MEMO/01/64 Brussels, 6/3/2001 Frauenhandel - traum und böses erwachen: von der armut in die sexsklaverei - eine umfassende Europäische Strategie Um das Bewusstsein der Öffentlichkeit für diese Problematik zu schärfen und die europäischen Strategien und Maßnahmen im Überblick darzustellen, hat die Europäische Kommission eine Reihe von „Informationsblättern“ mit Anhängen zu den Fördermöglichkeiten erstellt. Diese decken zwar die allen Formen des Menschenhandels gemeinsamen Aspekte ab, doch der Schwerpunkt liegt ganz eindeutig auf dem Frauenhandel. Informationsblätter1 1. 2. 3. 4. 5. 6. Menschenhandel – ein zunehmendes Problem EU-Strategie zur Prävention und Bekämpfung des Menschenhandels Prävention des Frauenhandels Kriminalisierung des Menschenhandels Unterstützung der Opfer und Opferschutz Zusammenarbeit mit Drittstaaten, insbesondere mit den Beitrittsländern Anhänge zu den Fördermöglichkeiten 1. 2. 3. 4. Das Programm STOP Das Programm DAPHNE Programme und Initiativen im Bereich Beschäftigung und Soziales Soziale Unterstützung der Opfer des Menschenhandels im Rahmen des Europäischen Sozialfonds 5. Das Programm PHARE, wichtigstes Finanzierungsinstrument im Erweiterungsprozess 1 Dieses „Informationspaket“ ist unter folgender Internet-Adresse verfügbar: http://europa.eu.int/comm/employment_social/equ_opp/index_de.htm INFORMATIONSBLATT I MENSCHENHANDEL – EIN ZUNEHMENDES PROBLEM Menschenhandel ist ein verabscheuungswürdiges Verbrechen, das mittlerweile besorgniserregende Ausmaße annimmt. Es handelt sich dabei um ein strukturelles Problem, das weitreichende Auswirkungen auf den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und organisatorischen Aufbau unserer Gesellschaften hat. Seine Verbreitung wird zudem durch die Globalisierung und moderne Techniken erleichtert. Menschenhandel umfasst nicht nur den Aspekt der sexuellen Ausbeutung, sondern auch die Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft unter sklavereiähnlichen Bedingungen. Die Opfer erfahren Gewalt und Vergewaltigung, werden geschlagen, grausam behandelt und Druck und Nötigung ausgesetzt. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die beitrittswilligen Länder werden von diesem Krebsgeschwür der Gesellschaft in hohem Maße beeinträchtigt. URSACHEN FÜR DIE AUSWEITUNG DES PROBLEMS Zu den grundlegenden Ursachen des Menschenhandels zählen Armut, Arbeitslosigkeit, mangelnde schulische Bildung und fehlender Zugang zu Ressourcen. Das Problem ist unter zweierlei Aspekten zu betrachten: Einerseits begeben sich Menschen in die Hände von Menschenhändlern, in der Hoffnung auf bessere Lebensbedingungen. Andererseits gibt es in den Industrieländern eine beunruhigende Tenzenz hin zu billigen, illegalen Arbeitskräften und zu Frauen oder Kindern, die zum Zwecke der Prostitution und Pornographie ausgebeutet werden können. Frauen sind dabei als Erste gefährdet, weil sich Armut zunehmend zu einem Frauenproblem entwickelt hat, weil Frauen wegen ihres Geschlechts diskriminiert werden und weil sie in ihren Herkunftsländern keine Bildungs- und Berufsperspektiven haben. NEUE ENTWICKLUNGEN IM MENSCHENHANDEL Auch wenn die Datenerfassung zum Menschenhandel weiterhin schwierig bleibt, sind sich die in der Bekämpfung des Menschenhandels engagierten Fachleute darin einig, dass das Problem weiter zunimmt. Internationalen Schätzungen zufolge verschleppen Menschenhändlerringe jährlich bis zu 700 000 Frauen und Kinder über internationale Grenzen. Einige Nichtregierungsorganisationen gehen von einer weit höheren Zahl aus, insbesondere wenn auch die als Arbeitskräfte ausgebeuteten Personen berücksichtigt werden. Der traditionelle Zustrom von Personen aus bestimmten Entwicklungsländern (Nord- und Zentralafrika, Lateinamerika, Asien) nach westlichen Zielländern besteht fort. Die augenfälligste Entwicklung, die Anlass zu großer Sorge gibt, ist die steigende Zahl der Frauen und Kinder, die aus den mittel- und osteuropäischen Ländern in die EU verschleppt werden. Die Verschlechterung der Wirtschaftssituation in diesen Ländern hat unmittelbar auf den Frauenhandel durchgeschlagen. Bis zu 120 000 Frauen und Kinder sollen jährlich aus diesen Ländern nach Westeuropa verbracht werden. Die meisten haben sich nach Aussagen ihrer eigenen Strafverfolgungsbehörden in unterschiedlichem Maße zu Herkunfts-, Transit-, aber auch Zielländern entwickelt. So werden vielfach Frauen aus den GUS-Staaten auf dem Umweg über die Beitrittsländer in die Mitgliedstaaten der EU verschleppt. Seit einiger Zeit wird beobachtet, dass die Menschenhändler ihre Opfer zunehmend auch innerhalb der EU verschieben. 2 Alle Mitgliedstaaten kommen mehr oder weniger mit Frauenhandel in Berührung. Vor allem der Frauenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung hat in den letzten Jahren parallel zur Ausweitung der Sex-Industrie zugenommen. Obwohl Polizeibehörden und NRO sowie einige internationale Organisationen ein bestimmtes Maß an Zahlenmaterial zusammentragen konnten, sind verlässliche Gesamtzahlen nur schwer zu ermitteln. MENSCHENHÄNDLERNETZE UND ORGANISIERTE KRIMINALITÄT Wie die Erfahrungen in der Strafverfolgung zeigen, findet Menschenhandel zwar auch in kleinerem Rahmen statt, doch sind es überwiegend große Organisationen und internationale Netzwerke, die mit politischer Unterstützung und wirtschaftlichen Ressourcen in den Herkunfts-, Transit- und Zielländern einen außerordentlich gut organisierten und funktionierenden "Wirtschaftszweig" aufgebaut haben. Über Fälle von Beamtenbestechung wurde in diesem Zusammenhang ebenfalls berichtet. Außerdem scheinen auch Verbindungen zu anderen Formen der Kriminalität zu bestehen. Frauenhandel hat sich für einige Gruppen der organisierten Kriminalität zu einer bedeutenden Einkommensquelle entwickelt. Die hohen Gewinne, die diese kriminellen Organisationen erwirtschaften, fließen häufig in eigens geschaffene Tarnunternehmen, die legale Geschäfte betreiben. Das Geld wird aber häufig auch gewaschen und anderen illegalen Aktivitäten, einschließlich Drogen- und Waffenhandel, zugeführt. Frauen- und Kinderhändler gehen bei der Anwerbung und Verschleppung nach unterschiedlichen Methoden vor. So bedienen sie sich mitunter angesehener Arbeitsvermittlungsdienste, Reisebüros, Unternehmen der Unterhaltungsindustrie oder Eheanbahnungsinstitute. Bei Kindern werden auch Adoptionen arrangiert. Menschenhändler beschaffen sich vielfach ordnungsgemäße Reisedokumente, um ihre Opfer über internationale Grenzen zu bringen; diese verschwinden dann oder bleiben über die Gültigkeitsdauer des Visums hinaus im Land. Häufig werden auch manipulierte oder gefälschte Papiere benutzt, um in den Besitz echter Reisedokumente zu gelangen. Speziell im Frauenhandel werden die Opfer auf verschiedene Weise angeworben. Die Frauenhändler machen sich die unsichere soziale und wirtschaftliche Lage der Frauen zunutze und locken ihre Opfer mit Versprechungen über gute Verdienstmöglichkeiten im Westen. Sie überzeugen die Frau davon, dass sie, wenn sie das Angebot annimmt, nicht nur für ihren eigenen Lebensunterhalt aufkommen, sondern auch ihre Familie versorgen kann. Der Kontakt verläuft oftmals über Zeitungsannoncen, in denen Tänzerinnen, Kellnerinnen, ClubHostessen usw. gesucht werden, oder Frauen werden direkt in Diskotheken oder Bars angesprochen. Schließlich werden Opfer auch mit Hilfe von Ehevermittlungsagenturen angelockt. Selbst wenn die Frauen teilweise wissen, dass sie als Prostituierte arbeiten werden, ist ihnen nicht klar, dass sie vielfach ein sklavenähnliches Dasein erwartet und sie ihren Ausbeutern nicht mehr entkommen werden. Sobald die Frauen in das Zielland verbracht worden sind, werden sie auf die eine oder andere Art und Weise gezwungen, sich zu prostituieren oder in der Prostitution zu bleiben. Ein Druckmittel ist das Geld, das sie den Frauenhändlern für die Beschaffung von Dokumenten und den Transport schulden; in anderer Fällen werden ihnen Pässe und Geld abgenommen, oder sie werden drogenabhängig gemacht. 