Der Erste Weltkrieg 1914

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Der Erste Weltkrieg 1914 - 1918
1. Der Weg in den Krieg
1.1 Spannungen zwischen den Grossmächten
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts änderte sich die Lage in Europa. Bis zu diesem
Zeitpunkt war Frankreich isoliert und Deutschland mit den andern Mächten direkt
oder indirekt verbunden gewesen. Durch die Politik des neuen Kaisers Wilhelm II.
geriet jetzt Deutschland in die Isolierung.
1894 schlossen Frankreich und Russland einen Bündnisvertrag, den Zweibund.
1904 fanden England und Frankreich eine Lösung ihrer Probleme in Nordafrika und
schlossen eine Entente cordiale. Nach seiner Niederlage im russisch-japanischen
Krieg fand Russland mit England eine Lösung über die Interessen in Mittel - und
Ostasien (Persien und Afghanistan). 1907 schossen beide Staaten eine Entente.
Deutschlands Bündnispartner blieben Österreich-Ungarn und Italien, das aber schon
1902 einen geheimen Nichtangriffspakt mit Frankreich geschlossen hatte.
1.2 Deutsch-englische Verhandlungen und Flottenbau
In Deutschland sah man in den englischen Ententen eine Gefahr, man sprach von
einer englischen „Einkreisungspolitik.“ England erklärte aber, diese Ententen
seien nicht gegen Deutschland gerichtet. Sie sollten nur die bestehenden
Spannungen lösen helfen und dies ohne deutsche Hilfe, weil eine Annäherung
zwischen England und Deutschland nicht möglich gewesen war.
Seit 1898 hatten Gespräche zwischen Deutschland und England stattgefunden,
die aber zu keiner Einigung führten, weil Deutschland einerseits ein förmliches
Bündnis zwischen England und dem Dreibund Deutschland-Österreich-Italien
verlangte, was aber England ablehnte, und es andererseits Spannungen gab wegen
des deutschen Flottenbaus. Kaiser Wilhelm II. wollte mit seiner „Neuen Politik“ für
Deutschland „einen Platz an der Sonne“ erreichen, eine Weltmacht werden. Um eine
Weltmacht zu werden, brauchte Deutschland eine starke Flotte (unter der Führung
von Admiral von Tripitz). Deshalb kam es zum Flottenwettrüsten, weil England den
„Two-power-standard“ erhalten wollte. Das heisst, seine Flotte sollte so stark sein
wie die beiden nächst starken Flotten zusammen. Die Verhandlungen über eine
Verlangsamung des Flottenbaus führten zu keiner Lösung. Das gegenseitige
Misstrauen wuchs.
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Der Erste Weltkrieg
Staatsausgaben vor dem Ersten Weltkrieg (prozentualer Durchschnitt 1900 – 1913)
Deutschland
England
Frankreich
Russland
Heer,
Flotte
36
49
37
36
Kolonien
1
2
3
-
Soziale
Ausgaben
3
-
Bildung
7
14
8
4
Schuldendienst
17
25
30
26
Anderes
36
10
22
34
1.3 Krisen
In den 10 Jahren vor dem Ersten Weltkrieg gab es vier Krisen, welche
Spannungen zwischen den Grossmächten verschärften.
die
1905 wollte Frankreich, das sich durch die Entente cordiale gestärkt fühlte,
Marokko zu einem französischen Protektorat machen. Deutschland protestierte
dagegen. Der Kaiser besuchte demonstrativ Tanger, um die deutschen Interessen in
Marokko zu unterstreichen. Deutschland verlangte eine internationale Konferenz, die
1906 in Algeciras stattfand. Deutschland war aber isoliert, es bekam nur die
Unterstützung Österreich. Die Entente zwischen England und Frankreich wurde
gestärkt. Somit hatte Frankreich praktisch freie Hand in Marokko.
1908 annektierte Österreich die seit 1878 besetzten ehemaligen türkischen Gebiete
Bosnien und Herzegowina. Serbien, das diese Gebiete auch beanspruchte,
erreichte, dass Russland, die Schutzmacht aller Slawen, scharf protestierte. In
dieser Situation stellte sich Deutschland bedingungslos hinter Österreich
(Nibelungentreue). Russland aber, das durch die Niederlage im russisch-japanischen
Krieg noch geschwächt war, musste diese Annexion akzeptieren, weil England und
Frankreich nicht bereit waren, wegen Bosnien einen Krieg zu riskieren.
1911 griff Frankreich mit militärischen Mitteln in Marokko ein, weil es Unruhen
gab. Deutschland schickte das Kanonenboot Panther (Panthersprung;
Kanonenboot-Diplomatie) in den Hafen von Agadir, um dagegen zu protestieren.
England stellte sich klar auf die Seite Frankreichs. Durch ein Abkommen über
Marokko und den Kongo wurde die Krise zwischen den beiden Ländern gelöst
(Marokko = französisches Interessengebiet; Deutschland erhält einen kleinen Teil
des französischen Kongo.)
