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Sportdidaktik WS 06/07
(Konrad Kleiner)
Sternchen 2016
3. Vorlesung, 14. 10. 2006
Kapitel 5: Bewegung und Sport durchführen:
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Rückschau auf Kapitel 4
Zur Sensibilisierung
Lehren und Lernen motorischer Fertigkeiten
Strategien beim Lehren motorischer Fertigkeiten (Vereinfachung von Strategien)
Einsatzregeln
Zusammenfassung
Wenn Trainer/innen oder Lehrer/innen ihren Schüler/innen motorische Fertigkeiten
vermitteln, stellen sie sich unter anderem vielleicht folgende Fragen:
 Wie lernt man einer Person bestimmte Fertigkeiten?
 Wie gelingt es dem Menschen, seine 880 Muskeln so zu koordinieren, dass sinnvolle
Bewegungen entstehen?
 Wie gelingt es, das zu realisieren?
 Was passiert mit unserem Körper?
 Worauf ist didaktisch, methodisch zu achten?
Koordinationsschulung:
Um die Vielfalt muskulärer Ansteuerungen zu realisieren.
Bsp: 1.) mit linker hand ein Dreieck zeichenen, gleichzeitig mit der rechten ein Fünfeck
2.) Ein Kindergedicht aufsagen und gleichzeitig einen Rhythmus klatschen
 Wie kann Schülerinnen und Schülern das Klettern an Tauen vermittelt werden?
- Vorzeigen, erklären, Beinschluss einzeln zeigen
 Wie geht man vor, wenn man den Sprungwurf im Handball vermitteln möchte?
Für die Antwort darauf, wechseln wir zunächst die Perspektive:
Aufgabe: Lösen Sie die unten angeführte Gleichung und überlegen Sie, welche Gesetze dabei zur
Anwendung kommen müssen, um die Aufgabenstellung korrekt zu lösen.
Dafür muss man addieren, subtrahieren, dividieren können  ähnlich ist es beim Turnen: man muss
vorher einige Bewegungshandlungen aneignen; auch beim Jonglieren: man kann nicht sofort mit 4
Bällen jonglieren
Man muss die Bewegung zerlegen, dafür benötigt man Vereinfachungsstrategien.
Motorisches Lernen:
... ist der Prozess zur Erlangung und Befähigung, geschickte Handlungen auszuführen
... ist das direkte Ergebnis von Übung und Erfahrung
... ist nicht beobachtbar; es ist ein hypothetisches Konstrukt
... hat eine (relativ) dauerhafte Veränderung des motorischen Verhaltens zur Folge
Am Beginn stellt man sich vor, wie Bewegungen sein werden  geistige Vorbereitung  Muskeln
agieren während dessen schon angepasst an die kommende Bewegung
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Zeitliche Übersicht:
1850  Behavioristen
Klassisches Konditionieren (Pawlow, Watson)  Pawlow´sche Hund
Instrumentelles Konditionieren (Thorndike)
Operantes Konditionieren (Skinner)  Skinner-Box: Ratte – Hebel - Fresspille
1875 – 1900  Kognitivisten
Lernen durch Einsicht (Köhler, Wertheimer, Koffka)
Stimulus-Response-Theorie (Piaget)
ca. 1930  Open-Loop Theorie (Adams)
Closed-Loop Theorie (Adams, Keele & Summers)
ca.1980  Schema-Theorie (Schmidt)
o Recall- und Recognition-Schema
o Woher wissen wir, beim Volleyball z.B., dass wir einen Schritt vor gehen,
tiefer gehen müssen usw.? Woher wissen wir, wie wir auf den Ball
reagieren sollen?
