1 Der Buddhismus Definition des Buddhismus: es ist per definitionem die Lehre Buddhas, die Lehre des Erleuchteten. Der Buddhismus ist eine Lebenslehre. Der Buddhismus beruft und stützt sich auf die (Lehr-)reden des Buddha, der ca. 370 v. Chr. verstorbenen ist und damit auf die ca. 150 Jahre später in Mönchskonzilen kanonisierten Lehrsätze und Regelwerke. Jene elementarsten Texte werden im Buddhismus als Sutra bezeichnet. Das Wort „sutra“ begründet sich im Sanskrit und bedeutet „Faden“. Hieraus werden metaphorische Bedeutungen wie „Leitfaden“ und „elementare Lehrschrift“ abgeleitet. und Regelwerke (ninaya). Im sogenannten „Zufluchtgelübde“ bekennt sich der zum Buddhismus Beitretende zum „Erwachten“ (dem Buddha), zur Lehre (dharma) und zur Gemeinschaft (sangha). Der Buddhismus bezieht sich hauptsächlich auf den Menschen. Er zielt darauf, den menschlichen Geist so weit zu entwickeln, dass er aus sich selbst erkennt, was in Wirklichkeit gut und schlecht, richtig und falsch, vernünftig und unvernünftig ist. Hauptziel der Religion ist der Zustand des nirvanas, die Beseitigung des Zustands des Leides, des Nicht-Zufriedenseins. Gegenstand der buddhistischen Lehre ist das geistige Wohlergehen der Menschen und eine fürsorgliche und verantwortungsbewusste Lebenshaltung. Es geht um die Einübung des Loslassen-Könnens und eine teleologische Ausrichtung hin auf ein Ziel, die Überwindung der Kreisläufe, hin. Hierdurch soll eine Befreiung von inneren und äußeren Zwängen erreicht werden. Es geht immer nur um die (eigene) „Erleuchtung“, um Selbstentwicklung durch Selbstanalyse (die vier edlen Wahrheiten). Hierbei hilft der „achtfache Pfad“. Der Buddhist ist stets nur für sich selbst und seine Eigenentwicklung verantwortlich. Es gibt durch religionsgeschichtliche Entwicklung nicht den, sondern viele Buddhismen (Traditionen). Die Selbstbestimmung gegenüber der benachbarten brahmanischen Kultur ist durch die Kanonisierung der Lehrschriften, des Nicht-Anerkennens von veda (religiöse hinduistische Schriften), Götterlehre, Opferpriestertum sowie der Implementierung von Struktur und Ordnung innerhalb der Orden gekennzeichnet. Die buddhistische Lehre ist wegen ihrer Lebensweisheit und frohen Sinnenfälligkeit in Ritual und Symbolik (Proskynese, Gebetsmühlen und -trommeln, bunten Rollbilder und Mandelas, Butterlampen, Räucherstäbchen etc.) leicht zugänglich und konnte sich dadurch weit verbreiten. Zunächst lebte die Lehre in Form von Wanderorden, die sie verbreiteten. In 6-8 Jahrhunderten wurde der Buddhismus von Indien bis Japan verbreitet. Genutzt wurden hierfür die Handelswege und Klöster. In den meisten Ländern erfolgte nach erfolgreicher Konvertierung des Monarchen eine Missionierung von oben nach unten. In Indien selbst ging der Buddhismus nach etwa tausend Jahren durch den wiedererstarkenden reformierten Hinduismus unter. Buddha wurde zur Inkarnation des Gottes Vishnu. Muslimische Eroberer zerstörten um 1200 n. Chr. die letzten vorhandenen Klöster. Die Mönche flohen nach Norden. Dies führte zur Verstärkung der Missionierung Nepals und Tibets. Dem Buddhismus hängen weltweit ca. 350 Mio. Gläubige an. Der Buddha („der Erwachte“) ist nicht ein persönlicher Name, sondern die Bezeichnung für den Menschen, der die Erleuchtung erlangt hat, das heißt, der die wirkliche Natur aller Welten erkannt hat. Alle sind in ihrer Entstehung abhängig vom Gesetz von Ursache und Wirkung. Sie alle besitzen die gleichen drei Charakteren, nämlich Vergänglichkeit, Leiden (verstanden als Erfahrung, dass kein Glück dauerhaft bleibt) oder Unzulänglichkeit und Besitz- oder Substanzlosigkeit. Quelle der buddhistischen Lehre sind die überlieferten und niedergeschriebenen Lehrreden des ca. 370 v.Chr. verstorbenen Buddhas. Es ist eine 2 Lehre des „mittleren Weges“, der Extremhaltungen vermeidet und eine achtsame und selbstlose Lebensführung fordert. Die Aufgaben der Mönche: Meditation Belehrung Achtsamkeit Studium Beratung Ritualdienst (Beerdigungen) Keine körperliche Arbeit, dafür Bettelgänge Die drei Rosen des Buddhismus Buddha Der achtfache Weg Mönche Die „Vier edlen Wahrheiten“ Das Dasein wird unter der Fokussierung der Vergänglichkeit (auch der Seele) betrachtet. Darum ist es notwendig die Lebenssituation durch die Vermeidung des Leids zu verbessern und zu stabilisieren. Dieses Leid (verstanden als die Erfahrung, dass Glück nicht von Dauer ist) ist Folge von Gier und Unwissenheit. 