bericht cdes: die gesellschaftliche dimension und das

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Presidência da República – PR (Präsidialamt)
Secretaria de Assuntos Estratégicos – SAE (Amt für strategische Angelegenheiten)
CONSELHO DE DESENVOLVIMENTO ECONÔMICO E SOCIAL – CDES
(RAT FÜR WIRTSCHAFTLICHE UND SOZIALE ENTWICKLUNG)
DIE GESELLSCHAFTLICHE DIMENSION UND DAS KONZEPT DER
NACHHALTIGEN ENTWICKLUNG
Einleitung
Ende der 60er und in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts erlangten die Themen natürliche Ressourcen, Energie und Umwelt durch die neue Umweltbewegung und den Ölschock
eine enorme wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Bedeutung. Die Umweltfrage
konnte bei der Analyse von Entwicklungsmodellen nicht länger ausgeklammert werden. Es
kam Kritik am herrschenden Modell für die wirtschaftliche Entwicklung auf, in dem Wirtschaftswachstum und Erhaltung der natürlichen Ressourcen in Konflikt stehen, und das
letztlich dem weiteren Wirtschaftswachstum Grenzen setzen wird. So hielt die Kritik, die
anfänglich aus Wissenschafts- und Umweltkreisen kam, allmählich Einzug in die Politikwirtschaft, wobei sie hier hauptsächlich auf das Produktions- und Konsummodell abzielte.
In diesem Zusammenhang war die Veröffentlichung "Die Grenzen des Wachstums" des
Club of Rome im Jahre 1972 (auch bekannt als Meadows-Bericht) von großer Bedeutung.
Der Bericht stellt ein katastrophales Szenario dar und erläutert die Unmöglichkeit, das Wirtschaftswachstum aufgrund der damit verbundenen Erschöpfung der natürlichen Ressourcen
aufrechtzuerhalten. Ferner ruft er zu einem wirtschaftlichen "Nullwachstum" auf. Die diesbezügliche Diskussion führte zu zwei gegensätzlichen Haltungen, jener der Vertreter des
"Nullwachstums", den sogenannten "Neomalthusianern", und jener der Vertreter des
"Rechts auf Wachstum", die von den damaligen "Ländern der Dritten Welt" verteidigt wurde.
Diese Themen waren Schwerpunkt der Diskussion auf der UNCED-Konferenz in Stockholm
1972. Auf dieser Konferenz wurde ein dritter Weg entworfen, die These der "Ökoentwicklung", derzufolge Wirtschaftswachstum und Umweltschutz nicht unvereinbar sind, sondern
sich im Gegenteil für eine effektive Entwicklung gegenseitig bedingen.
Der Begriff "nachhaltige Entwicklung" wurde erstmals bei den Gesprächen im Rahmen der
von den Vereinten Nationen (UNO) in Leben gerufenen Weltkommission für Umwelt und
Entwicklung 1983 unter dem Vorsitz der damaligen norwegischen Premierministerin Gro
Harlem Brundtland verwendet. Diese Kommission schlug vor, die Frage der wirtschaftlichen
Entwicklung mit der Umweltfrage zu verbinden. Das war die Geburtsstunde der "nachhaltigen Entwicklung", einem Konzept, das schon bald zu einem neuen Denkmodell wurde. Die
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DE
-2griffigste Definition findet sich im Brundtland Bericht von 1987 "Unsere gemeinsame
Zukunft": "Eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne
die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen". Damit wurde die gesellschaftliche Dimension endgültig mit der Vorstellung von Entwicklung verbunden und wurde Teil des Konzepts der nachhaltigen Entwicklung.
Dank der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung, Rio 92, fand dieses neue Verständnis von Entwicklung eine weite Verbreitung und allgemeine Akzeptanz.
