Steffen Fliegel - Intranet der BBS II

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Steffen Fliegel:
Prüfungsangst
Speziell für StudentInnen:
Helga Knigge-Illner: Prüfungsangst verstehen und bewältigen
Alle Menschen sind Zeit ihres Lebens vielfältigen Prüfungen ausgesetzt. Die "heiße"
Prüfungszeit erlebt man in der Regel zwischen dem 16. und 30. Lebensjahr durch
Schulabschluss, Führerschein, Ausbildungsabschluss, Bewerbungsgespräche. Aber schon viel
eher beginnen die kleinen Prüfungen: Der Besuch will die ersten Worte hören, das erste
Laufen sehen. Später das Gedicht unter dem Tannenbaum, die Rolle im Theaterstück der
Schulklasse oder nach wochenlangem Training der sportliche Wettkampf. Dazwischen
Diktate und Tests in der Schule, Referate vor der Klasse.
Aus einer Untersuchung des "Hochschul-Informations-Systems (HIS)" an der Universität
Münster geht hervor, dass ein Fünftel der Studierenden psychische Probleme im Studium hat
und vor allem unter Prüfungsängsten leidet. Fast ein Viertel der StudienanfängerInnen
verlässt die Hochschule vor dem Abschluss. Häufig werden Prüfungen auch aufgeschoben, da
die KandidatInnen nicht wissen, wie sie sich am besten auf eine Klausur oder eine schriftliche
Arbeit vorbereiten sollen.
Nach einer repräsentativen Umfrage der Universität Konstanz mit 8350 Studenten an 16
Universitäten und neun Fachhochschulen leiden 36 Prozent der Studenten unter massiven
Prüfungsängsten, 24 Prozent der angehenden Akademiker fühlen sich durch die hohen
Leistungsanforderungen "stark belastet“. Weit verbreitet sind auch finanzielle Sorgen: Fast
ein Drittel der Uni-Studenten und sogar 37 Prozent der Fachhochschüler fürchten ernsthaft
um ihr Auskommen. Die Spannbreite der Ängste reicht von mangelndem Selbstwertgefühl
über depressive Verstimmungen bis hin zu massiven Versagensängsten.
Auch im mittleren Lebensalter ist nicht Schluss mit Prüfungen, wenn man z.b. im Betrieb
oder auf einer gesellschaftlichen Veranstaltung eine Ansprache halten muss. Siehe dazu
Sprechangst.
Bei all diesen Situationen handelt es sich um Bewertungssituationen. Tätigkeiten, die man
eigentlich beherrscht, sollen nun vor wichtigen Menschen gezeigt werden, die das Handeln
dann gegebenenfalls bewerten. Im Folgenden wird es um die Situationen gehen, in denen
Überprüfung von Wissen und Fertigkeiten im Vordergrund stehen, um Prüfungsangst also im
klassischen Sinne. Das alles lässt sich natürlich auch auf andere Situationen übertragen.
Das Problem
Prüfungsangst ist sehr häufig. Die Intensität der Angst hängt von vielen Faktoren ab:
Bedeutung des Ergebnisses, wer ist anwesend, wie ist der Allgemeinzustand, wie ausgeprägt
ist das verlangte Wissen vorhanden und verfügbar usw. ? Es kann unterschieden werden
zwischen normaler Angst (eher: Unsicherheit), begründeter Angst (z.b., wenn der
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Wissensstoff nicht gelernt wurde) und phobischer, d.h. unbegründeter Angst. Bei phobischen
Angstzuständen kann die Prüfungssituation nur mit sehr hoher Belastung absolviert werden.
Die meisten Menschen, die unter Prüfungsangst leiden, haben mehr Angst vor mündlichen
Prüfungen und Prüfungen, in denen etwas gezeigt werden muss, als vor schriftlichen
Prüfungen. Auch der Ablauf schriftlicher Prüfungen ist nicht zu 100% vorhersehbar, dennoch
kommen bei der mündlichen Prüfung mehr Unsicherheitsfaktoren ins Spiel. So ist der
Prüfling allein mit einem oder gar mehreren Prüfern und außer seinem Fachwissen stehen
implizit auch noch andere Fertigkeiten auf dem Prüfstand, wie Auftreten, die Fähigkeit ein
Gespräch in Gang zu halten (und ggf. zum eigenen Vorteil zu lenken), sich auf sein
Gegenüber einzustellen, dessen Fragen zu verstehen etc.