1. Die Entstehung von Leid (dukka samu dayan) wird durch Begehren und Anhaften verursacht. Es bedarf der Anleitung zu einem „Erwachen“, um diesen Kreislauf zu überspringen, um aus dem Rad der Wiedergeburt zu kommen. 2. Die Vernichtung des Leides erfolgt durch Vermeidung von Gier und Unwissenheit. 3. Praxis und Erfahrung der Leidvermeidung - „Es gibt Leid“. 1. Die erste Wahrheit ist die Wahrheit vom Leid, die Erkenntnis, dass jenes Anhaften an den vergänglichen Dingen zu einer Frustration, ich würde es persönlich auch als Leere, Unbefriedigung führt. Eben jenes Leid wird nun als Zustand der Unzufriedenheit wahrgenommen. „Alles ist vergänglich => dukka“. D.h., solange der Geist seine Natur nicht erkannt hat, gehört zum Leben zwar Freude, aber auch Leid. Zumindest Alter, Krankheit und Tod sind unvermeidbar und werden als unangenehm erlebt. - Es gibt eine Ursache für das Leid. Die zweite Wahrheit bezeichnet die Aufdeckung der Ursache dieses Sachverhalts, die Wahrheit von der Entstehung des Leidens. D.h., es gibt eine bestimmte Ursache, warum der Geist seine wahre Natur nicht sieht. 3 - Es ist möglich, sich vom Leid zu befreien. Die dritte Wahrheit beinhaltet die Einsicht in die Möglichkeit, diesen leidvollen Zustand zu beenden, es ist die Wahrheit von der Überwindung des Leidens. D.h., jeder kann die Natur seines Geistes erkennen, also erleuchtet werden. - Es gibt einen Weg aus dem Leid. Die vierte Wahrheit meint die Wahrheit vom Weg zur Überwindung des Leidens, der im „Edlen Achtfachen Pfad“ beschrieben wird. D.h., es gibt einen praktische Mittel, um das zu erreichen. „Diese ist das Leiden, erkannte ich, so wie es ist, dies ist die Leidensentstehung, erkannte ich, so wie es ist, dies ist die Leidensauflösung, erkannte ich, so wie es ist, dies ist der zur Leidensauflösung führende Weg, erkannte ich, so wie es ist.“13 In den vier edlen Wahrheiten, die Buddha der Überlieferung nach in der Nacht seines Erwachens als Zusammenfassung seiner gesamten Erkenntnisse in den Sinn kam und die von allen buddhistischen Schulen als Ausgangspunkt ihrer Überlegungen übernommen wurde und dadurch das Zentrum der Lehre darstellt, manifestiert sich die buddhistische Heilslehre: es sind keine endzeitlich wahren Weisheiten einer allmächtigen Gottheit, wie die 10 Gebote Gottes, sondern eine analytische Beschreibung des Seiendem, einschließlich einem selbst, wie mensch sie unter Ausführung der Achtsamkeitsübungen tatsächlich vorfindet (das Sanskrit Wort für Wahrheit satya kann laut Peter Gäng nämlich auch mit „Seiendheit“ übersetzt werden – ein Beispiel am Rande für die Problematik der komplexen Sprache und ihrer Interpretationen). 14 Die erste der vier edlen Wahrheiten ist die Wahrheit vom Leiden: Geburt, Alter, Krankheit, Tod, mit Unliebem vereint sein, von Liebem getrennt sein, nicht zu erlangen, was mensch begehrt – „dieses fünffache Haften am Irdischen ist Leiden“.15 Diese Vorstellung, dass alles im Leben Leiden ist, stößt laut Conze in der westlichen Gesellschaft vor allem auf Verwirrung und Widerstand, da die meisten Menschen von Euphemismen zur Kaschierung und dem allgemeinen Ignorieren von Leiden abhängig sind und ohne ein unerträgliches Leben führen würden, weil sie das Leben nur genießen können, wenn sie blind (im Sinne von die Augen vor dem Leiden verschließen) durchs Leben laufen – Beispiel: Augen verschließen bei Produkten, die mit Kinderarbeit produziert werden.16 Dementsprechend denken sie natürlich, dass sie nicht viel mit den eigentlich alltäglichen Leiden des Lebens in Kontakt kommen. Allerdings sind für Buddhist_innen selbst so fröhliche Dinge wie die Liebe Leiden: einerseits, da die Liebe stets mit einer Verlustangst einhergeht, andererseits, da die Liebe die Menschen stärker an die Realität bindet, indem sie bei den Liebenden den Wunsch erweckt zu verweilen (anstatt Nirwana zu erreichen). Ebenso sind alle fröhlichen Momente und Erlebnisse im Leben Leiden, weil sie vergänglich sind und deshalb eine Sehnsucht nach einer Wiederholung erzeugen, die niemals gestillt werden kann. Und genau auf diesen unersättlichen Durst geht Buddha in der zweiten Wahrheit ein, in der er die Entstehung des Leidens erläutert. Die zweite der vier edlen Wahrheiten ist die Wahrheit von der Entstehung des Leidens: „es ist der Durst (nach Sein), der von Wiedergeburt zu Wiedergeburt führt, samt Lust und Begier, der hier und dort seine Lust findet: der Durst nach Lüsten, der Durst nach Werden, der Durst nach Macht.