3 Vielfach werden Frauen bedroht, zusammengeschlagen und vergewaltigt. Bisweilen werden sie physisch festgehalten, um eine Flucht zu verhindern. Die Frauenhändler arbeiten auch mit der Drohung, die Angehörigen der Frau darüber zu informieren, dass sie im Ausland als Prostituierte arbeitet. Die Frauen sehen auch deshalb keinen Ausweg, weil sie als illegale Einwanderer gelten. Die größte Macht über die Frauen haben diejenigen kriminellen Organisationen, die den gesamten Ablauf von der Anwerbung über den Transport bis hin zur eigentlichen sexuellen Ausbeutung kontrollieren. 4 INFORMATIONSBLATT II EU-STRATEGIE ZUR PRÄVENTION UND BEKÄMPFUNG DES MENSCHENHANDELS Die Bekämpfung des Menschenhandels hat sich auf der Ebene der Europäischen Union zunehmend zu einer politischen Priorität entwickelt. Ursprünglich lag das Augenmerk hauptsächlich auf dem Handel mit Frauen und Kindern zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, doch die neuesten Entwicklungen zeigen, dass auch der Menschenhandel zum Zwecke der wirtschaftlichen Ausbeutung ein ernst zu nehmendes Problem geworden ist. Seit 1996 setzt sich die Europäische Union aktiv für die Entwicklung eines umfassenden, multidisziplinären Konzepts zur Prävention und Bekämpfung des Menschenhandels ein, an dem sich alle einschlägig tätigen Akteure - NRO und Sozialbehörden sowie Justiz-, Strafverfolgungs- und Einwanderungsbehörden beteiligen. Im Rahmen eines derartigen Ansatzes, der eine Zusammenarbeit auf nationaler und internationaler Ebene erfordert, müssen alle Glieder der Kette (Anwerber, Transporteure, Ausbeuter, sonstige Mittelsmänner und Klienten) angegangen werden. Eine Reihe von Maßnahmen, einschließlich des ausdrücklichen Rechtsschutzes für Personen sowie Präventivmaßnahmen und Maßnahmen zur Sicherung eines angemessenen Schutzes und angemessener Unterstützung und Hilfe für die Opfer, sind unabdinglich. Da Frauen besonders gefährdet sind, muss diesem Problem auch unter dem Aspekt der Förderung der Gleichstellung der Geschlechter begegnet werden. Auch das Europäische Parlament fordert entschlossen weitere Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung des Menschenhandels auf EU-Ebene, wie mehrere Entschließungen, teilweise speziell zum Frauenhandel, zeigen. Es besteht allgemeines Einvernehmen darüber, dass folgende Maßnahmen weiter entwickelt werden müssen: Präventivmaßnahmen Strafrechtsvorschriften sowie die Zusammenarbeit der Polizei- und Justizbehörden Schutz, Unterstützung und Beistand für die Opfer angemessene Kooperationsmaßnahmen. In diesen Bereichen bedarf es verschiedener Initiativen, die sich nach dem Zweck des Menschenhandels (wirtschaftliche oder sexuelle Ausbeutung) und den Opfern richten. Bisher hat die Europäische Union sich intensiver auf die Entwicklung von Strafrechtsvorschriften und Maßnahmen der Strafverfolgung und justitiellen Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Menschenhandels konzentriert und weniger dessen Prävention und den Opferschutz im Blick gehabt. In einer ersten Mitteilung über den Frauenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, die die Europäische Kommission 1996 vorlegte, wird eine europäische Strategie zur Prävention und Bekämpfung dieses Problems entwickelt. 5 1996 wurde außerdem der Auftrag von Europol dahingehend ausgeweitet, dass auch die Bekämpfung des Menschenhandels in die Zuständigkeit der Organisation fällt. Darüber hinaus wurde im November 1996 das Förder- und Austauschprogramm STOP eingeleitet, mit dem Maßnahmen der Verantwortlichen (Beamte und NROs) für die Bekämpfung von und Vorbeugung gegen Menschenhandel und der sexuellen Ausbeutung von Kindern unterstützt werden (siehe Anhang 1). Im Februar 1997 nahm der Rat eine gemeinsame Maßnahme an, in der die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, ihre Strafrechtsvorschriften zum Menschenhandel und zur justitiellen Zusammenarbeit zu überprüfen und eine Verstärkung des Opferschutzes in Gerichtsverfahren vorzusehen. Schließlich wurde 1997 die DAPHNE-Initiative zur Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen auf den Weg gebracht. Im Dezember 2000 wurde sie in Form des Programms DAPHNE verlängert (siehe Anhang 2). DAPHNE hat einen weiteren Ansatz als das STOP Programm, indem Gewalt gegen Frauen und Kindern im allgemeinen, einschließlich Menschenhandel, abgedeckt werden. Obwohl das DAPHNE Programm für staatliche Stellen offen ist, konzentriert es sich auf die Rolle der NROs. In einer zweiten Mitteilung zu weiteren Maßnahmen zur Bekämpfung des Frauenhandels, die die Kommission im Dezember 1998 vorlegte, wurden die bis dahin erzielten Fortschritte geprüft und eine Reihe neuer Initiativen sowie die Vertiefung bereits laufender Maßnahmen empfohlen. Es geht dabei insbesondere um folgende Ziele: - dem Problem des Menschenhandels weiterhin einen hohen Stellenwert auf der politischen Agenda zu sichern; - die internationale und europäische Zusammenarbeit mit den Regierungen und NRO der Herkunfts-, Transit- und Zielländer zu verstärken; - entschlossener auf ein zweigliedriges, interdisziplinäres Vorgehen mit Prävention, Ursachenforschung, Strafverfolgung und wirkungsvoller Bestrafung der Menschenhändler einerseits und Unterstützung der Opfer andererseits zu setzen; - den beitrittswilligen Ländern im Zusammenhang mit dem Beitrittsprozess zu verdeutlichen, dass auch sie Verantwortung tragen für die Kontrolle des Frauenhandels via nationaler Maßnahmen und der Zusammenarbeit mit der EU. Im Mai 1999 wurden die Maßnahmen der Europäischen Union zur Bekämpfung des Menschenhandels in Titel IV des Amsterdamer Vertrags aufgenommen, der Artikel zur polizeilichen und justitiellen Zusammenarbeit umfasst. Auf ihrer Tagung in Tampere vom Oktober 1999 bezeichneten die Staats- und Regierungschefs die Bekämpfung des Menschenhandels ebenfalls als prioritäre Angelegenheit. 