Bewegungswissenschaftliche Ansätze/Betrachtungsweisen:
Biomechanische Betrachtungsweisen
Ganzheitliche Betrachtungsweisen
Fähigkeitsorientierte Betrachtungsweisen
Funktionale Betrachtungsweisen (Funktionsanalysen – um Bewegungen sinnvoll zu gliedern)
Zentrale Fragestellungen:
Wie funktioniert die Ausführung räumlich-zeitlich geordneter motorischer Aktionen? (Stabilität im
motorischen Verhalten)  Um Bew. Zu stabilisieren: wiederholen, mit Hindernissen trainieren
Wie produziert und kontrolliert ein/e Sportler/in schnelle und flexible Bewegungsantworten auf
situative Veränderungen? (Variabilität im motorischen Verhalten)
„Erkenntnisleitende Metapher“ der Informationsverarbeitungstheorien:
Computer-Metapher:
Informationsaufnahme  Speicherung  Informationsverarbeitung  Output
Beispiel: Handballspieler:
Analyse der Spielsituation  Vergleich mit gesammelter Erfahrung  Entscheidung für angemessene
Reaktion (Programm)  Durchführung
Schema-Theorie (Schmidt):
Theorie der generalisierten motorischen Programme
Ein motorisches Programm ist ein zentralnerval gespeichertes Engramm, das der Innervation von
Muskeln und Muskelgruppen dient und die Bewegung steuert.
Grundannahme:
Ein generalisiertes motorisches Programm steuert eine ganze Klasse von strukturell ähnlichen
Bewegungen (z.B. Würfe).
Wird für jede Aufgabe (Aufheben von Dingen z.B.) ein eigenes Programm?
Grundprinzip bleibt immer gleich  Aufheben
3 Annahmen:
A.) Irgendwo im Körper werden Programme als Schablone für verschiedene Bewegungen gespeichert
B.) Programmlernen ist ein Impulslernen  gibt Kräfte, Zeitlichen Verlauf usw.
C.) Sequenzierung, Timing, Krafteinsetzung muss man lernen
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A) Technikerwerb:
(z.B.: Beispiel für den Sprungwurf)
Die zeitliche Abfolge der Muskelimpulse und die
zeitlichen Verhältnisse des jeweiligen
Aktivitätsbeginns.
Es kommt zu eine Sequenzierung von A, B, C, D
(einzelne Muskeln)
Impulsfolge: A vor C vor B vor D
Das Verhältnis der Zeitdauer (Einschaltdauer)
der Einzelimpulse (C, A, B, D)
Letztlich geht es um die Höhe und den relativen
Krafteinsatz  Fläche unter der Kurve wird mit
Integral berechnet
1. Das Prinzip der Programmverkürzung:
Das Impulsmuster des Sprungwurfes ist zu komplex. Ein Anfänger ist nicht in der Lage, den ganzen
Impuls auf einmal zu lernen. Man muss ihn zerlegen.
Handball  Verkürzung:
1.) Anlauf
2.) Hopserlauf (Arme Beine
gegengleich)
3.) Absprung, einfach in die Luft
springen lassen
Lösung: Kein Schnitt zwischen Absprung
und Wurf
Zyklische Bewegung: Laufen
Azykliche Bewegung: Wurf
Bei zyklischen Bewegungen ist es sehr schwierig, den passenden Schnittpunkt zu finden. Es ist besser,
während der Bewegung zu intervenieren.
Wenn simultan gekoppelt ist, darf man nicht schneiden; zukzessiv verknüpfte Phasen sehr wohl.
2. Prinzip der Unterstützung invarianter (fester) Bewegungsanteile:
Prinzip: direkte Ausführungshilfe
 methodische Art, das Seilklettern umzugestalten: - Stangenklettern
- Von oben nach unten – Kasten aufstellen
(um Fertigkeiten – wie Kletterschluss zu lernen)
Anderes Beispiel:
Peson schafft es nicht, den Ball zu treffen – auf Grund eines zu kleinen Schlägers  Präzision lösen
Ausführungshilfe für strukturelle Bewegungsmerkmale:
Rhythmus-vorgaben (akustisch)
Orientierungsvorgaben (visuell)
bewegungsausführende Hilfen (taktil, kinästhetisch)
Fehlertoleranz
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3. Prinzip der Veränderung variabler Bewegungsparameter:
Prinzip: Slow-Motion (Programmstreckung)
Frauen können mit einer 5kg nicht stoßen  geringere Kugel, aber kein Tennisball z.b. – denn der
wäre zu leicht  Wurf uns kein Stoß
Gestalthypothese
Es ist möglich durch Variation der Parameter, ein bestimmtes Muster (Programm: Impuls-TimingMuster) zu stauchen oder zu dehnen (Programmstreckung, Programmstauchung). Dennoch entsteht
keine Veränderung des Musters.