Viele Katastrophenphantasien in bezug auf mündliche Prüfungen machen sich auch an der
Person des Prüfers oder der Prüferin fest. Übrigens: StudentInnen mit heftiger Prüfungsangst
haben in der Mehrzahl gar keine realen traumatischen Prüfungserlebnisse hinter sich,
vielmehr weiß man aus Untersuchungen, dass je weniger Prüfungen StudentInnen in einem
Fach durchlaufen müssen, desto wahrscheinlicher entwickeln diese Prüfungsangst. Dazu
gehört auch, dass unter Studierenden oft regelrechte Mythen über die Prüfer kursieren, etwal,
dass manche besonders gerne die Prüflinge durchfallen lassen, was aber in den wenigsten
Fällen der Wirklichkeit entspricht.
Wie äußert sich Prüfungsangst?
Prüfungsangst tritt zumeist nicht erst unmittelbar vor oder während der Prüfung auf, sondern
beeinträchtigt die Kandidatinnen und Kandidaten schon lange vorher. Die Symptome der
Angst sind vielfältig: Oft tritt bereits mit der Anmeldung zur Prüfung ein Gefühl von
allgemeiner Anspannung ein. Die Betroffenen schlafen schlechter, berichten oft von
Alpträumen und Angstgedanken.
Die Gefühlsebene ist geprägt von Angst und Hilflosigkeit, Resignation, Hoffnungslosigkeit
und depressiven Verstimmungen. Das Verhalten reicht von Vermeidung der Prüfung,
Herausschieben des Vorbereitungsbeginns bis hin zu ununterbrochener
Vorbereitungstätigkeit, die eher als ruheloser Aktionismus denn als sinnvolle
Prüfungsvorbereitung zu bezeichnen wäre.
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Die Gedanken an die bevorstehende Prüfung rufen bei den Betroffenen ganz unterschiedliche
körperliche Symptome hervor: Herzrasen, Schwindel, Schwitzen, flauer Magen oder
"Schmetterlinge im Bauch", nervöser Durchfall oder Verstopfung, zittrige Hände und Beine,
Kribbeln in den Fingerkuppen, beschleunigte Atmung usw.
Untersuchungen haben gezeigt, dass ein gewisses Maß an Erregung die Leistungsfähigkeit
steigert, allerdings darf diese Erregung nicht zu hoch sein, da sonst die
Konzentrationsfähigkeit wieder abnimmt. Ziel sollte also ein gewisses Ausmaß an Erregung
sein (welches bei bevorstehenden Prüfungen in der Regel automatisch eintritt), das aber nicht
überschritten werden sollte, da in diesem Fall die Leistungsfähigkeit wieder abnimmt. Ist die
Erregung zu groß, kann es gut sein, dass tatsächlich die von manchen gefürchtete Situation
des Blackout eintritt und die notwendige Konzentration überhaupt nicht mehr möglich ist.
Gründe für Prüfungsangst
Die Erziehung eines Kindes und jungen Menschen trägt sicherlich entscheidend zur
Ausgeprägtheit des eigenen Selbstbewusstseins bei. Menschen, die sich wenig zutrauen und
die Erfolge nicht sich selbst zuschreiben, laufen eher Gefahr, Angst vor Prüfungen zu haben.
Weitere Gründe für starke Prüfungsangst liegen in schlechten Lern- und
Vorbereitungsstrategien, in fehlenden Kompetenzen der Bewältigung von Stress und
Belastung, in negativen Vorerfahrungen mit Prüfungen, in zu hohen Erwartungen an das
Ergebnis der Prüfung, in genereller Ängstlichkeit und Neigung zu Angst und natürlich in
schlechter Vorbereitung und schlechten Leistungen.
Wenn zum Zeitpunkt der Prüfung und Prüfungsvorbereitung schwierige Lebensumstände
vorherrschen (Krankheit, Alltags- und Berufsstress usw.), erhöht dies die Anspannung und
damit die Angst.