6 Der Amsterdamer Vertrag sieht im Kapital Sozialvorschriften die Bekämpfung von Ausgrenzungen vor. Zwischen den Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels und den Maßnahmen zur Förderung der sozialen Integration werden sich zweifellos Synergieeffekte erzielen lassen. Auf der Tagung des Europäischen Rates in Lissabon vom März 2000 forderten die Teilnehmer die Festlegung gemeinsamer Ziele bei der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung sowie die Entwicklung von vorrangigen Maßnahmen für gefährdete Personengruppen je nach der Situation in den einzelnen Mitgliedstaaten. Diese gemeinsamen Ziele wurden vom Europäischen Rat auf seiner Tagung in Nizza im Dezember 2000 bekräftigt. Die Mitgliedstaaten verpflichteten sich, integrationsfördernde Maßnahmen in den betreffenden Politikbereichen (Beschäftigung, allgemeine und berufliche Bildung, Gesundheitswesen und Wohnungspolitik) vorzusehen. Die dazu erforderlichen finanziellen Anstrengungen der Mitgliedstaaten werden auf Gemeinschaftsebene durch Interventionen der Strukturfonds, insbesondere des Europäischen Sozialfonds, unterstützt. Die Bekämpfung und Prävention des Menschenhandels werden im Übrigen auf unterschiedliche Weise im Beitrittsprozess berücksichtigt. Die EU unterstützt die beitrittswilligen Länder aktiv in ihren Bemühungen, die Arbeitsmarktsituation und die Lebensbedingungen zu verbessern, und setzt sich insbesondere für eine stärkere Beteiligung der Frauen ein. In partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten können die Beitrittsländer auch an spezifischen Gemeinschaftsprogrammen teilnehmen (Programme STOP, DAPHNE, EQUAL und Programm für die Gleichstellung der Geschlechter - siehe Anhang 1, 2, 3). 7 INFORMATIONSBLATT III PRÄVENTION DES FRAUENHANDELS Verbrechensverhütung umfasst sämtliche Aktivitäten, die dazu beitragen können, Kriminalität als soziales Phänomen zu unterbinden oder zu verringern; die Anstrengungen können quantitativ und qualitativ ausgerichtet sein und dauerhafte, strukturierte kooperative Maßnahmen oder Ad-hoc-Initiativen vorsehen. Unabhängig von weiteren Entwicklungen hat die EU bereits Maßnahmen zur Verhütung des Frauenhandels ergriffen. Diese umfassen sowohl Einzelmaßnahmen, wie die geplante Einrichtung des Europäischen Forums zur Prävention der organisierten Kriminalität und einschlägige Informationskampagnen, als auch allgemeinere Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung und der Armutsbekämpfung, mit denen sich die Zahl der von Menschenhändlern ausgebeuteten Frauen verringern lassen dürfte. DAS EUROPÄISCHE FORUM ZUR PRÄVENTION DER ORGANISIERTEN KRIMINALITÄT Die 1997 auf der Ministertagung in Den Haag abgegebene Erklärung zu europäischen Leitlinien für die wirksame Bekämpfung des Frauenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung enthält ein besonderes Kapitel zum Thema Prävention. Leider sind schlüssige Folgemaßnahmen zu den verschiedenen Aspekten, die auf der Ministertagung herausgearbeitet wurden, ausgeblieben. Die Kommission hat jedoch im November 2000 eine Mitteilung zur allgemeinen Kriminalitätsverhütung vorgelegt, in der sie eine globale Strategie zur Bekämpfung der verschiedenen Formen von Kriminalität einschließlich Frauenhandel entwickelt. Einer der Kernpunkte ist das Europäische Forum zur Prävention der organisierten Kriminalität, das in diesem Jahr eingerichtet werden soll. Das Hauptaugenmerk soll dabei auf der Prävention von zwei Arten des Frauenhandels - zum Zwecke der wirtschaftlichen und der sexuellen Ausbeutung - liegen. Generell ist das Forum auf die Förderung von Partnerschaften zwischen den verschiedenen Akteuren angelegt (z.B. Justiz- und Strafverfolgungsbehörden, Sozial- und Einwanderungsbehörden, NRO, internationale Organisationen). Im Rahmen des STOP-Programms wurden außerdem eine Reihe von Projekten zum Aufbau von Partnerschaften und europäischen Netzwerken gefördert, die ihren Nutzen insbesondere im Bereich der Prävention bewiesen haben. Als Präventionsmaßnahmen eignen sich die unterschiedlichsten Aktivitäten, von Untersuchungen zum besseren Verständnis der Ursachen, der Erkennung von Trends und weiteren Forschungs- und Ausbildungsmaßnahmen, dem Austausch bewährter Praktiken bis hin zu einschlägigen Informationskampagnen. PRÄVENTIONSKAMPAGNEN UND UNTERSTÜTZUNG VON NRO Durch die Bereitstellung von Finanzmitteln zur Schaffung und zum Ausbau von NRO, die sich in der Bekämpfung des Menschenhandels engagieren, wird die Tätigkeit der staatlichen Stellen wirkungsvoll ergänzt. So finanzierte die EU 1996 beispielsweise die NRO “La Strada”, um die Prävention des Frauenhandels in Mittel- und Osteuropa, mit besonderem Schwerpunkt auf der Tschechischen Republik, Polen und der Ukraine, zu fördern. Im Rahmen des neuen transatlantischen Programms gehen die EU und die USA gemeinsam gegen den Frauenhandel vor. 1999/2000 führte die Internationale Organisation für Migration in Ungarn und Bulgarien entsprechende 8 Informationskampagnen durch. Diese Initiativen dienten dazu, die Öffentlichkeit und die Behörden auf das Problem aufmerksam zu machen, den Opfern juristische und medizinische Hilfe zukommen zu lassen und Frauen über die Gefahren des Frauenhandels aufzuklären. 1999 wurde ein Projekt mit der NRO "Anti-Slavery International" finanziert, in dessen Rahmen nach Möglichkeiten einer wirkungsvolleren Verfolgung von Menschenhändlern gesucht wurde; den Schwerpunkt bildeten Opferschutzprogramme in zehn ausgewählten Ländern. Die Demokratisierungsprogramme PHARE und TACIS waren maßgeblich an der Finanzierung dieser Aktivitäten beteiligt (siehe Anhang 5). Zur Zeit laufen Überlegungen für weitere Informationskampagnen in den Beitrittsländern sowie in anderen osteuropäischen Ländern wie den Nachbarstaaten Russlands. Auch in Russland selbst ist bereits eine Kampagne geplant. DISKRIMINIERUNG UND GLEICHSTELLUNG DER GESCHLECHTER IN DER EU UND IN DEN HERKUNFTSLÄNDERN Um die Einstellung der Gesellschaft zur sexuellen Ausbeutung von Frauen zu verändern, sind langfristige Präventionsmaßnahmen unabdinglich. Deshalb hat die Kommission in ihrer Rahmenstrategie zur Gleichstellung der Geschlechter (2001 bis 2005) ihr bisheriges Konzept um Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung im Zusammenhang mit den Menschenrechten und Grundfreiheiten erweitert. Diese Rechte stehen jedem Menschen uneingeschränkt zu, ungeachtet seiner Rasse, ethnischen Herkunft, Religion oder seines Glaubens, einer Behinderung, seines Alters oder seiner sexuellen Orientierung. Besondere Aufmerksamkeit ist in diesem Zusammenhang Frauen zu schenken, die in mehrfacher Hinsicht diskriminiert werden oder von Gewalt und/oder sexueller Ausbeutung bedroht sind. Zusätzlich zu den im Rahmen der Programme STOP und DAPHNE finanzierten Projekten sollen folgende Aktionen durchgeführt werden: - Fortbildungsmaßnahmen zum Thema Gleichstellungsvorschriften für Angehörige der Rechtsberufe, Gewerbeaufsicht, Sozialpartner sowie die NRO in der EU und den Beitrittsländern; - Forschung und Datensammlung zu den Auswirkungen der