Der Begriff "nachhaltige Entwicklung" gewann an Bedeutung. Bei diesem Anlass wurden die
Agenda 21 und eine Vielzahl von Dokumenten und Verträgen über Biodiversität, Klima,
Wälder, Wüstenbildung und den Zugang zu und die Nutzung von natürlichen Rohstoffen des
Planeten unterzeichnet. Mit der Konferenz Rio 92 gewann das Konzept der nachhaltigen
Entwicklung politisches Terrain, und das Bewusstsein wurde gestärkt, dass Umweltfragen
nur dann erfolgreich behandelt werden können, wenn gleichzeitig die gesellschaftlichen und
wirtschaftlichen Aspekte der Förderung der Nachhaltigkeit berücksichtigt werden. Mit anderen Worten, diese Entwicklung muss sich definitiv auf die drei Pfeiler wirtschaftliche, gesellschaftliche und ökologische Nachhaltigkeit stützen.
In die Konferenz für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen, Rio+20, die im Juni
2012 stattfinden wird, fließt das Ergebnis der jahrzehntelangen Mobilisierung der internationalen Gemeinschaft für die Diskussion über gesellschaftliche und ökologische Themen ein.
Auch wenn die bisherigen Fortschritte nur relativ sind, sind sie doch wichtige Elemente im
Prozess hin zu nachhaltigen Entwicklungspraktiken und verstärken den Wunsch, mit der
Umsetzung der Entscheidungen von Rio 92 und späterer Konferenzen vorwärtszukommen.
Leider steht die ganze Welt gegenwärtig in einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise. Wir
beobachten eine Globalisierung der Armut, wachsende Ungleichheit, prekäre Arbeitsverhältnisse, einen weltweiten Anstieg der Arbeitslosigkeit und einen Abbau in der Sozialpolitik.
Dieses Szenario und das wachsende Bewusstsein, dass das heutige Wachstumsmodell
nicht beibehalten werden kann, mobilisieren die Zivilbevölkerung rund um den Globus und
rufen den Wunsch hervor, an den Entscheidungen der Konferenz mitzuwirken und auf die
notwendigen Veränderungen hinzuweisen, die es für sozial gerechte und ökologisch ausgewogene Produktions- und Konsummodelle braucht.
Deshalb ist zu hoffen, dass sich die Konferenzteilnehmer auf eine langfristige Strategie einigen können, die neue Antworten auf die Herausforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft,
Umwelt, Energie, Kultur und Politik der modernen Welt bietet.
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-3Die nachhaltige Entwicklung auf der strategischen Agenda des CDES
Die Strategie für Brasilien, die der Rat in der Agenda für den neuen Entwicklungszyklus
(ANC)1 entworfen und dem damaligen brasilianischen Präsidenten vorgelegt hat, skizziert
ein Land, dessen Entwicklungsprozess von Werten wie Demokratie, Freiheit, Gleichheit,
nationale Identität, Nachhaltigkeit, Respekt vor den soziokulturellen Unterschieden und Souveränität geprägt ist.
Laut dem CDES hat Brasilien in den letzten Jahren eine neue Entwicklungsstufe erreicht,
durch die Konsolidierung der Demokratie, neue Dialog- und Beteiligungsmöglichkeiten, eine
Verteilungspolitik, die auf sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Rationalität beruht,
durch eine universelle und integrierende Sozialpolitik, die in die Menschen investiert, durch
Infrastrukturinvestitionen, öffentliche Finanzierung der Entwicklungsförderung, makroökonomische Stabilität und eine graduelle Einbeziehung der ökologischen, wirtschaftlichen und
sozialen Aspekte der Nachhaltigkeit in alle Entscheidungsprozesse.
Um die Entwicklung Brasiliens voranzutreiben und somit die Dynamik der Nachhaltigkeit
dieses Prozesses zu verstärken, zeichnet der CDES mehrere strategische Dreh- und Angelpunkte auf: die Konsolidierung der gerechten Verteilung von Arbeit und Einkommen, die
Stärkung eines Binnenmarktes, der sich auf nachhaltige Produktions-, Konsum- und Verteilungsmodelle stützt, höhere Investitionen in innovative Projekte und die aktive Teilnahme an
der internationalen Wirtschaft. Zusätzlich muss sich das Land stärker in die Global Governance einbringen und Einfluss nehmen auf Wirtschaftsverhandlungen, die internationale
Finanz- und Währungsreform und die entscheidenden politischen Verhandlungen für den
Weltfrieden.