Die Zusammenarbeit zwischen England und Frankreich wurde durch eine
militärische Übereinkunft verstärkt. Frankreichs Flotte übernahm den Schutz des
Mittelmeers und England die Sicherung der französischen Kanalküste.
Der Erste Weltkrieg
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1912 war die Türkei geschwächt, 1911 hatte Italien türkische Gebiete in Nordafrika
erobert. Von dieser Schwäche der Türkei wollten die Staaten des Balkanbundes
(Serbien, Bulgarien, Montenegro, Griechenland) profitieren. Sie eroberten fast das
ganze europäische Gebiet der Türkei. Anschliessend begangen sie sich über die
Aufteilung der Gebiete zu streiten. 1913 schlugen Serbien und Griechenland ihren
bisherigen Partner Bulgarien. Es bestand jetzt die Möglichkeit, dass Serbien sich bis
an die Adria vergrösserte. Damit war Österreich nicht einverstanden und drohte
mit einer militärischen Intervention. Russland stellte sich auf die Seite Serbiens
.England und Deutschland gelang es, die Kriegsgefahr zu beenden. Serbien bekam
das betreffende Gebiet nicht, es entstand der unabhängige Staat Albanien. Die
zweite Balkankrise hatte die Spannungen zwischen Österreich und Russland
verschärft.
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Der Erste Weltkrieg
1.4 Wettrüsten und Friedenskonferenzen
Diese Krisen zeigten die zunehmende Gefahr einer militärischen Konfrontation und
führten zu einem Wettrüsten der Grossmächte. Da das Kräfteverhältnis durch die
Bündnisse gegeben war, konnte nur ein hoher Rüstungsstand die Überlegenheit im
Kriegsfall garantieren.
Rüstungsausgaben 1905 – 1913
Da man von einer Kriegsgefahr in Europa sprechen konnte, gab er verschiedene
Versuche, diese zu stoppen. So wurde zum Beispiel, um die Ideen des Pazifismus
zu unterstützen, der Friedensnobelpreis geschaffen.
1899 und 1907 fanden Friedenskonferenzen in Den Haag statt. Es wurden
Rüstungsbeschränkungen vorgeschlagen, die aber abgelehnt wurden. Wenigstens
wurde die Haager Landkriegsordnung unterzeichnet, die einen gewissen Schutz
der Zivilbevölkerung und ihres Eigentums im Krieg vorsah. Ausserdem wurde der
Internationale Schiedsgerichtshof geschaffen, der aber wenig effizient war, weil er
nur zusammentreten konnte, wenn die beteiligten Parteien einverstanden waren. Mit
diesen Mitteln war die Kriegsgefahr aber nicht zu stoppen.
Der Erste Weltkrieg
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2. Der Erste Weltkrieg 1914 – 1918
2.1 Einleitung
Der Erste Weltkrieg war ein militärischer Konflikt, der sich wegen einer Mischung aus
gegenseitigen
Bündnisverpflichtungen,
übersteigertem
Nationalismus,
machtpolitischen und strategischen Überlegungen, wirtschaftlicher Rivalität und
militärischem Wettrüsten der fünf europäischen Grossmächte (Grossbritannien,
Frankreich, Deutsches Reich, Österreich-Ungarn und Russland) von einer
ursprünglich lokal begrenzten Konfrontation zwischen dem Vielvölkerstaat
Österreich-Ungarn und dem Königreich Serbien zuerst zu einem europäisch und
schliesslich zu einem global geführten Krieg mit 32 beteiligten Nationen ausweitete.
Der Erste Weltkrieg war von epochaler Bedeutung: Moderne Waffentechniken
(massiertes Artilleriefeuer, Panzer, Giftgas, Maschinengewehre, Flugzeuge), neue
Methoden der strategischer Kriegsführung (Blockade und uneingeschränkter U-BootKrieg) und eine ganz auf militärische Ziele und Bedürfnisse ausgerichtete
Umstrukturierung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft in den meisten der Krieg
führenden Länder machten den Ersten Weltkrieg zum ersten totalen Krieg in der
Geschichte der Menschheit. Weil auch aussereuropäische Länder (USA) an dem
Krieg teilnahmen, verlor Europa seine führende Rolle in der Weltpolitik und andere
Länder übernahmen eine wichtige Rolle.
Der Krieg änderte die Karte Europas stark, alte Reiche brachen auseinander, viele
neue Staaten entstanden.
