förderungspolitischen Maßnahmen im Interesse der
niederösterreichischen Bevölkerung ein besonderes Augenmerk zuzuwenden. In dem Sinn bitte ich
Sie nochmals um die Zustimmung zu den vorgebrachten Resolutionsanträgen, damit die Arbeit
unserer Gemeindefunktionäre im Interesse der Bevölkerung unseres Landes, erleichtert wird. (Beifall
bei der ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Als nächster ist der Abg. Dr. Bauer zum Wort gemeldet. Ich erteile
es ihm.
Abg. Dr. BAUER: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wurde heute einige
Male auf die wirtschaftliche Situation in Österreich eingegangen und insbesondere die günstige
Entwicklung in Niederösterreich herausgestellt. Wir alle sind froh, daß wir diese günstige Entwicklung
verzeichnen können, aber ich möchte hier doch vermerken, daß Niederösterreich ja keine
Sonderstellung im Rahmen der Republik Österreich hat, sondern de facto eingebettet ist in diese
günstige Entwicklung der Gesamtrepublik und daher muß man, wenn man sagt, daß Niederösterreich
eine günstige Entwicklung genommen hat, auch zugeben, daß die politischen Rahmenbedingungen,
die hier gestellt sind, einfach richtig sind und daß daher dieses Ergebnis erzielt werden kann.
Ich möchte zwei Zahlen zu diesem Thema nennen. In den 50er Jahren war Österreich noch ein
Nachzügler unter den Industriestaaten. Wir sind rund 22% unter dem Durchschnitt Westeuropas
gelegen, was das Pro-Kopf-Sozialprodukt betrifft, und wir sind heute, 1980, mit 25% über dem
Durchschnitt des Pro-Kopf-Einkommens der EG. Das ist ein gigantischer Erfolg, auf den wir alle
gemeinsam stolz sein können, weil er ja nicht nur von einer Gruppe erbracht wird, sondern weil das
eine gemeinsame Sache ist und weil das Klima, das in Österreich herrscht, vieles dazu beiträgt.
Aber lassen Sie mich jetzt, nachdem die Richtigstellung dieser ständigen Differenzierung, im Land
gute Entwicklung und der Bund macht schlechte Politik, nun erfolgt ist, einige Anmerkungen zur
Raumordnungspolitik machen. Ich habe schon im Vorjahr Gelegenheit gehabt, über die Raumordnung
zu sprechen; Ich habe dabei auf die besonderen Entwicklungen in den einzelnen Teilräumen
hingewiesen und dabei herausgestellt, daß sich die Disparitäten in Niederösterreich verstärkt haben.
Es ist zweifellos so, daß ein Jahr für eine Trendumkehr ein viel zu kurzer Betrachtungszeitraum ist,
daß man aber eine Änderung schon erwarten kann. Dennoch muß festgehalten werden, daß sich
1980 diese Entwicklung weiter verstärkt hat und keine Umkehr der negativen Trends eingetreten ist.
Es wurden zwar die notwendigen regionalen Pläne Mitte des Jahres verabschiedet, aber ich frage
mich manchesmal, mit welcher Konsequenz diese Pläne nun wirklich behaftet sind. Ich werde noch
darauf eingehen. Und es wurden auch regionale Maßnahmenkonzepte entwickelt. Allerdings muß
man hier festhalten, es gibt ein deutliches Auseinanderklaffen zwischen den Programmen und den
dazu gehörigen Maßnahmen, die wir alle gemeinsam je letzten Endes erst in der Realisierung - und
darauf kommt es an - zu setzen haben.
Nun lassen Sie mich vielleicht eingehen auf die Probleme der Förderungspolitik. Man muß sich, wenn
man sich mit Raumordnung beschäftigt, auch die grundsätzliche Frage stellen, ob die
Raumordnungspolitik und die Förderungsmaßnahmen überhaupt in der Lage sind, Entwicklungstrends
im großen zu verändern. Historisch gesehen möchte ich einmal festhalten, daß es immer wieder
große regionale Verschiebungen gegeben hat mit allen bekannten Auswirkungen. Seit den 60er
Jahren hat es in Österreich und in Europa an raumordnungspolitischen Aktivitäten auch nicht gefehlt.
Dennoch konnten viele negative Entwicklungen nicht verhindert werden. Es kam zur weiteren
Zunahme der Verdichtungsräume und zur Entstehung eines ausgeprägten regionalen Gefälles. Die
bisherige Regionalpolitik hat also zwar Milderung gebracht, jedoch nicht hemmend oder behebend
gewirkt.
Diese Feststellung wird auch durch eine Untersuchung in den wichtigsten Industrieländern der OECD
abgestützt, wo leicht resignierend festgestellt wird, daß kein Patentrezept in der Regionalpolitik
gefunden wurde. Auch in der neuen Publikation der Arbeiterkammer, die sehr gute Beiträge enthält,
wurde im letzten Heft unter ,,Wirtschaft und regionalpolitische Beiträge" von den Autoren festgestellt,
daß die Regionalpolitik weitgehend versagt hat. Ich zitiere hier einige Feststellungen aus diesen
Beiträgen zur Regionalpolitik. Zuerst Dr. Kamiak, der hier feststellt, daß sich der Einsatz der
Instrumente zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung ländlich peripherer Gebiete als
weitgehend wirkungslos erwiesen hat. Dr. Litschauer sieht die regionalen Arbeitsmärkte und die
Arbeitskräftemobilität deshalb als nicht entsprechend, weil die entsprechenden
Qualifikationsstrukturen und die niedrigen Entlohnungen weiterhin Grund genug sind, abzuwandern
oder weiter zu pendeln. In der Untersuchung der Einflußgrößen der Regionalentwicklung
Niederösterreichs wird auch fest- gehalten, daß die wirtschaftliche Dynamik allein noch nicht den
notwendigen regionalen Ausgleich schaffen kann. Diese Beiträge stellen also alle eine sehr kritische
Analyse dar und es ist besonders hervorzuheben, daß sie auch eine Reihe von positiven Vorschlägen
für eine alternative Raumordnungspolitik enthalten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, gerade diese alternative Raumordnungspolitik brauchen
wir. Wir brauchen die absolute Bereitschaft und den Willen, uns gegen diese großen Trends zu
stemmen, auch wenn es vorerst so scheint, als könnte man nichts dagegen tun, um eine andere
Entwicklung herbeizuführen, weil dies besser den Bedürfnissen der Menschen in Niederösterreich
entsprechen würde. Regionalpolitik darf nicht nur eine Frage für die jeweilige Region bleiben, sondern
zentrales Anliegen der Gesamtheit des Landes und der Republik. Ich gebe mich aber keinen
Illusionen hin und weiß sehr genau, daß es auf Grund der gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen
immer schwieriger sein wird, Betriebe in periphere Zonen zu bekommen.
Global gesehen, glaube ich, daß in den nächsten zehn Jahren und darüber hinaus sicher die
menschliche Arbeitskraft im Oberschuß angeboten wird. Wir alle sehen ja die Entwicklung der
Arbeitslosen in den EG-Staaten, es sind 7 Millionen ohne Beschäftigung. Wenn Österreich hier eine
Ausnahme bildet, so verdanken wir das eben der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung. Es werden
auch immer neue Anbieter auf die Märkte kommen, immer stärker wird der Wettbewerb werden,
nämlich nicht nur bei jenen Produkten, meine sehr verehrten Damen und Herren, die die sogenannten
niedrigen Technologien betreffen, sondern auch bei jenen Produkten, die sehr technologieintensiv
sind. Und dieses zusätzliche Angebot wird eine stagnierende bis langsam wachsende Nachfrage
bewirken. Also einerseits mehr Angebot, andererseits weniger Nachfrage und daher wird sich die
Konkurrenz entsprechend verschärfen.
Nun lassen Sie mich ausführen, warum die Betriebe immer weniger gewillt sind, in periphere Zonen zu
gehen. (Abg. Amon: Transportsteuer!) Nämlich deshalb, weil sie alle Hände voll zu tun haben, sich
den Produktionsstrukturen anzupassen, die internationale Wettbewerbsfähigkeit herzustellen. Dies tun
sie meist in ihren angestammten regionalen Gebieten und diese Politik wird ja durch eine sektorale
Industriepolitik noch abgestützt. Das heißt, daß es in Zukunft noch mehr Anstrengungen bedarf, um
wirklich Investoren für unterentwickelte Gebiete zu finden. Den Ausweg aus dem Dilemma der
notwendigen Investitionen in den Zentralräumen und der angestrebten Harmonisierung der Teilräume
sehe ich darin, daß es uns gelingt, die nationalen Standorte möglichst homogen zu gestalten. Das
heißt, daß zwischen den Regionen annähernd gleiche Bedingungen geschaffen werden, sowohl
hinsichtlich der Infrastruktur als auch der Branchenstruktur, denn nur dann ist es gewährleistet, daß
selbsttragende Wirtschaftsregionen sich herausbilden. Der Impuls für eine solche regionale
Entwicklung muß durch Schaffung von Wachstumskernen erfolgen.
Vergleicht man die Ergebnisse der bisherigen Regionalpolitik mit den Zielen, die hier aufgezeigt
wurden, so muß man feststellen, daß die bisherigen Förderungsinstrumentarien diese Aufgabe
offensichtlich nicht erfüllt haben. Die Ursache des Versagens der Regionalpolitik liegt sicher darin, daß
die regionalen Anreizsysteme, wie Kredite, Zinsenzuschüsse, Arbeitsplatzzuschüsse und anderes
mehr, eine zu geringe Differenzierung aufweisen und damit kein ausreichender Anreiz geschaffen
wurde. Eine Untersuchung aus dem Jahre 1973 gibt einen Anhalt darüber, wie groß die
Kapitalersparnis sein muß, um einen echten Anreiz für einen Investor zu bilden. Die Studie kommt
dabei zu dem Schluß, daß die Einsparung mindestens 25% sein muß. Wenn man damit vergleicht die
niederösterreichischen Förderbedingungen, so muß man feststellen, daß die Förderkonditionen für
Gewerbe und Industrie in Niederösterreich bei rund 18 bis 22% liegen und damit knapp den Wert oder
fast den Wert erreichen, der von dieser Studie als ausreichender Anreiz ermittelt und als Ergebnis
präsentiert wurde. (Abg. Mag. Freibauer: Ein bißchen nachlassen bei den Steuern!) Die
Förderkonditionen sind zwar global gesehen an diese Grenze herangebracht worden, allerdings fehlt
etwas - das ist der Schönheitsfehler bei den niederösterreichischen Instrumentarien - es wird nämlich
eine zu undifferenzierte Förderung gegeben, denn in Wirklichkeit stehen ja die Förderungen im großen
und ganzen allen niederösterreichischen Gewerbe- und Industriebetrieben im gleichen Maße zur
Verfügung. Die mangelnde Differenzierung der Förderung innerhalb Niederösterreichs trägt also ein
hohes Maß an Schuld, daß die regionalen Disparitäten, wie ich schon sagte, sich weiter verschärfen
werden. (Abg. Mag. Freibauer: Bei den Steuern haben wir auch keine Differenzierung!)
Trotz der geringen Erfolge in der Regionalpolitik in Niederösterreich scheint man keine Änderung ins
Auge zu fassen. Besonders deutlich kommt dies im neuen Raumordnungsprogramm zur Förderung
von geeigneten Standorten und Betrieben des produzierenden Gewerbes zum Ausdruck. In diesem
Entwurf erfolgt in einer Reihe von Förderungsgebieten, und zwar in den Planungsregionen Gmünd,
Waidhofen, Hollabrunn, Mistelbach und Zwettl, überhaupt keine Differenzierung der Förderung mehr.
Dies ist umso bedauerlicher, meine sehr verehrten Damen und Herren, als in den Regionalplänen, die
in Zusammenarbeit mit den Regionalbeiräten erstellt wurden und um die Mitte des Jahres vom
Niederösterreichischen Raumordnungsbeirat verabschiedet wurden, deutliche Schwerpunktbildungen
erfolgten. So entschied sich zum Beispiel der Raumordnungsbeirat im Bezirk Hollabrunn für eine
Mischung zwischen Leitbildvariante und Streuungsvariante. Mistelbach eindeutig für eine
Leitbildvariante also eine sehr deutliche Präferenz für die Schaffung regionaler Zentren, die
entsprechende Standortvorteile aufweisen. Es wurde richtig erkannt, daß die regionale Abstimmung
eine höhere Stabilität bietet und daß eine eigene regionale Dynamik entstehen kann. Es müssen also
nach diesen Zielvorstellungen die raumordnungspolitischhen Instrumentarien gebündelt eingesetzt
werden. Das haben zumindest die in den regionalen Beiräten Vertretenen so zum Ausdruck gebracht.
Aber genau das Gegenteil wurde wieder im Entwuf des Raumordnungsprogrammes vorgeschlagen,
nämlich eine völlig undifferenzierte Förderung.
Ich komme damit zu der grundsätzlichen Frage, welchen Stellenwert diese regionalen Struktur- und
Entwicklungspläne überhaupt haben. Lassen Sie mich einige Anmerkungen dazu machen. Seit 1976
wurde vom zuständigen Referat immer wieder gesagt, daß an der Regionalplanung gearbeitet wird.
Erst 1980, also vier Jahre später, wurde der Niederösterreichische Raumordnungsbeirat erstmals über
den Stand der Regionalplanung informiert. Vier Jahre wurde also das zuständige Gremium überhaupt
nicht mit dieser Frage befaßt. Die Pläne wurden nach der Konstituierung der Regionalbeiräte
ausschließlich dezentral erstellt und sind daher auch, abgesehen von der sehr unterschiedlichen
Qualität dieser Pläne, im wesentlichen zu einer Auflistung kommunaler Wünsche gekommen. Bevor
ich auf die inhaltliche Kritik der dem Raumordnungsbeirat vorgelegten Struktur- und
Entwicklungspläne eingehe, möchte ich festhalten, daß es sich bei den vorgelegten Plänen im übrigen
nur um einen Neuaufguß der schon im Wahlkampf verwendeten Kurzfassungen handelt und kaum
neue Erkenntnisse angeboten wurden. Darüber hinaus ist die Konsistenz der Pläne selbst nicht
gegeben, da, wie schon erwähnt, die Wunsch- und Zielvorstellungen der Gemeinden hier zu stark und
die örtlichen Interessen zu sehr in den Vordergrund geschoben wurden. Es darf daher nicht
verwundern, daß manche Forderungen im Widerspruch zu Planungsüberlegungen des Landes stehen
oder aus überregionaler Sicht nur begrenzt vertretbar sind.
Besonders deutlich zeigt sich dies bei der Arbeitsplatzprognose. Es wurde hier schon erwähnt, daß
einmal 68.000 Arbeitsplätze genannt wurden, wenn man 40% auspendeln läßt. Dann wurden wieder
33.000 Arbeitsplätze genannt und der zuständige Planungsreferent, Landeshauptmannstellvertreter
Ludwig, nannte 40.000 Arbeitsplätze als erforderlich. Wenn man sich die Mühe macht und die
Regionalpläne aufaddiert, kommt man drauf, daß nach den Vorstellungen der Regionen 78.000
Arbeitsplätze zu schaffen sind. Also eine gewaltige Unstimmigkeit zwischen den Aussagen und den
Plänen. Ich weiß nicht, ist das hier so geplant, daß man erst die Leute sagen läßt, was ihr Wunsch ist,
und dann wird es sich schon irgendwie wieder einrichten, oder ist das auf Planungsfehler
zurückzuführen. Das kann ich hier nicht beantworten. Aber eines kann ich doch feststellen, nämlich
daß neben dieser sehr unterschiedlichen Prognose auch noch etwas anderes bei den Arbeitsplätzen
besonders kritisch angemerkt werden muß. Über die Standortkategorien wird überhaupt keine
Aussage getroffen. Das ist eine entscheidende Schwäche dieser Prognosen. Auch gibt es keine
Angaben über die qualitative Struktur der erforderlichen Arbeitsplätze. Man hat also nur rein
quantitativ Zahlen von Arbeitsplätzen genannt. Ich glaube aber, mindestens ebenso wichtig ist
allmählich auch die qualitative Arbeitsplatzfrage.
Aber nicht nur bei den Arbeitsplätzen zeigt sich diese Großzügigkeit der Wunschaufnahme, sondern
auch bei den Spitalsbetten. Wie wir gehört haben, ist eine Abweichung gegenüber 1973 von 2.000
Betten festzustellen. Die Erklärung, wie immer man sie aufnimmt, daß nun statt Spitalsbetten
praktische Ärzte diese Lücke füllen sollen, ist ja in Wahrheit eine - ich gebe zu, eine nicht schlechte -Ausrede. Aber es ist und bleibt eine Ausrede. Denn Tatsache ist, daß man sich einfach geirrt hat, und
das sollte man auch zugeben.
Auch zu allgemeine Formulierungen, wie Arbeitsplätze sollen geschaffen werden, Wohnungen gebaut,
alte Wohnungen saniert werden oder anders mehr, bilden ja keine Basis echter seriöser Maßnahmen
in der Raumplanung. Lediglich in einzelnen Regionen und Teilbereichen, wie schon gesagt, wurden
auch Maßnahmenkonzepte entwickelt. Ich möchte hier hervorheben den Waldviertel-Plan, der neben
einer kritischen Analyse auch Maßnahmen enthält, und möchte auch hinzufügen, daß sehr viele
Besprechungen stattgefunden haben, um diesem Gebiet zu helfen. Ich bin sehr froh darüber, daß die
Verstaatlichte Industrie über ihre Beteiligung an ELIN Arbeitsplätze im Waldviertel zu schaffen helfen
wird; durch den Erwerb der Mehrheitsbeteiligung an der Firma MKW, das ist die Nachfolgefirma der
Firma Eisert, werden nämlich rund 200 Arbeitsplätze dort entstehen. Das ist ein Beitrag zur
Regionalpolitik, auf den ich doch einigermaßen stolz bin, weil es eben trotz der Probleme, die
insgesamt bestehen, immer wieder die Möglichkeit und auch die Bereitschaft von uns gibt, daß wir
Regionalpolitik ehrlich und echt meinen und durchführen.
Darüber hinaus zu den Maßnahmen. Ich bin auch bei den Maßnahmenkonzepten etwas verwirrt
geworden, weil ich gedacht habe, wenn ein Maßnahmenkonzept besteht, so müßte das doch
einigermaßen halten. Aber auch da wurde ich eines Besseren belehrt. So wurde zum Beispiel das
Verkehrskonzept als Maßnahmenkatalog für die Region Hollabrunn erarbeitet und im Beirat mehr oder
weniger zur Kenntnis genommen. Es handelt sich hier um eine sehr gute Analyse und auch um ein
sehr gutes Konzept. Und als wir dieses Konzept verabschiedet haben, so haben wir doch gedacht,
daß das einige Jahre Gültigkeit hat. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, ganze zwei Tage
hat dieses Konzept gehalten. Denn dann wurde vom Institut für Raumordnung bereits ein anderes
Konzept vorgestellt, das die Frage der Nebenbahnen zum Beispiel ganz anders einstuft und ganz
anders behandelt. Im Verkehrskonzept Hollabrunn haben wir noch davon gesprochen, daß die Bahn
wichtiger Verkehrsträger bleiben muß, während beim Institut für Raumplanung bereits zwei Tage
später für eine Stilllegung der Nebenbahnen plädiert wurde. Also es müßte doch möglich sein, daß
man hier eine bessere Zusammenarbeit zwischen den kompetenten Stellen des Landes und anderen
Instituten erreicht. Es genügt nicht, wenn man als erfolgreiche Zwischenbilanz in der
Landeskorrespondenz vermeldet, daß sämtliche Regionen und Planungsräume nun
Strukturentwicklungspläne hätten, daß Maßnahmenkonzepte vorgestellt wurden, wenn nicht die
Verbindlichkeit dieser Planung einmal festgestellt wird. Denn nur wenn die Verbindlichkeit festgestellt
ist, kann auch das Ergebnis dieser Planungen einmünden in das Förderungsinstrumentarium des
Landes Niederösterreich. Aber gerade dazu scheint das Land Niederösterreich nun nicht bereit zu
sein. Sie trennen nämlich sehr genau zwischen der Analyse der Maßnahmen und dann kommt mehr
oder weniger ein Förderungsinstrumentarium, das schwer ableitbar von dem ist, was in den Analysen
festgehalten ist. Ich führe das darauf zurück, daß von seiten des Landes in den Regionalplänen keine
räumliche und sachliche Dringlichkeitsreihung erfolgte und auch das Finanzierungskonzept bisher von
seiten des Landes noch nicht vorgelegt wurde. Aber genau diese Dringlichkeit und vor allem die
Reihung aus Landessicht wäre für die Förderungspolitik, ich sagte das, die Voraussetzung.
Es wurde daher eine Resolution des Verbandes sozialistischer Gemeindevertreter in Niederösterreich
gefaßt, die sich ebenfalls mit diesem Problem befaßte. Hier wurde verlangt, die Erarbeitung eines
gemeinsamen und koordinierten Ziel- und Maßnahmenkataloges für die niederösterreichischen
Regionen sowie Abstimmung der Maßnahmen auf Gemeinde und Bundesebene, die Gewichtung der
regionalen unterschiedlichen Probleme und die Aufstellung einer Dringlichkeitsreihung sowie ,konkrete
Überlegungen zur Finanzierung der angestrebten Vorhaben für die Lösung der regionalen Probleme.
Soweit die Resolution der sozialistischen Gemeindevertreter.
Ich sage hier sehr deutlich, wenn wir es ernst meinen, daß die regionalen Unterschiede ausgeglichen
werden sollen, die Abwanderung beschränkt und das Pendlerwesen verringert, sowie möglichst
gleichwertige wirtschaftliche, kulturelle und soziale Lebensbedingungen in allen Landesteilen erreicht
werden sollen, dann muß ein radikaler Bruch mit der bisherigen Raumordnungspolitik erfolgen und
müssen klare Prioritäten bei der Planung und bei den Maßnahmen gesetzt werden. Mit
Versprechungen allein wird keine Entwicklung eingeleitet. Ich glaube, daß in keine einzige Region in
Niederösterreich von den angekündigten 40 Milliarden Schilling, die das Land zur Verfügung stellen
wird, nur 1 Million Schilling geflossen ist. Auch wenn Landeshauptmannstellvertreter Ludwig heuer
wieder von 7 Milliarden spricht, so muß man zur Kenntnis nehmen, daß die Differenzierung bei der
Österreichischen Volkspartei offensichtlich gewollt ist oder politisch halt verdrängt wird, denn man
kann ja nicht diese Milliarden zusammenzählen, die den normalen Aufwand bedeuten, und das als
Wirtschaftsförderung hinstellen, sondern nur jenen Teil, der als echte Wirtschaftsförderung angesehen
werden kann.
Lassen Sie mich abschließend vielleicht zur Regionalpolitik schlechthin sagen, wir haben ja noch
Gelegenheit, meine sehr verehrten Damen und Herren, über die Frage der Industriepolitik, über die
Förderungspolitik im Rahmen der Beratungen über das Industrie- und Gewerbeprogramm zu reden.
Wir werden auch Gelegenheit haben, über die Prognose bezüglich Spitalsbetten im Rahmen des
Gesundheitsplanes reden zu können, ich möchte daher heute nicht darauf eingehen, weil der Entwurf
erst zur Begutachtung ausgesandt wurde und wir im nächsten Jahr ja dann noch Gelegenheit haben
werden, dazu Stellung zu nehmen.
So möchte ich abschließend zu einem anderen Problem, das mir nicht minder wichtig erscheint,
Stellung nehmen, nämlich zur Frage der Nahversorgung. Wir haben im Rahmen der Regionalisierung
des Niederösterreich-Planes dieses Anliegen sehr deutlich herausgestellt und die Wichtigkeit der
Nahversorgung besonders für die benachteiligten Regionen und für jene Regionen, wo die
verkehrstechnische Infrastruktur nicht entsprechend ausgeprägt ist, unterstrichen. Betroffen sind
nämlich vor allem jene Personengruppen, die nicht über ein eigenes Fahrzeug verfügen, also meist
ältere oder sozial schwächere Gruppen. Seit Jahren werden in Niederösterreich immer mehr
Kleinbetriebe des Handels und der Nahversorgung geschlossen, sodaß in manchen Gebieten die
Versorgung mit den Gütern des täglichen Bedarfs, vor allem die Lebensmittelversorgung, schon
schwierig geworden ist. 268 Orte in Niederösterreich sind überhaupt bereits ohne
Einzelhandelsgeschäft. (Abg. Mag. Freibauer: Du muß man den Finanzminister fragen, warum!) Diese
Situation wird sich noch weiter verschärfen, da viele Kleinhandelsgeschäfte auslaufende Geschäfte
sind, das heißt, daß sie von der nächsten Generation nicht mehr weitergeführt werden. Vor allem in
den Bezirken Gänserndorf, Hollabrunn, Gmünd und Zwettl droht die Gefahr einer Verschlechterung
der Nahversorgung. Bei der Behandlung dieser Problematik darf aber nicht nur diese Nahversorgung
gesehen werden, sondern auch immer mehr der beschäftigungspolitische Effekt.
Über die Einschätzung der künftigen Entwicklung des Handels und der Nahversorgung ist eine
Untersuchung der ,,Intermanagement-Sozialforschungsgesellschaft" von Ende 1979 interessant. Sie
kommt nämlich zu der sehr interessanten Feststellung, daß die Frage der Nahversorgung nicht nur
eine Frage der Versorgung ist, sondern ein viel größeres Phänomen davon betroffen ist, weil nämlich
damit auch unmittelbar die Frage nach der Lebensqualität an sich gestellt wird. Das heißt, die Arbeitsund Wohnwelt der Bevölkerung wird mit einbezogen in dieses Schema. Denn erst aus dem Manko,
das aus dem sozialen Umfeld ableitbar ist, kommen die Klagen über die Unterversorgung. Das ist eine
sehr interessante Feststellung, daß man hier soziale Defizite unserer Gesellschaft aufdeckt und nicht
so sehr allein die Versorgung mit Gütern zu sehen hat.
Auf der anderen Seite darf man auch hier nicht übersehen, daß natürlich das Problem auch eine
andere Seite hat, nämlich die Seite des Konsumenten. Und der ist selbst wieder gespalten in seiner
Beurteilung. Während er auf der einen Seite sehr genau die Defizite, die er verspürt, zum Ausdruck
bringt, ist er auf der anderen Seite natürlich sehr gerne bereit, das hochqualitative Angebot von
Zentren in Anspruch zu nehmen. Das bedeutet, daß man nur dann wirklich Chancen hat, die regionale
Kaufkraft zu finden, wenn ein einigermaßen gleichwertiges Angebot gegeben werden kann. Und
dieses gleichwertige Angebot kann meiner Meinung nach nur durch entsprechende Kooperation
erreicht werden.
Eine interessante Feststellung in diesem Zusammenhang ist auch, daß die Frage der Versorgung
auch sehr stark zwischen den sozialen Gruppen schwankt. So zum Beispiel fühlen sich Landwirte, die
eine halbe Stunde etwa Wegzeit haben, als durchaus gut versorgt, während Arbeitnehmergruppen
sich bei etwa zehn Minuten Wegzeit schlecht versorgt fühlen. Also auch hier eine sehr deutliche
psychologische Komponente.
Ich will in diesem kurzen Beitrag nicht auf die Einzelheiten eingehen, aber ich würde anregen, daß
sich ein eigener Arbeitsausschuß damit beschäftigen soll, wie man das Problem der Nahversorgung in
den peripheren Zonen lösen kann. Ich erwarte mir von diesem Arbeitsausschuß entsprechende
Vorschläge für konkrete Maßnahmen, wobei davon ausgegangen werden kann, daß analog zu den
Konzentrationsbestrebungen der Zentren regionale oder dezentrale Versorgungszentren geschaffen
werden sollen. Ich erlaube mir daher, einen Resolutionsantrag zu stellen (liest):
,,Resolutionsantrag
des Abg. Dr. Bauer zu Gruppe 0 des ordentlichen Teiles des Voranschlages 1981, LT 236.
Seit Jahren werden in Niederösterreich immer mehr Kleinbetriebe des Handels und der
Nahversorgung geschlossen, sodaß in manchen Gebieten die Versorgung mit den Gütern des
täglichen Bedarfs, vor allem die Lebensmittelversorgung, schon schwierig geworden ist. 268
niederösterreichische Orte sind bereits ohne Einzelhandelsgeschäfte. Diese Situation wird sich noch
weiter verschärfen, da viele Kleinhandelsgeschäfte auslaufende Geschäfte sind, das heißt, daß sie
von der nächsten Generation nicht mehr weiter geführt werden.
Die Landesregierung wird daher aufgefordert, einen Arbeitsausschuß zu schaffen, der sich mit dem
Problem des Handels und der Nahversorgung befassen und Lösungsvorschläge und konkrete
Maßnahmen ausarbeiten soll. Bei der Zusammensetzung dieses Ausschusses mögen die
Interessensvertretungen sowie die regionalen Vertreter entsprechend berücksichtigt werden."
Ich würde Sie bitten, diesem Antrag beizutreten. In der Niederösterreichischen Wirtschaftskonferenz,
die sich ebenfalls mit diesem Thema beschäftigt hat, wurde zum Beispiel der Ausbau und die
bedarfsgerechte Vergabe der Förderungsmittel als eine der Möglichkeiten angeboten. Wir müssen
also auch hier in diesem Bereich abgestufte Zuschüsse leisten, wenn wir verhindern wollen, daß diese
negative Entwicklung eine Fortsetzung findet. Und dort, wo es auf Grund des Einzugsbereiches nicht
möglich ist, Einzelhändler hinzubringen - es wurden ja hier Untersuchungen angestellt, von Seiten des
Landes Niederösterreich wurden sehr unterschiedliche Zahlen genannt, einmal 300 Personen, einmal
600 Personen, ich weiß, daß das natürlich schwankt, aber man sollte sich keiner Illusion auch in
diesem Fall hingeben -- sollten mobile Versorgungen aufgebaut werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe hier einen Teilaspekt der Regionalpolitik behandelt
und ich hoffe, daß wir mit gemeinsamen Anstrengungen in der Lage sind, die Entwicklung im
Einzelhandelsbereich besser zu gestalten und durch entsprechende Zuschüsse und Aktivitäten, wobei
wir nicht erwarten können, daß die Betroffenen zu uns kommen, sondern davon ausgehen müssen,
daß wir im Sinne einer aktiven Förderungspolitik zu den Einzelhändlern hingehen, die Probleme lösen
zu können. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Zu Wort gemeldet ist der Abg. Magister Freibauer.
Abg. Mag. FREIBAUER: Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine sehr geehrten Damen
und Herren! Auf dem Gebiete der Raumordnung hat unser Land Vorbildliches geleistet. So leicht kann
man es sich allerdings nicht machen wie mein Vorredner, daß man es auf eine Primitivformel bringt
und sagt, alles was gut ist, verdanken wir dem Bund, und für die negativen Entwicklungen ist das
Land allein verantwortlich. Alle Fachleute, die sich ernsthaft mit den Problemen der Raumordnung und
der Regionalplanung befassen, stimmen darin überein, daß unser Land eben Vorbildliches geleistet
hat. Es ist unbestritten, daß Niederösterreich erstens die Bedeutung der Raumordnung für die positive
Entwicklung des Landes rechtzeitig erkannt hat und dementsprechend auch eine vorausschauende
Politik macht, daß Niederösterreich zweitens die Methoden der Raumordnungspolitik richtigerweise
immer den Erfordernissen der Entwicklung angepaßt hat und daß Niederösterreich drittens im Kreis
der österreichischen Bundesländer und darüber hinaus führend und wegweisend tätig ist.
