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DER-TOR-UND-DER-TOD

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DER TOR UND DER TOD
Hugo von Hofmannsthal
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Der Tor und der Tod ist ein lyrisches Drama in einem Akt, das 1893 erschienen ist. Die
Uraufführung war 1898 in München.
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Es ist Hofmannsthals berühmtestes Jugendwerk, für das der Autor ürsprünglich den Titel
„Der neue Totentanz" vorgesehen hatte. Es erschien unter dem Pseudonym „Loris“.
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Dem Dramentypus wie auch der Grundstimmung des Fin de siècle entspricht das Thema
Tod ganz besonders.
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Anders als in der klassischen Tragödie aber interessiert nur der kurze Zeitraum zwischen
Leben und Tod, die Spanne, die einen Sterbenden vom Tod noch trennt. Diese Situation kann
auf Handlung verzichten und kann stattdessen Gefühlsregungen, Impressionen des inneren
Lebens gestalten. Das lyrische Element ist ihr angemessen.
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Eine ganze Generation erkannte sich in diesem Drama wieder, weil Hofmannsthal dem
Unbehagen einer gebildeten Leserschicht Ausdruck verlieh, die sich selbst in ihrem nur
nachempfindenden Historismus als epigonal erlebte und glaubte, kein eigenes Leben vorweisen
zu können.
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Handlungsort ist das Studierzimmer des Claudio, eines einsam lebenden Edelmannes. In
seinem Studierzimmer sinnt der alternde reiche Claudio, am Fenster sitzend, dem Leben nach.
Sein Leben wie ein Buch erlebend, bleiben ihm Schmerz und Glück gleichermaßen versagt.
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Da ertönt plötzlich eine Geigenmelodie. Sie ruft ihm seine Kindheit in Erinnerung, in der er
sich als „ein lebend Glied im großen Lebensringe“ fühlte. Der Geiger aber ist der Tod
(Totentanzmotiv), der nicht als schauerliches Gerippe, sondern als großer Gott der Seele vor ihm
steht. Claudio fühlt sich aber noch nicht reif zum Sterben.
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Der Tod lehrt den Toren, das Leben wenigstens am Ende zu ehren und ruft mit ein paar
Geigenstrichen drei Tote hervor, gegenüber denen Claudio schuldig geworden ist: Seine Mutter,
seine verlassene Geliebte, seinen Freund.
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Der Tod gewährt keine Aufschub und nun erfährt Claudio erstmals Wirklichkeit und
verklärt sein Sterben mit den Worten: „Da tot mein Leben war, sei du mein Leben, Tod!“.
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Claudio ist der einzige, der einen Namen trägt. Er ist als Typus zu verstehen, er vertritt
eine ganz bestimmte Lebensform: materielle Unabhängigkeit, verfeinerter Kunstgeschmack, aber
auch Isolation bestimmen seine Eigenart.
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Ort und erste Worte, selbst die „gotische...Truhe“ erinnern an Faust in seinem
Studierzimmer.
Hofmannsthal verbirgt die Nähe zur Darstellung des Faust nicht. Die
Verwendung schon vorhanderner Inhalte oder Formen ist sicher gewollt; wenn Claudio sich des
Goethischen Sprachtons bedient, kennzeichnet das seine (und der Epigonen) Situation, nichts
Eigenes zu haben, aber auch, dem Leben entfremdet, in einem vorgeformten Gebilde zu
existieren.
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Claudio ist ein Tor, d.h. er ist in seinem Leben nicht weise geworden, hat sich in seiner
künstichen Welt selbst genügt. Der Tod führt ihm vor, was er damit alles versäumt hat. Erst
dadurch gewinnt Claudio die Einsicht: „Erst, da ich sterbe, spür ich, dass ich bin.“ Der Tod zeigt
ihm, dass er keinem etwas war, vor allem auber auch keiner etwas ihm. So findet er schließlich
im Tod den Sinn: „Da tot mein Leben war, sei du mein Leben, Tod!“.
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Die freie Hingabe an den Tod ist seine erste wirkliche Tat. Damit erreicht er so viel
eigentliches Leben, dass er alles bisher Unterlasseine (Aufopferung, Mitgefühl, Verantwortung) in
diesem letzten Augenblick erfährt.
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