Der Erste Weltkrieg
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2.2 Kriegsausbruch
Serbien war aus den Balkankriegen von 1913 gestärkt hervorgegangen. Die
nationalistische grossserbische Propaganda verlangte den Besitz aller
österreichischen Gebiete, in denen Serben wohnten; ausserdem forderte sie einen
Staat aller Südslawen (Jugoslawen). Dadurch hatte Österreich-Ungarn grössere
Schwierigkeiten. Deshalb unterstützte Russland die serbische Politik. Der
österreichische Thronfolger Franz Ferdinand glaubte, dass der Vielvölkerstaat auf
die Dauer nur existieren könne, wenn es gelinge, die slawischen Völker an der
Regierung zu beteiligen. Er wollte aus dem bisherigen Dualismus ÖsterreichUngarn einen Trialismus Österreich-Ungarn-Südslawien machen und den
verschiedenen slawischen Bevölkerungsgruppen Gleichberechtigung und grosse
innere Autonomie geben. Er stiess auf Widerstand nicht nur in Wien und Budapest,
sondern auch bei den serbischen Nationalisten, die befürchteten, dass bei einer
Realisierung dieses „Trias-Plans“, die Ziele des Panslawismus gefährdet und die
Hoffnung auf ein Grossserbien zerstört würden.
Am 28. Juni 1914 ermordete der serbische Nationalist Gavilo Princip, der
Verbindungen mit der Geheimorganisation Schwarze Hand hatte, den
österreichischen Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand und seine Frau in
Sarajewo, der Hauptstadt Bosniens.
Obwohl das Attentat in ganz Europa ganz klar verurteilt wurde, reagierte die Wiener
Regierung nur zögerlich. Sie wollte zwar die Spannungen zu Serbien, dessen
Regierung mit dem Attentat in Verbindung gebracht wurde, endgültig bereinigen,
fürchtete aber eine Intervention Russlands. Die deutsche Regierung wollte nicht,
dass der Ruf seines Bündnispartners Österreich geschwächt würde, denn so würde
gleichzeitig die Stellung Deutschlands geschwächt. Deshalb erklärte sie am 6. Juli, in
unbedingter Bündnistreue zu Österreich zu stehen. Mit dieser „Blankovollmacht"
für Österreich, die Russland abschrecken sollte, nahm sie das Risiko eines Krieges
bewusst in Kauf. Am 23. Juli stellte Österreich Serbien ein sehr hartes Ultimatum.
Als Belgrad nicht alle Bedingungen annahm, mobilisierte Österreich. Englische
Vermittlungsversuche scheiterten. Am 28. Juli erklärte Österreich Serbien den
Krieg.
Jetzt mobilisierte Russland seine Truppen. Deutschland sandte ein Ultimatum
an Russland, das die Annullierung der Mobilisierung forderte, und eine
Aufforderung an Frankreich, seine Neutralität zu erklären. Russland antwortete gar
nicht, Frankreich nicht konkret. In dieser Situation sah sich Deutschland aus
militärischen Gesichtspunkten und wegen der bestehenden Bündnisse gezwungen
zu handeln.
Deutschland wollte einen Zweifrontenkrieg verhindern. Deshalb wollte es den
Schlieffenplan anwenden. Die deutschen Militärs glaubten, dass Russland eine
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Der Erste Weltkrieg
längere Zeit brauchte. um seine Truppen zu mobilisieren und kriegsbereit zu sein.
Während dieser Zeit sollte Frankreich angegriffen und besiegt werden.
Deshalb erklärte Deutschland am 1. August Russland und am 3. August
Frankreich den Krieg. Dem Schlieffenplan folgend marschierte Deutschland am 3.
August in das neutrale Belgien ein, um die Festungen im Norden Frankreichs zu
umgehen. Da der Einmarsch in das neutrale Belgien das Völkerrecht verletzte und
die Gefahr bestand, dass deutsche Truppen die Kanalküste besetzen würden,
erklärte England am 4. August Deutschland den Krieg. Kriegserklärungen
zwischen England, Frankreich und Österreich folgten.
Aufruf Kaiser Wilhelms II.
An das deutsche Volk!
Seit der Reichsgründung ist es durch 43 Jahre Mein und Meiner Vorfahren heißes
Bemühen gewesen, der Welt den Frieden zu erhalten und im Frieden unsere
kraftvolle Entwicklung zu fördern. Aber die Gegner neiden uns den Erfolg unserer
Arbeit. Alle offenkundige und heimliche Feindschaft von Ost und West, von jenseits
der See haben wir bisher ertragen im Bewußtsein unserer Verantwortung und Kraft.
Nun aber will man uns demütigen. Man verlangt, daß wir mit verschränkten Armen
zusehen, wie unsere Feinde sich zu tückischem Überfall rüsten, man will nicht
dulden, daß wir in entschlossener Treue zu unserem Bundesgenossen stehen, der
um sein Ansehen als Großmacht kämpft und mit dessen Erniedrigung auch unsere
Macht und Ehre verloren ist. So muß denn das Schwert entscheiden.
Mitten im Frieden überfällt uns der Feind. Darum auf! Zu den Waffen! Jedes
Schwanken, jedes Zögern wäre Verrat am Vaterlande.
Um Sein oder Nichtsein unseres Reiches handelt es sich, das unsere Väter neu sich
gründeten. Um Sein oder Nichtsein deutscher Macht und deutschen Wesens.
Wir werden uns wehren bis zum letzten Hauch von Mann und Roß. Und wir werden
diesen Kampf bestehen auch gegen eine Welt von Feinden. Noch nie ward
Deutschland überwunden, wenn es einig war.