Die Grundlage (der Raumordnungspolitik ist die Zusammenarbeit. Durch die Zusammenarbeit der
Gemeinden und Regionen mit dem Land, durch die Zusammenarbeit der Länder untereinander und
der Länder mit dem Bund sollen gute und gleichwertige Lebensbedingungen in allen Teilen
Niederösterreichs erreicht werden. Eine gute und zukunftsweisende Raumordnungspolitik erfordert die
Zusammenarbeit der Planer mit den Menschen in den Gemeinden und Planungsregionen. Unsere
Partei hat allen Niederösterreichern, und daher auch der SPÖ, einen Vorschlag gemacht, den sie
noch überlegen sollten. In unserem Leitbild 80 haben wir alle Niederösterreicher eingeladen, mit uns
in der Regionalpolitik neue wirksame Formen der demokratischen Mitbestimmung auszubauen. Die
Raumordnungspolitik und die Regionalpolitik in Niederösterreich sollen ein Bahnbrecher neuer
wirksamer Formen, gemeinsamer demokratischer Mitbestimmung sein. Die unmittelbaren Interessen
der Menschen und ihre Probleme sollen Kernpunkt der Maßnahmen in allen Sachbereichen sein. Die
besonderen Probleme der einzelnen Gemeinden, Planungsräume und Planungsregionen sollen in
noch wesentlich verstärktem Maße Richtlinie für unsere Niederösterreichpolitik sein.
Raumordnungspolitik und Regionalplanung sind ihrer Natur nach Koordination und Kooperation und
alle Hindernisse und Hemmnisse für die Zusammenarbeit sind wegzuräumen. Wir haben doch eine
gemeinsame Basis für unsere Zusammenarbeit. Trotz aller Kritik bleibt bei gutem Willen die
Übereinstimmung in den Zielen unserer Niederösterreichpolitik.
Ausgehend vom gegenwärtigen Entwicklungsstand und ausgehend von den Problemen der einzelnen
Regionen soll die angestrebte Entwicklung umfassend festgelegt werden und die dazu notwendigen
Maßnahmen angeführt werden. Durch die regionalen Entwicklungsprogramme müssen die
Raumordnungsprogramme für die Sachbereiche ergänzt werden, insgesamt immer mit dem Ziel der
Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung in den einzelnen Regionen
Niederösterreichs.
Im Hauptziel stimmen wir in beiden Parteien überein. Raumordnung strebt die bestmögliche Nutzung
und Sicherung des Lebensraumes an. Ein zweites und drittes Ziel sind genauso bedeutend, nämlich
die freie Entfaltung der Persönlichkeit in der Gemeinschaft und der Ausgleich zwischen den
unterschiedlichen schicksalshaften Lebensbedingungen in den Regionen als soziale Verpflichtung, als
soziale Verpflichtung des Landes. Raumordnung ist ein Anliegen der gesamten Bevölkerung ohne
Unterschied der Parteienzugehörigkeit. Eine rote oder eine schwarze Raumordnungspolitik kann keine
Ideallösung sein. Nur eine gemeinsame Niederösterreichpolitik kann eine gute Raumordnungspolitik
sein. (Beifall bei der ÖVP.)
Weniger Gewicht also auf parteipolitisches Profilieren zu legen, wäre notwendig, wenn wir
Zusammenarbeit ernst nehmen, Zusammenarbeit für alle Niederösterreicher. Eine zukunftsweisende
Raumordnungspolitik verlangt eine offene und ehrliche Zusammenarbeit. Daß das alles möglich ist,
beweisen die Gespräche zum Beispiel zwischen Landeshauptmannstellvertreter Ludwig und
Landesrat Dr. Brezovszky. Die schwierigen Fragen der enormen Kostenexplosion auf dem
Spitalsektor sollen durch Erstellung eines neuen Gesundheitsraumordnungsprogrammes gemeinsam
gelöst werden. Gleichzeitig werden über 40 neue praktische Ärzte eine Planstelle in Niederösterreich
erhalten zur besseren ärztlichen Versorgung in unseren Gemeinden, vor allem im ländlichen Raum.
Selbstverständlich gibt es auch Beispiele dafür, wie es nicht sein soll. Am 13. Mai 1980 hat der
regionale Planungsbeirat in der Region Hollabrunn das Verkehrskonzept beraten. Zur gleichen Zeit
hat ein verkehrspolitischer Arbeitskreis getagt, ebenfalls über Fragen des Verkehrs in der Region
Hollabrunn, als Parallel- oder als Gegenveranstaltung unter dem Vorsitz von SPÖ-Nationalrat Pfeiffer.
Da kann man sich mit Recht fragen, ist dieses Nebeneinander oder Gegeneinander notwendig oder ist
es nützlich für die Bevölkerung? Ich glaube dagegen, daß wir miteinander erfolgreicher sein könnten,
erfolgreich für Niederösterreich und für die Menschen in diesem Land. Die ÖVP hat am Parteitag in
Hollabrunn alle Niederösterreicher zur Zusammenarbeit eingeladen unter dem Motto ,,Gemeinsam
bauen wir eine menschliche Zukunft". Diese Einladung gilt auch für die SPÖ in Niederösterreich.
Die Zusammenarbeit in der Raumordnungspolitik gibt uns auch die Chance, den Bund stärker
einzubinden. Und das ist notwendig, wenn wir nicht Nachteile gegenüber anderen Bundesländern
erleiden wollen. Die regionalen Unterschiede in den Lebensbedingungen der Bevölkerung sollen
ausgeglichen werden. Dazu brauchen wir eine Koordination mit dem Bund und auch Hilfestellungen
des Bundes.
Trotz vieler Anstrengungen gibt es ja immer noch Problemgebiete. Das Volkseinkommen je Einwohner
liegt in den Grenzregionen des Waldviertels und Weinviertels und auch in anderen Problemgebieten
weit unter dem österreichischen Durchschnitt. Die zentralen Orte in den Grenzlandregionen sind zum
Teil ungenügend ausgestattet, die Wohnbevölkerung nimmt stark ab, die Nahversorgung ist oftmals
gefährdet, die öffentlichen Verkehrsverhältnisse sollten verbessert werden, es gibt mehr Arbeitskräfte
als Arbeitsplätze. Für neue Betriebe ist das ein wichtiges, positives Argument, für die Betroffenen
leider nicht.
Es gibt auch ungenützte und nicht ausreichend genutzte Produktionsfaktoren und diese sollen aktiviert
werden. Der Bevölkerung in den Grenzgebieten und Problemgebieten sollen ausgewogene
wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklungsmöglichkeiten angeboten werden, die denen der
übrigen Gebiete in Österreich annähernd gleichwertig sind. Deshalb soll eine entsprechende
Siedlungsdichte erhalten bleiben und angestrebt werden. Ein echter Ausgleich der Nachteile der
Niederösterreicher in Grenzbezirken und Problemregionen ist anzustreben. Das muß für alle
Abgeordneten dieses Hauses ein sozialer Auftrag sein.
Das neue Raumordnungsprogramm für gewerbliche und industrielle Arbeitsplätze, das jetzt in
Begutachtung ist, soll auch als notwendige Anpassung an diese Erfordernisse der Regionalplanung
verstanden werden und dieser Aufgabe gerecht werden. Die Schwerpunkte der Förderung werden
daher bei den bestehenden Betrieben und bei der Neuansiedlung von Klein- und Mittelbetrieben in
Gebieten mit Arbeitsplatzproblemen liegen. Einen besonderen Schwerpunkt des Programmes stellt
die Sicherung der Arbeitsplätze in traditionellen Industrieräumen dar, die nun zu Problemgebieten
geworden sind oder werden könnten auf Grund ungünstiger Branchenstruktur, auf Grund von
Absatzschwierigkeiten und anderen Sorgen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Anwalt unserer Anliegen ist das Land. Das Land vertritt die
Interessen der Gemeinden und der Regionen beim Bund. Unsere Regionalplanung hat daher auch zu
Recht den Charakter einer Anwaltsplanung. Das Land plant, wie Sie alle wissen, auch als Anwalt der
Gemeinden und Regionen das mit, was wir vom Bund erwarten. Die erste Stufe der Regionalplanung
in Niederösterreich war die Erstellung der Problemkataloge und die Erarbeitung der Zielvorstellungen
für die einzelnen Regionen. Und das einvernehmlich in den regionalen Planungsbeiräten, wo die
Gemeindevertreter, die Vertreter der Kammern und der Gewerkschaft die Mandatare und die Beamten
die Grundlage für den nächsten wichtigen Schritt gelegt haben.
Der zweite Schritt ist nun in Durchführung, das ist die Erstellung der Maßnahmenkataloge mit
Dringlichkeitsstufen innerhalb der einzelnen Regionen des Landes und auf Landesebene. Die
Auswahl der Prioritäten in den einzelnen Regionen soll dabei gemeinsam mit den Betroffenen erfolgen
und das kann nur in gemeinsamer demokratischer Mitbestimmung zufriedenstellend geschehen.
Landeshauptmannstellvertreter Ludwig hat bereits angekündigt, daß ab 1981 diese Prioritäten in
sachlichen Beratungen mit den Betroffenen ermittelt werden sollen. Das sind also unsere
Vorstellungen von wirksamer, demokratischer Mitbestimmung, mit dem Ziel einer möglichst großen
Übereinstimmung zwischen den betroffenen Gruppen, zwischen den Partnern in der Raumordnungsund Regionalpolitik. Die Politik im Land muß dann auf diese Prioritäten der Regionen ausgerichtet
werden.
Und schließlich sollen dann als dritter Schritt für alle Regionen Verträge mit dem Bund gemäß Art. 15a
des Bundes-Verfassungsgesetzes ausgearbeitet, dem Bund zu Verhandlungen vorgelegt und in
absehbarer Zeit auch abgeschlossen werden. Wo das nicht möglich ist, muß das Land
Niederösterreich als Anwalt der Menschen in diesem Land, als Anwalt der Gemeinden und Regionen,
beim Bund immer wieder ständig urgieren. Diese Aufgabe als Anwalt ist durchaus in Einklang mit der
Bundesverfassung und schließlich ist die Forderung ein Auftrag von der Bevölkerung an die
Abgeordneten dieses Hauses und an die Regierung unseres Landes.
Nur eine kontinuierliche Entwicklung der Raumordnung, so wie wir sie führen, sichert Erfolge für die
Bevölkerung unseres Landes. Eine Verbesserung der Lebensbedingungen in allen Regionen und ein
sozial gerechter Ausgleich der schicksalhaften Standortnachteile, eine freie Entfaltung der
Persönlichkeit in der Gemeinschaft und eine bestmögliche Nutzung und Sicherung des
Lebensraumes.
Im Gegensatz zur kontinuierlichen Raumordnungspolitik des Landes Niederösterreich steht die
Sprunghaftigkeit der SPÖ-Regierung. Ich frage Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat der
regionalpolitische Wanderzirkus des Herrn Bundeskanzlers schon eine andauernde sinnvolle
Entwicklung in allen Regionen eingeleitet? Wenn der Zirkus kommt, steigen Illusionen auf wie
Seifenblasen, (Abg. Stangl: Das kannst Du in der Schule sagen!) die bald darnach zerplatzen, so wie
Seifenblasen. So gibt der Herr Bundeskanzler, und das merken Sie sich, laut Kurier vom 21. Oktober
1980 zu, daß das Projekt Feriendörfer für das Waldviertel gestorben ist. Das brauchst Du gar nicht
abstreiten, der Herr Bundeskanzler sagt, das Projekt Feriendörfer für das Waldviertel sei nicht mehr
aktuell und werde auch nicht mehr weiterverfolgt. Das war eine Seifenblase für das Waldviertel.
Raumordnung ist für Niederösterreich ein Schwerpunkt der Arbeit, aber eine kontinuierliche
Raumordnung. Niederösterreich hat dabei schon beachtliche Erfolge erzielt und diese Arbeit, die
kontinuierliche Raumordnungspolitik, soll fortgesetzt werden, gemeinsam als Niederösterreichpolitik.
Wir wollen eine kontinuierliche Weiterentwicklung und verläßliche Leitlinien für die zukünftige
Entwicklung. Keine Utopien, keine Seifenblasen, sondern realistische Pläne. Wir wollen eine gute
Zusammenarbeit zwischen den Planern und den Vertretern der Bevölkerung, der Gemeinden und der
Regionen. Wir wollen daher, daß durch echte demokratische Mitbestimmung der Betroffenen die
Prioritäten in den einzelnen Regionen gesetzt werden. Und wir wollen, daß das Land als Anwalt der
Menschen, Gemeinden und Regionen untere Interessen beim Bund vertritt und auch Verträge gemäß
Art. 15a über die Zusammenarbeit abschließt, auf die man sich dann verlassen kann. Wir wollen die
Niederösterreichpolitik und diese soll Vorrang 'haben vor der Parteipolitik. Es geht uns um gleiche,
gerechte Chancen aller Landesbürger in den Gemeinden und Regionen unserer Heimat
Niederösterreich. (Beifall bei der ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Zum Worte gemeldet ist der Herr Landesrat Höger.
Landesrat HÖGER: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Wenn hier bei der
Diskussion über die Gruppe 0 die Gemeindepolitik so breiten Raum einnimmt, so glaube ich nicht, daß
das ein Lamentieren oder ein Jammern ist, sondern ich meine, das ist wirklich eine Diskussion, die
getragen ist von der großen Sorge um die Situation in unseren Gemeinden.
Es ist angebracht, hier doch ein paar grundsätzliche Bemerkungen über den Stellenwert der
Gemeindepolitik zu machen. Meine Damen und Herren, so richtig bewußt ist mir das geworden, als
vor einigen Wochen anläßlich der Geburt meiner Tochter ein Säuglingswäschepaket ins Haus kam,
auch die Aufklärung hinsichtlich der Mutterberatung, und als einige Tage darauf mein erster offizieller
Akt als Landesrat die Eröffnung einer Bestattungshalle war.
(Präsident Dipl.-Ing. Robl übernimmt den Vorsitz.)
Und wenn wir sagen, daß sich hier wirklich von der Geburt bis zum Tod die Gemeindepolitik als
Wegbegleiter der Menschen darstellt, dann meine ich, liegt zwischen diesen beiden Ereignissen eine
ganze Menge von konkreten Maßnahmen und politischen Handlungen, die in sehr hohem Maße das
Leben der Menschen beeinflussen. Das zieht sich über die Kindergärten und über die Schulen bis zur
Arbeitsplatzsicherung und wenn die Freizeiträume heute einen so hohen Stellenwert einnehmen, daß
die Bewältigung der Freizeiträume ein wesentlicher Bestandteil der Gemeindepolitik wurde, ob es sich
hier um kulturelle Belange handelt, um Sportanlagen oder um Veranstaltungshallen oder ob es sich
um die Förderung des Vereinslebens handelt, dann meine ich schon, daß wir übereinstimmend
feststellen können, daß der Stellenwert der Gemeindepolitik vielfach in der Öffentlichkeit gar nicht
richtig erkannt und gewürdigt wird. Wenn der Lebensraum des Menschen so beeinflußt wird und es
damit von der Politik in den Gemeinden abhängt, ob es glückliche Familien gibt in einer gesunden
Umwelt, die sich zu zufriedenen Staatsbürgern entwickeln können, dann können wir doch feststellen,
daß die Gemeindepolitik eine staatspolitische Aufgabe in höchstem Maße erfüllt. Und ich glaube, daß
auch das Demokratieverständnis von dieser Gemeindepolitik beeinflußt wird, weil das tägliche
Demokratieerlebnis gerade in dieser innigen Kontaktnahme der Mandatare und der Bevölkerung
gegeben ist.
Und wenn heute hier gesagt wurde, daß gerade dieses Demokratieverständnis ausartet zu einer Art
Staatsverdrossenheit und Parteienverdrossenheit, so möchte ich das auch ins richtige Licht rücken.
Es ist doch in Wirklichkeit so, daß wir in Österreich noch sehr hohe Wahlbeteiligungen haben und daß
die Diskussion in der Öffentlichkeit geführt wird und das Interesse der Menschen vorhanden ist. Ich
habe fast den Verdacht, daß hier überwiegend gerade jene staats- und demokratieverdrossen sind,
die geglaubt haben, die Demokratie in diesem Staate gepachtet zu haben. Und ich meine, daß allein
der Umstand, daß es halt jeder Partei so geht, wie es auf Bundesebene war, da13 man eben lange
Zeit regiert und daß dann halt eine andere Partei von den Menschen bevorzugt wird, jenen noch lange
kein Recht gibt, die dieser Partei nahestehen, in so hohem Maße von der Demokratieverdrossenheit
zu sprechen. (Abg. Fidesser: Damals mußte man auch noch nicht so demokratieverdrossen sein! Abg. Stangl: Aber bitte!) Denn ich kann mich nicht erinnern, daß in der Zeit, als die Sozialdemokraten
in der Minderheit und in Opposition waren, dieser Gedanke auch nur in der Diskussion aufgekommen
ist. Herr Abg. Fidesser, ich glaube schon, daß es in sehr hohem Maße darauf ankommt, daß man
eben leichter zur Demokratie stehen kann, wenn man an den Schalthebeln sitzt. Daß die Sozialisten
zur Demokratie auch gestanden sind in den schwierigsten Zeiten, wo sie ausgeschlossen waren von
den Entscheidungsprozessen, ich glaube, das haben sie täglich und immer wieder bewiesen, das
wollen wir festhalten. (Beifall bei der SPÖ.)
Neben dieser staatspolitischen Aufgabe kommt aber der Gemeindepolitik, und das ist auch ein Teil
der staatspolitischen Aufgabe, in sehr hohem Maße die wirtschaftspolitische Aufgabe zu. Es ist schon
gesagt worden, daß rund 5 Milliarden Schilling von den Gemeinden investiert werden. 5 Milliarden
Schilling, die über die Bauwirtschaft, über das Gewerbe auch indirekt der Arbeitsplatzsicherung
zukommen. Und ich meine doch, daß wir gerade deshalb so aufpassen müssen, daß die Finanzkraft
in den Gemeinden bestehen bleibt, damit es hier keine Einbrüche gibt.
Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang ein paar Worte zur
Problematik des GIF. Ich glaube, es ist doch für uns alle längst zum Grundsatz geworden, daß der
Gemeindeinvestitionsfonds ein wesentliches Finanzierungsinstrument ist. Niemand stellt mehr diesen
Gemeindeinvestitionsfonds in seiner Konstruktion in Abrede. Trotzdem ist dieser Fonds in
Schwierigkeiten gekommen. Zuerst einmal ganz kurz seine Bedeutung. Aus den Mitteln des
Gemeindeinvestitionsfonds haben in Österreich seit 1971 448 Gemeinden und 17 Gemeindeverbände
Mittel bewilligt bekommen, das waren 3.674 Darlehen mit einer Summe von 2.849,681.000 Schilling.
Insgesamt wurden in diesem Zeitraum Bauvorhaben von 10.778,439.000 Schilling gefördert und das
hat 2.849,681.000 Schilling an Zinsenzuschüssen und eben diesen Finanzierungszuschüssen
erfordert. Ich glaube, daß es gerade im Bereich der Wasserwirtschaft gar nicht möglich gewesen
wäre, der Aufgabenstellung ohne dem GIF nachzukommen. Und jetzt hat sich folgende Situation
ergeben, ganz einfach aus dem Zinsniveau heraus. Ich habe darauf schon aufmerksam gemacht und
möchte das einmal auch hier im Hohen Haus feststellen. Für den Zinsendienst des GIF stehen zur
Verfügung 30% von 590,805.000 Schilling, das sind also jene Beträge, die von den Ertragsanteilen
abgezweigt werden. Ein Landeszuschuß von 22 Millionen Schilling kommt hinzu. Insgesamt stehen
199,240.000 Schilling zur Verfügung. Und nun ist es so, daß sich wegen der vorgenommenen
Erhöhung der Darlehenszinsen auf 10,75% ein Bedarf von 193,860.000 Schilling ergibt. Berücksichtigt
man nun, daß für Förderungen im Jahre 1981 auf Grund von früheren Zusagen 168,794.000 Schilling
aufzunehmen sind und hiefür 18,060.000 Schilling an Zinsen anfallen, ergibt sich ohne eine weitere
Vergabesitzung ein Defizit von 12,680.000 Schilling. Will man die Tätigkeit des
Gemeindeinvestitionsfonds nun weiterführen und kommt es zur Vergabe der beantragten 250
Millionen Schilling und man will dieses Darlehen aufnehmen, dann erfordert das einen Betrag von ca.
17 Millionen Schilling. Das ergibt bei der Gesamtrechnung einen zusätzlichen Bedarf von 29,680.000
Schilling. Selbst wenn man hier sehr vorsichtig rechnet und die Erwartungen mit einbezieht, die von
der Verbindungsstelle ausgewiesen werden, bleibt noch echt ein Finanzloch von 20 Millionen
Schilling, weil unter all diesen Aspekten, die ich genannt habe, 42 Millionen Schilling zur Bedeckung
des Zinsendienstes bereitgestellt werden müssen.
Meine Damen und Herren, ich bin sehr optimistisch. Ich habe den Herrn Landesfinanzreferenten
bereits darüber informiert und wir haben auch schon zwei Gespräche über diese Probleme geführt. Ich
habe eine grundsätzliche Zusage, daß wir im Laufe des Jahres über diese zusätzliche Finanzierung
reden können. Nun meine ich doch nicht, Herr Landesfinanzreferent, daß unter ,,reden" verstanden
wird, daß ich etwas verlange und es dann nicht bekomme, sondern Sie haben mir auch geschrieben,
daß Ihnen die grundsätzliche Problematik dieses Bereiches bekannt ist. Ich bin optimistisch, daß es
hier sicherlich im Wege eines Nachtragsvoranschlages zur Ausfinanzierung dieses wichtigen
Instrumentes kommen wird, weil ich glaube, daß beide Fraktionen hier den Stellenwert den GIF
erkennen und grundsätzlich zu ihm stehen.
Und so komme ich schon zum Hauptproblem unserer Gemeinden, zur finanziellen Lage. Ich habe
Ihnen hier, glaube ich, eine sehr qualifizierte Unterlage vorlegen können und ich möchte mich wirklich
bedanken bei allen, die bei der Vorbereitung und Erstellung dieser Unterlage mitgearbeitet haben. Sie
ist wirklich ein geeignetes Instrument, die Situation der Gemeinden darzustellen. Ich möchte mich hier
vielleicht darauf beschränken, ganz kurz einige Grundsätze herauszuarbeiten. Wir haben das noch
erweitert auf eine Gegenüberstellung von zehn Jahren. Das grundsätzliche Problem der Gemeinden
ist nämlich, daß die Einnahmenentwicklung bei weitem nicht Schritt halten kann mit der Verschuldung
und mit dem Schuldendienst. Und hier ein paar Ziffern. 1969 war das Gesamtsteueraufkommen der
Gemeinden 1.937,636.140 Schilling, 1979 5.677,906.110 Schilling. Eine durchschnittliche Steigerung
um 11,44% und - eine Steigerung von 1969 bis 1979 um 193,0370. Beim Schuldendienst der
Gemeinden gibt es eine überproportionale Steigerung. Der Schuldendienst ist nämlich im gleichen
Zeitraum dieser zehn Jahre um 426,74%, also um mehr als das Doppelte als die Einnahmen,
gestiegen. Der Schuldendienst der Gemeinden hat sich entwickelt von 277,664.200 Schilling im Jahre
1969 auf 1.462,561.130 Schilling. Ich glaube, hier sieht man schon diese riesige Schere, die sich
auftut und die eines der Hauptprobleme unserer Gemeinden darstellt. Weil so viele notwendige
Vorhaben und dieser Nachholbedarf gegeben war, waren die Gemeinden eben gezwungen, auf die
Kreditmärkte auszuweichen. Und so hatten wir haIt Ende 1979 einen Schuldenstand von
13.781,O10.060 Schilling. Die durchschnittliche Steigerungsrate beim Schuldenstand war 20,18% und
die Steigerung von 1970 bis 1979 betrug 410%. Im übrigen verweise ich auf diese statistischen
Unterlagen im Bericht über die finanzielle Lage der Gemeinden.
Und nun glaube ich, daß alle Diskussionsbeiträge heute, die sich ja vorwiegend mit diesem Problem
befaßt haben, von beiden Seiten sicherlich vorwiegend durch die Sorge um das Weiterbestehen der
Finanzkraft der Gemeinden getragen waren. Wir sollten das aber möglichst freihalten von dem HickHack, ob hier das Land oder der Bund etwas schuldig ist, wer also hier vordringlich einspringen soll.
Ich glaube, wir müssen hier eine Lösung finden, die unter möglichst optimaler Zusammenarbeit
zwischen Bund und Land und der Ausschöpfung aller Möglichkeiten und Mittel dazu führt, daß wir
eine überschaubare Finanzierungsmöglichkeit für unsere Gemeinden finden.
Ich muß aber sagen, auch im eigenen Bereich müssen die Gemeinden halt ein bisse1 schauen auf
ihre Gebührenhaushalte. Das gehört auch einmal offen ausgesprochen. Wenn hier ausgewiesen wird,
daß in Summe ca. 710,379.079 Schilling Abgänge in den Gebührenhaushalten vorhanden sind, dann
meine ich, sollten wir auch bei dieser wichtigen Frage doch einmal dazu finden, die Diskussion über
die Gebührenhaushalte aus dem Parteienstreit in den Gemeinden möglichst herauszuhalten und
grundsätzlich ein Bekenntnis zur Gebührenwahrheit ablegen. Ich weiß schon, sicherlich wird das nicht
hundertprozentig möglich sein, es gibt halt auch projektbezogene Schwierigkeiten, die gebietsweise
auftreten können, speziell im Bereich der Entsorgung und bei den Kanalprojekten, wo sicherlich oft
Gebühren entstehen, die unzumutbar sind. Aber das ist nicht die Regel. In der Regel muß es möglich
sein, hier die Gebührenwahrheit zu finden. Außerdem kann man ja in diesem Bereich auch auf die
soziale Lage des Einzelnen Bedacht nehmen. Es ist ohne weiteres denkbar, daß man bei den
Gebühren Rücksicht nimmt zum Beispiel auf die Ausgleichszulagenbezieher.
Ich glaube auch nicht, daß der abgestufte Bevölkerungsschlüssel der Stein der Weisen wäre, denn
erstens einmal ist es doch so, daß dieser Finanzausgleich, von 1979 bis 1984 festgelegt, für die
meisten Gemeinden auch die Kalkulationsgrundlage für die Zukunft war. Die Aufgabenstellung der
Zentralorte ist sicherlich auch in diesem Hause unbestritten und ich möchte darauf hinweisen, selbst
wenn dieser Schlüssel geändert würde, würde sich dann trotzdem das nicht allein zugunsten der
kleinen Gemeinden zu Buche schlagen. Denn es geht ja 'dann vielfach wieder um höhere Leistungen
in Richtung Landesumlage, Sozialhilfeumlage und NÖKAS. Auch diesen kleineren Gemeinden geht
davon wieder etwas verloren, in all jenen Bereichen, wo eben die Ertragsanteile Basis sind für die
Abgaben. Ich glaube also, daß das große Problem nicht die Umschichtung innerhalb der Gemeinden
ist. Wenn wir nämlich feststellen, daß in Summe die Gemeinden zu wenig Mittel haben, würde eine
Veränderung des Schlüssels allein sicherlich in Summe die finanzielle Lage der Gemeinden nicht in
jenem Maße bereinigen, wie sich das manche vorstellen. Wir sollten uns also für die Zukunft ein
Modell überlegen, das wirklich geeignet erscheint, den Gemeinden zu helfen. Ich möchte es mir nicht
leicht machen und ich weiß schon, daß das Problem der Landesumlage schon oftmals diskutiert
wurde und daß es hier auch notwendig sein wird, mit dem Bund zu reden, weil es hier bereits
Gespräche und auch Zusagen gegeben hat.
Es gibt ja einige Resolutionsanträge heute in dieser Richtung und ich glaube nicht, daß uns eine Welt
trennt bei der Erledigung dieser Resolutionsanträge. Aber ein Grundsatz muß feststehen, daß eine der
wesentlichsten Finanzierungshilfen für die Gemeinden die Landesumlage ist. Deshalb ist anzustreben,
daß diese Landesumlage entfällt und den Gemeinden in Zukunft zugute kommt. Außerdem glaube
ich, daß wir schon begonnen haben mit dem Instrumentarium der Strukturhilfe auch auf diese
differenzierten Möglichkeiten der Gemeinden einzugehen. Wenn wir errechnen, daß es möglich wäre,
mit einem Betrag von etwa 250 Millionen Schilling alle Gemeinden, die unter einer bestimmten
Kopfquote liegen, an diese durchschnittliche Kopfquote heranzuführen, dann glaube ich, wäre das ein
Weg, wie wir auf Landesebene eben den ärmeren und ärmsten Gemeinden sinnvoll helfen könnten.
Auch jetzt ist es schon so, daß 80 Millionen Schilling für diese Strukturhilfe aufgewendet werden,
damit sind wir aber nur in der Lage, rund 30% des Differenzbetrages auf die durchschnittliche
Kopfquote aufzustocken. Ich meine, hier ist eine volle Anhebung anzustreben.
Wenn wir in Zukunft vielleicht das Modell so gestalten, daß sich die Finanzen zwischen Bund, Land
und Gemeinden nicht in ein ständiges Geben und Nehmen aufteilen, sondern daß ein überschaubares
Modell entsteht, in dem all diese Gedanken mit der Landesumlage und der vollen Strukturhilfe mit
einfließen, es dafür vielleicht weniger Gnadenakte gibt, wo wir Gemeinden aus Budgetmitteln
außerordentliche Zuwendungen geben, dann glaube ich, ist es auch sinnvoll, wenn die Gemeinden im
Sinne eines Ordnungsgedankens wissen, woran sie sind, welche Einnahmen sie zu erwarten haben,
auf welche Einnahmen sie zugeordnet zu Projekten ein Recht haben. Ich glaube, dann wird es uns
sicherlich gelingen, die finanzielle Lage der Gemeinden in Zukunft wesentlich günstiger zu gestalten.
Wenn wir all das Gesagte ernst meinen und wenn wir meinen, daß diese Gemeindepolitik eben jenen
Stellenwert genießt den wir alle zum Ausdruck gebracht haben, dann möchte ich schon sagen, daß es
sich lohnt, über so ein Modell nachzudenken. Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt Herr Landeshauptmannstellvertreter Grünzweig.
Landeshauptmannstellvertreter GRÜNZWEIG: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen
Landtages! Das Budget 1981 liegt dem Hohen Haus heute vor, es wurde vom Finanzreferenten
umfangreich einbegleitet und es ist die vornehmste Pflicht der Abgeordneten des Landtages, darüber
zu beraten und die Beschlußfassung vorzunehmen. Die Regierungsmitglieder sind eigentlich in erster
Linie dazu verhalten, zu ihren Kapiteln Stellung zu nehmen. ich darf daher um Verständnis bitten,
wenn ich für meine Person ganz kurz zu zwei Wortmeldungen von Abgeordneten der Österreichischen
Volkspartei einige Anmerkungen mache. Ich glaube schon, daß am 22. Jänner Gelegenheit sein wird,
zu den Grundsätzen der niederösterreichischen Landespolitik in Zukunft einige Feststellungen zu
treffen. Wie gesagt, zwei Wortmeldungen haben mich veranlaßt, einiges hinzuzufügen.
Herr Dr. Bernau hat sich mit der Problematik des Forderungsprogrammes der Bundesländer befaßt
und auch über Fragen des Föderalismus geredet. Ich meine, daß das schon ein so wichtiges Problem
unserer gesamten Bundesstaatlichkeit ist, daß es immer wieder sehr ernst zu behandeln ist.
Oberhaupt heuer ist ja diese Föderalismusdebatte aufs Neue aufgeflammt, vor allen Dingen auch
durch die Tatsache, da6 wir 60 Jahre Bundesverfassung gefeiert haben und aus diesem Grunde eben
die ganzen Fragen unseres staatlichen Zusammenlebens neuerlich diskutieren, wenngleich damit
nicht der Beginn dieser Föderalismusdebatte gesetzt wurde, das geht mehrere Jahre zurück. (Abg. Dr.
