http://www.heise.de/tp/artikel/17/17036/1.html Kalte Fusion wieder heiß Haiko Lietz 24.03.2004 Teil 1: Das US-Energieministerium will erstmals vor 15 Jahren getroffene Behauptungen erneut überprüfen, Kernfusion sei bei Raumtemperatur möglich. War die kalte Fusion nie tot? Vor genau 15 Jahren wurde die Welt in Aufregung versetzt, als zwei Chemiker berichteten, sie hätten eine Kernfusion bei Raumtemperatur beobachtet. Berichte einer neuen, vielversprechenden Energiequelle liefen um die Welt. Nach einem halben Jahr, einem Bericht des USEnergieministeriums und vielen gescheiterten Versuchen, das Experiment zu reproduzieren, war allen klar, dass sich die Hoffnung nicht bewahrheiten würde - außer den Forschern, die das Experiment offenbar erfolgreich reproduzieren konnten. Nun will das Energieministerium deren Berichte überprüfen. Am 23. März 1989 berichteten die beiden Chemiker Dr. Martin Fleischmann und Dr. Stanley Pons auf einer Pressekonferenz an der University of Utah, sie hätten im Labor die Fusion von zwei schweren Wasserstoffkernen (Deuterium) bei Raumtemperatur beobachtet. Sie schlossen auf Fusion, da sie meinten, Produkte gemessen zu haben, die bei einem Fusionsprozess erwartet werden, namentlich Neutronen, Tritium und Gammastrahlen. Bei dem Experiment sei mehr Energie frei geworden, als hineingesteckt worden sei. Diese Überschussenergie habe sich durch Wärme geäußert.[1] J.L. Naudin zufolge sieht man hier einen durch kalte Fusion betriebenen Stirlingmotor Kurz gesagt, anerkannten Modellvorstellungen nach ist dieses nicht möglich, da Atomkerne die gleiche Ladung haben und sich somit abstoßen. Fusionsprozesse sollten eigentlich nur in der Sonne bei extrem hohen Drücken und Temperaturen möglich sein. Fleischmann/Pons entgegneten, durch Elektrolyse ihrer Testflüssigkeit würden Deuteriumkerne so stark in das negativ geladene Palladiumgitter gezogen, dass ihre Abstoßungskraft überwunden würde. Die Behauptungen der beiden Chemiker lösten eine bis heute anhaltende Kontroverse in der Wissenschaft aus. Weltweit versuchten Forscher, das Experiment zu reproduzieren. Auch am MaxPlanck-Institut für Plasmaphysik (IPP) versuchte man unmittelbar nach Bekanntwerden, "die gemeldeten Resultate nachzuvollziehen. Die Publikationen zum Thema wurden lange Zeit hindurch verfolgt. Wegen des offensichtlichen und sich stets wiederholenden Misserfolgs, Fusion seriös nachzuweisen, wurden diese Aktivitäten aber schon lange eingestellt", teilte das IPP mit. Auch am Kernforschungszentrum Jülich beschäftigt sich heute keiner mehr mit kalter Fusion. Kalte Fusion gilt als tot. Bislang. US-Energieministerium will kalte Fusion überprüfen Das britische Wissenschaftsmagazin New Scientist berichtet in seiner aktuellen Ausgabe, der Vizedirektor des Wissenschaftsbüros des US-Energieministeriums (DoE), Dr. James Decker, habe versprochen, die Behauptungen zur kalten Fusion würden bis Anfang 2005 einer Überprüfung unterzogen.[2] (dazu siehe auch: U.S. Will Give Cold Fusion Second Look, After 15 Years) Das ist zumindest eine Antwort, warum Anfragen an Kritiker der kalten Fusion in letzter Zeit unbeantwortet blieben. Dr. Robert Park, einer der vehementesten Kritiker, schrieb zuletzt, kalte Fusion habe zwar "Gläubige, aber nicht viel Bestätigung." Der Ausdruck "nicht viel" war neu. Seit Anfang März kursiert unter Erforschern und Kritikern der kalten Fusion außerdem ein Entwurf für einen Artikel, der in der April-Ausgabe von Physics Today erscheinen soll. In diesem Entwurf, der Telepolis vorliegt, sagt Decker, "ob es Anwendungen für die Energiewirtschaft gibt, ist zur Zeit völlig unklar." Vor der Anwendung käme erst die Erforschung und "hier könnte eine interessante Wissenschaft liegen." Unterstützung erhält Decker von Dr. Mildred Dresselhaus. Sie war Direktorin des DoE-Wissenschaftsbüros in der Clinton-Administration. Sie sagt zur kalten Fusion mittlerweile, "Wissenschaftler sollten offen sein." Die Geschichte zeige, dass sich Sichtweisen über die Jahre verändern.[3] Das Energieministerium hat damit eine 180-Grad-Wende vollzogen. Dresselhaus war Ende der 80er Mitglied des Energy Research Advisory Board (ERAB) und hat damit entscheidend den Anfang vom (vorläufigen) Ende der kalten Fusion mit eingeleitet. Der Untersuchungsbericht des ERAB an das DoE schloss[4] ein gutes halbes Jahr nach Fleischmann/Pons: Jüngste Experimente, manche mit fortgeschritteneren Messinstrumenten und verbessertem Hintergrund, fanden keine Fusionsprodukte und ergaben Obergrenzen für die Wahrscheinlichkeiten von Fusionen in diesen Experimenten weit unter den ersten positiven Resultaten. Deswegen schließt der Ausschuss, dass die gegenwärtigen Hinweise auf die Entdeckung eines neuen nuklearen Prozesses, genannt kalte Fusion, nicht überzeugend sind. Der Ausschuss gab zwar zu, dass manche, kalter Fusion zuordenbaren Beobachtungen "noch nicht entkräftet" seien, weitere Experimente müssten aber "innerhalb bestehender Finanzierungsprogramme" auskommen - also quasi ohne Finanzierung. Seitdem ist kalte Fusion diskreditiert, wie erst kürzlich in der New York Times wieder zu lesen war[5]. Lt. Col. Tom Bearden, eine der Autoritäten der unkonventionellen Nuklearphysik, hofft nun, dass die DoE-Überprüfung die kalte Fusion "auf die akzeptierte wissenschaftliche Matte" setzen wird. Feuer aus Eis Dr. Eugene F. Mallove fühlt sich durch den jüngsten Schritt des DoE in seiner Einschätzung bestätigt. Mallove war bis 1991 Chefautor im Nachrichtenbüro des Massachusetts Institute of Technology (MIT). Noch in diesem Jahr veröffentlichte er das erste Buch, das kalte Fusion nicht als Messfehler oder Spinnerei abtat.[6] Seit 1995 gibt er das Magazin Infinite Energy heraus und veröffentlicht darin in der Fachwelt umstrittene Forschungsergebnisse, unter anderem zur kalten Fusion. Der Autor und Visionär Arthur C. Clarke, selber vehementer Verfechter der kalten Fusion, hat der Magazin-Gründung mit einer Anschubfinanzierung geholfen. Mallove meint, er habe schon genug gesehen, um nicht mehr an der Realität kalter Fusion zu zweifeln. Nach Jahren der Forschung habe sich der bessere Begriff low energy nuclear reactions (LENR) eingebürgert, da bei vielen Experimenten anscheinend auch Kernspaltungsprozesse stattfänden, so dass man nicht mehr allein von Fusion sprechen könnte. So oder so wiesen die Experimente auf ein "vollkommen neues Gebiet der Physik und der Chemie" hin: LENR-Forschung deutet an, dass in Wasserstoff in mehreren Größenordnungen mehr kraftvolle Energiereserven liegen, als konventionell verstandene chemische Energie-Modelle zulassen. Dieses sollte offene umweltbewusste und andere Menschen, die über die Zukunft des Energie-UmweltProblems besorgt sind, aufhorchen lassen und potentiell einen Einfluss auf das globale Klima haben.[7] LENR-Forscher kritisieren heute Protokollfehler der Forscher Fleischmann und Pons. Diese hatten ihre Forschungsergebnisse auf einer Pressekonferenz mitgeteilt, ohne Kollegen vorher ausreichend informiert zu haben. Stattdessen hätten sie in einem Wissenschaftsjournal mit den üblichen Überprüfungsinstanzen (peer review) veröffentlichen sollen. Die stürmisch veröffentlichte Arbeit enthalte Messfehler und manche Schlussfolgerungen seien nicht durch Daten gedeckt. Das Experiment sei dadurch von Anfang an angreifbar gewesen, aber nicht falsch.[8] Im Gegensatz zu 1989 existiere heute ein viel größerer Körper publizierter Experimente, sagt Mallove. Zahlreiche Hinweise auf kalte Fusion Dr. Edmund Storms zählte 1996 bereits 190 Studien, in denen von kalten Fusions-Effekten berichtet wird. Allein am Los Alamos National Laboratory (LANL), an dem die Atombombe entwickelt wurde und an dem er 34 Jahre forschte, hätten drei Forscher erfolgreiche Fusionsexperimente bei Raumtemperatur durchgeführt[9]: Neue Arbeiten haben der Kritik Rechnung getragen, indem viele der vorgeworfenen Fehler eliminiert wurden. Hinweise auf umfangreiche und reproduzierbare Energiegewinnung sowie auf verschiedene Kernreaktionen, zusätzlich zu Fusionsprozessen, häufen sich aus einer Vielzahl von Testumgebungen und Methoden. Das Gebiet kann nicht länger abgetan werden, indem man sich auf offensichtliche Fehler oder prosaische Erklärungen beruft.[10] Zudem stünden heute in zahlreichen Laboratorien weltweit funktionsfähige elektrolytische und andere Überschusswärme-Experimentalzellen, welche, so Mallove, "reproduzierbar und verlässlich einen Energieüberschuss erzeugen, der nicht durch übliche chemische Reaktionen erklärt werden kann". Das ist möglicherweise sogar so leicht, dass jeder interessierte Bastler zu Hause sein eigenes Experiment durchführen kann. Der Franzose Jean-Louis Naudin jedenfalls berichtet auf seiner Webseite von einer erfolgreichen Reproduktion. Mit der gewonnenen Energie will er sogar einen Stirlingmotor betrieben haben. Die unerzählte Geschichte der kalten Fusion Haiko Lietz 31.03.2004 Teil 2: Seit 15 Jahren erforschen Wissenschaftler die kalte Fusion. Doch weder etablierte Wissenschaft noch Öffentlichkeit bekommen davon etwas mit Forschungsergebnisse zur kalten Fusion, die einer wissenschaftlichen und interdisziplinären Überprüfung bedürfen, liegen seit 15 Jahren vor. In dieser Zeit hat sich ein internationales Forschernetzwerk gebildet, dass parallel zur "offiziellen" Wissenschaft an zum Teil völlig neuen Konzepten arbeitet, die mit kalter Fusion kaum noch etwas zu tun haben. Konferenzen und Workshops finden regelmäßig statt. Ihre Forschungsergebnisse sind mittlerweile so schlagkräftig, dass das US-Energieministerium seine 1989 eingenommene Abwehrhaltung gelockert hat (siehe Teil 1 dieser Serie: Kalte Fusion wieder heiß). In Teil 2 wird die "neue Forschungsrichtung" geschildert und beleuchtet, wie in der Wissenschaft über kalte Fusion diskutiert wird. Nämlich gar nicht (mehr). Teil 1: Kalte Fusion wieder heiß In seiner Einführung für Studenten[1] beschreibt Dr. Edmund Storms das Phänomen der kalten Fusion wie folgt: Das kontroverse Phänomen mit Namen "Cold Fusion" (CF), "Low Energy Nuclear Reactions" (LENR) oder "Chemically Assisted Nuclear Reactions" (CANR) beinhaltet den Vorschlag der Möglichkeit, eine Vielzahl von Kernreaktionen in festen Materialien, bei viel niedrigeren Energien als bislang für möglich gehalten, initiieren zu können. Statt brachiale Gewalt anzuwenden, um Atomkerne in gegenseitige Reaktionsnähe zu bewegen, existiert offenbar ein Mechanismus in Gitterstrukturen, der es erlaubt, die Coulomb-Barriere zu umgehen, und der bestimmten Kernen die Interaktion ermöglicht. In anderen Worten: Kernfusion sei nicht nur unter Bedingungen wie in der Sonne, wo Fusionsprozesse ablaufen, möglich, sondern auch in einem Labor bei Raumtemperatur. Den Stand der kalten Fusions-Forschung fasste Prof. David J. Nagel (George Washington University) am 23. März 2004 auf einem Seminar des Naval Research Laboratory wie folgt zusammen[2]: Die Probleme bei der Behandlung der kalten Fusion können als systematisch und technisch bezeichnet werden. Kommunikations-Zusammenbrüche zwischen denen, die in die kalte FusionsForschung involviert sind, und sowohl der wissenschaftlichen Gemeinschaft als auch der Öffentlichkeit, sowie die Schwierigkeit, kalte Fusions-Forschung finanziert zu bekommen, sind systematische Probleme. Zu technischen Problemen haben unangemessene Instrumente, unvollständige Materialanalysen, komplexe Protokolle und, am kritischsten, das anfängliche Ausbleiben der Reproduzierbarkeit gehört. Trotz dieser Probleme hat es in den letzten 15 Jahren großen experimentellen Fortschritt gegeben. Dutzende "privater" Experimente sind von kompetenten und renommierten Forschern durchgeführt worden, die angemessene Instrumente genutzt haben, die vor, während und nach den Experimenten korrekt kalibriert waren. Die Reproduzierbarkeit ist signifikant verbessert worden. Forschungsergebnisse aus aller Welt LENR-Forscher treffen sich alle eineinhalb Jahre auf der International Conference on Cold Fusion (ICCF). Die zehnte Konferenz (ICCF10) fand vom 24. bis 29. August 2003 am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge statt. Schirmherr war Prof. Peter Hagelstein (MIT). Parallel zur Konferenz soll vom 24. bis zum 30. August in seinem Labor ein Experiment gelaufen sein, bei dem konstant Überschusswärme durch kalte Fusion produziert worden sei. Ein Energieüberschuss von 167 bis 267 Prozent sei protokolliert worden. Prof. John Dash von der Portland State University demonstrierte mit seinen Studenten ein weiteres LENR-Experiment. Dieses soll gut ein halbes Jahr später von Studenten der italienischen Augusto Monti-Hochschule erfolgreich wiederholt worden sein. Ziel dort sei gewesen zu zeigen, "dass Überschusswärme (durch kalte Fusion) sogar mit limitierten Mitteln demonstriert werden kann." Prof. Dash und Studenten präsentieren ein Experiment zur kalten Fusion auf der ICCF10Konferenz Die heutigen Arbeiten unterscheiden sich teils sehr stark vom ursprünglichen Elektrolyse-Konzept der Forscher Fleischmann und Pons. Geforscht wird mit unterschiedlichen Elektroden, verschiedenen Aggregatzuständen der Wasserstoff-Substanzen und verschiedenen Anregungsmechanismen. Mehrere Forschergruppen präsentierten in Massachusetts Forschungsergebnisse zur Laser-Stimulation kalter Fusion.[3] Als sehr vielversprechend gilt die kalte Fusionszelle des privat finanzierten Energetics Technologies-Programms in Omer, Israel. Es wird dort experimentiert, wie sich Schallwellen auf Fusionsprozesse auswirken. Die Forschung hat Ähnlichkeit zur aktuell diskutierten Sono Fusion, bei der es im Labor offenbar zu heißen Fusionsprozessen kommt, indem stehende Schallwellen deuteriertes Aceton verdampfen[4] (vgl. Evidence bubbles over to support tabletop nuclear fusion device). Im Gegensatz zur Sono Fusion[5] berichtet Israel von einem vierfachen Energieüberschuss.[6] Eine neue Forschungsrichtung LENR-Forscher zählen ihre Forschungsrichtung zur "Kernphysik der verdichteten Materie" (Condensed Matter Nuclear Science - CMNS). Um "Verständnis, Entwicklung und Anwendung der Kernphysik verdichteter Materie zu fördern", ist nach der ICCF10 die International Society for Condensed Matter Nuclear Science (ISCMNS) ins Leben gerufen worden. Die ISCMNS will zukünftig Symposien und weitere Treffen organisieren, ein eigenes Journal herausgeben und generell für Organisation und Austausch sorgen. Organisator des 5. Asti Workshops für WasserstoffAnomalien/Deuterium geladene Metalle und ISCMNS-Gründungstreffens vom 19. bis 21. März 2004 in Italien war Dr. Francesco Celani. An Celanis Nationalem Labor von Frascati (LNF) wird seit 1989 mit staatlichen Fördergeldern LENR-Grundlagenforschung betrieben.[7] Die Förderung belief sich in den letzten beiden Jahren auf 50.000 Euro pro Jahr. Offiziell wird dort das Widerstands-Verhalten von Palladium (oder Legierungen) gegenüber großen Mengen von Wasserstoff (und seinen Isotopen) während Elektrolyse untersucht. Celani hat 2003 von der Italienischen Physikalischen Gesellschaft (SIF den ersten Preis in der Kategorie "allgemeine Physik" für seine "kritische Besprechung der interessantesten Arbeiten präsentiert auf der ICCF10" erhalten. International scheinen neben US-amerikanischen und italienischen Gruppen Forscher aus Japan bei der kalten Fusion am weitesten fortgeschritten zu sein. So wie die ersten Asti-Konferenzen vom Automobilkonzern Fiat gesponsert waren, ist es in Japan Mitsubishi Heavy Industries (MHI), genauer deren Advanced Technology Division, die die Forschung vorantreibt. Das Team um Dr. Yasuhiro Iwamura berichtete im Japanese Journal of Applied Physics über ungewöhnliche Transmutationen von Elementen. In einem Experiment, bei dem ein Palladium-Komplex von Deuteriumgas durchströmt wird, messe ein Spektrometer das Metall Praseodym, sobald sich eine Caesium-Schicht auf dem Palladium befinde. Vorsichtig wurde 2002 eine Transmutation (Verwandlung) des Elements Caesium in Praseodym in Erwägung gezogen.[8] Forscher der Osaka University berichten mittlerweile von einer Reproduktion des Experiments. Das Team um Prof. Akito Takahashi schreibt: "Wir bestätigen, dass eine Transmutationsreaktion von [Caesium zu Praseodym] stattgefunden hat."[9] Ein LENR-Forscher, der nicht genannt werden möchte, sagte Telepolis, das Iwamura-Experiment sei so durchsichtig und bislang ohne Kritik, dass es in den nächsten Jahren für den Nobel-Preis berücksichtigt werden müsse. Weitere Mitglieder der ISCMNS kommen aus Frankreich und China. Prof. Jean Paul Biberian ist Kernphysiker am Zentrum zur Erforschung verdichteter Materie und der Nanowissenschaft (CRMCN der Universität Marseille. Biberian ist Schirmherr der elften International Conference on Cold Fusion (ICCF11, die ab 31. Oktober 2004 an seiner Universität in Marseille stattfinden wird. Chinesische Physikgesellschaften hatten ICCF9 in Beijing, China, offiziell unterstützt. Aus Deutschland oder Osteuropa wird noch ein Repräsentant der ISCMNS gesucht. Kalte Fusion auch in Deutschland Die Webseite LENR-CANR.org ist über die Jahre zu einer gigantischen Forschungsdatenbank gewachsen. 122 tätige LENR-Forscher aus aller Welt sind dort verzeichnet. Mallove hat als langjähriger Beobachter und Herausgeber des Infinite Energy-Magazins einen guten Überblick über diesen Wissenschaftsbetrieb, der eigenständig und parallel zur etablierten Wissenschaft arbeitet. Er schätzt die Zahl der praktisch und theoretisch arbeitenden Forscher auf 1.000, viele Hundert davon in den USA. Man findet darunter nur einen deutschen Forscher, den 1994 verstorbenen Prof. Heinz Gerischer. Gerischer war von 1969 bis 1986 Direktor des Fritz-Haber-Instituts der Max-Planck-Gesellschaft (FHI) und galt als führender europäischer Forscher auf dem Gebiet der physikalischen Elektrochemie. Nachdem er 1991 an einer Konferenz über kalte Fusion teilgenommen hatte, schrieb er[10]: Trotz meiner früheren Schlussfolgerungen - und der der Mehrzahl der Wissenschaftler -, dass das von Fleischmann und Pons 1989 berichtete Phänomen entweder auf Messfehler oder einen chemischen Ursprung zurückzuführen sei, gibt es jetzt unzweifelhaft überwältigende Hinweise, dass nukleare Prozesse stattfinden. John M. Bockris, pensionierter Professor der Texas A&M University, war auf der Tagung in Italien dabei. "Als er ankam," erinnert sich Bockris an Gerischer, "glaubte er überhaupt nicht an das Phänomen. Als die Konferenz aber fortschritt, musste er seine Meinung ändern und in einer Rede am Ende sagte er das auch." Bockris' Team war laut eigenen Aussagen das erste, dass die Behauptung von Fleischmann und Pons belegen konnte, die Überschusswärme käme aus einer Kernreaktion. Die Belege seiner Tritium-Messungen hat er 1990 in Fusion Technology veröffentlicht, einem der wenigen Peer Review-Journale, die derartige Forschungsergebnisse veröffentlicht haben.[11] Bockris weiß noch, wie er mit Gerischers Memo für seine Forschung werben wollte. Dieser wünschte es jedoch nicht, weil er auf seinen Ruf habe achten müssen. Prof. Gerhard Ertl, Direktor der Abteilung für physikalische Chemie am FHI, kann sich auch noch an seinen früheren Kollegen Gerischer erinnern. Ertl legt Wert darauf, dass Gerischer 1991 kein "offizieller Vertreter" des FHI mehr war. Nach dessen Rückkehr habe er ihm von seinem Sinneswandel erzählt, habe aber keine "handfeste wissenschaftliche Belege" präsentieren können. "Meine skeptische Einstellung wurde dadurch eher noch verstärkt", sagt Ertl, "und diese Einschätzung ist bis heute unverändert geblieben." Unter dem Eindruck zahlreicher negativer wissenschaftlicher Befunde habe auch Gerischer wiederum seine Meinung geändert, ohne damit aber erneut an die Öffentlichkeit zu treten. Der "hochverdiente und weitbekannte Elektrochemiker" Bockris würde "heutzutage wohl kaum mehr ernst genommen". Bockris, der seine "abstrusen Vorstellungen zur Elementumwandlung" (Ertl) noch immer verfolgt, fragt sich heute auch, warum von den großen Industrieländern ausgerechnet in Großbritannien und in Deutschland niemand an der "größten Entdeckung des 20. Jahrhunderts" forsche. Es gibt jedoch deutsche Forscher, die an der kalten Fusion gearbeitet haben - allerdings in der Weimarer Republik. Die Berliner Chemiker Paneth, Peters und Günther haben ihre Arbeit "Über die Verwandlung von Wasserstoff in Helium" 1927 in den Berichten der Deutschen Chemischen Gesellschaft veröffentlicht. Die Berliner Chemiker arbeiteten mit den selben Palladium-Kathoden wie Fleischmann und Pons.[12] Auch im renommierten britischen Wissenschaftsjournal Nature berichteten sie darüber.[13] Es war das erste und letzte Mal, dass Nature Forschungsergebnisse zur kalten Fusion veröffentlichte. Vergleich mit der Hypothese der Kontinentalverschiebung Als im August des letzten Jahres im Büro von Prof. Hagelstein für acht Tage angeblich eine low energy nuclear reaction ablief, soll kein MIT-Forscher erschienen sein, der nicht ohnehin an der kalten Fusion arbeite, um sich von der Behauptung zu überzeugen - obwohl auf dem Campus über 150 Plakate hingen und zahlreiche persönliche Einladungen an Kritiker verschickt worden seien. Als am MIT ein zweites LENR-Experiment lief, wurden beide Lokalzeitungen, der Boston Herald und der Boston Globe, telefonisch gebeten, dieses zu dokumentieren. Kein Reporter erschien.[14] Die CMNS-Forschungsrichtung gilt als pathologische Wissenschaft. Die wahre Pathologie aber ist der Zusammenbruch der normalen wissenschaftlichen Kommunikationskanäle, wo Wissenschaftler außerhalb der eng verbundenen kalten FusionsGemeinde sich nicht darum scheren, deren Behauptungen zu überprüfen. (...) So funktioniert Wissenschaft normalerweise. Aber nicht bei kalter Fusion. Sharon Begley im September 2003 von der ICCF10-Konferenz im Wall Street Journal[15] Henry Bauer, Professor für Chemie und Wissenschaftstheorie am Virginia Polytechnic Institute und Chefredakteur des Journal of Scientific Exploration, vergleicht diese Situation mit dem, was dem deutschen Geowissenschaftler Alfred Wegener am Anfang des letzten Jahrhunderts widerfahren ist. Wegener schlug 1912 seine Hypothese der Kontinentalverschiebung vor. Diese setzte sich jedoch erst nach dem zweiten Weltkrieg durch und ist heute Bestandteil der überprüften Theorie der Plattentektonik. So lange galt auch Wegener als pathologischer Fall. Sehr viele Entdeckungen in der Geschichte der Wissenschaft seien anfangs auf Widerstand gestoßen.[16] "Dass Wissenschaftler neue Behauptungen, die gängige Theorien widersprechen, nicht bereitwillig akzeptieren", erläutert Bauer, "ist nicht pathologisch." Vielmehr sichere es die Verlässlichkeit der Wissenschaft. "Was aber pathologisch ist, ist wenn Behauptungen ohne angemessene Untersuchung abgelehnt werden." Und dieses sei bei der kalten Fusion wiederholt vorgekommen.[17] Unerfüllbare Forderungen Kritiker fordern, LENR-Forscher sollten ihre Ergebnisse in Wissenschaftsjournalen publizieren, welche veröffentlichte Arbeiten vorher überprüfen. Genau das wollen die Forscher auch, und beschweren sich, dass dieses bisher nur bei vier Journalen möglich war. "Es gibt keine Möglichkeit, veröffentlicht zu werden," wird MIT-Professor Hagelstein in der noch zu veröffentlichenden AprilAusgabe von Physics Today zitiert, "weil das Gebiet so verdorben ist. Kollegen wollen nicht einmal dabei erwischt werden, darüber zu reden."