Der CDES hat Wege aufgezeigt, wie Brasilien diese Strategien umsetzen kann. Dazu gehören der Übergang zu einer wissensbasierten Wirtschaft durch die Schaffung neuer Perspektiven für Bildung, Wissenschaft, Technologie und Fortschritt, die Stärkung der Demokratie
und eines entwicklungsorientierten Staates, der Übergang zu einem Produktionsmodell, das
menschenwürdige Arbeitsplätze und eine "produktive Integration" gewährleistet, die Entwicklung des landwirtschaftlichen Potenzials, eine weitere Verbesserung der Infrastrukturen – Verkehr, Energie, Kommunikation, Wasserversorgung und Abwasserentsorgung –
sowie die Sicherstellung der ökologischen Nachhaltigkeit und die Konsolidierung und Erweiterung der Sozialpolitik.
Die gesellschaftliche Dimension der Strategie für eine nachhaltige Entwicklung – das
Sozialabkommen für die Konferenz Rio+20
Das vom CDES und 73 teilnehmenden Institutionen im Hinblick auf die Konferenz Rio+20
vorbereitete Sozialabkommen für eine nachhaltige Entwicklung enthält Vorschläge für die
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Vom CDES im Juni 2010 vorgelegt; die Agenda ist verfügbar unter www.cdes.gov.br.
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-4Bereiche Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt. Die Verfasser gehen von der Voraussetzung
aus, dass diese Bereiche untrennbar miteinander verbunden sind und dass für eine Veränderung und für den Aufbau einer nachhaltigeren, gerechteren und solidarischeren Welt die
Stärkung der Demokratie, der Partizipation und des gesellschaftlichen Dialogs unerlässlich ist.
Die gemeinsame Aussage der Vorschläge des Abkommens ist, dass der Übergangsprozess
zu einer nachhaltigen Entwicklung, die sich ausgewogen auf die drei Grundpfeiler verteilt,
den Einsatz aller Länder erfordert. Sie muss von Regierung und Gesellschaft beschlossen
werden, die Demokratie zur Voraussetzung haben, die soziale, ethnische und kulturelle
Vielfalt respektieren und sich ihrer bedienen, und nicht zuletzt der Ethik, der Transparenz
und dem Frieden verpflichtet sein. Für die weniger entwickelten und die Schwellenländer
heißen die Herausforderungen Förderung von Wirtschaftswachstum, Einkommensverteilung
und sozialer Integration, Abbau von Ungleichheit und Schonung der natürlichen Ressourcen
und der Biodiversität.
Die Ungleichheit von Menschen, Ländern und Regionen ist die größte Herausforderung für
eine harmonische Entwicklung des Planeten. Dies war eine der wichtigsten Feststellungen
bei den Diskussionen. Deshalb müssen die auf der Konferenz Rio+20 unterzeichneten
Abkommen und die künftigen politischen Maßnahmen der einzelnen Länder auf dem Grundprinzip der Gerechtigkeit aufbauen. Das heutige Produktions- und Konsummodell in den reichen Ländern ist nicht mit der Knappheit der natürlichen Ressourcen vereinbar. Und die einseitige Verteilung von Einkommen und Reichtum, die prekären Arbeitsverhältnisse und die
restriktive Politik im Sozialschutz haben Folgen, die sich negativ auf die nachhaltige Entwicklung auswirken.