Bernau: Drei Jahre!) Nun, Föderalismus ist ja kein verfassungsgesetzlicher Terminus und daher ist es
auch nicht angebracht, den Begriff mit der Bundesstaatlichkeit gleichzusetzen, Föderalismus ist gleich
Verhältnis Bund - Bundesländer, sondern die Föderalismusdiskussion schließt ja darüber hinaus auch
alle unterhalb der Landesebene stehenden Einheiten mit ein, also auch die Bezirke - der Bezirk ist
zumindest eine Verwaltungseinheit - und die Gemeinden (Abg. Dr. Bernau: Die in der Verfassung
vorgesehenen Gebietskörperschaften!) Jetzt scheiden sich eben die Geister. Herr Dr. Bernau urgiert
das Forderungsprogramm der Bundesländer. Ich darf für meine Person in Anspruch nehmen, daß ich
selbst in den Bereichen, wo ich die Zuständigkeit habe, hier als Verhandlungspartner tätig war. Es ist
klar, daß hier die Bundesländer gemeinsam auftreten, um die Wünsche und Forderungen, die
festgelegt wurden, auch zu vertreten.
Um das geht es mir nicht. Mir geht es um ein politisches Problem, das in Niederösterreich in den
letzten Jahren doch eine große Rolle gespielt hat, nämlich um unser Verhältnis zum Bund. Und hier
dürfen wir mit Befriedigung feststellen, daß Niederösterreich darangeht, dieses Verhältnis einer
Überprüfung zu unterziehen. In der Vergangenheit hatten wir nämlich hier eher ein gestörtes
Verhältnis, das durch Aggressionen gekennzeichnet war und das uns vor allen Dingen auch den
Vorwurf eingetragen hat, uns an die Spitze einer sogenannten Länderfront gegen den Bund, gegen
die Bundesregierung, zu stellen. Daher begrüßen wir sehr diese beginnende Normalisierung, wenn es
dabei bleibt, vor allen Dingen diese Versachlichung des Gespräches. Das hat auch schon etliche
Erfolge gebracht, ich darf doch erinnern an das Forderungsprogramm für das Waldviertel, an diese
große Regionalkonferenz in Ternitz. Meine Damen und Herren, das ist ein Weg, wie wir die Probleme
unseres Bundeslandes gemeinsam mit dem Bund positiv lösen können. Ich bin auch überzeugt, daß
das angestrebte übereinkommen nach Art. 15 a der Bundesverfassung, der Katalog wird ja nunmehr
erstellt, sicherlich eine ganze Reihe von Problemen bringen wird, die einer positiven Lösung zugeführt
werden, im Interesse des Bundeslandes Niederösterreich. Ich glaube, da werden Sie uns auf Ihrer
Seite haben, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, aber nicht in der Form,
daß wir dieser Länderfront beitreten, wie das schon von einigen Zeitungen zum Ausdruck gebracht
worden ist, und jetzt auch mit Ihnen gegen den Bund vorgehen sondern in der Form, daß wir mit dem
Bund ins Gespräch kommen und als Niederösterreicher gemeinsam auftreten. Aber bitte, es geht mir
auch darum, diese Interessen glaubhaft zu vertreten. Die Art, wie sich das abzeichnet, halte ich nicht
für sehr zielführend, nämlich daß wir in alles und jedes Problem, sei es noch so eine Kleinigkeit, den
Bund miteinbeziehen und sagen, der Bund muß da, muß dort helfen und das soll er auch machen,
sondern auch immer den richtigen Adressaten finden.
Herr Präsident Reiter will in seinem Antrag zu Gruppe 0 die Frage der Zweitwohnungsbesitzer, die
sicher sehr prekär ist und für die Gemeinden ungeheure Schwierigkeiten bringt, sie hat viele Aspekte,
etwa so lösen, daß die Bundesregierung bzw. das Bundesministerium für Finanzen aufgefordert wird,
die nach dem Volkszählungsgesetz 1980 zu zählenden mehreren ordentlichen Wohnsitze auch in der
Finanzausgleichsgesetzgebung bei Verteilung der gemeinschaftlichen Bundesabgaben entsprechend
zu berücksichtigen. Herr Präsident, da ist der Bund nicht der alleinige Adressat. Es sind ja bei den
Finanzausgleichsverhandlungen auch die Gemeinden und die anderen Bundesländer Partner und die
müssen wir auch gewinnen dafür. Ich kann nicht nur den Bund anschreiben, er muß das machen,
sondern da müssen wir wohl oder übel mit dem Städtebund, mit dem Gemeindebund - da hast Du
angeblich eine bestimmte Funktion - und auch mit den anderen Bundesländern reden und erst wenn
hier eine gemeinsame Meinung erzielt wird, dann wird auch der Bund als Partner sicher mitreden.
Aber der Bund wird ganz alleine angeführt.
Mir geht es dabei darum, meine Damen und Herren, daß wir hier zu einer glaubhaften Vertretung der
Interessen kommen, uns nicht verzetteln in tausend Forderungen, in tausend Wünsche mit der
Gießkanne, indem wir alles dem Bund unterbreiten, sondern die Forderungen, die das Land wirklich
berechtigt erhebt, gemeinsam gezielt und sehr konkret vertreten. Nur dann werden wir nämlich ernst
genommen, nur dann werden wir Erfolg haben. Um das geht es mir in erster Linie.
Zum zweiten Problem, Demokratisierung der Bezirksverwaltung, nur ganz kurz; es wurde ja von einer
ganzen Reihe von Rednern heute behandelt, ich möchte es nur streifen. Dazu gibt es keine
Bemerkung, hat es zunächst geheißen von verschiedenen Seiten, und dann ist doch gesagt worden,
daß die Demokratisierung der Bezirksverwaltung eine ganze Reihe von Nachteilen bringen würde,
unter anderem eine empfindliche Einschränkung der Gemeindeautonomie. Ich glaube, das ist ein
wenig zu vordergründig, denn die Diskussion ist schon weiter fortgeschritten. Es gibt eine ganze Reihe
von alternativen Vorschlägen, Du hast selbst einen am Schluß gemacht. Daß man also jetzt einfach
sagt, das werden wir vom Standpunkt der Gemeinden einfach ablehnen, weil es eine Beschneidung
der Gemeindeautonomie mit sich bringen wird, halte ich, wie gesagt, für nicht zutreffend. Denn es geht
ja der Bogen der Diskussion von der Wahl des Bezirkshauptmannes bis zur Wahl eines Bezirkstages
oder einfach bis zur Installierung - wiederum am Beginn dieses Bogens - eines Bezirksparlaments
oder eine Bezirksbürgermeisterkonferenz oder einer Konferenz der Gemeinderäte. Alle diese Dinge
sind in Diskussion. Ich begrüße es daher wirklich, daß heute konkret ein Vorschlag gemacht wurde,
der für zielführend gehalten wird. Es ist besser, als wenn man sagt, man redet überhaupt nicht über
ein solches Problem. Daher kann ich mir vorstellen, daß hier zumindest eine Diskussionsgrundlage
vorhanden ist. Ich für meine Person halte die Demokratie für unteilbar und glaube daher, daß man
auch auf Bezirksebene Mittel und Wege finden muß, um eine stärkere Demokratisierung Platz greifen
zu lassen, ohne daß man die berechtigten Interessen der Gemeinde dabei schmälert.
Und nun komme ich zu einem Punkt, der Wortmeldung des Herrn Kollegen Zimper. Herr
Landeshauptmannstellvertreter Ludwig, ich habe sehr große Bedenken, daß es sich bei diesem viel
gepriesenem neuen Klima um nicht mehr als um ein Lippenbekenntnis handelt, denn wenn die
Wortmeldung des Herrn Kollegen Zimper der Auftakt für dieses neue Klima war, so ist das nicht
vielversprechend. Mag sein, daß das mit Ihnen abgesprochen worden ist, dann bin ich überhaupt
pessimistisch. Wenn es nicht abgesprochen wurde, hat er Ihnen einen sehr schlechten Dienst
erwiesen, damit das klar ist. Ich möchte davon nicht reden, daß der Abg. Zimper eine Zeitung zitiert,
und zwar in der Form, daß er eine presserechtliche Erwiderung als Beweis einer Auffassung anführt.
Na bitte, unernster geht es wohl nicht mehr. Wenn eine Zeitung gezwungen wird, eine Feststellung zu
drucken, und man das dann als Beweis der Meinung dieser Zeitung anführt, können Sie sich selber
ein Urteil darüber bilden, wie ernst man das nehmen darf. Oder wenn man Über die Zustände in
sozialistischen Bundesländern spricht - sie wurden dann auch genannt, diese Bundesländer und die
Zustände -, würde ich glauben, kehren wir vor unserer eigenen Tür. Die Kärntner SPÖ hat sicher ihre
eigenen Sorgen und Probleme und die Wiener SPÖ auch. Wie ist es in den anderen Bundesländern?
Es fällt uns gar nicht ein, über Zustände in ÖVP-dominierten Bundesländern zu sprechen.
Ich glaube, das ist zumindestens, milde gesagt, eine Taktlosigkeit gegenüber unseren
Bundesländerkollegen jeder Couleur. Damit das auch vorweggenommen ist. (Abg. Anzenberger: Der
Vergleich betraf die Finanzkontrollausschüsse!) Ich möchte die Frage des Finanzkontrollausschusses
heute gar nicht erläutern hier, meine Damen und Herren. (Ruf bei der ÖVP: Warum denn nicht?) Das
ist auch eine politische Frage. Wir haben auch eine Geschichte des Finanzkontrollausschusses und
es war eben so, daß die Sozialisten diesen Finanzkontrollausschuß schon einmal besetzt gehabt
haben. Man hat ihn ihnen ohne Grund weggenommen seinerzeit und daher werden Sie verstehen,
daß wir gerade in dieser Frage ungeheuer sensibel sind, ohne, wie gesagt, dieses Problem in seiner
ganzen Breite zu erläutern. Meine Damen und Herren, wir werden sicher über diese Fragen noch sehr
ausführlich reden.
Worum geht es mir heute? Um die Frage der Feststellung unseres Verhältnisses zum Bund und
zweitens, damit das auch ganz klar ist, um die Frage der Personalpolitik. Denn das ist doch die
Hypothek, die wir auf unserem Verhältnis in der Landespolitik haben, und zwar die schwerste, die die
Beziehung zwischen den beiden Parteien echt belastet. Wir haben im Verlaufe der letzten Jahrzehnte,
möchte ich sagen, eigentlich fast über alle konkreten materiellen Probleme in irgendeiner Weise ein
Gespräch geführt, das dort und da nicht ganz, aber doch weitgehend zu Bereinigungen geführt hat.
Wir haben nie Übereinstimmung in personalpolitischen Fragen gefunden. ich könnte wiederum über
die historische Entwicklung reden, daß es bis 1953 gegangen ist, daß man bis dahin die
personalpolitischen Probleme im Land durchaus im Einvernehmen lösen konnte. Der Name Müllner
muß eben auch jetzt fallen, auch wenn es weh tut und wenn es ein alter Hut ist, ich weiß das schon,
aber von da an (Abg. Zimper: Der Vergleich mit Müllner, ist der nicht taktlos?) setzt eben diese
Entwicklung ein. Die Tradition eines Müllner wurde, auch wenn alle anderen Dinge, um die es
gegangen ist, ausgeklammert sind, in diesem Bereich fortgesetzt. Bei aller Distanzierung von Müllner,
die Methoden die Müllner eingeführt hat, haben Sie weiter in diesem Haus angewendet. Das hat Dr.
Prader gemacht und das hat letztlich ein Landeshauptmannstellvertreter Ludwig dirigiert und ein
Maurer exekutiert. Ich muß Ihnen das mit dieser Härte sagen. (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig:
Herr Kollege, da liegen Sie falsch!) Wenn Sie in dieser Form hier agieren, meine Damen und Herren
der Österreichischen Volkspartei, Herr Abg. Zimper, (Präsident Dipl.-Ing. Robl gibt das
Glockenzeichen) wenn Sie also mit aller Deutlichkeit feststellen, daß alles in Ordnung ist, was auf
personalpolitischem Gebiet in diesem Land geschieht und geschehen ist, dann muß ich Ihnen mit
eben derselben Deutlichkeit sagen, daß nichts in Ordnung ist, von unserem Standpunkt aus.
(Spontaner lebhafter Beifall bei der SPÖ.) Denn diese 30 Jahre ÖAAB-Personalpolitik haben zu einer
fast totalen Eliminierung aller Andersdenkenden im Landesdienst geführt. Das muß man doch klar
festhalten.
Und nun hat der Herr Landeshauptmannstellvertreter Ludwig am 8. November, am Parteitag in
Hollabrunn, ein neues Klima eingeläutet, möchte ich fast sagen. Er hat es ja mit sehr großem Pomp
getan und vor einer sehr großen Öffentlichkeit. Ja, das ist das gute Recht einer Partei und das hat
mich auch sehr beeindruckt, daß das in dieser Form geschehen ist. Da war von der offenen Politik und
der toleranten Personalpolitik die Rede. Sie können mir glauben, ich habe das sehr aufmerksam
verfolgt und ich habe nicht nur einmal gesagt, liebe Freunde, eine Hand, die sich einem darbietet, die
schlägt man nicht aus. (Abg. Präs. Reiter: Mit Deiner Formulierung machst Du es!) Entschuldigung,
darüber muß man reden. (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Herr Kollege, haben Sie in den
letzten zehn Jahren in der Personalpolitik einmal mit mir geredet?) Gut, Herr
Landeshauptmannstellvertreter, das kann ich Ihnen ganz klar sagen. Der Herr Landeshauptmann war
Personalreferent und jeder zweite Satz bei einem Gespräch war, die Personalvertretung ist dagegen.
(Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Das bin ich nicht, bitte!) Entschuldigung, aber Sie sind der
Obmann des ÖAAB gewesen, der die Personalvertretung dominiert. Ich freue mich, daß Sie sich
distanzieren, das wird das Gespräch sicher leichter machen. (Lebhafter Beifall bei der SPÖ.) Das wird
das Gespräch sicher erleichtern. Und ich darf heute schon mit der gebotenen Deutlichkeit sagen, weil
das Personalproblem in der Gruppe 0 zur Sprache gekommen ist, das wird sicher der Prüfstein für ,die
Ernsthaftigkeit sein. Das muß ich hier feststellen. Der Abg. Zimper war zunächst etwas irritiert, weil wir
ja vereinbart haben, wir bleiben im Gespräch und reden nichts darüber in der Öffentlichkeit. Dann hat
er die ganze Latte hier vorgelegt. Ich sage es Ihnen, Sie machen es uns so schwer. Das kann ich
auch, an die Öffentlichkeit gehen mit Parteienverhandlungen, innerhalb der Partei, das ist gar kein
Problem. Aber entweder macht man etwas aus, dann soll es dabei bleiben. Na schön, ist gut. (Abg.
Zimper: Es gibt einen Parteitagsbeschluß der ÖVP, den ich da exekutiert habe, Herr
Landeshauptmannstellvertreter!)
Wir glauben, daß es durchaus möglich ist, dem Antrag zuzustimmen, weil das ein Bestandteil dieser
Verhandlungen werden kann, aber das muß ja erst wieder ausgetragen werden in dem Kreis, der
dafür von den beiden Parteien bestimmt worden ist. Die Sozialistische Partei hat hier eine ganze
Reihe von Vorstellungen, wir haben sie j a konkret vorgelegt. Ich möchte sie aus dem Grund gar nicht
hier zur Kenntnis bringen, weil es eben in dem Kreis zunächst besprochen worden ist. Ich darf nur
darauf hinweisen, daß wir hier doch einige Vorstellungen haben, um die Objektivierung, die hier
angestrebt wurde, diese Transparenz, auch wirksam werden zu lassen. Und da muß man gewisse
Mechanismen noch einschalten, damit das auch funktioniert, denn sonst steht es auf dem Papier und
das ganze ändert sich überhaupt nicht. Ich glaube, das wollen wir nach dem, was ich höre, alle
miteinander nicht, meine Damen und Herren. Es geht uns hier wirklich darum, daß das Berufsverbot,
das im Land Niederösterreich für Sozialisten und für Andersdenkende heute besteht, beseitigt wird
und daß Schluß ist mit einem sehr dunklen Kapitel der niederösterreichischen Landespolitik. (Beifall
bei der SPÖ. - Abg. Anzenberger: Wie schaut es bei der Eisenbahn aus?) Am Zug ist jetzt die
Österreichische Volkspartei. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gemeldet ist der Abg. Ing. Kellner.
Abg. Ing. KELLNER: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es
wurde während der bisherigen Debatte eine Reihe von Anträgen gestellt.
Zum Antrag Nummer vier des Kollegen Deusch, der sich mit der Ausschreibung von Dienstposten im
Bundesland Niederösterreich beschäftigt, haben wir einen Kompromißvorschlag eingebracht. Wir
waren der Auffassung, daß der Satz betreffend freiwerdende Arbeitsplätze im Bereich der
Landesverwaltung durch den Zusatz ,,nach Maßgabe der Möglichkeiten" erweitert werden sollte. Man
ist nicht darauf eingegangen, wir sind daher nicht in der Lage, den Antrag des Abg. Deusch zu
unterstützen.
Der Kollege Zimper hat einen Antrag eingebracht, ich meine den Antrag Nummer eins, den ich im
Namen des Kollegen Zimper erweitern möchte. Der bisherige Antrag lautet: „Die Landesregierung wird
ersucht, für die Aufnahme von Bediensteten in den Landesdienst einen Katalog von Kriterien zu
erstellen, die für die vorgesehene Verwendung der Bewerber um Aufnahme in den Landesdienst
objektiv erforderlich sein sollen." Und jetzt die Erweiterung: ,,Frei werdende Arbeitsplätze im Bereich
der Landesverwaltung sind nach Maßgabe der Möglichkeiten in geeigneter Form bekanntzugeben und
öffentlich auszuschreiben". Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie werden es sehr schwer
haben, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, daß die Österreichische Volkspartei sich gegen
die Ausschreibung von Arbeitsplätzen sperrt. Wir wollten durch diese Einfügung nur für den Fall der
Fälle verhindern, daß die Verwaltung in Schwierigkeiten kommt. über diesen erweiterten Antrag bitte
soll abgestimmt werden.
Der Kollege Dr. Bauer hat in der Gruppe 0 einen Antrag gestellt, der sich mit der Nahversorgung
beschäftigt. Ich darf festhalten, daß wir der Auffassung waren, daß die Nahversorgung nicht unbedingt
in der Gruppe 0 zu behandeln sei. Es soll keine Streitfrage sein, daher hat der Kollege Trabitsch, der
einen ähnlichen Antrag vorbereitet hatte, gebeten, gemeinsam mit dem Kollegen Bauer antragstellend
aufzuscheinen. Ich darf daher hier bekanntgeben, daß zwischen den beiden Fraktionen vereinbart
wurde, daß der Antrag Nummer zwölf Antrag der Abgeordneten Dr. Bauer und Trabitsch lauten soll.
Das zu den Anträgen.
Und, Herr Landeshauptmannstellvertreter, meine Kollegen haben mich beauftragt, hier sehr klar und
deutlich eines festzuhalten: Wir befinden uns hier im Niederösterreichischen Landtag, es ist das Haus
der Abgeordneten. Wir sind der Auffassung, daß es einem Regierungsmitglied nicht zusteht,
Abgeordnete zu qualifizieren. (Beifall bei der ÖVP. - Abg. Stangl: Bei der ersten Rede von Pröll habt
Ihr Euch nicht aufgeregt!)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt der Abg. Lechner.
Abg. LECHNER: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hoffe, es gibt jetzt keine weiteren
Qualifikationen. Ich möchte nur zum Antrag zwei des Abg. Zimper kurz Stellung nehmen und dazu
ausführen, daß der Abg. Binder bei der Behandlung des Landespersonalvertretungsgesetzes vor
längerer Zeit beantragt hat, ein Personalvertretungsgesetz für die Gemeindebediensteten der
Hoheitsverwaltung, nur für die es ja möglich, gleichzeitig einzubringen. Herr Abg. Zimper, zu Ihrer
Erinnerung: Damals hat die Österreichische Volkspartei dies abgelehnt, obwohl wir der Ansicht waren,
daß die Gemeindebediensteten weitgehendst die gleichen Bedürfnisse haben wie die
Landesbediensteten. Das sei nur kurz festgestellt. Wir stimmen Ihrem Antrag zu, ich möchte aber
gleich dazusagen, daß die betreffende Regierungsvorlage bereits fertig ist, was Sie möglicherweise
nicht wissen konnten. Es hätte sich Ihr Antrag also erübrigt, wir stimmen ihm aber trotzdem zu, wie ich
überhaupt erklären darf, daß wir allen Anträgen der Österreichischen Volkspartei die Zustimmung
geben.
Allerdings möchte ich doch zu dem Antrag sechs, Präsident Reiter, einige Ausführungen machen. In
diesem Zusammenhang weist er darauf hin, daß der Bund zuletzt im Abgabenänderungsgesetz
hinsichtlich der gemeinschaftlichen Bundesabgaben, und zwar der Umsatzsteuer, der
Einkommensteuer und der Lohnsteuer, einseitige Veränderungen der im Finanzausgleichsgesetz
1979 paktierten Verteilung vorgenommen hat. Na ja, Herr Präsident Reiter, wir sollten uns schon auch
mit dem Finanzausgleichgesetz ein bißchen beschäftigen. Da steht zum Beispiel im § 5, ich zitiere
wörtlich: ,,Der Bund hat mit den am Finanzausgleich beteiligten Gebietskörperschaften vor der
Inangriffnahme steuerpolitischer Maßnahmen, die für die Gebietskörperschaften mit einem Ausfall an
Steuern, an deren Ertrag sie beteiligt sind, verknüpft sein können, Verhandlungen zu führen. Das
gleiche gilt für Mehrbelastungen, die als Folge von Maßnahmen des Bundes beim Zweckaufwand der
Gebietskörperschaften zu erwarten sind". Herr Präsident Reiter, ich möchte hier gleich sagen, das,
was Sie hier beantragt haben, darf in einer Hinsicht keine Einbahn sein. Wenn nämlich der Bund - und
Sie berufen sich ja auf dieses Gesetz - zum Beispiel die von vielen geforderte
Einkommensteuersenkung durchführt, müßte er dies auch vorher mit den Gebietskörperschaften
besprechen. Ich sage aber jetzt dazu, das heißt, daß dann auch eine gewisse Mitverantwortung der
Gebietskörperschaften zum Tragen kommen muß. Auf der einen Seite nämlich, Herr Präsident Reiter,
beklagt sich Ihr Parteikollege, der Landesfinanzreferent, sehr bitter, wenn die Einnahmen des Bundes
an das Land nicht fließen, andererseits werfen Sie dem Bund immer wieder die hohe
Budgetverschuldung vor, fordern immer wieder die Steuersenkung. Der Landesfinanzreferent kritisiert
die Mindereinnahmen, ob zu Recht oder Unrecht, wollen wir nicht sagen. Das heißt aber, wenn Sie
schon die Forderung nach Steuersenkung erheben, Herr Landesfinanzreferent, dann müssen Sie
eigentlich auch in Ihrem Budget entsprechende Budgetreserven für diese zu erwartende
Steuersenkung vorsehen, da die Konsequenzen ja nicht nur der Bund zu tragen hat, sondern auch die
Länder. Da wird es vielleicht manchen Damen und Herren vielleicht zu Bewußtsein kommen, daß das
Fordern von Steuersenkungen mitunter auch verbunden ist mit Opfern des Landes und der
Gemeinden. Sie hätten eigentlich schon in diesem Budget auf Grund Ihrer Forderungen gewisse
Reserven anzulegen gehabt, wenn es sich um Steuersenkungen handelt. Daher müßte man sagen,
das vermissen wir, Herr Landesfinanzreferent. Wir stimmen aber trotzdem, Herr Präsident Reiter, in
der Erkenntnis, daß es auch unangenehme Folgen haben kann für uns, diesem Antrag zu.
Zuletzt möchte ich zum Antrag Zimper bzw. Antrag Deusch noch ein paar Worte sagen, meine Damen
und Herren. Der Antrag Deusch war sehr klar in drei Zeilen, klarer kann man einen Antrag nicht
formulieren. Nämlich: ,,Die Landesregierung wird aufgefordert, alle frei werdenden Arbeitsplätze im
Bereich der Landesverwaltung in geeigneter Form bekanntzugeben und öffentlich auszuschreiben".
Nun, der Herr Kollege Kellner hat nun den Antrag Zimper, offensichtlich hat er ihm selber nicht so
ganz gepaßt, einer gewissen Erweiterung unterzogen, nämlich in der Form, daß man jetzt zusätzlich
sagt ,,nach Maßgabe der Möglichkeiten". Meine Damen und Herren, ich muß schon sagen, ,,Maßgabe
der Möglichkeiten" heißt wenn ich will. Wenn ich will, dann gibt es diese Möglichkeiten, und wenn ich
den guten Willen - den haben Sie bisher nicht bewiesen - nicht habe, dann haben wir keine
Möglichkeit. Man kann uns doch nicht einreden, daß die Ausschreibung eines Postens nicht möglich
ist, weil man morgen schon einen Ersatz haben muß. Ich habe eine sehr hohe Meinung von der
Beamtenschaft, zu Unrecht nennen wir sie manchmal ,,Bürokratie". Aber das können Sie uns nicht
beibringen, daß die Ausschreibung eines erledigten Postens morgen erfolgen muß. Daher lassen wir
das ,,nach Maßgabe der Möglichkeiten" weg. Für uns gibt es nur eines, entweder stimmen Sie dem
Antrag zu, daß man die Posten ausschreibt, mit aller Konsequenz, so wie Herr
Landeshauptmannstellvertreter Grünzweig dargelegt hat, oder für uns sind das Dinge, die wir so
auffassen könnten, als ob man wieder dasselbe tun möchte unter dem Mäntelchen ,,es heißt zwar
nach Maßgabe, aber die Möglichkeit war eben nicht da". Möglichkeiten hat es nicht gegeben, daher
können wir auch die Ausschreibung verhindern. Wir verlangen, wenn Sie eine Regelung haben
wollen, eine ehrliche. Herr Landeshauptmannstellvertreter Ludwig, Sie haben, so nehmen wir fast an,
auch am Landesparteitag ehrlich geredet. Dann kann ich nur sagen, hoffentlich ein Mann - ein Wort.
(Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. REISCHER: Ich verzichte.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zur Abstimmung liegt vor die Gruppe 0, Vertretungskörper und
Allgemeine Verwaltung und 12 Resolutionsanträge. Ich lasse zuerst über die Gruppe selbst und dann
über die 12 Resolutionsanträge abstimmen. Ich bitte den Berichterstatter, den Antrag zur Gruppe 0,
Vertretungskörper und Allgemeine Verwaltung, ordentlicher Teil und außerordentlicher Teil, zu stellen.
Berichterstatter Abg. REISCHER: Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich stelle den Antrag, die Gruppe 0,
Vertretungskörper und Allgemeine Verwaltung, mit Einnahmen im ordentlichen Teil des
Voranschlages von 382,252.000 Schilling und Ausgaben von 2.777,022.000 Schilling und Ausgaben
im außerordentlichen Teil von 22,902.000 Schilling zu genehmigen. Ich ersuche, die Abstimmung
vorzunehmen.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL (nach Abstimmung über die Gruppe 0, Vertretungskörper und
allgemeine Verwaltung, ordentlicher Teil und außerordentlicher Teil, in Erfordernis und Bedeckung):
Einstimmig angenommen.
Wir kommen nun zur Abstimmung der Resolutionsanträge. Der Resolutionsantrag Nr. 1 des Abg.
Zimper wird erweitert durch die Wortmeldung des Abg. Ing. Kellner, betrifft die Aufnahme in den
Landesdienst. (Nach Abstimmung über diesen Resolutionsantrag): Einstimmig angenommen.
Resolutionsantrag 2 des Abg. Zimper, betrifft das Personalvertretungsrecht der
Niederösterreichischen Gemeindebediensteten. (Nach Abstimmung über diesen Resolutionsantrag):
Einstimmig angenommen.
Resolutionsantrag 3 des Abg. Zimper, betrifft die Katalogisierung aller Bundesverfassungsgesetze.
(Nach Abstimmung über diesen Resolutionsantrag): Einstimmig angenommen.
Resolutionsantrag 4 des Abg. Deusch, betrifft Bekanntgabe frei werdender Arbeitsplätze im Bereich
der Landesverwaltung. (Nach Abstimmung über diesen Resolutionsantrag): Mit Mehrheit abgelehnt.
Resolutionsantrag 5 des Abg. Dr. Bernau, betrifft Arbeitsmarktförderungsgesetz. (Nach Abstimmung
über diesen Resolutionsantrag): Einstimmig angenommen.
Resolutionsantrag 6 des Abg. Reiter, betrifft die Bestimmungen des Finanzverfassungsgesetzes 1948
über den Finanzausgleich. (Nach Abstimmung über diesen Resolutionsantrag): Einstimmig
angenommen.
Resolutionsantrag 7 des Abg. Reiter, betreffend die Landesumlage. (Nach Abstimmung über diesen
Resolutionsantrag): Einstimmig angenommen.
Resolutionsantrag 8 des Abg. Reiter, betrifft die Problematik der Zweitwohnbesitzer. (Nach
Abstimmung über diesen Resolutionsantrag): Einstimmig angenommen.
Resolutionsantrag 9 des Abg. Reiter, betrifft die Dienstfreistellung von Bundesbeamten und
Bediensteten in der Privatwirtschaft. (Nach Abstimmung über diesen Resolutionsantrag): Einstimmig
angenommen.
Resolutionsantrag 10 des Abg. Romeder, Mitwirkung bei statistischen Erhebungen. (Nach
Abstimmung über diesen Resolutionsantrag): Einstimmig angenommen.
Resolutionsantrag 11 des Abg. Romeder, betrifft Mitglieder des Gemeinderates und Ortsvorsteher
bzw. Abänderung des Bezügegesetzes. (Nach Abstimmung über diesen Resolutionsantrag):
Einstimmig angenommen.
Resolutionsantrag 12 der Abg. Dr. Bauer und Trabitsch, betrifft die Nahversorgung, Versorgung mit
Gütern des täglichen Bedarfes. (Abstimmung über diesen Resolutionsantrag): Einstimmig
angenommen.
Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Abg. Reischer, zu Gruppe 1, Öffentliche Ordnung und
Sicherheit, ordentlicher Teil, zu berichten.
Berichterstatter Abg. REISCHER: Herr Präsident! Hoher Landtag! Die Gruppe 1, Öffentliche Ordnung
und Sicherheit, beinhaltet ordentliche Ausgaben in der Höhe von 88,560.000 Schilling und Einnahmen
von 18,786.000 Schilling. In diese Gruppe fallen Einnahmen und Ausgaben für Feuerwehrwesen,
Katastrophenhilfsdienst und Landesverteidigung. Der prozentuelle Anteil dieser Gruppe am
Ausgabenvolumen des ordentlichen Teiles des Voranschlages beträgt 0,48%.
Ich ersuche den Herrn Präsidenten, die Debatte einzuleiten.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Ich eröffne die Debatte zur Gruppe 1. Zum Worte gemeldet ist Herr
Abg. Haufek.
Abg. HAUFEK: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Gruppe 1 nimmt
das Niederösterreichische Feuerwehrwesen einen besonderen Stellenwert ein. Wenn wir uns die
Einsatzstatistik der niederösterreichischen Feuerwehren für 1979 ansehen, dann können wir
feststellen, daß von den insgesamt 23.704 Einsätzen ,,nur", unter Anführungszeichen, 2.930, das sind
etwa 12,4%, zur Brandbekämpfung notwendig waren. Der Schaden, der durch diese Brände
angerichtet wurde, betrug aber 234,561.000 Schilling. Es wurde damit zwar der Schaden des Jahres
1978, das mit nahezu 500 Millionen Schilling ein Katastrophenjahr gewesen ist, sehr wesentlich
unterboten, es ist aber dennoch erschreckend, daß bei etwa gleichbleibenden Schadensfällen
zwischen 1970 und 1979 die Schadenssumme von 85 auf 234 Millionen Schilling stieg und die
Großsschadensfälle sogar von 13 auf 43 Millionen Schilling. Das ist bezeichnend und betrüblich, da
Niederösterreich damit in der Österreich-Bilanz nahezu ein Drittel der Schadenssumme verzeichnen
muß.