Vorwärts mit Gott, der mit uns sein wird, wie er mit den Vätern war.
Wilhelm
Berlin, den 6. August 1914
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Der Erste Weltkrieg
Tabellarische Zusammenfassung
28. Juni 1914
Mord in Sarajewo
04. Juli 1914
Kaiser Wilhelm II. entschließt sich zur Unterstützung einer harten
Haltung gegen Serbien
06. Juli 1914
Das Deutsche Reich versichert Österreich-Ungarn unbedingte
Bündnistreue ("Blankovollmacht")
23. Juli 1914
Österreichisches Ultimatum an Serbien mit der Forderungen nach
Untersuchung der Schuld auch durch österreichische Beamte
25. Juli 1914
Teilmobilmachung Österreichs
25. Juli 1914
Russisches Hilfeversprechen an Serbien
Serbische Mobilmachung
28. Juli 1914
Kriegserklärung Ö-U an Serbien
29. Juli 1914
Teilmobilmachung Russlands
30. Juli 1914
Russische Generalmobilmachung
31. Juli 1914
Deutsches Ultimatum an Frankreich (F solle in einem Krieg D-R
neutral bleiben)
Deutsches Ultimatum an Russland: (R solle Mobilmachung
einstellen)
Generalmobilmachung Österreichs
01. August 1914 16 Uhr französische Mobilmachung
01. August 1914 17 Uhr deutsche Mobilmachung
01. August 1914 19 Uhr Kriegserklärung Deutschlands an Russland
03. August 1914
Kriegserklärung Deutschlands an Frankreich
04. August 1914
Deutscher Einmarsch in Belgien
Kriegserklärung Englands an Deutschland
2.3 Die Kriegsschuldfrage
Nach dem Krieg wurden Österreich-Ungarn wegen seiner Kriegserklärung an
Serbien und Deutschland wegen seiner Invasion in Belgien sowie seiner
Kriegserklärungen an Russland und Frankreich als die am Krieg Schuldigen
angesehen.
Man kann sich aber auch die Frage stellen, ob nicht Russland durch seine Generalmobilisierung einen Teil der Schuld mitträgt. Andererseits gilt es zu bemerken, dass
die Bündnispolitik der beiden Seiten (Ententemächte gegen Mittelmächte) am Krieg
schuld sein könnte.
Der Erste Weltkrieg
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2.4 Bewegungskrieg - Angriffe in den ersten Kriegsmonaten
Die deutsche Armee marschierte gemäss dem Schlieffenplan durch das neutrale
Belgien und griff Frankreich an. Aber die Einschließung von Paris gelang nicht. Im
September kam der Angriff an der Marne zum Stehen. Die deutsche Armee war für
die geplanten Aktionen zu schwach, weil Truppen nach Ostpreußen abgezogen
wurden, denn dort hatten die Russen schneller als erwartet angegriffen. Die Russen
wurden bei Tannenberg unter der Führung des Generalobersten von Hindenburg
und seines Generalstabschefs Ludendorff geschlagen. Ostpreußen wurde
zurückerobert, aber gleichzeitig verloren die Österreicher große Teile Galiziens an
die Russen. Auch dorthin mussten deutsche Truppen geschickt werden. Bereits im
November erkannte der deutsche Generalstab, dass ein schneller Sieg in offener
Feldschlacht nicht mehr zu erreichen war. Im Westen herrschte schon Ende 1914
der Stellungskrieg, im Osten ab 1915.
Der Erste Weltkrieg
10
2.5 Stellungskrieg und Materialschlachten
Da keine Seite mit einem raschen Sieg rechnen konnte, suchten beide Verbündete,
denen im Falle eines Sieges bestimmte Gebiete versprochen wurden. Die
Mittelmächte gewannen die Türkei und Bulgarien, die Entente Italien, dem unter
anderem das Südtirol versprochen wurde, und Rumänien.
Seit 1915 kämpften Millionen von Soldaten in grossen Materialschlachten. Mit
modernen Mitteln (Artillerie, Maschinengewehr) wurde eine alte Militärtaktik geführt.
Die Soldaten versteckten sich einem System von Schützengräben und griffen dann
von diesen ausgehend den Feind an. Soldaten wurden zum „Menschenmaterial".
Millionen von ihnen starben bei diesem Stellungskrieg.
Von Februar bis Juni 1916 griffen die Deutschen die französische Festung Verdun
an. Die „Hölle von Verdun" bedeutete auf beiden Seiten den Tod von 300000
Menschen und brachte keinen Vorteil. Ähnlich verlustreich und ergebnislos war im
Sommer 1916 die große Offensive der Engländer und Franzosen an der Somme. In
vier Monaten gelang ihnen der Gewinn von 12 Kilometer Gelände in 50 Kilometer
Breite! Dabei wurden über eine Million Soldaten getötet.
.