Eine auf Gerechtigkeit ausgerichtete Entwicklung muss vielschichtig sein. Zur Verbesserung
der Lebensqualität der Bevölkerungen muss der Staat die Rolle des Verteilers von Reichtum, Gemeingut und Diensten der Grundversorgung übernehmen. Die nachhaltige Entwicklung basiert in erster Linie auf der Schaffung von Gesellschaften, in denen alle Bürger
Zugang zu den Menschenrechten und zu den wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, kulturellen, bürgerlichen und politischen Rechten haben, und zwar durch abgestimmte staatliche
Maßnahmen. In die Leitlinien der staatlichen Maßnahmen zur Förderung der wirtschaftlichen
Entwicklung mit sozialer Integration müssen sowohl die Universalität der Rechte als auch die
Bedürfnisse jener Bevölkerungsgruppen einbezogen werden, die aufgrund ungerechter
sozialer Verhältnisse oder durch Unglücksfälle und deren Folgen ausgeschlossen sind.
Der Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung beginnt bei der dringenden Lösung der strukturellen und systemischen Probleme der heutigen Welt, die von einer schweren Wirtschaftsund Finanzkrise, einem metabolischen Ungleichgewicht in der Gesellschaft und in den Ökosystemen und extremer Ungleichheit zwischen Menschen, Völkern und Regionen geprägt ist.
Die soziale Funktion der Wirtschaft, die sich in der Art und Weise zeigt, wie die Gesellschaft
das in der Produktion erwirtschaftete Einkommen und den Reichtum verteilt, muss dringend
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-5wiederhergestellt werden. In Wirtschaften mit nachhaltiger Entwicklung werden Einkommen
und Reichtum durch steuerliche Gleichbehandlung und die wirtschaftliche Sicherheit aller
Bürger und gesellschaftlichen Gruppen gerecht verteilt. Im Kampf gegen die Armut und die
Ungleichheit von Personen, Regionen, Ländern und Regionen desselben Staates müssen
dringend menschenwürdige Arbeitsplätze geschaffen werden, in den Städten und auf dem
Land. Großes Gewicht haben auch der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, der Zugang zu
Krediten und universelle und umfassende Maßnahmen zur sozialen Sicherheit, mit Fokus
auf den schwächsten Gruppen. Weitere Schwerpunkte sind die Förderung der Lebensmittelund Ernährungssicherheit, um zu gewährleisten, dass alle Bevölkerungsgruppen wirtschaftlich Zugang zu Lebensmitteln in genügender Menge und Qualität haben, und die Förderung
der Umweltqualität durch Bewahrung, Erhaltung und Rückgewinnung der natürlichen Systeme.
Notwendig sind außerdem neue Produktions-, Verteilungs- und Konsummuster sowie eine
Neudefinition von Lebensqualität und sozialem Wohlstand. Diese dürfen nicht länger gleichbedeutend sein mit Anhäufung von materiellen Gütern, Verschwendung und Erschöpfung
der natürlichen Ressourcen und der Biodiversität, Verschmutzung von Wasser, Luft und
Boden. Für den Übergang zu einer Wirtschaft mit einem für Gesellschaft und Umwelt verträglichen nachhaltigen Wachstum werden langfristige, zuverlässige und nichtspekulative
Investitionen erforderlich sein. Dabei muss betont werden, dass dem Staat die Rolle als treibende Kraft zukommt, sowohl beim Start als auch bei der Regulierung dieses Prozesses.
Angesichts der internationalen Krise und der extrem schnellen technologischen Veränderungen sind aktive Maßnahmen zur Förderung des Arbeitsmarktes und zur produktiven Integration2 äußerst wichtig. Zur Eingliederung der Bürger in das sich schnell verändernde Lebensumfeld und den Arbeitsmarkt braucht es mehr qualitativ hochwertige Bildungsangebote. Die
Bildung und die schnelle und effiziente Verbreitung des Wissens und der sozialen Technologien3 sind prioritäre und strukturelle Grundpfeiler der Entwicklung, in dem Sinne, dass sie
Ausdruck einer auf Gleichberechtigung ausgerichteten Politik sind. Die Bildung ist der Drehund Angelpunkt zur Entfaltung des Kreativitäts-, Innovations- und Produktionspotenzials
eines Landes und das Element, das den kulturellen Aufbau und damit ein neues Modell für
das Zusammenleben in der Gesellschaft und den Umgang mit der Umwelt ermöglicht.