Wenn aus vielen Entstehungsbränden keine Großbrände geworden sind, dann lag das hauptsächlich
an der geschulten und leistungsfähigen Einsatzbereitschaft unserer Feuerwehren. Und es verpflichtet
uns bei immer mehr steigenden Betriebs- und Anlagenwerten sowohl im privaten als auch im
gewerblichen und im industriellen Bereich im Interesse unserer Volkswirtschaft und damit auch
natürlich im Interesse unserer Arbeitsplätze einfach dazu, dem vorbeugenden Brandschutz ein ganz
besonderes Augenmerk zuzuwenden, aber auch den Feuerwehren bei der kommenden Änderung der
Bauordnung eine sinnvolle Einschaltung zu ermöglichen. Der Landesfeuerwehrverband hat der
Ausbildung der Feuerwehrmänner durch die Lehrgänge Feuerpolizei, feuerpolizeiliche Beschau sowie
vorbeugenden Brandschutz auch bereits in vollem Umfang Rechnung getragen.
Aber nicht nur beim Löschen, sondern auch, wie die Einsatzstatistik beweist, vor allem beim Helfen
und Bergen stellen die Feuerwehrmänner ihre Einsatzbereitschaft immer unter Beweis. 142.931
Männer standen im Einsatz, 364.777 Einsatzstunden wurden geleistet, 306.779 Kilometer gefahren, in
Fahrzeugen mit Ausrüstung - das ist jetzt sehr wesentlich -, die zum großen Teil von den Feuerwehren
selbst 'durch die Vielzahl ihrer Aktivitäten mitfinanziert wurden.
Ich habe schon im Vorjahr versucht, darauf aufmerksam zu machen, daß ein allzu engherziges
Einkommensdenken bestimmter Bevölkerungsgruppen einfach nichts und auch niemandem etwas in
diesem Lande bringen kann, weil wir einfach im Interesse der Sicherheit unserer Menschen, unserer
Bevölkerung, die Initiativen und die Bereitschaft unserer Feuerwehren, an der Finanzierung der
Ausrüstung und der notwendigen Geräte mitzuwirken, brauchen. So haben auch 1980 die
Feuerwehren nahezu denselben Betrag aufgebracht wie die Gemeinden, nämlich 74 im Vergleich zu
81 Millionen Schilling. Im Vorjahr aber waren es 110 zu 117 Millionen Schilling. Und sicherlich hat in
diesem Bereich bereits die Beachtung der Dienstanweisung des Landesfeuerwehrrates, aber auch die
Ungewißheit der steuerlichen Behandlung der Feuerwehrveranstaltungen ihren Niederschlag
gefunden. In der Dienstanweisung des Landesfeuerwehrrates vom 31. März 1980 wurde in
Vereinbarung mit den zuständigen Fachgruppen der Gast-, Schank- und Beherbergungsbetriebe die
Durchführung der verschiedenen Veranstaltungen im zeitlichen Rahmen sehr stark eingeschränkt und
damit versucht, einen Konsens herzustellen mit den Interessen des Gast- und Schankgewerbes,
wobei es trotzdem auch weiterhin Unzufriedenheit gegeben hat, die - ich möchte das nur beispielhaft
erwähnen - sogar darin gipfelte, daß die Landesfeuerwehrschule Tulln wegen des dortigen
Kantinenbetriebes zur Anzeige gebracht wurde.
Und hier, werte Damen und Herren, gerade in diesem so engherzigen Einkommensdenken, ich
wiederhole es nochmals, ist die Ursache zu finden, daß im Juli 1980 die bis dahin vorhandene
stillschweigende Tolerierung der Finanzbehörde den Feuerwehren gegenüber aufhörte und das
Finanzamt für Körperschaften daranging, bei Iden Feuerwehren Erhebungen einzuleiten, die die
Frage der Vollbesteuerung von Veranstaltungen als Betriebe gewerblicher Art zum Inhalt hatte. Und
weil es immer wieder in diesem Raum und draußen in der Öffentlichkeit so hingestellt wird, möchte ich
nochmals besonders herausstreichen, daß es sich bei diesen Erhebungen und den daraus
resultierenden Versuchen der Besteuerung keineswegs um eine österreichweite und damit vom
Finanzminister ausgelöste Aktion gehandelt hat, sondern um eine von wem immer auch motivierte
Aktion im Rahmen der Finanzlandesdirektion für Niederösterreich. Es hat dann am 16. Juli eine
Aussprache des sozialistischen Gemeindevertreterverbandes mit Landesfeuerwehrkommandant
Präsident Kast stattgefunden. Wir haben auch dieses Problem in einer offenen Art besprochen und
haben unsere Mitwirkung im Sinne einer für die Feuerwehren positiven und der Dienstanweisung des
Landesfeuerwehrrates entsprechenden Form zugesichert. Der Finanzminister hat ebenfalls am 21.
August den Landesfeuerwehrkommanden erstens die wohlwollende Behandlung dieses Problems,
zweitens die Aussetzung aller laufenden Verfahren und drittens nach abgeschlossener Prüfung die
größtmögliche positive Erledigung im Sinne und im Interesse der niederösterreichischen Feuerwehren
zugesichert.
Unsere Überraschung im Feuerwehrbereich war sehr groß, als anfangs Oktober neuerliche
Erhebungen bei verschiedenen Feuerwehren erfolgten. Wir haben uns in unserer Gruppensitzung am
7. Oktober auch an den Finanzminister gewendet, eine sofortige Erklärung verlangt. Diese Erklärung
haben wir am 10. Oktober mündlich erhalten. Es wurde nämlich von Präsident Binder mitgeteilt, daß
es bei der den Landesfeuerwehrkommandanten zugesicherten Lösung bleibt. Und es wurde auch
mitgeteilt, daß eine schriftliche Weisung darüber, nämlich der Erlaß an die Finanzlandesdirektionen,
bereits in Vorbereitung ist. Ich glaube daher, daß das Ultimatum, das da in der Öffentlichkeit, in
Zeitungen, vom zuständigen Herrn Landesrat gestellt wurde, eigentlich zu diesem Zeitpunkt bereits
eine Fleißaufgabe gewesen ist. Ich meine nur, daß der derzeitige politische Chef der Feuerwehren als
kommender Landesfinanzreferent sein großes Engagement den Feuerwehren gegenüber sehr leicht
unter Beweis stellen wird können. Lassen Sie mich bei diesem unerfreulichen Steuerkapitel
abschließend danke sagen allen, die mitgeholfen haben, das leidliche Problem zu lösen. Ich möchte
dazu bewußt keinen Namen nennen. Ich möchte von hier aus aber unseren Feuerwehren die Bitte
unterbreiten und an sie appellieren, daß sie sich im Interesse des guten Einvernehmens mit den
örtlichen Gastronomen, aber auch im Interesse der durch Landesfeuerkommandant Präsident Kast mit
der Finanzbehörde vereinbarten Richtlinien, an die Dienstweisung des Landesfeuerwehrrates halten.
Und ich bin überzeugt davon, daß alle niederösterreichischen Gemeinden sich auch weiterhin
bemühen werden, gemeinsam die Feuerwehren in ideellen, aber auch finanziellen Bereichen nach
besten Kräften zu unterstützen.
10. Oktober mündlich erhalten. Es wurde
Es muß aber, sehr geehrte Damen und Herren, einfach im Interesse unserer Feuerwehren und damit
unseres Heimatlandes und seiner Menschen liegen, daß auch das Land Niederösterreich, und zwar
stärker als bisher, die aufopferungsvolle Tätigkeit unserer Feuerwehren unterstützt. Daß wir bei
festlichen Anlässen unsere Feuerwehren loben und daß wir Abgeordnete, ebenso die Mitglieder der
Landesregierung, durch unsere Anwesenheit bei großen Veranstaltungen auch unsere Verbundenheit
mit den Feuerwehren zum Ausdruck bringen, das ist zwar sehr schön, aber ich glaube, doch etwas zu
wenig.
Es hat bereits im Vorjahr, aber leider etwas zu spät, um Diskussionsstoff bei der Budgetdebatte zu
bieten, eine Resolution der Bezirks- und Abschnittskommandanten des Niederösterreichischen
Feuerwehrverbandes gegeben, nämlich diese Resolution vom 23. November. In dieser Resolution ist
sehr deutlich zum Ausdruck gekommen, daß es den Feuerwehren bei der Finanzierung ihrer
Aufgaben echt um die Aufrechterhaltung der Sicherheit der Niederösterreichischen Bevölkerung geht.
Brände, Einsätze im technischen Bereich, Unfallhilfe, Umweltschutz, ja sogar Einsätze im Bereich der
zivilen Landesverteidigung, zu all diesen Aufgaben zu dieser großen Palette, brauchen wir unsere
Feuerwehren, kommen wir einfach ohne unsere Feuerwehren nicht mehr aus. Und für all diese
Aufgaben brauchen die Feuerwehren Geld, wobei das Land Niederösterreich - das muß auch einmal
gesagt werden - im wesentlichen nur die Mittel aus der Feuerschutzsteuer den Feuerwehren
bereitstellt. Das ist aber auf Dauer gesehen zu wenig. Und es darf auf keinen Fall wieder so kommen,
wie wir das heuer im Voranschlag 1981 sehen mußten, daß dieser Mitteleinsatz im Prozentausmaß
zum gesamtordentlichen Haushalt verringert wurde und damit sogar unter die Ansätze des Jahres
1979 fällt.
Ich darf mir gestatten, in diesem Zusammenhang einen Antrag zu stellen, und bitte wirklich die beiden
Fraktionen des Hohen Hauses, diesem Antrag im Interesse der Feuerwehren und der Sicherheit
unserer Menschen die Zustimmung zu geben (liest):
“Resolutionsantrag
des Abg. Haufek zu Gruppe 1 des ordentlichen Teiles des Voranschlages 1981, Ltg.
Z1. 236.
Die Landesregierung wird aufgefordert, im Wege eines allenfalls zu erstellenden
Nachtragsvoranschlages eine entsprechende Dotierung der Förderungsmittel für die Beschaffung von
Feuerwehrgeräten für technische Einsätze vorzunehmen, um dadurch die widmungsgemäße
Verwendung der aus der Feuerschutzsteuer fließenden Einnahmen für Zwecke des Brandschutzes
sicherzustellen."
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist der Abteilung VII9 des Amtes der
Niederösterreichischen Landesregierung gelungen, in einer optisch sehr gut gestalteten Aussendung alle Bürgermeister unter uns werden diese Aussendung ja erhalten haben - darauf hinzuweisen, daß
eine Verordnung über die Mindestausrüstung der niederösterreichischen Feuerwehren besteht und
die Erfüllung dieser Verordnung bis 1985 als Ziel gesetzt wurde. Ich möchte nur nebenbei erwähnen,
daß zur Erfüllung dieser Verordnung für Niederösterreich bei der heutigen Preislage insgesamt eine
Summe von 850 Millionen Schilling aufgewendet werden müßte. Ich glaube, daß diese Aussendung
richtig gewesen ist, weil man sich einfach in vielen Gemeinden darüber keine besonderen Gedanken
gemacht hat. Ich glaube aber genauso, daß es notwendig ist, heute einen Weg zu finden, um diese
Verordnung doch zu überdenken und sie dem Stand der jetzigen Zeit anzupassen. Sehen Sie, genau
die Gemeindestrukturreform hat dazu geführt, daß viele dörfliche Gemeinden in die Großgemeinden
mit ihren bestehenden Feuerwehren eingegliedert wurden. Und es wird als besondere Härte
empfunden, daß Fahrzeuge und Geräte, die älter als 15 Jahre sind, in die Mindestausrüstung nicht
mehr eingerechnet werden. Lassen Sie mich nur als Beispiel meine Gemeinde bringen. Hier gibt es
insgesamt 10 Feuerwehren, wir haben 12 Fahrzeuge, 3 Rüstanhänger. Infolge der 15 JahresBestimmung müßten bis 1985 noch zusätzlich acht Fahrzeuge mit einem Kostenaufwand von 3,5 bis 4
Millionen Schilling zum heutigen Kostenfaktor angeschafft werden, obwohl diese Geräte noch
einsatzfähig sind. Ich glaube, es kommt eben nicht nur auf das Baujahr an, sondern auch auf die
Pflege der Fahrzeuge, vor allem auf die Einsatzhäufigkeit dieser Geräte. Und gerade aus diesen
Überlegungen sollte man diese Mindestausrüstungsverordnung neu überdenken, etwa in der Sicht,
daß über die Einsatzfähigkeit eine Begutachtung des Bezirkes oder des Feuerwehrabschnittes
erfolgen könnte, um die Gemeinden nicht allzu nachlässig darin zu machen. Keinesfalls, möchte ich
ausdrücklich betonen, darf eine eventuelle Änderung dieser Mindestausrüstungsverordnung dazu
führen, daß den Gemeinden die Verantwortung abgenommen wird, für die Einsatzbereitschaft der
Feuerwehren zu sorgen. Ich glaube nur, es sollte eine sinnvollere und den Gemeinden vor allem
verständliche Neuregelung gefunden werden.
Ich darf daher auch in diesem Zusammenhang einen Antrag stellen (liest):
,,Resolutionsantrag
des Abg. Haufek zu Gruppe 1 des ordentlichen Teiles des Voranschlages 1981, Ltg. Z1. 236.
Die Landesregierung wird aufgefordert, im Sinne einer Entlastung der Gemeinden zu prüfen, inwieweit
Änderungen der derzeitigen Fassung der Verordnung, LGB1. 440014, über die Mindestausrüstung der
Feuerwehren möglich sind, insbesondere auch in der Hinsicht, daß betriebstaugliche Geräte auch
über die derzeit vorgesehene Frist für die Mindestausrüstung angerechnet werden können."
Ich darf Sie im Interesse der Gemeinden, aber natürlich auch der Feuerwehren bitten, diesem Antrag
Ihre Zustimmung zu geben.
Hohes Haus! 71.647 Feuerwehrmänner, das sind um 852 mehr als 1978, stehen heute für die
Sicherheit unserer Landsleute in Niederösterreich bereit. Jeder siebente männliche Niederösterreicher
über 15 Jahre ist damit Mitglied einer Feuerwehr. Und die Feuerwehren selbst sorgen auch für ihren
Nachwuchs, denn mit Stand vom 31. Dezember 1979 gibt es 1.227 Mitglieder der Feuerwehrjugend
und allein vom Mai 1979 bis heute wurden 22 neue Jugendgruppen gegründet. Ja, meine Damen und
Herren, ich glaube, wir können uns als Niederösterreicher glücklich schätzen, so viele Menschen zu
haben, die in der ihnen eigenen Weltanschauung über all die beruflichen und auch politischen
Interessen hinweg sich der Aufgabe verschrieben haben, für den anderen, für den Mitbürger da zu
sein. Den Feuerwehren unseres Landes gilt heute unser Dank. Die Feuerwehren unseres Landes
brauchen aber bitte nicht unseren Dank, sie brauchen unsere besondere Unterstützung.
Hohes Haus! In den Bereich der Sicherheit fällt auch die Aufgabe des Zivilschutzverbandes, der in
einer erst kürzlich allen Abgeordneten zugegangenen Resolution auf den gewaltigen Nachholbedarf
der zivilen Landesverteidigung hingewiesen hat. Von besonderer Wichtigkeit erscheint hier die
Konzipierung des Warn- und Alarmdienstes sowie die Bereitstellung der Mittel dafür, daß die
Strahlenschutzwerterhebung in den Objekten des Altbestandes aller niederösterreichischen Bezirke
durchgeführt werden kann. Diese Erhebung konnte erst in vier Bezirken abgeschlossen werden und
hat zweifellos eine sehr wichtige Bedeutung in diesem Lande. Den Funktionären des
Zivilschutzverbandes, deren Arbeit nicht immer in das richtige Licht gerückt wird, möchte ich auch von
dieser Stelle aus herzlich Danke sagen.
Und danken möchte ich auch all den vielen Helfern der niederösterreichischen Rettungs- und
Hilfsorganisationen, im besonderen dem Roten Kreuz, das ja heuer das Fest seines 100jährigen
Bestandes feierte. Über 100.000 freiwillige Helfer und unterstützende Mitglieder haben eine
Organisation aufgebaut, die heute einfach nicht mehr wegzudenken wäre. Die große Bedeutung des
Roten Kreuzes für unsere Heimat Osterreich wurde ja auch dadurch besonders hervorgehoben, daß
unser Bundespräsident Dr. Rudolf Kirchschläger die Patenschaft für das Österreichische Rote Kreuz
übernommen hat.
Sehr geehrte Damen und Herren, wollen wir in diesem Hohen Haus einig sein in dem Wunsche, daß
die Bereitschaft unserer Landsleute noch lange erhalten bleiben möge, nicht nur darauf zu warten, ob
da jemand bereit ist zu helfen, sondern immer und überall auch mit Hand anzulegen, wenn jemand
Hilfe braucht. Wenn wir uns als Niederösterreicher dazu finden, dann werden wir sicherlich auch die
Probleme der Zukunft meistern und dann wird dieses Land ein gutes Land und ein sicheres Land für
seine Mitmenschen bleiben. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gemeldet ist Herr Abg. Spiess.
Abg. SPIESS: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! So wie mein
Vorredner, der Abg. Haufek, möchte ich mich auch beim Kapitel 1 des Voranschlages, der ja
,,Öffentliche Ordnung und Sicherheit" umfaßt, mit unseren größten Selbsthilfeeinrichtungen
auseinandersetzen. Ob Feuerwehr, ob Rotes Kreuz oder Zivilschutzorganisation, sie alle sind aus
unserer Gegenwart ja nicht mehr wegzudenken.
Es ist schon gesagt worden, die Freiwillige Feuerwehr ist heute mit 71.000 freiwilligen
Feuerwehrkameraden nicht nur bestens ausgebildet, sie ist zumeist auch sehr gut ausgerüstet. Eine
Organisation, die uns allen die Gewißheit gibt, daß im Ernstfall, bei Brand oder anderen Katastrophen,
rasch Hilfe da ist. Ich habe bereits im Vorjahr hier betont, ich bin davon überzeugt, daß keine
staatliche oder kommunale Stelle die Aufgaben der Feuerwehr besser und zugleich billiger besorgen
könnte als unsere Freiwilligen Feuerwehren. Ich sage dies deshalb, weil doch hie und da immer
wieder der Gedanke in den Raum geworfen wird bezüglich Berufsfeuerwehren und so weiter. Ich
weiß, in meiner eigenen Heimatstadt ist einmal vor fünfzehn Jahren dieser Gedanke verfolgt worden,
aber als man sich ernstlich damit auseinandergesetzt hat, ist das vom Tisch weg gewesen. Ich glaube,
vom Können und der Ausbildung unserer niederösterreichischen Feuerwehrkameraden können wir
uns bei den Landeswettkämpfen überzeugen, aber auch die Erfolge bei internationalen Wettbewerben
beweisen es ja.
Meine Damen und Herren, es wäre jetzt sehr verlockend, auf die Organisation, die Gliederung, die
Spezialeinheiten und die Ausrüstung einzugehen. Ich will das aber nicht in einer breiteren Weise tun,
sondern möchte nur auf einige Dinge hinweisen. Es zeigt sich, daß die Tätigkeit der Feuerwehr im
vergangenen Jahr wieder eine sehr erfolgreiche war, was Mitgliederstand, Schulung und auch die
Ausrüstung betrifft. Ich möchte auch darauf hinweisen, daß der Mitgliederstand mit 71.647 um 852
höher ist als ein Jahr zuvor. Dies ist für mich eine Bestätigung dafür, daß die Feuerwehr keine
Nachwuchssorgen hat, wie dies bei manchen anderen Organisationen der Fall sein mag, daß junge
Menschen hier, zum Unterschied von anderen Organisationen, durchaus bereit sind, innerhalb der
Kameradschaft auch ihren Dienst als Feuerwehrmann zu tun.
An Einsätzen, und das ist vielleicht weniger erfreulich, mußten 1979 23.704 geleistet werden.
Statistisch sieht das so aus, daß 142.931 Mann im Einsatz waren und dafür auch 364.777 kostenlose
Arbeitsstunden leisteten. Rechnet man die Vielzahl der Übungen, die Schulungen für die Pflege der
Geräte und der Fahrzeuge hinzu, wird man sich erst der Leistung bewußt, die seitens unserer
Feuerwehren für unsere Bevölkerung erbracht wird.
Hohes Haus! An Mitteln stehen unserer Feuerwehr seitens des Landes 54,57 Millionen Schilling zur
Verfügung; sie kommen sowohl für den Landesfeuerwehrverband, für die Landesfeuerwehrschule wie
auch für die Gerätesubventionen der Feuerwehren zur Verwendung. Ich möchte auch hier betonen,
daß für Betriebs- und Einsatzkosten 74,572.000 Schilling von Gemeinden und Betrieben aufgebracht
wurden, denen aber über 81,600.000 Schilling von den Freiwilligen Feuerwehren hinzugefügt wurden.
Diesen Betrag hat die Feuerwehr nur mit Unterstützung breitester Bevölkerungsschichten bei
Veranstaltungen, bei Festen und Bällen und auch durch Sammlungen zustandegebracht.
Hohes Haus! Es wurde schon darauf hingewiesen, daß es heuer bei der Feuerwehr weitgehend
Bestürzung und auch Empörung gegeben hat, als verschiedentlich Steuererklärungen ins Haus
geflattert sind. Ein zunehmend unersättlich gewordener Fiskus wollte von dem mitnaschen was durch
die Veranstaltung von Festen hereinkam, was die Frauen und Männer der Feuerwehr durch viele
Stunden unentgeltlicher Arbeit für ihre Wehr erarbeitet haben. Diese Vorgangsweise der Finanz,
glaube ich, ließ eine breite Welle, (Ruf von Abg. Stangl. - Landesrat Dr. Pröll: Das ist aber kein
Argument!) eine breite Welle des Protestes durch das Land laufen und hat letztendlich auch dazu
geführt, daß der Finanzminister gezwungen war, hier eine Kehrtwendung zu veranlassen. Ich glaube,
die jetzige Regelung ist als durchaus brauchbar zu bezeichnen und auch für die Gemeinden
notwendig, weil wir im Hinblick auf die Mindestausrüstung denken sollten. Und ich glaube, daß alle
Niederösterreicher, ich möchte hier niemanden ausschließen, dahinter waren, daß diese Regelung mit
dem Finanzminister zustande gekommen ist.
Ein Wort zur Mindestausrüstung. Es ist sicher richtig, daß in manche Gemeinden Bewegung
gekommen ist, als sie von der zuständigen Abteilung des Landes erinnert wurden, daß bis zum Ende
des Jahres 1985 die Mindestausrüstung anzuschaffen ist. Diese Mindestausrüstungsverordnung ist an
und für sich nichts Neues, sie wurde bereits im Jahre 1971 beschlossen, bis zum Jahre 1980 sollte sie
vollzogen sein, das wurde dann verlängert bis Ende des Jahres 1985. Ich weiß, es gibt sicher in
manchen Gemeinden Schwierigkeiten, dies zu tun. Manche Gemeinde wird sich hier finanziell nicht
sehr leicht tun. Ich bin aber doch der Überzeugung, wenn dieses Problem ernst genommen wird, und
gerade der Schutz der Bevölkerung muß auch in den Gemeinden ernst genommen werden, daß es
dann schon möglich sein wird, den überwiegenden Teil dieser Mindestausrüstung auch zu erfüllen.
Hier bin ich eigentlich zuversichtlich. Was die angezogene Frist von fünfzehn Jahren für die
Verwendbarkeit der Fahrzeuge in der Mindestausrüstung betrifft, glaube ich, müßte man dies wirklich
überdenken.
Hohes Haus! Wir alle wissen, was die Feuerwehrmänner, vom Kommandanten bis zum
Probefeuerwehrmann, das ganze Jahr über leisten. Ich möchte es daher nicht verabsäumen, von
dieser Stelle aus den Feuerwehren hiefür ein aufrichtiges Dankeschön zu sagen. Was ein guter
Katastrophenschutz bedeutet, wird uns anläßlich der furchtbaren Katastrophe in Süditalien zur Zeit
bewußt. Und es gibt ja keine Sicherheit dafür, daß nicht auch bei uns eine solche Katastrophe
eintreten könnte. Ich meine allerdings, daß uns mit Feuerwehr und Rotem Kreuz Organisationen zur
Verfügung stehen, die auch bei größeren Katastrophen effektiv sind und die auch bei größeren
Katastrophen auf Grund ihrer guten Organisation helfend einspringen können.
Ein Wort zum Zivilschutzverband, meine sehr verehrten Damen und Herren. Hier darf festgestellt
werden, daß die Tätigkeit der Strahlenschutzwerterhebung über die Schutzräume auch weiterhin
fortgesetzt wird. Die Schulungstätigkeit in der neuen Schule Wartholz läuft in vollem Umfang, viele
Kurse wurden vom Gemeindebediensteten als Gemeindefunktionär bereits besucht. Es ist mir ein
besonderes Anliegen, allen Mitarbeitern und freiwilligen Helfern für ihre Arbeit im Zivilschutzverband
zu danken. Die Aufstockung der Landesmittel um 200.000 Schilling auf nunmehr 2,350.000 Schilling
beweist ja auch die Bedeutung, die der Tätigkeit des Zivilschutzverbandes auch von der Landesseite
her beigemessen wird.
Erlauben Sie, meine Damen und Herren, daß ich auch kurz auf die segensreiche Tätigkeit unseres
Roten Kreuzes eingehe. Es sind vier markante Zahlen, die der Tätigkeitsbericht dieser Organisation
ausweist. Mit 10.133 aktiven Mitarbeitern wurde eine sogenannte Traumgrenze überschritten und die
Zahl der beitragenden Mitglieder beweist mit über 101.000, daß hier breiteste Bevölkerungskreise
hinter dem Roten Kreuz stehen. Daß das Ausgabenvolumen die 150 Millionen Schilling-Grenze
überschritten hat, ist schon wieder eine runde Ziffer, und daß die Rot-Kreuz-Wagen über 10 Millionen
Kilometer gefahren sind, beweist auch die Stärke und die Einsatzkraft dieser Institution. Den Frauen
und Männern, die im Rettungswesen tätig sind, gilt genauso unser Dank, wie wir auch den Männern
und Mitarbeitern des Schwarzen Kreuzes unsere Anerkennung nicht versagen können. Das Schwarze
Kreuz hat im Jahre 1975 mit der Anlage von vier Soldatenfriedhöfen begonnen und durch die
Umbettungsaktionen des Volksbundes den Gefallenen des Zweiten Weltkrieges eine würdige und wie
ich glaube auch dauernde letzte Ruhestätte geschaffen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte nun zu einem anderen Problem kommen, daß
vielleicht nicht so erfreulich ist, das aber im Kapitel 1 auf jeden Fall zur Sprache kommen muß. Es war
im heurigen Jahr, als die Zeitung „Das Profil" in einem Artikel geschrieben hat, Sie erinnern sich
vielleicht daran, ,,Neunkirchen - eine Stadt wird süchtig". Zuerst gab es in dieser Stadt und in der
Umgebung große Aufregung. Es gab Proteste, aber dann, glaube ich, ist die Reaktion eingetreten,
man hat darüber nachgedacht und hat eigentlich gesehen, vieles von dem, was da drinnen gestanden
ist, ist wahr. Es gab auch anderswo Reaktionen. Und diese Reaktionen in anderen Bezirken ließen
doch manchesmal erkennen, na ja, Neunkirchen, aber Gott sei Dank nicht bei uns. Nun, wie schaut
die Situation aber heute aus? Wir haben in unserem Bezirk Neunkirchen, wo es zuerst explodiert ist,
ca. 500 von der Exekutive erfaßte Drogenkonsumenten. Die Dunkelziffer liegt bei Ca. 1000. Wir hatten
heuer bereits vier Tote. Aber wie scheint die Situation in Niederösterreich heute zu sein? Die
Exekutive, die damit befaßt ist, hat uns gesagt, sicher, Neunkirchen steht nach wie vor noch an der
Spitze, aber es fehlt nicht mehr viel, dann kommt Baden und es folgen die Bezirke Mödling,
Amstetten, Scheibbs, Melk, Zwettl, Gmünd, Mistelbach und Hollabrunn nach. Und wenn man in die
Rauschgiftabteilung der Sicherheitsdirektion Niederösterreich in der Rennwegkaserne kommt und
fragt, wie viele registrierte, wie viele bekannte Rauschgiftkonsumenten, wollen wir sie so nennen, gibt
es denn in Niederösterreich, dann sind dort drei Kästen und in diesen drei Kästen sind die Karteien.
Der eine ist achtmal Schon drauf, der andere Konsument das erstemal. Man kann das ungefähr
abmessen und da müssen wir sagen, es gibt bereits weit über 5.000 registrierte Drogenkonsumenten
in unserem Bundesland Niederösterreich. Und wenn man jetzt noch die Dunkelziffer dazurechnet, die
Unbekannten - oft scheint es in einem Bezirk so, als wäre hier keine Szene, nur weil eben zu wenig
erhoben wurde -, wenn man also diese Dunkelziffer dazurechnet, dann müßte man sagen, in
Niederösterreich gibt es bereits 15.000 Personen, die als Drogenkonsumenten anzusprechen sind.
Hier ist also die Situation wahrlich nicht stagnierend, sondern anschwellend wie eine Epidemie, man
könnte fast sagen explodierend. Eine Gefahr ist noch dabei. Die Konsumenten werden immer jünger,
es sind 17jährige, 16jährige, 15jährige und der Einstieg beginnt oftmals nicht mehr beim Haschisch,
sondern bereits beim Heroin. Und was das heißt, Heroin! Zweimal Heroin spritzen, hören wir von
Fachleuten, und man wird fast zur Gänze süchtig und behält es fast auf Lebenszeit. Die
Folgeerscheinung ist natürlich auch eine gewisse Kriminalität. Die Beschaffung der Mittel bringt mit
sich, daß viele dann als Dealer, als Weiterverkäufer, auftreten und manche Mädchen zur Prostitution
getrieben werden. Das ist natürlich auch eine Folgeerscheinung dieser Drogensucht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, wir sollten uns dessen bewußt werden, ohne
Droge gibt es keine Drogensucht. Wenn wir die Droge entziehen, wenn es keine Droge gäbe, dann
gäbe es keine Drogensucht bei uns. Wir können uns nicht damit abfinden, daß hier soviel im Handel
ist, denn es würde einer Bankrotterklärung unserer Gesellschaft und unseres Staates gleichkommen,
wenn wir mit der Droge leben müßten. Und wir sollten uns bewußt werden, daß hier von eiskalten
Geschäftemachern und Mördern - ich sage bewußt Mördern, denn die morden halt nicht auf einmal,
sondern langsam - ein gigantisches Geschäftssyndikat aufgebaut wird. Ich habe gehört von Herrn
Eike Jarzina, das ist ein Ministerialrat und Drogenbeauftragter für den Landesraum Pfalz, daß in
Deutschland der Umsatz an Heroin auf ca. 5.000 bis 6.000 Kilogramm geschätzt wird. Das macht die
gigantische Summe von 6 bis 11 Milliarden DM aus und das ist mehr, habe ich gehört, als der VWKonzern in Deutschland verkauft. Zielgruppe dieses Syndikats ist unsere Jugend, sie vernichten
unsere Jugend, nur damit sie ihre Geschäfte machen können.
Daher glaube ich, meine Damen und Herren, kommt gerade der Exekutive hier besondere Bedeutung
zu. Ich darf Ihnen sagen, daß wir im Land Niederösterreich acht Mann für die Bekämpfung des
Drogenhandels abgestellt haben. Acht Mann, geschultes Personal, das sich nur der Bekämpfung des
Drogenhandels widmet. Aber diese acht Leute, die können sich wahrlich, ich weiß es, zerfransen, wie
man so schön sagt. Sie müssen nicht nur vernehmen, sie müssen nicht nur festnehmen, sondern sie
sollen auch Untergrundarbeit leisten. Und was heißt das, bei acht Leuten in ganz Niederösterreich,
wenn jemand in der Untergrundszene wirksam werden soll auf der anderen Seite diese Festnahmen,
diese Vernehmungen, diese Beobachtungen durchführen soll? Sie wissen, wie das ist, man ist dann ja
kein Unbekannter mehr. Ich glaube, wenn man das Problem wirklich ernst nimmt, so darf man hier
keine Alibihandlung setzen, sondern ganz eindeutig eine rasche Aufstockung der Dienstposten
verlangen, damit die Beamten restriktiv wirksam werden können. Und wir müssen hier wirklich, glaube
ich, eine sehr große Aufstockung verlangen, wenn wir dieses Problem einigermaßen in den Griff
bekommen wollen.