Neben der Angst und der Bedrohung durch den Misserfolg kann aber auch die Angst vor dem
Erfolg oder vor den Folgen des Erfolges eine Rolle spielen. Häufig stehen nach bestandenen
großen Prüfungen, wie Abschlussprüfungen, nach der Ausbildung, nach einem
Vorstellungsgespräch, private oder weitere Veränderungen an. Meist geht ein Lebensabschnitt
zu Ende und die weitere Zukunft ist relativ ungewiss. Vielleicht ist auch der Prüfungserfolg
mit einem Umzug verbunden, so dass man aus der gewohnten sozialen Umgebung wegziehen
und Freunde und Familie verlassen muss. Dann bewirkt vermeintlich die Prüfung im Vorfeld
eine Angst, die eigentlich einem anderen Aspekt gilt.
Faktoren zur Genese von Prüfungsangst
Prüfungsangst hängt meist mit den Erfahrungen in der Kindheit zusammen. Folgende
Faktoren spielen dabei eine Rolle:

Der elterliche Erziehungsstil: Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben,
dass die Eltern ängstlicher Kinder weniger mit ihren Kindern sprechen und sich
weniger um deren emotionale Bedürfnisse kümmern. Ihre Hauptaufgabe sehen sie
darin, ihren Kindern Verbote und Regeln zu vermitteln. Häufig überfordern sie ihre
Kinder und geben wenig verbale und praktische Unterstützung. Sie bestrafen sie
häufiger bei Nichterfüllung der Leistungsansprüche. Später übernehmen die Kinder
dann selbst die Rolle ihrer Eltern und lehnen sich ab, wenn sie einen Mißerfolg haben.
Sie erleben jede Leistungssituation als eine persönliche Bedrohung.
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Die Persönlichkeit der Eltern: Wir lernen sehr viele unserer Verhaltensweisen am
Modell der Eltern. Sind die Eltern selbst sehr ängstlich oder stark leistungsorientiert,
schauen wir uns deren Verhaltensmuster ab und verhalten uns entsprechend.
Frühere Erfahrungen mit Prüfungen: Ungerechte Prüfer, negative Reaktionen auf
Mißerfolg usw. können die Angst vor Prüfungen verstärken.
Gesellschaftliche Normen: In unserer Gesellschaft werden der Leistungsaspekt und
die Bedeutung von Erfolgen stark betont, so daß der Einzelne lernt, sein
Selbstwertgefühl in Abhängigkeit von seiner Leistung zu definieren. "Nur wer gut ist,
gilt etwas und hat etwas zu sagen". Je mehr Sie diese Einstellung verinnerlicht haben,
umso stärker leiden Sie auch unter der Angst, durchzufallen.
Soziale Faktoren: Wer sein Studium selbst finanziert und kein finanzielles Polster
wird, wird sich eher unter Druck setzen, sein Studium möglichst schnell abzuschließen
und gute Noten zu erzielen, um eine möglichst attraktive oder überhaupt eine Stelle zu
bekommen. Für ihn wird das gute Bestehen der Prüfung eine besondere Bedeutung
haben.
Lösungen
Tipp: Langsame Bauchatmung
Lege die Hand flach etwa 2 cm unterhalb des Nabels auf die Bauchdecke. Atme tief ein und
stellen dir vor, wie der Atem langsam bis hinunter zu der Hand fließt und schließlich die Hand
hochhebt. Dann stell dir vor, wie der Atem langsam wieder über den Brustraum zurück über
die Nase nach außen entweicht. Konzentriere dich darauf, wie die Hand wieder nach unten
sinkt. Wiederhole diese Übung mehrere Minuten bzw. solange, bis du deutlich entspannter
und ruhiger bist.