Geschlechtszugehörigkeit im Hinblick auf Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz; - Entwicklung von Strukturen, die die Umsetzung von Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung in den Beitrittsländern unterstützen. BEKÄMPFUNG VON ARBEITSLOSIGKEIT UND ARMUT ALS URSACHEN DES MENSCHENHANDELS IN DEN BEITRITTSLÄNDERN Eine weitere Voraussetzung für die Verhütung von Menschenhandel ist der Abbau der sozialen und wirtschaftlichen Unterschiede, die dazu führen, dass die Menschen in der falschen Hoffnung auf eine bessere Zukunft die erstbeste Arbeit im Westen annehmen. Seit 1999 bereiten sich die beitrittswilligen Länder mit Hilfe der Kommission auf die schrittweise Umsetzung der europäischen Beschäftigungsstrategie und der verschiedenen sozialpolitischen Vorschriften der EU vor. 9 Die erste Etappe dieses Prozesses steht kurz vor dem Abschluss: Die Beitrittsländer haben ihre beschäftigungspolitischen Maßnahmen und die Merkmale ihres Arbeitsmarkts überprüft. Sie haben Maßnahmen zur Stärkung ihrer Beschäftigungspolitik erarbeitet, mit denen sich die strukturell bedingten Schwächen ihrer Arbeitsmärkte überwinden lassen. Zusammen mit der Kommission haben sie eine gemeinsame Bewertung ihrer jeweiligen Beschäftigungsprioritäten erstellt. Einen besonderen Schwerpunkt bildet die Beteiligung der Frauen am Arbeitsmarkt. Dieser Aspekt ist insofern von Bedeutung, als die europäische Beschäftigungsstrategie mit Blick auf die Gleichstellung der Geschlechter künftig entsprechende Anforderungen vorsieht. Deshalb enthalten die gemeinsamen Bewertungen Vorschläge für Maßnahmen zum Abbau der ermittelten geschlechterspezifischen Ungleichheiten, zur Förderung familienfreundlicher Arbeitszeitregelungen und zur generellen Verbesserung der Stellung der Frauen auf dem Arbeitsmarkt. In einem zweiten Schritt werden die Beitrittsländer in Zusammenarbeit mit der Kommission nationale Strategien für die Beschäftigung und die Qualifizierung von Arbeitskräften festlegen. Diese werden auch politische Maßnahmen umfassen, mit denen auf einen Großteil der in den gemeinsamen Bewertungen ermittelten Probleme reagiert werden kann. Auf der Grundlage der in den gemeinsamen Bewertungen herausgearbeiteten Prioritäten werden Projekte für eine Förderung im Rahmen des PHARE-Programms ausgewählt. Auch die jüngst beschlossene europäische Strategie zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung und zur Förderung der sozialen Integration sollte in Kürze mit den Beitrittsländern erörtert werden, um sie auf die schrittweise Umsetzung der Strategie vorzubereiten. Das wichtigste Instrument zur Finanzierung der europäischen Beschäftigungsstrategie und der Strategie zur sozialen Integration bildet der Europäische Sozialfonds. ESF-Mittel können den Bewerberländern unmittelbar nach ihrem Beitritt zur Verfügung gestellt werden; bis dahin greift ein Sonderprogramm zur Vorbereitung auf den Europäischen Sozialfonds, das unter Federführung der Europäischen Stiftung für Berufsbildung abgewickelt wird und die Beitrittsländer mit den Verfahren zur Nutzung des Fonds vertraut machen soll. 10 INFORMATIONSBLATT IV KRIMINALISIERUNG DES MENSCHENHANDELS Seit die Europäische Union den Menschenhandel zu einer politischen Priorität gemacht hat, sind in der Politik und der Gesetzgebung der Mitgliedstaaten Fortschritte zu verzeichnen. So verabschiedete der Rat im Februar 1997 eine gemeinsame Maßnahme über Strafrechtsvorschriften und die justitielle Zusammenarbeit. Ungeachtet dessen bestehen im Strafrecht der Mitgliedstaaten nach wie vor Unterschiede und Abweichungen. Auf dem Europäischen Rat in Tampere forderten die Teilnehmer weitere Gesetzgebungsinitiativen, insbesondere um den Menschenhandel zu bekämpfen. Entsprechend dem vom Europäischen Rat erteilten Auftrag legte die Kommission am 21. Dezember 2000 einen Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates zur Bekämpfung des Menschenhandels vor. Danach sollen gemeinsam festgelegte Definitionen und Straftatbestände in die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften aufgenommen werden. Erfasst werden sollen nicht nur Straftaten im Zusammenhang mit Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, sondern auch Straftaten im Zusammenhang mit Menschenhandel zum Zwecke der Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft. Jetzt gilt es, ein gemeinsames strafrechtliches Konzept zu erarbeiten und die Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgungs- und Justizbehörden zu intensivieren. Da die unterschiedlichsten Formen der Schleusung von Menschen durch internationale kriminelle Vereinigungen angegangen werden müssen, ist der Vorschlag der Kommission zur Problematik des ausbeuterischen Menschenhandels als Ergänzung der wichtigen Initiativen des französischen Vorsitzes betreffend die Beihilfe zur illegalen Einreise und zum unerlaubten Aufenthalt zu sehen. Soweit dies geboten erschien, hat die Kommission in ihren Vorschlägen jene Arbeiten berücksichtigt, die sich auf internationaler Ebene im Protokoll der Vereinten Nationen zum Menschenhandel, das ergänzend zu dem UNÜbereinkommen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität geschlossen wurde, niederschlagen. AUSWEITUNG DER ZUSAMMENARBEIT DER JUSTIZ- UND STRAFVERFOLGUNGSBEHÖRDEN AUF DIE BEKÄMPFUNG DES MENSCHENHANDELS Im Bereich der Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden wurde das Mandat der Europol-Drogenstelle (EDS) im September 1996 auf den Menschenhandel ausgedehnt. Die EDS wurde beauftragt, ein Verzeichnis der besonderen Fachkompetenzen (Übersicht der Kontaktstellen zum Zwecke der Strafverfolgung) zu erstellen. Seit der Errichtung von Europol im Oktober 1998 findet ein fortlaufender Informationsaustausch zwischen den Verbindungsbeamten in Den Haag sowie eine Analyse von Tendenzen und Methoden statt. Darüber hinaus veranstaltet Europol Sachverständigentreffen und bietet Schulungen für Beamte von Strafverfolgungsbehörden an. Aus dem Programm STOP wurden ebenfalls eine Reihe von Schulungsmaßnahmen für Vertreter der Strafverfolgungsbehörden kofinanziert; in der Folge beteiligte sich Europol zunehmend an Maßnahmen, die im Rahmen dieses Programms durchgeführt werden. 