[18] Forschungsergebnisse eines renommierten Forschers einer US-Universität mit "definitiven Hinweisen" auf kalte Fusion sollen von einem großen Journal, ohne einen Blick darauf zu werfen, abgelehnt worden sein, berichtet Mallove. Der Effekt: Große Teile der Wissenschaft wissen gar nicht, was sich in 15 Jahren auf dem Gebiert der LENR getan hat. "Ich dachte, der Großteil der kalten Fusions-Bemühungen wären längst ausgelaufen", zitiert die New York Times einen Forscher von der Universität von Wisconsin.[19] Mit Bezug auf Begleys Artikel im Wall Street Journal schrieb Hagelstein im Herbst 2003 einen Brief an US-Energieminister Spencer Abraham und bat um eine Überprüfung der mittlerweile vorliegenden Daten zur kalten Fusion. Weiter geöffnet wurde die Tür zum Ministerium (DoE), so wird berichtet, durch den Energieunternehmer Randall Hekman und den republikanischen Kongressabgeordneten Vern Ehlers. Beide kennen Abraham aus Michigan. Hekman kritisierte einen "wissenschaftlichen McCarthyismus", "der jeden beeinflusst, der sich auf das Terrain wagt", und Ehlers sagte, es sei Zeit für eine Überprüfung, weil so viele Forscher an renommierten Institutionen arbeiteten. Den letzten Ausschlag zur Überprüfung brachte schließlich ein persönlicher Besuch von Hagelstein und weiteren LENR-Forschern im DoE. Der derzeitige Plan des Ministeriums sieht vor, dass Wissenschaftler eines noch zu besetzenden Ausschusses ein paar Tage lang Präsentationen anhören und anschließend individuell ihre Gedanken schildern. Eigene Experimente sollten nicht durchgeführt werden.[20] Reaktionen auf den Plan des US-Energieministeriums Dr. Michael McKubre, LENR-Forscher beim Forschungszentrum SRI International in Kalifornien, begrüßt die Überprüfung als "vernünftig, begründet und zum richtigen Zeitpunkt". Die Entscheidung sei eine "absolut logische Antwort" auf wissenschaftliche Fragen, die seit 1989 aufgekommen seien. Jean-Luis Naudin, dessen angeblicher kalter Fusions-Motor im ersten Teil vorgestellte wurde, sieht in der kalten Fusion die "beste und interessanteste Forschungsrichtung", in die er je geforscht habe: "Ich glaube, dass wir mit einem solchen Gerät wirklich den Durchbruch auf dem Gebiet der Energietechnik erleben werden." Dr. Richard L. Garwin, Forscher und Berater der US-Regierung auf dem Gebiet der Militärtechnologie, bezweifelt, dass Naudins Motor Wärme aus kalter Fusion erlangt. Prof. William Happer, ebenfalls Berater der US-Regierung und wie Garwin Mitglied des DoE-Ausschusses zur kalten Fusion im Jahre 1989, schätzt, dass das DoE aktuell gezwungen worden sei, die Überprüfung durchzuführen[21]: Ich hoffe, dass sie keinen Schaden anrichten wird. Ich glaube nicht, dass es eines Ausschusses bedarf, um die kalte Fusion zu überprüfen. Wenn da irgendetwas real wäre, würden die Menschen heute schon ihre Häuser mit kalter Fusion wärmen. Das wäre viel besser als Wärmepumpen oder Wärme aus Strom. Die Tatsache, dass dieses nach 15 Jahren enthusiastischer Behauptungen über Wärme aus kalter Fusion nicht geschieht, ist die eloquenteste Zeugnis, dass kalte Fusion nicht existiert. Prof. Ertl sagt, kalte Fusion werde am FHI sehr kritisch eingeschätzt: "Solange nicht grundlegende physikalische Prinzipien revidiert werden müssen (und dafür sehe ich derzeit keine konkreten Anhaltspunkte), betrachte ich Forschung auf diesem Gebiet als wenig sinnvoll." Auch das Forschungszentrum Jülich erklärt, dass die DoE-Initiative nichts daran ändere, dass man sich nicht mehr mit LENR beschäftige. Im Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) geht man davon aus, "dass es ausreichend ist, auf die üblichen Wege wissenschaftlicher Kommunikation zu vertrauen, um von ernstzunehmenden LENR-Ergebnissen zu erfahren, wenn es solche geben sollte." Dr. Peter Ziegler vom Bundesministerium für Bildung und Forschung teilt mit[22]: Im BMBF werden die Arbeiten zur "Kalten Fusion" mit Interesse verfolgt. Die Möglichkeit, die Fusion leichter Atome mit niedriger Aktivierungsenergie zu erreichen, wäre ein großer Fortschritt in Richtung einer weltweiten, nachhaltigen Energieversorgung. Trotz der Vielzahl der dazu bisher vorgelegten Arbeiten gibt es nach der überwiegenden Expertenmeinung noch keinen eindeutigen, verifizierten Nachweis für diesen Ansatz, so dass die Möglichkeit, Fusionsreaktionen mit niedriger Aktivierungsenergie zu realisieren, derzeit äußerst zurückhaltend beurteilt werden muss. Der für 2005 angekündigte Bericht des DoE zur "Kalten Fusion" wird es sicherlich erlauben, die Arbeiten auf diesem Gebiet besser als bisher einzuordnen und wird weltweit mit Interesse zur Kenntnis genommen werden. Sollte sich daraus ein Hinweis ergeben, dass eine "Kalte Fusion" doch als möglich zu betrachten ist, wird sich auch das BMBF erneut mit dieser Frage beschäftigen. Edmund Storms, lange Zeit beschäftigt am Los Alamos National Laboratory (LANL) und seit 1989 tätig in der kalten Fusions-Forschung, begrüßt die Überprüfung als "lange überfällig", bleibt aber äußerst skeptisch[23]: Das DoE ist immer stark gegen LENR gewesen. Nun eine Kehrtwende zu machen, wäre eine große Peinlichkeit. Ich erwarte eine zurückhaltende Aussage in der Art: "Etwas Neuartiges scheint entdeckt worden zu sein, das weiter untersucht werden sollte." Das DoE wird dann ein paar große Institutionen bezahlen, den Effekt zu untersuchen. Diese Institutionen werden ohne Erfahrung von Null anfangen und daher negative Resultate erhalten. Dieses wird benutzt werden, um zu sagen, dass die Skeptiker von Anfang an Recht hatten. Währenddessen werden mehrere Unternehmen den Effekt als kommerzielle Energiequelle entwickeln. Zur Theorie der kalten Fusion Haiko Lietz 13.04.2004 Teil 3: Wurde die kalte Fusion abgelehnt, weil sie der herrschenden Lehrmeinung widerspricht? In den letzten 15 Jahren sind derart viele experimentelle Daten vorgelegt worden, die darauf hindeuten, dass Kernreaktionen auch bei niedriger Energie stattfinden können, dass das USEnergieministerium eine Untersuchung versprochen hat. Diese Experimente und die Reaktion der Wissenschaft darauf sind Inhalt der ersten beiden Teile dieser Serie: Kalte Fusion wieder heiß und Die unerzählte Geschichte der kalten Fusion. Der vorliegende Teil fragt nach Gründen für die Ablehnung der Wissenschaft. Dem Forscher Edmund Storms zufolge liegen diese zu acht Prozent in Unzulänglichkeiten der Experimente und zu 90 Prozent in einem Konflikt der Beobachtungen mit der konventionellen Modellvorstellung. Teil 2: Die unerzählte Geschichte der kalten Fusion Der US-Bundesstaat Utah ist die Heimat der modernen Erforschung der kalten Fusion. An der Brigham Young University (BYU) begann diese bereits 1982. Die beiden Chemiker Dr. Martin Fleischmann und Dr. Stanley Pons haben 1984 an der University of Utah (UU) mit ihren Experimenten zur Spaltung schweren Wassers (mit Deuterium statt normalem Wasserstoff) durch Anlegung einer Spannung (Elektrolyse) begonnen.[1] Sie wollten überprüfen, ob sich dabei mehr Energie heraus holen lasse als rein gesteckt wurde, was sich durch die Entstehung von Überschusswärme äußern sollte. Als ihnen über die Jahre klar wurde, dass dies möglich ist, beschloss die Universität, dieses Verfahren patentieren zu lassen und dieses auf einer Pressekonferenz mitzuteilen. Patentanträge wurden am 21. März 1989 gestellt. Die Pressekonferenz fand zwei Tage später statt. Fleischmann zufolge waren "wirklich die Patentanträge" der Grund für die Pressekonferenz. Die Forschungsergebnisse sind erst am 10. April 1989 im Journal of Electroanalytical Chemistry veröffentlicht worden.[2] Nach der Konferenz reagierte nicht nur die weltweite Presse schlagartig und schrieb von der "Lösung des Energieproblems". Da Fleischmann und Pons Kathoden aus dem wertvollen Palladium verwendet hatten, reagierte der Preis des Metalls in der Folge auf jede wissenschaftliche Äußerung wie der Ölpreis auf politische Äußerungen. Der Email-Austausch zweier Doktoranden am Massachusetts Institute of Technology (MIT), der interessanterweise online dokumentiert ist, lässt Einblicke in ein hysterisches Jahr 1989 zu. Jeff und Rich verfolgten die Nachrichten über die Debatte der kalten Fusion ganz genau, denn sie hatten Geld in Palladium angelegt. Am 17. April bat Jeff Rich um eine Übersetzung einer Meldung des italienischen Fernsehsenders RAI 1, italienische Wissenschaftler hätten die Fusion bei Raumtemperatur bestätigt. "Offenbar haben die Titan und Deuteriumgas benutzt und KEINE Elektrolyse", schrieb Jeff, "und übrigens, Du hast heute $5 gewonnen." Rich antwortete am selben Tag: Die sagen die Idee für das Experiment kam aus der Frage 'ist wirklich Elektrizität nötig, um eine Interaktion zwischen Deuterium und einem Metall wie Palladium oder Titan zu realisieren?'... Warum Titan? Tatsächlich hat ein Team vom Italienischen Nationallabor für Neue Technologien, Energie und die Umwelt (ENEA) zu besagtem Zeitpunkt ebenfalls auf einer Pressekonferenz über die Entdeckung von Fusionsprozessen bei Raumtemperatur berichtet, nachzulesen im Rückblick des beteiligten Plasmaforschers Prof. Franco Scaramuzzi.[3] Chemiker gegen Physiker Längst waren weltweit Versuche im Gange, das Fleischmann/Pons-Experiment zu wiederholen, eine gebotene Aufgabe der Wissenschaft, wenn - wie in diesem Fall - die vorgelegten Daten der etablierten Theorie widersprechen. Auch am MIT an der Ostküste wurde dieses versucht. Prof. Ronald Ballinger, Mitglied des 19-köpfigen MIT-Teams, sagte am 26. April 1989 während einer Anhörung des Ausschusses für Wissenschaft, Weltraum und Technologie des USRepräsentantenhauses, er und seine Physiker-Kollegen seien "sehr frustriert" über die kommerzielle Art und Weise, wie die Chemiker in Utah mit ihren Forschungsergebnissen umgingen. Diese bedürften "großer Aufmerksamkeit" und wären - wenn wahr - ein "Durchbruch" mit "größter Bedeutung für die zukünftige Energieproduktion". Man selber und andere Teams hätten die Ergebnisse jedoch nicht reproduzieren können, "mit Ausnahme vielleicht der Ergebnisse aus Stanford, Europa und der UdSSR", die Ballinger jedoch nicht beurteilen könne. Die Fusionsbehauptung müsse als "nicht verifiziert" gelten, da Fleischmann/Pons Fusionsprodukte nicht in erwarteten Mengen gemessen oder berichtet hätten.[4] Artikel im Boston Herald vom 1. Mai 1989 Für weiteren Vertrauensverlust sorgte ein Artikel auf Seite 1 des Boston Herald vom 1. Mai. Darin sagt Prof. Ronald Parker, damals Direktor des MIT-Plasma Fusion Center (heute PSFC), die Arbeit von Fleischmann/Pons sei "wissenschaftlicher Schund" und "vielleicht Betrug".[5] Am selben Tag fand eine Konferenz der Amerikanischen Physikalischen Gesellschaft (APS) statt. PalladiumSpekulant Jeff schrieb seinem Freund Rich am darauffolgenden Donnerstag: Schlechte Nachricht: Ich bin sicher, Du hast von der APS-Konferenz am Montag gehört, wo mehrere Physiker behaupteten, die kalte Fusion widerlegt zu haben, und viele andere Skepsis ausdrückten... Gute Nachricht: Wir haben das vorausgesehen, weil ich letzten Donnerstag eine Rede von Dr. Ballinger gesehen habe... Mehr schlechte Nachrichten: Wir haben trotzdem $60 verloren... Mehr gute Nachrichten: Am Montag wird es eine Konferenz der ACS (Amerikanische Chemische Gesellschaft) geben. Ich habe gehört, dass dort mindestens ein halbes Dutzend Bestätigungen angekündigt werden. Stanford bleibt bei seiner bereits angekündigten Bestätigung und Texas A&M hat mitgeteilt, dass eine zweite Gruppe positive Resultate produziert hat. Wir hoffen auf einen Vorteil durch diese erwarteten guten Nachrichten (und für den derzeitigen niedrigen PalladiumPreis). Meinungsumschwung in Wissenschaft und Öffentlichkeit Obwohl einige Labore berichteten, den Fleischmann/Pons-Effekt reproduziert zu haben, wandelte sich wissenschaftliches wie öffentliches Interesse alsbald in Ablehnung. Das vom Chefredakteur des Wissenschaftsjournals Nature, John Maddox, schon im Juli 1989 prognostizierte "Ende der kalten Fusion"[6] goss der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses des US-Energieministeriums, ins Leben gerufen vom damaligen Präsidenten George Bush, im November 1989 in Zement[7]: Manche Labore unterstützen, üblicherweise stoßweise, die Behauptung aus Utah einer Produktion von Überschusswärme, aber die meisten Labore berichten von negativen Resultaten. Die, die Überschusswärme behaupten, finden keine entsprechenden Mengen von Fusionsprodukten so wie Neutronen und Tritium, was die deutlichste Signatur von Fusion wäre. Manche Labore berichten von Tritium. In diesen Fällen werden jedoch keine sekundären oder andere primäre Teilchen gefunden, so dass die bekannten Deuterium-Fusionsreaktionen als Quelle des Tritiums ausgeschlossen werden können. Der Ausschuss schließt daher, dass experimentelle Resultate von Überschusswärme (...) bis heute keine überzeugenden Belege darstellen, dass brauchbare Energiequellen aus dem Phänomen mit Namen kalte Fusion resultieren. Zusätzlich schließt der Ausschuss, dass berichtete Experimente bis heute keine überzeugenden Belege darstellen, dass die berichtete anomale Wärmeentstehung mit einer Kernreaktion in Verbindung steht. Isabella Milch, die Pressesprecherin des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) berichtet rückblickend, die Aufmerksamkeit für kalte Fusion sei auch am IPP anfangs "sehr, sehr groß" gewesen. Die Forschungsrichtung habe sich in dieser Zeit "in gewissem Sinne" aber "ihren Ruf verdorben", weil zu viele Erfolgsmeldungen sich als unhaltbar erwiesen hätten. So auch eigene Versuche des IPP. "Wenn tatsächlich kalte Fusion in einem Experiment erreicht worden sein sollte, dann muss sich dies eindrucksvoller manifestieren. Erst dann ist auch mit einem erneuten Interesse der restlichen Fusionsforscher zu rechnen", so Milch. Der Wissenschaftstheoretiker Prof. Henry Bauer sieht den Hauptgrund für den "Widerstand" in einer "disziplinären Dissonanz". Kalte Fusion sei hauptsächlich physikalische Chemie gewesen. Die vorgeschlagene Erklärung gehöre aber zu einer gänzlich anderen Disziplin: zur Kernphysik. Versuche der Physiker, das Experiment in ein paar Wochen zu wiederholen, hätten Elektrochemiker sofort als "inkompetent" erkannt. Umgekehrt hätten Fleischmann und Pons unter Zeitdruck versucht, die von der Physik erwarteten Fusionsprodukte zu messen, was wiederum inkompetente Versuche gewesen seien. Daraus sei in der Wissenschaft ein Widerstand erwachsen nach dem Motto: "Kernfusion kann nicht stattfinden, außer bei mehreren Millionen Grad und enorm hohen Drücken." Wenn Theorie die Faktenlage bestimmt Die New York Times drückte den Grund für die Ablehnung kürzlich mit den Worten aus, "weil kalte Fusion, falls real, nicht mit derzeitigen Theorien erklärt werden kann, überzeugten die ungereimten Resultate die meisten Wissenschaftler, das sie überhaupt nicht stattgefunden hatte."[8] Der Satz ist jedoch zumindest in einer Hinsicht falsch: Kalte Fusion ist mit derzeitigen Theorien erklärbar. Sie sind nur nicht anerkannt. Dr. Edmund Storms und Dr. Michael McKubre haben sich nicht von Theorien abhalten lassen, empirisch an die kalte Fusion heranzugehen. Storms hat 34 Jahre lang am Los Alamos National Laboratory gearbeitet. McKubre ist Direktor des Energy Research Center am Stanford Research Institute (SRI International). Das Wired-Magazin zählt beide zu den Wired 25 des Jahres 1998, weil sie "ihre Karriere riskieren" um die Realisierbarkeit der kalten Fusion zu beweisen. Edmund Storms vor einem Wärmemengenmesser in seinem Privatlabor in Santa Fe McKubre hat sich 1989 durch Äußerungen bekannter Physiker ermutigt gefühlt, kalte Fusion zu erforschen. Edward Teller, der Erfinder der Wasserstoffbombe, habe ihm gesagt, er glaube nicht, dass kalte Fusion real sei. Wenn aber doch, könnte er es mit einer sehr kleinen Änderung der physikalischen Gesetze erklären.[9] Ein Theoretiker der kalten Fusion war Julian Schwinger. Schwinger erhielt 1965 gemeinsam mit Sin-Itiro Tomonaga und Richard Feynman den Physik-Nobelpreis für die Begründung der modernen relativistischen Quantenfeldtheorie. 1989 ist er aus Protest, wie die Amerikanische Physikalische Gesellschaft mit dem neuen Phänomen umging, aus der APS ausgetreten. Experimente haben in den Folgejahren eine Datenmenge hervorgebracht, die die Anforderung an eine Theorie klar umreißt. Demnach gibt es heute zwei Gruppen von Daten: a Hinweise auf Kernfusion: Entstehung von Wärme, Messungen von Tritium (dem schwersten Wasserstoff-Isotop) sowie Helium-4, das mit der Wärmemenge korrespondiert. Außerdem geringe Mengen von Neutronen und Gammastrahlung. b Hinweise auf Kernspaltung: Messung von Helium-4 und Transmutation (Umwandlung) von Elementen.[10] Auf dem Weg zu einer Theorie der kalten Fusion gibt es drei Wege, wie die behauptete Fusion von Deuteriumkernen stattfinden kann: (1) Deuterium + Deuterium > Tritium + Proton (2) Deuterium + Deuterium > Helium-3 + Neutron (3) Deuterium + Deuterium > Helium-4 + Gammastrahlung Die Wege (1) und (2) sind die hauptsächlich zu erwartenden Reaktionen und werden mit gleicher Wahrscheinlichkeit erwartet. Der Einwand der etablierten theoretischen Physik lautet nun: Wenn die in den erstmals von Fleischmann und Pons durchgeführten Experimenten entstandene Wärme tatsächlich von einem Fusionsprozess herrührt, müssten Tritium und Neutronen in entsprechenden Mengen nachweisbar sein, was nicht der Fall ist.[11] Zur Beantwortung der Frage, woher bei der kalten Fusion die Wärme rührt, nahm Schwinger den Umweg über das Phänomen der Sonolumineszenz Dabei wird eine Flüssigkeit mit Schallwellen zu Bildung von Gasblasen angeregt (Kavitation). In dem Moment, in dem diese Gasblasen wieder in sich zusammenstürzen (implodieren), wird Energie in Form eines Lichtblitzes frei. Es gibt also einen Mechanismus, bei dem kinetische Energie einer makroskopischen Einheit (Schallwelle) in eine mikroskopische Einheit (Atom) übertragen wird. Hinsichtlich der kalten Fusion stellte Schwinger die Frage, ob umgekehrt nicht auch Energie einer mikroskopischen Einheit in kinetische Energie einer makroskopischen Einheit übertragen werden könnte?[12] Die Coulomb-Schwelle getunnelt Was bedeutet das nun? Im klassischen Elektrolyse-Experiment zur kalten Fusion werden positiv geladenen Deuteriumkerne (Deuteronen) von der negativ geladenen Palladium-Kathode angezogen. Ein Teil der Deuteronen rekombiniert an der Kathode wieder zu Deuteriumgas, welches dort aufsteigt. Der andere Teil wird jedoch in das Palladium hineingezogen und besetzt dort Zwischengitterplätze des Palladium-Kristallgitters. Dort, erläutert Storms, fänden sich zwei oder mehrere Deuteronen "gelegentlich" in der Lage, sich zu Helium-4 zu verwandeln. Schwingers Theorie besagt nichts anderes, als dass die Gammastrahlung, die gemäß Weg (3) zu erwarten ist, vom Palladiumgitter aufgenommen wird. Die entstandene Wärme rühre entsprechend von der Energieaufnahme der Elektrode. Es bleibt die Frage, woher die Deuteronen im Palladiumgitter die Energie erhalten, die es ihnen ermöglicht, die Coulomb-Schwelle zu überwinden. Das ist die Energiebarriere, die erst überwunden werden muss, damit zwei Teilchen gleicher Ladung sich so weit annähern können, dass es zur Fusion kommen kann. Hier setzt die Theorie des MIT-Forschers Prof. Peter Hagelstein an. Sie besagt, dass Energie zwischen Palladium-Atomen und Deuteronen über die Eigenschwingung des Kristallgitters ausgetauscht werde. Schwinger hatte die gleiche Idee und fühlte sich sofort an den Mössbauer-Effekt erinnert. Dieser beschreibt eine solche spontane Energieübertragung zwischen zwei Atomkernen.[13] Kleine Energiepakete, die in einer stromdurchflossenen Flüssigkeit immer vorhanden sind, könnten bis zu 12 Billionen mal pro Sekunde ausgetauscht werden, besagt Hagelsteins Theorie. Nach mehreren Minuten könnten Kerne energetisch angeregt genug sein, dass die Coulomb-Schwelle überwindbar und eine Kernreaktion ermöglicht werde. Als Ergebnis dieser Kettenreaktion wäre unter anderem mit der Entstehung von Helium-4, bei genügend hoher Energie auch mit Kernspaltung zu rechnen.[14] Wie Edmund Storms erklärt, könnten die Kerne auch durch Wellenanregung per Laser oder Schallwelle zusätzlich energetisiert werden, um die Reaktion zu beschleunigen.[15] Hagelsteins Theorie erklärt das Ausbleiben von Fusionsprodukten der Wege (1) und (2) in erwarteten Mengen dadurch, dass Weg (3) bevorzugt wird. Das Zustandekommen der Messergebnisse der Gruppen (a) und (b) wird nicht nur qualitativ erklärt, sondern auch quantitativ. Auch findet eine Erklärung, warum sich in der Praxis Kernreaktionseffekte angeblich erst nach mehreren Tagen einstellen. Essentiell beruht Hagelsteins Theorie auf dem sogenannten TunnelEffekt demzufolge die Deuteronen - besser: ihre Wellenfunktionen - mit gewisser Wahrscheinlichkeit jenseits der Coulomb-Schwelle liegen.[16] "Unerwartet und ungewöhnlich" Storms gibt zu, dass auch Hagelsteins Theorie Aspekte enthalte, die "normale" Wissenschaftler sich die Haare raufen lasse. Dieses gelte auch für andere Theorien auf dem Gebiet.[17] Zur Zeit sei es sehr schwer zu sagen, welche Theorie besser sei als andere. Der Forscher tippt, dass die finale Theorie Aspekte verschiedener Theorien beinhalten werde, "zusammen mit einer Idee, die bislang noch nicht vorgeschlagen worden ist." Dass in der Richtung der "Kernphysik der verdichteten Materie", zu der die Erforscher der kalten Fusion ihre Arbeit zählen, mit Überraschungen zu rechnen ist, zeigen auch Experimente der Technischen Universität Berlin. Schon länger war bekannt, dass Elektronen die Coulomb-Schwelle senken, weil die negativ geladenen Teilchen die positive Kernladung teilweise abschirmen. Um weitere Tests zur Elektronenabschirmung zu machen, hat Dr. Armin Huke für seine Doktorarbeit Deuteronen in Metallgitter gepackt und diese mit weiteren Deuteronen beschossen. Obwohl die Deuteronen nicht genug Energie hatten, um die Coulomb-Schwelle von selber zu überwinden, maß Huke Fusionsprodukte. Dabei trat bei manchen Metallen ein Effekt auf, der laut McKubre den "definitorischen Unterschied" zwischen kalter und konventionell verstandener Fusion ausmache: Die Reaktionswege (1) und (2) traten nicht gleich häufig auf. Vollkommen "unerwartet und außergewöhnlich" wurde der Neutronenweg unterdrückt. Wie Hagelstein erklärt der Berliner Forscher seine Ergebnisse mit dem Tunnel-Effekt.