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Landtag von NÖ, X. Gesetzgebungsperiode
IV. Session
5. Sitzung am 7. Dezember 1976
INHALT:
1. Eröffnung durch Präsident Dipl.-Ing. Robl (Seite 229).
2. Verlesung des Einlaufes (Seite 229).
3. Verhandlung:
Voranschlag des Landes Niederösterreich für das Jahr 1977. Spezialdebatte zur Gruppe 0 (Fortsetzung). Redner: Abg. Reischer (Seite 229), Abg. Dr. Brezovszky mit Resolutionsantrag (Seite 232),
Abg. Zimper (Seite 240), Abg. Buchinger (Seite 243), Landeshauptmannstellvertreter Czettel (Seite
252), Abg. Pospischil (Seite 255), Abg. Kaiser (Seite 256), Abg. Präsident Binder mit
Resolutionsantrag (Seite 257), Abg. Dr. Brezovszky (Seite 257), Abg. Ing. Kellner (Seite 258),
Landeshauptmann Maurer (Seite 259); Abstimmung (Seite 260).
Spezialdebatte zur Gruppe 1. Berichterstatter Abg. Diettrich (Seite 261); Redner: Abg. Zauner (Seite
261), Abg. Mantler (Seite 262), Abg. Rabl (Seite 267), Abg. Fidesser (Seite 268); Abstimmung
(Seite 271).
Spezialdebatte zur Gruppe 2. Berichterstatter Abg. Diettrich (Seite 272); Redner: Abg. Kosler (Seite
272), Abg. Schober (Seite 277), Abg. Jirkovsky mit Resolutionsantrag (Seite 282), Abg. Romeder mit
Resolutionsantrag (Seite 284), Abg. Birner (Seite 289), Abg. Dkfm. Höfinger (Seite 293), Abg. Krendl
(Seite 296), Abg. Prof. Wallner (Seite 299), Abg. Thomschitz (Seite 303), Abg. Prokop (Seite 308),
Abg. Stangl (Seite 314), Landesrat Grünzweig (Seite 316), Abg. Jirkovsky mit abgeändertem
Resolutionsantrag (Seite 321); Abstimmung (Seite 321).
Spezialdebatte zur Gruppe 3. Berichterstatter Abg. Diettrich (Seite 321); Redner: Abg. Bernkopf (Seite
321), Abg. Kosler (Seite 324), Abg. Prof. Wallner (Seite 325).
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL (um 9.00 Uhr): Ich eröffne die Sitzung. Das Protokoll der letzten Sitzung
ist geschäftsordnungsmäßig aufgelegen. Es ist unbeanstandet geblieben und als genehmigt zu
betrachten. Von der heutigen Sitzung hat sich der Abg. Blabolil entschuldigt. Ich ersuche um
Verlesung des Einlaufes.
SCHRIFTFÜHRER (liest):
Ltg.368 - Antrag der Abg. Tribaumer und Genossen, betreffend Unterstützung von Urlaubsaktionen für
betagte Menschen.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL (nach Zuweisung des Antrages an den zuständigen Ausschuß): Wir
gelangen zur Beratung der Tagesordnung. Wir setzen die Verhandlungen zum Voranschlag des
Landes Niederösterreich für das Jahr 1977 mit der Spezialdebatte zur Gruppe 0 fort. Zum Worte
gemeldet ist der Abg. Reischer.
Abg. REISCHER: Herr Präsident! Hohes Haus! In der Gruppe 0 steht immer wieder das Thema
„Raumordnung“ zur Diskussion, erfreulicherweise zur Diskussion, weil es ein Beweis dafür ist, daß in
diesem Lande Raumordnung nicht Selbstzweck ist, sondern vorausschauendes Denken und Handeln
im Dienste der Menschen dieses Landes. Die Entwicklung gewisser Teile unseres Bundeslandes zu
Ballungszentren, die Entvölkerung, besonders an den Grenzen im Norden eines ganzen Landesteiles,
und die Abwanderung niederösterreichischer Arbeitskräfte in andere Bundesländer haben nachteilige
Folgen gezeigt und haben uns hier in bezug auf die Nachteile der industriellen Produktion, der
drohenden Zersiedlung der ländlichen Gebiete zeitgerecht bewogen, eine wirksame
Raumordnungspolitik zu betreiben. Es geht aber weder um das Wirtschaftswachstum und die Technik
noch um die Entwicklung einer elektrischen Zahnbürste und die Probleme unserer Zeit, sondern um
die Schaffung und Erhaltung optimaler Lebensbedingungen der Menschen in diesem Lande., Das ist
das Problem unserer Zeit, nicht nur auf das Land Niederösterreich bezogen.
In bezug auf die Raumordnung wurden bereits in den Dreißigerjahren und darnach beachtliche
Vorleistungen erbracht und im Lande Niederösterreich Abteilungen für Raumplanung eingerichtet, die
sich vor allen Dingen mit der örtlichen Raumplanung, wie der Erarbeitung von
Flächenwidmungsplänen, befaßten. Auch die Gebietsbauämter waren mit dieser Frage immer wieder
befaßt. Eine Reihe von Raumordnungskonzepten wurden auch von der damaligen
Raumplanungsstelle erarbeitet, die aber nicht rechtswirksam werden konnten, weil eben noch ein
entsprechendes Gesetz fehlte.
Die Landeshauptleute Figl und Hartmann waren es, die die ersten größeren Studien über
Raumplanung in diesem Lande in Auftrag gegeben haben. Mit dem Raumordnungsgesetz aus 1968,
das mit 1. 1. 1969 in Kraft getreten ist, wurde die Grundlage für eine rechtswirksame Landespolitik auf
diesem Gebiet geschaffen, eine Politik, die nicht befiehlt und nicht dirigiert und reglementiert, sondern
die Förderungsmaßnahmen setzt, um eine gewünschte Entwicklung zu erreichen. Zum Beispiel die
standortrichtige Gestaltung und Ausstattung von geeigneten Gebieten für Industrieansiedlungen mit
Verkehrsflächen, mit Energie, mit Wasser; die Vorsorge für die Abfallbeseitigung oder die Errichtung
von Wohnanlagen in vertretbarer Entfernung von den Arbeitsstätten und der Trennung der
Wohngebiete von den Industriegebieten.
Herr Dr. Brezovszky, Sie haben gestern angezogen, daß der Herr Landeshauptmann in
Niederösterreich Betriebe besucht, die als verstaatlichte Betriebe zu bezeichnen sind. Ich werde Ihnen
einmal empfehlen, sich im Industriezentrum Süd oder nördlich von Wien im Raume Wolkersdorf, oder,
enn Sie wollen, auch im Raume Korneuburg und Stockerau umzusehen. Sie werden feststellen,
welche gewaltige Entwicklungen sich hier nicht zuletzt durch die Förderung des Landes vollziehen.
Nun können wir sehr wohl die deutlichen und praktischen Auswirkungen der niederösterreichischen
Raumordnungspolitik sehen. Sie haben gestern auch von den Donaubrücken gesprochen. Schauen
Sie, eines steht doch fest und das kann niemand bestreiten: Diese drei Donaubrücken wurden auf
Initiative des Herrn Landeshauptmannes von Niederösterreich in der ÖVP-Regierung als
Regierungsvorlage eingebracht und im BundesStraßennetz verankert. Es wurden hiezu auch die
entsprechenden Mittel vorgesehen.
Meine sehr Verehrten! Wenn wir schon von den Brücken reden, erzähle ich Ihnen eines. Sie kennen ja
das russische Roulette. Da gibt es also für den Verlierer die Notwendigkeit, sich mit einem
Trommelrevolver, in dem nur eine Kammer scharf geladen ist, hinzustellen und abzudrücken. Das
Wiener Roulette geht folgendermaßen vor sich: Sie müssen über sechs Brücken fahren, eine bricht
bestimmt zusammen. (Beifall bei der ÖVP.) Sie hätten sie nicht gebaut diese drei Brücken, wenn sie
nicht im Bundesstraßengesetz verankert worden wären. Ich werde Ihnen das auch noch an einem
Beispiel beweisen. Es ist ein makabrer Witz, aber die Wiener wissen - und es kommt durch diesen
Witz zum Ausdruck, wer hier schuld ist -: daß es eine unfähige Stadtverwaltung war, die mit
Schlamperei sondergleichen an den Tag gegangen ist, die eine, gelinde gesagt, unzeitgemäße
Kontrolle an diesen Brücken vorgenommen hat, sodaß sogar einmal in Wien, was ja selten vorkommt,
ein politischer Referent abtreten mußte. Und nun das Beispiel, das ich vorher erwähnt habe.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Linken! Nehmen Sie das Beispiel von der
Klosterneuburger Brücke. Hier ist es so, daß die Planung für eine vierbahnige Brücke bereits fix und
fertig ist. Sie wissen ja alle, daß die Planungskosten in die Millionen gehen, und nun wissen auf einmal
der Herr Bautenminister und der Verkehrsminister, daß der Herr Finanzminister Androsch trotz
exorbitanter Steuererhöhung nicht in der Lage ist, dazu die notwendigen Mittel aufzubringen. Jetzt
redet man - bitte sehr, bei einem zunehmenden Verkehrsaufkommen im Umland von Wien - also
davon, diese Brücke eventuell, wenn man sie überhaupt baut, nur zweispurig zu bauen. Wenn das die
Vorsorge für ein modernes Österreich ist, na dann kann man nur danke schön sagen, (Zwischenruf
bei der SPÖ.) aber im negativen Sinn, Herr Kollege, im negativen Sinn! Sie werden mich ja hoffentlich
verstehen. Soll man da noch postiv reden, wenn Sie ein Brückenvorhaben, das bei steigendem
Verkehrsaufkommen im Umland von Wien vierspurig vorgesehen ist, nunmehr eventuell zweispurig
bauen wollen, und wann, das steht ja sowieso noch in den Sternen geschrieben. Ich darf Ihnen sagen,
daß der Herr Landeshauptmann Maurer es war, der damals diese drei Donaubrücken erkämpft hat,
und daß es die ÖVP-Regierung war, die die gesetzlichen Grundlagen und auch die finanzielle
Bedeckung für die Inangriffnahme - ich sage es, ich bleibe ja bei der Wahrheit – dieser Vorhaben
bereitgestellt hat. Es hätte wirklich nicht gut ausgesehen, meine Herren von der Linken, wenn nun auf
einmal die Bundesregierung Kreisky, die ja alles besser machen wollte, erklärt hätte, diese Brücken
nicht weiterbauen zu können. Das wäre doch eine Pleiteerklärung sondergleichen gewesen.
Ich glaube aber, für Niederösterreich ist auch die Ausstattung des flachen Landes mit den
notwendigen zentralen Einrichtungen für die Bedürfnisse der dort lebenden Menschen, wie
Geschäften, Schulen, Kindergärten, Verwaltungsstellen und so weiter, besonders wichtig. In
Verfolgung dieses Zieles hat die Landesregierung eine Reihe von Raumordnungsprogrammen
erlassen bzw. sind solche in Vorbereitung: für Industrie und Gewerbe, für den Fremdenverkehr, für die
Land- und Forstwirtschaft, dem nun ein eigenes Landwirtschaftsgesetz gefolgt ist; für die
Verbesserung der Kommunalstruktur der zentralen Orte, für Gesundheitswesen, Kindergartenwesen,
Wohnungswesen, Verkehrswesen, Freizeit und Erholung und das Schulwesen. Damit haben wir in
Niederösterreich alle wichtigen und bedeutenden Sachgebiete erfaßt, und wir finden im vorliegenden
Budget wie in den vergangenen Jahren schon Förderungsmittel, die auf gewisse Schwerpunkte
ausgerichtet sind und die also hier dem Raumordnungsgesetz und den Raumordnungsprogrammen
entsprechen.
Mit der vor einigen Wochen beschlossenen Novelle bzw. dem neuen Raumordnungsgesetz ist nun
auch die gesetzliche Basis für eine regionale Raumordnungspolitik geschaffen, wobei die Mitwirkung und das ist besonders hervorzuheben - aller verantwortlichen Stellen in den Regionen und der
Landesbürger notwendig sein wird und auch erwünscht ist. Nicht vergessen möchte ich auch die
regionalen Raumordnungsprogramme, wie zum Beispiel für die niederösterreichische DonauZone,
und es hat mein Kollege Manndorff bereits eingehend zu diesen regionalen
Raumordnungsprogrammen Stellung genommen.
Nicht so ist es auf dem Sektor der Bundesgesetzgebung. In dem Raumordnungsentwurf des
Bundeskanzleramtes sind Dinge zu finden, die mit der Raumordnung wirklich nichts zu tun haben. Im
§ 2 dieses Entwurfes können Sie lesen: In der Raumordnung des Bundes sind folgende Grundsätze
zu beachten:
1. Die Unabhängigkeit und immerwährende Neutralität Österreichs sind zu erhalten und zu sichern.
2. Die Grundprinzipien der Bundesverfassung sind zu wahren.
3. Die gesamtstaatlichen Zusammenhalte sind zur Beachtung des bundesstaatlichen Aufbaues
Österreichs zu garantieren.
4. Die volle und freie Entfaltung der Menschen ist insbesondere durch Beachtung des
rechtsstaatlichen Prinzips und Sicherung sowie Förderung der Menschenrechte zu gewährleisten.
5. Der Bestand von Gemeinden als Gebietskörperschaften mit dem Recht auf Selbstverwaltung ist
zu gewährleisten. Oder: Die internationale Zusammenarbeit, insbesondere im europäischen
Raum, ist zu fördern.
Also weitgehend Dinge, die ja in Verfassungsgesetzen normiert und festgelegt sind. Das sind in bezug
auf die Raumordnung simple Aussagen und Gemeinplätze.
Wenn man in diesem Entwurf zum Beispiefeststellt, die Entwicklung der Forstwirtschaft auf die
Funktion des Waldes als Rohstofflieferant, auf seinen Schutz und ökologische Ausgleichsfunktionen
sowie auf seine Erholungsfunktion Bedacht zu nehmen, dann frage ich Sie, meine sehr Verehrten:
Wozu haben wir denn ein ins Detail gehendes Forstgesetz, das erst voriges Jahr beschlossen wurde?
Ich glaube, diese Dinge haben mit einer Raumordnung, wie wir sie verstehen, sicher nichts zu tun. Ein
völlig unbrauchbarer Entwurf, von dem man ja bislang nichts mehr hört und der wahrscheinlich auch
nicht mehr aus der Versenkung auftauchen wird. Hoffentlich.
Wir in Niederösterreich haben also auf Grund dieser Raumordnungsprogramme eine fortschrittliche
Landespolitik betrieben, und wir dürfen auch sagen, daß die Handhabung durch die
Niederösterreichische Landesregierung als vorbildlich anzusehen ist. Vorbildlich auch für andere
Bundesländer und über die Grenzen der Republik hinaus. Das wurde erst vor kurzem im
Oberösterreichischen Landtag durch einen sozialistischen Abgeordneten angeführt. Ich glaube aber,
es kann auch nicht als unbescheiden angesehen werden, und ich darf hier betonen, daß die Mehrheit
in diesem Hause, die Österreichische Volkspartei, durch ihre fortschrittliche Gesinnung, verbunden mit
der entsprechenden Sachkenntnis, die in ihren Leitbildern zum Ausdruck kommt, entscheidende
Initiativen gesetzt hat, besonders im Leitbild 80, wo der Weg in eine schönere Zukunft für die
Menschen in unserem Lande vorgezeichnet ist. Mit einer fortschrittlichen Landespolitik erreicht sie
nicht nur das Lebensnotwendige, sondern alles, was das Leben reicher, schöner und lebenswerter
macht und auch für die Dorfbewohner in greifbare Nähe gerückt wird.
Der Bauer als Eigentümer von Grund und Boden merkt sicherlich manchmal mit einem gewissen
Unbehagen, daß der beste Boden verbaut und der landwirtschaftlichen Produktion entzogen wird. Wir
wissen schon, das wird auch in Zukunft nicht ganz zu verhindern sein. Ich glaube auch, daß sich das
Raumordnungsgesetz auch in dieser Richtung bewährt hat und daß hier Grund und Boden durch
dieses Gesetz nur im notwendigen Ausmaß in sinnvoller Weise anderen Zwecken als seiner
ursprünglichen Bestimmung, der landwirtschaftlichen Nutzung, zugeführt wird.
Ein Wort vielleicht noch als Bauer: Wir wissen schon, daß das Dorf längst kein Bauerndorf mehr ist,
daß es nicht nur unsere Söhne und Töchter sind, die in anderen Berufen tätig sind, aber nach wie vor
auf dem Lande leben wollen. Wir wissen, daß es auch andere Menschen gibt, die wieder aufs Dorf
ziehen und ständig dort leben wollen, weil heute eben der Wohnort öfters gewechselt wird als früher,
und das Leben auf dem Lande, weil es attraktiver geworden ist, gewissermaßen doch auch Leute aus
den Städten wieder anzieht. Für uns, für die Österreichische Volkspartei, war das Dorf nie und nimmer
ein negativer Begriff und auch nicht Dinge, die mit dem Namen Dorf verbunden sind, Herr Kollege
Leichtfried, wie zum Beispiel die Dorfhelferin, wofür man, wie Sie vor einigen Wochen gesagt haben,
einen attraktiveren Namen finden müßte. Ich glaube, einen schöneren Namen als Dorfhelferin kann es
gar nicht geben. Sie werden kaum einen besseren haben. Ich glaube also, wir haben nie ein gestörtes
Verhältnis zum Dorf gehabt, sondern wir hatten immer das Bestreben, das Leben auch auf dem Dorf
lebenswerter und schöner zu machen. Was wir wünschen und was wir anstreben, ist ja, daß wir mit
der Raumordnung die Benachteiligung des flachen Landes aufheben und einigermaßen gleiche
Lebensverhältnisse schaffen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Niederösterreich ist das Industrieland Nummer eins
geworden, dank des Fleißes und des Könnens unserer Bevölkerung, dank aber auch des
unermüdlichen Einsatzes unseres Landeshauptmannes Ökonomierat Maurer. Wenn Sie hier, Herr Dr.
Brezovszky, nostalgische Vergleiche angezogen haben, dann darf ich also sagen: Schauen Sie, Hand
aufs Herz, wer wird nach sieben Jahren Regierung, wenn Ihr Bundeskanzler einmal abgetreten ist,
noch von Kreisky reden, (Heiterkeit bei der SPÖ.) oder, Hand aufs Herz, wer wird von Ihnen noch
reden, wenn Sie einmal nicht mehr im Landtag sind? Kein Mensch. Die Zeit ist viel zu leicht- und
schnellebig geworden. Und wenn Sie immer wieder auch den gewesenen Bundeskanzler Klaus
angreifen, sage ich Ihnen eines: Sie können in Österreich fragen, wen Sie wollen, der Dr. Klaus wird
von allen Leuten als aufrechter und ehrlicher Mann und Politiker angesehen, nicht als ein Mann, der
laufend Schaumschlägereien und Spiegelfechtereien vollbringt, wie das Ihr Parteivorsitzender und
Bundeskanzler Dr. Kreisky tut. Das darf ich auch hier einmal sagen. (Abg. Stangl: Da soll man nicht so
empfindlich sein!) Seien Sie doch nicht so empfindlich, (Abg. Stangl: Ich bin gar nicht empfindlich!)
Herr Kollege! Ich bin übrigens ein feiner Mann, hören Sie, ich bin ein feiner Mann im Vergleich zu
Ihrem Bundeskanzler, der vom Rednerpult aus die ÖVP ein Lumpenpack geschimpft hat. Ich möchte
Ihnen sagen, zu solchen Behauptungen versteigen wir uns nie und nimmer.
Die konsequente Raumordnungspolitik der Mehrheit in diesem Lande hat viel dazu beigetragen, daß
sich die Verhältnisse in unserem Lande gebessert haben. Und daß der politische Referent,
Landeshauptmannstellvertreter Ludwig, der Raumordnungsbeirat und auch die Beamtenschaft viel
zum Erfolg dieser Politik beigetragen haben, das darf ich hier anerkennend und mit Dank vermerken.
Sicher wird es auch auf diesem sehr schwierigen Gebiet Probleme geben, wird es Schwierigkeiten
geben, aber gemeinsam wird es auch in Zukunft in Niederösterreich möglich sein, eine erfolgreiche
Raumordnungspolitik zu betreiben. (Beifall bei den Abgeordneten der ÖVP.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt der Abg. Dr. Brezovszky.
Abg. Dr. BREZOVSZKY: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr verehrte Damen und Herren! Zuerst
möchte ich feststellen, daß gestern ein Abgeordneter der Mehrheit zuerst in einem Zwischenruf und
dann hier von dieser Stelle erstmalig einen Abgeordneten der Minderheit zuerst mit dem Wort
,,Frechheit" bedacht hat. Ich stelle in aller Öffentlichkeit fest, daß dies heute hier möglich ist und daß
es vor zehn Jahren noch üblich war, sich für dieses in einem Zwischenruf aus der Bank gefallene Wort
von dieser Stelle aus zu entschuldigen. Im Zuge der sehr hektischen Auseinandersetzungen in der
Müllner-Geschichte hat mir der Herr damalige Abgeordnete Robl dieses Wort einmal zugerufen, und
er hat dann am nächsten Tag erklärt, daß er diesen Ausdruck bedauere. (Abg. Anzenberger: Das
waren andere Zeiten!) Ich stelle fest, daß das heute nicht mehr üblich ist und daß dieses Wort
offensichtlich hier im Landtag also bereits gängig geworden ist und wir das zur Kenntnis zu nehmen
haben. Zum zweiten: Ich habe gestern lediglich festgestellt, daß der Herr Landeshauptmann im Zuge
einer Informationsfahrt durch Niederösterreich die Journalisten bei den verstaatlichten Betrieben
vorbeigeführt hat. Es waren keine Betriebsbesuche. Herr Abg. Reischer, Sie wissen, daß alle
Mandatare in Niederösterreich Betriebsbesuche machen und daß es nie irgendwo in Frage gestellt
worden ist, daß irgend jemand in einem Privatbetrieb oder verstaatlichten Betrieb einen Besuch
macht. Ich habe lediglich festgestellt, daß es sich hier um Leistungen des Bundes und der
verstaatlichten Industrie handelt, die als Landesleistungen oder als Leistungen des Herrn
Landeshauptmannes in der Publikation dargestellt werden.
Bezüglich der Bundesbrücken sind wir einer Meinung, daß hier die Finanzierung durch die
Bundesregierung, durch die jeweilige Bundesregierung, zu erfolgen hat und die drei Donaubrücken
durch die gegenwärtige Bundesregierung bezahlt worden sind. Um nichts anderes ist es gegangen.
(Abg. Anzenberger: Mit den Steuergeldern sind sie bezahlt worden, nicht mit den Mitteln der
Bundesregierung!) Und bezüglich Ihres indirekten Vorwurfes, daß wir ein gestörtes Verhältnis zum
Dorf haben: Die meisten von uns sind in einem Dorf aufgewachsen, wohnen in Dorfern, ich glaube
also nicht, daß wir zu den Dörfern ein gestörtes Verhältnis haben, im Gegenteil. Gestern hat der Herr
Abg. Zimper erklärt, die Stadtgemeinde Wr. Neustadt gibt für Presse oder Information 3 Millionen
Schilling aus. (Abg. Zimper: Öffentlichkeitsarbeit und Repräsentation! - Abg. Romeder: Er hat von den
beiden gesprochen!) Nein, wir haben von der Presse gesprochen. Aber, Herr Kollege, lesen Sie das
Protokoll nach, und Sie werden feststellen, (Abg. Romeder: Gerade darin steht es!) daß über die
Ausgaben der Stadtgemeinde Wr. Neustadt für Öffentlichkeitsarbeit im Zusammenhang mit der
Presseförderung gesprochen wurde. Die Stadtgemeinde Wr. Neustadt gibt für diese Position
1,814.000 Schilling aus, nimmt aber 1,025.000 Schilling ein, und zwar aus Inseraten. Daher belastet
diese Tätigkeit die öffentlichkeitsarbeit der Stadtgemeinde Wr. Neustadt nicht mit 3 Millionen Schilling,
wie Sie gestern von dieser Stelle aus behauptet haben, sondern mit 789.000 Schilling. (Abg. Zimper:
Information und Repräsentation, Herr Kollege, Budgetansatzpost!) Aber so wahr, wie Sie früher in der
Zeitung geschrieben haben - ob Sie's auch heute noch tun, weiß ich nicht - und wie Sie hier diese
Feststellung getroffen haben, sind ein Großteil Ihrer Feststellungen. (Abg. Romeder: Diese
Qualifikation weisen wir zurück. Das ist eine echte Qualifikation. So geht das nicht! - Präsident Dipl.Ing. Robl gibt das Glockenzeichen.)
Der Herr Abg. Manndorff hat über die Bundesverschuldung gesprochen und erklärt, daß diese im
Ansteigen sei und daß sie eine bestimmte Grenze erreichen wird, daß hier also Gefahr im Verzuge
sei. Ungefähr so habe ich das verstanden. Herr Abg. Manndorff, ich schätze Sie als einen Redner, der
sich in Raumordnungsfragen sehr gründlich vorbereitet. (Abg. Anzenberger: So vergeht die Zeit, weil
er anscheinend diesmal nichts anderes weiß! - Abg. Tribaumer: Geistesblitz!) Ich glaube, Herr Kollege
Anzenberger, Repliken sind im parlamentarischen Leben durch die Geschäftsordnung gedeckt, und
es ist jedem Abgeordneten überlassen zu replizieren oder nicht. (Abg. Anzenberger: Herr Doktor, wir
machen Ihnen keinen Vorwurf. Wir stellen nur fest, daß Sie anscheinend keinen anderen
Gesprächsstoff haben!) Ich habe von Ihnen bisher eine Reihe von Repliken gehört, und ich glaube,
daß es jedem Abgeordneten überlassen ist, zu replizieren. Da der Herr Abg. Manndorff über
Bundesangelegenheiten gesprochen hat und nachdem er hier diese Frage besonders hervorgehoben
hat, kann ich nicht auf Landesangelegenheiten replizieren. Ich glaube, so logisch müßten Sie auch
denken können.
Ich glaube, niemand, wo immer er ist, ob er nur im Privatleben, ob er in einer öffentlich-rechtlichen
Körperschaft oder in einer Gebietskörperschaft tätig ist, nimmt aus reiner Lust irgend welche Kredite
und Darlehen auf. Es ist Angelegenheit des jeweils Verantwortlichen zu überlegen, ob die
Darlehensaufnahme für ihn selbst oder für die Körperschaft, die er vertritt, von Nutzen ist oder nicht,
bzw. ob die Darlehensaufnahme für die Bevölkerung von Nutzen ist oder nicht. Sie wissen alle, daß in
Österreich vor fünfviertel Jahren von Seiten der sozialistischen Partei auf Bundesebene der
Wahlkampf unter dem Haupttitel ,,Vollbeschäftigung hat Vorrang'' geführt wurde und der Herr
Bundeskanzler das auf einen ganz einfachen Nenner gebracht hat. Es ist ja die Kunst eines Politikers,
dies allgemein verständlich zu machen, (Heiterkeit bei der ÖP.) denn jede Ideologiediskussion, die
einige Zehntausend verstehen, geht über die Köpfe der Bevölkerung hinweg und hat keinerlei
Wirksamkeit, wie ja auch die letzte Meinungsumfrage gezeigt hat: 15% der Bevölkerung sind von
dieser Ideologiediskussion Ihres Bundesparteiobmannes beeindruckt.
Der Herr Bundeskanzler hat erklärt, einige Milliarden Schilling Schulden mehr bereiten ihm weniger
Kopfzerbrechen als einige zehntausend Arbeitslose mehr. Das ist auch die Erklärung, weshalb die
Bundesregierung erstmalig - und es ist die erste Bundesregierung, die in einer Rezession die
Hauptverantwortung getragen hat - diesen Grundsatz auch folgerichtig durchgesetzt hat, und es ist
völlig klar, daß das unter Umständen die Kernfrage ist, in der wir uns von einer konservativen Finanzund Wirtschaftspolitik unterscheiden. (Abg. Romeder: Daher vom Jahre 1970 bis 1974 eine Zunahme
der Staatsverschuldung in Zeiten der Hochkonjunktur. Das ist die Vorsorge für die Rezession!) Wir
haben nicht nur in unserem Parteiprogramm, sondern auch in allen unseren Handlungen immer den
Menschen in den Mittelpunkt unserer Überlegungen gestellt, (Abg. Romeder: Die Vorsorge war das!)
und daher ist für uns jeder beschäftigte Mensch wertvoller als da und dort eine Ertragsrechnung oder
eine Überlegung in der Richtung, daß man sich sagt, na ja, lieber weniger Schulden und einige
zehntausend oder hunderttausend Arbeitslose mehr. (Abg. Romeder: Die Mißwirtschaft von gestern
bewirkt die Steuern und Belastungen von morgen!) Ich glaube - es sitzen hier so viele Bürgermeister,
meine sehr verehrten Damen und Herren - (Abg. Bernkopf: Die noch mehr verschuldet sind!), wenn
jeder Bürgermeister der Bundesregierung das ankreidete und den Grundsatz hochhielte, keine
Schulden zu machen, dann würde jeder Bürgermeister in Niederösterreich in kürzester Zeit abgewählt
werden, weil eben die Menschen verlangen, daß heute Gemeindeeinrichtungen geschaffen werden
und, weil auch die nächste Generation Nutznießer dieser Einrichtungen ist, daß auch diese spätere
Generation die aufgenommenen Kredite dann abzahlt. (Abg. Romeder: Die Mißwirtschaft von gestern
ist die Belastung von morgen!) Hier, glaube ich, braucht sich keiner von uns, die wir auf der
Gemeindeebene tätig sind, einen Vorwurf machen. Niemand. (Abg. Anzenberger: Das wäre recht
schön, wenn das v o n Anfang an so gemacht worden wäre! - Abg. Romeder: Wenn es von Anfang an
gemacht worden wäre!) Ich kenne keine Gemeinde, die nicht Kredite aufnimmt, und ich kenne sehr
viele Gemeinden, und zwar beider Fraktionen, wo die Bürgermeister und die Mehrheit gleicher
Auffassung sind, daß man heute, wo es die Kreditmöglichkeiten gibt, die Infrastruktur und die
öffentlichen Einrichtungen wesentlich verbessert.
Ich sage Ihnen auch, daß wir in Zukunft auf Gemeindeebene, auf Landesebene und auf Bundesebene
diesen Weg werden gehen müssen, und zwar aus einer ganz einfachen Überlegung: Wir leben in
einer Welt, in der es bei vielen Gütern eine Überkapazität gibt, sowohl bei Industriegütern als vor allem
auch bei Konsumgütern. Es ist in den letzten Jahren so viel investiert worden, von Japan bis zu den
Vereinigten Staaten, von den Oststaaten und so weiter nicht zu reden, daß diese Überkapazitäten nun
derart auf den Preis drücken - wir sehen das auf dem Textilsektor ganz deutlich -, daß in absehbarer
Zeit auf diesen Gebieten größere Investitionen nicht zu erwarten sind, weil die Betriebe eine
Ertragsrechnung aufstellen und erklären, ich investiere nur dann, wenn ich diese Investitionen in
Zukunft auch zurückzahlen kann. Daher und wenn wir die Vollbeschäftigungspolitik, so weit es nur
geht, fortsetzen wollen, müssen wir von der konsumnahen Investition zur konsumfernen Investition ob wir wollen oder nicht - eine Zeitlang umsteigen. Wenn wir die Menschen beschäftigen wollen, ist es
richtig, daß die öffentlichrechtlichen Körperschaften und Gebietskörperschaften investieren, die
Infrastruktur verbessern, Straßen bauen, Brücken bauen, Wege bauen, Schulen, Kindergärten und so
weiter bauen, damit die Menschen überhaupt eine Chance haben, beschäftigt zu werden. Darum, Herr
Abg. Manndorff, die Politik des Bundes auf diesem Sektor, zu der wir uns als Sozialisten aus innerster
Überzeugung bekennen, weil sie dem Menschen mehr dient als eine Politik, wodurch die Menschen
arbeitslos werden. (Abg. Fidesser: Herr Abg. Brezovszky, das war aber nicht allein das Problem,
weshalb wir heute so riesige Schulden haben. Ich gebe Ihnen recht in dem, was Sie gesagt haben.
Nicht gebe ich Ihnen recht zu Ihrer Erklärung, weshalb wir heute so ein riesiges Defizit haben!)
Aber schauen Sie, Ihre Meinung kann Ihnen niemand nehmen, und wir respektieren jede
Überzeugung. Aber in der Politik, das wissen Sie ganz genau, gilt halt auch das Erfolgsprinzip. Wir
Sozialisten bekennen uns zu diesem Erfolgsprinzip, weil wir es mit demokratischen Mitteln und mit
fairen und anständigen Methoden zu allen Zeiten erreichen können. Sie werden nicht behaupten
können, daß die Bundespolitik in den letzten knappen sieben Jahren nicht vom Erfolgsprinzip geleitet
war. (Abg. Fidesser: Sie war nur vorn Erfolgsprinzip der Wahlen geleitet!) Sie wissen, das gilt auch für
Niederösterreich. Am 5. Oktober 1975 war die letzte Wahl, und am ersten Sonntag im Oktober 1979
wird das österreichische Volk neuerlich über die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Politik entscheiden.
Wenn Sie bis dahin das Volk von Ihrer Methode überzeugen, dann werden Sie Erfolg haben. Wenn
nicht, werden Sie keinen Erfolg haben. Ich glaube, wir sind überzeugt, daß diese Politik richtig ist.
Der Herr Abg. Zimper hat gestern auch noch erklärt, er bekenne sich zur Verfassung auf
Landesebene. Die Frage ergibt sich, ob er sich auch zur Verfassung auf Bundesebene bekennt, denn
er hat hier von dieser Stelle einen Ausspruch gemacht, der meines Erachtens bedenklich ist. Er hat
erklärt, daß das Rundfunkgesetz gewaltsam reformiert worden sei. (Abg. Dr. Bernau: Natürlich, was
denn sonst? - Abg. Ing. Schober: Fast 830.000 Unterschriften hat man negiert!)
Herr Kollege Schober, haben wir eine parlamentarische Demokratie, ja oder nein? (Abg. Ing .
Schober: Sie haben vor den Wahlen versprochen, es nicht zu ändern. Der Herr Bundeskanzler hat
gesagt er werde 830.000 Unterschriften anerkennen!) Eine gewaltsame Reform des
Rundfunkgesetzes bedeutet die Außerachtlassung der parlamentarischen Spielregeln, und daher muß
ich Sie fragen - wenn ein so schwerer Vorwurf gemacht wird, dann muß man zu ihm Stellung nehmen:
Wer hat Gewalt angewendet? Wie wurde Gewalt angewendet? Wo wurde Gewalt angewendet (Abg.
Dr. Bernau: Hör doch auf, soweit sind wir Gott sei Dank noch nicht!) Herr Kollege Bernau, warum
redet man von einer gewaltsamen Reform eines Gesetzes? (Abg. Zimper: Sie haben vor den Wahlen
erklärt, daß Sie es nicht tun! - Abg. Dr. Bernau: Jetzt kommt es lächerlich. Da sieht man, was das Wort
des Herrn Bundeskanzlers gilt. Drehen Sie es nicht um. Gott sei Dank haben wir eine
parlamentarische Demokratie!) Ach so, Herr Kollege Zimper, mir ist unbekannt, daß die
Österreichische Volkspartei im Parlament, im Nationalrat, die Mehrheit hat. (Abg. Zimper: Sie haben
das österreichische Volk enttäuscht!) Noch gibt es 93 Abgeordnete der Sozialistischen Partei und 80
Abgeordnete der Österreichischen Volkspartei. Und wenn Sie noch zehn Freiheitliche dazurechnen,
steht die Rechnung 93 zu 90. Diese Frage stelle ich ja. (Abg. Dr. Bernau: Hoffentlich machen Sie das
im Landtag auch einmal. - Abg. Anzenberger: Auch hier werden wir demokratische Entscheidungen
zur Kenntnis nehmen müssen!)
Wenn Sie mit Mehrheit hier entscheiden, wenn Sie uns überstimmen, (Präsident Dipl.-Ing. Robl gibt
das Glockenzeichen.) dann ist das eine gewaltsame Änderung eines Gesetzes. Das ist doch
folgerichtig, wenn Sie auf Bundesebene so argumentieren. Ich glaube, mit solchen Ausdrücken,
gewaltsame Änderung eines Gesetzes, das verfassungsmäßig zustande kommt, von der Diktatur der
51% zu reden, ist in einer Demokratie sehr gefährlich. (Abg. Zimper: Sie haben die österreichische
Öffentlichkeit enttäuscht!) Ich sage Ihnen auch, warum. (Abg. Anzenberger: Herr Doktor, rechnen Sie
sich die Belastungen der letzten Tage aus!)
Wir leben in einer Welt, wo sich die funktionierenden Demokratien in einer Minderheit befinden. Wir
leben in einem Erdteil, wo es nur wenige Länder gibt, die eine funktionierende Demokratie haben. Und
wenn wir nun selbst unser demokratisches System mit ,,Diktatur der 51 % und gewaltsame Änderung
des Gesetzes" abwerten, dann machen wir es den Gegnern der Demokratie sehr leicht zu erklären:
Was wollt Ihr denn, die Demokraten reden doch selbst von Diktatur und Gewalt. Wir könnten es unter
Umständen noch in den nächsten 30 Jahren erleben, daß die Entscheidung fallen wird, ob die
Demokratie überhaupt überlebt oder ob wir in einer Diktatur untergehen. (Abg. Dr. Bernau: Da gebe
ich Ihnen recht!) Aus diesem Grunde sollten wir uns - das ist das prinzipielle Problem, das ich hier
anschneiden will - nicht gegenseitig als Demokraten die demokratische Überzeugung absprechen. Wir
sollten uns anerkennen (Abg. Dr. Bernau: Goldene Worte!) - Gott sei Dank, leben wir in einer
Regierungsform, wo es überhaupt offiziell zwei verschiedene Meinungen gibt - und hier gegenseitig
respektieren, wenn wir auch nicht die Meinungen akzeptieren. (Abg. Dr. Bernau: Einverstanden.
Goldene Worte!) Darum ist es mir hier gegangen, und aus dem Grunde würde ich glauben, daß wir
uns hier nicht gegenseitig Vorwürfe machen sollten, die die Gegner der Demokratie einmal gegen uns
anwenden könnten.
Nun zu den Informationsausgaben, die in der Gruppe 0 auch ressortieren bzw. budgetiert werden. Wir
haben für Information bisher 5 Millionen Schilling im Budget gehabt. Heuer beschließen wir 15
Millionen Schilling Steuergelder für Informationen.
Der Herr Landeshauptmann Maurer hat bisher in der Zeitung ,,Die Presse" nicht berichtigt, daß diese
15 Millionen Schilling faktisch für die ÖVP-Propaganda verwendet werden. Das hat der Redakteur
nach einem Gespräch mit Landeshauptmann Maurer geschrieben. Wenn mir ein Redakteur so etwas
irgendwie in den Mund legt, dann werde ich es, wenn ich es zurückziehen oder berichtigen will,
berichtigen. Der Herr Landeshauptmann hat diese Behauptung nicht berichtigt. Daher steht nach wie
vor im Raume, wie es in der Presse gestanden ist, daß der Herr Landeshauptmann Maurer diese 15
Millionen Schilling für die . . . (Abg. Dr. Bernau: Ich bin gerührt über die Pressegläubigkeit!) Nein, aber
wenn so etwas behauptet und mir in den Mund gelegt wird, dann werde ich es, wenn ich es will und
wenn ich Wert darauf lege, daß es berichtigt wird, berichten. (Abg. Dr. Bernau: Wie der Herr
Landeshauptmannstellvertreter Czettel gesagt hat: Ich kann nicht die Verantwortung für die ArbeiterZeitung übernehmen. Ich denke gar nicht daran!) Das ist bisher nicht geschehen. Aber ich werde
Ihnen etwas sagen, Herr Dr. Bernau. (Abg. Dr. Bernau: Das hat er doch in der Regierung deutlich
genug getan, Herr Kollege Brezovszky. Zuerst machen Sie große Worte und dann betreiben Sie
schon wieder Polemik!) Nein. Wieso? Die Behauptung steht im Raum und ist nicht zurückgezogen
worden. (Abg. Romeder: Da müßtet Ihr in der Arbeiter-Zeitung jeden Tag alles ändern!) Ich werde
Ihnen etwas sagen: Das Pressekonzept hat 25 Millionen Schilling public relations-Ausgaben
vorgesehen. Kronen Zeitung, Kurier, NÖN, Faber, Bauernbündler und Volksblatt - steht in diesem
Pressekonzept - machen sowieso laufend ÖVP-Propaganda (Abg. Romeder: Propaganda?
Information!) für die Landesregierung. Man könne das nicht unbezahlt lassen, man müsse aber
auch dem Bauerbündler etwas zukommen lassen, dem Volksblatt etwas zukommen lassen, und als
vorletzter Absatz steht: ,,Nachdem es in Niederösterreich auch noch eine Parteizeitung, nämlich die
AZ, gibt, sollte man der AZ einen Druckkostenbeitrag für die Berichterstattung geben." (Abg. Dr.
Bernau: Wo steht das?) In dem Pressekonzept, das in der Löwelstraße erstellt worden ist. (Abg.
Zimper: Herzeigen! Papier ist geduldig!) Ich werde es rechtzeitig publizieren, da können Sie versichert
sein, Wort für Wort, Herr Kollege Zimper. (Unruhe. - Präsident Dipl.-Ing. Robl gibt das
Glockenzeichen.) Es gibt auch aus der Löwelstraße diesbezüglich noch gewisse Verbindungen. Aus
diesem Pressekonzept geht eindeutig hervor, eindeutig hervor, daß mit den 15 Millionen Schilling ab
1977 . . . (Abg. Dr. Bernau mit erhobenem Zeigefinger: Watergate! Sie werden eingesperrt! Ich sage
Ihnen das!)
Herr Kollege Bernau, schauen Sie, wenn ich überall ein so reines Gewissen hätte wie auf dem Sektor
der Übertretung von Strafgesetzen. (Heiterkeit.) Ich muß Ihnen ganz ehrlich sagen, Sie können
jederzeit nachschauen, ob ich jemals ein Strafgesetz übertreten habe und ob ich eingesperrt war.
Aber das überlassen Sie mir, und jeder soll nur vor seiner Türe kehren und prüfen, ob er dabei nicht in
Gefahr kommt, eingesperrt zu werden. Um mich brauchen Sie sich überhaupt keine Sorgen machen.
Wenn dieses Pressekonzept vollzogen wird, wie Sie es erstellt haben, dann behaupte ich in aller
Öffentlichkeit, daß hier für Parteipropaganda Steuergelder verwendet werden.
Ich glaube, wenn wir uns als Landespolitiker zur Informationspflicht bekennen, dann sollten wir wirklich
die Menschen in unserem Lande informieren, welche Möglichkeiten (Abg. Ing. Kellner: Sind das
Unterstellungen? Und wenn man etwas sagt, sind Sie beleidigt!) der einzelne Staatsbürger in unserem
Lande hat, um die öffentliche Hand in Anspruch zu nehmen, welche Förderungsmöglichkeiten es auf
allen Gebieten gibt. Wenn man das in diese Zeitungen hineinnimmt - einverstanden.
Wir sollten uns dazu bekennen, daß jedes Landesregierungsmitglied, das für seinen Bereich
verantwortlich ist, auch die Möglichkeit hat, die Landesbevölkerung zu informieren. Einverstanden. Wir
sollten uns dazu bekennen, daß über die Landespolitik so objektiv als möglich - und jeder wird in
seinem Bereich sicherlich objektiv genug sein können, weil er das versteht, was er in seinem Bereich
leistet - berichtet wird. Wenn Sie bei Ihren Regierungsmitgliedern daran zweifeln, daß sie's verstehen,
Herr Kollege Anzenberger, dann ist das Ihre Sache. (Abg. Anzenberger: Wir zweifeln schon
woanders!) Aber wir sollten, meine sehr verehrten Damen und Herren, (Abg. Romeder: Wir zweifeln
bei Euren! - Abg. Anzenberger: Wir haben Presseaussendungen gesehen wo man zweifeln rnuß!) hier
wirklich eine Chance, die wir haben, nämlich die Landesbürger zu informieren nicht vorübergehen
lassen. Die Landesbürger werden uns dankbar sein, wenn sie von allen Förderungsmöglichkeiten und
von allen Leistungen der Landesregierung informiert werden.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn hier der Weg beschritten wird, daß man eine
Million Schilling für eine Publikation wie die letzten Perspektiven ausgibt und die Landesregierung
nicht befragt, obwohl jedes Regierungsmitglied nur bis zu 400.000 Schilling ausgeben kann, darüber
hinaus aber das Mitglied der Landesregierung verpflichtet ist, einen Beschluß einzuholen, und wenn
hier in einer Weise berichtet wird, daß zuständige Regierungsmitglieder überhaupt nicht erwähnt
werden, dann, glaube ich, ist der Weg falsch. Sie können versichert sein, wir werden über diese 15
Millionen Schilling solange Aufklärung verlangen, bis sie geprüft werden und auch der Öffentlichkeit
auf Heller und Pfennig bekanntgegeben wird, wofür sie verwendet wurden.
Nun zur nächsten Position der Gruppe 0, Repräsentation. Seit Jahren versuchen wir im
Finanzausschuß zu erfahren, was mit den Repräsentationsausgaben geschieht. Wir haben bisher
nicht in Erfahrung bringen können, wofür 3,5 Millionen Schilling jährlich an Repräsentationsausgaben
verwendet werden. Wir haben eines erreicht: daß die Verfügungsmittel von 750.000 Schilling nun auf
die sieben Regierungsmitglieder aufgeteilt werden, wobei dem Landeshauptmann über 400.000
Schilling zur Verfügung stehen und den anderen sechs Regierungsmitgliedern 350.000 Schilling.
Darüber, glaube ich, hat man sich geeinigt. (Abg. Romeder: Mitessen will er, aber kosten soll es
nichts!) Sie brauchen keine Angst haben, Herr Kollege Romeder, ich werde an keinem
Landesempfang teilnehmen, und zwar nachher am Buffet, da können Sie versichert sein. Ich bin
schon vom Landesempfang in Lilienfeld weggefahren und ich werde in Zukunft nicht ... (Abg.
Romeder: Bitte, lassen Sie es stehen! - Abg. Anzenberger: Das ist ja Ihre Sache!) Ich bin von
Lilienfeld nach der Feier weggefahren. (Abg. Anzenberger: Sie sind auch mit hinaufgegangen!) Da
haben Sie nicht genau aufgepaßt. Ich bin weggefahren und ich werde in Zukunft . . . (Abg. Buchinger:
Wahrscheinlich haben Sie einen Diätplan! - Abg. Romeder: Gehen Sie zum Androsch! Beim Maurer
ißt er nichts! - Unruhe. - Weitere Zwischenrufe. - Präsident Dipl.-lng. Robl gibt das Glockenzeichen.)
Einen Jausenrat und einen Oberjausenrat und einen bei einem Buffet. Sie werden sehen, meine sehr
verehrten Damen und Herren, wenn es auf mich ankommt, können Sie diese ganzen Empfänge
absagen, weil sie nur Geld kosten und sonst keine besondere Bedeutung haben. (Abg. Dr. Bernau:
Das sind einstimmige Beschlüsse der Landesregierung!)
Nun, dazu möchte ich Ihnen etwas sagen: Dreieinhalb Millionen werden jährlich an
Repräsentationsaufwendungen vom Herrn Landeshauptmann allein und ohne Beschlüsse der
Landesregierung und ohne Rechnungslegung in der Öffentlichkeit verwendet. Aus dem Grund habe
ich schon vor Jahren über diese Dinge Aufschluß verlangt. (Abg. Romeder: Das ist ein Beschluß des
Landtages!) Wir haben auch im Finanzkontrollausschuß, nachdem wir bei den Ausschußberatungen
diese Auskünfte nicht bekommen haben (Abg. Anzenberger: Der Landtag beschließt das wie der
Gemeinderat!) Die Ausgaben sind beschlossen worden. (Abg. Romeder: Mit Ihrer Zustimmung!) Der
Landtag hat aber bis jetzt keinen Aufschluß bekommen, wofür und in welchem Ausmaß dreieinhalb
Millionen Schilling ausgegeben werden. (Abg. Romeder: Hauptsache sie geben aus. Das ist wichtig!)
In Gänserndorf prüft der Prüfungsausschuß ununterbrochen diese Dinge. Vor 14 Tagen hat er diese
Dinge auf Heller und Pfennig geprüft Herr Kollege. (Abg. Anzenberger: Wieviel bekommt die ÖVP in
Gänserndorf zugeteilt für Repräsentationen? Da hat nur der Bürgermeister das Geld!) Ich habe Ihnen
eines gesagt, es geht um die Rechnungslegung, und die Rechnungslegung ist auf Gemeindeebene
jederzeit überprüfbar, außer, Sie haben in Ihrer Gemeinde keinen Prüfungsausschuß, der das prüft.
Nun möchte ich in aller Öffentlichkeit sagen: Ein Mitglied der Landesregierung, der Herr
Landeshauptmann, gibt jährlich 3,900.000 Schilling an Repräsentationsausgaben allein aus, ohne daß
die Öffentlichkeit weiß, wofür dieser Betrag im einzelnen aufgewendet wurde. Nun haben wir im
Finanzkontrollausschuß erstmalig die Gelegenheit bekommen, hier auch in der Verwaltung zu prüfen.
Bisher hat man der Minderheit verweigert, auf diesem Sektor die Personalkosten zu prüfen. über 4
Milliarden Schilling werden laut Budget ausgegeben, ohne Kontrolle durch den
Finanzkontrollausschuß, weil man uns bisher dort nicht hat hineinsehen lassen. Wir werden auf dem
Pressesektor, auf dem Repräsentationssektor verlangen, daß die breite Öffentlichkeit Schilling für
Schilling vorgelegt bekommt. ,(Abg, Anzenberger: Unter gleichen demokratischen Voraussetzungen
beim Rundfunk. - Abg Romeder: So wie der Kreisky!) Wir werden es verlangen, ob Sie zustimmen,
das weiß ich nicht. Sie haben Jahre gebraucht, bis wir die NEWAG und NIOGAS prüfen konnten.
(Unruhe. - Präsident Dipl.-Ing . Robl gibt das Glockenzeichen.) Es hat Jahre gebraucht, bis wir nun im
Personalsektor prüfen dürfen, denn der Abg. Buchinger hat als Obmann des
Finanzkontrollausschusses einmal erklärt, er lehne es ab, eine Gehaltsschnüffelei zu betreiben.
Niemand, niemand will in den Gehältern schnüffeln, jeder kann sich diese durch das Gehaltsgesetz
und so weiter ausrechnen. Wir haben jetzt die Zustimmung, daß auch auf diesem Sektor geprüft
werden darf, und wir werden noch einige Stellen des Landes, die noch nie zu einer Prüfung
zugelassen wurden, so hoffe ich, prüfen können, damit die Öffentlichkeit über jeden Schilling, der
ausgegeben wird, auch Auskunft bekommt. (Abg. Ing . Kellner: Wird niemand verwehren!)
Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind gegen die Sonderstellung irgendeines
Politikers in der Demokratie. (Abg. Ing . Kellner: Wir haben keinen Sonnenkönig!) Der Herr
Bundeskanzler legt über jeden Schilling Repräsentation der Öffentlichkeit Rechnung. (Abg. Romeder:
Da schau her! Das hat der Rechnungshof festgestellt!) Aber, Herr Kollege Romeder, warum haben Sie
im Finanzkontrollausschuß so lange für die Zustimmung gebraucht, daß wir in der Verwaltung prüfen
dürfen? (Abg. Romeder: Wo hat es da Schwierigkeiten gegeben? Für uns war das immer klar!) Sie
haben uns das jahrelang - fragen Sie den Obmannstellvertreter - verweigert. (Abg. Romeder:
Überhaupt nicht!)
Nun zur nächsten Gruppe. Wir haben in der Gruppe 0 die Förderung der Verbände und Vereine. In
vielen Bereichen der Landesverwaltung wird Schilling für Schilling, was an Förderungsmitteln
ausgegeben wird, der Öffentlichkeit vorgelegt. Es ist auf dem Sektor der Wohnbauförderung so, es ist
auf dem Sektor der Kultur so, und im Kulturbericht können Sie lesen, was jeder Blasmusikverein, jede
kulturelle Einrichtung im Laufe des Jahres an Subventionen bekommt. Dieselbe Transparenz
verlangen wir auch für die Förderung der Verbände und Vereine, und ich glaube, daß es keinen
objektiven Grund gibt, hier eine Geheimnistuerei zu betreiben.
Aus diesem Grunde erlaube ich mir, einen Resolutionsantrag zur Gruppe 0 zu stellen:
„Die Landesregierung wird aufgefordert, dem Landtag einen jährlichen Bericht über die Förderungen
an Verbände und Vereine ähnlich dem Kulturförderungsbericht zu geben."
Ich ersuche Sie, aus den angeführten Gründen diesem Resolutionsantrag die Zustimmung zu geben.
Und zur Presseförderung stelle ich namens meiner Fraktion den Resolutionsantrag :
,,Der Herr Landeshauptmann wird aufgefordert, unbeschadet seiner nach der Geschäftseinteilung
bestehenden Zuständigkeit für das Presse- und Informationswesen zu veranlassen, daß
Presseinformationen aus den Ressorts von anderen Mitgliedern der Landesregierung nur im
Einvernehmen mit diesen verfaßt werden."
Ich ersuche Sie, auch hier zuzustimmen. Darf ich nun zum letzten Punkt meiner Ausführungen
kommen, zur Frage der Landesverfassung, die in den letzten 17 Jahren in diesem Hause immer
wieder besprochen wurde. 1959 hat der Abg. Dr. Litschauer einen Resolutionsantrag auf Prüfung der
bestehenden Landesverfassung und allenfalls Vorlage eines Entwurfes eingebracht. Dieser Antrag
wurde damals von der Mehrheit abgelehnt. Ich habe 1969 namens der sozialistischen Fraktion einen
Abänderungsantrag der Landesverfassung eingebracht - er wurde im Juli 1969 abgelehnt. Es wurde
dann ein Expertenkomitee eingesetzt, das aber bis 1972 nicht getagt hat. Wir haben dann als
sozialistische Fraktion einen Entwurf einer Landesverfassung erstellt und diesen dem Herrn
Landeshauptmann als Landesparteiobmann übermittelt. Es ist dann im Jahre 1973 ein Gegenentwurf
der Österreichischen Volkspartei gekommen, und wir haben vor einigen Monaten nach langwierigen
Parteienverhandlungen eine Einigung über den Entwurf einer neuen Landesverfassung erzielt. Es ist
eine Parteienvereinbarung.
17 Jahre haben die Sozialisten als Minderheit hier darauf gedrängt. Das möchte ich in aller
Öffentlichkeit feststellen und auch begründen, weil wir immer wieder gefragt werden, warum wir als
Minderheit einer Verfassungsänderung zustimmen wollen, weil es ja woanders so ist, daß die
Sperrklausel - Zweidrittelmehrheit und so weiter - vielfach dazu benützt wird, um zu verhindern, daß
Verfassungsgesetze und Verfassungsänderungen beschlossen werden. Ich möchte hier in aller
Öffentlichkeit die grundsätzliche Erklärung abgeben: Wir haben schon lange erkannt, daß die
bisherige Landesverfassung, die im Jahre 1920 nach dem Zusammenbruch der Monarchie und nach
der Erlassung der Bundesverfassung sehr rasch verfaßt wurde, Mängel enthält, und wir haben vor
allem im Jahre 1969 darauf hingewiesen, daß es einmal der Fall sein könnte, daß es in
Niederösterreich zu einer Stimmengleichheit kommt. 1969 wurde das noch sehr in Abrede gestellt.
Am 5. Oktober 1975 ist erstmalig so ein theoretischer Fall auf Nationalratsebene eingetreten, wo es 28
zu 28 gestanden wäre, und nach der gegenwärtigen Landesverfassung hätte nach dem 5. Oktober
1975 der Landeshauptmann aus dem Hut gezogen werden müssen; also jener theoretische Fall, den
ich 1969 von dieser Stelle aus begründet habe. Damit wir nicht den Landeshauptmann und überhaupt
die ganze Körperschaft der Landesregierung und des Landtages, denn auch bei der Wahl des
Landtagspräsidenten wäre dann dieselbe Vorgangsweise eingetreten, in aller Öffentlichkeit irgendwie
ins schiefe Licht bringen, haben wir verlangt, daß bei Mandatsgleichheit die stimmenstärkste Partei
den Landeshauptmann stellen soll. Das wurde damals nicht akzeptiert. Heute ist diese Regelung in
der Parteienvereinbarung über eine neue Landesverfassung enthalten. Das ist der Grund, weshalb wir
so gedrängt haben: damit wir nicht einmal in einen Verfassungsstreit oder in eine Verfassungskrise
kommen, wo der Landtag lahmgelegt wird und wo dann faktisch kein anderer Ausweg gefunden wird
als eine neue Wahl nach der anderen.
Das zweite, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ohne Zustimmung der Sozialisten gibt es keine
neue Landesverfassung und auch keine neue Geschäftsordnung, über die wir erst beraten müssen.
Daher gibt es in dieser Frage auch niemanden, der sagen kann, er allein habe die neue
Landesverfassung und die neue Geschäftsordnung gebracht. Dazu bedarf es einer
Zweidrittelmehrheit, und es ist daher unverständlich, daß immer wieder so getan wird, als hätte der
Herr Landeshauptmann Maurer diese neue Landesverfassung gebracht. Er war lediglich Vorsitzender
und hat die Verhandlungen geleitet. Die Beiträge sind von den beiden Klubs gekommen, es haben
sich die beiden Klubs geeinigt, und man hat hier jene Grundsätze in die neue Landesverfassung
hineingebracht, auf die sich beide großen Parteien in diesem Lande geeinigt haben.
Warum sind wir nun für diese neue Landesverfassung? Weil wir Sozialisten immer für eine
funktionierende Demokratie eingetreten sind. Weil niemand in Österreich einem Sozialdemokraten
nachsagen kann, daß er die Landesverfassung außer Kraft gesetzt hat und auch nie außer Kraft
setzen wird. Wir Sozialisten haben uns auch immer zur Republik bekannt. (Abg. Ing. Kellner: Wir
vielleicht nicht!) Schauen Sie, ich habe nicht bestritten, daß Sie sich zur Verfassung, zur Demokratie
bekennen.
Des weiteren haben wir uns zum Ziel gesetzt, die Elemente der Demokratie hier zustärken. Aus
diesem Grund das Verlangen nach Volksbegehren, Volkabstimmung - wenn auch in der
Landesverfassung nun die Bezeichnung Volksinitiative und so weiter, worüber wir uns geeinigt haben,
da ist – und auch nach der Beschwerdekommission, damit jeder Landesbürger die Möglichkeit hat,
sich an den Landtag zu wenden, wenn eine Beschwerde nicht innerhalb von sechs Monaten von der
zuständigen Verwaltungsstelle erledigt wird.
Wir haben auch die Verstärkung und die volle Kontrollmöglichkeit für die Minderheit verlangt. Das
wurde von der Mehrheit abgelehnt. Wir haben uns über die Frage des Obmannes des
Finanzkontrollausschusses nicht einigen Können. Nachdem wir an einem Zustandekommen der
Landesverfassung interessiert waren, haben wir auch ohne diese Änderung zugestimmt. Allerdings und das sage ich in aller Öffentlichkeit - wird diese Landesverfassung sicherlich nicht in wenigen
Jahren oder nach einem Jahrzehnt abgeändert werden können. Es wird eine Landesverfassung sein
auf Jahrzehnte hinaus, das heißt, auch zu einem Zeitpunkt, wo sich die Mehrheitsverhältnisse in
diesem Lande ändern werden. Und dann wird die große Frage kommen, was die zukünftige
Minderheit sagen wird, wenn die Landesverfassung so verfaßt sein wird, wie wir sie im nächsten Jahr
aller Voraussicht nach behandeln werden oder beschließen werden. (Abg. Anzenberger: Dann wird es
so sein wie in Wien. Da gibt es nur einen Kontrollausschuß der SPÖ.)
Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesverfassung wird aufrecht bleiben,
weil Sie sie nicht werden ändern können und wir auch nicht, bzw. weil hier nicht alle paar Jahre etwas
anderes beschlossen werden wird. (Abg. Anzenberger: Das bezweifelt ja niemand!) Das ist eine
Landesverfassung für Jahrzehnte hinaus. Daher sollten Sie sich auch der Folgen bewußt sein, wenn
Sie nun als Mehrheit etwas beschließen, was Ihnen als Minderheit vielleicht einmal nicht so passen
wird, wie es heute ist. Ich hoffe, daß wir mit Beginn des neuen Jahres die Verhandlungen über die
Landesverfassung und die Geschäftsordnung des Landtages, die ja auch mit qualifizierter Mehrheit zu
beschließen ist, sehr rasch aufnehmen und daß wir im Laufe des kommenden Jahres zur
Beschlußfassung kommen. Als Sozialisten bekennen wir uns zu einer neuen Landesverfassung. Wir
wissen, was drinnen steht und sind als Minderheit mit der neuen Landesverfassung zufrieden. Wir
werden als Mehrheit noch zufriedener sein, wir wissen ja, was in dieser Landesverfassung steht, und
aus dem Grunde würde ich auch die Mehrheit ersuchen, daß sie so bald als möglich diese
Verhandlungen einleitet. (Abg. Romeder: Da schau her! im Jahre 2000 sind Sie nicht mehr im Lande!)
Herr Kollege Romeder, der Herr Landeshauptmann Maurer hat im Jahre 1969, als wir seinerzeit
darauf hingewiesen haben, daß es in Niederösterreich zu einer Stimmengleichheit kommen könnte,
erklärt, das würde nie der Fall sein. Er hat nur bis 5. Oktober 1975 warten müssen, (Abg. Romeder:
Aber nicht bei Landtagswahlen. Da werden Sie noch lange warten müssen!) Aber schauen Sie, es hat
jetzt ein Politiker, zu dem man stehen mag, wie man will, erklärt, er sei ein Politiker und kein
Prognostiker. Sie sind Prognostiker, ich überlasse es Ihnen; (Abg. Buchinger: Sie waren das jetzt bitte!
- Abg. Romeder: Glauben Sie wirklich, Sie sind ein Politiker? - Heiterkeit.) oder glauben Sie wirklich,
daß es eine funktionierende Demokratie geben kann, wo keine Änderung der Mehrheitsverhältnisse
möglich ist? Glauben Sie, daß das nicht der Fall sein kann (Abg. Romeder: das ist reinste
Demagogie!)
Ich fordere Sie daher auf, sobald als möglich die Verhandlungen über eine neue Geschäftsordnung in
Angriff zu nehmen, damit wir uns gemeinsam einigen können, um endlich im Jahre 1977 das
verwirklichen zu können, was die Sozialisten im Jahre 1959 verlangt haben. (Lebhafter Beifall bei der
SPÖ.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt der Abg. Zimper.
Abg. ZIMPER: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Dr. Brezovszky, mir kann
es ja an sich egal sein, durch welche Art und Weise Sie Ihre Partei in Mißkredit bringen. Mich wundert,
offen gestanden, ständig nur eines: daß Sie die Kollegen (Abg. Dr. Brezovszky: Sie sind der Zebende
Beweis, wie man eine Partei in Mißkredit bringt!) Ihrer Fraktion nicht öfter daran hindern, nicht einfach
in jedes in Reichweite befindliche Fettnäpfchen zu treten. (Beifall bei der ÖVP.) Schön der Reihe
nach. Der Herr Dr. Brezovszky, hat sich fürs erste einmal darüber beschwert, daß gestern hier im
Zuge der parlamentarischen Auseinandersetzung das Wort ,,Frechtheit" gefallen ist. Er hat gemeint,
das wäre ein völlig neuer Zug in der parlamentarischen Demokratie, das hätte es früher nicht
gegeben, das sei ungeheuerlich, und hat sich maßlos darüber erregt. Ich darf ihm folgendes zitieren:
Nicht ,,Frechheit" und nicht ,,halbe Wahrheit" steht hier zur Debatte. Das Wort ,,Brunnenvergifter" der sozialistische Abgeordnete Pay am 7. 3. 1968 im Parlament. Das Wort ,,Dummkopf" - der
sozialistische Abgeordnete Pölz zum Abgeordneten Altenburger am 30. November. (Abg. Leichtfried:
Sie zitieren einseitig! - Abg. Romeder: Sie haben ja angefangen!) Das Wort ,,Falott" - der
sozialistische Abgeordnete Steininger am 15. Dezember. Das Wort ,,Faschist" - der sozialistische
Abgeordnete Staribacher am 4. Juli 1963. Das Wort ,,Giftmischer" - am 4. Juli 1973 der sozialistische
Abgeordnete Weikhart. Die Worte ,,Lüge", ,,unverschämter Lügner", ,,Lumpenbande",
,,Lumpenmethoden", ,,Lumpenpack" (der Präsident erteilte übrigens wegen des Wortes
,,Lumpenpack" den Ordnungsruf) - am 6. Dezember 1966 der sozialistische Abgeordnete Bruno
Kreisky. Das Wort ,,Totengräber" - der sozialistische Abgeordnete Miksch am 12. November. Das
Wort ,,Verleumder" - der sozialistische Abgeordnete Steininger am 7. Dezember 1966.
Das nur zur Objektivierung der Tatsache, daß sich der sozialistische Klubobmann herstellt und, wenn
einem einmal ein Wort ausrutscht, wozu man sich nachher noch bekennt und sagt, ja, ich halte das
wirklich für eine Frechheit, weil Sie hier die halbe Wahrheit gesagt haben, daraus ein Riesengezeter
macht.
Das nächste: Meine Damen und Herren! Entweder bin ich falsch verstanden worden oder ich habe
mich geirrt, denn ich habe sicherlich gemeint, daß die Stadt Wr. Neustadt für Öffentlichkeitsarbeit und
Repräsentation insgesamt 3 Millionen Schilling ausgibt. Wenn es also der Herr sozialistische
Klubobmann anders verstanden hat, oder wenn ich es auch im Zuge der Debatte anders gesagt
haben sollte, stellte ich also jetzt klar:
Ich habe mich in der Frage insoweit, als ich den Sammelbegriff für Öffentlichkeitsarbeit und
Repräsentation gemeint habe, geirrt. Ich habe mich aber auch, meine Damen und Herren, geirrt, was
die Zahlen der Stadt Wien betreffen. Ich habe gestern leichtsinnigerweise und leichtfertigerweise, weil
ich ohnehin schon von dieser Summe erschlagen war, gemeint, die Stadt Wien gebe 60 Millionen
Schilling für die Öffentlichkeitsarbeit aus. Ich stelle hier in aller Öffentlichkeit fest, daß ich mich geirrt
habe. Die Stadt Wien gibt 62,1 Millionen Schilling allein unter dem Titel ,,Öffentlichkeitsarbeit" aus, sie
gibt zusätzlich für Bürgerservice - und das ist etwa auf dem public relations-Sektor dasselbe - 18
Millionen Schilling aus, und sie gibt zusätzlich für den Tag der offenen Tür 3,5 Millionen Schilling aus.
(Abg. Romeder: 94 Millionen!) Ich bekenne also, ich habe mich geirrt. Die Stadt Wien gibt nicht 60
Millionen Schilling, sondern 83,6 Millionen Schilling für diese Posten aus. Zum Vergleich:
Niederösterreich gibt also heuer 15 Millionen Schilling aus.
Zum nächsten: Ebenso wie bei seiner Qualifikation dieser demokratischen Auseinandersetzung stellt
sich der sozialistische Klubobmann hier her und redet von den Spesen in Niederösterreich. Dazu muß
ich sagen, daß mir die SPÖ so vorkommt, wie es in einem alten Sprichwort heißt: ,,Sie predigen
Wasser und trinken Sekt." Während nämlich er hier polemisiert, tafeln am Hofe der Kronprinzen die
Spesenritter: Der Herr Bundeskanzler gab statt der im Budget bewilligten 3,5 Millionen Schilling 5,7
Millionen Schilling für Repräsentation aus, das Überziehen um 65% enthält etwa 60.000 Schilling für
sogenannte Arbeitsessen, 400.000 für sonstige Bewirtungen, die nicht einmal näher definiert sind.
Der Finanzminister Androsch hat persönliche Ausgaben - nur unter diesem Titel wird das geführt - von
244.000 Schilling – das natürlich zusätzlich zum Amtspauschale - und natürlich auch seine Sekretäre
Mauhart und Dr. Vranitzky 32.000 Schilling für sogenannte „kleine Ausgaben", die in der
Spesenabrechnung allerdings detailliert angeführt werden. Es wird nämlich hier geschrieben:
Weine, Blumen, Kaffee, Whisky, Bonbonnieren.
Der Innenminister Rösch verbucht für Einladungen 224.000 Schilling; der Justizminister Broda
überzog sein Spesenkonto gar um 70% und gab 1,347.000 Schilling aus. Unter anderem - das ist im
Zusammenhang mit unserem SPÖ-Klubobmann Dr. Brezovszky vielleicht nicht uninteressant - kostete
ein Ministerempfang für die Ministerialbediensteten 44.000 Schilling. Vielleicht geht er dort hin, der Dr.
Brezovszky, wenn er in Hinkunft schon nicht zu den Landesempfängen gehen will. Ich will damit diese
Sache auch nur objektivieren und wirklich davor warnen, die Diskussion in dieser Art und Weise zu
führen.