11 Neben der Arbeit, die Europol auf diesem Gebiet leistet, muss auf jeden Fall die unmittelbare Zusammenarbeit der nationalen Polizeien gefördert und die interne Organisation beispielsweise durch die Einrichtung von Spezialeinheiten zur Bekämpfung des Menschenhandels verbessert werden. Möglichkeiten der operativen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Menschenhandels werden bereits von der Task Force der europäischen Polizeichefs geprüft. Schließlich ist die zunächst befristete Einrichtung einer Stelle (EUROJUST) geplant, in der von den Mitgliedstaaten entsandte Staatsanwälte, Richter oder Polizeibeamte mit gleichwertigen Befugnissen vertreten sind. Ihre Aufgabe wird es sein, eine reibungslose Zusammenarbeit der einzelstaatlichen Strafverfolgungsbehörden zu erleichtern und strafrechtliche Ermittlungen in Fällen der organisierten Kriminalität zu unterstützen. Die Bekämpfung des Menschenhandels ist eine ihrer Aufgaben. INFORMATIONSBLATT V UNTERSTÜTZUNG DER OPFER UND OPFERSCHUTZ Frauen, die dem Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung zum Opfer fallen, werden in der Regel in einem sozialen Milieu angeworben, in dem sie in besonderem Maße gefährdet sind – sowohl unter materiellen als auch unter psychologischen Gesichtspunkten. In jedem Fall haben sie während der Zeit ihrer sexuellen Ausbeutung schwere physische und/oder psychische Traumata durchlitten, und in einigen Fällen haben sie noch lange nach diesen Erfahrungen unter den gesundheitlichen Folgen zu leiden. NRO wie auch Gesundheits- und Sozialdienste spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, den Opfern dabei zu helfen, in ein normales Leben zurückzufinden. Eine wirksame Unterstützung und ein wirksamer Schutz der Opfer erfordern einen multidisziplinären Ansatz unter Einbeziehung aller Beteiligten. Zwar sollten entsprechende Maßnahmen in erster Linie auf nationaler und lokaler Ebene durchgeführt werden, doch können die EU ebenso wie die Herkunfts- und die Transitländer ergänzend tätig werden. Es sind hier verschiedene Initiativen denkbar, je nachdem, um welche Art von Menschenhandel es sich handelt (Menschenhandel zum Zwecke der Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft oder Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung) und wer die Opfer sind. Wie in der Ministererklärung von Den Haag hervorgehoben wurde, dürfen sich solche Initiativen nicht darauf beschränken, die Betroffenen (in Betreuungs- und Rehabilitationszentren) sicher unterzubringen und sie so vor ihren Ausbeutern zu schützen; vielmehr muss den Opfern auch eine vertrauliche medizinische, soziale und psychologische Betreuung sowie eine Rechtsberatung angeboten werden. Darüber hinaus sind eine Unterstützung in Form von allgemein- oder berufsbildenden Maßnahmen sowie eine Unterstützung bei der Rückkehr der Opfer in ihr Heimatland erforderlich. 12 Will man den Opfern helfen, kommt man nicht umhin, sich der Frage der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen in den Zielländern des Menschenhandels zuzuwenden. Erforderlich sind rechtsetzende Maßnahmen der EU, was die Ausstellung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis für Opfer des Menschenhandels anbelangt, die bereit sind, mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenzuarbeiten. Die Kommission hat bereits ihre Absicht angekündigt, einen entsprechenden Vorschlag zu unterbreiten. Sie wird nunmehr ein umfassenderes Konzept vorstellen, das auf alle Opfer des Menschenhandels Anwendung finden soll, die bereit sind zur Kooperation im Kampf gegen die Menschenhändler. Auf EU-Ebene gibt es verschiedene Programme, in deren Rahmen Maßnahmen zur Unterstützung und zum Schutz der Opfer gefördert werden können. Insbesondere besteht ein großer Bedarf an Hilfeangeboten der NRO. Die NRO haben ihre Fähigkeit unter Beweis gestellt, innovative Wege zu gehen, um die Opfer sexueller Ausbeutung zu erreichen und zu unterstützen. Auch haben sie damit begonnen, sich auf europäischer Ebene zu organisieren und zusammenzuarbeiten, wobei sie die Beitrittsländer und andere osteuropäischer Länder in ihre Netzwerke einbeziehen. Obwohl der Schwerpunkt des STOP Programmes auf der Unterstützung von Kooperationsprojekten von staatlichen Stellen liegt, hat es auch Aktionen, die NROs einbezogen, die ihre Netzwerke entwickeln und mit den staatlichen Stellen zusammenarbeiten wollten, gefördert. Im Rahmen des Programms STOP werden auch künftig derartige Maßnahmen unterstützt, zumal man bereits auf einige erfolgreiche Aktionen zurückblicken kann. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Arbeit internationaler Organisationen wie der Internationalen Organisation für Migration hinzuweisen. Die Kommission hat im Rahmen der (im Mai 1997 gestarteten) Initiative DAPHNE und des derzeit laufenden Programms DAPHNE eine Reihe innovativer transnationaler Projekte zur Rehabilitation und Wiedereingliederung von Opfern unterstützt. So hat sie beispielsweise den Aufbau von WAVE 1998 (Women Against Violence in Europe, Frauen gegen Gewalt in Europa) und insbesondere auch die Einrichtung einer auf CD-ROM und via Internet verfügbaren Datenbank gefördert. Die Datenbank enthält Informationen über Rehabilitationszentren für Opfer von Gewalt – einschließlich des Menschenhandels – in der Europäischen Union und in einigen Beitrittsländern (siehe Anhang 2). Neben spezifischen Programmen wie DAPHNE und STOP gibt es einige Programme im Bereich Beschäftigung und Soziales, die ebenfalls Möglichkeiten zur Unterstützung transnationaler Projekte bieten und zu einem besseren Verständnis der Problematik und zum Austausch von bewährten Praktiken beitragen können, wie z. B.: - das EU-Programm zur Geschlechtergleichstellung für den Zeitraum 2001-2005, mit dem die Umsetzung der sämtliche EU-Politiken einbeziehenden Rahmenstrategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern finanziell unterstützt wird (siehe Anhang 3); - die Initiative EQUAL, die transnationale Partnerschaften unterstützt mit dem Ziel, neue Methoden zur Bekämpfung von Diskriminierungen und Ungleichheiten im Bereich der Beschäftigung zu entwickeln und zu verbreiten (siehe Anhang 3). 13 Neue Perspektiven wurden im März 2000 eröffnet, als der Europäische Rat von Lissabon die Mitgliedstaaten aufforderte, die Möglichkeiten der Strukturfonds im Kampf gegen Armut und soziale Ausgrenzung zu nutzen und prioritäre Maßnahmen für bestimmte Zielgruppen zu entwickeln. Italien beispielsweise nutzt den Europäischen Sozialfonds, um Menschenhandel zu bekämpfen und Opfer des Menschenhandels zu unterstützen (siehe Anhang 4). Ein weiterer wichtiger Faktor bei der Bekämpfung des Menschenhandels ist schließlich eine strengere Kontrolle der Arbeitsbedingungen in bestimmten Tätigkeitsbereichen. In ihren Mitteilungen zum Thema „Frauenhandel“ vertrat die Kommission die Ansicht, dass die Mitgliedstaaten ihr Augenmerk auf die Arbeitsbedingungen von Au-pair-Mädchen und Frauen, die in Bars, Tanzlokalen, Sex-Life-Shows und Massagesalons arbeiten, richten sollten. Außerdem hat sie den Mitgliedstaaten empfohlen, dafür Sorge zu tragen, dass die Inspektionsdienste der Sozial- und Gesundheitsbehörden sowie die Strafverfolgungsbehörden ihr Vorgehen koordinieren, um Opfer ausfindig zu machen und Hilfestellung zu leisten. Soweit die Kommission informiert ist, haben die Mitgliedstaaten keine Maßnahmen zur Umsetzung dieser Empfehlungen ergriffen, obwohl sie durchaus über Mittel verfügen, um die Arbeitgeber zu kontrollieren. Die Kommission hält es auch für angebracht, dass die Mitgliedstaaten ihre Rechtsvorschriften, Verwaltungskontrollen sowie die Bedingungen für den Betrieb von Heiratsvermittlungsinstituten und Begleitagenturen überprüfen, da sich hinter diesen Agenturen mitunter Menschenhändler verbergen. 