B.) Technikvariation:
A = Ausgangsposition, E = Endposition
4. Prinzip der Regelverkürzung:
Frage: Wo kann (darf hier) „geschnitten“ werden?
 Mittelwert
 Dort, wo der Großteil in der Lage ist, es auszuführen
5. Prinzip der Positionskonstanz:
Beispiel Volleyball:
Person steht fix an Punkt A  schießt
einmal zu E1, einmal zu E2 und zu E3.
Person ist in Ruhe und steuert immer andere Ziele an.
6.) Prinzip der Ergebniskonstanz:
Person ist in Bewegung  muss immer
dasselbe Ziel anvisieren
5.) und 6.) sollten im Block trainiert werden  Wechsel nicht unmittelbar, damit der Körper das
Erlernte verarbeiten kann.
Dreieck = Spieler
Zuspielhöhe = variabel
Zuspielweite = konstant
Netzentfernung = konstant
Schlagrichtung = konstant
Volleyballnetz
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Netzentfernung = konstant
Schlagrichtung = konstant
Zuspielhöhe = konstant
Zuspielweite = variabel
Netzentfernung = variabel
Zuspielhöhe = variabel
Zuspielweite = variabel
Schlagrichtung = konstant
Schlagrichtung: variabel
Netzentfernung = variabel
Zuspielhöhe = variabel
Zuspielweite = variabel
Schlagrichtung = variabel
C.) Technikanpassung:
7. Prinzip der Vereinfachung der Technikziele (Ziel, das angesteuert wird, ist nicht so anspruchsvoll 
Langlaufen: nur Beintechnik soll gekonnt werden)
8. Prinzip der Vereinfachung der Technikregeln (BB: Bei Kindern pfeift man nicht sofort, wenn das
LayUp nicht sauber gespielt wird)
9. Prinzip der Reduktion der Gegnerbehinderung (Klettern, Judo usw. kann man verwenden)
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10. Prinzip der Reduktion Partnerunterstützung (siehe 9)
11. Prinzip der Vereinfachung der Technikumgebung (mit Skianfängern fährt man nicht sofort die
Schwarze Piste)
Einsatzregeln der Programmtransfer-Hypothesen:
(1) Ist es einem Lernenden nicht möglich, trotz der Anwendung der Strategien 1—3
(Programmverkürzung usw.) die Zieltechnik (oder einzelne Technikteile) zu realisieren, dann sind
Vorübungen zur Kompensation eventueller konditioneller, allgemein-koordinativer Defizite
oder auch zum Abbau psychischer Hemmnisse erforderlich (Bereich „I“).
(Sprung vom 3m Brett  Angst  vom 1er anfangen, hinsetzen, T-Shirt anziehen usw.
 psychische Blockade muss man zuerst auflösen)
(2) Kann der Lernende die Technikgrundform zunächst „nur“ ausführen, wenn eine der oder eine
Kombination der Vereinfachungen 1—3 eingesetzt wird, dann ist ein Programmaufbau von A1
nach A3 notwendig (Programm schneiden usw.), bevor zu B- oder C-Übungsformen
übergegangen werden sollte (A -> BC; Bereich „II“).
(3) Wenn der Lernende das zu erwerbende Impuls-Timing-Muster „sofort“, ohne Vereinfachungen,
in der Grundform beherrscht, dann kann mit einem B-, u. U. auch direkt mit einem BC-Training
begonnen werden. Dieses schließt ständige „Technikfeinschliff „Rückgriffe auf A ein (B (->) C ->
A-Bereich „3“).
(wenn Kinder das sofort beherrschen, kann man gleich zur Variation übergehen  Aufschwung
nicht nur an der Reckstange, sondern auch an Ringen usw.)
(4) Ist der Lernende schließlich „auf Anhieb“ in der Lage, Technikvariationen präzise zu gestalten,
dann ist es angemessen, unmittelbar mit einem C-Lernen zu starten, das präzisierende A- und B„Einlagen“ enthält (C -> BA: Bereich „4“). (z.B.: Gelände verändern)
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