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Rechtsprechungsübersicht
Betriebsversammlungen
Gliederung:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
Die Betriebsversammlung in der neuen Betriebsverfassung
Die zentrale Bedeutung der Betriebsversammlung für die Arbeit der Betriebsräte
Fragen der Geschäftsführung (Einladung, Zeitpunkt, Hausrecht)
TeilnehmerInnen von Betriebsversammlungen
Themen einer Betriebsversammlung
Entgeltfortzahlung während der Betriebsversammlung
Bericht des Arbeitgebers auf der Betriebsversammlung
Protokolle der Betriebsversammlung
Mitarbeiterversammlungen des Arbeitgebers
Keine Behinderung der Betriebsversammlungen
Die weitere (außerordentliche) Betriebsversammlung
Betriebsversammlung und Betriebsratswahl
1. Einführung in die Thematik
Mit dem neu beschlossenen Betriebsverfassungsgesetz gibt es zum vierten Abschnitt:
"Betriebsversammlung" aus juristischer Perspektive nur geringfügige Änderungen. So wird
dem Arbeitgeber
1. aufgegeben, in seinem Bericht zum Personal- und Sozialwesen "über den Stand der
Gleichstellung von Frauen und Männern sowie der Integration der im Betrieb
beschäftigten ausländischen Arbeitnehmer" zu berichten.
2. - entsprechend der gesellschaftlichen Bedeutung - hat der Arbeitgeber nicht nur über
die wirtschaftliche Lage und Entwicklung des Betriebes zu informieren, sondern auch
den "betrieblichen Umweltschutz" zu beleuchten. Analog wurde der Katalog
möglicher Themen, die auf Betriebs- und Abteilungsversammlungen angesprochen
werden können (§ 45 BetrVG), um die Themen Umwelt, Zusammenleben von
Deutschen und Migranten im Betrieb erweitert.
Nach dem Amsterdamer Vertrag sind die EG-Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, die
Gleichstellung von Frauen und Männern zu einer Querschnittsaufgabe der Politik zu machen.
Einen bescheidenen Niederschlag findet dieses neue Leitprinzip nun auch in § 45 BetrVG. Es
heißt jetzt nicht mehr "Fragen der Frauenförderung und der Vereinbarkeit von Beruf und
Familie" sondern "Fragen der Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen und
der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit." War es schon vorher nicht verboten,
diese zentralen lebensweltlichen und betrieblichen Themen anzusprechen, so kommen diese
1
Änderungen sowohl in § 43 sowie in § 45 BetrVG die Funktion zu, sowohl Arbeitgeber als
auch Betriebsrat aufzutragen, diese Fragen im betrieblichen Alltag nicht aus dem Blick zu
verlieren.
Mit Ausblick auf die kommenden Betriebsratswahlen in 2002 stellt sich die Frage, wie der
Betriebsrat seinen Schutz- und Gestaltungsauftrag nach dem BetrVG vor diesem Hintergrund
wahrnimmt. Es geht ein Stück weit um seine Zukunftsfähigkeit. Insbesondere
Alleinerziehende und Eltern mit Kindern im Vorschul- oder Schulalter, die beide berufstätig
sind oder dies anstreben, erwarten mehr Flexibilität der Betriebe bei der Koordination
beruflicher und erzieherischer Pflichten. Das Aufgreifen dieser Interessenlagen erhöht den
Stellenwert des Betriebsrates für die Belegschaft. Hierfür sind Betriebs- und
Abteilungsversammlungen der geeignete Rahmen schlechthin, um erste Anstöße sowie
Informationen zu geben sowie Diskussionen in Gang zu setzen - oft erst nach dem offiziellen
Ende der Betriebsversammlung, was aber die Qualität nicht schmälern muß.
Für die überwiegende Mehrheit der Arbeitgeber steht die Frage im Raum, ob überhaupt eine
Betriebsversammlung stattfinden muss – insbesondere wegen der Kosten. Der Betriebsrat, der
sich zu einer Betriebsversammlung durchringt, fragt sich vielmehr, wie er sie am besten
gestaltet. Gerade zum "ob" und "wie" von Betriebsversammlungen kann das Sichten einer
Rechtsprechungsübersicht sehr hilfreich sein. Sie zeigt den Arbeitgebern mehr ihre Grenzen
und den Betriebsräten dagegen ihre (bisher häufig nicht genutzten) Gestaltungsmöglichkeiten
bei der Durchführung von Versammlungen auf.
Obgleich der Zweck dieser Rechtsprechungsübersicht darin besteht, mit Hilfe einer
Gliederung interessierte Betriebsräte eine schnellen, konkreten Überblick über die Rechtslage
zu geben, ist es sinnvoll in Form von acht Kernaussagen, die betriebspolitische Bedeutung
von Betriebs-, Abteilungs- und Teilversammlungen hervor zu heben.
2. Die zentrale Bedeutung der Betriebsversammlung für die Arbeit der Betriebsräte
1. Die Betriebsversammlung ist das wichtigste Kommunikationsmittel und die wichtigste
Form der Willensbildung zwischen dem Betriebsrat und den ArbeitnehmerInnen des
Betriebes. Daran ändern auch die EDV-gestützten Kommunikationsmittel wie Inter-,
Intranet und Email nichts, die sicherlich für die Übermittlung von Einladungen,
Mitteilungen und Rundschreiben herkömmlichen Schwarzen Brettern überlegen sind (vgl.
dazu LAG Köln 10.1.1192 in AiB 1992, S. 292, ArbG München 17.10.91 in AiB 1992, S.
95, a.A. wohl enger BAG 17.2.93, NZA 1993, S. 854).
2. Es sind nur wenige rechtliche Hindernisse, die einer effektiven Durchsetzung von
Betriebsversammlungen im Wege stehen. Im großen und ganzen hat der Betriebsrat beim
Thema Betriebsversammlung eine (vom Gesetz gewollte!) Gestaltungsfreiheit, das Gesetz
und die Rechtsprechung auf seiner Seite.
2
3. Dort wo die Rechtsprechung die Handlungsfreiheit des Betriebsrats bei
Betriebsversammlungen in den letzten Jahren sehr eingeschränkt hat, konnte dies deshalb
so problem- und widerstandslos passieren, weil die Praxis vielfach hinter dem Gesetz
geblieben ist.
4. Gerade im letzten Jahrzehnt haben sich die Entscheidungen gehäuft, die den Arbeitgebern
untersagt haben, entweder durch Gegenveranstaltungen oder durch andere Formen der
Behinderung, das Instrument der Betriebsversammlung dem Betriebsrat aus der Hand zu
nehmen. Daraus lassen sich mehrere Rückschlüsse ziehen. Die Arbeitgeber sind sich sehr
bewußt darüber, welche Lern- und Solidarisierungsprozesse durch
Betriebsversammlungen entstehen können. Wenn Urteile nur immer die Spitze des
Eisbergs darstellen, liegt der Schluss nahe, daß die Versuche zugenommen haben, den
Betriebsrat in seiner Handlungsfreiheit einzuschränken. Viele Betriebsräte berichten, daß
ein sehr starker Druck auf Ihnen lastet, Betriebsversammlungen möglichst nicht während
der regulären Arbeitszeit stattfinden zu lassen. Dieser Druck speist sich beim Arbeitgeber
häufig nicht aufgrund von ökonomischen Abhängigkeiten, sondern vielmehr mit den
gesteigerten Renditeerwartungen auf das eingesetzte Kapital.
5. Es gibt in der Praxis noch eine ganze Reihe von gesetzlich eingeräumten, aber nicht
genutzten Handlungs- und Gestaltungsspielräumen bei Betriebs-, Teil- und
Abteilungsversammlungen. Es sei vor allem daran erinnert, daß nur in sehr wenigen
Betrieben die vorgeschriebene Pflichtzahl von einer Betriebsversammlung pro
Kalendervierteljahr erreicht wird. Hier liegt eine oben beschriebene Gefahr, daß eine
Diskussion von interessierter Seite begonnen wird, das niedergeschriebene Recht der
Praxis anzupassen und damit (ein weiteres Mal) zu verschlechtern.
6. Die Schwierigkeiten und Probleme des Betriebsrates bei der Vorbereitung und
Durchführung von Betriebs-, Teil- und Abteilungsversammlungen liegen aber weniger in
den juristischen Auseinandersetzungen. Es geht eher um die Gestaltung des
Tätigkeitsberichts, die Diskussions- und Teilnahmebereitschaft der Belegschaft überhaupt.
7. Es gibt auch eine Reihe von praktischen Tips, Ideen und Anregungen, die erst eine gewisse
Zeit angewandt werden müssen, um lang- und mittelfristig Erfolg zu zeigen. Niemand
kann erwarten, daß z.B. nach Jahren schweigsamer und mühseliger
Betriebsversammlungen eine einzige anders aufgebaute und vorbereitete
Betriebsversammlung einen sichtbaren Erfolg bringt.
8. Die Betriebsversammlung ist ein Ort, wo die Betriebsparteien vor der Belegschaft
aufeinandertreffen, und vielfach verhalten sich Belegschaften dabei ein klein wenig wie
Zuschauer bei einem Ringkampf. Deshalb bedarf eine Betriebs-, Teil- und
Abteilungsversammlung der sorgfältigen und langfristigen Vorbereitung. Eine noch so
vollständige Rechtsprechungsübersicht kann nicht alle herbei auftauchenden praktischen
Fragen beantworten. Deshalb ein Lesetip: Fricke u.a., Die Betriebsversammlung: So
wird`s gemacht! Bund-Verlag, Köln)
Dies ist nach 1989 (AiB 1989, S. 204 ff.) und 1994 (AiB 1994, S. 403 ff.) die dritte
Rechtsprechungsübersicht zur Betriebsversammlung. Wir haben den Versuch unternommen,
alles bekanntgewordenen Entscheidungen zusammenzutragen (wenn ein Verfahren durch
mehrere Instanzen gegangen ist, grundsätzlich die höchste Instanz). Wenn Entscheidungen,
3
die zum BetrVG 1952 ergangen sind, noch Bedeutung für die heutige Praxis haben, wie z.B.
zum Hausrecht des/ der Betriebsratsvorsitzenden, wurden diese gleichfalls berücksichtigt.
Urteile, die mehrere Aspekte behandeln, werden wegen den besseren Verständnisses
wiederholt zitiert.
3. Fragen der Geschäftsführung (Einladung, Zeitpunkt, Hausrecht)
Pflicht zur Einberufung von Betriebsversammlungen
1. Der Betriebsrat ist aufzulösen, wenn sich dieser beharrlich weigert, in jedem
Kalendarvierteljahr eine (Pflicht-) Betriebsversammlung gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 BetrVG
abzuhalten.