“ 17 Dieser Durst muss aus einer yogischen Perspektive her verstanden werden: Lust entsteht dadurch, dass die Sinnesorgane des Menschen mit Objekten Kontakt aufnehmen, die Lust drängt den Menschen dann zur Wiederholung solch eines Kontakt-Aktes und genau dieser Wiederholungszwang ist eben dieser unersättliche und fesselnde Durst nach Sein, den Buddha beschreibt.18 Aus der Wahrheit von der Entstehung des Leidens folgt, dass es im Buddhismus nicht etwa darum geht dem Altern, Krankheit und Tod zu entrinnen, sondern dem Leiden selbst: der eigene Tod wird erst zum Leiden, wenn es dem Menschen danach dürstet, ewig zu leben, sowie das Leiden des Alterns nur auf dem Durst nach ewiger Jugend fußt und Trauer und Kummer gleichfalls nur Produkte der Nichterfüllung der Sehnsucht eines Menschen nach Glück und Zufriedenheit darstellen.19 Die dritte der vier edlen Wahrheiten ist die Wahrheit von der Aufhebung des Leidens: „die Aufhebung dieses Durstes durch gänzliche Vernichtung des Begehrens, ihn fahren zu lassen, sich seiner entäußern, sich von ihm lösen, ihm keine Stätte gewähren.“20 Wie in der zweiten Wahrheit festgestellt, ist diese Gier, dieser unersättliche Durst die Ursache des Leidens und in deren Beseitigung also liegt 4 für Buddha die Ausgangslage zur Aufhebung des Leidens.21 Die dritte Wahrheit von der Aufhebung des Leidens zieht die Konsequent nach sich, dass nicht das ganze Leben Leiden ist, denn sonst würde es keine Möglichkeit der Befreiung von ebenjenem Leiden geben - somit ist die oft im Bezug auf den Buddhismus gebrauchte Verallgemeinerung „Alles ist Leiden“ (da ja jede der fünf Komponenten des normalen Lebensprozesses Leiden ist) ein Trugschluss, der den Buddhismus zu Unrecht als pessimistisch charakterisiert.22 Denn es ist sogar die Aufhebung des Leidens möglich und vor allem explizit beschrieben worden, nämlich in der vierten edlen Wahrheit, der Wahrheit des achtgliedrigen Pfades. Unter dieser Betrachtung wird deutlich, dass der Buddhismus viel eher eine optimistische als eine pessimistische Weltanschauung darstellt, da dem Menschen nicht nur die Möglichkeit der Aufhebung des Leidens offenbart wird, sondern ihm sogar noch eine praktische Anleitung zur Selbsthilfe mitgegeben wird, wie genau das Leiden denn beseitigt werden kann. Als wichtigsten Punkt der dritten edlen Wahrheit bleibt die Bezugnahme zum Samsāra zu nennen: durch die Auflösung des Durstes, der von Wiedergeburt zu Wiedergeburt führt, gibt es kein nächstes Leben mehr und Nirvana ist erreicht.23 Zwar folgt daraus, dass ein Erwachen schon zu Lebzeiten möglich ist, wie Gautama bewies – wenn es allerdings auf der Ebene der alltägliche Erfahrung so leicht wäre, den Durst nach Sein abzustellen (zum Beispiel den Drang nach Liebe oder allein solch primitive Begierden wie den Sexualtrieb), bedürfte es keiner vierten Wahrheit und die Welt wäre bevölkert mit unzähligen Tathagatas. Die letzte der vier edlen Wahrheiten ist die Wahrheit von dem Wege zur Aufhebung des Leidens: „es ist dieser heilige, achtheilige Pfad, der da heißt: rechtes Glauben, rechtes Entschließen, rechtes Wort, rechte Tat, rechtes Leben, rechtes Streben, rechtes Gedenken, rechtes Sichversenken.