Darf ich Ihnen ein Beispiel aus Bayern nennen. Bitte sagen Sie nicht, das geht über die
Bundesgrenzen hinaus. Man sieht daraus, wie anderswo das Problem ernst genommen wird. In
Bayern arbeiten zum Beispiel in München 80 Beamte allein nur im Untergrund. Sie treten öffentlich gar
nicht in Erscheinung, um eben in die Szene eindringen zu können, um sie auffliegen lassen zu
können. Oder das Beispiel Rheinland-Pfalz, was ich erst unlängst gehört habe. In dem einen
Bundesland Rheinland-Pfalz wurden 700 zusätzliche Dienstposten geschaffen bei der Exekutive und
der überwiegendste Teil dieser Dienstposten wird nur dafür eingeschult, den Rauschgifthandel zu
bekämpfen. Und bei uns vielleicht ein Beispiel, das, wie ich gehört habe, stimmen soll. Angeblich ist
von einer Abteilung von 40 Mann, die uns vom Innenministerium versprochen worden ist zur
Bekämpfung der Rauschgiftszene im Untergrund, bisher nur der Chef vorhanden und die ganze
Abteilung fehlt noch. Meine Damen und Herren, ich glaube, aus diesen Beispielen geht hervor, daß
wir dringend eine Aufstockung der Beamtenschaft für die Bekämpfung des Rauschgifthandels
verlangen sollten. Erlauben Sie mir, daß ich Ihnen hier eine Resolution vorlege (liest):
,,Resolutionsantrag
des Abg. Spiess zu Gruppe 1 des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1981, Ltg.
Z1. 236.
Die Bekämpfung des Suchtgiftmißbrauches bedarf nicht nur der vermehrten Aufklärung im
schulischen Bereich und der Errichtung weiterer Anstalten zur Behandlung und Rehabilitation von
Erkrankten, sondern auch verstärkter Maßnahmen, die rechtzeitig dem Mißbrauch von Suchtgiften
entgegenwirken können. Die derzeit zur Verfügung stehenden Exekutivbeamten, die hiefür eine
spezielle Ausbildung besitzen, reichen zur Erfüllung dieser Aufgaben nicht aus." (Abg. Lechner:
Kollege, Sie haben gerade gesagt, Sie wissen gar nicht, ob es so ist!) Was? Das ist aber so, bitte!
(Abg. Lechner: Sie haben gerade erklärt, Sie wüj3ten nicht wieviele. Sie hätten nie davon gehört!)
Erlauben Sie mir, daß ich vorerst die Resolution fertig lese (liest weiter): „Die Landesregierung wird
daher ersucht, beim Bundesministerium für Inneres dahin zu wirken, daß eine größere Anzahl von
Exekutivorganen speziell zur Bekämpfung des Handels mit Suchtgiften und der damit verbundenen
Verleitung von Jugendlichen ausgebildet und eingesetzt wird."
Herr Abgeordneter, wir haben in Niederösterreich acht ausgebildete Leute zur Verfügung, die sich nur
in Niederösterreich für die Rauschgiftbekämpfung einsetzen. Und das ist, glaube ich, für uns in
Niederösterreich viel zu wenig, wenn Sie die Anzahl der Bezirke in Betracht ziehen und wenn Sie die
explodierende Szene in Betracht ziehen.
Meine Damen und Herren, die Exekutive bei uns hat aber nicht nur den Wunsch nach einer
personellen Aufstockung, sondern sie hat auch andere Wünsche. Sie hätte zum Beispiel den Wunsch,
andere Autos zu bekommen. Sie fahren immer mit dem gleichen Auto und wenn sie in einen Bezirk
kommen, kennt die ganze Drogenszene bereits den Wagen, es sind Wiener Nummern drauf. Die
Autos sind auch zu klein; bei Beobachtungen für Verfolgungen und so weiter fahren ihnen die mit
ihren teuren Schlitten davon, das stimmt. Und die Exekutive würde bei uns vor allen Dingen sehr
notwendig ein Vorzeigegeld brauchen, 200.000 Schilling, um in der Szene als Käufer auftreten zu
können. Beim Innenministerium gibt es ein Vorzeigegeld in der Größenordnung von 1 Millione
Schilling. Wenn aber dieses Geld in Salzburg, in Tirol oder anderswo verwendet wird, hat unsere
Gendarmerie für diesen Zweck nichts zur Verfügung, wenn sie es brauchen würde. Ich möchte gar
nicht davon sprechen, wie notwendig es ist, in der Untergrundszene V-Leute, Vertrauenspersonen, zu
haben, die einem Hinweise geben. Denn nur so kann man echt etwas auffliegen lassen. Hiefür gibt es
in anderen Bundesländern, so wie in Deutschland, ganz wesentliche Geldsummen und man kann
diesen Vertrauenspersonen etwas bezahlen. In Deutschland, so lese ich, kann jeder Polizist sofort für
einen Hinweis 3.500 Schilling aus- bezahlen. Für Hinweise sind bis zu 35.000 Schilling vorgesehen.
Bei uns in Österreich gibt es wohl 10.000 Schilling vom Innenministerium, aber nur für Hinweise, die
über ein Kilogramm Heroin betreffen. Und wenn Sie jetzt rechnen, daß ein Kilogramm Heroin einen
Marktwert von 2,5 bis 3,5 Millionen Schilling hat, wer wird um 10.000 Schilling dann dafür Hinweise
liefern?
Hohes Haus! Ich möchte es jetzt vielleicht auch so halten wie der Oberkriminalrat Beer aus Bayern,
der gemeint hat, wir sollten uns in Bezug auf das Rauschgift aus einer erbarmungslos naiven
Ideologie lösen. Er hat das gemeint im Hinblick darauf, daß es einfach keine harmlosen Rauschgifte
gibt. Und hier muß ich mich auch auf das beziehen was manchesmal Zeitungen schreiben. Wegen der
Artikelserie in der Arbeiterzeitung unlängst wurde ich von einigen Leuten angesprochen, die haben
gesagt, das kann es doch nicht geben, das schaut so aus, als ob das Haschisch gar nicht gefährlich
wäre. Mag sein, daß mancher das sagt, aber fragen Sie !die Fachleute, die wenden Ihnen alle sagen,
wie oft das Haschisch als Einstiegsdroge dient, um dann mit härteren Drogen in Kontak zu kommen.
Ich möchte auch darauf hinweisen, daß es wirklich eines jahrelangen Ringens bedurft hat, bis dann
gemeinsam im Parlament eine Abänderung des Suchtgiftgesetzes erfolgt ist, sodaß es heute
wesentlich besser handhabbar ist und der Bekämpfungssituation entspricht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, vorzubeugen und zu helfen gilt es, wenn es um unsere
gefährdete Jugend geht. Durchgreifen, strafen und auch hart bestrafen soll man, wenn es um die
Händler geht. Und seien wir uns auch dessen bewußt, ohne Droge gibt es einfach keine Sucht. Wenn
wir also unserer Jugend eine Zukunft sichern wollen, müssen wir sie vor dem Rauschgift schützen, so
müssen wir sie vor den Händlern schützen. Die Aufstockung der Abteilung für Rauschgiftbekämpfung
bei unserer Gendarmerie sollte, glaube ich, daher eine gemeinsame Forderung sein. Bieten wir der
Jugend eine Chance, indem wir mehr für ihre Sicherheit tun. Hohes Haus! Ich darf Sie daher
ersuchen, bauen wir unserer Jugend eine menschliche Zukunft, indem wir gemeinsam für mehr
Beamte zur Bekämpfung des Drogenhandels eintreten. Ich danke. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gemeldet ist Herr Abg. Gruber.
Abg. GRUBER: Herr Präsident! Hoher Landtag! Zuerst möchte ich zum Kapitel öffentliche Ordnung
und Sicherheit einen Dank an unsere Exekutivbeamten vorausschicken, die wirklich immer wieder im
Dienst unserer Bevölkerung gute Tätigkeit verrichten. Ob es sich um Polizei- oder
Gendarmeriebeamte handelt, um Zollwache- oder Justizwachebeamte, diese Beamten verdienen
unseren Dank für ihre Tätigkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit.
Das Sicherheitsproblem wird von der Bevölkerung immer dann am eifrigsten diskutiert, wenn etwas
Furchtbares passiert ist, sei es nun ein Verbrechen gegen Leib und Leben oder ein Verbrechen gegen
fremdes Vermögen oder ein Verbrechen gegen die Sittlichkeit. Leben, Gesundheit, Freiheit und
Vermögen sind Rechtsgüter der Menschen, die es durch die Gesellschaft zu schützen ganz besonders gilt. Die Sicherheitsgesinnung ist in unserer Bevölkerung stark verankert. Das Bedürfnis der
Menschen nach Ruhe, Ordnung und Sicherheit wird von unserer Exekutive wirklich jederzeit
wahrgenommen.
Die Zahlen der bekanntgewordenen strafbaren Handlungen zeigen, daß die Verbrechen gegen Leib
und Leben in Niederösterreich mit 65 Fällen im Jahre 1979 eine Steigerung um 6 Fälle gegenüber
1978 aufweisen. Die Verbrechen gegen fremdes Vermögen haben in Niederösterreich um 267
strafbare Handlungen auf insgesamt 8.281 zugenommen. Hier muß aber klar gesagt werden, daß in
Wirklichkeit die Fahrraddiebstähle und jetzt, wo wiederum der Winterurlaub naht, auch die
Schidiebstähle die Kriminalstatistik stark belasten. Solche Fälle sind schwer zu eruieren und die
Aufklärung ist deswegen von der Statistik her irgendwie bedrückend. Aber die Schwerverbrechen und
die Schwerstverbrechenaufklärung hat einen sehr hohen Prozentsatz, er liegt bei 98%. Das zeigt von
der genauen Tätigkeit unserer Exekutive und ist auch ein Beitrag für die Sicherheit in unserem Lande.
Bei Verbrechen gegen die Sittlichkeit zeigt die Kriminalstatistik, wenn man sich das anschaut,
ebenfalls eine interessante Darstellung. Im Jahre 1977 waren es 367 Fälle, im Jahre 1978 232 Fälle
und im Jahre 1979 241 Fälle.
In allen Staaten, in denen eine statistische Erfassung überhaupt durchgeführt wird, ist die Kriminalität
in den Städten höher als auf dem Lande und die Aufklärungsquote umgekehrt. Bestimmte Formen des
Diebstahls, zum Beispiel Gegenstände aus unbeaufsichtigt geparkten Personenkraftwagen, bieten
geringe Chancen zur Aufklärung. Zweifellos werden die Sicherheitsbehörden ihre Anstrengungen zur
Verbesserung der Verbrechensaufklärung auf allen Gebieten weiter intensivieren müssen.
Die Bewaffnung der Exekutive wurde vielfach diskutiert und in den letzten Jahren immer wieder in den
Mittelpunkt der Auseinandersetzungen gestellt. Ich möchte dazu sagen, daß die Bewaffnung der
Exekutive ausreichend ist. Man kann j a die Polizei nicht ausrüsten wie das Militär. Polizeipistolen mit
dem Kaliber 7,65 mm und die der Gendarmerie mit Kaliber 9 mm Walther-Manurin sind also wirklich
jetzt endgültig als Bewaffnung in Handhabung. Die Entscheidung darüber ist wirklich gefallen, es
bleibt alles wie gehabt. Die derzeitige Dienstpistole der Polizei einschließlich der Munitionsart
entspricht den Anforderungen des Sicherheitsschutzes der Bevölkerung und auch des Eigenschutzes
der Beamten. Die Bewaffnung dient wirklich der Selbstverteidigung und zwar nur gegen aggressive
Täter. Im ländlichen Bereich gibt es, daß muß auch gesagt werden im Zusammenhang mit der
Sicherheit, Funkschattengebiete, obwohl die Ausrüstung mit Funkgeräten sehr gut ist. Der Gendarm
ist wegen der räumlichen Ausdehnung seines Oberwachungsrayons oft auf sich allein gestellt, daher
hat er auch die stärkere Bewaffnung. Die Tragweise der Bewaffnung wurde bei der Polizei bereits
einer schnellen Feuerbereitschaft angepaßt, im Stadtgebiet ist eine Umrüstung wirklich nicht
erforderlich.
Das Fernmeldewesen wurde weiter ausgebaut. Bei der Bundespolizeidirektion St. Pölten wurde zum
Beispiel eine neue Telefonvermittlungsanlage mit Durchwahlmöglichkeit in Betrieb genommen. In
Niederösterreich wurde ein neuer Funkkreis zu den schon bestehenden errichtet und mit den
Vorarbeiten zur Errichtung weiterer Relaisstationen begonnen.
Der Exekutivbeamte soll wirklich mit dem Gelindesten ein möglichst großes Ziel erreichen, zum
Beispiel durch Fußverletzung mit mannstoppender Wirkung des gefährlichen Täters habhaft werden.
Die neue Strafrechtsreform ermöglicht, daß der Richter beim Urteil die Einweisung in eine Anstalt für
abnorme Rechtsbrecher aussprechen kann. Ich betone diese Möglichkeit ganz besonders. § 22 des
Strafgesetzbuches sichert die Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige
Rechtsbrecher und § 23 des Strafgesetzbuches sichert die Unterbringung in einer Anstalt für
gefährliche Rückfallstäter. Genau das ist sehr wesentlich, denn der furchtbare Mörder Werner Kniesek
hätte seine sadistischen Qualen an seinen wehrlosen Opfern nicht ausüben können, hätte es die
Strafrechtsreform, die bekanntlich am 1. Jänner 1975 in Kraft getreten ist, seinerzeit schon gegeben.
Durch die rasche Fahndung der St. Pöltner Polizei konnte dieser sadistische und sehr gefährliche
Lustmörder und mehrfache Schwerstverbrecher in Salzburg verhaftet und seiner grausamen Taten
überführt werden. Nach dem Strafgesetzbuch, möchte ich also sagen, sind solche Fälle heute wirklich
durch den Richter ganz anders abzuurteilen.
Besondere Beachtung innerhalb der Verbrechensstatistik verdienen auch die Delikte gegen das
fremde Vermögen. Hier wird den Raubüberfällen auf Geldinstitute ein besonderes Augenmerk
gewidmet. Es ist wichtig zu betonen, daß es unseren Sicherheitsbehörden in der letzten Zeit gelungen
ist, natürlich in Zusammenarbeit mit den Geldinstituten, der ansteigenden Entwicklung der
Banküberfälle stark entgegenzuwirken.
Und nun zu dem Kapitel Jugendkriminalität. Bei der Jugendkriminalität stehen besonders die
Eigentumsdelikte im Vordergrund. Innerhalb der Vermögensdelikte sind für jugendliche Tatverdächtige
die Sachbeschädigung, der einfache Diebstahl, der Einbruchsdiebstahl sowie der unbefugte Gebrauch
von Kraftfahrzeugen von besonderer Bedeutung.
Auf dem Gebiete der Suchtgiftkriminalität, die ja mein Vorredner behandelt hat, sind die Fälle des
Handels mit Suchtgift um ca. 10% zurückgegangen - bitte, das ist sehr wichtig zu vermerken -,
während beim Suchtgiftkonsum eine Zunahme von 3% zu registrieren ist. Wien ist auf diesem Sektor
wesentlich stärker betroffen als unser Bundesland, das zeigt auch der Sicherheitsbericht des
Innenministeriums auf, da fast zehnmal mehr Fälle krimineller Art hier aufscheinen. Österreich, das
muß man auch aussprechen, ist ein klassisches Transitland für illegale Drogen. Es erfolgt natürlich
durch die Sicherheitskräfte immer wieder eine Beschlagnahme geschmuggelter Substanzen. Der
Gebrauch illegaler Drogen ist angestiegen, wie ich schon gesagt habe, und die wirksame Bekämpfung
durch internationale Zusammenarbeit der Exekutive ist erforderlich. Die Interpol ist hier ein sehr
wichtiger Faktor. Mit Ungarn, das bekanntlich nicht Mitglied der Interpol ist, hat das Innenministerium
einen eigenen Vertrag abgeschlossen, um hier der Schmugglertätigkeit zu Leibe zu rücken, denn
Drogenhändler versuchen, die polizeilichen Kontrollen zu umgehen. Der Drogenmißbrauch und die
Drogenabhängigkeit bewirken, wie schon betont wurde und wie wir alle wissen aus Rundfunk und
Fernsehen und aus den Pressemeldungen, kriminelle Handlungen, um auf alle Fälle zum
gewünschten Stoff zu kommen. Dem Süchtigen geht es um die Mittel zur Beschaffung von Drogen.
Rezeptfälschung, Verkauf von Wertgegenständen aus Familienbesitz und Beruf, Diebstahl und Raub,
Prostitution sind die Folgen dieser Kriminalität. Bundesminister Erwin Lanc hat am Jahresbeginn die
Zahl der ausschließlich mit der Bekämpfung des illegalen Drogenhandels betrauten Kriminalbeamten
stark erhöht, das muß auch gesagt werden.
Die wirksame Bekämpfung der Ausbreitung des Drogenmißbrauches kann von der Polizei allein nicht
bewältigt werden. Verbote allein helfen nicht. Kinder und Jugendliche, die in einer gesunden, in einer
natürlichen Familienatmosphäre aufwachsen können, sind weniger gefährdet und können
problemloser der Gefahr des Drogenmißbrauches entgehen als andere.
Der Anteil der männlichen Jugendlichen von 14 bis 18 Jahren beträgt zum Beispiel bei der
Jugendkriminalität 90% und der Anteil der weiblichen Jugend liegt bei 10%. Die weibliche
Jugendkriminalität nahm allerdings in letzter Zeit etwas zu und das bezieht sich ausschließlich auf die
Steigerung der Suchtgiftkriminalität.
Die Grundursachen bestehen in 83% der Fälle in Verwahrlosung, meistens auch in der
Wohlstandsverwahrlosung, in der fehlerhaften Erziehung und im Mangel an Gemeinschaftssinn.
(Dritter Präsident Reiter übernimmt den Vorsitz.)
Es gibt nur einen geringen Prozentsatz junger Menschen, der nicht konditionierbar ist, das muß man
auch sagen. Von 100.000 Jugendlichen sind nur 3.650 in der Statistik als nicht konditionierbar
bezeichnet. Die große Zahl der österreichischen Jugendlichen führt also ein reguläres, ein korrektes,
ordentliches, anständiges Leben innerhalb der Gemeinschaft. Man soll hier keine
Verallgemeinerungen betreiben und globale Pauschalverdächtigungen in den Raum stellen. Ich
möchte hier wirklich nichts dramatisieren, aber die Fehler, die Ursachen und die Wirkungen aufzeigen
und die Möglichkeiten der Bekämpfung sagen, wie sie eben nach den Vorstellungen der Exekutive
durchzuführen ist. Es besteht sicherlich ein Mangel an Vorbildern bei solchen jungen Menschen, ein
Mangel an Leitbildern, und das ist auch die Ursache, warum sie dann zur Jugendkriminalität kommen.
Es besteht Mangel an guten Erziehern, an engagierten Erziehern, Mangel an Kontakt besonders
zwischen Eltern und Kindern. Früher war die Familie Tankstelle, heute ist sie oftmals nur eine Garage
und darin kommt das eine und das andere Problem deutlich zum Ausdruck.
Die Lockerung eines Familienbandes wirkt negativ auf die betroffenen Jugendlichen. Solche
Haltlosigkeiten entstehen durch das Fehlen des elterlichen Schutzes, insbesondere der Väter. Das
Fehlen der Nestwärme beim Kind wirkt sich im späteren Leben oft sehr nachteilig aus. Der Einfluß der
Massenmedien, die Brutalisierung im Fernsehen, bewirkt körperliche und seelische Konflikte. Die
Massenmedien haben einen starken Einfluß auf die Willensbildung unserer junger Menschen. Das
Fernsehen bringt eine ständige Reizüberflutung. Der junge Mensch wird sehr oft manipuliert, wie wir
das erleben. Manche Jugendliche begehen scheinbar sinnlose Delikte aus Langeweile. Beim Fadsein
bringt Einbrechen eine Abwechslung. Der falsche Geltungstrieb wird durch Vermögensdelikte
abreagiert. Wir erleben in unserer Gesellschaft eine Überflutung durch Werbung für Konsumartikel
sondergleichen. Der Jugendliche ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor geworden. Es wird um ihn
geworben. Die Urheberschaft liegt bei der Profitgier, praktisch bei gewissenlosen Geschäftemachern.
Die Konsumwünsche und das Konsumverlangen müßte für die jungen Menschen wirklich sinnvoller
gestaltet werden.
Die Delikte der Jugendkriminalität gegen fremdes Vermögen stehen mit einem Anteil von 63% weit im
Vordergrund. Als typische Deliktformen jugendlicher Tatverdächtiger sind, wie ich schon sagte, die
Einbruchdiebstähle in Kioske und Automaten sowie Diebstähle von Kraftfahrrädern anzuführen. Und
noch einmal, Eigentumsdelikte verüben meistens jene, die es eigentlich gar nicht nötig hätten. Nicht
nur Notstand, sondern leider auch Wohlstand fördert Verbrechen und Vergehen.
Am 11. November 1980 und jetzt ein Blick in das südliche Ausland, fand in der Stadt Neapel eine
Demonstration der Bevölkerung gegen die organisierte Unterwelt und Kriminalität statt.
Verbrecherbanden praktizierten dort ein Erpressersystem. Der Herdentrieb kann zu Bandenbildung
führen. Wir haben in Niederösterreich praktisch keine Banden. Rockerbanden gibt es in Großstädten,
aber nicht in niederösterreichischen Ballungsräumen, das ist sehr wichtig und ein Faktum unserer
Sicherheit. Bandenbildung kann natürlich den Aggressionstrieb besonders fördern und führt dann zur
Zerstörung.
Eine humane und soziale Gesellschaft muß für die Jugend da sein und für ihre Beschäftigung sorgen.
Schule, Arbeit und Sport sind die beste Betätigung und führen zur Leistung. Die jungen Menschen
wollen Leistungen erbringen und sind auch bereit, Opfer zu bringen. Sie wollen ihre Kräfte messen.
Bergwandern und Bergsteigen, Radtouren, Radrennen, Diskus- und Speerwerfen, Rudern und
Segeln, Fußball und Handball, Schifahren, und Eislaufen sind einige Möglichkeiten, um unsere
Jugend in Klubs, Sport- und Jugendorganisationen, in den Schulen und in den Betrieben von den
schlechten Gesellschaften, die es zum Beispiel in manchen Diskotheken gibt, fernhalten zu können.
Das ist eine Aufgabe.
Die Jugendförderung des Landes ist sehr mager angesetzt. Es wurde heute schon erwähnt, daß
gerade auch dieses Kapitel in Hinkunft stärker gefördert werden muß, um unseren demokratischen
Jugendorganisationen die Möglichkeit geben zu können, auf dem Sektor der positiven Beeinflussung
unserer jungen Menschen eine gute Arbeit zu leisten. Es ist wirklich die Aufgabe der Gesellschaft,
sowohl Herdentrieb als auch Aggressionstrieb in richtige Bahnen zu lenken, um positive Kräfte zu
entfalten und die negativen auszuschalten. Jeder Jugendliche will sich auch bewähren, aber wenn die
Leitbilder fehlen, dann steht verantwortungslosen Geschäftemachern Tür und Tor offen und die
Jugendkriminalität ist schwer einzuschränken. Es liegt nicht nur bei der Polizei, es liegt vielmehr bei
den Eltern, Erziehern, Politikern und der Gesellschaft überhaupt, positiv auf die Jugend Einfluß zu
nehmen. Hat der Jugendliche keine Ziele, können auch kriminelle Subjekte zu Leitbildern werden und
das ist dann die Gefahr für die Gesellschaft. Auswüchse kann die Polizei wohl bekämpfen, aber nicht
die Ursachen. Die Auslastung der Jugendlichen durch sinnvolle Freizeitgestaltung und natürlich durch
positive Erziehung in Familie, Schule und Betrieb wird die Jugendkriminalität reduzieren helfen.
Und nun zu einem anderen Sicherheitsproblem. Ein gewisses Sicherheitsproblem stellt auch der
Flüchtlingsstrom aus den Ostblockländern dar, der über Jugoslawien nach Österreich kommt.
Besonders Urlauber reisen ganz legal mit Reisepaß. Es gibt nur ganz wenige spektakuläre
Flüchtlingszenen, bei denen die Flüchtlinge durch den Drahtverhau nach Österreich gelangen. Ca.
10.000 Flüchtlinge werden bis Ende des Jahres 1980 zu erwarten sein, doppelt so viele wie im Jahre
1979. Aus der Tschechoslowakei, aus Polen, Ungarn und Rumänien stammen die meisten von ihnen.
Besonders gut ausgebildete Fachleute kommen aus der Tschechoslowakei. Ärmere Leute kommen
hingegen aus Rumänien. Die von der Österreichischen Bundesregierung vertretene Flüchtlingspolitik
ist bestimmt von den Grundsätzen der Humanität und internationalen Solidarität.
Nachdem im vergangenen Jahr der Abgeordnete Zimper besonders das Flüchtlingslager Traiskirchen
in den Mittelpunkt eines Kreuzfeuers gestellt hat und hier Kritik geübt hat, wurde dann eine Resolution
einstimmig beschlossen. Innenminister Erwin Lanc hat die Sache in einem Brief dem
Landeshauptmann deutlich vor Augen geführt. Es wird darauf hingewiesen, daß durch eine
Verstärkung des Gendarmeriepostens und durch eine gezielte Überwachungstätigkeit eine entscheidende Verbesserung der Sicherheitslage erreicht wurde. Durch den erhöhten Einsatz von
Dolmetschern und die verstärkte Heranziehung von Zivildienern ist die Verständigung mit den
Flüchtlingen und deren Betreuung im Lager verbessert worden, die den Sicherheitsorganen die
Möglichkeit bieten, jederzeit die Berechtigung des Lageraufenthaltes zu überprüfen. Um eine weitere
Konfliktsituation zwischen der Bevölkerung und den Flüchtlingen zu beseitigen, ist auch ein Post- amt
im Lagerbereich bereits errichtet und in Dienst gestellt worden. Und der Bundesminister weist darauf
hin, diese Ausführungen beweisen, daß das Bundesministerium für Inneres den Entwicklungen nicht
tatenlos zugesehen hat.
Hand in Hand mit diesen Bemühungen wird versucht, die Auswanderung zu forcieren. Es besteht
Grund zu der Annahme, daß sich auch auf diesem Wege eine weitere Entlastung der Situation
herbeiführen läßt. Bis Ende September sind genau 3.060 Flüchtlinge, die nach Österreich gekommen
sind, bereits wieder ausgewandert, die meisten nach Australien, nämlich 1.478 Personen, viele in die
USA, nach Kanada und in die Bundesrepublik.
Auch diese Frage beweist erneut, daß Bundesminister Erwin Lanc und die sozialistische
Bundesregierung alle erforderlichen Maßnahmen im Sinne unserer niederösterreichischen
Bevölkerung getroffen haben. Es gibt ja nicht nur dieses eine Flüchtlingslager, es gibt ja bekanntlich
noch eine größere Zahl anderer Lager, die allerdings nicht diesen Umfang der Aufnahme haben. Es
wird darauf hingewiesen, daß noch eine Reihe von Flüchtlingslagern zur Verfügung steht. Ich will sie
jetzt sagen. Es bestehen noch weitere Lager und Einrichtungen in der Vorderbrühl, in Reichenau, in
Bad Kreuzen und in Thalgau. Auch in Gasthöfen sind sehr viele Flüchtlinge untergebracht und das
kostet der Republik, dem Staat, dem Steuerzahler, sehr viel Geld. Aber das sind wir eben als
Demokraten dem Asylrecht schuldig. Auch Bürgermeister Musser, der Bürgermeister der Stadt
Traiskirchen, hat erklärt, daß sich durch die Bemühungen unseres Innenministers Lanc die
Verhältnisse in und um das Flüchtlingslager Traiskirchen gebessert haben. Es ist natürlich immer
wieder das eine und das andere geschehen und auch erst kürzlich ist wiederum eine kriminelle
Handlung gesetzt worden. Aber die Gendarmerie ist eben dort und hat rasch die Täter ihrer
Verbrechen überführt.
Und nun zu einem anderen Kapitel, das auch sehr wichtig ist in unserer gesamten Sicherheitspolitik.
Schauen Sie, wenn wir in Gesamtösterreich im Jahre 1979 30 Drogentote hatten und zehnmal so viele
Tote durch Mord und Totschlag, so sind es immerhin fast hundertfach mehr Tote, die auf den Straßen
durch das Verkehrsgeschehen ums Leben gekommen sind. Das muß man auch sagen. Die
Verkehrsüberwachung nimmt sehr viel Zeit und Einsatz unserer Exekutivbeamten in Anspruch. Das
Verkehrsaufkommen, besonders in den Ballungsräumen, zu den Stoßzeiten, erfordert von Polizei und
Gendarmerie erhöhte Bereitschaft. Eine verstärkte Ausrüstung mit Radargeräten, Rotlichtfotogeräten,
Achsdruckmeßgeräten und Lärmmeßgeräten ist weiter notwendig. Der Blutzoll auf den Straßen ist
nach wie vor erschreckend hoch. überhöhte Geschwindigkeiten, Kraftfahrzeuglenker ohne
Führerschein, starke Alkoholisierung am Lenkrad und Übermüdung am Steuer durch stundenlanges,
ja tagelanges Fahren, pausenloses Fahren von Berufsfahrern, schlechte Bremsen und abgefahrene
Reifen sind an schweren Unfällen schuld. Die Schulwegsicherung, der Schutz für die Fußgänger und
Radfahrer ist eine besondere Aufgabe von Gendarmerie- und Polizeibeamten und ein echtes Anliegen
der Bevölkerung. Die Forderungen nach Ampelanlagen in den Ballungsräumen, in den neuralgischen
Zonen, ist daher mehr als verständlich.
Im Straßenverkehr ist die Vollziehung Landessache. Der Landeshauptmann sollte daher die
Strafgelder - diese gehen in die Millionen Schilling - zum Ankauf der erforderlichen
Achsdruckmeßgeräte verwenden. Gerade diese Achsdruckmeßgeräte könnten die Gendarmerie in die
Lage versetzen, eine bessere, eine wirksamere Verkehrsüberwachung durchzuführen. Eine größere
Anzahl von Achsdruckmeßgeräten wäre also die Handhabe der Sicherheitsorgane zur viel besseren
Überwachung des Straßennetzes, um den Blutzoll echt zu verringern.
Sicherheitspolitik ist auch eine echte Herausforderung an die Landespolitik, meine sehr Verehrten. Die
großen Gefahren durch die Motorisierung müssen durch die Exekutive noch besser unter Kontrolle
gebracht werden, um den Prozentsatz der Unfälle deutlich zu verringern. Kleinkriminalität, wie zum
Beispiel Fahrraddiebstähle, belasten unsere Kriminalstatistik, wie ich erwähnt habe. Die
Aufklärungsquote solcher Fälle, so problematisch das ist, belastet die Statistik und verzerrt auch den
Gesamteindruck der echten Fälle. Und die Aufklärung großer und schwerster Kriminalfälle ist ja doch
wirklich gelungen.