2. Bei § 45 Abs. 1 S. 1 BetrVG handelt es sich um eine zwingende Gesetzesvorschrift, die
nicht zur Disposition des Betriebsrats, des Arbeitgebers oder der Gewerkschaft steht. Hessisches LAG, Beschluß vom 12.8.1993 - 12 Ta BV 203/92 - (rechtskräftig) im Anschluß an den Beschluß
des ArbG Wetzlar vom 22.9.1993 - 1 BV 10/93 -
Ein Unterlassen der Einberufung der Pflichtversammlung nach § 42 Abs. 1 BetrVG (1952)
oder der Abgabe des Tätigkeitsberichts ist eine grobe Verletzung der gesetzlichen Pflichten
des Betriebsrates im Sinne § 23 BetrVG. - LAG Hamm, Beschluß vom 25.9.1959 - 5 Ta BV 48/59 -, LAG Rheinland-Pfalz, Beschluß vom 5.4.1960 - 1 Ta BV 1/60 -
Wenn in 21 Monaten der Amtszeit eines Betriebsrates statt sieben nur zwei
Betriebsversammlungen durchgeführt wurden, so liegt darin ein Verstoß gegen Pflichten des
Betriebsrats im Sinne des § 23 BetrVG. - ArbG Bamberg, Beschluß vom 19.10.1976 Leitung der Betriebsversammlung bei Verhinderung des BR-Vorsitzenden
Sind der Betriebsratsvorsitzende und sein Stellvertreter verhindert, kann der Betriebsrat ein
anderes seiner Mitglieder mit der Leitung der Betriebsversammlung beauftragen. - BAG,
Beschluß vom 19.5.1978 - 6 ABR 41/75 -
Hausrecht
Das Hausrecht auf der Betriebsversammlung und den Zugangswegen zum Ort der
Betriebsversammlung hat ausschließlich der Betriebsratsvorsitzende. - BAG, Beschluß vom
18.3.1964 - 1 ABR 12/63 - und BAG, Beschluß vom 14.2.1967 - 1 ABR 7/66 -
Vorbereitung
Ein Betriebsratsmitglied darf sich während der Arbeitszeit auf eine Betriebsversammlung
vorbereiten. - Hessisches LAG, Urteil vom 23.8.1983 - 3 Sa 717/83 Schriftlicher Tätigkeitsbericht
Bei einem umfangreichen Tätigkeitsbericht des Betriebsrats nach § 43 Abs. 1 Satz 1 BetrVG
kann es erforderlich sein, den Bericht den Arbeitnehmer schriftlich vorzulegen. Das gleiche
gilt, wenn ein nicht unerheblicher Teil der Belegschaft, aus welchen Gründen auch immer,
nicht an der Betriebsversammlung teilnehmen kann. - LAG Baden-Württemberg, Beschluß vom
10.2.1983 - 7 Ta BV 5/82 -
Tätigkeitsbericht des Betriebsrats für ausländische Arbeitnehmer
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Der Betriebsrat mag es unter Berücksichtigung der jeweiligen betrieblichen Situation für
angemessen halten können, für eine mündliche Übersetzung seines Tätigkeitsberichtes an
ausländische Mitarbeiter anläßlich einer Betriebsversammlung Vorsorge zutreffen, und zwar
auf Kosten des Arbeitgebers. In einem Kleinbetrieb sind die Kosten für eine schriftliche
Übersetzung nicht erstattungsfähig. - LAG Düsseldorf, Beschluß vom 30.1.1981 - 16 Ta BV 21/80 - und
ArbG München, Beschluß vom 14.3.1974 - 20 BV 57/73 -
Dolmetscher
Ein hoher Anteil ausländischer Arbeitnehmer ist ein sachlicher Grund dafür, daß der
Betriebsrat zu einer Betriebsversammlung einen Dolmetscher hinzuzieht. Der Arbeitgeber
darf für die durch die Übersetzung verlängerte Versammlungszeit kein Arbeitsentgelt
abziehen. - ArbG Stuttgart, Urteil vom 27.2. 1986 - 17 Ca 317/85 Kosten für ausländische Referenten
Lädt der Betriebsrat z.B. einen französischen Betriebsrats-Kollegen von einer
Schwestergewerkschaft zu einer Betriebsversammlung ein, damit dieser über gemeinsame
Probleme und Lösungsmöglichkeiten (Zusammenarbeit zwischen Geschäftsleitung und
Betriebsrat, Arbeitszeitregelung, Produktpalette) referiert, hat der Arbeitgeber notwendige
Fahrtauslagen und Dolmetscherkosten zu erstatten. - LAG Baden-Württemberg, Beschluß vom
16.1.1998 - 5 Ta BV 14/96 -
Kosten für Sachverständige
Die Hinzuziehung eines Sachverständigen durch den Betriebsrat bedarf der vorherigen
näheren Vereinbarung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 BetrVG auch dann, wenn der
Sachverständige in der Betriebsversammlung ein Referat halten soll; ohne solche
Vereinbarung sind die Kosten für den Sachverständigen nicht vom Arbeitgeber zu tragen. BAG, Beschluß vom 19.4.1989 - 7 ABR 87/87 -
Einladung mithilfe eines EDV-gestützten Kommunikationssystems
Muß aufgrund besonderer Umstände eine Betriebsversammlung sehr kurzfristig einberufen
werden, so ist die Nutzung eines EDV-gestützten Kommunikationssystems erforderlich. ArbG München, Beschluß vom 19.11.1996 - 19 BV 00126/96 -
Einladungsfrist
Das BetrVG enthält über die Form der Einberufung zur Betriebsversammlung keine
besonderen Regeln. Ort, Zeit und Tagesordnung sind vom Betriebsrat nach pflichtgemäßem
Ermessen zu beschließen den Arbeitnehmern und dem Arbeitgeber rechtzeitig mitzuteilen.
Die Einladungsfrist bei der Anberaumung regelmäßiger Betriebsversammlungen wird drei
Tage nicht unterschreiten dürfen, damit alle Teilnehmer Gelegenheit zur Kenntnisnahme,
Teilnahme und zu deren sachgerechten Vorbereitung erhalten. Nach den jeweiligen
betrieblichen Verhältnissen kann eine längere Einladungsfrist geboten sein. - LAG Düsseldorf,
Beschluß vom 11.4.1989 - 12 Ta BV 9/89 -
Zeitpunkt
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Über die Festlegung des Zeitpunkts der regelmäßigen Betriebsversammlung entscheidet der
Betriebsrat nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Durchführung in regelmäßigen Abständen
mag ratsam sein. Das Gesetz enthält aber keine Festlegung, in welchen Abständen die
Versammlungen durchzuführen sind. - ArbG Bielefeld, Beschluß vom 20.4.1990 - 2 BV Ga 12/90 Zeitliche Lage
Regelmäßige Betriebsversammlungen im Sinne des § 43 Abs. 1 BetrVG haben grundsätzlich
während der Arbeitszeit stattzufinden und sind von Gesetzes wegen zeitlich nicht begrenzt.
Hieraus folgt nicht nur die Berechtigung des Betriebsrates, die für eine ordnungsgemäße
Abwicklung der Tagesordnung erforderliche Zeit ohne Rücksicht auf den dadurch
verursachten Produktionsausfall in Anspruch zu nehmen, sondern auch die grundsätzliche
Zulässigkeit der Fortführung einer bei regulärem Arbeitsschluß in Bezug auf die
abzuhandelnden Themen noch nicht erledigten Betriebsversammlung. Überwiegende
Interessen des Arbeitgebers, eine Fortsetzung der regelmäßigen Betriebsversammlung im
Wege der einstweiligen Verfügung untersagen zu lassen, können allein mit Produktionsausfall
nicht begründet werden, weil bei einer weiteren Betriebsversammlung im Sinne des § 43 Abs.
1 Satz 4 BetrVG in ähnlicher Weise Produktionsausfall entstehen würde. Die
Betriebsversammlung dient der Unterrichtung des Arbeitnehmers und der Aussprache
zwischen Betriebsrat und Arbeitnehmern über die sie interessierenden wesentlichen Fragen.
Der ungestörten und freien Aussprache kommt im Rahmen der Betriebsversammlung
rechtlich ein hoher Stellenwert zu. Die Entscheidung eine Betriebsversammlung nicht
wesentlich über das Ende der Arbeitszeit hinaus fortzusetzen, ist nicht zu beanstanden. Es läßt
sich kein Ermessensfehler erkennen, wenn der Betriebsrat davon ausging, daß für die
Aussprache über die vom Arbeitgeber in Zweifel gezogene Betriebsfähigkeit eines Werkes,
die Auswirkungen der eingeleiteten Gemeinkostenwertanalyse und die geplante Änderung des
§ 116 AFG noch ein Zeitraum von jedenfalls mehr als einer Stunde benötigt wird und damit
die Vertagung der Betriebsversammlung begründet wird. - LAG Stuttgart, Beschluß vom 12.12.1985
- 14 Ta BV 22/85 -
Der Begriff des zwingenden Erfordernisses einer anderen Regelung im Sinne des § 43
BetrVG 1952 bezieht sich auf die technische Weite des Betriebes. Eine technische
Unmöglichkeit, die Betriebsversammlung während der Arbeitszeit abzuhalten, besteht dann,
wenn diese während der Arbeitszeit abgehaltene Betriebsversammlung zur Stillegung eines
Betriebes für einen ganzen Tag führt. - BAG, Beschluß vom 26.10.1956 1 ABR 26/54 Die in § 44 Abs. 1 Satz 1 BetrVG genannten Betriebsversammlungen finden in der Regel
während der Arbeitszeit statt. Eine Ausnahme ist nur möglich, wenn „die Eigenart des
Betriebes eine andere Regelung zwingend erfordert“. Dabei ist ein strenger Maßstab
anzulegen. Bloße Mißhelligkeiten und Unbequemlichkeiten reichen nicht aus; nur untragbare
Störungen des Arbeitsablaufes gehören hierher. Bei Filialbetrieben muß hingenommen
werden, daß am Tag der Betriebsversammlung frühen geschlossen wird. - LAG Berlin, Beschluß
vom 23.3.1974 - 2 Ta BV 1/74 -
1. Im Einzelhandel führt die Abhaltung von Betriebsversammlungen zwangsläufig zur
vorübergehenden Schließung des Betriebs. Dies ist grundsätzlich vom Arbeitgeber
hinzunehmen.
2. Grundsätzlich muss der Betriebsrat den Arbeitgeber mindestens 14 Tage vor Abhaltung der
Betriebsversammlung informieren. - ArbG Berlin, Beschluß vom 11.12.1972 - 4 BV 2/72 Einstweilige Verfügung
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Die Duldung der Durchführung der Betriebsversammlung während der Arbeitszeit kann ggf.
durch eine einstweilige Verfügung im Beschlußverfahren erzwungen werden. - ArbG Frankfurt,
Beschluß vom 17.5.1976 - 11 BV Ga 6/76 -
Durchführung in der Kernarbeitszeit
Der Betriebsrat ist berechtigt, bei gleitender Arbeitszeit die Versammlung in der
Kernarbeitszeit zu legen. - ArbG München, Urteil vom 27.7.1972 - 17 Ca 56/72 Betriebsversammlung/ Teilversammlung
1. Alleine die Größe eines Betriebes (hier: Niederlassung der Deutschen Post AG) mit ca.
2462 Beschäftigten) stellt keine „Eigenart des Betriebes“ im Sinne von § 42 Abs. 1 Satz 3
BetrVG dar, die es erforderlich machen würde, anstelle einer Betriebsversammlung als
Vollversammlung aller Arbeitnehmer Teilversammlungen durchzuführen.