Britische Soldaten mit einem Vickers-Maschinengewehr während der ersten SommeSchlacht
2.6 Der Seekrieg
Im Sommer 1916 stellte der Kaiser Hindenburg und Ludendorff, die populären
„Helden von Tannenberg", an die Spitze der Obersten Heeresleitung. Aber auch sie
konnten nicht mehr hoffen, den Krieg auf dem Land zu gewinnen. Da die deutsche
Flotte nicht groß genug war, um die englische zu besiegen, konnte die englische
Blockade, die seit Anfang des Krieges Deutschland von fast allen überseeischen
Importen abschnitt, nicht durchbrochen werden. Nach einer Seeschlacht 1916 vor
dem Skagerrak wurde die Flotte nicht mehr eingesetzt.
Der Erste Weltkrieg
11
In dieser Lage lag die ganze Hoffnung auf einer neuen Waffe: dem Unterseeboot
(U-Boot). Da es am Anfang nicht genug U-Boote gab, konnte Deutschland die
Versorgung Englands nicht gefährden. Aber der Angriff auf neutrale Schiffe, darunter
auch auf Passagierdampfer, führte zu Spannungen mit den Neutralen, vor allem mit
den USA. Der U-Boot-Krieg wurde deshalb für einige Zeit eingeschränkt. Neutrale
Schiffe wurden nur versenkt, wenn Kriegsmaterial an Bord gefunden wurde.
Im Winter 1916/17 hofften die deutschen Militärs, den Krieg durch den Einsatz
zahlreicher neu gebauter U-Boote doch noch gewinnen zu können. Durch den
uneingeschränkten U-Boot-Krieg wollten sie England in sechs Monaten besiegen.
Jedes Handelsschiff im Seegebiet um England wurde ohne vorherige Warnung
versenkt.
2.7 Friedenssuche und Kriegsziele
Die deutsche Regierung sah ein, dass ein klarer Sieg der Mittelmächte kaum mehr
zu erwarten war. Deshalb machte die Reichsregierung im Dezember 1916 den
Gegnern ein Friedensangebot: Deutschland sei zu Verhandlungen bereit, der Krieg
solle ohne Sieg oder Niederlage enden.
Der deutsche Friedensschritt blieb ohne Folgen, denn die Alliierten hat ganz klare
Kriegsziele: Wiederherstellung Belgiens, Serbiens und Montenegros, Räumung der
besetzten Gebiete und Wiedergutmachung aller dort entstandenen Kriegsschäden,
Rückgabe
Elsass-Lothringens,
Selbstbestimmungsrecht
der
Völker
des
österreichisch-ungarischen Staates. Die Gegensätze waren zu gross
2.8 Die Wende 1917
Der Frühling 1917 brachte mit zwei Ereignissen eine wichtige weltpolitische Wende.
Die USA griffen in den Weltkrieg ein, in Russland brach eine Revolution aus, die mit
dem Sieg des Bolschewismus endete. Diese Ereignisse bestimmten nicht nur den
Verlauf des Ersten Weltkriegs, sie beeinflussten sehr stark die Geschichte des 20.
Jahrhunderts.
Der Kriegseintritt der USA am 6.4.1917 hatte als unmittelbare Ursache den
deutschen uneingeschränkten U-Boot-Krieg. Wirtschaftlich und politisch aber
war er die Folge der Entwicklung, die die neutralen USA seit Kriegsbeginn immer
mehr der Entente genähert hatte. Die USA waren schon lange wichtigste Waffenund Rohstofflieferant der Alliierten, die ihre Schulden mit Anleihen in den USA
bezahlten. Dadurch entstand ein finanzielles Interesse der USA am Sieg der Entente.
Ausserdem war für den amerikanischen Präsidenten Wilson der Krieg ein „Kreuzzug
für die Demokratie".
Der Erste Weltkrieg
12
Der Kriegseintritt der USA stärkte Engländer und Franzosen, zunächst
psychologisch, bald auch materiell. Deutschland hatte die industrielle und militärische
Stärke des neuen Gegners unterschätzt. Obwohl die deutschen U-Boote immer
stärker angriffen, blieb dies wirkungslos, weil die Ententemächte immer mehr neue
Schiffe bauten. Im Herbst 1918 standen fast 2 Millionen Amerikaner in Frankreich.
In Russland gab es im Februar 1917 eine Revolution. Die neue Provisorische
Regierung, die aus Liberalen und gemässigten Sozialisten bestand, setzte aber zur
Enttäuschung der Mittelmächte den Krieg fort. Deshalb wollten die deutsche
Regierung und Heeresleitung die Spannungen in Russland vergrößern, indem sie
radikale Politiker nach Russland gehen liess.
Im April 1917 ließ die Reichsregierung eine Gruppe radikaler russischer Emigranten
aus der Schweiz durchreisen. Unter ihnen war der Führer der bolschewistischen
Partei Lenin. In der Oktoberrevolution (nach westeuropäischem Kalender am
6./7.11.) übernahmen die Bolschewisten die Macht. Um ihre Herrschaft auf ganz
Russland ausweiten zu können, war die bolschewistische Regierung sofort zu
Friedensverhandlungen bereit. Am 15. Dezember 1917 begann der
Waffenstillstand.
