ZHAW, NTM1, HS2008, 3-1 Kapitel 3 Ausbreitung von Radiowellen II Inhaltsverzeichnis 3.1 PRAKTISCHE AUSBREITUNGSMODELLE .................................................................................................. 2 3.2 LOG - DISTANZ MODELL ........................................................................................................................ 2 3.3 INDOOR AUSBREITUNGSMODELLE .......................................................................................................... 4 3.4 DER FADING KANAL .............................................................................................................................. 5 3.5 STOSSANTWORT DES MEHRWEGKANALS................................................................................................ 7 3.6 ARTEN VON FADING ............................................................................................................................. 12 3.7 LITERATURANGABEN ........................................................................................................................... 16 ANHANG 1: ABSORPTIONSDÄMPFUNG DURCH MATERIALIEN ............................................................................ 17 ANHANG 2 : Q- FUNCTION, (ERF)-FUNCTION UND FUNKKANAL ........................................................................ 18 ANHANG 3: BESCHREIBUNG DES BREITBAND-FUNKKANALS ............................................................................ 19 © Roland Küng / 2009 ZHAW, NTM1, HS2008, 3-2 3.1 Praktische Ausbreitungsmodelle Alle drei kurz besprochenen Effekte Reflexion, Beugung und Streuung müssen bei der Berechnung einer konkreten Situation einbezogen werden. Dies tun sog. Ray Tracing Programme, welche die Empfangsleistung für gegebene Geometrie und Materialien berechnen. Solche Programme existieren kommerziell und an vielen Universitäten für städtisches Gebiet und für die Gebäude interne Funkausbreitung. Fig. 1 zeigt schematisch was diese Programme berechnen. Da aber schon die nächste Situation wieder anders ist, oder gar die Szene durch bewegte Objekte laufend verändert wird, ist dies vor allem für den Funknetzplaner von Interesse um seine Basisstationen richtig platzieren zu können. Ein Feintuning durch Messfahrten ist in jedem Fall notwendig. Ebenso gilt es die notwendige Marge des Empfangspegel für eine Applikation zu kennen und das zeitliche Verhalten des Kanals. Fig.1. Berechnung der Empfangsleistung durch Überlagerung aller möglichen Pfade Um globalere Aussagen über die Large Scale Ausbreitung machen zu können haben die Forscher aus den drei Grundeffekten und unzähligen Messungen in den 90er Jahren praktische Modelle entwickelt, die für die Erstellung eines Link Budgets sehr nützlich sind. Dabei wird der geschätzte Ausbreitungsverlust (Path Loss) in Funktion der Distanz angegeben, ermittelt durch Anpassung der theoretischen Formeln an Messresultate (curve fitting) und ergänzt durch empirisch gefundene Erweiterungsterme. 3.2 Log - Distanz Modell Sowohl theoretische wie praktische Untersuchungen zeigen, dass die mittlere Empfangsleistung in dBm weiterhin logarithmisch mit der Distanz d abnimmt. Im Unterscheid zu reiner Freiraumausbreitung ist aber der Exponent von d nicht mehr 2. Dies zeigt sich bei Messungen Indoor (z.B. WLAN) wie Outdoor Kanälen (z.B. GSM). Parameter ist also der Path Loss Exponent n und es ergibt sich für PLpath(d) in dB: PL path (d ) PL fs (do) 10 n log( d ) do ZHAW, NTM1, HS2008, 3-3 Dabei wird der Path Loss für do an der Grenze der freien Sichtverbindung wie folgt ermittelt: 4 do PLfs (do) 10 