2. Die Durchführung einer Betriebsversammlung außerhalb der Arbeitszeit ist nur in wirklich
zwingenden, durch die Eigenart des Betriebs bedingten Fällen zulässig.
3. Der grundgesetzliche Auftrag, im Bereich des Postwesens flächendeckend eine
angemessene und ausreichende Dienstleistung zu gewähren, führt nicht dazu, daß in den
Betrieben der Deutschen Post AG Betriebsversammlungen nur als Teilversammlungen oder
durch Abhalten einer Vollversammlung außerhalb der Arbeitszeit durchgeführt werden
können. - ArbG Wuppertal, Beschluß vom 9.7.1996 - 9 BV Ga 12 /96 -, so auch im Ergebnis LAG SchleswigHolstein, Beschluß vom 28.10.1996 - 1 Ta BV 38/96 -
Schichtbetrieb
Die Betriebsversammlung muß so gelegt werden, daß sowohl die Arbeitnehmer
unterschiedlicher Schichten an der Betriebsversammlung teilnehmen können. - LAG
Niedersachsen, Beschluß vom 30.8.1982 - 11 Ta BV 8/81 - und LAG Schleswig-Holstein, Beschluß vom
30.5.1991 - 4 Ta BV 12/91 -
Einzelhandel
Nach der gesetzlichen Regelung finden Betriebsversammlungen im Einzelhandel während der
Ladenöffnungszeiten statt. Dies gilt auch, wenn eine Schließung des Hauses während der
Ladenöffnungszeit ab Vormittag erforderlich wird. Die Besonderheiten des Einzelhandels
rechtfertigen keine Abweichung von der gesetzlichen Regelung. Betriebsversammlungen um
7.00 Uhr früh sind für die Beschäftigten unzumutbar. - LAG Berlin, Beschluß vom 7.10.1980 8 Ta
BV 3/80 -
Warenhaus
Der Betriebsrat eines Warenhauses ist nach dem Grundsatz der vertrauensvollen
Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) im allgemeinen verpflichtet, eine Betriebsversammlung
nicht in verkaufsstarke Zeiten (z.B. Weihnachtsgeschäft) zu legen. Eine Ausnahme kann
gelten, wenn der Betriebsrat infolge Fehlzeiten des Vorsitzenden und seines Vertreters nicht
in der Lage war, die Betriebsversammlung zu einem früheren Zeitpunkt abzuhalten und eine
Verschiebung dazu führen würde, daß die (vierteljährliche) Betriebsversammlung erst in dem
neuen Quartal stattfinden könnte. - LAG Düsseldorf, Beschluß vom 10.12.1984 - 5 Ta BV 134/84 -
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1. Im Einzelhandel führt die Abhaltung von Betriebsversammlungen zwangsläufig zur
vorübergehenden Schließung des Betriebs. Dies ist grundsätzlich vom Arbeitgeber
hinzunehmen.
2. Grundsätzlich muss der Betriebsrat den Arbeitgeber mindestens 14 Tage vor Abhaltung der
Betriebsversammlung informieren. - ArbG Berlin, Beschluß vom 11.12.1972 - 4 BV 2/72 Lebensmittelfilialunternehmen
Wirtschaftliche Zumutbarkeitserwägungen reichen grundsätzlich nicht aus, damit eine
Betriebsversammlung wegen zwingender Erfordernisse außerhalb der Arbeitszeit stattfindet.
Der Unternehmer kann sich deshalb nicht darauf berufen, daß Produktionsausfälle oder das
Nichterbringen von Dienstleistungen zu wirtschaftlichen Einbußen führen. In
Lebensmittelfilialunternehmen erfordert die Eigenart des Betriebes deshalb nicht ohne
weiteres, daß die Betriebsversammlung außerhalb der Ladenöffnungszeiten stattfindet. - BAG,
Urteil vom 9.3.1976 - 1 AZR 74/74 -
Bauwirtschaft
Es ist unbeachtlich, wenn in der Bauwirtschaft wegen der Abhaltung von
Betriebsversammlungen während der Arbeitszeit Schwierigkeiten bei der Belieferung der
Baustellen mit Baumaterial sowie Stillstand von Maschinen eintreten können bzw. schon
einmal eingetreten sind. - ArbG Mannheim, Beschluß vom 18.12.1973 - 5 Bv 23/73 Teilzeitkräfte
Weicht die persönliche Arbeitszeit einer bestimmten Arbeitnehmergruppe (z. B. der
Teilzeitarbeitnehmer) von der Arbeitszeit eines wesentlichen Teils der Belegschaft ab, so
liegen keine sich aus der Eigenart des Betriebes ergebenden zwingenden Erfordernisse i.S.
des § 44 Abs. 1 BetrVG vor, die den Betriebsrat dazu berechtigen, eine regelmäßige
Betriebsversammlung außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit einzuberufen. Für die
Teilnahme an einer vom Betriebsrat zu Unrecht außerhalb der Arbeitszeit einberufenen
regelmäßigen Betriebsversammlung steht dem Arbeitnehmer nach § 44 Abs. 1 Satz 3 BetrVG
ein Vergütungs- und ein Aufwendungsersatzanspruch jedenfalls dann nicht zu, wenn der
Arbeitgeber vorher der Belegschaft gegenüber der Einberufung der Betriebsversammlung
außerhalb der Arbeitszeit widersprochen hat. - BAG, Beschluß vom 27.11.1987 - 7 AZR 29/87 Dauer der Betriebsversammlung
Geht es um eine drohende Massenentlassung, kann eine über vier Tage reichende
Betriebsversammlung gerechtfertigt sein. - ArbG Hamburg, Beschluß vom 28.6.1977- 4 Ga BV 19/77 Eine planmäßige zeitliche Begrenzung der vierteljährlichen Betriebsversammlung auf die
Höchstdauer von einer Stunde ist betriebsverfassungsrechtlich unzulässig. - LAG Saarbrücken,
Beschluß vom 27.12.1960 – Ta 6/98 -
Vertagung einer Betriebsversammlung
Kann in einer regelmäßigen Betriebsversammlung die vorgesehene Tagesordnung nicht bis
zum Ende der Arbeitszeit abschließend behandelt werden, so kann der Betriebsrat
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grundsätzlich die Fortsetzung für den nächsten Tag innerhalb der Arbeitszeit bestimmen. LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 5.5.1982 - 2 Sa 122/81 -
Verlegung
Trifft ein Betriebsrat aus sachlichen Gründen die Entscheidung, eine Betriebsversammlung zu
einem anderen als dem bisherigen Zeitpunkt einzuberufen, so kann dies nicht als rechtswidrig
abgesehen werden. Die von ihm genannten Gründe brauchen nicht unbedingt überzeugend
und zwingend zu sein. Es ist lediglich zu verlangen, daß der Betriebsrat seinen Beschluß nicht
willkürlich gefaßt hat. Bei der Überprüfung der Entscheidung durch das Arbeitsgericht sind
zwar die Interessen des Betriebsrats gegenüber denen des Arbeitgebers abzuwägen; aber es ist
zu berücksichtigen, daß der Betriebsrat einen wissen Ermessensspielraum hat, der weder
durch den Arbeitgeber noch durch das Gericht eingeengt werden kann. - ArbG Braunschweig,
Beschluß vom 22.6.1981 - 2 BV Ga 5/81 -
Betriebsschließung während der Betriebsversammlung
§ 44 Abs. 1 BetrVG (Betriebsversammlung während der Arbeitszeit) ist keine
Rechtsgrundlage, mit der die Schließung eines Kaufhauses während der gesetzlichen
Ladenöffnungszeiten begründet werden kann. Ein solcher Eingriff in die verfassungsrechtlich
garantierte unternehmerische Handlungsfreiheit kann überhaupt erst dann in Erwägung
gezogen werden, wenn der Betriebsrat alle die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten
einer anderweitigen ungestörten Abhaltung der Betriebsversammlung während der Arbeitszeit
ausschlagen durfte oder der Arbeitgeber in unzulässiger Weise die Teilnahme einzelner
Arbeitnehmer an der Betriebsversammlung während der Arbeitszeit behindert. - LAG Köln,
Beschluß vom 23.10.1985 - 3 Ta BV 56/85 -
Dem Arbeitgeber ist nicht verwehrt, mit seiner Entscheidung, den Betrieb während einer
Betriebsversammlung zu schließen, zu warten, bis feststeht, wie viele Mitarbeiter tatsächlich
zur Betriebsversammlung gehen wollen und wieviele es vorziehen zu arbeiten. Die
Einräumung der Möglichkeit zur Arbeitsaufnahme ist allein nicht als unzulässiger Druck zur
Nichtteilnahme an der Betriebsversammlung anzusehen. - LAG Köln, Beschluß vom 19.4.1988 - 11
Ta BV 24/88 -
Betriebsversammlung während einer Tarifrunde
Die Abhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Betriebsversammlung und die Teilnahme
daran sind auch während laufender Tarifauseinandersetzungen keine
Arbeitskampfmaßnahmen. Es fehlt das Merkmal der Gemeinsamkeit und Planmäßigkeit der
Arbeitsniederlegung zur Erreichung des Kampfzieles, denn die Betriebsversammlung dient,
wenn sie sich im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach § 45 BetrVG bewegt, nicht der Erreichung
eines Kampfzieles. - LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 5.5.1982 - 2 Sa 122/81 Beim Vorliegen von konkreten betrieblichen Bezugspunkten ist die Behandlung von
Angelegenheiten tarifpolitischer Art auf einer Betriebsversammlung zulässig. Kann dies auf
der quartalsmäßigen Betriebsversammlung nicht geschehen, so kann auch eine weitere
Betriebsversammlung durchgeführt werden, wenn eine sofortige Aussprache zweckmäßig ist.