Zum Abschluß möchte ich eine Frage und eine kritische Betrachtung zum österreichischen
Bundesheer und zur Landesverteidigungspolitik aussprechen. Ich möchte vorausstellen, daß wir
Sozialisten jede Parteipolitik im Bundesheer ablehnen. Es gab im Bezirk St. Pölten Mitte Juli dieses
Jahres ein Burgfest. Dieses Burgfest wurde von der ÖVP- Ortsparteiorganisation durchgeführt. Im
Rahmen des Veranstaltungsprogrammes wurde auch die Angelobung von Jungmännern des
österreichischen Bundesheeres durchgeführt. Ich glaube, das ist nicht richtig. Die
Angelobungsfeierlichkeit fand auf der Burg und der Ruine Hohenegg im Rahmen des zweitägigen
Burgfestes der ÖVP statt. Bei der Angelobungsfeierlichkeit, welche am 19. Juli um 13 Uhr beim
Kriegerdenkmal mit einer Kranzniederlegung begonnen hat, waren nur ÖVP- Abgeordnete als
Ehrengäste anwesend, weil sich herausgestellt hat, daß dieses Fest im Rahmen einer reinen ÖVPParteiveranstaltung durchgeführt wurde. Die SPÖ-Abgeordneten des Bezirkes wurden deshalb zu
dieser Veranstaltung sicherlich bewußt nicht eingeladen. Bezeichnend ist natürlich, daß der ÖVP-
Landtagsabgeordnete Karl Rozum dann dort die Grüße des Landeshauptmannes überbrachte und
dabei als Redner in Erscheinung getreten ist. (Abg. Dkfm. Höfinger: Kollege, das war eine
Gemeindefeier!) Das war eine Gemeindefeier mit der ÖVP-Ortspartei! Ich sage Ihnen dazu, liebe
Kollegen, die Sache ist anders und es wurde ganz deutlich bei einem Telefongespräch mit dem
Divisionär Merker darauf hingewiesen, daß es eine Notwendigkeit ist, die Objektivität des
österreichischen Bundesheeres auf jeden Fall einzuhalten. Divisionär Merker war der Meinung, diese
Veranstaltung veranstaltete die dritte Brigade des Panzerbataillons und er überläßt jeder Brigade die
Angelobung selbst. Er hat den Befehl unterschrieben, da er informiert wurde, daß die Angelobung im
Rahmen der Montecuccoli-Gedächtnisfeier veranstaltet wurde. Er wußte aber nicht, daß diese
Veranstaltung im Rahmen des Burgfestes der ÖVP durchgeführt wurde. Er hat sich selbst am Telefon
darüber - wörtlich - sehr entrüstet, daß man das Bundesheer für solche reine Parteiveranstaltungen
der ÖVP mißbraucht. Meine sehr verehrten Kollegen, ich lege Wert darauf: Der Divisionär Merker hat
dann auch einen Bericht an das Ministerium gegeben und der Bundesminister hat eindeutig
festgestellt, daß Divisionär Merker gemeldet hat, er wird in seinem Befehlsbereich darauf hinwirken, in
Zukunft eine Wiederholung eines derartigen Vorfalles zu vermeiden. Es gibt ja auch Plakate und es
gibt Unterlagen und Einladungen, nach denen eindeutig im Rahmen der ÖVP-Veranstaltung die
Angelobungsfeier des Bundesheeres durchgeführt wurde. Bitte, unterlassen Sie das in Zukunft. Das
Bundesheer hat andere Aufgaben als Parteiveranstaltungen der ÖVP aufzuputzen. (Beifall bei der
SPÖ.) Ansonsten möchte ich Ihnen noch sagen, das Kapitel Öffentliche Ordnung und Sicherheit ist für
uns Sozialisten ein sehr wichtiges Kapitel. Wir werden die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ).
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gemeldet ist der Abg. Kurzbauer.
Abg. KURZBAUER: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das
Kapitel 1 des Jahresvoranschlages gibt auch mir Gelegenheit, einige Gedanken über die Entwicklung
der Kriminalität in Niederösterreich zu bringen und darauf hinzuweisen, daß wir uns leider nicht in
einer sehr glücklichen Situation auf diesem Sektor befinden. Ich darf mich aber auch damit befassen,
wie schwierig die Aufgabe der Hüter dieser Sicherheit in Niederösterreich unter den derzeitigen
Bedingungen ist.
Wenn man die Entwicklung der Kriminalität bei uns in Niederösterreich anschaut, so fällt einem vor
allem auf, daß in den letzten zehn Jahren, wenn man alle gerichtlich strafbaren Handlungen
zusammennimmt, eine wesentlich größere Steigerung in Niederösterreich verzeichnet werden mußte
als im Bundesdurchschnitt unseres Vaterlandes Österreich. Wenn im Jahre 1969 in ganz Österreich
noch 283.000 Straftaten verübt wurden, so waren es im Jahre 1979 rund 330.000 das ist eine
Steigerung um 16,7%. In Niederösterreich war diese Steigerung leider wesentlich größer, und zwar
von rund 38.000 im Jahre 1969 auf etwas über 50.000 im Jahre 1979, also eine Steigerung von 33%.
Das zeigt, daß wir in Niederösterreich leider nicht in einer sehr glücklichen Situation sind. Wenn man
nun diese Straftaten von der sogenannten Häufigkeitszahl aus betrachtet - die Häufigkeitszahl ist die
Zahl der Straftaten, bezogen auf je 100.000 Einwohner -, so haben wir in ganz Österreich vom Jahre
1969 bis zum Jahre 1979 eine Steigerung um 10,476 und in Niederösterreich eine Steigerung um
29,1%, also um fast das Dreifache. (Abg. Icha: Bei welchen Delikten?) Bei allen strafbaren Delikten.
(Abg. Wedl: Verkehrsunfälle sind dann auch dabei!) Sicherlich, die sind ja auch strafbare Delikte.
Bei der Aufklärungsquote bitte, da liegt Niederösterreich Gott sei Dank sehr, sehr günstig. Es ist heute
schon angeklungen bei meinem Vorredner, daß wir in Niederösterreich eine Aufklärungsquote von
60,85% haben, während der Österreich-Durchschnitt nur 55% ist. Und es ist auch schon angeklungen,
warum diese Aufklärungsquote, trotzdem sie noch wesentlich besser ist als in ganz Österreich, so
verhältnismäßig niedrig ist. Die kleinen Diebstähle, Fahrraddiebstähle, Schidiebstähle, Einbrüche in
Wochenendhäusern, die oft erst nach drei, vier Wochen und noch später entdeckt werden, drücken
leider diesen Quotienten so weit herunter.
Aber nun vielleicht ein paar Fakten auf Niederösterreich bezogen, bezirksweise. Auch hier einige ganz
interessante Ergebnisse. Wir haben in ,den letzten fünf Jahren als Spitzenbezirk, was Steigerung der
Kriminalität anbelangt, den Bezirk Mödling, wo zwischen 1975 und 1979 eine Steigerung um 52,1%
verzeichnet werden mußte. Zweiter Bezirk ist der Bezirk Bruck an der Leitha mit einer Steigerung von
42,8% und dritter Bezirk der Bezirk Lilienfeld mit einer Steigerung von 36,3%. Und wir haben einen
Bezirk in ganz Niederösterreich, wo eine Senkung der Straffälle erfolgte, den Bezirk Krems-Land, wo
eine Verminderung um 9% verzeichnet wurde. Also haben wir Gott sei Dank noch einen positiven
Bezirk.
Interessant vielleicht auch die Gesamtübersicht zwischen den bekannt gewordenen und den geklärten
gerichtlich strafbaren Handlungen. Die höchste Aufklärungsstufe von Straf- taten hat der Bezirk
Gmünd, wo 77,34% aller Straftaten aufgeklärt werden konnten. Die zweithöchste, fast genauso hoch,
hat der Bezirk Lilienfeld mit 76,68% und die dritt höchste Aufklärungsquote der Bezirk Amstetten mit
76,47%; diese beiden Bezirke liegen mit der Aufklärungsquote also ganz knapp beisammen.
Interessanterweise liegen zwei Städte mit der Aufklärungsquote sehr niedrig; es ist heute auch schon
angeklungen, warum es bei Städten besonders schwierig ist. Einmal der Bereich der Polizeidirektion
Schwechat, wo nur 48,34%, also unter 50%, aufgeklärt werden konnten, und dann der Magistrat
Krems, wo 48,86%, also auch unter 50% nur, aufgeklärt werden konnten.
Abschließend fällt bei der Statistik für das Jahr 1979 auf, daß in zwei Bezirken eine ausgesprochen
hohe Quote von strafbaren Handlungen im Vergleich zu allen anderen Bezirken festzustellen ist. Hier
ist führend der Bezirk Baden mit 6.160 strafbaren Handlungen und der Bezirk Mödling mit 5.839. Alle
anderen Bezirke haben nicht einmal die Hälfte dieser Straftaten zu verzeichnen. Hier schlägt sicher
das Lager Traiskirchen durch, das ist, glaube ich, unbestritten. Und ich muß Ihnen, Herr Kollege
Gruber, leider wider- sprechen, wenn Sie sagen, daß der Herr Bürgermeister Musser mit der
Entwicklung der derzeitigen Situation zufrieden ist. Sie dürften die Ausgabe des Kuriers nicht gelesen
haben, die vor rund 14 Tagen in großer Aufmachung gebracht hat, daß Bürgermeister Musser einen
öffentlichen Aufruf über die unhaltbaren Zustände im Lager Traiskirchen gemacht hat und als
abschließende Bemerkung dann gesagt hat, die Bevölkerung traut sich nachts nicht mehr auf die
Straße. Also ich glaube, daß man hier schon sehr strikte beim Herrn Innenminister darauf dringen
müßte, daß vielleicht noch mehr geschieht. Wenn schon etwas geschehen ist, ist es sehr
begrüßenswert. (Abg. Gruber: Da gebe ich Ihnen recht, aber der Bürgermeister hat vor 10 Tagen z u
mir gesagt, daß schon viel geschehen ist!) Dann sagt er was anderes als in der Zeitung gestanden ist.
Da war er wörtlich zitiert. Es soll vorkommen, daß jemand halt je nachdem, mit wem er gerade spricht,
Verschiedenes von sich gibt, auch bei Bürgermeistern.
Darf ich mich nun bitte mit den Institutionen befassen, die von Gesetzes wegen ausersehen sind, für
die Ordnung und Sicherheit und den Schutz der Bewohner Niederösterreichs zu sorgen, das sind die
Bundespolizeidirektionen, die Gendarmerie und die Kriminalpolizei.
Wenn ich vielleicht mit der Gendarmerie beginnen darf: Die Gendarmerie in Niederösterreich gliedert
sich in zehn Bereichsabteilungen und 24 Bezirksgendarmeriekommanden. In diesen sind wieder 287
Gendarmerieposten tätig, die 71 Hauptposten zugegliedert sind. Interessant ist vielleicht auch die
Größe dieser Gendarmerieposten. Die drei größten Gendarmerieposten sind in Krems- Stadt mit 49
systemisierten Posten, in Mödling mit 40 und in Baden mit 32, wobei in Baden ja auch noch die
Stadtpolizei tätig ist. Der kleinste Posten ist in Puchenstuben mit einem systemisierten Posten. Also,
wie sich der seinen Dienst einteilt, das ist bestimmt eine sehr interessante Sache. Die Posten sind an
und für sich im Schnitt mit fünf bis sechs Gendarmen besetzt. Ideal wäre eine Besetzung ab sieben,
weil hier die Möglichkeit des Journaldienstes wesentlich besser ist als sonst. Sehr großes Augenmerk
wird bei der Gendarmerie darauf verwendet, daß der Nachwuchs gut geschult wird. Die
Gendarmerieschule gibt eine vollständige Ausbildung für die jungen Gendarmen. Es wird in Kursen
mit rund 25 Teilnehmern 16 Monate lang die sogenannte Grundausbildung für die Gendarmerie
gegeben, wobei der Großteil der Kurse in Wien am Rennweg abgehalten wird. Eine Außenstelle in
Freiland, Bezirk Lilienfeld existiert seit langer Zeit. Dort werden zwei Klassen geführt, wobei sich zeigt,
daß die Ergebnisse der Schüler aus den Klassen in Freiland oft wesentlich über dem Durchschnitt der
Ergebnisse der Schüler liegen, die in Wien ihre Ausbildung gemacht haben. Nach der neuen
Regelung bleibt ja ein Gendarm jetzt 30 Jahre lang Revierinspektor, es gibt also nicht mehr diese
Abstufung, alle paar Jahre einen anderen Titel. Anschließend hat er die Möglichkeit Bezirksinspektor
zu werden, wenn er nicht eine Chargenschule besucht, um eben als Postenkommandant oder in
anderer Verwendung tätig zu sein. Die Kriminalabteilung, die ja zur Landesgendarmerie gehört, hat
sechs Außenstellen in den Kreisgerichten sowie in Krems und Baden und hat dort 126 systemisierte
Dienstposten, wobei auch Spezialabteilungen, wie zum Beispiel die Suchhundeabteilung, inkludiert
sind. Eine eigene Abteilung ist die Verkehrsabteilung, die ja hauptsächlich mit der Überwachung der
Autobahnen befaßt ist und mit sieben Außenstellen auf allen neuralgischen Punkten der Autobahn
vertreten ist.
Wenn ich vielleicht noch einmal kurz zurückkommen darf auf die Gendarmerieschulen: Im Vergleich
zu früher haben die Kandidaten, die zu diesen Kursen kommen, eine wesentlich bessere
Voraussetzung als noch vor einigen Jahren. Das Angebot an Personen, die die Gendarmeriekarriere
ergreifen wollen, ist wesentlich besser geworden und es ist seit einigen Jahren auch möglich, was
früher nicht möglich gewesen ist, daß verheiratete junge Männer in die Gendarmerie eintreten und
nach Absolvierung der 16monatigen Grundausbildung auf einem Gendarmerieposten ihren Dienst
versehen. Und es hat sich gezeigt, daß gerade diese verheirateten Schulanwärter wesentlich mehr
Ernst für den ganzen Schulbetrieb mitbringen, weil sie ja doch schon einen gewissen Teil ihres ersten
Lebensabschnittes hinter sich haben und verschiedene Probleme viel ernster angehen als eben
Leute, die mit Beginn ihres 18. Lebensjahres, das ist das Mindestalter, in diese Gendarmerieschulen
eintreten. Es ist derzeit so, daß fast an jedem Kurs auch schon mehrere Maturanten teilnehmen; auch
das ist ein Zeichen dafür, daß der Gendarmeriedienst derzeit sehr attraktiv ist. Die Wartezeit, um in
die Gendarmerieschule aufgenommen zu werden, ist bereits auf rund eineinhalb Jahre gestiegen, das
heißt, daß es gar nicht mehr so einfach ist, wenn man es sich überlegt, ich gehe halt zur Gendarmerie,
wie es noch vor einigen Jahren ohne weiteres möglich gewesen ist. Derzeit sind die Vormerkungen so
zahlreich, daß die Wartezeit rund eineinhalb Jahre beträgt.
Und nun ein paar Worte zum Dienst in der Kriminalpolizei. Es war bis vor kurzem möglich, daß die
Jahrgangsbesten oder die zwei oder drei Besten, die aus den Gendarmeriekursen gekommen sind,
sofort in den kriminalpolizeilichen Dienst gehen konnten. Das ist auf Grund eines Erlasses, der vor
rund einem Jahr ergangen ist, derzeit nicht mehr möglich, sondern jeder, der interessiert ist, den
Dienst bei der Kriminalpolizei zu machen, was ja hauptsächlich in Zivil geschieht, muß vorher fünf
Dienstjahre auf einem Gendarmerieposten absolvieren. Das gibt für die Kriminalpolizei sehr große
Probleme. Derzeit noch nicht, aber in fünf bis zehn Jahren, und zwar deswegen, weil sehr viele junge
Gendarmen, die auf irgendeinem Posten im Land Niederösterreich tätig werden, dort ein Mädchen
kennenlernen, heiraten, ein Haus bauen und nach drei oder vier Jahren nicht mehr so wie
ursprünglich interessiert sind, zur Kriminalpolizei nach Wien oder in eine Außenstelle zu gehen, sodaß
hier auf Sicht gesehen sicher einige Probleme für den Dienst in der Kriminalpolizei kommen werden.
Wie viele Gendarmen gibt es in Niederösterreich überhaupt? Auch das ist, glaube ich, ganz
interessant. Wir sind ja das größte Bundesland und mehr als ein Viertel aller österreichischen
Gendarmen macht in Niederösterreich Dienst. Auf Grund des Stellenplanes vom Ministerium gibt es in
Niederösterreich 3.003 Planstellen für Gendarmeriebeamte und 39 niederösterreichische
Spitzengendarmen sind in einem sogenannten Spezialeinsatzkommando, im Volksmund Kobra
genannt, tätig. Ein Teil dieser Gendarmen ist sicherlich nicht immer auf den einzelnen
Gendarmerieposten draußen zu treffen. Es sind ständig rund 70 in Kursen, 23 sind als
Verbindungsbeamte tätig, sechs Beamte sind als Personalvertreter dienstfrei gestellt und derzeit sind
zwei Gendarmeriebeamte vom Dienst enthoben, (Abg. Krenn: Karenzurlaub!) Ja, männlicher
Karenzurlaub, wenn man es so nennen will. Das Problem liegt auch hier so, daß immer wieder
versucht werden muß, nachdem das Aufgabengebiet wächst - ich werde darauf noch zu sprechen
kommen -, mehr als diese genehmigten 3.003 Dienstposten zu bekommen, um den wachsenden
Aufgaben, denen die Gendarmerie gegenübersteht, auch gerecht werden zu können. Und so ist für
das Jahr 1981 beim Ministerium vom Landesgendarmeriekommando die Bitte geäußert worden, 260
Gendarmerieposten und 17 Vertragsbedienstete neu zu bekommen. Wieviel davon in die Tat
umgesetzt werden kann, werden die nächsten Monate zeigen.
Wie groß ist nun das Gebiet, daß diese Gendarmen zu betreuen haben? Rund 19.000
Quadratkilometer Fläche, abgezogen die Städte Schwechat, St. Pölten und Wr. Neustadt, wo die
Bundespolizei tätig ist, die rund 200 Quadratkilometer zu betreuen hat, werden von den
Gendarmeriebeamten betreut und rund 1,358.000 Einwohner. Wenn man das jetzt ein bisserl
statistisch auffächert, so hat ein Gendarm eine Fläche von 6,3 Kilometer zu überwachen und 452
Einwohner zu betreuen.
Also bestimmt keine sehr leichte Aufgabe, weil ja auf Grund der derzeitigen Diensteinteilung der
Dienst an und für sich sehr schwer bewältigt werden kann. Es kommt immer wieder durch, wenn man
mit Gendarmen draußen spricht, daß sie dem sogenannten ,,Dreier-Radl", das vor einigen Jahren
abgeschafft wurde, jetzt doch wieder sehr viel Sympathie abgewinnen, weil die Diensteinteilung
wesentlich einfacher gewesen ist als jetzt.
Ein besonderer Punkt ist die geplante Gendarmerieaußenstelle Krems. Im Jahre 1976 hat das
Ministerium eine Außenstelle zur Betreuung der Schnellstraße Stockerau bis Wien und bis Göllersdorf
genehmigt, aber bis heute wurden keine Gendarmeriepostenplätze zur Verfügung gestellt, sodaß wir
hier die Situation haben, daß seit vier Jahren am Papier die Genehmigung der Errichtung dieser
Außenstelle Krems vorhanden ist, aber kein Personal dazu bewilligt wird. Derzeit muß die gesamte
Strecke von der Außenstelle Stockerau betreut werden, die damit mit Abstand den größten Rayon zu
betreuen hat, obwohl sie auch nicht stärker besetzt ist als die anderen Stellen. Sie hat rund hundert
Kilometer Straßen zu überwachen und die Problematik liegt darin, daß es, wenn sich die
Überwachungsfahrzeuge gerade, um ein Beispiel zu sagen, in Göllersdorf befinden und am Stadtrand
von Wien oder am Stadtrand von Krems ein Unfall passiert, sehr lange dauert, leider sehr lange
dauert, bis die Fahrzeuge am Unfallort eintreffen können. Eine weitere Aufgabe, welche die
Gendarmerie immer mehr beschäftigt und dadurch immer mehr Posten blockiert, sind die
Begleitfahrzeuge, die bei besonderen Transporten zur Verfügung gestellt werden müssen. Hier sind
vor allem Schwertransporte, Kunsttransporte und Geldtransporte zu erwähnen, die interessanterweise
nicht nur im Raum Niederösterreich begleitet werden müssen, sondern ein Schwertransport, der zum
Beispiel nach Italien oder nach Deutschland geht, muß von der niederösterreichischen Gendarmerie
bis zur Staatsgrenze in Kärnten oder in Salzburg begleitet werden, was sicherlich sehr zeitaufwendig
ist.
Eine sehr begrüßenswerte Aktion hat die Gendarmerie in Niederösterreich vor einem Jahr gestartet.
Nachdem die Gendarmerie immer mehr auch mit kriminalpolizeilichen Agenden zu tun hat - erste
Aufnahmen bei Bluttaten, erste Aufnahmen bei schweren Unfällen - und hier eine Ausbildung auf
spezifischem Sektor, wie Photographieren und so weiter, notwendig ist, hat in der vergangenen Zeit
jeder Gendarm Niederösterreichs, bis auf einige Ausnahmen, eine Woche lang einen Kurs in der
sogenannten kriminalpolizeilichen Grundschule absolviert, sodaß hier eine sehr gute Anfangssituation,
wenn Gendarmen eingreifen müssen, gegeben ist.
Es ist heute schon angeklungen, daß bedingt durch eine regionale Entwicklung, innerhalb kürzester
Zeit die in einem Ballungszentrum stationierten Gendarmerieposten mit den genehmigten Planstellen
viel zu klein sind. Hier besteht nach wie vor der Wunsch, daß das Ministerium die Genehmigung gibt,
daß dort die Planstellen aufgestockt werden. Ich möchte nur ein Beispiel dazu sagen. In Vösendorf
hat der Gendarmerieposten 15 Planstellen. In den dort situierten Großkaufhäusern, SCS und einige
andere, passieren sehr viele sogenannte kleinere Delikte. Im Jahre 1979 zum Beispiel wurden 1.200
Anzeigen von diesen Großkaufhäusern unter anderem gemacht und heuer im ersten Halbjahr waren
es schon 1.100 Anzeigen. Diese Anzeigen sollen von den 15 dort stationierten Gendarmen bewältigt
werden. Dies ist leider nicht möglich, es gibt hier große Verzögerungen. Aber bisher hat das
Ministerium leider alle Ansuchen um Erhöhung dieser Planstellen abgelehnt, sodaß wir nur hoffen
können, daß man in Zukunft doch vielleicht ein Einsehen hat und diese neuralgischen Punkte stärker
mit Planstellen unterstützt.
Es ist auch heute schon gesprochen worden über die Bewaffnung der Gendarmerie. Ich brauche dazu
nicht mehr sehr viel sagen, nur vielleicht eines. Die Kriminalabteilung hat seit Jahren immer wieder
gefordert, nicht nur die 7,65er Bewaffnung zu haben, sondern auch die 9 mm sogenannte
mannstoppende Waffe zu bekommen. Da hat es jahrelange Debatten gegeben. Seit einem halben
Jahr hat jeder, der der Kriminalabteilung angehört, die Möglichkeit, auf eigenen Wunsch diese 9 mmPistole anzufordern und innerhalb kürzester Zeit hat rund ein Drittel der Kriminalbeamten von dieser
Möglichkeit Gebrauch gemacht und hat jetzt also auch diese 9mm-Waffe.
Bei der Ausrüstung auf dem motortechnischen Sektor kann man, glaube ich, mit Fug und Recht
sagen, daß die Gendarmerie die Vollmotorisierung erreicht hat. Es gibt derzeit kaum größere
Probleme, es sind rund 640 Kraftfahrzeuge in Betrieb, davon 68 Motorräder, sowie 293 Mopeds und
50 Motorboote, teilweise mit Innenmotor, teilweise als Zillen mit Außenbordmotoren. Der Funk ist
verhältnismäßig gut, wir haben nur mehr einige sogenannte Funkschatten in Niederösterreich. Es wird
daran gearbeitet, auch diese Funkschatten wegzubringen. Wir haben über 520 mobile Geräte in den
Fahrzeugen und es läuft derzeit ein äußerst interessanter Versuch; es wird ein im Helm, den der
Motorradfahrer trägt, eingebautes Funkgerät erprobt, um zu versuchen, diesem Gendarm, der ja,
wenn er mit dem Motorrad fährt, nicht immer auch das Funkgerät betätigen kann, die Möglichkeit zu
geben, voll mit dem Funk mitzureden und dann auch mitzuhören. Es ist das bestimmt ein sehr
interessanter Versuch, von dem zu hoffen ist, daß er positiv ausgeht.
Eine eigene Sparte der Gendarmerie sind die sogenannten Alpinposten. Wir haben 39 Alpinposten, 16
Hochalpinposten, und aus denen rekrutieren sich vier sogenannte Einsatzgruppen, die dann aktiv
werden, wenn Bergunfälle und ähnliche leider immer wieder vorkommende Dinge passieren. Diese
Einsatzgruppen haben im Jahre 1979 72 Einsätze durchgeführt und dabei ist interessant, daß mehr
als die Hälfte davon im Gebiet Reichenau an der Rax bzw. Puchberg am Schneeberg erfolgten. Die
Hausberge der Wiener erfordern also von diesen Einsatzgruppen die meisten Einsatze, weil sehr viele
Wiener glauben, mit Halbschuhen Bergtouren machen zu können, wodurch bei einem plötzlichen
Schlechtwettereinbruch dann große Schwierigkeiten entstehen. Bei diesen Einsätzen wurden 14
Leichtverletzte und 32 Schwerverletzte geborgen; 18 Personen konnten leider nur mehr tot geborgen
werden.
Die Gendarmerie hat auch, das ist heute schon angeklungen, große Probleme, um beim Verkehr
Gewichtsüberschreitungen bzw. Geschwindigkeitsüberschreitungen ausreichend kontrollieren zu
können. Wir haben hier leider eine sehr spärliche Ausstattung derzeit. Es gibt nur beim
Landesgendarmeriekommando vier Cycletester, mit denen die erreichbare Geschwindigkeit von
Mopeds kontrolliert werden kann, zwei Achsdruckmesser und leider nur zwei Radargeräte und eines,
das auf einer Stoßstange, mit einem Photoapparat kombiniert, montiert ist. Ich glaube, da müßte man
den Hebel ansetzen. Es ist meiner Ansicht nach unmöglich, daß man jahrelang deswegen keine
Radargeräte kauft, weil man sich nicht einig ist, wer dafür zuständig ist, diese zu bezahlen. Der Bund
sagt, das Land ist zuständig, das Land sagt, der Bund ist zuständig und die Folge, daß jeder sich
einbildet, im Recht zu sein, ist die, daß die Gendarmerie eben keine Radargeräte zur Verfügung hat,
daß das Rowdytum, wenn ich es so nennen darf, auf vier oder zwei Rädern immer mehr zunimmt.
Und es ist direkt ein Hohn, wenn man vor Doppelfeiertagen, Ostern oder Pfingsten, die Reden in den
Massenmedien hört, daß bei den Feiertagen alles im Einsatz sei, daß alle Radargeräte eingesetzt
sind. Wenn man dann weiß, daß von den zwei Radargeräten, die Niederösterreich hat, eines beim
Eichen und das zweite in Reparatur ist, so fragt man sich, soll das wirklich nur eine Schockwirkung
sein, um denen, die es hören, das Gefühl zu geben, hinter jeder Stauden steht ein Radargerät? Ich
weiß nicht, ob das der richtige Weg ist. Ich glaube, hier müßte ganz einfach ein Weg gefunden
werden, daß man diese Verkehrsüberwachung wesentlich effektiver und wesentlich effizienter
durchführen kann, denn so, wie es bisher läuft, wird man auf Sicht gesehen, nicht weiterkommen. Eine
begrüßenswerte Initiative auf dem Sektor haben ja die Bürgermeister des Bezirkes Mödling gesetzt,
die gemeinsam eine eigene Anlage gekauft haben, sowohl das Auto als auch das Gerät, und das hat
sich innerhalb von weniger als sechs Monaten voll amortisiert gehabt. Also man sieht, daß hier auch
Eigeninitiativen entwickelt werden. Das soll bitte nicht so ausschauen, als würde man versuchen, den
Autofahrern in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Geld abzunehmen. Es geht hier um die Sicherheit
im Verkehr und hier darf uns kein Schilling zu klein sein, hier müssen wir ganz einfach versuchen, die
Anforderungen, die der Verkehr an uns stellt, auch zu bewältigen.
Abschließend zu einem Thema bitte, das immer mehr überhandnimmt. Die Gendarmeriebeamten, die
noch vor 15 Jahren ein bekanntes Bild auf den Straßen gewesen sind durch ihre Patrouillengänge und
durch Patrouillenfahrten, werden immer mehr an die Schreibtische gebunden, müssen immer mehr für
die Verwaltungsbehörden und die Gerichte Erhebungen durchführen und Schreibarbeiten tätigen. Sie
haben dadurch immer weniger Möglichkeit dort wo sie sein sollen, nämlich auf der Straße tätig zu
sein, den Verkehr zu überwachen und die Agenden auszufüllen, zu denen sie als Gendarmeriebeamte
eigentlich berufen sind. Hier wird der Verwaltungsaufwand leider immer größer und wenn man sieht,
was hier unnötig - ich darf das hier betonen - unnötig verlangt wird, so fragt man sich wirklich oft, ob
das auch notwendig ist. Ich darf ein konkretes Beispiel zitieren. Ein Autofahrer bekommt ein
Strafmandat verbrummt, weil er direkt vor einer Toreinfahrt geparkt hat, noch dazu bei einem Arzt, der
zu einem dringenden Fall nicht aus dem Haus herausfahren konnte. Er hat ein Strafmandat
bekommen, hat gegen das Strafmandat berufen, das ist zur nächsten Instanz gegangen und dort ist
der Papierkrieg losgegangen. Zwei Gendarmen mußten über höheren Auftrag der zweiten Behörde
eine maßstabgetreue Skizze mit Lageplan anfertigen. Das war für zwei Gendarmen eine Arbeit auf
drei bis vier Stunden. Nur um festzustellen, ob die 100 Schilling, die der bezahlen muß, berechtigt sind
oder ob man es nicht doch vielleicht auf 50 Schilling ermäßigen kann. Hier zeigen sich Auswüchse
bitte, die meiner Ansicht nach abgestellt gehören. Denn dazu sind Gendarmeriebeamte nicht da, daß
sie wegen solcher Kleinigkeiten wichtige Aufgaben, die sie zu erfüllen haben, nicht erfüllen können.
(Beifall bei der ÖVP. - Abg. Stangl: War es vielleicht die Bezirkshauptmannschaft, die das angeordnet
hat?) Na, es war wer anderer, aber bitte, das spielt keine Rolle.
Es ist heute schon angeklungen und ich glaube, abschließend das auch sagen zu können: Die
Aufklärungsquote, die knapp über 60% liegt, erreicht in einer Sparte fast lOO % , genau 98%, das ist
bei den Blutverbrechen. Ich darf die Ausführungen, die der Kollege Gruber hier gemacht hat, vielleicht
noch mit den Daten des heurigen Jahres ergänzen. Es wurden heuer bis zum 1. November 15 Morde
verübt und es war möglich, 14 davon aufzuklären. Ein Mord ist bis heute ungeklärt, es handelt sich
hier um einen Säugling, der in einem Müllbehälter auf einem Autobahnparkplatz an der Südautobahn
gefunden wurde. Dieses Verbrechen war bis heute nicht zu klären. 13 Mordversuche, die bisher
begangen wurden, konnten alle geklärt werden, ebenso 3 Körperverletzungen mit tödlichem Ausgang.
Zum Schluß bitte ein kurzes Resumee. Wir müssen leider feststellen, daß die Entwicklung in
Niederösterreich nicht sehr erfreulich ist. Ich glaube, es ist die Aufgabe von uns allen, die wir
verantwortungsbewußt tätig sind, uns zeitgerecht Gedanken zu machen darüber, wie diese
Entwicklung eingebremst werden kann und wie es uns möglich ist, zumindest den österreichischen
Durchschnitt zu erreichen, was all diese Dinge anbelangt, die ich vorher aufgezählt habe. Es wird
notwendig sein, daß wir die Gendarmerie wieder weg vom Schreibtisch und hinaus auf die Straße
bekommen, damit sie durch verstärkte Streifentätigkeit und Überwachung wieder die Aufgaben erfüllt,
zu denen sie berufen ist, und die Bevölkerung wieder das Gefühl der Sicherheit und des Schutzes von
Eigentum und Leben bekommt. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt der Abg. Kellner.