log 2 Dieselben Überlegungen gelten auch für die Empfangsleistung (in dBm): Pr (d ) Pfs (do) 10 n log( d ) do Für Pt in [W], und Gt, Gr linear erhält man Pfs in [dBm] mit: P G G 2 Pfs (do) 10 log t t 2 r 2 30 (4) do PLfs(do) bzw. Pfs(do) sind wiederum die aus der nahen Senderumgebung im Abstand do erhaltenen Referenzdämpfung bzw. Referenzleistung. Die Referenzdistanz do muss auf jeden Fall im Fernfeld der Antenne (einige ) sein, aber nur so weit, dass für die Bestimmung von PL(do) die Freiraum Formeln noch gültig sind, d.h. keine Reflexionen, Beugung oder Streuung dominieren die Ausbreitung. Dies ist bei flachen, grossen Zellularsystemen etwa bei do = 1 km, bei Mikro-Zellen in Städten etwa 100 m und in Gebäuden (Pico-Zellen) 1 m. Bis zur Referenzdistanz do fällt die Empfangsleistung mit d2 danach mit dn ab. Fig. 2 zeigt einige Werte für n in Funktion der Umgebung. Fig. 2: Path Loss Exponent n für verschiedene Umgebungen Es existieren seit dem Boom im Mobilfunk reihenweise Modelle, welche nach ihrem Forscher benannt sind, z.B. Okumura, Hata, Durkin, Feuerstein, Longley-Rice [8], [9]. Sie alle versuchen eine bestimmte Situation genauer zu modellieren. Stellvertretend sei an dieser Stelle das auf europäischer Ebene erarbeiteten COST-231 Model [8] angeführt, um der Komplexität der Sache Ausdruck zu verleihen. Es wird dort für Mobilfunk folgende Formel für den Path Loss in dB angewendet:: PL50 46.3 33.9 log( f c ) 13.82 log( ht ) a(hr ) (44.9 6.55 log( ht )) log( d ) Hierin ist PL50 der Medianwert des Ausbreitungsverlustes in Städten und a(hre) für kleinere und mittel grosse Städte gegeben durch: a (hr ) (11 . log( f c ) 0.7)hr (156 . log( f c ) 0.8) in dB Trotzdem gilt diese Formel nur für f = 1500 MHz bis 2500 MHz, ht = 30 m bis 200 m, ZHAW, NTM1, HS2008, 3-4 hr = 1 m bis 10 m und d = 1 km bis 20 km. Dies entspricht dem Profil der heute meist genutzten Natel/Daten- Systeme (englisch Personal Communication Systems, PCS), also der Mikrozelle in der City. 3.3 Indoor Ausbreitungsmodelle PCS sollen auch im Gebäude funktionieren, d.h. im Gegensatz zum GSM auch in Picozellen einwandfrei arbeiten. Dazu wird nicht unbedingt mit den gleichen Modulationsparametern gearbeitet wie in der Mikrozelle, aber die gleiche Hardware verwendet. In Gebäuden werden die Distanzen nun plötzlich viel kleiner und die Zahl der Veränderungen im strukturellen Aussehen von Ort zu Ort viel grösser. Es ist zu erwarten, dass Baumaterial und Geometrie einen sehr gewichtigen Einfluss ausüben und die Outdoor Modelle, die bisher betrachtet wurden, unnütz werden. Zwar gelten dieselben drei Mechanismen für die Ausbreitung, aber keiner ist mehr ausgeprägt in einer bestimmten Situation und ihre Anzahl, die sich überlagern, ist fast unendlich goss. Hinzu kommt vermehrt ein vierter Effekt, die Absorption beim Durchgang der Welle durch Hindernisse (Trennwände, Boden, Türen, Fenster, Materialien...). Bereits Türen die offen oder geschlossen sein können haben enormen Einfluss auf die Situation. Die Antennenhöhen werden sehr klein und die möglichen Aufstellorte sind vielfältig, auf dem Tisch, an der Decke, an der Wand. Trotzdem versucht man nebst dem neuen Faktor Absorptions-Verluste Labsorb weiterhin mit einem Log-Distanz Modell als Large Scale Modell zu arbeiten. In Anhang 1 befinden sich einige Dämpfungswerte für Räume die entsprechend mit Material ausgekleidet oder angefüllt sind. So dämpft eine Betonwand bei 1300 MHz etwa 13 dB. Von einem Stockwerk zum andern ist mit 20-30 dB zu rechnen. Sind schwere Maschinen im Raum, so ist mit 10-12 dB Dämpfung nebst der Freiraumdämpfung