14 INFORMATIONSBLATT VI ZUSAMMENARBEIT MIT DRITTSTAATEN, INSBESONDERE MIT DEN BEITRITTSLÄNDERN Bekämpfung und Prävention von Menschenhandel liegen in der gemeinsamen Verantwortung der Herkunftsländer, der Transitländer und der Zielländer. Die auf EU-Ebene, auf nationaler und auf regionaler Ebene ergriffenen Maßnahmen sind zwar unverzichtbar, werden langfristig jedoch nur geringe Wirkung entfalten, wenn sie nicht durch entsprechende Maßnahmen in den Herkunfts- und Transitländern ergänzt werden. Die Behörden der betreffenden Länder müssen daher der gesamten Problematik höhere Priorität einräumen und auf verschiedenen Ebenen tätig werden, um die Menschenhändler zu bekämpfen, potentielle Opfer zu warnen und rückkehrwillige Opfer wiedereinzugliedern. Die Hauptgründe, aus denen Frauen den falschen Versprechungen der Anwerber Glauben schenken und das Risiko eingehen, verschleppt zu werden, sind in Armut, Arbeitslosigkeit und fehlenden Lebensperspektiven in den Herkunftsländern zu sehen. Die Verschlechterung der Wirtschaftssituation in den betroffenen Ländern hat unmittelbar auf den Frauenhandel durchgeschlagen. Zu den zentralen Zielen der Entwicklungszusammenarbeit der Gemeinschaft zählen Bekämpfung von Armut, Förderung der Menschenrechte, Gender-Mainstreaming, Demokratie und nachhaltige Entwicklung. Ferner ist es wichtig sicherzustellen, dass die Herkunftsländer bereit sind, zurückkehrende Opfer wiedereinzugliedern. Immer noch kommt es allzu häufig vor, dass die Opfer den Menschenhändlern ein zweites Mal in die Hände fallen oder Schwierigkeiten haben, nach ihren oft traumatischen Erfahrungen wieder richtig Fuß zu fassen. Den Beitrittsländern bietet der Beitrittsprozess die Gelegenheit, die Ursachen des Menschenhandels an der Wurzel zu bekämpfen. Ein derart umfassender Ansatz muss ergänzt werden durch die Förderung von Pilotprojekten zum Thema „Frauenhandel“. Insbesondere ist hier an Informationskampagnen gedacht, die nicht ausschließlich auf potentielle Opfer und die allgemeine Öffentlichkeit, sondern auch auf die öffentliche Verwaltung abstellen. MOBILISIERUNG DER EU-INSTRUMENTE Das in der Zusammenarbeit mit Regierungsstellen und bei der Unterstützung lokaler NRO sowie der Strukturen der Zivilgesellschaft (insbesondere in den Bereichen Menschenrechte, Gleichstellungspolitik und Zugang zur Justiz) bereits zum Einsatz kommende Instrumentarium sollte gemeinsam mit allen wichtigen Herkunfts- und Transitländern weiterentwickelt werden. 15 Unterstützung wird gewährt für die Verbesserung der Verwaltungsstrukturen in Schlüsselbereichen (z. B. Strafverfolgungs- und sonstige Justizbehörden). Ohne die entsprechenden Strukturen ist es schwierig, gegen kriminelle Organisationen, die im Bereich der organisierten Kriminalität – einschließlich des Frauenhandels – tätig sind, zu ermitteln und sie strafrechtlich zu verfolgen. Die neue TACISVerordnung für den Zeitraum 2000-2006, die eine Finanzierung – in Form von Zuschüssen – von Maßnahmen der technischen Hilfe für 13 Länder Osteuropas und Mittelasiens vorsieht, setzt neue Prioritäten, darunter die Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres. Es wird größeres Gewicht gelegt auf Maßnahmen, die im gemeinsamen Interesse der EU- und der Partnerländer liegen, wie auch auf Ergebnisse, Effektivität und Effizienz. Die Partnerschaftsund Kooperationsvereinbarungen mit den GUS-Staaten betreffen unter anderem spezifische Aspekte in den Bereichen Justiz und Inneres. Hier werden TACISMittel auch für die Finanzierung von Projekten zur Bekämpfung des Frauen- und Kinderhandels eingesetzt. Spezifische Mittel werden für die Unterstützung der Zusammenarbeit mit den Beitrittsländern im Rahmen der Vorbereitung auf den Beitritt zur Europäischen Union bereitgestellt (siehe Anhang 5). Hier wurde mit der Heranführungsstrategie bereits einiges geleistet. Insbesondere in den Beitrittspartnerschaften wird dem Ausbau der Kapazitäten von Verwaltung und Justiz in den Beitrittländern und der Festlegung der von den einzelnen Ländern zu setzenden Prioritäten, darunter der Bekämpfung der organisierten Kriminalität, große Bedeutung beigemessen. Der Bereich Justiz und Inneres ist für alle Beitrittsländer ein prioritärer Bereich im Hinblick auf die Verstärkung der Kapazitäten von Verwaltung und Justiz. Seit 1999 laufen Partnerschaftsprojekte zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten und der Beitrittsländer. Zahlreiche der in diesem Bereich ausgewählten Projekte haben einen Beitrag zu einer effizienteren Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des Frauenhandels geleistet. ANDERE FORMEN UND FOREN EINER INTERNATIONALEN ZUSAMMENARBEIT BEI DER BEKÄMPFUNG DES FRAUENHANDELS Was die internationale Zusammenarbeit anbelangt, engagieren sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die Kommission aktiv in multilateralen Foren – wie UNO, OSZE/BDMIR, Stabilitätspakt für Südosteuropa, G8, ASEM und Europarat – mit dem Ziel, die Anstrengungen im Kampf gegen den Menschenhandel zu koordinieren. Insbesondere haben die Mitgliedstaaten und die Kommission das Übereinkommen gegen grenzüberschreitende organisierte Kriminalität und die Zusatzprotokolle – davon eines zum Menschenhandel – unterzeichnet und aktiv an deren Ausarbeitung mitgewirkt. 16 ANHANG 1 Das Programm STOP Ziele des Programms STOP sind die Förderung, Unterstützung und Stärkung von Netzwerken sowie der praktischen Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Personen, die für Maßnahmen gegen den Menschenhandel und die sexuelle Ausbeutung von Kindern in den Mitgliedstaaten zuständig sind, sowie die Verbesserung und Anpassung ihrer Ausbildung und Qualifikationen. Zielgruppen sind Richter, Staatsanwälte, Angehörige von Polizeidiensten, Beamte und Angehörige von öffentlichen Dienststellen, die für Einwanderung und Grenzkontrollen, Sozialrecht, Steuerrecht, Verhütung und Bekämpfung von Menschenhandel und sexueller Ausbeutung, Betreuung der Opfer und Behandlung der Täter zuständig sind. Das Programm steht auch NROs offen, die im übrigen seit 1996 in etwa 25% der Projekte beteiligt waren. Das Programm ist im Jahr 1996 angelaufen. Die Laufzeit betrug vier Jahre, die Finanzausstattung des Programms belief sich auf 6,5 Mio. €. In den fünf Jahren der Durchführung wurden im Rahmen des Programms 85 Projekte kofinanziert. Neben der Unterstützung von Maßnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit in den Bereichen Strafverfolgung und Justiz galt der Entwicklung der Zusammenarbeit und von Methoden zur Unterstützung der Opfer und zur Verhütung von Menschenhandel und sexueller Ausbeutung von Kindern besonderes Interesse. Auch die Forschung war eine wesentliche Komponente der STOP-Aktivitäten. Besonderes Augenmerk galt Projekten, die auch diejenigen einbeziehen, die für die Verhütung und Bekämpfung des Frauenhandels in den Beitrittsländern zuständig sind – als Beitrag zur Vorbereitung dieser Länder auf