Tatsächlich ist es ja so, daß die Spesendebatte, die in allen Medien sehr drastisch und sehr deutlich
geführt wurde, selbst dem Herrn Bundeskanzler sehr an den Nerv gegangen ist, soweit, daß er echt
mit falschen Zahlen, ich sage es noch einmal, mit falschen Zahlen operiert hat und ihm auch in
etlichen Zeitungen ganz kräftig auf die Finger geklopft wurde. Er hat nämlich in seiner Replik die
Spesenausgaben der ÖVP-Alleinregierung zitiert und sich dabei ganz kräftig verhaut. Ich erspare
Ihnen, das im Detail zu zitieren. Ich kann es aber heute wirklich, hier liegen die Unterlagen. Die Spitze
des Zynismus hat in dem Zusammenhang die sozialistische Arbeiter-Zeitung für sich in Anspruch
nehmen dürfen. Ich zitiere aus der Kleinen Zeitung vom 30. September: ,,Ich bin ich", ist jener Satz zu
verstehen, der gestern in der Arbeiter-Zeitung, dem Zentralorgan der SPÖ, erschienen ist und wo die
AZ im Zusammenhang mit der Spesendebatte schreibt: ,,Auch die findigsten Reporter der Kleinen
Zeitung haben noch keinen Rentner entdeckt, der Staatsbesuche empfängt." ,,So etwas", schreibt die
Kleine Zeitung, ,,erscheint im Zentralorgan der Sozialistischen Partei, in jenem Blatt, das einst die
Forderungen der Entrechteten vertrat. Heute kann es sich diese SPÖ-Zeitung leisten, die Rentner zu
verhöhnen, die für den Gegenwert der protzigen 13.000 Schilling-Torte ein paar Monate lang leben
müssen." So schaut die Spesendebatte aus. Und weil dann noch von Seiten der Bundesregierung
versucht wurde, meine Damen und Herren, den Ball an die Länder weiterzugeben, und gesagt wurde,
na, die geben ja 36 Millionen Schilling aus, nur eine Zahl: Allein die Hälfte aller Länderausgaben auf
diesem Gebiet tätigt die Stadt Wien und der repräsentierfreudige Bürgermeister! Auch darüber nicht
mehr, aber etwas im Zusammenhang mit den Dienstautos. Wenn auch darüber eine Debatte geführt
wurde und sich der niederösterreichische Landeshauptmann durchaus dazu bekannt hat, auf Grund
der Größe dieses Bundeslandes von beiden Dienstwagen Gebrauch zu machen, dann zum Vergleich
die Haltung des sozialistischen Landeshauptmannes im Burgenland, der ganz offen bekennt und sagt,
ja, die Zweitautos verwenden wir auch, mit dem einen führen wir die Zeitungen nach Wien. Und wenn
Sie das genau anschauen, ist es die sozialistische Wochenzeitung BF, die mit dem Dienstwagen des
Landeshauptmannes (Abg. Buchinger: Mit einem Jaguar!) auf Steuerkosten nach Wien und zurück
geführt wird. So schaut das aus. Meine Damen und Herren! Zu einer Bemerkung von gestern noch ein
Wort. Der Herr Landeshauptmannstellvertreter Czettel soll nicht meinen, daß ich ihm etwas schuldig
geblieben bin. Zugegeben, ich habe auch hier in einem Punkt unrecht gehabt. Ich habe nämlich
gesagt, daß ich mich entsinnen könne, daß bei seiner letzten Pressekonferenz eine Äußerung in
bezug auf die Presseförderung gemacht worden ist. Das stimmt also nicht, ich korrigiere das. Er hat
das nicht bei der Pressekonferenz gesagt, sondern vor 60 Mitgliedern des Sozialistischen
Akademikerbundes in St. Pölten. Die Niederösterreichischen Nachrichten vom 29. November
schreiben darüber wörtlich. Ich zitiere: „Ein neuer Streitpunkt der Landespolitik wird laut Czettel die
Presseförderung. Im Budget 1977 seien 15 Millionen Schilling enthalten. Sie würden aber nicht
Zeitungen ohne Auflagen zur Verfügung gestellt, wie das der Bund mache, sondern man wolle damit
offenbar ÖVP-Propaganda finanzieren.'' Ende des Zitates. Ich kann nur sagen: Wie der Schelm ist, so
denkt er. Im übrigen, meine Damen und Herren, kann ich eine solche Aussage nur als Signal dafür
halten, daß hier entweder grenzenlose Demagogie betrieben wurde oder daß in dieser Frage eine
entwaffnende Unkenntnis herrscht, weil es einfach nicht möglich ist, die Presseförderung in
Niederösterreich, ohne daß sie zum Schaden der niederösterreichischen Presse gemacht wird und
lediglich dem Bund zugute kommt, der damit mit Landesmitteln gefördert worden wäre, so zu
gestalten, wie es in der Aussage, die ich hier zitiert habe, gemacht wurde. Es ist nicht möglich, die
Presseförderung in Niederösterreich - ich sage das noch einmal - genauso zu machen wie der Bund,
nämlich ohne Auflagen zur Verfügung zu stellen, weil dadurch die Zeitungen automatisch der
Bundesförderung verlustig gehen würden. Wenn man schon meint, daß es in Niederösterreich oder
überhaupt in allen Ländern notwendig ist, den Bund aus Landesmitteln zu stützen, so gibt es auch
diese Vorstellung, und Sie versuchen es ja, diese in einer Reihe von Dingen durchzusetzen, aber
nehmen Sie nicht die Presseförderung bzw. die Ausrede auf die Presseförderung dazu. Die Meinung
der Mehrheit ist, daß mit den Mitteln der Presseförderung ausschließlich die niederösterreichische
Presse gefördert werden soll.
Wenn wir im Zusammenhang mit der Presseförderung auch von der Informationspflicht des Landes
reden, so deshalb, weil es eine unabdingbare Voraussetzung ist, daß diese Mittel jenen Medien zur
Verfügung stehen sollen, die sie eben brauchen, und daß nicht auf einem Umweg die pleitegemachte
Budgetsituation des Bundes wieder finanziert werden soll. Ich habe zitiert. Ich habe gestern schon
gesagt, meine Damen und Herren, ich halte gewisse Äußerungen tatsächlich für eine durchaus
verständliche Profilierungsneurose der Sozialistischen Partei dieses Landes. Wenn heute hier schon
von Indiskretionen aus Parteisekretariaten die Rede war, dann darf ich noch einmal daran erinnern,
daß durch irgend welche Indiskretionen auch das Umfrageergebnis des sozialistischen IFES-Institutes
an die Öffentlichkeit gekommen ist und mehrere sozialistische Politiker immer wieder damit
konfrontiert wurden. Es ist schon gestern in einem Zwischenruf, ich glaube, von Klubobmann Kellner
gefragt worden, wer denn wirklich etwas dafür könne, meine Damen und Herren, wenn Sie Umfragen
in Auftrag geben und letztlich herauskommt, daß die Volkspartei die bessere Partei in diesem Lande
ist. Daher glaube ich also, ein gewisses Verständnis dafür zu haben, daß Sie in einer solchen
Situation, wo Weltuntergangsstimmung signalisiert wird, doch auch ein bisserl in Ihrer Argumentation
herumschlagen.
Offen gestanden, meine Damen und Herren, ich halte es aber wirklich aus demokratischer Sicht für
erschreckend, daß Ihr politischer Stil in letzter Zeit nicht als Kurzschlußhandlung qualifiziert werden
kann, sondern daß dahinter eine vorsätzliche, eine bewußte Provokation und, wenn Sie wollen, eine
bewußte Vergiftung des politischen Klimas in Niederösterreich steht. Mir ist ja egal - habe ich schon
anfangs gesagt -, wie Sie Ihre Partei hier präsentieren. Aber wenn man so etwas vorsätzlich und
bewußt macht, muß man damit rechnen, daß es auch sehr vorsätzlich und bewußt gekontert und der
Öffentlichkeit dieses Landes in dieser Form dargestellt wird. Ich zitiere. Im Zusammenhang mit den
IFES-Untersuchungen wurde der Herr Landeshauptmannstellvertreter Czettel vom ,,Stern" befragt,
der dieses Interview in der neuesten Ausgabe abgedruckt hat. Hier heißt es wörtlich: ,,Stöhr: Nach
einer Umfrage hat die SPÖ die besseren Persönlichkeiten im Bund, die ÖVP aber auf Landesebene
und in den Gemeinden. Was tun Sie dagegen? Czettel: Das kann man nur dadurch neutralisieren,
indem man das, was offensichtlich zu dieser Einschätzung geführt hat, beseitigt oder überwindet. Die
Motivation unserer Politik ist eben nicht deutlich genug ins Bewußtsein der Leute gedrungen. Deshalb
provozieren wir ja jetzt die demokratische Auseinandersetzung mit der ÖVP stärker." Deshalb
provozieren wir jetzt stärker. Ich muß sagen, ja, ich habe durchaus Verständnis dafür, daß Sie
angesichts dieser Situation und dieses politischen Hintergrundes hier eine solche Politik machen, aber
bekennen Sie sich wenigstens dazu. (Landeshauptmannstellvertreter Czettel: Sowieso!) Das geht
nicht, Herr Landeshauptmannstellvertreter Czettel, daß man sich draußen irgendwo hinstellt und
Erklärungen abgibt, und wenn ich Sie dann hier zitiere und auf tatsächliche Zeitungsmeldungen Bezug
nehme, daß Sie hier dann die Dinge umdrehen. So wird es nicht gehen. Bekennen Sie sich doch zu
dieser Konfrontationspolitik auch in diesem Haus. Wir sind durchaus bereit, es auch in dieser Hinsicht
mit Ihnen aufzunehmen. Aber das geht nicht, daß man hier so eine zwielichtige Politik macht.
(Landeshauptmannstellvertreter Czettel: Nehmen Sie das zurück, bitte! - Abg. Anzenberger: Das wäre
ihm recht!) Einverstanden, ich nehme das gerne zurück. Es war nicht zwielichtig gemeint. Es war also
eine doppelseitig argumentierende Politik gemeint. Einverstanden, ich nehmen das gerne zurück.
(Abg. Romeder: Zweiseitig!) Ich muß eines sagen, Herr Landeshauptmannstellvertreter: Eine solche
Politik – und darauf vertrauen wir wirklich zutiefst -, glauben wir, richtet sich in diesem Land und
darüber hinaus von selbst. Wir vertrauen - das darf ich Ihnen sagen - wirklich mit tiefster Zuversicht
auch in Zukunft auf das G'spür und auf das hohe demokratische Niveau, auf die hohe demokratische
Reife des niederösterreichischen Volkes. Wir sind überzeugt davon, daß die Niederösterreicher diese
Art des Politikmachens, wo man hier bewußt provoziert, ganz bewußt also in Kontraststellung geht
und gleichzeitig immer wieder urgiert, daß man in diesem Land Mitverantwortung tragen will, richtig
qualifizieren werden und daß sie Ihnen zweifellos – daran glauben wir zutiefst - auch bei der nächsten
sich bietenden demokratischen Möglichkeit die richtige Antwort darauf geben werden. (Beifall bei der
Volkspartei.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt der Abg. Buchinger.
Abg. BUCHINGER: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf
vielleicht vorerst, nachdem ich mir überlegt habe, ob ich es überhaupt machen soll, auf einige Dinge
eingehen, die der Herr Abg. Dr. Brezovszky und Klubobmann der SPÖ hier ausgeführt hat. Der Abg.
Dr.Brezovszky hat zwar gesagt, Politiker sollten keine Prognosen stellen, und trotzdem hat er sich
heute, glaube ich, hier zum größten Prognostiker aufgeschwungen. Und zwar haben Sie, was die
zukünftige Mehrheit betrifft, eine sehr weitgehende Prognose erstellt.
Herr Abg. Brezovszky, ich glaube, auch das ist demokratisches Verhalten, daß man nicht immer, wie
bei der Nationalratswahl zum Beispiel, gleich sagt, auch im Landtag von Niederösterreich besitzt die
ÖVP keine Mehrheit mehr, und daß man mit diesen Dingen in der Öffentlichkeit nicht agiert. Auch ist
es, glaube ich, ein hoher Maßstab an demokratischem erhalten, daß man die Dinge so aufzeigt, wie
sie sind: das etwaige Ergebnisse immer erst bei Landtagswahlen korrigiert werden und nicht durch
andere Wahlen. Wir gehen ja auch nicht hinaus und sagen, durch das Ergebnis von Krummnußbaum,
wo vor zwei Tagen die Wahl durchgeführt wurde, ist eine Korrektur des Landtagswahlergebnisses
oder des Nationalrqtswahlergebnisses gigantisch zugunsten der Volkspartei erfolgt. Ich glaube, man
sollte also bei diesen Dingen etwas ehrlicher und etwas vorsichtiger sein. (Abg. Stangl: Denken Sie
ein Jahr zurück!)
Ich darf Sie vor allem bitten, nicht mit zu großem Optimismus der Zukunft entgegenzugehen. Ich bin
überzeugt, daß die Niederösterreicher auch bei den nächsten Landtagswahlen wieder eine
Entscheidung treffen, wodurch Sie in der Minderheit bleiben, und daß Sie somit mit der
Landesverfassung, wie Sie ausgeführt haben, zufrieden sein können. (Beifall bei der ÖVP.)
Nun auch zu Ihrem demokratischen Verhalten in bezug auf den Rundfunk, das Sie hier aufgeworfen
haben. Ich darf vielleicht auch noch ein paar Dinge - es ist ja in Zwischenrufen zum Teil schon
geschehen - gerade zum Rundfunkgesetz und zum Verhalten der Sozialistischen Partei sagen. Ja
vielleicht entspricht es dem Grundsatz, der angeblich heißt, ,,Sozialdemokraten müssen sich zur
Regierung durchlügen." Das scheint mir gerade auch beim Rundfunkgesetz der Fall zu sein, denn Ihr
Parteivorsitzender und Bundeskanzler Kreisky hat am 29. 4. 1970 erklärt, es bestehe keine Absicht,
das Rundfunkgesetz zu ändern. Und derselbe Bundeskanzler hat am 4. und 5. November in der
Ausgabe der Presse erklärt: ,,Das Rundfunkgesetz wird jedenfalls geändert, und zwar nicht
unwesentlich." Und derselbe Herr Bundeskanzler und Parteivorsitzende Kreisky hat dann später am
17. 8. 1973 im ORF erklärt: ,,Wir werden die Angelegenheit gründlich ausdiskutieren."
Wie es mit der Diskussionsbereitschaft der Sozialisten und dem Demokratieverhalten steht, kommt
dann sechs Wochen später sehr deutlich durch eine Aussage des Parteivorsitzenden zum Ausdruck,
worin er feststellt: ,,Es ist ein Irrglaube, daß an der politischen Entscheidung noch etwas geändert
werden konnte." Und die Kleine Zeitung Graz schließt daraus am 10. 3. 1973: „Die Absicht der SPÖ
ist klar' Umwandlung des unabhängigen in einen SPÖ-Regierungsrundfunk." (Abg. Stangl: Der Bacher
war unabhängig!) Sehen Sie, so ist das Demokratieverhalten (Abg. Romeder: Geben Sie das jetzt zu!)
der Sozialisten, (Präsident Dipl.-Ing. Robl gibt das Glockenzeichen.) so werden Aussagen vor den
Wahlen und nach den Wahlen getroffen. Es stimmt, glaube ich, was Nenning in seinem Buch schreibt:
,,Man muß sich zur Regierung durchlügen, man muß immer wieder die Unwahrheit sagen, man muß
immer wieder die halben Wahrheiten sagen" und wie das auch der Abgeordnete Kellner sehr deutlich
hier gesagt hat. (Abg. Stangl: Zuerst haben Sie gesagt, die Sozialdemokraten. Jetzt sagen Sie
Nenning! Das gilt für den Nenning, aber nicht für uns!) Nenning, bitte lesen Sie es, ich empfehle es
Ihnen. Ich nehme ja doch an, daß der Günther Nenning ein ganz bedeutendes Mitglied der SPÖ,
Vorsitzender, glaube ich, der Journalistengewerkschaft, der von Ihrer Fraktion gestellt wird, ist, und ich
darf Ihnen sehr empfehlen, das im Bertelsmann-Verlag neu erschienende Buch, das heißt ,,Realisten
oder Verräter, die Zukunft der Sozialdemokratie", zu lesen. Ich darf Ihnen sehr empfehlen, dieses
Buch zu studieren. Darin stehen also einige ganz wesentliche Grundsätze, anscheinend Grundsätze
für Sie.
Wenn der Herr Abg. Dr. Brezovszky weiters erklärt hat, wir Sozialisten bekennen uns zur neuen
Landesverfassung, zur Volksabstimmung und zum Volksbegehren, so glaube ich, muß man gerade im
Zusammenhang mit dem Rundfunkvolksbegehren sagen, daß dieses mit Füßen getreten wurde
(Beifall bei der ÖVP.) und daß sich die Sozialisten alles andere als zu diesem Volksbegehren, zum
Willen der rund 800.000 Österreicher bekannt haben, sondern daß sie im Interesse der Partei . . .
(Abg. Leichtfried: Es gibt 7 Millionen Österreicher!) 800.000 Unterschriften, Herr Kollege, sind, glaube
ich, für ein Volksbegehren eine ganz entscheidende Anzahl. Wir nehmen zur Kenntnis, daß Ihnen die
Willensäußerung von 800.000 Österreichern zu wenig ist. Wir nehmen das zur Kenntnis.
(Abg. Anzenberger: Der Leichtfried hat ein anderes Demokratieverständnis!) So, und als nächstes zu
den Repräsentationsausgaben.
Der Herr Abg. Zimper hat sich ja hier schon grundsätzlich mit den Dingen auseinandergesetzt und vor
allem auch auf den Bund verwiesen. Und ich darf nur erinnern, daß der Herr Landeshauptmann, als
im Finanzausschuß die Anfrage über die Verwendung der Repräsentationsauslagen gestellt wurde,
Auskunft gegeben hat und daß er außerdem festgestellt hat, daß Niederösterreich im Vergleich zu den
anderen Bundesländern – ich glaube, mich jetzt nicht zu irren - an vorletzter Stelle steht, was die
Repräsentationsausgaben betrifft.
Herr Abg. Brezovszky, wenn Sie erklären, Sie gehen in Zukunft zu keinen Landesempfängen, so ist
das zweifellos Ihre Angelegenheit. Ich habe aber auch in die Reihen Ihrer Abgeordneten geblickt, als
Sie das gesagt haben, und bezweifle sehr, daß hier bei allen anderen Abgeordneten zu dieser
Aussage Einverständnis besteht. (Abg. Romeder: Einstellung zum Land Niederösterreich!) Immerhin
handelt es sich bei diesen großen Landesempfängen um einstimmige Beschlüsse aller Parteien, die in
der Regierung vertreten sind, auch der Sozialistischen Partei. Das Land Niederösterreich ist, glaube
ich, sehr sparsam in diesen Dingen. Es besteht aber da und dort die Verpflichtung, das Land mit
repräsentativen Veranstaltungen, und dazu gehören auch einmal Empfänge, entsprechend zu
vertreten. (Beifall bei der ÖVP.)
Solange ich dem Finanzkontrollausschuß angehöre, ist mir zweifellos nicht bekannt, daß im
Finanzkontrollausschuß ein Antrag auf Überprüfung der Repräsentationskosten gestellt wurde, mit
Ausnahme der ersten Sitzung in diesem Halbjahr, wie ich glaube. Mir ist es zumindest nicht bekannt.
Als in dieser ersten Sitzung der Antrag gestellt wurde, haben wir zugestimmt, daß die
Repräsentationskosten überpüft werden. Ich darf weiters darauf hinweisen – und da darf ich bitten,
daß man diese Dinge halt ein bißchen genauer studiert -, daß wir vor einigen Tagen oder vor einigen
Wochen den Rechnungshofbericht behandelt haben. Es müßte Ihnen aufgefallen sein, daß der
Rechnungshof sehr wohl auch die Repräsentationsauslagen des Landes Niederösterreich überprüft
hat, daß er sich auf den Seiten 32 und 33 mit den Repräsentationsauslagen des Landes
Niederösterreich befaßt und dort keine wesentliche Kritik anbringt. Ich darf ausdrücklich feststellen:
keine wesentliche Kritik anbringt. Es ist nur ein bisserl Kritik bei den Angeboten und der
Verrechnungsmodalität, sonst bringt er keine Kritik an. (Abg. Romeder: Beim Bund hat er viel
gefunden, der Rechnungshof!) Also, bitte, auch hier die halbe Wahrheit, daß diese Dinge beim Land
Niederösterreich nicht überprüft werden dürfen. Sie wurden vielmehr vor kurzem durch den
Rechnungshof überprüft. Ich darf nur bitten, das sicherlich sehr umfangreiche Konvolut des
Rechnungshofberichtes auch zu studieren und nicht da und dort Aussagen zu treffen, die nicht der
Wahrheit entsprechen.
Als nächstes darf ich mich ganz kurz mit den Ausführungen des Herrn Abg. Pospischil in EDVAngelegenheiten auseinandersetzen. Ich darf das hier vielleicht nur ganz kurz tun. Der Abg.Pospischil
hat gesagt, die EDV-Anlagen müßten mehr Dienst- und Serviceleistung sein. Ich glaube, wenn man
sich die Einrichtungen des Landes Niederösterreich in den letzten Jahren oder im letzten Jahrzehnt
anschaut, so hat zweifellos die EDV auf diesem Sektor einiges geleistet, was Dienst- und
Serviceleistungen im Lande betrifft. Wenn man 17 Jahre zurückgeht, so darf ich doch daran erinnern,
daß danach noch keine EDV-Apparate im heutigen Ausmaß zur Verfügung gestanden sind, auch nicht
in der Landesverwaltung. Es waren elektromechanische Einrichtungen, die damals schon dem Lande
Niederösterreich zur Verfügung gestanden sind.
Was den Antrag betrifft, den ich vergangenes Jahr gestellt habe, daß ein Ausschuß bzw. ein
Gremium, das sich mit der Konzeption der EDV im ganzen Landesbereich befaßt, eingesetzt werden
soll, und wenn hier argumentiert wird, daß der Herr Präsidialvorstand in der Finanzausschußsitzung
ganz verlegen war, dann würde ich bitte sagen: Wir sind alle Menschen, und man kann sich da und
dort an einen Antrag vielleicht nicht umgehend erinnern bzw. nicht alles im Gedächtnis haben.
Tatsache ist jedenfalls, daß beim Land Niederösterreich sehr wohl solche Ausschüsse, nicht nur einer,
eingesetzt wurden und daß der Landesregierung am 28. Oktober 1975 ein Grundsatzkonzept über
den Einsatz der EDV in Landesbereichen in einem Zeitplan vorgelegt wurde und dieses Konzept,
glaube ich, als beispielhaft bezeichnet werden kann.
Was die weiteren Arbeiten und den Arbeitsumfang betrifft, hier vor allem die Kritik, daß man zu großes
Lob zollt, daß die Erstellung des Landesvoranschlages erstmalig vollkommen mit EDV durchgeführt
wird, darf ich noch darauf verweisen, daß die Grundlage für die Erstellung des Voranschlages, die
VRV, erst mit 1. Jänner 1976 eingeführt wurde und daß diese nicht zuletzt auch die Grundlage dafür
war, daß die Bearbeitung mittels EDV erfolgt. Ich darf aber darauf hinweisen und muß fast annehmen,
daß hier ein bißchen Unkenntnis, Herr Abg. Pospischil, darüber vorhanden ist, daß die EDV-Anlage
bereits vorher bei der Erstellung der Voranschläge und auch der Rechnungsabschlüsse eingesetzt
wurde und damit sehr wohl eine Zusammenarbeit durchgeführt worden ist. Des weiteren haben Sie
angeführt, daß man Überlegungen treffen sollte, wenn man da und dort im Landesbereich
Kleincomputer anschafft. Ich stimme in vielen Ausführungen mit Ihnen überein, daß man sicherlich
solche Überlegungen anstellen sollte, darf aber darauf hinweisen, daß nicht die Frau Landesrat
Körner hier den Ausschlag gegeben hat, daß ein Akt, womit die Anschaffung eines Computers
beantragt wurde, nicht erledigt wurde, sondern daß auf Grund meines Antrages im vergangenen Jahr
beim Land Niederösterreich sehr wohl eine Einrichtung geschaffen wurde, sodaß in Zukunft, bevor
Anschaffungen, auch von Kleincomputern, durchgeführt werden, der diesbezügliche Akt in diese
Stelle kommt, dort eine Begutachtung und eine gewisse Rentabilitätsberechnung durchgeführt
werden; und es erst auf Grund des Gutachtens dieser Stelle zu einer Anschaffung oder
Nichtanschaffung von Klein-EDV-Anlagen kommen wird.
Darf ich aber auch darauf hinweisen, daß man in Fragen von Klein-EDV-Anlagen auch in der Fachwelt
eher dazu tendiert, den Computer, wie es so schön heißt, direkt zum Arbeitsplatz zu geben. Hier gibt
es also eine Reihe von Abhandlungen. Ich denke an einen Artikel in der Presse vom 11.10.1976, wo
sich, ich nehme an ein Fachmann mit diesem Problem sehr eingehend befaßt. Ich glaube, daß man
wirklich überprüfen muß, wo die Rentabilität gelegen ist und daß man ohne Zweifel in Zukunft wie in
verschiedenen anderen Bereichen den Weg gehen sollte, die Terminals mehr auszunützen, das heißt,
daß die Computers am Arbeitsplatz stehen, daß von dort die Eingaben erfolgen können und Abrufe
möglich sind. Dasselbe gilt in beschränktem Ausmaß da und dort auch für Kleinanlagen.
Und nun, was das Land Salzburg betrifft. Ohne Zweifel - hier haben wir uns, glaube ich, auch das
letztemal gefunden – können wir von Salzburg da und dort einiges lernen, vor allem was die
Organisation betrifft. Ohne Zweifel ist diese dort als Musterbeispiel hinzustellen. Ich glaube aber, man
sollte das nicht so aussagen, daß nur dort etwas gut ist und bei uns in Niederösterreich alles schlecht
ist. Ich habe schon im vergangenen Jahr darauf hingewiesen, daß andere Bundesländer gewisse
Dinge entwickelt haben, die wir noch nicht haben. Es gibt aber bei uns ungeheuer vieles, was bereits
mit EDV gemacht wurde. Ungeheuer viele Bereiche wurden hier einbezogen, was bei anderen
Bundesländern noch nicht der Fall ist.
Ich darf weiters darauf hinweisen, daß gerade in Salzburg fast die doppelte Anzahl von Leuten im
Bereich der EDV-Anlagen im Einsatz stehen zum Unterschied von uns. Ich stimme aber, wenn Sie
wollen, mit Ihnen überein, daß in Zukunft zweifellos eine personelle Aufstockung auch in unserem
Bereich notwendig sein wird, damit die EDV-Anlagen entsprechend ausgenützt werden können. Nun
auch zu dem, was die Zusammenarbeit mit den Gemeinden betrifft. Soweit mir bekannt ist, sind
bereits eine Reihe von Gemeinden an das sogenannte Datenverbundsystem angeschlossen, und
zwar wird das bitte erst seit 1975 durchgeführt und nicht schon seit 1972, wie Sie, wenn ich richtig
gehört habe, ausgeführt haben. Seit 1945 sind es immerhin 43 Gemeinden, sowohl ÖVP- als auch
SPÖ-Gemeinden, wo durch diese Einwohnerdaten mittels EDV in Niederösterreich insgesamt 130.000
Bewohner erfaßt wurden, und weitere 26 Gemeinden mit ca. 88.000 Einwohnern stehen also in Arbeit
bzw. kurz vor der Vollendung.
Ich darf in diesem Zusammenhang vielleicht auch darauf hinweisen, daß die Einrichtung so erfolgt ist,
daß das wirklich eine Hilfe der Gemeinden ist. Ich denke da zum Beispiel an die Erstellung der
Haushaltslisten und der Lohnsteuerkarten, wo die 43 Gemeinden, die bereits eingespeichert sind, bei
der Erstellung große Vorteile gehabt haben. Diese Erstellungen waren zum Beispiel bei der Gemeinde
Wien mit den Computers nicht möglich, wie ich informiert bin. Auch bei der letzten
Sprachenermittlung, die durchgeführt wurde, war es bei der Erstellung der Wählerliste für diese
Gemeinden eine große Hilfe, daß diese mittels dieser EDV-Anlagen durchgeführt werden konnten. Wir
wissen ganz genau, daß sich jene EDV-Anlagen, die da und dort bei den Gemeinden stehen, für diese
Dinge nicht eignen, daß diese also der mittleren Datenverarbeitung angehören und eine solche
Kapazität und die technischen Voraussetzungen nicht notwendig sind.
Und nun was die Neuanschaffung betrifft. Ich glaube, daß auch hier die Landesregierung richtig
gehandelt hat. Wir haben ja, vergangenen Dienstag war es, von einem Fachmann, von einem
Universitätsprofessor, mir fällt der Name momentan nicht ein, gehört, daß es ohne Zweifel in jedem
Betrieb und auch in jeder Verwaltung eine der schwierigsten Aufgabenstellungen ist, über eine EDVAnlage eine Entscheidung zu treffen. Eines der schwierigsten Probleme unserer Zeit, und man kann
also gar nicht hundertprozentig da und dort eine Empfehlung geben.
Ich glaube aber, daß die Landesregierung richtig gehandelt hat, einen Beirat mit unabhängigen
Fachleuten zu bilden, die eine Entscheidungsgrundlage für die Landesregierung ausgearbeitet haben.
Wir haben auch im vergangenen Dienstag sehr deutlich gehört, daß das Umsteigen von einer Firma
auf die andere oder von einer Einheit auf die andere mit keinen allzu großen Schwierigkeiten behaftet
ist und daß es zweifellos auch für das Land Niederösterreich die Hauptüberlegung sein müßte, wie es
in den anderen Bundesländern ausschaut, wie hier die Zusammenarbeit sein kann. Wenn man
bedenkt, daß sich bereits sechs Bundesländer zu einer Einheit entschieden haben, sollte man also,
glaube ich, aus diesem wesentlichen Gesichtspunkt heraus die Entscheidung in dieser Richtung
treffen. Ich spreche hier bei Gott für keine Firma, das ist für mich eine Realität, und man soll sich hier
die Erfahrungen der anderen Bundesländer zu Nutze machen. Wir wissen ja darüber hinaus, daß eine
Zusammenarbeit der Bundesländer besteht und daß alle Bundesländer an einem gewissen
Erfahrungsaustausch, an einem Programmaustausch interessiert sind, aber auch daran interessiert
sind, daß da und dort aufgezeigt wird, welche Schwierigkeiten es in diesem Bereich gegeben hat. Ich
hoffe nur, daß eine Entscheidung der Landesregierung in dieser Frage sehr bald getroffen wird.
Nun zu Herrn Abg. Wiesmayr. Darf ich vorher vielleicht zu dem Antrag kommen, der die Satzungen
der Hypothekenanstalt betrifft. Wenn ich mir also die Satzungen der Hypothekenanstalt hernehme und
auf Seite 9 der Satzungen unter § 10 ,,Aufgaben des Kuratoriums'' Punkt 16, Absatz 2, lese, ich zitiere
wörtlich: ,,Das Kuratorium hat weiters die Aufgabe, die Geschäftsführung der Bank zu überwachen
und hiezu die erforderlichen Überprüfungen vorzunehmen oder durch hiezu befugte Fachorgane
vornehmen zu lassen", so glaube ich, sind hier die Aufgabenstellungen des Kuratoriums sehr deutlich
festgelegt.
Ich glaube darüber hinaus, daß der Antrag im Landtag völlig danebengeht, denn im § 19 heißt es
unter ,,Änderungen der Satzungen und Auflösung der Bank", ich zitierte wieder wörtlich: ,,Beschlüsse
des Kuratoriums auf Änderung der Satzung oder Auflösung der Bank bedürfen der Zustimmung des
Landtages und der im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres zu erteilenden
Genehmigung des Bundesministeriums für Finanzen. Das heißt also, daß Satzungsänderungen im
Kuratorium beantragt werden müssen und sich der Landtag von Niederösterreich erst in der Folge
damit befassen kann. Weil das unserer Ansicht nach aus diesen Gründen ,,danebengeht" - unter
Anführungszeichen -, werden wir diesem Antrag nicht die Zustimmung geben.
Nun als zweites gleich zum Kontrollamt und zum Kontrollausschuß selbst. Einmal, was das Personal
betrifft. Es ist ja nicht das erstemal, daß hier über diese Dinge diskutiert wird und man zum Teil
verschiedener Auffassung ist, zum Teil eine einheitliche Auffassung vertritt. Ich darf also heute erneut
- ich habe das schon letztes Jahr getan -, was die A-Bediensteten betrifft, dazu sagen: Es wurde vor
einigen Jahren die Stelle des Kontrollamtsdirektors erstmalig mit einem A-Mann besetzt. Darüber
hinaus bestehen heute im Bereich der technischen Überprüfungen keine Schwierigkeiten, da erstens,
glaube ich, auf diesem Gebiet ein ausgezeichneter B-Mann zur Verfügung steht, und außerdem
können wir uns seit ungefähr einem oder eineinhalb Jahren, wenn wir halt einen Mann in dieser
Richtung brauchen, von einer anderen Abteilung einen A-Bediensteten ausborgen, der im technischen
Bereich ein Fachmann ist.
Ich habe schon das letztemal gesagt, daß meiner Meinung nach eine ständige Zuteilung nicht
notwendig ist, sondern daß die Gewähr gegeben sein soll, bei Bedarf einen Fachmann für das oder
jenes Gebiet, wenn ein solcher dem Kontrollamt momentan nicht zur Verfügung steht, auf Zeit
auszuborgen, wenn ich bei diesem Ausdruck bleiben darf. In dieser Hinsicht hat es in der letzten Zeit
keine Schwierigkeiten gegeben.
Was weiters die Zuweisung eines BetriebsWirtschafters betrifft, stimme ich überein, daß zweifellos
Bedarf besteht. Ich habe in der Zwischenzeit Verhandlungen geführt, und es zeichnet sich auch hier
eine Lösung zugunsten des Kontrollamtes ab, daß ein Betriebswirtschafter zugeteilt werden wird. ' Ich
glaube, daß der Antrag mehr oder weniger überholt ist und daher nicht unsere Zustimmung finden
wird.
Nun auch noch zu den Vorwürfen bezüglich der Kontrolle des Personals. Ich habe auch das letztemal
dazu Stellung genommen und brauche es nicht wiederholen. Ich darf aber auch hier auf den
Rechnungshofbericht hinweisen. Gerade bei seiner letzten Kontrolle hat der Rechnungshof auch die
Personalabteilung und das Personalwesen im Lande Niederösterreich sehr eingehend überprüft. Ich
glaube, wir sollten uns als Kontrollamt in der nächsten Zeit vor allem auf jene Bereiche festlegen, wo
längere Zeit keine Überprüfungen stattgefunden haben und wo auch der Rechnungshof nicht
überprüft hat. Und bei einem Gespräch, das mit dem Rechnungshof, mit mir und dem
Kontrollamtsdirektor stattgefunden hat, hat der Rechnungshof ja auf einige Probleme hingewiesen und
uns mehr oder weniger ersucht, daß wir von seiten des Kontrollamtes dort in nächster Zeit
Überprüfungen durchführen. Wir haben ja schon in einigen Bereichen damit begonnen.
Nun als letztes zu den Ausführungen - und das war eigentlich der Grund meiner Wortmeldung - des
Herrn Abg. Bieder, der sich mit dem Personalproblem in Niederösterreich befaßt und
auseinandergesetzt hat. Vorerst, Herr Abg. Bieder, darf ich eine Richtigstellung treffen. Es betrifft auch
wieder solche Halbwahrheiten, die hier schon aufgezeigt wurden, und zwar das Notopfer der
Regierung. Herr Abg. Bieder, ich bitte nachzusehen, das war nicht in der monokoloren Regierung der
ÖVP-Zeit von 1966 bis 1970. Herr Kollege Bieder, das war im Jahre ... (Abg. Bieder: Unter Ihrem
Finanzminister!) Bitte, bitte, jetzt korrigieren Sie.
Darf ich nur feststellen, der Herr Landeshauptmann hatte einen Zwischenruf getan, Sie haben diesen
nicht zur Kenntnis genommen. Sie haben noch einmal erwidert: ,,Nein, das war unter der ÖVPRegierung." Ich stelle also fest: Das war wieder eine halbe Wahrheit; es war in der Koalitionsregierung
im Jahre 1963, wo dieses Opfer auferlegt wurde. Dies nur zur Klarstellung. Ich fürchte, daß diese
halben Wahrheiten auch draußen in der Bevölkerung gesagt werden; daß man da und dort falsch
aufklärt, daß man da und dort in Unkenntnis gewisse Dinge sagt. Schauen Sie, ich war vor kurzem
draußen in einer Versammlung. Es ist ein sozialistischer Parteiobmann zu einer etwas späteren
Stunde in unseren Kreis hineingekommen und hat dort eine Diskussion angefangen. Er hat zum
Beispiel erklärt, die Mehrwertsteuererhöhung sei notwendig gewesen, weil die Mehrwertsteuer im
ganzen EWG-Raum auch in dieser Höhe besteht. Man hat so den Verdacht, daß hier ganz bewußt
falsche Argumente weitergegeben werden, weil man damit rechnet, daß die Bevölkerung das ohne hin
nicht weiß und daß man da und dortFunktionäre mit solchen Dingen ausstattet. Sie sollen damit
Mundpropaganda betreiben, weil der Normalbürger, der sich um diese Dinge nicht kümmert, die
Zusammenhänge da und dort vielleicht nicht so genau kennt. (Abg. Kosler: Wie bei den
Zuschußrenten!) über das Problem werden wir uns noch unterhalten, Herr Abg. Kosler.
Nun zurück zur Personalpolitik, und zwar als erstes zu den Personalvertretungswahlen. Sie haben hier
aufgezeigt, daß diese heute in die Kompetenz der Länder fallen. Darin stimmen wir überein, gibt es
keine Meinungsverschiedenheit, das ist ja klar festgelegt. Sie haben dann weiters erklärt, im Lande
Niederösterreich habe man zwei Monate, bevor darüber gesetzlich entschieden wurde, noch schnell
Wahlen durchgeführt. Ich darf auch dazu eine Klarstellung treffen.
Diese Wahlen im Jahre 1974 wurden von unseren Landesbediensteten durchgeführt, nicht deswegen,
weil damals eine gesetzliche Regelung in Aussicht war, sondern weil diese Wahlen fällig gewesen
sind und weil es, glaube ich, zu einem demokratischen Verhalten dazugehört, daß man eben Wahlen
dann durchführt, wenn sie fällig sind. Ich glaube, es ist ja nicht daran zu zweifeln, daß die bisherigen
Personalvertretungswahlen im Bereich des Landesdienstes Niederösterreichs auch demokratische
Wahlen gewesen sind. Ich glaube, es ist daran auch nicht zu zweifeln, daß auf Grund der
Bestimmungen alle die Möglichkeit gehabt haben zu kandidieren. (Abg. Bieder: Im Juni wurde das
Gesetz beschlossen!)
Herr Kollege Bieder, ich komme noch darauf zurück. Herr Kollege Bieder, man sollte sich doch jetzt in
diesen Bereichen, also bei uns hier im Land, nicht gar so aufspielen. Ich darf erinnern, wie das auf
Bundesebene gewesen ist. Wenn ich mich richtig erinnere - und das tue ich in dem Fall -, so hat die
Sozialistische Partei 1967 diesem Gesetz nicht die Zustimmung gegeben. Sie war nicht bereit, den
öffentlichen Bediensteten hier ein gesetzliches Mitspracherecht zu geben. Das muß man doch, so
glaube ich, sehr deutlich klarstellen. Ich darf weiters bitten, Herr Abg. Bieder, daß man nicht nur nach
Niederösterreich zeigt. (Abg. Bieder: Erst durch die Novelle in der sozialistischen Regierung ist der
heutige Zustand möglich geworden!) Ich komme dann auf die Novelle zu sprechen, wie die
Durchführung ist und wie die Praxis aussieht. Herr Abg. Bieder, in bezug auf das
Personalvertretungsgesetz für die Landesbediensteten doch nicht immer nach Niederösterreich zu
zeigen. Ich darf fragen: Warum bitte hat es Wien bis jetzt nicht? Warum bitte hat es das Burgenland
bis jetzt nicht? Warum bitte haben es alle anderen Bundesländer nicht, mit Ausnahme von Kärnten,
wo es beschlossen wurde?
Ich darf Ihnen auch hier eine Antwort geben. Erstens einmal warten die Bundesländer ab, bis es nach
Möglichkeit zu einem einheitlichen Gesetz kommt. Sie wissen ja, daß sich vor einiger Zeit eine
Konferenz der Landeshauptleute mit dieser Problematik, ich glaube, auf der Schallaburg befaßt hat.
Sie wissen darüber hinaus, daß es gar nicht so leicht ist, eine Übereinstimmung zu erzielen, weil
heute in den verschiedenen Ländern schon auf Grund der provisorischen Verfügungen oder Erlässe
Rechte erkämpft wurden und diese Rechte selbstverständlich die Vorlage der Verbindungsstelle der
Bundesländer nicht vorsieht.
Es gibt also ohne Zweifel da und dort Schwierigkeiten. Diese müssen ausdiskutiert werden, und das
geht sicherlich nicht von heute auf morgen. Ich darf Ihnen aber namens der ÖVP die Garantie geben,
daß wir alles daransetzen werden, daß vor den nächsten Personalvertretungswahlen, die 1978 in
diesem Land fällig sind, ein Personalvertretungsgesetz besteht und daß auch bei uns in
Niederösterreich die nächsten Wahlen auf Grund dieses Gesetzes durchgeführt werden können.
(Beifall bei der ÖVP.)
Ich darf nun auch ein bißchen zur Personalpolitik kommen. (Abg. Dr. Brezovszky: Seit zwei Jahren
eine ungesetzliche Personalvertretung!) Herr Kollege Brezovszky, das ist bitte keine ungesetzliche
Personalvertretung. Diese hat es ja auch auf Bundesebene und in anderen Bereichen gegeben. Heißt
das etwa, daß auch in Wien eine ungesetzliche Personalvertretung da ist, daß auch im Burgenland
eine ungesetzliche Vertretung da ist und in allen anderen Bundesländern? Man soll hier nicht immer,
Herr Kollege Brezovszky, mit zweierlei Maß messen: etwas anders dort, wo man in der Minderheit ist,
und wieder etwas anders, wesentlich anders, dort, wo man in der Mehrheit ist. Man soll ein bisserl
gerechter sein, ein bißchen mehr Demokrat sein, Herr Kollege Brezovszky. (Abg. Dr. Brezovszky:
Ohne Parteienvereinbarung und ohne Gesetz!)
Nun zur Personalpolitik selbst. Sie haben hier gesprochen, Herr Kollege Bieder, von der
Chancengleichheit. (Abg. Bieder: Die in Niederösterreich nicht besteht!) Ich darf sagen, man mißt
auch hier mit zweierlei Maß, Herr Kollege Bieder. Ich habe gerade die neueste Ausgabe der
Wochenpresse in die Hand bekommen. Ich darf Sie bitten, diese einmal durchzustudieren. Es wird
gerade eine Untersuchung durchgeführt bzw. geschrieben, wie die Personalpolitik bei der Gemeinde
Wien in verschiedensten anderen Bereichen ausschaut, dort, wo Sie das durchsetzen können, von
dem Sie hier immer predigen: vom demokratischen Verhalten, von der Chancengleichheit. Na wie
schaut es denn bitte in diesen Bereichen oder auch in den Gemeinden, die Sie verwalten, aus?
Ich habe ja voriges Jahr die Gemeinden, wo Abgeordnete selbst Bürgermeister sind, aufgezählt und
berichtet, wie dort die Chancengleichheit aussieht. Mir ist da eine Entscheidung der Gemeinde Ternitz
bei einer Aufnahme in die Hand gefallen. Da ist zum Beispiel ein gewisser Hirschberger,
Bezirksobmann der Jungen Generation in der SPÖ, ohne Ausschreibung aufgenommen worden, ohne
daß die zuständige Personalkommission im Gemeinderat einberufen wurde, ohne daß ein
Bewerbungsschreiben anderer Ternitzer abverlangt worden wäre. Na sehen Sie! Ist das die
Chancengleichheit, von der Sie hier sprechen?
Und wenn ich mir die Aufnahmen beim Land Niederösterreich in der letzten Zeit anschaue - Herr Abg.
Bieder, so unzufrieden dürfen Sie da nicht sein, denn ich habe eine Liste vor mir liegen, wo eine
ganze Reihe von Leuten aufgenommen wurden, wo Interventionen vorgelegen sind: von Herrn
Landeshauptmannstellvertreter Czettel, von Herrn Landesrat Grünzweig, Frau Landesrat Körner und
so weiter; also anscheinend Mitglieder der Sozialistischen Partei, die vom Herrn Landeshauptmann
hier eingestellt worden sind. Eine ganze Liste habe ich hier vorliegen. Na also. Ich glaube, so
undemokratisch ist das Verhalten des Landes Niederösterreich auch in diesem Bereich keineswegs.
Wenn Sie, Herr Kollege Bieder, in aller Ehre hier anbieten, die Personalpolitik solle im Land so
gemacht werden wie auf Bundesebene - ich komme dann schon ein bisserl darauf hin -, so glaube ich,
Herr Kollege Bieder, das Angebot das Du hier gemacht hast, wird halt nicht ein Angebot der gesamten
SPÖ sein oder das Verhalten der gesamten SPÖ, denn dort diktieren, was die Bundesebene und die
Spitze betrifft, sehr wesentlich andere Leute.
Ich glaube, Ihr Angebot stimmt halt nicht mit einer Aussage Ihres Chefideologen Czernetz überein, der
zu diesem Thema unter anderem sagt - ich zitiere wörtlich: ,,Selbst die Bildung einer rein
sozialistischen Mehrheitsregierung verbürgt noch keineswegs, daß die Staatsmacht in den Händen
der Sozialistischen Partei liegt, wenn sie nicht die Verwaltung fest in den Händen hat. Die Verwaltung
hängt nicht nur von den Spitzen ab, sondern auch von den durchzuführenden Organen, den Beamten.
Zur Durchführung des Sozialismus brauchen wir die ganze Macht, wir brauchen daher die Regierung,
die Spitzen und die Beamten, die Träger des politischen Willens und die ausführenden Organe."
Sehen Sie, hier wird sehr deutlich gesagt, wie man Personalpolitik betreiben muß. Sie weisen auch
immer wieder auf die Ausschreibungen hin. (Abg. Stangl: Wenn man so behandelt wird wie die ÖPVler
auf Bundesebene, kann man froh sein!) Wie heißt denn dann bitte der Grundsatz? (Abg. Stangl: Das
sind theoretische Auseinandersetzungen für ,,Die Zukunft"!) Wenn der Ausspruch des Abg. Czernetz
nichts mit Personalpolitik zu tun hat, dann darf ich Sie bitten, mir zu erklären, womit er etwas zu tun
hat. Ich glaube, Czernetz hat es sehr deutlich gesagt.
Nun zu Ihrem Antrag und zu der ewigen Forderung nach Ausschreibung. (Zwischenruf links.) Ich
komme schon darauf zurück. Ich habe schon das vorige Mal sehr deutlich gesagt, ich kenne im
Bundesdienst, wo Sie heute die Verantwortung tragen, und in vielen anderen Bereichen keine
Ausschreibung der freien Dienstposten. Mir ist davon nichts bekannt. Ich bin zufällig dort als
Personalvertreter und als Gewerkschafter tätig. Es gibt wohl eine Ausschreibung, was die höheren
Dienstposten betrifft. Nur, meine Herren, Kollege Stangl, so eine Ausschreibungskommission muß
man einmal miterleben. Ich habe Gelegenheit gehabt, in den letzten Wochen zwei solche
Ausschreibungskommissionen als Delegierter mitzuerleben. Das fängt schon bei der
Zusammensetzung an, da diese aus vier Personen besteht: zwei Personen als Vertreter des
Ministeriums und zwei Personen als Vertreter der Arbeitnehmer. Das heißt, einer ist von der
Gewerkschaft und einer vom Zentralausschuß zu nominieren. Also Pari Pari könnte man sagen. Das
Gesetz sieht aber vor, daß bei Stimmengleichheit der Vorsitzende - und der wird von jenen zwei
Delegierten gestellt, die vom Ministerium, sprich Minister, nominiert werden - die Entscheidung zu
treffen hat. Sie können sich vorstellen, welche Personen hier nominiert worden sind und welche
Entscheidungen getroffen werden. Das Gesetz, das Sie beschlossen haben und worauf Sie so stolz
sind, sieht dann leider Geheimhaltungspflicht vor. (Abg. Bieder: Das glaubst Du doch selbst nicht, daß
man nur dann eine Mehrheit haben kann!) Warum denn nicht (Abg. Bieder: Das wäre genauso
anmagend, als wenn wir in Niederösterreich die Mehrheit haben wollten!)
Also bitte, Herr Kollege Bieder, ich überlasse jetzt die Beurteilung dessen, was Sie sagen, allen
anderen Kollegen, darauf braucht man gar nicht näher eingehen. Ich darf aber nur weiter sagen, das
Gesetz, auf das Sie sehr stolz sind, das unter dem Sprichwort oder unter dem Slogan ,,Mehr
Transparenz" geschaffen wurde, ist so transparent, daß die Mitglieder, die in der Kommission sind, auf
Grund des Gesetzes nichts sagen dürfen und zur vollen Geheimhaltungspflicht verurteilt sind. Ich
hätte gerne darüber berichtet, nur fürchte ich, daß mir dann unter Umständen ein Disziplinarverfahren
ins Haus steht. Deshalb kann ich Ihnen hier keine näheren Details sagen, wie man dort verfährt oder
wie dort entschieden wird. Es ist hoch interessant, ich darf Ihnen nur empfehlen, vielleicht einmal in so
eine Kommission hineinzugehen. Es kann kein Zufall sein, daß in der Kommission, in der ich gewesen
bin, von sechs Bewerbern, wo nur ein einziger Sozialist dabei war, zwei, die keiner Partei angehören,
der Rest, der uns nahesteht oder uns angehört, ausgerechnet der Sozialist mit einem
Mehrheitsbeschluß an die erste Stelle gesetzt wurde. Noch dazu ein Mann, der bisher in den
Zentralverwaltungen oder in der mittleren Verwaltung nicht tätig war. Also den hat man hier (Abg.
Bieder: Es sollen auch im Bund ausschlieplich Ihre Leute aufgenommen werden. Es geht ja um sonst
nichts. Aber wehe, wenn dann auch einmal dazu ein Roter aufgenommen wird! Früher hat er doch gar
keine Chance gehabt, Kollege Buchinger!) hereingenommen.
Herr Kollege Bieder, gehen wir zu den Aufnahmen. Wie schaut es denn da aus? Wir haben das
Personalvertretungsgesetz, das Sie novelliert haben, das Sie, wie Sie gerade gesagt haben, erst zu
einem richtigen Personalvertretungsgesetz gemacht haben, obwohl es mehr oder weniger
unbedeutende Novellierungen gewesen sind. (Abg. Bieder: Es waren jene Punkte, die die SPÖ im
Parlament nein sagen ließen!) Was das Mitwirkungsrecht betrifft: Wie schaut denn heute das
Mitwirkungsrecht bei Neuaufnahmen aus? Wo wird denn heute noch eine Mitwirkung der
Personalvertretung in Erwägung gezogen oder ein Mitwirkungsrecht gegeben? Bis vor kurzem - ich
habe das im Vorjahr geschildert - hieß es immer: ,,Über Auftrag des Ministers ist der Antrag
vorzulegen." Über Antrag des Ministerbüros ist der Auftrag vorzulegen. So ergehen doch ständig die
Weisungen. Das ist bis zum Vorjahr so gehandhabt worden. Es ist bereits ein neuer Erlaß
herausgekommen, wie in Zukunft alle Aufnahmeakten aus arbeitsmarktpolitischen Gründen zu
behandeln sind. Wenn sich um einen Posten fünf, sechs, sieben beworben haben, war es bisher
üblich, daß die zuständige Abteilung die Vorauswahl getroffen und dann mit der Personalvertretung
verhandelt hat. So ist das weitergegangen. (Abg. Bieder: Das war die Vorauswahl des ÖAAB, und die
ist abgestellt worden!) Jetzt, Herr Kollege Bieder, gehen alle Akten hinauf zum Herrn Minister, und
dieser entscheidet über die Aufnahme. Bitte, wo wird denn hier das Einvernehmen mit der
Personalvertretung hergestellt Das ist ja ein sehr deutlicher Gesetzesbruch, und auch die
Personalvertretungsaufsichtskommission hat wiederholt zu der Frage eindeutig Stellung genommen,
daß sehr wohl mit den Personalvertretungen, mit den Dienststellenausschüssen das Einvernehmen
herzustellen ist.
Sehen Sie, so schauen dann diese Dinge aus. So wird Demokratie durchexerziert. Da rühmt man sich
auf der einen Seite, ein großartiges Personalvertretungsgesetz gemacht zu haben, und auf der
anderen Seite akzeptiert man diese Dinge nicht. Diese Dinge werden dann mehr oder weniger
weggewischt. Man diktiert die Aufnahmen. Man macht sie, wie man sich die Dinge vorstellt, ohne
Mitwirkung der Personalvertretungen. Wir wissen doch heute, daß die Herren Ministersekretäre die
Dinge mehr oder weniger in den Händen haben und daß diese hundert persönlichen Referenten, die
es in allen Ministerien gibt und die zu einem Drittel mit Sonderverträgen, mit gigantischen Verträgen,
angestellt worden sind, über diese Dinge entscheiden.
Wir wissen doch ganz genau, daß die anderen Beamten heute vielfach gar nicht wissen, ob es auch
der Wille des Ministers war, weil also diese Herren mehr oder weniger in allen Bereichen die
Entscheidungen treffen. (Abg. Dr. Brezovszky: Wer hat im Sozialministerium zwischen 1966 und 1970
entschieden? Wer? Das Ministerbüro, und alle sind ausgeschaltet worden! - Abg. Bieder: Fast
ausschließlich das Parteibuch!) Sagen Sie mir einen Fall, wo nicht die Mitsprache der
Personalvertretungen gewährleistet war. Schauen Sie, der Herr Bundeskanzler Kreisky hat ja
immerhin gesagt, wie in Zukunft die Aufnahmen erfolgen sollen, ich zitierte wieder wörtlich: Nur mehr
die fachliche Qualifikation sei ausschlaggebend. Das hat der Herr Bundeskanzler gesagt. Sie werden
ja gelesen haben, wie es mit den fachlichen Qualifikationen aussieht.
Als sich zum Beispiel im Bundesministerium des Staribacher eine Verkäuferin des Konsums um
Aufnahme beworben hat, die beim Kanzleidirektor die Prüfung abgelegt hat und das Prüfungsergebnis
negativ war, hat man gesagt, es stimme die Maschine nicht, sie müsse eine elektrische Maschine
kriegen. Man hat sie neuerlich zu einer Prüfung eingeladen. Sie hat noch einmal die Prüfung abgelegt,
aber sie hat halt nicht Maschinschreiben können, weil sie 40 Jahre aus dem Geschäft war. Das
Ergebnis war wieder negativ. Man hat sie noch einmal vorgeladen, es hat ein A-Beamter der
VII. Dienstklasse, der zufällig der SPÖ angehört, die Prüfung abgenommen und auf einmal war diese
positiv. Sehen Sie: die fachliche Qualifikation ist ausschlaggebend. Ich überlasse es wieder Ihnen zu
beurteilen, was man unter fachlicher Qualifikation versteht.
Nun, Herr Kollege Bieder, auch zu Ihrem Vorwurf, was Sie über den Heinzingerbericht und über die
Dokumentation ,,Machtmißbrauch durch die Sozialisten auf Betriebsebene" vorgebracht haben. Herr
Kollege Bieder, so einfach soll man die Dinge nicht abtun, indem man hier sagt, Affären seien
erfunden worden. Schlagzeilen - sonst sei nicht viel übrig geblieben. Herr Kollege Bieder, schauen Sie
sich doch die Dinge an. (Abg. Bieder: In Niederösterreich müßten wir untersuchen! - Abg. Reiter: Kann
man auch notariell feststellen lassen!) Sie haben davon gesprochen, bitte, ich bleibe bei dem, was Sie
jetzt gesagt haben. (Abg. Bieder: In Niederösterreich sind es keine Menschen! - Abg. Dr. Brezovszky:
Lesen Sie den Kurier. Der hat sich über Niederösterreich lustig gemacht!)
Herr Kollege Brezovszky und Herr Kollege Bieder, ich nehme zu dem Stellung, was Sie über die
Untersuchung und Dokumentation von Heinzinger gesagt haben. Sie haben gesagt, ich habe wörtlich
mitgeschrieben: ,,Hier wurden Affären erfunden, und außer Schlagzeilen blieb nicht viel übrig.'' Herr
Kollege Bieder, da wurden keine Affären erfunden, sondern - das ist belegt - vor Notaren ist eine
Unzahl von Fällen zu Protokoll gegeben worden, Fälle von echtem Betriebsterror. Hier stehen
Schicksale von Menschen dahinter. (Zwischenruf von Abg. Dr. Brezovszky.) Aber, Herr Kollege
Brezovszky, bringen Sie bitte auch diese Fälle. Ich frage mich, warum hat denn der Herr
Landeshauptmannstellvertreter Czettel, (Zwischenrufe. - Unruhe. - Präsident Dipl.-Ing. Robl gibt das
Glockenzeichen.). den Herrn Gewerkschafter Braun ein bisserl zurückgepfiffen, der gesagt hat – ich
entnehme das einer Zeitung, ich hoffe, es stimmt -: Wir werden jeden einzelnen Fall aufzeigen, wo
Betriebsterror und so weiter besteht. Ich entnehme es dieser Zeitung, daß also der Herr
Landeshauptmannstellvertreter Czettel hier gebremst hat. Ich bitte nachzulesen in der Ausgabe der
Wochenpresse vom heutigen Tag. Ich glaube, hier sind Fälle aufgezeigt worden, wo man echt von
Terror sprechen kann, wo man Entlassungen und all diese Dinge angedroht hat.
Herr Kollege Bieder, tun wir das nicht so ab, als seien es erfundene Affären. Schauen wir uns die
Dinge an, untersuchen wir diese ein bißchen. (Abg. Dr. Brezovszky: Kein einziger ist bewiesen. Sie
haben irgendwo 31 Fälle aufgegriffen!) Herr Kollege Bieder, ich setzte mich mit Behauptungen
auseinander, die Sie hier zu diesem Bericht aufgestellt haben. Ich wiederhole es zum drittenmal: Sie
haben diese Behauptungen aufgestellt, und mit nichts anderem setze ich mich zur Zeit auseinander.
Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen. Ich weiß schon, daß man, wenn etwas nicht paßt, lautstark
dazwischenschreit, daß es weh tut, wenn da und dort die Wahrheit gesagt wird, wenn da und dort die
Chancengleichheit und das demokratische Verhalten jener aufgezeigt wird, die für diese Dinge immer
so eintreten. Ich glaube, man muß ein bisserl ehrlicher sein, wenn man da und dort auch verstanden
werden will. (Abg. Bieder: Dazu ist es höchste Zeit! - Abg. Dr. Brezovszky: Wie schaut es mit der
Chancengleichheit im niederösterreichischen Landesdienst aus) Herr Kollege Brezovszky, wir haben
nicht nur angekündigt, (Zwischenruf.) daß wir Fälle aufzählen und aufzeigen werden, so wie das
seinerzeit die SPÖ gemacht hat. (Abg. Dr. Brezovszky: Keinen einzigen bewiesenen Fall!) Ich darf hier
an den Ausspruch des Herrn Bundeskanzlers, damaligen Parteivorsitzenden Kreisky am 25. April
1966 erinnern, als die ÖVP die Regierung übernommen hat, die Alleinregierung 1966: „Wir werden
jeden einzelnen der politisch verfolgt wird, der seinen Posten verliert, im Parlament behandeln, und
wenn wir stundenlang oder wenn wir Stunden um Stunden nur Listen verlesen." Ich habe von 1966 bis
1970 kein einziges Mal gehört, daß der Herr Bundeskanzler nur einen Namen genannt hat, nur einen
verlesen hat, wo auf Grund dessen, daß sich jemand nicht zur ÖVP bekennt, da und dort irgend etwas
in dieser Richtung geschehen werde. Bis heute ist uns das Ihr Parteivorsitzender schuldig geblieben.
Schauen Sie, Ihr Herr Zentralsekretär geht hin, wirft am 4. August 1975 etwas in die Bevölkerung
hinein, indem er sagt: Aus seinem Wahlkreis sei ihm das Beispiel eines Industrieunternehmers
bekannt, der, um das Pflichtsoll der Entlassungen, zu denen er von der Industriellenvereinigung
aufgefordert wurde, zu erfüllen, 50 Leute entlassen hat.
Ja, wo ist denn der Herr Zentralsekretär, und wo hat er den Beweis erbracht, daß das stimmt? Hier
werden Dinge unwissentlich gesagt, hier wird die Unwahrheit gesagt. Ich habe schon eingangs
gesagt, es stimmt anscheinend, was Nenning geschrieben hat: Man muß sich immer wieder
durchlügen, immer wieder ganz bewußt die Unwahrheit sagen. (Beifall bei der ÖVP.)
Herr Abg. Kaiser, ich darf auch aus Ihrem Betrieb vielleicht auf einige Fälle hinweisen. Na, wie ist es
denn, wenn dort jemand für die FCG kandidiert? Wie ist es denn in Ihrem Betrieb, wenn dort jemand
Stimmzettel für unsere Fraktion austeilt? Wie war denn das mit der Frau Maria Fleck, die einen Tag
nach den Betriebsratswahlen, wo sie für den ÖAAB Stimmzettel ausgeteilt hat, vom Schlauchsaal,
also von einer etwas gehobenen Position, zur sogenannten Hofpartie versetzt worden ist?
Wie ist es denn mit den Funktionären des ÖAAB in Ihrem Betrieb, wo Sie Betriebsratsobmann sind,
die immer dann zu jener Schicht eingeteilt werden, wo sie nicht die Möglichkeit haben, da und dort an
Veranstaltungen oder Schulungen ihrer Partei teilzunehmen? Sehen Sie, so wird Demokratieverhalten
durchgeführt! Man soll also hier - ich sage es noch einmal sehr deutlich - nicht mit zweierlei (Abg.
Kaiser und Abg. Leichtfried: Das hat der ÖVP-Personalchef gemacht! - Abg. Dr. Brezovszky: Der
ÖVP-Personalchef betreibt Betriebsterror!) Maßstäben messen.
Herr Kollege Leichtfried, und damit darf ich zum Schluß kommen, (Zwischenrufe. - Unruhe. - Präsident
Dipl.-Ing Robl gibt das Glockenzeichen.) darf ich auch Sie zitieren. Sie haben ein Interview in der
Wochenzeitschrift, die wir hier schon einige Male zitiert haben, abgegeben. Sie stellen also hier zur
Personalpolitik des Landes Niederösterreich fest - ich zitiere wieder wörtlich: ,,Was in Niederösterreich
in der Personalpolitik getrieben wird, kann man nicht mehr anders als eine negative Auslese, eine
parteipolitische Inzucht qualifizieren." (Abg. Leichtfried: Ich habe keine Stellungnahme abgegeben.
Das habe ich hier im Hause erklärt!) Herr Kollege Leichtfried, ist in Ordnung. Wenn Sie also sagen,
daß das stimmt, so darf ich, was die Landesbeamten Niederösterreichs betrifft, nur feststellen, daß in
diesem Land keine negative Auslese getroffen wird, (Beifall bei der ÖVP.) sondern ich glaube, daß in
diesem Land (Abg. Leichtfried: Das sind überhaupt keine Wahrheiten, das sind Unwahrheiten! Präsident Dipl.-Ing. Robl gibt das Glockenzeichen.) hochqualifizierte Beamte tätig sind, die wesentlich
dazu beigetragen haben, daß wir dieses Land gemeinsam aufbauen konnten. Ich glaube, daß auch
für die Beamten Dank und Anerkennung Gültigkeit haben, (Beifall bei der ÖVP.) zumindest von seiten
der Österreichischen Volkspartei. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt der Herr Landeshauptmannstellvertreter Czettel.
Landeshauptmannstellvertreter CZETTEL: Hoher Landtag! Meine Damen und Herren! Vielleicht
gelingt es wenigstens ein paar Minuten, doch zu einem sachlichen Problem im Zusammenhang mit
dem vorgelegten Budget zurückzukehren. Wie immer bei der Debatte über den Landeshaushaltsplan
haben heute auch dieses Mal eine Reihe von Rednern zu Gemeindeproblemen grundsätzlich Stellung
genommen. Ich möchte nur zu einigen Dingen, die die Herren Präsidenten Reiter und Binder hier
erwähnt haben, kurz Stellung nehmen. Insbesondere möchte ich unterstreichen, was Abg. Präsident
Reiter gesagt hat, daß es unter den Gemeinden keine Klasseneinteilung geben soll.
Ich glaube, das ist ein wichtiger Grundsatz, nicht weil wir aus formalrechtlichen Gründen den Begriff
der Einheitsgemeinde hochhalten sollen, sondern, weil in der Einschätzung der Probleme, die unsere
Gemeinden zu meistern haben, prinzipiell kein Unterschied gemacht werden soll. Ich leite aber von
der Bestätigung des erwähnten Grundsatzes gleichzeitig ab, daß es keinen Klassenkampf gegen
größere oder kleinere Gemeinden im Detail geben soll. Das ist ja auch der Grund, warum wir
eigentlich als einziges Bundesland intern im Rahmen der begonnenen Strukturhilfe einen
Finanzausgleich eingeleitet haben. Weil das Finanzreferat und das Gemeindereferat nun daran sind,
für das Jahr 1977 eine gemeinsame Basis und eine gemeinsame Formel für die Intensivierung dieser
Strukturhilfe zu finden und im Rahmen dieser Auffassung 80 Millionen Schilling für eine solche
Strukturhilfe an die Gemeinden des Landes flüssig gemacht werden können, bewerte ich es als einen
sehr entscheidenden Erfolg im Lichte des Grundsatzes, daß eben die Gemeinden nicht in Klassen
einzuteilen sind.
Ich möchte zweitens auch das unterstreichen, was Präsident Binder gesagt hat und was im
Zusammenhang mit dem Gemeindeinvestitionsfonds steht. Ich mache nur der Ordnung halber auch
das Landesparlament darauf aufmerksam, daß die Mittel aus Bedarfszuweisungen, die dem Gesetz
entsprechend diesem Gemeindeinvestitionsfonds zur Verfügung gestellt werden, schon rund 30% der
Bruttoeinnahmen der Bedarfszuweisungen ausmachen, und daß nun jener Augenblick gekommen ist,
wo die Landesregierung und der Landtag werden überlegen müssen, inwieweit nun die
Funktionsfähigkeit des Gemeindeinvestitionsfonds auch für die Zukunft gesichert werden soll. Ich
glaube, es muß erwähnt werden, daß es, wenn es stimmt, daß sich diese Einrichtung bewährt hat,
notwendig ist, daß sie nun gestärkt wird. Allein die Investitionen, die in Niederösterreich auf dem
Gebiete der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung auf Grund der heutigen Kostenbasis
noch notwendig sind, werden etwas mehr als 25 Milliarden Schilling ausmachen. Im Lichte dieser
Dimension, glaube ich, wird der nächste Kommunalgipfel, von dem ich hoffe, daß er doch im Frühjahr
stattfinden wird, zu einigen Schlußfolgerungen kommen müssen, die ihren Niederschlag auch in einer
eventuellen Novellierung des Gemeindeinvestitionsfondsgesetzes finden müssen.
Ein drittes Problem, das auch im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung jenes
Bevölkerungsteiles, der krankenversichert ist, besteht, ist die Frage der Krankenhäuser. Ich möchte
hier nur mit einem Schlagwort meine Meinung sagen, daß es auch darüber kein Mißverständnis gibt.
Ich habe immer den Standpunkt vertreten und vertrete ihn jetzt erst recht, daß für die Sanierung
dieses sehr wichtigen Problembereiches die gesamte Gesellschaft wird aufkommen müssen. In erster
Linie alle Repräsentanten dieser Gesellschaft, vor allem die Gebietskörperschaften und auch die
Sozialversicherungsträger. Wogegen sich hier die Aversionen mobilisieren, ist die Tatsache, daß
durch einen Gesetzesbeschluß des Landesparlamentes die Sanierung dieses an sich wichtigen
Problems nun einseitig in Angriff genommen wird. Ich wollte das Streitthema auf diese eine kurze
Formel zurückdrängen, damit Sie auch meinen Standpunkt als Gemeindereferent kennenlernen; daß
die Gemeinden unter der Last der Krankenhäuser besonders leiden. Gestatten Sie mir auch, daß ich
zu einigen Fragen Stellung nehme, die auch mich betroffen haben. Zu Abg. Zimper nur eine
Bemerkung zur Klarstellung. Sie haben gestern sinngemäß die Behauptung aufgestellt, ich vertrete
den Standpunkt - ganz gleich, wie es formuliert ist -, daß die 15 Millionen Schilling nicht einer
verwalten soll, sondern daß sie verteilt werden sollten. Dann zitierten Sie meine Ausführungen in St.
Pölten. Es stimmt ja, was geschrieben wird, nämlich daß ich gesagt habe, die ÖVP will die
Presseförderung nicht so wie der Bund der Presse geben, sondern sie will daraus eine ÖVP-Werbung
durchführen. (Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Nein, keine ÖVP-Werbung!) Da steht ja, daß ich
das in St. Pölten gesagt habe. Dazu stehe ich. (Zwischenrufe rechts.) Nein, es geht nur um eine
Klarstellung. Ihr zwei wart nicht dabei, daher laßt mich das selber austragen. Herr Kollege Zimper hat
heute die Niederösterreichischen Nachrichten zitiert. Gerechterweise habe ich gesagt: Die Absicht, die
hier besteht, steht in einem Widerspruch zu dem, was der Bund macht. Der Bund fördert die Presse.
(Abg. Zimper: Genau das wollte ich sagen. Die Bundesförderung ist nicht auf Niederösterreich zu
transponieren!) Nein, Sie haben gestern gesagt, ich wollte die Aufteilung der Mittel auf die
Regierungsmitglieder. Ich stelle das nur klar, weil ich doch erwartet hätte, daß Sie nach dem
krampfhaften Suchen nach Material, um mich doch zitieren zu können, wenigstens diesen kleinen,
aber wesentlichen Unterschied hervorgehoben hätten. Zur Frage des Repräsentationsaufwandes
möchte ich nur mitteilen, daß wir heute in der Regierung ein sehr ernstes, hartes und aufrichtiges
Gespräch darüber geführt haben. Ich hoffe, daß aus dem Gespräch etwas herauskommt, das dann
zunächst Gegenstand von konkreten Besprechungen in der Regierung sein wird. Als
Regierungsmitglied möchte ich nur eines sagen, damit auch da kein Mißverständnis entsteht, meine
Damen und Herren: Niemand von uns wehrt sich grundsätzlich dagegen, daß
Repräsentationsausgaben getätigt werden. (Abg. Dr. Bernau: Das hat der Breszerl angezogen! - Abg.
Buchinger: Damit der Brezovszky wieder zu Empfängen gehen kann!) Schauen Sie, Herr
Abgeordneter, es geht uns um die Transparentmachung der Mittel. (Abg. Buchinger: Der
Rechnungshof hat sie überprüft!) Bitte, das ist auch mein Standpunkt. Warum sollen nicht die
Öffentlichkeit, die Abgeordneten und die Regierungsmitglieder wissen, was damit geschieht, selbst
dann, wenn kein subjektives Interesse irgend eines Regierungsmitgliedes damit im Spiel steht? (Abg.
Buchinger: Der Kreisky hat sie ja auch nicht bekanntgegeben!)
Meine Damen und Herren! Wenn wir jeden Tag vor den Journalisten deklarieren müssen, wie wir
unsere Einkünfte ausgeben, dann verlange ich auch von jedem anderen, der öffentliche Gelder, ganz
gleich welcher Art, verwaltet, daß er darüber Rechenschaft ablegt, (Beifall bei der SPÖ.) und um
nichts anderes geht es hier. (Abg. Buchinger: Das sagen Sie ihren Wiener Kollegen! - Abg.
Anzenberger: Der Bauring!) Zur Frage der Konfrontation eine Bemerkung. Einverstanden, vielleicht
gleich jetzt, weil Sie immer so liebe Zwischenrufe machen, wenn ich das sage. Einmal, was geht mich
der Bauring an. Jeder muß das verantworten, was er auf Grund seines Mandats, seiner Funktion,
gegenüber der Öffentlichkeit zu verantworten hat. Ich habe als Landeshauptmannstellvertreter von
Niederösterreich weder die Legitimation noch die Absicht, über Probleme in anderen Bundesländern
zu reden. Für uns gilt aber eines. Damit es darüber Klarheit gibt, möchte ich das hier eindeutig
anführen:Irgendwer von Ihnen schlägt um sich, wenn er hört, daß es Konfrontationen gibt. Vor einer
Stunde hat jemand - ich weiß nicht, woher er das hat - von totaler Konfrontation gesprochen. Ich
möchte es Ihnen sagen, damit es nächstes Jahr keine Unklarheiten gibt. (Abg. Dr. Brezovszky zu Abg.
