Erntedank 2014 - Mission Einewelt

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Erntedankfest 2014
Predigtvorschlag
Lied vor der Predigt: EG 508 Wir pflügen und wir streuen
Liebe Gemeinde,
Heute am Erntedankfest loben wir Gott: Alle gute Gabe kommt her von Gott, dem
Herrn. Alles hat Gott der Schöpfer dieser Erde wieder reifen lassen. Der Altarraum ist
geschmückt mit den Früchten der Erde: Äpfel, Birnen, Kartoffeln …
Ein prächtiges Brot aus verschiedenen Sorten Körnern unserer Felder.
Diese Früchte auf dem Altar sind Symbole unseres Dankes für unser ganzes Leben:
Symbole des Dankes für das Geschenk des Lebens, das Gott uns gab.
Symbole des Dankes für ein Leben in Wohlstand, im Frieden und in gesicherten
Verhältnissen.
Symbole für Kleidung und Schuhe, für Wohnung und Heizung.
Symbole für Schulausbildung und Beruf.
Symbole des Dankes für bereichernde Hobbies und erfüllende Freizeitbeschäftigungen.
Menschen in anderen Kontinenten feiern ebenfalls Erntedankfest, gegebenenfalls zu
einer anderen Jahreszeit. Manche leben am Existenzminimum. Sie kämpfen mit
Wassermangel für ihre Felder, mit politischen Umwälzungen, mit Gewalt und
Unfreiheit. Sie sind froh für Essen, Kleidung und ein Dach über dem Kopf.
Schulbildung und Berufsausbildung sind etwas Besonderes. Sie schätzen es hoch,
unterrichtet zu werden.
Wie auch immer die Umstände sein mögen: Überall in christlichen Gemeinden sind
die Früchte auf dem Altar Symbole des Dankes und Lobes Gottes für das Geschenk
eines erfüllten Christenlebens.
Das Predigtwort für den heutigen Sonntag steht im Hebräerbrief, Kapitel 13, Vers 15
und 16:
So lasset uns nun durch ihn Gott allezeit das Lobopfer darbringen, das ist die
Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen.
Gutes zu tun und mit anderen zu teilen, vergesst nicht; denn solche Opfer
gefallen Gott.
Haben wir da recht gehört? Wir sollen Gott „Lobopfer“ bringen? Wie ist das gemeint?
Jesus Christus hat doch das einmalige Opfer am Kreuz vollbracht? Wir müssen uns
doch nicht mehr aufopfern?!
Auch sind ja die Zeiten der alttestamentlichen Erntefeste für uns vorbei. Am
Laubhüttenfest opferten die Menschen Früchte des Feldes, Gebackenes und auch
Tiere zum Dank an Gott im Tempel.
Der Schreiber des Hebräerbriefes hat anderes vor Augen:
Bringt euren Dank Gott gegenüber in ganz neuer Weise zum Ausdruck. Nicht durch
materielle Opfergaben an Gott im Tempel, sondern mit euren Lippen, euren Taten
und eurer echten Anteilnahme am Geschick des Nächsten.
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Unsere Lippen – oder auch unsere Worte – Ausdruck einer dankbaren
Lebenshaltung. Ein Sprichwort sagt: „Wes das Herz voll ist, geht der Mund über.“
Das meint: Was uns innerlich bewegt, davon reden wir auch. Die einen reden gerne
über das Wetter, andere von Familie, von Sport, von Interessen, wieder andere von
politischen oder gesellschaftlichen Fragen. Wo auch immer unser Herz im Moment
hängt, unser Predigtwort an diesem Sonntag hinterfragt uns:
Bringen wir die Botschaft des Evangeliums in unseren täglichen Bezügen über die
Lippen? Erzählen wir anderen, was Gott für uns getan hat und tut? Finden wir Worte,
die unsere christliche Hoffnung ausdrücken? Oder halten wir damit hinter dem Berg?
Ist unser Glaube gar ein Tabu, ein sorgsam abgeschirmtes Geheimnis, das wir vor
anderen Leuten nie zur Sprache bringen möchten? Gottes Wort ermutigt uns: Gib
deinem Glauben und dem, was in deinem Herzen ruht, eine Stimme. Wenn dein Herz
voll ist, danke, singe, juble deinem Gott. Zu anderen Zeiten, wenn du zweifelst oder
traurig bist, dann ringe mit deinem Gott. Wie eine gute Frucht auf dem Altar, so
empfindet Gott unser aufrichtiges Gespräch mit ihm. Viele Formen kann dieses
Lobopfer haben: Durch Musik oder Kunst können wir etwas ausdrücken. Aber auch
durch ein Bekenntnis im öffentlichen Raum.