den EU-Beitritt (44 % der Projekte im Jahr 1999 und 45 % der Projekte im Jahr 2000). Da das Programm STOP zum 31. Dezember 2000 ausgelaufen ist, hat die Kommission eine Verlängerung für einen Zeitraum von zwei Jahren (STOP II) vorgeschlagen, um die Kontinuität der Unterstützung sicherzustellen. Im Rahmen des Programms werden in dem Zweijahreszeitraum Mittel in Höhe von 4 Mio. € bereitgestellt. Die Rolle der Beitrittsländer wird im Kommissionsvorschlag besonders hervorgehoben. Auch wird unterstrichen, wie wichtig die Zusammenarbeit mit Drittländern und internationalen Organisationen ist. Es ist damit zu rechnen, dass STOP II im ersten Halbjahr 2001 vom Rat verabschiedet wird. 17 ANHANG 2 Das Programm DAPHNE Daphne ist ein auf vier Jahre (2000-2003) angelegtes mehrjähriges Aktionsprogramm der Gemeinschaft über vorbeugende Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen. Das Programm ist aus der Initiative DAPHNE hervorgegangen, die in den Jahren 1997 bis 1999 durchgeführt wurde, wobei die Planung auf Jahresbasis erfolgte. Mit der Initiative reagierte die Europäische Kommission auf die zunehmende Besorgnis über die Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen in Europa. Die Aufgaben waren sehr weit gefasst: im Rahmen einer mit 11,8 Mio. ECU (für die gesamte Laufzeit) ausgestatteten Haushaltlinie sollten NRO-Maßnahmen und bereichsübergreifende Projekte unterstützt werden. Der Begriff „Gewalt“ wurde im weitesten Sinne verstanden, so dass alle Formen von Gewalt einbezogen wurden – von sexuellem Missbrauch bis zu häuslicher Gewalt, von kommerzieller Ausbeutung bis zum Bullying in der Schule, vom Frauenhandel bis zu der gegen Behinderte, Minderheiten, Migranten oder andere benachteiligte Gruppen gerichteten und mit Diskriminierungen einhergehenden Gewalt. Im Jahr 1997 wurden im Rahmen der Initiative DAPHNE 46 Projekte bezuschusst, im Jahr 1998 waren es 49, und 1999 wurden 54 Projekte für eine Finanzierung ausgewählt. Mit dem Start des Programms DAPHNE (2000-2003) wurde der Aktionsradius in dreierlei Hinsicht ausgeweitet: künftig können mehr Organisationen eine finanzielle Unterstützung beantragen; der geographische Geltungsbereich wurde ausgedehnt; und die Projekte können in Zukunft eine Laufzeit von mehreren Jahren haben. Im Rahmen des Programms werden jährlich Mittel in Höhe von 5 Mio. € (insgesamt also 20 Mio. €) bereitgestellt. Im Jahr 2000 wurden 47 Projekte finanziert, darunter auch solche, die speziell dem Thema „Frauenhandel“ gewidmet waren. Jedes Jahr – in der Regel im März – wird im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften eine Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen veröffentlicht. Welche Projekte ausgewählt wurden, wird im Allgemeinen im September oder Oktober jedes Jahres bekannt gegeben. Die Abschlussberichte sind drei Monate nach Abschluss der jeweiligen Projekte einzureichen. Die Berichte werden in die DAPHNE-Projekt-Datenbank gestellt. Die Datenbank ist eine nützliches Instrument für all diejenigen, die sich im Kampf gegen Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen engagieren. Organisationen, die Projekte vorbereiten, für die sie eine Finanzhilfe beantragen wollen, finden hier wichtige Informationen. 18 ANHANG 3 Programme und Initiativen im Bereich Beschäftigung und Soziales Zusätzlich zu der direkten Hilfe für die Opfer des Menschenhandels ist ein besserer Austausch von Informationen und bewährten Praktiken zwischen den Mitgliedstaaten und den Beitrittsländern über die verschiedenen Ansätze zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels vonnöten. Außer den spezifischen Programmen STOP und DAPHNE können auch andere Programme und Initiativen der Gemeinschaft in den Bereichen, Beschäftigung, Soziales und Gleichstellung von Frauen und Männern einen Beitrag zur Bekämpfung und Verhütung des Menschenhandels leisten. Nachstehend zwei Beispiele: - Die Initiative EQUAL unterstützt transnationale Partnerschaften mit dem Ziel, neue Methoden zur Bekämpfung von Diskriminierungen und Ungleichheiten im Bereich der Beschäftigung zu entwickeln und zu verbreiten. Eine der Prioritäten von EQUAL ist die Unterstützung von Partnerschaften zur Förderung der Integration von Asylbewerbern. In Abhängigkeit vom offiziellen Status der Asylsuchenden können Finanzhilfen gewährt werden für die Entwicklung neuer Ansätze, um den Betroffenen den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern, oder für Ausbildungsmaßnahmen, an denen abgewiesene Asylbewerber teilnehmen können, bevor sie die EU wieder verlassen. Die Finanzmittel, die die Europäische Union im Rahmen des Europäischen Sozialfonds für EQUAL bereitstellt, belaufen sich auf insgesamt 2,847 Mio. € für den Zeitraum 20002006. - Das neue EU-Programm zur Geschlechtergleichstellung für den Zeitraum 2001-2005 wurde auf den Weg gebracht, um die Umsetzung der Rahmenstrategie der Gemeinschaft für die Gleichstellung von Frauen und Männern finanziell zu unterstützen. Die Strategie schließt sämtliche auf die Verwirklichung der Gleichstellung abzielende Politiken und Aktionen der Gemeinschaft ein. Im Zusammenwirken mit anderen Gemeinschaftsprogrammen wird das Gleichstellungsprogramm allgemeine Aktivitäten in den Bereichen Wirtschaftsleben, gleiche Beteiligung und Vertretung, soziale Rechte, Rechte als Bürgerinnen und Bürger, Geschlechterrollen und Stereotype fördern und finanziell unterstützen. Menschenhandel ist ein Thema im Rahmen des Schwerpunkts „Rechte als Bürgerinnen und Bürger”. Die im Rahmen des Gleichstellungsprogramms geförderten Projekte sollen die DAPHNE- und STOP-Projekte ergänzen. Für eine Unterstützung in Betracht kommen transnationale Projekte, die einen Beitrag leisten zur Förderung und Verbreitung der Werte und Verhaltensweisen, die Voraussetzung für die Gleichstellung von Frauen und Männern sind, zur Förderung eines besseren Verständnisses der Gleichstellungsproblematik und/oder zur Entwicklung der Fähigkeit der Akteure, die Gleichstellung von Frauen und Männern effektiv weiter voranzubringen. 19 Alle relevanten Akteurinnen und Akteure, insbesondere Nichtregierungsorganisationen, können am Programm teilnehmen, auch die Beitrittsländer. Es ist an ihnen, zu entscheiden, an welchen Programmen sie sich beteiligen möchten. Die Kofinanzierung wird im Rahmen des Programms PHARE sichergestellt. Im Zeitraum 1998-2000 haben sich Ungarn, Litauen, Slowenien, Rumänien und die Tschechische Republik am Chancengleichheitsprogramm beteiligt. Bei den Projekten ging es unter anderem um die Verwirklichung des Grundsatzes des gleichen Entgelts und die Förderung der Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt im Rahmen lokaler Partnerschaften, um die Bekämpfung der Diskriminierungen von Frauen in den nationalen Rechtsvorschriften und um positive Maßnahmen und Networking im Bereich Geschlechtergleichstellung. 