Die Bewältigung der Prüfungsangst kann an allen Punkten ansetzen, die als Ursachen und
Auslöser benannt wurden:
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Senkung zu hoher Anspannung,
Veränderung des Anspruchs- und Leistungsdenkens,
Auseinandersetzung mit der Prüfung statt Vermeidung,
Verbesserung der ungünstigen Rahmenbedingungen,
Veränderung der Katastrophenphantasien in mutmachende und angstreduzierende
Gedanken,
Bewältigung der Angst als Ergebnis traumatischer Prüfungserfahrungen,
realistische Klärung der möglichen Ergebnisse der Prüfung,
Verbesserung der Arbeits- und Vorbereitungstechniken,
neue Lernstrategien,
Konstruktive Auseinandersetzung mit den Konsequenzen der Prüfung und der Zeit
nach der Prüfung.
Da Betroffene die Prüfungsangst ja unter allen Umständen loswerden wollen, klingt es
paradox, dass es zunächst wichtig ist, sie zu akzeptieren, ohne sich allerdings mit ihr
abfinden zu müssen. Für eine bestimmte Zeit sollte diese Angst, die ja immer wichtige
Gründe hat, angenommen und als zur eigenen Person dazugehörend gesehen werden, um sie
einmal näher zu betrachten. Die Prüfungsangst kann wertvolle Informationen liefern über
bislang nicht bewusst wahrgenommene eigene Bedürfnisse, z.b. nach Anerkennung. Die
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gewonnenen Informationen hierüber können wichtige Ansatzpunkte bieten für die
Veränderung der Angst.
Die Prüfungsangst selbst erfordert den Einsatz vieler Energien, Angst kostet Kraft. Es sollte
versucht werden, diese Energien, die in der Prüfungsangst stecken, umzuleiten und für
eine effektive Prüfungsvorbereitung zu nutzen. Wichtig ist es dabei, sich realistische Ziele zu
setzen und nicht am Beginn der Vorbereitung gleich alles zu sehen, was noch zu leisten ist.
Das kann gar nicht funktionieren. Das heißt, der gesamte Stoff (z.b. theoretische Kenntnisse
für die Fahrschulprüfung in Teilziele formulieren: 1 Arbeitsblatt pro Woche). Und immer nur
an diesem einen Ziel arbeiten und nicht alles sehen, was noch nicht erreicht ist.
Genügend Zeit für die Vorbereitung einplanen, wenn es möglich ist. Je näher der
Zeitpunkt der Prüfung kommt, umso mehr Unruhe wird verspürt, mehr Anspannung
verhindert aber effektive Vorbereitung. Und das umso mehr, je umfangreicher der Stoff ist.
Auseinandersetzung mit der Prüfung, anstatt den Blick wegzulenken. Das heißt, sich
immer wieder Fragen stellen und beantworten, eventuell mit Hilfe von Menschen, die eine
solche Prüfungsherausforderung hinter sich haben oder daran beteiligt sein werden. Wichtige
Fragen sind:
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Was wird verlangt oder erwartet?
Um was für einen Typ Prüfung handelt es sich (z. B. bei schriftlichen Prüfungen,
Vorführung, mündliches befragt werden, etwas vorstellen, Vortrag halten, freies
Schreiben)?
Wie viel Zeit steht zur Verfügung?
Wie sieht der formale Ablauf aus? (Ort, Raum, Sitzkonstellation, wer ist dabei, wer
fragt, Reihenfolge...)
Wer prüft, schaut zu, hört zu?
Worauf wird wohl Wert gelegt?
Welche Kleidung ist sinnvoll?
Was kann schlimmstenfalls passieren?
Informationsquellen hierfür sind, der Prüfer/die Prüferin selber, Kolleginnen und Kollegen,
Freunde, Bücher, Richtlinien, Internet, Broschüren, Menschen, die diesen Weg schon
gegangen sind, ggf. vorherige Teilnahme, falls möglich, ein persönliches Vorgespräch.
Überprüfung von Bereichen, in denen man bei sich möglicherweise Defizite aufdeckt und
an denen man durch gezielte Maßnahmen arbeiten kann: Füllen von Wissenslücken,
Verbessern des Arbeitsverhaltens, Verbessern des Darstellungs- und Gesprächsverhaltens
(Kommunikation). Hier können andere Menschen sehr hilfreich sein.