Abg. Ing. KELLNER: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Zuge
der Debatte zur Gruppe 1 hat der Kollege Haufek zwei Anträge gestellt. Der eine Antrag, der sich mit
der Mindestausrüstung beschäftigt, wird von uns unterstützt; der andere Antrag, der davon ausgeht,
daß bei einem allenfalls zu erstellenden Nachtragsvoranschlag eine entsprechende Dotierung der
Förderungsmittel für die Beschaffung von Feuerwehrgeräten für technische Einsätze vorzunehmen ist,
um dadurch die widmungsgemäße Verwendung der aus der Feuerschutzsteuer fließenden
Einnahmen für Zwecke des Brandschutzes sicherzustellen, findet nicht unsere Zustimmung, mit
folgender Begründung: Die Mittel der Feuerschutzsteuer sind zweckgebunden, und zwar fließen
derzeit 85% direkt den Feuerwehren zu. Darüber hinaus wird aus Budgetmitteln des Landes innerhalb
der einzelnen Gemeinden, beispielsweise bei der Errichtung von Feuerwehrhäusern, noch eine
entsprechende Unterstützung gegeben. Das ist der Grund, warum wir ,diesem Antrag unsere
Zustimmung nicht geben können.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. REISCHER: Ich verzichte.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zur Abstimmung liegt vor die Gruppe 1, Öffentliche Ordnung und
Sicherheit, und Resolutionsanträge der Abg. Haufek und Spiess. Ich lasse zunächst über die Gruppe
selbst und zum Schluß über die zur Gruppe vorliegenden Resolutionsanträge abstimmen. Ich bitte den
Berichterstatter, nunmehr den Antrag zur Gruppe 1, Öffentliche Ordnung und Sicherheit, ordentlicher
Teil, zu stellen.
Berichterstatter Abg. REISCHER: Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich stelle den Antrag, die Gruppe 1,
Öffentliche Ordnung und Sicherheit, mit Einnahmen im ordentlichen Teil des Voranschlages von
18,786.000 Schilling und Ausgaben von 88,560.000 Schilling zu genehmigen. Ich ersuche den Herrn
Präsidenten, die Abstimmung vorzunehmen.
DRITTER PRÄSIDENT REITER (nach Abstimmung über die Gruppe 1, Öffentliche Ordnung und
Sicherheit, ordentlicher Teil in Erfordernis und Bedeckung): Angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung der Resolutionsanträge. Zunächst der Antrag des Herrn Abg. Haufek
über Förderungsmittel für die Beschaffung von Feuerwehrgeräten. (Nach Abstimmung über diesen
Antrag): Abgelehnt.
Wir kommen zum Antrag des Herrn Abg. Haufek, betreffend Änderung der Verordnung über die
Mindestausrüstung der Feuerwehren. (Nach Abstimmung über diesen Antrag): Einstimmig
angenommen.
Und nun zum letzten Antrag des Abg. Spiess über die Bekämpfung des Suchtgiftmißbrauches. (Nach
Abstimmung über diesen Antrag): Ebenfalls einstimmig angenommen.
Ich ersuche den Berichterstatter, Herrn Abg. Reischer, zu Gruppe 2, Unterricht, Erziehung, Sport und
Wissenschaft, ordentlicher Teil, außerordentlicher Teil sowie Konjunkturausgleichsteil, zu berichten.
Berichterstatter Abg. REISCHER: Herr Präsident! Hohes Haus! Die Gruppe 2, Unterricht, Erziehung,
Sport und Wissenschaft, enthält ordentliche Ausgaben von 5.152,372.000 Schilling und Einnahmen
von 4.232,134.000 Schilling. Diese Gruppe umfaßt die Einnahmen und Ausgaben für den
allgemeinbildenden Unterricht, den berufsbildenden Unterricht einschließlich Anstalten der Lehrer- und
Erzieherbildung, die Förderung des Unterrichtes, die vorschulische Erziehung, die außerschulische
Jugenderziehung, den Sport und die außerschulische Leibeserziehung, die Erwachsenenbildung
sowie für Forschung und Wissenschaft.
Der prozentuelle Anteil der Gruppe am Ausgabenvolumen des ordentlichen Teiles des Voranschlages
beträgt 27,70%.
Im außerordentlichen Teil betragen die Ausgaben dieser Gruppe 79,622.000 Schilling, wozu noch
Ausgaben von 50,000.000 Schilling im Konjunkturausgleichsteil kommen.
Ich ersuche den Herrn Präsidenten, die Debatte einzuleiten.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Ich eröffne die Debatte. Zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Jirkovsky.
Abg. JIRKOVSKY: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Im vorliegenden Budget
sind Leistungen für Kinder im Vorschulalter vorgesehen, die neben der fast erreichten Vollversorgung
mit Kindergärten einen weiteren Fortschritt hinsichtlich Chancengerechtigkeit und Früherkennung
verschiedener körperlicher und geistiger Mängel bedeuten. In 777 Landeskindergärten werden rund
30.000 Kinder, das sind Ca. 85% aller Drei- bis Sechsjährigen, betreut.
Zum Teil ist diese günstige Situation darauf zurückzuführen, daß das Land seit heuer für die Fahrt
vom und zum Kinderarten einen finanziellen Beitrag leistet. Damit haben nun auch jene Kinder, die in
entlegenen Gebieten wohnen, die Möglichkeit, einen Kindergarten zu besuchen. Über das Thema
Kindergartenfreifahrten wurde viel diskutiert und ich deponiere namens meiner Fraktion erneut die
Forderung, daß hier das Land zur Gänze die Kosten tragen müßte, wenn wir jedes Kind, das in
Niederösterreich einen Kindergarten besuchen will, gleich behandelt wissen wollen. Die 4 Millionen
Schilling, die für diesen Zweck im Voranschlag 1981 vorgesehen sind, werden nicht reichen, dem
schon im Nachtragsvoranschlag des laufenden Jahres wurde dieser Betrag auf 4,4 Millionen Schilling
aufgestockt.
Wir Sozialisten haben mit Freude zur Kenntnis genommen, daß man mit dem Einsatz von 10
Sonderkindergärtnerinnen einen Anfang in Richtung Heilpädagogik machte. Die dafür eingesetzten
Kindergärtnerinnen haben ihren Sitz in einem Landeskindergarten der jeweiligen Bezirksstadt und
einmal in der Woche haben die Eltern die Möglichkeit, sich dort Rat und Hilfe zu holen. Es hat sich
gezeigt, daß die Eltern lieber in einen Kindergarten gehen und sich dort beraten lassen, als in der
Beratungsstelle einer Behörde. An den übrigen Tagen besucht die Sonderkindergärtnerin die
Kindergärten in den einzelnen Orten und testet dort die Kinder. Als sehr wichtig betrachte ich auch
noch die Zusammenarbeit mit der Fürsorgerin. Wenn nun die Tests abgeschlossen sind, wird man
feststellen können, wo die Schaffung von Sonderkindergartengruppen notwendig ist. Um hier gerecht
vorzugehen, wird man in den bisher unberücksichtigten Bezirken auch Sonderkindergärtnerinnen
einsetzen müssen. Es muß uns natürlich klar sein, werte Damen und Herren, daß der Ausbau von
Einrichtungen für die Behinderten im Vorschulalter noch viel Geld kosten wird. Aber es bestehen
sicher von niemandem Zweifel darüber, daß diese Gelder gut angelegt sind. Ein Kind, das durch
frühzeitige Behandlung geheilt werden kann, wird als gesunder Erwachsener sich selbst seine
Existenz gründen können und der Allgemeinheit nicht zur Last fallen.
Das Jahr 1981 wurde zum Jahr der Behinderten erklärt und dazu sollte auch das Land durch
vermehrte Leistungen auf diesem Gebiet seinen Beitrag leisten. Die von unserer Fraktion immer
wieder geforderten Hör-, Seh- und Sprachtestaktionen haben sich als sehr erfolgreich erwiesen. Um
eine möglichst lückenlose Erfassung der Kinder des Vorschulalters zu erreichen, werden den Eltern,
auch jenen der nicht eingeschriebenen Kinder, diese Tests durch eine schriftliche Einladung
angeboten. Während im ersten Jahr dieser Einrichtung an 7.580 Kindern Sehtests durchgeführt
wurden, waren es von September 1979 bis September 1980 schon 11.527. An 1.005 Kindern, das
sind rund 9% wurden Sehschäden festgestellt. 12.221 Kinder wurden einem Hörtest unterzogen, bei
264 Kindern wurden Gehörschiiden festgestellt. Bei derselben Anzahl wurden an 1.047 Kindern, das
sind 8,5 %, Sprachstörungen registriert. Im Vorjahr lagen wir noch bei 13% und wenn dieser
rückläufige Trend bei Sprachstörungen anhielte, so wäre das ein sehr bedeutender Erfolg.
Eine Untersuchung des Statistischen Zentralamtes, die auf Befunden von Ärzten an den
österreichischen Pflichtschulen basiert, sagt aus, daß von rund 98.000 Schesjährigen 12.000 an
Haltungsschäden der Wirbelsäule, 28.000 an Fehlformen der Füße und mehr als die Hälfte, 52%, an
kariösen Zähnen leiden. Die Schulärzte hielten bei mehr als 50% der Untersuchten
Nachbehandlungen für notwendig. Diese Ergebnisse, werte Damen und Herren, fordern uns geradezu
auf, für regelmäßige ärztliche Untersuchungen auch im Kindergarten einzutreten. Aufgetretene
Mängel könnten dann schon vor (der Schulzeit behandelt werden. Besonders Haltungsschäden
werden von den Eltern in Iden meisten Fällen nicht erkannt. Für das betroffene Kind aber bedeutet
dies, wenn es zu spät erkannt wird und es dann ein Mieder tragen muß, viel seelisches Leid, weil es
von vielem, was gerade dem Heranwachsenden Freude macht - Radfahren, Eislaufen, Schifahren ausgeschlossen bleibt. Für solche Kinder besteht die Gefahr, daß sie zu Einzelgängern werden. Und
wie schwer sich Einzelgänger im Leben zurechtfinden und mit ihrem Schicksal nicht fertig werden, das
wird uns oft bewiesen. Um eine gesunde Jugend zu haben, müssen wir früh genug beginnen,
körperliche und geistige Schäden zu beheben. Diese ärztlichen Untersuchungen der
Kindergartenkinder sollten vom Land finanziell unterstützt werden.
Eng mit der Gesundheit verbunden, werte Damen und Herren, ist auch die Bewegungserziehung in
den Kindergärten. Leider fehlen in einer Reihe von Kindergärten die geeigneten Räume dazu. Für
eingruppige Kindergärten ist überhaupt kein Bewegungsraum vorgesehen. Mir ist klar, daß es nicht so
rasch möglich sein wird, diesen Zustand zu ändern. Hier ist neben den finanziellen Schwierigkeiten
noch viel Aufklärungsarbeit notwendig, denn es herrscht die Meinung vor, dieser Bewegungsraum
würde sowieso nur einmal in der Woche gebraucht und stelle daher einen Luxus dar. Das ist aber
absolut nicht der Fall, denn geturnt sollte täglich werden. Wenn aber nur ein Raum vorhanden ist, so
wird ein erfolgreiches Turnen nicht möglich sein, denn wenn man auch die Tische und Sessel und die
Kleinmöbel im Gruppenzimmer aus dem Weg räumt, so wird das nicht zielführend sein. Weniger
Bewegung bedeutet aber nicht nur weniger Gesundheit, sondern auch weniger Ausgeglichenheit,
bedeutet aber auch weniger persönliche Erfahrung. Diese Erkenntnisse sind nicht grundsätzlich neu,
sie zeigen nur in einem neuen Licht die Notwendigkeit, dem Kind eine entsprechende
Bewegungserziehung angedeihen zu lassen.
Diesem Umstand tragen auch die Schulungen der Kindergärtnerinnen in diesem Herbst Rechnung.
Ich hatte Gelegenheit, einer solchen Schulung beizuwohnen und habe mich davon überzeugt, daß
diese Kindergärtnerinnen für ihre praktische Arbeit sehr viel mitbekommen. Es wäre zu wünschen,
daß auch weitere Schulungen so praxisnahe gestaltet werden mögen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben wohl in unserem Gesetz die Anzahl der Kinder pro
Gruppe mit 30 festgesetzt. Es gibt aber noch etliche Gruppen in unserem Land, die mehr als 30
Kinder haben. Die Gründe für weniger Kinder in einer Gruppe wurden in diesem Haus schon oft
angeführt. Eine gute Erziehungsarbeit ist eben nur möglich, wenn die Kinderanzahl nicht so groß ist.
Vergessen wir nicht, daß keiner anderen Erziehungsstätte nachher soviel Verantwortung übertragen
wird wie dem Kindergarten. Im Kindergarten sollen sich die Kinder jene Fähigkeiten aneignen, die wir
heute oft sehr vermissen: Ausdauer, Geduld, Hilfsbereitschaft, Rücksichtnahme gegenüber dem
Nächsten, Toleranz. Das aber ist alles nur möglich, wenn die familiäre Atmosphäre im Kindergarten
erhalten bleibt. Diese Geborgenheit brauchen besonders die Kinder, die über Mittag bleiben. Sie
sollen sich wie zu Hause fühlen um die lange Abwesenheit von Daheim weiter verkraften zu können.
Und mehr denn je ist auch die Zusammenarbeit mit den Eltern wichtig. Der Idealzustand ist natürlich
der, wenn es der Kindergärtnerin gelingt, die Eltern in die Erziehungsarbeit mit einzubeziehen. Das
Verhältnis Kindergärtnerin - Eltern sollte so sein, daß es täglich eine offene Tür gibt und gemeinsam
Erziehungsschwierigkeiten besprochen werden. Zu Elternsprechtagen und Vorträgen kommen die
Eltern weniger gern, das kann ich aus Erfahrung sagen. Auch eine gesetzliche Regelung würde Bier
nicht viel ändern. Wenn die Eltern zur Kindergärtnerin Verhauen haben, so besprechen sie die
Probleme lieber mit ihr alleine. Der Erfolg der guten Zusammenarbeit mit den Eltern hängt nun
weitgehend von der Person der Kindergärtnerin ab. Sie wird auch ständig an ihrer Weiterbildung
arbeiten müssen und sollte natürlich in jeder Richtung Vorbild sein. Ich möchte hier allen jenen
danken, die sich täglich um unsere Kleinen bemühen und sie mit jenem Rüstzeug ausstatten, das sie
brauchen, um später lebenstüchtig zu sein.
Wir haben in Niederösterreich auf dem Gebiete des Kindergartenwesens mit Hilfe der Gemeinden
sehr vieI erreicht. Es ist bedauerlich, daß diese Erfolge die Mehrheitsfraktion in diesem Hause für sich
beansprucht. Ich habe noch nirgend gehört oder gelesen, daß auch Sozialisten daran beteiligt waren.
Tatsache aber ist, daß wir zu vielen Besserstellungen mit unserem Landeshauptmannstellvertreter
Grünzweig die Initiativen gesetzt haben. Und wir werden uns auch weiterhin bemühen, für unsere
Jüngsten das Bestmöglichste zu tun. Danke. (Beifall bei der SPÖ und einigen Abgeordneten der
ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt Frau Abg. Prokop.
Abg. PROKOP: Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich darf
zum Thema Kindergarten kurz einige Bemerkungen machen. Wir können wie ich glaube gemeinsam
feststellen, daß wir noch immer des einzige Bundesland sind, das kostenlos unseren Drei- bis
Sechsjährigen den Besuch des Kindergartens ermöglicht. Ich glaube, meine Damen und Herren, wir
können darauf gemeinsam stolz sein, denn das sind Leistungen des Landes. Es ist eine Leistung der
Gemeinden, es ist eine Leistung unserer Bürger in Niederösterreich, daß wir auf diesem Sektor der so
wichtigen Hilfe für unsere Familien, für unsere Kinder, wirklich sehr große Anstrengungen machen.
Daß bis heute noch kein anderes Bundesland diesem Beispiel gefolgt ist, zeigt ja, wie schwierig es ist
und welcher wirklich große finanzielle Aufwand dafür nötig war.
Ich glaube, daß gerade diese familienpolitischen, erzieherischen, pädagogischen Maßnahmen, die
hier gesetzt werden, von unschätzbarem Wert sind. Der Kindergarten im Rahmen der
Vorschulerziehung ist heute von derart anerkannter Wertposition in unserer Gesellschaft, daß auch
die Eltern es Gott sei Dank bereits voll und ganz erkannt haben. Wenn wir heute einen
Versorgungsgrad haben in unserem Land Niederösterreich, der schon über 85% liegt, so können wir
fast sagen, wir haben die perfekte Versorgung unserer Kindergartenkinder in Niederösterreich. Denn
auf freiwilliger Basis wird kaum mehr erreichbar sein.
In Kürze wird, wie auch Herr Landeshauptmannstellvertreter in seiner Budgeteinbegleitungsrede
gesagt hat, der tausendste Bildungsbau in unserem Land eingeweiht, und von diesen Bauten sind 422
Kindergärten. Ich glaube, wir haben eine gewisse Sättigung erreicht. Es ist weitgehend der Bedarf
gedeckt und wir können jetzt vehement dazu übergehen, nun ,die qualitative Verbesserung noch
weiter voranzutreiben. Wir haben im Vorjahr mit der Senkung der Kinderhöchstzahlen schöne Erfolge
erreicht. Daß es regional in manchen Bereichen noch nicht verwirklicht werden kann, haben wir auch
am Schulsektor erlebt. Ich bin überzeugt, daß das sicherlich in Bälde gelöst sein wird.
Es wird sicherlich auch ein differenzierteres Arbeiten, speziell am Sektor der behinderten Kinder oder
der in irgendeiner Art gestörten Kinder, notwendig sein. Die Arbeit der Sonderkindergärtnerinnen, die
bereits im Einsatz sind, und ,auch jener, die noch in der Ausbildung stehen und die hoffentlich bald,
also im übernächsten Jahr, auch bei uns im Lande zum Einsatz kommen werden, wird sicherlich auch
auf diesem Sektor weiterhelfen. Das Problem ist nur, sodaß es sehr, sehr schwierig ist,
Sonderkindergärten ins Leben zu rufen. Ich glaube, hier wird noch sehr viel Aufklärungsarbeit, vor
allem bei den Eltern, notwendig sein. Es besteht bei den Eltern eine große Scheu, die Kinder in
Sonderkindergärten zu geben. Es mögen die verschiedensten Gründe dafür maßgeblich sein.
verständlich ist der Transport der Kinder in diese Gruppen ein besonders großes Problem. Ich bin
aber überzeugt, daß speziell in Sonderkindergärten für behinderte und schwerst- behinderte Kinder im
Frühestalter am meisten Gutes getan werden kann.
Ich war vor kurzem wieder einmal im Schwedenstift. Es ist erschütternd auf der einen Seite und auf
der anderen Seite wirklich erfreulich zu sehen, daß dort Kinder, die erst zwei bis drei Monate in
Behandlung -- Behandlung ist ja hier falsch - in Betreuung der Kindergärtnerinnen stehen, die voll
bettlägerig hingekommen sind, sich nach drei Monaten schon bewegen können, selbst essen können,
und teilweise auch schon langsame Schritte gehen können. Das ist in einem anderen Alterstadium in
dieser rasanten Entwicklung kaum durchführbar. Deswegen glaube ich, daß speziell hier wirklich noch
sehr, sehr viel geleistet werden kann und geleistet werden muß. Ich hoffe auch, daß das nächste Jahr,
das Jahr der Behinderten, noch zusätzliche Initiativen setzen wird. Wie gesagt, wir alle werden an der
Aufklärung und beim Reden mit den Eltern mitarbeiten müssen.
Meine Damen und Herren, nochmals zum Abschluß: Ich glaube, wir können gemeinsam auf das
Kindergartenwesen Niederösterreichs stolz sein. Es ist und bleibt vorbildlich für ganz &erreich. Auch
ich möchte wieder allen jenen danken, die in diesem Bereiche tätig sind und laufend weit über ihre
Verpflichtungen hinaus für unsere Kinder in Niederösterreich arbeiten.
Das zweite Thema, zu dem ich hier sprechen möchte, ist in der Gruppe 2 der Bereich des Sportes und
der sportlichen Betätigung. Das Budget gibt jeses Jahr die Möglichkeit, gewisse Analysen anzustellen,
einen gewissen Rückblick zu machen und sicherlich auch einen kurzen Ausblick auf die Zukunft. Wir
haben in den letzten Jahren eine starke Veränderung im Bereich des Sportes miterleben können, wir
haben erleben können, daß die Verbände, Dach- und Fachverbände, aber auch die Vereine stärker
werden. Wir sind im Bereich des Breitensportes in Niederösterreich weit vorangekommen. Wir haben
die Fitwelle wie kein anderes Bundesland weit vorantreiben können, allein das Emblem des ,,Peter
Fit" stammt ja aus Niederösterreich und wurde über unsere Grenzen hinaus bekannt. Auch in
Deutschland (hat man dieses Symbol übernommen.
Wir haben hier spezielle Aktivitäten gesetzt, die wirklich beispielgebend waren. Wir haben am
Lehrlingssportsektor neue Wege begangen, wir haben den Behindertensport im Rahmen der
Sportförderung intensivst betrieben. Der Seniorensport ist in Niederösterreich im Kommen. Wir haben
den Spitzensport deswegen nicht zurückstellen müssen, im Gegenteil, wir sind im Spitzensport, wenn
man die Ergebnisse, die Meistertafeln der laufenden Jahre liest, bestens, in der Anzahl der
Spitzensportler sogar noch viel, viel weiter (Landeshauptmannstellvertreter Grünzweig: Sie sind nicht
mehr aktiv!) Ich meine, ich brauche nicht die einzelnen Leistungen aufzuzählen, bei den letzten
Olympischen Spielen waren aus Niederösterreich etliche Teilnehmer dabei und vor allem die
angenehmsten Überraschungen stammen ebenfalls aus unserem Bundesland.
Das Aufholen ist in den letzten Jahren sehr rasant vor sich gegangen. Wenn man zurückdenkt an die
Sechzigerjahre, ich habe es schon einmal gesagt, !hat unsere Auswahlmannschaft im Handball in
Wiener Neustadt auf einem Aschenplatz bei eisiger Kälte gespielt, weil es damals in Niederösterreich
noch keine einzige Halle gab, die für Iden Handballsport spielbar war. Wir haben jetzt bereits 26
Großhallen, die siebenundzwanzigste wird Anfang kommenden Jahres in Betrieb genommen werden.
Meine Damen und Herren, wenn man die letzte Statistik, die das ÖISS, das Österreichische Institut für
Schul- und Sportstättenbau, herausgegeben hat - sie ist noch nicht ganz komplett, es wurde erhoben
bis zum Jahre 1978 -, so sind wir mit 26 Großhallen weit, weit voran. Die Stadt Wien hat nur 13 Hallen
dieser Art, Oberösterreich 10, Steiermark 13, also der Abstand zu den anderen Bundesländern ist hier
enorm. Es ist nicht nur auf dem Hallensektor so. Wenn ich jetzt die Sportplätze hernehme, die
typisierten Anlagen, so hatten im Jahre 1976 bereits eine Deckung von 69% des Bedarfes. Wenn die
Projekte, die bereits eingereicht und auch weitgehend schon fertiggestellt sind, hinzu- gerechnet
werden, so haben wir eine Deckung des Bedarfes von 94%. Das nächstbeste Bundesland ist hier Burgenland kann man vielleicht in dem Ausmaß nicht nehmen mit 90%, die haben es ein bisserl
leichter durch ihre Größe als wir - mit 73% das Bundes- land Salzburg. Auch hier ein enorm großer
Fortschritt. Ich glaube, wir können darauf sehr, sehr stolz sein. Das ist das Zeichen der gezielten
Sportförderung.
Und wenn wir jetzt oft und oft hier im Landtag debattiert haben, da3 Sportbudget wäre noch zu klein
und mit (anderen Bundesländern nicht vergleichbar, so haben wir hier - nicht nur ich, sondern alle
Redner - einhellig darauf hingewiesen, daß weitaus mehr als die Deinen Sportförderungsmittel für die
Anlagen für die sportliche Betätigung in Niederösterreich ausgegeben wird. Daß diese Erfolge sonst
nicht zu erzielen gewesen waren, ist wohl eine Selbstverständlichkeit. Ein gewisser Sättigungsgrad ist
genauso wie beim Schul- und Kindergartenbaufonds (Landeshauptmannstellvertreter Grünzweig:
Mehr im Schulbau!) eingetreten und man sieht es auch an der Art der Ansuchen, die jetzt in der
Sportabteilung einlaufen, daß der Bedarf andersartig wind. Es werden zum Beispiel jetzt viel mehr
Mittel für Verbesserungen der Flutlichtanlagen, zusätzliche Aufenthaltsräume oder sonstiges
eingereicht.
Etwas, das uns sehr am Herzen liegt und das wir in der nächsten Zeit rasant angehen müssen, ist das
Problem der Sanierung, besser vielleicht gesagt der Regenerierung der Sportanlagen. Wir haben rund
750 typisierte Sportplätze in Niederösterreich, die teilweise schon mehr als zehn Jahre alt und eben
jetzt soweit sind, daß man sie herrichten müßte. Wenn das nicht bald gemacht wird, wird es soweit
kommen, daß die Drainagen auch schon gerichtet werden müssen. Heute kostet die Regenerierung
für so eine Anlage 150.000 bis 200.000 Schilling. Wenn man noch ein, zwei Jahre wartet, welche
Gefahr natürlich besteht, weil die Vereine ja meistens das Geld nicht haben, so wird das dann
vielleicht 300.000, 400.000 oder 500.000 Schilling kosten. Man könnte also heute mit weitaus
geringerem finanziellem Einsatz dasselbe erreichen, was man in einem Jahr machen muß. Es hat hier
bereits Absprachen mit dem Fußballverband gegeben, der bereit wäre, die Federführung zu
übernehmen, Ausschreibungen zu tätigen und in einem geregelten Einsatz die Anlagen, die
Fußballplätze, also die Rasenfelder, zu regenerieren.
Und ich glaube, wir sollten auch von der Sportförderung her einen Anreiz gestalten, daß die Leute
wirklich frühzeitig die Anlagen herrichten, um Schäden, die später weitaus mehr kosten, zu verhindern.
Ein Problem, das mir sehr am Herzen liegt, das auch laufend in den Sportratsitzungen in letzter Zeit
durchklingt, wofür ich noch keine Lösung anbieten kann, aber worüber man sicherlich in der
Kommenden Zeit reden wird müssen, ist das Problem der hohen Betriebskosten dieser sicherlich
wunderschönen Anlagen. Es ist heute soweit, daß sich die Vereine, die einen Meisterschaftsbetrieb
führen, diese Betriebskosten, diese Mieten, gar nicht mehr leisten können. Wir kommen dann dorthin,
daß diese schönen Anlagen, bestens qualifiziert für absolute Spitzenleistungen, nicht mehr von den
Spitzensportlern benützt werden, sondern von Leuten, ,die es sich eben leisten können. Wenn die halt
Tennis spielen drinnen, zahlen sie gerne einen anderen Betrag, als wenn dort eine Mannschaft
trainieren muß. Ich habe nur ein Beispiel überschlagsmäßig durchgerechnet. So eine Halle kostet pro
Trainingsstunde 500 bis 600 Schilling. Ein Meisterschaftsverein umfaßt von Miniknaben über Schüler,
über Jugend, Über die zweite Mannschaft bis zur Meistermannschaft rund fünf Vereine. Mindestens
20 Trainingsstunden, das ist ganz knapp berechnet, kosten in der Woche 10.000 Schilling; 40
Trainingswochen muß man rechnen, das sind also 400.000 Schilling und da ist noch kein Spielbetrieb
dabei. Rund 10 Heimspiele haben solche Mannschaften, das sind ja teurere Spiele, die werden noch
höher verrechnet, wiederum 450.000 Schilling, also man muß rechnen, rund eine halbe Million
Schilling für die reine Miete der Halle für Heimspiele. Da ist noch kein Auswärtsspiel und noch gar
nichts anderes dabei. Ich brauche nicht mehr weiter darüber reden, glaube ich. Jeder, der mit dem
Sport zu tun hat, weiß, daß die Vereine, die ja nur von Sponsorgeldern leben können, weil die
Eigeneinnahmen eines Vereines sind minimal, diesen Betrieb bald nicht mehr aufrecht halten werden
können. Wie gesagt, das muß durchdiskutiert werden, man muß sich überlegen, wie man hier Hilfen
ansetzen kann oder wie man hier eingreifen kann.
Auch bei einem anderen Budgetansatz kann man verfolgen, daß eine gewisse Sättigung entstanden
ist, ich denke hier an den Budgetansatz zur Förderung der Sportgeräte. Hier ist die Sättigung bis zu
einem gewissen Grad erreicht, die Ansuchen werden weniger. Dafür ist auf einem anderen Sektor,
das ist der Sektor der Veranstaltungen, der Boom der Einreichungen um Hilfe und Unterstützungen
größer geworden. Ich glaube, das liegt vor allem daran, daß zu Beginn der 70er Jahre der Trend zum
vereinsungebundenen Sport bis zu einem gewissen Grad war, man hat den Sportplatz der offenen Tür
propagiert, der heute fast nimmermehr existent ist, die Gemeinden haben sich sehr intensiv befaßt,
man hat über den ,,Animateur" gesprochen und auch wir haben hier schon einige Male darüber
gesprochen, wie man die Leute dazu bringen könnte, wieder Sport zu betreiben. All das muß man
heute als fehlgeschlagen bezeichnen. Heute ist die Bewegung zurück zum Verein. Heute leben die
Vereine wiederum. Und das ist nun, glaube ich, der Grund, daß jetzt auch der Wunsch der
Vitalisierung der Anlage durch den Verein wiederum gegeben ist, daß hier mehr Aktivitäten gestartet
werden. Ich glaube, hier sollte man ebenfalls helfend eingreifen, denn der Verein kann mit seinen
tausenden ehrenamtlichen Mitgliedern das alles schneller, leichter lebensnäher und auch viel, viel
billiger machen als die öffentliche Hand.
Wir haben einige Beginne ja schon gesetzt. Es ist die Trainerunterstützung. Das sind erste Schritte,
sie haben geholfen, wir werden auch hier weitergehen müssen. Ich habe über das Problem der Mieten
gesprochen und auch das ist sicherlich eine Frage, die hier hineingeht, obwohl wir uns hier klar sein
müssen, daß nicht alles umsonst sein muß. Wir können sehr wohl bei manchen Veranstaltungen
innerhalb eines Vereines sagen, die Leute sollen eine kleine Entschädigung leisten. Sie zahlen es
gerne, wenn sie gut betreut werden. Ich denke an das Kinderturnen, ich denke an das Mutter-KindTurnen, an das Turnen der Senioren, die sehr gerne mitzahlen.
Wir haben jetzt auch die Möglichkeit, Veranstaltungen zu fördern und wir haben, auch das ist ein
neuer Versuch, der im Rahmen unseres Sportgesetzes möglich ist, eine Schulung, eine Weiterbildung
für die Funktionäre begonnen. Der erste Versuch wurde auf Grund einer Anregung aus dem Kreise
der Vereinsfunktionäre bei einer Sportpressefahrt in St. Pölten im WIFI gemacht, es war die Bitte nach
einer Funktionärsschulung im Bereich des Pressewesens, weil die meisten Funktionäre mit der Presse
den Umgang nicht verstanden haben oder ihn gesucht haben. Das ist vor rund zehn Tagen jetzt im
Bundessportzentrum erstmals durchgeführt worden und hat enorm guten Anklang gefunden. Es wird
nun versucht, eine Pressefibel für alle interessierten Vereine herauszugeben, um einmal auch hier
etwas an der Hand zu haben.