Dies gilt dann, wenn der Betriebsrat auf dieser Betriebsversammlung die Belegschaft
informieren will und seinerseits von der Belegschaft Informationen erhalten kann, um eigene
Rechte im Rahmen von § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG wahrzunehmen. - LAG BadenWürttemberg, Urteil vom 25.9.1991 - 10 Sa 32/91 -; so auch ArbG Freiburg, Urteil vom 24.9.1991 - 7 Ca 289/91
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Betriebsversammlung während eines Arbeitskampfes
Betriebsversammlungen können während eines Arbeitskampfes stattfinden. Die
teilnehmenden Arbeitnehmer haben Anspruch auf die Vergütung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 oder
3 BetrVG unabhängig davon, ob sie sich an dem Streik beteiligen oder nicht. Die
Verpflichtung des Arbeitgebers, allen teilnehmenden Arbeitnehmern die Vergütung nach § 44
Abs. 1 Satz 2 oder 3 zahlen zu müssen, stört nicht die Kampfparität. - BAG, Urteil vom 5.5.1987 1 AZR 292/85 -
Betriebsversammlung während arbeitskampfbedingter Kurzarbeit
Regelmäßige Betriebsversammlungen im Sinne von § 43 Abs. 1 BetrVG können auch dann
stattfinden, wenn im Betrieb wegen arbeitskampfbedingter Störungen nur verkürzt gearbeitet
wird. Die teilnehmenden Arbeitnehmer haben für die Zeit der Teilnahme an diesen
Betriebsversammlungen Anspruch auf eine Vergütung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 oder 3
BetrVG, auch wenn sie für den Tag der Betriebsversammlung Kurzarbeitergeld erhalten
haben. - BAG, Urteil vom 5.5.1987 - 1 AZR 666/85 Betriebsversammlung bei Auslandstätigkeit
Betriebsversammlungen, Teil- und Abteilungsversammlungen können für vorübergehend ins
Ausland entsandte Arbeitnehmer nicht im Ausland abgehalten werden. - BAG, Beschluß vom
27.5.1982 - 6 ABR 28/80 -
4. TeilnehmerInnen von Betriebsversammlungen
Recht auf Teilnahme
Der Arbeitgeber darf die Teilnahme an einer Betriebsversammlung nicht einseitig untersagen.
Wenn Arbeitgeber dringende betriebliche Bedürfnisse für die Weiterarbeit einzelner oder von
Gruppen von Arbeitnehmern geltend macht, so muß er diese Frage dem Betriebsrat klären.
Eine Kündigung wegen Teilnahme ist unzulässig, die Arbeitnehmer haben einen
Entgeltanspruch und sind nicht zur Nacharbeit verpflichtet. - LAG Hamburg, Urteil vom 12.7.1984 7 Sa 30/84 -
Notdienst
Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, während der Betriebsversammlung Notdienste
einzuteilen. - ArbG Hamburg, Beschluß vom 2.11.1979, 18 Ga Bv 1/79 Unter den in § 44 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG in Verbindung mit § 17 BetrVG
geregelten Voraussetzungen sind die Arbeitnehmer von Gesetzes wegen zur Teilnahme an der
Betreffenden Betriebsversammlung berechtigt, ohne daß es diesbezüglich einer Freistellung
durch den Arbeitgeber bedürfte. Für eine diesbezügliche einstweilige Verfügung fehlt es
daher sowohl am Verfügungsgrund als auch am Verfügungsanspruch. - LAG München, Beschluß
vom 11.3.1987 - 7 (8) Ta BV 38/86 -
Teilnahme von Beschäftigten während des Urlaubs
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Ein Arbeitnehmer kann während seines Erholungsurlaubs an einer regelmäßigen
Betriebsversammlung teilnehmen. Er hat für die Zeit der Teilnahme Anspruch auf eine
Vergütung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 oder 3 BetrVG . - BAG, Urteil vom 5.5.1987 - 1 AZR 665/85 Teilnahme von Beschäftigten während des Erziehungsurlaubs
Der Arbeitnehmer darf auch während seines Erziehungsurlaubs an einer
Betriebsversammlung teilnehmen. Er hat hierfür einen Vergütungsanspruch aus § 44 Abs. 1
Satz 2 BetrVG. - BAG, Urteil vom 31.5.1989 - 7 AZR 574/88 Teilnahme von Beschäftigten während des Kündigungsschutzverfahrens
Ein Arbeitnehmer, dem gekündigt wurde und der wegen dieser Kündigung ein
Kündigungsschutzverfahren eingeleitet hat, ist Teilnahmeberechtigter einer
Betriebsversammlung. - ArbG Hamburg 14.7.19977 - 14 Ga/Bo 31/77 Teilnahme von Politikern
Es liegt auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der
Betriebsversammlung vor, wenn der Betriebsrat auf einer Betriebsversammlung einen
betriebsfremden Referenten ein Kurzreferat zu einem sozialpolitischen Thema von
unmittelbarem Interesse für den Betrieb und seine Arbeitnehmer halten läßt. Hierzu bedarf es
keines Einverständnisses des Arbeitgebers. Der Referent wird hier nicht als Sachverständiger
i. S. des § 80 Abs. 3 BetrVG tätig, auf dessen Person sich Betriebsrat und Arbeitgeber einigen
müssen. Es liegt aber eine unzulässige parteipolitische Betätigung vor, wenn ein derartiges
Referat gerade und nur zu Zeiten des Wahlkampfes von einem Spitzenpolitiker in seinem
Wahlkreis im Rahmen seiner Wahlkampfstrategie gehalten wird. - BAG, Beschluß vom 13.9.1977 1 ABR 67/75 -
Teilnahme von Sachverständigen
Die Hinzuziehung eines Sachverständigen durch den Betriebsrat bedarf der vorherigen
näheren Vereinbarung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 BetrVG auch dann, wenn der
Sachverständige in der Betriebsversammlung ein Referat halten soll; ohne solche
Vereinbarung sind die Kosten für den Sachverständigen nicht vom Arbeitgeber zu tragen. BAG, Beschluß vom 19.4.1989 - 7 ABR 87/87 -
Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern ausländischer Betriebe
Teilnahmeberechtigt sind auch Mitglieder des Betriebsrats oder vergleichbarer
Interessenvertretungsorgane ausländischer Betriebe und Unternehmen, wenn diese mit dem
Unternehmen, dem der Betrieb des einladenden Betriebsrats angehört, wirtschaftlich und/oder
gesellschaftsrechtlich verbunden sind. LAG Baden Württemberg, Beschluß vom 16.1.1198 - 5 Ta BV
14/96 -
Einladung von Vertretern der im Betrieb vertretenen Krankenkassen
Die Hinzuziehung sachkundiger Personen (hier Krankenkassenvertreter) ist jedenfalls dann
nicht zu beanstanden, wenn dem Arbeitgeber dadurch keine besonderen Kosten entstehen und
sich das Thema im Rahmen der Maßgaben des § 45 BetrVG hält. - ArbG Paderborn, Beschluß vom
24.10.96 - 2BVGa 4/96 -
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Teilnahme von Gewerkschaftsbeauftragten
Der Arbeitgeber kann einem Gewerkschaftsbeauftragten die Teilnahme an einer
Betriebsversammlung nicht verwehren. Es besteht auch keine Unterrichtungspflicht
gegenüber dem Arbeitgeber. Es besteht deshalb für den Arbeitgeber auch nicht die
Möglichkeit, dem Gewerkschaftsbeauftragten die Teilnahme aus einem der in § 2 Abs. 2
BetrVG genannten Gründen zu untersagen. - BAG, Beschluß vom 14.2.1967 - 1 ABR 7/77 Zum Ausschluß eines Gewerkschaftsbeauftragten von der Teilnahme an
Betriebsversammlung wegen seiner Eigenschaft als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat
eines Konkurrenzunternehmens. - LAG Hamburg, Beschluß vom 28.11.1986 - 8 Ta BV 5/86 Teilnahme des Arbeitgebers
Teilnahmebefugnis des Personalleiters auf Grund einer generellen Bevollmächtigung des
Arbeitgebers an Betriebsversammlungen. Der Betriebsrat hat kein rechtlich schützenswertes
Interesse daran, den generell Bevollmächtigten und mit uneingeschränkter
Vertretungsvollmacht ausgestatteten Personalleiter des Arbeitgebers von der Teilnahme an
der Betriebsversammlung auszuschließen. - LAG Düsseldorf, Beschluß vom 11.2.1982 - 21 Ta BV
109/81 -
Bei einem Filialunternehmen muß es der Betriebsrat nicht dulden, daß außer den
Geschäftsführern und den Leitern der zentralen Bereiche (Lager, Verwaltung, Fuhrpark,
Verkauf) auch noch die Bezirksleiter an der Betriebsversammlung teilnehmen, denen die
Leiter der einzelnen Filialen unterstellt sind. - LAG Düsseldorf, Beschluß vom 4.9.1991 - 4 Ta BV
60/91 Nimmt der Arbeitgeber an einer Betriebsversammlung in seinem Betrieb teil, so kann er vom
Leiter der Betriebsversammlung verlangen, daß dem von ihm hinzugezogenen Beauftragten
seiner Arbeitgebervereinigung zu bestimmten Einzelthemen an seiner Stelle und für ihn das
Wort erteilt wird. - BAG, Beschluß vom 19.5.1978 - 6 ABR 41/75 Auf Wunsch der ArbeitnehmerInnen
Eine Betriebsversammlung, die auf Wunsch der wahlberechtigten Beschäftigten durchgeführt
wird, ist immer dann während der Arbeitszeit durchzuführen, wenn im Kalendervierteljahr
noch keine Betriebsversammlung stattgefunden hat. Der Wunsch der Belegschaft zur
Durchführung einer Betriebsversammlung kann die Durchführung einer weiteren
Betriebsversammlung im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 4 BetrVG rechtfertigen. Dies ist
möglich, wenn die Durchführung aus besonderen Gründen zweckmäßig erscheint. Der
Betriebsrat hat hierbei einen Ermessensspielraum. Ein besonderer Grund zur Durchführung
einer weiteren Betriebsversammlung i.S. von § 43 Abs. 1 Satz 4 BetrVG liegt vor, wenn mehr
als 1/4 der Wahlberechtigten Beschäftigten die Durchführung einer Betriebsversammlung zur
Vorstellung der Kandidaten für die Betriebsratswahl verlangen. - ArbG Heilbronn, Beschluß vom
6.3.1990 - 3 BV Ga 1/90 -
5. Themen einer Betriebsversammlung
Forum freier Kritik
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1. Der Arbeitgeber kann die Teilnahme eines bestimmten Gewerkschaftsvertreters gemäß §
45 BetrVG an einer Betriebsversammlung nur dann untersagen, wenn durch die Entsendung
gerade dieses Gewerkschaftsvertreters in eine Betriebsversammlung Störungen im Bereich
des Betriebsgeschehens ernstlich zu befürchten sind. Ob eine solche Befürchtung zu Recht
besteht, kann nur aufgrund einer umfassenden Würdigung des Gesamtsachverhalts beurteilt
werden.