Im Rahmen eines allgemeinen
Zeitmanagements sollten in einem konkreten Wochenplan
auf einem großen Kalenderblatt alle Termine der Woche eingetragen werden. Für jeden Tag
muss der Umfang der Vorbereitungszeit festgelegt werden. Dabei sind natürlich auch alle
anderen Tätigkeiten (beruflich und privat) angemessen zu berücksichtigen, damit eine
realistische Einteilung möglich wird. Die Vorbereitungszeit unrealistisch einzutragen, hieße,
in Druck zu kommen und die Angst zu erhöhen. Auch Pausenzeiten, Freizeiten und Zeiten für
angenehme Tätigkeiten (Belohnungen) gehören unbedingt dazu.
Eine weitere Voraussetzung zur Angstreduktion sind
günstige Arbeitsbedingungen. Geht
es um eine Theorieprüfung, um "Schreibtischarbeit" gehören dazu ein aufgeräumter, gut
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beleuchteter, nicht ablenkender, aber dennoch angenehm gestalteter Arbeitsplatz, an dem die
notwendigen Materialien leicht erreichbar sind. Partner, Kinder und Freunde sollten über die
Arbeitszeiten informiert sein und währenddessen nicht stören.
Neben den Rahmenbedingungen und Plänen sind aber natürlich effektive Lernmethoden für
einen Prüfungserfolg unerlässlich. Das Behalten von Gelerntem hängt zum einen von dem
Stoff ab, zum anderen von der Lernmethode. Hilfreich ist es auch, sich von anderen befragen
zu lassen.
Angst ist mit Unruhe, Nervosität, Bauchflattern und Anspannung verbunden. Diese
Anspannung verhindert, wenn sie zu groß wird, eine effektive Vorbereitung und genügend
Aufmerksamkeit während der Prüfung (Lampenfieber z.b. steigert die Leistung, ist es zu
stark, lähmt es.) Hilfreich können hier verschiedene Entspannungsverfahren wie
Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, Yoga, Atemübungen etc. sein. Diese
lassen sich mit Hilfe von Ton- oder Videokassetten und Taschenbüchern selbst erlernen. Viele
Volkshochschulen und Familienbildungsstätten bieten aber auch gute Entspannungskurse an.
Oft sind es auch die negativen und mit Horrorvorstellungen besetzten Gedanken, die
Prüfungsängstlichen einen Strich durch die (Konzentrations-)Rechnung machen. Gedanken
und Gefühle hängen sehr eng miteinander zusammen. Daher sollte man seine Angstgedanken
aufspüren und vor allem auf den Realitätsbezug und Wahrheitsgehalt zu überprüfen.
Oft denken Betroffene "Ich kann nichts." "Das werde ich nie schaffen." etc. In der Regel
handelt es sich bei den ersten Gedanken um Verallgemeinerungen, Katastrophenphantasien,
die dann durch realistischere und angstsenkende Gedanken ersetzt werden müssen, z.b. durch:
"Es ist noch eine Menge Arbeit, aber ich bin schon ein ganzes Stück voran gekommen,
Thema XY habe ich schon gelernt. Die Leute werden mich nicht auslachen. Wenn ich dort
sitzen würde, könnte ruhig ein anderer mal einen Fehler machen. Ich werde es schon
schaffen." Man kann auch dazu übergehen, sich immer wenn man merkt, dass die Angst
auftritt, innerlich hilfreiche Sätze zu sagen, wie z. B. "Du hast schon eine Menge vorbereitet.
Die Prüfer sind auch nur Menschen. Wenn ich durchfalle, geht auch die Welt nicht unter. Jetzt
erst einmal tief durchatmen und dann in Ruhe ordnen, was als nächstes anliegt. Etwas
Anspannung zu spüren ist gut, das steigert meine Leistungsfähigkeit."
Die Allgemeine-Angst-Auskunft.de (www.angst-auskunft.de/AAA_Pruefungsangst.htm)
schlägt folgende Wege aus der Prüfungsangst vor:
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Sich optimal aufregen: Aufregung aktiviert, zuviel Aufregung verringert die
Flexibilität
Selbstwertgefühl stärken.
Verantwortung für das Prüfungsergebnis vernünftig verteilen: Prüfungsergebnisse
hängen von vielen Faktoren ab. Man ist nicht nur selbst verantwortlich, auch die
Tagesform des Prüfers, die Rahmenbedingungen usw..