Anzenberger: Sie waren der gehässigste Redner!) Personalpolitik. Wenn Sie meine ungeschminkte
Meinung wissen wollen: Mir rennt immer die Gänsehaut auf, wenn wir über Personalfragen reden,
denn dann beginnen wir gegenseitig nachzuweisen, daß irgendwo jemand anderer auch eine
Personalpolitik betreibt, die menschenunwürdig ist. Darf ich hier leidenschaftslos und mit der Bitte, es
so zu nehmen, wie es gemeint ist, eines sagen, selbst wenn Sie in der Lage sind nachzuweisen, daß
dort der Betriebsrat, der Personalchef, ein Sozialist in irgend einer Verwaltung, jemanden eingestellt
hat, der protegiert wurde - wahrscheinlich gibt es viele solcher Fälle, ich will gleich hinzufügen, darum
geht es mir nicht -: Herr Landeshauptmann, ich habe voriges Jahr von der gleichen Stelle die
Anatomie eines Falles gebracht. Sie werden sich erinnern an den Straßenwärter, der fünf Jahre
gewartet hat, den ich fünf Jahre lang bei Ihnen befürwortet habe und bei dem es mir nicht gelungen ist
zu erreichen, daß er eingestellt wird.
Bitte, glauben Sie mir: Ich habe eine ganze Mappe in meinem Büro, ich schäme mich, ich schäme
mich, Ihnen jetzt durch Einzelheiten nachweisen zu müssen, was mitunter los ist. Ich unterscheide
daher in meiner Philosophie über diese Frage zwischen Dummheiten und zwischen Boshaftigkeiten,
die es dort oder da geben kann, gegen die ich überall, wo ich Gelegenheit habe, eintrete, auch wenn
es sich um sozialistisch verwaltete Gremien und Betriebe handelt. Ich unterscheide zwischen solchen
Dummheiten und zwischen einer Machtphilosophie, die von dem Gesichtspunkt ausgeht: sie dürfen
einfach nicht an die Hebel kommen, ehe sie eine bestimmte Gesinnung haben. (Abg. Buchinger:
Czernetz!) Ich sage das hier ziemlich hart, und wenn ich Ihnen einen Vorwurf mache, meine Damen
und Herren, dann nicht den, daß Sie da und dort vielleicht etwas machen, was überall anderswo auch
vorkommen kann, sondern daß Sie nicht den Mut haben, auf Zeit gesehen, ein Ventiaus dieser
Verkrampfung zu suchen. Um das geht es jetzt. Wenn wir von Chancengleichheit – jeder von uns
meint es bestimmt ehrIich – und von Bedingungsfreiheit reden, und wenn wir sagen, Niederösterreich
ist ein modernes Land geworden, wir haben 14.000 Bedienstete, wir haben eine moderne
Raumordnung, ja warum gelingt es uns dann nicht, ein System zu finden, das auch in der
Personalpolitik und in der öffentlichen Verwaltung wenigstens nach außen hin gegenüber der
Öffentlichkeit jene Voraussetzungen zur Rechtfertigung braucht?
Herr Landeshauptmann, Sie werden in wenigen Tagen wahrscheinlich wieder einen
Bezirkshauptmann bestellen, und wir werden es ja wieder einmal sehen. Wir werden einen Mann
nominieren, der die Dienstklasse hat, der die Qualifikation hat, der die umfassende
Verwaltungserfahrung hat, der menschlich hervorragend ist, und Sie werden beweisen können, wie
Sie geistig zum Problem der Macht auf dem Personalsektor stehen. Der Vorwurf wird uns nicht mehr
gemacht werden können, bisher ohnehin alle Bezirkshauptleute, um die es natürlich keinen Streit
gegeben hat, da wir ja keine Alternativen hatten, einstimmig beschlossen zu haben. Dieses Mal geht
es also auf hopp oder tropp in der Frage. (Landeshauptmann Maurer: Ist ja immer gegangen!) Ich bitte
Sie, darüber nachzudenken und auch die Nachteile, die wir hier als Minderheit in dem Land haben, die
insbesondere auch darin bestehen, daß wir von der Basis her keinen Nachwuchs haben, im Detail
aufzuzeigen. In der Frage, meine Damen und Herren, muß es schon aus dieser grundsätzlichen
Erwägung heraus eine Auseinandersetzung, eine Konfrontation geben. Das gleiche wird es auch
bezüglich der Verwendung öffentlicher Mittel für Öffentlichkeitsarbeit geben, jawohl. Ich möchte nicht
mehr sagen, weil wir heute in der Regierung darüber gesprochen haben. Meine Damen und Herren!
Sie können mir Wien, vielleicht Wr. Neustadt oder sonst was an den Kopf werfen. Auch hier nur ein
Grundsatz, den ich erwähnen möchte, damit Sie es von der Grundhaltung her verstehen. Ich habe
Verständnis dafür, daß Sie als Mehrheit die Möglichkeit ausnützen wollen, Ihre Persönlichkeiten, Ihre
Politik intensiver unter die Bevölkerung zu bringen. Natürlich, aber auch hier gibt es einen Grundsatz.
Wenn wir nun 15 Millionen Schilling für die Öffentlichkeitsarbeit ausgeben, Herr Abg. Zimper - ich und
meine Kollegen der Regierungsfraktion verlangen keinen Schilling davon für uns -, ist es das mindeste
– ich will es laut sagen -, was wir erwarten können, selbst wenn der Herr Landeshauptmann allein
nach der Geschäftsordnung und der Verfassung zuständig und verantwortlich ist, uns wenigstens zu
zeigen, was über diese Arbeit geschrieben wird. Aber wenn jetzt der Herr Landeshauptmann oder ein
Beamter des Pressereferates darüber berichtet, was in diesem und jenem Referat geschehen ist, und
man es nicht einmal der Mühe wert findet - ich will gar nicht davon reden, daß diesmal ohnehin alles
der Landeshauptmann gemacht hat, das ist Ihr Problem - uns mit dem Text zu konfrontieren offensichtlich sind Sie der Ansicht, daß die 15 Millionen Schilling nicht nur von einem verwaltet
werden, sondern daß er auch machen kann, was er will -, dann werden wir uns halt über diese Frage
auseinandersetzen. Ich möchte das nur gesagt haben, damit der Schelm, als den Sie mich bezeichnet
haben, auch von dieser Seite erkenntlich ist.
Und das letzte, was ich bitte zu verstehen,
ist die Auseinandersetzung über Grundsatzfragen. Ich möchte hier noch einmal den Herrn
Landeshauptmann in aller Öffentlichkeit, wie ich das schon vor Monaten getan habe, aufordern, sich
selbst und mit seinen Freunden einmal zu stellen, weil wir es einfach undemokratisch finden, daß der
erste Repräsentant des Landes ungestraft behaupten kann, daß wir die Menschen entmündigen
wollen, daß wir die christlichen Substanzen unserer Gesellschaftsordnung zerstören, und stellt man
ihn dann, fordert man ihn, dann kneift er aus. Stellen Sie sich einer solchen Diskussion, einer
Konfrontation, wie es uns allen nur gut tut. (Lebhafter Beifall bei den Sozialisten.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt der Abg. Pospischil.
Abg. POSPISCHIL: Herr Präsident! hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wie schon so oft, so auch
heute, wurde wiederum ver- sucht, eine unmißverständliche Aussage bzw. die Aussagekraft, die mit
nachweisbaren Schwächen im Bereiche der EDV in Zusammenhang zu bringen ist, zu entstellen.
(Abg. Buchinger: Das hat niemand gesagt!) Ich habe ja gestern schon darauf aufmerksam gemacht,
daß heute eine Darstellung zu erwarten ist, die ganz einfach den Schluß zuläßt, in der Verwaltung, in
der EDV, sei sowieso alles in Ordnung. In einigen Fällen, meine Damen und Herren, habe ich
nachweisbare Schwächen in der Verwaltung, im besonderen aber im EDV-Bereich, feststellen
können.
Ich wollte keinesfalls den Eindruck erwecken, daß sich die Verantwortlichen in diesem Bereich nicht
anstrengen, nicht bemühen, und meine Vorwürfe sind auch keinesfalls gegen irgend jemanden in der
Beamtenschaft gerichtet. Meine Vorwürfe sind gerichtet gegen Unzukömmlichkeiten der
Gesamtorganisation, und das haben Sie auch, Herr Kollege Buchinger, irgendwie anklingen lassen –
nicht direkt zum Ausdruck gebracht. Sicherlich werden Sie das nicht tun, ist das nicht unbedingt Ihre
Aufgabe, aber Sie haben doch anklingen lassen, daß es in der Gesamtorganisation
Unzukömmlichkeiten gibt, daß man ihnen auf der Spur bleiben sollte, und daß man sich anstrengen
sollte, diese Unzukömmlichkeiten abzustellen. Ich möchte noch einmal betonen, daß sich sicherlich
auch die Beamten in diesem Bereich bemühen, aber diese Bemühungen - so stellen wir das fest - sind
nicht von Erfolg gekrönt, und wir treten in dieser Hinsicht auf der Stelle. Nicht anders ist es auch zu
erklären, daß es in einer Zeit von etwa 17 Jahren - und ich sage wiederum bewußt 17 Jahren, weil
man damals mit der elektronischen Datenverarbeitung angefangen hat - nicht gelungen ist, einfache
und selbstverständliche Arbeitsläufe der Verwaltung, wie wir das etwa in der Buchhaltung feststellen,
in die Gesamt-EDV zu integrieren.
Wir setzen uns, meine Damen und Herren, zur Wehr, wenn man versucht, uns in dieser Hinsicht zu
täuschen, wenn man nachweisbare Unzukömmlichkeit hinwegdiskutieren will. Wir sind es ja auch
gewohnt, daß ein Redner der ÖVP in diesem Zusammenhang dann selbstverständlich immer alles in
Ordnung findet. Darin, Kollege Buchinger, ist ja auch das Grundübel zu suchen, warum sich die
zuständige Abteilung aus der Lethargie, in der sie sich befindet, nicht befreien kann. Wenn Sie also
das Projekt verteidigen, wenn Sie Ihre Reden vom Vorjahr verteidigen, dann ist es menschlich
begreiflich. Ich kann das verstehen. Der Resolutionsantrag, dem wir die Zustimmung gegeben haben,
zu einem Projekt, das die Aufgabe hat, zu untersuchen, ob in anderen Anwendungsbereichen bereits
bestehende Programme verwendbar sind, hatte kein Ergebnis zur Folge. Sie können nichts
nachweisen. Sie haben auch heute in Ihrer Replik nichts nachweisen können, und ich behaupte, daß,
als ich die Frage im Finanzausschuß gestellt habe, eine echte Verlegenheit festzustellen war. Denn
wenn nur einige Fakten nachweisbar wären, dann - ich bin davon überzeugt - wären im
Tätigkeitsbericht über drei Seiten ausgedruckt worden. Aber nichts ist nachzulesen. Das heißt also:
Hier wird nur gesprochen, hier wird lautstark geredet, aber es geschieht dann sehr wenig.
Mein Vorschlag zu einer Kompetenzänderung sollte helfen, die Verkrampfung, die dem gesamten
Aufgabengebiet der EDV zukommt, zu lösen. Sie sind in Ihrer Replik darauf nicht eingegangen, Sie
haben ihn negiert. Ich möchte noch einmal sagen, dieser Vorschlag war gegen keine Person gerichtet,
das wollen wir auch gar nicht. Er sollte nur dazu beitragen, die Infrastruktur in der Landesverwaltung
zu bessern, was eben nur durch eine Koordinierung der Kompetenzen möglich ist. (Abg. Buchinger:
Wir haben gesagt, wir sind uns über viele Dinge einig!) Aber anscheinend wollen Sie auch von dem
nichts oder nicht viel wissen.
Die Grundlage hiefür sollte das mit Erfolg praktizierte Konzept der Datenverarbeitung der Salzburger
Landesregierung sein. Ich gebe Ihnen recht, daß es sicherlich auch dort Schwächen geben wird, und
ich gebe Ihnen recht, wenn Sie sagen, auch wir haben da und dort etwas nachzuweisen. Aber Sie
selber haben ja behauptet, sie sind uns um eine ganze Nasenlänge voraus. Das ist ja nichts
Schlechtes an und für sich, aber wenn man sich orientiert, informiert und wenn man also von den
anderen etwas übernimmt, so kann das ja auch kein Fehler sein.
Dieser unser Vorschlag ist ehrlich gemeint und soll nichts anderes zum Ziel haben, als die Zweiteilung
der Verwaltung zu verhindern. Aber leider, wie wir das hier schon erfahren haben, wird alles in
gewohnter Weise negiert, zerredet und abgelehnt. Von Zusam menarbeit, meine Damen und Herren,
wollenSie in dieser Hinsicht nicht viel wissen. Sie reden nur davon, Sie urgieren oft Vorschläge
unsererseits, und wenn diese kommen, werden sie dann letzten Endes auf dem Wege abgelehnt.
Sie dürfen aber nicht glauben, daß wir uns in unserem Bemühungen, Fakten der Unzukömmlichkeit,
gerade was die EDV betrifft, aufzuzeigen, durch Ihre Haltung und die Schützenhilfe, die Sie diesen
Unzukömmlichkeiten gegenüber leisten, abhalten lassen. Wir werden Ihnen auch nicht den Gefallen
tun, auf Ihre scheinbare Taktik, die Sie da in der letzten Zeit demonstrieren, sich immer als
Schlußredner aufzuspielen, und Ihre politischen Mätzchen, die Sie in diesem Zusammenhang
ausspielen, nicht zu antworten. Wir werden Ihre Halbwahrheiten, die Sie in diesem Zusammenhang
zum Ausdruck bringen, auch nicht zur Kenntnis nehmen.eine Damen und Herren! Sie sollten, gerade
was die Verwaltung anlangt, sich in diesem Unzukömmlichkeiten nicht ereifern, sondern die
Zusammenarbeit und die Vorschläge, die da kommen und die wir immer anbieten - in den letzten
Jahren haben wir das ständig getan -, überlegen, aufgreifen und zu dieser Zusammenarbeit bereit
sein. Nur so, glaube ich, werden wir aus der Sackgasse, in der wir uns in dieser Hinsicht befinden,
herauskommen. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt der Abg. Kaiser.
Abg. KAISER: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Landtages! Nachdem mich
Kollege Buchinger zitiert und einen eklatanten Betriebsterrorfall hier dargelegt hat, fühle ich mich doch
veranlaßt, dazu Stellung zu nehmen. Ich glaube, Kollege Buchinger, daß es sinnvoll gewesen wäre,
auch die zweite Seite anzuhören, denn es ist immer gefährlich, wenn man sich von einem
leidenschaftlichen Mann informieren läßt und dadurch, wie heute schon das Wort geprägt wurde, die
halben Wahrheiten in den Vordergrund treten. Ich werde in der Gruppe 7 noch gesondert auf diese
Thematik eingehen, möchte aber doch konkret den speziellen Fall mit aller Deutlichkeit klarstellen. Es
ist richtig, daß die besagte Person, Kollegin Fleck, im Schlauchsaal unserer Schlauchfertigung
gearbeitet hat und daß sie auf diesem Arbeitsplatz durch Rationalisierungsmaßnahmen (Zwischenrufe bei der ÖVP.) bitte Kollegen, laßt mich ausreden - mit anderen Frauen überzählig
geworden ist. Fünf Frauen sind überzählig geworden und alle fünf Frauen wurden, weil es in der Firma
eine Unterbeschäftigung von Frauen gibt - wir haben jetzt noch 95 Frauen, die freiwillig ausgesetzt
haben -, vorübergehend in Gelegenheitsarbeit beschäftigt. Unsere Firma ist aber bestrebt, diese Leute
nicht aus Verlegenheit zu beschäftigen, sondern dort einzusetzen, wo sie echt etwas verdienen und
wo echt produziert wird. Nur eines ist hier, meine Damen und Herren, in dem konkreten Fall zu
bedenken.
Als die Kollegin Fleck mit den anderen vier Leuten wegkommen sollte, ist der christliche Betriebsrat
zum Personalchef gegangen (Abg. Dr. Brezovszky: Das ist ein ÖVPler!) und hat erklärt: Das ist eine
von uns. Herr Personalchef, bitte, schauen Sie, daß diese Frau dort bleiben kann. Der Personalchef,
der im Semperitwerk Wimpassing tätig ist, macht aus seiner politischen uberzeugung kein Hehl. Er ist
ein ÖVPler, ist aber so korrekt, daß er immer wieder erklärt: Ich bemühe mich, keine Politik in die
Personalverwaltung von Semperit hineinzubringen, ich beurteile nach objektiven Gesichtspunkten.
Diese Kollegin Fleck war auch zum erstenmal auf der Kandidatenliste der christlichen Gewerkschafter.
Und da haben die Kollegen gemeint - es war nämlich nicht am Wahltag, lieber Kollege Buchinger,
sondern schon vierzehn Tage vor der Wahl -, hier schon einen Schutz für die Kollegin Fleck
herausinterpretieren zu können. Der Personalchef, nicht der sozialistische Betriebsrat, war es, der
erklärt hat, er könne hier keinen Unterschied machen. Der Kollege, der christliche Gewerkschafter
Reiterer, hat sich nicht darum gekümmert, was mit den vier übrigen Kolleginnen geschieht und wo sie
hinkommen, sondern er hat sich nur um die Kollegin Fleck gekümmert, weil sie Angehörige seiner
Liste gewesen ist. Hier, liebe Kolleginnen und Kollegen, überlasse ich es Ihnen zu urteilen, nach
welchem Rechtsempfinden von der christlichen Fraktion die Vertretung der Belegschaft betrieben
wird. (Abg. Dr. Brezovszky: Extrawürst wollt Ihr haben!)
Meine Damen und Herren! Ich kann verstehen, daß es einen gewissen Groll dieses Kollegen gibt, und
zwar deshalb, weil er schon mehrmals seine Darstellungen korrigieren mußte. (Abg. Dr. Brezovszky:
So wie der Zimper!) So wurden wir bezichtigt, einen Psychoterror im Betrieb zu betreiben. Wir wurden
bezichtigt, russische Methoden anzuwenden. Wir haben keine andere Wahl gehabt, als uns dagegen
zu wehren. Es mußte dann eine Entgegnung in dem damals noch existierenden Volksblatt, das in der
Zwischenzeit eingegangen ist, gebracht werden. Aber dabei ist es nicht geblieben, obwohl diese
Kolleginnen und Kollegen immer wieder sagen, man möge die Kirche im Dorf lassen - ja, wenn es um
ihre Anliegen geht. Aber wenn sie uns in der Öffentlichkeit in Mißkredit bringen können, dann
vergessen sie diesen Grundsatz, den sie uns immer wieder predigen.
Ich möchte auch sagen, daß es kürzlich zu einer Gerichtsverhandlung gekommen ist mit dem
Kollegen, der behauptet hat, Machtmißbrauch, Terror und ähnliches existiere. Er wurde zu 9.000
Schilling Geldstrafe oder 45 Tagen Arrest verurteilt.
Meine Damen und Herren! Was diese Kollegen unter Machtmißbrauch meinen, führen sie in der
Beweisführung an: Weil wir den Landeshauptmannstellvertreter Czettel in unseren Betrieb eingeladen
haben; weil die Frau Landtagsabgeordnete Tribaumer dabei gewesen ist weil der Nationalrat Samwald
dabei gewesen ist; weil auch der Bezirkssekretär der SPÖ dabei gewesen ist; weil auch der
Gewerkschaftssekretär dabei war und weil letzten Endes der Arbeiterkammersekretär dabei war. Und
weil wir diese Einladung in keiner Betriebsratssitzung beschlossen haben, wie wir das immer wieder
praktizieren, und diese Ankündigung für die Belegschaft auf das schwarze Brett, wo Betriebsrat
draufsteht, genagelt haben, hat man das als Machtmißbrauch hingestellt. Das erklären die Kollegen
der christlichen Fraktion als Machtmißbrauch in einem Betrieb, wo es 15 : 1 : 1 steht. (Abg. Romeder:
Laot halt die Schwarzen auch dorthin!) Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind nur kleine
Auszüge davon, was sich auf diesem Gebiet abspielt und von wo man Betriebsterror und
Machtmißbrauch ableiten möchte. Ich möchte zum Abschluß kommen und noch eines vermerken: Wie
weit man sich zu politischem Fanatismus gegen uns hinreißen läßt, zeigt, daß es niemand geringerer
war als Vertreter des ÖAAB in unserem Betrieb, die einal zum Vorstand des Unternehmens gefahren
sind und gesagt haben: Liebe Herren des Vorstandes, gesteht doch den sozialistischen Betriebsräten
nicht immer so viele Dinge für die Belegschaft zu, denn wir werden nie ins Rennen kommen, wenn die
Sozialisten immer Erfolge nach Haus bringen. (Abg. Dr. Brezovszky: Das sind Arbeitnehmervertreter!)
Ich glaube, meine Damen und Herren, das ist die Krönung dessen, was man eigentlich in einem
politischen Fanatismus betreiben kann. Anstatt sich zu bemühen, gewisse Dinge gemeinsam zu
überlegen - sicherlich bei Beibehaltung der politischen Standpunkte -, haben Sie, wenn es um
Anliegen der Belegschaft, um betriebliche Dinge geht, immer wieder abgelehnt und resigniert. Da muß
es doch auf vielen Wegstrecken einen gemeinsamen Weg geben.
Deshalb, meine Damen und Herren, möchte ich das mit aller Deutlichkeit sagen und dem Kollegen
Buchinger einen freundschaftlichen Rat geben. Ich werden den Nachweis, wie die Dinge wirklich
gelaufen sind, noch vom Personalchef bestätigt bekommen. Aber das ist nur eine Vorwegnahme.
Mein freundschaftlicher Rat: Wenn Sie schon solche Dinge in den Raum stellen, dann bitte
überzeugen Sie sich von der Wirklichkeit, und wir werden uns sicherlich in bestimmten Fragen, wo wir
geteilter Auffassung sind, ausreden können und einen gemeinsamen Weg finden. Danke. (Beifall bei
der SPÖ.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt der Abg. Präsident Binder.
Abg. Präsident BINDER: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe gestern
bezüglich der Zuweisung der Bundesertragsanteile durch die Bezirkshauptmannschaften an die
Gemeinden einen Antrag eingebracht, verbunden mit der Bitte, ihm zuzustimmen, und zwar in der
Richtung, daß die Ertragsanteile künftighin durch das Land direkt an die Gemeinden angewiesen
werden. Nach Rücksprache mit einigen Kollegen möchte ich Sie bitten, zur Kenntnis zu nehmen, daß
ich den gestern eingebrachten Antrag zurückziehe und einen modifizierten Antrag einbringe. Ich
ersuche, diesem die Zustimmung zu geben. Und zwar lautet er:
,,Resolutionsantrag
des Abg. Präsident Binder zur Gruppe 0 des Voranschlages des Landes Niederösterreich,
Landtagszahl 300.
Die Landesregierung wird ersucht, Überlegungen anzustellen, ob und inwieweit unter
Berücksichtigung aller rechtlichen und finanztechnischen Fakten in Hinkunft die den Gemeinden
zustehenden Ertragsanteile unmittelbar angewiesen werden können."
Damit im Zusammenhang bitte ich die Landesregierung, sehr rasch zu prüfen, ob diese Ertragsanteile
direkt angewiesen werden können. Abschließend nochmals mein Ersuchen, diesem Antrag die
Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt der Abg. Dr. Brezovszky.
Abg. Dr. BREZOVSZKY: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zu den Resolutionsanträgen
namens meiner Fraktion kurz Stellung nehmen, vorher aber noch zu zwei Dingen etwas sagen. Der
Abg. Zimper hat gestern drei Behauptungen aufgestellt. Er mußte heute von dieser Stelle aus drei
Behauptungen berichtigen und (Abg. Zimper: Statt 60 80 Millionen!) so, wie er gestern uninformiert
war, so ist er es in den meisten Fällen. Daher ist es auch verständlich, daß man seine Darstellungen
hier und in der Öffentlichkeit – ich rede sehr viel mit Journalisten - entsprechend beurteilt. Schauen
Sie, er hat sich dreimal berichtigt und selbst den Beweis geliefert, was man von seinen Behauptungen
zu halten hat. (Abg. Buchinger: Er hat sich nur einen Posten angeschaut. Er hat gar nicht gewußt, daß
es drei sind!)
Herr Kollege Buchinger, Sie haben den Abg. Leichtfried zuerst irgendwie zitiert und hier erklärt, er
hätte ein Interview gegeben. Der Abg. Leichtfried hat von dieser Stelle aus die NÖN, die keine
sozialistische Zeitung sind, zitiert, daß die NÖN, also die Nachtrichten des katholischen
Pressevereines aus St. Pölten, behauptet haben, im Lande Niederösterreich drohe eine negative
Auslese. Sie haben erklärt, er hätte das dem Redakteur hier gesagt. Auch das möchte ich hier
richtiggestellt haben. Im übrigen, als ich zu Bundesproblemen Stellung genommen habe, hat der
Kollege Anzenberger den Zwischenruf gemacht: Er redet zur Bundessachen. Der Kollege Buchinger
hat den Landesproblemen praktisch nur einen Bruchteil der Zeit gewidmet und hat nur von
Bundespolitik gesprochen, um von den Landesproblemen abzulenken. (Abg. Buchinger: Nicht um
abzulenken, sondern um aufzuzeigen, wie es ist, wo Sie die Verantwortung tragen!) Schauen Sie,
Herr Kollege Buchinger, ich bin seit 25 Jahren im Bundesdienst, ich kenne die Dinge sehr genau, vor
allem was sich in der Zeit von 1966 bis 1970 in unserem Ressort abgespielt hat. (Abg. Buchinger:
Was hat sich denn dort von 1945 bis 1966 abgespielt?) Ich möchte hier nur zum Antrag des
Abgeordneten (Abg. Anzenberger: Justizministerium, Innenministerium! - Präsident Dipl.-Ing. Robl gibt
das Glockenzeichen.) Manndorff, folgendes berichten: Gestern hat der Herr Abg. Manndorff einen
Resolutionsantrag eingebracht, und zwar bezüglich der Belastung des Transportverkehrs. Wir, bzw.
unser Sprecher, der Abg. Leichtfried, hat mit dem Klubobmann der Österreichischen Volkspartei,
Kellner, über die Abänderung dieses Antrages eine Vereinbarung getroffen. Es waren sich beide
Fraktionen gestern abend einig, und wir haben dann erklärt, wir würden diesem gemeinsam
abgeänderten Antrag die Zustimmung geben.
Heute früh hat der Klubobmann der Österreichischen Volkspartei erklärt, diese Vereinbarung könne
seitens der Volkspartei nicht eingehalten werden. Die Volkspartei habe sich das anders überlegt und
einen neuen Abänderungsantrag eingebracht, dem wir, nachdem hier schon vorher eine Vereinbarung
bestanden hat, nicht zustimmen konnten.
Wir können daher dem Resolutionsantrag des Abg. Manndorff nicht die Zustimmung geben. Allen
übrigen Resolutionsanträgen geben wir die Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt der Abg. Ing. Kellner.
Abg. Ing. KELLNER: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich
möchte ebenfalls zu den Anträgen noch kurz Stellung nehmen und einen Eindruck, den der Herr Dr.
Brezovszky in den Raum gestellt hat und der halt wieder in dieses Klischee paßt, gegen das man sich
hier zur Wehr setzen will, nämlich, daß zwischen dem Kollegen Leichtfried und mir eine Vereinbarung
bezüglich einer Abänderung bei der Belastung im Bereich des Lkw-Dienstes bestanden hätte,
klarstellen.
Kollege Leichtfried ist gestern zu mir gekommen, und wir haben, wie das üblich ist - darf ich festhalten
-, darüber gesprochen, daß es der SPÖ möglich wäre, bei einer Formulierungsänderung diesem
Antrag beizutreten. Er hat mir diese Formulierungsänderung gegeben. Ich habe sie im kleinen Kreis
abgesprochen und habe ihm gesagt, ich könnte mir vorstellen, daß wir uns in dieser Richtung einigen.
Nachdem ja noch gar nichts passiert war, weil das Kapitel noch nicht abgeschlossen ist, bin ich heute
in der Früh wieder zu ihm gegangen und habe einen anderen Text, einen erweiterten Text,
vorgeschlagen. Kollege Leichtfried hat erklärt - auch nach Beratung -, daß Sie diesem erweiterten
Text nicht zustimmen können. Daher bleibt alles beim alten. Ich verstehe also nicht, warum es nicht
möglich sein soll, in einem persönlichen Gespräch, wie Landesrat Bierbaum sagt, man wird doch noch
gescheiter werden dürfen, Dinge, die doch um Gottes Willen nicht mit Brief und Siegel im Raum
stehen, noch abzuändern. Das möchte ich nur klar und deutlich sachlich darstellen. Damit hier nicht
vielleicht der Eindruck entsteht, wir von seiten der Österreichischen Volkspartei wären wortbrüchig dort, wo wir ein Wort überhaupt nicht gegeben haben.
Zu den Anträgen 8 und 9, die eingebracht wurden. Es handelt sich um den Antrag des Dr. Brezovszky,
wonach die Landesregierung aufgefordert wird, jährlich einen Bericht über die Verbände zu geben,
ähnlich dem Kulturbericht. Ich darf festhalten, daß weder der Kulturbericht noch andere Detailberichte
von Referaten, die wir bekommen, auf Grund von Landtagsaufforderungen abgemacht werden,
sondern daß uns die Landesregierung auf der einen Seite einen jährlichen Tätigkeitsbericht zur
Verfügung stellt und daß andererseits jedes Regierungsmitglied verpflichtet ist, der Regierung
halbjährlich über ihren Tätigkeitsbereich zu berichten. Wir sehen daher die Notwendigkeit dieses
Antrages nicht ein und werden ihm nicht unsere Zustimmung geben.
Bezüglich des Antrages, der von Herrn Dr. Brezovszky, betreffend die Geschäftseinteilung, gestellt
wurde und zu dem, was der Herr Landeshauptmannstellvertreter Czettel hier gesagt hat, daß nämlich
der Herr Landeshauptmann, obwohl er zuständig ist, aufgefordert wird, wenn er etwas unternimmt,
andere Regierungsmitglieder zu kontaktieren, darf ich nur in aller Sachlichkeit darauf hinweisen, daß
wir in ähnlich gelagerten Fällen durchaus die Ressortzuständigkeit, die auf Grund einer
Parteienvereinbarung – das darf ich auch festhalten - zu Beginn der Legislaturperiode hier fixiert
wurde, eingesehen haben.
Ich darf darauf hinweisen, daß meiner Auffassung nach der Herr Landeshauptmannstellvertreter
Czettel im Bereich des Naturschutzes mit Recht seine Zuständigkeit reklamiert hat. Ich darf aber
bitten, im gleichen Zusammenhang auch die alleinige Zuständigkeit des Herrn Landeshauptmannes
zu berücksichtigen und sehe daher keinen Anlaß, daß unsere Fraktion dem gestellten Antrag beitritt.
(Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt der Herr Landeshauptmann Maurer.
Landeshauptmann MAURER: Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich
zu Wort gemeldet, damit nicht einige Feststellungen, die hier getroffen wurden, unwidersprochen im
Raume stehen bleiben oder zumindest, daß darauf nicht Bezug genommen wurde. Bitte ein Wort zur
Öffentlichkeitsarbeit. Es wird jeder zugeben, daß die Mittel, die bisher für diesen Zweck im
niederösterreichischen Landesbudget zur Verfügung standen, bei weitem nicht ausreichten, um der
Bevölkerung auch einigermaßen eine Information zu geben. Ich glaube, diese Verpflichtung haben
wir. Es ist aber nicht so, wie das hier in der Hektik, die ich bei der heurigen Budgetberatung feststelle,
zum Ausdruck gekommen ist, daß nämlich ÖVP-Politik betrieben wird. Wir sind als Regierung
verpflichtet, die Anträge, die das Hohe Haus hier beschließt, der Öffentlichkeit in geeigneter Form zur
Kenntnis zu bringen. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht, und es gibt hier manche Vorbilder. Ein
Wort dazu.
Seit Jahren verfolge ich die Informationstätigkeit der Gemeinde Wien. Sie haben in letzter Zeit, so
auch hier von diesem Rednerpult, viel von einem sogenannten Personenkult gesprochen, der in
letzter Zeit in Niederösterreich betrieben worden sei. Es sind Aussprüche gefallen, die darin gipfeln,
ich hätte meine Stellung für parteipolitische Zwecke mißbraucht. Dabei bin ich als Landeshauptmann
natürlich auch Parteiobmann der Österreichischen Volkspartei – durchaus eine Selbstverständlichkeit
in einem demokratischen Land. Aber anscheinend gelten in anderen Bundesländern andere
Maßstäbe.
Ich bitte Sie, sich ,,Wien aktuell" zur Hand zu nehmen. Sie sehen darin die Vorstellung der neuen
Stadträte. Vielleicht fällt Ihnen hier doch einiges in der Darstellung auf. Oder nehmen Sie sich dann
vielleicht die letzte Wiener Wandzeitung zur Hand. Es wird Ihnen wahrscheinlich auch hier einiges
auffallen, obwohl in keiner Weise irgendwo eine markante Jahreszahl der Tätigkeit aufscheint.
Vielleicht sehen Sie auch, daß Stadträte so ganz klein nebenbei auch irgendwo mit voranden sind aber machen Sie sich selbst Ihr Bild.
Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen das jetzt nicht nur aus den letzten Monaten, sondern aus
einer früheren Zeit bringen. Erinnern Sie sich: Im Ausschuß habe ich Ihnen einige Male solche Dinge
vorgelegt, aktuell zu einer Zeit, wo es gemeinsame Amtsführende Stadträte in Wien gegeben hat, aber
die Darstellung war die ganze Zeit hindurch nicht anders. Dies allerdings nicht mit drei, vier oder fünf
Millionen Schilling im Jahr, sondern mit einem unerhörten Personalaufwand und dazu mit -zig
Millionen Schilling, die dafür zur Verfügung standen. Ja, so liegen die Dinge, und hier mögen Sie
selbst urteilen. Ich glaube, diese Öffentlichkeitsarbeit sind wir der Bevölkerung von Niederösterreich
schuldig, und niemand wird bestreiten, daß ich nach der Parteienvereinbarung der Referent halt doch
dafür bin. Wir haben heute in der Regierung darüber gesprochen. Ich glaube, daran ist nicht zu rütteln.
Über die Form der Mitwirkung kann man mit mir reden, wenn Sie gewisse Vorstellungen präzisieren.
Das habe ich auch heute in der Regierung gesagt.
Ein zweites. Die Personalpolitik und die Ankündigung von Herrn Landeshauptmann Stellvertreter
Czettel. Er hat vorgeschlagen, einen sozialistischen Bezirkshauptmann zu installieren. Bitte, bisher
sind diese von mir nicht nach parteipolitischen Grundsätzen vorgeschlagen worden.
(Landeshauptmannstellvertreter Czettel: Das glaubst aber selbst nicht!) Ein Arigehöriger des Hohen
Hauses oder irgendein Journalist soll zu mir kommen und sagen, daß ich einmal erklärt hätte, die
Vorschläge der Landesregierung nach parteipolitischen Grundsätzen zu erstatten. (Heiterkeit bei der
SPÖ.) Ja, Sie mögen lachen, aber Sie wollen nach parteipolitischen Grundsätzen einen Vorschlag
erstatten! Im vergangenen Jahr war es dasselbe. Ich sage Ihnen von dieser Stelle ganz offen: Ich
habe bereits heute meine Vorstellungen und Vorschläge für die Landesregierung bezüglich der
Besetzung der frei werdenden Bezirkshauptmannschaften. Natürlich. Ich bitte, mir Ihre Vorstellungen
dann bekanntzugeben. Ich werde prüfen, wieweit sie zu verwirklichen sind, aber nach den
Grundsätzen, die ich bisher als Erfordernis für die Besetzung einer solchen Stelle erstellt habe. Das
sage ich ganz frei und offen hier im Hohen Haus. Und ein drittes.
Wir sind also eine kollegiale Regierung. Der Landeshauptmannstellvertreter hat davon gesprochen, er
hat es nur ganz am Rande erwähnt. Er hat aber nicht von der totalen Konfrontation gesprochen, die
man vor kurzem bei einer Pressekonferenz, wenn man den Mitteilungen der Journalisten Glauben
schenken darf, angekündigt hat. (Landeshauptmannstellvertreter Czettel: Zitiere mich auch!) Nein, ich
zitiere Dich nicht. Ich zitiere die Presse, und ich zitiere Gespräche, die ich mit Journalisten über eine
totale Konfrontation geführt habe. Hier ist ein Punkt, meine Damen und Herren von der Linken - ich
habe es heute auch den Regierungsmitgliedern gesagt -, wo man mir sagen muß, was totale
Konfrontation heißt. Wenn es eine Konfrontation ist, die Dinge in der Öffentlichkeit zu diskutieren, bin
ich jederzeit bereit. Wenn es aber etwas anderes heißen sollte, dann müßte man uns das zeitgerecht
sagen, denn darauf müßte man sich einstellen.
Herr Landeshauptmannstellvertreter Czettel, ich habe gesagt, daß ich Deine Antwort entgegennehme,
nur soll es hier nicht unausgesprochen bleiben, weil es auch für die Presse sehr wesentlich ist, was
damit gemeint ist. Man ist sofort zu mir gekommen und hat gefragt, na wie ist denn das? (Abg.
Leichtfried: Sie haben sich auf die Presse berufen!) Das ist etwas anderes.
Herr Klubobmann, darf ich Ihnen folgendes sagen: Die Presse fragt mit Recht sofort, ob das eine
echte Opposition sein soll, die zugleich mit einer Regierungsverantwortlichkeit betraut ist, oder wie
sonst die Dinge liegen. Was soll ich antworten? Sie haben es mir gesagt. Bitte sehr, das nehme ich
zur Kenntnis. Nun zu dieser speziellen Diskussion. Man kann Forderungen stellen, meinetwegen
Herausforderungen. Nur glaube ich letztlich, Sie wissen ganz genau, daß ich mich noch keiner
Diskussion entzogen habe. Auch mit höchsten Regierungspersönlichkeiten andernorts bin ich bereit
zu diskutieren, nur den Zeitpunkt lasse ich mir nicht diktieren, weder vom politischen Gegner noch von
einem Presseorgan. Der Zeitpunkt muß vereinbart werden, und dieser wird wahrscheinlich sehr bald
kommen, wo ich gerne bereit sein werde, mit jedem, der es haben will, in der Öffentlichkeit über die
Vorstellungen oder den Unterschied, der in der heutigen Zeit zwischen den beiden großen Parteien
besteht, zu diskutieren. Nach meinen Feststellungen ist ja leider verschiedenes bereits
verschwommen. Ich sehe mit einigem Unbehagen, daß diese Dinge möglicherweise auf die
Gesellschaftsordnung und deren Veränderung einwirken und zweitens auch auf mögliche
Einschränkungen der persönlichen Freiheit. Es ist interessant, diese Dinge in der Öffentlichkeit zu
diskutieren. Und dazu - Herr Landeshauptmannstellvertreter, das möchte ich abschließend hier
erklären - werde ich zum geeigneten Zeitpunkt gerne bereit sein. (Lebhafter Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. DIETTRICH: Ich verzichte.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zur Abstimmung liegt vor die Gruppe 0 Vertretungskörper und
allgemeine Verwaltung, sowie zehn Resolutionsanträge. Ich bitte den Berichterstatter, nunmehr den
Antrag zu der Gruppe 0, Vertretungskörper und allgemeine Verwaltung, ordentlicher Teil und
außerordentlicher Teil, zu stellen.
Berichterstatter Abg. DIETTRICH: Ich stelle den Antrag, die Gruppe 0, Vertretungskörper und
allgemeine Verwaltung, mit Einnahmen im ordentlichen Teil des Voranschlages von 291,663.000
Schilling und Ausgaben von 2.135,537.000 Schilling sowie Ausgaben im außerordentlichen Teil von
41,905.000 Schilling zu genehmigen.
PRÄSIDENT Dip1.-Ing. ROBL: Wir gelangen zur Abstimmung. (Nach Abstimmung über die Gruppe 0,
Vertretungskörper und allgemeine Verwaltung, ordentlicher Teil und außerordentlicher Teil in
Erfordernis und Bedeckung): Angenommen.
Wir kommen nun zur Abstimmung über die Resolutionsanträge.
(Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag eins des Abg. Bieder, betreffend ein Gesetz über die
Ausschreibung von Dienstposten): Abgelehnt.
(Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag Nummer zwei des Abg. Reiter, betreffend
Untersuchung des Systems des geltenden Finanzausgleiches): Angenommen.
(Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag drei des Abg. Wiesmayr, betreffend die Zuteilung von
Beamten der Verwendungsgruppe A an das Kontrollamt): Abgelehnt.
(Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag vier des Abg. Wiesmayr, betreffend die Änderungen
der Satzungen der Niederösterreichischen Landes-Hypothekenanstalt): Abgelehnt.
(Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag fünf des Abg. Manndorff, betreffend ein
Beförderungssteuergesetz): Angenommen.
(Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag sechs des Abg. Zimper, betreffend die finanzielle,
personelle und technische Ausstattung des Landesstudios Niederösterreich): Angenommen.
Der Resolutionsantrag sieben des Abg. Binder, betreffend die Überweisung der Ertragsanteile
unmittelbar an die Gemeinden, wurde zurückgezogen.
(Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag acht des Abg. Dr. Brezovszky, betreffend Vorlage
eines jährlichen Berichtes über die Förderung an Verbände und Vereine): Abgelehnt.
(Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag neun des Abg. Dr. Brezovszky, betreffend das
Presse- und Informationswesen): Abgelehnt.
(Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag zehn des Abg. Binder, betreffend die unmittelbare
Anweisung der Ertragsanteile an die Gemeinden): Angenommen.
Ich ersuche den Berichterstatter Abg. Dietrich zur Gruppe 1, Öffentliche Ordnung und Sicherheit,
ordentlicher Teil, zu berichten.
Berichterstatter Abg. DIETTRICH: Die Gruppe 1, Öffentliche Ordnung und Sicherheit, beinhaltet
ordentliche Ausgaben in der Höhe von 67,925.000 Schilling und Einnahmen von 13,435.000 Schilling.
In diese Gruppe fallen Einnahmen und Ausgaben für FeuerwehrWesen, Katastrophenhilfsdienst und
Landesverteidigung. Der perzentuelle Anteil dieser Gruppe am Ausgabenvolumen des ordentlichen
Teiles des Voranschlages beträgt 0,5076. (Dritter Präsident Reiter übernimmt den Vorsitz.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt der Abg. Zauner.
Abg. ZAUNER: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir wenden uns
jetzt einem Kapitel zu, wo es ruhiger wird, (Dritter Präsident Reiter gibt das Glockenzeichen.) wo sich
die Gemüter wieder etwas abregen, und wenn es nicht sein sollte, dann rufe ich die Feuerwehr.
(Heiterkeit.) Im Voranschlag des Bundeslandes wird unter der Voranschlagsstelle 1.1 die öffentliche
Ordnung und Sicherheit und im besonderen wiederum das Feuerwehrwesen, Brandbekämpfung,
Brandverhütung, Katastrophenhilfsdienst und Zivilschutz, behandelt. Eine ziffernmäßige Darstellung
erfolgte durch den Berichterstatter und erübrigt sich daher meinerseits. Insgesamt kann man
feststellen, daß die Voranschlagssumme gegenüber dem Vorjahr um 8,620.000 Schilling höher
veranschlagt wurde und diese einer Steigerung von rund 15 ?6 gleichkommt.
Im Tätigkeitsbericht des Landes-Feuerwehrverbandes ist festgehalten, daß in Niederösterreich rund
67.000 Feuerwehrkameraden registriert sind; davon sind rund 55.000 aktive Feuerwehrmänner und
rund 12.000 Feuerwehrmänner in Reserve. Diese Feuerwehrmänner sind in 1.680 Freiwilligen
Feuerwehren und in 89 Betriebsfeuerwehren organisiert. Die 1.769 Feuerwehren werden von
insgesamt 21 Bezirksfeuerwehrkommanden betreut.
Außerdem besitzen diese Feuerwehren 2.020 Kraftfahrzeuge. Der Wagenpark besteht aus 500
Tanklöschfahrzeugen, 453 leichten Löschfahrzeugen, 521 Kleinlöschfahrzeugen und 546
Kraftfahrzeugen. Auch die übrigen Gerätschaften, wie Tragkraftspritzen, Druckschläuche und anderes,
konnten im Berichtszeitraum wieder vermehrt und verbessert werden. Für den Wasserdienst stehen
151 Rettungszillen und 31 Motorboote zur Verfügung. Zur Nachschaffung und Erneuerung sowie
Vermehrung der Einsatzgeräte wurden im abgelaufenen Jahr von den Gemeinden und Betrieben
77,913.395 Schilling aufgebracht, das heißt also, rund 78 Millionen Schilling. Von den Feuerwehren
selbst wurden ebenfalls 77,206.797 Schilling bereitgestellt. Für die Eigenmittelaufbringung unserer
Feuerwehren, Um die Nachschaffungen in dieser Höhe zu ermöglichen, glaube ich, gebührt ihnen von
der Öffentlichkeit besonderer Dank.
Sehr geehrte Damen und Herren! Für den Feuerlösch- und Bergedienst stehen uns die überörtlichen
Einsatzeinheiten, und zwar die des F- und B-Dienstes, zur Verfügung. Diese Einheiten bestehen aus
vier F- und B-Abteilungen mit 21 Bereitschaften, und zwar gibt es in jedem Bezirk eine derartige
Bereitschaft mit 86 F- und B-Bezügen, Welche voll ausgerüstet sind.
Im Rahmen des F- und B-Dienstes wurde der Nachrichtendienst des Niederösterreichischen
Feuerwehrkommandos ausgebaut und umfaßt derzeit 44 Fixstationen im Dauerbetrieb, und 39
Fixstationen können bei Bedarf in Betrieb genommen werden. Weiters stehen 47 Geräte in
Funkleitstellen bzw. in F- und B-Abteilungskommandofahrzeugen zur Verfügung. Darüber hinaus
besitzen unsere Feuerwehren rund 1.400 Fahrzeugfunkgeräte und 351 Handfunkgeräte. Das
Landeseinsatzkommando hat in der Landes-Feuerwehrschule eine Befehlsstelle. Die Spezialeinheiten
des F- und B-Dienstes, und zwar der Sprengdienst, der Tauchdienst, der Strahlenschutzdienst und
der Sanitätsdienst, werden immer wieder benötigt und vollbringen bei Einsätzen große Leistungen.
Damit, meine sehr geehrten Damen und Herren, komme ich zu den Einsätzen, und gerade heute ist
mir eine Zeitungsmeldung aufgefallen, wo als Überschrift steht: ,,Gift unter Kontrolle, Marsmänner der
Feuerwehren waren im Einsatz". Irgendeine Firma hat auf einem Müllablagerungsplatz Giftbehälter,
wie in dem Artikel berichtet wird, im Finstern abgelagert, und man ist dann daraufgekommen, daß es
sich um hochbrisantes Gift handelt und schon kleine Mengen zum Tod führen können.
Feuerwehrmänner in gasdichten Anzügen haben dieses Gift geborgen, und es wird nunmehr
festzustellen sein, wer der ubeltäter gewesen ist. Man sieht daraus, zu welchen Aufträgen die
Feuerwehr gerufen wird.
Das Jahr 1976 begann ja sehr stürmisch. Kaum war die Neujahrsnacht vorüber, kam es in weiten
Teilen unseres Bundeslandes zu orkanartigen Stürmen, und unsere Freiwilligen Feuerwehren mußten
unverzüglich alarmiert werden, und an die Schadensorte eilen. Besonders war zuerst der südliche Teil
unseres Bundeslandes, und zwar die Bezirke Baden, Mödling, Neunkirchen und Wr. Neustadt,
betroffen. Spitzengeschwindigkeiten bis zu 145 Stundenkilometern wurden gemessen. In der Nacht
zum 3. 1. wurde der Bezirk Amstetten und in den Morgenstunden des 4. 1. der Bezirk Zwettl
besonders betroffen. Tausende von Bäumen wurden wie Streichhölzer geknickt, entwurzelt und
umgeworfen, Dächer wurden abgehoben und anderes mehr. Auch die Bundeshauptstadt blieb nicht
verschont und niederösterreichische Feuerwehren leisteten bei 62 Einsätzen nachbarliche Hilfe.
Im Jahre 1976 wurde unser Planet durch viele schwere Erdbeben erschüttert. Am 6. Mai wurde unser
Nachbarland Italien, und zwar in der Region Friaul-Julisch, durch schwere Erdstöße stark verwüstet.
In diesen fürchterlichen Maitagen eilten österreichische Feuerwehren zum ersten gemeinsamen
Auslandseinsatz, um der verzweifelten Bevölkerung dieses Gebietes zu helfen. Die Hilfeleistung
bestand in erster Linie in der Versorgung mit einwandfreiem Trinkwasser. Für diese Leistungen
gebührt allen an den Einsätzen Beteiligten besonderer Dank und Anerkennung. Aber außer diesen
großen Einsätzen mußten hunderttausende freiwillige unbezahlte Einsatzstunden geleistet werden,
galt es doch, bei 2.900 Bränden und 15.600 technischen Einsätzen auszurücken. Diese großen
Leistungen verdienen es, in der Öffentlichkeit aufgezeigt zu werden, und ich darf nochmals allen
Feuerwehrkameraden und den Bediensteten der Landes-Feuerwehrschule im eigenen Namen und im
Namen der Kollegen recht herzlich danken. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um diesen großen Anforderungen gerecht zu werden, ist es
notwendig, daß alle Feuerwehrmänner entsprechend geschult und ausgebildet werden. Im Jahre 1975
besuchten in 182 Lehrgängen 7.626 Feuerwehrkameraden die Landes-Feuerwehrschule. Darüber
hinaus werden durch die laufenden Leistungsbewerbe zehntausende Feuerwehrmänner auf das beste
ausgebildet. Diese Leistungsbewerbe sind nicht nur ein friedlicher Wettstreit, sondern dienen der
Ausbildung, und es wird damit die Einsatzbereitschaft und die Schlagkraft unserer Wehren wesentlich
gehoben. Bei den 19. Feuerwehrleistungswettbewerben in GOIS bestanden weitere 179 Kameraden
die schwere Prüfung. Unser Bundesland besitzt nunmehr rund 2.600 Feuerwehrkameraden mit
Reifeprüfung, das heißt, daß sie im Feuerdienst vorzüglich ausgebildet sind. Vom 2. bis 4. Juli fanden
in der Statutarstadt Waidhofen an der Ybbs die 26. Feuerwehrleistungsbewerbe statt, und zwar unter
äußerst schweren Bedingungen, hieß es doch damals, es sei eine Hitzeschlacht. Trotzdem hatten
diese eine Rekordbeteiligung mit über zehntausend Feuerwehrkameraden.
In der Zeit vom 8. bis 10. Juli fanden die vierten Jugendfeuerwehrleistungsbewerbe in Perchtoldsdorf
mit rund 600 Teilnehmern statt. Auch die Jugendlichen strengten sich sehr an und konnten 477
Wettkampfabzeichen in Silber und 207 Wettkampfabzeichen in Bronze erringen.
Die 20. Landeswasserwehrleistungsbewer-be fanden in Ybbs an der Donau statt, und zwar in der Zeit
vom 10. bis 12. Dezember. Das Starterfeld mit über 800 Zillenbesatzungen stellte ebenfalls eine neue
Rekordbeteiligung dar.
Und als letzter Bewerb in diesem Jahr fand vom 22. bis 24. Oktober der zweite Funkleistungsbewerb
statt. 310 Kameraden konnten das gesteckte Ziel erreichen. Allen Feuerwehrkameraden sei ein
herzlicher Dank für die Ausbildungsbereitschaft ausgesprochen und den Siegern der einzelnen
Bewerbe herzlichst gratuliert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 28. April dieses Jahres wurden Dipl-Ing. Heger als
Landesfeuerwehrkommandant und Sepp Kast als Landesfeuerwehrkommandant-Stellvertreter bei den
Neuwahlen in ihren Funktionen bestätigt. Leider ereilte uns Ende Juli die traurige Nachricht, da8 unser
Landesfeuerwehrkommandant Dip1.-Ing. Heger am 25. Juli von dieser Welt abberufen wurde. Ein
Vierteljahrhundert, 25 Jahre, von 1951 bis 1976, war Dip1.-Ing. Heger ein vorbildlicher
Feuerwehrkamerad in allen seinen Funktionen, und zwar vom Ortskommandanten bis zum
Landesfeuerwehrkommandanten. Darüber hinaus wurde er 1972 zum Präsidenten des
Bundesfeuerwehrverbandes und 1974 zum Vizepräsidenten des Internationalen Feuerwehrverbandes
gewählt. Wir wollen dem verewigten Landesfeuerwehrkommandanten nochmals herzlich danken und
werden stets in Ehre seiner gedenken.
Hoher Landtag! Am 3. September 1976 fand nunmehr die notwendig gewordene Neuwahl statt, und
es wurde einstimmig unser bisherer Landesfeuerwehrkommandant-Stellvertreter Sepp Kast zum
neuen Landesfeuerwehrkommandanten gewählt. Bei Antritt seines Amtes erklärte der neugewählte
Landesfeuerwehrkommandant Sepp Kast, daß er die niederösterreichischen Feuerwehren gerecht,
demokratisch und kameradschaftlich führen werde. Zur gleichen Zeit wurde Oberbrandrat Erwin
Nowak aus Krems zum Landesfeuerwehrkommandant-Stellvertreter gewählt. Wir gratulieren zur
einstimmigen Wahl und wünschen dem neuen Führungsduo viel Erfolg bei seiner schweren Aufgabe.
(Beifall bei der SPÖ.)
Zum Schluß möchte ich nochmals allen Feuerwehrkameraden und Feuerwehrchargen für ihre
aufopferungsvolle Tätigkeit im Namen aller recht herzlich danken und die Bitte anschließen, auch in
Zukunft immer einsatzbereit zu sein.
Hoher Landtag! In diesem Zusammenhang gestatten Sie mir auch ein paar herzliche Dankesworte an
unser Rotes Kreuz, das auch im abgelaufenen Berichtszeitraum in unserem eigenen Bundesland sehr
große Leistungen erbracht hat und darüber hinaus auch wieder über die Staatsgrenzen hinweg Hilfe
leistete. Die Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft, der Exekutive, der Feuerwehr und anderen
Organisationen kann als vorbildlich bezeichnet werden. Durch die gute Organisation und
Zusammenarbeit ist es möglich, verunglückten und kranken Menschen immer rasch Hilfe angedeihen
zu lassen. Auch auf dem Gebiete der Ausbildung, und zwar werden unsere Mitmenschen in den ErsteHilfe-Kursen ausgebildet, weiters werden auch viele Führerscheinwerber für den Führerscheinerwerb
ausgebildet bzw. entsprechend vorbereitet. Die vielen tausenden freiwilligen Mitarbeiter tragen aber
auch dazu bei, daß hundertausende Schilling wiederum durch Veranstaltungen und Versammlungen
aufgebracht werden. Dadurch wird es möglich, auch entsprechende Neuanschaffungen und
Nachschaffungen auf dem Gebiete des Rettungswesens zu tätigen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Allen diesen freiwilligen Helfern sei ebenfalls herzlichst
gedankt. Abschließend seien auch noch der Arbeiter-Samariterbund, die Bergrettung, die
Wasserrettung, für ihre Arbeit im Dienste der Nächstenliebe herzlichst bedankt, und möchte ich sie
alle bitten, auch in Zukunft für unsere Bevölkerung ihre segensreiche Tätigkeit fortzusetzen. (Beifall
bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt der Abg. Mantler.
Abg. MANTLER: Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine Damen und Herren! Ich glaube,
die 67.000 freiwilligen Feuerwehrmänner und die 8.500 freiwilligen Helfer des Roten Kreuzes haben
einen doppelten Dank verdient, und diesen möchte ich jetzt im Namen der Österreichischen
Volkspartei abstatten. Für das Feuerwehrwesen Niederösterreichs hat das Jahr 1976 bedeutende
Änderungen, welche sich vor allem auf seine personelle Struktur beziehen, gebracht. So fand in
diesem Jahr die Wahl der Funktionäre der Freiwilligen Feuerwehren statt. Von den
Bezirksfeuerwehrkommandanten, den Abschnittsund Unterabschnittskommandanten und ihren
Stellvertretern wird für die nächste Funktionsperiode und darüber hinaus in sehr wesentlicher Weise
nicht nur das äußere Erscheinungsbild unserer Feuerwehren, sondern auch der Geist dieser Wehren,
mit dem sie an die Erfüllung und Bewältigung der von ihnen in freiwilliger Weise übernommenen
Aufgabe heranzugehen haben, bestimmt werden.
Ich möchte der Hoffnung Ausdruck verleihen, daß die neuen Funktionäre des Feuerwehrwesens in
gleicher Weise wie ihre Amtsvorgänger den weiteren organisatorischen und personellen Aufbau der
Feuerwehr Niederösterreichs zu gewährleisten in der Lage sein werden und darf ihnen, wie ich aus
meiner eigenen Tätigkeit weiß, in dem verantwortungsvollen und schwierigen Amt schon im vorhinein
viel Erfolg wünschen.
Das niederösterreichische Feuerwehrwesen hat im Jahre 1976 aber auch einen der schwersten
Schicksalsschläge, den eine derartige Organisation treffen kann, erlitten.
Landesfeuerwehrkommandant Kommerzialrat Ferdinand Heger ist nach langer Krankheit, jedoch zu
einem Zeitpunkt, wo man annahm, er befinde sich bereits wieder auf dem Wege der Besserung, aus
seinem arbeitsreichen und pflichtbewußten Leben abberufen worden. Die Persönlichkeit Ferdinand
Hegers hat den Aufbau und die Zielsetzungen des niederösterreichischen Feuerwehrwesens
zukunftsweisend auf lange Dauer geprägt.
Unter seiner Amtsführung ist das Niederösterreichische Feuergefahrenpolizei- und Feuerwehrgesetz
entstanden, das in tiefgreifender Weise dem gesamten Feuerwehrwesen neue Rechts- und
Organisationsstrukturen und eine klare Definition der Aufgaben der Feuerwehr im Rahmen der
örtlichen Gefahren- und Feuerwehrpolizei gegeben hat. Ich bitte Sie, meine geschätzten Damen und
Herren, diesen für unser Feuerwehrwesen so bedeutenden Mann, welcher uns allen, wie ich
annehmen darf, in seinen Werken und Leistungen für das Feuerwehrwesen gegenwärtig bleibt, ein
ehrendes und dankbares Andenken zu bewahren.
Am 3. 9. 1976 wählte der Landesfeuerwehrtag in seiner 60. Sitzung unter dem Vorsitz von Landesrat
Ökonomierat Bierbaum, den bisherigen Stellvertreter, Sepp Kast, zum neuen
Landesfeuerwehrkommandanten. Ich glaube, daß durch diese Wahl für einen nahtlosen Übergang der
Aufgaben im Führungsbereich des niederösterreichischen Feuerwehrwesens in der bestmöglichsten
Art Vorsorge getroffen wurde und daß in der Person von Sepp Kast eine weitere Aufwärtsentwicklung
unserer Feuerwehren garantiert ist. Ich möchte ihm viel Glück und Erfolg für die Bewältigung der vor
ihm liegenden Aufgaben wünschen.
Das niederösterreichische Feuerwehrwesen wird zum sehr wesentlichen Teil von den Initiativen der
hiefür zuständigen Fachabteilung des Amtes der Landesregierung bestimmt. Im Vollziehungsbereich
dieser Abteilung liegen die rechtlichen Angelegenheiten der Feuerpolizei, allgemeine
Feuerwehrangelegenheiten und Katastrophendienst, Verwaltung der Landesfeuerwehrschule, zivile
Landesverteidigung, Einsatzopferangelegenheiten und die Landeswarnzentrale. Besondere
Schwerpunkte dieser Abteilung lagen im abgelaufenen Jahr auf legistischem Sektor in der Novelle der
Verordnung über die Lagerung von Flüssiggasbehältern sowie in der Beratung über die Verordnung
über die Mindestausrüstung und der Mindestmannschaftsstand der Freiwilligen Feuerwehren. Im
Bereiche des Niederösterreichischen Katastrophenhilfsdienstes erfolgte ein weiterer Ausbau des
Katastrophenschutzes. Die örtlichen Katastrophenschutzpläne für die Gemeinden liegen nunmehr
vollständig vor. Die für ihre Erstellung sehr wesentlichen Voraussetzungen und Arbeitsunterlagen, wie
zum Beispiel das Leistungsschema der NEWAG, der NIOGAS, der Post- und Telegraphendirektion
und der Bundesbahnen, wurden von dieser Fachabteilung beschafft und den
Bezirksverwaltungsbehörden zur Verfügung gestellt.
Nach dem Vorliegen dieser Katastrophenschutzpläne ist nunmehr ein zielgerichteter Zweck und
planmäßiger Einsatz der im Gemeinde- bzw. Bezirksbereich für allgemeine und spezifische
Katastrophenfälle den Einsatzleitern zur Verfügung stehenden Katastrophenhilfsdienste gewährleistet.
In Anwendung dieser Pläne haben die Bezirkshauptmannschaften Korneuburg und Wien-Umgebung
Übungen mit für diese Bezirke spezifischen Katastrophenannahmen durchgeführt.
Weiters erfolgte die Drucklegung von 100.000 Stück Signalübersichten gemäß der Verordnung der
Landesregierung über die Zeichen zur Warnung und Alarmierung der Bevölkerung sowie des
Katastrophenhilfsdienstes im Katastrophenfall. Die Signalübersichten wurden im Wege der
Bezirksverwaltungsbehörden den einzelnen Gemeinden und Schulen sowie als Beilage zum Amtsblatt
der Behörde auch den Beziehern dieser Zeitschrift zur Verfügung gestellt. Es besteht daher die
Annahme, daß doch ein sehr großer Teil der Bevölkerung über die Bedeutung der Sirenenzeichen im
Alarmfall zumindestens grundsätzlich orientiert ist. Die Kenntnis dieser Alarmzeichen stellt ja die
wesentliche Voraussetzung für ein dem jeweiligen Anlaßfall entsprechendes Verhalten der
Bevölkerung dar.
Weiters wurde durch Anschaffung von Handfunkgeräten und Funkgeräten, welche für den Einbau in
Kraftfahrzeugen geeignet sind, der Beginn der Ausstattung der Bezirksverwaltungsbehörden mit
Funkeinrichtungen, welche dem Bezirkshauptmann als überörtlichem Einsatzleiter eine bessere
Kommunikation zwischen Einsatzstelle und den im Katastropheneinsatz stehenden
Hilfsorganisationen ermöglicht werden, geschaffen. Die raschest mögliche Zurverfügungstellung
weiterer Mittel, welche den Aufbau eines derartigen Funkeinsatzes im gesamten Landesbereich
ermöglichen würden, wäre erstrebenswert.
Und nun einige Worte zur Feuerwehrschule Tulln. Im Jahre 1976 wurden in dieser Schule 144
Lehrgänge mit 6.143 Teilnehmern abgeführt. Schon aus dieser Zahl läßt sich die Bedeutung der
Schule für das niederösterreichische Feuerwehrwesen ermessen. Einrichtungen und Aufbau dieser
Schule sind die Grundlage dafür, daß überhaupt die personellen und führungsmäßigen
Voraussetzungen für eine Vollziehung des bereits angeführten Gesetzes über das
niederösterreichische Feuerwehrwesen geschaffen werden konnten. In der Schule wurden
Feuerwehrmänner für alle Führungsebenen herangebildet. Darüber hinaus steht das Personal der
Schule jedoch auch für konkrete Einsatzaufgaben zur Verfügung. So wurden vier Brandeinsätze und
40 technische Einsätze mit insgesamt 160 Einsatzstunden geleistet. Der Voranschlag 1976 betrug für
die Feuerwehrschule Tulln 11,860.000 Schilling, für das Jahr 1977 13,435.000 Schilling. Ich komme
nun zur Tätigkeit der gesamten Feuerwehren. Das nun folgende Zahlenmaterial gibt in unpersönlicher
Art Auskunft über die vielen Opfer an Freizeit, an Geld und an Arbeitsleistungen sowie über das
Ausmaß der Gefahren, welche Feuerwehrmänner zur Rettung von Hab und Gut ihres Nächsten oft
unter Einsatz von Leben und Gesundheit in freiwilliger Weise - ich möchte hier besonders den Akzent
auf das Wort freiwillig setzen - erbracht haben.
Im Berichtszeitraum haben die Feuerwehren nach dem mir zur Verfügung stehenden Zahlenmaterial
in 18.700 Fällen interveniert. Davon entfallen auf Brände 2.900 Einsätze, während 15.600 Einsätze
technischer Natur waren. Im Rahmen dieser Einsätze sind 132 Mann verunglückt. 21.000
Feuerwehren mit 138.000 Männern leisteten im Rahmen dieser Einsätze 492.000 kostenlose
Arbeitsstunden. 244.589 Meter Schläuche wurden dabei verlegt und 245.700 Kilometer mit
Feuerwehreinsatzfahrzeugen gefahren.
An den Bewerben um das Feuerwehrleistungsabzeichen in Gold nahmen 146 Männer mit Erfolg teil.
Beim 26. Landesfeuerwehrleistungsbewerb in Waidhofen an der Ybbs traten im Leistungsbewerb
Silber 588 Gruppen á 9 Mann und im Leistungsbewerb Bronze 775 Gruppen á 9 Mann, daher
insgesamt 1.363 Gruppen mit 10.008 Mann, an.
Beim 20. Wasserleistungswettbewerb in Ybbs nahmen am Bewerb um das Wasserleistungsabzeichen
in Gold 8 Mann, um das Wasserleistungsabzeichen in Silber 281 Zillenbesatzungen und 562 Mann um
dieses Abzeichen in Bronze teil - eine wahrhaft imponierende Leistungsbilanz des
niederösterreichischen Feuerwehrwesens.
Zur Organisation einige Details. Dem Niederösterreichischen Landesfeuerwehrverband gehören 21
,Bezirksfeuerwehrkommandos mit 1.680 Freiwilligen Feuerwehren und 89 Betriebsfeuerwehren,
insgesamt somit 1.769 Feuerwehren, an. An Tankwagen sind derzeit 500, an leichten Fahrzeugen
453 und an Kleinlöschfahrzeugen 521 vorhanden. Für den Wassereinsatz, den Rettungsdienst,
verfügen die Feuerwehren über 151 Rettungszillen und 31 Motorboote. Für den Feuerlösch- und bergedienst stehen dem Landesfeuerwehrverband momentan vier F- und B-Abteilungen mit 21
Bereitschaften zur Verfügung.
Im Rahmen der F- und B-Dienste wurde auch ein Nachrichtennetz des Feuerwehrkommandos
aufgebaut, das mit Stand vom 20. 6. 1976 über 44 Fixstationen verfügt. Durch die Aufstellung und
Einrichtung dieser F- und B-Einheiten ist, bedingt durch die zunehmende Industrialisierung und das
lawinenartige Anwachsen des Straßenverkehrs, einer Änderung des Aufgabenbereiches der
Feuerwehr Rechnung getragen.
Waren früher die klassischen Einsatzbereiche der Feuerwehr in der Brandbekämpfung gelegen, so
hat nunmehr der sogenannte technische Einsatz, wie zum Beispiel der Bergeeinsatz von
Kraftfahrzeugen und die Ölalarmeinsätze, den Brandeinsatz abgelöst und in seiner Bedeutung
zurückgedrängt. Diese F- und B-Einheiten haben sich im Erdbebengebiet in Friaul bestens bewährt.
Ihre Führungsstellen sind integrierende Bestandteile der überörtlichen Einsatzleistungen auf
Bezirksebene. Es wird in Zukunft eine vordringliche Aufgabe sein, diese Einsatzstäbe in Übungen auf
die ihnen obliegenden Aufgaben noch besser vorzubereiten, damit sie mit diesen vertraut sind.
Der Sprengdienst ist in Niederösterreich mit 22 Sprenggruppen und 195 geprüften Sprengmeistern
ausgerüstet, weiters der Tauchdienst in Niederösterreich mit 54 Tauchgruppen. Die Landesregierung
hat im Jahre 1956, und zwar bis 31. Oktober, 9,400.000 Schilling an Förderungsmitteln genehmigt.
Die Gesamtsumme der für das Feuerwehrwesen in Niederösterreich für 1977 vorgesehenen Mittel
beträgt 45 Millionen Schilling und ist um 10 bis 15% höher als im Jahre 1976.
Ich möchte hiefür namens aller Feuerwehren Niederösterreichs dem zuständigen Regierungsmitglied,
aber auch Ihnen, meine sehr geschätzten Damen und Herren des Hohen Hauses, meinen
besonderen Dank sagen. Dieser Dank gilt jedoch auch den Gemeinden und ihren Funktionären,
welche durch ihre finanziellen Beiträge einen sehr wesentlichen Anteil an der Aufbauarbeit und an der
technischen Ausgestaltung des niederösterreichi schen Feuerwehrwesens geleistet haben.
Obgleich die Gewährung finanzieller Mittel und Beihilfen den Verlust von Menschenleben und die
Beeinträchtigung der Gesundheit im Rahmen von Einsätzen unserer Feuerwehren nicht ausgleichen,
so geben diese Mittel doch die Möglichkeit, bessere und zeitgemäßere Geräte anzuschaffen, welche
dann vielleicht geeignet sind, derartige Unglücksfälle überhaupt zu verhindern oder zumindestens
weitgehendst auszuschalten. Nun noch ein Kurzbericht des Roten Kreuzes. Wenn man die Tätigkeit
des Roten Kreuzes vollständig bringen wollte, wäre es notwendig, über jede einzelne Bezirksstelle zu
berichten. Es ist bekannt, daß die Tätigkeit des Roten Kreuzes für die öffentliche Hand und sonstige
maßgebliche Stellen, vor allem aber für unsere Mitmenschen, eine Selbstverständlichkeit geworden
ist, da im niederösterreichischen Raum mit wenigen Ausnahmen der gesamte Rettungs- und
Krankentransport vom Roten Kreuz ausgeführt wird. In Niederösterreich bestehen 57 Bezirksstellen,
von denen nur 19 nicht in eigenen Dienststellen untergebracht sind. Ich muß Ihnen zur
Veranschaulichung dieser so hilfreichen Institution unbedingt einige Ziffern mitteilen.
Es gab 1975 186.900 Ausfahrten; also alle zwei Minuten und 78 Sekunden rund um die Uhr sind die
Rettungswagen ausgefahren. Es waren 8.580 freiwillige Helfer tätig, die 3,3 Millionen freiwillige
Arbeitsstunden geleistet haben und die mit 305 Sanitätswagen 7,675.000 Kilometer zurücklegten. Im
Jahre 1975 hat das niederösterreichische Rote Kreuz 20.796 Personen mit dem Wissen über die
Erste Hilfe vertraut gemacht. Der Ausbau des Katastrophendienstes konnte nur in bescheidenem
Rahmen verwirklicht werden, da zu wenig Geldmittel vorhanden waren. Hier darf erwähnt werden, daß
die Landesregierung für diese Zwecke eine Subvention von 400.000 Schilling zur Verfügung gestellt
hat. Ein großer Aktionsradius, sicher der größte in Österreich, ergibt sich im Bereich der
Trinkwasseraufbereitung. Durch die Übernahme der Trinkwasseraufbereitungsanlage von der
Bundesgendarmerie im Jahre 1975 ergibt sich ein Gesamtstand von fünf motorisierten
Trinkwasseraufbereitungsanlagen mit einer Stundenkapazität von 30.000 Liter.
Mit den Zivildienern, die beim niederösterreichischen Roten Kreuz Dienst versehen, wurden bis jetzt
nur positive Erfahrungen gemacht. Am 1. Oktober 1976 wurden dem niederösterreichischen Roten
Kreuz 150 Zivildiener zugeteilt. Zum Umweltschutz hat das niederösterreichische Rote Kreuz im Jahre
1975 ebenfalls einen wertvollen Beitrag geleistet. Es konnten 3,354.000 Kilogramm Altpapier und
1,106.000 Kilogramm Alttextilien gesammelt werden.