2. Auch überbetriebliche Fragen, insbesondere solche, die die gesamte Branche oder einen
größeren Wirtschaftsraum betreffen, können zum Gegenstand der Beratung durch den nach §
45 BetrVG zu den Betriebsversammlungen entsandten Gewerkschaftsbeauftragten gemacht
werden, soweit sie in einem sachlichen und erörterungswerten Zusammenhang mit dem
betreffenden Betrieb stehen. - BAG, Urteil vom 15.1.1986 - 5 AZR 460/84 Die Betriebsversammlung ist ein legitimes Forum freie Meinungsäußerung über betriebliche
Angelegenheiten. Dabei darf ein Arbeitnehmer Kritik nicht nur an Mißständen im Betrieb,
sondern auch an den Personen üben, die für diese Mißstände verantwortlich sind. Diese Kritik
darf sich auch auf den Arbeitgeber und die von ihm mit der Leitung des Betriebes
beauftragten Personen erstrecken. Die Kritik muß aber so vorgebracht werden, daß
Verletzungen und Störungen des Betriebsfriedens vermieden werden. Eine darüber
hinausgehende Kritik kann ein Kündigungsgrund sein. - BAG, Urteil vom 27.10.1964 - 2 AZR
479/63 -
Die Betriebsversammlung ist ein Forum, in dem betriebliche Angelegenheiten frei erörtert
werden können. Der Arbeitnehmer darf Kritik an allen Angelegenheiten üben, die den Betrieb
berühren. Selbstverständlich erstreckt sich diese Kritikmöglichkeit auch auf die
Geschäftsleitung. Die Kritik darf allerdings nicht ehrverletzend sein oder den Betriebsfrieden
stören. Die Äußerung einer unrichtigen Rechtsauffassung und Hinweise auf ein
Leistungsverweigerungsrecht der Arbeitnehmer rechtfertigen noch keine Abmahnung. - BAG,
Beschluß vom 14.2.1967 - 1 ABR 7/66 -
Bericht über die Vertrauensleutearbeit
Der Bericht über die Vertrauensleutearbeit im Betrieb ist ein grundsätzlich zulässiges Thema
einer Betriebsversammlung, soweit dieser Bericht keine Gewerkschaftswerbung enthält. Hat
der Arbeitgeber die Streichung eines solchen Berichts von der bekanntgemachten
Tagesordnung einer Betriebsversammlung veranlaßt, so hat der Arbeitgeber den
Versammelten den Lohn für eine Zeit von 10 Minuten fortzuzahlen, in der trotzdem der
Bericht erstattet wird. - LAG Hamm, Urteil vom 3.12.1986 - 3 Sa 1229/86 Referat eines Rentenberaters
Das Referat eines Rentenberaters auf einer Betriebsversammlung kann bei entsprechender
Zusammensetzung der Belegschaft ein zulässiges Thema sein. Bei Streit über die Zulässigkeit
hat der Arbeitgeber eine einstweilige Verfügung zu erwirken und seine Bedenken
betriebsüblich bekanntzumachen. Nimmt ein Arbeitnehmer im Glauben an die Zulässigkeit
des Referats an der Betriebsversammlung teil, so ist der Arbeitgeber zur Lohnzahlung
verpflichtet. - LAG Bremen, Urteil vom 5.3.1982 - 1 Sa 374-378/81 Referat: "Rückenschulung und Hebetechnik"
13
Bei dem Tagesordnungspunkt "Referat Rückenschulung und Hebetechnik“ handelt es sich um
ein zulässiges Thema einer Betriebsversammlung. - ArbG Frankfurt/Main, Beschluß vom 26.4.1993 11 BV Ga 23/93 -
Thema: "Wahlfreiheit in der Krankenversicherung"
Der Betriebsrat ist berechtigt, das Thema der Wahlfreiheit für Pflichtversicherte im
Krankenversicherungsbereich zum Gegenstand einer Betriebsversammlung zu machen und
sich hierzu Experten zu bedienen. - Arbeitsgericht Paderborn, Beschluß vom 24.10.1996 - 2 BV Ga 4/96 Thema: “Sparpaket der Bundesregierung“
Die Auswirkungen des Sozialabbaus auf die Arbeitnehmer aufgrund des „Sparpakets“ der
Bundesregierung können Thema einer Betriebsversammlung sein. - ArbG Minden, Beschluß vom
2.7.1996 - 2 BV Ga 2/96 -
„Golfkrise“
Der Betriebsrat kann eine Betriebsversammlung mit dem Thema „Golfkrise“ einberufen,
wenn sich der Golfkrieg auf die Arbeit der Beschäftigten des Betriebes auswirken könnte. ArbG Mannheim, Kammern Heidelberg, Beschluß vom 17.1.1991 - 8 BV Ga 4/91 -
Überschreitung des zulässigen Themenkreises
Eine nur geringfügige Überschreitung des gesetzlich zulässigen Themenkreises von
Betriebsvereinbarungen ist unwesentlich. Als solche Abweichung wird eine maximal
viertelstündige Erörterung eines außerhalb des Themenbereiches von Betriebsversammlungen
angesiedelten Themas angesehen. Im entschiedenen Fall hatte das Gericht das Thema
„Vertrauensleute-Arbeit“ nicht als unzulässige Angelegenheit und die 30-Minuten-Zeitdauer
des Referats nicht als eine für den Rahmen der Betriebsversammlung erhebliche
Überschreitung angesehen - LAG Düsseldorf, Urteil vom 10.3.1981 - 11 Sa 1453/80 Behandlung unzulässiger Themen
Der Arbeitgeber wird nicht automatisch von der Entgeltzahlungspflicht frei, wenn ein
unzulässiges Thema behandelt wird. Es ist ihm vielmehr auch bei wesentlichen Verstößen
gegen § 45 BetrVG zuzumuten Bedenken betriebsüblich bekanntzumachen und darüber
hinaus gegebenenfalls durch einstweilige Verfügung die Erörterung seiner Meinung nach
unzulässiger Tagesordnungspunkte untersagen zu lassen. - LAG Bremen, Urteil vom 5.3.1982 - 1 Sa
374-378/81 -; so im Ergebnis auch ArbG Göttingen, Urteil vom 17.11.1981 - 1 Ca 525/81 -
Hält der Arbeitgeber die Behandlung einzelner Themen in der Betriebsversammlung für
unzulässig und will er deshalb die Entgeltansprüche ablehnen, so muß er seine Bedenken
vorher bekanntgeben. - LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.2.1987 - 8(14) Sa 106/86 Wenn eine unmittelbare Betroffenheit der Arbeitnehmer des Betriebes durch die Änderung
des § 116 AFG auch für den Betriebsrat erkennbar nicht gegeben war, gleichwohl dann aber
3/4 der Gesamtdauer der Betriebsversammlung der Erörterung des Themas „Änderung des §
116 AFG“ gewidmet wurden, handelt es sich insoweit um ein für die Betriebsversammlung
unzulässiges Thema. Hierfür schuldet der Arbeitgeber keine Vergütung, wenn er zuvor auf
die Unzulässigkeit des Themas hingewiesen hat. - LAG München vom 29.9.1987 2 Sa 106/87 14
6. Entgeltfortzahlung während der Betriebsversammlung
Grundsatz
§ 44 Abs. 1 Satz 2 BetrVG fingiert für die Teilnehmer an einer Betriebsversammlung einen
Anspruch auf Arbeitsentgelt. Folglich handelt es sich um einen Anspruch „aus dem
Arbeitsverhältnis“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG, der im Urteilsverfahren zu
verfolgen ist . - BAG, Urteil vom 1.10.1974 - 1 AZR 394/73 § 44 Abs. 1 Satz 2 und 3 BetrVG enthält eine eigenständige, in sich abgeschlossene Regelung
der Vergütung für die Zeiten, in denen Arbeitnehmer an Betriebsversammlungen teilnehmen.
Die Ansprüche der Arbeitnehmer sind nur davon abhängig, daß die Arbeitnehmer an den in §
44 Abs. 1 Satz 1 BetrVG genannten Betriebsversammlungen teilnehmen. Es ist nicht zu
prüfen, ob ein Arbeitnehmer, hätte er nicht an der Betriebsversammlung teilgenommen, einen
Lohnanspruch erworben hätte. Es kommt auch nicht darauf an, ob und inwieweit der
Arbeitnehmer ohne die Vergütung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 oder 3 BetrVG einen Lohnverlust
erleiden würde. Fällt die Betriebsversammlung in die betriebliche Arbeitszeit, entstehen
Ansprüche nach § 44 Abs. 1 Satz 2 BetrVG; liegt die Betriebsversammlung ganz oder
teilweise außerhalb der betrieblichen Arbeitszeit, ist § 44 Abs. 1 Satz 3 BetrVG anzuwenden.
Zusätzliche Wegezeiten im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 2 und 3 BetrVG sind die Zeiten, die
ein Arbeitnehmer über die Wegezeit hinaus aufwenden muß, die er benötigt, um seine
vertraglich geschuldete Leistung erbringen zu können. - BAG, Urteil vom 5.5.1987 - 1 AZR 292/85 Mängel bei der Einladung
Mängel bei der Einberufung der Betriebsversammlung und bei der Einladung des
Arbeitgebers führen nicht zum Verlust des Anspruchs auf Vergütung für die Zeit der
Teilnahme an der Betriebsversammlung. - LAG Baden-Württemberg v. 17.2.1987 - 8[14] Sa 106/86 „Auslösung“ / Schmutzzulagen
Der Zeit der Teilnahme an einer Betriebsversammlung ist nach § 44 Abs. 1 Satz 2 BetrVG
den Arbeitnehmern „wie Arbeitszeit“ zu vergüten. Das heißt, daß auch Lohnnebenkosten
(Auslösungen, Schmutzzulage u.ä.), anders als im Krankheitsfall, zu zahlen sind. - LAG
Düsseldorf, Urteil vom 16.1.1978 - 20 Sa 1562/77 -
Akkordlohn
Nimmt ein im Akkord stehender Arbeitnehmer einer Betriebs- oder Abteilungsversammlung
teil, erhält er den Durchschnitt des zuletzt erzielten Akkordlohnes. - BAG, Urteil vom 23.9. 1960 1 AZR 508/59 -
Lohnausfallprinzip - Wegezeiten/Akkord
Nach § 44 Abs. 1 BetrVG ist die Zeit der Teilnahme an einer Betriebsversammlung
einschließlich der zusätzlichen Wegezeiten des Arbeitnehmers wie Arbeitszeit zu vergüten.