In den Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk forderten die Mittelmächte die
Abtretung Finnlands, des Baltikums, Polens, die Anerkennung der Selbständigkeit
der Ukraine, die sich inzwischen von Russland gelöst hatte, und einen
Handelsvertrag, der sehr günstig für Deutschland war. Als die Russen nicht
einverstanden waren, griffen die Deutschen wieder an. Um seine Herrschaft zu
sichern, war Lenin bereit dem deutschen Druck nachzugeben.
Am 3.3.1918 wurde der Friedensvertrag von Brest-Litowsk unterzeichnet.
Deutsche Truppen konnten jetzt nach Westen geschickt werden, aber eine Million
Soldaten mussten bleiben, um die besetzten Gebiete zu kontrollieren.
Der Erste Weltkrieg
13
2.9 Auswirkungen des Krieges auf die Heimat
Die Deutschen wie ihre Gegner glaubten, einen gerechten Verteidigungskrieg zu
führen. In den verschiedenen Ländern gab es eine grosse Kriegsbegeisterung. Die
Parlamente in Berlin, Paris und London bewilligten sofort die notwendigen
finanziellen Mittel für den Krieg. Gegensätze zwischen den Parteien und die
Spannungen in den Ländern verloren in diesem Moment zunächst ihre Bedeutung.
Die Kriegsbegeisterung war aber schnell vorbei, als die Konsequenzen des
Krieges sichtbar wurden. Hunderttausende von Soldaten starben oder wurden
verwundet. Die Zivilbevölkerung war auch stark betroffen. Besonders in Deutschland
zwang die Blockade die Menschen zum Hunger. Lebensmittel wurden rationiert.
Dazu kam auch die Geldentwertung. Die vielen Soldaten - in Deutschland 12
Millionen - fehlten als Arbeitskräfte in Landwirtschaft und Rüstungsindustrie.
Kriegsgefangene und Frauen traten an ihre Stelle. Die Gesellschaft wurde dadurch
auch veränderte. So erhielten zum Beispiel die Frauen in England während des
Krieges das Wahlrecht.
In allen Ländern nahm der Staat immer stärkeren Einfluss auf die Wirtschaft und
begann sie zu lenken (Dirigismus). Schwierig war die Kriegsfinanzierung.
Deutschland und Frankreich nahmen immer neue Anleihen auf (Kriegsanleihen),
14
Der Erste Weltkrieg
Deutschland im Land, Frankreich hauptsächlich in den USA. Auch England nahm
Geld in den USA auf, finanzierte den Krieg aber auch stark über Steuererhöhungen.
Die Kriegsfinanzierung führte zur Geldentwertung. Nur der spätere Sieger konnte
hoffen, mit Hilfe einer Kriegsbeute der Inflation (Geldentwertung) zu entkommen.
Seit 1916 nahm die Kriegsmüdigkeit unter der Bevölkerung der kriegführenden
Staaten rasch zu. In Deutschland, Österreich-Ungarn und Frankreich brachen Streiks
aus. Die Auswirkungen des Krieges waren besonders stark in Russland (Februarund Oktoberrevolution 1917 ).
2.10 Der Zusammenbruch der Mittelmächte
Die deutsche Heeresleitung versuchte, im Frühjahr 1918 im Westen die Front der
Alliierten zu durchstoßen (letzte grosse Offensive), bevor die Ankunft der
amerikanischen Truppen sich voll auswirken konnte. Aus Rußland wurden Truppen
in den Westen verlegt, aber trotzdem war im Sommer die deutsche Kraft erschöpft.
Den schlecht ausgerüsteten, mangelhaft verpflegten deutschen Soldaten standen
ausgeruhte Truppen gegenüber. Ungehindert konnten die Amerikaner monatlich
250 000 Mann in Frankreich an Land setzen. Die alliierten Flieger beherrschten den
Luftraum über der Front. Den Panzerverbänden hatten die Deutschen nichts
entgegenzusetzen. Am 8. August 1918 brachen englische Tanks bei einem
Massenangriff durch (Schwarzer Tag des deutschen Heers in Amiens).
Britische Truppen bei Amiens
Noch schlechter war die Lage der Verbündeten. Österreich-Ungarn, dessen Völker
die Selbständigkeit verlangten, richtete ein Verhandlungsgesuch an die Alliierten;
Bulgarien und die Türkei legten Ende September die Waffen nieder.
Der Erste Weltkrieg
15
Jetzt forderte die Heeresleitung den sofortigen Beginn von Waffenstillstandsverhandlungen.