Beispiel 1: Durch ein stilles Tischgebet in der Öffentlichkeit entsteht ein
interessantes Gespräch mit fragenden Menschen vom Nachbartisch ...
Beispiel 2: Unsere Geschwister in den Partnerkirchen in Übersee sind da oft
erstaunlich unbefangen. Ein Mann kommt bei der Arbeit mit seinem Kollegen
ins Gespräch. Bald öffnet der andere ihm sein Herz und erzählt von seinen
Sorgen. „Bist du Christ?“, fragt der Mann.
„Ja, schon, ich weiß, was du meinst“, sagt der andere.
„Komm, lass uns dann überlegen, wie wir dir und deiner Frau helfen können.
Kommt doch mal mit in den Gottesdienst am Sonntag. Da sind viele Leute in
euerem Alter. Wir singen und beten und bestimmt fühlt ihr euch wohl bei uns.“
Solche Einladungen gibt es viele. Und die Gemeinde wächst. Der Glaube
kommt den Menschen in vielen Lagen unbeschwerter als uns über die Lippen.
Beispiel 3: In der Freizeit kommt jemand mit seinen Freunden ins Gespräch
über das Asylbewerberheim im Nachbarort. Stammtischparolen werden laut.
Doch er hält nicht hinter dem Berg, sondern erklärt politische Hintergründe der
Herkunftsländer. Er erzählt von einzelnen Menschen aus dem Haus. Er macht
Hintergründe der Einwanderungspolitik klar. Und nach diesem Abend wissen
alle Bescheid: Wenn man mit diesem Freund zusammen ist, reicht es nicht,
nur etwas daherzureden. Der weiß Bescheid und zeigt bei heiklen Themen
Profil. Das ist manchmal unbequem und fordert uns. Ein Dankopfer der
Lippen, so nennt es der Hebräerbrief.
Unsere Taten - Ausdruck einer dankbaren Lebenshaltung: „Vergesst
nicht Gutes zu tun“
„Handle so, dass du gefragt wirst“, ist das Motto einer christlichen
Kommunität. Ein sehr hoher Selbstanspruch. Und trotzdem ist unser Leben
und unser Tun, ob wir es wollen oder nicht, selbstredend.
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Jesus erzählt im Gleichnis vom barmherzigen Samariter, wie der Levit und der
Priester einen Verletzten liegen ließen. Aber der Außenseiter in der damaligen
Gesellschaft, der packte an. Der, von dem man es nicht erwartet hätte, der
sieht die Not.
Die beiden, die alles wissen, die schauen über die Probleme weg. Sie sind mit
sich selbst beschäftigt.
Heute am Erntedankfest sind wir in besonderer Weise aufgerufen, uns
wachrütteln zu lassen für die Notleidenden um uns herum. Die Augen zu
öffnen für Menschen, die unsere Hilfe dringend benötigen. Aus Dankbarkeit
heraus das Gute weiterzugeben, was wir geschenkt bekommen haben.
Uns nicht rauszuhalten, sondern uns einzumischen, wenn es nottut.
Die Stimme gegen Ungerechtigkeit zu erheben.
Beispiel 1: Eine Milliarde Menschen auf der Welt hungern. Doch es wäre
Nahrung für 12 Milliarden Menschen da. Was machen wir da falsch? Diese
Frage ist nicht nur eine für Experten. Gerade an Erntedank sollten wir uns für
die Verteilung der Lebensmittel auf dieser Erde interessieren. Es müsste
niemand hungern, doch wir schaffen es nicht, die Güter der Erde gerecht zu
verteilen. Wer sich mit dieser Frage näher auseinander setzen will, wird auf
der Homepage und bei Seminarangeboten von Mission EineWelt fündig. Es ist
genug für alle da, aber es kommt nicht bei allen an.
Wir können auch durch unsere Geldspende Gutes tun.
Ein kleines Beispiel ist die Aktion, für die Mission EineWelt heute am
Erntedanktag um Unterstützung bittet:
In Usa River, in Nordtansania, gibt es eine Bäckerei, in der körperbehinderte
junge Menschen das Bäckerhandwerk erlernen. Nach der Lehre erhalten sie
einen kleinen Ofen, mit dem sie Backwerk für ihre Umgebung herstellen
können. Die Menschen in Afrika essen traditionell zwar vor allem Produkte aus
Mais und Reis, aber auch ein gutes Brot wird, wenn es der Geldbeutel erlaubt,
gerne gegessen. Große Hauptverkehrsstraßen führen an Usa River vorbei zu
den Nationalparks Tansanias. Auch die Touristen werden gerne bedient.
