Die Besitzer der Worte

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Die Besitzer der
Worte
Foto © Stefan Abtmeyer, www.fishinheaven.de
Kolumne
Von Carlo Petrini,
Internationaler Präsident
von Slow Food.
Wir alle benutzen das Internet und betrachten es als einen offe­
nen, demokratischen Raum, in dem wir frei handeln und inter­
agieren. Wir wissen auch, zumindest in groben Zügen, was eine
Domain ist: die Adresse einer Website bzw. der Name, der einen
Platz im Internet-Server bezeichnet. Jede Domain, auf der ersten
Ebene, ist durch eine Endung gekennzeichnet, wie z. B. „.com“,
„.it“, „.org“. Was nicht alle wissen: Der im Internet verfügbare
Raum wird von einem einzigen Akteur verwaltet. Es handelt sich
um eine Privatfirma aus Kalifornien namens ICANN (Internet
Corporation for Assigned Names and Numbers). Bis vor Kurzem
waren die Domains auf der ersten Ebene mit dem Inhabertypus
verbunden – „.com“ bezeichnete z. B. die kommerziel­len Ein­
richtungen – oder mit der Länderzugehörigkeit, wie z. B. „.it“
für Italien. Ab 2012 hat sich ICANN entschlossen, die Vergabe
von neuen Domains auf der ersten Ebene auf beliebige Worte
aus allen Sprachen der Welt zu erweitern. Das bedeutet, dass
es möglich sein wird, Websites mit Endungen wie „.vin“, „.kid“
oder „.food“ ins Netz zu stellen.
Dass das Internet, das demokratische Instrument schlechthin, in den Händen eines einzelnen Akteurs liegt, ist zumindest
als seltsam zu betrachten. Dass dieser sich nun auch das Recht
nimmt, alle Wörter der Welt zu verkaufen, ist m. E. wahrlich
inakzeptabel. Dies aus einer Reihe von Gründen, die ich versuchen werde, zu erläutern. Ich werde dabei auf den Bereich meiner Kompetenz Bezug nehmen, die Landwirtschaft. Ist einmal
das Verfahren zur Vergabe der Domain positiv abgeschlossen,
könnte jeder, der über eine Summe von 185 000 US-Dollars verfügt, bei ICANN die erwünschte Endung kaufen. So viel verlangt
ICANN für ein Wort. Es handelt sich offensichtlich um ein gutes
Geschäft, denn es sind bereits über 1 900 Anfragen eingegangen. Viele davon betreffen das Essen und die Landwirtschaft,
wie z. B. „.food“, „.wine”, „.pizza“, „.bio“.
Wer hat das Geld, um solche Investitionen zu tätigen?
Sicherlich nicht die kleinen Produzenten, selbst wenn sie sich
zum Konsortium zusammenschließen. Es handelt sich um einen
Mechanismus, der die großen Multinationalen begünstigen wird
bzw. die skrupellosen Investoren, die nichts auslassen, um ihre
Profite zu steigern – wenn nicht sogar, um Geld unklarer Herkunft zu „recyceln“. Letzteres beweist die Tatsache, dass viele
der Anfragen von Firmen stammen, die ihren Sitz in sogenannten Steuerparadiesen haben. Das Risiko, das daraus hervorgeht, ist sehr gravierend. In einer historischen Phase, in der das
Internet zu einem wichtigen InMächtige Waffen –
formationskanal geworden ist,
barolo.wine,
durch den auch viele landwirtPizza napoletana.pizza,
schaftliche Produkte vermarkverdure.bio
tet werden (zwischen 2010 und
2013 haben die landwirtschaftlichen Betriebe, die eine Website mit Online-Verkauf unterhalten, um 400 Prozent zugenommen), könnten Websites mit italienisch klingenden Namen wie „
barolo.wine”, „pizza napoletana.pizza” oder „verdure.bio”
(„Gemüse“) zu mächtigen Waffen werden für diejenigen, die
italienische Produkte verfälschen. Den Schaden würden die Erzeuger tragen und die Orte, in denen sie leben, und natürlich
auch die Verbraucher und die Wirtschaft Italiens und Europas.
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Bezeichnungen wie DOP und IGP („Geschützte Herkunftsbezeichnung“ und „Geschützte geografische Angabe“), einst eingeführt,
um die Qualitätsprodukte der Regio­nen zu schützen, sind 12 Milliarden Euro in Italien und 54 in Europa wert. Sie sind aber bereits
durch eine diffuse Fälschungspraxis stark gefährdet.
Wer kann sich also einem solchen Entschluss widersetzen? In rechtlich wirksamer Art und Weise, niemand. Es gibt für
ICANN lediglich einige beratende Gremien. Die wichtigste darunter ist das GAC (Governmental Advisory Comittee), ein Beirat,
der die Regierungen vertritt, die dazu gehören möchten. Am
vergangenen 18. Juli hat im südafrikanischen Durban, weit entfernt von der Aufmerksamkeit der Medien, eine wichtige Sitzung
stattgefunden, bei der sich ICANN und GAC gerade über diese
Themen ausgetauscht haben. Das GAC hat mit Entschlossenheit
betont, wie wichtig es ist, die
geistiges Eigentum
Konzessionen solcher Domains
Wörter –
zu regulieren, mit Rücksicht
Keiner soll sie sich wie
auf die Grundprinzipien des
Produkte unter den
geistigen Eigentums, die die
Nagel reissen
„Weltorganisation für Geistiges
Eigen­tum“ (WIPO) festlegt. Diese garantieren die freie Nutzung
innerhalb der Rahmenbedingungen, die die Welthandelsorganisation (WTO) festlegt. Insbesondere betraf der Streit Domains
mit „.vin”. Hierfür hat man nach vier Tagen heftigster Diskussionen eine Feuerpause ausgerufen, um eine Einigung zu finden.
Bei dieser Aus­einandersetzung standen sich die USA und die
Europäische Union gegenüber – insbesondere Frankreich und
Italien, die die Interessen der vielen Weinproduzenten vertreten haben. Es handelt sich um ein sehr wichtiges Spiel: es zu
gewinnen bedeutet, eine sehr wichtige Botschaft an all diejenigen zu senden, die zu jedem Preis bereit wären, sich Wörter,
Produkte unter den Nagel zu reißen, die eigentlich kollektives
Wissen bzw. gemeinschaftliche Güter sind.
Die neuen Technologien bieten enorme Chancen, um neue
demokratische Räume zu erschließen, in denen die Information
frei zirkulieren kann, und durch die die realen Netzwerke schnell
Kontakt und Austausch miteinander haben können. Mit dem Internet können aufmerksame Verbraucher, die auf das achten,
was sie auftischen, direkten Zugang zu Informationen haben
und direkt bei Landwirten Produkte kaufen. Diese finden wiederum im Netz die Möglichkeit, sich vom Joch der vielen Handelsvermittler zu befreien. Information und Wissen auszutauschen
bedeutet Vertrauen. Direkt kaufen und verkaufen heißt, einen
fairen Preis zu zahlen, der den Erzeuger gerecht belohnt und
den Verbraucher nicht überfordert. Diese Chance zu verpassen,
das Netz denselben Mechanismen überlassen, die Lebensmittel zu einer Commodity werden lassen haben, und den Handel
einer Handvoll mächtiger Investoren zu überlassen, wäre eine
Todsünde. Erschienen in „La Repubblica“, 23. August 2013
Übersetzung: Elisabetta Gaddoni
Redaktionsarbeit: Veronica Veneziano
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