Zu zahlen ist der Betrag, der dem Arbeitnehmer zustehen würde, wenn er während der Zeit
der Betriebsversammlung gearbeitet hätte. Das ist bei Akkordlohn der durchschnittliche
Akkordverdienst. - LAG Düsseldorf, Urteil vom 11.12.1972 - 10 Sa 810/72 Kein Mehrarbeitszuschlag außerhalb der individuellen Arbeitszeit
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Findet eine Betriebsversammlung außerhalb der Arbeitszeit statt, hat der Arbeitgeber die
Wegezeit und die Zeit der Betriebsversammlung wie Arbeitszeit zu vergüten, jedoch ohne
Mehrarbeitszuschlag. - LAG Düsseldorf, Urteil vom 8.12.1972 - 4 Sa 945/72 Findet eine ordentliche Betriebsversammlung wegen der Eigenart des Betriebes außerhalb der
Arbeitszeit statt, so hat der teilnehmende Arbeitnehmer Anspruch auf das Arbeitsentgelt, das
er bei Abhaltung der Betriebsversammlung innerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit erhalten
hätte. Die Bezahlung einer Überstundenvergütung kommt allerdings insoweit in Betracht, als
bei Fortgang der Arbeit im Betrieb eine derartige Vergütung angefallen wäre. - BAG, Urteil vom
18.9.1973 - 1 AZR 116/73 -
Sonntagszuschlag
Ein in Schichtarbeit eingeteilter Arbeitnehmer, der an einer an einem Sonntag erfolgenden
Betriebsversammlung teilnimmt, die in seiner Freischicht durchgeführt wird, hat keinen
Anspruch auf den tariflich vorgesehenen Sonntagszuschlag - BAG, Urteil vom 1.10.1974 - 1 AZR
394/73 -
Kurzarbeit
Die gesetzlichen Fiktion in § 44 Abs. 1 Satz 2 BetrVG begründet eine Vergütungsgarantie.
Der Anspruch auf Vergütung der Zeit der Teilnahme an einer Betriebsversammlung gem. §
44 Abs. 1 Satz 3 BetrVG wird durch die Zahlung von Kurzarbeitergeld nicht berührt, wenn
die Betriebsversammlung außerhalb der persönlichen Arbeitszeit des Arbeitnehmers
stattfindet. - LAG Hamm, Urteil vom 2.8.1985 - 16 Sa 567/85 Zu den das Kurzarbeitergeld mindernden Zeiten, für die Arbeitsentgelt gezahlt wird, gehören
auch die Zeiten innerhalb des Gewährungszeitraumes, die der Arbeitgeber gemäß § 44 Abs. 1
BetrVG wegen einer sonntäglichen Betriebsversammlung wie Arbeitsentgelt vergütet. - BSG,
Urteil vom 24.08.1988 Az 7 RAr 82/86 -
Schichtarbeit/ Ruhen des Betriebes wegen Kurzarbeit
Der Schichtarbeiter, der an einer während seiner üblichen Schichtzeit stattfindenden
Betriebsversammlung teilnimmt, hat auch dann Anspruch auf Vergütung der aufgewandten
Zeit nach Maßgabe des § 44 Abs. 1 BetrVG, wenn der Betrieb zur fraglichen Zeit aus Anlaß
von Streiks in Zulieferbetrieben ruht und eine Vergütung der ausfallenden Arbeitszeit sonst
nach den Grundsätzen der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ausscheidet. - LAG Hamm,
Urteil vom 2.9.1985 - 8 Sa 580/85 -
„Urlauber“
Auch Urlaubern muß der Arbeitgeber die Zeit der Teilnahme an der Betriebsversammlung
und die Wegezeit von Wohnung zum Betrieb und zurück wie Arbeitszeit vergüten, sowie die
Fahrtkosten für den Weg von der Wohnung zum Betrieb und zurück erstatten. Das
Urlaubsentgelt darf nicht angerechnet werden. - LAG Hamm, Urteil vom 2.5.1974 - 4 Sa 954/73 Der Anspruch auf Urlaubsvergütung und der Anspruch auf Vergütung der Zeit der Teilnahme
an einer Betriebsversammlung gem. § 44 Abs. 1 BetrVG stehen zueinander im Verhältnis der
Anspruchshäufung zumindest dann, wenn die Betriebsversammlung zu einem Zeitpunkt
stattgefunden hat, an dem der Arbeitnehmer nicht gearbeitet hätte, wenn ihm kein Urlaub
gewährt worden wäre. - LAG Hamm, Urteil vom 2.8.1985 -16 Sa 174/85 16
7. Bericht des Arbeitgebers auf der Betriebsversammlung
Gemeinschaftsbetrieb mehrerer Unternehmen
Wird von den Beschäftigten mehrerer Unternehmen ein einheitlicher Betriebsrat gewählt,
muß der Bericht nach § 43 Abs. 2 BetrVG von sämtlichen betroffenen Arbeitgebern für alle
Unternehmen in einer Betriebsversammlung gegeben werden. - LAG Hamburg, Beschluß vom
15.12.1988 - 2 Ta BV 13/88 -
Tendenzunternehmen
Auch in einem von zwei Stadtgemeinden gemeinsam in der Rechtsform einer Gesellschaft des
bürgerlichen Rechts betriebenen Tendenzunternehmen (Theater) haben die Arbeitgeber in der
Betriebsversammlung den jährlichen Lagebericht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 BetrVG zu
erstatten. Dieser Bericht braucht sich im Normalfall nicht auf die nähere Darlegung konkreter
künstlerischer Entscheidungen zu erstrecken. - BAG, Beschluß vom 8.3.1977 - 1 ABR 18/75 -
8. Protokolle der Betriebsversammlung
Protokolle sind grundsätzlich zulässig
Wortgetreue Aufzeichnungen von Reden und Gegenreden auf der Betriebsversammlung sind
zulässig. Das Gebot der Nichtöffentlichkeit wird dadurch nicht verletzt. - LAG Berlin, Beschluß
vom 12.12.1978 - 3 Ta BV 5/78 -
Kein Wortprotokoll des Arbeitgebers
Dem Arbeitgeber ist es weder erlaubt, in Betriebsversammlungen ein Tonband mitlaufen zu
lassen, noch die Redebeiträge der Betriebsangehörigen mitzustenografieren. - LAG Hamm,
Beschluß vom 9.7.1986 - 3 Ta BV 31/86 -
Stichwortartige Aufzeichnungen erlaubt
Es kann dem Arbeitgeber nicht versagt werden, sich über den Verlauf einer
Betriebsversammlung ein eigenes Protokoll anzufertigen. - LAG Baden-Württemberg, Beschluß vom
27.10.78 – 9 Ta BV 3/78 -
Der Betriebsrat ist verpflichtet, die Fertigung stichwortartiger Aufzeichnungen über den Inhalt
der Betriebsversammlungen durch den Arbeitgeber zu dulden. Allerdings darf in solchen
Aufzeichnungen der Name eines Mitarbeiters, der sich äußerst, nicht vermerkt werden. Etwas
anderes gilt nur, wenn der Mitarbeiter seinen Namen ausdrücklich vermerkt wissen will. - LAG
Düsseldorf, Beschluß vom 4.9.1991 - 4 Ta BV 60/91 -
Keine Tonbandaufnahme
Der verfassungsrechtlich garantierte Persönlichkeitsschutz läßt die Aufzeichnung des in einer
Betriebsversammlung gesprochenen Wortes auf Tonband durch Dritte und die spätere
Verwendung nur bei vorliegendem Einverständnis des Redners zu. Regelungsabsprachen
zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber geben dazu keine Anspruch. Von jedem Redner in der
Betriebsversammlung müßte das Einverständnis vorliegen, ein Hinweis des Betriebsrates auf
17
den Anspruch des Arbeitgebers zum Abhören ersetzt dieses Einverständnis nicht. - LAG
Düsseldorf, Beschluß vom 14.1.1981 - 15 Ta BV 92/80 -
Tonbandaufzeichnungen der Betriebsversammlung sind ohne Zustimmung und ohne
entsprechenden Hinweis des Versammlungsleiters den Teilnehmern der Betriebsversammlung
gegenüber in jedem Fall unzulässig. - LAG München, Beschluß vom 15.11.1977 - 5 Ta BV 34/77 Die heimliche Tonbandaufnahme in einer Betriebsversammlung verletzt das
Persönlichkeitsrecht der Teilnehmer der Versammlung. Sie verletzt auch den Tatbestand des §
201 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch. Fertigt jemand heimlich ohne Einverständnis des
Betriebsrates in einer Betriebsversammlung eine Tonbandaufzeichnung an. so rechtfertigt dies
die außerordentliche Kündigung. - LAG Düsseldorf, Beschluß vom 28.3.1980 - 9 Sa 67/80 -
9. Mitarbeiterversammlungen des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber ist berechtigt auf von ihm einberufenen Mitarbeiterversammlungen über
betriebliche Belange zu informieren, auch wenn Fragen berührt werden, für die der
Betriebsrat zuständig ist. Solche Mitarbeiterversammlungen dürfen jedoch nicht zu
„Gegenveranstaltungen“ gegenüber Betriebsversammlungen mißbraucht werden. - BAG,
Beschluß vom 27.6.1989 - 1 ABR 28/88 -
Gegenveranstaltung des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber ist zwar grundsätzlich berechtigt, Versammlungen seiner Arbeitnehmer
einzuberufen, auf denen Gegenstände erörtert werden, für die eine Zuständigkeit des
Betriebsrats besteht. Allerdings darf der Arbeitgeber eine solche Veranstaltung nicht dazu
nutzen, um die betriebsverfassungsrechtliche Ordnung durch Abhaltung einer
Gegenveranstaltung gegen eine vom Betriebsrat einberufene Betriebsversammlung zu
missbrauchen. - ArbG Duisburg, Beschluß vom 15.12.1993 - 1 B 32/93 Verbot von (Teil-) Belegschaftsversammlungen durch den Betriebsrat
1. Ein Arbeitgeber überschreitet seine Befugnis zur Veranstaltung von (Teil-)
Belegschaftsversammlungen, wenn er diese dazu mißbraucht, die Institution der
Betriebsversammlung zu schädigen und die Rechte des Betriebsrats einzuschränken.
2. Sofern ein Arbeitgeber seine Befugnis von (Teil-) Belegschaftsversammlungen mißbraucht,
kann ihm die Durchführung der Veranstaltung mittels einstweiliger Verfügung verboten
werden. - Arbeitsgericht Darmstadt, Beschluß vom 6.5.1996 - 4 BV Ga 14/96 Unzulässigkeit einer Mitarbeiterdienstbesprechung als Gegenveranstaltung zu einer
Betriebsversammlung
Der Arbeitgeber überschreitet seine Befugnisse im Hinblick auf die Veranstaltung von
"Mitarbeiterversammlungen", wenn er diese Versammlungen dazu missbraucht, um die
betriebsverfassungsrechtliche Ordnung durch die Abhaltung einer Gegenveranstaltung zur
Betriebsversammlung zu stören. Eine "Mitarbeiterdienstbesprechung", die der Arbeitgeber
einen Tag nach der Betriebsversammlung anberaumt, erweckt allein schon wegen der
unmittelbaren zeitlichen Nähe den Eindruck einer unzulässigen Konkurrenzveranstaltung.