20 ANHANG 4 Soziale Unterstützung der Opfer des Menschenhandels im Rahmen des Europäischen Sozialfonds Der Europäische Sozialfonds ist das wichtigste europäische Instrument zur Finanzierung lokaler, regionaler und nationaler Maßnahmen im Zusammenhang mit der europäischen Beschäftigungsstrategie. Im neuen Sechsjahreszeitraum (2000-2006) wird der ESF Investitionen der Mitgliedstaaten in die Modernisierung und den Ausbau ihrer Arbeitsmärkte und die Entwicklung ihrer Humanressourcen unterstützen. Im Rahmen der Beschäftigungsstrategie erstellen die Mitgliedstaaten jedes Jahr nationale Aktionspläne für die Umsetzung der gemeinsam vereinbarten beschäftigungspolitischen Leitlinien. In den Leitlinien wird besonderes Augenmerk auf die Förderung eines gleichen Zugangs für alle zum Arbeitsmarkt gelegt. In Leitlinie 7 werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, alle Formen der Diskriminierung aufzudecken und zu bekämpfen, die bestimmten Personengruppen, wie Angehörigen ethnischer Minderheiten und Wanderarbeitnehmern, den Zugang zum Arbeitsmarkt oder zur allgemeinen und beruflichen Bildung erschweren. In Leitlinie 9 wird an die Mitgliedstaaten appelliert, nichtangemeldete Erwerbstätigkeit zu bekämpfen und die Umwandlung entsprechender Beschäftigungsverhältnisse in reguläre Beschäftigungsverhältnisse zu fördern. Die Rolle des Europäischen Sozialfonds bei der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung wird in den kommenden Jahren im Zuge der neuen europäischen Strategie zur Förderung der sozialen Integration weiter ausgebaut. Auf der Tagung des Europäischen Rates von Nizza im Dezember 2000 wurden folgende gemeinsame Ziele festgelegt: - Förderung der Arbeitsmarktbeteiligung und des Zugangs aller zu Ressourcen, Rechten, Waren und Dienstleistungen und Vermeiden von Ausgrenzung; Unterstützung der am stärksten Benachteiligten und derjenigen, die mit besonderen Integrationsproblemen konfrontiert sind; Mobilisierung aller Organisationen, Behörden und sonstigen an der Implementierung der neuen Strategie beteiligten Stellen. Die Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, in allen einschlägigen Politiken die soziale Integration zu fördern, soweit angebracht unter Einsatz von Strukturfondsmitteln, insbesondere von Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds. Derzeit arbeiten die Mitgliedstaaten auf der Grundlage der formulierten Ziele nationale Aktionspläne für den Zeitraum 2001-2003 aus. Die Strategie wird es den Mitgliedstaaten ermöglichen, bewährte Praktiken auszutauschen, voneinander zu lernen, ihre Politik gezielter auszurichten und die gemeinsam festgelegten Ziele zu verwirklichen. 21 Die Opfer des Menschenhandels sind in besonderem Maße von Diskriminierung und sozialer Ausgrenzung bedroht. Letztere sollen bekämpft werden mit Strategien in den Bereichen soziale Integration und Beschäftigung und mit Hilfe des ESF und anderer Gemeinschaftsprogramme. Entsprechend kann die Gemeinschaft Rehabilitationsmaßnahmen bezuschussen sowie andere Formen der Unterstützung für Opfer des Menschenhandels, die sich weiter in den Mitgliedstaaten aufhalten, nachdem sie ihren Peinigern entkommen sind. In Italien erhalten Opfer des Menschenhandels für die Dauer von mindestens sechs Monaten eine befristete Aufenthaltserlaubnis. Während dieser Zeit können sie an einem der 49 von NRO und lokalen Behörden durchgeführten Integrationsprogramme teilnehmen. In der Region Mezzogiorno unterstützt der Europäische Sozialfonds eine Maßnahme, mit der bezweckt wird, auf lokaler Ebene das Bewusstsein für die Problematik des Frauen- und Kinderhandels zu schärfen, eine Datenbank einzurichten und ein Netzwerk aufzubauen zwischen den verschiedenen beteiligten Stellen, insbesondere örtlichen Behörden und NRO. In Mittelitalien sollen mit Strukturfondsmitteln Zufluchtsstätten eingerichtet werden. Darüber hinaus werden soziale Unterstützung und Ausbildungsmaßnahmen angeboten. 22 ANHANG 5 Das Programm PHARE, wichtigstes Finanzierungsinstrument im Erweiterungsprozess Das Programm PHARE ist das wichtigste Finanzierungsinstrument, das der Europäischen Union zur Verfügung steht, um die Beitrittsländer Mittel- und Osteuropas (MOEL) bei der Vorbereitung auf die EU-Mitgliedschaft zu unterstützen.2 In zehn Beitrittsländern (für Zypern und Malta existiert eine gesonderte Finanzierungsregelung) werden die PHARE-Mittel konzentriert in den prioritären Bereichen eingesetzt, die in den Beitrittpartnerschaften festgelegt wurden. Die PHARE-Finanzhilfen werden in Form von Zuschüssen gewährt. Bezuschusst werden Maßnahmen zum Verwaltungsaufbau, Investitionen in die Rechtsinfrastruktur sowie Maßnahmen zur Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts. PHARE unterstützt nationale und regionale Regierungen, lokale Behörden und Regelungs- und Aufsichtsbehörden bei der Implementierung des gemeinschaftlichen Besitzstands, unter anderem in den Bereichen Justiz und Inneres, Beschäftigung, Soziales und Chancengleichheit. Im Rahmen der Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts werden Mittel bereitgestellt, um die Beitrittsländer auf die Strukturfonds vorzubereiten, einschließlich des Europäischen Sozialfonds, der die Hauptquelle der EU-Finanzhilfen für Vor-Ort-Projekte zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und zur Förderung der Chancengleichheit ist. Zoll- und Einwanderungsbehörden werden im Rahmen integrierter Strategien für die Grenzverwaltung unterstützt. PHARE finanziert darüber hinaus grenzüberschreitende Kooperationsprogramme zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen Grenzregionen in den Beitrittsländern Mitteleuropas und in den EU-Mitgliedstaaten (gemeinsam mit Interreg) sowie der Zusammenarbeit zwischen den Beitrittsländern. Im Kontext der Stärkung der Zivilgesellschaft finanziert das PHARE-Programm ACCESS NRO-Projekte, die auf die Eingliederung und Beteiligung von Einzelpersonen und Gruppen abzielen, die von wirtschaftlicher, sozialer oder politischer Ausgrenzung bedroht sind. Ferner werden im Rahmen von PHARE Finanzhilfen gewährt, die es den Beitrittsländern ermöglichen sollen, sich gemeinsam mit den derzeitigen EU-Mitgliedstaten und Drittländern an verschiedenen Gemeinschaftsprogrammen zu beteiligen. Es ist an den Beitrittsländern, in Abstimmung mit der Europäischen Union zu entscheiden, an welchem Programm sie teilnehmen möchten (bei Übernahme eines Teils der Finanzierung) und ob eine Kofinanzierung im Rahmen von PHARE erforderlich ist. Mehrere Beitrittsländer haben von dieser Möglichkeit einer Kofinanzierung Gebrauch gemacht und am Chancengleichheitsprogramm teilgenommen. Die PHARE-Mittel können auch genutzt werden, um den Beitrittsländern eine Beteiligung am Programm DAPHNE zu ermöglichen. 2 Das Jahresbudget für PHARE beläuft sich (im Jahr 2001) auf 1 610 Mio. €. Seit 2000 existieren zwei weitere Finanzierungsinstrumente (SAPARD und ISPA), in deren Rahmen den Beitrittsländern Finanzhilfen für die Beitrittsvorbereitung gewährt werden können (die hierfür bereitgestellten Finanzmittel belaufen sich auf 540 bzw. 1 080 Mio. €). 23