"Katastrophen" zu Ende phantasieren: Die Welt wird nicht zusammenbrechen.
Sich positiv programmieren und Energie vernünftig einsetzen: Sich selbst erfüllende
Prophezeiungen nutzen und sich einen guten Erfolg voraussagen. Ängste
verschwenden zuviel Energie.
Perspektiven verändern: Fakten sind normal, "Bedeutung" macht Angst. Prüfung nicht
als Bedrohung, sondern als Chance sehen.
Arbeitstechniken optimieren und realistische Ziele setzen: gut vorbereiten und
günstige Lerntechniken schaffen.
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Zuletzt sei noch auf eine gute Technik hingewiesen, um die Angst zu bewältigen: Soviel wie
möglich von der Prüfung vorwegnehmen. Wenn dabei die Angst zu groß und kaum aushaltbar
ist, kleine Schritte wählen:
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Sich immer wieder den Weg zur Prüfung vorstellen,
das Warten vor der Tür,
ggf. auch den Weg mehrmals vorher abgehen,
das Prüfungszimmer, wenn möglich anschauen,
mit dem Prüfer sprechen,
Vorstellungsgespräche im Rollenspiel mit Freunden simulieren bzw. durchspielen,
In der Entspannung Bilder vor dem inneren Auge ablaufen lassen, Aufkommender
Angst mit mutmachenden Gedanken begegnen.
Motto: Konfrontieren statt vermeiden und fliehen.
Man kann selber einiges tun und ausprobieren, um seine Angst vor Prüfungen in den Griff zu
bekommen. Wenn man allerdings feststellt, dass man alleine oder auch mit Hilfe vertrauter
Menschen nicht damit fertig wird, ist es ratsam sich professionelle Hilfe zu suchen.
An den Universitäten oder in der Schulpsychologie, sowie in Beratungsstellen werden häufig
Unterstützungen in Gruppen angeboten.
Wenn die Angst zu stark ist und lähmt, wenn die körperlichen Symptome sehr ausgeprägt
sind, wenn die Vermeidung überhand nimmt, sollte die rechtzeitige Durchführung einer
Psychotherapie in Betracht gezogen werden. Die Kosten dafür übernimmt dann in der Regel
die Krankenkasse.
Quelle:
Laukenmann, Matthias (2001).
Emotionen und Lernen. Didaktik der Physik.
DPG-Frühjahrstagung Bremen.
WWW: http://www.ph-ludwigsburg.de/
physik/laukenmann/Forschung/dpg_bremen.doc (02-09-02)
In einer Untersuchung zum Zusammenwirken kognitiver, affektiver und sozialer Faktoren
beim Lernen im Physikunterrichtwurden in 24 Klassen neben kognitiven Konstrukten
(Vorwissen, Lernergebnisse und Lernstrategien) auch kognitiv-emotionale (Selbstkonzept,
Interesse), affektive (Motivation, Angst, Langeweile, Wohlbefinden) und soziale Variablen
(Sozialklima, familiales Erziehungsverhalten) erhoben. Dabei kamen sowohl quantitative als
auch qualitative Methoden zum Einsatz. Interesse und Emotionen wurden in
situationsbezogene und in überdauernde, eher biografisch gefestigte Komponenten
differenziert.
Über die bekannte Erfahrung hinaus, daß kognitive Merkmale wie das Vorwissen sehr
wesentliche Prädiktoren für das schulische Lernen sind, wurde nachgewiesen, daß das
positive Unterrichtserleben für die lernorientierte Erarbeitungsphase bedeutsam ist ,
weniger für die leistungsorientierte Übungsphase. Zusätzlich zeigten sich positive
Zusammenhänge mit der wahrgenommenen Fürsorglichkeit des Lehrers und dem
lernfördernden Elternverhalten.
Die Fachangst steht in negativem Zusammenhang mit dem Lernerfolg in beiden
Unterrichtsphasen. Die situative Angst im Sinn einer Besorgtheit um den Lernerfolg zeigte
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hingegen einen positiven Zusammenhang mit dem Leistungsvermögen am Ende der Übungsphase. Hier bestätigt sich, dass Ängste ambivalent auf Handlungen wirken.