Dieses betriebsverfassungswidrige Verhalten kann der Betriebsrat im Wege der einstweiligen
Verfügungsverfahren untersagen lassen. - ArbG Osnabrück, Beschluß vom 25.6.1997 - 4 BV Ga 3/97 Gegenveranstaltung zur Betriebsversammlung
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Der Arbeitgeber überschreitet seine Befugnis zur Veranstaltung von
Mitarbeiterversammlungen, wenn er die Versammlungen dazu missbraucht, die
betriebsverfassungsrechtliche Ordnung durch die Abhaltung einer Gegenveranstaltung zur
Betriebsversammlung zu stören. - Arbeitsgericht Offenbach/Main, Beschluß vom 16.6.2000 - 2 BV Ga
026/00 -
10. Keine Behinderung der Betriebsversammlungen
Behinderungsversuche durch Arbeitgeber ist strafbar
Einwendungen gegen eine Betriebsversammlung hat der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht im
einstweiligen Rechtsschutzes geltend zu machen. Die Grenzen der dem Arbeitgeber von
Rechts wegen zustehenden Einwirkungsmöglichkeiten werden dadurch überschritten, daß er
in einem „PS“ erklärt, er könne „den Meistern und Leuten empfehlen, diese Versammlung zu
besuchen“; es bleibe dem Betriebsrat „unbenommen, für ihre Mitglieder eine private
Versammlung abzuhalten.“ Durch ein solches ausgehängtes Schreiben wird das
Organisationsrecht des Betriebsrats in schwerwiegender Weise beeinträchtigt, was eine
Behinderung der Betriebsratstätigkeit darstellt. Der Tatbestand des § 119 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG
ist bereits mit der Behinderung der Betriebsratstätigkeit bei der Einberufung der
Betriebsversammlung vollendet. - OLG Stuttgart, Beschluß vom 9.9.1988 Aushang am Schwarzen Brett in sachlicher Form
Macht der Arbeitgeber durch Aushang am Schwarzen Brett auf seine Bedenken hinsichtlich
der Rechtmäßigkeit einer Betriebsversammlung, auf den Fortfall seiner Entgeltzahlungspflicht
für die Zeit der Teilnahme und auf die grundsätzliche Freiwilligkeit der Teilnahme der
Arbeitnehmer an Betriebsversammlungen aufmerksam, so stellt dies keinen groben Verstoß
gegen betriebsverfassungsrechtliche Verpflichtungen im Sinne von § 23 Absatz 3 BetrVG
dar. - ArbG Hamburg, Beschuß vom 5.11.1997 - 6 BV 6/97 Störung der Betriebsratstätigkeit
Der Betriebsrat kann dem Unternehmer gerichtlich Äußerungen untersagen lassen, mit denen
die Belegschaftsmitglieder aufgefordert werden, an einer rechtmäßigen Betriebsversammlung
nicht teilzunehmen. Derartige Aufforderungen stellen eine Störung der Betriebsratstätigkeit
dar. - ArbG Köln, Beschluß vom 28.4.1982 - 7 BV Ga 7/82; - ArbG Detmold, Beschluß vom 12.5.1992 - 3 BV
Ga 7/92 -
Keine Teilnahmeverhinderung durch Arbeitgeber
Der Arbeitgeber darf die Teilnahme an einer Betriebsversammlung nicht einseitig untersagen.
Wenn der Arbeitgeber dringende betriebliche Bedürfnisse für die Weiterarbeit einzelner oder
von Gruppen von Arbeitnehmern geltend macht, so muß er diese Frage mit dem Betriebsrat
klären. Eine Kündigung wegen der Teilnahme ist unzulässig, die Arbeitnehmer haben einen
Entgeltanspruch und sind nicht zur Nacharbeit verpflichtet. - LAG Hamburg, Urteil vom 12.7.1984,
7 Sa 30/84 -
Wird ein Betrieb mit Betriebsrat in einen anderen Betrieb mit Betriebsrat eingegliedert, so
besteht das Betriebsratsmandat des eingegliederten Betriebs bei nahe bevorstehender Neuwahl
fort bis zur Konstituierung des neuen Betriebsrates. Dem Arbeitgeber wird deshalb
aufgegeben, es zu unterlassen, dem Betriebsrat des eingegliederten Betriebes
19
Betriebsratstätigkeit zu untersagen und die Mitarbeiter an der Teilnahme an einer
Betriebsversammlung zu hindern. Ferner wird dem Arbeitgeber aufgegeben, das Verbot, eine
Betriebsversammlung durchzuführen, unverzüglich zurückzunehmen und die Belegschaft
darüber zu informieren. - ArbG Hamburg, Beschluß vom 14.10.1998, 11 Ga BV 1/98 Grober Verstoß des Arbeitgebers
Der Versuch des Arbeitgebers, eine Betriebsversammlung durch Überhängen der Einladung
und das Versprechen eines halben Tages Zusatzurlaub bei Nichtteilnahme zu verhindern, ist
ein grober Verstoß im Sinne von § 23 Abs. 3 BetrVG. - LAG Baden Württemberg, Beschluß vom
30.4.1987 - 13 (7) Ta BV 15/86 -
Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei betriebsinterner Veröffentlichung von
Betriebsratskosten
§ 43 Abs. 2 BetrVG verlangt vom Arbeitgeber nicht, sich auf einer Betriebsversammlung zu
den Kosten der Betriebsratsarbeit zu äußern. Hat der Arbeitgeber hieran ein berechtigtes
Interesse, dar er durch die Art und Weise der Veröffentlichungsgestaltung und -vermittlung
den Betriebsrat nicht in seiner Amtsführung beeinträchtigen. - BAG, Beschluß vom 19.7.1995 - 7
ABR 60/94 -
Unzulässiger Druck rechtfertigt Unterlassungsanspruch
Ein Schreiben des Arbeitgebers, mit dem zu einer "außerordentlichen Betriebsversammlung"
eingeladen und zugleich zur Stimmabgabe für das Unternehmen oder das "Chaotenteam" des
Betriebsrats aufgefordert wird, ist rechtswidrig. Hiergegen besteht ein Unterlassungsanspruch
des Betriebsrats nach §§ 78 BetrVG, 823, 1004 BGB. - ArbG Marburg, Urteil vom 15.12.1995 - 2 BV
Ga 22/95 -
Kündigung wegen Redebeitrag auf Betriebsversammlung nicht gerechtfertigt
Der Arbeitgeber kann einen Arbeitnehmer, der sich mit einem Diskussionsbeitrag nicht im
Rahmen der nach § 45 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zulässigen Themen hält, deswegen nicht
kündigen, wenn der Betriebsratsvorsitzende als Versammlungsleiter die Fortsetzung des
Diskussionsbeitrages nicht verhindert hat. - LAG Frankfurt, Urteil vom 13.3.1972 - 8 Sa 63/73 -
11. Die weitere und außerordentliche Betriebsversammlung
Allgemeine Voraussetzungen
Die Voraussetzungen für eine weitere Betriebsversammlung nach § 43 Abs. 1 Satz 4 BetrVG
liegen nur vor, wenn die Angelegenheit, die mit der Belegschaft erörtert werden soll, so
bedeutend und dringend ist, daß ein sorgfältig amtierender Betriebsrat unter Berücksichtigung
der konkreten Situation im Betrieb die Einberufung einer weiteren Betriebsversammlung für
sinnvoll und angemessen halten darf. Dabei ist auch zu berücksichtigen, welche
Informationen der Belegschaft schon gegeben werden können, wie sinnvoll ein
Meinungsaustausch im Zeitpunkt der vorgesehenen Betriebsversammlung ist und welche
Folgen die Nichteinberufung der vorgesehenen Betriebsversammlung haben kann. - BAG,
Beschluß vom 23.10.1991 - 7 AZR 249/90 -
20
Die Entscheidung, ob eine weitere Betriebsversammlung nach § 43 Abs. 1 Satz 4 BetrVG
durchgeführt wird, hat der Betriebsrat nach pflichtgemäßen Ermessen zu treffen. Nur insoweit
unterliegt die Durchführung einer Betriebsversammlung einer gerichtlichen Überprüfung.
Die Absicht des Betriebsrates, in dieser Betriebsversammlung die Kandidaten für die nächste
Betriebsratswahl vorzustellen, verletzt nicht dieses ihm vom Gesetzgeber eingeräumte
Ermessen. - LAG Berlin, Beschluß vom 12.12.1978 - 3 Ta BV 5/78 Weitere Betriebsversammlung wegen Änderung des § 116 AFG?
Die Durchführung einer weiteren Betriebsversammlung zum Thema "Auswirkungen der
bevorstehenden Änderung des § 116 AFG auf die Beschäftigung der Arbeitnehmer im
Betrieb" ist rechtswidrig, da der aktuelle betriebliche Bezug fehlt. - ArbG München, Beschluß vom
3.2.1986 - 22 BV Ga 17/86 -
Weitere Betriebsversammlung - unzulässige Thematik
Eine weitere Betriebsversammlung mit der Tagesordnung "Berichterstattung und Diskussion
über die Forderungen des Arbeitgebers zur Manteltarifverhandlung" ist nicht zulässig. ArbG
Wilhelmshaven, Beschluß vom 27.10.1988 - 1 BV GA 5/88 -
Weitere Betriebsversammlung - Bericht über den Stand der Tarifverhandlungen
Eine weitere Betriebsversammlung mit der Tagesordnung „Die tarifliche Situation in der SIndustrie“ ist jedenfalls dann zulässig, wenn durch auch vom Arbeitgeber verteilte Flugblätter
bei den Arbeitnehmern ein sachliches Bedürfnis für aktuelle Informationen besteht. - ArbG
Oldenburg, Beschluß vom 29.5.1989 - 5 BV/Ga 1/89 -
Weitere Betriebsversammlung - Tagesordnung: 1. Stand der Tarifverhandlungen, 2.
Verschiedenes
Beim Vorliegen von konkreten betrieblichen Bezugspunkten ist die Behandlung von
Angelegenheiten tarifpolitischer Art auf einer Betriebsversammlung zulässig. Kann dies auf
der quartalsmäßigen Betriebsversammlung nicht geschehen, so kann auch eine weitere
Betriebsversammlung durchgeführt werden, wenn eine sofortige Aussprache zweckmäßig ist.