[18] Huke und die Berliner Gruppe sind nicht Teil der angeblich so "eingeschworenen Gemeinde" der kalten Fusions-Forscher und machen doch verwandte empirische Arbeit. Für Michael McKubre hat aus theoretischer Sicht "nie ein wirklicher Grund" bestanden, "kalte" Fusion anzuzweifeln. Dennoch war Theorie bislang zu 90 Prozent Grund der wissenschaftlichen Ablehnung, wenn man Edmund Storms glaubt. Wenn Unzulänglichkeiten der Experimente weitere acht Prozent ausmachen, so bleiben zwei Prozent. Dieser Ablehnungsgrund sei der, dass kalte Fusion "Konkurrenz für andere Energiequellen" darstelle. Der Kampf gegen die kalte Fusion Haiko Lietz 03.06.2004 Teil 4: Was wäre, wenn sich jeder selber mit Energie versorgen könnte? Die derzeit hohen Benzinpreise lassen uns spüren, wie sehr unsere Lebensweise von der Verbrennung fossiler Brennstoffe abhängt. Der Kinofilm The Day After Tomorrow (Supersturm mit frostiger Botschaft) führt uns vor Augen, welchen Preis wir oder unsere Kinder im schlimmsten Fall für unseren unnatürlichen Energiedurst zahlen müssen. In Teil 1 (Kalte Fusion wieder heiß) dieser Telepolis-Reihe wurde berichtet, dass Wissenschaftler 1989 eine Entdeckung bekannt machten, von der sie meinten, dass sie die Lösung unseres Energieproblems sein könnte: kalte Fusion. In Teil 2 (Die unerzählte Geschichte der kalten Fusion) wurde berichtet, dass zahlreiche Forscher die Entdeckung reproduziert haben und dafür von den Meinungsführern unserer Gesellschaft diskreditiert worden sind. In Teil 3 (Zur Theorie der kalten Fusion) wurde geschildert, dass Aussagen, kalte Fusion sei theoretisch unmöglich, wissenschaftlich nicht haltbar sind. Dieser Teil ist eine Episode zur Forschungspolitik. Die kalte Fusion ist von Teilen der Politik und der Wissenschaft aktiv bekämpft worden. Die Gründe dafür haben etwas damit zu tun, dass ein Kubikkilometer Meerwasser so viel Brennstoff enthält, wie in den gesamten bekannten Ölreserven schlummert, und dass nach Wunsch der Politik die heiße Fusion die Energiequelle der Zukunft sein soll. Teil 3: Zur Theorie der kalten Fusion Als im März 1989 auf der ganzen Welt der Startschuss fiel, die kalte Fusion zu reproduzieren, entschied sich auch das Electric Power Research Institute (EPRI) diese Forschung zu fördern. Das nichtkommerzielle Konsortium finanziert Forschung zur Energieerzeugung und -verteilung. Bestehende Förderbudgets des Stanford Research Institute und der Texas A&M University wurden unmittelbar zu Gunsten der kalten Fusion umgeschichtet. Texas A&M war für die Aufgabe überaus geeignet. Sie unterhielt 1989 nicht nur ein Zentrum für elektrochemische Systeme und WasserstoffForschung und drei elektrochemische Arbeitsgruppen, sondern auch einen Teilchenbeschleuniger und ein Thermodynamisches Forschungszentrum. Ganze 90 Forscher waren 1989 an A&M in der Elektrochemie tätig, und EPRI beauftragte alle Arbeitsgruppen mit dem Versuch, die kalte Fusion zu reproduzieren.[1] Die Gruppe von Prof. John O'M Bockris berichtete noch im selben Jahr von einer erfolgreichen Reproduktion, die sich durch große Mengen des Fusionsprodukts Tritium geäußert habe. Der Journalist Gary Taubes veröffentlichte daraufhin im Juni 1990 im Fachjournal Science einen Artikel, in dem er einen jungen Forscher aus Bockris' Team beschuldigte, Ergebnisse manipuliert zu haben. Der Doktorand Nigel Packham habe Tritium beigefügt, um seine Dissertation zu etwas ganz Besonderem zu machen. Vor dem Science-Artikel hatte Taubes bereits versucht, Packham zu einem Geständnis zu bewegen, indem er blöffte, ihn am nächsten Tag in der New York Times bloßzustellen. Die Anschuldigung war nie durch irgendein Experiment belegt. Hauptquelle war der A&MForscher Prof. Kevin Wolf.[2] Bockris schreibt rückblickend, Wolf habe heimlich Experimentalflüssigkeiten, die bereits ein halbes Jahr eingelagert gewesen seien, auf schweren Wasserstoff analysiert, welchen gefunden, und somit gemeint, Taubes Vermutung stützen zu können. Der zugrunde liegenden Vermutung widersprach zunächst der EPRI-Programm-Manager und später das Ergebnis eines Experiments[3], das Science aber nicht veröffentlichen wollte. Bockris wurde auch erst mit Verzögerung ein Leserbrief zugestanden, in dem er dann aber 26 weitere Labore zitierte, die ebenfalls Tritium gefunden hätten.[4] Auch Bockris bekam Probleme. Seine wissenschaftliche Integrität war Gegenstand zweier Untersuchungen seiner Universität, welche zeitweise überlegte, ihn zu entlassen. Am Ende wurde er von sämtlichen Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens freigesprochen, und er hat auch seine Auszeichnung behalten, nicht aber seinen vorher exzellenten Ruf. Bockris, Autor mehrerer Standardwerke zur Elektrochemie, hatte das Pech, die falschen Experimente gemacht zu haben.[5] 1992 berichtete Bockris' Team als erstes von der Messung des Fusionsproduktes Helium. 1994 wurde über die Transmutation (Umwandlung) von Kohlenstoff in Eisen berichtetet und 1995 habe man entdeckt, "dass viele neue Elemente in Palladium entstehen, wenn man damit über mehrere Wochen Wasserstoff elektrolysiert."[6] Interessanterweise erhielt auch Professor Wolf 1992 Hinweise auf neu entstandene Elemente. Wolfs Team maß in einem einzelnen ElektrolyseExperiment die Entstehung von Silikon, Eisen, Kupfer, Zink und Gold, konnte dieses aber nie wiederholen. Dr. Tom Passell, der EPRI-Programm-Manager, bei dem Wolf Bockris zuvor für die Manipulation von Tritium-Messungen angeschwärzt hatte, veröffentlichte Wolfs Ergebnisse 1995.[7] Überstürzte Experimente So lange hat der Untersuchungsausschuss des US-Energieministeriums (ERAB), ins Leben gerufen vom damaligen Präsidenten George Bush senior, nie gewartet. Im Abschlussbericht vom November 1989 sind dennoch bereits fünf Forschungsgruppen aufgeführt, die Hinweise auf kalte Fusion in Form von Überschusswärme veröffentlicht haben: neben der ursprünglichen Gruppe von der University of Utah[8] und den beiden A&M-Gruppen[9] noch jeweils eine von der Stanford University[10] und der University of Minnesota[11], deren Arbeit letztendlich vom Fachblatt Nature zur Veröffentlichung aber abgelehnt worden ist. Dem gegenüber werden 13 Gruppen genannt, die in ihren Veröffentlichungen nicht von Überschusswärme oder Fusionsprodukten berichteten. Vier Experimente haben aufgrund des hervorragenden Rufs der ausführenden Labore besonders zum ablehnenden Fazit des Untersuchungsberichts und generell zur Ablehnung der kalten Fusion beigetragen: das des California Institute of Technology (CalTech)[12], des britischen Harwell Laboratory[13], beide veröffentlicht in Nature, das des Massachusetts Institute of Technology (MIT)[14] und des Naval Weapons Center[15] der US Navy. Kurz nach Veröffentlichung des ERAB-Berichts an die Regierung und nachdem sich Wissenschaft wie Öffentlichkeit eine (ablehnende) Meinung gebildet hatte, nahm der Lauf der Dinge erneut eine Wendung. Auch vom Navy-Labor kam nun eine Bestätigung anomaler Überschusswärme in kalten Fusions-Experimenten. Erst Palladium-Kathoden, die das Labor im September 1989 erhalten hatte, brachten die Bestätigung der Wärmeproduktion und der Entstehung des Fusionsproduktes Helium4.[16] Diese neuen Ergebnisse hatten es nicht mehr in den ERAB-Bericht geschafft. In ihrem Abschlussbericht von 1996 berichtet die Navy von einem anomalen Leistungsgewinn bei 28 von 94 Experimenten. Bestätigt wurde auch der Zusammenhang zwischen der Entstehung von Überschusswärme und Helium-4.[17] Bestätigung der kalten Fusion durch zehn Jahre Forschugn der US Navy Die Forschung bei der Navy ging weiter. Im Februar 2002 erschien der technische Bericht 1862.[18] Ein gutes Jahr später griff der New Scientist den Bericht auf und schrieb, nach mehr als 200 Experimenten, durchgeführt während zehn Jahren in verschiedenen Labors der Navy, seien manche Forscher bereit, Ereignisse zu bezeugen, die nicht nur zeigten, dass kalte Fusion real sei, sondern auch, dass sie nicht anders erklärt werden könne. "Mir war ein bisschen unwohl dabei, meinen Unterschrift [unter den Bericht] zu setzen", gab Dr. Frank Gordon, Direktor des Navigation and Applied Sciences Department in San Diego, dem New Scientist gegenüber zu. "Doch unsere Daten sind so, wie sie sind, und wir stehen dazu." Ein anderer Navy-Forscher berichtet[19] von Einschüchterungsversuchen: Ziemlich prominente Persönlichkeiten der Physik-Gemeinde sprachen Drohungen aus. (...) Sie sagten, sie seien sich bewusst, dass staatliche Forschungsgelder in die kalte Fusions-Forschung gehen würden und dass sie alles versuchen würden, dieses zu verhindern. Bedrohung der Budgets für die heiße Fusion Mann muss wissen, dass reguläre Forschungsbudgets auch in den USA knapp bemessen sind. Werden Forschungsgelder einem bestimmten Gebiet zugewiesen, fehlen sie einem anderen. Auch das Stanford Research Institute (SRI) hatte von EPRI keine zusätzlichen Gelder erhalten. Dr. Michael McKubre, der vor 1989 für EPRI bereits zehn Jahre in der Elektrochemie tätig gewesen war, erhielt ein neues Forschungsziel, womit seine vorherige Forschung abrupt endete. Nach fünfjähriger Forschung konnte auch das SRI mit Gewissheit sagen, dass kalte Fusions-Zellen eine unverstandene Leistungsquelle darstellten.[20] "Die Wissenschaft ist sehr träge," teilte McKubre mit, "und die Idee der kalten Fusion war sehr Unruhe stiftend." Am 26. April 1989 hatte eine Abordnung aus Forschern und Politikern des US-Bundesstaats Utah, der Heimat der modernen Erforschung der kalten Fusion, den Ausschuss für Wissenschaft, Weltraum und Technologie des US-Repräsentantenhauses um 25 Millionen Dollar zur Erforschung dieser gebeten. Dass es so nicht kam, dazu hat die Aussage vor dem Ausschuss von Prof. Ronald Ballinger und die anschließende negative Presse beigetragen. Ballinger leitete damals das Forschungsprogramm zur heißen Fusion des Plasma Fusion Center am MIT. Das PFC musste fürchten, dass es Forschungsgelder an die kalte Fusion verliert. Prof. William Happer, 1989 Mitglied des Energieministerium-Ausschusses (ERAB), hat die damaligen Bemühungen zur Beschaffung von Forschungsgeldern für die kalte Fusion kürzlich als "schädliche Politisierung der Wissenschaft" bezeichnet. Es wäre bei der Anfrage um 25 Millionen Dollar nur um persönlich Bereicherung gegangen. Immerhin wisse man ja heute, dass kalte Fusion "nicht reproduzierbar" gewesen sei.[21] Dabei kennt Happer die Ergebnisse beispielsweise der Navy. Der Leiter derer Untersuchungen Dr. Melvin Miles hat sie allen ERAB-Mitgliedern im Sommer 1990 mitgeteilt, ohne eine Antwort zu erhalten.[22] Die "revolutionäre Entdeckung" der kalten Fusion kam in den Worten des Abgeordneten Wayne Owens aus Utah zeitgleich mit dem "Eintritt in das Zeitalter alarmierender Umweltprobleme".[23] Die aktuelle Ankündigung des US-Energieministeriums, die mittlerweile vorliegenden Daten zur kalten Fusion überprüfen zu wollen[24], kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Umweltprobleme noch alarmierender und die Knappheit von Energie, Wasser und Nahrungsmitteln noch viel deutlicher geworden sind (vgl. Maulkorb für Nasa-Wissenschaftler). Eintritt in die "hydrogen economy" Evident sind aktuelle Äußerungen der US-Administration zur "Wasserstoffwirtschaft", in die man nun eintrete. Im Februar 2003 kündigte Präsident George W. Bush eine 1,2 Milliarden Dollar schwere Wasserstoff-Initiative an, um Amerikas wachsende Abhängigkeit von Ölimporten zu kontern. Die USA haben sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, ihre Transportinfrastruktur, die zwei Drittel der nationalen Ölimporte verbrennt, bis 2020 auf schadstofffreie Wasserstoffverbrennung umzustellen. Die Regierung zeigt sich dabei gewillt, die Kontrolle über die Energiequelle der Zukunft zu behalten. 2015 steht für den Kongress und die beteiligten Unternehmen die Kommerzialisierungsentscheidung an. Bis dahin soll weiter geforscht werden. Eine "Aufklärungskampagne" soll die Nation für diese Absicht gewinnen. Arnold Schwarzenegger, Gouverneur von Kalifornien und Kuratoriumsmitglied der George Bush Foundation, macht bereits fleißig Werbung für den "Wasserstoff-Highway". Präsidentschaftskandidat John Kerry sagte kürzlich - ohne Details zu nennen -, auch er habe einen Plan, in "neue Technologien und alternative Treibstoffe" zu investieren, um "die derzeitige Energiekrise" zu beenden. Am 15. Jahrestag der Wiederentdeckung der kalten Fusion, dem 23. März 2004, begann das Energieministerium außerdem eine Fortbildungsreihe für Beamte über "Versprechen und Herausforderung der Wasserstoff-Energie". Für die langfristige Energieversorgung setzen die USA auf "Kernkraft und Fusionsenergie der nächsten Generation". Nachdem die Clinton-Administration ihre Forschungsbeteiligung am International Thermonuclear Experimental Reactor (ITER) zurückgezogen hatte, ist die BushAdministration Anfang 2003 wieder beigetreten. ITER ist ein geplanter Forschungsreaktor, der den Durchbruch bei der Energiegewinnung durch heiße Fusion bringen soll. Heiße Fusion gilt als potentielle Lösung des Energieproblems der Erde. Dabei wird Deuterium und Tritium verschmolzen. Um diese Wasserstoffisotope in ein reaktives Plasma zu verwandeln, sind Temperaturen von über 100 Millionen Grad Celsius nötig. Vorbild der Reaktion sind Prozesse in der Sonne, wie sie derzeit verstanden werden. Wenn in einem solchen Reaktor zwei schwere Wasserstoff-Teilchen zu einem neuen schwereren Teilchen fusionieren, wird Bindungsenergie frei. Seit nunmehr 50 Jahren wird an der Nutzbarmachung dieser Energie geforscht. Optimistische Schätzungen gehen davon aus, dass diese Energiequelle in 50 Jahren zur Grundlastdeckung zur Verfügung stehen könnte. Im ersten heißen Fusionsreaktor, dem Joint European Torus (JET) in England, konnte 1998 für einige Sekunden eine heiße Fusion aufrechterhalten werden. Dabei wurden 16 Megawatt Leistung frei. Allerdings musste das eineinhalbfache an Energie aufgewandt werden, um die Fusionsbedingungen zu erreichen. ITER soll zehn- oder zwanzigmal so viel Energie erzeugen, wie zum Erreichen der Zündbedingungen benötigt wird.[25] Eigentlich sollte sich ITER bereits im Bau befinden, doch die USA verzögern ihn aus politischen Gründen.[26] Spekulative Zukunft der heißen Fusion Auch außerhalb der USA hat die Erforschung der heißen Fusion einen sehr hohen Stellenwert. ITER ist ein internationales Forschungsprojekt. Neben den USA und der EU sind auch Japan, Russland, China und weitere Länder beteiligt. In Deutschland ist die Fusionspolitik Bestandteil der Internationalen Nuklearpolitik. Das Auswärtige Amt sieht in der Kernfusion eine "Option für die kommerzielle Energieversorgung etwa zur Mitte dieses Jahrhunderts". Die Möglichkeit heißer Fusion zur "Absicherung gegenüber Energieknappheit angesichts der Erschöpfung der fossilen Energieträger" erkennt auch das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (BAT). Ein gewisses Umweltrisiko stellten die langfristige radioaktive Kontaminierung der Reaktorwände und nicht ganz leicht beherrschbare Eigenschaften des Brennstoffs Tritium dar. Die Hauptkritik, die der heißen Fusion entgegengebracht wird, liegt jedoch in den immensen Kosten, die bei solchen Großprojekten anfallen. Die EU hat bis 2000 fast zehn Milliarden Euro an Fördergeldern aufgebracht; Deutschland in den letzten Jahren fast so viel wie zur Förderung erneuerbarer Energien, im Mittel 130 Millionen. Bis zur Realisierung der Stromerzeugung müssten bis Mitte des Jahrhunderts weitere 60 bis 80 Milliarden Euro aufgebracht werden (vgl. Update: Kernfusion als Energiequelle der Zukunft?). Für das BAT ist die Bewertung der Wirtschaftlichkeit der Fusionsenergie gegenüber konkurrierenden Energieträgern "höchst spekulativ"[27]: Alleine die Geschwindigkeit des technologischen Fortschrittes und die Kostenentwicklung bei konkurrierenden, z.B. regenerativen Energiesystemen, die von immenser Bedeutung für deren Konkurrenzfähigkeit ist, entziehen sich der langfristigen Vorhersagbarkeit. Als sicher gilt, dass die Investitionen gegenüber den Betriebskosten die Stromgestehungskosten dominieren werden. Für eine Anlage mit 1.000 MWe werden 5 bis 6 Mrd. Euro angegeben. Fusionskraftwerke werden damit sehr kapitalintensive Großprojekte sein. Sie werden sich daher hauptsächlich für die zentralisierte Stromerzeugung in der Grundlast eignen. Kalter Strich durch die heiße Rechnung? In diese Situation, tatsächlich in die Hauptphase der politischen Entscheidung zu ITER, platzte 1989 die Ankündigung der kalten Fusion. Milliardenschweren Großprojekten, die sich nur zur zentralisierten Energieerzeugung eignen und erst in ferner Zukunft eine Energiegewinnung versprechen, stellten sich kompakte Laborprojekte entgegen, die Energie angeblich jetzt schon reproduzierbar abgeben und die vor allem dezentral eingesetzt werden könnten. JET-Reaktorraum zur heißen Fusion Trotz früher positiver Berichte aus fünf Labors war das Ausbleiben einer Bestätigung durch das MIT, Harwell und CalTech der Hauptgrund für die heute etablierte Meinung, kalte Fusion funktioniere nicht. Nach der Publikation ihrer negativen Ergebnisse wurden alle drei Labore von außenstehenden Forschern kritisiert. "Schwerwiegende Fehler" würden die Akzeptanz dieser Studien als glaubhafte Untersuchungen "ultimativ unterminieren", kritisierte ein Navy-Team erstmals 1991. Die CalTech-Ergebnisse könnten nicht beweisen, dass keine anomale überschüssige Leistung frei würde, und seien bei Berücksichtigung von Fehlerquellen sogar in guter Übereinstimmung mit eigenen Ergebnissen und den ursprünglichen der Professorn Martin Fleischmann und Stanley Pons aus Utah.[28] In einer späteren Veröffentlichung schrieben Forscher der Navy und der University of Texas, obwohl die CalTech-Experimente oft als Widerlegung der kalten Fusion zitiert würden, zeige deren Bericht im Gegenteil einen Leistungsgewinn von 13 Prozent.[29] Den qualitativ gleichen Schluss ziehen zwei weitere Forscher mit der Begründung, CalTech hätte eine ungeeignete Methode benutzt.[30] kaltes Fusions-Experiment zur Lehre an der italienischen Augusto Monti Hochschule Auch eine Analyse der Harwell-Daten erbrachte Hinweise auf einen möglichen Leistungsgewinn.[31] Das Harwell Laboratory befindet sich seit 1954 unter der Ägide der staatlichen United Kingdom Atomic Energy Authority und ist seitdem, neben anderen Laboren, für Großbritanniens heißes Fusionsprogramm zuständig. Seit 2000 betreibt die UKAEA den Versuchsreaktor JET. Das MIT-Team mit direktem Forschungsauftrag vom US-Energieministerium war prominent mit Forschern des Plasma Fusion Center (PFC zur Erforschung der heißen Fusion besetzt. Neben der Überstürzung der Experimente wurde das MIT-Team unter anderem für seine schlechte Fehlertoleranz kritisiert. Arbeiteten die Forscher aus Utah mit einer Messgenauigkeit von einem Milliwatt, waren die Ergebnisse des MIT mit 40 Milliwatt weitaus weniger aussagekräftig.[32] Ein Leistungsgewinn, den es ja zu reproduzieren galt, könne dabei "sehr leicht unentdeckt" bleiben.[33] EPRI-Manager Passell, der die kalte Fusions-Forschung seit 1989 begleitet und bis 1994 finanziert hat, sieht die Herangehensweise mancher Labore wie folgt[34]: Viele versuchten, die kalte Fusion zu reproduzieren, weil sie sich eben nicht sicher waren, dass es nicht klappen würde. Als sie es aber in Kürze nicht schafften, fingen sie an, die kalte Fusion zu denunzieren. Sie hatten sich nur ein paar Monate Zeit genommen. Es kam mir vor, als arbeiteten sie mit dem Konzept, erstens die Budgets für die heiße Fusion zu schützen und zweitens - falls es tatsächlich klappen sollte -, den Anschluss nicht zu verpassen. Heavy Watergate? Möglicherweise war man sich am PFC sogar mehr als unsicher, dass es nicht doch funktionieren könnte. Dr. Eugene Mallove teilte kürzlich mit, warum er im Juni 1991 seinen Job als MITPressesprecher gekündigt hatte[35]: Bis zum Frühling 1991 hatte ich Betrug in der Berichterstattung der MIT-Experimentaldaten des heißen Fusions-Labors vom Frühling 1989 gefunden - in der Phase-II-Kalorimetrie, welche ein Versuch war, das [Fleischmann/Pons]-Experiment zu reproduzieren. Die Experimentaldaten zeigten, bevor sie in betrügerischer Absicht verändert worden waren, ein positives Ergebnis. Leiter der besagten Experimente war Prof. Ronald R. Parker, der sich auch schon vor Beginn der eigenen Experimente überzeugt zeigte, kalte Fusion sei "wissenschaftlicher Schund".[36] Noch vor der Analyse der eigenen Daten feierte das MIT mit einer Party das Ende der kalten Fusion, berichtete Mallove von seinem damaligen Campus. Am 10. Juli 1989 stolperte Mallove über ein Diagramm, das für die Verwendung schweren Wassers im Experiment einen Leistungsgewinn angab. Drei Tage später veröffentlichte das PFC seinen endgültigen Bericht. Diesem war dieser Leistungsgewinn nicht mehr zu entnehmen, das Diagramm war verändert. Mallove gab das ursprüngliche Diagramm dem MIT-Forscher Dr. Michell Swartz. Dieser folgerte, dass die Leistungskurve für die Veröffentlichung auf Null gesenkt worden sei, was eine Wärmeproduktion (einen Hinweis auf kalte Fusion) vernebelt habe.[37] Andere Forscher zweifelte die PFC-Ergebnisse aus analytischen Gründen an.[38] Daten für das Kontrollexperiment mit leichtem Wasser, bei dem keine kalte Fusion zu erwarten ist: Die tatsächliche (schwarz) und veröffentlichte (blau) Kurve des Leistungsgewinns im kalten Fusions-Experiment des MIT liegen im Mittel bei Null. Mallove verließ das MIT unter Protest, nachdem ihm über Monate die Rohdaten vorenthalten worden waren und er merkte, wie er zur "unethischen Manipulation der Presse" benutzt worden sei. Mallove forderte eine Untersuchung der Vorkommnisse, die aber nach monatelanger Auseinandersetzung von MIT-Präsident Prof. Charles M. Vest im Frühling 1992 endgültig abgelehnt wurde.[39] Vest ist seit 2003 wissenschaftlicher Berater des Energieministeriums (DoE). Whistleblower Mallove hielt die Vorkommnisse am MIT für "einen der schlimmsten wissenschaftlichen Betrugsfälle der Geschichte". Doch auch im besten Fall handelt es sich um eine "Politik gütiger Nachlässigkeit", wie der Reporter Hal Plotkin im San Francisco Chronicle schrieb.[40] Daten für das Experiment mit schwerem Wasser, bei dem kalte Fusion unter Umständen zu erwarten wäre: Die unveröffentlichte Kurve (schwarz) liegt über Null. Die veröffentlichte Kurve (blau) zeigt keinen Leistungsgewinn als Hinweis auf kalte Fusion mehr. Da der Druck zu groß geworden war, veröffentlichte das MIT-PFC 1992 einen technischen Anhang zur ursprünglichen Veröffentlichung. Darin wird praktisch eingestanden, die Kurve verändert zu haben. Mit der Veränderung sei dem Einfluss "bekannter Quellen systematischer und statistischer Fehler" Rechnung getragen worden.[41] Dieses ist ein schwerer wissenschaftlicher Protokollfehler, denn aus der Veröffentlichung von 1989 ging dieser Schritt nicht hervor. Effektiv hat das PFC mit der Nachveröffentlichung auch rückwirkend das Ziel des ursprünglichen Experimentes neu definiert. Es sei 1989 tatsächlich darum gegangen, nach Störeinflüssen zu fahnden. "In der Wissenschaft erlauben wir es normalerweise nicht, das Ziel eines Experiments neu zu definieren, um es den Ergebnissen anzupassen", kommentierte Mallove diesen Schachzug.[42] Politisierung der Forschung Spätestens seit 1992 werden Patentanträge, in denen kalte Fusion behauptet wird, vom USPatentamt abgelehnt. Die Begründung unter Berufung auf den ERAB-Ausschuss und speziell die MIT-Ergebnisse lautet, dass es keine kalte Fusion gäbe. Und weil es sie nicht gäbe, könne sie auch in keinem Patent beschrieben werden.[43] Wie im Krieg scheint es der US-Administration auch in der Wissenschaft darum zu gehen, die Informationshoheit zu besitzen. Im März 2004 hat die US-amerikanische Vereinigung Besorgter Wissenschaftler (UCS) der Bush-Regierung vorgeworfen, "wissenschaftliche Ergebnisse, die ihrer Politik widersprechen, zu verzerren und zu zensieren". Besonders besorgt stimmen die Wissenschaftler aktuelle Pläne der Regierung, Sammlung und Überprüfung wissenschaftlicher Informationen in einem Büro im Weißen Haus zu zentralisieren und der privaten Industrie mehr Einfluss zu geben. Ein Forscher warnt, die neue Regelung mache das Weiße Haus zu einem "Pförtnerhaus" für wissenschaftliche Informationen und würde "Integrität in der Wissenschaft ultimativ zerstören". Ein Abschnitt über kalte Fusion steht nicht im UCS-Bericht.