Durch die heutige Spende helfen wir jungen Menschen mit Behinderung, ein
selbständiges Leben zu führen und mit ihren Fähigkeiten anderen Gutes zu
tun.
Gutes tun hat viele Facetten, und wenn wir uns an die Witwe erinnern, die
Jesus an der Tempelpforte beobachtet, dann misst Gott uns nicht an dem,
was wir geben, wie die Reichen, sondern an dem, was wir am Ende für uns
behalten. Tun wir Gutes im Vertrauen darauf, dass unser himmlischer Vater
uns versorgt mit allem, was wir brauchen? Können wir in diesem Vertrauen ein
Opfer bringen oder geben wir Almosen?
Unsere ganzheitliche Anteilnahme - ein Ausdruck der Dankbarkeit.
„Vergesst nicht Gutes zu tun und mit anderen zu teilen“:
Deutschland ist nicht nur Weltmeister im Fußball, wir sind auch an der Spitze
der Nationen, die Gutes tun mit ihrem Geld und ihren Spenden. Das ist etwas
Wunderbares, was wir nicht gering achten sollten. Im materiellen Sinne teilen
viele Menschen ihre Güter.
Was wir im Bibeltext als „Mit anderen zu teilen“ lesen, heißt im Griechischen
koinoneo. Das meint ‚alles zu teilen’, materielle Güter, aber auch menschliche
Werte in christlicher Liebe.
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Die ersten Christen wurden in ihrer Liebe zueinander attraktiv für andere. Was
ist das für eine Anziehungskraft in unserer schnelllebigen Zeit, wenn es
Menschen gibt, die sich Zeit nehmen für andere: zuhören, nachfragen,
wirkliches Interesse am Nächsten zeigen. Wie selten erleben wir das.
Oft sind wir nur noch als Konsumenten, Kundinnen, Verbraucher interessant.
Viele greifen uns in die Tasche, nicht nur die Straßendiebe. Es gibt groteske
Beispiele aus dem Gesundheitswesen, der Werbebranche. Wir sollten uns
kritisch fragen: Sind wir als Gemeinde von der Oberflächlichkeit und Gier und
Lieblosigkeit unserer Zeit angesteckt?
Gute Früchte auf dem Altar unserer Kirche sind das Produkt geduldigen
Wachsens und Reifens in einer warmen Atmosphäre. In der Kälte gedeiht
nichts. Das ist auch im Glauben so.
Wenn Menschen durch unsere Worte und Taten spüren, dass sie
angenommen sind, entsteht Vertrauen und tieferes Verstehen.
Wenn man seine Nöte aussprechen kann, dann ist das ein Stück von Gottes
neuer Welt.
Wenn man alles Versagen und nicht Gelungenes bei Gott und Menschen
abladen kann, dann entstehen ehrliche Beziehungen.
Wenn Junge und Alte einander zuhören, statt Pauschalurteile abzugeben,
dann ist Reich Gottes.
Wenn man sich selbst annimmt und sich freut an dem, was man ist und hat,
und auch andere neidlos stehen lassen kann, dann ist Reich Gottes.
Wenn man Freud und Leid in einer Gemeinde miteinander teilt, da entsteht
Reich Gottes. Da ist Glaube kein Lippenbekenntnis, sondern eine
Grundhaltung.
Immer wieder höre ich von Menschen, die ihr Vermögen für eine Aufbauarbeit
irgendwo in der Welt einsetzen und sich dabei ungemein glücklich fühlen.
Mehr als je zuvor in ihrem Leben, als sie alles allein für sich verbraucht haben.
Gutes tun und mit anderen zu teilen, schenkt die Freiheit für ein zutiefst
erfüllendes Leben Es ist kein Muss oder ein Kampf, sondern erwächst aus der
Gewissheit, dass unser Leben etwas werden darf, zum Lob des Namens
Gottes.
Wer Gutes teilt, Anteil nimmt und sich mitteilt, lernt Menschen, Kulturen,
Lebensbereiche von einer neuen Seite kennen. Solche Lobopfer sind keine
Opfer, bei dem wir etwas verlieren, sondern vielfach bekommen, was wir
investiert haben.
Unsere Gaben am Altar sind Bilder für den Dank der neutestamentlichen
Gemeinde, für das Heil, das Gott uns in Jesus Christus schenkt. Unser
angstfreies Erzählen, unsere Taten für andere und unsere liebende
Anteilnahme am Wohl und Wehe unserer Mitmenschen machen uns zu
Menschen, die geben, weil sie reich beschenkt wurden.
Diese Erfahrung schenke Gott uns allen. Amen.
Pfarrerin Dorothee Stadler
arbeitet im Auftrag von Mission EineWelt in Papua-Neuguinea
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