zu rechnen. In Fig. 3 lassen sich Anhaltspunkte für die Path Loss Exponenten n für verschiedene Gebäudetypen und Frequenzen herauslesen. Die Frequenzabhängigkeit ist relativ gering, n nimmt leicht zu mit steigender Frequenz. Dies rührt daher, dass n eine Mischung aus Materialdämpfung und den 3 Raumausbreitungseffekten ist, viele Materialien dämpfen höhere Frequenzen weniger stark. Fig.3: Path Loss Exponent n und Standardabweichung in verschiedenen Gebäuden ZHAW, NTM1, HS2008, 3-5 Die Grösse in Fig. 3 ist die aus mehreren Messungen an ähnlichen Gebäuden erhaltene Standard Abweichung in dB. Je nach gewünschter Wahrscheinlichkeit, dass eine gegebene Empfangsleistung eingehalten wird ist mit Hilfe der Statistik der Wert der entsprechenden Zufallsvariable X (Normal-verteilt, Gauss-verteilt) zu bestimmen. und muss zum Path Loss PL addiert werden (Detail zur Anwendung von siehe Anhang 2). Die Angaben sind also nur Richtwerte. Das Indoor Log-Distance Modell für die Empfangsleistung lautet zusammengefasst wie folgt: d PX r (d) Pr (do) 10 n log Labsorb X do Für die Angabe des Mittelwert (50% WSK) gilt X = 0 dB 3.4 Der Fading Kanal Wer nun konkret in einem Fall versucht, die Dämpfung des Kanals in seinem System nachzumessen, wird feststellen, dass schon über kurze Zeit oder nach kleinen Verschiebungen der Antenne die Signalpegel am Empfänger stark schwanken (Fig. 4). Die Werte für das Large Scale Modells sind nur durch Mittelung (ca. über 10…30 Wellenlängen) zu erhalten, Mittelung über Zeit oder Ort. Fig. 4: Small Scale Fading r0(t) überlagert dem Large Scale Wert m(t) Diese Schwankungen entstehen durch die vektorielle Addition von Signalen, welche über verschiedene Ausbreitungswege zum Empfänger gefunden haben. Die Reflexionsorte und damit die Pfadlängen ändern mit jeder kleinen Ortsverschiebung in städtischem oder Indoor Milieu und ergeben laufend andere Überlagerungsresultate. Verschieben sich Objekte in der Umgebung oder ändert der Empfänger die Frequenz, so ändert diese Überlagerung mit der Zeit. Die Ausbreitung über mehrere Pfade nennt man Mehrweg-Ausbreitung (englisch: Multipath Propagation). Besonders bei Situationen ohne Sichtverbindung (Stadt, Indoor) ist die Auswirkung der Mehrweg-Ausbreitung zu spüren. Der Empfänger erhält in diesem Fall mehrere ebene Wellen mit zufällig verteilter Amplitude, Phase und Einfallswinkel, von denen keine dominiert. Diese Wellen addieren sich vektoriell und ergeben mal ein stärkeres mal ein schwächeres Summensignal. Das Signal weist Schwund auf (englisch Fading). Da die Ausbreitung bei der Überlagerung auch je nach Frequenz andere Resultate ergibt, hat dies Einfluss auf die Auswahl der Modulationsbandbreite. Anderenfalls würden Teile des Spektrums eines Signals stärker gedämpft, als andere. Das Empfangssignal würde verzerrt. ZHAW, NTM1, HS2008, 3-6 Die Bandbreite innerhalb der die Amplituden verschiedener Signale noch stark korreliert sind nennt man Kohärenzbandbreite des Kanals. Um das Small Scale Fading) bei der Entwicklung von Systemen einbeziehen zu können, sind Small Scale Modelle nützliche Hilfsmittel. Die folgenden 3 Effekte resultieren in der Praxis: - Relativ schnelle Änderungen der Feldstärke über kurze Distanzverschiebungen oder kurze Zeitintervalle. Die Phasenänderung für jeden Pfad (siehe Fig.5) beträgt: - 2l cos Zufällige Frequenzmodulation (englisch Frequency Dispersion) durch unterschiedliche Dopplerverschiebungen auf den einzelnen Ausbreitungspfaden. Der Dopplereffekt eines jeden Pfades bestimmt sich (siehe Fig. 5) mit folgender Formel: fd - 2vt v cos Zeitliche Echos (englisch: Time