[44]. Das Verteidigungsministerium hatte bereits 1993 die JASON-Gruppe beauftragt, den damaligen Stand der kalten Fusions-Forschung zu berichten. JASON ist ein vertrauliches Berater-Gremium der US-Regierung in wissenschaftlichen Fragen. Vorsitzender bis 1990 war Prof. Happer, ERABMitglied des DoE zur kalten Fusion. Vor elf Jahren ließen sich zwei JASON-Wissenschaftler einen Tag lang von McKubre und Passell die Experimente am SRI zeigen: Prof. Richard L. Garwin, ebenfalls ERAB-Mitglied und außerdem UCS-Vorstandsmitglied, und Prof. Nathan L. Lewis, Leiter der 89er Experimente des CalTech. In einem Bericht an das Pentagon, der von Steven Krivitt von der New Energy Times freundlicherweise zur Verfügung gestellt worden ist, schreiben die JASONs über die positiven Ergebnisse des SRI, sie hätten keine Fehler entdecken können, die die Überschusswärme erklären könnten. An die große Glocke haben sie das nicht gehängt. Bericht von Regierungsberater Garwin zum positiven kalten Fusions-Experiment des SRI an das Pentagon Wenn das Energieministerium Wort hält, ist man dort bereits mit der Prüfung der vorliegenden Berichte zur kalten Fusion beschäftigt. Im Hinblick auf die aktuell bekundete Absicht des Energieministeriums, die kalte Fusion erneut zu überprüfen, wollen Plotkins Worte, nicht die Experimente sollten Gegenstand einer Untersuchung sein, sondern das DoE selber, nicht so recht verhallen.[45] Was wäre, wenn kalte Fusion echt ist? Warum die Überstürzung, die vermeidbaren Fehler, die politische Einflussnahme und die Manipulation? Warum der Kampf gegen die kalte Fusion, wenn sie doch gar nicht funktioniert? Um diese abschließende Frage zu beantworten muss man sich damit beschäftigen, was eigentlich wäre, wenn kalte Fusion echt sein sollte. Prof. Martin Fleischmann, Wiederentdecker der kalten Fusion in 1989, sagte 1998 in einem Interview[46]: Man muss sich fragen, wer diese Entdeckung will? Glauben Sie, dass die sieben Schwestern [die großen Ölkonzerne] sie wollen? Passt sie in irgendein makroökonomisches oder mikroökonomisches Konzept? Ich glaube nicht. Berechnungen des US-Office of Naval Research zeigen, dass ein Kubikkilometer normalen Seewassers genug schweres Wasser enthält, um die Verbrennungsenergie der gesamten bekannten Ölreserven aufzurechnen. Für den Forscher Dr. Edmund Storms spricht bislang nichts dagegen, kalte Fusion als Energiequelle zu nutzen, "entweder als Anwendung im großen Maßstab oder im kleinen, wie etwa in Batterien." Manche Forscher sehen die Möglichkeit gegeben, mit dem Verfahren Meerwasser zu entsalzen und es auf langem Weg in trockene Regionen zu transportieren.[47] Bei der kalten Fusion fällt nur unter Umständen leicht radioaktives Tritium an. Da aber auch von Transmutationen (Umwandlungen) von Elementen berichtet wird, könnte sich das Verfahren auch zum Entstrahlen von Atommüll eignen.[48]. Letztendlich ließen sich sogar teure Elemente aus billigen herstellen, meint Prof. Bockris. Kalte Fusion wäre Alchemie in modernem Gewand. Auch Charles Platt ist der Frage "What If Cold Fusion Is Real?" 1998 im Wired-Magazin in einem überaus lesenswerten Artikel nachgegangen[49]: Wenn Fusion bei niedriger Energie tatsächlich existiert und perfektioniert werden kann, könnte die Stromerzeugung dezentralisiert werden. Jedes Haus könnte sich selber wärmen und seine eigene Elektrizität erzeugen, wahrscheinlich mit einer Art von Wasser als Treibstoff. Sogar Autos könnten durch kalte Fusion angetrieben werden. Massive Stromgeneratoren und hässliche Überlandleitungen gehörten der Vergangenheit an, genau wie importiertes Öl und unser Beitrag zum Treibhauseffekt. Bereits 2002 forderte Dr. Gordon von der Navy, "dass Organisationen mit Forschungsgeldern der Regierung in diese Forschung investieren". Wann, wenn nicht jetzt, ist die Zeit dazu? Diese Telepolis-Reihe ist Eugene Mallove gewidmet. Gene hat sich für eine bessere Welt eingesetzt. Am 14. Mai 2004 ist er im Haus seiner Eltern umgebracht worden. Sein Vermächtnis ist das 57seitige Protokoll der Vorkommnisse am MIT, das auf der Seite des Infinite Energy-Magazins frei zugänglich ist. Steven Krivitt betreibt ein Portal mit Informationen zu Genes Ermordung. Die Rückkehr der kalten Fusion? Haiko Lietz 17.10.2004 Teil 5: Weltweit erhoffen sich Forscher von einem Gutachten des US-Energieministeriums die wissenschaftliche Anerkennung für die Erforschung einer potentiellen Energiequelle Die kalte Fusion steht möglicherweise kurz vor ihrem Durchbruch. Seit 1989 gibt es die Behauptung, durch die elektrische Spaltung von schwerem Wasser lasse sich Energie gewinnen. Die wissenschaftliche Gemeinde hatte sich gegen diese Möglichkeit ausgesprochen, doch die Forschung ging weltweit und unbemerkt weiter. Eine Überprüfung der mittlerweile vorliegenden Forschungsergebnisse durch das US-Energieministerium ist praktisch abgeschlossen. KalteFusions-Forscher hoffen, dass ein positives Gutachten ihr Forschungsgebiet nach gut 15 Jahren der Ächtung legitimieren wird. Langsam wird nicht mehr nur in Fachkreisen diskutiert, welchen Einfluss die möglicherweise neue Technologie auf eine Gesellschaft und die Sicherheit einer Nation haben könnte. Teil 4: Der Kampf gegen die kalte Fusion Als die kalte Fusion 1989 bekannt wurde und weltweit Bemühungen einsetzten, die behauptete elektrochemische Fusion von Wasserstoffatomen zu wiederholen, war sofort von einer Revolution der Energiegewinnung die Rede. "Kalte Fusion hat das Potential, den Energiedurst der Welt zu stillen, mit Meerwasser als Brennstoff und ohne Umweltverschmutzung oder schädlichem Abfall", schreibt die International Society for Condensed Matter Nuclear Science (ISCMNS). Das erste Gutachten des US-Energieministeriums schloss im November 1989, "dass die gegenwärtigen Hinweise auf die Entdeckung eines neuen nuklearen Prozesses nicht überzeugend sind", und sprach sich gegen die Bewilligung von Forschungsgeldern aus (Kalte Fusion wieder heiß). Die Untersuchung des Ausschusses schloss jedoch nicht ohne Kontroverse. Der stellvertretende Vorsitzende Prof. Norman Ramsey forderte, dass ein Vorwort von ihm in den Abschlussbericht aufgenommen werden müsse. Andererseits würde er zurücktreten. Da es dem Ansehen des Ausschusses geschadet hätte, wenn der Nobelpreisträger Ramsey zurückgetreten wäre, wurde dessen Forderung als Präambel aufgenommen[1]: Aufgrund der vielen widersprüchlichen Behauptungen ist es derzeit nicht möglich, kategorisch zu sagen, dass alle Behauptungen zur kalten Fusion entweder belegt oder widerlegt worden sind. (...) Sogar eine kurze aber gültige Phase der kalten Fusion wäre revolutionär. Auch das Team des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik, das die kalte Fusion jedoch nicht reproduzieren konnte, schrieb 1990[2]: Von Anfang an war klar, dass [die kalte Fusion] entweder einer der größten Flops des Jahres oder eine der wichtigsten Entdeckungen des Jahrhunderts sein würde. Andere Labore hingegen konnten die kalte Fusion reproduzieren, was dem Gros der Wissenschaft vollkommen entgangen ist, oder was nur keiner zugeben möchte. So ist im zusammenfassenden Bericht[3] einer Forschungsabteilung der US Navy von 2002 zu lesen: Wir wissen durch wiederholte Beobachtungen von Wissenschaftlern überall auf der Welt, dass das Phänomen kalte Fusion existiert. Es ist Zeit, dass Forschungsgelder in diese Forschung investiert werden. US-Energieministerium überprüft kalte Fusion Das Zustandekommen des derzeitigen Gutachtens des US-Energieministeriums geht auf die zehnte Internationale Konferenz zur Kalten Fusion (ICCF10) von August 2003 im amerikanischen Cambridge, Massachusetts zurück. "Vielen von uns war klar", berichtet Prof. David Nagel von der George Washington Universität, "dass die Situation jetzt aussagekräftig genug ist und zudem ein internationaler Wettbewerb besteht" (Die unerzählte Geschichte der kalten Fusion). Am 6. November 2003 wurden Nagel, Prof. Peter Hagelstein vom Massachusetts Institute of Technology (MIT), Dr. Michael McKubre von SRI International und der Energieunternehmer Randall Hekman im Energieministerium vorstellig, um eine Überprüfung der Forschungsergebnisse zu verlangen. Vier Monate später stimmte Dr. James Decker, Vizedirektor des Wissenschaftsbüros, einer Überprüfung zu. Das Ministerium bestimmte etwa 20 Gutachter. Diese erhielten am 23. August 2004 einen Forschungsbericht und sieben weitere aussagekräftige Veröffentlichungen (darunter diese). In dem Forschungsbericht "Neue physikalische Effekte in Metall-Deuteriden" wird der Stand der Forschung zusammengefasst. Demnach verschmelzen schwere Wasserstoff-Kerne (Deuteronen) in Metall-Deuteriden bei Elektrolyse bei Raumtemperatur zu Helium-4-Kernen. Die dabei entstehende Überschusswärme sei "weitaus größer, als durch alle chemischen Prozesse erklärbar". Fusionsprodukte und Überschusswärme seien "nicht durch bekannte Kern- oder Festkörper-Physik erklärbar". Die durch die Experimente aufgekommenen Fragen könnten und sollten, nach Einschätzung der Autoren, in einem dezidierten Forschungsprogramm untersucht werden[4]. Leistungsüberschuss (rot) im Vergleich zum Kontrollexperiment (blau) bei angelegtem Strom (grün). Experiment durchgeführt am SRI International[5]. Einher mit der Überreichung der Berichte sahen 14 Gutachter und drei Ministeriumsangestellte die Präsentationen von sechs kalten-Fusions-Forschern. U.a. präsentierte Dr. Vittorio Violante die Ergebnisse des italienischen Nationallabors ENEA, das die kalte Fusion 1989 mit als erstes reproduzieren konnte. Seitdem wird im italienischen Frascati versucht, die genauen Reaktionsbedingungen zu erkennen und die Wiederholbarkeit der Experimente zu verbessern.[6] Violante sagt, er sei "beeindruckt von der großen wissenschaftlichen Kompetenz aller Gutachter." SRI-Forscher Michael McKubre fühlte sich im Laufe der Überprüfung seiner Ergebnisse - Violante bestätigt diese Einschätzung - dennoch wie in die Vergangenheit versetzt, "weil die Gutachter mit nur einer Ausnahme seit 1990 keinen intellektuellen Fortschritt auf dem Gebiet gemacht haben. Doch der Großteil des Interesses und der Fragen zeigen das aufrichtige Anliegen, die Sache zu verstehen." Neue Herangehensweise "Wir haben in unseren Präsentationen wirklich die überzeugendsten Argumente für die Wärme- und Helium-Produktion und die Realität von Kernreaktionen präsentiert", erzählt McKubre. "Das ist natürlich am schwersten zu schlucken und stellt die größte Bedrohung der bestehenden heißenFusions-Interessen dar." Mit Interessen meint er Budgets. Finanzierung ist ein zentraler Aspekt, weil die kalte Fusion als Konkurrenz für die heiße Fusion wahrgenommen wird, in die seit Jahrzehnten international bereits Milliardenbeträge investiert worden sind, und die manchen als Energiequelle der Zukunft gilt. Wie gezeigt werden konnte, ist es 1989 am MIT zur Manipulation von Experimentaldaten gekommen, nachdem das dortige Labor zur Erforschung der heißen Fusion ebenfalls Hinweise auf kalte Fusion gefunden hatte.[7] Da sich die erste Untersuchung des US-Energieministeriums (DoE) aufgrund dieser und weiterer zweifelhafter Ergebnisse 1989 gegen die kalte Fusion ausgesprochen hatte, ist das DoE wiederholt beschuldigt worden, die Forschung politisiert zu haben (Der Kampf gegen die kalte Fusion). "Auch ich habe dieses in der Vergangenheit getan", gibt McKubre zu. "Diesmal jedoch, und was James Decker angeht, sehe ich nichts anderes als einen ernsthaften Versuch zu verstehen, was vielleicht eine höchst wichtige und relevante Wahrheit für das Ministerium und die USA sein könnte." In den vergangenen Wochen haben nun die letzten Gutacher ihre Einschätzungen an zwei hochrangige Beamte des DoE geschickt. Diese, so wird erwartet, werden Decker in diesen Tagen eine Zusammenfassung überreichen. Dann soll das Ergebnis vorliegen. Welchen Schluss Decker ziehen wird, ist jedoch "völlig unvorhersehbar", sagt Professor Nagel. Decker sei zwar ein "sehr gewissenhafter und qualifizierter" Mann, doch habe er wenig Zeit. "Alles hängt davon ab, was er geliefert bekommt", sagt McKubre. Handhabung als Antrag auf Forschungsgelder Anders als 1989, wird das DoE die Identität der Gutachter wohl nicht bekannt geben. "Das Energieministerium behandelt diesen Review wie einen Antrag auf Forschungsgelder", sagt David Nagel. "Es ist bei US-Agenturen üblich, weder die Gutachter zu nennen noch ihr Gutachten bekannt zu geben." Was das Ergebnis angeht, ist der Washingtoner Physiker jedoch optimistisch[8]: Die meisten Leute wissen ja gar nicht, dass es 3.000 Veröffentlichungen zur kalten Fusion gibt. Wenn man diese hernimmt und fragt, ob die beteiligten Personen geeignete Wissenschaftler sind, ob sie angemessene, kalibrierte Ausrüstung benutzt haben und ob es Wiederholungen und Kontrollen gab, so bleiben immer noch 300 Veröffentlichungen übrig. Der einzige Weg, diese Daten verschwinden zu lassen, ist sie als Betrug oder Fehler zu bezeichnen. Das aber ist unmöglich! Wenn die Gutachter aber die genannten Maßstäbe anlegen, bleibt kein anderer Schluss übrig, als dass wirklich ein neuer und unbekannter Effekt vorliegt. Für den Fall, dass auch die zweite DoE-Überprüfung das Phänomen verneinen sollte, könnten sich die Forscher auf Prof. Brian Josephson berufen. Dieser hat am 29. Juni auf der alljährlichen Tagung der Nobelpreisträger in Lindau über "pathologischen Unglauben" in der Wissenschaft gesprochen und sich dabei vehement für die kalte Fusion eingesetzt.[9] Diese sei 1989 mit nicht haltbaren Argumenten unter Mithilfe des DoE unter den Teppich gekehrt worden. Die weit verbreiteten Wissenschaftsjournale hätten damals und seitdem eine Veröffentlichungspolitik erkennen lassen, positive Ergebnisse nicht zu veröffentlichen. Josephson findet[10]. Wenn man sich wirklich mit den mittlerweile vorliegenden Arbeiten beschäftigt, wird es schwer sein, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, als dass ein reales Phänomen vorliegt. Wenn dann immer noch gesagt wird, mit den Experimenten stimme etwas nicht, würde ich hoffen, dass das nicht akzeptiert wird. Zunehmende öffentliche Diskussion In Erwartung des Ergebnisses der Überprüfung ist es in den letzten Monaten vereinzelt zu Berichten in Fachzeitschriften und Massenmedien gekommen. UPI, Technology Review und der Boston Globe widmeten der aktuellen Entwicklung eigene Artikel. Spectrum Online schrieb die kalte Fusion sogar "zurück von den Toten". Mehrere Kommentatoren erwähnten die kalte Fusion in ihren Kolumnen. Peter Cockrane machte sich in Silicon.com Sorgen um die zukünftige Energieversorgung und sieht keine Lösung, "außer einem Wunder, plötzlich die kalte oder eine andere Form der Fusion zu realisieren". Auch George Monbiot schrieb im Guardian über das "hoffnungsvolle Monster" kalte Fusion, das "uns mit unbegrenzter Energie versorgen" könnte.[11] Zuletzt war auch in Telepolis zu lesen, die Preisverleihung für den erfolgreichen Raumflug des SpaceShipOne könnte zu Durchbrüchen auf anderen Gebieten, etwa der kalten Fusion, führen. Generell wird die kalte Fusion oft als Metapher für eine Wunderlösung benutzt. Was als klassisches elektrochemisches Experiment begann, ist zu einem popkulturellen Mythos geworden. Es gibt nicht nur eine Software und eine Rockband mit Namen "cold fusion", sondern auch ein Theaterstück, in dem es um die Realität der kalten Fusion geht. Außerdem kam nach der Ankündigung des DoEReviews "Spiderman 2" in die Kinos. Im Film geht es um einen Forscher, dem ein entsprechendes Experiment misslingt, was dazu führt, dass ihm vier mechanische Arme wachsen und er von nun an die Welt beherrschen will, wovon Spiderman ihn natürlich abhalten muss. In den älteren Filmen Außer Kontrolle und The Saint geht es jeweils um die Jagd nach der "Formel" für eine nie versiegende Energiequelle. Von den kürzlich veröffentlichten Artikeln verdient es einer, näher auf ihn einzugehen. Kalte Fusion als Gefahr? Das US-amerikanische Technikmagazin Popular Mechanics schrieb in seiner August-Ausgabe unter der Überschrift "Gefährliche Wissenschaft", die kalte Fusion mache sich einen Namen als "billiger Weg, Kernwaffen herzustellen"[12]: Kalte-Fusions-Experiment in Japan haben gezeigt, dass es nicht nur möglich ist, Tritium herzustellen, das die zerstörerische Wirkung von Atomwaffen verstärkt, sondern auch angereichertes Uran. Uran kann Plutonium in Atombomben ersetzen, um Wasserstoffbomben zu zünden. Kalte Fusion könnte diese Bomben-Herstellungsverfahren potentiell ersetzen. (...) Die selben Tischexperimente, die der Menschheit den Traum unbegrenzter Energie erfüllen, könnten auch Ursache der größten Albträume sein: Selbstgemachte Wasserstoffbomben in der Hand von Terroristen, die die Zivilisation beenden wollen. In der gleichen Ausgabe findet sich auch ein Artikel zum Comeback der heißen Fusion.[13] Hauptquelle des Artikels zur kalten Fusion ist Dr. Eugene Mallove, der 1991 die Fälschung von Experimentaldaten am MIT öffentlich gemacht hat. Mallove war einer der Hauptkämpfer für die kalte Fusion und Herausgeber des Magazins Infinite Energy, bis er am 14. Mai 2004 von Unbekannt umgebracht wurde. Laut Presseberichten könnte es einen Zusammenhang mit weiteren Morden und Raubdelikten geben.[14] Die zuständige Polizei von Norwich, Connecticut, hat seit Anfrage weiterer Details vor gut drei Wochen und mehrmaliger Nachfrage noch nicht geantwortet. Zu Lebzeiten ist Mallove davon ausgegangen, Popular Mechanics (PM - nicht zu verwechseln mit dem deutschen Magazin PM) wolle sachlich über das Forschungsgebiet berichten. Seine Freunde, die Experimentatoren Alexandra und Dr. Paulo Correa, zitieren in ihrem offenem Brief an den PMAutor Jim Wilson eine Mitteilung Malloves drei Tage vor dessen Tod[15]: Gestern habe ich einen ganzen Tag mit Jim Wilson verbracht, dem Chefredakteur für Wissenschaft von Popular Mechanics, dem ehrwürdigen Magazin (erhältlich in 27 Ländern) mit einer geschätzten Auflage von 10.000.000 (...) Es sieht so aus, als würde Wilson vollkommen positiv im Sinn der aufkommenden Wissenschaft und Technologie berichten - inklusive der TransmutationsPhänomene, vielleicht auch der Radioaktivitäts-Änderungen, usw., und einer Schelte des USPatentamts und des Betrugs am MIT. Die Correas werfen Jim Wilson vor, Mallove posthum benutzt zu haben und das Gerücht zu verbreiten, durch kalte Fusion ließen sich Atomwaffen herstellen. Malloves größter Widersacher, Dr. Robert Park von der American Physical Society, der bis heute bestreitet, eine Kernfusion bei Raumtemperatur sei möglich, reagierte in seiner Kolumne auf die PM-Geschichte, er hätte Mallove für einen Kommentar nicht erreichen können.[16] Was sind die Fakten abseits dieser Geschmacklosigkeit? Änderung der Radioaktivität in Transmutations-Experimenten Das Wasserstoff-Isotop Tritium wird in Wasserstoffbomben und sogenannten geboosteten Atombomben verwendet. Da die Hälfte eines Tritium-Vorrats in gut 12 Jahren jedoch zu Helium-3 zerfallen ist, muss Tritium-Nachschub bestehen, um ein Atomwaffenarsenal einsatzbereit zu halten. Da dem US-Militär der Nachschub an Tritium ausgehe, schrieb Popular Mechanics, könnte das DoE an kalter Fusion Interesse gefunden haben, weil sich damit der Tritium-Nachschub sichern lasse. Erste PM-Behauptung: "Kalte-Fusions-Zellen könnten bei minimalem Aufwand und Kosten den Nachschub an benötigtem Tritium sichern." Dr. Edmund Storms, einer der bestinformierten Forscher auf dem Gebiet, schreibt[17] dazu in seinem Review: Es hat über 200 Versuche gegeben, Tritium zu messen, wovon in 24 dieses Produkt berichtet worden ist, manchmal in signifikanten Mengen, aber nicht so viel, dass es für die anomale Energie verantwortlich sein könnte. Offenbar ist die Tritium-produzierende Reaktion schwer zu initiieren. Zweite PM-Behauptung: "Mallove sagte PM, dass zahlreiche kalte-Fusions-Experimente die Produktion von angereichertem Uran, Plutonium und Tritium erbracht haben." Wer Mallove kannte, weiß, dass er das nie gesagt hätte, weil es nicht den Tatsachen entspricht und Mallove diese immer genau genommen hatte. Eine der wenigen Experimente, in denen Uran überhaupt eine Rolle spielt, ist das bislang unbestätigte Experiment von Prof. John Dash (Portland State University, USA) und Dr. Dan Chicea (Lucian Blaga Universität, Rumänien). Die beiden Physiker haben leichtes (also normales) Wasser mit Elektroden aus fast reinem natürlichen Uran gespalten. Natürliches Uran besteht zu 99,3 Prozent aus dem Isotop Uran-238 und nur zu 0,7 Prozent aus Uran-235, das für Bomben und die meisten Kraftwerke benötigt wird. Nachdem durch Elektrolyse Wasserstoffkerne (Protonen) in die Uran-Folie geladen worden waren, maßen die Experimentatoren im Uran/Protonen-Komplex eine Zunahme von Uran-235 und das Entstehen von Thorium-234.[18] Thorium-234 hat jeweils zwei Protonen und Neutronen weniger im Kern als Uran-238. Dash und Chicea interpretieren das Entstehen von Thorium-234 durch einen Alpha-Zerfall von Uran-238, bei dem ein Helium-Kern entsteht. Das Problem dabei: Uran-238 ist eigentlich sehr stabil. Dieses Experiment, aber auch andere, bei denen es offenbar zur Spaltung oder Umwandlung von Elementen (Transmutation) kommt, verdeutlichen, dass es nicht sinnvoll ist, das gesamte Forschungsgebiet als "kalte Fusion" zu bezeichnen. Das Experiment von Dash und Chicea ist eher "kalte Spaltung" - eine weitere anomale niederenergetische Kernreaktion in einer Metallumgebung. Als Oberbegriff für die neuen Reaktionen wird daher Low Energy Nuclear Reactions (LENR) verwendet (Zur Theorie der kalten Fusion). Ein neuer Brutreaktor? Um die Zunahme des spaltbaren Uran-235 zu erklären, bieten Dash und Chicea einen Reaktionsmechanismus an, wie er von der Urananreicherung in sogenannten Brutreaktoren bekannt ist. Von Dash/Chicea vorgeschlagene Kernreaktion zur Erklärung der Uran-235-Zunahme: Uran-238 fängt ein Neutron ein und wird dadurch zu Uran-239. Dieses zerfällt zunächst in Neptunium-239 und dann in Plutonium-239. Dieses schließlich zerfällt unter Abgabe eines Alpha-Teilchens in spaltbares Uran-235.[19] Dash sagt, "es scheint, dass wir eine neue Art Brutreaktor entdeckt haben." Ähnlich dem kanadischen CANDU-Reaktor, der als einziger kommerziell erhältlicher Kernreaktor mit natürlichem Uran funktioniert, "könnte Uran-238 vielleicht verwendet werden, bis es endgültig zu Blei wird." Zusammenfassend ist in dem Experiment kein spaltbares Uran "produziert" worden, denn Uran war auch das Ausgangselement. Auch ermögliche das Verfahren nicht die Herstellung waffenfähigen Plutoniums, "denn es ist nur eine kleine Anreicherung möglich, keine große Anreicherung, wie sie für eine Bombe notwendig ist." Auf den PM-Artikel ist Dash denkbar schlecht zu sprechen[20]: "Popular Mechanics hat ein sehr heikles Thema sensationalisiert. Das ist absolut unverantwortlich." Prof. Akito Takahashi, der an der japanischen Universität von Osaka selber Transmutationen und LENR erforscht[21], meint, erst einmal müsste das besagte Experiment erfolgreich wiederholt werden. Doch selbst in diesem Fall sei die Menge an Uran-235 oder Plutonium-239 "so gering, dass keine Gefahr besteht, dass Terroristen eine Bombe bauen. Dieses kann nur ein großes Land, von dem ich hoffe, dass es kein terroristisches Land ist."