Die Erdbebenkatastrophen in Italien im Frühjahr des heurigen Jahres haben drastisch vor Augen
geführt, wie schnell und unvorhersehbar eine Katastrophe eintreten kann. Sie hat auch gezeigt, daß
nur eine vollorganisierte nationale und internationale Hilfe, so wie sie das Rote Kreuz zu leisten
imstande ist, zielführend sein kann.
Der Landesverband Niederösterreich hat im Zusammenwirken mit dem österreichischen Roten Kreuz
wertvolle Hilfsgüter, bestehend aus Betten, Decken, Matratzen, Leintüchern und Zelten, in das
Katastrophengebiet Friaul gebracht. Speziell zum Letztgesagten kann berichtet werden, daß in den
letzten Tagen wieder eine Rotkreuzgruppe im Erdbebengebiet in Friaul geholfen hat. Vor wenigen
Tagen erst ist die Alarmeinheit der Bezirksstelle Hollabrunn, bestehend aus sieben
Rotkreuzangehörigen, aus Oberitalien zurückgekehrt, wo diese sieben Mann eine Woche lang beim
Aufbau eines Kindergartens und eines Sanitätszentrums mitgeholfen haben,
Ich möchte abschließend feststellen, daß alle diese Opferbereitschaft viel zu selbstverständlich
genommen wird. Dies beweist, daß sich immer wieder Menschen finden, die für den Nächsten da
sind, insbesondere wenn es gilt, Menschenleben zu retten, was doch die ureigenste Aufgabe des
Roten Kreuzes ist. Es sei daher den vielen Idealisten herzlich gedankt. Auch Ihnen für die
Aufmerksamkeit. (Beifall im Hause.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt der Abg. Rabl.
Abg. RABL: Herr Präsident! Hohes Haus! Selbstschutz tut not, und wir können uns schützen! Das ist
der Leitspruch einer Organisation, die - ich glaube, das können wir sagen - auf Grund dessen, was sie
geleistet hat, sowohl bei der Bevölkerung als auch beiden öffentlichen Stellen Anerkennung erfährt,
eine Organisation, die nunmehr seit 15 Jahren in unserer Zweiten Republik Österreich besteht,
nämlich der Österreichische Zivilschutzverband und im besonderen in unserem Bundesland der
Landesverband Niederösterreich. Eine Organisation, die sicherlich nicht über mobile Einheiten verfügt,
die es sich aber zur Aufgabe macht, die Bevölkerung durch Schulungen, durch Kurse und durch
Ausstellungen auf Gefahrenmomente hinzuweisen, ganz gleich, ob Österreich, seine Bevölkerung,
oder Sachwerte durch außerösterreichische kriegerische Auseinandersetzungen bedroht werden
können oder durch Katastrophenfälle. Die Organisation will aber auch auf die Gefahren, in die jeder
einzelne tagtäglich kommen kann, durch Kurse aufmerksam machen, wie hier Selbstmaßnahmen zu
ergreifen sind, um sich selbst, aber auch das Hab und Gut und das Leben anderer zu schützen.
Der Niederösterreichische Zivilschutzverband, der finanzmäßig auch im Voranschlag 1977 mit Mitteln
bedacht ist, ist in der Gruppe 1 gemeinsam mit dem Zivilschutz der zuständigen Abteilung der
Niederösterreichischen Landesregierung verankert. Er ist aber nicht nur durch Landesbeiträge, durch
Mittel des Landes, im Voranschlag verankert. Der Zivilschutzdienst wird auch durch freiwillige
Spenden als Mitgliedsbeiträge der Gemeinden, abgestimmt auf die Bevölkerungszahl jeder einzelnen
Gemeinde, aufrechterhalten.
Gerade die Tätigkeit sowohl des Verbandes als auch des Zivilschutzes beim zuständigen Amt der
Niederösterreichischen Landesregierung geben den Gemeinden bedeutende Unterlagen, wie ich
sagen möchte. Wir wissen, daß auf Grund des Katastrophenhilfsgesetzes diese Gemeinden
verpflichtet sind, einen sogenannten Katastrophenschutzplan zu erlassen und daß der Herr
Bürgermeister bzw. der von ihm bestellte Vertreter als Einsatzleiter für den Gemeindebereich
zuständig ist. Für den Katastrophenschutzplan, den die Gemeinden zu erstellen haben, bildet die
sogenannte Schutzzonenerhebung, die vom Zivilschutzverband durchgeführt wird, eine ganz
bedeutende und wichtige Grundlage. Zu dieser Schutzzonenerhebung sind heuer erstmalig auch
Zivildiener eingesetzt worden. Ich glaube - und damit kann ich diesen Gedanken abschließen -, daß
unter dem Motto ,,Zivilschutz" hier in Niederösterreich wirklich eine positive Arbeit geleistet wird. Wenn
sich sowohl der Zivilschutzverband als auch der Zivilschutz direkt beim Land Niederösterreich mit den
Gedanken befassen, die Bevölkerung in Katastrophenfällen zu schützen oder, wie bereits erwähnt,
vor Auswirkungen bei außerösterreichischen kriegerischen Auseinandersetzungen, so mußten die
Menschen, die vor uns waren, leider auch hier in Österreich zur Kenntnis nehmen, daß in diese
kriegerischen Auseinandersetzungen im Ersten und im Zweiten Weltkrieg auch Österreich direkt
hineingezogen wurde, was selbstverständlich auch diesem Land seine menschlichen Opfer
abgefordert hat.
Es ist uns bekannt, daß im Bundesland Niederösterreich ungefähr 70.000 Soldaten in Kriegsgräbern
beerdigt sind. Bis 1973 wurde die Kriegsgräberfürsorge bzw. die Betreuung dieser Kriegsgräber vom
zuständigen Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vorgenommen, seit 1973 vom
Österreichischen Schwarzen Kreuz, Kriegsgräberfürsorge der Landesstelle Niederösterreich. Diese
Organisation hat es sich gerade in diesem Jahr zur Aufgabe gemacht, Umbettungen im großen
Ausmaß vorzunehmen.
In meiner näheren Heimat, im Bereich des Truppenübungsplatzes Döllersheim nahe der Stadt
Allentsteig, wurde vom Österreichischen Schwarzen Kreuz mit Unterstützung der NÖ Landesregierung
der erste große Soldatenfriedhof errichtet. In den Bezirken des Waldviertels Gmünd, Zwettl,
Waidhofen an der Thaya und Horn wurde diese Arbeit bereits abgeschlossen und in Bezirken des
Weinviertels, wie Hollabrunn, Mistelbach und Gänserndorf, eingeleitet.
Wenn der Herr Landeshauptmann von Niederösterreich zu Allerheiligen 1975 im Rundfunk aufgerufen
hat, daß auch die Bevölkerung von Niederösterreich diese Organisation unterstützen möge, so haben
wir den Beweis dafür, daß die Bevölkerung von Niederösterreich diese Arbeit gerade durch das
freiwillige Sammelergebnis immer mehr und in immer steigendem Ausmaß schätzt und anerkennt.
So gestatten Sie mir, Hoher Landtag – ich glaube, ich darf es abschließend im Namen des gesamten
Landtages von Niederösterreich aussprechen -, diesen beiden Organisationen, sowohl dem
Zivilschutzverband für seine Schutzarbeit als auch ganz besonders dem Österreichischen Schwarzen
Kreuz, Kriegsgräberfürsorge, für diese humanitäre Aufgabe Dank und Anerkennung zu zollen. (Beifall
im Hause.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Ich unterbreche die Beratungen über den Voranschlag des Landes.
Die Beratungen des Landtages über den Vorschlag werden um 14.00 Uhr fortgesetzt. Die Sitzung ist
unterbrochen. [Unterbrechung der Sitzung um 12.53 Uhr.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER (nach Wiederaufnahme der Sitzung um 14.00 Uhr): Ich nehme die
unterbrochene Sitzung wieder auf. Wir setzen die Beratungen zum Voranschlag über die Gruppe 1
fort. Zum Wort gelangt der Abg. Fidesser.
Abg. FIDESSER: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Rahmen der umfassenden
Landesverteidigung haben die Bundesländer eine wesentliche Aufgabe zu erfüllen. Ich erlaube mir
daher heute, bei der Beratung des Budgets des Landes Niederösterreich auch auf die Probleme der
Landesverteidigung einzugehen. Gerade in Niederösterreich ist es notwendig, einmal darüber zu
reden, weil in unserer Bevölkerung im Land an der Grenze das Interesse wesentlich höher ist als
anderswo, ist sie doch eine Lebensfrage für sehr viele, wenn man bedenkt, daß die Grenze am
eisernen Vorhang fast so lang ist wie die Verbindung zu den Bundesländern.
Ich persönlich komme aus dem Grenzland und bekomme immer ein bedrückendes Gefühl, wenn ich
daran denke, daß einige Kilometer von meinem Heimatort entfernt eine Grenze ist, die sozusagen das
Ende der freien Welt bedeutet und gleichzeitig den Beginn eines politischen Systems, das von dort
über Europa hinweg, über den Ural hinaus, über Sibirien, nach China, Vietnam, Kambodscha die
Unfreiheit bringt. Wir leben also gar nicht so sehr, wie es manchmal scheint, auf der Insel der Seligen,
sondern wir leben am Limes der beiden großen Weltsysteme, die Jahr für Jahr - und gerade in den
letzten Tagen hören wir das sehr stark - gigantische Aufrüstungen betreiben. (Abg. Dr. Brezovszky: Ist
eine Ideologiedebatte jetzt erlaubt?) Ist erlaubt. Ich habe es daher persönlich nie verstanden, daß die
Sozialisten in dieser spezifischen Situation, wo man eigentlich glauben sollte, wir liegen an der Grenze
direkt in einem Pulverfaß - das zeigt sich immer wieder, auch in den letzten Jahren, wo politische
Problematiken aufgetreten sind -, kein echtes Verhältnis zur Landesverteidigung bekommen haben.
(Abg. Dr. Brezovszky: Die Solda t e n sind zu 80% Arbeitnehmer!)
Herr Dr. Brezovszky, wenn Sie vielleicht mit mir reden könnten. Die Sozialisten haben zuerst so getan,
als sei Landesverteidigung Militarismus und nachher - das ist mir völlig unverständlich - haben sie
sogar mit dem Schlager „sechs Monate sind genug" aus einer ganz schweren Verantwortung aller
österreicher einen billigen Wahlschlager gemacht. (Beifall bei der ÖVP. - Abg. Lechner: Aber die
Reform ist uns gelungen, nicht Ihnen!) Herr Abg. Lechner, auf diese Reform darf ich noch
zurückkommen. Dabei müssen wir ehrlich zugeben . . . (Zwischenrufe von links: Das Bundesheer ist
heute reformiert!) Herr Stangl, das, was Sie sagen, liest man leider Gottes schon vorher zehnmal in
den Zeitungen. Die Rechnung ist den Sozialisten tatsächlich aufgegangen. Sie haben gerade mit
diesem Wahlschlager 1970 die Regierung übernehmen können. Das Tragische war nur, daß 1971,
also als die Debatte um dieses Gesetz bevorstand und es nicht nur ein Wahlschlager war, wieder
gewählt werden mußte und das Wehrgesetz neuerlich zum Wahlschlager wurde. Und ganz genau so
schaut diese Reform aus. (Zwischenrufe.) Ganz genauso schaut das Wehrgesetz aus. Es ist nämlich
letztlich ein Wahlschlager geblieben. Es ist ein so unglückliches Gesetz geworden, daß es bis heute
nicht vollzogen werden kann, weil es ganz einfach nicht durchführbar ist, und das sagen heute die
meisten Fachleute, mit denen ich reden konnte. (Zwischenruf.)
Herr Kollege, Sie können dann sofort herauskommen und beweisen, wie sehr Sie sozusagen
Wehrfachmann sind. So ist aus einem Wahlschlager, von dem sich viele junge Menschen einiges,
manche aber sogar viel erwartet haben, für alle Jungmänner eine riesige Enttäuschung geworden.
Wenn Sie heute feststellen müssen, Herr Dr. Brezovszky, daß die Sozialisten bei den jungen Leuten
nicht ankommen . . . (Abg. Dr. Brezovszky: Am 5. Oktober 1970 haben Sie es ganz genau gesehen!)
Ja sicher, es wird noch länger dauern, bis sich manche Wahlschlager in die Wirklichkeit umwandeln.
Das ist nun einmal das Problem der Demokratie, daß die Wähler nicht allzu schnell merken, wohin der
Politiker will und was er vorhat. Jedenfalls darf ich Ihnen vielleicht einen Tipp geben.
Herr Dr. Brezovszky, darf ich Ihre Aufmerksamkeit vielleicht einmal auf mich lenken. Wenn Sie
nämlich nachdenken, warum Sie bei den letzten Wahlen und jetzt erst wieder bei Ihrer
Meinungsbefragung daraufgekommen sind, daß die jungen Menschen von den Sozialisten gar nicht
mehr so begeistert sind, daß Sie also bei den jungen Menschen viel weniger glaubwürdig geworden
sind, dann versuchen Sie bitte vielleicht auch einmal das Phänomen der Unglaubwürdigkeit für junge
Leute herauszubekommen. (Abg. Dr. Brezovszky: Der Kreisky ist der beliebteste Politiker, sogar bei
den Sportlern!) Jedenfalls ist es so, daß der Schlager ,,6 Monate sind genug'' heute nicht einmal mehr
für die Jusos glaubhaft geworden ist. (Zwischenrufe.) Ich bin ein einjährig Freiwilliger, bitte, ich würde
mich freuen. (Zwischenrufe.)
Jeder weiß heute, daß sechs Monate Wehrdienst gar nicht realisiert worden sind, daß nämlich aus 8%
8 Monate geworden sind. (Zwischenrufe der Abgeordneten Stangl, Leichtfried und Dr. Brezovszky. Unruhe.) Lassen Sie mich bitte doch einmal die Situation schildern. Jeder von uns weiß, daß die
Truppenübungen . . . (Dritter Präsident Reiter: Bitte meine Herren Abgeordneten, das Kapitel heißt
,,Ordnung und Sicherheit", und es muß einem Mandatar an der Grenze zugebilligt werden, daß er
auch über die Landesverteidigung einige Worte sagt. Ich bitte diese Kritik einzustellen. - Abg. Bieder:
Solange er in Grenzen bleibt!)
Ich darf doch einmal feststellen, was heute der Großteil der Bevölkerung über dieses Problem bereits
offen ausspricht. Daher darf ich das hier auch einmal im Hohen Haus sagen, auch wenn Sie glauben,
man müßte in der Politik Tabus haben. Sie wissen ja selber aus Ihren Interventionen ganz genau, daß
den jungen Leuten heute die Truppenübungen aus beruflichen Gründen, aus familiären
Schwierigkeiten viel schwerer ankommen als früher der geschlossene Präsenzdienst. Ich habe sehr
viele solche Fälle, wo man hier immer wieder versucht abzuklären. (Zwischenruf.) Aber diese kommen
ja jetzt auch. Ich könnte Ihnen einige Beispiele von 6 Monatedienern nennen, die bereits sehr viel
länger dienen. (Zwischenrufe.)
Dazu kommt doch noch, daß jetzt die Wehrgesetznovelle im Parlament liegt, wo sogar die jungen
Sozialisten mordsmäßig strampeln, weil über die acht Monate hinausgehend eine Ganzverpflichtung
für Kaderübungen eingeführt werden muß, die 30 bis 60 Tage laufen sollen. Also wieder neun, ja
sogar zehn Monate, denn 60 Tage zusätzlich ergeben 10 Monate. Diese sechs Monate sind genug,
haben aber letztlich, und ich möchte jetzt gar nicht für die jungen Leute reden, sondern zum Problem
der Landesverteidigung kommen, zu einer totalen Pleite für die Landesverteidigung geführt. Ich bin
der Meinung, daß sechs Monate eben nicht genug sind. (Beifall bei der ÖVP. - Abg. Leichtfried: Sie
sind der Meinung, daß 6 Monate nicht genug sind!)
Sie beschuldigen uns wieder, daß wir Militaristen sind. Das ist Ihr Problem, Ihr Komplex. (Abg. Stangl:
Wer hat das jetzt gesagt?) Jedenfalls ist diese Wehrgesetznovelle, dieses Wehrgesetz mit schuld, daß
es zu einer totalen Pleite in der Landesverteidigung gekommen ist. Sie hat nämlich Mehrkosten
gebracht und damit einen Zusammenbruch der Wehrfinanzierung. Der Lütgendorf hat ja noch vor
einem halben Jahr gesagt, daß es unmöglich ist, damit auszukommen. Bei Ihnen ist also anscheinend
manchmal alles möglich. Außerdem brachte die Wehrgesetznovelle weniger Einsatzbereitschaft - ich
werde darauf Zurückkommen - und damit den Zusammenbruch der Verteidigungsmöglichkeiten.
Zuerst zu den Mehrkosten. Die Wehrgesetznovelle enthält nämlich tatsächlich das teuerste System,
denn je kürzer die Dienstzeit ist, umso mehr Kaderpersonal braucht man, und etwas Teureres gibt es
bei einem Heer eben nicht als das Kaderpersonal. Weiters. Zwei Monate Truppenübungen bringen ein
Vielfaches der Kosten als ein Weiterdienen. 1977 müssen daher die Truppenübungen wesentlich
gekürzt werden, weil im Budget dafür kein Geld vorhanden ist. Das Wehrgesetz brachte andererseits
weniger Einsatzbereitschaft, weil alle wesentlichen Maßnahmen . . . (Zwischenrufe.)
Die Offiziere berichten mir das am ehesten. Sie sagen: Um Gottes Willen, sprecht es doch einmal
offen aus, daß die Einsatzbereitschaft tatsächlich gering geworden ist, weil die wesentlichen
Maßnahmen (Abg. Wedl: Die Offiziere werden sich freuen, wenn sie das hören!) dieses
Heeresgesetzes bisher nämlich gar nicht vollzogen worden sind. Die Bereitschaftstruppe mit 12.000
bis 15.000 Mann, lange Jahre ein heißer Krieg im politischen Bereich, gibt es bis heute nicht. 2.000 bis
2.500 Mann sind momentan immer wieder vorhanden. In Niederösterreich allein, wird mir gesagt,
fehlen 6.000 Leute dieser Bereitschaftstruppe, weil sich eben bisher zu wenig Längerdienende
gemeldet haben. Die Begründung hiefür liegt in dieser Zwangsverpflichtungsnovelle. Für den Einsatz
im Ernstfall sind, so wird mir berichtet, die alten Einsatzverbände die einzigen, die derzeit noch
einsatzbereit sind, denn die geplanten zwei Einsatzdivisionen, die im Heeresgesetz enthalten sind,
sind ganz einfach nicht vorhanden. Die erste wurde vor einem Jahr aufgebaut, und bei der ersten
Übung in St. Veit an der Gölsen mußte ich in der Zeitung lesen, daß der Kommandant dieser ersten
Einsatzdivision, die also für den Ernstfall sozusagen das Um und Auf darstellt, behauptet hat,
anschließend vor der Presse, daß sie nicht einmal zu 50% einsatzbereit sei. Nach den Milizverbänden
sucht man und es ist vorläufig überhaupt nichts vorhanden. Was wundert man sich dann eigentlich?
Sogar der deutsche sozialistische Bundeskanzler hat in diesem Bereich ernste Bedenken gegenüber
dem österreichischen Bundeskanzler angemeldet. Die Bevölkerung ist tatsächlich besorgt gewesen
über die Dinge, die in der Polaka-Affäre ans Tageslicht gekommen sind. Ich habe einen Artikel in der
Frankfurter Allgemeinen gelesen, in welchem der General Schnell aus der Bundesrepublik
Deutschland ganz eingehend Warnungen ausspricht; er sagt nämlich, daß bei einem Angriff auf
Süddeutschland die Truppen des Warschauer Paktes geradezu über Niederösterreich gelenkt würden,
weil der Angriff über das Donautal die wesentlich günstigere Angriffsmöglichkeit bietet. Innerhalb von
fünf bis acht Stunden, behauptet er, ist nach militärischen Möglichkeiten heute auch ein relativ
schwacher Gegner bereits an der Donau. Ohne daß wir überhaupt imstande wären, ausländische
Truppen zu Hilfe zu rufen, sind diese Angreifer bereits nach fünf bis acht Stunden an der Donau,
andererseits befinden sich an der Donau mehr als 70 % der österreichischen Grundenergien.
Dazu kommt, daß in Niederösterreich seit 1970 nicht nur keine Befestigungen gebaut wurden,
sondern andererseits seit 1970 Niederösterreich sogar militärisch entleert wurde. Das ist der Grund,
warum ich auch hier darüber reden möchte, weil das nicht nur ein Problem des Parlaments, sondern
der Sicherheit unserer Bevölkerung ist. (Abg. Stangl: Hat Niederösterreich keine Abgeordneten im
Parlament?) Ich weiß ja nicht, ob sie sich kümmern um ihre Kasernen. Wenn ich nach Mistelbach
komme - das ist im Weinviertel der vorgeschobene Posten -, so merkt man, daß dort erstens einmal
der personelle Stand unterbesetzt ist für den Einsatz; an der Ausrüstung mangelt es erst recht, ein
Großteil der Panzer, die dort sind, wurde bereits vor dem Zweiten Weltkrieg gebaut. (Abg. Wedl: Das
ist nicht erst seit 7 Jahren so!)
Darf ich vielleicht zu einem anderen Problem wechseln. Im Bundesheer erleben inmerhin unsere
jungen Menschen acht Monate lang und mehr, wie ernst der Staat eigentlich ihren Einsatz nimmt, den
sie für die Allgemeinheit leisten. Zweitens darf ich auch zurückkommen auf die Arbeitsplatzsituation
von tausenden Arbeitnehmern, die dort arbeiten.
Zuerst einmal, wie ernst nimmt der Staat ihren Einsatz? Schauen Sie sich einmal an, in welchem
Zustand unsere Kasernen tatsächlich sind. Ja, schauen Sie sich das einmal an, Herr Kollege
Wiesmayr. (Abg. Dr. Brezovszky: Kaderpersonal!) Ich komme darauf noch zurück. Ich werde Ihnen
noch sagen, daß seit 1970 fast nichts in diesem Bereich in Niederösterreich geschehen ist, während
unter Minister Prader in Niederösterreich moderne Kasernen gebaut und die alten hergerichtet
wurden. (Beifall bei der ÖVP.) Ich bin leider noch nicht sehr lange im Landtag, aber ich habe gehört,
daß selbst der Entschluß von Minister Prader, mit dem Militärkommando nach Niederösterreich zu
gehen, von Ihnen abgelehnt wurde hier in diesem Haus. (Landesrat Körner: Da müssen Sie auch
dazusagen, warum!)
Jedenfalls ist damals, und das kann man nachweisen, finanziell wesentlich mehr für die Kasernen in
Niederösterreich und für die Wohnungen der beim Bundesheer Arbeitenden ausgegeben worden.
Schon der äußere Zustand zeigt eine totale Vernachlässigung. In vielen Kasernen Niederösterreichs
gibt es für die Soldaten keine Aufenthaltsräume, wie Bundesminister Lütgendorf jetzt in einer
Anfragebeantwortung bekannt ab; es gibt in vielen Kasernen nicht einmal Kantinen, geschweige denn
ordentliche Sportplätze oder Körperausbildungsstätten. (Abg. Wedl: Die hat es gegeben. Sie sind alle
gesperrt worden!) Zum Teil ist das richtig. Ich kann Ihnen sagen, daß in der Kaserne, wo ich Dienst
gemacht habe, damals eine mustergültige Sportanlage vorhanden war, und jetzt schaut sie miserabel
aus. Jedenfalls kann ich aus eigener Erfahrung einiges sagen. Ich war in Mistelbach in der Kaserne.
Da gibt es keinen ordentlichen Lehrsaal für die jungen Leute, obwohl es sich um die Aufklärer handelt,
eine windige Holzbaracke, die in der Zwischenzeit endlich hätte gerichtet werden können. Keine
Auffahrtsstraße, die müssen stehen beiben und die Panzer eine halbe Stunde reinigen, bevor sie auf
die Straße fahren. So verstehen Sie vielleicht, daß der Bundesjugendring einstimmig Forderungen an
die Bundesregierung gerichtet hat, wobei er zunächst mindestens einen Freizeitraum pro Kaserne
verlangt, eine bessere Ausstattung der Freizeiträume, eine Reform der Kantinenorganisation und die
Benützungsmöglichkeit der heereseigenen Sporteinrichtungen durch den Präsenzdiener in der
Freizeit verlangt, und auch die Schaffung von menschenwürdigen Unterkünften und Festlegung eines
Mindeststandards in den Unterkünften verlangt. Das ist eine Resolution des Bundesjugendringes.
Noch ärger sind aber die Verhältnisse bei den Arbeitnehmern, die dort tätig sind. Unter welchen
Umständen arbeiten heute etwa Schuster, Schneider, Mechaniker? Mir haben Personalvertreter
gesagt, wenn beim Bundesheer das Arbeitsinspektorat Zugang hätte, würden zwei Drittel der
Werkstätten und Arbeitsplätze gesperrt werden. Das muß man auch einmal zur Kenntnis nehmen,
gerade von Ihrer Seite, da Sie sich sonst sehr stark für die Arbeitnehmer einsetzen. Jedenfalls habe
ich das selber beobachten können, wieder in Mistelbach, Herr Kollege. (Abg. Wedl: Beim Prader
waren sie besser!) Bitte, mir wird gesagt, daß in anderen Kasernen die Zustände noch ärger wären.
Es ist so, daß man in Mistelbach dort, wo die Schuster und Schneider arbeiten, nämlich am
Dachboden, im Winter einen Rheumatismus kriegt, während es im Sommer wie im Backofen ist. Die
Beleuchtung, die dort ist, hätte dem Maler Spitzweg eine romantische Freude bereitet.
Es wäre in dieser Situation für mich jetzt verlockend, einen Resolutionsantrag zu stellen, daß nämlich
für den Ausbau, die Sanierung und bessere Ausrüstung der niederösterreichischen Kasernen von
dieser Bundesregierung mehr getan wird. Keine Angst, ich stelle keinen Resolutionsantrag, weil bei
der katastrophalen Finanzsituation des Bundes Forderungen in dieser Hinsicht tatsächlich illusorisch
wären. (Zwischenruf bei der SPÖ: Das sind Argumentationen!) Das Versagen der Regierung in der
Wirtschafts- und Finanzpolitik hat eben dazu geführt, daß Hannes der Münzreiche - um mit Dr.
Brezovszky zu sprechen - heute vor einer Pleitesituation steht, die wir auch erkennen müssen, und
daher nicht nur in der Sozialpolitik am Ende ist, denn auch der Kampf gegen die Armut mußte
abgeblasen werden, verschoben werden und mit Notausgaben zu Weihnachten verbessert werden.
Daher ist es nur zu verständlich, wenn jemand in der Finanzpolitik Pleite macht, die sogar im
sozialpolitischen Bereich spürbar wird, daß man erst recht nicht für eine verantwortungsvolle
Landesverteidigung Platz hat.
Ich wollte mit diesen Worten aufzeigen, daß der Wahlschlager - bitte geben Sie es doch einmal zu „Sechs Monate sind genug" völlig geplatzt ist. (Beifall bei der ÖVP. - Abg. Leichtfried: Herr Kollege
Fidesser, ich kenne Leute von Ihnen, denen 6 Monate zu viel sind. Das ist nämlich die Kehrseite der
Medaille!) Darf ich jetzt einmal ganz ernst Ihren Einwand aufgreifen. Wenn ich den jungen Leuten
zehn und fünfzehn Jahre lang vormache, daß es am besten wäre, überhaupt keinen Dienst zu
machen, sind sogar drei Monate zuviel. Wenn wir aber alle zusammen diese Dinge ernst nehmen
würden, dann glaube ich, wären wir weiter. (Beifall bei der ÖVP.) Letztlich ist nämlich dieser Schlager
geplatzt, weil er tatsächlich nur dazu diente, um Wahlen zu gewinnen. Wir haben heute schon gesagt,
daß es Ihnen immer wieder auf den Erfolg der Wahlen ankommt und Sie protzen sich damit. Ich bin
davon überzeugt, daß die Demokratie letztlich so reif ist, um auch vor der Bevölkerung einmal
einzugestehen, wenn Wahlschlager und sozusagen die schönen Dinge .platzen. Jedenfalls sind aus
achteinhalb Monaten nicht sechs, sondern acht, neun und zehn Monate geworden. (Abg. Stangl:
Dann hätten Sie 8% Monate gegeben, Herr Kollege!) Jedenfalls sind durch diesen Wahlschlager die
Verteidigungsmöglichkeiten Österreichs fast zusammengebrochen. (Abg. Stangl: Das sind
Halbwahrheiten, das stimmt doch nicht!) Jedenfalls ist es so, daß durch diese Wahlschlagerpolitik die
Sicherheit gerade unseres Bundeslandes arg gefährdet ist. Ich möchte damit schließen und würde
mich freuen, wenn Sie selber zu der Einsicht kommen, daß man mit Wahlschlagerpolitik eigentlich
Schluß machen sollte und daß es endlich an der Zeit wäre, eine Politik der Verantwortung für unser
Land und für unsere Bevölkerung wichtiger zu nehmen, als manchmal eine Politik nur um der
Wahlschlager Willen. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. DIETTRICH: Ich verzichte.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Ich bitte den Berichterstatter, nunmehr den Antrag zur Gruppe 1,
öffentliche Ordnung und Sicherheit, ordentlicher Teil, zu stellen.
Berichterstatter Abg. DIETTRICH: Ich stelle den Antrag, die Gruppe l, öffentliche Ordnung und
Sicherheit, mit Einnahmen im ordentlichen Teil des Voranschlages von 13,435.000 Schilling und
Ausgaben von 67,925.000 Schilling zu genehmigen.
DRITTER PRÄSIDENT REITER (nach Abstimmung über die Gruppe 1, öffentliche Ordnung und
Sicherheit, ordentlicher Teil, in Erfordernis und Bedeckung): Angenommen.
Ich ersuche den Berichterstatter, Herrn Abg. Diettrich, zur Gruppe 2, Unterricht, Erziehung, Sport und
Wissenschaft, ordentlicher Teil, außerordentlicher Teil und Konjunkturausgleichsteil, zu berichten.
Berichterstatter Abg. DIETTRICH: Die Gruppe 2, Unterricht, Erziehung, Sport und Wissenschaft,
enthält ordentliche Ausgaben von 3.810,948.000 Schilling und Einnahmen von 3.056,862.000
Schilling. Diese Gruppe umfaßt die Einnahmen und Ausgaben für den allgemeinbildenden Unterricht,
den berufsbildenden Unterricht einschließlich Anstalten der Lehrer- und Erzieherbildung, die
Förderung des Unterrichtes, die vorschulische Erziehung, die außerschulische Jugenderziehung, den
Sport und die außerschulische Leibeserziehung, die Erwachsenenbildung sowie für Forschung und
Wissenschaft. Der prozentuelle Anteil der Gruppe am Ausgabenvolumen des ordentlichen Teiles des
Voranschlages beträgt 28,0476. Im außerordentlichen Teil betragen die Ausgaben dieser Gruppe
69,200.000 Schilling bei Einnahmen von 3,000.000 Schilling, wozu noch Ausgaben von 67,000.000
Schilling im Konjunkturausgleichsteil kommen.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt der Abg. Kosler.
Abg. KOSLER: Hoher Landtag! Meine Damen und Herren! Die Bildungspolitik, insbesondere die
Schulpolitik, ist in Niederösterreich und in der gesamten Republik Österreich in den letzten Jahren ich glaube, daß man es so sagen kann - zu einem Wesenszug der politischen Landschaft geworden.
Sei es, daß sich dieser Wesenszug der politischen Landschaft in der Quantität zu erkennen gibt oder
in der Qualität dieser Politik, die in Österreich auf dem Gebiete der Bildung betrieben wird.
Gekennzeichnet ist die Bildungspolitik in unserem Staate und auch in unserem Bundesland durch das
Bemühen aller an dieser Tätigkeit Beteiligten, die österreichische Schule der Zukunft vorzubereiten,
sowohl in bezug auf die Organisation als auch in bezug auf den inneren Wert dieser Schule. Es ist
bekannt, daß gerade Österreich auf dem Gebiete des Schulwesens eine hervorragende Tradition hat
und alle Kräfte eingesetzt werden müssen, um diser Tradition auch gerecht werden zu können. Die
österreichische Bildungspolitik ist aber auch gekennzeichnet durch das Streben nach mehr sozialer
Chancengleichheit in der Bildung, in der Ausbildung, in der Schule.
Eine Chancengleichheit, die zwar immer wieder in Frage gestellt scheint, die aber durch die
konsequente Fortsetzung der Reform des österreichischen Bildungssystems immer wieder von neuem
erkämpft wird.
Die österreichische Bildungspolitik ist auch gekennzeichnet durch das Bemühen, alle auftretenden
Hemmnisse zu überwinden, Hemmnisse, wie sie zum Beispiel die Schulraumnot und auch der
Lehrermangel darstellen. Ich kann, glaube ich, mit Recht feststellen: Es gab noch nie in Österreich so
vielen Schulen wie heute, noch nie so viele Klassen. Ein ganz kleiner Beweis. 1969170 waren im
Bundesdurchschnitt 27 % aller Klassen der österreichischen Schulen überbelegt. 1975176 sind es nur
mehr 4%. Es gab aber auch in der gesamten Schulgeschichte Österreichs noch nie so viele Lehrer
wie heute. Die Zahl der Pflichtschullehrer in Niederösterreich allein ist dafür ein Beweis. Im Jahre
1969170 hatten wir in Niederösterreich 7.381 Pflichtschullehrer, 1975176 waren es 9.293, das
bedeutet eine Steigerung um rund 26% oder um mehr als ein Viertel. 1976177, also zu Beginn des
jetzt laufenden Schuljahres, betrug die Zahl der Pflichtschullehrer sogar schon 9.746, sodaß eine
Steigerung gegenüber der Anfangszahl von fast einem Drittel gegeben erscheint. Durch diese
Steigerung, durch diese Anstrengung, die gemacht wurde, war es möglich, eine Mangelsituation, die
einmal bestand, doch weitgehend zu beseitigen und das Bildungsangebot nebenbei zeitgemäß zu
erweitern, zum Beispiel durch die Einführung des Förderunterrichtes, durch die Einführung
unverbindlicher Übungen, durch die Schaffung bzw. Erhaltung musischer und sportlicher
Schwerpunktschulen.
Hohes Haus! Es gibt einige wesentliche Probleme, die uns heute auf dem Gebiete der
österreichischen Schule beschäftigen. Vor allen Dingen, das ist wahrscheinlich auch in der breiten
Öffentlichkeit sehr bekannt, die immer wieder von neuem gestellte Forderung nach einer Reform der
Lehrpläne. Diese Forderung ist sicherlich allgemein, sie ist notwendig und sie ist auch berechtigt. Und
man kann noch dazusagen, sie wird auch gehört, denn das ist ja entscheidend. Daß Forderungen
angemeldet werden, genügt allein nicht, entscheidend ist, ob sie gehört werden, ob sich die
zuständigen Stellen mit dieser Forderung auseinandersetzen, ob es zu einer Erneuerung der
Lehrpläne in absehbarer Zeit kommen kann, obwohl es sich dabei um eine sehr heikle und sicherlich
auch sehr langwierige Angelegenheit handeln wird. Man hat jedenfalls in Österreich begonnen,
gemeinsame Kriterien für eine gründliche Reform der Lehrpläne zuerst einmal zu suchen, denn diese
sind ja noch nicht da. Wie man hoffen kann, hoffen soll und hoffen muß, sind sie auch zu finden, weil
man mit der entsprechenden Intensität an diese Frage herangegangen ist.
Wir brauchen gerade eine Reform der Lehrpläne auch, um ein weiteres, in der Öffentlichkeit sehr
debattiertes Problem einmal lösen zu können. Dieses Problem, das man auch nicht wieder einfach
von heute auf morgen lösen kann, ist die mögliche Einführung der Fünftagewoche in unseren
österreichischen Schulen, und zwar in allen Schulen.
Eine zweite Angelegenheit, die man in diesem Zusammenhang aufzeigen sollte, ist die Tatsache, daß
es gelungen ist, eine Reihe von Bildungssackgassen in unserem Schulsystem weitgehend zu
beseitigen. Ich darf, um nur ein Beispiel stellvertretend für viele zu nennen, sagen, daß die Frage
gelöst ist, was diejenigen Maturanten der allgemeinbildenden höheren Schulen, die zwar eine
ausgezeichnete Allgemeinbildung, aber keine Spur von irgendeiner Berufsausbildung genossen
haben, tun sollen, wenn sie, selbstverschuldet oder auch nicht, aus irgend einem Grund nicht in der
Lage waren, nach der Matura ein Universitätsstudium aufzunehmen. Für sie ist mittlerweile gesorgt
worden. Sie haben die Möglichkeit, eine Berufsausbildung in den sogenannten Colleges in
lehrgangsmäßigen Einrichtungen, in komprimierter Form entsprechend ihrem Bildungsstand, den sie
mit der Matura einer allgemeinbildenden höheren Schule erreicht haben, förmlich nachträglich noch
genießen zu können.
Auch für die große Gruppe unserer Berufsschüler ist eine Sackgasse beseitigt worden, nämlich durch
die Einführung einer lebenden Fremdsprache, als Freigegenstand allerdings, der dem eifrigen,
fleißigen und begabten Berufsschüler in Hinkunft einen übertritt in eine höhere berufsbildende Schule
nach seiner Lehre und nach Erledigung seiner Berufsschulpflicht ermöglichen wird. In diesem
Zusammenhang ist wohl zu sagen, daß die Berufsausbildungsreform, eine sehr notwendige Reform,
noch immer ausständig ist. Ich darf mich hier auf die Aussage beziehen, die der Kollege Dkfm.
Höfinger bei der Budgetdebatte des Vorjahres von diesem Rednerult aus getätigt hat. Er hat damals
die Notwendigkeit einer solchen Reform zwar teilweise aufgezeigt, aber eigentlich im großen und
ganzen doch bezweifelt und vor Luftschlössern, vor Ausbildungsexperimenten, vor überspitzten
Anforderungen an Lehrbetriebe und Ausbildner gewarnt. Aber ich glaube, Herr Kollege Höfinger, Sie
könnten eigentlich beruhigt sein, denn schon wenige Wochen nach Ihrer Aussage damals in diesem
Haus wurde innerhalb der Schulreformkommission beim Bundesministerium für Unterricht als
Unterabteilung eine Berufsschulkommission eingerichtet, und zwar einvernehmlich mit den Kammern auch Ihre Kammer war dabei - den Schulbehörden, den Berufsschullehrern und den politischen
Parteien. Und wie ich mir mitteilen ließ, ist diese Berufsschulkommission im Laufe des Jahres 1976
schon sehr fleißig gewesen und arbeitet intensiv an der Erneuerung des Berufsschulwesens in
unserem Lande. Dazu muß man gerade im Niederösterreichischen Landtage, glaube ich, sagen, daß
wir auf dem Gebiete des gewerblichen Berufsschulwesens einen sehr hohen und sehr
finanzintensiven Stand erreicht haben. Alle Einrichtungen des gewerblichen Berufsschulrates bzw. der
gewerblichen Berufsschulen, alle Landesberufsschulen zusammen mit ihren Gebäuden, mit ihren
Lehrwerkstätten, mit ihren SchuIreinrichtungen machen einen geschätzten Betrag von rund 3
Milliarden Schilling, also ein Vermögen unseres Landes aus. Die großen Investitionen, die in den
letzten Jahren und Jahrzehnten auf diesem Gebiete in unserem Lande geleistet wurden, sind so
wesentlich, daß man gerade deshalb die Entwicklung auf dem Gebiete des Berufsschulwesens
bewußt vorwärtstreiben und auch in unserem Lande mitmachen muß, um den Anschluß nicht zu
verlieren. Es ist fast bedauerlich bei einem solchen Einsatz, daß die Berufsschule zu der
Schulkategorie gehört, bei welcher der Klassendurchschnitt an Schülern noch weit über 30 liegt, also
über der Normzahl, während es in einer Reihe anderer Kategorien des Schulwesens doch schon
gelungen ist, die Klassenschülerzahl im Durchschnitt weit herabzudrücken.
Hohes Haus, meine Damen und Herren! Die Gruppe 2, wie sie uns im Voranschlag des Landes für
das Jahr 1977 vorliegt, ist seit dem Vorjahr weitaus umfangreicher geworden, als sie früher einmal
war. Neben Unterricht und Erziehung umfaßt sie auch Sport und Wissenschaft, die außerschulische
Jugenderziehung, die Jugendherbergen und die Jugendheime, auch die Erwachsenenbildung und das
landwirtschaftliche Bildungswesen mit den landwirtschaftlichen Berufsschulen und den
landwirtschaftlichen Fachschulen. Der Umfang dieser Gruppe macht im außerordentlichen Haushalt
Einnahmen von rund 3 Milliarden Schilling und Ausgaben von rund 3,8 Milliarden Schilling aus, das
sind rund 28% der Ausgaben des gesamten ordentlichen Haushaltes überhaupt. Ich kann mit einer
gewissen Befriedigung feststellen, daß die Hauptposten dieser Gruppe, die Beiträge für die beiden
Schulbaufonds, für den Schul- und Kindergartenbaufonds und für den Berufsschulbaufonds, die
vorerst in gleicher Höhe wie im Vorjahr aufscheinen, als ausreichend angesehen werden können,
wenn man einschließt, daß ja die Möglichkeiten der Nachtragsbudgets noch gegeben sind.
Was die Tätigkeit auf dem Gebiete des Pflichtschulbaues in Niederösterreich betrifft, so muß man
zwar der Aussage zustimmen, die auch der Landesfinanzreferent gestern gebracht hat, daß der große
Nachholbedarf, der uns durch die Kriegs- und Nachkriegszeit und durch den Wunsch der Gemeinden,
ihren in die Schule gehenden Kindern ein schönes und gutes Schulhaus zu schaffen, entstanden ist,
im großen und ganzen erfüllt wurde. Jetzt und in Zukunft wird es neben den Ausfinanzierungen
größerer Schulbauten, die natürlich noch anhängen, wahrscheinlich in erster Linie notwendig und
wichtig sein, noch eine Reihe von Einzelprojekten durchzuführen, Schwerpunktschulen wahrscheinlich
oder auch Schulen des Polytechnischen Lehrganges, von denen es noch zu wenige gibt. Mittlerweile
ist es nämlich den Pädagogen bewußt geworden und eigentlich auch schon sehr lange bekannt
gewesen, daß die Polytechnischen Lehrgänge nur dann ihren Sinn haben können, wenn es sich hier
um differenzierte Einrichtungen handelt und nicht um angehängte Lehrgänge an bestehenden
Schulen, vorwiegend an Hauptschulen oder an vollorganisierten Volksschulen; daß es also nur einen
Sinn hat, diesen PoIytechnischen Lehrgang überhaupt weiterzuführen und in eine Zukunft zu bringen,
wenn in den Polytechnischen Schulen die Möglichkeit der Differenzierung besteht.
Es ist selbstverständlich, daß wir mit Anforderungen an den Schulbaufonds in den nächsten Jahren
natürlich auch dadurch rechnen werden müssen, daß viele Gemeinden zu Adaptierungen schreiten
werden, vor allen Dingen auch zur Schaffung von Spezialeinrichtungen, soweit sie diese noch nicht
haben, wie Werkräume, Turnsäle, Zeichen- und Physiksäle, Musikräume und so weiter. Außerdem
werden die Mittel des Schulbaufonds sicherlich auch in den nächsten Jahren, vielleicht sogar
verstärkter als bisher, für den Bau weiterer Kindergärten eingesetzt werden müssen.
Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Auch auf dem Gebiete des Bundesschulbaues in
Niederösterreich sind gewaltige Fortschritte gemacht worden. Ich möchte hier auch feststellen, daß in
Niederösterreich noch nie so viele Schulen in Bau waren wie heute. Das ist eine berechtigte
Feststellung und wer etwas anderes sagt, der lügt. 1976 waren in Niederösterreich in 13
Schulstandorten Bundesschulen in Bau, dazu kommen noch vier Schulbauten, die im LeasingVerfahren hergestellt werden. Die Gesamtbaukosten für diese in Bau befindlichen Schulen belaufen
sich auf 1.659 Millionen Schilling, die Jahresbaurate 1976 betrug 220 Millionen Schilling. 1977 werden
Bundesschulen in 19 Standorten in Niederösterreich in Bau sein, dazu sechs Schulbauten im LeasingVerfahren. Die Gesamtbaukosten, die dann für diese 19 Schulen berechnet werden können, werden
sich auf 1.880 Millionen Schilling belaufen und die Jahresrate 1977 wird 353 Millionen Schilling
betragen. Dazu ist noch zu sagen, daß es eine Reihe von weiteren Schulbauten gibt, die zur Zeit im
Planungsstadium stehen, oder solche, die knapp vor dem Planungsstadium stehen. Ich bin als
sozialistischer Abgeordneter eigentlich sehr zufrieden, feststellen zu können, daß alle Schulen, die zur
Zeit in Bau sind, und alle Schulen, die zur Zeit geplant werden, sowohl hinsichtlich der Zahl als auch
hinsichtlich ihres Standortes fast genau der Forderung entsprechen, die wir Sozialisten im Jahre 1974
mit dem Niederösterreich-Plan aufgestellt haben, nachzulesen im Kapitel „Bau von mittleren und
höheren Schulen". Hier ist ein Stück unseres sozialistischen Niederösterreich-Planes tatsächlich
verwirklicht worden bzw. steht in der Endverwirklichung.
Hohes Haus! Meine Damen und Herren! 1976 war das Jahr, in dem wir auch endlich das
Raumordnungsprogramm für die Schulstandorte erhalten haben. Es wurde fertiggestellt und ich
möchte hier die Feststellung treffen, daß wir dieses Programm, soweit es die Pflichtschulen betrifft,
genau genommen eigentlich auch schon vor einigen Jahren hätten haben können. Das fertiggestellte
Programm entspricht nämlich mit nur wenigen Ausnahmen sehr genau dem seinerzeitigen Entwurf
des Schulreferates, der Abteilung VIII/1 nd es ist also ein Beweis dafür gegeben worden, daß
Schulstandorte nicht einfach irgendwie gefunden werden können, sondern daß sie, wie ich auch
schon in einer der vorherigen Diskussionen der Budgetdebatte ausgeführt habe, historisch entstanden
sind. Auch bei den weiterführenden Schulen, bei den höheren und mittleren Schulen, ist eigentlich das
Raumordnungsprogramm, das nun fertig vorliegt, nicht viel anders als ein Katalog zusammengestellter
Tatsachen. Wo Schulen sind, dort muß man sie hinnehmen und wo höhere Schulen, mittlere Schulen
geplant sind - allein die Planung und die Voraussicht ist ein Vorgang von Jahren und Jahrzehnten -,
dort muß man sie ebenfalls anerkennen und in ein solches Raumordnungsprogramm aufnehmen.
Meine Damen und Herren, der Lehrerbedarf in Niederösterreich steht seit vielen Jahren im Mittelpunkt
der Öffentlichen Dikussion. Ich möchte hier feststellen, daß es mir sehr oft vorkommt, als ob gerade in
dieser Frage unkontrollierte Zahlen über den Mangel an Pflichtschullehrern in die Öffentlichkeit
kommen. Ich kann nicht umhin, hier den Herrn Landeshauptmann selbst zu zitieren, der bei
verschiedenen festlichen Anlässen - aus der Landeskorrespondenz ist es nachträglich zu entnehmen
und ich habe es auch dort herausgenommen - einmal in verhältnismäßig kurzer Zeit hintereinander
davon sprach, daß einige hundert Pflichtschullehrer in Niederösterreich noch fehlen würden, ein
andermal von fünfzehnhundert, die fehlen würden und ein drittes Mal, einige Wochen später, von
tausend, die fehlen würden. In Wirklichkeit, glaube ich, muß man feststellen, daß wir gerade jetzt auf
dem Punkt angelangt sind, an dem der Mangel allmählich beginnt, zu einem Überangebot
hinüberzuwechseln. In anderen Bundesländern, das ist keine Neuigkeit, ist es ja schon so weit, auch
teilweise in Niederösterreich, wenn man eine bestimmte Lehrersparte hernimmt. Niederösterreich folgt
dieser Entwicklung der anderen Bundesländer nur mit einer verhältnismäßig geringfügigen
Verspätung. Ich glaube, meine Damen und Herren, hier muß man schon bedenken, daß die
sinkenden Schülerzahlen, die uns jährlich eine Absenkung von 4.000 bis 6.000 Schüler zeigen, rein
mathematisch bedeuten, daß man jährlich um 200 Pflichtschullehrer weniger brauchen würde. Dabei
ist es gar kein Trost, daß man die Senkung der Höchstschülerzahl durch eine Gesetzesänderung
verlangt; das ist für Niederösterreich schon gar keine Lösung, weil sich eine Senkung der
Höchstschülerzahl bei der gegebenen Realität in unserem Bundesland nicht mehr auswirken würde.
Es ist nämlich Tatsache, daß die Höchstschülerzahl von 36 Schülern je Klasse in unserem
Bundesland überhaupt nur mehr in Ausnahmefällen erreicht wird. Es ist weiters Tatsache, daß auch
die Normschülerzahl von 30 pro Klasse im Durchschnitt nicht mehr erreicht wird. Ich glaube, daß man
in diesem Zusammenhang überhaupt nicht mit der Höchstschülerzahl oder mit der Normschülerzahl
allein operieren sollte. Besser wären Berechnungen, wie sie auf dem Gebiete der allgemeinbildenden
höheren Schulen oder überhaupt bei den höheren Schulen getätigt werden, wo man die Schülerzahl,
die Klassenzahl und den Stundenaufwand je Klasse zueinander in Relation setzt. Dabei müßte man
allerdings berücksichtigen, daß die gesetzlichen Teilungsmöglichkeiten in Gruppen miteingerechnet
werden, aber nicht die möglichen Neigungsgruppen und die möglichen Stunden des
Förderunterrichtes werden, wobei ungefähr, wenn man sich an die Vorgangsweise bei den AHS hält,
eine Klasse mit ca. 42 Stunden im Durchschnitt anfallen würde. Bei einer solchen Berechnung würde
noch ein bißchen Zeit gewonnen, bis wir das Überangebot zu verkraften haben werden. Zur Zeit,
meine Damen und Herren, sinken die Schülerzahlen nämlich unten, an den Volksschulen, daher gibt
es für die Lehrer, die dort überzählig werden, noch einen Ausweg. Die Volksschullehrer werden an
den Hauptschulen verwendet, weil es noch immer Mangel an ausgebildeten Hauptschullehrern gibt. In
einigen Jahren aber wird der Überschuß auch an den Hauptschulen spürbar werden, wenn erstens
die Schülerzahlen dann auch oben, an den Hauptschulen nämlich, sinken und wenn es sich zweitens
noch stärker auswirkt, was man jetzt beobachten kann, daß ca. 60% der Studierenden an den
Pädagogischen Akademien eine Hauptschulausbildung wählen und nicht die Volksschulausbildung.
Eine weitere Schwierigkeit auf diesem Gebiet scheint sich auch aus der Tatsache zu entwickeln, daß
die Fachgruppen in der Hauptschullehrerausbildung sich an ein Leitfach, und zwar an Deutsch,
Mathematik und Englisch binden und daher ein Überschuß an Lehrern, für Deutsch, Mathematik und
Englisch ausgebildet wird, während auf der anderen Seite ein Mangel an Hauptschullehrern für die
anderen Fächer - da gibt es eine große Reihe über Physik, Biologie, Umweltkunde und so weiter automatisch mit der Zeit entsteht. Ich würde hier ganz offen vorschlagen, sich ein bißchen mehr mit
dieser Problematik auch im Landesschulrat zu beschäftigen und vielleicht dahin zu wirken, daß die
Fächerkombination entweder elastischer gestaltet wird, oder überhaupt für eine vollkommene
Freigabe der Fächerkombination plädieren.
Große Schwierigkeiten hat es schon in diesem Schuljahr bei den Arbeitslehrerinnen gegeben. Wir
haben zu Beginn des Schuljahres 1976/77 ca. 90 Arbeitslehrerinnen gehabt, die sich um Aufnahme
bewarben. 50 von ihnen wurden eingestellt, ca. 40 konnten nicht eingestellt werden. Dabei ist zu
bedenken, daß die Zahl der Abweisungen in den nächsten Jahren natürlicherweise eher größer sein
wird und deshalb wäre auch ganz besonders - ich möchte es ausdrücklich tun – darauf hinzuweisen,
daß diese Tatsache zu einem ganz gefährlichen Engpaß führen kann, überhaupt dann, wenn
besonders die Privatschulen ohne weitere Einschränkung, die sie sich einfach nicht gefallen lassen
wollen, diese Arbeitslehrerinnen weiterhin in größerer Zahl ausbilden.
Ich muß in diesem Zusammenhang und im Zusammenhang mit dem Stand der Lehrer-zahl überhaupt
doch wohl darauf hinweisen, daß es der Herr Landesrat Grünzweig war, der vor Jahren schon die
Situation, so glaube ich sagen zu können, richtig erkannt und damals schon auf die kommenden Jahre
sehr eindringlich aufmerksam gemacht hat. Er wurde durch eine Gegenerklärung des damaligen
amtsführenden Präsidenten des Landesschulrates desavouiert. Heute, glaube ich, ist der Herr
Landesrat Grünzweig in seiner damaligen Aussage und in seiner damaligen Warnung bestätigt
worden.
Hohes Haus! Die Ausübung der Diensthoheit über die Pflichtschullehrer ist bekanntlich eine
Angelegenheit des Landes. Wir haben ja erst vor gar nicht so langer Zeit das Niederösterreichische
Landeslehrer-Diensthoheitsgesetz novelliert. Dieses Niederösterreichische LandeslehrerDiensthoheitsgesetz normiert das Verhalten oder die Aufgaben des Landes und der Landesstellen im
Zusammenhang mit den vielen und vielfältigen Personalmaßnahmen, die auf dem Gebiete der
Pflichtschule zu treffen sind, teils Einstellung, Versetzung und so weiter. Auf diesem Gebiete werden
sowohl der Landesschulrat als auch die Bezirksschulräte und die Lehrerkommissionen tätig. Seit
langer Zeit ist der Wunsch der Lehrerschaft und auch glaube ich, der Vorwurf aus dem Volke
allgemein bekannt, daß die Personalmaßnahmen auf dem Gebiete der Schule so objektiv als möglich
gesetzt werden. Man sprach von der Objektivierung in Personalangelegenheiten. Ich glaube, ich
verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, daß seit cirka zwei Jahren Verhandlungen in Richtung auf
Erlangung einer solchen Objektivierung zwischen den beiden Fraktionen des Landesschulrates und
den Fraktionen der Lehrerkommissionen geführt werden, allerdings mit Sitzungen in sehr großen
Zeitabständen. Dieser Wunsch, sich zusammenzusetzen, um hier zu einer objektiven Aussage und
Lösung zu kommen, war nicht nur allein - natürlicherweise in erster Linie - der Wunsch der Minderheit.
Es war auch der Wunsch der Mehrheit, weil insbesondere die Erkenntnisse des
Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Jahre 1974 seit ihrem
Vorliegen förmlich zu so einer Aussprache den äußeren Anlaß gaben. Die Verhandlungen, die da
geführt werden, umfassen vier Sektoren. Vier Sektoren, auf denen man sich schon bisher bemüht hat,
objektive Grundsätze zu finden. Erstens für die Neueinstellung von Lehrern, zweitens für die
Versetzung innerhalb des Landes, drittens für die Verleihung schulfester Stellen und viertens für die
Verleihung der Leiterstellen. Die bisherigen Ergebnisse dieser Verhandlungen sind immerhin so, daß
nicht nur eine Reihe von Grundsätzen echt erarbeitet wurde, sondern daß man auch darangehen
konnte, diese nach ihrem Wert zu reihen, also sozusagen eine Gewichtung vorzunehmen. Und
vielleicht das ganz besonders positive dabei war, daß eigentlich in allen diesen bisher besprochenen
Grundsätzen auch eine Übereinstimmung erzielt werden konnte. Ich glaube, es wäre notwendig, diese
Gespräche mit mehr Intensität fortzusetzen, um die restlichen Grundsätze zu erarbeiten, die restliche
Wertung durchzuführen und schließlich die Gespräche dann überhaupt abzuschließen, denn zwei
Jahre sind schon eine lange Zeit. Letzten Endes ist die Zustimmung der politischen Gremien
einzuholen, denn alle Vereinbarungen haben nur dann einen Sinn, wenn sie auch beschlossen
werden können. Meiner Meinung nach könnte für einen Teil des Verhandlungsergebnisses in
kürzester Zeit, morgen schon oder übermorgen, ein Abschluß und eine entsprechende Zustimmung
durchgesetzt bzw. vorgeschlagen werden.
Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Bevor ich zum Abschluß komme, noch eine besondere
Sache, die ich gerne hier vorgebracht hätte. Im Schuljahr 1975176 haben 227 Pflichtschulen in
Niederösterreich mit 459 Schulschikursen gearbeitet. Die Teilnehmerzahl an diesen Schulschikursen
ist gar nicht gering.
21.300 Knaben und 9.900 Mädchen, also rund 31.200 Schülerinnen und Schüler unserer
Pflichtschulen haben an diesen Schulschikursen teilgenommen. Die Kosten für einen Schulschikurs
pro Kind sind nicht gerade niedrig. Im Durchschnitt, so wurde festgestellt, werden ungefähr 1.200
Schilling gebraucht, um ein Kind an einem solchen Schulschikurs teilnehmen zu lassen. Dazu muß
man rechnen, daß natürlicherweise sehr oft die Beschaffung der Schiausrüstung oder zumindestens
die Ergänzung der Schiausrüstung notwendig wird. Für viele Eltern ist das eine große Belastung und
für viele Schüler ist es eine herbe Enttäuschung, wenn sie zurückbleiben müssen; für viele Schulen ist
es auch ein organisatorisches Problem, wenn für Zurückgebliebene ein Ersatzunterricht eingerichtet
werden muß. Schikurse in Österreich, im klassischen Land des alpinen Schilaufes, sind wohl eine
Selbstverständlichkeit. In einem Land, in dem der Schisport fast Volkssport Nummer eins ist, ist es
daher auch etwas Selbstverständliches, daß man diese Schulschikursbewegungen fördert. Der Bund
führt eine solche Förderung schon seit Jahren für die Bundesschulen durch, er fördert die einzelnen
Schulen mit ihren Schikursen und gibt dafür eine verhältnismäßig beträchtliche Menge Geld aus. Ich
würde daher gerne anregen, daß sich auch das Land eine Förderung für die Landesschulen, also für
die Pflichtschulen, einfallen läßt und möchte den Herrn Finanzreferenten, wenn er auch jetzt nicht
anwesend ist, doch gerne auffordern, sich hier miteinzuschalten. Natürlich müßte Form, Art, Höhe und
Begrenzung in Form von Richtlinien genauestens festgelegt werden.
Hohes Haus! Nun abschließend: Ich habe mich bemüht, einige Probleme des Schulwesens
aufzuzeigen, ich kann abschließend aber feststellen, daß die Entwicklung bzw. die Weiterentwicklung
des Schulwesens in Niederöterreich im großen und ganzen wohl ordnungsgemäß verläuft. Zum Teil
mit einem äußerst großen Engagement von seiten der Lehrer, auch von seiten der Eltern und sogar
der Schüler, insbesondere von jenen, die schon in einem Alter sind, daß sie ein Ziel vor Augen haben.
Insbesondere aber auch von seiten der Gemeinden, die auch sehr bewußt auf dem Gebiete des
Pflichtschulwesens Hervorragendes geleistet haben und immer wieder von Neuem leisten. Dafür soll
Dank gesagt werden, denn schließlich bleibt es dabei, was schon oft ausgesprochen wurde, gerade
auch in diesem Hause und von diesem Rednerpult aus: Die Arbeit für die Schule, die Arbeit für die
Bildung ist und bleibt die beste Investition für unsere Zukunft. (Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt der Abg. Schober.
Abg. Ing. SCHOBER: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Eine Politik für ein modernes
Niederösterreich muß auch der Bildung neue Zielsetzungen geben. Die Schule ist immer das
Spiegelbild der Gesellschaft und Veränderungen der Gesellschaftsstruktur haben immer auch
Veränderungen im Schulwesen zur Folge. Das Bundesland Niederösterreich hat dieser Tatsache in
vorbildlicher Weise Rechnung getragen. Von meinem Herrn Vorredner wurde schon festgestellt, daß
es bei jedem Budget möglich war, die notwenigen finanziellen Mittel für die Bildung in diesem Lande
sicherzustellen. Ich darf an dieser Stelle der guten Finanzpolitik des Finanzreferenten Ludwig ein
herzliches Dankeschön sagen, daß dies möglich war.
Durch Maßnahmen ab dem Jahre 1965, also durch die Schulreorganisation, ist derzeit die
Schulorganisation im Bundesland Niederösterreich optimal. Durch die Errichtung von modernen,
zweckmäßigen Schulen in einem noch nie dagewesenen Umfang wurden die entsprechenden
Voraussetzungen für die Durchführung dieser Schulreorganisation geschaffen. Es sei mir hier
gestattet, diese Zahlen am Schulbausektor noch einmal in Erinnerung zu rufen. Es wurden in der
Zweiten Republik insgesamt 790 Schulen errichtet, davon 257 Volksschulen, 156 Hauptschulen, 64
Schulbauten, die sowohl eine Volks-, als auch eine Hauptschule einschließen, 4 Sonderschulen, 5
Polytechnische Schulen und 304 Kindergärten. Ich möchte bei dieser Gelegenheit hier erwähnen, daß
durch den Begriff der offenen Schule diese Investitionen nicht nur unseren Schülern zugute kommen,
sondern auch der außerschulischen Bildung dienen, sowohl auf dem Sektor der Allgemeinbildung als
auch auf dem kulturellen und sportlichen Sektor, wenn wir an die Turnsäle, Gymnastikräume und
Sporthallen denken.
Während die gesteckten Ziele punkto Schulorganisation und Schulbau erreicht sind, sind noch
Maßnahmen im Hinblick auf den inneren Schulbetrieb erforderlich. Es sei mir gestattet, eine
gewichtige Forderung anzuführen. Eine weitgehende Individualisierung des Unterrichtes als
Voraussetzung zur Hebung der Selbständigkeit der Schüler, eine verstärkte Aktualisierung des
Unterrichtes zur Bewältigung der dauernden Änderungen in allen Lebensbereichen und eine
Mitwirkung der Schüler an der Unterrichtsgestaltung im Bereich des Schullebens - wir haben ja
gesetzlich die Schulgemeinschaftsausschüsse geschaffen - als Grundlage der Zusammenarbeit
zwischen Lehrer und Schüler. Sicher, meine Damen und Herren, ist diese Forderung sehr stark vom
Schüleralter abhängig. Dann eine möglichste Objektivierung des Unterrichtes durch Einsatz moderner
Unterrichtsmittel. Hier liegen wir in manchen Bereichen noch sehr im Argen, wenn ich beispielsweise
daran denke, daß der Overhead-Projektor eine wesentliche Hilfe im Unterricht darstellt und an. vielen
Schulen nur ein solches Gerät für die gesamten Lehrer zur Verfügung steht. Auch die Verbesserung
der Leistungsfeststellung in den Schulen ist eine wichtige Maßnahme dieses Forderungskataloges. Ich
weiß, geschätzte Damen und Herren, daß für diese Forderungen die gesetzlichen Grundlagen zum
Großteil geschaffen wurden, zum Teil ist die Erreichung dieser Ziele von bundesgesetzlichen
Maßnahmen abhängig.
Es sei mir hier von dieser Stelle aus gestattet, weil wir uns in der Endphase der Schulreorganisation
befinden, doch auch einen kurzen Überblick aus der Sicht des Standes 1976 zu geben. Die Stillegung
von weiteren 33 einklassigen Volksschulen im Sommer und die jetzt laufende Neufestsetzung aller
Schulsprengel, von denen mein Herr Vorredner schon gesprochen hat, für die Pflichtschulen in
Anlehnung an das Schulraumordnungsprogramm bedeuten eine abschließende Phase der
Schulreorganisation. Sicher, geschätzte Damen und Herren, wird es noch einige Stillegungsfälle
geben. Wenn es gelungen ist, die Zahl der Volksschulen in dieser Reorganisationsperiode von 1.272
auf derzeit 680 Volksschulen zu vermindern und damit 592 meist einklassige Volksschulen aufgehört
haben zu existieren, so war das sicherlich schmerzlich für unsere Gemeinden, aber doch notwendig,
wenn wir die bessere schulische Ausbildung des Kindes im Mittelpunkt unseres Schulgeschehens
belassen. Im Schuljahr 1976/77 30 einklassige Volksschulen für 795 Schüler, am Beginn der
Reorganisation 443 einklassige Volksschulen für 13.033 Schüler, diese Zahlen bestätigen die
Richtigkeit der getroffenen Maßnahmen. Daß im gleichen Zeitraum die Zahl der vierklassigen
Volksschulen ohne Oberstufe von 144 Schulen mit 33.857 Schülern auf 392 Schulen mit 73.357
Schülern angestiegen ist und daß die Zahl der Hauptschüler von 44.948 auf 78.817 anwuchs, zeigt
den Erfolg der Schulreform.
Wenn wir diese Pflichtschulkategorien ansehen, so war die Neuerrichtung von 50 Hauptschulen auch
baumäßig zu bewältigen und durch diese Reform der Zubau und Neubau bestehender Hauptschulen
einschließlich vieler Nebenräume erforderlich. Für 34.000 zusätzliche Hauptschüler mußten allein
1.400 Klassen neu geschaffen werden, dazu selbstverständlich die erforderlichen Nebenräume, wie
Physiksäle, Turnsäle, Werkräume, Lehrschwimmbecken und dergleichen mehr. Ich darf hier
feststellen, daß auch im heurigen Jahr der Schul- und Kindergartenbaufonds wieder ein
Budgetschwerpunkt ist, allerdings nicht so sehr am allgemeinen Schulbausektor, sondern vorwiegend,
wie das schon erwähnt wurde, am Kindergartensektor und vor allem am Ausbau der berufsbildenden
Schulen, also der Berufsschulen.
Auch beim niederösterreichischen Sonderschulwesen sind Erfolge zu verzeichnen. Ich möchte hier mit
einem Irrtum aufräumen; bitte mir das zu verzeihen, daß man oft in der Bevölkerung den Ausdruck
,,Teppenklasse“ hört. Ich darf aus meiner eigenen Erfahrung feststellen, daß das oft für wenig
bildungsfähige Kinder eine günstige Starthilfe ist und daß es auch möglich ist, Kinder, die diese
Klassen besuchen, wieder in das normale Schulleben einzugliedern. Wir haben hier von 21 Schulen
auf 91 Schulen aufgestockt, die Schülerzahl ist von 3.692 auf 6.950 Schüler angestiegen. Nicht weil
das Niveau immer schlechter wird, sondern weil es wichtig ist, wenn man in der ersten Klasse
bemerkt, daß ein Mitkommen im Normalunterricht nicht möglich ist, diese Kinder in eine
Sonderschulklasse einzuweisen, um sie später wieder, wie ich schon erwähnt habe, in den normalen
Bildungsgang einführen zu können.
Man hat sich auch über das 9. Schuljahr den Kopf zerbrochen und weiß, daß die Schulkategorie des
Polytechnischen Lehrganges einer weiteren Förderung bedarf. Wir wissen doch, daß heute
Fachberufe und die Lehre sehr gefragt sind und das neunte Schuljahr, das Polytechnische Jahr, hier
eine Berufsvorbereitung sein soll. Ich bin mir bewußt, daß gerade auf diesem Sektor von der
Ausbildung her, von den Lehrausgängen, von den Betriebsbesuchen her noch sehr viel Möglichkeiten
gegeben sind.
128 Schulstandorte erfassen zur Zeit in 274 Klassen 7.600 Schüler. Meine Damen und Herren, ich bin
persönlich nicht der Ansicht, daß hier ein stärkeres Ansteigen der Schülerzahlen erfolgen wird, weil
sehr viele berufsbildende Schulen in ihrem Bildungsgang auch heute das neunte Schuljahr ersetzen,
wobei ich zum Beispiel an die Gruppe der Handelsschulen denke, der Kindergartenausbildung oder
der landwirtschaftlichen Fachschulen.
Die Schulgesetze 1962 und der 1965 in Angriff genommene Schulreorganisationsplan, die
Gemeindezusammenlegung und die Arbeit am Schulraumordnungsprogramm haben ihre Spur auch
an den Pflichtschulen im positiven Sinne hinterlassen. Nun ist diese Arbeit der Schulreorganisation
abgeschlossen und jetzt - ich habe eingangs davon gesprochen - wäre es möglich, zum Wohle der
Jugend die innere Arbeit an den Schulen zu beginnen. Zusammenfassend und abschließend darf ich
noch eine Übersicht aus dem Schuljahr 1975/76 geben: Heuer besuchen 89.266 Volksschüler in
3.320 Klassen die 680 öffentlichen Volksschulen, 78.817 Hauptschüler in 2.892 Klassen die 251
öffentlichen Hauptschulen und 6.950 Sonderschüler die 91 Sonderschulen und angeschlossenen
Sonderschulklassen. 7.576 Schüler besuchen die Polytechnischen Lehrgänge.
Ein Wort vielleicht zum Personalstand. Es wurde heute angeführt, daß man so verschiedene Zahlen
hört über den Fehlbestand an Lehrern. Ich darf eingangs feststellen, wir differieren, Herr Kollege
Kosler, um 4 Lehrer; auf die wird es uns nicht ankommen. Sie haben die Zahl 9.746 genannt, ich habe
als derzeitigen Stand 9.742 Lehrer bestätigt bekommen. Nein über 4 Damen oder Herren werden wir
nicht streiten. Ich darf nur erwähnen, daß davon 62% Damen sind und 38% Herren, was zur Überlegung führen würde, daß doch die Lehrerreserve - das liegt in der Anatomie der Frauen - bei einem
derart ,,verweiblichten" Personalstand etwas höher sein müßte als normal. Diese Lehrer gliedern sich
auf in 5.705 Volksschullehrer, 2.366 geprüfte Hauptschullehrer, 280 Sonderschullehrer, 124 Lehrer
des Polytechnischen Lehrganges, 166 Religionslehrer, 62 Fremdsprachenlehrer, 24 Sportlehrer und
955 Arbeitslehrerinnen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit meiner Freude Ausdruck verleihen, daß bei
Durchsicht des Budgets auch Mittel für die Lehrerfortbildung entsprechend verankert sind. Denken wir
daran, daß bei der Fünftagewoche - es gibt ja Bundesländer, wo sie bereits durchgeführt wird, z. B.
Oberösterreich oder die Steiermark, wo man jetzt eine gesetzliche Möglichkeit geschaffen hat - flan-
kierende Maßnahmen notwendig sind, die auch von meinem Vorredner angezogen wurden. Man soll
sich das nicht so einfach machen und sagen, 40 durch 6 hat soundsoviel Stunden ergeben und 40
Wochenstunden durch fünf sind halt 8 Stunden, so einfach dürfte das nicht sein. Mit der Einführung
dieser Fünftagewoche wäre unbedingt eine Lehrplanreform oder, wenn man sagen will, eine Lehrplanentrümpelung verbunden. Wer jemals bei Lehrplankonferenzen dabei war, wird die ungeheure
Schwierigkeit einer solchen Maßnahme erkennen, wobei ich auch der Ansicht bin, daß dies an den
verschiedenen Organisationsformen liegt.