Dispersion) durch unterschiedliche Laufzeiten auf den einzelnen Ausbreitungswegen. Fig. 5: Illustration des Doppler-Effekt an einem Teilpfad Das Small Scale Fading besitzt eine so genannte Ralyleigh Verteilung. Wenn die Komponenten eines mehrdimensionalen Zufallsvektors normal-verteilt und statistisch unabhängig sind, dann ist der Betrag der Vektorsumme Rayleigh verteilt. Für das Linkbudget muss eine Marge vom zur Verfügung stehenden Path Loss abgezogen werden, welche diesen Statistiken Rechnung trägt. Dies ist graphisch in Fig. 6 dargestellt. Für die Normalverteilung hilft Anhang 2 weiter. Für die Rayleigh-Verteilung wird auf die Literatur [7] verwiesen. Das Ziel ist es eine Wahrscheinlichkeit angeben zu könne, dass ein minimaler Empfangspegel immer erreicht wird. ZHAW, NTM1, HS2008, 3-7 Fig. 6: Link Budget Betrachtung für Fading Kanäle 3.5 Stossantwort des Mehrwegkanals Die Small Scale Variationen des mobilen Funksignals können direkt der Stossantwort des Mobilfunkkanals zugeordnet werden. Es handelt sich hierbei um eine breitbandige Charakterisierung des Kanals, welche alle wichtigen Informationen zur Analyse und auch zur Simulation beinhaltet. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass der Funkkanal als lineares Filter mit zeitvarianter Stossantwort modelliert werden darf. Ohne auf komplizierte Herleitungen einzugehen sei nachfolgend in Formel und Bild das Resultat dieser Modellierung wiedergegeben. Bezeichnet man die Mehrwegverzögerung (Delay) mit und diskretisiert man in Delay-Intervalle , so hat der i.te Pfad eine Laufzeit: i i i. 0...N 1 Diese Diskretisierung schränkt lediglich die Bandbreite ein und gilt daher für Systeme und Analysen mit Bandbreiten bis zur Grenze: B 1 2 o ist die Laufzeit des ersten eintreffenden und somit kürzesten Pfades, der im Fall des LOS Situation mit der Sichtverbindung identisch ist. Oft wird die Stossantwort erst ab dieser Zeit o betrachtet und die Verzögerungen dann mit Excess Delay bezeichnet, da die Zeit vorher keine Information enthält. Für die Stossantwort erhält man: N 1 h( t, ) ai ( t ) exp[ j2fc i ( t ) i ( t )]( i ( t )) i0 Hierin ist ai(t) und i(t) die reale Amplitude und der Excess Delay der i-ten MehrwegKomponente zur Zeit t. Der Phasenterm 2fci(t) beschreibt die Phasendrehung durch die ZHAW, NTM1, HS2008, 3-8 Laufzeit und der Term i(t) andere Phasendrehungen wie etwa durch Reflexionen. Oft wird der Term nur als Einzelvariable i(t) angegeben. Verfolgt man die Stossantwort eines Kanals über die Zeit to bis t3 , so ergibt sich das in Fig. 7a abgebildete Stossantwortmodell des Kanals für diesen Zeitraum. Man beachte, dass die Zeitachse (kurze Zeiten, ns) der Verzögerungen des zur relativ selben Zeit ausgesendeten Impulses ist und t dem Fortlauf der Stossantworten über die Zeit (lange Zeiten, ms) zugeordnet ist. Fig. 7a: Zeitvarianter Ausschnitt eines diskreten Stossantwort Modells für einen Funkkanal Von solchen Stossantworten lässt sich auch eine Darstellung im Frequenzbereich über die Fourierbeziehung berechnen. Man erhält die Empfangsleistung S(f,t) über die Frequenz und Zeit, wie in Fig. 7b dargestellt. Fig. 7b: Zeitvarianter Frequenzgang für ein Mehrwegsignal Deutlich sind in Fig. 7b Frequenzen mit tiefem Fading zu erkennen. Aber der Kanal ist zeitlich nicht konstant, sonder wie man sagt zeitvariant, so dass sich auch das Spektrum entlang der t-Achse ändert. Auslöschung über die ganze Bandbreite würde bedeuten, dass man sich an einem abgeschatteten Ort befindet und wirklich zumindest zeitweise keinen Funkempfang hat. ZHAW, NTM1, HS2008, 3-9 Fig.8: Frequenzgang eines