[22] Eine Frage für die Politik Alexandra und Paulo Correa werfen Popular Mechanics vor, effektiv für die Geheimhaltung der LENR-Forschung plädiert und der Wissenschaft einen Bärendienst erwiesen zu haben. Wenn schon ein Aspekt der Kernreaktionen bei Raumtemperatur ein Thema der nationalen Sicherheit sein sollte, "dann die Aussicht auf eine Technologie zur Energiegewinnung". Der Friedensforscher Michael Klare warnt, dass nicht der Terrorismus die größte Bedrohung der amerikanischen Sicherheit sei, sondern die Abhängigkeit von Ölimporten aus instabilen Ländern. Seit Januar ist der Ölpreis um 60 Prozent gestiegen. Mit Aufkommen einer neuen Energietechnologie ginge die Abhängigkeit vom Öl zurück. Die USA könnten ihre Truppen aus dem Nahen und Mittleren Osten zurückziehen und den islamistischen Terroristen die politische Argumentationsgrundlage entziehen. Über zehn Prozent der Länder der Erde sind bei ihrer Trinkwasserversorgung von anderen Ländern abhängig. "Sogar Nationen mit genug eigenen Reserven haben ernste Verteilungsprobleme", schrieb der ehemalige Navy-Forscher David Nagel 2000 in seinem Aufsatz "Fusionsphysik und Philosophie". Mit grassierender Wasserknappheit und dem Rückgang der Ölförderung könnte die Entsalzung von Meerwasser und der Transport in wasserarme Regionen "eine sehr wichtige Anwendung der Energie" aus der kalten Fusion sein. Konflikte um Wasser könnten sich eventuell vermeiden lassen.[23] Hinzu kommen Forschungsergebnisse die andeuten, dass durch LENR die Radioaktivität von Sondermüll verringert werden könnte.[24] Ukrainische und russische Universitäten berichten sogar, bestimmte wachsende Bakterienkulturen würden radioaktive Isotope in Sondermüll aus Kernkraftwerken in stabile Isotope und andere harmlose chemische Elemente umwandeln.[25] Gerade die Tatsache, dass die US Navy in den USA die meisten LENR-Forschungslabore finanziere, lasse laut den Correas wenig Raum für Zweifel, "dass [amerikanische] militärische Einrichtungen seit langem Interesse an der kalten Fusion und LENR haben." Tatsächlich hat die Navy ihre Forschung mit vorbildlicher Offenheit betrieben. Außerdem dürfte die amerikanische Politik durch die JASON-Gruppe und das regierungsnahe Hoover-Institut mindestens sporadisch über den Stand der Forschung informiert worden sein.[26] Jetzt vor der US-Präsidentenwahl definieren beide Kandidaten auch die Wissenschaftspolitik, mit der sie die Wahl zu gewinnen denken. Beide nennen die Ziele, die Abhängigkeit von Ölimporten zu verringern und erneuerbare Energien zu fördern. Wenn John Kerry seinem Kontrahenten vorwirft, die Wissenschaft politisiert zu haben, weist George W. Bush auf die Ausweitung der Forschungsgelder hin.[27] Erst im August hat das amerikanische Repräsentantenhaus beschlossen, dem Energieministerium nächstes Jahr gut eine sechstel Milliarde Dollar mehr für Grundlagenforschung zur Verfügung zu stellen, insgesamt 3,6 Milliarden Dollar. Kerry wiederum betont häufig, alle Materialien zur Herstellung von Atomwaffen wie solche selber zu behandeln und überall auf der Welt sichern zu wollen. Dass hinsichtlich der kalten Fusion die Blicke über den Atlantik gerichtet bleiben, dafür sorgt etwa die deutsche Bundesregierung. Sie will ihr forschungspolitisches Handeln vom Ergebnis der DoE-Überprüfung abhängig machen. Nächste Konferenz zur kalten Fusion Es spricht alles dafür, dass es kalte Fusion und niederenergetische Kernreaktionen gibt. "Die tragende, noch offene Frage ist, ob dieses Phänomen hochskaliert werden kann, um eine kommerzielle Energiequelle zu werden", sagt Professor Nagel. Die Hoffnung liegt auf den Schultern einer verantwortungsvollen Politik, die Erforschung der LENR endlich in voller Breite zu beginnen, damit möglichst bald Anwendungen entstehen können. Über "Auswirkungen der kalten Fusion auf unser Leben" wird es auch auf der elften Internationalen Konferenz über Condensed Matter Nuclear Science (ICCF11) gehen. Diese findet vom 31. Oktober bis zum 5. November im französischen Marseille statt. Hauptredner ist der Physik-Nobelpreisträger Josephson. Nachdem letztes Jahr gezeigt werden konnte, dass eine kalteFusions-Zelle transportiert und an einem anderen Ort trotzdem optimal betrieben werden kann[28], soll auch dieses Jahr - von französischen Studenten - in einem Experiment die Produktion von Überschusswärme demonstriert werden. Der Tagungsleiter Prof. Jean Paul Biberian von der Universität Marseille erwartet, dass die Konferenz ein "Wendepunkt für die Anerkennung der Erforschung von Kernreaktionen bei niedrigen Energien als eigenständiges Forschungsgebiet" sein wird. US-Energieministerium empfiehlt weitere Erforschung der kalten Fusion Haiko Lietz 02.12.2004 Teil 6: Hälfte der Gutachter ist überzeugt: "Hinweise auf Leistungsüberschuss sind zwingend." Zweifel an der nuklearen Natur des Effektes Am Mittwoch ist die weltweit mit Spannung erwartete Überprüfung der mittlerweile vorliegenden Forschungsergebnisse zur kalten Fusion durch das US-Energieministerium veröffentlicht worden. Anders als vor 15 Jahren folgte das Gutachten diesmal den Regeln eines wissenschaftlichen Peer Reviews und nicht denen eines politischen Untersuchungsausschusses. Die Gutachter empfehlen fast einstimmig die wissenschaftliche Erforschung der kalten Fusion. Forschungsgeldgeber sollten auf individuelle Forschungsanträge eingehen. Teil 5: Die Rückkehr der kalten Fusion? Das deutsche Forschungsministerium erachtet die kalte Fusion im Fall ihrer Realität als "großen Fortschritt in Richtung einer weltweiten, nachhaltigen Energieversorgung". Die Möglichkeit der Kernfusion bei Raumtemperatur ist erstmals im Frühling 1989 von zwei Universitäten im USBundesstaat Utah behauptet worden. Nachdem deren Ergebnisse in weltweit hastig angesetzten Experimenten oft nicht erfolgreich wiederholt werden konnten und Meinungsführer der Wissenschaft sich gegen die kalte Fusion ausgesprochen hatten, wandelte sich die anfängliche Euphorie über die Antwort auf die globale Erwärmung rasch in Ablehnung. Ein Bericht des US-Energieministeriums (DoE) wirkte wie Zement für den sich etablierenden Konsens, die kalte Fusion sei auf Messfehler oder Fehlinterpretationen zurückzuführen. Der erste DoE-Untersuchungsbericht schloss im Herbst 1989, "dass es derzeit für die Entdeckung eines neuen Kernprozesses (...) keine stichhaltigen Beweise gibt", und sprach sich "gegen eine besondere Förderung zur Erforschung des der kalten Kernfusion zugeordneten Phänomens" aus. 15 Jahre später sind die DoE-Gutachter nun gespaltener Meinung, ob und wie weit die Hinweise auf Kerneraktionsprozesse überzeugend seien. Einigkeit herrscht jedoch in der Forderung, das Phänomen weiter zu untersuchen. Ergebnisse des aktuellen Gutachtens Das aktuelle Gutachten geht auf die Initiative vierer Wissenschaftler (Antragsteller) zurück, die die kalte Fusion seit 1989 erforschen. Das Wissenschaftsbüro des DoE ließ deren Forschungsbericht nebst sechs Anhängen von neun Wissenschaftlern begutachten. Diese hatten etwa einen Monat nebentätig Zeit, um den Fortschritt aus 15 Jahren zu begutachten. Ihre Gutachten dienten neun weiteren Gutachtern als Vorbereitung auf sechs Vorträge zum Stand der kalten Fusion. Die Gutachter wurden vom DoE gebeten: Die experimentellen und theoretischen Hinweise für das Auftreten von Kernreaktionen in kondensierter Materie bei niedrigen Energien (kleiner als ein paar Elektronenvolt) zu bewerten und zu bestimmen. Zu bestimmen, ob die Hinweise beweiskräftig dafür sind, dass solche Kernreaktionen stattfinden. Zu bestimmen, ob weitere Anstrengungen wissenschaftlich gerechtfertigt sind, und, wenn ja, die erfolgversprechendsten Ansätze, denen nachgegangen werden sollte, zu identifizieren. 1) Etwa die Hälfte der Gutachter gab an, dass die Hinweise auf einen Energiegewinn überzeugend seien. Der oft und unter manchen verstandenen Bedingungen beobachtete Effekt ist zwingend. Die andere Hälfte gab an, dass ein Energiegewinn nicht überzeugend sei, wenn über die Gesamtdauer des Experiments gemittelt werde. Auch seien nicht alle chemischen oder Messeffekte zur Erklärung der Wärmeproduktion als Anzeichen der behaupteten Kernfusion diskutiert worden. Die meisten Gutachter gaben an, "dass die Effekte nicht wiederholbar sind, die Größenordnung des Effekts in über einer Forschungsdekade nicht vergrößert worden ist und dass viele der berichteten Experimente nicht gut dokumentiert sind". Dass in fünf von 16 klassischen Elektrolyseexperimenten, in denen Überschusswärme produziert worden sei, auch das Fusionsprodukt Helium-4 gemessen worden sei, überzeugte "manche" Gutachter "ganz oder einigermaßen", dass Kernreaktionen stattfänden. Für andere war "mangelnde Stetigkeit ein Anzeichen, dass diese Hypothese nicht gerechtfertigt ist". Beschleunigerexperimente, in denen niederenergetische Kernreaktionen laut Forschungsberichten verstärkt vorkommen, wurden von den Gutachtern, die sich damit beschäftigt hatten, "generell positiv", wenn von manchen auch als Randgebiet gesehen. Insgesamt fanden fünf Gutachter die Hinweise auf niederenergetische Kernreaktionen "einigermaßen überzeugend". Einer zeigte sich restlos überzeugt. Der Rest war nicht überzeugt. Viele Gutachter kritisierten, "dass schlechte Experimentdurchführung, Dokumentation, Hintergrundkontrollen und ähnliche Aspekte Verständnis und Interpretation der präsentierten Ergebnisse erschwerten." 2) Zur Frage, ob die Hinweise dafür beweiskräftig seien, dass Kernreaktionen stattfinden, äußerten sich nicht alle Gutachter. Nur einer bejahte diese Frage. Es ist nicht bekannt, ob diejenigen, die diese Frage verneinten, auch diejenigen sind, die einen Energiegewinn verneinten. In ihrem Bericht und den angehängten Veröffentlichungen hatten die Antragsteller den Gutachtern zu erkennen gegeben, dass bei der kalten Fusion ein neuer Reaktionsmechanismus zu erwarten sei. Dieser Aussage entsprachen Kernphysiker unter den Gutachtern mit der Formulierung, dass der vorgeschlagene Mechanismus der kalten Fusion nicht in Einklang stehe mit "altbekannten" und "akzeptierten" Fusionsreaktionen. Einigkeit herrschte offenbar darin, dass zukünftige Experimente von bekannten Reaktionsmechanismen ausgehen sollten. 3) Zur Frage, ob und welche weiteren Anstrengungen wissenschaftlich gerechtfertigt seien, steht im Abschlussbericht: Es war die fast einhellige Meinung der Gutachter, dass Forschungsgeldgeber auf individuelle und gutdurchdachte Vorschläge für Experimente eingehen sollten, welche die spezifische wissenschaftliche Fragestellung zum Ziel haben, ob es in den [beschriebenen] Systemen eine anomale Energieproduktion gibt, oder ob [Kernfusionen] bei Energien der Größenordnung weniger Elektronenvolt stattfinden. Diese Anträge sollten etablierten wissenschaftlichen Standards entsprechen und einem rigorosen Peer Review unterzogen werden. Kein Gutachter empfahl eine gezieltes, staatlich gefördertes Forschungsprogramm für niederenergetische Kernreaktionen. Die Gutachter schließen mit der Bemerkung, dass niederenergetische Kernreaktionen unter Verwendung modernster Apparate und Methoden erforscht werden sollten. Vergleich Obwohl das DoE schreibt, die Schlussfolgerungen seien diesmal ähnlich wie 1989, gibt es einen wesentlichen Unterschied der diesjährigen Erkenntnisse zu den früheren. 1989 schloss der Untersuchungsausschuss, "dass die experimentellen Ergebnisse kalorimetrischer Messungen keine überzeugenden Beweise dafür liefern, dass die kalte Kernfusion eine nutzbare Energiequelle darstellt." Diesmal schloss die Hälfte der 18 Gutachter: "Die Hinweise auf einen Leistungsüberschuss sind zwingend." Ebenfalls gibt es diesmal ein deutlicheres Bekenntnis zur Forschungsfinanzierung der kalten Fusion. 1989 war der Ausschuss "für bescheidene Unterstützung sorgfältig geplanter und kooperativer Experimente im Rahmen der existierenden Förderungsprogramme". Nun werden Forschungsgeldgeber explizit aufgefordert, auf Forschungsprojekte einzugehen, "welche die spezifische wissenschaftliche Fragestellung zum Ziel haben, ob es (...) eine anomale Energieproduktion gibt". Anders als 1989 folgte das Gutachten diesmal den Regeln eines wissenschaftlichen Peer Review und nicht denen eines politischen Untersuchungsausschusses. Die unterschiedlichen Meinungen der Gutachter sind nicht einer verallgemeinernden Aussage untergeordnet worden. Der beteiligte Antragsteller Dr. Michael McKubre hat der New York Times gegenüber bereits begrüßt, dass die aktuellen Schlussfolgerungen wenigstens "ein bisschen positiv" seien. Dieses nimmt das DoE allerdings auch für seinen Bericht von 1989 in Anspruch. Der Leiter des DoEWissenschaftsbüros, Dr. James Decker, hatte McKubre und seinen Kollegen am 5. November 2003 gesagt, der erste Bericht sei nicht falsch, aber "hastig und vorläufig" gewesen und auch "unglücklich interpretiert" worden. Lobbying für die Kalte Fusion Haiko Lietz 12.08.2008 Teil 7: Vom langsamen aber stetigen Fortschritt der internationalen Festkörperkernforschung 2004 lief bei Telepolis eine sechsteilige Mini-Serie über die umstrittene Kalte Fusion (Kalte Fusion wieder heiß). Hintergrund war eine Begutachtung des Stands der Erforschung dieser potentiellen Energiequelle durch das US-Energieministerium. Das Ergebnis blieb zweideutig. Zu der breit angelegten Forschungsförderung, die die Antragsteller sich gewünscht hatten, kam es nicht. Nun ist das Wissenschaftslobbying der Kalte-Fusion-Forscher in eine neue Runde gegangen. Seit Montag findet vor der Haustür des US-Kongresses die 14. Internationale Konferenz für Festkörperkernforschung statt. Doch auch international gibt es Bemühungen, die Forschung auszuweiten, besonders in Indien. Eine Schlüsselrolle kommt der kürzlichen Demonstration einer Kalten Fusion an der Osaka Universität in Japan zu, von der Manche sich den Anfang eines Durchbruchs erhoffen. Teil 7 der Serie schildert Hintergründe dieser internationalen wissenschaftlichen und politischen Bemühungen. Teil 6: US-Energieministerium empfiehlt weitere Erforschung der kalten Fusion Time-Titelblatt vom September 1989 Als Martin Fleischmann und Stanley Pons am 23. März 1989 auf ihrer berühmt berüchtigten Pressekonferenz die Kalte Fusion vorstellten, versetzten sie damit fast die ganze Welt in Aufruhr. Saubere Energie durch Kernfusion per elektrischer Wasserspaltung klang einfach zu verlockend. Doch viele - wenn auch nicht alle - Reproduktionsversuche endeten im Chaos und die etablierte Wissenschaft wandte sich wieder ihrem Tagesgeschäft zu. Als Yoshiaki Arata am 22. Mai 2008 auf seiner Pressekonferenz eine Weiterentwicklung des Fleischmann/Pons-Experiments vorstellte, versetzte er damit, gemessen an der weltweiten Berichterstattung nicht viele in Aufruhr - in Deutschland berichtete nur Telepolis (Kernreaktion im Vortragssaal). Dabei ließ er gleich noch eine Live-Demonstration folgen und hat ein Register veröffentlichter Bestätigungen der Kalten Fusion inklusive einer unabhängigen Reproduktion vorzuweisen. Am meisten Aufmerksamkeit wurde ihm wohl von seinen Kollegen in der Festkörperkernforschung (Condensed Matter Nuclear Science: CMNS) zuteil, dem Forschungsgebiet, zu dem die Kalte Fusion heute gehört. Denn eine Demonstration gilt als Beleg, dass das Experiment beherrscht wird und der begehrte Überschusswärmeeffekt auf Knopfdruck reproduziert werden kann. Arata ist emeritierter Professor an der Osaka-Universität. Vom japanischen Kaiser hat er 2006 die höchste kulturelle Auszeichnung für seine Verdienste in der Hochenergiephysik erhalten, von seinen Kollegen 2005 die Giuliano-Preparata-Medaille für herausragende Leistung in der Festkörperkernforschung. Von 157 Kalte-Fusion-Experimenten, in denen mehr Wärme entstanden, als etwa in Form von elektrischer Energie hineingesteckt worden sei und die der CMNS-Veteran Ed Storms in seinem Buch kürzlich zusammengefasst hat, werden fünf Arata und seiner chinesischen Kollegin Yue-Chang Zhang zugeschrieben. Das demonstrierte Experiment ist eine wissenschaftlich bislang nur japanisch beschriebene Vereinfachung dieser frühereren Experimente. Nun da Storms mit dem Betreiber des CMNS-Archivs LENR-CANR.org Jed Rothwell eine Lesehilfe zu Aratas Pressematerial gegeben hat, stellt sich auch langsam heraus, was Arata und Zhang eigentlich genau gemacht haben. Yue-Chang Zhan und Yoshiaki Arata bei der Demonstration im Mai. Bild: S. Krivit/New Energy Times Gas rein, Wärme und Helium raus? Ziel der Kalten Fusion ist es, Wasserstoff sich möglichst dicht und dynamisch in einem Metallgitter bewegen zu lassen. Anders als bei der Heißen Fusion, bei der die Fusionsbedingung durch eine Steigerung von Druck und Temperatur geschaffen wird, ermöglicht die Gegenwart mancher Metalle offenbar die Wasserstofffusion auch bei Raumtemperatur. Üblicherweise wird schwerer Wasserstoff (Deuterium) verwendet, da er viel fusionsfreudiger ist als leichter Wasserstoff. Fusionieren Deuteronen, entstehen unter Wärmeabgabe charakteristische Fusionsprodukte. Anders als Fleischmann/Pons und in ihren früheren Experimenten produzieren Arata/Zhang Deuterium nicht in situ durch die Spaltung (Elektrolyse) von schwerem Wasser, sondern leiten es gasförmig in einen Hochvakuum-Edelstahlbehälter. In diesem befinden sich sieben Gramm eines Zirkoniumoxid-Palladium-Pulvers. Sobald das Gas eingeleitet wird, steigt im Behälter die Temperatur. Diese chemische Wärme ist auf die Absorption des Wasserstoffs durch die Nanopartikel zurückzuführen. Nach etwa 20 Minuten hat das Metallpulver so viel wie möglich Wasserstoff aufgenommen. Nun beginnt der Druck in der Reaktorkammer zu steigen. Gleichzeitig beginnt die Innentemperatur zu fallen. Doch sie nähert sich der Außentemperatur nicht an. Mindestens zwei Tage lang bleibt der Reaktor innen heißer als außen. Innerhalb scheint es also eine weitere Wärmequelle zu geben - eine nukleare Quelle, behaupten Arata und Zhang. Denn in einem Kontrollexperiment mit leichtem, erwartungsgemäß nuklear inaktivem Wasserstoff sind Innen- und Außentemperatur nach 100 Minuten gleich. Um zu zeigen, dass es sich tatsächlich um Kernfusion handelt, präsentierten Arata und Zhang Messungen des Fusionsprodukts Helium-4. Diese "nukleare Asche" ist bei der Heißen Fusion total unerwartet. Bislang ist das japanisch-chinesische Team allerdings jede Erklärung schuldig geblieben, wie und in welchen Mengen sie Helium-4 gemessen haben will. "Die Demonstration sollte als ‘Demonstration für Laien’ verstanden werden", sagt daher der japanische Kalte-FusionTheoretiker Hideo Kozima. Aber auch die Wärmemessungen könnte man genauer machen. Rothwell und Storms ziehen daher den Schluss: Bevor diese Arbeit vollständig verstanden ist, müssen noch viele Fragen beantwortet werden. Da vorherige Arbeiten mit derselben Methode, aber mit reinem Palladium-Pulver, jedoch gut dokumentierte und reproduzierte Wärme- und Helium-Ergebnisse erbracht haben, sollte diese Arbeit eine Chance bekommen. Hoffentlich stellt Prof. Arata weitere Informationen zur Verfügung und werden die Behauptungen bald reproduziert. Versuchsaufbau für das Experiment von Yoshiaki Arata und Yue-Chang Zhan. Bild: S. Krivit/New Energy Times Reproduktion In den 90er Jahren hatten Arata/Zhang Elektrolyseexperimente mit Elektroden durchgeführt, die mit feinem Palladium-Pulver gefüllt waren. Mit diesem Aufbau erzielten sie 1994 in einem Experiment zwölf Tage lang eine Wärmeleistung von 80 Watt und produzierten dabei 1,8 Mal mehr Energie, als sie in das System hineingesteckt hatten. Auch die Produktion von Überschusswärme über ein halbes Jahr ist bei Arata/Zhang keine Seltenheit. Bereits 1995 schrieben sie, ihre Ergebnisse seien "beliebig wiederholbar". Außerdem wird regelmäßig von den Fusionsprodukten Helium-4 und Helium-3 berichtet, erstes in größeren Mengen und beide immer nur bei der Verwendung von schwerem Wasser, nie in den Kontrollexperimenten. "Als wir von diesen Ergebnissen hörten, versuchten wir es selber", sagt Michael McKubre, "und anfangs hatten wir dabei keinen Erfolg." Der Direktor des Energieforschungszentrums von Stanford Research International (SRI) gilt in der Festkörperkernforschung als derjenige, der endgültig bewiesen hat, dass bei der Kalten Fusion tatsächlich mehr Energie entsteht als verbraucht wird. Der Schlüssel zur erfolgreichen Reproduktion war die Verwendung exakt gleicher Elektroden, die SRI aus Japan erhalten hatte. "Aratas Hauptaussage war Überschusswärme und wir haben das in seiner Größenordnung bei Verwendung von schwerem Wasser auch bestätigt." Was die Fusionsprodukte angeht, wurden bei SRI jedoch Spuren großer Mengen von Helium-3 gefunden, nicht Helium-4. "Also gab es Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen unseren Ergebnissen und denen von Arata. Diese Diskrepanz können wir immer noch nicht erklären", sagt McKubre. Also Helium-3 statt Helium-4 - warum so viel Aufhebens um eine Zahl? Das Problem ist, entsteht ein unterschiedliches Helium-Isotop, erfordert das unter Umständen eine vollständig andere Erklärung. Tatsächlich gibt es in der Festkörperkernforschung kein Standardmodell, wie die Kalte Fusion eigentlich funktioniert. Eine solche braucht es aber, wenn das Feld die Anerkennung der etablierten Wissenschaft haben will. Lobbying seit 2003 Seit Montag findet die 14. Internationale Konferenz für Festkörperkernforschung (ICCF-14) statt. Auch Arata wird eine weitere Ehrung zuteil. Austragungsort ist Washington DC, um in der Hauptstadt des Lobbyismus für die Sache zu werben. Die diesjährige Organisation liegt bei Angehörigen des US-amerikanischen Marineforschungslabors (Naval Research Laboratory). Diese sind aktiv in die Forschung eingebunden - auch wenn sie es nicht an die große Glocke hängen - und kooperieren unter anderem mit McKubres Gruppe. Zu deren Geldgebern zählt bereits seit etwa zehn Jahren die DARPA-Forschungsbehörde des Pentagons. Bei soviel Unterstützung könnte man meinen, dass Lobbyismus nicht nötig sei, doch die Pentagon-Finanzierung ist - gemessen an dem, was man sich wünscht - nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Das Lobbying hatte 2003 begonnen und 2004 zu einer Begutachtung des Forschungsstandes durch das US Department of Energy (DoE) geführt. Hauptentscheidungsgrundlage war ein Dokument von McKubre, dem ICCF-14-Organisator David Nagel und weiteren, in dem auch die Arata-Forschung beschrieben wurde. Die Hälfte der Gutachter erkannte die Energieproduktion an und empfahl, "dass Forschungsgeldgeber auf individuelle und gut durchdachte Vorschläge für Experimente eingehen sollten". Damit war klar, dass es das CMNS-Forschungsprogramm beim DoE, das die Antragsteller sich erhofft hatten, nicht geben würde. Da sich den Gutachtern kein einheitliches Bild eines Reaktionsmechanismus bot, wurden Zweifel an der nuklearen Natur des Wärmeeffektes geäußert. (US-Energieministerium empfiehlt weitere Erforschung der kalten Fusion). Das DoE