Wenn ich schon bei der Fünftagewoche bin: Ich habe mich im Bezirk einmal bemüht, die verschiedensten Zuständigen, von den Ärzten über die Eltern bis zu den Kindern zu befragen. Eines stelle ich
gleich fest, nach Meinung der Ärzte ist das schwierig. Ich habe dort die Antwort bekommen - nichts
gegen Ärzte -, ob wir lauter Neurotiker heranbilden wollen. Ich kann jetzt nicht prüfen, ob diese Erkenntnisse wissenschaftlich fundiert oder nicht fundiert sind, von den Ärzten aus gesehen ist die
Fünftagewoche eine Überforderung. Bei den Eltern und Schülern ist das je nach Organisationsform
verschieden. Bei der Grundschule wäre es noch am leichtesten durchzuführen, bei der Hauptschule
schon etwas bedenklicher und bei den AHS und berufsbildenden Schulen nach Aussage von Schülervertretern fast unmöglich, wenn man hier nicht flankierende Maßnahmen setzt. Ich habe mir einmal
gedacht, als ich noch bei den berufsbildenden Fachschulen war, daß beim Gegenstand Pflanzenbau,
wo die Vererbungslehre gebracht wurde, der Mendel genau durchgenommen wurde; der Tierzüchter
hat das ebenso getan und es war fast unmöglich, den Herren zu verstehen zu geben, daß hier bei
einer Blockbildung des Unterrichtes oder Gegenstandsgruppen eine Zeiteinsparung möglich wäre. Ich
könnte mir auch vorstellen, daß man durch solche Maßnahmen ein Plus bei Einführung der Fünftagewoche erreichen könnte. Ich darf mich aber jetzt von der Fünftagewoche abwenden. Ich bin der
Überzeugung, daß es in einvernehmlichen Gesprächen und mit flankierenden Maßnahmen unter
Schaffung eines breiten Konsenses der Elternschaft auch bei uns möglich sein müßte, die
Fünftagewoche auf eine gesetzliche Basis zu stellen.
Zum Lehrerfehlbestand hoffe ich, jetzt die richtigen Zahlen präsentieren zu können. Mir wurde
bestätigt und das dürfte sich mit der zuletzt angegebenen Zahl des Herrn Landeshauptmannes
decken, der immer up to date ist, daß in Niederösterreich ein Fehlbestand von 1.000 Lehrern ist. Auf
Grund der neu eintretenden Lehrer ist anzunehmen, daß wir in zwei bis drei Jahren den Fehlbestand
abgebaut haben, wobei ich feststellen darf, daß sich dieser Fehlbestand nicht gleichmäßig auf alle
Bezirke verteilt. Ich glaube, so ein Bezirk, der mit einem argen Lehrermangel zu kämpfen hat, ist bei
uns im Westen immer der Bezirk Amstetten, der fast ein Fünftel dieses Fehlbestandes aufzuweisen
hat.
Von der Schülerzahlentwicklung wurde schon gesprochen, meine Damen und Herren. Ich habe das im
Vorjahr angezogen, aber manchen ist das, glaube ich, nicht so richtig bewußt geworden. Wir haben ja
einen Geburtenrückgang, im Land Niederösterreich vom Jahre 1969 bis zum Jahre 1975 ca. 6.000
Geburten weniger. Wo es keine Kinder gibt, gibt es auch keine Kindergärten und keine Schulen und
manche Bezirke haben einen Geburtenrückgang bis zu 50% aufzuweisen.
Es sei mir hier gestattet, auch ein Wort zu den Schulversuchen zu sagen. Es wäre unrichtig und
vollkommen falsch, wenn wir sie in Bausch und Bogen verurteilen würden. ich persönlich vermisse
etwas bei den Schulversuchen - es gibt eine Unzahl davon – und würde es begrüßen, wenn der
Schulausschuß hier im Landtag oder die zuständigen Abgeordneten einmal über die Art der Versuche
eingehend informiert würden und entsprechende Zwischenergebnisse erhalten würden. Das wäre ein
Wunsch von mir, weil man sich dann als Abgeordneter wenn die verschiedensten Meinungen
grassieren, ein Bild machen könnte. Mir wurde vom Landesschulrat Auskunft gegeben, das muß ich
erwähnen, damit nicht jemand sagt, wärst du dort hingegangen und hättest dich erkundigt, was es da
alles gibt an Vielfalt. Das habe ich getan und mir wurde bestätigt: Versuche mit Vorschulklassen. Also
ich muß sagen, was sich da in der Praxis draußen mit Vorschulklassen und vorschulischer Erziehung
tut, von der Terminologie her und Begriffsverwirrung, ist katastrophal. Ich habe auf Grund der
gesetzlichen Bestimmungen herausgefunden, daß eine Vorschulklasse für jene Schulpflichtigen
einzurichten ist, die wohl schulpflichtig sind, aber nicht schulreif, und daß die Vorschulklasse die
Aufgabe hat, diese nicht schulreifen Schulpflichtigen an die Schulreife heranzuführen. Nichts zu tun
hat das mit der vorschulischen Erziehung von Kindergartenkindern oder Kindern, die nicht
schulpflichtig sind.
Eine Ansicht der Volkspartei und auch meine persönliche: Bis zur Schulpflicht, bis zum sechsten Jahr
gehört ein Kind in den Kindergarten und es wäre auch ein Unsinn, 304 Kindergärten zu errichten, das
Kindergartenwesen derart auszubauen, und diese Kinder dann in die Vorschulklassen zu schicken,
wo man räumliche Schwierigkeiten hat, aber auch Schwierigkeiten vom Personal her gegeben sind.
Ich glaube, ich habe das jetzt als Debattenredner richtig formuliert, was die Vorschulklasse und was
die vorschulische Erziehung ist, denn bei Elternversammlungen, wo ich auch öfters das Wort ergreife,
gibt es da die furchtbarsten Ansichten und Meinungen. Solche Versuche sollen an 18 Vorschulen in 7
Schulbezirken für 140 noch nicht schulpflichtige Kinder stattfinden, höre ich da. Bitte, ich würde gerne
erfahren, wie alt sind denn die Kinder? Sind das die, die vorschulpflichtig sind, vom 1. September bis
31. September? Gehören die überhaupt in diese Vorschulklassen? Es wäre nicht uninteressant, auch
für die Damen und Herren Abgeordneten, hier einmal klar zu sehen. Das war ein kurzes Wort zu den
Vorschulklassenversuchen.
Dann gibt es die fremdsprachige Vorschulung. Hier hört man auch Differentes. Von zuständigen
Leuten, die das überwachen, wurde bestätigt, daß dies eine wertvolle Hilfe für den
Fremdsprachenunterricht der Hauptschule ist. Bitte, ich weiß nicht. Ich hoffe, daß das nicht ein
Grammatikal-Englisch sein kann, sondern nur ein Vokabellernen, es wird an der Grundschule
durchgeführt. Schwierig wäre es, wenn man fremdsprachlich verbildet würde, in Englisch, gerade in
der Aussprache. Ich kann dazu von dieser Warte aus nicht mehr sagen.
Dann gibt es Grundschulversuche mit aufgefächertem Unterricht je nach der Neigung des Lehrers,
wobei ein Mathematiker die Mathematikgegenstände, der andere die Deutschgegenstände nimmt.
Hier haben wir eine ganze Reihe solcher Grundschulversuche. Das waren die wichtigsten Versuche,
die an der Grundschule durchgeführt werden.
An der Hauptschule haben wir die Schule der 10- bis 14jährigen, die Gesamtschule, aber ganz wenige
Versuche, glaube ich, wo man Untergymnasium und Hauptschule einerseits von Professoren und
anderseits von Hauptschullehrern unterrichten Iäßt. Sehr wesentliche Versuche in einer großen
Anzahl betreffen die integrierte Gesamtschule, vielleicht könnte man auch den Begriff integrierte
Hauptschule gebrauchen. Das wäre der Versuch, bei welchem später einmal die zweizügige
Hauptschule, die wir gefordert haben, wahrscheinlich fallen würde, weil man hier mit drei
Leistungsgruppen arbeitet. Es gibt verschiedene Varianten bei dieser integrierten Gesamtschule.
Und dann gibt es noch Versuche mit Tagesheim- und Ganztagsschulen, sehr sporadisch je einen,
soviel ich informiert bin. Bei der Tagesheimschule wäre der Schulbesuch außerhalb der
Pflichtgegenstände an die Freiwilligkeit gebunden, bei der Ganztagsschule verpflichtender Unterricht
von in der Früh bis um ca. 16 Uhr abends, wobei auch freiwillige Förderstunden am Vormittag
eingebaut sein könnten.
Ich habe im Vorjahr bei meinen Ausführungen im Zuge der Berufstätigkeit der Frau gesagt, daß es
Schlüsselkinder gibt. Dieses Problem - wenn wir ehrlich sind, ist auch die Fünftagewoche ein Schritt
zur Tagesheim oder Ganztagsschule - wird gelöst werden müssen. Ich sehe daher am schulischen
Sektor drei Dinge auf uns zukommen: Die Fünftagewoche, die Vorschule und die Tagesheim- und
Ganztagsschule. Das sind Problemstellungen, die wir einer Lösung zuführen müssen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn heute davon gesprochen wurde, daß die Schikurse
sehr teuer sind, dann weiß ich mich hier mit meinem Vorredner, Herrn Kollegen Kosler, in bester
Gesellschaft. Ich darf in diesem Zusammenhang wörtlich auf das Protokoll 1974 meine Ausführungen
zu den angeordneten Schulveranstaltungen zitieren: ,,Ich habe in der letzten Zeit Gelegenheit gehabt,
bei Elternversammlungen der Pflichtschulen anwesend zu sein. Mit der Verordnung vom 24. Juni 1974
wurden, dem 3 13 des Schulunterrichtsgesetzes entsprechend, im Bereich der allgemeinbildenden
Schulen mit Ausnahme des Polytechnischen Lehrganges in der 6. und 7. Schulstufe oder in der 7. und
8. Schulstufe Schulschikurse angeordnet. Meine Damen und Herren, wir begrüßen das sehr im
Hinblick auf die Ertüchtigung der Jugend, nur müssen wir feststellen, daß diese Schulschikurse, die je
Teilnehmer 1.000 bis 1.200 Schilling kosten, wenn ein Haushalt mehrere Kinder zu einem Schikurs
schicken muß, doch eine arge finanzielle Belastung darstellen." Ich habe das in meinen Ausführungen
1974 gebracht. Ich freue mich sehr, daß wir hier auf einer Ebene liegen, denn wer die Belastungen
einer Familie kennt, wenn ein paar Kinder da sind, der weiß, daß hier eine Abhilfe, ganz gleich, wie sie
jetzt aussehen möge, eine unbedingte Notwendigkeit wäre.
Meine sehr geschätzten Damen und Herren, ich möchte die Landtagsdebatte nicht verlängern. Ich
habe vor, nur einige Passagen über das berufsbildende landwirtschaftliche Schulwesen zu bringen.
Sie werden mir deshalb nicht böse sein, da wir doch am 25. November in diesem Hause einstimmig
das Ausführungsgesetz für die landwirtschaftlichen Schulen beschlossen haben. Ich darf daher meine
Ausführungen sehr kürzen und noch einmal zum Ausdruck bringen, daß wir glücklich sind - ich darf
sagen wir, weil ich auch aus dieser Sparte komme -, diese gesetzliche Grundlage zu haben. Sie
können sich erinnern, ich habe damals von einem Wermutstropfen gesprochen, weil die
Vergebührung an den mittleren Schulen gegeben ist. Mittlerweile habe ich von der zuständigen
Abteilung VI/5 ein Schreiben erhalten, daß im Gebührengesetz, welches am 30. November im
Parlament beschlossen wurde, diese Schulsparte jetzt auch dabei ist. Wir freuen uns darüber sehr,
daß diese Schulen auch hier gleichgezogen haben.
Ich darf, bevor ich zum Schlusse komme, noch ein Anliegen vorbringen, und zwar die
Schulbuchsache. Sie brauchen nicht zu fürchten, daß ich jetzt speziell auf die Aktion, die sicher viel
Geld kostet, einsteige. Der Herr Kollege Lechner hat einmal gesagt, wer nichts tut, der bricht nichts;
das habe ich mir gemerkt, bin aber insoferne rehabilitiert, als wir heute die Limitierung haben. Ich habe
in der Presse gelesen, daß laut einer von der sozialistischen Partei gestellten Umfrage die Eltern mit
der Schulbuchaktion nicht sehr einverstanden sind, weil sie ihnen doch zu teuer erscheint. Wir von der
Volkspartei wüßten noch etliche Ratschläge, wie man das zwar aufrecht erhalten Chancengerechtigkeit für jeden, dieser Meinung sind wir ja auch – aber doch vielleicht etwas billiger
gestalten könnte.
Meine Damen und Herren, es gibt ja heute zwei Kategorien von Büchern, Nachschlagewerke und
Arbeitsbücher. Ich bin sehr erfreut, daß diese Schulbücher vom Methodischen, von der Aufbereitung,
vom Lückentext, vom erarbeiteten Unterricht her einmalig sind, nur mit manchen Fachbüchern bin ich
vom Inhalt her nicht zufrieden. Ich darf Ihnen sagen, es ist nicht meine Marotte, obwohl ich auch als
Vater unzufrieden bin mit dem ,,Sachen suchen" zum Beispiel aus dem Sexualunterricht. Meine
Damen und Herren, in der dritten Schulstufe mit achtjährigen Kindern wird das in einer Art aufbereitet,
die ich - viele Eltern haben mich darin bestätigt - ablehne. Es ist nichts dagegen einzuwenden, daß
man den Unterschied der Geschlechter hier auch in Fotos zeigt, der nackte Mensch ist ja nichts
Schlechtes. Meine Damen und Herren, ich habe fünf Kinder gehabt, die waren nicht frustriert und
haben auch kernige Mundartausdrücke aus der Söllinger Gegend gekannt, aber daß man hier
unbedingt Scheißen und Brunzen verewigt - Entschuldigung, ich möchte dieses Hohe Haus nicht
entwürdigen -, daß man das hier hineinschreiben muß, dagegen wehren wir uns. Ich werde Mittel und
Wege dagegen finden und bitte um Ihrer aller Unterstützung. Das Buch ist approbiert, ich suche keine
Schuldigen, ich sage nicht, da ist die SPÖ schuld, Herr Kollege, nein so billig mache ich es mir nicht,
da sind mehrere dabei. Und der letzte Satz hat mich auch etwas schockiert. Hier heißt es: ,,Vielleicht
habt ihr schon bemerkt, daß es angenehm ist, wenn ein Bub sein Glied anfaßt oder ein Mädchen
seine Scheide streichelt." Sie, wir haben auch gewußt, daß es zweierlei Leute gibt und ich habe auch
fünf Kinder, aber muß man es achtjährigen Kindern so bringen? Bitte darf ich fordern, daß
Schulbücher altersgemäß und in einer menschenwürdigen Form geschrieben werden.
Ich habe mir jetzt vorgenommen, alles aufzugreifen, was sich an geistiger Umweltverschmutzung hier
am Schulbuchsektor, meine Damen und Herren, breit macht, und es beinhart bei jeder Gelegenheit,
ob Elternversammlung oder im Landtag, wo immer ich dazu Gelegenheit habe, aufzuzeigen. Ich bitte
alle Damen und Herren dieses Hohen Hauses, mich bei diesem Vorhaben zu unterstützten. (Lebhafter
Beifall bei der ÖVP.) Für moderne Schulbücher bin ich jederzeit zu haben, aber in dieser Form, meine
Damen und Herren, nicht.
So darf ich zum Schlusse kommen und feststellen, daß wir in Niederösterreich auf dem richtigen Weg
sind, jedem eine gerechte Bildungschance zu geben, daß wir auch auf dem richtigen Weg bei der
Schulreform waren, und ich darf hier allen danken, die sich um das I Zustandekommen dieses sehr
einschneidenden Werkes für die Bildung der Menschen in diesem Lande verdient gemacht haben. Ich
darf auch abschließend feststellen, daß die finanziellen Mittel für eine gezielte Bildungspolitik in
diesem Lande gesichert sind. Und das, glaube ich, ist für die Zukunft die beste Investition in diesem
Lande. Es gibt kein Nummer eins als Industrieland, es gibt kein Nummer eins als Agrarland und es
entscheidet nicht die Zahl der Menschen in diesem Lande, sondern einzig und allein ihre Bildung und
ihr Arbeitswille. Danke schön. (Beifall im Hause.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt die Frau Abg. Jirkovsky.
Abg. JIRKOVSKY: Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! In unserem
Bundesland vergeht kaum ein Wochenende, an dem nicht ein Kindergarten eröffnet wird. Bis zum
31. Oktober waren es 42 in diesem Jahr, die ihrer Bestimmung übergeben wurden.
Diese Betreuungsstätten für unsere Jüngsten sind in unseren Städten und Gemeinden schon zur
Selbstverständlichkeit geworden. 75 Jahre sind es her, daß der Niederösterreichische Landtag den
Beschluß faßte, öffentliche Landeskindergärten zu errichten. Sicher hat damals die Tatsache, daß
dieser Landtag auch noch die Vertreter Wiens umfaßte, mit eine entscheidende Rolle gespielt, denn
die Stadt Wien besaß bereits diese Einrichtungen.
Im Jahre 1938 gab es in Niederösterreich 159 Kindergärten. Wer von den Anwesenden zur damaligen
Zeit einen Kindergarten besuchte und mit den heute errichteten Vergleiche anstellt, der wird
feststellen, daß sich auf diesem Gebiet ein großer Wandel vollzog. Die Mehrzahl der Kindergärten
wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und man mußte nach diesem neu beginnen. Das war in der
damaligen Zeit für Land und Gemeinden eine schier unüberwindliche Aufgabe und es war eine sehr
gute Idee des sozialistischen Landeshauptmannstellvertreters Franz Popp, einen Fonds zu gründen,
der die Gemeinden bei dem großen Nachholbedarf an Schulen und Kindergärten finanziell
unterstützen sollte. 304 Kindergärten - der Herr Kollege Schober sagte es schon - wurden seit der
Gründung dieses Fonds errichtet.
Im vorliegenden Voranschlag sind für die Vorschulerziehung 2.235 Millionen Schilling vorgesehen. Ich
habe mir von etlichen Gemeinden die Ausgaben für die Kindergärten eingeholt und dabei feststellen
können, daß die Gemeinden pro Kindergartengruppe für Entlohnung des Personals, für
Betriebskosten, f ü r die Instandhaltung der Gebäude, für den Sachaufwand durchschnittlich 200.000
Schilling bereitstellen müssen. Das Land stellt ungefähr die gleiche Summe pro Kindergartengruppe
bereit. Rund die Hälfte dieser Ausgaben der Gemeinden entfallen auf die noch verbleibenden
Personalkosten. Der 9 17 Abs. 3 Ziffer 2 des Kindergartengesetzes 1972 besagt zwar, daß das Land
einen Beitrag zum Personalaufwand für jede erforderliche Helferin im Ausmaß von zwei Dritteln jenes
Betrages leistet, der dem monatlichen Entgelt einschließlich der Sonderzahlungen nach der 10.
Entlohnungsstufe der Entlohnungsgruppe 6 der Besoldungsgruppe I1 des Niederösterreichischen
Gemeindevertragsbedienstetengesetzes 1969 in der jeweils geltenden Fassung entspricht. Den
Gemeinden werden also nur zwei Drittel der Bezüge, nicht aber des tatsächlichen Aufwandes ersetzt.
Für den Dienstgeberbeitrag an die Sozialversicherung im Ausmaß von 14% und für den
Familienbeihilfenausgleichsfonds von 6 % haben die Gemeinden allein aufzukommen. Das sieht dann
in der Praxis so aus, daß für eine Kindergartenhelferin zum Beispiel 94.000 Schilling ausgelegt
werden müssen, 66.000 Schilling aber nur für die Zweidrittelberechnung herangezogen werden. Also
bekommt die Gemeinde 44.000 Schilling ersetzt, das sind aber von den tatsächlichen Kosten nur
44,8%. Meine Heimatgemeinde muß für 6 Wärterinnen 536.000 Schilling an Kostenbeiträgen leisten,
vom Land refundiert werden nur 264.753 Schilling, 353.000 Schilling aber wären zwei Drittel der
tatsächlichen Kosten. Dazu kommt noch, daß für zwei Gruppen nur eine Wärterin bewilligt wird, sodaß
noch eine Hilfskraft stundenweise gebraucht wird, die zur Gänze von der Gemeinde entlohnt werden
muß. Mit diesen Feststellungen wollte ich beweisen, wie sehr die Budgets der Gemeinden durch diese
Einrichtungen dauernd belastet sind. Für den Kindergartenbau müssen ja auch die meisten
Gemeinden einen Beitrag von 80% leisten.
Bedauerlicherweise wird trotz dieses beachtlichen Aufwandes den Gemeinden keinerlei
Mitspracherecht bei der Anstellung von Kindergärtnerinnen eingeräumt. Es ist auch unverständlich,
daß für Privatkindergärten vom Land Kostenersätze gegeben werden, aber für Gemeindekindergärten
solche nicht geleistet werden.
Den Kindergartenerhaltern sind wir zu großem Dank verpflichtet für das Verständnis, mit dem sie
unseren Jüngsten helfen, sich in den wichtigsten Lebensjahren jenes Rückgrat zu holen, das sie
brauchen, um alle späteren Lebensschritte gut verkraften zu können. Um dieser Aufgabe auch
weiterhin nachzukommen, werden wir in Zukunft mehr das Innenleben unserer neuen, modernen
Häuser im Auge haben müssen.
In der Kleinkinderpädagogik gibt es ständig neue Erkenntnisse und wir müssen trachten, diesen
gerecht zu werden. Zu Recht wird heute viel darüber diskutiert, warum sich die Kinder nicht
konzentrieren können, warum so viele nervöse Erscheinungen zeigen und immer mehr Kinder an
Sprach- und Verhaltensstörungen leiden. Die Ursachen dieser Schwierigkeiten sind darin zu suchen,
daß auf die Kinder viel zu viel Einflüsse einströmen, daß auch die Kleinsten schon der Hektik des
Alltags ausgesetzt sind. Ich kann aus Erfahrung sagen, daß es viele Kinder gibt, die schon in der Früh
in Hast und Eile mit ihren Eltern die Wohnung verlassen, damit diese zeitgerecht an ihrem Arbeitsplatz
sind. Die Wirtschaft kann einfach auf die Mitarbeit der Frauen nicht mehr verzichten und deshalb soll
es für uns oberste Verpflichtung sein, unseren Jüngsten das beste Heilmittel zu geben, das es gegen
diese Erscheinungen gibt, eine ruhige, ausgeglichene Atmosphäre. Mit viel Liebe und Geduld sollten
ihnen hier altersentsprechende, körperliche und geistige Fähigkeiten vermittelt werden, um ihnen
einen guten Start in der Schule zu ermöglichen.
Leider befinden sich in rund 40% der Gruppen noch über 30 Kinder. Solange wir das nicht ändern
können, werden wir auch nicht den gewünschten Erfolg haben. Vorerst müssen wir froh sein, wenn
das Gesetz dahingehend abgeändert wird, daß es nicht 40 Kinder in einer Gruppe gibt, sondern 35.
Eine weitere Herabsetzung der Kinderanzahl ist derzeit einfach von den Gemeinden nicht zu
verkraften. Wir müssen also der gegenwärtigen Situation das beste abgewinnen und trachten,
trotzdem ein Stück vorwärts zu kommen.
Im Interesse der Kinder müßte die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Kindergarten verbessert
werden. Ich bin mir im klaren, daß dies eine sehr mühevolle Arbeit ist. Vielleicht könnte man eine
gewisse Anzahl von Elternabenden, die während eines Arbeitsjahres Zu veranstalten wären,
gesetzlich verankern. Mit einem guten Kontakt zwischen Eltern und Kindergarten kann man viele
Probleme aus dem Weg schaffen, aufklären, informieren und manches Kind vor größeren psychischen
oder physischen Schäden bewahren. Wenn es uns auf diese Weise gelingen sollte, daß kein
Kleinkind mehr das vollständige Abendprogramm des Fernsehens konsumiert, dann wäre das ein
großartiger Erfolg.
Es ist zu bedauern, daß immer mehr Kinder an Sprachstörungen leiden. Es gibt derzeit für das ganze
Land nur eine Logopädin. Es ist überflüssig zu sagen, daß eine solche Fachkraft nicht genügt, und
daher ist die Absicht, in jedem Inspektionsbereich eine solche einzusetzen, sehr zu begrüßen. Wird
ein Kind mit einem Sprachfehler rechtzeitig behandelt, so ist das für sein weiteres Leben von ganz
entscheidender Bedeutung. Seit dem heurigen Herbst gibt es erfreulicherweise auch drei
Sonderkindergärten, und zwar in Mödling, in Wr. Neustadt und in Straßhof. Wie sehr die Eltern
behinderter Kinder diese Einrichtungen schätzen, geht aus der Tatsache hervor, daß sie bis zu 40
Kilometer Anfahrtsweg in Kauf nehmen, weil sie die Erfolge an ihren Kindern beobachten können.
In unseren Pflichtschulen werden dem Gesetz entsprechend die Schüler ärztlich betreut. Für die
Kinder im Vorschulalter wäre eine solche Betreuung aber ebenso wichtig. Immer öfter kommt es vor,
daß Hör- und Sehfehler erst in der Schule entdeckt werden, wenn das Kind einen schlechten
Lernerfolg hat. Es ist uns bekannt, daß auch diese Schäden bei unseren Kindern zunehmen. Die
Erkennung und Behandlung dieser Mängel im Vorschulalter ist ungemein wichtig. Da nur die
rechtzeitig vorgenommene Frühtherapie einen optimalen Behandlungserfolg gewährleistet, ist die
ärztliche Untersuchung auch in den Kindergärten gerechtfertigt. Etliche Gemeinden führen diese
Untersuchungen bereits durch und haben dafür auch die Kosten übernommen. Die finanzielle
Situation, die schon gestern und heute von einigen Rednern sehr eindrucksvoll aufgezeigt wurde, läßt
keine weiteren Belastungen der Gemeinden zu. Es wäre hier von der Landesregierung aus Vorsorge
zu treffen, daß jedes Kind, das einen Kindergarten besucht, einmal jährlich auf Kosten des Landes
ärztlich untersucht wird. Ich erlaube mir daher, folgenden
Resolutionsantrag
zu stellen:
,,Die Landesregierung wird aufgefordert, die Voraussetzungen für eine jährliche ärztliche
Untersuchung der einen Kindergarten besuchenden Kinder zu schaffen, wobei die Kosten für diese
Untersuchungen durch das Land getragen werden sollen."
Sehr geehrte Damen und Herren! Noch eine traurige Tatsache müssen wir in unserer Zeit zur
Kenntnis nehmen. Immer mehr Kinder werden Opfer von Verkehrsunfällen. Im Jahre 1975 starben auf
Österreichs Straßen 196 Kinder im Alter von 0 bis 14 Jahren, nahezu 8.000 Kinder wurden verletzt.
Das wichtigste Gut, das eine Gesellschaft zu schützen hat, ist das Leben ihrer Kinder und diese ernste
Bilanz verpflichtet uns dazu, in den Kindergärten die Verkehrserziehung noch mehr als bisher in den
Vordergrund zu stellen. Wir haben in den Kindergärten die Möglichkeit, einen Teil der Grünflächen
ohne viel Mehraufwand so zu gestalten, daß die Kinder dort das Verständnis für die Verkehrsregeln
und deren Einhaltung spielerisch üben und lernen können.
Ich habe heute schon erwähnt, daß immer mehr Frauen berufstätig sind. Es sollten daher auch Horte
geschaffen werden, in denen die Kinder nach dem Unterricht betreut werden. Schon in der vorigen
Legislaturperiode wurde von Herrn Landesrat Grünzweig ein Antrag für ein Hortgesetz eingebracht.
Leider liegt ein neu bearbeiteter Antrag auch schon seit geraumer Zeit unerledigt in diesem Haus. Die
Verabschiedung dieses Gesetzes wäre aber von großer Wichtigkeit, denn durch die Verbesserung der
Schulstruktur sind immer mehr Kinder gezwungen, außerhalb ihrer Gemeinde gelegene höher
organisierte Schulen zu besuchen. Sie müssen längere Anfahrtswege und oft auch längere
Wartezeiten auf geeignete Anschlüsse öffentlicher Verkehrsmittel in Kauf nehmen. Für die Sicherheit
der Kinder ist es unerläßlich, daß sie in diesen Wartezeiten von Fachkräften betreut werden. Derzeit
ist für ihren Schutz in keiner Weise gesorgt. Darüber hinaus sollen die Horte, wie ich schon erwähnt
habe, die Aufgabe haben, die Kinder nach dem Unterricht aufzunehmen und sie durch Fachkräfte bei
der Bewältigung der Hausaufgaben zu unterstützen und daneben bei Sport und Spiel auch für die
körperliche Betätigung zu sorgen. Um die Schulkinder nicht länger der Straße zu überantworten, sollte
das Hortgesetz baldigst Wirklichkeit werden. Denn, werte Damen und Herren, alles, was wir heute
unseren Kindern an Geborgenheit und Verständnis bieten, um dafür zu sorgen, daß ihnen die
Fähigkeiten vermittelt werden, die sie brauchen, um sich gut in die Gemeinschaft einzufügen, wird
unserer Heimat, unserer Bevölkerung zugute kommen. Deshalb sollten wir interessiert daran sein, die
Einrichtungen für unsere Jugend weiterhin auszubauen und zu fördern. (Beifall bei der SPÖ und
einigen Abgeordneten der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt der Abg. Romeder.
Abg. ROMEDER: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herrn! [Zweiter
Präsident Binder übernimmt den Vorsitz.)
Mein Vorredner, Abg. Ing. Schober, hat dar auf hingewiesen, daß ohne entsprechende qualifizierte
Ausbildung unserer Jugend dieses Niederösterreich kaum Agrarland Nummer eins oder auch
Industrieland Nummer eins sein könnte. Wer in diesem Lande Politik macht, hat daher auch den
Menschen, vor allem den Menschen, hinter dem keine starken Interessenvertretungen stehen, in den
Mittelpunkt zu stellen. Und dazu gehören sicher neben unserer Jugend, neben unseren alten
Menschen vor allem unsere Kinder. Gerade wir in der Österreichischen Volkspartei haben uns daher
immer wieder bemüht, für die Jugend eine zukunftsorientierte Politik zu machen und vor allem auch
mitzuhelfen, dieser Jugend und diesen Kindern eine humane Gesellschaft vorzubereiten. Ich darf in
diesem Zusammenhang nur ganz kurz unser Leitbild 80, das unsere Überlegungen für die Zukunft
beinhaltet, zitieren: „Die Humanität der Gesellschaft wird in Zukunft daran gemessen werden, wie sie
sich jenen Menschen gegenüber verhält, hinter denen nicht mächtige Interessenvertretungen stehen."
Das bedeutet, daß eine Politik, die sich der Sorge für alle verschrieben hat, sich vor allem der
folgenden Gruppen annehmen muß: Der Kinder und der Jugend. ,,Die Sicherstellung der
Chancengleichheit für alle Menschen des Landes beginnt bereits bei der vorschulischen Erziehung"
heißt es weiter. Dem zügigen Ausbau der Kindergärten im Sinne des einschlägigen
Raumordnungsprogrammes kommt deshalb besondere Bedeutung zu. Wir im Land Niederösterreich
sind der Meinung, daß eine moerne Politik gerade am Kindergartenwesen auch eine moderne Politik
für die Familien schlechthin in diesem Lande ist und daß daher von unserer Seite eben diesen
Familien im Zusammenhang mit der Sorge für ihre Kinder entsprechendes Augenmerk zuzuwenden
ist.
Wer, wie auch bereits meine Vorredner ausgeführt haben, mit offenen Augen durch unser Land geht,
kann feststellen, daß gerade in den letzten Jahren Wochenende für Wochenende neue Kindergärten
eröffnet werden, Schulen umgebaut werden, um eben die Aufgabe eines neuen Kindergartens mit zu
übernehmen. Und wer sehr kritisch das Budget für das Jahr 1977 durchliest, der kann feststellen, daß
gerade die Ausgaben des Landes Niederösterreich für unsere Kihdergärten ein echter Schwerpunkt
und eine echte gesellschaftspolitische Aufgabe sind, welche von der Österreichischen Volkspartei
auch als ihr Schwerpunkt beurteilt und mit angegangen wird. Ich glaube daher, daß gerade wir mit
dieser Politik für unsere Jugend, für unsere Kinder, im Gesamtstaat ein echtes Vorbild sind. Wenn
heute manche Bundesländer - man kann es ruhig sagen - mit etwas Neid nach Niederösterreich
schauen, wie man hier die Frage des Kindergartenwesens gelöst hat, dann sind wir in
Niederösterreich auf diese unsere Politik, auf diese unsere ÖVP-Politik ganz besonders stolz. (Beifall
bei der ÖVP.)
Wenn man heute als Niederösterreicher Verwandte in Wien hat - ich glaube, das hat in weiterem
Umkreis fast jede Großfamilie -, dann kann man feststellen, wenn beide Ehepartner arbeiten gehen,
daß kaum Großeltern in der Nähe sind, sodaß man gezwungen ist, sich um einen Kindergartenplatz
zu kümmern. Und hier beginnt es bereits. Hier im sogenannten sozialen, ich möchte sagen
sozialistischen Wien, ist es eben oft sehr schwer möglich, überhaupt einen Kindergartenplatz zu
bekommen. Und ist man dann noch so erzkonservativ, wie es manche Kreise sehen, und leistet sich
drei oder gar vier Kinder, dann darf die Gattin fast nur dafür arbeiten gehen, um den Kindergartenplatz
zu bezahlen. Das sind Fakten, wenn ein Kindergartenplatz 800, 1.200 oder 1.500 Schilling kostet. Und
hier, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollten gerade auch Sie von der linken Seite als
Niederösterreicher darauf stolz sein, daß in Niederösterreich eine gegenteilige Politik gemacht wird,
daß hier in Niederösterreich der Nlltarif für unsere Kindergärten gegeben ist, daß hier echte
Familienpolitik betrieben wird. (Beifall bei der ÖVP.) Machen wir uns nicht unser eigenes Nest
schmutzig, als Niederösterreicher haben wir in Niederösterreich auch hier eine moderne Politik
betrieben, und das ist eben auch Gesellschaftspolitik nach unseren Interessen, nach unserer
Weltanschauung, nach unserer Ideologie. (Beifall bei der ÖVP.) Hier, meine sehr geehrten Damen
und Herren, Österreichs Vorbild: Nulltarif und bereits 70% der Versorgung erreicht bei einer regionalen
Entwicklung, die in manchen Teilen unseres Landes vom Alpenvorland bis ins Waldviertel
verhältnismäßig dünn besiedelte Regionen aufweist und daher gerade auch die Errichtung bzw. den
Bau der Kindergärten, damit verbunden die Ausspeisung, damit verbunden die Zubringung, vor ganz
besondere Probleme stellt, auf die ich dann noch ausführlich zu sprechen kommen möchte.
Gestatten Sie mir, vorerst darauf hinzuweisen, daß im Land Niederösterreich bereits 1.318
Kindergartengruppen errichtet wurden, wovon 1.084 also rund 1.100 eröffnet und in Betrieb sind.
Wenn man noch hinzurechnet, daß 21 Erntekindergärten jährlich ihre Pforten öffnen, dann kann man
sagen, daß das Ziel, das wir uns vor einigen Jahren gesetzt haben, in Niederösterreich die
Versorgung mit Kindergärten bis zu 60 % sicherzustellen, bereits erreicht, ja überschritten werden
konnte und wir unserem Ziel im neuen Raumordnungsprogramm, nämlich eine 80%ige Versorgung zu
erreichen, schon in einem ganz großen Ausmaß nähergekommen sind.
Und hier, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat gerade der Landeshauptmann als
Personalreferent im September des heurigen Jahres auch dieser Entwicklung im Rahmen der
Neuregelung der Diensteinteilung entsprechend Rechnung getragen. Er hat nämlich den
Bezirkshauptleuten, die ein besonderes Nahverhältnis schon von ihrer Entfernung zu den einzelnen
Gemeinden in den Bezirken her haben, die Dienstaufsicht gegeben. Wenn heute für 50 Gruppen
durchschnittlich eine Kindergärtnerin als Springerin vorgesehen ist und dann zusätzlich eine
entsprechende Personalreserve gehalten wird, dann wird es in Zukunft sicher möglich sein, bei
Krankheit der Kindergärtnerin und sonstigen Ausfällen, bei Urlauben und dergleichen mehr, die
Öffnungszeiten entsprechend aufrecht zu erhalten.
Ich glaube daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß gerade die Chancengleichheit bereits
beim Kleinkind zu beginnen hat und daß wir in allen Teilen unseres Landes dem Ziel, diesen Kindern
die gleichen Chancen einzuräumen, gerade in letzter Zeit nähergerückt sind. Ich kann mich den
Ausführungen meiner Vorrednerin in keiner Weise anschließen. Ich glaube, daß es das Land
Niederösterreich durch die Übernahme der Rosten für die Kinderwärterin erst dem Großteil der
Landgemeinden ermöglicht, überhaupt einen Antrag auf Kindergartenerrichtung oder auf Betrieb eines
Kindergartens zu stellen. Wenn heute die Personalkosten von den Gemeinden getragen werden
müßten, dann wäre es in einem Großteil unserer Heimat kaum möglich, Kindergärten zu führen. Wenn
man Gemeindefunktionär ist, kennt man die Schwierigkeiten, den Bau eines Kindergartens in die
Wege zu leiten. Hier gibt es Gott sei Dank auch eine 40%ige Unterstützung in Form von Beihilfen und
Darle- hen durch das Land Niederösterreich. Aber sicher wäre es noch leichter möglich,
Baumaßnahmen zu setzen, als auf der anderen Seite durch Jahre hindurch die großen Kosten des
Betriebes zu tragen. Wir sind alle sehr froh, daß ebenso wie für andere Arbeitnehmer auch für die
Kindergärtnerin die Chancen bestehen, im Rahmen der Ausbildung auch eine angemessene
Entschädigung zu erhalten. Auf die laufenden Kosten wirkt es sich jedoch aus, daß der
Kindergartenbetrieb äußerst lohnintensiv ist. Daher glaube ich, können wir in diesem Haus stolz sein
auf die Politik, die wir in diesem Zusammenhang in den letzten Jahren betrieben haben. Und wenn
hier angeschnitten wurde, daß es nicht mehr zwei Drittel der tatsächlich aufgelaufenen Kosten sind,
wenn die Kinderwärterin höher eingestuft ist, dann darf ich hier eines sagen: Daß das Land
Niederösterreich bereit ist, für Gemeindebedienstete einen entsprechenden Zuschuß zu geben,
beweist allein, daß hier das Land Niederösterreich - wobei wir uns bemühen, zukunftsorientiert und
zeitgemäß auch unsere Einstellung zu zeigen-für die Sorgen der Gemeinden Verständnis aufbringt
und entsprechende finanzielle Beihilfen leistet, damit die Gemeinden in die Lage versetzt sind, diesen
Kindergarten zu betrei-ben. (Abg. Fürst: Die Gemeinde präsentiert doch das alles!)
Herr Kollege Fürst, Sie müssen sich mit Ihren Mietern unterhalten, wenn Sie etwas wollen, ob in
Zukunft dort Hunde gehalten werden können. Auch das, Herr Kollege Fürst, sind Sorgen der
Gemeindebürger und auch das zeigt sich, ob ein Bürgermeister Verständnis oder kein Verständnis
hat. Ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir im Land Niederösterreich bemühen uns
laufend, für unsere Landesbürger Verständnis zu haben, vom Kleinkind bis zum alten Menschen,
denn auch eine entsprechende Politik für den alten Menschen wird bei uns betrieben. (Abg. Stangl:
Sehr gescheit und sehr sachlich!) Sie haben die ersten Zwischenrufe gemacht, als ich sachlich
festgestellt habe, daß wir im Land Niederösterreich stolz sein können, daß wir hier führend sind. Ich
glaube, es gibt keinen Grund, das Licht unter den Scheffel zu stellen. (Beifall bei der ÖVP. - Abg.
Stangl: Das ist ein Armutszeugnis, Herr Abgeordneter!) Wenn Sie die Kindergartenplitik im Land
Niederösterreich als Armutszeugnis bezeichnen, sind wir gerne bereit, diese Ihre Meinung
weiterzugeben. Ich darf Ihnen dazu eines sagen, Kollege Stangl, von Ihnen lasse ich mich schon gar
nicht qualifizieren, ich weiß, wer es sagt. (Zwischenruf von Abg. Kosler.) Herr Kollege Kosler, Du bist
für mich laufend eine Enttäuschung ich bin Dir auch nicht harb.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, mit aller Sachlichkeit müssen wir hier feststellen,
daß sich gerade hier beim Kindergartenwesen einige Probleme zeigen, die in Zukunft noch näherer
Überlegungen wert sind und die gerade in unseren Landgemeinden noch entsprechend gelöst werden
müssen. Sie wissen, daß die Voraussetzungen in der Industriegemeinde, in der größeren Gemeinde,
andere sind wie in der Streulage. Das beginnt bereits bei der Zubringung, das beginnt auf der anderen
Seite aber auch bei der mittägigen Ausspeisung, bei dem Problem, ob Halbtags- oder
Ganztagskindergarten. Wenn Kinder oft 7 oder 8 Kilometer zugebracht werden müssen, also ein
täglicher Weg von 16 Kilometern oft notwendig ist, so wie es auch in meiner Heimat der Fall ist, dann
muß man sich überlegen, ob man es den Eltern zumuten kann, daß sie die Kinder in der Früh zu den
Kindergärten bringen, bereits zu Mittag wieder nach Hause holen, wenn sie im Beruf stehen,
Verpflichtungen haben, und oft auch nicht Verwandte, Großeltern und dergleichen, diese Aufgaben
übernehmen können. Daher ist neben der Zubringung die Frage der Ausspeisung in den Kindergärten
in Zukunft von entscheidender Bedeutung. Es gibt hier sicher Möglichkeiten, die im Rahmen der
Gemeinde gelegen sind, diese Frage entsprechend zu regeln und durch entsprechende
Kostenübernahmen, wobei man sich auch Gedanken zu machen hat, ob man nicht eine Teilung
treffen könnte zwischen Eltern und Gemeinde oder ob hier andere Verbilligungen möglich sind,
diesem Problem entsprechend zu begegnen. Gerade im Rahmen von Ausspeisungen in Kindergärten
ist es sicher möglich, durch Anlieferungen, mit denen auch die Industrieküchen versorgt werden, durch
Aufbereitung mit entsprechend modernen elektrischen Menügeräten preisgünstig und auch
vitaminreich unsere Kinder zu versorgen. Wir kommen damit nicht nur den Kindern entgegen, sondern
auch den Eltern, die in diesen Streulagen kaum für drei, vier, fünf Stunden ihre Kinder so weit bringen
bzw. abholen können. Ich glaube daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß diese Frage
eine immer größere Rolle spielen wird und auch einer Lösung zugeführt werden muß.
Ein ganz spezielles Problem unseres Landes Niederösterreich im Zusammenhang mit der
Geburtenentwicklung bildet sicher die Ausbildung der Kindergärtnerinnen, hier nicht
von der Qualität gesehen, die sicher ausgezeichnet ist, sondern vor allem von der Quantität her. Es
wurde heute schon richtig angeführt, daß das Land Niederösterreich im Jahr 1977 nur für die
Kindergärtnerinnen ca. 230 Millionen Schilling leistet und somit auch hier die Gemeinden fördert,
worauf wir gerade in Niederösterreich stolz sind. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn
man bedenkt, daß 220 Kindergärtnerinnen eine fachlich hochqualifizierte Ausbildung genossen haben,
bis heute aber keinen Platz bekommen können, weil dies die Entwicklung gerade am Geburtensektor
und so weiter nicht zuläßt, wenn man weiters überlegt, daß von denen, die ihre Abschlußprüfungen im
kommenden Juni machen werden, bereits 40 Anmeldungen aufliegen, sich also insgesamt bereits
jetzt, im Dezember 1976, 260 Kindergärtnerinnen um eine Stellung bewerben, dann muß man sich
auch hier ernstlich Gedanken machen, wann und wo diese Kindergärtnerinnen eingesetzt werden
können. Wenn sich diese Plätze nicht in Zukunft ergeben, muß eben auch überlegt werden, ob nicht
anderweitig für hochqualifizierte, pädagogisch hervorragend ausgebildete junge Mädchen und junge
Frauen entsprechende Arbeitsplätze geschaffen werden könnten. Denn wenn man vor einigen Jahren
in der Hoffnung, seinem Kind einen gesicherten guten Arbeitsplatz rechtzeitig beschaffen zu können,
das Kind in diese Ausbildung geschickt hat und dann feststellen muß, daß diese
Unterbringungsmöglichkeit nicht im gewünschten Ausmaß gegeben ist, dann muß man als
verantwortungsbewußter Mensch ernsthafte Überlegungen anstellen, um hier eine Regelung zu
treffen. Sicher ist eines, daß der Entwicklung bereits von den Eltern her Rechnung getragen und
daher der erste Jahr- gang in den Kindergärtnerinnenschulen jetzt nicht mehr so stark besucht wird,
wie wir es in den vergangenen Jahren gewohnt waren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bereits von mir angeschnitten, vor allem für unsere
Regionen draußen auf dem Land, wurde die Frage der Regelung des Transportes der Kinder zum
Kindergarten. Dieser Transport wird sicher immer kostenaufwendiger werden, nicht nur, weil die
Preise steigen, nicht nur, weil Rekordpreissteigerungen bei Benzin, Haftpflicht, Stempelgebühren,
Personalkosten für den Chauffeur und so weiter gegeben waren, sondern weil durch die
Geburtenentwicklung in Streulagen – wollen wir jedem die gleiche Chance geben, muß man auch hier
dieselben Möglichkeiten einräumen - sich immer mehr die Situation ergeben wird, daß in einem Weiler
oft nur ein Kind zusteigt bzw. nur ein Kind in dem Alter für den Kindergarten ist. Meine Kollegin, Frau
Abg. Prokop, hat daher bereits im Dezember vorigen Jahres einen Resolutionsantrag eingebracht,
welcher lautete: „Die Landesregierung wird aufgefordert, bei der Bundesregierung, insbesondere beim
Bundesministerium für Finanzen dahin zu wirken, daß durch geeignete gesetzgeberische Maßnahmen
im Familienlastenausgleichsgesetz die Beförderung von Kindern, die den Kindergarten besuchen, in
einer dem Abschnitt I a vergleichbaren Weise geregelt wird, wobei auf das Erfordernis einer allfälligen
besonderen Aufsicht über diese Kinder Rücksicht zu nehmen ist." Wir waren der Hoffnung, im Laufe
des Jahres 1976 eine positive Mitteilung vom zuständigen Ministerium zu erhalten. Was wurde uns
über den Präsidenten des Landtages zugemittelt? Hier heißt es: ,,Eine Ausweitung der
Schülerfreifahrten nach dem Familienlastenausgleichsgesetz auf Kinder, die einen Kindergarten
besuchen, hätte allein aus den Verkehrs- und tarifrechtlichen Bestimmungen für einen großen Teil der
Kinder keinen Effekt." Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man eine Ausrede sucht, findet
man sie. Ich glaube daher, daß die Antwort in diesem Zusammenhang echt an unserem Wunsch und
an unserer Resolution vorbeigeht. Es heißt hier weiter: ,,Eine bundeseinheitliche Regelung solcher
Freifahrten erscheint aber auch deswegen problematisch, weil sie auf die sich aus den
verkehrsrechtlichen Bestimmungen ergebenden Beschränkungen Rücksicht nehmen müßte."
Meine sehr geehrten Damen und Herren, daß diese verkehrsrechtlichen Bestimmungen einzuhalten
sind, ist wohl selbstverständlich, nur wird dieses Problem in Zukunft i.mmer aktueller und bedarf sicher
ernsthafter Überlegungen und einer entsprechenden Lösung.
Ich darf daher in diesem Zusammenhang einen Resolutionsantrag stellen und darf schon jetzt um die
Zustimmung des Hohen Hauses bitten.
Resolutionsantrag
des Abg. Romeder zur Gruppe 2 des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1976,
Landtagszahl 300:
,,Die Frau Abg. Prokop hat am 3. Dezember 1975 folgenden Resolutionsantrag gestellt: ,Die Landesregierung wird aufgefordert, bei der Bundesregierung, insbesondere beim Bundesministerium für
Finanzen, dahin zu wirken, daß durch geeignete gesetzgeberische Maßnahmen im Familienlastenausgleichsgesetz in der derzeit geltenden Fassung die Beförderung von Kindern, die einen Kindergarten besuchen, in einer dem Abschnitt I a vergleichbaren Weise geregelt wird, wobei auf das Erfordernis einer allfälligen besonderen Aufsicht über diese Kinder Rücksicht zu nehmen ist.'
Das Bundesministerium für Finanzen hat am 25. März 1976 den Resdutionsantrag beantwortet und
vermeint, daß diese Frage einer eingehenden Prüfung bedarf.
Die Landesregierung wird aufgefordert, neuerlich an das Bundesministerium für Finanzen
heranzutreten und allenfalls in Erwägung zu ziehen, ob nicht die Kosten für die Kinderbeförderung
zwischen Bund, Land und Gemeinden zu gleichen Teilen getragen werden könnten."
Ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Herren, es handelt sich hier um ein sehr ernstes
Problem, das entscheidend dafür ist, ob wir in der Lage sind, in unseren Streulagen bei der
gegebenen Geburtenentwicklung und bei dem gesellschaftlichen Wandel, der sich abzeichnet, unsere
Kindergärten im entsprechenden Ausmaß aufrecht erhalten und die entsprechende Chancengleichheit
auch in Zukunft für alle Teile unseres Landes und für alle Berufsstände in diesem Land zu wahren.
Ich darf daher nochmals bitten, uns mit zu unterstützen und diesem Resolutionsantrag lhre
Zustimmung zu geben.
Ich glaube, es ist kein Geheimnis, daß sich auch beim Schultransport heute bereits, bedingt durch die
Geburtenentwicklung, besondere Probleme ergeben. Wenn heute vorgeschrieben ist, daß sieben
Kinder Voraussetzung sind neben den 3 Kilometern, um hier eine entsprechende Vergütung zu
erhalten, dann zeigt sich in manchen Teilen unseres Landes, speziell in den von mir zitierten
Streulagen und Landgemeinden, daß diese sieben Kinder in manchen Weilern und in vielen
Ortschaften nicht mehr vorhanden sind. Hiezu kommen noch klimatische Unterschiede. Ich darf hier
als Waldviertler den Ottenschlager Raum zitieren, wo in Kottesburg, in Martinsberg, in Bernkopf, um
nur einige Gemeinden zu nennen, Schneeverwehungen und Glatteisbildungen gegeben sind. Obwohl
weite Entfernungen zurückzulegen sind, kann die Kostenfrage nicht geregelt werden, weil eben nicht
sieben Kinder, sondern nur ein, zwei Kinder da sind. Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren,
gerade hier ist die Chancengleichheit echt verletzt, wenn man diese Bestimmungen aufrecht erhält.
(Beifall bei der ÖVP.)
Ich habe mich bemüht, diesbezüglich an den Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien,
Niederösterreich und Burgenland heranzutreten. Es wäre mir ein Vergnügen, dessen Brief zu
verlesen. Ich möchte bewußt davon Abstand nehmen, denn mehr oder weniger einem mitzuteilen, die
gesetzlichen Bestimmungen lassen es nicht zu, Punkt, basta, ich glaube, das ist etwas zu wenig von
den zuständigen Stellen, die hinauf bis ins Ministerium bis zum Minister, hiefür die entsprechende
Verantwortung zu tragen haben. Wir machen hier rechtzeitig auf dieses Problem aufmerksam, weil es
in Zukunft aktueller werden wird und weil wir es uns zur gesellschaftspolitischen Aufgabe machen
wollen, daß allen Menschen in diesem Land dieselben Chancen eingeräumt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine weitere Frage, die sich immer mehr als aktuell
herausstellt und sicher einer der Zeit angepaßten besonderen Regelung zuzuführen ist, ist die Frage
der Kindergartenbetriebszeiten. Hier wird es sicher möglich sein, von der Industriegemeinde bis zur
Bauerngemeinde, von der Streulage bis zum zentralen Ort Überlegungen anzustellen zwischen
Gemeinde, dem Land Niederösterreich und der Personalvertretung der Kindergärtnerinnen, wie man
diese Frage zeitangepaßt, ohne die Kindergärtnerinnen zusätzlich zu belasten, den Eltern aber doch
entgegenzukommen, regeln kann. Ich darf auch hier die zuständigen Verantwortlichen nochmals
bitten, diese Frage zu überdenken und entsprechende Vorschläge auszuarbeiten.
Bei diesem Kapitel wird zu Recht immer auf die Ärmsten in unserem Lande hingewiesen. Damit meine
ich nicht die materiell Ärmsten, sondern die gesellschaftlich Ärmsten, das sind die Behinderten in jeder
Alterslage und somit auch die behinderten Kinder. Ich gehe mit meiner Vorrednerin Jirkovsky auf einer
Ebene, wenn ich sage, daß gerade dem Problem der Sonderkindergärten, dem Problem der
entsprechenden Ausbildung der Kindergärtnerinnen für diese Sonderkindergärten, dem Einsatz der
Logopäden, die uns heute über die Caritas wie auch vom Land zur Verfügung gestellt werden, ein
besonderes Augenmerk zugewendet wird, ebenso auch dem Einsatz zusätzlicher Psychologen und
Psychologinnen. Eine Gesellschaft, die sich bewußt ist, daß sie hier eine Aufgabe zu erfüllen hat, hat
eben gerade den Kindern, die in dieser seelischen, körperlichen und geistigen Not sind, ein
entsprechendes Augenmerk zuzuwenden, um auch sie in die Gesellschaft einzugliedern und der
Schulreife zuzuführen.
Und wenn voriges Jahr meine Kollegin Prokop Peter Rosegger zitiert hat, dann darf ich es auch heute
nochmals tun, denn ich glaube, ein Ausspruch, der da lautet, ,,am Wege zum Licht lasset niemand
zurück", ist gerade hier ein echtes Bekenntnis und eine echte Überzeugung, von der wir als ÖVPFraktion in diesem Land ausgehen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Politik für unsere
Kinder, für unsere Jugend, war uns ein Herzensanliegen und wird uns auch in Zukunft ein
Herzensanliegen sein, sie ist ein Teil der Familienpolitik, der wir uns weltanschaulich verbunden
fühlen, sie ist gleichzeitig eine Aufgabe, mit das moderne Niederösterreich zu bauen und sicher auch
ein Baustein für dieses moderne Österreich. Der Einsatz für unsere Kinder, für unsere Jugend, die
verantwortlichen Staatsbürger von morgen, ist die Garantie, daß uns auch dieses Morgen ein
liebenswertes und schönes Niederösterreich, eine liebenswerte Heimat bringen wird. Dafür wollen wir
uns einsetzen und dafür wollen wir auch in Zukunft kämpfen. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Herr Abg. Romeder, ich wollte Ihre Rede nicht unterbrechen, würde
Sie aber bitten, künftighin Äußerungen persönlicher Art, wie sie im Zusammenhang mit den Abg.
Fürst, Stangl und Kosler gefallen sind, künftig zu unterlassen. (Beifall bei der SPÖ.)
Als nächster Redner kommt der Abg. Birner zu Wort.
Abg. BIRNER: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte trotz seines etwas überheblichen
Gebarens meinem Vorredner für seine Anfangsworte herzlich danken, denn es kommt in diesem
Hause nicht oft vor, daß die Politik von sozialistischen Regierungsmitgliedern so über den grünen Klee
gelobt wird. (Beifall bei der SPÖ.) Wir freuen uns, daß diese Politik auch bei der Gegenseite
Anerkennung gefunden hat und ich kann Ihnen, glaube ich, versprechen, daß auch in Zukunft die
Aktivitäten unseres Schul- und Kulturreferenten nicht erlahmen werden, sodaß der Herr
Landeshauptmann auch für die kommenden Wahlen noch genügend zum Eröffnen haben wird, ob
das jetzt Kindergärten, Schulen oder Ausstellungen sein werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, als die sozialistische Partei Niederösterreichs im Jahre 1968
daran ging, der Öffentlichkeit einen umfassenden Plan für die Neugestaltung und Modernisierung aller
Lebensbereiche der niederösterreichischen Bevölkerung vorzulegen, war dies praktisch die
Geburtsstunde für eine bessere Zukunft unseres Bundeslandes Niederösterreich. Dieser
Niederösterreich-Plan, wie er hieß, wurde, wie Sie ja wissen, von hunderten Fachleuten,
Wissenschaftlern, Politikern erarbeitet und wies durch seine Aussagen, seine Analysen und
Zielsetzungen klar den Weg, den Niederösterreich gehen müsse, um ein modernes, aufgeschlossenes
und wirtschaftlich starkes Heimatland für alle Niederösterreicher zu werden. Im Laufe dieser
Budgetdebatte sind schon einige dieser Leistungen hervorgehoben und festgestellt worden.
Daß dieser Niederösterreich-Plan der Bildung und Ausbildung unserer Jugend ein besonderes
Augenmerk schenkt, ist allen klar, die sich nur jemals ein wenig mit sozialdemokratischer
Bildungspolitik beschäftigt haben. Und weil eine moderne Wirtschaft in ihrem ständigen
Konkurrenzkampf an die Fachkräfte immer höhere Anforderungen stellt, erhalten die Berufsschulen in
unserem Lande immer größere Bedeutung für die Ausbildung unserer Jugend. Obwohl
Niederösterreich im Berufsschulwesen einen Schritt weiter voran als andere Bundesländer ist, war die
Forderung im Niederösterreich-Plan nach verstärktem weiteren Ausbau der lehrgangsmäßigen
Berufsschulen mehr als gerechtfertigt. Wir können daher die Feststellung im Bericht des gewerblichen
Berufsschulrates, daß in der letzten gebietsmäßigen Berufsschule, die sich in Wr. Neustadt befunden
hat, der Unterricht eingestellt worden ist, nur mit Genugtuung zur Kenntnis nehmen.
Dieser Bericht des gewerblichen Landesschulrates sagt weiters, daß im abgelaufenen Schuljahr
20.690 männliche Lehrlinge, das sind 74,476, und 7.112 weibliche Lehrlinge, das sind 25,676,
insgesamt also 27.802 Lehrlinge die niederösterreichischen Berufsschulen besucht haben. Das ist
eine Erhöhung gegenüber dem Vorjahr um 1.221 Schüler oder 4,676. Der Bericht sagt auch, daß die
überwiegende Mehrheit der niederösterreichischen Lehrlinge im Zuge der dualen Berufsaubildung in
Niederösterreichs Berufsschulen geschult wurde. Dieses duale Ausbildungssystem, also Meisterlehre
und Berufsschule, hat sich in der Vergangenheit ohne Zweifel ganz gut bewährt, aber mit der überaus
raschen Technisierung und der Komplizierung des wirtschaftlichen Geschehens sind doch Mängel
dieses dualen Ausbildungssystems aufgetreten. So sehr dieses über 100 Jahre alte System strukturell
auch bejaht werden kann, wird es sich doch qualitative Veränderungen gefallen lassen müssen.
Es ist daher eine Notwendigkeit und nur zu begrüßen, daß sich die Jugendorganisation des
Österreichischen Gewerkschaftsbundes seit einiger Zeit um eine Reform der Berufsausbildung
bemüht. So wurden 1975 Vorschläge zur gesetzlichen Neuordnung der Berufsausbildung erarbeitet
und den verschiedensten kompetenten Stellen zugeleitet, natürlich auch dem Herrn
Landeshauptmann. Der Herr Landeshauptmann hat auch darauf reagiert, und zwar in einem
Schreiben an den leitenden Sekretär Hofstetter. Ich darf Ihnen hier einige Passagen dieses
Schreibens zur Kenntnis bringen. In diesem Schreiben lehnt er die Pläne der österreichischen
Gewerkschaftsjugend ab und meint: ,,Meiner Ansicht nach führt die Verlagerung der
Lehrlingsverwaltung und der Handelskammer zu neu errichteten selbständigen Behörden, die als
Kollegialorgane nach dem Muster der Gebietskrankenkasse gebildet werden sollen und dadurch eine
Ausdehnung der Machtbefugnisse der Gewerkschaft nach sich ziehen, zu einer Verbürokratisierung
des Lehrlingswesens, einer Verkomplizierung der Verwaltung und Vervielfachung des Sach- und
Personalaufwandes." Und weiter heißt es dann in einem Absatz: ,,Was die Verlagerung der
Berufsausbildung von der bisher praxisnahen Ausbildung zu einer theoretischen schulungsmäßigen
Ausbildung anbelangt, so würde dies eine Erziehung von Theoretikern und nicht von Praktikern zur
Folge haben." Nun, ich glaube meine sehr geehrten Damen und Herren, daß wir alle mitsammen nicht
interessiert sind, nur Theoretiker in unserem Lande auszubilden, sondern daß wir auf alle Fälle gute
Praktiker in diesem Lande brauchen. Ich glaube aber auch, daß die Arbeit der Gewerkschaften und
der Arbeiterkammern seit 1945 bewiesen haben, was sie unter einer guten und soliden
Berufsausbildung verstehen, und daher ist diese Unterstellung des Herrn Landeshauptmannes auf
alle Fälle auf das Schärfste zurückzuweisen.
Wir meinen immer noch, daß Betrieb und Schule einfach gleichwertige, einander ergänzende
Ausbildungsfaktoren sein müßten. Dazu allerdings wäre eine bessere Koordination und auch
Kooperation notwendig. Und es wäre auch notwendig, daß sich manche Lehrbetriebe bei der
Beschäftigung von Lehrlingen weniger von wirtschaftlichen und mehr von ausbildnerischen Aspekten
leiten lassen.
Daß es immer wieder und in gar nicht so wenigen Lehrbetrieben zu den verschiedensten
Unzukömmlichkeiten kommt, wird auch im Jahrbuch 1975 der Niederösterreichischen Arbeiterkammer
in einem Bericht aufgezeigt. So wurden im Berichtsjahr 1975 in 665 Betrieben mit insgesamt 4.351
Lehrlingen Überprüfungen durchgeführt. Bei diesen Überprüfungen sind eine Reihe von Mängeln und
Verstößen beanstandet worden, wobei der größte Teil der Beanstandungen auf Schwierigkeiten im
Zusammenhang mit Entlohnung und Arbeitszeit entfiel. Bei den Interventionen konnte ohne
Beschreitung des Rechtsweges für die Lehrlinge und ordentlichen Dienstnehmer ein Betrag von
1,988.000 Schilling sichergestellt werden. Sie sehen, daß es noch allerhand Arbeit auf dem Gebiete
des Jugendschutzes gibt. Aber es gibt auch manch Erfreuliches auf dem Sektor des Lehrlings- und
Berufsschulwesens in Niederösterreich zu berichten. Wenn im Bericht des Gewerblichen
Berufsschulrates für Niederösterreich festgestellt wurde, daß im abgelaufenen Schuljahr um 1.221
Lehrlinge mehr als im Schuljahr 1974 die Berufsschule besucht haben, dann ist das außerordentlich
erfreulich. Diese günstige Entwicklung war für ganz Österreich feststellbar, sodaß trotz des
wirtschaftlichen Rückganges im Jahre 1975 sich der Lehrlingsstand mit Stichtag 31. Dezember um
5.940 oder 3,6% gegenüber dem Jahre 1974 erhöht hat. Ich glaube, Sie sind hier in diesem Saale mit
mir einer Meinung, daß dies vor allem ein Erfolg der Wirtschaftspolitik der sozialistischen
Bundesregierung ist, obwohl es vor den Wahlen im Jahre 1974 noch von einer bestimmten Stelle
geheißen hat, es wird eine große Jugendarbeitslosigkeit kommen. Man hat der Bevölkerung sogar
weismachen wollen, daß bei einem neuerlichen Wahlsieg Kreiskys Österreich ein wirtschaftlicher
Trümmerhaufen wird, in dem es keine Arbeit, keine Lehrstellen, keine Berufschancen geben wird.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Österreicher haben sich durch diese politischen
Miesmacher und Katastrophenprophezeier nicht irremachen lassen und haben die Regierung Kreisky
und damit auch die sozialistische Partei mit einer überwiegenden Mehrheit ausgestattet; auch die
Niederösterreicher waren an diesem großartigen Erfolg der SPÖ ganz erheblich beteiligt. Die
Niederösterreicher wußten und wissen, was und wieviel die Regierung Kreisky auf allen Gebieten für
unser Bundesland getan hat, und haben bei den Wahlen den Dank hiefür ganz sichtbar zum Ausdruck
gebracht. Und schauen Sie, wenn uns nur mehr ein paar Stimmen trennen in Niederösterreich, dann
glaube ich, mit einem guten Ho-Ruck werden wir dieses letzte Stückerl wohl auch noch schaffen
können. (Beifall bei der SPÖ. - Abg. Dr. Bernau: Das Ho war da, nur das Ruck nicht! - Abg.
Blochberger: Das glaubst Du selbst nicht!) Na, werden wir sehen, wem der Vater den Schimmel
schenkt.
Ja, meine Damen und Herren, und sehen Sie, eben weil auch die Niederösterreicher in so
überwältigender Weise zum Ausdruck gebracht haben, daß sie mit der Politik der sozialistischen
Partei einverstanden sind, kann man nur nachsichtig lächeln, wenn man in den Zeitungen liest, daß
niemand anderer als unser Landesvater Maurer Niederösterreich zu einem Land gemacht hat, in dem
man nicht nur gut blasen kann, sondern in dem es sich auch gut leben läßt. Ich habe mich gewundert,
daß er so ganz und gar auf seine Nebenregierer vergessen hat, auf den
Landeshauptmannstellvertreter Ludwig, auf den Landesrat Bierbaum und auch auf den Herrn
Landesrat Schneider. (Abg. Anzenberger: Die fühlen sich gar nicht vergessen! Ich glaube, Ihr redet
immer von den anderen!) Ich weiß nicht, wenn der Landeshauptmann alles macht, was dann noch für
die drei anderen Regierungsmitglieder überbleibt. (Abg. Anzenberger: Da fühlen sich andere
vergessen!)
Doch, meine Damen und Herren, wieder zurück zu unseren Lehrlingen und Jugendlichen. (Abg.
Mantler: Der Kreisky kann nicht einmal blasen!) Aber geigen! Der Lehrstellenmarkt in
Niederösterreich, meine Damen und Herren, zeigte sich nach bisherigen Erfahren ähnlich wie im
Jahre 1975, wobei jedoch sowohl die regionalen als auch die beruflichen Unterschiede der zur
Verfügung stehenen Lehrplätze berücksichtigt werden müssen. Ende April dieses Jahres waren beim
niederösterreichischen Landesarbeitsamt 3.043 Burschen und 1.965 Mädchen als
Lehrstellensuchende vorgemerkt. Davon hatten 1.358 Burschen und 895 Mädchen eine Lehrstelle
bereits zugesichert erhalten. Zum gleichen Zeitraum waren 2.813 Lehrstellen gemeldet, die noch nicht
durch Einstellungszusagen blockiert waren.
Abgesehen von regionalen und beruflichen Unterschieden waren demnach rein zahlenmäßig
genügend Lehrstellen für Burschen vorhanden, ja es bestand bei den verschiedenen Berufen sogar
ein starkes Überangebot an Lehrstellen, und zwar bei den Bauberufen, wie Maurer, Zimmerer, Maler
und Anstreicher. Aber auch bei verschiedenen Metallberufen, wie Landmaschinenmechaniker,
Schlosser, Dreher, Gas- und Wasserleitungsinstallateure und auch zum Teil bei Kfz-Mechanikern war
das Lehrstellenangebot größer als die Nachfrage. Dagegen bestand eine das Angebot weit
übersteigende Nachfrage bei Elektro- und Radiomechanikern, bei Elektroinstallateuren, bei
Betriebsschlossern, Konditoren, Chemielaboranten, technischen Zeichnern und Industriekaufmann.
Auf dem weiblichen Sektor war die Lehrstellensituation ungünstiger. Einem Bestand von 1.070
Lehrstellensuchenden standen 327 Lehrstellen für Mädchen gegenüber. Zusätzlich waren 170
Betriebe bereit, statt eines Burschen ein Mädchen einzustellen, sodaß im günstigsten Fall 497 offene
Stellen für Mädchen gemeldet waren. Ein Lehrstellenüberangebot hat es bei den Berufen Gärtner,
Kellner und Herrenkleidermacher gegeben, ein empfindlicher Lehrstellenmangel war bei den
Damenkleidermachern, den Berufen Einzelhandelskaufmann und Bürokaufmann und bei den
Friseuren zu verzeichnen.
Regional dürfte es, soweit auf Grund der Statistik geschlossen werden kann, in den Bezirken Bruck an
der Leitha, Gänserndorf, Korneuburg, Mödling und Tulln keine wesentlichen Schwierigkeiten bei der
Unterbringung weiblicher Jugendlicher geben. Bei den männlichen Jugendlichen zeigte sich regional,
daß in den Bezirken Amstetten, Gmünd, Scheibbs, Waidhofen an der Thaya, Waidhofen an der Ybbs
und Zwettl zu wenige Lehrstellen vorhanden waren. In nahezu allen anderen Bezirken bestand nach
der Statistik ein Lehrstellenangebot, das oft doppelt so groß war als die Nachfrage. Dies gilt vor allem
für den Einzelhandelskaufmann.
So war die Situation des Lehrstellemarktes aus der Sicht des niederösterreichischen
Landesarbeitsamtes im April 1976. In der Zwischenzeit hat sich die Situation wiederum ein wenig
verändert. Demnach waren mit Stichtag 27. Oktober bei den Arbeitsämtern noch 1.278 männliche und
143 weibliche offene Lehrstellen gemeldet. Dem gegenüber standen 65 männliche und 142 weibliche
Lehrstellensuchende. Läßt man die regionalen und beruflichen Verschiedenheiten außer Betracht,
besteht bei den Burschen ein überaus starker Mangel an Lehrlingen, während sich bei den Mädchen
das Angebot und die Nachfrage ausgleichen.
Ganz kraß klafft bei männlichen Lehrstellen Nachfrage und Angebot auseinander. Zum Beispiel sind
im Baugewerbe noch 402 offene Lehrstellen vorhanden, Lehrstellensuchende dagegen sind nur 8
vorgemerkt. Bei den Maurern sind 151 Lehrstellen offen und 4 als stellensuchend gemeldet, bei den
Zimmerern sind 78 Lehrstellen offen, keiner als suchend gemeldet. Bei den Malern und Anstreichern
dieselbe Situation, und so könnte ich die Reihe noch weiter fortsetzen. Aber nicht nur in den
Bauberufen, sondern auch in Metallberufen und bei den Einzelhandelskaufleuten ist der Mangel stark
fühlbar. Ich glaube, meine Damen und Herren, diese Zahlen beweisen doch wieder treffend die
richtige Wirtschaftspolitik der sozialistischen Bundesregierung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man jenen Teil des Berichtes des Gewerblichen
Berufsschulrates liest, der sich mit den Schul-, Heim- und Internatsbauten befaßt, dann muß man
anerkennen, daß hier ganz enorme Summen aufgewendet worden sind, daß in den vergangenen
Jahren, wie heute schon betont wurde, ein Schulbau nach dem anderen eröffnet worden ist. Wir
können mit dieser Situation nur zufrieden sein, trotzdem wird es auf diesem Gebiet noch manche
Hürde zu überspringen geben, wird noch manches zu tun sein, auch die Gemeinden werden in
Zukunft wieder dazu beitragen müssen. Auch auf dem Berufsschulsektor haben sie ihr Schärflein
beizutragen, wie es schon bisher geschehen ist, in Form von kostenlosen Grundbeistellungen und
ähnlichem mehr. Man kann also den Gemeinden auch hier nur immer wieder den Dank abstatten für
ihre Schulfreundlichkeit und für das Verständnis, das sie der Jugend hier entgegenbringen.