Indoor Funkkanals im UHF Band In Fig. 8 ist der Frequenzgang zu zwei verschiedenen Zeiten t1 und t2 gemessen und übereinander gelegt worden. Dies verdeutlicht die Folgen für ein Funksystem, welches in einem gegebenen Kanal CHx arbeitet. Schmalbandig gesehen wird es zu Signalschwund kommen wenn man sich im Kanal bewegt. Je nach Bewegungsgeschwindigkeit kommt man aber immer auch wieder einen guten Kanal (Fig.8, Zeit t1). Am schlimmsten ist aber wenn man sich in einem solchen „Funkloch befindet (Fig.8, Zeit t2) und sich nichts bewegt Trotzdem ist auch dann in der Stossantwort die gesamte Energie prinzipiell vorhanden. Bandbreite spreizende Verfahren (Spread SpectrumTechnik) können daher trotz diesen Einbrüchen bis zu einem gewissen Grad gut arbeiten. Als eine einfache Technik um solchen Einbrüchen zu entrinnen wurde die Frequency Hopping Technik entwickelt. Durch das schnelle Wechseln des Kanals verhindert man dauerhaft in einem Funkloch zu sein. Ist der Kanal während der Beobachtungsdauer zeitinvariant, so vereinfacht sich die Formel zu: N 1 h( ) ai exp( ji )( i ) i0 Wird für eine schmalbandige Übertragung anstelle der Messung der Stossantwort ein cosinus-förmiges Trägersignal benutzt, so lässt sich zeigen, dass sich die Mehrweg-Signale zu folgender komplex-wertigen Umhüllenden addieren: N 1 r( t ) ai exp( ji ( t )) i0 oder als Leistung beim Empfänger angegeben: 2 r( t ) N 1 a exp( j (t )) i 2 i i0 In dieser Beziehung varriert ai relativ wenig in der lokalen Umgebung des Empfängers, hingegen i(t) sehr stark. Dies als Folge der Laufzeitunterschiede. Schmalbandig gesehen wird es zu Signalschwund kommen. In der Stossantwort ist aber die gesamte Energie prinzipiell vorhanden. ZHAW, NTM1, HS2008, 3-10 Die Leistung am Empfangsort lässt sich auch messen und man erhält das MehrwegLeistungs-Verzögerungsprofil des Kanals (englisch: Multipath Power Delay Profile). Die Dauer solcher Messpulse beträgt ≤10 ns, was dann gerade der Auflösung für den Excess Delay entspricht. Eine solche Messung in einem Gebäude über die Weglänge von 5 (37.5 cm) ist in Fig. 9 gezeigt. Die Trägerfrequenz beträgt 4 GHz. Deutlich zu sehen ist dass zwei starke Pfade existieren und zusätzlich einige schwächere Signale eintreffen. Die beiden starken Signale addieren sich im Fall eines Schmalbandsignals derart, dass unter den gegebenen Einfallswinkeln (im Versuch waren der Sender hinter dem Fahrzeug und ein Reflektor vor dem Fahrzeug angebracht) gerade ungefähr alle /2 eine Auslöschung (Schwund) stattfindet, wie dies in Fig. 9 rechts oben zu sehen ist. Andere Winkel ergeben andere Schwund-Muster. Fig. 9: Stossantwort (genauer Power Delay Profile) bei 4 GHz in einem Gebäude gemessen über einen Weg von 5 gemessen (Umgebung statisch). Beispiel: Ein mobiler Teilnehmer bewegt sich mit 10m/s und empfängt 2 Multipfad Komponenten bei einer Trägerfrequenz von 1 GHz. Die erste Komponente treffe bei = 0 und einer Phase von 0o ein mit einem Pegel von -70 dBm und die 2. Komponente sei 3 dB schwächer und treffe nach = 1s ebenfalls mit Phase 0o ein. Das Fahrzeug bewege sich geradlinig auf die erste Komponente zu und geradlinig weg von der 2. Komponente. Man berechne die empfangene Leistung in den Zeiten 0.1s, 0.2s, 0.3s Bei 10m/s entspricht das Zeitintervall von 0.1s genau 1m Wegdistanz. beträgt 0.3m. -70 dBm sind 100 pW, -73 dBm sind 50 pW. Bei t = 0s ergibt sich: 2 r (t ) 100 pW exp( 0) 50 pW exp( 0) 290 pW 2 i Bei t = 0.1s: 2d 2vt 20.94rad 2.09rad 120 o 2 r (t ) 100 pW exp( j120) 50 pW exp( j120) 79 pW 2 ZHAW, NTM1, HS2008, 3-11 i Bei t = 0.2s: 2d 2vt 4188 . rad 4.18rad 240 o 2 r (t ) 100 pW exp( j 240) 50 pW exp( j 240) 79 pW 2 i Bei t = 0.3s: 2d 2vt 62.82rad 6.28rad 360 o 2 r (t ) 100 pW exp( j360) 50 pW exp( j360) 290 pW 2 Durch Berechnung weiterer Pegel und Mittelung erhält man den mittleren Empfangspegel (hier 150 pW), der mit dem Large Scale Modell für diese Umgebung in Einklang stehen müsste. Dieser Wert ist auch gleich der Summe der Leistung der einzelnen MehrwegKomponenten. Der Mehrwegkanal lässt sich durch seine Stossantwort mit einem Satz von Parametern spezifizieren, in dem man die Werte Mean Delay mean, Total Excess Delay excess und RMSDelay Spread RMS = bestimmt. Die Formeln und ein Beispiel dazu ist in Anhang 3 gegeben. Solche Parameter werden heute für jedes Mobilfunksystem definiert und die Geräte müssen sich in solchen Kanälen bewähren um die Zertifizierung zu bekommen. Die Messkanäle werden mit Simulatoren nachgebildet. Um eine Vorstellung über die Grössenordnung zu erhalten, sind einige typische RMS Delay Spread Werte sind in Fig. 10 tabelliert. Fig. 10: Werte des RMS Delay Spread für verschiedene Umgebungen Eine sehr wichtige Grösse, die aus dem RMS Delay Spread abgeleitet wird, ist die Kohärenzbandbreite. Die Kohärenzbandbreite Bc ist diejenige Bandbreite bei der das gesamte Frequenzband noch ungefähr dasselbe Fading erfährt, d.h. es werden alle Frequenzen etwa gleich stark gedämpft. Man spricht dann von Flat Fading. Es entstehen also nur geringe Verzerrungen, die den Empfang nicht beinträchtigen. Für die Übertragung von Signalen mit grösseren Bandbreiten (z.B. Videobild) sollte das digitale Signal vorzugsweise in mehrere Signale mit geringerer Bandbreite umgeformt werden, welche dann parallel übertragen werden. Genau dies macht die Modulation OFDM mit ihren vielen Trägersignalen (Bsp. DVB-T). Zwar können immer noch einige wenige Trägersignale durch das Fading temporär unbrauchbar ZHAW, NTM1, HS2008, 3-12 gemacht werden. Die dadurch entstehenden Datenfehler lassen sich aber durch Fehler korrigierende Massnahmen beheben. Bc lässt sich empirisch aus dem Delay Spread für digitale Modulationen berechnen mit: Bc 1 2 Beispiel: Mit Hilfe von Fig. 10 lässt sich sagen, dass für New York im 910 MHz Band im Mittel 1.3 s RMS Delay Spread auftreten, also in etwa eine Kohärenzbandbreite von 122 kHz zu erwarten ist. D.h. ein Funksignal sollte diese Bandbreite nicht um Faktoren überschreiten, falls man keine Verzerrungen wünscht. GSM benutzt etwa 200 kHz Bandbreite und könnte sich ohne Equalizer somit in dieser Umgebung nicht gut behaupten. Die Anzahl und der Abstand der Signalpfade mit relevanter Energie in einer Kanalstossantwort sind vor allem in sog. RAKE Receivern der Spread Spectrum Technik (SST) wichtig, einer Technik, die die Pfade mit Hilfe von zusätzlicher Kodierung und Korrelation einzeln auflöst und demoduliert (Bsp. UMTS). Betrachtet man den zeitlichen Verlauf in Fig. 7b so ist auch die Dauer während der der Kanal in etwa unverändert bleibt sehr interessant. Verursacher der Änderung sind Bewegungen, vom Sender, vom Empfänger oder von Hindernissen. Die entsprechende Messgrösse bezeichnet man mit Kohärenzzeit. Die Kohärenzzeit Tc kann erst ermittelt werden, wenn mehrere rasch aufeinander gewonnene Mehrwegprofile im zeitlichen Ablauf ausgewertet werden. Sie gibt an, wie rasch sich eine bestimmte Mehrwegsituation infolge Bewegungen verändert. Sie bestimmt sich teilweise ebenfalls empirisch ist aber nahe liegend umgekehrt proportional zur Dopplerverschiebung: Tc 0 .4 fm fm = v/ = maximale Dopplerverschiebung ( =0 in Fig. 5) Beispiel: Bei v = 50 m/s und f = 1900 MHz ergibt sich ein Tc = 1.34 ms. Die Datenrate in diesem System sollte nun grösser 1/Tc = 749 symbol/s sein, damit die zeitliche Variation des Kanals das Symbol nicht in der Form verzerrt. Die bisherigen Effekte des Small Scale Fading und ihre Auswirkungen mögen verwirrend sein, eine Klassierung ist daher von Vorteil. 