Grundlage
dieser
Verhandlungen
sollte
das
Friedensprogramm des amerikanischen Präsidenten Wilson sein, das er im
Januar 1918 in 14 Punkten zusammengefaßt hatte. Es enthielt einerseits die
wichtigsten Kriegsziele der Alliierten, unter Betonung des Selbstbestimmungsrechts
der Völker, andererseits sprach es von der Abschaffung der Geheimdiplomatie, der
Freiheit der Meere und des Wirtschaftslebens, von Abrüstung, vom Völkerbund. Am
4. Oktober 1918 richtete die deutsche Regierung ein Waffenstillstandsgesuch an
Präsident Wilson. Als Vorbedingung verlangte Wilson die Räumung der besetzten
Gebiete, die Einstellung des U-Boot-Krieges und die Einführung einer
demokratischen Verfassung in Deutschland. Nach Annahme dieser Bedingungen
waren die Alliierten am 5. November zu Waffenstillstandsverhandlungen bereit.
Am 28. Oktober war Deutschland durch Verfassungsänderung parlamentarische
Demokratie geworden, am 9. November 1918 ging der Kaiser in die Niederlande ins
Exil. In allen deutschen Ländern dankten die Fürsten ab, nachdem in mehreren
Städten der Aufstand ausgebrochen war. Der Aufstand hatte in Kiel begonnen, als
Matrosen sich weigerten, ihre Schiffe zum Auslaufen klarzumachen. Arbeiter
verbündeten sich mit ihnen und traten in Streik. Auf mehreren Schiffen wurde die rote
Flagge gehißt. Der unter bolschewistischem Einfluß stehende Spartakusbund rief
zum Generalstreik auf und wollte den revolutionären Umsturz nach russischem
Vorbild Um der Proklamation der Räterepublik durch den Spartakisten Karl
Liebknecht zuvorzukommen, rief am 9.11.1918 in Berlin der Sozialist Philipp
Scheidemann die Republik aus.
Die Heeresleitung hatte die Reform der Verfassung gefordert und auf diese Weise
die Verantwortung für die Waffenstillstandsverhandlungen der neuen Regierung
zugeschoben. Die harten Bedingungen, die der französische Marschall Foch
vorlegte, ließen die deutschen Politiker zögern. Aber Hindenburg ließ keinen Zweifel,
daß die militärische Lage den Waffenstillstand zwingend erfordere. Er wurde am
11.11.1918 in Compiègne bei Paris abgeschlossen. Die Bedingungen machten
eine Wiederaufnahme des Kampfes auf deutscher Seite unmöglich: Die Truppen
mußten hinter den Rhein zurück, die U-Boote wurden ausgeliefert, die englische
Blockade blieb bestehen, der Friedensvertrag von Brest-Litowsk wurde aufgehoben.
Der bis dahin größte und schlimmste Krieg der Geschichte war beendet. 23 Millionen
Soldaten der Mittelmächte hatten gegen 42 Millionen der Alliierten gekämpft. Mehr
als 10 Millionen Tote forderte der Krieg; dreimal so hoch war die Zahl der
Verwundeten. Schwer war auch die Zivilbevölkerung getroffen worden, besonders in
Deutschland durch die Hungerblockade und in Nordostfrankreich durch die
Verwüstungen des Stellungskrieges. Die Kriegskosten hatten den Wohlstand vieler
Völker ruiniert.
Der Erste Weltkrieg
Gesamtverluste nach Der Große Ploetz, 35. Aufl.
Gefallene
Verwundete
Gefangene
Deutschland
1.808.000
4.247.000
618.000
Frankreich
1.385.000
3.044.000
446.000
(1.1 Mill. anerkannte
Kriegsinvaliden)
Großbritannien
947.000
2.122.000
192.000
Italien
460.000
947.000
530.000
Österreich1.200.000
3.620.000
2.200.000
Ungarn
Russland
1.700.000
4.950.000
2.500.000
Türkei
325.000
400.000
USA
115.000
206.000
4.500
Quelle: Wolfdieter Bihl, Der Erste Weltkrieg 1914-1918, S. 298f.
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Der Erste Weltkrieg
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Anhang
Die Schweiz während des Ersten Weltkriegs 1914 – 1918
Am 31. Juli 1914, einen Tag vor der deutschen Kriegserklärung an Russland,
mobilisierte der Bundesrat die Armee. Am 3. August 1914 wählte die
Bundesversammlung Ulrich Wille zum General und erteilte dem Bundesrat
ausserordentliche Kriegsvollmachten. Die Macht lag nun in den Händen der
Exekutive. Rund 200'000 Soldaten (Tagessold 2 Franken = 3 Gläser Bier und 1
Päckchen Zigaretten, aber ohne Lohnentschädigung) wurden mobilisiert. Während
den folgenden Jahren waren meistens rund 50'000 Soldaten im Einsatz. Die Aufgabe der Armee war es, die Grenze zu schützen, damit nicht eine der
kriegsführenden Parteien durch das Gebiet der Schweiz ihren Gegner angreifen
konnte. Die Armee wurde auch immer wieder eingesetzt, um Ruhe und Ordnung im
Innern der Schweiz wiederherzustellen.