ist seitdem kritisiert worden, zur Begutachtung kaum CMNS-Experten berufen zu haben. In der Tat zeigten nur fünf von 18 Gutachtern in ihren Stellungnahmen, dass sie über Hintergrundwissen verfügten. "ICCF-14 ist Teil der Strategie", sagt McKubre über die Konferenz in Washington DC, und mit ihrer Marine-Mentalität seien die Organisatoren das Problem so effektiv und direkt wie möglich angegangen: Wir müssen drei Gruppen aufklären: die Wissenschaft, die von der Regierung kontrollierten Geldgeber und die Öffentlichkeit. Die Öffentlichkeit kann man über die Medien aufklären. Die Wissenschaft kann man über Fachzeitschriften aufklären, wenn sie das zulässt. Aber sie will nicht aufgeklärt werden. Sie wollen keine hochwertigen Forschungsaufsätze lesen und weisen sie ab, ohne sie zu begutachten. Das kann man ändern, indem man die Öffentlichkeit dazu bringt, Druck auf die Kongressabgeordneten auszuüben, damit Fördermittel für diese Forschung bereitgestellt werden. Natürlich kann man auch den Weg über die private Forschung gehen, die hier in den USA noch immer ziemlich dynamisch ist, auch wenn es einmal besser war. Michael McKubre Indische Forscher wollen Festkörperkernforschung wiederbeleben Die Demonstration an der Osaka-Universität fand zwar zur Feier von Aratas 85. Geburtstag statt, diente wahrscheinlich aber auch der Akquirierung von Forschungsgeldern. "Arata versucht, ein Institut für Neue Energie in Osaka aufzubauen", sagt ein japanischer Wissenschaftler, der nicht genannt werden möchte und der vermutet, "dass er die Demonstration vor den Medien gemacht hat, um das zu erreichen". An der japanischen Tohoku-Universität gibt es zur Zeit ein vom Forschungsministerium gefördertes CMNS-Labor. Auch in China und Russland wird in diese Forschung investiert. In Italien sind Forscher der staatlichen Forschungszentren ENEA und INFN mit CMNS beschäftigt und stehen mit privaten Kapitalgebern in Verhandlungen. In Deutschland steht die Gründung eines Instituts für Festkörperkernphysik bevor. Außerdem will eine Gruppe, die zuletzt 1989 an der Kalten Fusion gearbeitet hat, diese Arbeit wieder aufnehmen, weil über 19 Jahre immer ein Zweifel geblieben war, ob nicht doch etwas dran sein könnte. Die größten Bemühungen, früherer Forschung neues Leben einzuhauchen, finden jedoch in Indien statt. Das Bhabha Atomic Research Centre (BARC) des Department of Atomic Energy (DAE), zuständig für das indische Atomprogramm und die Grundlagenforschung zur Heißen Fusion, beschäftigte Anfang der 90er weltweit die meisten Forscher auf dem Gebiet der Kalten Fusion. Zehn von zwölf Gruppen, geleitet von dem Physiker Mahadeva Srinivasan, fanden binnen Monaten Bestätigungen für den Fleischmann/Pons-Effekt. Hauptsächlich wurde Tritium gefunden, das Zerfallsprodukt von Helium-3. Integrationsfigur dieser Forschung war BARC-Direktor Padmanabha Krishnagopala Iyengar. Als dieser Anfang der 90er Vorsitzender der indischen Atomenergiekommission und damit Staatssekretär im DAE wurde, endete damit auch die CMNS-Forschung bei BARC. Seitdem bemüht sich Srinivasan um ihre Wiederaufnahme. Den Durchbruch könnte ein Treffen (Energy concepts for the 21st century) darstellen, das Srinivasan am 9. Januar 2008 veranstaltet hatte. Nach seinem Vortrag über historische Vorläufer der Kalten Fusion und Gastvorträgen von McKubre und dem Fachjournalisten Steve Krivit (Low Energy Nuclear Reaction Research - Global Scenario) sprachen sich führende indische Wissenschaftler für die Festkörperkernforschung aus. Der indischen Redaktion der Fachzeitschrift Nature, deren internationale Ausgabe sonst nur durch Verbalattacken gegen die Kalte Fusion auffällt, teilte Iyengar mit, man habe "dem Land großes Unrecht getan, die Forschung zu stoppen". Der ehemalige Wissenschaftsstaatssekretär Valangiman Ramamurthy meinte, die Tatsache, dass die Kalte Fusion 19 Jahre nach ihrer Entdeckung nicht widerlegt worden ist und dass 200 Wissenschaftler in 13 Ländern daran arbeiten, sollte als Grund ausreichen, dass auch Indien wieder anfängt. Srinivasan betont, dass an dem Treffen erstmals auch Risikokapitalgeber teilgenommen hatten. "Ich muss jetzt die richtige Person finden, die eine Führungsrolle einnehmen und Experimente im privaten Bereich organisieren kann." Als Erfolg bezeichnet er auch die Zusage des jetzigen BARCDirektors, im Februar 2009 einen dreitägigen Workshop auszurichten. Srinivasan ist zuversichtlich, dass die Vorurteile gegen die Kalte Fusion zumindest in Indien nun überwunden sind. Wohin geht die Reise? Aratas öffentliche Demonstration der Kalten Fusion wirft die Frage nach dem Status des Forschungsgebiets auf. Srinivasan, der sich davon erhofft, in Indien die Forschung schneller wiederbeleben zu können, drückt es so aus: Aratas Forschung folgt einem modernen technologischen Ansatz und scheint die Wichtigkeit von Nanotechnologie aufzuzeigen. Aber noch ist er der einzige, der das Experiment gemacht hat. Solange wir kein Experiment haben, das jeder überall reproduzieren kann, stecken wir noch in der Grundlagenforschung. Auch Arata steckt nicht in der Prototypentwicklung. Aber in dem Moment, wo jemand ein Gerät vorführt, das eingeschaltet und jedem demonstriert werden kann, wird die Forschung ganz sicher durchstarten. Das kann jederzeit passieren und wir bereiten uns darauf vor. Mahadeva Srinivasan Die Analyse der bisherigen 157 Experimente, in denen Überschusswärme gemessen wurde, bietet weder Anhaltspunkte für eine typische erzielbare Wärmeleistung, noch für eine obere Grenze. Gelegentlich seien größere Leistungsdichten (gemessen in Watt pro Kubikzentimeter Metall) als bei Spaltungsreaktionen in Kernkraftwerken gemessen worden. Im bislang ertragreichsten Experiment wurden 1998 - ausgerechnet mit normalem Wasser und Wolfram statt Palladium - 183 Watt Überschussleistung erzielt. Für die Energiegewinnung setzen Forscher wie Srinivasan oder Storms die größte Hoffnung in Gaszellen wie die von Arata/Zhang, betonen aber auch, dass die Festkörperkernforschung mehr ist als nur Kalte Fusion. Die Autoren des Dokuments, mit dem 2004 die Gutachter des USEnergieministeriums gebrieft worden sind, sind von manchen Kollegen kritisiert worden, Transmutationen nicht in den Beweiskatalog aufgenommen zu haben. Die Umwandlung von Elementen stellt neben der Kalten Fusion zur Energiegewinnung den zweiten großen CMNSForschungsbereich dar. Gezielte Elementeumwandlungen wie die von Mitsubishi Heavy Industries rufen unweigerlich Erinnerungen an die Alchemie (An Investigation on the Activity Pattern of Alchemical Transmutations) wach, und manche fürchten, dass das die Chancen auf Anerkennung der Kalten Fusion verschlechtert. "Man muss das gesamte Forschungsgebiet mit breiter Perspektive sehen", findet Srinivasan, "und es ist offensichtlich, dass die Organisatoren von ICCF-14 das Programm nicht so breit haben wollten." Ein außerplanmäßiger Workshop zu Transmutationen findet nun am letzten Tag der Konferenz statt. Gefragt, was McKubre von ICCF-14 erwartet, erwähnt er "definitiv interessante" Arbeiten auf dem Gebiet der Energieforschung. Die Frage sei jedoch, ob die Experimentalisten bereit wären, zu enthüllen woran sie arbeiten. Wo Forschung privat und militärisch gefördert wird, sind Verschwiegenheitsverträge nicht unüblich, und wo man sich den Schritt zur Prototypenentwicklung erhofft, haben Patente Vorrang vor wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Dieses gilt nicht erst seit kurzem auch für die Festkörperkernforschung. Kalte Fusion und die Zukunft Haiko Lietz 23.03.2009 Teil 8: Welche technologischen Entwicklungen die Kernfusion bei Raumtemperatur ermöglichen könnte Unsere bisherige Lebensweise hat Mutter Erde verpestet und die gesellschaftlichen Systeme an den Rand des Chaos geführt. Die Abhängigkeit vom Öl ist zum Problem geworden. Stellt die Kernfusion bei Raumtemperatur eine Lösung dar? Vor 20 Jahren wurde die Kalte Fusion der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Kaum einer weiß, dass eine anomale Energieproduktion seitdem mehr als 160 Mal bestätigt worden ist. Was wäre, wenn sich daraus eine Technologie entwickeln ließe? Involvierte Forscher halten eine Revolution der Energieversorgung für möglich. Möglicherweise stehen wir vor einer schicksalhaften Weichenstellung. Teil 7: Lobbying für die Kalte Fusion Es ist der 23. März 2089. Zum 100. Jahrestag der Kalten Fusion finden weltweit Festlichkeiten statt. Nach anfänglichen Widerständen hatte die umweltfreundliche Wasserstofffusion bei Raumtemperatur ab 2017 grundlegende technologische und gesellschaftliche Veränderungen mit eingeleitet. 2020 waren die ersten Heizkörper auf den Markt gekommen. Danach war alles recht schnell gegangen. 2030 fuhren schon die ersten Autos mit Fusionsantrieben, und in Japan ging das erste KF-Großkraftwerk zur Stromversorgung eines kleinen Industriebezirks in Betrieb. Und dann kamen die Projekte, die auch das Gesicht des Planeten für immer veränderten. Dieses Szenario orientiert sich an den Profiles of the Future des Schriftstellers Arthur C. Clarke und dem Buch Cold Fusion and the Future des Insiders Jed Rothwell. Bereits 1962 hatte Clarke den Durchbruch der Fusionsenergie auf 1990 gelegt. Die Kalte Fusion (KF) ist eine heute noch umstrittene Innovation der Chemiker Martin Fleischmann und Stanley Pons. 1989 hatten sie der Weltöffentlichkeit mitgeteilt, mit der Wasserstofffusion im Labormaßstab hätte sich eine neue, saubere und quasi unerschöpfliche Energiequelle aufgetan. Der Haupteffekt, die Produktion von Wärmeleistung, ist bis heute in mehr als 160 größtenteils unabhängigen Experimenten gemessen worden. Auf jedem anderen Forschungsgebiet würde dieses als Beweis ausreichen, doch bei der KF macht wenig Sinn, bevor man es in seinem forschungspolitischen Zusammenhang sieht. Clarke hat ihre Verhinderung als "wohl einen der größten Skandale der Wissenschaftsgeschichte" bezeichnet. Einem Szenario der Energy Watch Group zufolge könnte Deutschland schon 2030 der Ölhahn weitgehend zugedreht werden. Kohle- und Uran-Vorkommen werden weniger drastisch eingeschätzt. Doch hier herrscht wenig Klarheit, Zahlen sind politisch gefärbt. Die Abhängigkeit vom "schwarzen Gold" betrifft dabei nicht nur die Treibstoffversorgung: Ohne Rohöl kommt auch ein Großteil der Kunststoff- und Düngemittelindustrie zum Erliegen. Technischen und wirtschaftlichen Fortschritt haben wir uns erkauft mit dem Raubbau an der Natur und der Verpestung von Meeren, Böden und Luft. Jährlich sterben über zwei Millionen Menschen an verschmutztem Trinkwasser. Kriege um Öl sind nichts Neues, und Konflikte um Wasser sind vielleicht schon häufiger, als man denkt. Klimatische Extremereignisse und Naturkatastrophen häufen sich. Erneuerbare Energien aus Sonne oder Wind bieten Hoffnung. Mit ihnen könnte man aus Wasser Wasserstoff für Brennstoffzellen produzieren, doch dazu muss die Effizienz noch erheblich gesteigert werden. Außerdem ist es nicht immer und überall sonnig oder windig. Die Heiße Fusion schließlich, sollte der Nachbau der Sonne auf Erden einmal nützlich realisiert werden, wäre die teuerste, je entwickelte Energiequelle. Außerdem erzeugt sie nicht zu vernachlässigende Radioaktivität. "Ich glaube, dass wir mit der heutigen Wissenschaft in eine Sackgasse geraten sind", sagt der junge deutsche Chemiker Jan Marwan. "Die Kalte Fusion bietet da eine Möglichkeit." Heat after Death 1962 kam Martin Fleischmann der Gedanke, dass in einem Metallgitter eine Fusion von Deuterium möglich sein könnte. Schon lange war bekannt, dass das Metall Palladium Deuteronen aufsaugen kann wie ein Schwamm Wasser. Deuteronen sind schwere Wasserstoffkerne, bestehend aus einem Proton und einem Neutron. Zu ihrer Fusion gilt es die starke Abstoßung der positiv geladenen Atomkerne zu überwinden. In der Sonne geschieht dieses offenbar durch zehn Millionen Grad Celsius. Aber bei Raumtemperatur? Kosmisches Vorbild? Die Sonne versorgt die Erde mit Energie aus der Fusion von Wasserstoff (Bild: NASA) Erst nach seiner Pensionierung als Dekan des Chemiefachbereichs der britischen Universität von Southampton konnte sich Fleischmann dem Experimentieren widmen. Gemeinsam mit Stanley Pons von der Universität von Utah hatte er sich für ein Elektrolyseexperiment entschieden, in dem schweres Wasser mit Palladium-Elektroden gespalten und durch den Strom Deuteronen in das Metallgitter gezogen werden. Anfang 1985 lief eine Elektrolyse schon für mehrere Monate, als Pons für einen halben Tag den Stromfluss erhöhte. Am nächsten Morgen war das Palladium geschmolzen und hatte ein zehn Zentimeter tiefes Loch im Zementfußboden hinterlassen. Als sie den Schaden sahen, schauten sie drein wie die sprichwörtliche Katze, die gerade den Kanarienvogel verspeist hat. Über Nacht musste etwas Außergewöhnliches passiert sein. Am 23. März 1989 gingen Fleischmann und Pons an die Öffentlichkeit. Eine Energieproduktion sei wiederholbar, zeige sich als Überschusswärme und könne "nur durch einen nuklearen Prozess" erklärt werden. Doch der Kalten Fusion sollte es ergehen wie der Kernspaltung - als Otto Hahn diese 1938 entdeckt hatte, glaubten ihm seine Kollegen zunächst auch nicht. In der 1989 bereits bestens bekannten Heißen Fusion entstehen zu gleichen Teilen Tritium und Neutronen. Doch weil bei den weltweiten oft spontanen Bestätigungsversuchen der KF praktisch keine Neutronen gemessen wurden, glaubten die Physiker auch die Messungen von Überschusswärme nicht. Das Interesse schwand so schnell, wie es gekommen war. Dass und mit welchen Ergebnissen die Forschung dann weiterging, ist den meisten Wissenschaftlern heute weitgehend unbekannt. Ihnen gelang der Durchbruch bei der Kalten Fusion: Stanley Pons und Martin Fleischmann (1989) (Bild: Infinite Energy) "Die wichtigsten Experimente hatten wir 1995 gemacht, als wir die Entstehung von Überschusswärme über mehrere Monate beobachteten", erinnert sich Fleischmann heute. Damals arbeitete er mit Pons in einem Labor in der Provence, finanziert von der Toyota-Tochterfirma Technova. In einem Experiment mit fast kochendem Wasser produzierten sie 144 Watt - das entspricht der Wärmeleistung eines kleinen Durchlauferhitzers. Die Leistungsdichte der PalladiumElektrode war dabei größer als die von Uran-Brennstäben in Kernkraftwerken. Forscher der französische Atomenergiekommission, die die Messmethode überprüft hatten, bestätigten die Leistungsproduktion. Mittlerweile hatten einige Labore das Fusionsprodukt Helium-4 nachgewiesen. Mehr noch: Die Menge des Heliums entsprach der gemessenen Menge Überschusswärme. Wenn auch die funktionierenden KF-Experimente stotterten wie ein Verbrennungsmotor mit Fehlzündungen, schien es zumindest, als käme man dem Reaktionsmechanismus langsam auf die Schliche. Die Präsenz von Helium-4 würde erklären, warum die Physiker 1989 keine Neutronen finden konnten: Es entstehen keine. Sollte sich dieses bewahrheiten, und darauf deutet immer mehr hin, wäre die Kalte Fusion schlicht anders als die Heiße. "Ich glaube, sie werden das noch erkennen", sagt Fleischmann enttäuscht. Mit Pons hatte er noch etwas anderes entdeckt: Als sie alles Wasser verdampfen ließen und folglich kein Strom mehr fließen konnte, blieb die Palladium-Elektrode noch drei Stunden lang heiß, ein Phänomen, das als "Heat after Death" bezeichnet wird. Dass die KF nicht notwendigerweise eine Energiezufuhr benötigt, kann auch Tadahiko Mizuno von der Hokkaido Universität bestätigen. Er ist einer von 110 japanischen Wissenschaftlern, die bis Ende 1989 die staatlich geförderte Forschung aufgenommen hatten. 1991 musste er ein Experiment beenden, das ihm wortwörtlich zu heiß geworden war. Um den getränkedosengroßen PalladiumReaktor abzukühlen, tauchte er ihn in einen Eimer Wasser. Am nächsten Tag war das Wasser fast vollständig verdampft. Innerhalb von fünf Tagen musste er es viermal auffüllen. Insgesamt generierte der Reaktor nach Abschaltung der Stromzufuhr 85 Megajoule Energie - genug um einen Toyota Corolla 33 Kilometer weit zu fahren. Zum Vergleich: Die größte erfolgreiche Heiße Fusion produzierte 1997 elf Megajoule, zwei Drittel der damals aufgewendeten Energie. Oberfläche der Gold-Elektrode nach Mizunos Experiment: Aus diesen "Kratern" sind transmutierte Elemente herausgespuckt worden (starke Vergrößerung) (Bild: Mizuno) 1998 war auch in Japan die üppige Förderung http://www.lenr-canr.org/PDetail5.htm#1525 für die KF größtenteils ausgelaufen, für die die Regierung aber auch Unternehmen wie Technova, Mitsubishi Heavy Industries (MHI), Hitachi, Toshiba und Honda im Rahmen des Programms "New Hydrogen Energy" (NHE) gesorgt hatten. Mizuno und sein Kollege Tadayoshi Ohmori hatten GoldElektroden besorgen können und nach Elektrolyse eine kleine Sensation entdeckt: "Wir haben transmutierte Elemente auf der Goldoberfläche gefunden und welche, die durch kraterartige Löcher herausgeschleudert worden sind." Im Experiment tauchten Isotope von Elementen auf, die nicht nur vorher nicht da waren, sondern die auch verglichen mit der Natur relativ selten vorkommen: Quecksilber-200, Nickel-60, Eisen-57. Nun also die Umwandlung von Elementen - Gegenstand der Alchemie seit hunderten von Jahren. Anfangs war das sogar für KF-Forscher hart zu schlucken. Für Mizunos Vermutung, dass die Kernreaktionen "an extrem aktiven Stellen der Metalloberfläche" stattfinden, haben 1999 Chemiker des SPAWAR-Forschungslabors der US Navy Belege gefunden. Mit einer Infrarotkamera filmten sie die Palladium-Elektrode und konnten zeigen, dass die extreme Wärme nicht im Wasser entsteht, sondern an lokalen, nuklear aktiven Regionen des Metalls. Die Gruppe gehört zu den produktivsten der Festkörperkernforschung, wie das Forschungsgebiet heute heißt. Als die Gruppe von Pamela Mosier-Boss eine Elektrode einem elektrostatischen Feld aussetzte, entdeckte sie Veränderungen wie Mizunos Krater. "Manche der Veränderungen sind konsistent mit Schmelzvorgängen. Palladium schmilzt bei 1554,9°C." Solch hohe Temperaturen konnten nur Ergebnis von Kernreaktionen sein. Beleg für die Kalte Fusion? Spuren "nuklearen Ursprungs" auf einem Plastikdetektor (Bild: SPAWAR) Auch Plastikdetektoren, wie Physiker sie zur Identifikation von nuklearen Teilchen nutzen, haben sie eingesetzt und einen Schauer von Spuren gefunden. "Wir sind uns sehr sicher, dass die Spuren einen nuklearen Ursprung haben", sagt Mosier-Boss, entweder Tritium, Protonen oder HeliumIsotope. Sicher ist sich die Gruppe allerdings auch, Spuren von Neutronen gefunden zu haben. Diese Messung hat teils emotionale Reaktionen bei Kollegen ausgelöst, denn sie verhagelt das harmonische Bild einer verstandenen Reaktion, an deren Ende nur saubere Energie und Helium-4 steht, das auf Kindergeburtstagen aus Luftballons eingeatmet wird. Doch wenn der Motor stottert, scheint auch die Entstehung von Tritium und sogar Neutronen bei Raumtemperatur möglich. Drei Viertel aller Festkörperkernforscher sind überzeugt, dass die KF eine brauchbare Energiequelle sein kann. Ziel der Forschung von Fleischmann und Pons in Frankreich war die Entwicklung eines 10-Kilowatt-Prototyps - entsprechend der Motorleistung einer frühen Citroën "Ente". Von Experiment zu Experiment konnten sie die Energieausbeute steigern, bis eines Tages aus unerklärlichen Gründen die Elektroden versagten. Dieses allgegenwärtige Reproduktionsproblem lässt viele Wissenschaftler noch nicht an Anwendungen denken. Doch Fleischmann sieht "keinen Grund, warum man kein sehr aktives Forschungsprogramm mit dem Ziel eines 10-Kilowatt-Geräts haben sollte. Ein, zwei Episoden haben uns gezeigt, dass das innerhalb von fünf Jahren absolut erreichbar sein sollte." Teamgröße? "Nicht sehr groß. Etwa sechs." 2017: Time Zero "Die Meere dieses Planeten enthalten 100.000.000.000.000.000 Tonnen Wasserstoff und 20.000.000.000.000 Tonnen Deuterium. Schon bald werden wir lernen, diese simpelsten aller Atome zu benutzen, um unbegrenzte Energie zu erhalten", hatte Arthur C. Clarke 1962 vorhergesagt. Zu diesem Zweck hat Jan Marwan eine viel versprechende wissenschaftliche Karriere aufgegeben und betreibt nun ein privates Forschungs- und Entwicklungslabor für Kalte Fusion in Berlin-Adlershof. Er gehört zur zweiten Generation der KF-Forscher. "Alles was bisher erbracht worden ist, ist erstmal ein Teil einer Grundlage, die weiter ausgebaut werden muss. Das sind Projekte für Jahrzehnte." Mit einem nano-technologischen Ansatz will er die Oberflächen von Palladium-Elektroden vergrößern und damit die Energieausbeute erhöhen, um letztendlich ein Gerät zu entwickeln. In einem idealen KF-Reaktor wäre das Metall ein reiner Katalysator, das heißt es ermöglicht die Wasserstofffusion und wird nicht verbraucht oder durch Transmutationen beschädigt, und ein Bruchteil der produzierten Energie reicht aus, um ihn dauerhaft zu betreiben. Den Tag, an dem ein solcher, auf Knopfdruck Energie produzierender Prototyp den Ingenieuren übergeben wird, hat Rothwell als Time Zero bezeichnet. Angenommen dieses wäre 2017 - mit welchen Entwicklungen wäre zu rechnen? "KF rückt kleine, dezentrale Leistungsaggregate mit wenig oder keinem nuklearen Abfall in Reichweite, wahrscheinlich klein und vielleicht tragbar", erwartet Mosier-Boss. Den Beginn der "nuklearen Katalyse" hat Clarke für 2020 angesetzt. Fleischmann schätzt, dass es sich dabei um häusliche Geräte zur Wärmeerzeugung handeln wird, zum heizen, kochen und waschen. "Viel der Energie, die wir heute noch als Elektrizität verbrauchen, werden wir zukünftig direkt als Wärme aus der Kalten Fusion beziehen", schreibt Rothwell. Damit ließe sich der häusliche Energieverbrauch um ein Drittel senken. Kurze Zeit später, vielleicht 2027, könnten tragbare und miniaturisierte Stromquellen auf den Markt kommen: Batterien für Laptops und Handys, die lange Zeit ohne Wartung laufen. Ungefähr zeitgleich dürften die ersten KF angetriebenen Autos auf den Markt kommen, und Wasser würde nach und nach Benzin als Treibstoff verdrängen - die Rückkehr der Dampfmaschinen, anfangs als Teil eines Hybridmotors. Solange industriell produziert wird oder große Maschinen betrieben werden, wird es auch einen Bedarf an Kraftwerken geben, die große Mengen Elektrizität liefern. Fleischmann sieht keinen Grund, warum die KF durch Multiplikation nicht auch eine Leistungsproduktion im MegawattBereich ermöglichen sollte. 