“24 Im Argumentationsstrang des Buddhismus (es gibt Leiden und die Ursache ist bekannt und es kann aufgehoben werden) beantwortet die vierte Wahrheit also die praktisch orientierte Grundfrage der Ethik aus der Einleitung (was soll ich tun? → wie kann ich das Leiden aufheben?) und begründet somit die Grundlagen der buddhistischen Ethik, die im folgenden Punkt, ebenso wie die spezifischen Ausprägungen dieses heiligen Pfades und die diesen erweiternde fünffache Rechtschaffenheit, genauer betrachtet werden. Das „Rad des Werdens“ Sakrale Darstellungen zeigen das Rad des Werdens. Die sechs Daseinswelten entstehen in gegenseitiger Abhängigkeit. Positiv wirken hierbei die heilsamen Taten von Gier- und Hasslosigkeit, aber auch das Wissen. Durch entgegengesetztes Verhalten wird Leid erzeugt. Dieses Leid kann durch den „edlen achtfachen Weg“, welcher Wissen und Einsicht, ethisches Handeln und Sammlung beinhaltet, verringert und beseitigt werden. Durch Beruhigungsmeditation (samantha) wird die Aufmerksamkeit gesammelt und konzentriert; man erlangt dadurch einen Zustand geistigen Vertiefung (Versenkung). Dies ermöglicht eine Klarsicht (vipassana). Mit dem Terminus „nirvana“ wird dieses Verwehen des Leidens bezeichnet. Das nirvana ist im südlichen Buddhismus nur den Mönchen und Nonnen möglich. Abgrenzung zum Hinduismus (Bramahnismus) Kein Kastendenken, sondern Selbsterlösung Nicht-Anerkennuung des veda (althinduistische Lehre) Nicht-Anerkennung der Götterlehre (dharma) Ablehnung des brahmanischen Opferpriestertums Formalisierung des Ordenszugangs (sangha) Ordensregeln mit Strafkatalog (vinaya) Formalisierung für Laien: fünf Selbstverpflichtungen, der „achtfache Weg“ Die Entstehung des mahayana (Das große Fahrzeug) 5 Traditionsbildung und Verschriftlichung der Lehren Buddhas erfolgte insbesondere auf dem zweiten Mönchskonzil. Dort wurden auch die Mönchsregeln (vinaya) beschlossen. Diese umfassen den Essensverzicht nach Mittag, die Annahme von Gold und weitere Eigenschaften und Verhaltensweisen der Mönche. Es kam bereits zum ersten Schisma, in dem sich die „Alte Tradition“ und die „Große Versammlung“ trennten. Dies ist bis heute für die unterschiedlichen Ordinationslinien bedeutsam. Der mahayana-Buddhismus ist eine Reformbewegung im 1. Jahrhundert v. Chr. Sie entstand aus der Kritik am egoistischen Erleuchtungsstreben zur Selbsterlösung in der theravada, der „Lehre der Ordensältesten“, der Schule des „Kleinen Fahrzeugs“. Nach Vorstellung des mahayana sollte der Gläubige auch für alle Lebewesen Sorge tragen und sich einsetzen. Es geht um eine Erlösung durch Glauben und Gnade. Insofern bestehen Parallelen zum zeitgleich entstehenden Christentum. Erreicht werden die Ziele durch die mahayama-Tugenden („Sechs Vollkommenheiten“). Diese sind Freigiebigkeit, sittliches Verhalten, Geduld, Mut, Meditation und Weisheit. Die Lehren des mahayanas wurden bereits in Sanskrit abgefasst. Diese Schule ist in Nord und NordostAsien verbreitet. Buddhistisches Leben Es existiert eine stringente Trennung der Klassen von Nonnen/Mönchen und Laien. Die Ordinierten richten sich nach den Ordnungen mit 227 bzw. 311 Regelungen. Maßgebend ist der pali-Kanon, der Texte zur Disziplin von Mönchen und Nonnen (vinaya), Lehrreden (sutras) und philosophische Kommentare (abhidhamma) enthält. Die Ordinierten leben asketisch, ehe- und besitzlos. Eine Ordination auf Zeit ist möglich; in Thailand wird herzu gerne die Regenzeit genutzt. Die Aufnahme steht allen offen. Mindestalter bestehen für Novizen und Mönche. Buddha lehnte zunächst Nonnenorden ab, er lenkte erst auf die Bitte seiner Mutter ein. Die Nonnen sind den Mönchen untergeordnet. So dürfen sie diese weder belehren noch kritisieren. Das Ordinationsgesuch und das für den Erhalt der Gemeinschaft besonders bedeutsame Deculpierungsverfahren erfolgen durch beide Orden. Anfangs existierten zwei verschiedene Lebensformen der Ordinierten: Im Dorf lebende Mönche und Nonnen, die als Lehrer, Ritualspezialisten und Seelsorger fungierten. Daneben gab es ausschließlich für die Mönche die Rückzugsmöglichkeit in Wald-Eremitagen, in denen die Mediation im Zentrum stand. Mönche wie Nonnen führen nach der Morgenmeditationen einen Almosengang durch und verzichten nach Mittag auf Nahrungsaufnahme, um sich voll der Meditation und den Ritualen zu widmen. Der buddhistische Laie Nimmt Zuflucht im Vertrauen auf die drei „Zufluchtsobjekte“: den Buddha, das dharma (die buddhistische Lehre) und das sangha (die buddhistische Koinoia in Orden und Gleichgläubigen). Seine Lebenspraxis zeichnet sich durch fünf ethische Gebote (Töten, Lügen, rechte Sexualität, Stehlen und Umgang mit Rauschmitteln) aus. Die Spendenbereitschaft für die sangha hat einen hohen Stellenwert. An Neu- und Vollmondtagen wird gefastet und andere Übungen vollzogen. Die Mönche werden erhalten und ihre Lehren respektiert. Im