Der Ausbruch des Kriegs führte zu einem Graben zwischen Deutsch und Welsch.
Die Deutschschweizer sympathisierten eher mit den Mittelmächten (Deutschland und
Österreich-Ungarn), während die Westschweizer und die Tessiner eher die EntenteMächte unterstützten. Gründe dafür waren sprachliche und kulturelle
Gemeinsamkeiten und persönliche Beziehungen. Die Romandie kritisierte stark den
Bundesrat und vor allem General Wille wegen ihrer Deutschfreundlichkeit. Im
Verlaufe des Krieges (1916/17) änderte sich das Klima, weil viele Deutschschweizer
(vor allem in der Presse) auf Distanz zu Deutschland gingen. Ab Ende 1917 waren
ausserdem die Deutschschweizer im Bundesrat in der Minderheit (vgl. HoffmannGrimm-Affäre).
Der Graben zwischen „Deutschfreunden“ und „Entente-Freunden“ wurde während
des letzten Kriegsjahres durch die zunehmenden sozialen Spannungen überdeckt.
Seit dem Kriegseintritt Italiens (1915) war die Schweiz ganz von kriegsführenden
Ländern umgeben. Da sie ihre Rohstoffe und die Kohle sowie 2 Fünftel der
Nahrungsmittel importierte, musste die Schweiz mit beiden Parteien Handel treiben.
Dieser Handel wurde von den Nachbarländern stark kontrolliert, dadurch wurden die
Importe knapp und immer teurer (Teuerung und Inflation). Erst 1917 wurde einzelne
Nahrungsmittel rationiert. Von dieser Entwicklung profitierten die Unternehmer, die
kriegswichtige Produkte herstellten und exportieren konnten. Auch die Bauern
profitierten durch die steigenden Preise (gleichzeitig aber Verluste durch den
Militärdienst). Der Tourismus verlor völlig seine Kundschaft. Am stärksten waren die
Arbeitnehmer betroffen (Teuerung und Inflation, ohne sozialen Schutz). Viele
Familien verarmten. 1918 waren rund 700'000 Schweizer auf öffentliche Hilfe
angewiesen. Das soziale Gefälle war durch den Krieg wesentlich vergrössert
worden.
Der Erste Weltkrieg
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Wie in den meisten Ländern führte der Kriegsausbruch zuerst unter den Parteien zu
einem „Burgfrieden“. Je grösser aber die sozialen Probleme wurden, desto stärker
wurden die Gewerkschaften und die Sozialdemokratie. Im Januar 1918 entstand das
Oltener Aktionskomitee AOK, welches zusammen mit den anderen linken Kräften
im Landesstreik aktiv wurde. Am 11. November 1918 kam es zu diesem
Landesstreik, weil der Bundesrat 95'000 Soldaten gegen streikende Arbeiter
aufgeboten hatte. Die Forderungen des AOK im Landesstreik waren: sofortige
Neuwahlen des Nationalrats nach Proporz, aktives und passives Wahlrecht der
Frauen, Einführung der 48-Stunden-Woche, Einführung einer Alters- und
Invalidenversicherung, usw. Der Bundesrat erklärte, ein Teil der Forderungen könne
erfüllt werden, doch der Streik müsse zuerst beendet werden. In der Nacht vom
14./15 November endete der Streik.
Die Folge des Landesstreiks war eine Verschärfung der politischen Gegensätze
zwischen rechts und links. Die Armee wurde lange Zeit als Symbol der
Unterdrückung jeder Opposition angesehen. Innerhalb der Sozialdemokratie spaltete
sich der linke Flügel ab (1921 Gründung der Kommunistischen Partei der Schweiz).
Zwei Forderungen des OAK wurden schnell erfüllt: Neuwahlen des Nationalrates
nach dem Proporzwahlrecht, wobei die Sozialdemokraten zur zweitstärksten Partei
wurden (Oktober 1919), und Einführung der 48-Stunden-Woche (1919). Dies war mit
einer Änderung des politischen Stils verbunden. Die Bürgerlichen erkannten, dass
sozialpolitische Stabilität auch ihren Interessen nützte (Finanzplatz Schweiz). Damit
begann die sogenannte Konsensdemokratie.
Die anderen Forderungen wurden zum Teil erst sehr viel später erfüllt. Die Altersund Hinterlassenversicherung (AHV) wurde 1948 eingeführt. Die Frauen erhielten
das aktive und passive Wahlrecht erst im Jahre 1971.
1917: Kinder warten vor der öffentlichen Suppenküche im Areal des Kern-Schulhauses in Zürich-Aussersihl.
Öffentliche Suppenküchen, Volksküchen, mussten in vielen grösseren Ortschaften
eingerichtet werden, um Hunger und Lebensmittel-Knappheit zu lindern. So weiss man z.B.
aus der Stadt St. Gallen, dass dort Ende 1918 die Suppenküchen (5 Koch- und 15
Ausgabestellen) täglich bis zu 5000 Liter Suppe der hungernden Bevölkerung ausschenkten.
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