2030 könnte dieses möglich sein, vielleicht in Japan, deren Industrie sich bislang am meisten für die KF interessiert hat. "Wenn KF-Aggregate in allen Größen verfügbar sind, werden Produktentwickler neue Wege finden, diese zu benutzen, und die kumulativen Veränderungen werden unser Leben und Gesellschaft tiefgreifender verändern, als die Mikrocomputerrevolution es getan hat", ist sich Rothwell sicher. "Außer Energie gibt es einen riesigen Bedarf an sauberem Wasser, zum trinken, für Landwirtschaft und Industrie", sagt Mosier-Boss. "Öl kann man nicht trinken." Meerwasser ist reichlich verfügbar, doch seine Entsalzung ist sehr energieintensiv. Saudi-Arabien betreibt 30 Entsalzungsanlagen, die gleichzeitig Strom produzieren. Jährlich produzieren die Scheiche einen Kubikkilometer Süßwasser, etwa ein Zehntel der Weltproduktion. Rothwell hat eine Vision: "Um die Wüsten zu bewässern, würde man ungefähr 9400 der großen saudischen Anlagen brauchen." Die entsprechenden Kosten von heute 8,4 Billionen Dollar mögen astronomisch klingen, sind jedoch nur das Dreifache der wahren Kosten des Irakkriegs seit 2003. "Entsalzungswerke werden eine der ersten KF-betriebenen Maschinen mit dem Potenzial globaler, dramatischer Verbesserungen sein. Sie werden die Wüsten aufblühen lassen." Beginn: 2040. Dezentral einsetzbar: üblicher Reaktor zur Kalten Fusion (Bild: Mizuno) Zwar scheint die KF auch mit Nickel oder Wolfrahm zu funktionieren, aber was wäre, wenn es nur mit Palladium klappt? "Wir synthetisieren heute im großen Stil Medikamente und Kunststoffe, die Chemiker gestern noch nicht in ihren Laboren herstellen konnten", schrieb Clarke vor langem. Ab 2040 "werden wir sicherlich in der Lage sein, dasselbe mit den Elementen zu machen." Durch kontrollierte Transmutation könnten sich nicht nur erwünschte Elemente wie Palladium, Kupfer oder Gold herstellen, sondern auch unerwünschte beseitigen lassen. 2000 hatte der ehemalige Forschungsdirektor des Mineralölmultis Shell, Jacques Dufour, eine erfolgreiche KF mit UranElektroden durchgeführt. Dabei entstand nicht nur Überschusswärme, sondern "offenbar zeigte sich auch eine kleine Verringerung der Uran-Aktivität." Forscher des japanischen MHI-Konzerns können bereits heute die Elemente Cäsium und Strontium, die als radioaktive Isotope bei der Kernspaltung entstehen, in harmlose Elemente umwandeln. Dass selbst die Natur dieses zu bewerkstelligen vermag, behauptet Vladimir Vysotskii. Der ukrainische Physiker arbeitet mit einem Cocktail mikrobiologischer Kulturen, die sich in einem kollektiven Gleichgewicht befinden und optimal an veränderte Umweltbedingungen anpassen können. Vysotskii nimmt acht Reagenzgläser mit Wasser und radioaktivem Cäsium-137. In sieben Gläser kommt der mikrobiologische Cocktail, und in sechs davon ein jeweils anderes Salz, das die Bakterien benötigen. Erstaunlicherweise ist die Radioaktivität in diesen sechs Gläsern nach 100 Tagen merklich verringert. Vysotskii vermutet, dass die Bakterien Energie aus der Umwandlung von Cäsium in nichtradioaktives Barium ziehen. Sollten sich alle diese Ergebnisse als richtig erweisen, würde die biologische Transmutation ein völlig neues Weltbild der Evolution, Medizin und Geologie und neue bio- und nano-technologische Anwendungen einleiten. Ob nun biologisch oder technologisch, Dufour und Vysotskii glauben, dass schon um 2020 herum begonnen werden könnte, radioaktiven Sondermüll zu beseitigen. Kalte Fusion und Transmutation würden nicht nur für saubere und "grüne" Energie sorgen, sondern angerichteten Schaden ebenfalls wieder beheben helfen. Chronologie der Festkörperkernforschung 1926 Entdeckung der KF 1935 Entdeckung der biologischen Transmutation 1985 Durchbruch der KF 1989 Öffentliche Vorstellung der KF; Bestätigung von Überschusswärme und Tritium; Entdeckung der Transmutation 1991 Korrelation von Helium-4 und Überschusswärme 1992 KF-Durchbruch mit Nano-Partikeln 1996 Bestätigung der Transmutation 1999 Entdeckung der KF als lokaler Oberflächeneffekt 2002 Gezielte Transmutation 2012 Beginn großer KF-Forschungsprogramme 2017 Time Zero: Übergabe der KF auf Knopfdruck an Ingenieure 2020 Erste Heizanwendungen; Neutralisierung von radioaktivem Sondermüll 2027 Batterien und Automobile 2030 Großkraftwerke 2040 Entsalzungsanlagen; kontrollierte Synthese von Elementen 2090 Replikator 2100 Geschichte beginnt An der Weggabelung Um zu wissen, ob dieses Szenario realistisch ist, müsste man es drauf ankommen lassen. Tatsächlich kann sich die Festkörperkernforschung jedoch nur mühsam selbst über Wasser halten. Das Gebiet zählt schätzungsweise 400 mehr oder weniger aktive Wissenschaftler. Experimentatoren sind größtenteils an professionellen Einrichtungen tätig, doch viele haben ihre Forschung auch schon aus der eigenen Tasche bezahlt. Ein existenzielles Problem ist, dass es kaum Nachwuchs gibt und die erfahrenen Leute, die junge Forscher einweisen könnten, vor der Pensionierung stehen. Und doch sind die involvierten Forscher optimistisch, die Kalte Fusion auf Knopfdruck vielleicht schon in ein paar Jahren zu erreichen. Zunehmend wird dazu übergegangen, Know-how nicht vollständig zu publizieren, sondern als Wettbewerbsvorteil zu benutzen. Es gibt mehr Risikokapital als früher. Aber einen politischen und wirtschaftlichen Willen zu einem großen Forschungsprogramm gibt es nicht. Eigentlich hat es ihn nie gegeben, bedauert Fleischmann. Das japanische NHE-Forschungsprogramm, durch das auch er und Pons gefördert worden waren, war 1998 nicht beendet worden, weil es sich als aussichtslos erwiesen hätte. Auch Shell hatte Dufours Forschung "auf höchster Ebene" unterstützt, aber nie ausgeweitet. Die KF ermöglicht eine dezentrale Energieproduktion. Wenn aber Häuser Wärme und Strom selbst produzieren, gibt es keinen Bedarf mehr für Großkraftwerke und Überlandleitungen. "Ein funktionierender KF-Generator, egal zu welchem Preis, egal auf welchem Markt, wird der Todeskuss für die Energieindustrie sein", schreibt Rothwell. Vysotskii sieht durch Anwendungen der Transmutation eine "Möglichkeit für den Ausbau der nuklearen Energieproduktion, für existierende und neue Kernkraftwerke weltweit". Doch Rothwell sieht langfristig nicht mal eine Chance für letztendlich sogar billigere KF-Großkraftwerke. "Bis diese gebaut sind, werden sich schon so viele Menschen kleine Aggregate gekauft haben, dass es keinen Markt mehr für zentral produzierte Energie geben wird." Jan Marwan sieht die Kalte Fusion als Teil eines wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Paradigmenwechsels (Bild: Marwan) Im Gegensatz zur Verbrennung oder Kernspaltung sind KF und Transmutation schöpferische Prozesse. Wasserstoffatome fügen sich kollektiv zu einer höheren Ordnung. "Kalte Fusion kann man auch gesellschaftlich sehen", findet Marwan. "Wenn alte Lehrsätze über Bord geworfen würden, wäre die Kalte Fusion ein neues Ordnungsprinzip, nach dem sich dann viele neue Dinge ausrichten." Gesellschaftlich steht die KF für die Überwindung des Feuers, einen Durchbruch, der nur noch mit der Erfindung der Sprache und Landwirtschaft vergleichbar wäre. Es scheint als stünden wir Menschen an einer Weggabelung. Der eine Weg führt wahrscheinlich zu noch mehr Chaos in Natur und Gesellschaft. Der andere ist neu, kreativ und vermutlich nachhaltig. Wenn Clarke Recht behält, führt letzterer 2090 zum Replikator, mit dem beliebige Gegenstände - wie bei Star Trek - nuklear hergestellt werden können. Bis 2100 die Geschichte beginnt... Populärwissenschaftliche Literatur Arthur C. Clarke, Profiles of the Future, Indigo, 1999. Steven B. Krivit/Nadine Winocur, The Rebirth of Cold Fusion, Pacific Oak, 2004. Tadahiko Mizuno, Nuclear Transmutations, Infinite Energy, 1998. Jed Rothwell, Cold Fusion and the Future, LENR-CANR.org, 2007. Wissenschaftliche Literatur Jan Marwan/Steven B. Krivit, Low-Energy Nuclear Reactions Sourcebook, American Chemical Society, 2008. Edmund Storms, The Science Of Low Energy Nuclear Reaction, World Scientific, 2007. Vladimir I. Vysotskii/Alla A. Kornilova, Nuclear Fusion and Transmutation of Isotopes in Biological Systems, Mir, 2003. Kalte Fusion in der Black Box? Haiko Lietz 23.03.2011 Teil 9: Die Festkörperkernforschung überprüft einen möglicherweise revolutionären Durchbruch bei der Energieerzeugung Seit 2004 berichtet Telepolis über den Stand und politische Hintergründe der Erforschung der sogenannten Kalten Fusion. Heute vor 22 Jahren vorgestellt gilt diese Form der Kernfusion "bei Raumtemperatur" nicht Wenigen noch immer als wichtige Energiequelle der Zukunft. Nachdem Hoffnungen, die US-Politik würde die Kalte Fusion auf die Agenda der öffentlichen Forschungsförderung setzen, im Sande verlaufen waren, konzentrierte sich das Fachgebiet wieder stärker auf die eigentliche Forschung, speziell die Nanoforschung (Lobbying für die Kalte Fusion. Vor zwei Jahren hatten wir hier prognostiziert, dass 2020 mit ersten Anwendungen für Heizzwecke zu rechnen sei (Kalte Fusion und die Zukunft). Wenn allerdings stimmt, was der Ingenieur Andrea Rossi angekündigt und in Italien demonstriert hat, dann kommen Aggregate zur Wärme- und Stromerzeugung aus Kalter Fusion bereits bis 2012 auf den Markt. Diese Ankündigung hat sogar die Experten des Fachgebiets überrascht. Während die Welt sich mit atomarer Verwüstung und einem neuen Ressourcenkrieg konfrontiert sieht, wird im Internet ein möglicher technologischer Durchbruch diskutiert, den der Zukunftsforscher Gerald Celente bereits mit der Entdeckung des Feuers vergleicht. Teil 8: Welche technologischen Entwicklungen die Kernfusion bei Raumtemperatur ermöglichen könnte Giuseppe Levi beobachtet Strahlungsmessungen am laufenden RossiReaktor Ein öffentlich durchgeführtes Experiment 14. Januar 2011, 19 Uhr, Cerodolo Industriebezirk, ein paar Kilometer vor Bologna. Giuseppi Levi atmet durch. Er ist froh, dass das halböffentliche Experiment doch noch funktioniert hat, denn zunächst schien es zu scheitern. Ausgerechnet an diesem Tag versagte die Datenaufzeichnung und spielte das Heizaggregat verrückt. Unruhe und Skepsis hatte sich unter den 50 handverlesenen Beobachtern breitgemacht. Hätte das Aggregat wie noch am Vortag seinen Dienst getan, hätte die Eingangsleistung auf 100 Watt runtergeregelt werden können, zugunsten einer höheren Ausbeute. Levi überschlägt noch einmal die Werte, die er eben gemessen hat. 4,9 Gramm Wasser waren pro Sekunde am Reaktor vorbeigeleitet und dabei von etwa 20 auf 101 Grad Celsius verdampft worden. Das entspricht einer Leistung von 12.400 Watt. Die Eingangsleistung im "Steady State"-Betrieb war 400 Watt. Die nukleare Maschine des Ingenieurs Andrea Rossi und des Physikers Sergio Focardi hatte 31 Mal mehr Energie erzeugt, als sie konsumiert hatte. Das ist für ihn das wichtigste Ergebnis des Tages. Vertrauen in den Reaktor hat Levi seit dem 16. Dezember 2010, als er erlebt hatte, wie sie ihre Arbeit autark, ohne externe Energiequelle verrichtet. Der Kernphysiker der Universität Bologna hatte das Experiment organisiert, um Kollegen den "Energie-Katalysator" zu demonstrieren. "Ein 'öffentliches Experiment', wo Physiker den Apparat wirklich beobachten können, ist viel interessanter als eine Reihe PowerPoint-Folien", teile Levi Telepolis mit. "Edison sprach nicht über die Glühbirne, er zeigte sie." Mit Rossi, dem Erfinder der Dampfmaschine, war vereinbart, dass dieser lediglich den Apparat auf dem Experimentiertisch bedient. Er selbst und seine Kollegen der Physik- und Chemie-Fakultäten führten alle Messungen unabhängig durch. Wenn Levi nicht bereits aus früheren Messungen gewusst hätte, dass keine gesundheitsschädliche elektromagnetische oder Teilchen-Strahlung entsteht, hätte er mehr Vorsicht walten lassen. Von Kalter Fusion mag Giuseppe Levi nicht sprechen, lieber von niederenergetischen Kernreaktionen (Low Energy Nuclear Reactions - LENR). Denn auch für ihn ist der Reaktor eine Black Box. Was darin vorgeht - ob es Fusion ist -, weiß er genauso wenig wie alle anderen Beobachter. Soviel ist bekannt: Im Reaktorgefäß befinden sich einige Gramm Nickel, idealerweise in Form eines Nanopulvers, Wasserstoffgas und ein oder mehrere bis heute streng gehütete Katalysatoren in einer Atmosphäre von zwei bis 20 Bar. Wird die Temperatur über ein Heizaggregat erhöht, zündet der Reaktor und erzeugt soviel Wärme, dass die bevorzugte Betriebstemperatur von 150 bis 500 Grad Celsius von selbst aufrecht erhalten werden kann. Der heiße Reaktor verdampft Wasser, womit letztendlich geheizt, Arbeit verrichtet oder Strom erzeugt werden kann. Um auszuschließen, dass in der Black Box schlicht und ergreifend Wasserstoff verbrannt wird - eine der einfachsten chemischen Reaktionen -, hat Levi den Wasserstoffverbrauch überprüft. 218 Gramm Wasserstoff hätten verbrannt werden müssen, um die gemessene Energiemenge zu erzeugen. Maximal ein Gramm ist tatsächlich verbraucht worden. Auch ein Stromkabel, das die Energie an seinen Messgeräten vorbei hätte liefern können, hat Levi nicht gefunden. Focardi und Rossi behaupten in ihrem gemeinsamen Aufsatz, dass der Reaktor Energie erzeugt, weil Nickel und Wasserstoff zu Kupfer verschmelzen. In Einzelfällen soll bis zu 415 Mal mehr Energie erzeugt als verbraucht worden sein. In dem Nickelpulver sollen nach Betrieb des Reaktors die stabilen Kupfer-Isotope 63 und 65 in einem unnatürlichen Häufigkeitsverhältnis gemessen worden sein - ein Hinweis auf eine Fusionsbzw. Transmutationsreaktion. Andererseits wird bei der vorgeschlagenen Kernreaktion GammaStrahlung erwartet. Focardi habe diese bereits häufig gemessen, doch am 14. Januar zeigte das Messgerät von Levis Kollegen keine Werte über der natürlichen Hintergrundstrahlung. Andrea Rossi erläutert Beobachtern am 14. Januar 2011 seinen Reaktor Firma kündigt Strom für 1 Cent pro Kilowattstunde an 15. Januar 2011, 9 Uhr, Journal-of-Nuclear-Physics.com. Andrea Rossi moderiert die Kommentare, die seit seinem letzten Login aufgelaufen sind. Bereits im April 2010 hatte er hier die Katze aus dem Sack gelassen, seine Firma entwickele einen Reaktor, der 1 Megawatt Leistung erzeuge. Damit könnte man 1.000 Einfamilienhäuser mit Energie versorgen. Heute besteht die angekündigte Möglichkeit, Rossi online mit Fragen zu löchern. Der MegawattReaktor bestehe aus 125 seriell und parallel geschalteten Modulen der demonstrierten Bauweise und würde in den kommenden Monaten fertig gestellt. Reaktoren würden Energie auf Knopfdruck erzeugen. Unter kontrollierten Bedingungen könnte ihre Energiezufuhr abgeschaltet werden, und sie liefen selbständig weiter. Mindestens ein Aggregat habe zwei Jahre lang Energie erzeugt. Bis 2012 würden die ersten Geräte mit Wartungszyklen von einem halben Jahr auf den Markt kommen. Eine Kilowattstunde Strom würde voraussichtlich 1 Cent kosten und wäre damit mindestens zehnmal günstiger als derzeit käuflicher Kohlestrom und 25 mal als "grüner" Strom. In zwei bis drei Jahren soll die Massenproduktion auf Hochtouren laufen. Nur zu einer Sache äußert sich Rossi immer noch nicht: welche Katalysatoren die Reaktion ermöglichen. Bevor das Betriebsgeheimnis nicht patentiert sei, könne er auch nicht darüber sprechen. Nach vier Stunden beendet er die Fragerunde. In der Folge wird die Seite so viel besucht, dass der Server den Dienst verweigert. Andrea Rossi ist Ingenieur und Präsident der Leonardo Corporation mit Sitz in Bedford, New Hampshire, USA. Die Firma entwickelte laut Webseite Generatoren, die Wärme und Strom aus Pflanzenöl produzieren. An LENR arbeitet Rossi bereits seit 1993. Zur Größe des Unternehmens wollte Rossi noch keine Angaben machen. Am 5. Februar 2011 ist das Konsortium Defkalion Green Technogies, dessen einzige Aufgabe die Herstellung und Vermarktung der Rossi-Technologie ist, im griechischen Fernsehen an die Öffentlichkeit gegangen. Defkalion wird demnach nicht Strom verkaufen, sondern Generatoren bis zu 20 Kilowatt, mit denen Wärme und Strom dezentral produziert werden können. Dem schwedischen Nachrichtendienst NyTeknik sagte der Konsortiumssprecher Symeon Tsalikoglou: Diese Technologie wird den Weltenergiekonsum nicht über Nacht verändern. Im Wesentlichen stellen wir eine neue und eindrucksvolle Energiequelle vor, die dem Endbenutzer günstige, saubere und erneuerbare Energie zur Verfügung stellt. Wir beabsichtigen sozial verantwortliche Preisgestaltung und Marktdurchdringung. Wir berücksichtigen auch globale Energietrends und gliedern uns ein in den erwarteten schrittweisen Wandel des Energiesystems. Symeon Tsalikoglou, Defkalion Green Technologies Dem Konsortium gehören laut eigenen Angaben Unternehmen der Energiebranche an. Zuvor hatte Defkalion in Rossis Blog bereits geschrieben, es handele sich um "einen bedeutsamen und aufregenden technologischen Durchbruch, wonach Energie kein knapper Rohstoff mehr sein werde". Einschätzungen von innen und außen In der Festkörperkernforschung, dem Fachgebiet, auf dem Kernreaktionen in Metallen erforscht werden, hat anfängliche Skepsis einer Hoffnung auf den lang ersehnten Durchbruch Platz gemacht. Focardi und Rossi genießen große Glaubwürdigkeit. Focardi gehört mit seinem Kollegen Francesco Piantelli, Universität Siena, zu den Pionieren der Erforschung von Kernreaktionen in hydriertem Nickel. Seit 1992 hat die Gruppe mit 50 Watt Überschussleistung nicht nur eins der in dieser Hinsicht ertragreichsten Experimente überhaupt durchgeführt. Mit zwei Experimenten, die fast ein Jahr lang Energie produzierten, und der Produktion von Neutronen, Gamma-Strahlung sowie der Transmutation von Elementen haben sie in den Augen von Insidern auch gezeigt, dass die Phänomene im Metallgitter nicht chemischer und damit konventioneller Natur sein können. Edmund Storms, LENR-Forscher der ersten Stunde, schätzt die heutige Situation wie folgt ein: Wir sind angekommen. Dabei ist interessant, dass wir in einem anderen Auto angekommen sind, als wir erwartet hatten. Kalte Fusion hat mit [schwerem Wasserstoff] und Palladium angefangen, und nun hat Rossi herausgefunden, dass sie in Nickel und leichtem Wasserstoff ziemlich gut geht. ... [Rossi and Focardi] haben einen Weg gefunden, den Effekt derart zu vergrößern, dass er als industrielle Energiequelle interessant ist. Forscher auf dem Gebiet der Kalten Fusion haben darauf hin gearbeitet, aber nie eine derart große Wärmeproduktion erreicht. Das kam als Überraschung aber auch als kleiner Schock und hat den Leuten einen Stoß verpasst, nun etwas schneller voranzugehen. Jetzt sieht es so aus, als habe das Phänomen tatsächlich Anwendungen. Edmund Storms, Kivalabs Mittlerweile liegen auch Einschätzungen von Wissenschaftlern vor, die nicht aktiv in die Festkörperkernforschung oder die Untersuchung der Rossi-Maschine involviert sind. Sven Kullander, emeritierter Professor an der schwedischen Uppsala University und Vorsitzender des Energy Committee of the National Academy of Sciences bescheinigte Rossi und Focardi dem italienischen Blogger Daniele Passerini gegenüber einen "sauberen wissenschaftlichen Ansatz". Er habe einen guten Eindruck von Rossi. "Ich finde, dass es interessant ist, mit ihm zu sprechen, und ich kann mir nur schwer vorstellen, dass er sich einen Betrug ausgedacht hat." Auch Hanno Essen, Professor für theoretische Physik am schwedischen Royal Institute of Technology und Vorsitzender der Schwedischen Gesellschaft der Skeptiker, findet es "sehr unwahrscheinlich, dass es einzig und allein ein Betrug ist." Entdeckung des sanften Feuers? Ende 2010 hatte Gerald Celente, Zukunftsforscher und Herausgeber des Trends Journal, geschrieben, wissenschaftliche Visionäre und Unternehmer würden in 2011 vom Mainstream unbemerkt eine neue Wissenschaft basierend auf Prinzipien, die einmal als unmöglich galten, formen und damit Geräte schaffen, die mehr Energie freisetzen als sie konsumieren. Ende Januar 2011 präzisierte er in einem Radiointerview: Es hat einen großen Durchbruch in der Kalten Fusion gegeben. Es ist in Italien passiert. ... Es gibt weitere Durchbrüche bei der Energieproduktion. Das wird den Lauf der Dinge verändern. Die Große Depression wird nicht passieren. Gehen Sie zurück nach 1990. Wir waren in einer Rezession. Was hat uns rausgeholt? Die Internetrevolution! Heute ist unser ganzes Leben anders. Nun kippt die ganze globale geopolitische Landschaft. Wären wir im Irak, wenn deren größter Export Brokkoli wäre und sie nicht auf dem zweitgrößten Ölvorrat der Welt säßen? Das Spiel verändert sich: Die Energie, die [bei der Kalten Fusion] herauskommt, ist viel größer als die, die hineingeht. Das wird die größte Investitionsmöglichkeit des 21. Jahrhunderts sein. Das ist so groß wie die Entdeckung des Feuers oder die Erfindung des Rades. Gerald Celente, Trends Research Institute Seit Giuseppe Levi den Rossi-Reaktor am 10. Februar 2011 ein drittes Mal im Betrieb inspizieren und 18 Stunden lang die Produktion von mindestens 15 Kilowatt beobachten konnte, äußert er sich deutlicher als zuvor. NyTeknik sagte er: Nun, da ich das Gerät über mehrere Stunden beobachten konnte, sind meiner Meinung nach alle chemischen Energiequellen ausgeschlossen. Dieses Mal habe ich die Kontrolleinheit geöffnet (und das Innere untersucht), da gesagt wurde, sie könnte eine versteckte Batterie enthalten. Ich würde vor Gericht schwören, dass sie bis auf die Kontrollelektronik - fünf simple [Steuerelemente] - leer war... Wenn ich nun mit den genauesten Methoden wirklich nukleare Veränderungen sehe, dann haben wir eine neue Physik. Dann gibt es keinen Zweifel mehr. Giuseppe Levi, Universität Bologna Um verbleibende Zweifel an der Technologie zu beseitigen, wird die Universität Bologna in Kürze ein einjähriges Programm zur Erforschung des Rossi-Reaktors bekanntgeben. Mit Einem hat Celente jedenfalls bislang Recht: Die gesamte Entwicklung findet außerhalb des wissenschaftlichen wie medialen Mainstreams statt. Zur Veröffentlichung seines Aufsatzes mit Focardi hatte Rossi eigens eine begutachtete Fachzeitschrift als Blog gegründet, um gar nicht erst von etablierten Journalen "ghettoisiert" zu werden, wie er Telepolis mitteilte. Und außer eine paar Berichten in den italienischen und griechischen Massenmedien werden Informationen fast ausschließlich im Web geschaffen und diskutiert. Dieser Artikel ist Telepolis-Autor Achmed Khammas gewidmet, der in unermüdlicher Fleißarbeit im Buch der Synergie alles zusammengetragen hat, was es über Energie zu wissen gibt. Kalte Fusion als Technologie Haiko Lietz 03.11.2011 Teil 10: Der italienische Ingenieur Andrea Rossi hat angeblich einen 1-Megawatt-Generator verkauft Im Januar 2011 ist an der Universität Bologna ein Generator vorgestellt worden, der angeblich auf Knopfdruck saubere Energie aus der Kalten Fusion von Nickel und Wasserstoff erzeugt (Kalte Fusion in der Black Box?). Seitdem war im Internet verfolgbar, wie ein potenzieller Durchbruch bei der Energieerzeugung seine Kreise zieht. Nun ist offenbar ein Reaktor, der ein Megawatt Wärmeleistung erzeugen kann, auf dem Markt. Die Einschätzungen liegen zwischen glattem Betrug und dem Anfang der Revolution des Energiesektors. Teil 9: Kalte Fusion in der Black Box? Die Geräte des 28. Oktober 2011 Andrea Rossi hat offenbar Wort gehalten. Am 14. Januar 2011 hatte er angekündigt, bis Oktober 2011 einen marktreifen 1-Megawatt-Generator gebaut zu haben. Damals hatten Wissenschaftler der Universität Bologna den Reaktor des italienischen Ingenieurs durchgemessen und waren auf eine Leistungsproduktion von 12 Kilowatt gekommen. Am 28. Oktober nun hat angeblich ein nicht bekanntes Unternehmen den Megawatt-Prototypen technisch abgenommen und gekauft. Laut Abnahmeprotokoll hat der Reaktor fünfeinhalb Stunden lang ohne externe Energiezufuhr 470 Kilowatt produziert. Das ist zwar nur die Hälfte der versprochenen Leistung, reicht aber immer noch aus, um 470 Einfamilienhäuser mit Energie zu versorgen. Laut Rossi war eine Drosselung nötig, um, wie vom Kunden gewünscht, die Energiezufuhr abschalten zu können. Nach der Abnahme sagte er: Denken Sie an die Hunderte Millionen Dollar, die in der Kernfusionsforschung ausgegeben worden sind bei dem Versuch, eine Leistungsziffer von 1,1 zu erreichen. Mit 