In diesem Zusammenhang sind Maßnahmen und Aktionen unumgänglich, die die Grundfreiheiten und Menschenrechte sowie die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, kulturellen, bürgerlichen und politischen Rechte sichern. Die Gewährleistung aller Rechte führt zu einer
Verringerung der Unterschiede aufgrund von Rassenzugehörigkeit, Ethnie und Geschlecht,
2
Die produktive Integration umfasst eine Reihe von aufeinander abgestimmten diversifizierten Initiativen sowie die
Förderung der lokalen Entwicklung. Im Mittelpunkt stehen dabei die Aus- und Weiterbildung der Arbeitskräfte sowie
die Förderung der lokalen Märkte und Produktionsketten, die Unterstützung der Kleinst- und Kleinunternehmen, des
Unternehmergeistes, der Genossenschaften, dem nachhaltigen Abbau von Bodenschätzen und einer solidarischen
Wirtschaft.
3
Soziale Technologien umfassen Produkte, Techniken und/oder wiederverwendbare Methoden, die mit der Gemeinschaft entwickelt wurden und effektive Lösungen für die Veränderung der Gesellschaft darstellen. Hauptmerkmale
der sozialen Technologie sind intensive Nutzung von Arbeitskräften und Inputs, einfache Einrichtung und Wartung
und Inwertsetzung der lokalen Kultur.
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-6und ermöglicht die vollständige Integration der traditionellen Gemeinschaften (Indigene,
Quilombolas, Anrainerbevölkerungen, Sammler, kleine Familienbetriebe in Fischerei und
Landwirtschaft) in den Prozess der nachhaltigen Entwicklung. Diese Bevölkerungsgruppen
profitieren direkt von den Maßnahmen und Aktionen zum Schutz, zur Wiederherstellung und
zum Erhalt der natürlichen Ressourcen, zur Verbesserung der ökologischen Qualität der
Ökosysteme4 und zur schrittweisen Reduzierung der Entwaldung und Abholzung der nationalen Biome. In diesem Sinne hat der Erhalt der Biodiversität einen gesellschaftlichen Einfluss auf die Lebensqualität, auf die Möglichkeiten, Einkommen zu generieren, und auf die
Aufwertung des Wissens der traditionellen Bevölkerungsgruppen, das auf dem Zugang zu
den genetischen Ressourcen der Natur basiert. Zu prüfen sind Strategien wie Anreize bzw.
Vergütungen für menschliche Aktivitäten zu Wiederherstellung, Rückgewinnung, Unterhalt und
Verbesserung der Ökosysteme, die ökologische Dienstleistungen schaffen, und den Schutz
der indigenen Gebiete garantieren. Bauwerke und Investitionen, die einen Einfluss auf die
Landschaft und die natürlichen Ressourcen haben, müssen unter Beteiligung der lokalen
Bevölkerungen geplant werden, denn in der Regel sind sie es, die die gesellschaftlichen und
ökologischen Auswirkungen dieser wirtschaftlichen Tätigkeiten zu spüren bekommen.
Des Weiteren muss ein Modell für nachhaltige Entwicklung in den Städten und auf dem
Land entwickelt werden, das die Ungleichheiten innerhalb der Bevölkerung reduziert, und
dessen Ziel die Verbesserung der Lebensqualität aller Menschen ist. Die Rolle der lokalen
Verwaltungen als Räume für kulturelle und technologische Innovation und Konstruktion, in
Verbindung mit der demokratischen Beteiligung der Bevölkerung, stärkt den Prozess hin zu
einer nachhaltigen Entwicklung. Zu fördern sind die Umweltsanierung, Wasserversorgung,
Abwasserentsorgung, Abfallbewirtschaftung, Drainagesysteme und Programme für die urbane und rurale Mobilität. Für die Bevölkerung auf dem Land und in den Städten sind neben
Wasserversorgung und Abwasserentsorgung auch der allgemeine Zugang zu öffentlichen
Gütern wie Bildung, Gesundheit, Wohnen, Verkehr, Infrastrukturen, Kultur und Freizeit sowie
Aktionen zur Armutsbekämpfung und Einkommensverteilung von wesentlicher Bedeutung.