Unterschied zum Hinduismus kennt der Buddhismus keine Prädestination durch die Geburt in Kasten, sondern eine Selbstbestimmung und Wege zur Selbsterlösung. Religionsgeschichte 6 Bereits in Indien bildeten sich verschiedene Schulen aus. Bis zum 12. Jahrhundert ging der Buddhismus im Mutterland Indien im Hinduismus auf. Mit der Missionierung von Sri Lanka, Siam und Burma im 3. bzw. 8. und 11. Jahrhundert entstanden durch Inkulturation weiter Traditionen. Die Missionierung erfolgte hier von oben durch die Monarchen, die auch als „Verteidiger der Lehre“ fungierten. Die Mönche ihrerseits wirkten am Hof als Berater, Chronisten und Königsmacher. So stützten Religion und Staat gegenseitig ihre Existenz. So sah sich das Mönchtum 1948 bei der Unabhängigkeit Ceylons aufgefordert, die Einheit der „Insel der Dharma“ zu wahren. Durch Donationen wurden die Klöster zu Großgrundbesitzern. Die Tätigkeit der Mönche öffnete sich auch für diesseitige Rituale (z.B. Bestattungen). Burma Dae Buddhismus kam im 11. Jahrhundert nach Burma und wurde auch dort zur Staatsreligion.w In Burma führte die Einführung des britischen Schulsystems nach der Kolonisierung in der Empire-Zeit zu Unruhe, da dies bislang Aufgabe der Mönche war. Im Unabhängigkeitsprozess Mitte des 20. Jahrhunderts wurde der sangha noch national eingebunden, verlor aber später deutlich an Einfluss. In der Umbruchszeit seit Ende der 1980er Jahre, die durch staatliche Zentralisierung gekennzeichnet war, wurden die Mönche politisch aktiv. Zunächst stellten sie sich gegen die Armee (Spendenboykott während der „Safran-Revolution“ 2007), später gegen andere religiöse Gruppierungen wie Hindus und Rohingyas, aber auchin der Form eines militanten buddhistischen Nationalismus, der sich gegen die islamische Volksgruppe richtete. Momentan liegt die Macht nach dem Putsch im Februar wieder in den Händen des Militärs. In Südasien entwickelten sich drei Denkschulen: Der nibbanische Buddhismus mit seinem Weg des Erwachens und dem Ziel des Erreichens des nirvanas, den eher weltlich orientierten kammischen Buddhismus, in dem der Erwerb von Meriten zu Vorteilen in der Immanenz mit einem langen leben, Wohlstand und Ehre führen soll und letztlich den apotropäischen Buddhismus, in dem die rituelle Abwehr von Unheil im Vordergrund steht. Heute sind 90% der Gesellschaft Buddhisten. Die Klöster sind voneinander unabhängig. China …….kam bereits im 1. Jahrhundert n. Chr. in Kontakt mit dem Buddhismus. Zunächst missionierten die Mönche erfolgreich unter den Händlern entlang der Seidenstraßen und den gebildeten Laien. Die Gesellschaft des Han-Reiches im 2. Jahrhundert favorisierte die Ideen von Einheit und Überlegenheit und pflegte ein Ideal politischer und gesellschaftlicher Ordnung. Darum waren ihnen die unproduktiven, bettelnden und zölibatär lebenden Mahayana- (Fahrzeug-) Mönche anfangs sehr fremd, da sie den traditionellen gesellschaftlichen Idealen des Familienbilds und des Versorgungssystems nicht entsprachen. Deshalb passten diese sich ihrer neuen Umgebung an. Anknüpfungspunkte stellten das daoistische Einsiedlertum und dass chinesische Mönchsideal dar. Auch randständige Gruppen waren aufgrund ihrer Unzufriedenheit zugänglich. Besonders Gut passten die Ahnenkulte von Konfuzianismus und Buddhismus zusammen. Durch Übersetzungen konnten die Lehren ins (gebildete) Volk gebracht werden. Die Mission erfolgte hier als von unten nach oben. Erst nach dem Zerfall der Han-Dynastie wurde der Buddhismus für die chinesische Oberschicht hoffertig. Erste Chinesen traten in die Klöster ein, die sich zu Bildungszentren entwickelten. Von nun an wurde dir Lehre nicht mehr nur von Fremden, sondern auch durch Chinesen verbreitet. Dies führte zum Durchbruch. Kaiserliche Protektion half bei der weiteren Etablierung. Es bildeten sich zwei Stränge in China heraus: Ein Elite- und ein VolksBuddhismus. Die Zeit nach der Wiedervereinigung Chinas (589) stellte die Blütezeit für den chinesischen Buddhismus dar. Klöster und Mönche wurden durch den Kaiser gefördert. Zu Problemen kam es zunehmend mit der exekutiven Staatsaufsicht. Dies führte mit der Zeit zur Verstaatlichung des Schulwesens. Innere Entwicklungen bestanden in der Ausbildung verschiedener