Informationen, Literatur
Selbsthilfe: Seminare und Kurse für Prüfungsängstliche bieten Volkshochschulen,
Familienbildungsstätten und andere regionale Institutionen an. Häufig hilft ein Blick ins
Internet (Suchmaschine: Prüfungsangst/-Ort-)
Entspannungskurse gibt es in jeder Stadt (Volkshochschule, Gesundheitszentrum,
Familienbildungsstätten)
Literatur
Ceh, Johann: Keine Angst vor Prüfungen. München / Landsberg am Lech: MVG-Verlag im
Verlag Moderne Industrie 1993. 11,80 DM
Knigge-Illner, Helga: Keine Angst vor Prüfungsangst. Frankfurt/M.: Eichborn 1999.
Helga Knigge-Illner: Prüfungsangst verstehen und bewältigen
Unverzagt, Gerlinde: Endlich geschafft, Prüfungsängste bewältigen. Zürich: Kreuz-Verlag
1997.
WDR2-Westzeit-Informationsblatt zum Thema "Entspannungsverfahren"
Quelle: Steffen Fliegel (1998). Prüfungsangst.
WWW: http://www.wdr.de/ (00-10-06)
Der Text der Seite basiert in wesentlichen Teilen auf dieser Webpage. Die Erlaubnis des
Autors liegt vor. (Quelle: http://www.wdr.de/radio/wdr2/westzeit/fliegel.html - 01-11-08)
Zum Autor
Dr. Steffen Fliegel ist der Psychologe der WDR2 WESTZEIT. Steffen Fliegel
(Jahrgang 1949) wurde in Dresden geboren. Psychologie studierte er in Münster, wo er heute
auch wohnt und arbeitet. Er ist ausgebildet als Diplom-Psychologe, Psychologischer
Psychotherapeut und als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut. Nach beruflichen
Stationen als Hochschulassistent, Psychologischer Leiter einer Fachklinik und
Geschäftsführer eines Psychotherapiezentrums arbeitet Steffen Fliegel heute bei der
Münsteraner Gesellschaft für Klinische Psychologie und Beratung und ist Ausbildungsleiter
der Deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie e.V. Schwerpunkte seiner Arbeit sind
neben Ausbildungsaktivitäten die Durchführung von Psychotherapie, die Tätigkeit als
Gutachter sowie Öffentlichkeits- und Medienarbeit.
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Schülerängste
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Die Schullaufbahnangst: Angst vor
schlechten Zensuren, dem
Sitzenbleiben, dem dropping-out und
dem Schulversagen
Die Lern- und Leistungsangst:
Angst, etwas nicht lernen oder leisten
zu können, nicht zu begreifen,
überfordert zu sein, in Prüfungen zu
versagen.
Die Stigmatisierungsangst: Angst,
vor dem Lehrer und den Mitschülern
bloßgestellt zu werden, sich lächerlich
zu machen, Prestige zu verlieren, als
"dumm", "faul" oder "schlecht" zu
gelten.
Die Trennungsangst: Angst allein zu
sein, sich (z. B. von zu Hause) trennen
zu müssen, auf sonstige Hilfen,
Personen und Zusprüche verzichten
zu müssen bzw. einen bedrohlichen
Verlust zu erleiden.
Die Strafangst: Angst vor
Liebesentzug, Tadel, Strafen,
Ungerechtigkeiten, Repressalien.
Die Personenangst: Angst vor
bestimmten Personen, z. B. vor dem
Rektor, einem Lehrer, einem
Mitschüler oder einer ganzen Clique.
Die Konfliktangst: Angst vor
bestimmten Konflikten, etwa sich
auflehnen zu wollen, aber nicht
mucken zu dürfen, oder im Gestrüpp
der drei Lehrplanstrategien
(offizieller, idealer und geheimer
Lehrplan) hin- und hergerissen zu
sein.
Die Institutionsangst: Angst vor der
Schule als Institution, deren
hierarchischen Herrschaftsstrukturen,
deren Größe und Unüberschaubarkeit,
die den einzelnen anonymisieren bzw.
aggressiv aufladen.