Dies gilt dann, wenn der Betriebsrat auf dieser Betriebsversammlung die Belegschaft
informieren will und seinerseits von der Belegschaft Informationen erhalten kann, um eigene
Rechte im Rahmen von § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG wahrzunehmen. - LAG BadenWürttemberg, Urteil vom 25.9.1991 - 10 Sa 32/91 -; ArbG Freiburg, Urteil vom 24.9.1991 - 7 Ca 289/91 -
Weitere Betriebsversammlung - Grenzen der Behandlung tarifpolitischer Themen bei
Fehlen des betrieblichen Bezuges
Allein das herannahende Ende der Friedenspflicht, das sämtliche Betriebe einer Branche
betrifft, stellt keinen betrieblichen Bezug der besonderen Gründe als Voraussetzung für eine
weitere Betriebsversammlung dar. - ArbG Neumünster, Beschluß vom 25.1.1994 - 3a BV Ga 3/94 Unterschriftensammlung für außerordentliche Betriebsversammlung
Die Unterschriftensammlung für einen Antrag der Belegschaft für eine außerordentliche
Betriebs- oder Abteilungsversammlung kann während der Arbeitszeit ohne Minderung des
Arbeitsentgeltes stattfinden. § 43 Abs. 3 BetrVG gilt auch für Abteilungsversammlungen, so
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daß die Arbeitnehmer auch hier ein Initiativrecht haben. - ArbG Stuttgart, Urteil vom 13.5.1977 - 7
Ca 117/77 -
Eine zusätzliche Betriebsversammlung über die tarifliche Situation nach Scheitern von
Tarifverhandlungen ist jedenfalls dann zulässig, wenn sich eine Vielzahl von Arbeitnehmern
des Betriebes an den Betriebsrat mit der Bitte um weitere Information gewandt hat. - ArbG
Oldenburg, Beschluß vom 29.5.1989 - 5 BV Ga 1/89 -
Kein Teilnahmerecht des Arbeitgebers
Für die außerordentlichen Betriebsversammlungen, die auf Wunsch des Betriebsrates oder
eines Viertels der Belegschaft einberufen werden, besteht kein Teilnahmerecht des
Arbeitgebers. - BAG, Beschluß vom 27.6.1989 - 1 ABR 28/88 Vergütungspflicht des Arbeitgebers
Nur Betriebsversammlungen, die den Anforderungen des § 43 Abs. 1 Satz 4 BetrVG genügen,
lösen eine Vergütungspflicht des Arbeitgebers nach § 44 Abs. 1 BetrVG aus. Es kommt nicht
darauf an, ob das Fehlen eines besonderen Grundes für eine weitere Betriebsversammlung
offensichtlich oder nicht offensichtlich war. Eine Vertrauenshaftung des Arbeitgebers und
eine Schadensersatzpflicht wegen Verletzung vertraglicher Nebenpflichten kommen nicht in
Betracht, wenn der Arbeitgeber die Belegschaft darauf hinweist, daß die Voraussetzungen für
eine weitere Betriebsversammlung nach § 43 Abs. 1 Satz 4 BetrVG nicht erfüllt sind. - BAG,
Urteil vom 23.10.1991 - 7 AZR 249/90 -
12. Betriebsversammlung und Betriebsratswahl
Vorrang der Wahl des Wahlvorstandes durch eine Betriebsversammlung
Die Bestellung eines Wahlvorstandes durch das Arbeitsgericht gemäß § 17 Abs. 3 BetrVG hat
nur subsidiäre Bedeutung. Durch die Anrufung des Arbeitsgerichts geht der
Betriebsversammlung das ihr nach § 17 Abs. 1 BetrVG zustehende Recht, einen
Wahlvorstand zu wählen, so lange nicht verloren, wie eine rechtskräftige Entscheidung noch
nicht vorliegt. - BAG, Beschluß vom 19.3.1974 - 1 ABR 87/73 Form der Einladung
Die Wahl des Wahlvorstandes in einer Betriebsversammlung ist dann nichtig, wenn die
Einladung zu dieser Versammlung nicht so bekanntgemacht worden ist, daß alle
Arbeitnehmer des Betriebs hiervon Kenntnis nehmen konnten, diese auch nicht auf andere
Weise tatsächlich hiervon erfahren haben und durch das Fernbleiben der nicht unterrichteten
Arbeitnehmer das Wahlergebnis beeinflußt werden konnte. - BAG, Urteil vom 7.5.1986 - 7 AZR
349/85 -
Für die Ordnungsmäßigkeit der Einladung zu einer Betriebsversammlung nach § 17 Abs. 1
BetrVG genügt es, wenn der Arbeitnehmer durch einen Aushang zu einer
Betriebsversammlung eingeladen werden und damit die Möglichkeit erhalten, an dieser
teilzunehmen. Daß der Aushang unterschrieben ist, ist nicht erforderlich. - LAG Hamm, Urteil
vom 29.11.1973 - 3 Sa 663/83 -
Die gerichtliche Bestellung eines Wahlvorstandes nach § 17 Abs. 3 BetrVG setzt jedenfalls
grundsätzlich voraus, daß zuvor eine ordnungsgemäße Einladung zu einer
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Betriebsversammlung nach § 17 Abs. 2 BetrVG erfolgt ist. Von dieser Voraussetzung kann
nicht schon dann abgesehen werden, wenn der Arbeitgeber sich weigert, eine ihm obliegende,
zur Bewirkung der Einladung notwendige Mitwirkungshandlung vorzunehmen. Der
Arbeitgeber ist verpflichtet, allen regelmäßig auswärts beschäftigten Arbeitnehmern eine
Einladung zu einer Betriebsversammlung zum Zweck der Wahl eines Wahlvorstandes für die
erstmalige Wahl eines Betriebsrates zukommen zu lassen. - BAG, Beschluß vom 26.2.1992 - 7 ABR
37/91 -
Der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit gemäß § 2 Abs. 1 BetrVG beinhaltet die
Verpflichtung der Arbeitgeber, die Namen und Adressen ihrer Arbeitnehmer der
Gewerkschaft zu offenbaren, damit diese ordnungsgemäß zu einer Betriebsversammlung zur
Wahl eines Wahlvorstands einladen kann. Ist die postalische Versendung von Einladungen
der einzige Weg, um zu gewährleisten, daß alle Beschäftigten des Betriebes von diesen
Kenntnis nehmen können, so ist der Arbeitgeber gemäß § 2 Abs. 1 BetrVG verpflichtet,
seinen Beschäftigten Einladungsschreiben der Gewerkschaft zu der Teilnahme an einer
Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes nach entsprechender Aufforderung
durch die Gewerkschaft zu übersenden. - LAG Hamburg, Beschluß vom 16.6.1992 - 2 Ta BV 10/91 Kein Teilnahmerecht des Arbeitgebers
Das Teilnahmerecht des Arbeitgebers an Betriebsversammlungen gemäß § 43 Absatz 1
BetrVG gilt nicht für Betriebsversammlungen zur Bildung eines Wahlvorstandes gemäß § 17
BetrVG. § 17 BetrVG will den Arbeitnehmern ermöglichen, eine Betriebsratswahl
vorzubereiten, ohne Sanktionen des Arbeitgebers befürchten zu müssen. Der Arbeitgeber hat
deshalb kein Teilnahmerecht an einer Betriebsversammlung zur Vorbereitung der
Betriebsratswahl. - ArbG Bielefeld, Beschluß vom 23.6.1982 - 5 BV Ga 12/82; - ArbG Stuttgart 25.6.1992 5 Bv Ga 11/92 -
Zugangsrecht des Gesamtbetriebsrats zu Betriebsversammlungen zur Einsetzung des
Wahlvorstandes
Wird ein Mitglied des Gesamtbetriebsrats von drei wahlberechtigten Arbeitnehmern
eingeladen, an einer Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes in einem
betriebsratslosen Betrieb gemäß § 17 BetrVG teilzunehmen, so hat das Mitglied des
Gesamtbetriebsrats ein Zugangsrecht. Bei Verstößen mit Behinderung hiergegen besteht ein
Unterlassungsanspruch als Nebenleistungsanspruch aus § 17 BetrVG i.V. mit § 42 BetrVG
und § 44 BetrVG. - ArbG Frankfurt am Main, Beschluß vom 31.10.1996 - 18 BV 73/96 Gemeinschaftsbetrieb
Wird von den Beschäftigten mehrerer Unternehmen ein einheitlicher Betriebsrat gewählt,
muß der Bericht nach § 43 Abs. 2 BetrVG von sämtlichen betroffenen Arbeitgebern für alle
Unternehmen in einer Betriebsversammlung gegeben werden. - LAG Hamburg, Beschluß vom 15.
12. 1988 - 2 Ta BV 13/88 -
Haben zwei räumlich nur 20 km auseinanderliegende Betriebsstätten bisher getrennte
Betriebsräte gewählt, ist aber nach Meinung einer in beiden Betrieben vertretenen
Gewerkschaft zukünftig die Wahl eines gemeinsamen Betriebsrats aus juristischen Gründen
geboten, so muß auf einer gemeinsamen Betriebsversammlung beider Betriebsstätten ein
Wahlvorstand gewählt werden. Diese Betriebsversammlung kann der Arbeitgeber jedenfalls
dann nicht durch eine einstweilige Verfügung untersagen lassen, wenn es nicht
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ausgeschlossen erscheint, daß es sich bei beiden Betriebsstätten um einen einheitlichen
Betrieb i.S.v. § 1 oder § 4 BetrVG handelt. - LAG Bremen, Beschluß vom 20.3.1987 - 2 Ta BV 8/87 Besteht in einem von drei Betriebsteilen ein Betriebsrat, so hat dieser nach § 16 BetrVG einen
Wahlvorstand zu bestellen. Kommt dieser bestellte Wahlvorstand zu dem Ergebnis, dass die
drei Betriebsteile einen einheitlichen Betrieb bilden, ist er berechtigt, eine Betriebsratswahl
für diesen einheitlichen Betrieb durchzuführen. Eine Wahl des Wahlvorstandes durch die
Betriebsversammlung nach § 17 BetrVG ist in diesem Fall nicht zulässig. - LAG Niedersachen,
Beschluß vom 13.5.1998, 13 Ta BV 40/98 -
Vorstellung der Kandidaten auf „weiterer“ Betriebsversammlung
Es ist zulässig, eine weitere Betriebsversammlung nach § 43 Abs. 1 Satz 4 BetrVG
einzuberufen, um auf ihr die Kandidaten für die Betriebsratswahlen vorzustellen. Der
Betriebsrat verletzt dabei nicht das vom Gesetz ihm eingeräumte Ermessen. - LAG Berlin,
Beschluß vom 12.12.1978 - 3 Ta BV 5/78 -
Ein besonderer Grund zur Durchführung einer weiteren Betriebsversammlung i.S. von § 43
Abs. 1 Satz 4 BetrVG liegt vor, wenn mehr als 1/4 der Wahlberechtigten Beschäftigten die
Durchführung einer Betriebsversammlung zur Vorstellung der Kandidaten für die
Betriebsratswahl verlangen. - ArbG Heilbronn, Beschluß vom 6.3.1990 - 3 BV Ga 1/90 Strafbare Wahlbehinderung und Zugangsverweigerung
Die Bedrängung von Wahlvorstandsmitgliedern und die Zugangsverweigerung für
Gewerkschaftsbeauftragte zur Betriebsversammlung stellt eine strafbare Behinderung der
Betriebsratswahl i.S.d. § 119 Abs. 1 Ziffer 1 BetrVG dar. - Landgericht Siegen vom 13.11.1986 - 6
Ls 25 Js 354/84 S 2/85 4.8.2001
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