chinesischer Schulen. Im 7. Jahrhundert bildete sich die T’ein-t’ai mit der Vorstellung einer Abstufung der Lehren. Das Lotossuttra stellte in diesem System das höchste aller Lehren dar. 7 Etwa 100 Jahre später gründete sich die Reine-Land-Schule, nach deren Auffassung das Wirken des transzendenten Buddha Amitabha durch Verehrung erlangt werden kann. Etwa zur gleichen Zeit bildete sich auch eine meditationsorientierte Schule (Zen) des Chan-Buddhismus heraus, der es um die Erleuchtung geht. In dieser Schule orientiert man sich weniger an Texten, denn um das Überspringen des rationalen Denkens. Dazu nutzt man die graduelle Erfahrung der langen Meditationspraxis oder aus spontanen Erleuchtungen. Es wird also mehr gesessen statt gelesen. Trotz erfolgreicher Etablierung wurde die konfuzianische Konkurrenz in der T’ang-Zeit zunehmend stärker. Im 11./12. Jahrhundert übernahmen sie wieder die Vorrangstellung am Kaiserhof, wodurch der Buddhismus zunehmend in eine Rolle des Volksbuddhismus hineingedrängt wurde. In der Volksrepublik erfolgten im Rahmen der kommunistischen Kulturrevolution Verfolgung und Konfiszierung von Eigentum. Heute ist zwar klösterliches Leben möglich, die Lehre unterliegt jedoch der staatlichen Zensur. Japan Der chinesische Chan-Buddhismus entwickelte sich im seit 500 n. Chr. missionierten Japan zum ZenBuddhismus. Da die chinesische Gesellschaft in Japan als Hochkultur angesehen wurde, wurde auch deren Religion, der mahayana-Buddhismus, durch das Kaiserhaus übernommen. Auch hier ist wie in Siam, Burma und Thailand ist eine Verbreitung von oben zu beobachten. Ebenso wird die enge Symbiose von Religion und Staat als Staatsideal betrachtet. Das Lotos-Sutra (tendai) wird nach dem 12. Jahrhundert zur dominierenden Schule. Zentral ist hier die Vorstellung, dass in jedem Menschen das Potential zum Buddha vorhanden ist. Neben dem tendai entwickelte sich wie auch in China mit Jodo-Shinshu eine volksnähere Schule. Diese verehrt den Buddha Amitabha, der transzendent wahrgenommen wird. Hier treten die Glaubensinhalte zugunsten der rituellen Religionspraxis zurück. Der Buddhismus ist noch heute mit über 70% die dominierende Religion im Inselstaat. Zelebriert werden die Rituale in Shinto-Schreinen. Diese stellen Tore dar, sie die weltliche von der sakralen Welt auf dem „Weg der kami“ trennen. Kami sind hierbei lokale Kräfte und Götter, die dem Menschen zugänglich sind. Dies sind vorbuddhistisch vorliegende religiöse Vorstellungen, die inkulturiert wurden. Zen-Buddhismus Anfang des 13. Jahrhundert wurden der Rinzai- und der Soto-Zen aus China eingeführt. Der Zen entstand dort aus dem Chan-Buddhismus. Hierin wird der Meditation der Vorrang vor den Ritualen eingeräumt. Während der Rinzai-Buddhismus mehr politisch ausgerichtet ist, zeigt sich die Soto-Schule nach innen gewandt. Hier stehen Erleuchtung durch Meditation im Zentrum. Allerdings kennt diese Tradition auch Toten- und Tempelrituale. Den Mönchen ist die Heirat erlaubt. Die inneren Unruhen seit 1603 führten zu einer jahrhundertelangen Isolation bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Somit fehlte Japan der religiöse Input aus China. Die Militäraristrokratie (shogunat) übte eine starke Kontrolle der Tempel. Wie auch in China erstarkte der Neo-Konfuzianismus und wurde zur Staatsdoktrin bestimmenden Religion. Erst mit der gewaltsamen Öffnung durch die US-Amerikaner 1853 wurde der Kaiser und mit ihm die Shinto-Religion wieder eingesetzt. Dies führte zu Repressionen wie Entzug von Privilegien bis hin zu Klosterauflösungen. In der Zeit des japanischen Imperialismus biederte sich der Buddhismus dem Kaiserhaus an. Dieser „Kaiser-Buddhismus“ zielte auf eine Verteidigung und Ausweitung der kaiserlichen Herrschaft. Mit der Abdankung des Kaisers 1945 endete auch der Staatsshinto. Ihm folgte eine Religionsfreiheit. In der Landreform verlor der Buddhismus seine Güter, konnte sich aber wieder um das Lotossutra neu strukturieren. Der stark von Laien getragene ZenBuddhismus engagiert sich heute in besonderer Weise für den Weltfrieden. Die innere Entwicklung führte zu einer Individualisierung, die die Gruppenspiritualität ersetzte. Die Konzentration auf die Meditation macht die vielfältigen Schulen