Die neurotische Angst: Angst vor der
Angst die auf einen zukommt und
phobische Zustände hervorruft, sowie
Ängste, die sich psychosomatisch,
Lehrerängste
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Die Versagensangst: Angst, den
Stoff nicht genügend zu beherrschen,
Fehler zu machen, mit
Erziehungsschwierigkeiten
überfordert zu sein usw.
Die Konfliktangst: Angst, sich
wehren zu wollen, aber sich ducken
zu müssen oder die "Fragwürdigkeit
der Zensurengebung" für erwiesen zu
halten, jedoch gezwungen zu sein,
wider besseren Wissens Noten
erteilen zu müssen.
Die Herrschaftsangst: Angst vor
Vorgesetzten, einflußreichen Eltern,
der Schul(aufsichts)hierarchie mit
ihren oft verborgenen
Unterdrückungsmechanismer vor
"tyrannischen" Schülern usw.
Die unbewußte Angst: Angst vor der
eigenen Emotionalität und
Triebhaftigkeit also z. B. vor
verdrängten aggressiven oder
sexuellen Impulsen, vor zärtlicher
Sympathien gegenüber bestimmten
SchülerInnen und den sie
umgebenden Tabus.
Die Existenzangst: Angst, keine
Anstellung oder Weiterbeschäftigung
zu finden oder auch wegen
bestimmter politisch-pädagogischer
Überzeugungen als "Radikaler"
diffamiert zu werden;
Die Trennungsangst: Angst, von
Kollegen, Verbündeten, der
Wissenschaft usw. über kurz oder
lang im Stich gelassen zu werden,
allein und von sonstigen Hilfen (auch
emotional-familiärer Art)
abgeschnitten zu sein.
Die Personenangst: Angst vor ganz
bestimmten Personen, z. B. vor einem
Schüler, einem Kollegen, dem Rektor
oder Schulrat, wobei reale
Bedrohungen erfahren werden, aber
auch übertragene bzw. projizierte
innere Ängste, die lediglich an
bestimmten "reizvollen" Personen
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depressiv oder zwanghaft äußern.

Quelle: http://www.fortunecity.de/
kunterbunt/saarland/23/angst.htm (02-11-29)

festgemacht werden.
Die Strafangst: Angst vor
Sympathieverlust, Sticheleien,
Ungerechtigkeiten, Schikanen,
Repressalien, schlechter Beurteilung
usw., gegen die sich zu wehren
selbstschädigend ist.
Die neurotische Angst: Angst vor der
Angst, die auf einen zukommt und oft
phobische Zustände bzw. zwanghafte,
depressive oder auch
psychosomatische Symptome
hervorruft.
Der Arbeitsplatz Schule
wird für viele Lehrerinnen und Lehrer in immer früheren Berufsjahren zur Zerreißprobe.
Bereits 58,3 Prozent der Unterrichtenden scheiden nach einer Untersuchung in Bayern vor
Erreichen der Pensionsaltersgrenze aus dem Schuldienst aus, 35,2 Prozent von ihnen wegen
Dienstunfähigkeit (4. Bericht zur Lehrergesundheit des Kultusministeriums 2004). Über die
Hälfte der Frühpensionierungen erfolgt aufgrund psychischer oder psychosomatischer
Erkrankungen (52 Prozent), Muskel-/ Skelett- (17 Prozent) und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
(10 Prozent). Eine der Ursachen dieser Entwicklung ist ein stetig zunehmendes
Aufgabenspektrum, das weit über die reguläre Unterrichtstätigkeit hinausgeht. Aktuelle
Umfrageergebnisse der Studie zu "PAllianCZ" belegen die dringende Notwendigkeit,
Lehrerinnen und Lehrern ein Hilfsangebot bereitzustellen: bei 66,25 Prozent der Befragten in
Bayern und Tschechien liegt eine ernstzunehmende Burn-out-Gefährdung vor.
Quelle: Pressemitteilung der Pressestelle der Universität Passau (2007)
http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/EMOTION/Pruefungsangst.shtml
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