Fundamental für die Qualität und die Durchführbarkeit der Prozesse für eine nachhaltige
Entwicklung ist eine größere Beteiligung der gesellschaftlichen Akteure an der Ausarbeitung
und Durchsetzung der Entscheidungen auf nationaler und internationaler Ebene. Der weltweite Druck der sozialen Bewegungen, der Unternehmenssektoren sowie der Arbeiter-, Akademiker-, Frauen- und Jugendorganisationen, an der Governance der Entwicklung teilnehmen zu können, steigt und setzt somit Grundsatz 10 der Erklärung von Rio925 um. Partizipa-
4
Die Umweltqualität bedingt sich sowohl durch den Erhalt der Biodiversität der Arten und der Anzahl der Individuen
jeder Art als auch durch die Reduzierung von Stressfaktoren wie Verschmutzung und andere Einflüsse auf die Ökosysteme.
5
Grundsatz 10 der Rio-92-Erklärung
Umweltfragen sind am besten auf entsprechender Ebene unter Beteiligung aller betroffenen Bürger zu behandeln.
Auf nationaler Ebene erhält jeder Einzelne angemessenen Zugang zu den im Besitz öffentlicher Stellen befindlichen
Informationen über die Umwelt, einschließlich Informationen über Gefahrstoffe und gefährliche Tätigkeiten in ihren
Gemeinden, sowie die Gelegenheit zur Teilhabe an Entscheidungsprozessen. Die Staaten erleichtern und fördern
die öffentliche Bewusstseinsbildung und die Beteiligung der Öffentlichkeit, indem sie Informationen in großem
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-7tions- und Anhörungsmechanismen wie Räte, öffentliche Anhörungen, Diskussionsrunden
und Hearings müssen in allen nationalen und multilateralen Bereichen eingesetzt und unterstützt werden.
Alle Veränderungen zur Förderung der Entwicklung setzen voraus, dass die Länder die
Fähigkeit zurückgewinnen und ausbauen, nationale Maßnahmenpakete zu formulieren,
deren Aktionen auf die nachhaltige Entwicklung auf Grundlage ihrer kulturellen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Besonderheiten ausgerichtet sind. Die Konferenz
Rio+20 muss Prozesse auslösen und organisieren, die zu Regierungsplänen führen, die
umgesetzt, überwacht und bewertet werden können, und die geteilte Verantwortung und
eine partizipative Governance auf allen Ebenen und mit mehreren Akteuren vorsehen.
Der Übergang zu einer wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltigen Gesellschaft erfordert eine echte Kulturrevolution und einen Prozess der Interaktion und Partnerschaft auf
allen Ebenen und zwischen Regionen und Ländern. Nur so können Technologien und
Finanzmittel für die am wenigsten Entwickelten zur Verfügung gestellt werden. Dabei ist ein
starkes Engagement von Regierungen, internationalen Organisationen, Finanzinstitutionen,
Privatunternehmen, Gewerkschaften, Universitäten und Forschungseinrichtungen, der Zivilgesellschaft und der Medien erforderlich. Nur so kann der weltweit immer stärkere Anstieg
der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheit verhindert werden. Systemische Instrumente
zur Begleitung und Überwachung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen der Entwicklung sind fundamentale Hilfsmittel für die Beteiligung der und Kontrolle
durch die Gesellschaft.
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Umfang verfügbar machen. Wirksamer Zugang zu Gerichts - und Verwaltungsverfahren, so auch zu Abhilfe und
Wiedergutmachung, wird gewährt.
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