des Buddhismus mit ihrer großen Bandbreite von Inhalten und Pointierungen seit den 1960er Jahren für den Westen interessant. Tibet 8 Tibet war der letzte Ort des unverfälschten Buddhismus. Dennoch weist der bodhisattva-Buddhismus (chos), der sich auf dem Konzil von 771 gegen den Zen-Buddhismus durchgesetzt hatte, einige Besonderheiten auf. Das Drehen des buddhistischen Rades wurde ritualisiert. Darum finden sich in den Handmühlen der Priester und Nonnen auch stationäre Gebetsmühlen (mani-Räder) in den Tempeln. Ferner sind Handglöckchen als Ritualinstrumente gebräuchlich, um auf Weisheit, Ziel und die Vergänglichkeit aufmerksam zu machen. Mit dem Tandra (Faden) entstand im 6. Jahrhundert eine eigene tibetische Literaturgattung. Fast katholisch wirkt die Einbeziehung des ganzen Körpers in das rituelle Tun. Alle körperlichen Sinne werden zur Erlangung des Bewusstseins genutzt. Der große Schub erfolgte im 13. Jahrhundert als die vor den muslimischen Eroberern geflohenen indischen Mönche in Tibet Asyl erhielten. Wie auch in anderen Ländern wurde der Buddhismus von oben nach unten eingeführt und ebenso wie dort waren es die vorhergehenden „Influenzer“ (hier die Bön-Priester), die ihre höfische Stellung erfolgreich zurückgewannen. Im Laufe der Religionsgeschichte bildeten sich in Tibet vier Schulen aus. Neben den noch bestehenden Nyingma (Rotmützen) kamen im 11. Jahrhundert die Sakya-Schule auf, die im 13. Jahrhundert ihre Blütezeit hatte. Etwa 100 Jahre später entwickelte sich die Kagypa-Schule, die verheiratete Mönche kennt. Sie findet im Westen viele Anhänger. Anfang des 15. Jahrhundert kam die Gelupa-Schule auf. Sie ist eng mit dem Kloster Ganden verbunden; später war sie als politische und religiöse Autorität von hoher Bedeutung. Der tibetische Buddhismus zeichnet sich durch einige Besonderheiten aus. Die Rezitation von Mantren (kraftgeladenen Silben) wird intensiv gepflegt. Sie repräsentieren die reine Lehre Buddhas und sind grafische Schutzzeichen, um vor Dämonen zu schützen. Typisch sind die zahlreichen Niederwerfungen (Proskynesen) der Gläubigen bei ihrer Annäherung an den Tempel. Pilgerfahrten und Klosterbesuche zu den großen Festen mit dem Hören der Lehre (dharma) erfreuen sich großer Beliebtheit. Hier werden zu den hohen Festtagen große bunte Rollbilder zur Glaubensstärkung gezeigt. (vgl. Kirchenausstattung in der Renaissance und dem Barock im westeuropäischen Kulturraum). Durch die Farbenpracht sollen alle Sinne der Betrachter angesprochen werden. Darum sind auch farbenprächtige (Sand-) Mandelas (kunstvolle Meditationsbilder) als Zugang zur Gottheit und Zeichen der Vergänglichkeit beliebt. Im Unterschied zum Süden (Indien etc.) kommt im Norden die Visualisierung zum Wort dazu. Der Potala-Palast in Lhasa und der Berg Kailash (Schneejuwel) sind ebenfalls beliebte Ziele von Wallfahrten. Zur Farbenpracht tritt auch eine große Symbolik. Der Tod wird lediglich als Zwischenzustand bis zur Wiedergeburt (nach maximal 49 Tagen) verstanden. Darum wird den Verstorbenen aus dem Totenbuch vorgelesen. Durch Befolgung der hier niedergeschriebenen Anweisungen können sie sich selbst aus dem Rad der Wiedergeburt befreien. Tibet war stets geopolitische Pufferstaat zwischen den Großmächten Russland, China, Mongolei und (britischem) Indien. Oft stand es unter dem Einfluss seiner nördlichen Nachbarn. Man verstand es aber, sich zu arrangieren. So wurde seit dem 16. Jahrhundert der dalai-lama (Ozean des Wissens) als weltlicher und geistlicher Führer durch den mongolischen oder chinesischen Regenten eingesetzt. Eine Autonomie besaß das Land lediglich von 1912-1949. Nach der Invasion durch das kommunistische China 1950 flohen nach dem gescheiterten Aufstand im Jahre 1959 viele Mönche. Sie gründeten im Westen zahlreiche Klöster, um ihre Kultur auch dort weiter lebendig zu halten. Thailand reiche Klöster Sri Lanka Die Missionierung erfolgte hier bereits im 3. Jahrhundert von oben durch die Monarchen (Staatsreligion), die auch als „Verteidiger der Lehre“ fungierten. Die Mönche ihrerseits wirkten am Hof als Berater, Chronisten und Königsmacher. So stützten Religion und Staat gegenseitig ihre Existenz. Durch Donationen wurden die Klöster zu Großgrundbesitzern. Auf dem Land sind sie immer noch die Ritualspezialisten und Berater. Eine Besonderheit sind die Talismane als Schutz gegen Schäden. 