3.6 Arten von Fading Abhängig von den Signalparametern (wie Bandbreite, Symboldauer, etc) und den Kanalparametern (RMS Delay Spread, Doppler Spread etc.) unterliegen verschiedene ausgesendete Signale verschiedenen praktischen Schwund-Einflüssen (Fading). Mehrwegverzögerung führt zu Dispersion im Zeitbereich und zu frequenz-selektivem Schwund. Dopplerverschiebung (Bewegung) führt zu Dispersion im Frequenzbereich und zu zeit-selektivem Schwund. Fig. 11 ordnet diese beiden Ursachen den Folgen zu und vergleicht diese mit den Signalparametern des Übertragungssystems. ZHAW, NTM1, HS2008, 3-13 Man unterscheidet 4 Arten von Fading: Flat Fading, Frequency Selective Fading, Fast Fading und Slow Fading. Fig. 11: Die 4 Arten von Small Scale Fading Flat Fading ergibt sich, wenn die Signalbandbreite kleiner ist als die Kohärenzbandbreite des Kanals und der RMS Delay Spread kleiner als die Symboldauer. D.h. das Symbol ändert sich nur in der Signalstärke, ohne Verzerrung der Form. Dies ist graphisch in Fig. 12 dargestellt. Diese Kanäle werden in der Literatur auch als Schmalbandkanäle bezeichnet. Flat fading kann Einbrüche in der Amplitude des Symbols von bis zu 30 dB bewirken, so dass entsprechend eine hohe Leistungsreserve beim Sender erforderlich ist. Die statistische Verteilung der momentanen Amplitude im Kanal sind weitgehend bekannt und verhalten sich meist wie eine Rayleigh- oder eine Rice- Verteilung. Rayleigh-Verteilungen ergeben sich durch die Addition zweier normal-verteilter Zufallsprozesse, welche nicht korreliert sind. Dies ist der Fall für zwei oder mehrere beliebige Ausbreitungspfade, wenn keine Sichtverbindung herrscht. Die Rice-Verteilung kommt zum Zuge, wenn eine stationäre Sichtverbindung (LOS) zu mehreren Mehrwegkomponenten addiert wird. Aus diesen Verteilungen lassen sich Wahrscheinlichkeiten angeben, dass ein bestimmter Empfangspegel nicht unterschritten wird und damit die Verbindungsqualität und die Zellengrenze evaluieren. Eine gute Möglichkeit Flat Fading zu bekämpfen ist das Anbringen einer zweiten Antenne bei der Basisstation oder der Mobileinheit (Antenna Diversity, Space Diversity) in genügendem Abstand ( /2), so dass mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht beide Signale gleichzeitig einbrechen. Frequency Diversity und Time Diversity sind weitere Mittel um den Einbrüchen zu entrinnen auf Kosten von Bandbreite bzw. Übertragungsrate. Diversity Techniken sind Thema in NTM2. ZHAW, NTM1, HS2008, 3-14 Fig. 12: Flat Fading Kanal Frequenz-selektives Fading ergibt sich, wenn die kohärente Kanalbandbreite kleiner ist als die Signalbandbreite bzw. der RMS Delay Spread grösser als die Symboldauer. Das empfangene Signal besteht aus mehreren Versionen des gesendeten Symbols, welche nun unterschiedlich gedämpft und verzögert ankommen und die einzelnen Symbole ineinander verschmieren (englisch: Inter-Symbol Interference, ISI). Ist die Symboldauer sehr kurz, d.h. das Symbolspektrum sehr breit, so ist dieses Verschmieren fatal. Im Frequenzbereich betrachtet werden die einzelnen Frequenzanteile des Signals dann unterschiedlich verstärkt, bzw. bedämpft. Man nennt diese Kanäle auch Breitbandkanäle. Beispiel sind WLAN, WiMax, CDMA und Wireless Multimedia Links. Fig. 13 zeigt die modellhafte Vorstellung zu diesem Fading Typ. Eine