Ich glaube, den Vereinen gehören die 80er Jahre, ihnen gehört zumindest die nächst absehbare
Zukunft. Sie können sich schneller, weil sie einfach beweglicher sind, an die Wünsche der Menschen
anpassen, weil sie auch mitten drinstehen, weil sie eben ein Teil der Leute sind. Sie haben in letzter
Zeit neue Wege begangen und dadurch auch den großen Zustrom, den man ja in der
Mitgliederentwicklung sehen kann, gehabt. So ist das Mutter-Kind-Turnen zu einem enormen
Interesse gekommen. Der familienspezifische Sport den Familienurlauben, Familienausflügen,
Familienschifahrten, auch da ist ein großer Bedarf der Bevölkerung gewesen. Wir haben zum Beispiel
von den Vereinen jetzt diese Sportlerwochen in den Ferien durchgeführt. Auch hier kann man gar
nicht genügend Plätze anbieten, weil die Eltern ihre Kinder in diesem Bereich bestens betreut wissen
und genau das wollen sie ihnen auch bieten. Eine neue Idee, die erst seit wenigen Jahren entstanden
ist, sind die sogenannten Fitkurse, wo alles über Lifetimesports hineinspielt, vom Surfen über
Windsurfen bis zu Tennis und Reiten wird hier alles angeboten. Wenn man da einen Kurs ausschreibt,
ist er, kaum ausgeschrieben, schon voll belegt. Seniorenschikurse, auch das ist eine Sache, die in den
letzten Jahren einen enormen Aufschwung genommen hat. Man könnte hier einiges aufzählen, aber
wie gesagt, solche Initiativen sind äußerst positiv, solche Initiativen sind einfach zu unterstützen.
Wenn man vielleicht nur noch grundsätzlich etwas sagen darf: Im Sport gibt es Regeln, im Sport gibt
es Grundsätze, und ich glaube manchmal, wir sollten die Regeln, die im Sport vorhanden sind, ins
normale Leben herübernehmen. Uns bliebe einiges erspart, wenn man sich einfach an die Regeln hält
und weiß, wenn man das nicht tut, dann wird man disqualifiziert. Man sollte einfach wissen, wenn man
etwas leistet, dann wird man immer vollkommener, wenn man nichts arbeitet, wird man keinen Erfolg
haben. Das ist sicherlich eine Einstellung, die man den Menschen mitgeben sollte. Im Sport ist das
eine Selbstverständlichkeit, dort wächst sie mit dem Kind heran und sie bleibt einem vielleicht auch
dann in Fleisch und Blut.
Ich möchte zum Abschluß dem zuständigen Referenten danken. Im letzten Jahrzehnt ist in
Niederösterreich am Sportsektor sehr, sehr viel geschehen. Vor allem danke ich dem Vorsitzenden
des Sportrates, Landeshauptmann Maurer, der selbst sehr lange Zeit dieses Referat betreut hat. Ich
möchte ihm hier auch zum Abschluß herzlich danken für seine Arbeit und seine sportliche Tätigkeit
und alles Gute wünschen. Und ich bitte den Herrn Landesrat Schauer, der mit viel Elan in der kurzen
Zeit eingestiegen ist, daß wir diese Arbeit, die wir gemeinsam in Niederösterreich im Bereiche des
Sportes so erfolgreich begonnen haben - denn letztlich ist es wiederum nur ein Beginn -, fortsetzen
zum Wohle unserer Jugend, zum Wohle der gesamten Bevölkerung Niederösterreichs. (Beifall bei der
ÖVP und einigen Abgeordneten der SPÖ!)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt der Abg. Kalteis.
Abg. KALTEIS: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren des Hohen
Landtages! In der Gruppe 2 finden wir für Erziehung, Unterricht, Sport und Wissenschaft Ausgaben
von 5.281,994.000 Schilling, das entspricht einer Steigerung gegenüber dem letzten Voranschlag um
7,8%. Da die letzte Steigerung bei 6,4% lag, muß diese Anhebung gleich eingangs als besonders
lobenswert hervorgehoben werden.
Am Schuljahrsbeginn 1980/81 zählte man in Niederösterreich 663 Volksschulen, das waren um 4
weniger (als im Vorjahr, 263 Hauptschulen, das waren um 2 mehr, 31 selbständige PL und 105
Sonderschulen, das waren um 3 mehr. Die Klassenzahlen stiegen in den Volksschulen von 3.201
Klassen auf 3.313, in den Hauptschulen fielen sie von 2.814 auf 2.761, die ASO-Klassen fielen um 3
auf 524 und die PL-Klassen von 276 auf 264. Die Schülerzahlen an den Volksschulen sanken weiter
auf 75.582, das ist ein Minus von 3.323, an den Hauptschulen auf 71.634, das ist ein Minus von
2.319, an den Allgemeinbildenden Sonderschulen auf 5.919, das ist ein Minus von 374 und an den
Polytechnischen Lehrgängen auf 6.924, das ist ein Minus von 659 Knaben und Mädchen. Die
Gesamtschülerzahl an unseren Pflichtschulen sank um insgesamt 6.647 Buben und Mädchen auf
157.740 Kinder. Erfreulich zu berichten ist, daß es schon seit längerer Zeit keine Klassen mit
Überschreitung der Klassenschülerhöchstzahl 36 und auch keine Stundenkürzungen gibt.
Als sehr bemerkenswert kann auch berichtet werden, daß trotz sinkender Schülerzahlen im
Pflichtschulbereich die Organisationsform der Volksschulen nicht nur gehalten, sondern sogar
verbessert wurde. Fast drei Viertel aller Volksschüler besuchen die vierklassige Volksschulform, 4 %
die dreiklassige Volksschule, fast 20% die zweiklassige und nur 2% aller Buben und Mädchen im
Volksschulbereich besuchen die einklassige Kleinstschule.
Im Versuchsschulwesen gab es im Bereich der Allgemeinbildenden Pflichtschulen sowohl bei den
Standorten als auch bei den Klassen wieder an sich erfreuliche Ausweitungen. Nur auszugsweise
erwähnt sei die Vermehrung der Vorschulklassenstandorte von 17 auf 28 und der Klassen von 18 auf
29, die Erhöhung der Standorte für die fremdsprachliche Vorschulung um 12 auf 444 und die
Ausweitung der Standorte für die integrierte Gesamtschule von 33 auf 39 bzw. von 269 Klassen auf
292. Drei Schulen erproben weiter die Ganztagsschule, 13 Schulen, um vier mehr als im Vorjahr, die
Tagesheimschule. Alles in allem eine sehr positive Richtung, die im Bereich des
niederösterreichischen Pflichtschulwesens gegangen wird.
Nachdem nun hier einige Zahlen gebracht wurden und am kommenden Sonntag, dem 7. Dezember
1980, ein besonders denkwürdiger Tag in der Geschichte des Schulwesens des gesamten
Bundeslandes Niederösterreich gefeiert werden wird, ein einmaliges Ereignis, die Eröffnung des
1.000sten Bildungsneubaues, einer Volksschule in Lassee, so möchte ich mich jetzt einmal ein
bißchen mit dem Schul- und Kindergartenbau in Niederösterreich bzw. mit dem entsprechenden
Fonds beschäftigen. In den 20er und 30er Jahren wurden in Niederösterreich etwas mehr als 20
Bildungsbauten errichtet. Der 1949 vom damaligen Landeshauptmannstellvertreter Franz Popp
initiierte NÖ Schul- und Kindergartenbaufonds (Abg. Ing. Schober: Unter der Ägide Steinböck!) - ein
schönes Vergelts Gott für den Einwurf, aber initiiert vom damaligen Landeshauptmannstellvertreter
Franz Popp und unsterblich verbunden mit den Namen Popp, Kuntner und Grünzweig - kann also auf
den 1.000sten Bau in rund 30 Jahren verweisen. Sehr geehrte Damen und Herren rechts von mir,
wenn nicht ein Fahrplan eingehalten werden sollte, man ist ja fast aus Kollegialität dazu verpflichtet,
dann könnte ich auch aus den ersten Jahren des Schul- und Kindergartenbaufonds aus Zeitungen
zitieren, was damals darüber geschrieben wurde. (Abg. Romeder: Zitiere einmal etwas!) Na ja, das
habe ich nicht so unter der Irxen. Meine Damen und Herren, darf ich einen kleinen Einwurf machen?
Ich habe mich schon gefürchtet, daß ich einmal zum Rednerpult komme und der Kollege Anzenberger
sitzt als Berichterstatter hinten. Da ginge mir etwas ab. Jetzt habe ich ihn, also paßt es. (Heiterkeit.)
Welch eine Leistung wurde hier durch diesen Schul- und Kindergartenbaufonds vollbracht! Eintausend
Bildungsbauten, meine Damen und Herren! Rund 9,5 Milliarden Schilling wurden verbaut und manche
Gemeinde, das kann man doch, glaube ich, allen Kolleginnen und Kollegen, die als Bürgermeister
oder Gemeindefunktionäre, ob rechts oder links, hier sitzen, nachfühlen, daß sie wohl den letzten
Groschen oft zusammengekratzt haben, um für die heranwachsende Jugend die neuen und
bestmöglichen äußeren Bildungsbedingungen zu schaffen.
Und es gebührt hier zunächst einmal allen Gemeindefunktionären, egal zu welchem Lager sie sich
bekennen, allen Bürgermeistern und allen Gemeinderäten, die für diese Bauten die Hand gehoben
haben, der aufrichtige Dank, denn Leistungen auf diesem Sektor bedeuten auch Verzicht auf andere
Möglichkeiten, für die Gemeindebürger etwas zu leisten. Denn das Geld kann ja bekanntlich nur
einmal ausgegeben werden. Aufrichtigen Dank also für diese Bereitschaft aller Gemeindefunktionäre
in Niederösterreich.
Imponierend ist auch das Tempo, das bei diesen Bauten zu beobachten ist. Wenn man bedenkt, daß
für die ersten hundert Schulen und Kindergärten immerhin sieben Jahre benötigt wurden, daß die
zweiten hundert schon nach vier Jahren übergeben und 1978 bereits 900 fertig waren, so brachte
man für das letzte hundert nur mehr zwei Jahre und die sagenhafte Vollendung ist eben diese
Jubiläumsschule in Lassee. Ich kann mir vorstellen, daß sich - ohne Neid wollen wir nach Lassee
blicken - Bürger von Lassee der Bürgermeister, die Gemeindefunktionäre, die gesamte Bevölkerung
und auch die Kinder sicherlich freuen werden, daß sie die tausendste Schule haben werden. In den
letzten Jahren wurde also, das wollen wir ausdrücklich festhalten, in Niederösterreich alle fünf bis
sechs Tage eine Schule oder ein neuer Kindergarten fertig. Das ist eine unüberbietbare Leistung aller.
Die eintausend Bauvorhaben, das sei vielleicht auch erwähnt, gliedern sich in 422 Kindergärten, 313
Volksschulen, 179 Hauptschulen, 72 Volks- und Hauptschulen, 8 allgemeinbildende Sonderschulen
und 6 polytechnische Lehrgänge.
In der Sitzung des Landtages vom 20. November 1980 beschlossen wir eine Gesetzesänderung, die
unsere Bildungsbauten und Areale in Zukunft problemloser für Vereine und Organisationen öffnen
wird. Eine begrüßenswerte Entwicklung, die dazu führt, daß unsere Schulen wieder in größerem
Umfang nicht nur bildungsmäßiges sondern auch kulturelles und gesellschaftliches Zentrum der
jeweiligen Gemeinden werden. Damit sind auch die erwähnten 9,5 Milliarden Schilling Bauaufwand
doppelt gerechtfertigt und ist auch ein besonders erfreulicher Aspekt einer jahrzehntelangen
erfolgreichen Schulpolitik des Bundeslandes Niederösterreich gegeben. Allerdings möchte ich
feststellen, daß ein Ende, wie es in der Einbegleitungsrede des Herrn Landeshauptmannstellvertreter
Ludwig angeklungen ist, mir nicht abzusehen scheint. Denn mit Stichtag 1. Oktober lagen beim Fonds
so viele Ansuchen um Beträge für Neubauten sowie für Zu- und Umbauten vor, daß neu eingebrachte
Ansuchen vielleicht erst ab 1984 Berücksichtigung finden könnten.
Wenn man bedenkt, daß auch Überlegungen in Richtung Ausdehnung der Fondsaufgaben angestellt
werden, möchte ich hier nur ein Stichwort in die Diskussion werfen: Jugendheime. Die Überlegung ist
doch legitim, ja vielleicht sogar notwendig. So kann, das möchte ich ausdrücklich festhalten, der vom
Herrn Landeshauptmann für die nächsten Monate angekündigten Schulbautenquote mit größtem
Interesse, aber auch mit berechtigter Hoffnung entgegengesehen werden.
Obwohl auf dem Bausektor trotz tausend neuer Schulgebäude noch einiges auf uns wartet, sind
zweifelsohne die äußeren Bedingungen in unseren Schulen beachtlich verbessert worden.
(Zweiter Präsident Binder übernimmt den Vorsitz.)
Kostenfreie Schulbücher und Schulfreifahrten sorgen für eine Entlastung der Familien, sinkende
Klassenschülerzahlen bringen bessere pädagogische Bedingungen und auch der Nulltarif, der hier
angezogen wurde vor ein paar Minuten, ist sicherlich zu den lobenswerten Entlastungen der
niederösterreichischen Familien zu zählen. (Abg. Zimper: Das ist die gute Politik der ÖVP!) Bitte
schön, mich stört nur eines, das ist das Wort ÖVP. Eine gute Politik war es für die Schule, Kollege
Zimper. Es gibt eine ÖVP-Schulpolitik und es gibt die NÖ Schulpolitik für unser gemeinsames
Bundesland Niederösterreich. (Beifall bei der SPÖ.)
Kommen wir jetzt zu etwas ganz anderem. Zu dem Ringen um die Schule der Zukunft, um die neuen
Organisationsformen und im besonderen Tagesheimschule, Gesamtschule und was da alles so
diskutiert wird und diskutiert wurde, möchte ich vielleicht am Schluß der heutigen Beratungen die
Aufmerksamkeit des Hohen Landtages auf zwei Problemkreise lenken, die vielleicht dem
Sammelbegriff - bei einiger Nachsicht bitte der reinen Schulleute hier - der ,,inneren Schulreform"
zuzuordnen wären. Hierher gehört einmal die Reform unserer Lehrpläne. Zu mir kannst Du Vertrauen
haben, Kollege Anzenberger, DU wirst nicht enttäuscht werden. (Abg. Romeder: Das ist aber wahr.
Dem kann man vertrauen!) Welch Klagelied, wenn ich von den Lehrplänen rede, kann ein Lehrer mit
rund 30 Dienstjahren (Abg. Romeder: In Pension gehen!) in diesem Zusammenhang anstellen. Als ich
zum Beispiel die Ehre hatte, vor 30 Jahren in den niederösterreichischen Schuldienst aufgenommen
zu werden. (Abg. Romeder: Ist schon lange her!) da hatten - ich gebe zu, das ist eine sehr primitive
Darstellung - die Mathematikbücher die Stärke nicht ganz des kleinen Fingers. Heute sind sie doppelt
so dick. Ich werde noch darauf zurückkommen. Die Themen haben sich ganz beachtlich vermehrt.
Darf ich vielleicht nur - ich weiß nicht, welcher Richtung die Kollegen Magister und so weiter
zugehören, ich weiß es nur vom Kollegen Wallner - hier die Mengenlehre zitieren. Na, da war ich
gerade, wenn ich das so sagen darf, ein von den Eierschalen befreiter Lehrer in der Hauptschule,
hatte meine Mathematikprüfung unter anderem auch gemacht, und da kam die Mengenlehre in die
Schule. Ich rede von der Lehrplanreform. Meine Damen und Herren, wenn Sie wollen, kann ich damit
was beweisen. Das wurde den üblichen Lehnbüchern ganz einfach, wie einem Zwetschkenbaum ein
Weichselzweig, aufgepropft. Da ist keine Seite verschwunden von der Gesamtmathematik, die üblich
war, die Mengenlehre wurde draufgepfropft. Das wieder ganz einfach bildlich dargestellt: zu den 196
Seiten der Schulmathematik kamen die 48 Seiten Mengenlehre dazu. Nichts blieb weg, alles blieb
beim Alten. Und eine unangenehme Begleiterscheinung war und ist es heute noch, daß
beispielsweise am vergangenen Freitag eine Mutter bei mir war und gesagt hat, Herr Bürgermeister,
möchtest nicht so gut sein und mit dem Herrn Direktor reden, er soll für die Eltern einen
Mengenlehrekurs organisieren, damit sie da in den ersten Hauptschulklassen mitkommen. Unsere
guten Mütter helfen sehr gerne daheim, die Väter haben ja für so etwas meistens keine Zeit. Man soll
hier also die Mütter sozusagen auch mitschulen. Sehr geehrte Damen und Herren, ich fühle mich
keineswegs befugt, als Bewerter der Mengenlehre aufzutreten. Aber eines tät mich wirklich
interessieren, vielleicht kann mir jemand aus der Mitte des Landtages sagen, wo ich das erfahren
kann. Ich wüßte gerne, ob auch Einstein und Wernher von Braun ihre mathematischen Gehversuche
im Klima der Mengenlehre oder ,,nur" nach alter Art getan haben. Ich weiß es nicht. Nur eines weiß
ich, daß man im deutschen Raum bereits - angeblich, ich kann das nicht belegen - davon wieder
abkommt.
Aber es kommt ja noch dicker, Herr Kollege Zimper. Im Lehrerseminar, haben wir gelernt: ,,Nicht für
die Schule, für das Leben lernen wir." Welch eine fundamentale Weisheit! Da muß ein Schüler des
zweiten Klassenzuges der Hauptschule die Flimmerbewegungen erklären können, die eine Koralle bei
der Nahrungsaufnahme macht. Da hört er von der Resistenz mancher Gräser gegenüber klimatischen
Einflüssen, ohne zu wissen, was Resistenz ist, da hört er von Fungiziden, von Herbiziden, von
Edaphon und Restbiotop und Kultursteppe und von Kulturwüste und vom Frettchen, das eine
albinoide Abart des Iltisses ist. Sehr geehrte Damen und Herren, es tut mir sehr leid, aber ich habe
noch nicht die Spitze erklommen. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Da bereitet sich die Frau Lehrer der vierten
Volksschulklasse auf den Sachkunde- Unterricht vor und füllt dabei, wie es sich halt so gehört, auch
die Arbeitsblätter, die die Kinder am nächsten Tag ausfüllen müssen, selber aus. Und da weiß sie
plötzlich nicht, die Frau Lehrer, in welche Spalte muß man jetzt den Schwalbenwurzenzian eintragen.
(Heiterkeit im Hause.) Die Frau Lehrer hat das nicht gewußt, da waren nämlich zwei Spalten, die eine
hat geheißen ,,Alpenblumen" und die andere ,,Bergblumen". Wo tragen Sie jetzt den
Schwalbenwurzenzian ein, bei den Alpenblumen oder bei den Bergblumen? Das Buch kann ich
bringen, das ist approbiert. So, jetzt geht es aber weiter. Weil sie sich nicht ausgekannt hat, da frug
die Frau Lehrer ihren Gatten. (Abg. Kurzbauer: Den Herrn Direktor Kalteis!) Den Herrn
Hauptschuldirektor hat sie gefragt. Du, hat sie gesagt, wo tragen wir denn das ein? Und da hab ich
gesagt, bei den Alpenblumen - ach so, jetzt habe ich schon alles verraten. Da habe ich gesagt bei den
Alpenblumen und meine Frau war für die Bergblumen. Das Fazit war dann, daß der
Schwalbenwurzenzian gestrichen wurde, weil wir nicht gewußt haben, wo er hingehört. Das ist nur
eine kleine Idylle aus dem Hause Kalteis am Abend, während sich meine Gattin vorbereitet hat. Meine
sehr geehrten Damen und Herren, ohne zu freveln, ganz ernst: Der Herr schicke den Mitgliedern der
Approbierungskommission den Mut und die Erleuchtung, damit endlich ähnliche Beispiele - sonder
Zahl könnten sie aufgezählt werden - verhindert werden. (Heiterkeit im Hause. - Beifall.)
Meine Damen und Herren, darf ich fortfahren. Hier ist ganz eindeutig etwas nicht in Ordnung, da läuft
etwas nicht auf dem rechten Geleise, da gehört gesiebt und gereinigt und ich sage Ihnen, da gehört
mit dem Reisbesen gekehrt. (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Bravo!) Und jetzt frage ich Sie,
wer soll da säubern? (Abg. Zimper: Der Minister!) Ich möchte da schon, um nicht unnötig und nicht
ungebührlich in einen unguten Verdacht zu kommen, festhalten, entschuldigen Sie, daß ich wirklich
immer gerne in meinem Beruf war, immer gerne Lehrer war und mich heute noch nach 30 Jahren als
Lehrerfunktionär (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Da wärst Du zu jung!) zur Kollegenschaft
bekenne. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe seit meinem zweiten Dienstjahr bei
Kommissionen mitgearbeitet, erst vom Schulinspektor eingeteilt und dann selber aus Interesse, die die
Reduzierung der Lehrpläne, der Lehrstoffe zur Aufgabe hatten, die Vorschläge für Reformen machen
sollten. Und ich war damals, als ich so meine fünf, sechs Jahre abgedient hatte, über einen Ausspruch
sehr, sehr böse. Vorher möchte ich nur die Frage wiederholen, wer soll säubern? Und gegen Ende der
50er Jahre war ich sehr böse mit meinen gleichartigen Kollegen, sehr böse über einen Ausspruch, der
damals gelautet hatte: ,,Alles, was mit der Schule zusammenhängt, gesetzmäßig, das müßten die
Eisenbahner machen". Das war damals ein geflügeltes Wort im Nationalrat. (Heiterkeit bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, wir haben uns damals ganz gewaltig geärgert über diese Nichtachtung
unseres Standes. Aber ich möchte heute, nach 30jähriger bescheidener, allerdings persönlicher
Erfahrung schwer davor warnen, den Geschichtslehrern die Geschichtspläne korrigieren zu lassen
und den Naturgeschichtslehrern oder wie es heute heißt, Biologie und Umweltkunde, die Lehrpläne für
Biologie und Umweltkunde. Denn die Geschichtslehrer, die wissen so wunderbar, was bei den
Biologie- und Umweltkundestoffen weggehört. Und die Naturgeschichtler wissen ganz genau, was in
Latein und in Mathematik hinausgehört. Ich würde hier raten, daß man, wenn es hier zu Reformen
kommt, nicht nur die Leute hört, die letztlich schon damit arbeiten müssen, nämlich meine Kolleginnen
und Kollegen. (Abg. Präsident Reiter: Aber die Eisenbahner auch nicht, Herr Kollege!)
Entschuldigung, das war ja nur ein Beispiel von damals, das möchte ich schon festhalten. Ich glaube
eben, alle Besonnenen, aus dem Leben schöpfenden Gruppen des Landes sollen entscheiden, durch
die gesetzgebende Körperschaft natürlich, was in Zukunft unterrichtet werden soll.
(Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Kannst ja weiterlesen!) Meine sehr geehrten Damen und
Herren, man hat natürlich auch sein Redekonzept und ich habe mir hierhergeschrieben und weil der
Herr Landeshauptmannstellvertreter gesagt hat, daß ich weiterreden darf, sage ich es auch: Ich habe
hier stehen, für die Lehrplanreform den Traisener Alpinegruß ,,Glück auf!"
Im letzten Abschnitt meiner Ausführungen, der, glaube ich, schon sehr ernst ist und der auch Antwort
gibt auf den Einwurf des Kollegen Kurzbauer, möchte ich noch ein Problem zur Sprache bringen. Eine
Gruppe von Wissenschaftlern der Londoner Universität hat die Entwicklung von dreieinhalbtausend
Kindern der Londoner Sekundarschulen untersucht. Es waren dies ein Kinderpsychiater, eine
Sozialwissenschafterin, ein Lehrer, eine Entwicklungspsychologin und ein Statistiker. Sie untersuchten
unter anderem, welche Bedingungen in der Schule überhaupt eine Rolle spielen für die Entwicklung
der Kinder und ob es für Londoner Schulverhältnisse von Bedeutung ist, ob die Grundschule in der
eigenen Straße oder vielleicht zwei Querstraßen weiter besucht wird, ob es also von Bedeutung ist,
welche Schule ein Kind besucht. Aber gleichrangige Schulen. wenn ich das so sagen darf. Auf Wien
bezogen, halt, ob es in der Gasse A oder drei Gassen weiter in der Gasse B die Volksschule besucht.
Dieses Londoner Universitätsteam hat untersucht, ob das Bedeutung habe, und diese Langzeitstudie,
die sehr kostenaufwendig war, brachte ganz verblüffende Ergebnisse. Eine Grundaussage war, die
Schule hat einen überaus wichtigen und meßbaren Einfluß auf die kindliche Entwicklung, wobei es
einen bestimmten Einfluß gibt, wie gesagt, welche Schule der gleichen Art ein Kind besucht. Das
überrachendste Ergebnis dieser Langzeitstudie die über acht Jahre lief, war: Die Schulleistungen der
besten Schüler aus einer schlechteren Schule lagen ungefähr auf dem Niveau der schlechtesten
Leistungen einer guten Schule. Am Ende entließen schlechte Schulen dreimal mehr
leistungsbeeinträchtigte oder anderweitig benachteiligte Schüler ins Leben als die Konkurrenz ein
paar Querstraßen weiter. Das britische Forscherteam hat damit exemplarisch (Zweiter Präsident
Binder gibt das Glockenzeichen.) und erstmals deutlich gemacht, daß Schulen, die nur einige
Kilometer voneinander entfernt liegen und mit Kindern aus genau demselben sozialen Milieu und mit
vergleichbarer intellektueller Begabung beschickt werden, ganz krasse unterschiedliche Schul- und
Erziehungsergebnisse produzieren können.
Der erzieherische Erfolg oder der Mißerfolg jeder der untersuchten Schulen wurde an vier Kriterien
gemessen. Erstens an der Präsenz in der Schule, am Schülerverhalten einschließlich der
Verhaltensstörungen, an den Lernleistungen einschließlich der Prüfungsergebnisse und an der
Delinquenzrate. Und das in -zig Einzeleinflüsse zerlegte, sonst empirisch kaum faßbar zu machende
Phänomen Schulklima einer Schule ermöglichte eine Analyse nach dem Grundmuster, ganz einfach
reduziert, was bewirkt voraussichtlich was oder umgekehrt, was wird nicht bewirkt. Für die
Lernleistung sowie für das Sozialverhalten - das ist jetzt sehr interessant, bitte, für Londoner
Verhältnisse - erwies sich unerheblich, ob die Schulen altmodisch oder modern, groß oder klein
waren; unter den Testschulen waren nämlich ganz lichtdurchflutete Neubauten, es waren aber auch
ganz alte, finstere Gemäuer darunter. Das Wissenschafterteam stellte fest; Weder die Größe, noch
das Alter bzw. die knappe oder die reichliche Ausstattung mit Lehrmitteln hatten einen meßbaren - das
ist das Entscheidende - Erfolg aufzuweisen.
In Schulen, und jetzt kommt es, mit klar formulierten Leistungsansprüchen - noch ein wichtiger Satz
jetzt, ob dieser Leistungsanspruch hoch oder niedrig war, das war egal, wenn er nur klar formuliert
war, wie wir halt im Lehrerseminar gelernt haben; den Schülern adäquat, haben sie uns damals
gesagt -- registrierte man bessere Prüfungsergebnisse und auch störungsfreieres Lehrer-SchülerVerhältnis. Wo die Lehrer ihren Stoff in Gruppen erarbeiteten und aufeinander abstimmten, wo der
Unterricht didaktisch, strukturiert und gut vorbereitet verlief, wo pünktlich begonnen und geschlossen
wurde, wo die Wände mit Bildern und Plakaten, vor allem aber mit Kinderzeichnungen geschmückt
waren, dort gab es die besten Einzelergebnisse. Eine insgesamt freundliche und geordnete
Atmosphäre erwies sich als besonders wichtig für alles Positive in der Schule. Ausdrücklich wird
festgehalten, daß diese Schulen nicht über Gebühr vielleicht reglementiert waren, sie waren nur
verbindlicher in ihren Prüfungs- und Erziehungsansprüchen, sie verstärkten mit beständigem Lob jede
positive Schülerreaktion und scheuten bei entsprechendem ungebührlichem Verhalten auch vor der
selbstverständlichen Rüge oder gar vor einer disziplinären Maßnahme zurück. Im Gegensatz dazu
waren in den, unter Apostroph, auch in der Studie angeführten „schlechten Schulen", zu beobachten:
Inkompetente Schulleiter, die nicht ernst genommen wurden, isolierte Lehrer im Lehrkörper, keiner
kümmerte sich um den anderen, Unpünktlichkeit bei Lehrern und Schülern, ungepflegte Gebäude,
Flure und Höfe, ramponierte Möbel, unwirtliche Klassenzimmer und beschmierte Klosette.
Diese Untersuchung und die daraus resultierenden Erkenntnisse waren nun, ich möchte das noch
einmal sagen, an Londoner Schulen zu beobachten. Sie können natürlich nicht unkritisch parallel
verschoben werden auf österreichische Verhältnisse, doch möchte ich sagen, daß gewisse
Ergebnisse einer ernsthaften Diskussion wert wären und vielleicht wäre auch eine ähnliche
Untersuchung in Österreich nicht uninteressant. Eines scheint mir heute schon auf jeden Fall außer
Streit. Ich spreche ja, Entschuldigung, über den Lehrer. Die rein finanzielle, technokratische
Besserstellung des Schulwesens, die wir absolut begrüßen und die wir maßgeblich initiiert und
gemeinsam durchgeführt haben, muß allein noch nicht jene Schule bringen, die wir uns vorstellen. Ein
überdimensionales Lehrschwimmbecken, ein großartiger Neubau, sehr viele Overheads und
Videorecorder, Sprachlabors in letzter Vollendung und und und, diese Dinge allein, bitte, sind
Voraussetzung, sie machen aber noch nicht den Schulfortschritt aus. Noch nie in der Geschichte
unseres Volkes hat es so viele Schulneubauten gegeben und heuer, ich habe das einleitend gesagt,
werden wir die tausendste Schule übergeben. Daneben muß aber auch die Diskussion um die innere
Reform des Schulwesens geführt werden. Die Lehrpläne und deren Entrümpelung habe ich schon
gestreift. Die Rolle des Schulklimas, des Lehrers, habe ich mit der Londoner Studie zur Sprache
gebracht.
Ich glaube, daß auch im Zeitalter ungeahnter Verbesserungen der äußeren Schulbedingungen nach
wie vor der Lehrer vor allem als Maßstab für die Qualität der Schule zu gelten hat. Daher wäre eine
weitere Verbesserung der Lehrerbildung und vor allem der Lehrerfortbildung begrüßenswert. Aus
persönlicher Erfahrung kann ich sagen, daß eine Zurückdrängung der rein wissenschaftlichen
Ausbildung zugunsten praxisnaher Bildung auf jeden Fall überlegenswert ist. Was wir brauchen, sind
Motivierungskünstler und nicht, vorwiegend in der Pflichtschule, Wissenschafter.
Zusammenfassend möchte ich feststellen: Mit der Inangriffnahme der aufgezeigten Probleme
brauchen wir nicht zu warten, bis beispielsweise der Meinungsstreit Gesamtschule - Tagesheimschule
und anderes ausgetragen ist. Außerdem wären die Kosten für die Realisierung auch nur einiger
Gedankengänge, die hier dargelegt wurden, sehr gering. Es geht um die innere Schulreform. Ich rufe
daher alle Verantwortlichen in Bund und Land auf: Gemeinsam können wir in der nächsten Zeit viel
Positives für unsere Jugend leisten, ohne Grundsatzpositionen zu verlassen. Meine Damen und
Herren, der Herr Kollege Wallner hat es schon gesagt, jawohl, gehen wir gemeinsam ans Werk! Ich
danke Ihnen schön. (Lebhafter Beifall im Hause.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Ich unterbreche die Beratungen über den Voranschlag des Landes.
Es werden sogleich nach dem Plenum der Kommunalausschuß, der Landwirtschaftsausschuß und der
Verfassungs- und Rechtsausschuß ihre Nominierungssitzungen im Herrensaal abhalten. Die nächste
Sitzung des Landtages findet morgen, dem 3. Dezember 1980, um 9,OO Uhr, statt. Die Beratungen
über den Voranschlag des Landes werden mit der Spezialdebatte zur Gruppe 2 fortgesetzt. Die
Sitzung ist geschlossen.
(Schluß der Sitzung um 21.00 Uhr.)
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