Es wird häufig festgestellt, daß Lehrlinge ein nicht sehr leichtes Dasein im Betrieb und in der
Berufsschule haben. Und so hat die sozialistische Jugend Niederösterreichs im Jahre 1976 (Abg.
Tribaumer: 2975!) entschuldigen Sie, 1975 eine Lehrlingsbefragung über die Bedingungen in den
Berufsschulinternaten durchgeführt. Ich möchte Ihnen hier nur einen kleinen Auszug über die
Wünsche und Beschwerden an den einzelnen Internaten geben. In Laa an der Thaya wird von den
Schülern gesagt, daß das Essen zu wenig ist. In Langenlois werden mehr Lehrfilme gewünscht und es
wir geklagt, daß nur einmal in der Woche gebraust werden kann und daß um 9 Uhr Bettruhe
herrschen muß. In Lilienfeld wird die Qualität des Essens bemängelt und die diktatorische Erziehung,
außerdem wird bemängelt, daß keine Sportausübung möglich ist. Auch in Neunkirchen ein langer
Stundenplan, oft bis zu 52 Stunden, kein Sport und der Studiumraum ist ein wenig zu klein. In
Waldegg klagen die Lehrlinge darüber, daß sie die Schule reinigen müssen, und weisen darauf hin,
daß das in den anderen Schulen ja auch nicht üblich ist, man könnte sich nicht vorstellen, daß in den
Gymnasien oder in den Hauptschulen die Kinder mit Reibfetzen und Tuch durch die Gegend wandern
müssen, um die Gänge zu reinigen und so weiter. In Schrems wird ebenfalls die militärische
Behandlung bemängelt und die Waschräume werden als nicht entsprechend bezeichnet. Desgleichen
klagen sie in St. Pölten über das Essen und in Zistersdorf wird gewünscht, daß sie bei Erstellung des
Planes auch ein wenig mitsprechen können.
Meine Damen und Herren, ich könnte die Liste noch ein wenig fortsetzen, aber ich glaube, das genügt
vollständig. Besonders wichtig erscheint mir, daß die Lehrlinge darüber klagen, daß sie nicht Sport
ausüben können. In dem Zusammenhang möchte ich einen Artikel zitieren, den unlängst, also am
Freitag, dem 3. Dezember, eine Tageszeitung hier gebracht hat. Es handelt sich um die Erstellung
eines Berichtes der Universität Innsbruck, und zwar schreibt der Leiter des Institutes für
Leibeserziehung der Universität Innsbruck, Lehrlinge sind Schülern sportlich unterlegen. Was der
Leiter des Institutes für Leibeserziehung der Universität Innsbruck festgestellt hat, ist erschütternd. In
der sogenannten Sportmotorik sind die von Professor Dr. Fetz untersuchten Lehrlinge den Schülern
der allgemeinbildenden höheren Schulen weit unterlegen. Bei einem der wichtigsten Zweige der
Erziehung zur Gesundheit sind die Lehrlinge Stiefkinder des Schulsystems. Schon die
fünfzehnjährigen Lehrlinge, die eben erst aus der Schule kommen, sind nur in einer von 39
Vergleichsübungen den allgemeinen Handelsschulen überlegen gewesen, im Liegestütz. Aber auch
da übernahmen die Schüler in den höheren Jahrgängen eindeutig die Führung. Die Tests überprüften
Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer, Gleichgewicht und Gelenkigkeit. Professor Fetz sagt auch warum, der
Turnunterricht in den Hauptschulen ist offenbar schon dem Turnunterricht in den Unterstufen der
allgemeinbildenden höheren Schulen unterlegen, in der Berufsschule gibt es überhaupt keine
Leibesübungen. Das soll sich ja nun wiederum ändern, nachdem jetzt auch gesetzlich festgelegt ist,
daß in den Berufsschulen Unterricht gegeben wird, und es ist nur zu begrüßen, daß diese Änderung
gekommen ist. Dazu kommt noch, schreibt die Zeitung weiter, jeder zweite Schüler sportelt auch in
der Freizeit, aber nur jeder siebente Lehrling tut dasselbe. Ob aus Zeitmangel oder aus Mangel an
vernünftiger Anleitung, bleibt dahingestellt. Was das für die Gesundheit der Lehrlinge bedeutet, ist
klar. Professor Fetz fordert daher die Einbeziehung eines breiten Leibeserziehungsprogrammes in die
Berufsschulausbildung und regelmäßige gutgeplante Sportaktivitäten in den Betrieben. Meine sehr
geehrten Damen und Herren, der Bericht des Leiters des Institutes für Leibeserziehung zeigt so richtig
auf, wie notwendig es war, den Turnunterricht auch an den Berufsschulen einzuführen.
Bei den Reihenuntersuchungen der Jugendlichen durch die Niederösterreichische Ge
bietskrankenkasse gaben von 32.275 untersuchten Jugendlichen nur 5.763 männliche und 1.382
weibliche Jugendliche an, in irgend einer Form Sport zu betreiben also ein wenig mehr als ein Viertel
aller Untersuchten. Die Krankheiten des Bewegungs- und Stützapparates sind daher gerade für die
Jugendlichen symptomatisch und es muß alles getan werden, um mit gezielten Maßnahmen unsere
Jugend vor Haltungsschäden zu bewahren. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf zum
Schluß noch eine andere Untersuchung zitieren. Die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse hat
in ihren Reihenuntersuchungen der Jugendlichen auch anderes Alarmierendes festgestellt, und zwar
sind die Zahlen der Jugendlichen, die angaben, regelmäßig zu rauchen und Alkohol zu konsumieren,
enorm gestiegen. Die Zahl der Raucher nimmt von Jahr zu Jahr zu. Im Berichtsjahr gaben 13.576, und
zwar 8.581 männliche und 4.995 weibliche Jugendliche an, zu rauchen. Der Prozentsatz ist
gegenüber dem Vorjahr von 36,78% auf 42,23% gestiegen. Auch beim Alkoholkonsum der
Jugendlichen ist eine erhebliche Steigerung eingetreten. Alkohol wird von 11.227, und zwar 7.516
männlichen und 3.700 weiblichen Jugendlichen regelmäßig konsumiert.
Das ist eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr von 29,1570 auf fast 34%. Unsere Jugend ist also in
dieser Hinsicht stark gefährdet und es wird weiterhin Aufgabe auch der Berufsschulen sein, die
Schüler mehr als bisher über die schädlichen Folgen des Rauchens und des regelmäßigen
Alkoholkonsums aufzuklären.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Aufgaben der Gesellschaft unserer Jugend gegenüber
werden nicht kleiner, sondern größer und verantwortungsvoller. Und nur, wenn wir alle dies erkennen
und auch darnach handeln, werden wir auch in Zukunft wirtschaftlich und gesellschaftlich bestehen
können. Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Der Abg. Dkfm. Höfinger ist der nächste Redner zur Gruppe 2. Ich
erteile ihm das Wort.
Abg. Dkfm. HÖFINGER: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe nicht die
Absicht, in die Debatte, die der Vorredner über die Person unseres Landeshauptmannes wieder neu
entfacht hat, einzugreifen. Unser Landeshauptmann hat es nicht notwendig, daß er hier verteidigt
wird. Ich möchte nur feststellen, daß mir eines auffällt und das ist auch schon von mehreren
Vorrednern gesagt worden: Die sozialistischen Abgeordneten schleppen durch ihre Beiträge wie einen
roten Faden mit, und zwar scheinbar in richtiger Einschätzung ihrer Möglichkeiten und Fähigkeiten
hier in diesem Haus, daß sie immer die Bundesregierung hier zu Hilfe rufen und damit argumentieren,
was die Bundesregierung angeblich für dieses Niederösterreich gemacht hat, aber wenige sagen, was
sie selbst hier für Niederösterreich geleistet haben. Und das zweite ist, daß man die Person des
Landeshauptmannes Ökonomierat Maurer zum Ziel der Angriffe macht. Man hat sich zuerst sicher
nicht zu Unrecht dagegen gewehrt, daß persönliche Dinge hier hereingetragen werden, aber ich
möchte genauso zurückgeben, daß das persönliche Hobby eines Menschen, auch wenn er Politiker
ist, eben seine persönliche Angelegenheit ist. Und wenn Sie schon das Blasen, die Blasmusik, Herr
Kollege Birner, hier angezogen haben, dann möchte ich Ihnen zur Richtigstellung und damit die Kirche
im Dorf bleibt sagen, daß das eine Orchester immer noch 31 Musiker hat und halt stärker bläst als das
andere mit 25 Bläsern. (Beifall bei der ÖVP.)
Nun aber weg von der Blasmusik. Es haben bereits einige Redner an diesem Pult hier gestern und
heute ganz richtig festgestellt, daß Niederösterreich das Industrieland Nummer eins in Österreich
geworden ist, daß die niederösterreichische Wirtschaft - jetzt komme ich doch wieder zur Blasmusik im Konzert der österreichischen Volkswirtschaft einen beachtlichen Part spielt und daß es die Leistung
der Menschen in diesem Lande war, die diesen erfreulichen Tatbestand mitbegründen half. Aufgabe
einer verantwortungsvollen Politik in diesem Lande muß es daher sein, den jungen Menschen, die in
diesen Wirtschaftsbereich eintreten, optimale Bedingungen für eine gediegene Ausbildung in Theorie
und Praxis zu schaffen, und das in einer möglichst ungestörten sachlichen Atmosphäre. Die
Österreichische Volkspartei hat in ihrem Leitbild 80 für ein modernes Niederösterreich als Ziele der
Bildungspolitik unter anderem postuliert, den einzelnen zu befähigen, sich gegenüber dem rasanten
technischen und wirtschaftlichen Wandel zu behaupten, in allen Bevölkerungskreisen Verständnis zu
wecken dafür, daß das Lernen und die Ausbildung mit dem Ende der Schulzeit nicht zu Ende ist und
der zunehmenden Bedeutung der berufsbildenden Schulen das Erforderliche zuzumessen.
In diesem Lichte möchte ich nunmehr zum sehr wichtigen Teilbereich Berufsausbildung und
gewerbliche Berufsschulen kommen. Mein Vorredner hat festgestellt, daß heuer ein Wendepunkt im
organisatorischen Bereich des niederösterreichischen Berufsschulwesens erreicht wurde, und zwar
durch die Einschulung der letzten Friseurlehrlinge aus dem Bezirk Wr. Neustadt in die
lehrgangsmäßigen Berufsschulen von Krems und St. Pölten, womit der Übergang von der alten
Gebietsberufsschule zur neuen Form der lehrgangsmäßigen Berufsschule abgeschlossen ist. Die
organisatorische Umstrukturierung, die von ihren Anfängen in Waldegg 1946 nahezu 30 Jahre
gebraucht hat, ist nun abgeschlossen; die entscheidende Voraussetzung dafür war, daß der
Berufsschulunterricht für alle Lehrlinge nunmehr fachspezifisch, das heißt in Fachklassen f ü r jeweils
einen bestimmten Lehrberuf, erteilt werden kann. Für das Land Niederösterreich bedeutete diese
Entwicklung auch eine gigantische finanzielle Belastung, da nicht nur sehr viele Schulen gebaut
werden mußten, sondern überdies moderne Lehrwerkstätten und Internate zu errichten waren bzw.
auch in Zukunft noch zu errichten sein werden.
Es soll aber an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, daß ein großer Anteil an diesen finanziellen
Mitteln von der Kammer der gewerblichen Wirtschaft bzw. von einzelnen Fachgruppen und Innungen
und somit von den niederösterreichischen Lehrbetrieben selbst aufgebracht werden mußten und
immer noch aufgebracht werden müssen. Diese Leistungen der Unternehmer für die
Lehrlingsausbildung geraten bei den heute da und dort geführten Diskussionen über die Reform der
Berufsausbildung allzu leicht in Vergessenheit.
Wenn die Verfachlichung im Berufsschulwesen auch abgeschlossen ist, bedeutet das keineswegs,
daß nicht auch in Zukunft organisatorische und vor allem auch noch große finanzielle Bemühungen
notwendig sein werden, um die Berufsschulen so weiterzuentwickeln, daß sie den jeweiligen
Bedürfnissen der Wirtschaft und damit der Gesellschaft gerecht werden können. Die Berufsschulen
müssen nämlich, da sie vollkommen von der Entwicklung der Lehrlingsziffern abhängig sind, ständig
dieser nur bedingt steuerbaren Entwicklung angepaßt werden. Einerseits sind die räumlichen,
organisatorischen und personellen Voraussetzungen zu schaffen, die hohen Lehrlingsziffern der nun
kommenden geburtenstarken Jahrgänge einschulen zu können. Die gewerbliche Wirtschaft dieses
Landes – das möchte ich dem Kollegen Birner, der zur Zeit nicht anwesend ist, aber doch ins
Stammbuch schreiben - hat sich in den vergangenen Monaten verstärkt bemüht und wird sich auch in
Zukunft bemühen, durch Bereitstellung immer neuer Ausbildungsplätze aktiv gegen die Gefahr einer
Jugendarbeitslosigkeit zu kämpfen. Das sei hier auch zur Richtigstellung angemerkt. Dies hat zur
Folge, daß die Lehrlingsziffern schon in diesem Jahr gegenüber den Vorjahren rapid angestiegen sind
und daß ein weiterer Anstieg bis in die frühen 80er Jahre zu erwarten ist.
Die Schwierigkeiten, die sich dadurch für die Berufsschulen ergeben, erwachsen daraus, daß die
Zunahme nicht in allen Berufen gleichmäßig ist, sondern daß in manchen Bereichen, wie etwa im
Gastgewerbe, bei den Kfz-Mechanikern und auch in der Holzbranche, ein überdurchschnittlicher
Anstieg erfolgt, während in anderen Berufen eine stagnierende, mitunter rückläufige Entwicklung
festzustellen ist. So wird es notwendig sein, die schon begonnene Projektierung und den Bau der
zweiten Schule für die Kfz-Mechanikerlehrlinge in Eggenburg rasch voranzuführen. Es zeigt sich
überdies, daß die Schwierigkeiten der Verschulung der Koch- und Kellnerlehrlinge immer größer
werden, sodaß auch hier nach Lösungsmöglichkeiten gesucht werden muß, für die dann neuerlich
eine geeignete Finanzierungsbasis zu finden sein wird. Andererseits gibt es in Niederösterreich auch
vereinzelt Schulen, die auf Grund des Rückganges der Lehrlingszahlen eine Größe bzw. eine
Kleinheit erreicht haben, die eine Weiterführung schon aus wirtschaftlichen Gründen weder
gerechtfertigt noch sinnvoll erscheinen läßt.
Insgesamt ist zu sagen, daß es im Berufsschulwesen einer ständigen Umorganisation und
Umstrukturierung bedürfen wird, daß dieser Teil des gesamten Schulwesens, am engsten mit der
Wirtschaft und deren Entwicklung verbunden ist und daher auch ständig den wirtschaftlichen
Erfordernissen anzupassen ist. Der Gewerbliche Berufsschulrat für Niederösterreich hat diese
Aufgaben stets mit großer Umsicht und großem Verantwortungsbewußtsein erfüllt und ich möchte
diesen Beitrag hier nicht vorübergehen lassen, ohne allen Mitarbeitern, die zuständig sind für die
Verwaltung, die Erhaltung, den Bau und den Betrieb der Berufsschulen, den Dank auszusprechen.
Aber auch die Lehrpläne müssen der technischen und ökonomischen Weiterentwicklung Rechnung
tragen. Es ist mit Befriedigung anzumerken, daß am 5. November im Landesschulrat für
Niederösterreich für alle in Niederösterreich eingeschulten Lehrberufe neue Lehrpläne, die in
Zusammenarbeit zwischen den Fachvertretungen, den Gremien und Innungen und den Fachlehrern
der Berufsschulen erarbeitet wurden und den Erfordernissen der Jetztzeit voll und ganz entsprechen.
Auch die Ausbildung der Berufsschullehrer wurde durch die Errichtung der berufspädagogischen
Akademie weiter angehoben und damit ist die pädagogische und fachliche Qualifikation der
Berufsschullehrer sichergestellt. Ein Wunsch der Wirtschaft, der erfreulicherweise auch vom Vertreter
der Berufsschullehrer unterstützt wird, geht allerdings dahin, im Rahmen der Lehrerfortbildung noch
engere Kontakte zwischen Wirtschaft und Schulen zu halten.
Zum inneren Betrieb der Berufsschulen und der Internate möchte ich noch ein Problem anziehen. Die
Erzieher an den Berufsschulen rekrutieren sich meist aus dem Stande der Berufsschullehrer. Das ist
aus pädagogischen Gründen positiv zu werten, da die Einheit von Schule und Internat hier gewahrt
bleibt. Die Diensteinteilung und Aufsicht obliegt den Berufsschulleitungen, allerdings bestehen auf
diesem Sektor seit Jahren keine Richtlinien über den zeitlichen Umfang, das Ausmaß des
Erzieherdienstes und Unklarheit, wer in diesen Belangen die Dienstaufsicht über die
Berufsschuldirektionen führt. Die Handelskammer Niederösterreichs ist seit Jahren bemüht, Initiativen
zur Gestaltung des Internatslebens zu setzen, teilweise mit gutem Erfolg, teilweise müssen solche
Bemühungen an der ungeklärten Situation hinsichtlich der Dienstaufsicht scheitern. Rasche Abhilfe
wäre möglich, wenn der zuständige Referent, Herr Landesrat Grünzweig, zwecks wirkungsvoller
Kontrolle des Erzieherdienstes in den Berufsschulinternaten eine Erzieherdienstverordnung zur
Beschlußfassung in der Landesregierung einbrächte, wie dies im Landeslehrer-Dienstgesetz, § 38
Absatz 10, veranlagt ist. Eine derartige Verordnung würde ein wesentlicher Beitrag zur
Vereinheitlichung des Erzieherdienstes an den Berufsschulinternaten sein und läge im Interesse aller
an der Führung der Internate beteiligten Stellen.
Abschließend sei mir noch ein offenes Wort zur Diskussion gestattet, die in der Öffentlichkeit seit
geraumer Zeit über das duale Ausbildungssystem und das Berufsschulwesen geführt wird. Herr
Kollege Kosler, der ebenfalls unter den Abwesenden weilt, hat mich da persönlich angesprochen und
mir unterstellt, ich sei in meinem Beitrag im Vorjahr gegen jede Reform auf diesem Sektor gewesen
und befinde mich damit im Einvernehmen mit der Kammer, der ich angehöre. Ich möchte Herrn
Kollegen Kosler eindeutig sagen, daß das insofern nicht stimmt, als ich für vernünftige Reformen bin.
Gegen vernünftige Reformen haben weder ich, noch die Kammer, die Sie zitiert haben, Herr Kollege
Kosler etwas einzuwenden. Wenn aber heute von gewissen Leuten - es wurde schon genannt von
links oder ganz links - die Forderung nach einer totalen Veränderung des Berufsausbildungssystems
erhoben wird, dann läßt dies nur folgende Schlüsse zu: Die Derartiges fordern, kennen entweder die
Verhältnisse auf dem Sektor der Berufsausbildung nicht und negieren damit auch die großen
Leistungen, die, wie sie ja selbst angeführt haben, in den letzten 30 Jahren gerade in Niederösterreich
auf diesem Gebiet erbracht wurden, oder sie werden von sehr durchsichtigen Motiven geleitet, um
mehr bestimmenden Einfluß auf diesem Sektor zu bekommen. Wenn weiters gefordert wird, die
Berufsausbildung stärker oder sogar total zu verschulen - dies würde bis zu eine Verfünffachung der
personellen und räumlichen Kapazitäten führen -, dann zeigt dies ebenfalls einen groben Mangel an
Sachkenntnis auf, da die Finanzierung solcher Wunschträume einfach nicht möglich wäre. Damit kann
wohl die Ernsthaftigkeit dieser Vorschläge in Frage gestellt werden. Und wenn Sie schon immer
unsere Haltung als konservativ bezeichnen, dann möchte ich feststellen, daß nicht jeder Konservative
ein Reaktionär und nicht jeder Sozialist fortschrittlich sein muß, die weiteren Kombinationen überlasse
ich Ihrer Fantasie. Es sei vielmehr hier eindeutig festgestellt, daß unser österreichisches System der
dualen Berufsausbildung noch immer das beste ist, da es Praxis und Bildung integriert und damit
modernsten pädagogischen Anforderungen etwa der OECD, entspricht. Auch in anderen Ländern
wurde erkannt, daß die rein schulische Berufsausbildung zu praxisfern ist und die
Außenhandelsdelegierten der Handelskammern berichten, daß man in über 80 Ländern Interesse für
das bei uns praktizierte System der Berufsausbildung zeigt und verschiedentlich wieder daran geht,
diese Form der praxisnahen Ausbildung zu kopieren. Und am Rande sei nur erwähnt, daß sogar in
den Vereinigten Staaten, im Staat Georgia, im Heimatstaat Jimmy Carters, derartige Bestrebungen
nun im Gange sind.
Um dieses System weiter entwickeln und noch effizienter machen zu können, bedarf es der ständigen
Beachtung der folgenden Forderungen, die - das möchte ich nochmals dem Kollegen Birner und auch
dem Kollegen Kosler sagen - dem Bildungsprogramm der Bundeswirtschaftskammer entstammen und
die zur Berufsausbildung unter anderem sagen, daß zur Bewältigung der modernen
Lehrlingsausbildung im Betrieb und in der Berufsschule erforderlich ist: Bejahung der umfassenden
Bildungsarbeit der Betriebe und ihrer Rolle als Bildungsträger, eine ständige Anpassung der
Lehrberufsliste an das sich rasch ändernde Wirtschaftsleben, die Ausarbeitung bundeseinheitlicher
Ausbildungshilfen, die den ausbildenden Betrieben Informationen über Ausbildungsinhalte bieten,
Besserstellung der Absolventen einer Lehrausbildung, die alle Abschlußprüfungen mit Erfolg abgelegt
haben, gegenüber den ungeprüften Gehilfen, Gleichstellung der Beruf sschüler hinsichtlich der Heimund Schulbeihilfen nach dem Schülerbeihilfengesetz mit den übrigen Schülern, Intensivierung der
Berufsforschung, wobei in einzelnen Sektoren eine projektsbezogene Zusammenarbeit der
Sozialpartner wünschenswert wäre, Durchführung und weitere Förderung der bereits in vielen Berufen
bewährten Lehrlingswettbewerbe in regionalen, nationalen und internationalen Bereichen, die
insbesondere auch der Motivierung und Leistungsdarstellung der Lehrlinge dienen.
Meine Damen und Herren, erst vor einigen Tagen hat in Baden die Abschlußfeier des Lehrlingswettbewerbes 1976 stattgefunden. Es waren auch einige Kollegen von der linken Seite dieses Hauses
anwesend und haben interessiert die Auszeichnung dieser tüchtigen, leistungsbewußten und wirklich
vorbildlichen jungen Menschen mit verfolgen können. Und da haben sie, glaube ich, einen lebenden
Beweis der Bemühungen der Handelskammer miterleben können. Weiters die Verbesserung des
Unterrichtes der Berufsschulen durch Ausarbeitung und Einsatz audiovisueller Lehrmittel, Förderung
der Gruppenarbeit und Modernisierung der Werkstätten und periodische Weiterbildung der Berufsschullehrer auch auf pädagogischem und methodischem Gebiet.
Soweit das Bildungsprogramm der Bundeshandelskammer und ich möchte Ihnen abschließend nur
eines sagen: Wir werden uns bemühen, die in Niederösterreich seit 30 Jahren in enger
Zusammenarbeit mit der Handelskammer erfolgreich geführte Berufsschulpolitik weiterzuführen und
durch ständige Anpassung an die Erfordernisse der Wirtschaft und Gesellschaft im Sinne unseres
Leitbildes 80 weiter zu entwickeln. Niederösterreich steht auf dem Sektor des Berufsschulwesens an
der Spitze aller österreichischen Bundesländer. Sorgen wir dafür, daß es so bleibt. (Beifall bei der
Volkspartei.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Als nächster ist der Abg. Krendl zu Wort gemeldet. Ich erteile es
ihm.
Abg. KRENDL: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Abg.
Höfinger hat zu Beginn seiner Rede gemeint, die SPÖ-Redner beschäftigen sich nur mit Bundespolitik. Nun, ich möchte hier nur einen einzigen Kollegen von der rechten Seite anführen. Der Herr
Kollege Fidesser hat von 14.00 Uhr bis 14,22 Uhr gesprochen und er hat 22 Minuten von Bundespolitik geredet, das nur der Vollständigkeit halber.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man heute in der Öffentlichkeit über die Fragen, die
die Jugend beschäftigen, über ihre Probleme und Anliegen spricht, so dienen vielen Rednern noch
veraltete Erkenntnisse oder Klischeevorstellungen als Grundlage. Man muß aber gerade auf diesem
Gebiet, so meine ich, immer wieder bereit sein, geänderte Bedingungen zur Kenntnis zu nehmen und
sich an die bestehenden Situationen anpassen. Das trifft nach meiner Meinung sicher auf dem weiten
Gebiet der außerschulischen Jugenderziehung zu. Wir alle wissen, wenn wir einmal in Jugendorganisationen tätig waren, wie wichtig diese verantwortungsvolle Arbeit der dort eingesetzten
Funktionäre und Betreuer ist. Wir wissen aber auch, daß man die Ausbildung dieser Menschen immer
mehr vorantreiben und verbessern muß.
Diese Feststellung, meine sehr verehrten Damen und Herren, erhärte ich durch einige Zahlen, die aus
einer Untersuchung über Jugend und Freizeit kommen. 81% der Eltern lehnen abendliches, nichtorganisiertes Fortgehen ihrer Kinder, zum Beispiel in Gasthäuser, ab; 66% sind gegen Diskothekbesuche und 48% der Eltern sind dagegen, daß ihr Sohn oder ihre Tochter ins Kino geht. Andererseits
aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, und das ist interessant, sprechen sich die Eltern von
Jugendlichen kaum gegen die Teilnahme an einer Jugendorganisation aus. Nur etwa 7% der Jugendlichen vermuten, daß ihre Eltern gegen eine solche Teilnahme wären und 69% der Eltern begrüßen
sogar eine Teilnahme ihrer Kinder an einer Jugendorganisation ausdrücklich. Die immens große Verantwortung, die Jugendorganisationen und Jugendvereinigungen hier haben, dürfte also unbestritten
sein.
Wenn wir nun die Altersklasse der 14- bis 20jährigen in Niederösterreich betrachten, so finden wir,
daß diese Menschen etwa 14 bis 15 % der Bevölkerung Niederösterreichs ausmachen. In absoluten
Zahlen sind das etwa 125.000 bis 130.000 junge Menschen. Nach einer IMAS-Untersuchung
beteiligen sich 50% an Jugendorganisationen und sind in Jugendorganisationen integriert. Aus
Befragungen und Untersuchungen geht eindeutig hervor, daß der Jugendliche in einer
Entwicklungshase steht, die gekennzeichnet ist durch die Diskrepanz zwischen dem eigenen
Selbstwert und der Einschätzung der Erwachsenengeneration, die leider Gottes eher geringschätzig
ist. Dazu kommt noch der oft sehr große Zwiespalt zwischen dem in der Herkunftsfamilie aufgebauten
ökonomischen Anspruchsniveau und der gegenwärtigen ökonomischen Potenz des Jugendlichen.
Und hier zeigt dann die Praxis, daß der Jugendliche Stabilität und Orientierung bei Gleichaltrigen
sucht. Es ist also oft nicht das eigentliche Organisationsziel, das den Jugendlichen in eine
Jugendorganisation bringt, sondern vielmehr nimmt er daran teil, weil er von Freunden eingeführt wird
und mit Gleichgesinnten Zusammensein will.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn nun aus dem vorher Gesagten hervorgeht, daß es
sehr oft das Vertrauensverhältnis und der starke persönliche Kontakt ist, der den Jugendlichen in die
Vereinigung bringt, so kann daraus sicher geschlossen werden, daß aus diesem Vertrauensverhältnis
die Bereitschaft des Jugendlichen, sich zu orientieren und orientieren zu lassen, erkannt werden kann.
Es hängt also weitgehend vom Funktionär in der Jugendgruppe ab, ob der Jugendliche eine sinnvolle,
für seine Zukunft wertvolle Freizeitgestaltung konsumiert oder einseitig manipuliert wird. Und hier, so
meine ich, setzt die große verantwortungsvolle Arbeit der politisch Tätigen im Lande ein. Die Jugend
ist nämlich, so behaupte ich, so gut oder so schlecht wie es ihre Führer und Vorbilder sind. Es wird
Aufgabe der Jugendforschung und der Jugendkunde sein, dem Politiker zu sagen, wie es sich
tatsächlich mit der Jugend verhält. Dann werden diese für Gesetze und Vorbereitungen von
Verwaltungsmaßnahmen die richtigen Entschlüsse fassen können. Es wird also an uns liegen, die
Bereitschaft zu zeigen, Erkenntnisse zu verarbeiten, die uns die Jugendforschung und das praktisch
Erlernte hier geben.
Hier, meine sehr verehrten Damen und Herren, komme ich zu einem wichtigen Punkt. Wir alle, so
glaube ich, stellen die Notwendigkeit von Jugendorganisationen und Jugendvereinigungen außer
Zweifel, weil wir den Aufgabenkreis dieser Organisationen erkennen, der unendlich weit gespannt ist,
von der politischen Bildung über das große Spektrum der Freizeitgestaltung bis hin zur Pflege des
Gemeinschaftsgeistes, des praktischen und erlebten Demokratieverständnisses. Wenn wir also die
Notwendigkeit erkennen, dann müssen wir aber als Konsequenz auch die effektive Unterstützung des
Landes für diese 130.000 jungen Menschen erkennen. Das Landesjugendreferat hat den im Land
tätigen Jugendorganisationen und Verbänden seine volle und seine ganze Unterstützung anzubieten.
Untersuchungsergebnisse und Meinungsumfragen sollten im verstärkten Ausmaß den
Jugendorganisationen direkt zur Verfügung gestellt werden, die dann in den Organisationen
erarbeiteten Ergebnisse können zum Aufbau des Organisationslebens wesentlich beitragen. Leider
aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, müssen wir auch heuer wieder beim Voranschlag
1977 feststellen, daß die Förderungsmittel bei Bedachtnahme des immens großen Aufgabengebietes
eher gering zu sein scheinen. Mit den im Voranschlag eingesetzten Mitteln werden wir die Bedürfnisse
der außerschulischen Jugenderziehung nur sehr bedingt befriedigen können.
Noch ein Wort, meine sehr verehrten Damen und Herren, zur Arbeit des Jugendreferates und seiner
verantwortungsvollen Aufgabe. Wenn man zum Beispiel bei der Ausschreibung von Seminaren auf
eine breitere Streuung bei den Vortragenden drängen würde, könnte es bei der Behandlung von
verschiedenen Sachgebieten, ob das in wirtschaftlicher, umweltschützerischer oder aber auch in
politischer Hinsicht ist, zu einer gesunden Konfrontation kommen. Diese Meinungen müßten hier
abgesprochen und abgeklärt werden, das wäre unendlich wichtig. Wenn wir nämlich unser Ziel
erreichen wollen, einen mündigen, informierten Staatsbürger zu haben, meine sehr verehrten Damen
und Herren, dann haben wir hier anzusetzen.
Ebenso wichtig erscheint mir die Schulung der Jugend in Rhetorik- und Diskussionskursen. Wie oft
kommt es nämlich vor, daß nur dadurch, weil ein Mensch sich nicht ausdrücken kann, eine gute
Meinung ungesagt bleibt, oder daß in einer Diskussion ein anderer trotz guter Ansichten unterliegt. Die
große Gefahr sehe ich darin, daß sich viele aus Unsicherheit ihre Meinung nicht vorbringen trauen und
schon gar nicht einem anderen widersprechen. Hier entgegenzuwirken, so glaube ich, wäre eine
Aufgabe der demokratischen Gesellschaft.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Jugendarbeit wird vom Land unterstützt. Die
personellen Voraussetzungen werden erkannt und geschaffen. Wie schaut nun die Praxis aus? Leider
müssen wir feststellen, daß nicht alle für die Arbeit im Landesjugendreferat bezahlten Mitarbeiter diese
Tätigkeit auch voll ausüben, weil sie durch andere Aufgaben fast voll ausgefüllt sind. Man spricht
sogar davon, daß ein Mitarbeiter im Referat auf Grund seiner politischen Funktion - wenn er sie
ausfüllen will, ist das ja auch verständlich - sehr viel Zeit, in der er eigentlich
gesamtniederösterreichische Jugendarbeit zu tun hätte, im Parteisekretariat verbringt. Damit wird
natürlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht erfüllt, was das Land sich vorstellt, wenn es
ein wichtiges Referat besetzt. Hier ist, wenn man die großen Aufgaben der Jugendorganisationen
sieht, eine rasche Überprüfung notwendig. Noch ein Wort, meine sehr verehrten Damen und Herren,
zum Niederösterreichischen Jugendinstitut. Wir wissen, daß es ein Bundesjugendinstitut gibt, welches
die verschiedensten wissenschaftlichen Untersuchungen über das Jugendverhalten anstellt. Auf eine
Anfrage hin, wie es um das Niederösterreichische Jugendinstitut bestellt sei, wird festgestellt - ich
zitiere: ,,Durch die Gründung des Niederösterreichischen Jugendinstitutes ist es möglich,
Subventionen von Bundesstellen für die Arbeiten und Bemühungen des Landesjugendreferates zu
erhalten, die wohl einem Verein, nicht aber einer amtlichen Stelle gewährt werden können." Hier
scheint es einmal, so meine ich, wert zu sein, zu überlegen, ob man nicht direkt vom Bundesinstitut
spezielle, nur für Niederösterreich geltende wissenschaftliche Forschungs- und Vorbereitungsarbeiten
erhalten könnte, die dann dem Jugendreferat und den Jugendorganisationen zur Verfügung stünden.
Sicher wäre schon bei der Installierung des Niederösterreichischen Jugendinstitutes ein anderer Weg
überlegbar gewesen, sodaß man auch ohne ein eigenes Landesinstitut in den Genuß der Geldmittel
und auch der Forschungsergebnisse gekommen wäre. Das ist einmal grundsätzlich dazu zu sagen.
Und wieder die Praxis, meine sehr verehrten Damen und Herren: Die Tätigkeit im
Landesjugendreferat und die Arbeitsergebnisse sollen der gesamten niederösterreichischen Jugend
zugute kommen, das ist unbestritten. Es ist auch eine Tatsache, daß für parteipolitische
Zusammenkünfte im Jugendreferat keine Geldmittel vorgesehen sind. Es verwundert also sehr, wenn
für einseitig politische Besprechungen, die noch dazu in die Dienstzeit der Beamten fallen, ganz
gleich, ob sie in der Herrengasse 13 oder im Landesjugendreferat selbst stattfinden, der
Landesjugendreferent, sein zweiter Stellvertreter und ein leitender Mitarbeiter des Referates Diäten
verrechnen. Dazu kommt noch, daß im Landesjugendreferat leitende Beamte, die nicht der UVP
angehören, bewußt nicht informiert und bewußt ausgeschaltet werden. (Abg. Auer: i n anderen
Bereichen ist es auch nicht anders!) Damit geben Sie das also zu, Okay, ich stelle das nur fest. Wenn
nun noch dazukommt, daß im Landesjugendreferat leitende Beamte, die nicht der ÖVP angehören,
bewußt nicht informiert und bewußt ausgeschaltet werden, so müßte auch das einmal sehr kritisch
untersucht werden. Solche Maßnahmen nämlich dienen auf keinem Fall dem guten Klima und der
notwendigen Vertrauensbasis, die so wichtig ist für eine gute Jugendorganisation und für ein gutes
Zusammenarbeiten mit dem Jugendreferat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es wäre interessant, noch weiter über diese Probleme zu
sprechen und auch über andere Aspekte der außerschulischen Jugenderziehung. Aber lassen Sie
mich mit einigen Überlegungen zum Schluß kommen.
Zu etwas anderem: Wenn man die Mitarbeit der jungen Menschen im Lande wünscht und das sollte
auch unbestritten sein, so darf man auf diesem Sektor keine parteipolitischen Auslesen vornehmen.
So sollte es zum Beispiel nicht vorkommen, daß man die Teilnahme einer großen Kinder- und
Elternorganisation, nämlich der Kinderfreunde, beim Begutachtungsverfahren ausschaltet. Kollege
Stangl hat diese Sache im Dezember des Vorjahres hier im Hohen Haus vorgebracht und ersucht,
diese Angelegenheit nochmals zu überdenken. Bis heute ist in dieser Sache leider nichts geschehen.
Ich erlaube mir, diese Angelegenheit heute hier zu urgieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Karl Schinko hat einmal, noch in meiner Zeit als aktiver
Jugendfunktionär, gesagt, wenn man die vielen Verhaltensweisen der heutigen Jugend, die vielfach
auf totale Rat- und Verständnislosigkeit der Erwachsenen stoßen, überhaupt auf einen gemeinsamen
Nenner bringen kann, dann müßten sie im Sinne eines kritischen Engagements verstanden werden.
Ich schließe daraus, daß es nicht gut sein kann, die Probleme der Jugend nur immer aus der
Perspektive der Erwachsenen zu sehen. Die Jugend ist nämlich, wenn die Arbeit der
Jugendorganisationen und die Arbeit des Jugendreferates gut und fruchtbringend ist, sehr wohl in der
Lage, für sich selbst einzutreten. Sie wird, wenn man ihr die Möglichkeit gibt und sie unterstützt,
konstruktive Arbeit leisten. Ein wichtiger, interessanter und richtungsweisender Beitrag, dessen
positive Auswirkungen leider nicht alle damit Befaßten erkannt zu haben scheinen, ist das von
Landeshauptmannstellvertreter Hans Czettel initiierte Jugendparlament. Das ist ein gelungener
Versuch, der Jugend ihre Verantwortung klarzumachen, und war für mich, was die erste
Zusammenkunft der Jugendlichen hier in diesen Räumen betrifft, ein wirkliches Erlebnis. Hier erkennt
die Jugend nämlich echt die Demokratie und kann ihre volle Kraft für gutes, demokratisches
Zusammenarbeiten einsetzen. Sie hat die Möglichkeit, ihre Anliegen zu artikulieren und die aus der
Vielfalt der verschiedenen Organisationen bedingten Meinungen abzuklären. Dem politischen
Mandatar wird dann eine mit der Kraft aller Jugendlichen im Land ausgestattete Meinung vorgetragen,
sie dient dann als echte Orientierungshilfe. Meine sehr verehrten Damen und Herren, um zum Schluß
zu kommen, möchte ich sehr eindringlich sagen: Wir haben alle gemeinsam eine unendlich große
Verantwortung der Jugend und damit der Zukunft gegenüber. Dieser Verantwortung haben wir als
Mandatare des Niederösterreichischen Landhauses Rechnung zu tragen. (Beifall bei der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Als nächster hat sich der Abg. Professor Wallner zu Wort gemeldet.
Ich erteile es ihm.
Abg. Professor WALLNER: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Ergebnis
der gesetzgeberischen Tätigkeit ist normalerweise meistens schon in den Programmen der einzelnen
Parteien vorweggenommen. Daher gibt es dann auch die Mögleichkeit, Plakate zu affichieren, die
,,Versprochen und gehalten" heißen, zumindest theoretisch meint dann jeder, daß das auch den, der
das liest, in einem entsprechenden Ausmaß anspricht. Daher sollte bei einer gesetzgeberischen
Tätigkeit auch immer der Bezug zu diesen Programmen hergestellt werden, und vor allem beim
Budget; denn der Beschluß des Budgets scheint mir doch die wichtigste Tätigkeit des Landtages zu
sein. Sie werden mir daher erlauben, daß ich zum Beginn meiner Ausführungen den Bezug zwischen
dem Programm der Österreichischen Volkspartei in dem Leitbild 80 und der Erwachsenenbildung
herstelle. Es heißt hier im Punkt zwei: ,,. . . im Mittelpunkt: der Mensch. Politik ist für die
Österreichische Volkspartei nicht Selbstzweck, sondern in erster Linie Dienst am Menschen, der durch
sein schöpferisches Denken, kritisches Bewußtsein und verantwortliches Handeln den
unveräußerlichen Anspruch auf Freiheit und Selbstbestimmung besitzt. Im Sinne ihres
Menschenbildes bekennt sich die Volkspartei zur Entscheidungs- und Handlungsfreiheit und zur
Verantwortung jedes Menschen vor seinem Gewissen.
Deshalb bekennt sich die Volkspartei seit ihrer Gründung im Jahre 1945 zum Personalismus als
Garantie der Freiheit und Würde des Menschen und als Ausdruck seiner übernatürlichen Bestimmung,
zum Solidarismus als Alternative, zum Individualismus und Kollektivismus, und zur Subsidiarität als
Schutz vor einem allmächtigen Staat. . . . Die Volksartei will, daß immer mehr Menschen immer
stärker an den gesellschaftlichen Vorgängen beteiligt werden, die ihr Leben bestimmen. Mehr
Demokratie ist mehr Teilnahme von mehr Menschen an mehr gesellschaftlichen Entscheidungen . . .".
Und im Punkt neun heißt es dann: ,,. . . Sinnerfüllte Gestaltung des Lebens. In der Welt von morgen
entscheiden über Aufstieg und Lebensverhältnisse eines Staates nicht die Zahl seiner Bewohner,
sondern deren geistige Fähigkeiten. Ihrer Entwicklung hat die Bildungspolitik zu dienen. Das bedeutet
zukunftsorientiert. Befähigung des Menschen zu einer sinnerfüllten Gestaltung seines eigenen
Lebens, Weckung sozialer Verantwortung, Vorbereitung jedes einzelnen auf eine verstärkte
Teilnahme an der politischen Meinungs- und Willensbildung, Schärfung eines kritischen Bewußtseins,
das den Menschen vor Manipulationsversuchen aller Art schützt, Befähigung jedes einzelnen, sich
gegenüber dem rasanten technischen, wirtschaftlichen und sozialen Wandel zu behaupten. Diese
Anforderungen bringen entscheidende neue Aufgaben im Bereich der Bildung und Erziehung mit sich,
sie gehören zu den Vorrangsproblemen der kommenden Zeit! . . ." Einen Teil zumindest der
Konkretisierung, einen großen Teil der Konkretisierung dieser allgemeinen Zielsetzungen stellt nun die
Erwachsenenbildung dar. Ich möchte Sie bitten, daß Sie mir erlauben, in etwa zehn kurzen
Problemkreisen eine Verbindung zwischen diesem allgemeinen Teil, dem Ansatz im Budget und dem
Erwachsenenbildungsförderungsgesetz herzustellen, die ja innig miteinander verbunden sind.
1. Wir haben heute schon und während der Budgetverhandlungen einige Male gehört, daß das Ziel
eigentlich aller Bildungsbestrebungen der selbständige und mündige Bürger ist. Gerade dieses Ziel
soll ein Ergebnis der Erwachsenenbildung darstellen, die ja in der Allgemeinbildung, in der politischen
Bildung und der musischen Bildung der Persönlichkeitswerdung des Menschen entsprechend fördert
und unterstützt. Dazu gibt es eine Reihe von Einrichtungen, die sich damit beschäftigen und die ich
zweiteilen möchte, weil das auch für diesen Ansatz von Interesse sein wird: das sind nämlich die
sogenannten Einrichtungen der freien Erwachsenenbildung und die Bildungseinrichtungen der
Interessensvertretungen. Das, was uns in besonderer Weise hier betrifft, das bezieht sich auf die
Organisationen der freien Erwachsenenbildung. Dazu gehören, ohne daß ich jetzt einen Anspruch auf
Vollständigkeit erhebe, etwa die Arbeitsgemeinschaft der Bildungsheime, das Evangelische
Bildungswerk, das Katholische Bildungswerk der Erzdiözese Wien und der Diözese St. Pölten, das
Niederösterreichische Bildungs- und Heimatwerk, der Verband niederösterreichischer
Volkshochschulen und die Volksbüchereien, die noch in keinem Landesverband zusammengefaßt
sind. Seitens der Interessenvertretungen ist das BFI, das LFI, die Niederösterreichische
volkswirtschaftliche Gesellschaft und das WIFI besonders anzuführen. Ich werde aber dann gleich
darauf hinweisen, warum sie hier nicht von entsprechendem Belang sind.
2. Gerade auf dem Gebiete der Erwachsenenbildung ist die Subsidiarität ein ganz entscheidendes
Prinzip. Es soll nämlich die Durchführung der Erwachsenenbildung den dazu eingerichteten und
bestimmten Organisationen überlassen und zugewiesen werden, den Einrichtungen der
Erwachsenenbildung! Sie sind bestimmt durch eine Reihe von Attributen, die für uns 'alle wichtig sind:
durch die Freiwilligkeit, durch die Selbsttätigkeit und vor allem durch das Prinzip der Selbstverwaltung.
Wir könnten sie als eine Art gelebter Demokratie auffassen! Wie vielen alles zugute käme, was man in
diese Organisationen investiert, und wie sich diese vielen gliedern, möchte ich Ihnen an Hand einer
kleinen Statistik sagen, die sich nicht mit ganz Niederösterreich beschäftigt - das wäre viel zu wenig
einsichtig -, sondern einfach eine Basisorganisation herausgreift. Da ich den besten Einblick in die
Volkshochschule Baden besitze, darf ich bitten, daß ich daraus einige Zahlen bringe. Diese
Einrichtung führt im Jahr 148 Kurse durch, und die Besucher, die Teilnehmer, die Hörer ergeben die
Zahl von 2.141. Davon sind 706 männlich und 1.435 weiblich. Die Aufspaltung auf Berufsgruppen ist
äußerst interessant, weil man sich bei einer Förderung immer überlegen soll, wem sie endgültig
zugute kommt. Auch sie ist für Niederösterreich charakteristisch: Arbeiter in Industrie und Gewerbe
116, Land- und Forstarbeiter 12, AngesteIIte und Beamte 483, selbständig Erwerbstätige 54,
selbständige Angehörige freier Berufe 13, Haushalt 482, Lehrlinge 11, Schüler 871, Hochschüler 44,
Bundesheer 4, Rentner und Pensionisten 51. Die Altersgruppierung ist ebenfalls äußerst
aufschlußreich, weil sehr häufig die Meinung besteht, daß die Erwachsenenbildung sich eher mit dem
älteren Mitbürger beschäftigt und daher so eine Art Klub für jemanden darstellt, der eben seine Zeit
verbringen will. Das ist besonders dort nicht der Fall, wo es um langfristige Bildungsvorgänge geht,
wie etwa bei Kursen. Die Altersstufen unter 14 Jahren zählen 485, von 14-18 373, von 19-30 357, von
31-50 662, von 51-65 231 und über 65 33 Teilnehmer. Ein sehr interessanter Querschnitt, der uns
darüber Aufschluß gibt, an wen wir uns richten, wenn wir diesen Ansatz für die Organisationen
ausschöpfen.
3. Das Gesetz selbst zielt auf diese freien Organisationen hin. Denn wir haben gemeinsam eigentlich
eine Reihe von Einrichtungen aus der Förderung ausgeschlossen, die aus dem Gesetz erfließen soll.
Das sind etwa die Interessenvertretungen und ihre Einrichtungen, die politischen Parteien, das sind
schulische Veranstaltungen nach dem Privatschulgesetz, das ist die Glaubensverkündigung und das
ist die innerbetriebliche Berufsaus- und -fortbildung. Die Gemeinden sind eigentlich im Gesetz nur in
bezug auf das Volksbüchereiwesen genannt. Das Land selbst kann nur für sich tätig werden, wenn
diese Organisationen nicht aus eigener Kraft dafür und dazu in der Lage sind, insbesondere wo es um
die Ausbildung der Erwachsenenbildner geht.
4. Im Voranschlag sind anstelle der bisher veranschlagten 2,2 Millionen Schilling 5 Millionen Schilling
vorgesehen. Ich habe das seinerzeit betrieben und immer gesagt, ich stelle mir vor, daß 3 Millionen
Schilling zusätzlich notwendig wären, um das Gesetz entsprechend auszustatten. Ich bedanke mich,
daß 2,8 Millionen Schilling enthalten sind, ich bedanke mich beim Herrn Landesfinanzreferenten,
bedanke mich aber auch beim zuständigen Referenten, der das unter diesen Posten eingesetzt hat.
Ich werde das dann gleich mit einer kleinen Einschränkung versehen, weil mir gerade bei diesem
Ansatz nicht alles paßt, und ich hoffe, allen Damen und Herren, die sich mit dem Gesetz beschäftigt
haben, auch nicht! Für meine Kollegen aus unserem Klub darf ich das sagen, wenn sich die Damen
und Herren der SPÖ dazu äußern, nehme ich an, hoffe ich, in derselben Richtung. Die Ansätze sind
so gesteigert worden, daß ,,Volksbildung Gemeinden" um 100.000 Schilling angestiegen ist, daß eine
neue Post eingesetzt wurde ,,Volksbildung Gemeinden, Investitionen" mit 1,8 Millionen Schilling,
,,Volksbildung Institutionen" bitte um 500.000 Schilling von 1,7 auf 2,2 und ,,Volksbildung Institutionen,
Investitionen" um 400.000 auf 500.000 Schilling aufgestockt werden. Diese Ansatzgliederung, meine
Damen und Herren, findet meinen Beifall nicht, sie ist auch sicherlich nicht im Sinne des Ausschusses
und der Gespräche, die im Ausschuß geführt wurden. Sie ist, glaube ich, auch nicht im Sinne der
Erläuterungen zu diesem Ansatz abgefaßt, denn da drinnen steht: ,, . . .Subventionierung des
Verbandes Niederösterreichischer Volkshochschulen, des NÖ Bildungs- und Heimatwerkes und
anderer Vereine sowie des Ausbaues von Gemeinde- und Stadtbüchereien, Erhöhung auch im
Zusammenhang mit der Beschlußfassung über ein entsprechendes Landesgesetz . . .“. Es ist von den
Investitionen bei den Gemeinden eigentlich in den Erläuterungen nicht die Rede. Und ich habe auch
keine richtige Auskunft erhalten können, was man sich hier vorgestellt hat; denn sollte es die
Subventionierung der Errichtung von Bildungshäusern sein, meine Damen und Herren, so halte ich
den Ansatz für verhältnismäßig gering, wohl aber für ausreichend, um die Organisationen momentan
bei der Durchführung ihrer Maßnahmen entsprechend abzustützen und zu sichern. Meine Bedenken
hat man dahingehend etwas zerstreut, daß man feststellt, diese Posten seien gegenseitig
deckungsfähig. Ich würde aber Herrn Landesrat Grünzweig bitten, nicht erst abzuwarten, bis die
Möglichkeit sich ergibt, ein Überbleibsel deckungsfähig zu machen, sondern in Erinnerung daran, daß
er auch einmal der erste Vorsitzende des Verbandes niederösterreichischer Volkshochschulen war,
für die Organisationen gleich eine entsprechende Möglichkeit zu schaffen, und den Betrag nicht f ü r
Investitionen der Gemeinden allein vorzusehen. Im Gegenteil bitte, wir hoffen alle, daß vielleicht eine
Ergänzung aus dem Fernsehschilling auf diesem Gebiet noch möglich wäre. Dieser Voranschlag soll
jetzt bitte so gehandhabt werden, daß einmal niemand weniger bekommt, als er bis jetzt bekommen
hat; es sind ja jetzt wahrscheinlich mehr Anwärter auf diese Summe hier. Es sollten die bisher
Geförderten sogar mehr bekommen, damit auch sie spüren, daß ein Ansatz nun im entsprechenden
Ausmaß da ist. Es wird auch eine Anzahl neuer Subventionswerber auftreten, die alle etwas
bekommen wollen und sollen, und es wird sicherlich auch notwendig sein, Relationen zwischen
einzelnen Förderungen herzustellen, die aber dann wahrscheinlich auf Grund der Selbsteinschätzung
einer Reihe dieser Organisationen durchführbar sein werden, wenn sie belegbar sind. Gleichzeitig
würde ich bitten, daß für 1977 eine Sonderregelung eintritt. Denn das Gesetz, das mit l. l. in Kraft tritt,
kann nicht zur Gänze in diesem Teil des Jahres 1977 administriert werden, sondern es sind hier einige
Vorgänge, die in das Vorjahr, also in das Jahr 1976, fallen müßten. Ich würde bitten, daß bei den
Ansuchen, daß bei der Verlautbarung und bei der Kontaktnahme darauf Rücksicht genommen wird
und dennoch die Möglichkeiten ausgeschöpft werden können.
5. Der Ansatz beinhaltet zwei Möglichkeiten der Förderung, eine Sockelförderung und eine
Projektförderung, wenn ich das jetzt so nenne, wie man das allgemeint nennt; es steht im Gesetz
etwas anders formuliert. Ich kann mich erinnern, daß wir vor zwei oder drei Monaten seitens des
Verbandes österreichischer Volkshochschulen eine Vorsprache bei Herrn Bundesminister
Dr. Sinowatz gehabt und dort gebeten habe, gerade in Zeiten, in denen die Subventionen nicht im
entsprechenden Ausmaß erhöht werden können, darauf Rücksicht zu nehmen, daß die
Sockelförderung Vorrang gegenüber der Projektsförderung besitzt. Und dieses Ersuchen würde ich
auch hier gerne deponieren, daß die Basis, die Organisationen, die echt die Arbeit mit dem Mitbürger
betreiben, hier bevorzugt werden, und daß nur ein geringer Teil für Projekte zurückgehalten wird, ein
Teil, der absolut notwendig ist, weil es ja möglich sein sollte, bestimmte Modelle und Projekte in einer
hervorstechenderen Art zu fördern, als dies sonst möglich wäre.
6. Der Ansatz im Budget ermöglicht auch in Verbindung mit dem Gesetz eine Partizipation der einzelnen Einrichtungen der Erwachsenenbildung, weil es darinnen heißt, daß mit ihnen ein Einvernehmen
anzustreben ist, was die Subventionierung betrifft. Nun hat sich hier eine Einrichtung gebildet, die
NÖKEB, ein etwas komplizierter Name, die ,,Niederösterreichische Konferenz der Erwachsenenbildung", in der eine Reihe von Organisationen bereits zusammengefaßt sind; das bildet keine endgültige Formulierung aller dieser Einrichtungen, das wird sich wahrscheinlich später verändern, aber
hier wird eine der ersten Begegnungen zwischen dieser Einrichtung und dem Land stattfinden können.
Und ich halte sehr viel davon, daß hier eine Demokratisierung eintritt, weil damit, glaube ich, auch das
gegenseitige Verständnis zwischen den einzelnen Einrichtungen gefördert und eine Mäßigung auf
allen Seiten in Form einer Abstimmung stattfinden wird. Das kann sich im Interesse der Sache nur
günstig auswirken, weil darüber hinaus wahrscheinlich dann auch eine gewisse Schwerpunktbildung
und eine Verteilung der Aufgaben möglicherweise sich anbahnt.
7. Seitens der Österreichischen Volkspartei beabsichtigen wir eine Art ergänzender Hilfe zu diesem
Ansatz zu starten, in dem der Verein, dessen Statuten momentan bei der Annahme liegen und der
den Namen ,,Niederösterreichische Gesellschaft f ü r Kunst und Kultur" trägt, sich ebenfalls mit den
Einrichtungen der Erwachsenenbildung in Kooperation begeben soll, um die Möglichkeit zu schaffen,
noch zusätzliche Mittel aufzubringen. Er würde seine Aufgabe in Verbindung mit der
Erwachsenenbildung darin sehen, daß er das Verständnis für moderne Kunst besonders fördert und
betreibt, daß er einen Kunstmarkt schafft und daß er das Landesbewußtsein heben und in seiner
Ausgestaltung unterstützen möchte. Dafür sieht er eine Art Zentralveranstaltung einmal im Jahr vor,
die ohne die Einrichtungen der Erwachsenenbildung nicht abwickelbar wäre und die sozusagen eine
Art Zentralthema für alle Einrichtungen der Erwachsenenbildung als einen Jahresbeitrag unter vielen
hunderten anbieten würde und daneben auch noch eine Art Präsentation des modernen
Kunstschaffens in die Wege leitet, also ein variierter Kulturbasar in seriöserer Form, wenn ich das so
nennen darf. Ich werde mir erlauben, bei der Gruppe 3 ganz kurz darauf noch einmal zu sprechen zu
kommen.
8. Die Erhöhung des Ansatzes sollte uns allerdings nicht verleiten, die tatsächliche Aufbringung im
Verhältnis zu allen anderen Mitteln, die in der Erwachsenenbildung verwendet werden, zu
überschätzen. Hier teilt sich ja der Bund, das Land, die Gemeinden und verschiedene Organisationen
in die Subventionierung. Daneben aber gibt es eine beachtliche Aufbringung der
Erwachsenenbildungseinrichtungen selbst, die ein Vielfaches der Subventionierung bedeuten und die
etwas beinhalten, was nicht hoch genug anzuschlagen ist, wenn es auch immer weniger zur
Verwendung kommt, das ist die freiwillige und die kostenlose Mitarbeit vieler Hunderter, die den
Personalismus sozusagen hier verwirklichen und denen der Dank dafür ausgesprochen werden soll,
weil nur durch ihre Mitarbeit bis jetzt das möglich war, was geschehen ist, und weil auch in Zukunft auf
ihre Mitarbeit unter denselben Voraussetzungen nicht zu verzichten ist. Ich sage Ihnen wieder ein
kleines Beispiel aus meiner eigenen Sphäre, weil man die Statistik an der Basis immer noch am
besten kontrollieren kann und die Fehlerquellen am geringsten sind. Die Volkshochschule Baden etwa
bekommt vom Land jetzt 26.000 Schilling für ihre 148 Kurse und 2.141 Teilnehmer und bringt aus
eigenem 427.000 Schilling auf, weil ja entsprechende Kursgebühren anfallen. Der Bund zahlt 20.000
Schilling und trägt den gesamten Sachaufwand dieser Einrichtung. Es kämen also aus unserer
Förderung, um auch hier die 5 Millionen Schilling wiederum in eine Relation zu bringen, bzw. die 2,2
Millionen Schilling, die bisher waren, etwa 10 Schilling auf den Teilnehmer. Daher meine Bitte, selbst
bei großer Aufwendung den Beitrag nicht zu überschätzen.
9. Die Verwendung der Mittel wird in Niederösterreich auf gewisse Sachnotwendigkeiten stoßen. Beim
letzten Volksbildungsgespräch wurde die Frage erörtert, was für Notwendigkeiten für die Ausrüstung
diese Erwachsenenbildungseinrichtungen bestehen und wo ihre Grenzen liegen. Dabei ist man eher
zur Erkenntnis gekommen, daß die Räume und die Geräte in einer Form zur Verfügung stehen, die
operabel sind und die insbesondere im Hinblick darauf, daß wahrscheinlich Schulraum in gar nicht so
ferner Zeit zusätzlich auch noch möglicherweise frei wird, als zumindest lösbar bezeichnet werden
können, während die personelle Besetzung in bezug auf hauptamtliche Mitarbeiter in Niederösterreich
eher sehr dürftig dasteht und auch auf Grund der jetzigen Ansätze in einem sichtbaren Ausmaß nicht
verändert werden kann. Dazu würde es einer Reihe solcher AufStockungen bedürfen, wie wir sie in
diesem Budget dankenswerterweise erlebt haben. Wenn aber die Aufgaben der Erwachsenenbildung,
wie man sie jetzt stellt, tatsächlich durchgeführt werden sollen, ist es mit der freiwilligen Mitarbeit
alleine nicht mehr getan, sondern hier haben Aufgaben der Forschung, der Theorie erledigt zu
werden, hier haben Servicestellen eingerichtet zu werden, stellt sich das Problem der Animateure und
der Koordinatoren, und ich will gar nicht alles aufzählen, was sich noch an Problemen ergibt; das kann
man auf diese Art und Weise, wie wir es bisher gemacht haben, nicht mehr lösen. Und man muß auch
in Zukunft dieser finanziellen Aufwendung weiterhin wacker und tapfer ins Auge sehen und diesem
ersten Schritt, so hoffen wir, den einen oder den anderen nachfoIgen lassen.
10. Die Mittel - Sie sehen, daß ich sehr kurz war, ja bitte, ich habe mit einer gewissen
,,Schockverblüffung", so nennt man das heute in der Psychologie, am Anfang gearbeitet, weil dann
immer am Schluß das große Aufatmen durch das Auditorium geht, soweit man zuhört, wenn die
Geschichte mit den 10 Punkten doch nicht so groß war, wie man am Anfang vermutet hat - diese
Mittel verlangen weiterhin eine sehr intensive Koordination und Kooperation, und zwar auf lokaler
Ebene, auf regionaler Ebene, horizontal und vertikal. Ich habe alle diese Einrichtungen schon
aufgezählt, um die es hier geht, und eine Möglichkeit, daß hier ein Gespräch stattfinden kann, daß hier
bestimmte Projekte dann durchgeführt werden können, die auch mit Kooperation zu tun haben, das
bietet nun der Ansatz im Budget des Jahres 1977.
Es wäre nun falsch, meine sehr geehrten Damen und Herren, aus dem, was ich gesagt habe - und die
Lehrer begeistern sich, das ist eine ihrer Berufskrankheiten, die sie aber überhaupt nur in die Lage
versetzen zu überlegen, die Lehrer begeistern sich immer wiederum an den Sachverhalten, die sie
darzulegen haben, das mag ein gewisser Selbstschutz gegen das häufig auftretende Desinteresse
sein, das ihren Ausführungen entgegengebracht wird - es wäre also falsch, aus diesen Ausführungen
zu schließen, daß nun jeder Erwachsene neuerlich verschult werden müsse. Es gibt keinen größeren
Anschlag auf den Erwachsenen, als wenn man glaubt, daß man. seine Freizeit regulieren und
besetzen muß. Denn das große Kennzeichen der Erwachsenenbildung ist die Freiwilligkeit. Aber diese
Freiwilligkeit benötigt eine Reihe von Voraussetzungen: nämlich eine entsprechende Motivierung, ein
entsprechendes Angebot, eine entsprechende Perfektion der Darbietung, eine entsprechende
Seriosität und letzten Endes adäquate Methoden und eine adäquate Ausrüstung, die zumindest der
Ausrüstung gleich ist, die zum Großteil jeder Oktavaner heute schon zu Hause besitzt, wenn es um
die audio-visuellen Hilfsmittel geht. Und hier, hier bietet diese Erhöhung, meine Damen und Herren,
eine merkbare Hilfe, merkbar aber bitte nur dann, wenn erstens diese Ansätze, wie sie hier sind, für
die Organisationen der freien Erwachsenenbildung gedacht sind und nicht für Gemeindeinvestitionen,
und wenn zweitens eine weitere Aufstockung in Zukunft in Sicht ist. Daher, meine Damen und Herren,
darf ich das erste, daß nämlich diese Ansätze für die freien Organisationen der Erwachsenenbildung
gelten, erlauben zu fordern: Im allgemeinen darf ich mir erlauben, für die Erhöhung zu danken; den
zweiten Punkt, eine weitere Aufstockung in Zukunft, darf ich mir erlauben, als Ersuchen vorzulegen,
und für alles, was ich gesagt habe, meine Damen und Herren, möchte ich mir erlauben, Ihre
Unterstützung zu erbitten. Sie könnte unter dem Motto geschehen, das man heute leider oft außer
acht läßt: Hilfe dem Helfenden, Hilfe denen, die sich in den Dienst der Erwachsenenbildung gestellt
haben, um alle unsere Mitbürger wenigstens dazu anzuregen, darnach zu streben, selbständige, freie,
kritisch denkende Menschen zu werden, die jederzeit in der Lage sind, ihre Stellung innerhalb der
Gesellschaft zu überprüfen und diese Überprüfung auch zu artikulieren. (Beifall im Hause.)
ZWEITER PRÄSIDENT BINDER: Als nächster Redner hat sich der Abg. Thomschitz zu Wort
gemeldet. Ich erteile es ihm.
Abg. THOMSCHITZ: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Landesfinanzrefrent, Herr
Landeshauptmannstellvertreter Ludwig, hat in der Debatte über den Voranschlag 1977 im
Finanzausschuß die Höhe der Sportförderungsmittel für 1968 mit denen des Jahres 1977 verglichen
und festgestellt, daß es sich hiebei um eine beachtenswerte Steigerung der vom Land zur Verfügung
gestellten Mittel für diesen Zeitraum handelt. Ebenso spricht der Landesfinanzreferent in seiner
Einbegleitungsrede zum Budget 1977 davon, daß die Sportförderung in den letzten Jahren zu einem
echten Budgetschwerpunkt geworden ist. Hier möchte ich sagen: Herr Landeshauptmannstellvertreter,
Sie wissen, es gibt im Sport verschiedene Gewichtsklassen. Ich würde das Budget für den Sport
vergleichen mit dem Federgewicht oder mit dem Leichtgewicht, nicht mit einem Schwergewicht.
(Landeshauptmannstellvertreter Ludwig: Die Prokop ist eine Leichtgewichtlerin!) Die Frau Kollegin
Prokop ist aber kein Budgetpunkt. Der Herr Landesfinanzreferent spricht auch vom Millionenstar, zu
dem dieser Abschnitt im Voranschlag aufgestiegen ist. Ich gebe zu, Millionen schon, Star vorläufig
noch nicht, aber hoffentlich sehr bald.
Ein Vergleich mit dem Bundeshaushalt kann nicht hergestellt werden, weil Sie ja wissen, meine
Damen und Herren, Sport ist nicht Bundes-, sondern Landessache. Ich werde mich daher in meinen
Ausführungen bemühen, all das, was in Ordnung ist, aufzuzeigen und zwar positiv aufzuzeigen – ich
will nicht sagen zuzugeben -, aber alles, was uns als Vertreter des Sportes nicht gefällt, was uns nicht
paßt, werde ich ebenso offen und ehrlich, und zwar ohne Polemik, sagen.
Gewiß, es ist im Laufe der vergangenen Jahre eine beachtenswerte und auch durchaus
begrüßenswerte Erhöhung der Mittel für den Sport vorgenommen worden. Doch ist diese Erhöhung
der Sportförderungsmittel nur in sich, das heißt ohne Zusammenhang mit dem übrigen Budget vom
Herrn Landeshauptmannstellvertreter Ludwig beurteilt worden.
Da kann man wohl von einer beachtlichen Erhöhung reden, wenn es zum Beispiel im Jahre 1968
600.000 Schilling waren und nun 40 Millionen geworden sind. Doch was beweist das? Erstens meine
ich, ist es ein Beweis dafür, wie wenig Mittel für den Sport in den früheren Zeiten zur Verfügung
gestellt wurden, nämlich fast nichts. Es ist dies auch mit ein Beweis dafür, daß die Vereine und
Verbände, eben die Sporttreibenden, gerade in den schwersten Zeiten allein auf sich gestellt waren
und höchstens auf die Hilfe ihrer Gemeinden hoffen konnten. Zweitens ist diese Steigerung an sich
ein Beweis dafür, daß man nun endlich erkannt hat, wie bitter notwendig es für uns ist, sich in
verstärktem Maße um die Jugend zu kümmern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein Musterbeispiel hiefür liefert ja das Ergebnis der
Untersuchung der Präsenzdiener in der Hesserkaserne in St. Pölten. Ich bifelsenfest davon überzeugt,
eine Jugend, die Sport betreibt, die sich um die körperliche Ertüchtigung kümmert und an dieser
Ertüchtigung interessiert ist, wird sich auch waschen. Und diese Jugend wird auch ihre Wäsche
wechseln, denn einen Sportler, der nicht auf körperliche Reinhaltung schaut, gibt es meines Erachtens
nicht. Dieses Alarmzeichen aus der Hesserkaserne wird damit ebenfalls als ein Beweis zu werten
sein, daß der Sport und die Leibeserziehung ein gewichtiges Wort bei der Sorge um die Jugend und
ihre Probleme mitzusprechen haben wird.
Lassen Sie mich, Hohes Haus, nochmals zu den Zahlen zurückkehren und auch einen Vergleich
anstellen. Herr Landeshauptmannstellvertreter Ludwig spricht von einer Steigerung des Sportbudgets
um rund 25% und vergleicht dabei die Ausgaben des Jahres 1976 mit denen des Jahres 1977. 1976
rund 32 Millionen Schilling, 1977 rund 40 Millionen Schilling, jawohl, eine Steigerung von rund 25%,
also ein Viertel. So betrachtet, ja eine beachtliche Erhöhung. Aber lassen Sie mich auch von meiner
Warte die Sache betrachten und lassen Sie mich auch eine Rechnung anstellen, die genauso stimmt
und doch wesentlich anders aussieht. Lassen Sie mich nämlich eine Relation zwischen dem
Gesamtbudget und dem Sportbudget herstellen. Dabei darf nicht vergessen werden, daß Sport - das
möchte ich nochmals betonen - Landessache ist. Also im Jahre 1976 machte das 32 Millionen
Schilling-Sportbudget rund 2,5 Promille aus, im Jahre 1977 das 40 Millionen-Sportbudget ganze 2,7
Promille also eine Erhöhung um ganze 0,2 Promille. Mit den Rechnungen kann man also
Verschiedenes aufzeigen. Diese 0,2 Promille sind in dem Fall also eine wirklich geringfügige
Erhöhung, dabei wären wir vom Sport - nehmen Sie mir das bitte nicht übel - für den Anfang schon
zufrieden, wenn wir wenigstens auf ein Hundertstel des Budgets kämen, wenn wir dieses eine Prozent
des Voranschlages für unsere Zwecke bekommen könnten. Vielleicht wird der Herr
Landesfinanzreferent sagen, das wäre unrealistisch, aber ich möchte ihn ersuchen, er möge sich noch
mehr anstrengen, und wir werden sehen, es wird gehen.
Zur Landessportschule lassen Sie mich ebenfalls Stellung nehmen. Landesrat Schneider hat zu
Beginn einer Landessportausschußsitzung folgendes gesagt: ,,Die Landessportschule ist eine Firma
geworden, die recht gut geht." Jawohl, diese Landessportschule, Herr Landesrat Schneider, ist
wirklich eine Einrichtung geworden, die ihr Geld wert ist, von der man also sagen kann, kein Schilling
wurde umsonst angewendet. Wir waren auch gut beraten, als wir vor einigen Jahren diese
Vorfinanzierung in Form eines Darlehens beschlossen haben. Damit wurde nämlich nicht nur fürs
erste einmal die Diskussion Landessportschule hier oder dort, im Westen, im Osten, im Süden oder im
Norden, beendet, sondern in einer anerkennenswert kurzen Zeit konnte dieses Sportzentrum
fertiggestellt und den jungen Menschen unseres Landes zur Verfügung gestellt werden. Wie
notwendig es war, schnell zu handeln, beweist die Tatsache der mehr als vollen Inanspruchnahme der
Anlagen und der Einrichtungen durch unsere Sportler. Bekanntlich steht ja dem Lande
Niederösterreich auf Grund einer Vereinbarung Land-Bund ein Fünftel der Kapazität des gesamten
Sportzentrums zur Verfügung. Wir können heute schon sagen und müssen das auf der einen Seite
sehr positiv vermerken – auf der anderen Seite tut es uns vielleicht ein wenig leid -, daß wir, wie sich
in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder gezeigt hat, mit diesen 20% der Kapazität
bei weitem nicht das Auslangen finden. Allein im kommenden Jahr wäre nach unseren Überlegungen
eine Steigerung auf mindestens 30% der Kapazität notwendig und diese Steigerung, diese
Mehrinanspruchnahme wird sicherlich viele Probleme mit sich bringen. Die Haupttrainingszeiten in
diesem Sportzentrum erstrecken sich zumeist von 17 bis 21 Uhr und werden gerade in diesen
Stunden vom Land Niederösterreich bis zu 70% in Anspruch genommen. Dabei hat sich auch schon
die Notwendigkeit ergeben, zum Beispiel bei Kursen und Lehrgängen eine Einschränkung
vorzunehmen, nämlich eine Einschränkung in bezug auf die Teilnehmerzahl, weil eben immer wieder
zu wenig Plätze, vor allen Dingen im Internat, zur Verfügung stehen. Für 1977 sind schon jetzt
Veranstaltungen geplant, weiters werden 18 Wochenkurse durchgeführt.