470 Kilowatt ohne jeglichen Brennstoff haben wir heute eine theoretisch unendliche Leistungsziffer erreicht. Ich denke, das ist ein Durchbruch. Natürlich ist das nur der erste Schritt. Aber es ist ein sehr wichtiger erster Schritt. Andrea Rossi Rossi und sein Koautor Sergio Focardi von der Universität Bologna erklären die Energieproduktion durch die Kalte Fusion von Nickel und Wasserstoff. Ein Strahlenphysiker der Universtät Bologna hat bestätigt, dass auch diesmal wieder keine gesundheitsschädliche Strahlung nachweisbar war. Der Rest der Messungen lag jedoch vollständig in der Hand der italienischen Ingenieure des Käufers. Diese wurden systematisch von den ca. 25 eingeladenen Teilnehmern abgeschirmt, da der Käufer unbekannt bleiben will. Bekannt ist lediglich der Name des Ingenieurs, der die Abnahme gemacht hat, ein gewisser Herr Domenico Fioravanti. Der Megawatt-Generator im Betrieb Diese Intransparenz ist nicht nur wissenschaftlich unzufriedenstellend, wie der Insider und Archivar des Forschungsgebietes Jed Rothwell kommentiert Die höflichen Skeptiker werden sagen, dass Rossi keinen unanfechtbaren Beweis seiner Behauptungen erbracht hat. Ich muss zustimmen. Er hätte das leicht tun können, hat sich aber dagegen entschieden. ... Wenn man das [Abnahmeprotokoll] glaubt, ist die Sache klar. Ein Messfehler ist ausgeschlossen. Ich glaube es, aber ich muss auch zugeben, dass es sich um ein gigantisches und teures Betrugsmanöver handeln könnte. Ich gebe zu, dass es dafür eine winzige Chance gibt. Es gibt keinen unabhängigen Beweis, dass das Dokument echt ist. Jed Rothwell Einer derjenigen, die Rossi einen Betrug unterstellen, ist der Fachjournalist Steve Krivit vom Branchendienst New Energy Times. Belege hat er jedoch auch keine. Wer Rossi beobachtet hat was er in seinem Blog schreibt, wie er Experimente präsentiert und mit Menschen umgeht -, der bekommt den Eindruck eines hart arbeitenden Ingenieurs, der von einer Idee besessen ist, eine Technologie realisieren und dabei keine Geheimnisse preisgeben will. Er hat hohe Geldbeträge abgelehnt und sogar sein Haus verkauft, um den Megawatt-Reaktor zu entwickeln. Sollte es irgendwelche Indizien für einen Betrug geben, würden auch die Wissenschaftler der Universität Bologna, die den Reaktor begutachtet und einen Forschungsvertrag mit Rossis Firma EON srl bzw. Leonardo Corporation unterschrieben haben, den Ruf der ältesten Universität Europas leichtsinnig aufs Spiel setzen. Für Giuseppe Levi von der Universität Bologna war das Experiment vom 28. Oktober 2011 ein "unabhängiger" und "weiterer Beleg, dass es funktioniert" (hervorgehoben durch Levi). Betrugsvorwürfe will er Telepolis gegenüber nicht kommentieren: "In der Wissenschaft gewinnen immer Fakten und die Wahrheit." Mehrere Experimente dieses Jahr Nach dem Experiment am 14. Januar 2011 war es zu einer Reihe weiterer, teils unabhängiger oder gescheiterter Tests gekommen. Am 29. März nahmen Sven Kullander von der schwedischen Uppsala Universit und Hanno Essén vom schwedischen Royal Institute of Technology (Interview) an einem Experiment in Bologna teil. Wie Levi zuvor hatten sie Gelegenheit, sämtliche Bauteile bis auf die etwa 50 Kubikzentimeter große Reaktorkammer zu inspizieren. Da sie eine Energieproduktion von 25 Kilowattstunden gemessen hatten, schlossen sie jegliche chemische Energiequelle aus: "Die einzige alternative Erklärung ist, dass die gemessene Energie durch eine Kernreaktion entsteht." Im Juli tauschten sich Rossi und Wissenschaftler der Uppsala University über ein potenzielles Forschungsprojekt aus. Parallel hatte sich Rossi an die Forschungsabteilung der US-Raumfahrtbehörde gewandt. Tests, bei denen NASA-Wissenschaftler im September anwesend waren, sind laut New Energy Times jedoch gescheitert. Die NASA sieht in Low Energy Nuclear Reactions, der Fachbezeichnung für Phänomene wie der Kalten Fusion, den "derzeit interessantesten und vielversprechendsten [Technologiesektor]". Andrea Rossi in einer Megawatt-Anlage. Bild: Massimo Brega/Focus/Focus.it Der letzte Test vor der Abnahme, mit der Rossi demonstrieren wollte, dass der Reaktor auch ohne Zufuhr Energie produzieren kann, fand am 6. Oktober statt. Dass von diesem Experiment Messdaten vorliegen, liegt nur daran, dass der Journalist Mats Lewan von NyTeknik die angeschlossenen Messgeräte abgelesen hatte. Rossi wollte ursprünglich nur zeigen, dass der Reaktor stundenlang ohne Energiezufuhr heiß bleibt. Dass er dieses auch tat und die Temperatur zeitweise sogar dramatisch anstieg ist für Rothwell Beweis genug für eine anomale Energieproduktion. Letzten Endes hat Rossi dadurch, dass er Tipps zur Verbesserung der Messanordnung nicht berücksichtigt hat, dazu beigetragen, dass auch dieses Experiment messtechnisch anfechtbar ist. "Das Experiment war näher dran, glaubwürdig zu sein, als je zuvor", folgert der Amerikaner Horace Heffner, "nur ein paar Änderungen hätten den großen Unterschied gemacht". Rossi ist kein Wissenschaftler - nichtmal Focardi kennt das Geheimnis, den geheimen Katalysator. Für Rossi zählt einzig und allein der Markt. Wer ist der Käufer? Laut Rossi ist die Pilotanlage mittlerweile dem Käufer übergeben worden. Eine zweite werde in drei Monaten an einen anderen Kunden geliefert. Nächstes Jahr will er mit seiner Firma 30 bis 100 Anlagen bauen. Wer eine kaufen möchte, solle sich melden. Ursprünglich sollte der Test am 28. Oktober gemeinsam mit dem griechischen Konsortium Defkalion Green Technologies durchgeführt werden. Defkalion hatte auf einer prominent besuchten Pressekonferenz am 23. Juni 2011 sein Produkt zur Erzeugung "billiger und sauberer Wärmeenergie" auf der Basis von Rossis Erfindung vorgestellt. Defkalion und Rossi haben sich mittlerweile jedoch getrennt. Möglicherweise kommt dadurch jedoch Wettbewerb auf, denn, obwohl Rossi behauptet, dass Defkalion die Technologie nicht besitzt, streben die Griechen auf den Markt. Ein eigener MegawattReaktor soll noch dieses Jahr fertiggestellt werden und Anfang 2012 in Produktion gehen. Rossi hat mittlerweile Patentschutz für Italien, aber noch kein internationales Patent. Und er ist fest entschlossen, sein Geheimnis zu beschützen. Laut eigenen Aussagen entwickelt er ein Verfahren, das den Reaktorkern zerstört, wenn Unbefugte versuchen, ihn zu öffnen. Derweil schießen Spekulationen ins Kraut, welche die Organisation ist, die den ersten Reaktor gekauft hat. Das Rätselraten geht in zwei Richtungen: Erstens enthält die veröffentlichte ExcelDatei, in der der Käufer die Messdaten ausgewertet hat, unter den Dokumenteigenschaften den Firmeneintrag "Manutencoop Facility Management". Als Unternehmen, das Klima-, Kühl-, Feuerschutzanlagen sowie elektrische und Beleuchtungssysteme für große Gebäudekomplexe anbietet, hat es großen Bedarf an günstiger Wärmeenergie, die sich natürlich auch in Strom wandeln lässt. Die zweite Spur führt in Richtung Militär. Über Colonel Ingenieur Domenico Fioravanti, der die Abnahme für den Kunden gemacht hat, schreibt Rossi, er sei Ingenieur für die NATO mit 30jähriger Erfahrung mit Wärmemessungen. NyTeknik-Reporter Lewan hat sich ausführlich mit Fioravanti unterhalten und bestätigt, dass dieser tiefe Kenntnisse über thermische Anlagen besitzt. Fioravanti war auch am Test des 6. Oktober als "Berater" anwesend. Kommende Forschungsprojekte Wenn Rossis Firma Einnahmen generiert, kann auch das zweijährige Forschungsprojekt mit der Universität Bologna beginnen. Die Gruppe um Professor Levi steht bereit, im ersten Jahr die Funktionsweise des Reaktor zu studieren und ihn im zweiten Jahr versuchen zu erklären. Auch sollen Verhandlungen mit der Universität Uppsala wieder aufgenommen werden. Wer als Käufer oder Journalist auf eine akademische Bewertung nach allen Regeln der Kunst warten möchte, wird also zwei Jahre warten müssen. Die Bedeutung der ganzen aktuellen Entwicklung hat Terry Blanton auf der vortex-l Mailingliste treffend zusammengefasst: Wenn es ein Betrug ist, wird es wahrscheinlich Rossis letzter sein. Es ist hier eine Menge Geld ausgegeben worden. Wenn nicht, sagt den Kids von Occupy Wallstreet, dass wir einen neuen Weg haben, sie warm zu halten. Terry Blanton Kalte Fusion als Game Changer Haiko Lietz 23.03.2012 Teil 11: Anwendungen der Kalten Fusion haben das Potenzial, derzeitige Systeme zu revolutionieren In 2012 oder 2013 kommen Warmwasserboiler, die auf Kalter Fusion basieren, in großen Stückzahlen zu Kampfpreisen auf den Markt. Dies haben zumindest Andrea Rossis Leonardo Corporation und das griechische Konsortium Defkalion Green Technologies angekündigt (Kalte Fusion in der Black Box?, Kalte Fusion als Technologie). Weitere Unternehmen streben auf den Markt. Aufsehen erregt auch die NASA, die die saubere Energieproduktion durch Kalte Fusion bestätigt und Anwendungen in Luft- und Raumfahrt, aber auch zu Hause in greifbare Nähe rückt. Vieles könnte sich fundamental ändern, von der Energieinfrastruktur bis hin zur Geopolitik (Kalte Fusion und die Zukunft). Doch auch die Wissenschaft ist gefragt, denn die Kalte Fusion will verstanden werden. Es ist Zufall, dass George Miley sein Konzept einer auf Kalter Fusion basierende Batterie gerade heute, am 23. Jahrestag der Bekanntmachung der Kalten Fusion, auf der Konferenz Nuclear and Emerging Technologies for Space vorstellt. Zur Stromversorgung von Deep-Space-Sonden werden sogenannte Radionuklidbatterien verwendet. Sie erzeugen gut 4 Kilowatt Wärmeleistung aus dem radioaktivem Zerfall von Plutonium. Letzteres macht sie jedoch nicht nur teuer, sondern auch gefährlich. Miley schlägt vor, sie durch LENR-Batterien zu ersetzen. LENR (Low Energy Nuclear Reactions) ist der Oberbegriff für die Kalte Fusion von Elementen bei bis zu mehreren hundert Grad Celsius. Im wissenschaftlichen Mainstream ist eine Kalte Fusion in den vergangenen 23 Jahren aus theoretischen Erwägungen für unmöglich gehalten worden. Miley ist emiritierter Physikprofessor an der University of Illinois und hatte als Chefredakteur von Fusion Science and Technology Aufsätze zur Kalten Fusion zugelassen, als eine Veröffentlichung in anderen Journals schwierig bis unmöglich war. In den 90er Jahren hat er mit James Patterson an einer der damals vielversprechendsten Anwendungen der Kalten Fusion gearbeitet. Die Patterson Power Cell hatte mehrfach die Produktion von 1 Kilowatt Wärmeleistung demonstriert, und es gab einen Vertrag mit einer Firma zum Vertrieb von Wasserboilern. Außerdem deutete sich die Möglichkeit an, radioaktiven Sondermüll neutralisieren zu können. Nach Pattersons Tod war es still geworden um den Reaktor. 1 Kilowatt war die größte Produktion von Wärmeleistung, bis Andrea Rossi 2010 auf den Plan trat. Rossi arbeitet angeblich mit Siemens-Turbine an Kraft-Wärme-Kopplung Wie die Patterson-Zelle basiert Rossis Technologie auf einer Reaktion von Wasserstoff und nanostrukturiertem Nickel, bei der Energie aus Kernreaktionen entsteht. Zuletzt hatten wir hier berichtet, dass Rossi am 28. Oktober 2011 angeblich einen 1-Megawatt-Generator verkauft habe (Kalte Fusion als Technologie). Wer dieser Käufer sein soll, ist bis heute nicht bekannt. Rossi teilte mit, "es ist militärische Forschung, und ich kann keine weiteren Details enthüllen, weder den Namen, den Ort, noch die Nationalität des Käufers." Gegenüber E-Cat World sagte er, der Reaktor würde dem Käufer erst im März 2012 übergeben. Danach würden elf weitere für denselben Kunden gebaut. Derzeit arbeiteten 50 Personen für seine Leonardo Corporation, die mittlerweile durch Umwandlung in eine Investmentgesellschaft über ausreichend finanzielle Mittel verfüge. Das Produkt, der Energy Catalyzer (ECAT), hat mittlerweile eine Webseite. Der ECAT 1 MW Plant kostet demnach gut 1,1 Millionen Euro, die Lieferzeit beträgt vier Monate und Aufträge werden entgegengenommen. Alle Produkte würden garantiert sechsmal mehr Energie erzeugen, als sie in Form von Elektrizität verbrauchen, und seien weder umwelt- noch gesundheitsschädlich. ECAT Home Units (33x33x6 cm, 10 kg) zur häuslichen Erzeugung von Warmwasser seien abschließend getestet, fertig designt und würden derzeit vom US-TÜV Underwriter Laboratories geprüft. "Wichtige Zulassungen" bestünden bereits. Rossi hat klargemacht, dass er gedenkt, mit großen Stückzahlen und kleinen Preisen "jeglichen Wettbewerb auszuschalten". Derzeit werde in den USA eine vollautomatische Produktionshalle gebaut. Mit der finalen Marktzulassung würde auch die Massenproduktion beginnen. Ein Gerät soll zwischen 450 und 700 Euro kosten und ab 2013 geliefert werden können. In einem Haus soll es zunächst zusätzlich zur existierenden Warmwasseranlage installiert werden. Die Nickelpatronen könne man nach einem halben Jahr eigenhändig austauschen. Vertriebspartner gebe es in fast allen Ländern. Schließlich habe Leonardo bereits über 100.000 Kaufbekundungen erhalten, deren Absender ab Lieferbeginn nach und nach angeschrieben würden. All dies sind Behauptungen Rossis. Es gibt weder Fotos einer Baustelle noch Aussagen von Zweiten, die seine bestätigen. Auch hat er Widersprüche produziert. Wie seine Aussage Ende 2011, dass die Produktion in den USA bereits begonnen habe. Später äußerte er, es finde "derzeit jede Produktion, Vertrieb und Verwendung der Geräte in Übersee" statt. Gegenüber Cold Fusion Now hat der italienische Ingenieur gesagt: Tatsache ist, jedes Mal, wenn ich den Namen eines Käufers oder Lieferanten genannt habe, sind die armen Leute von einer Flut inopportuner Kontakte überschwemmt worden. Sie können sich vorstellen, wie riskant es aus einer Perspektive der Sicherheit sein kann, wenn wir zu diesem Zeitpunkt die Adresse bekannt geben, wo wir arbeiten. In der nächsten Zeit wollen wir in Frieden arbeiten. Andrea Rossi Vielleicht aus diesem Grund hat er eine Vereinbarung mit der Universität Bologna auslaufen lassen, die den ECAT auf Herz und Nieren prüfen wollte. Überraschenderweise hatte Rossi am 20. Februar den aktuellen Entwicklungsstand jedoch an der schwedischen Uppsala University demonstriert. Der Chemieprofessor Roland Pettersson zeigte sich beeindruckt und sagte NyTeknik, das System arbeite nun viel stabiler. Fest steht, dass Leonardo Corporation mit National Instruments (NI) zusammengearbeitet hat. Kontrollsysteme von NI sind sowohl im Large Hadron Collider der Europäischen Organisation für Kernforschung (CERN) als auch im Tokamak-Heiße-Fusion-Reaktor des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik in Garching im Einsatz. Im November hatte NI außerdem mitgeteilt, "die Leonardo Corporation beabsichtigt, NI-Komponenten in ihrem Kontrollsystem zu verwenden". Im Februar endete die Kooperation jedoch angeblich, da der Käufer der Megawatt-Anlage bereits einen anderen Partner für diesen Zweck habe. Laut eigenen Angaben lernt Rossi sehr viel von diesem Käufer, insbesondere hinsichtlich der Produktion von Elektrizität. Mitte Februar soll die Siemens AG in Bologna eine Turbine vorgestellt haben, mit der schon bei relativ niedriger Dampftemperatur effizient Strom produziert werden kann. Wegen dieses "Durchbruchs" meint Rossi, könnte die ECAT-Stromerzeugung vielleicht früher beginnen, als ursprünglich gedacht. Er will damit einer alten Forderung nachkommen - und seinem Traum: einen Reaktor zu bauen, der sich selber mit Strom versorgt und damit völlig autark arbeitet. Rossi schwebt eine Kraft-Wärme-Kopplung-Anlage vor, die 30 Megawatt Wärme und 7,5 Megawatt Strom erzeugt. Anschaffungskosten: 23 Mio. Euro. Solch eine Anlage wäre ideal zur Energieversorgung eines Wohnkomplexes oder einer Industrieanlage. Wettbewerb kommt auf Neben Rossis Leonardo Corporation streben mehrere andere Unternehmen mit ihren Fusionstechnologien auf den Markt. Das sicherlich Aufsehen erregendste von ihnen ist Defkalion Green Technologies (DGT) mit Sitz in Griechenland. Dieses Konsortium war kurz nach Rossis halböffentlichem Experiment im Januar 2011 an die Öffentlichkeit gegangen, seine einzige Aufgabe sei die Herstellung und Vermarktung der Rossi-Technologie (Kalte Fusion in der Black Box?). Im August trennte man sich jedoch offenbar im Streit von Leonardo (Kalte Fusion als Technologie). Über den Grund der Trennung ist nichts bekannt, doch gibt es einen öffentlichen Disput. DGT ist weniger wortkarg und emotional als Rossi und informieren mit einem ausführlichen Datenblatt über ihr Produkt. Der Hyperion soll aus bis zu neun LENR-Reaktorkernen bestehen, 5 bis 45 Kilowatt Wärmeleistung produzieren und dieses Jahr zunächst in Griechenland auf den Markt kommen. Auch eine 5-Megawatt-Anlage soll erhältlich sein. EU-Sicherheitszertifikate seien in Bearbeitung. Die Nachfrage sei bereits größer, als gedeckt werden könne. "Hyperion"-Prototyp von Defkalion Green Technologies. Bild: Defkalion Green Technologies Ende Januar hatte DGT "international anerkannte und renommierte wissenschaftliche und wirtschaftliche Organisationen" aufgerufen, unabhängige Tests des Hyperion durchzuführen, und war damit einer Forderung der Wissenschaft nachgekommen. Mitte Februar wurde Sterling Allan von Pure Energy Systems News der Testreaktor gezeigt. Ende Februar teilte Defkalion mit, dass zwei von sieben internationalen Gruppen ihre Tests bereits durchgeführt hätten. Darunter sei auch die griechische Regierung, die sich von der nuklearen Natur des Effekts habe überzeugen wollen. Die griechische Regierung, die bereits seit Frühling 2010 im Bilde sein soll, hat ihre Involvierung gegenüber NyTeknik weder bestätigt noch abgestritten. Testprotokolle sollen in Abstimmung mit DGT veröffentlicht werden. Bereits im Dezember hatte ein Vertrauter von Jed Rothwell Defkalions Geräte in Augenschein genommen und den Geschäftsplan besprochen. Er kam zu dem Ergebnis: Die Entwicklungen und Geschäftstätigkeit wecken große Erwartungen. Diese Leute sind hochprofessionell. Forschung und Entwicklung sind erstklassig. Die Laborausstattung ist erstklassig. Ihre kommenden Produkte sind revolutionär. Sie sind die besten LENRImplementierungen, die je gemacht worden sind. Quelle von Jed Rothwell Rothwell betreibt das Archiv LENR-CANR.org, ist im Forschungsgebiet bestens vernetzt und genießt dort großes Vertrauen. Weitere Organisationen sind im Zuge der "größten Investitionsmöglichkeit des 21. Jahrhunderts", so der Zukunftsforscher Gerald Celente zur aktuellen Entwicklung (Kalte Fusion in der Black Box?), gegründet worden oder in Aufwind geraten. Francesco Piantelli, der Vater der Nickel-WasserstoffFusion, hat Investoren gefunden und verfolgt mittlerweile kommerzielle Ziele mit seinem Unternehmen nicHenergy. Piantelli hat Anrecht auf Patentschutz im Rahmen des so genannten Zusammenarbeitsvertrags. Die Anwälte von Andrea Rossi, der seinen ECAT komplett überarbeitet und neue Patente beantragt hat, dürften sich Piantellis Patente aufmerksam durchgelesen haben. Von der von Rossi generierten Aufmerksamkeit scheint auch die Brillouin Energy Corporation zu profitieren, die ebenfalls kommerzielle Anwendungen der Nickel-Wasserstoff-Fusion entwickelt. Forscher des US-Marine-Labors SPAWAR führen ihre Forschung mittlerweile in der Global Energy Corporation weiter, nachdem die Arbeit bei der Marine von oben unterbunden wurde. Unter dem Namen Cold Fusion Energy, Inc. haben sich Wissenschaftler zusammengeschlossen, um Anwendungen der Kalten Fusion in die Welt zu bringen. BlackLight Power (Durchbruch bei der Gewinnung von Energie aus Wasserstoff?) hat in seinen Reaktoren zwar offenbar keine Kalte Fusion, dafür aber laut Dafürhalten einiger Forscher vielleicht einen Teil ihrer Erklärung. Die Liste ließe sich fortführen. Game Change In den letzten Jahren hat sich Miley dem nanotechnologischen Ansatz von Yoshiaki Arata (Lobbying für die Kalte Fusion) gewidmet und mit Studenten einen zuverlässigen LENR-Reaktor gebaut, der 75-200 Watt Überschusswärme erzeugt. Die für eine Radionuklidbatterie benötigte Leistung sei erreichbar. Eine LENR-Batterie sei ein Game Changer, und auch die NASA habe dieses bereits erkannt. NASA-Konzept eines Raumtransporters mit Kalte-Fusion-Antrieb. Bild: NASA Das NASA Glenn Research Center hat sporadisch LENR-Experimente durchgeführt und sowohl 1989 als auch 2009 eine anomale Energieproduktion bestätigt. Die von Rossi und Piantelli demonstrierte Technologie sei "potenziell ein Game Changer für Raumfahrtantriebe und den Energiebedarf von Fahrzeugen". NASA-Wissenschaftler haben sich im Juli mit Rossi getroffen, um Anwendungen seiner Technologie zu besprechen und sie möglichst zu testen. Zu einem Test war es jedoch nicht gekommen, da Rossi einen Reaktor verkaufen statt zur Verfügung stellen wollte. Auch auf Piantelli sind die NASA-Wissenschaftler zugegangen. Auf einem LENR-Workshop am 22. September, an dem auch Miley teilnahm, sagte der oberste Wissenschaftler des NASA Langley Research Center, Dennis Bushnell: Je nachdem, wie sich die Performanz herausstellt, scheint LENR die Luft- und Raumfahrt grundlegend revolutionieren zu können. Keine einzelne Technologie kommt auch nur in die Nähe der potenziellen Auswirkungen von LENR auf Missionen der Agentur. … Übrigens - LENR löst (auch) das globale Klima- und Energieproblem Dennis Bushnell Im Januar schließlich erhielt die NASA große Aufmerksamkeit, als der Wissenschaftler Joseph Zawodny die saubere Energieproduktion durch Kalte Fusion im hauseigenen Technology Gateway bestätigte. Erste Anwendungen seien mit der Kraft-Wärme-Versorgung von Wohnhäusern zu erwarten (Kalte Fusion und die Zukunft). "Game Changer" steht generell für ein Objekt oder Ereignis, das eine Situation fundamental ändert. Kraft-Wärme-Kopplung-Anlagen auf LENR-Basis, wie sie derzeit angestrebt werden, wären offensichtlich ein Schlag für die derzeitige zentralisierte Energieinfrastruktur. Auch geopolitische Umwälzungen sind möglich, wenn die Abhängigkeit vom Öl nicht mehr besteht. Eins hat sich bereits geändert: Im Januar hat das Massachusetts Institute of Technology erstmals nachgegeben und ein Studentenseminar zur Kalten Fusion zugelassen. In diesem Rahmen wurde auch eine Energieproduktion experimentell demonstriert. Was in den Reaktorzellen der Entwickler jedoch genau vor sich geht, wie der Prozess theoretisch beschrieben werden kann, ist wissenschaftlich offen. Aber kann etwas auf den Markt kommen, das nicht verstanden ist? "Weitaus mehr Dinge, die wir alltäglich nutzen, sind realisiert worden, bevor ein vollständiges wissenschaftliches Verständnis erreicht war", sagte Michael McKubre, Forscher bei Stanford Research International und technischer Berater von Brillouin Energy, in Ca$h Flow Radio. Rossi und Defkalion zeigen sich gewiss, dem Geheimnis auf die Spur gekommen zu sein. Gestern haben Francesco Celani und Yogendra Srivastava vom italienischen Nationalen Institut für Kernphysik auf Einladung am CERN ein Kolloquium zum aktuellen Stand der Erforschung der Kalten Fusion gegeben. Trotz aller Fortschritte konstatierte Celani einen immensen Forschungsbedarf. Die bisherige Forschung habe die Kalte Fusion zweifelsfrei bewiesen, sei wegen mangelnder Finanzierung jedoch nur sehr langsam vorangekommen. Um funktionierende Reaktoren zu verbessern und den Effekt zu erklären, sei es nun Zeit für ein gut finanziertes, internationales und multidisziplinäres Forschungsprogramm.