statistische Modellierung ist viel schwieriger als beim Flat Fading, da jede Mehrwegkomponente einzeln modelliert werden müsste. Gegen frequenz-selektives Fading hilft nur ein adaptiver Equalizer (FIR Filter mit adaptiven Koeffizienten) für eine Entzerrung des Übertragungskanals (z.B. GSM). Eine andere Methode ist die Auflösung der Mehrwegkomponenten mit Methoden der Spread Spectrum Technik (RAKE z.B. im UMTS). Mit OFDM kann ein frequenz-selektiver Kanal in eine Summe von Kanälen mit je Flat Fading aufgeteilt werden (z.B. ADSL, DVB-T). Fig. 13: Frequenz-selektives Fading ZHAW, NTM1, HS2008, 3-15 In einem Fast Fading Kanal ändert die Kanalstossantwort schneller als die Dauer eines Symbols. Die Kohärenzzeit ist also kleiner als die Symboldauer. Reflektoren oder der Empfänger bewegen sich mit grosser Geschwindigkeit. Dadurch ändert die Signalamplitude innerhalb eines einzigen Symbols und die Symbolform im Zeitbereich wird somit verzerrt. Es ist dabei egal, ob der Kanal eine genügend grosse Kohärenzbandbreite aufweist oder nicht. Es ist also möglich einen Flat Fast Fading Kanal zu haben oder einen frequenz-selektiven Fast Fading Kanal. Fast Fading tritt vor allem bei sehr tiefen Datenraten oder hohen Geschwindigkeiten auf. Als Gegenmassnahme kann eine Integration der Enveloppe des empfangenen Signals über eine Symboldauer weiterhelfen. Ist der Kanal auch noch frequenz-selektiv so ist eine vernünftige Kommunikation kaum mehr möglich. Bei Slow Fading darf der Kanal über eine Symboldauer als statisch betrachtet werden, da die Kohärenzzeit die Symboldauer überschreitet. Eines oder mehrere aufeinander folgende Symbole werden vom Dopplereffekt nicht wesentlich beeinflusst und behalten ihre Form unverzerrt bei, i, so dass der Pegel durch eine Verstärkungsregelung (AGC) konstant gehalten werden kann. In der Fig.14 sind die möglichen Kanaltypen in Funktion der Symboldauer Ts und der SignalBandbreite Bs dargestellt. Technisch einfach nutzbar ist nur die Kombination Flat – Slow. Kaum beherrschbar ist Frequency Selective - Fast. Fig.14: Fading Matrix in Bezug auf das Sendesignal mit Bandbreite Bs und Symboldauer Ts ZHAW, NTM1, HS2008, 3-16 3.7 Literaturangaben [1] Wireless Communications, Theodore S. Rappaport, ISBN10- 0-7803-1167-1, IEEE 1996 [2] Communication Systems Engineering, John Proakis, Masoud Salehi, ISBN-10: 0130617938, Prentice Hall 2001, auch in deutsch erhältlich: ISBN-10: 3827370647 [3] Kommunikationstechnik, Martin Meyer, ISBN-10: 3834804657, Vieweg+Teubner, 2008 [4] Antennas and Propagation, Simon Saunders, ISBN10- 0-471-98609-7, John Wiley, 1999 [5] Quantifying Short-Range Surface to Surface Communications Links, W.M. Merrill et.al., IEEE Antennas and Propagation Magazine, Vol.46 No.3 June 2004 [6] Einfacher Funkkanal-Simulator: http://www.cjseymour.plus.com/software.htm, 2004 V1.10 oder http://www.rfglobalnet.com/download.mvc/RFPROP-Version-103-0001 V1.03 [7] Mobile Radio Communications, R. Steele, Chapter 2: Characterization of Mobile Radio Channels, D. Greenwood, Pentech Press 1994 [8] The Mobile Radio Propagation Channel, J.D. Parson, John Wiley 2000, ISBN-10: 0-471-98857-X [9] Okumura-Hata Modell: Java Tool: http://www.cdt21.com/resources/siryo4_01.asp 2-Ray Model: Java Tool: http://www.cdt21.com/resources/siryo5.asp ZHAW, NTM1, HS2008, 3-17 Anhang 1: Absorptionsdämpfung durch Materialien Quelle: Theodore Rappaport, Virginia Tech, Wireless Communications ZHAW, NTM1, HS2008, 3-18 Anhang 2 : Q- Function, (erf)-Function und Funkkanal Quelle: HSR Skript R.K. ZHAW, NTM1, HS2008, 3-19 Anhang 3: Beschreibung des Breitband-Funkkanals