Im Büro der Landessportschule steht auch den einzelnen Verbänden ein Raum zur Verfügung. Damit
haben diese Verbände sozusagen mehr oder weniger eine Heimat gefunden. Dieser Raum ist nämlich
nicht nur entsprechend eingerichtet - man bemüht sich, ihn immer mehr zu verbessern und mit den
erforderlichen Geräten auszustatten -, sondern dieser Raum wird auch tatsächlich von den Verbänden
sehr stark in Anspruch genommen und man kann also ebenfalls von einer äußerst guten Frequenz
sprechen.
Wie schon vorhin erwähnt, stoßen wir bei der Termineinteilung immer wieder auf Schwierigkeiten, weil
die Beanspruchung der Anlagen zu groß geworden ist. Es ist schon wiederholt vorgekommen, daß
Termine aufgekündigt werden mußten, und zwar in zunehmendem Maße vom Bundessportzentrum.
Ich selbst mußte einmal, als die Bundesmeisterschaften im Judo durchgeführt wurden, von der
Südstadt nach Mödling ausweichen. Wir werden uns daher Gedanken zu machen haben, wie wir
dieser so begrüßenswerten Überbeanspruchung der Schule in Zukunft gerecht werden können. Es
wird notwendig sein, schon in den kommenden Jahren die erforderlichen Mittel bereitzustellen und für
eine Erweiterung der Landessportschule, Vorsorge zu treffen. Man hört in diesem Zusammenhang
auch, daß die NEWAG unter Umständen bereit wäre, eine entsprechende Grundfläche abzutreten, die
sich in unmittelbarer Nähe des Sportzentrums befindet. Wie diese Erweiterung der Sportschule oder
des Sportzentrums durchgeführt wird, ob mit dem Bund oder ohne Bund, in welchem Ausmaße und so
weiter, wird noch zu klären sein. Darüber kann man natürlich heute noch nichts Genaueres sagen,
doch müßte schon jetzt dafür vorgesorgt werden, daß diese Bereitschaft der NEWAG zum Grundkauf
oder Grundtausch nicht einschläft. Wenn also eine Möglichkeit besteht, die Grundstücke in der Nähe
des Sportzentrums für den Sport zu sichern, müßte man es tun.
Nochmals muß gesagt werden, wir haben nur Anspruch auf 20%, alles was darüber ist, beruht auf
freier Vereinbarung; da kommt es eben immer wieder zu diesen kurzfristigen Kündigungen. Daß durch
diese Aufkündigung von Terminen die Schwierigkeiten nicht geringer werden, ist wohl jedem klar.
Notwendigerweise müßte daher kurfristig, das heißt schon jetzt, ein Ergänzungsprogramm für die
Landessportschule geschaffen werden, damit diesen in der Zwischenzeit gesammelten Erfahrungen
voll Rechnung getragen werden kann. Daß Erfahrungen gesammelt worden sind in diesen zwei, drei,
vier Jahren, wird doch wohl jeder zugeben. Zusammenfassend kann allgemein von der
Landessportschule gesagt werden: Diese Schule macht einen guten Eindruck, sie genießt großes
Ansehen und wird mustergültig und sauber geführt. Von den Aufgaben der Landessportschule - sie
sind im § 10 Absatz 5 des NÖ Sportgesetzes aufgezeigt - möchte ich nur zwei herausgreifen, erstens
die Durchführung von Grund- und Fortbildungskursen für Leibesübungen für Erzieher an
Berufsschulen und zweitens die Errichtung und Führung einer sportärztlichen Untersuchungsstelle.
Ein alter Wunsch nach dem Leibeserziehungsunterricht an Berufsschulen ist durch die 5.
Organisationsnovelle in Erfüllung gegangen, in den rund 30 Berufsschulen unseres Landes wurde der
Leibeserziehungsunterricht als Freifach mit dem Schuljahr 1976/77 eingeführt. Zur klaglosen
Installierung dieser zwei Turnstunden pro Woche konnte durch die Landessportschule ein nicht
unwesentlicher Beitrag geleistet werden; in Seminaren wurden nämlich den künftigen Turnlehrern die
Grundbegriffe des Turnunterrichtes vermittelt und damit eine große Lücke in der Erziehung unserer
Jugend, nämlich die Lücke der Leibeserziehung, wenigstens teilweise geschlossen. Dadurch wurde
und wird auch in Zukunft ein Großteil der 15- bis 18- und 19jährigen Burschen und Mädchen, die
keinem Sportverein angehören und auch keinerlei Sport betreiben, wenigstens während der Zeit ihres
Berufsschulbesuches mit dem Sport in Verbindung gebracht und es bleibt nur zu hoffen, daß davon
möglichst viel hängenbleibt. Natürlich wird es anfangs bei diesem Turnunterricht in den Berufsschulen
Schwierigkeiten geben, zum Großteil sind ja die entsprechenden Sporteinrichtungen noch nicht
vorhanden. Aber sehen Sie, wo gibt es denn keine Schwierigkeiten? Wir müssen nur wissen, was wir
wollen, und gemeinsam, glaube ich, werden wir auch diese Hürde nehmen.
Und nun zur sportärztlichen Untersuchungsstelle. Für einen Kostenaufwand von rund 600.000
Schilling konnte in der Sportschule ine sportärztliche Untersuchungsstelle eingerichtet werden. Bund
und Land haben in diesem Falle gut zusammengearbeitet. Niederösterreich stellt einen Arzt und eine
Schwesternschülerin, der Bund ebenfalls einen Arzt und zwei Masseure zur Verfügung.
Ferner ist bei akuten Fällen die Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus Mödling sichergestellt. Diese
ärztliche Betreuungsmöglichkeit trägt in hohem Maße zur Erfüllung der Aufgaben der
Landessportschule bei und wird auch in sehr, sehr vielen Fällen angesprochen. Wenn man die
äußerst intensive Beanspruchung der Sport treibenden jungen Leute in Betracht zieht, trägt diese
sanitäre Einrichtung im hohen Maße zur Sicherheit aller, der Trainer, der Sportler, der Ausbildner und
des sonstigen Personales bei.
Im Zusammenhang mit dem Leistungsmodell in Schwimmen, Leichtahtletik, Fechten und Tennis, das
in diesem Sportzentrum durchgeführt wird, lassen Sie mich .auch zum Problem Spitzensport und
dessen Förderung etwas sagen. Für 1977 stehen für den Spitzensport insgesamt 3,700.000 Schilling
zur Verfügung, für 1976 waren es 4 Millionen Schilling. Die Bundessportorganisation versteht
unter Spitzensport ungefähr folgendes: 1. Spitzensport ist die höchste Form des Leistungssportes.
2. Er wird nach genau festgelegten Regeln auf genormten Wettkampfstätten und mit genormten
Geräten durchgeführt. 3. Die herausragende absolute Höchstleistung steht im Vordergrund. 4. Er setzt
ein regelmäßiges Training nach wissenschaftlichen Grundsätzen und - darauf möchte ich jetzt Bezug
nehmen - finanzielle Sicherung voraus. Wenn ich dieses Problem Spitzensport anschneide, dann geht
es mir weniger um die Definition, was ist Spitzensport, wann ist einer ein Spitzensportler und so
weiter, es geht mir dabei vielmehr um die Vergabe der Förderungsmittel des Landes, um den Modus
der Auswahl der Vereine, die aus dieser Voranschlagsansatzpost 269055l7670 beteilt werden. Es
geht um die Höhe dieser Förderungsmittel, es geht mir schließlich darum, wer diese Mittel vergibt.
Bereits vor zwei Jahren gab der Herr Landesfinanzreferent vor den Mitgliedern des
Finanzausschusses die Zusage zu einer Aussprache über das Problem Förderung des
Spitzensportes, doch bis heute war es nicht möglich, diese Angelegenheit zur Sprache zu bringen. Ich
stelle daher heute wieder die Frage an den Herrn Landesfinanzreferenten, wann es endlich soweit
sein wird, daß wir über diese Förderungsmaßnahmen sprechen werden, um zu einer für den
gesamten Spitzensport Niederösterreichs tragbaren und annehmbaren und damit vertretbaren Lösung
zu gelangen. Ich glaube, nach einer zweijährigen Wartezeit müßte man doch zu einem Termin
kommen können. Oder soll eine Anzahl hervorragender Vereine - wir haben ungefähr 30 Vereine, die
wir da aufzählen könnten, in denen Spitzensport betrieben wird - weiterhin auf die Warteliste gesetzt
werden? Mir ist bekannt, daß von den 4 Millionen Schilling, die für diese Spitzensportförderung im
Jahre 1976 zur Verfügung standen, bisher insgesamt 2,820.000 Schilling vergeben wurden. Davon
bekam allein die Admira-Wacker-Energie 2 Millionen Schilling. Weiters bekamen noch einige
Vereinigungen insgesamt 820.000 Schilling, sodaß nach meiner Rechnung noch 1,180.000 Schilling
von diesen für 1976 zur Verfügung stehenden 4 Millionen Schilling zur Vergabe an den Spitzensport
vorhanden sein müßten. Meine Frage lautet daher: 1. Wann wird der Restbetrag vergeben? Wir
stehen kurz vor dem Jahresende, meine Damen und Herren. 2. Wer wird diese Mittel erhalten? Ich
kann mir auch schon denken, was mir geantwortet werden wird. Es gibt nämlich nach der
Geschäftsordnung der Landesregierung die Möglichkeit, Gelder bis zu einer gewissen Höhe durch ein
Regierungsmitglied ohne Regierungsbeschluß Zu vergeben. Das ist richtig, aber ich schreibe dahinter
ein großes ,,aber".
Im Voranschlag des Landes Niederösterreich standen also 1976 diese 4 Millionen Schilling zur
Förderung des Spitzensportes. Ich habe als Mitglied dieses Hohen Hauses, des Landtages von
Niederösterreich, bei der Abstimmung auch mein Pratzerl gehoben, ich habe auch mitgestimmt; ich
werde das auch heute wieder tun. Es ist mir jedoch unverständlich, meine sehr verehrten Damen und
Herren, daß ich als Abgeordneter dieses Bundeslandes nicht zu wissen bekomme, wer diese 4
Millionen Schilling bekommen hat und in welcher Form und in welcher Höhe den einzelnen Vereinen
die Förderungsmittel genehmigt worden sind. Eine alte Forderung der Sportverbände ist nämlich seit
vielen Jahren die, daß nicht ausschließlich ein Regierungsmitglied zu entscheiden hat, was
Spitzensport ist und in welchem Verein Spitzensport betrieben wird. In diesem Fall muß also weiterhin
gefordert werden, daß den Sportvertretern, also den Fachleuten im Sport, eine Möglichkeit eingeräumt
wird, bei der Verteilung dieser Sportförderungsmittel zumindest mitberaten zu können. Wenn wir
wirklich sachliche Politik machen wollen - im Falle des Sports und seiner Belange ist Sachlichkeit eine
grundlegende Notwendigkeit -, dann muß es möglich gemacht werden, den Fachleuten des Sportes
auch in dieser Angelegenheit, nämlich Vergabe der Spitzensportförderungsmittel, ein entscheidendes
Mitspracherecht einzuräumen. Schauen Sie, sehr geehrte Damen und Herrn, im Landessportrat sitzen
die Politiker und die Sportfachleute an einem Tisch zusammen und ich kann Ihnen sagen, die Arbeit
ist gut, wir kommen weiter, es ist eine ersprießliche Arbeit, die dort geleistet wird. Doch die Vergabe,
ich meine damit die Art der Vergabe der Spitzensportförderungsmittel, ist ein Fremdkörper im
Sportbudget. Es steht im Sportbudget drinnen und daher meinen wir auch, es sollte Angelegenheit
des Sportrates sein, diese Mittel zu vergeben. Eine Anpassung an die Vergabemodalitäten der
anderen Förderungsmittel wäre daher dringendst erforderlich. Und, ich unterstreiche das nochmals,
den Sportvertretern muß auch in diesem Falle, wo es um die Spitzensportförderung geht, das
Mitspracherecht eingeräumt werden. Durch dieses Mitspracherecht der Sportvertreter wird nämlich
nicht nur erreicht, daß diese Sportförderungsmittel für den Spitzensport nicht politisch verteilt werden,
sondern die Vertreter des Sportes können dafür sorgen, zumindest aber darauf Einfluß nehmen, daß
nicht gerade dort am meisten unterstützt wird, wo das reine Profitum am augenscheinlichsten zum
Ausdruck kommt bzw. wo Sport nur rein berufsmäßig betrieben wird. An Vereine, die Gehälter zahlen
und Handgelder geben, sollten keine Förderungsmittel vergeben werden. (Abg. Anzenberger: Da
brauchst Du nichts mehr weggeben und ersparst Dir das ganze Geld!) Wir sind in Niederösterreich,
Anzenberger, wir sind in Niederösterreich, und wir haben heute über das Budget für Niederösterreich
zu beraten, nichts anderes. (Abg. Anzenberger: Du hast selbst einen Sportverein!) Ja freilich, wir
bezahlen nichts. (Abg. Anzenberger: Den Verein Zillingdorf! Wo spielt er denn? In der letzten Klasse!)
Ja freilich, oder weißt Du es besser als ich? Was in unserem Sportverein in Zillingdorf vor sich geht,
wie dort Sport betrieben wird, das weiß ich besser als Du. Du bist Bürgermeister in Würmla und ich bin
Bürgermeister in Zillingdorf. (Präsident Dipl.-Ing. Robl übernimmt den Vorsitz.)
Im Voranschlag 269, er betitelt sich ,,Sonstige Einrichtungen und Maßnahmen" sind die Ansätze für
den Sportstättenbau, die Subventionen für den Ankauf von Geräten, die Sportveranstaltungen enthalten, jeweils getrennt nach Gemeinden und Vereinen. Für diesen Zweck wurden im Vorjahr 6,3
Millionen Schilling eingesetzt, für 1977 sind für den gleichen Zweck 10,l Millionen Schilling vorgesehen. Ich habe eingangs gesagt, wo es mehr geworden ist, werde ich das sagen, ich werde es
zugeben und es positiv vermerken. Was ist, das soll auch so sein. Mit Genugtuung kann man eine
Erhöhung dieser Mittel feststellen, doch sie reichen, auch wenn wir die zweckgebundenen Mittel für
die Gemeinden und Vereine aus dem Sportstättenschilling dazuzählen, bei weitem nicht aus, auch nur
einen Teil der notwendigen Wünsche der Gemeinden und Vereine zu erfüllen. Das wissen besonders
diejenigen Mitglieder des Sportrates, die das Glück haben - Glück sage ich hier unter Anführungszeichen -, in stundenlangem Feilschen sich um eine möglichst gerechte Verteilung dieser Budgetmittel
bemühen zu dürfen.
Der Voranschlagsansatz 261115/7670 weist die Mittel aus für die Sportausbildungszentren an
Schulen. Hier ist der Betrag von 1 Million Schilling eingesetzt und 1 Million Schilling soll also dafür
reichen, ein neues Sportzentrum für Eislauf und Tennis an der Hauptschule in Matzen zu errichten.
Derzeit gibt es dort bekanntlich drei Tennisplätze und ein Gebäude sowie eine Kunsteisbahn sind
vorhanden. In Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Landesverteidigung und dem
Ministerium für Unterricht und Kunst ist in Wr. Neustadt ein Trainingszentrum für den modernen
Fünfkampf mit Internat für allgemeinbildende höhere Schulen im Entstehen begriffen. Des weiteren
entwickelt sich in Wr. Neustadt eine Fußballhauptschule. Und so könnte man diese Liste noch
fortsetzen, ich könnte auch noch einige andere Ausbildungs- und Trainingszentren nennen. Wir
können also feststellen, daß neben den bereits bestehenden Sportschulen in anderen Schulen
ebenfalls Sparten forciert werden. Es wird daher meines Erachtens diese 1 Million Schilling nicht
ausreichen und ich möchte daher den Herrn Landesfinanzreferenten ersuchen, auf diese 1 Million
Schilling in seinem Nachtragsbudget nicht zu vergessen.
Ein Wort noch zum Sportehrenzeichen. Es ist jedesmal eine sehr würdige Feier, wenn am Vorabend
oder am Vortag des Staatsfeiertages den Funktionären, den aktiven Sportlern und heuer auch den
Versehrten in einem schönen Rahmen die Sportehrenzeichen verliehen werden. Der 5 11 des NÖ
Sportgesetzes gibt der Landesregierung nämlich die Möglichkeit, für hervorragende sportliche
Leistungen von überörtlichem Interesse über Voranschlag des Landessportrates das
Sportehrenzeichen zu verleihen. Auch die Verordnung der NÖ Landesregierung vom 8. Oktober 1974
über das Sportehrenzeichen spricht im 5 1 von dieser Möglichkeit. Bei der Beratung der für die
Verleihung des Sportehrenzeichens von den Verbänden vorgeschlagenen Funktionären, aktiven
Sportlern und sporttreibenden Versehrten in einer Kommission des Landessportrates wurde auch der
Gedanke - es war nur ein Minigedanke, aber ich möchte nicht einmal diese Minigedanken am Leben
erhalten - der Einführung eines eigenen Versehrtensportabzeichens kurz angedeutet. Ich möchte Sie
in’ diesem Zusammenhang recht herzlich bitten, diesen Gedanken in Zukunft nicht mehr aufzugreifen,
denn ich glaube, wir dürfen gerade diese Menschen, die sich in jeder Hinsicht bemühen, ihr Schicksal
durch manchmal übermenschliche Anstrengungen zu meistern, nicht noch dadurch zeichnen, daß wir
ihnen ein eigenes Abzeichen, ein anderes Ehrenzeichen für ihre sportlichen Leistungen geben.
Zum Abschluß noch zwei Sätze zu den Er läuterungen, die dem Budget beigegeben werden. Als vor
einigen Jahren dem jeweilige Haushaltsplan zum besseren Verständnis erstmals Erläuterungen
beigefügt wurden, war das eine sehr gute Ergänzung und wurde auch allgemein von den
Abgeordneten begrüßt und zur Kenntnis genommen. Ich möchte aber die Erläuterungen zum Budget
1977 und zum Sportbudget 1977 zum Anlaß nehmen und darauf hinweisen, daß diese Erläuterungen
lange nicht mehr so aufklärend sind wie vor einigen Jahren, denn sie sind meines Erachtens
weitgehend nichtssagend geworden, sie sagen mir zu wenig aus. Befürchtet man vielleicht, daß man
durch diese Erläuterungen zum Budget den Abgeordneten zu viel sagt?
Es wäre daher meines Erachtens notwendig und zielführend, wenn diese so begrüßenswerte
Einrichtung in Zukunft wieder in der alten Form, wie sie in den Vorjahren bestanden hat, den
Abgeordneten übergeben werden könnte. Danke. (Beifall bei den Sozialisten!)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt Frau Abg. Prokop.
Abg. PROKOP: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich darf
in der Gruppe 2 wieder zur Abteilung Sport sprechen. Wie wir bei der Einbegleitungsrede des Herrn
Finanzreferenten gehört haben, ist Sport im heurigen Budget zu einem echten Schwerpunkt
geworden. Er hat auf die 25%ige Steigerung hingewiesen und den Sport als einen Millionenstar
bezeichnet.
Wie mein Herr Vorredner gesagt hat, kann man mit Rechnen sehr viel beweisen. Das stimmt, und
man könnte, wenn man in dieses Budget tiefer hineinschaut, sich die Ansätze genauer anschaut und
genauer vergleicht, eigentlich noch viel Positiveres herauslesen, wenn man die Absicht hat. So sind
eigentlich die freien Förderungsmittel, also die tatsächlich im Bereich des Landes liegenden Mittel um
weit mehr als 25% angehoben worden. Kollege Thomschitz, Sie haben erwähnt, daß der
Sportstättenbau um mehr als 25% angehoben wurde, es sind so um 60%. Es wurden die Mittel für
Sportgeräte um 70% angehoben, die Sportveranstaltungen um 68%, die Mittel für Vereine und
Verbände um 40%. Insgesamt sind diese Mittel, die der freien Verfügung des Landes überlassen sind,
um rund 60% angehoben worden. Auf den Sportstättenschilling haben wir mehr oder weniger keinen
Einfluß, da sind rund 8% Steigerung festzustellen, aber ich komme noch dazu. Auf die anderen haben
wir eigentlich keinen Einfluß. Ich glaube daher, wir alle, die wir am Sport interessiert sind, müssen für
die Förderung in diesem Budget, das sicherlich sehr schwierig zu erstellen war, eigentlich dankeschön
sagen.
Ich habe versucht, im heurigen Jahr die Höhe der Mittel, die in diesem Jahr für Sporteinrichtungen in
unserem Land Niederösterreich außerhalb des Kapitels Sport ausgegeben wurden, herauszufinden.
Wir wissen, daß im Fremdenverkehr, in der Wirtschaftsförderung, Mittel für Skilifte, für Skipisten, für
Hallenschwimmbäder, für Mehrzweckhallen, für Freibäder, ausgegeben werden. Im letzten Jahr waren
das zwischen 30 und 50 Millionen, diese Zahl ist nicht genau abzugrenzen. Die Mittel, die aus der
Sonderaktion für die Gemeinden fließen, haben im letzten Jahr 46 Millionen betragen, die Jahre zuvor
waren es über 60 Millionen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß im heurigen Jahr in dieser
Sonderaktion keine Ansuchen für Hallenschwimmbäder waren. Aus den Mitteln für zentrale Orte und
Raumordnung 15 Millionen im letzten Jahr. Auch hier werden ja sehr viele Aktionen gesetzt, speziell
im Grenzlandgebiet und in extrem zentralen Orten. Zum Beispiel hat Neunkirchen hier eine starke
Förderung bekommen. Sehr erheblich waren auch die Mittel aus dem Schul- und Kindergartenfonds.
Es wurden im letzten Jahr ingesamz zwei Doppelturnhallen, 21 Turnsäle und 3 Schwimmbäder mit
einem Gesamtvolumen von 184 Millionen Schilling gebaut und das Land selbst hat 105 Millionen dazu
gegeben.
Meine Damen und Herren, wenn ich das zusammenzähle, so komme ich auf eine runde viertel
Milliarde Schilling, die über das Sportbudget hinaus vom Land Niederösterreich für Sporteinrichtungen
gegeben wurde. Ich glaube, daß diese Zahlen mit dazu beigetragen haben, daß wir tatsächlich mit
den Sporteinrichtungen und der sportlichen Ausrüstung in unserem Land Niederösterreich so gut
dastehen. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir waren vor kurzem, wie Sie gesagt ha- ben, noch weit hinten. Wir haben ja auch erst seit wenigen
Jahren das Sportförderungsgesetz und seit kurzer Zeit das Sportgesetz. Aber wir sind in der letzten
Zeit sicherlich, wenn nicht an die absolute Spitze, so doch ganz nach vorne in der Reihe der neun
Bundesländer vorgestoßen und wir müssen sagen, es war eine echt gemeinsame Arbeit von Land,
Bund und Gemeinden und vor allem der Idealisten, die draußen in den Vereinen, in den Verbänden, in
den kleinen Orten arbeiten und bereit sind, sehr viel Zeit und sehr viel Idealismus für diesen Sport zu
widmen. Ich sage, mit Zahlen kann man viel beweisen, aber ich glaube, wir sind in Niederösterreich
auch in vielen anderen Bereichen echt beispielgebend und können auf diesen Erfolg ebenfalls stolz
sein. Auch hier ist die Basis mehr oder weniger unser modernes Sportgesetz.
Herr Kollege Thomschitz, Sie haben die Landessportschule erwähnt. Auch da, glaube ich, dürfen wir
betonen: Es war eine Idee der Österreichischen Volkspartei, wir haben bereits in unserem Leitbild
diese Landessportschule für ihre verschiedenen Zwecke gefordert. Sie ist nun Wirklichkeit geworden
und wir können wirklich alle stolz darauf sein. Ich gebe Ihnen vollkommen recht, die Kapazität ist
bereits fast erschöpft und wir müssen wirklich an eine Erweiterung denken. In dieser
Landessportschule wird der Lehrlingssport - etwas, das Herr Kollege Birner wirklich mit Recht
gefordert hat, ich kenne diese Untersuchung von Professor Fetz und wir wissen, daß speziell in
Berufsschulen der Sport eine absolute Notwendigkeit wäre – bereits teilweise .selbst betrieben mit
unseren Landeslehrlingen und mit den in Ausbildung stehenden Schwesterschülerinnen.
Darüber hinaus wurden bereits Kurse für Erzieher an den Berufsschulen durchgeführt und es ist jetzt
auf Grund des neuen Gesetzes in den Berufsschulen angefragt worden, wieviel Interesse in den
Berufsschulen, soweit die Möglichkeit zu Sport überhaupt besteht, bei den Jugendlichen vorhanden
ist. Die Antwort war 25 bis 70%, die Jugendlichen wären interessiert, aktiv Sport zu betreiben. Gerade
in Niederösterreich haben wir in Theresienfeld mit einer sehr großen Investition, mit 2,8 Millionen,
glaube ich, auch am Sektor der Berufsschulen eine Tat gesetzt, um die uns die anderen Bundesländer
noch beneiden können.
Wir haben noch eine andere Einrichtung, die eigentlich wegweisend war für das gesamte
Bundesgebiet, nämlich das Schulskiheim am Hochkar. Diese Art der Vereinskonstruktion ist nun auch
für den Bund richtungsweisend, denn auf diese Weise kann man selbst Heime solcher Art fast
kostendeckend führen.
Oder Lindabrunn, wir können wirklich stolz sein, daß wir diese Einrichtung in NiederÖsterreich haben,
welche der Fußballverband gemeinsam mit Land und Bund hier geschaffen hat. Wir müssen wirklich
sagen, daß hier speziell Präsident Beck der Initiator und vor allem der Motor war, daß diese Schule so
schnell und so ideal zustande kam. Die Ausbildungszentren an den Schulen hat Kollege Thomschitz
ebenfalls bereits erwähnt. Sie sind sicherlich auch eine Grundlage dafür, daß wir in manchen
Bereichen nicht nur aufgeschlossen haben an das Bundesniveau, sondern teilweise sogar voraus
sind. Ich glaube, auch darauf können wir sehr stolz sein, weil das im Bereich des Skifahrens gar nicht
so leicht war in Niederösterreich wir haben hier die Skihauptschule in Lilienfeld und das
Ausbildungszentrum in Waidhofen und wir haben heuer erstmals 8 Kaderathleten in ÖSV-Kadern. Das
ist für ein Land wie Niederösterreich, das eigentlich rein von der geographischen Lage her relativ
wenig Möglichkeiten hat, um wirklich alpinen Skilauf zu betreiben, ein riesiger Erfolg. Wir haben
13.000 Mitglieder beim niederösterreichischen Skiverband, allein das zeigt, wie dieser Sport in
Niederösterreich nicht nur Eingang gefunden hat, sondern echt ein Schwerpunkt geworden ist.
Die Entwicklung sportlicher Einrichtungen an Schulen, oder vielleicht auch gemeinsam mit Schulen,
wie es zum Beispiel in Matzen werden wird, oder diese Aktion in Wiener Neustadt, die der
Eislaufverein Wiener Neustadt mit der Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe betreibt, ist
eine ganz andere Aktion und etwas, was wir eigentlich auch schon - ich muß sagen, auch darauf
können wir stolz sein - relativ weitblickend im Sportgesetz im Jahre 1974 vorausgesehen haben. Wir
haben damals bereits Vorsorge getroffen für solche Einrichtungen und ich glaube, man soll es wirklich
weiter fördern, denn auf diese Art, wenn eben ein Verein intensiv mit einer Schule zusammenarbeitet,
ist vielleicht die Nachwuchsförderung und die gezielte Jugendarbeit billiger, systematischer und
besser zu betreiben als auf irgendeinem anderen Weg. Ich nehme jetzt nur das Beispiel der
Bundesanstalt für wirtschaftliche Frauenberufe, dort hat man einen Aufruf gemacht, wer von den
Mädchen sich für Eisschnellauf interessiert, etwas, wo man glaubt, da hätte sich kaum wer gerührt.
Überraschenderweise waren 32 Mädchen sofort bereit, hier mitzumachen, und es ist eine echte
Trainingsgruppe zustandegekommen. Auf diese Art ist sicherlich sehr viel zu machen und auch die
Verbesserung der Neigungsgruppen wäre in dieser Hinsicht sehr positiv.
Wir sind Spitze im Leistungssport, im Spitzensport, in vielen Bereichen, beim Tischtennis sind erst
jetzt junge Leute ganz plötzlich in den Vordergrund getreten. Wir sind da in Niederösterreich wirklich
absolut führend geworden. In Leichtathletik weiterhin, im Schwimmen, im Tennis, im Basketball. Wir
haben derzeit 3 Männervereine in der Staatsliga A im Handball und wenn alles gut geht, haben wir im
nächsten Jahr 4 Männervereine von 10 in der Staatsliga A, das soll uns ein anderes Bundesland erst
nachmachen. Auch hier möchte ich jetzt an das anschließen, was Kollege Thomschitz zuvor gesagt
hat. Der Spitzensport ist in seiner heutigen Entwicklung ein eigenes Problem. Spitzensport braucht
Geld und es ist sehr unterschiedlich, welche Sparte betrieben wird, ob Mannschaftssport, ob
Einzelsport und welcher Sport, wieviel Geld benötigt wird und auf welche Art und Weise man es
auftreiben kann. Wenn ich jetzt nur einen Handballverein hernehme, wo ich im Augenblick genau
weiß, was hier alles kostet, so schüttelt man leise den Kopf, wenn man nicht eingeweiht ist.
So kostet ein Schiedsrichter für ein Meisterschaftsspiel in der Staatsliga 1.500 Schilling; man braucht
aber zwei Schiedsrichter, also kostet ein Spiel - nur die Schiedsrichter allein - 3.000 Schilling. Alle
neun Heimspiele, wenn ich jetzt die Staatsliga der Männer hernehme, erfordern also 27.000 Schilling
reine Schiedsrichterkosten, dann kommen die Fahrten zu den Auswärtsspielen mit 15, 18, 20 Leuten,
je nach dem Kader. Der reine Spielbetrieb kostet - da muß man ganz sparsam leben - bei 100.000
Schilling. Das ist enorm hoch, da hat man aber noch keinen Trainer, hat man keine Hallenmieten, hat
man keine Auslandsstarts. Wenn ein Team dann noch im Europacup spielt, so kostet ein
Europacupspiel zwischen 30.000 und 50.000 Schilling. Sie können sich also vielleicht vorstellen, wie
das Budget eines solchen Klubs ausschaut, das muß erst aufgetrieben werden. Aber- das ist erst für
eine Mannschaft, doch so ein Klub kann ja nicht bestehen, wenn er nur eine Mannschaft laufen hat, er
muß mindestens eine zweite laufen haben, er muß zwei bis drei Jugendmannschaften laufen haben.
Ich weiß von den Männervereinen, daß die Budgets an die Millionengrenze gehen, auch wenn man
noch so sparsam damit wirtschaftet. Das ist nun eine Tatsache und daher kann man fast nicht mehr
ohne eine gewisse Unterstützung auskommen, denn mit Eintrittsgeldern und Mitgliedsgeldern kann
das nicht mehr aufgebracht werden.
Hier ist dann auch die zweite Frage des Sponsertums und darauf möchte ich ganz kurz eingehen. Ich
hatte eigentlich nicht die Absicht, aber gestern wurde ich dazu angeregt, und zwar durch den Hinweis
auf die Hypobank. Es gibt zwei Arten des Sponsertums. Es gibt den Mäzen, der mehr oder weniger
das Geld dem Verein, dem Sportler gibt und sagt: ,,Für Deine sportliche Tätigkeit ohne
Gegenleistung". Und es gibt die zweite Art des Sponsers, der sagt: ,,DU bist mein Werbeträger, wenn
Du den Namen in den Vereinsnamen übernimmst oder aufs Emblem, dann bin ich bereit, Geld zu
geben." Alles in Ordnung, denn er hat dann auch die Möglichkeit, es steuerlich abzuschreiben; hier
muß er die Werbewirksamkeit des Vereines nachweisen können, sonst anerkennt es das Finanzamt
nicht. Es muß eine Werbewirksamkeit des Vereines gegeben sein und je werbewirksamer ein Verein
ist, desto mehr Geld kann man geben. Ich glaube, wir müssen eines auch einmal klar sagen: Wenn
wir den Spitzensport bejahen, müssen wir auch gewisse Dinge in Kauf nehmen, die einfach damit
zusammenhängen. Nachdem ich Ihnen das Budget eines kleinen Vereines genannt habe, werden Sie
sich vielleicht auch vorstellen können, wie schwer es dann teilweise ist, daß hier kein Mensch etwas
verdient. Der Kollege Thomschitz hat gesagt, man muß jene ausschließen - auch da kommen wir noch
kurz darauf zu reden -, die Handgeld und so weiter nehmen. Es geht hier im großen und ganzen um
Vereine, wo manche Vereinsfunktionäre mit Hab und Gut haften und oft nicht weiter wissen. Wir
müssen hier wirklich der Wirtschaft in Niederösterreich danken, daß sie immer wieder bereit ist, dem
Sport Gelder zuzuschießen, daß sie bereit ist, für den Sport etwas zu machen, denn sonst wäre der
mittlere Leistungssport - nicht nur der Spitzensport - bis zur Spitze längst tot.
An und für sich ist Spitzensport nach dem Bundessportförderungsgesetz auch vom Bund
förderungswürdig, aber fragen Sie unsere Vereine, was sie vom Bund bekommen. Niederösterreich ist
als eines der wenigen Bundesländer - ich glaube auch hier sagen zu können, in vorbildlicher Form bereit gewesen, dem Spitzensport helfend unter die Arme zu greifen und hier nicht nur dem Fußball.
Wenn Sie, Herr Kollege Thomschitz, hier einige Zahlen genannt haben, so sind Sie nicht ganz auf
dem Laufenden. Es wurden bereits weitere Mittel vergeben, vielleicht werden Sie sich auch daran
stören. Es wurden den drei Fußballvereinen Winkler-Wiener Neustadt, Stockerau und Tulln je 180.000
Schilling und es wurden den fünf Handballvereinen insgesamt 160.000 Schilling überwiesen.
(Abg.Wedl: Das ist das, was wir wissen wollen! - Abg. Thomschitz: Das wollen wir wissen!) In
Ordnung, bin einverstanden, ich habe es Ihnen auch jetzt mitgeteilt und es ist selbstverständlich, daß
wir in keiner Weise etwas zu verbergen haben. Ich glaube, im Leistungssport kann man sehr genaue
Richtlinien treffen, in welcher Art und Weise Förderungsmittel vergeben werden können. Da gibt es
keine Parteipolitik, da gibt es ein Leistungsschema und ein Leistungsprinzip und danach kann man
sehr genau die Mittel verteilen. Wir werden ganz sicherlich zu einem Modus kommen, denn es ist nicht
jede Sportart gleich geldaufwendig, es braucht nicht jede Sportart gleich viel Geld. Ich will jetzt keine
Sportart herausnehmen, es ist aber, glaube ich, für jeden, der sich damit befaßt, verständlich, daß ein
Fußballverein einfach mehr Geld braucht als beispielsweise ein Stemmverein, oder sonst was. Ich
habe noch nie in meinem Leben Fußball gespielt, bin auch kein sonderlicher Anhänger des
derzeitigen Fußballs in Österreich, aber ich bin der festen Überzeugung, daß Fußball bei uns in
Österreich als die Sportart Nummer eins anzusehen ist. Wenn Sie die Zahlen hernehmen, ist er es
weiterhin, denn es geht nicht um den Spitzensport, sondern es geht um die Leute, die ihn betreiben,
daher ist der Fußball absolut förderungswürdig.
Meine Damen und Herren, wir reden so viel von dem sogenannten Animateur, den man sucht, der die
Leute dazu anregen kann und anregen soll, Sport zu betreiben, im Betrieb, in den Freizeitzentren, in
den Fremdenverkehrsorten. Ich bin der festen Überzeugung, der beste und auch der erfolgreichste
Animateur wäre ein guter Spitzensportler, dem die Jugend nacheifern kann. Welcher Jugendliche
möchte nicht wie der Franzl Klammer Skifahren können, oder, wenn er auch einen Ausländer
hernimmt, so wie der John Naber Schwimmen. Das sind eben Vorbilder, die unseren Jugendlichen
etwas sagen, und ich glaube, auch ein Erwachsener wird vielleicht von einem schönen Tennisspiel
angeregt werden, wenn er einen Daviscup sieht oder Wimbledon oder sonst was, eventuell das zu
betreiben. Wenn man zurückschaut in all die Zeiten und all die Geschichte, so war Spitzensport immer
ein Teil des Sportes. Und genauso wie der Spitzensport ein Teil des Sportes ist, so bin ich jetzt
überzeugt, daß der Sport schon ein Teil unseres Lebens geworden ist, und ich glaube, wir sind so
weit, daß das sehr weitgehend auch anerkannt ist. Ich komme natürlich leicht in den Verdacht,
irgendwo den Sport als Ganzes in den Mittelpunkt alles Seins zu stellen, aber das stimmt wirklich
nicht. (Landesrat Grünzweig: Das ist Ihr gutes Recht!) Sport ist für mich nicht der Mittelpunkt, nein, es
ist nicht wahr; er ist nicht der Mittelpunkt, er ist einfach ein Teil unseres Lebens.
Ich möchte jetzt nicht auf die pädagogischen Dinge eingehen, auf die gesundheitlichen Aspekte. Ich
glaube, der Sport ist an und für sich ein Mittel, das Leben einfach lebenswerter zu machen. Gerade in
unserer heutigen Zeit ist es absolut notwendig und ich glaube, je älter man wird, umso intensiver sieht
man, daß vernünftige sportliche Betätigung einfach notwendig ist. Und ich glaube, jede Aktion, vor
allem auch in der Politik, muß einfach den Menschen im Mittelpunkt sehen. Nirgendwo anders ist das
so deutlich wie eben im Sport, denn im Sport zählt der Mensch. Der Mensch, wie er sich als einzelner
verhält, der Mensch, wie er sich in der Gemeinschaft verhält. Im Sport ist dirigieren oder Zentralismus
einfach unvorstellbar für uns alle und ich glaube, die öffentliche Hand soll hier einfach helfend
eingreifen, soll die Anlagen schaffen und soll letztlich dem Sport die Freiheit geben, sich so zu
entwickeln, wie er sich in letzter Zeit und immer schon positiv entwickelt hat.
Viele tausende Menschen in Niederösterreich betreiben aktiv und mit sehr viel Idealismus Sport.
Wenn man so ins Land hinausfährt, mit den Leuten redet und vor allem bei Diskussionen dabei ist, so
kommen immer ganz bestimmte Probleme zum Durchbruch. Was ich als erstes vielleicht sagen kann,
ist das Sportlehrerproblem. Wir haben eigentlich jedes Jahr von dieser Stelle zu diesem Problem
gesprochen, wir sind jetzt eine Zeit lang vielleicht ein bißchen ins Hintertreffen gekommen, weil man
die Entwicklung des Sportlehrergesetzes abgewartet hat, aber ich glaube, wir müssen nun doch
einmal dazu kommen, über den Einsatz der Sportlehrer in Niederösterreich und auch über die
Bezahlung konkret zu reden. Wir müssen vor allem - das ist auch immer eine Forderung der Vereine
und Verbände draußen – die Trainerfortbildung weitertreiben; vor allem der Landessportschule ist dies
möglich und das ist, wie gesagt, ja alles in unserem Sportgesetz vorgesehen und auch der Wunsch
des Gesetzgebers gewesen.
Eines der zentralsten Themen ist das Thema Sportmedizin. Sicherlich, es ist in diesen ganzen
Diskussionen um Sportkrüppel von den Zeitungen vieles auch aufgebauscht und verschiedene
Diskussionen vielleicht zu sehr in den Vordergrund gerückt worden, denn Verletzungen gibt es immer
und überall, nur tritt es vielleicht bei einem Sportler, der etwas mehr im Mittelpunkt steht, mehr zutage,
als wenn sich irgendjemand am Skihang den Fuß bricht. Die Angst ist vor allem bei den Eltern, aber
auch bei den verantwortlichen Funktionären schon berechtigt, denn ein falsches Verhalten, ein
falsches Training kann einem Jugendlichen schädlich sein. Bei Verletzungen oder bei einer
Erkrankung – ich denke an einen Herzmuskelschaden, der da entstehen könnte - kann ein falsches
Verhalten wirklich zu Dauerschäden führen. Hier haben wir in ganz Österreich einen echten
Nachholbedarf gegenüber der gesamten Welt, ich meine jene Länder, die seit vielen Jahren
geregelten Sport betreiben. Ich hätte hier einige Vorschläge, die eigentlich wenig Geld kosten und
relativ schnell verwirklicht werden könnten. So wurde bei einer Diskussion von einem Vereinsarzt, der
draußen den kleinen Verein immer wieder betreut, gesagt:
,,Schauts, ich weiß zwar ein bißchen etwas von meiner medizinischen Ausbildung her, aber im großen
und ganzen weiß ich über Sportverletzungen, über die Belastbarkeit des Menschen sehr wenig und
ich wäre interessiert an einer Fortbildung." Also eine Fortbildung von Vereinsärzten, von Ärzten, die
für unsere Vereine draußen tätig sind. Viele von ihnen wären bereit, so einen Fortbildungskurs mit
anerkannten Sportmedizinern an einem Nachmittag oder einem Wochenende zu machen. Auch das
könnten wir ohne großes Problem in der Landessportschule durchführen und ich glaube, das hätte in
kurzer Zeit eine sehr große Breitenwirkung.
Zweitens könnte ich mir vorstellen, daß man zur Akutversorgung die an unseren Spitälern
vorhandenen Einrichtungen nützt. Man müßte in den Spitälern ebenfalls einen Arzt finden, der bereit
ist, sich auch für Sportverletzungen, für Sporterkrankungen, eben für die Belastbarkeit des Menschen
zu interessieren, und könnte dann die vorhandenen Einrichtungen - mehr braucht man ja nicht, als in
den meisten unserer Spitäler so wie so schon vorhanden ist - nützen und unsere Vereine und Sportler
könnten in die bereits ausgestatteten Spitäler kommen. Als dritten Vorschlag hätte ich - wir haben ja
den Röntgenzug in Niederösterreich und dessen Ausstattung - die Erweiterung dieses Röntgenzuges
mit Geräten für die sportmedizinische Untersuchung. Das ist gar nicht mehr allzu finanzaufwendig,
also viel Geld braucht man dazu nicht. Personell könnte die Besetzung an sich gleich bleiben und
dieser Zug könnte einmal im Jahr in jeden Bezirk hinausfahren, wir könnten unsere Vereine
anschreiben und sie könnten ihre sportärztliche Untersuchung wirklich relativ nahe bei ihrem Ort
machen. Sind wir ehrlich, wie geschieht das? Wir verlangen von Jugendlichen in ihren Spielerpässen Handball, Fußball oder sonstiges - den Arztstempel, aber die wenigsten Ärzte untersuchen diese
Kinder wirklich, sie geben automatisch auf die Spielerpässe jedes Jahr ihren Stempel drauf und das
Kind wurde nie gesehen. Wir könnten dann echt fordern, daß jedes Kind in diesem Röntgenzug
sportärztlich untersucht wird, wenn es an einer sportlichen Betätigung, an einer Meisterschaft,
teilnehmen will. Ich glaube, gerade die Lösung dieses medizinischen Problems könnte unseren Eltern
und auch vielen Trainern und Funktionären eine große Sorge von der Seele nehmen und wäre eine
große Hilfe für unsere sporttreibende Jugend.
Dann hätte ich noch einen Vorschlag, auch das hört man immer wieder. Er ist sicherlich nicht in
allernächster Zeit realisierbar, aber ich hätte die Bitte an alle hier im Hohen Hause, auch an unsere
Regierungsmitglieder, hier echt mitzuarbeiten. In fast jeder Diskussion, in fast jeder Enquete, in jedem
Symposium, wenn man beisammensitzt und über Sport und Sportprobleme spricht, kommt die
Forderung nach einer Hochschule für Sportwissenschaft. Fast jedes westliche und jedes östliche Land
hat eine Hochschule in dieser Art, wo Sportwissenschaft, Medizin, Bewegungslehre,
Trainingsmethodik, Psychologie und so weiter systematisch und forschungstechnisch erarbeitet
werden. Das wäre für den gesamten österreichischen Sport etwas echt Positives und ich möchte auch
sagen, es geht über den Sport hinaus, aber dazu komme ich etwas später. Wir hätten eigentlich in
Niederösterreich die ideale Gegebenheit und deswegen mein Wunsch, hier wirklich daran zu arbeiten,
nämlich das Terrain in der Südstadt. Diese NEWAG-Gründe zum Beispiel liegen im Bereich des
Bundessportzentrums, wir hätten dort schon die Anlagen, die zur sporttechnischen und
sportmethodischen Erarbeitung geeignet sind. Wir hätten die Nähe zu Wien, zur BAfL und zu
sonstigen Einrichtungen, und wir könnten dann in diesem Sinn gleich unsere Landessportschule
irgendwie auch noch mit erweitern. Ich glaube, wenn das zu verwirklichen wäre - sicherlich
Zukunftsmusik, aber ich glaube, wir sollten auch große Ziele haben -, dann wäre dem Sport in
Niederösterreich sehr gedient.
Meine Damen und Herren, ich glaube, Sport ist mehr als man allgemein glaubt. So wurde zum
Beispiel, das ist wahrscheinlich für viele von Ihnen nichts Neues, ein Teil einer Trainingsmethode, die
Isometrie, für die Raumfahrt verwendet. Im Sport hat man das schon jahrelang verwendet, daß man,
ohne sich zu bewegen, Muskeln nicht nur verstärken, sondern auf jeden Fall erhalten kann. Und das
ist bei der Raumfahrt jetzt systematisch weiterentwickelt worden. Oder wir wissen, daß speziell bei
Herzerkrankungen, bei Herzoperationen, das systematische Training vom Sport her übernommen
wurde; das echte Muskeltraining, denn das Herz ist ja ein Muskel, das sportwissenschaftlich von der
Sportbetätigung her gekommen ist, hilft hier sehr viel. Bei Nervenleiden ist Bewegung das allgemeine
Mittel, auch bei verschiedenen anderen Erkrankungen. Ich könnte Ihnen da Beispiele grenzenlos
aufzählen, selbst Haltungsschäden, man glaubt nicht, was hier durch systematische sportliche
Betätigung alles zu verbessern ist. Ich selbst hatte als junges Mädchen mit 21 Jahren, als ich gerade
mit dem Leistungssport begonnen hatte, plötzlich fürchterliche Rückenschmerzen. Ich bin zu einem
Arzt gegangen, hatte ein verkrümmtes Rückgrat, zu schnell gewachsen, Pubertät, der Stützapparat
nicht mitgekommen. Der Arzt hat mir sofort jede sportliche Betätigung verboten. Ich war natürlich
todunglücklich, bin dann zu einem anderen Arzt gegangen und der hat gesagt, passen Sie auf,
versuchen Sie, vernünftigen Sport zu betreiben. Ich habe von da an eigentlich mein Leben lang
aufgepaßt und nach meinem zweiten Sohn bin ich dann einmal röntgenisieren gegangen, es war kein
Rückenschaden mehr festzustellen. Also selbst durch die harte Muskeltätigkeit sind Haltungsschäden,
bereits vorhandene Schäden, auszubessern, das glaubt man fast nicht. Ich könnte Ihnen von
Herzerkrankten erzählen, die durch Sportbetätigung wieder zu einem gesunden Herzen gekommen
sind, ob man es glaubt oder nicht.
Ich glaube, man kann wirklich in der Rehabilitation speziell mit dem Sport sehr viel machen und wir
müssen uns endlich einmal klar sein, daß Sport nicht nur für einige Verrückte ist, die durch die
Gegend hupfen wollen, sondern daß Sport ein Teil unseres Seins ist. Wenn Sie hinausfahren in die
Waldschule oder nach Sollenau und dort die behinderten Kinder einem Ball nachhupfen und nachhumpeln sehen, tut Ihnen das Herz weh; umgekehrt ist man fasziniert, mit welcher Begeisterung sie
rein das Erlebnis der Bewegung erfüllt und wie eigentlich speziell solche Kinder, solche Menschen,
solche Wesen, über die Bewegung beeinflußbar sind, wie Musik und Bewegung speziell solche Leute
beeinflußt. Gerade über den Sport könnte man an solche Menschen sehr leicht herankommen. Ich bin
absolut der überzeugung jetzt, daß es beim Versehrtensport nicht um die Gesundheit geht, sondern
es ist echte Selbstbestätigung, ein echtes Stärkerwerden der Persönlichkeit jener Menschen.
Meine Damen und Herren! In Niederösterreich ist in gemeinsamer Arbeit der Vereine, Verbände, der
Schulen, des Landes, der Gemeinden, sehr viel geleistet worden. Wir sind vor nicht allzu langer Zeit
auf einer Pressefahrt durch einen Teil unseres schönen Landes gekommen und es war eine
allgemeine Zustimmung zu den Dingen festzustellen, die hier entstanden sind. Man konnte es
teilweise nicht glauben, daß das mit so wenig finanziellen Mitteln geschafft wurde. Erst als man den
Leuten gesagt hat, daß eben so viel Privatinitiative hier dabei ist, daß die hier eingesetzten Mittel um
vieles vervielfältigt werden, konnten auch diese Journalisten einsehen, daß manchmal eine nicht zu
intensive Förderung sinnvoller ist, wenn man einfach den Idealismus anregt und die Menschen dazu
bringt, mitzuarbeiten. Und nur durch die Mitarbeit dieser tausenden ehrenamtlichen Funktionäre, ich
möchte sagen aller Sportler unseres Landes, der Politiker und der Beamten des Referates, konnte in
den letzten Jahren so viel geleistet werden.
Ich erinnere mich noch, daß bei der Verabschiedung des Sportgesetzes hier der Wunsch geäußert
wurde, die sporttreibende Bevölkerung unseres Landes möge diesem Gesetz Leben einhauchen. Ich
glaube, man kann feststellen, daß das wirklich geschehen ist. Ich möchte von dieser Stelle aus den
verantwortlichen Regierungsmitgliedern, dem Landeshauptmann als Vorsitzenden des Sportrates,
dem Herrn Landesrat als dem zuständigen Regierungsmitglied, dem Herrn Finanzreferenten, der
letztlich das Geld hergeben muß, und auch dem Referat danken, welches nicht nur administriert,
sondern wirklich immer wieder neue Ideen bringt. Wenn wir alle zusammenarbeiten in noch
verstärktem Ausmaß, so wird das f ü r den Sport, für die Sportler, für die Jugend und - davon bin ich
überzeugt - für alle Niederösterreicher von ganz großem Nutzen sein. (Beifall im Hause.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Als nächster Redner gelangt der Abg. Stangl zu Wort.
Abg. STANGL: Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, bevor ich
auf das eigentliche Thema eingehe, das ich mir vorgenommen habe, doch einige Repliken. Frau
Kollegin Prokop, es ist richtig, daß es im Sport über die parteipolitischen Grenzen hinweg eine gute
Zusammenarbeit gibt. Umso verwunderlicher ist es, daß wir heute erfahren müssen, wie die Mittel im
Ansatz des Spitzensportes vergeben wurden, (Abg. Prokop: Es ist in der Zeitung gestanden!) ja, in der
ÖVP-Zeitung, das ist schon richtig, aber es ist darüber hinaus schon irgendwie bedauerlich, wenn man
von der guten Zusammenarbeit spricht. Sie sagten wortwörtlich ,,wir haben", also war es nicht der
Referent, sondern muß man da auch einige Herren der ÖVP aus dem Sportgeschehen beigezogen
haben und ich glaube, es wäre keinem eine Perle aus der Krone gefaIIen, wenn man auch einen oder
zwei der zuständigen Herren unserer Fraktion oder aus den Verbänden mit beigezogen hätte. Ich bin
auch der Meinung, daß es beim Spitzensport Kriterien gibt, die man festsetzen kann, um nach diesen
Richtlinien die Vergabe durchzuführen, aber es ist seit zwei Jahren zu verschiedenen Vorschlägen
gekommen, die alle nicht das bringen, was sich einzelne oder wir uns alle miteinander vorstellen. Sie
wären aber doch eine Diskussionsgrundlage und bis heute ist darüber keine Verhandlung geführt
worden.
Nun zu einem zweiten. Der Herr Kollege Romeder hat die Schul- und KindergartenPolitik hier so
dargestellt, als wäre sie gegen den Willen der sozialistischen Fraktion in diesem Haus beschlossen
worden. (Abg. Romeder: Hat niemand gesagt! Sie ist vorbildlich gegenüber den anderen
Bundesländern!) Sie ist vorbildlich auch durch eine sehr initiative Arbeit der sozialistischen Fraktion in
diesem Haus und ich bin nach wie vor der Meinung, daß gerade das Schul- und Kindergartenwesen
ein Punkt ist, wo man so ähnlich wie im Sport über die parteipolitischen Grenzen hinweg gearbeitet
hat. Auch wenn es sozialistische Forderungen waren, hat sich die ÖVP-Fraktion immer zu einer
sachlichen Diskussion bereit erklärt und man soll deshalb die Dinge anläßlich einer Budgetdebatte
nicht so darstellen, als wäre das, was geschehen ist, gegen den Willen der Sozialisten geschehen.
(Abg. Romeder: Ist nicht gesagt worden!) Ich habe gesagt, es wurde so dargestellt.
Wissen Sie, auch über den Nulltarif bin ich nicht ganz Ihrer Meinung. Er ist sehr differenziert, es
kommt darauf an, was man unter Nulltarif versteht. Ich persönlich bin der Meinung, wenn ich vom
Nulltarif spreche, daß den Eltern, die die Kinder in den Kindergarten schicken, keine Kosten
erwachsen. Ist es tatsächlich so in Niederösterreich? (Abg. Romeder: 30 Schilling!) Es ist sehr
different, in manchen Gemeinden gibt es derartige Nulltarife. (Abg. Romeder: Seien wir doch stolz
darauf im Vergleich zu anderen!) Herr Kollege, es geht nicht um einen Vergleich, sondern es geht hier
um Darstellungen, Ich bin der letzte, der Leistungen der Niederösterreicher irgendwo herabsetzt, und
ich glaube, das können Sie auch von anderen Sozialisten nicht behaupten, die in diesem Hause tätig
sind. Aber, meine Herren, darüber zu reden und selbst zu wissen, daß das in vielen, vielen
Gemeinden nicht den Tatsachen entspricht, weil die Gemeinden zum Teil nicht in der Lage sind, diese
zusätzlichen Mittel in der Höhe zu leisten, wie sie notwendig wären! Denken Sie nur an die
Tageskindergärten, wo man in Form von Beiträgen auch die Mehrdienstleistungsstunden der
Kindergärtnerinnen wieder von den Eltern in Form eines Beitrages verlangt. Und ich kann hier nicht
vom Nulltarif sprechen. (Abg. Romeder: Wo darf das sein?) Wo das ist? Sie brauchen nur die
zuständige Frau Stadtrat in Mistelbach fragen. Ich kann Ihnen ganz offen sagen, keine sozialistisch
verwaltete Gemeinde, damit es hier keine Irrtümer gibt. Auch für das Beschäftigungsmaterial, und
zwar deswegen, weil eben die Gemeinde nicht in der Lage ist, diese zusätzlichen Dinge zu leisten.
Und bei der Generaldebatte wurde vom Herrn Klubobmann der Österreichischen Volkspartei Kellner
ein Zwischenruf von mir, der die Bundesschulen betrifft und in dieses Kapitel fällt, mit den Worten
abgetan, das ist nicht wahr. Und zwar handelt es sich um die Behauptung, daß während der Zeit eines
ÖVP-Unterrichtsministers oder der ÖVP-Alleinregierung keine Gemeinde für Bundesschulen irgend
welche Leistungen erbracht hat. (Abg. Leichtfried: Waidhofen an der Thaya hat 10 Millionen Schilling
gezahlt!) Jawohl, ich habe gesagt, das stimmt nicht; Sie haben gesagt, meine Behauptung, es hätte
solche Gemeinden gegeben, sei nicht wahr. Herr Kollege Kellner, ich möchte Sie doch ersuchen, mit
Ihren Freunden aus Scheibbs Rücksprache zu halten, mit Ihren Freunden aus Mistelbach
Rücksprache zu halten, mit Ihren Freunden aus Waidhofen an der Thaya Rücksprache zu halten, mit
den Gemeindevertretern des Bezirkes Bruck Rücksprache zu halten. So einfach kann man die Dinge
hier nicht abtun und nachher erklären, das war ein Mißverständnis. Ich will nur richtigstellen, daß auch
während der Zeit eines ÖVP-Finanzministers der ÖVP-Unterrichtsminister in manchen Fällen - nicht
generell, auch heute nicht generell - auch von den Gemeinden Beiträge zur Errichtung der Schulen
verlangt wurden, damit hier keine Märe entsteht. (Abg. Ing. Kellner: Kollege, wenn Sie sich da
herstellen, versteht man Sie besser, als wenn Sie Zwischenrufe machen!) Ach so, den Zwischenruf
nicht gehört, aber so geantwortet, das ist nicht wahr! Da gebe ich gar keine Antwort, wenn ich etwas
nicht höre. Aber das ist Ihre Sache.
Ich darf mich jetzt dem Thema zuwenden, das ich eigentlich vorbereitet habe. Ich will nicht wieder aus
dem Erwachsenenbildungsprogramm der SPÖ zitieren, weil ich der Meinung bin, wenn man das erst
am 14. Oktober 1976 getan hat, kann man doch voraussetzen und ich tue es auch, daß sich auch die
ÖVP-Abgeordneten diese Textstellen sinngemäß gemerkt haben. (Abg. Wallner: Das war eine andere
Stelle!) Herr Kollege Wallner, mir ist es so gegangen, als wäre ich von Ihnen ein bisserl, na ja,
schlecht eingeschätzt. Nein, nein, ich habe mich sinngemäß genau erinnert, ich muß nicht immer ein
Leitbild oder ein Programm einer Partei hier wachrufen, wenn ich schon einmal zitiert habe. (Abg.
Buchinger: Hast nachgeschaut!) Ich könnte es sofort herholen, es liegt dort. Ich will mich auch heute
mit den besonderen Problemen der Erwachsenenbildung in unserem Bundesland oder im allgemeinen
eigentlich nicht beschäftigen, weil wir uns sehr ausführlich, grundlegend, aber auch richtungsweisend
für die Zukunft in der Diskussion vom 14. Oktober 1976 bei der Beschlußfassung des
Erwachsenenbildungsförderungsgesetzes in diesem Raum an der Diskussion beteiligt haben. Mir
scheint auch, und hier liegen wir doch auf einer Linie, daß die zwei Ansatzposten mit den 2,2 Millionen
Schilling und mit den 500.000 Schilling - ich denke jetzt sowohl an die Investitionen als auch an den
allgemeinen Betrag - doch nur ein Anfang sein können und wir im Rahmen eines Nachtragsbudgets
noch im Jahre 1977 mit einer Erhöhung rechnen dürfen. Ich brauche die Wichtigkeit der
Erwachsenenbildung nicht besonders erwähnen, Herr Kollege Professor Wallner hat es bereits getan.
(Abg. Buchinger: Das ist eine Verbesserung!) Die Möglichkeiten ergeben sich dadurch, daß ich mich
mit einem Problem beschäftigen will, das eigentlich bis heute nicht bewußt, aber doch unbewußt bei
Budgetdebatten oder überhaupt im Geschehen des Landtages etwas stiefmütterlich behandelt wurde.
Wir haben in den Positionen 11289 zwei Ansatzposten, und zwar 200.000 Schilling für den Verein für
Landeskunde bzw. zum erstenmal 600.000 Schilling für ein Institut für Landeskunde, und ich erlaube
mir, hiezu einige Bemerkungen zu machen. Zuerst mit ein, zwei Sätzen geschichtlich. Der Verein für
Landeskunde wurde im Jahre 1864 gegründet, und zwar mit der Zielsetzung, Vergangenheit und
Gegenwart von Land und Leuten Niederösterreichs wissenschaftlich zu durchforschen und die
Erkenntnisse zu fördern und auch zu verbreiten. In diesem Sinne hat sich der Verein redlich bemüht
und neben der Forschung auch eine rege Publikationstätigkeit entwickelt. Diese Publikationstätigkeit
wurde nicht nur von vereinsgebundenen Kapazitäten durchgeführt, sondern es wurden auch wertvolle
wissenschaftliche Forschungsergebnisse auf dem Sektor der Landeskunde von anderen
Wissenschaftlern, die nicht direkt mit dem Verein in Verbindung stehen, veröffentlicht, sowohl in
periodischen Druckschriften als auch in Sonderpublikationen. Ich darf von den Sonderpublikationen
zum Beispiel erwähnen die historischen Ortsnamen in Niederösterreich, dann das geschichts- und
sprachwissenschaftliche Lebenswerk von Heinrich Weigel, bisher in sieben Bänden, glaube ich,
erschienen. Daneben führt dieser Verein noch Vorträge und Führungen durch. Diese Tätigkeit ist sehr
verdienstvoll, trotzdem darf ich vielleicht jetzt die Frage stellen: Sind diese Erfolge, die zweifelsohne
vorhanden sind, das Maximum des Erreichbaren und auch das Maximum dessen, was man sich von
so einer Institution erwartet? Gibt es irgendwelche Mängel auf diesen Sachgebieten oder kann
überhaupt eine Institution auf Vereinsbasis die heutigen Erkenntnisse und umfangreichen
Forschungsergebnisse bearbeiten, veröffentlichen oder überhaupt erarbeiten? Ich glaube, wenn man
die Geschichte des Vereines verfolgt, sagt uns hier die Praxis ein Nein.
Der Verein hat sich schon vor dem Ersten Weltkrieg drei große Aufgaben gestellt. Erstens eine
kartographische Aufnahme des gesamten Bundeslandes, zweitens ein niederösterreichisches
Urkundenbuch, das die gesamten mittelalterlichen Urkunden, natürlich nur Niederösterreich
betreffend, im Druck veröffentlichen soll und als drittes eine niederösterreichische Topographie. Alle
diese Projekte wurden bereits vor dem Ersten Weltkrieg geplant, nach dem Ersten Weltkrieg immer
wieder in der Zielsetzung verfolgt, aber es kam eigentlich zu keiner Durchführung. Verstehen Sie mich
richtig, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Schuld liegt hier auf keinen Fall bei den
betroffenen Personen in diesem Verein, die nicht nur guten Willen, sondern auch ein großes Wissen
haben, sondern es ist auf Grund der Anforderungen, die gestellt werden, gerade beim heutigen Stand
der Wissenschaft, oder überhaupt auf Grund des notwendigen Aufwandes bei wissenschaftlichen
Arbeiten, de facto unmöglich, diese Zielsetzung auf Vereinsbasis zu erreichen. Ich habe einige
derartige geschichtliche Darstellungen, aber auch Gespräche und Erfahrungen sammeln können, und
zwar anläßlich eines Aufenthaltes in Bonn. Man hat dort genauso einen Verein für Landeskunde
gehabt, welcher sich ,,Verein für geschichtliche Länderkunde der Rheinländer" nannte, und nach dem
Ersten Weltkrieg hat man erkannt, daß diese Tätigkeit, soll sie fruchtbringend sein, auf Vereinsbasis
nicht durchgeführt werden kann, daß ehrenamtliche Mitarbeiter auf Grund des persönlichen Einsatzes,
der notwendig wäre, und auch mangels der für wissenschaftliche Arbeiten erforderlichen Ruhe diese
Zielsetzung nicht erreichen können. Man hat dann nach dem Ersten Weltkrieg, im Jahre 1920, ein
Institut errichtet, das hinsichtlich der Ausstattung, sowohl der räumlichen Ausstattung als auch der
sachbezogenen und personellen Ausstattung befrieden konnte.
Ich glaube daher, wenn jetzt schon 600.000 Schilling im Budget verankert sind, daß unbedingt
versucht werden muß, ein derartiges Institut mit den nötigen Statuten und in Zukunft auch mit den
nötigen finanziellen Mitteln auszustatten. Schauen Sie, in den Statuten müßte natürlich der Träger des
Institutes irgendwie festgelegt werden, und ich betrachte meine Ausführung jetzt nicht als umfassend,
nicht als Diskussionsgrundlage, sondern nur in einzelnen Punkten als Anregung. Man müßte sich den
Aufbau und die Organisation überlegen, man müßte sich auch überlegen, inwieweit Kooperationen mit
schon bestehenden Einrichtungen durchzuführen sind, ich denke hier an die Landesbibliothek, ich
denke aber auch an Beziehungen zur Universität, zum Österreichischen Bilderarchiv und alle diese
Einrichtungen, die schon vorhanden sind.
Ich wollte heuer einige Gedanken zu dieser wissenschaftlichen Arbeit dem Hohen Landtag
bekanntgeben. Ich glaube, wir sind unseren Landesbürgern neben anderen Aufgaben auch auf dem
Gebiete der Landeskunde verpflichtet, den Erkenntnissen der Geschichtswissenschaft entsprechend
diese gesammelt zu veröffentlichen, zugänglich und verwertbar zu machen und damit nicht nur das
Landesbewußtsein unserer Bürger, sondern auch die Anerkennung unseres Bundeslandes zu fördern
und diese wissenschaftlichen Arbeiten für die Zukunft zu erhalten. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt der Herr Landesrat Grünzweig.
Landesrat GRÜNZWEIG: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Die Gruppe 2
wurde weniger emotionell abgehandelt, es scheint so, daß das gemeinsame Interesse, die Sorge um
die Jugend für die Ausgiebigkeit, die Gründlichkeit und die Sachlichkeit maßgeblich war, mit der die
Gruppe besprochen worden ist.
Es wurden zahlreiche Anregungen gegeben und ich erkläre jetzt schon - das gilt als
Verwendungszusagen -, daß ich nicht nur die vom Landtag in diesem Zusammenhang beschlossenen
Resolutionsanträge, was ja selbstverständlich ist und meine Pflicht, sorgfältigst beachten, sondern
auch auf jene Vorschläge und Wünsche gerne eingehen werde, die im Laufe der Debatte geäußert
worden sind.
Ich möchte vielleicht nur ganz kurz in Erinnerung rufen, daß der Herr Kollege Kosler über die
Schulschikurse gesprochen und dabei auch die Problematik jener Spezialfälle angeschnitten hat, die
halt immer wieder fast unlösbar sind und vor allem den Gemeinden zur Last fallen. Es hat ja jedes
Kind das Recht, mitzutun bei den Schikursen, aber ich meine, das wird im jetzigen Budget nicht mehr
lösbar sein; für den nächsten Winter werden wir uns jedoch vornehmen, einen Weg zu finden, um hier
Stipendien zu geben, weshalb unter Umständen der entsprechende Ansatzpunkt eine Erhöhung
erfahren müßte.
Ich werde mich auch bemühen, die Ergebnisse bzw. Zwischenergebnisse der Schulversuche, wie Sie
es gewünscht haben, Herr Kollege Schober, vom Landesschulrat zu erhalten, der hier die
Federführung hat, auch über den Stand der Vorschulklassen und die damit zusammenhängenden
Probleme.
Die vom Herrn Kollegen Höfinger zitierte und urgierte Erzieherdienstverordnung liegt im Entwurf vor,
es haben sich aber im Laufe der letzten Jahre bei der Besprechung eines solchen Entwurfes eine
Reihe von Problemen, unter anderem auch finanzieller Art, ergeben, die halt bisher hinderlich waren,
eine Verordnung der Landesregierung zur Verabschiedung vorzulegen. Ich werde mich bemühen,
diese Sache voranzutreiben. Der Kollege Birner hat über Mängel in der Führung der Berufsschulen
und Internate berichtet. Auch hier gibt es eine ganze Reihe von Detailfragen, die im speziellen einer
Üerprüfung bedürfen, und ich bin gerne bereit, jedem einzelnen Fall nachzugehen, der hier als Mangel
aufgezählt worden ist. Der Herr Professor Wallner hat über die Frage der Erwachsenenbildung sehr
ausführlich und kenntnisreich gesprochen. Er urgiert, daß der Betrag von 5 Millionen Schilling zur
Gänze im Sinne des Erwachsenenbildungsund Volksbüchereiförderungsgesetzes verwendet wird. Ich
muß da leider etwas aufklären. Es wurde bei den Verhandlungen mit dem Finanzreferat ein Betrag in
der Größenordnung von 2 Millionen Schilling angesprochen für diese Investitionen im Bereich der
Erwachsenenbildung, der Volksbildung. Eine Sache, die schon jahrelang ansteht, weil ja viele
Gemeinden immer wieder, was die räumliche Vorsorge für die Erwachsenenbildung betrifft, große
Probleme haben und hier bisher nichts vorhanden war, was zur Milderung dieser Problematik
beigetragen hat. Daher wurde dieser Betrag mit hineingenommen, zu meinem Leidwesen nicht in
einer getrennten Budgetpost, sondern innerhalb dieser 5 Millionen Schilling, sodaß die Aufstockung
nur auf 3 Millionen Schilling erfolgt ist. Ih gebe Ihnen recht, das ist ein unzulänglicher Betrag und wir
müssen uns noch auseinandersetzen, wie das lösbar ist. Das Erwachsenenbildungsförderungsgesetz
kann für 1977 auf Grund des Verfahrens nicht angewendet werden, erst 1978 kann im Sinne des
Gesetzes die Verteilung der Mittel vorgenommen werden. Ich bin aber gerne bereit, im Sinne Ihrer
Anregung die NÖKEB, also die Konferenz für Erwachsenenbildung, auch schon bei der Beratung der
Subventionsfragen heranzuziehen.
Ich möchte nun doch ein paar grundsätzliche Überlegungen zur Gruppe 2 anstellen im
Zusammenhang mit Ihrer Darstellung im Budget, wobei die Vergleichbarkeit heute nicht mehr in dem
Maße gegeben ist, zumindest müssen wir uns erst an die neue Darstellung der Budgetansätze
gewöhnen. Wir sind es noch nicht gewöhnt, daß auch Sport und außerschulische Leibeserziehung,
überhaupt die außerschulische Jugenderziehung, die Erwachsenenbildung, die Forschung und
Wissenschaft und die Museen bei dieser Gruppe abgehandelt werden. Insgesamt sagt es daher nichts
aus, wenn heuer 28% des Budgets für diese Gruppe vorgesehen sind, eine Erhöhung von 426
Millionen Schilling. Ich darf in Erinnerung rufen, daß ein Großteil dieser 28% für den Aktivitätsaufwand
der Pflichtschullehrer vorgesehen ist, nämlich von den 3,8 Milliarden Schilling 2 , l Milliarden Schilling
für die Pflichtschullehrer. 58% der Beträge, die für die Gruppe 2 vorgesehen sind, decken nur den
Aktivitätsaufwand der Pflichtschullehrer, der zur Gänze vom Bund getragen wird. Ich muß mich da
immer erinnern, daß Herr Landesrat Hilgarth, der seinerzeit Abgeordneter war, immer erzählt hat,
Anfang der 60er Jahre, als die Pflichtschullehrerbesoldung zur Gänze von den Bundesländern
getragen wurde, hat der Aufwand hiefür mehr als ein Drittel des gesamten Landesbudgets betragen.
Heute beträgt er ein Siebentel des Landesbudgets, noch dazu wird er zur Gänze vom Bund liquidiert.
Ich glaube schon, daß hier gewisse Verschiebungen der Relationen, vor allem der Möglichkeiten, die
heute die öffentliche Hand über diese unmittelbaren Aufwendungen in personeller Hinsicht hinaus
tatsächlich hat, sichtbar werden.
Der Problemkreis, der für das Land im schulischen Bereich in der Gruppe 2 relevant ist, beschränkt
sich auf drei Hauptschwerpunkte, nämlich den Pflichtschulbau, dann die ganzen Berufsschulen und
das Kindergartenwesen. Darf ich nur noch ein paar Sätze über den Schulbau in Niederösterreich
sagen, es wurde ja schon sehr ausführlich darüber geredet. Am 27. Februar dieses Jahren haben wir
anläßlich der bevorstehenden Fertigstellung des 750. Schulbauvorhabens hier im Großen
Sitzungssaal eine zweite Pflichtschulbauenquete abgehalten und wieder einmal die Erfahrungen, die
auf dem Gebiete des Pflichtschulbaues und des Kindergartenbaues gemacht wurden, besprochen.
Das wichtigste Ergebnis der Aussprache war die Feststellung, daß der quantitative Bedarf auf dem
Gebiete der Schulraumbeschaffung weitgehend gedeckt ist und daß es nunmehr darum geht, den
qualitativen Bedarf zu decken, etwa die Außenanlagen der Schulen, die Schulsportplätze,
entsprechend bereitzustellen. Hier müssen wir uns immer wieder des Sportstättenleitplanes als
Richtlinie bedienen. Zur Frage der Hallenbäder stellen wir fest, daß ein sehr starkes Abflauen des
Interesses der Gemeinden an solchen Investitionen zu verzeichnen ist, nicht zuletzt auf Grund der
Erfahrungen, die damit gemacht wurden. ES war im vergangenen Jahr auch möglich, hier Richtlinien
innerhalb der Landesregierung zu erlassen, damit diese Frage koordiniert wird und das
Gemeindereferat, das Sportreferat und das Fremdenverkehrsreferat mit dem Schulreferat
zusammenwirken, um Fehlinvestitionen auf diesem Gebiet zu vermeiden.
Ich glaube, daß sich das bewährt hat. Es wurde schon darauf hingewiesen, daß die Ausstattung mit
Nebenräumen in den nächsten Jahren noch immer im Vordergrund stehen wird, daß aber auch die
Problematik der Schulversuche neue Anforderungen an uns herantragen wird; die integrierte
Gesamtschule etwa verursacht zusätzlichen Raumbedarf, eine Reihe von anderen Dingen, die erprobt
werden, wird ebenfalls neue Räumlichkeiten in Anspruch nehmen. Herr Kollege Schober hat ja beide
Schultypen, die Tagesheimschule und die Ganztagsschule, als in Erprobung befindlich eigentlich
außer Streit gestellt. Ich glaube auch, da13 es hier weniger parteipolitische Fronten geben soll,
sondern daß man sehr sachlich und objektiv die einzelnen Schultypen unter wissenschaftlicher
Überprüfung erproben und dann halt für jene Bereiche, für die sich das als zweckmäßig erweist,
anwenden soll.
Daß man hier schulbaulich auch mitziehen muß, ist, glaube ich, selbstverständlich. Daher ergeben
sich neben dem Programm, das auf dem Gebiete des Schulbaues vor uns steht, noch einige andere
Aspekte, etwa die Frage der Ausfinanzierung der bisherigen Schulbauten. Wir halten ja, wie schon
gesagt worden ist, bei 790; das ist eine enorme Anzahl und hier haben wir noch einen Rückstau, der
sich derzeit etwa so aufteilt: Für das Jahr 1970 540 Millionen Schilling Finanzierungserfordernis, 1978
389 Millionen Schilling und 1979 342 Millionen Schilling, die erforderlich sind, um alle finanziellen
Anforderungen, die bereits bestehende und noch in Durchführung befindliche Schulbauten dem Lande
bringen, erfüllen zu können. Erst 1980 erfolgt dann ein Absinken der Erfordernisse. Auch das in
Ausarbeitung bzw. in der Regierung befindliche Hortgesetz wird ebenfalls zusätzliche Anforderungen
bringen. Es wurde schon von der Kollegin Jirkovsky, so viel ich mich erinnern kann, urgiert. Ich würde
die Fraktion der Österreichischen Volkspartei ersuchen, über dieses Problem Einigung zu finden, es
hängt nur mehr an der Frage der Beistellung des Hortpersonals. Ich glaube, es ist allgemeine Ansicht,
daß es unbedingt notwendig ist, zunächst einmal die Fahrschülerhorte, die es jetzt schon gibt, zu
legalisieren. Es gibt eine Reihe von Gemeinden, die das jetzt schon führen und zwar neben dem
Gesetz; hier ist praktisch der Landesgesetzgeber moralisch verpflichtet, die gesetzliche Grundlage
dafür zu schaffen, daß diese Horte auch legal geführt werden. Darüber hinaus ist die Problematik der
leeren Horte ebenfalls immer aktueller, etwa im Zusammenhang mit der Tagesheimschule, die sich
ebenfalls in Erprobung befindet. Auch hier wird es sicherlich neue bauliche Erfordernisse geben.
Ich darf zu einem anderen Problem kurz Stellung nehmen, das sind die Berufsschulen. Über sie wurde
sehr ausführlich gesprochen. Meine Damen und Herren, das ist ein echter Schwerpunkt auch im
Baugeschehen. Neben dem Schulbaufonds für die allgemeinbildenden Pflichtschulen und
Kindergärten ist zur Zeit ein Bauprogramm auf dem Sektor der Berufsschulen in der Größenordnung
von 400 Millionen Schilling entweder in Durchführung oder in Planung. Ich möchte Sie nicht zu lange
aufhalten, aber ich möchte trotzdem hier eine Übersicht geben. In Schrems hat es einen Neubau des
Schülerheimes gegeben, an der Umgestaltung der Internatsräume ist gearbeitet worden und ein
Werkstättenbau für Steinmetze ist in Planung. In Baden ist der Neubau eines großen Schülerheimes
in Gang, die Landtagsvorlage wird in nächster Zeit dem Landtag zugeleitet werden. Ich darf jetzt
schon bitten, in der letzten Sitzung des Landtages in diesem Jahr, am 16. Dezember, eine
Verabschiedung vorzunehmen, damit das Baugeschehen nicht verzögert wird. Darüber hinaus ist in
Baden in nächster Zeit auch der Neubau einer Schule und Lehrwerkstätte dringend erforderlich. In St.
Pölten ist ebenfalls ein Schülerheimbau in der Größenordnung von mehr als 50 Millionen Schilling im
Gange. Auch hier eine Landtagsvorlage bezüglich der Aufstockung und auch hier meine Bitte, daß in
der letzten Sitzung diese Vorlage noch verabschiedet werden kann. In Amstetten wurde ein Zubau
vorgenommen in der Größenordnung von 20 Millionen Schilling, in Hollabrunn ist ein Werkstätten- und
Internatszubau unbedingt erforderlich und ebenfalls schon im Gange, mit 14 Millionen Schilling wird
das Auslangen gefunden werden können. Auch Waldegg verlangt dringend eine Vergrößerung,
Stockerau die Aufstockung des Schülerheimes und schließlich Eggenburg den Neubau einer großen
Schule für Kfz-Mechaniker. Hier gibt es eine Landtagsvorlage und es ist damit zu rechnen, daß heuer
zügig mit dem Bau begonnen wird. In Mistelbach Aufstockung des Schulgebäudes, in Neunkirchen
soll es zu einem neuen Schulgebäude kommen, da die Gemeinde Eigenbedarf angemeldet hat, ein
Projekt, das rund 30 Millionen Schilling erforderlich macht. In Lilienfeld ist der Bau von
Lehrwerkstätten und die Vergrößerung des Schülerheimes vorgesehen und in Theresienfeld, ebenfalls
dringend notwendig, die Vergrößerung der Schule und die Schaffung von Internatsplätzen. Schließlich
soll auch eine neue Berufsschule für Köche und Kellner errichtet werden, die aber noch im Stadium
der Vorberatung ist. Ich wollte nur diese ganzen Probleme konkret vor Augen führen, damit Sie auch
sehen, daß gerade im Berufsschulwesen ein echter Schwerpunkt im Zuge des Schulbauprogramms
vorhanden ist.
Und schließlich, meine Damen und Herren, geht es um den Ausbau des Kindergartenwesens, der
ebenfalls ganz enorme Anforderungen an uns stellen wird. Bei den Kindergärten haben wir einen sehr
hohen Ausbaugrad erreicht, es ist schon angedeutet worden, daß wir ungefähr bei 70% sind.
Nunmehr geht es darum, nachdem dieser Versorgungsgrad erreicht wurde, das Ziel der
Vollversorgung zu erreichen. Es wurde gesagt, daß wir 80% anstreben. Ich glaube, der Prozentsatz
der Vollversorgung wird darüber liegen, für Vollversorgung rechnen wir rund 90%. 100% ist deswegen
nicht erforderlich, weil ja der Kindergartenbesuch freiwillig ist und durch verschiedene Umstände, auch
die Verkehrsumstände, natürlich nicht alle Kinder in den Kindergarten gebracht werden können.
Voraussichtlich in drei Jahren wird diese Grundversorgung mit Kindergartenplätzen erfüllt sein. Im
Hinblick auf die große Anzahl der neu errichteten Kindergärten, aber auch der sinkenden
Kinderzahlen wird es jetzt darum gehen, die Verhältnisse in den Kindergärten sukzessive und
zielstrebig zu verbessern. Es sind hier eine ganze Reihe von Vorschlägen gemacht worden, sie
werden immer wieder auch diskutiert, bereits in jenen Kreisen, die sich mit diesen Fragen
beschäftigen, etwa die pädagogische Notwendigkeit, die Höchstzahl der Kinder in den
Kindergartengruppen von 40 herabzusetzen. Wir sind zur Zeit bei der Ausarbeitung einer Novelle,
wobei die Kinderzahl mit 30 normiert werden soll mit einer Ausnahmegenehmigung für jene
Gemeinden, die aus besonderen räumlichen Schwierigkeiten heraus nicht in der Lage sind, diese
Kinderzahl einzuhalten, und die bis zu 35 gehen können.
Die Frage des Kindertransportes in die Kindergärten ist die nächste wichtige Problematik. Sie wurde
von mehreren Damen und Herren, von der Kollegin Jirkovsky, dem Kollegen Romeder und auch
schon vom Herrn Präsidenten Binder erörtert. Herr Kollege Romeder, Sie haben die Antwort des
Finanzministeriums an das Land auf den im Vorjahr von der Frau Kollegin Prokop eingebrachten
Resolutionsantrag ja nur zum Teil verlesen. Es gibt eine ganze Reihe von Argumenten, warum der
Bund diese Kosten nicht aus den Mitteln des Familienlastenausgleiches tragen kann. Ich habe mich
eigentlich gewundert, wie vehement hier diese Forderung erhoben wurde, wenn man bedenkt, daß es
eigentlich Ihre Partei war, die seinerzeit der Tragung der Kosten für den Schulbereich nicht
zugestimmt hat. Und jetzt wird also die Forderung erhoben, das auf jeden Fall aus diesem Titel auch
für die Kindergärten zu machen. Wie gesagt, es sind eine Reihe von stichhaltigen Argumenten. Ich
muß aber sagen, daß ich eigentlich froh bin, daß dieser Antrag nicht stereotyp wiederholt worden ist,
sondern daß man jetzt sagt, probieren wir es einmal, daß auch die Gemeinden, die ja die
Hauptbetroffenen sind, denn dort, wo es wirklich nicht geht, muß ja die Gemeinde zur Zeit in die
Bresche springen, etwas dazu beitragen, daß auch das Land etwas dazu beiträgt und daß man an
den Bund selbstverständlich herantritt, um vielleicht zu einer Kostenteilung in diesem Zusammenhang
zu kommen. Vielleicht ist es gerade dieser Resolutionsantrag, der in dieser Sache einen echten Schritt
nach vorne bringt. Ich selbst werde mich sehr bemühen, das ganze ist natürlich eine Frage der
finanziellen Bedeckung und solange es hier keinen Weg gibt, sieht sich das Referat natürlich nicht
imstande, das zu realisieren. Aber im Zusammenhang mit der Beratung über die Novellierung des
Kindergartengesetzes werden wir uns verstärkt bemühen, auch dieses Problem einer Lösung
zuzuführen.
Auch auf den Ganztagskindergarten ist heute wieder hingewiesen worden. Hier entstehen natürlich
den Gemeinden zusätzliche Kosten, nicht nur materiell, sondern auch personell, und ich gebe zur
Erwägung, ob man, nachdem man jetzt absehen kann, wie groß der Bedarf an Kindergärtnerinnen ist,
nicht den Gemeinden auch dort Hilfestellung geben könnte, wo sie zusätzliche Personalkosten
dadurch haben, daß sie die Kinder ganztägig im Kindergarten betreuen. Darauf nimmt ja die
Unterstützungstätigkeit des Landes keine Rücksicht, wir zahlen nur die Kindergärtnerin für ihre
normale Arbeitsverpflichtung, wir geben der Gemeinde nur zwei Drittel des mittleren Bezuges einer
Kindergartenhelferin für die normale Arbeitsverpflichtung. Wenn eine Gemeinde darüber hinaus etwas
tut, dann muß sie das natürlich selber tragen oder die Eltern belasten. Der Kollege Stangl hat schon
darauf hingewiesen, das kommt sehr wohl vor. Hier könnte ich mir vorstellen, daß der nächste Schritt
vom Lande zu tun wäre, nachdem man, wie gesagt, das ja jetzt absieht. Es sind faktisch nur mehr
gegen 300 Kindergartengruppen offen, die voraussichtlich nicht mehr alle zum Tragen kommen, weil
die Kinderzahlentwicklung ja noch nicht abgeschlossen ist. Die Verabschiedung des
Raumordnungsprogrammes hat vor einem starken halben Jahr stattgefunden und wir haben in der
Zwischenzeit feststellen müssen, daß die Kinderzahlen noch sinken, sodaß wir wahrscheinlich nicht
alle Gruppen brauchen und auch finanziell die Dinge abzugrenzen sind. Ich hoffe also, daß es auch
hier einige Erleichterungen für jene Gemeinden gibt, die Ganztagskindergärten zu führen haben,
wobei ich immer wieder sage, Ganztagskindergärten nur bei Bedarf, nur als Angebot, als Alternative.
Jene Eltern, die ihr Kind nur halbtägig unterbringen bzw. um die Mittagszeit wieder nach Hause
nehmen wollen, sollen diese Möglichkeit auch haben.
Ich möchte abschließend zu der Problematik Wissenschaftsförderung noch einige Sätze sagen. Vom
Herrn Abg. Stangl wurde das im Zusammenhang mit dem Institut für Landeskunde besprochen. Ich
bin sehr froh, daß eigentlich zum erstenmal seit längerer Zeit in diesem Haus über die Problematik der
Wissenschaftsförderung geredet wurde, denn sie steht etwas im Schatten, sie ist nicht so attraktiv, so
spektakulär, sie trägt nicht so werbewirksam nach außen. Trotzdem halte ich dafür, daß das für
Niederösterreich von großer Bedeutung ist. Wir haben keine Universität und machen es uns deshalb
oft leicht, es gibt nur Ansätze einer Wissenschaftsförderung. Es gibt einige Ausnahmen, etwa das
Institut für die angewandte Systemanalyse in Laxenburg, das vor einigen Jahren auf Initiative der Frau
Minister Dr. Firnberg dort installiert worden ist, oder das Institut für Realkunde in Krems, das zu
diesem Bereich gezählt werden kann, oder auch die Biologische Station in Lunz, die eine sehr
wichtige Funktion hat. Überhaupt im jetzigen Stadium, in dem es bisher nicht zur Errichtung eines
Limnologischen Institutes am Mondsee gekommen ist, das vor einigen Jahren geplant war und
nunmehr zerschlagen scheint, bekommt Lunz wieder eine größere Bedeutung. Es gibt dann noch
einige Vorhaben, etwa im Waldviertel, Seenforschung, die aber in ihrer Reichweite nicht sehr weit
gehen. Ich glaube deshalb, hier ist die Möglichkeit, nunmehr ein Institut für Landeskunde zu errichten,
von gar nicht hoch genug einschätzender Bedeutung. Es wurde schon darauf hingewiesen, daß es
faktisch aus dem Verein für Landeskunde entsteht, der ungeheuer verdienstvoll in der Vergangenheit
gewirkt hat. Da er eben auf Vereinsbasis arbeitet, fehlt ihm eine gewisse Möglichkeit zur
systematischen Erforschung der Umstände in diesem Land, der Verhältnisse in diesem Lande. Ich
darf sagen, daß es hier ein ziemlich genaues Konzept für die Errichtung gibt, über welches natürlich
erst zu diskutieren ist. Ich habe mich gehütet, das vorher zu tun, ohne daß das Budget auch Mittel
hiefür vorsieht. Es sind jetzt 600.000 Schilling im Budget vorgesehen, sodaß diese Möglichkeit
besteht. Die Frage des Standortes wird noch abzuklären sein und ich hoffe, daß damit ein
Ansatzpunkt für eine wissenschaftliche Durchdringung der Verhältnisse im Lande Niederösterreich im
verstärkten Maße gegeben ist.
Zum Standpunkt von mir aus nur eine Feststellung: Ich persönlich plädiere in diesen Fragen immer
wieder dafür, daß es ein Standort in Niederösterreich sein soll. Wenn sich dieses Niederösterreich auf
Sicht gesehen kulturell profilieren will, indem hier auch ein stärkeres Geistesleben stattfindet, dann
müssen wir solche Zentren in Niederösterreich machen. Es ist mir klar, daß die Fachleute hier
gewisse Probleme sehen, etwa in der Kommunikation mit den Wiener Hochschulen, mit den Wiener
Bibliotheken, aber ich glaube, das ist die kleinere Mühe. Für uns ist wichtig, daß dieses
Niederösterreich kulturell attraktiver gemacht wird.
Ich habe schon darauf hingewiesen, daß die Erwachsenenbildung nun in der Lage ist, sich durch ein
Förderungsgesetz etablierter zu fühlen. Weil das Gesetz in nächster Zeit im Vollziehungsstadium ist,
gibt es hier noch eine ganze Reihe von Problemen zu lösen. Ich möchte das aber in guter
Zusammenarbeit mit den Verbänden der Erwachsenenbildung tun, wobei es natürlich über die
Definition freie - gebundene Erwachsenenbildung manche verschiedene Meinungen gibt, die aber
nicht hier auszutragen sind.
Eine interessante Entwicklung deutet sich auch bei den Museen an. Hier hat sich der Kultursenat ja
sehr verdienstvoll mit einem Museumskonzept, Museumsring genannt, beschäftigt. Ich halte hier für
das wichtigste Ergebnis die stärkere Koordinierung, die Zusammenfassung der vielfältigen
Einrichtungen, die wir auf diesem Gebiete haben. Was mir besonders am Herzen liegt, ist die Frage
der Verbilligung des Besuches unserer Museen für die ältere Generation. lm Zusammenhang mit der
Aktion der Landesregierung ,,Älter werden, jung bleiben" strebe ich an, hier eine Begünstigung für die
Pensionisten vorzuschlagen, mit dem Ziel, später einmal den Nulltarif einzuführen. Das ist bei den
niederösterreichischen Landesmuseen deswegen so schwierig, weil jedes einen anderen
Rechtsträger mit anderen Verträgen hat, die auch die Einnahmenteilung in jedem Fall anders regeln.
Trotz der Problematik gerade in dem Bereich möchte ich das anstreben.
Meine Damen und Herren, ich sehe in dieser Gruppe 2 bei all den Wünschen, die offen bleiben, doch
eine Möglichkeit der Weiterentwicklung des Schul- und Kindergartenwesens in Niederösterreich. Ich
sehe auch bessere Ansätze zur Förderung der Erwachsenenbildung und der Wissenschaft und ich
darf der Hoffnung Ausdruck geben, daß der Weg, den Niederösterreich in der Vergangenheit auf dem
Gebiete des Bildungswesens so erfolgreich gegangen ist, auch in Zukunft erfolgreich fortgesetzt
werden kann. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt Frau Abg. Jirkovsky.
Abg. JIRKOVSKY: Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Auf Grund einer Vereinbarung der
beiden Klubs ziehe ich meinen Antrag zurück, bringe ihn nun in abgeänderter Form ein und bitte,
diesem Antrag die Zustimmung zu geben.
Resolutionsantrag
der Abg. Jirkovsky zur Gruppe 2:
,,Die Landesregierung wird aufgefordert, zu prüfen, ob eine jährliche ärztliche Untersuchung der einen
Kindergarten besuchenden Kinder ermöglicht werden kann. Gleichzeitig soll die Frage der
Kostentragung überprüft werden."
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Berichterstatter hat das Schlußwort.
Berichterstatter Abg. DIETTRICH: Ich verzichte.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zur Abstimmung liegt vor die Gruppe 2, Unterricht, Erziehung, Sport
und Wissenschaft, sowie zwei Resolutionsanträge. Ich bitte den Herrn Berichterstatter, nunmehr den
Antrag zur Gruppe 2, Unterricht, Erziehung, Sport und Wissenschaft, ordentlicher Teil,
außerordentlicher Teil und Konjunkturausgleichsteil, zu stellen.
Berichterstatter Abg. DIETTRICH: Ich stelle den Antrag, die Gruppe 2, Unterricht, Erziehung, Sport
und Wissenschaft, im ordentlichen Teil mit Einnahmen von 3.056,862.000 Schilling und Ausgaben von
3.810,948.000 Schilling, im außerordentlichen Teil mit Einnahmen von 3,000.000 Schilling und
Ausgaben von 69,200.000 Schilling und im Konjunkturausgleichsteil mit Ausgaben von 67,000.000
Schilling zu genehmigen.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL (nach Abstimmung über die Gruppe 2, Unterricht, Erziehung, Sport und
Wissenschaft, ordentlicher Teil, außerordentlicher Teil, Konjunkturausgleichsteil in Erfordernis und
Bedeckung): Angenommen.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung der Resolutionsanträge. Der Resolutionsantrag Nr. 11 wurde
zurückgezogen. Resolutionsantrag Nr. 12 des Abg. Romeder betrifft die Förderung von Kindern, die
einen Kindergarten besuchen. (Nach Abstimmung über diesen Antrag): Angenommen.
Resolutionsantrag Nr. 13 betrifft die ärztliche Untersuchung der Kinder, die einen Kindergarten
besuchen. (Nach Abstimmung .über diesen Antrag): Angenommen.
Ich ersuche den Berichterstatter, Herr Abg. Diettrich, zur Gruppe 3, Kunst, Kultur und Kultus,
ordentlicher Teil, zu berichten.
Berichterstatter Abg. DIETTRICH: Die ordentlichen Ausgaben der Gruppe 3, Kunst, Kultur und Kultus,
beinhalten die Aufwendungen für Bildende Künste, Musik- und darstellende Kunst, Schrifttum und
Sprache, Heimatpflege, sonstige Kulturpflege und Kultus.
Sie betragen 111,322.000 Schilling, denen Einnahmen von 5,378.000 Schilling gegenüberstehen. Der
prozentuelle Anteil am Ausgabenvolumen des ordentlichen Teiles des Voranschlages macht 0,82%
aus.
PRÄSIDENT Dipl.-Ing. ROBL: Zum Worte gelangt der Abg. Bernkopf.
Abg. BERNKOPF: Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine Damen und Herren! Die letzten Jahre
konnte ich Sie um diese Zeit immer zu einer kleinen Theatervorstellung einladen. Ich werde mir das
heute ersparen und auch keinen Ton zum Theater verlieren. Ich möchte einige Worte zu den
Ausstellungen in Niederösterreich sagen. Ich möchte damit beginnen, daß ich dem Land
Niederösterreich als Waldviertler Mandatar sehr herzlich danke für die schnelle und saubere Lösung
im Zusammenhang mit dem Schloß Rosenau, dessen Problem ich vor einem Jahr hier an dieser
Stelle die Ehre hatte, dem Hohen Landtag bekanntzugeben. Das Land Niederösterreich ist mit diesem
Schloß sehr gut gefahren, muß ich ehrlich sagen. Obwohl die Propaganda nicht so anlaufen konnte,
wie es eigentlich der Fall sein sollte, konnte die Ausstellung ,,Die Freimaurer in Österreich" auch in
diesem Jahr wieder von über 20.000 Besuchern gesehen werden und das Seminarzentrum im Schloß
Rosenau hatte eine Nächtigungsziffer von 4.500, das heißt also, daß jedes Bett in diesem
Seminarzentrum durch 150 Tage voll ausgelastet war.
Als am 14. November 1976 in Lilienfeld die Pforten für die Landesausstellung ,,1000 Jahre
Babenberger in Österreich" geschlossen wurden, hat eine der größten Ausstellungen ein Ende
gefunden. Das Land Niederösterreich, das in den letzten Jahren mit einer Reihe von repräsentativen
Landesausstellungen in Bauwerken, die für sich selbst schon kunstgeschichtlich bedeutungsvoll sind,
von sich reden machte, hat mit dieser Ausstellung weit über die Grenzen unseres Bundeslandes, ja
weit über die Grenzen unserer Republik hinaus eine wohl einmalige kulturgeschichtliche Leistung
vollbracht. Lilienfeld ist zu Ende und - um es abgewandelt mit einem bekannten französischen Zitat zu
sagen: Die Ausstellung ist tot, es lebe die Ausstellung! Man geht an die Gestaltung von weiteren
Ausstellungen, wie 1977 ,,Die Kunst der Ostkirche" im Stift Herzogenburg.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dem Vernehmen nach soll in den nächsten Jahren eine
Ausstellung geplant werden, die sich mit dem Waldviertler Geschlecht der Kuenringer befassen soll.
Wir Waldviertler - das sage ich hier offen und ehrlich - begrüßen eine derartige Ausstellung, weil sie
für unsere Wirtschaft, vor allem aber für unseren Femdenverkehr von eminenter Bedeutung sein wird.
Bedeutung hat sie aber für uns auch durch die Darstellung unserer Vergangenheit, die an der
deutsch-slawischen Sprachgrenze eine sehr wechselvolle war. Gestatten Sie mir hier, einiges zu
diesem Geschlechte und vor allen Dingen zum Zwettler Raum zu sagen, ohne daß ich vielleicht in den
Verdacht kommen könnte, einen Beitrag zur Ideologie zu bringen.
Wie man den Darstellungen der Geschichtsforscher, vor allem auch des Universitätsprofessors Dr.
Kar1 Gutkas entnehmen kann, ist der Raum Zwettl hochmittelalterliches Rodungsland, das im 12. und
teilweise erst im 13. Jahrhundert von den Untertanen hochadeliger Geschlechter, zumeist der
Kuenringer, urbar gemacht und zum ergiebigen Land gestaltet werden mußte. Die jetzige Stadt Zwettl
ist als planmäßige Gründung noch im ausgehenden 12. Jahrhundert von den Kuenringern angelegt
worden, genau wie die Städte Weitra und Gmünd, und das Schicksal dieser Orte war weitgehend an
das des Kuenring'schen Hauses gebunden. Im Jahre 1200, als Zwettl die Rechte von Krems verliehen
wurden, war sie als Stadtburg schon fertig. Sie schob sich in den Winkel, den Zwettlbach und Kamp
bilden, ein. An dieser Stelle dürfte es schon eine altslawische Siedlung im Zwettler Dolina, dem lichten
Tal, gegeben haben. Die Stadt Zwettl ist vielleicht unter den bedeutenden Burgstätten der
niederösterreichischen Nordgrenze ein Sonderfall, weil sie nicht in direkter Verbindung mit einer Burg
entstanden ist, war doch die neben der Probsteikirche stehende Kuenringer Burg von der Burgstadt
durch den Zwettlfluß und die steile Hochlage getrennt. Die Stadt, das muß man auch sagen, mußte
ihre engen Beziehungezum ersten Stadtherrn, zum Kuenringer, bald schwer büßen, als sich die
Kuenringer nach 1230 an die Spitze der Ministerialien gegen Friedrich 11. stellten. Wahrscheinlich
wird auch die Stadt bei der Zerstörung von Burg und Altsiedlung gelitten haben.
Eine der markantesten Kuenringer Gründungen aber ist das Stift Zwettl. Schon der Kuenringer
Anshalm von Hetzmannswiesen-Brunn, so um 1055-1137, wollte mit seinem Gut Krumau am Kamp
ein Kloster begründen. Er starb jedoch vor Ausführung dieses Vorhabens. Erst anläßlich der
Gründung von Heiligenkreuz dürfte Hadmar I. von Kuenring, ein Neffe Anshalms, mit dem
Babenberger Leopold 111. und dem Abt Gottschalk erste Gespräche über die Möglichkeit, ein
Tochterkloster im Nordwald zu errichten, geführt haben. Im Advent des Jahres 1137, also vor fast 840
Jahren, wurden 12 Mönche mit ihrem ersten Abt von Heiligenkreuz nach Zwettl gesandt. Am 31. 12.
1137 wurde die Gründung des Stiftes Zwettl vollzogen und gefeiert. Abt Hermann und Hadmar I.
bestimmten Standort und Besitz des neuen Klosters. Am 27. Mai 1138 starb Hadmar I. von Kuenring
und ließ sich, da die Stellung der jungen Stiftung offenbar noch sehr schwach war, in Göttweig
begraben. In den folgenden Jahren wurde der Klosterbau unter Albero 111. von Kuenring mit Energie
vorangetrieben und am 18. September 1159 weihte Bischof Konrad von Passau, ein Bruder Herzog
Heinrichs II., auf Bitten Alberos 111. die Kirche. Der Tod Alberos 111. im Jahre 1182 war für das Stift
Zwettl zwar ein schwerer Schlag, aber sein Sohn Hadmar II. erwies sich durch zahlreiche
Schenkungen und Gründung eines Spitals im Jahre 1192 noch wohltätiger. Er wird deshalb auch als
zweiter Stifter bezeichnet. (Dritter Präsident Reiter übernimmt den Vorsitz.)
Seine Kinder Heinrich I. und Hadmar III. nahmen nach seinem Tod schließlich eine feinfühlige Haltung
gegenüber dem Stifte ein und bei der Erhebung der österreichischen Ministerialien im Jahre 1230
unter der Kuenringer Führung hatte sich das Zisterzienserstift Zwettl eindeutig für die Babenberger
und gegen die Stifterfamilien entschieden. Von den Kuenringern, den einstigen großen Herren im
Gebiete zwischen Weinsberg, Wild und Nebelstein, künden Geschichte und Sage, Städte, Burgen und
Ruinen.
Aus diesem Grund und weil sich über die Zeiten genügend Bausubstanz erhalten hat, ist es für uns
eine Selbstverständlichkeit, daß eine Ausstellung über das Geschlecht der Kuenringer, sollte sie in
einigen Jahren, wenn vielleicht etwas Abstand zur Babenberger Ausstellung gewonnen wurde, weil
sie ja in den gleichen Zeitraum und in das gleiche Jahrhundert fällt, veranstaltet werden, nur in diesem
Kleinod europäischer sakraler Baukunst stattfinden kann.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zu einem anderen Projekt, das mir vorschwebt und auch
besonders am Herzen liegt, einige Worte sagen. Wir blicken mit Recht voll Stolz in unsere ferne
Vergangenheit, rühmen uns heute bei jeder sich bietenden Gelegenheit - die letzten zwei Tage haben
es wieder bewiesen, daß es uns gelungen ist, Niederösterreich vom Agrarland Nummer eins auch
zum Industrieland Nummer eins zu machen -, finden es aber oft nicht der Mühe wert, darüber
nachzudenken, warum und wieso es so kommen konnte. Ich persönlich bin der Auffassung, daß ein
Land, das vom Ursprung unserer Entwicklung als Staat bis zum heutigen Tag soviel Entscheidendes
beigetragen hat, unter anderem jener Kräfte und Menschen zu gedenken hätte, die es seit der
Revolution von 1848 zuwege brachten, dieses Bundesland zu dem werden zu lassen, worauf wir
heute mit Recht so stolz sind. Ich glaube, der Zeitraum von 130 Jahren jüngerer
niederösterreichischer Geschichte seit 1848 wäre Aufgabe genug, die Entwicklung der arbeitenden
Menschen in diesem Lande in einer repräsentativen Ausstellung zu zeigen. Vor 130 Jahren waren die
jungen Arbeiterbewegungen von einem tiefen Idealismus und einer hingebungsvollen Gläubigkeit ihrer
Mitglieder und Anhänger getragen, die recht- und schutzlosen Proletarier hatten die moderne
Arbeitssklaverei des Frühkapitalismus satt. Die Niederlagen des Habsburgerreiches in den Kriegen
1859 und 1866 machten die politische und militärische Rückständigkeit Österreichs offenkundig. Der
Hof mußte aus reinem Selbsterhaltungstrieb politische Zugeständnisse machen. Bei der Verfassung
mußte auch ein sehr klausuliertes Vereins- und Versammlungsrecht gewährt werden. Es war die
schmale Basis, auf der die Arbeiterbewegungen ein halbes Jahrhundert operieren mußten, um ihre
Organisationen zu schaffen. Obwohl der nackte Hunger nach Brot ein ständig ungebetener Gast in
ihren Wohnungen war, galt die Sehnsucht der Arbeiter zuerst dem Wissen, nicht der besser gefüllten
Schüssel. Sie wollten eine neue Welt aufbauen, eine gerechte Weltordnung schaffen. Verhöhnt ob
des Mangels an Schulbildung, wissend um die geistigen Voraussetzungen einer neuen Gesellschaft,
trachteten die Arbeitnehmer, sich selbst zu verschaffen, was ihnen eine feindliche
Gesellschaftsordnung zu verweigern suchte. Unter dem Druck polizeilicher Verfolgungen, unterstützt
nur von wenigen fortschrittlichen Wissenschaftlern, unternahmen sie einen Vorstoß in das Reich des
Wissens. Nach dem Zerfall starker Bastionen der kapitalistischen Herrschaft, nach Krieg und
Faschismus, drängt die Arbeiterschaft weit in das politische, soziale, ja ökonomische Gefüge der
kapitalistischen Gesellschaft vor. Neue Aufgaben und neue Verantwortung brachte der Übergang vom
,,Nachtwächterstaat" zum Wohlfahrtsstaat unserer Tage, damit auch neue Verantwortung für die
Organisationen der Arbeitnehmer.
Wie sehr die Arbeitnehmer mit diesem nunmehr neuen Staat verbunden sind, zeigte sich im Oktober
1950, als die Kommunisten eine gewisse Unzufriedenheit der Bevölkerung zu einem Angriff auf
Österreichs Demokratie mißbrauchen wollten. Aber die Österreicher und hier im besonderen
Niederösterreichs Arbeitnehmer waren nicht bereit, den Putsch mitzumachen. Die Generalstreikparole
wurde nicht befolgt und als die Kommunisten den Verkehr mit Gewalt behindern und die Betriebe
besetzen wollten, griffen die Arbeitnehmer zur Selbsthilfe und verjagten die kommunistischen
Putschisten. Die Kraft der arbeitenden Menschen hat daher in diesen letzten 130 Jahren sehr
wesentlich mitgeholfen, an die Stelle des Kaiserstaates und seiner privilegierten Schichten die
demokratische Republik gleichberechtigter Staatsbürgerinnen und Staatsbürger zu setzen. Diese
stolze Vergangenheit der Arbeitnehmer Niederösterreichs, dargestellt in einer Ausstellung, wäre wert,
an die Jugend und an die Gegenwart herangebracht zu werden und ich ersuche die Landesregierung
bzw. das zuständige Regierungsmitglied, eine derartige Ausstellung in die künftige Planung
miteinzubeziehen. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt der Abg. Kosler.
Abg. KOSLER: Hoher Landtag! Meine Damen und Herren! Die Landesausstellung ,,1000 Jahre
Babenberger in Österreich" im Stift Lilienfeld ist nach sechs Monaten Dauer und 184 Betriebstagen
vor wenigen Wochen geschlossen worden. Diese Ausstellung besuchten 465.841 das waren um
85.000 Menschen mehr als bei der bisher bestbesuchten Ausstellung, der Prandtauer Ausstellung in
Melk 1960. Fast 100.000 von diesen 465.000 der verhältnismäßig guten Witterung in diesem Monat
waren wohl die Gründe für diesen Großbesuch der Abschluß, vielleicht für viele Menschen das noch
notwendige Prestige, auch in dieser Ausstellung gewesen zu sein. Sicherlich wäre eigentlich zu
erwähnen gewesen, die während der gesamten Ausstellungszeit für diese Veranstaltung getätigt
wurde. Der durchschnittliche Besuch von 2.531 Besuchern pro Tag ist eine schöne und
bemerkenswerte Zahl. Am Nationalfeiertag, am 26. Oktober, wurden 7.246 Besucher in der
Ausstellung gezählt, damit war das die höchste Tagesbesuchszahl. Weniger als 1.000 Besucher
kamen überhaupt nur an drei von den 184 Betriebstagen.
Allgemeine Anerkennung fand diese Ausstellung durch ihren Umfang, durch ihre Größe, durch ihre
Organisation. Rund 1.300 Exponate wurden da zusammengetragen, darunter viele einmalige und sehr
kostbare Stücke. Diese Anerkennung war nicht nur in Österreich zu hören, sondern war international.
Deutlich geworden ist diese Anerkennung auch durch den Umstand, daß viele hochgestellte
Persönlichkeiten aus dem In- und Ausland die Ausstellung besuchten und vor allen Dingen auch viele
Wissenschaftler nach Lilienfeld kamen, um die Ausstellung zu sehenund die Gelegenheit des
Besuches zum Anlaß zu nehmen, an wissenschaftlichen Tagungen teilzunehmen.
Die Vorbereitung der Ausstellung oblag bekanntlich 70 Wissenschaftlern unter der Leitung des
Universitätsprofessors Dr. Karl Gutkas aus St. Pölten, der dann auch die wissenschaftliche Betreuung
während der Besuchstage selbst vollzog und von der örtlichen Ausstellungsleitung - Dip1.-Graphiker
Sochorek und Fachoberinspektor Raab waren die Exponenten -, von den Mitarbeitern und Beamten
des Kulturreferates und schließlich auch dem örtlich aufgenommenen Personal für Sekretariat,
Verkaufsraum und Aufsicht unterstützt wurde. Führungen durch die AusStellung wurden von 43
Fachleuten, zum Großteil Studenten, durchgeführt; es fanden 6.112 Führungen für 245.694 Besucher
statt. Dazu kommen noch 300 Führungen des wissenschaftlichen Personals selbst und von
Außenstehenden, vor allen Dingen von Lehrern, Professoren und SO weiter.
Die Werbung für den Ausstellungsbesuch war ausgezeichnet, von den Plakaten auf den
Autobahnparkplätzen angefangen über die Presse bis zu den Sendungen im Hörfunk und Fernsehen.
Es gab keinen Zwischenfall nennenswerter Art, es gab dafür gute Zusammenarbeit, vor allen Dingen
zwischen der Ausstellungsleitung und dem Stift Lilienfeld einerseits und zwischen Ausstellungsleitung
und den Sicherheitsorganen andererseits. Der von Univ.-Prof. Dr. Zöllner mit seinen Mitarbeitern
zusammengestellte Katalog wurde ui einem ausgesprochenen Verkaufserfolg, zu einem
ausgesprochenen Verkaufserfolg, zu einem Bestseller wie man sagen könnte, trotz des Preises von
loo Schilling und trotz des Gewichtes von 2,15 kg. Dieser Ausstellungskatalog erlebte zehn
Druckauflagen mit 58.000
Exemplaren und 125 Tonnen Papier waren notwendig, um die Kataloge herzustellen.
Ich glaube, meine Damen und Herren, heute nun, Wochen nach dem Ausstellungsende, auch sagen
zu können, daß jeder Ausstellungsbesucher letztlich davon überzeugt war, daß das Stift Lilienfeld mit
seinen Bauteilen aus der Babenbergerzeit, mit seiner Größe und Weitläufigkeit, und Lilienfeld mit
seiner verkehrsgünstigen Lage überhaupt die richtige Wahl für diese Ausstellung gewesen ist. Vor der
Ausstellung konnte man diese Tatsache nicht so einfach feststellen, umso mehr, als ja unter den
möglichen Ausstellungsorten zumindest ein gewisser heimlicher Wettkampf entbrannt war. Die Stadt
Lilienfeld und die Umgebung der Stadt waren auf die Ausstellung - ich glaube, das kann man
feststellen - gut vorbereitet und haben dementsprechend auch wirtschaftlich gut abgeschnitten,
insbesondere natürlich die Stadt Lilienfeld selbst. Die Umgebung, das Traisental, das Gölsental und
das dahinterliegende Ötscherland sind, wie ich hörte, etwas enttäuscht.
Vielleicht liegt es an der Hektik unserer Zeit, daß doch die Masse der Ausstellungsbesucher aus der
Großstadt angereist kam, die Ausstellung besuchte, vielleicht noch ein Essen einnahm und sich dann
schon wieder, eben aus dieser Hektik heraus, gezwungen sah, die Rückfahrt in die Großstadt
anzutreten.
Kritik an der Ausstellung zu üben, ist nicht leicht und man hat auch selten kritische Worte gehört.
Wenn, dann wurde einzig und allein die Fülle der Exponate kritisiert, aber nicht wegen der Menge und
Qualität, sondern nur deshalb, weil es einen langen Weg erforderte, um alles sehen zu können. Kritik
möchte ich aber, Herr Landeshauptmann, wohl ein bißchen an den beiden Empfängen üben, sowohl
am Eröffnungstag als auch am Abschlußtag. Sie waren sicherlich gut gemeint, aber sie wären einer
besseren Organisation würdig gewesen. Wenn man weiß, daß man in die Räumlichkeiten des ersten
Stockes im Stift Lilienfeld auf vier verschiedenen Wegen aufsteigen kann, dann ist es halt nicht
praktisch, bei tausenden von Menschen einen Aufgang zu öffnen und dann dort alle sich
durchzwängen zu lassen. Das hat viel Verdruß und viel Unangenehmes mit sich gebracht. Kritik auch
das möchte ich sehr offen aussprechen - hat auch einigermaßen der Aufwand hervorgerufen, der
anläßlich des Besuches des Bayrischen Ministerpräsidenten gezeigt wurde. Ich bin mir schon im
Klaren, daß es ein Staatsbesuch war und daß bei diesem Staatsbesuch natürlich das Protokoll und
vor allen Dingen die Sicherheitsbestimmungen und -Vorschriften genauestens eingehalten werden
mußten. Trotzdem war, faszinierend kann man nicht sagen, deprimierend fast die ungeheure
Fahrzeuganzahl, die da auffuhr, die ungeahnte Zahl von Begleitern, wobei man häufig auch den
Eindruck haben konnte, daß viele Adabeis dabei waren. Das eigentlich Deprimierende waren die
Absperrungen, die nicht angekündigt waren, und die hunderten von Besuchern an diesem Tag den
Ausstellungsbesuch absolut verpatzten. Ich würde schon meinen, daß bei ähnlichen Anlässen auch
daran gedacht wird, daß neben den hohen Gästen auch noch gewöhnliche Sterbliche einen Genuß
bei der Besichtigung einer Ausstellung haben wollen und auch zu ihrem Teil kommen möchten. Ich
kann mir vorstellen, daß nunmehr auf Grund des Erfolges im Stift Lilienfeld, der ja allgemein
bekanntgegeben wurde und schon deshalb bekannt war und wird, weil auch jetzt noch sehr viel über
diese Ausstellung gesprochen und geschrieben wird, sich sehr viele niederösterreichische Städte und
Marktorte und Stifte und Klöster und so weiter interessiert zeigen werden, Ausstellungen in ihre
Mauern zu bekommen. Ich glaube, daß die historischen Ausstellungen, wie die zum Beispiel schon im
kommenden Jahr 1977 in Herzogenburg mit dem Thema ,,Kultur und Kunst der Ostkirche"
stattfindende und ähnliche Ausstellungen sicherlich immer wieder gefragt sein werden, zumindestens
bei jenem Teil der Bevölkerung, der an Ausstellungsbesuchen überhaupt interessiert ist, bei den
Städtern und den Leuten, die sich für die eineoder andere Themenstellung besonders interessieren.
Die nächste Landesausstellung, die 1979 in Wr. Neustadt stattfinden wird und der kirchlichen Kunst
gewidmet sein soll, wird sicherlich auf denselben Pfaden wandeln können wie diese Ausstellung in
Lilienfeld und ich glaube, man sollte im Interesse des Landes und dessen Bewohner sowie der
Kulturarbeit des Landes und der Ausstellungstätigkeit unseres Landes schon heute der Vorbereitung
und der Durchführung dieser Ausstellung viel Glück wünschen. Denn das ist Tatsache: Ungeheure
Vorbereitungsarbeiten, große Arbeiten während der Ausstellungszeit und viele Mühe von
Einzelpersonen und Gemeinschaften sind notwendig, um so eine Ausstellung auf die Beine zu bringen
und sie vor allen Dingen auch ein halbes Jahr durchzuhalten, immer wieder von neuem förmlich in
Wellen zu dieser Ausstellung hinzuführen. Ich wünsche daher dieser nächsten Landesausstellung und
allen weiteren Ausstellungen, daß sie so gelingen mögen, wie heuer die Babenberger
Jubiläumsausstellung 1976 in Lilienfeld gelungen ist. (Beifall bei der SPÖ und einigen Abgeordneten
der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Worte gelangt der Abg. Professor Wallner.
Abg. Professor WALLNER: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muß mich
entschuldigen, daß ich schon wieder hier stehe; wäre ich eine bedeutende Persönlichkeit, könnten Sie
wenigstens sagen, ,,von Zeit zu Zeit sehe ich den Alten gern", weil ich das aber nicht bin, ist Ihnen
sogar dieser literarische Trost versagt. Den Herrn Kollegen Stangl muß ich darauf aufmerksam
machen, Werbepsychologen sagen, daß erst nach dem fünfzehnten Male etwas richtig haften bleibt,
und ich habe erst zum dritten Male aus unserem Parteiprogramm etwas vorgelesen, Sie haben also
noch einiges vor sich, bitte. Ich habe aber wirklich immer eine andere Stelle, auch diesmal wiederum,
damit Sie das ganze kennenlernen. Es soll später keine Entschuldigung geben, daß Sie nicht gewußt
haben, was geschieht. Daß Sie den Kollegen gegen den Professor eingetauscht haben, hat mich fast
betroffen, ich würde Sie bitten, lieber beim Kollegen zu bleiben, das würde mir mehr Ehre antun. (Abg.
Stangl: Hofrat!) Nein, bitte, über den Hofrat haben wir schon gesprochen. Dem Herrn Kollegen
Bernkopf ist zu danken, daß er die Kuenringer neuerlich gerettet hat; ein Begriff, der ja in diesen
Hallen mit solcher Sanftheit nie in Verbindung war, denn früher hat man ja eine andere Vorstellung
von den Kuenringern gehabt, als daß sie Kulturwarte und Kapläne gewesen wären! Ich möchte aber
doch zur Richtigstellung des Geschichtsbildes hinzufügen, daß die Republikerklärung der Ersten
Republik nicht nur eine Leistung der Arbeiterpartei gewesen ist, die Verhältnisse sind damals doch
etwas komplexer gelegen, vor allem, weil es eine einheitliche Entscheidung war. (Abg. Bernkopf: Ich
habe gesagt, „unter anderem", Herr Professor!) Nehme ich gerne zur Kenntnis bitte, ich habe es ja
auch nur erklärend hinzugefügt. Das war ja ein hervorragender Vortrag; ich habe mit großer Andacht
gelauscht, weil man das selten hier zu hören bekommt und einen echten Gewinn daraus als Verehrer
des Waldviertels ziehen konnte. Herrn Landesrat Grünzweig muß ich sagen, daß ich ein bißchen über
die Aussage bezüglich des Ansatzes für Erwachsenenbildung erschüttert war. Ich salutiere ansonsten
immer sehr gern den Leistungen dieses Referates, aber in diesem Punkt muß ich die Ehrenbezeigung
verweigern. Ich halte diese Stelle für einen echten Mangel in dem Aufbau und weise vor allem darauf
hin, daß man in den Erläuterungen nichts über das neue Gesetz hätte sagen müssen, wenn das so
gedacht war, wie Sie es ausgeführt haben. Ich bitte noch einmal, das Ersuchen anschließen zu
dürfen, daß man über die Changierbarkeit dieser Posten ein Wort sprechen kann, bevor sie zur Gänze
ausgegeben sind.
Bitte, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Beurteilung der Gruppe 3 kann nach
verschiedenen Gesichtspunkten und Unterlagen vor sich gehen. Wir haben einmal das Budget vor
uns liegen, wir haben unsere eigenen Erfahrungen und wir haben vor allem einen Tätigkeitsbericht mit
einer Vorschau, für den zu danken ist, weil er sehr genaue Einblicke in die Arbeit des Referates
gewährt. Dazu natürlich muß man wiederum von unse rer Richtschnur aus zuerst Stellung nehmen,die
im Leitbild 80 verankert ist. Ich darf jetzt zum drittenmal daraus zitieren, und zwar heißt es hier: ,,. . .
Eigenständiges und kulturelles Leben: Für Darbietungen des gehobenen Kulturangebotes haben vor
allem die Gebietskörperschaften Träger und Förderer zu sein. Für die kulturelle und künstlerische
Eigentätigkeit werden außerdem vielfältige private Institutionen mit öffentlicher Förderung den
Mitbürgern ein weites Betätigungsfeld bieten können.. .". Wenn ich jetzt über den Umfang des
Budgets der Gruppe 3 etwas sage, so bitte ich um Entschuldigung, daß ich einige Punkte aus 2 noch
herüberziehe und bitte Sie, mir das zu tolerieren, weil ich glaube, daß sie inhaltlich in irgendeiner Form
zusammengehören. Ich hoffe bitte, daß das Anwachsen dieses Budgets um rund 25 Millionen
Schilling, wenn ich auch aus der Gruppe 2 einiges Einschlägiges dazunehme, die Bedenken des
Mißverständnisses von der Schallaburg zerstört haben. Es müßte eigentlich jetzt jeder wissen, wo
diese sagenhaften 20 Millionen Schilling hingekommen sind. Sie haben sich sogar etwas vermehrt. Es
hat keine Einschränkung gegeben, sie wurde auch nicht angestrebt, wie verschiedene Gerüchte
erzählt haben, im Gegenteil! Es ist daher der Dank an den Landesfinanzreferenten abzustatten, daß
er diesmal in einem größeren Umfang sein Portemonnaie geöffnet hat, das für diesen Fall Gott sei
Dank etwas größer ist als das, was er heute oder beim Beginn der Budgetdebatte vorgezeigt hat. Ich
glaube, daß der Vorgang in diesem Umfang erstmalig ist, er muß und soll aber nicht einmalig sein.
Und er ist ohne Zweifel gemeinsam betrieben worden, wobei ich das nicht erläutern möchte, sondern
Sie können hier verschiedene Assoziationen anschließen. Es gibt keine geteilte Kultur, meine sehr
geehrten Damen und Herren, aber es ist auch nicht verboten zu versuchen, andere Mittel außerhalb
der Gruppe 3, außerhalb des Kulturbudgets oder außerhalb der Landesmittel zu mobilisieren. Es ist
nicht verboten, sehr flexibel auf diesem Gebiet zu denken. Wir sollten uns immer bei solchen
Gesprächen vor Augen halten, daß es nicht so sein sollte, wie es auf manchen Plakaten ist: daß der
Name des Dirigenten größer dort steht als der des Komponisten, denn Kunst, Kultur und Künstler
sollte man nicht als Staffage für die Politik verwenden. Besonders die Künstler merken die Absicht und
sind darüber oft verstimmt!
Die Erhöhungen, und hier darf ich wiederum einen Rückgriff machen, die Erhöhungen erstrecken sich
auf die verschiedensten Gebiete, und zwar zuerst einmal auf Ansätze, die schon vorhanden waren:
das sind die Erwachsenenbildung, die Museen, die Musik, die Tonkünstler, die darstellende Kunst, die
Festspiele, der Denkmalschutz, die Ausstellungen und der Kulturschilling. Daneben aber gibt es auch
einige neue Posten, die zum Teil heute schon angesprochen wurden: das ist noch aus der 2er
herüberzunehmen das Institut für Landeskunde. Ich weiß nicht, ob ich hier fehlgehe, aber ich glaube,
daß der Herr Landeshauptmann einen diesbezüglichen Brief auch an Sie geschrieben hat, zumindest
war das einmal im Gespräch und ich weiß, daß hier schon verhältnismäßig konkrete Vorstellungen bei
verschiedenen Herren Ihres Referates bestehen, die ja wahrscheinlich mit der Administration dieser
Sache betraut werden. Denn unser Archiv, und da stimme ich Herrn Kollegen Stangl zu, ist eine
ausgezeichnete Einrichtung, die natürlich mit einem solchen Institut weitaus besser in der Lage ist,
gewisse wissenschaftliche Dinge durchzuführen, als das ein Verein heute auf diesem Gebiet kann. Es
ist ein neuer Posten für die Trachten- und Heimatvereine aus uns bekannten Gründen hier
vorgesehen und ebenso eine Dokumentationsstelle für bildende Kunst in St. Pölten. So sehr ich mich
mit dem Institut für Landeskunde anfreunden kann, so wenig kann ich das mit dieser Einrichtung, weil
ich sie, wie viele andere, nicht ganz für zielführend halte. Es gibt eine Reihe von Künstlern, die sich
nicht der Ansicht anschließen, daß eine Dokumentationsstelle notwendig ist, weil sie dem Künstler
nicht unmittelbar etwas hilft, wohl aber Administration und Investition verlangt, die wiederum der
eigentlichen Förderung des Künstlers und seiner Kunst nicht zugute kommen. Letzten Endes würde
die Aufteilung solcher Zentralstellen auf verschiedene Stellen im Lande einfach eine Zentralisation mit
geteiltem Charakter darstellen, aber nicht viel ,anders wirken, als wenn sie hier in Wien wäre. Ich habe
hier andere Vorstellungen! Sie sollten nicht hier sein, sie sollte aber auch nirgends anders sein,
sondern sie sollte einfach auf andere Art gelöst werden.
Ich darf vielleicht hier einfließen lassen, daß wir uns bei dem Beschluß über das
Erwachsenenbildungsförderungsgesetz auch Gedanken über ein Gesetz zur Förderung des
Volksbrauchtums gemacht haben, und es sollte heute nicht unerwähnt bleiben, daß das sicherlich
eine Aufgabe der nächsten Zeit ist, weil hier ein wesentlicher Kulturschatz liegt, der betreut werden
muß. Das kulturelle Bild von Niederösterreich, soweit es das Referat betrifft, läßt sich sehr gut aus
dieser Zusammenstellung ablesen und ich darf hier feststellen, daß das Referat im Sinne seiner
Aufgaben eine gute Leistung erbringt, daß aber ohne Zweifel das eine oder das andere auszubauen
ist und damit natürlich für die Zukunft gewisse Bindungen von Aufstockungen da sind, die sich immer
an solche Festpunkte wenden müssen und die man eben entsprechend erweitern muß. Ich würde Sie
bitten, sich einmal die Mühe zu machen - ich mache es hier nicht, weil ich die Uhr mir gegenüber habe
und mir vorstellen kann, daß Sie mehr den Verlauf des Zeigers beobachten als auf meine
Ausführungen besonders neugierig sind -, nach zwei Gesichtspunkten die römischen Ziffern
einzuordnen, weil mir das wesentlich erscheint. Und zwar nach den Gesichtspunkten: Was wächst uns
aus der Vergangenheit zu, das heißt also, was sind wir durch die Vergangenheit, und was wächst uns
aus der Gegenwart zu - also was sind wir durch die Gegenwart? Wenn Sie das aufteilen, einander
gegenüberstellen und auch die Werte aus dem Budget ablesen, so habe ich den Eindruck, daß es
sich bei den Leistungen des Referates naturnotwendig stärker gewichtet um konservierende Aufgaben
handelt. Ich halte diese Aufgaben für ganz besonders bedeutend, weil sie einen bewahrenden
Charakter haben und weil Landesbewußtsein nur aus Tradition erwachsen kann. Wenn wir uns die
Ausführungen der Herrn Kollegen Kosler über die Ausstellung ,,1000 Jahre Babenberger in
Österreich" noch einmal vor Augen führen, so haben wir hier ein Beispiel dafür, wie aus der Tradition
Landesbewußtsein gefördert werden und wachsen kann. Das beruht eben, Gott sei Dank, auf der
immer mehr durchdringenden Erkenntnis, daß jede Gegenwart einmal eine Zukunft war und einmal
eine Vergangenheit sein wird, und daß wir immer mehr die Auffassung auch auf die Vergangenheit
transponieren, dhß wir das, was wir von uns einmal erhalten wissen wollen, auch der Vergangenheit
zugestehen müssen, die auch einmal eine Gegenwart war. So entsteht eben hier ein Traditionsgefühl,
das nicht immer da war und auch nicht immer gefördert wurde. Und nur aus diesem Gefühl heraus
kann man dann auch die Zukunft entsprechend planen, die Gegenwart gestalten und die
Vergangenheit bewahren.
Die Kultur aber, meine Damen und Herren, wenn ich das anführen darf, tritt uns in zwei Prozessen
gegenüber: Sie tritt uns einmal gegenüber mit der Aufgabe, sie wieder zu verlebendigen, weil wir
einfach die uns umgebenden Werte, die aus der Vergangenheit kommen, in uns aufnehmen müssen,
damit wir von ihnen erfüllt, werterfüllt und wertgerichtet sind; daneben aber ist es eine genauso
wichtige Erfahrung, daß die Kultur nur dann Leben besitzt, wenn sie auch mit Neuschöpfungen von
Werten in Verbindung steht. Ich glaube, daß im Rahmen einer beamteten Tätigkeit, im Rahmen eines
amtlich eingerichteten Referates die Möglichkeiten für die Betreuung dieser Neuschöpfung von
Werten einfach zu kurz kommen muß. Aus diesen Gründen und aus vielen anderen hat die
Österreichische Volkspartei eben im Landtagsklub eine Kulturinitiative ins Leben gerufen und sie nun
schon eine Zeit lang verfolgt, die sich hauptsächlich auf dieses, wenn Sie mir ein Fremdwort gestatten,
Kreative richtet, also auf das schöpferische Gegenwärtige.
Diese Initiative soll durch einen Verein wahrgenommen werden. Seine Statuten liegen bei der
Annahme, sein Name soll ,,Niederösterreichische Gesellschaft für Kunst und Kultur" lauten, seinen
Sitz soll er in Baden haben, einem Ort, der durchaus mit Kultur auch etwas zu tun hat, wenn ich mir so
verschiedene Namen ansehe. (Landeshauptmannstellvertreter Czettel: Landesbewußtsein!) Man kann
nie genug für das Landesbewußtsein etwas tun, Herr Landeshauptmann! (Abg. Birner: Und das
eigene Image!) Ja, ich habe eigentlich für Baden gesprochen, und Sie werden das als legitim
empfinden, daß ein Bürgermeister für seine Stadt da ist! Ansonsten bitte ich, auf beim Beispiel mit
dem Dirigenten und Komponisten zurückzukommen. Der Zweck des Vereines soll sein: a) Förderung
der Kunst und Kultur in Niederösterreich, Förderung aller Einrichtungen, die auf dem Gebiete der
Kunst und Kultur in Niederösterreich tätig sind, Durchführung eigener Aktivitäten auf künsterischem
und kulturellem Gebiet in Niederösterreich mit dem Ziel, die Bedeutung Niederösterreichs auf diesem
Gebiete darzustellen und alle schöpferischen Bemühungen im Land zu stärken. Und b) Mitwirkung bei
der Gestaltung von Veranstaltungen der Mitglieder durch kulturelle Beiträge. Im Jänner oder im
Februar wird sich die Gelegenheit ergeben, wenn die Statuten bewil ligt sind, daß man die
Öffentlichkeit dann auch mit einem Programm vertraut macht und auch über die Person eines zu
findenden Geschäftsführers berichten wird. Das Ziel dieser Unternehmung wäre: Mehr Geld für Kunst
und Kultur - aber nicht nur so, daß es nur im Landesbudget vorgesehen sein soll, sondern in der
Mobilisierung von Werten, die, ähnlich wie im Sport, auch von außerhalb kommen sollen. Mehr
Möglichkeiten für den zeitgenössischen Künstler, mehr Verständnis für die moderne, zeitgenössische
Kunst und mehr Chancen für das Talent. Die Aufgaben sind vielfältig, ich skizziere sie mit einigen
Beispielen, ohne sie näher zu erklären. Es soll eine künstlerische Motivierung des Publikums
durchgeführt, mit der Erwachsenenbildung kooperiert und eine Art Kulturbörse durch den Verein
wahrgenommen in Verbindung mit einer Art Finanzpool werden; er soll eine Servicestelle sein, er soll
einen Verkaufsmarkt schaffen, er soll Werbung und insbesondere Verbindung mit dem ORF
herstellen, er soll die zentrale und dezentrale Präsentation durchführen, von der ich schon einige Male
gesprochen habe, und er soll eine jährliche zentrale Veranstaltung mit einer Art niederösterreichischer
Selbstdarstellung, die ich gleich kurz in einem Beispiel darstellen werde, bringen. Dabei soll er mit
möglichst vielen, ich sage allen Einrichtungen, die einschlägig sind, kooperieren und er soll vor allem
Sponsoren finden. Hier würde ich mich gerne an das anschließen, was Frau Kollegin Prokop über die
Förderung des Sportes gesagt hat. Wenn es uns nur einigermaßen gelingt, das Interesse
verschiedener Einrichtungen für die Kultur und Kunst im selben Ausmaß oder in einem ähnlichen oder
wenigstens in einem angehenden Ausmaß zu wecken, wie das für den Sport geschieht, dann sollte
uns um die Finanzierung dieser Maßnahmen nicht bange sein, und das wäre sehr schön! Lassen Sie
mich jetzt kurz zwei Beispiele darlegen, wie man sich das vorstellt und schimpfen Sie mich nicht einen
Utopisten. Viele reale Gegebenheiten sind aus Utopien erwachsen, das brauche ich der
Sozialdemokratie nicht zu sagen, die bekanntlich einen sehr umfangreichen utopischen Teil besessen
hat, aus dem sich dann einiges Reale entwickelt hat, über das hier zum Beispiel schon zweieinhalb
Tage gestritten wird. Möge uns das ungefähr so gelingen, dann bin ich schon zufrieden mit dieser
Sache. Ein Beispiel aus der Musik etwa. 1977 ist ein Beethoven-Jahr. 150 Jahre ist es her, seitdem
Beethoven gestorben ist. Man könnte also zum Beispiel eine große Bewegung ins Leben rufen, indem
die Tonkünstler, die sicherlich die 9. Symphonie für dieses Jahr vorbereiten, mit Hilfe eines Sponsors
in die Lage versetzt werden, auch in Orte zu kommen, in die sie sonst auf Grund der Kosten, die ein
solches Konzert beträgt, nicht kommen könnten. Man könnte etwa ein gängiges klassisches und ein
gängiges leichtes Programm unter einem Motto zusammenstellen: ,,Wo noch kein großes Orchester
gespielt hat!" Wenn das mit dem Theater gelingt, sollte es mit dem Orchester auch gelingen! Die
Frage einer Förderung der Komponisten geht doch dahin, daß sie die Möglichkeit bekommen,
gedruckt, vorwiegend aber gespielt zu werden. Man könnte leicht die Möglichkeit schaffen, daß ein
Musikstück größeren Umfanges, ich drücke mich hier vorsichtig aus, weil ich nicht weiß, ob eine
Symphonie greifbar ist, aber es könnte auch Kammermusik oder sonst etwas sein,
Aufführungsmöglichkeiten geschaffen erhält, nicht nur im Rundfunk, sondern auch in einem
lebendigen Konzert. Man könnte also zum Beispiel auch hier miteinfügen in diesem Jahr . . .
(Zwischenruf von Landesrat Grünzweig.) Na sicher, Herr Landesrat, ich habe noch nie gehört, daß
man es gedruckt hat und daß man es auf einer größeren Basis gespielt hat. Darauf kommt es mir an,
es soll eine Basisverbreiterung stattfinden! Ich habe das Ganze nur als eine Ergänzung betrachtet,
das werde ich noch sagen. Wir haben gesagt, es gibt keine geteilte Kultur, bitte. Es sollte halt nur nicht
ein Gartenzaun aufgezogen und gesagt werden: die Blumen da drinnen darf nur ich gießen. Da sollte
man auch ein paar andere dazu kommen lassen! Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, daß man
eine Marschkonkurrenz ausschreibt. Das wäre eine schöne Möglichkeit der Konfrontation Maurer Czettel, ich weiß nicht, was die Herren einander antun könnten bei einer solchen Konkurrenz. Sie
könnten ihn so schwer komponieren, den Marsch, daß der Herr Landeshauptmann Schwierigkeiten
hat, und der Landeshauptmann könnte dann so blasen, daß Sie wieder eine schlechte Kritik haben.
Das wäre eine gute Möglichkeit, zum Beispiel. (Zwischenrufe.) Es würde auch entsprechend für große
Jugendkonzerte gesorgt werden, man könnte dasselbe mit Chören machen, man könnte einen
Schwerpunkt an Musikschulen da und dort für bestimmte Fragen bilden. Das verlangt Kosten, die
gegenwärtig aus dem Budget nicht abdeckbar sind, weil sie einen Stellenwert haben, der einfach nicht
verfügbar ist. Dasselbe gilt für die bildende Kunst, dasselbe gilt für die Literatur. Ich habe die bildende
Kunst mit Absicht nicht herangezogen, weil über sie sowieso meistens gesprochen wird, wenn man
Kunst meint.
Diese Zentralveranstaltung, von der ich immer spreche, müßte sich also der Zeitgeschichte
zuwenden. Wir haben jetzt in größeren Abständen unsere Ausstellungen und dazwischen sollte man
auch der Zeitgeschichte ein Augenmerk schenken, leider ist mir eines meiner Themen, das mir vor
einiger Zeit eingefallen ist, schon durch eine Enquete wenigstens in den unmittelbar befaßten Kreisen
weggenommen worden. Ich hätte mir nämlich vorgestellt, daß man sagen könnte Agrar- und
Industrieland, vom Agrar- zum Industrieland. Industrieland Nummer eins, große Niederösterreicher in
Politik, Kunst, Wissenschaft usw. Es ist überhaupt noch gar nicht bei uns dargestellt, was so
verschiedene kleine Orte mit ihren Internaten, ich denke an Hollabrunn zum Beispiel, für die
österreichische Geschichte bedeuten. Solche Sachen könnte man sich als ein zentrales Thema
nehmen. In den Mittelpunkt einer solchen Veranstaltung müßte eine wissenschaftliche Darstellung
gestellt werden: so wie es bei der Ausstellung einen entsprechenden Katalog gibt, so sollte hier eine
wissenschaftliche Darstellung in der Mitte stehen, die aber gleichzeitig das Material ausarbeitet, das
der Erwachsenenbildung zur Verfügung gestellt wird, sodaß von hier aus dann über die Presse,
Lokalpresse meine ich, und den Rundfunk dieses eine Thema als eines unter hundert Themen, das
die Erwachsenenbildung behandelt, über ganz Niederösterreich ausgedehnt werden kann und einen
ganz bestimmten Beitrag bringt, sowie eine Ausstellung eben auch zu einem Thema einen Beitrag
bringt. Rundherum sollte es eine Präsentation geben, die jetzt die Phantasie frei spielen läßt, wenn
das Geld dafür da ist. Ich könnte mir vorstellen, zwei große Ausstellungen, eine Kollektive und eine
Einzelausstellung, eine Uraufführung, die mit dem Thema in Verbindung stehen kann, eine
Verlagspräsentation, verschiedene Volksbrauchtumsangelegenheiten, Volksmusik, Blasmusik,
Konzerte, Amateurausstellungen. Und das alles nicht an einem Ort, sondern - und jetzt, damit mir
nicht in die Schuhe geschoben wird, ich bevorzuge hier ganz bestimmte Städte, Orte, die unserer
Richtung angehören - könnte ich mir vorstellen, daß die ganze Südbahngegend zum Beispiel in diese
Sache eingegliedert werden kann, von Perchtoldsdorf über Mödling, Baden, Berndorf, Hirtenberg,
Wiener Neustadt bis Neunkirchen, wobei jede Stadt eine bestimmte Veranstaltung haben kann. Das
Ganze ergibt dann eine wirklich dezentralisierte zentrale Angelegenheit für Niederösterreich, die dann
jeweils in jedes Viertel in anderen Jahren transponiert werden kann. In Zusammenarbeit mit dem
Rundfunk, mit dem Fernsehen und ich denke hier bitte an das, was schon einmal genannt wurde, vom
Kollegen Zimper glaube ich, daß man dem Kabelfernsehen, dem regionalen Fernsehen, ein Auge
zuwenden soll. Das wären solche Vorbereitungen! Es klingt ein bißchen utopisch, ich glaube aber,
daß es ,,machbar" ist, wie man heute so schön sagt. Auch das bitte, kostet wiederum eine Summe,
die im Budget nicht enthalten ist und für die man vorsorgen müßte.
Ich habe noch eine Minute Zeit und sage meinen Schluß auf.
Meine Damen und Herren, wir haben auf dem Gebiete der Kultur eine Reihe neuer neuer Aufgaben
vor uns. Eine davon ist in einem umfangreichen Maßnahmenkatalog des Bundesministeriums für
Unterricht und Kunst, zu dem man stehen mag wie immer, festgelegt. Sie betrifft das Kunst- und
Kulturverhalten des Österreichers, des Niederösterreichers, des Mitbürgers. Dieses Kunst- und
Kulturverhalten positiv in möglichster Breite ZU beeinflussen, ist eine solche neue Aufgabe. Sie muß
sich abspielen in Anerkennungen der Arbeit aller Damen und Herren, die im Kulturreferat tätig sind,
sie muß aber erst geleistet werden. Und sie kann in diesem Umfang dort aus einfachen Gründen, die
wir alle verstehen, momentan nicht geleistet werden. Daher ist die Absicht, die wir mit dieser
Kulturinitiative verbinden, nicht der Aufbau einer ,,zweiten" Kultur in Niederösterreich, wie das in einer
Zeitung einmal gesagt wurde, sondern die Absicht ist, einen ganz bestimmten Akzent zu setzen.
Dieser Akzent soll sich auf die Gegenwartskunst und auf das Kreative richten. Er soll eine offene
Nachfrage abdecken und er soll das Kulturbild, wie es sich in unserem Land so vielfältig darstellt,
abrunden. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Meine Damen und Herren! Ich unterbreche die Beratungen über
den Voranschlag des Landes. Die nächste Sitzung des Landtages findet Donnerstag, den
9. Dezember 1976, um 9.00 Uhr, statt. Die Beratungen über den Voranschlag des Landes werden mit
der Spezialdebatte über die Gruppe 3 fortgesetzt.
Die Sitzung ist geschlossen.
(Schluß der Sitzung um 21.02 Uhr.)
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