9 Neben den Dorfklöstern gibt es dort auch Walderemiten. 1948 bei der Unabhängigkeit Ceylons sah sich das Mönchtum aufgefordert, die Einheit der „Insel des Dharma“ zu wahren. Die Tätigkeit der Mönche öffnete sich auch für diesseitige Rituale (z.B. Bestattungen). Die Religion war in der Kolonialzeit wegen des Verlusts des Schulwesens 1873 in Gefahr. Durch den Druck buddhistischer Literatur (nach 1881) und der Einrichtung eigener Universität konnte der Prozess aufgehalten werden. Erwähnenswert sind die Engagements des Amerika stammenden Konvertiten Henry Steel Olscott (1832-1907) und Anagarika Dharmapala (1864-1933). Noch heute bilden die Buddhisten mit 70% die größte Religionsgruppe (bei 13% Hindus). Der Buddhismus im Westen Der Buddhismus kam auf drei Wegen in den Westen: Die Untersuchungen westlicher Wissenschaftler, durch die Werke von Philosophen, Intellektuellen, Schriftstellern und Künstlern sowie durch die Flüchtlinge aus Tibet und Thailand. Die innere Weiterentwicklung im Westen führte zu einer Individualisierung, die die Gruppenspiritualität ersetzte. Die Konzentration auf die Meditation machte die vielfältigen Schulen des Buddhismus mit ihrer großen Bandbreite von Inhalten und Pointierungen seit den 1960er Jahren für den Westen interessant. Wichtige Impulse dazu gingen bereits von Daisetsu Teitaro Suzuki aus, der von 1921-1940 die buddhistische Philosophie an der in privater Trägerschaft der Jodo-Shinshu-Tradition stehenden Otani Universität in Kyoto (Japan) vertrat. Er galt als westlich orientierter Reformer sowie als Experte für die die Lösung paradoxer Rätsel. Vom Osten wurde er eher spirituell und logisch, vom Westen eher logisch und rational wahrgenommen. Er psychologisierte den Zen als Erfahrungsreligion und machte ihn so auch zur Grundlage anderer Religionen. Dadurch löste er den Zen aus der Institution Religion und machte ihn allgemein. Dadurch wiederum wurde er für Viele anschlussfähig. Suzuki gründete während seiner Reisen in den 1950er Jahren erste Gruppen in den USA, in denen bevorzugt die Zen-Meditation statt der Rituale gepflegt wurden. Getragen wurde der Buddhismus dort durch die junge Beat-Generation, die die buddhistische Lehre als Chance für neuen Freiheiten und Erkenntnisdimensionen (auch in Verbindung mit der Einnahme unterstützender Drogen), Individualisierung und Spiritualität verstanden. In den 1960ern zogen auch viele junge Menschen aus dem Westen nach Indien und Japan, um vor Ort den Buddhismus zu erlernen. Viele dieser Rückkehrer gründeten später in der Heimat neue Klöster. Der Buddhismus in der Schweiz Erst im 19. Jahrhundert wurde die buddhistische Ethik im Westen wahrgenommen. Bescheidene Anfänge erfolgten durch den aus dem hessischen Wiesbaden stammenden Mönch Nyanatiloka Mahathera (Anton Walther Florus Gueth +1957). Seine Ermitage in Lausanne scheiterte allerdings aus finanziellen Gründen. Buddhistische Lese- und Diskussionskreise existierten in der Kriegs- und Nachkriegszeit. Protagonist war hier Max Ladner. Nach Einstellung der Zeitschrift „Die Einsicht“ 1961 löste sich die Bewegung auf. In Berührung mit den Mönchen kam die Schweiz dann 1960 mit den Kontingentflüchtlingen der aus Tibet Geflohenen und in den 1970ern durch die geretteten „boat-people“ des Vietnamkrieges (1955-1975). Die Gruppe der buddhistischen Vietnamesen in der Schweiz beträgt heute 5-6.000 Personen. Erwähnenswert ist das Engagement der Familie Kuhn für deren Integration. Dank ihrer Topffabrik war es ihr möglich, die Flüchtlingshilfe besonders im Bereich der Kinder und Jugendlichen umfangreich zu unterstützen. Die seelsorgerische Betreuung übernahmen bereits die Mönche. In Rikon wurde ein „Tibet-Institut“ gegründet, was dem bis 1970 gültigen Verbot für Klosterneugründungen in der Schweiz entsprach. Der Buddhismus thailändischer Prägung kam überwiegend durch Einheirat von Frauen in die Schweiz. Die Buddhisten stellen 2013 ca. 0,5% der schweizerischen Bevölkerung; die Zahl der dem Buddhismus Nahestehenden ist bedeutend. Heute ist der Buddhismus in der Schweiz mit zahlreichen Angeboten vertreten. So sind in den Städten Genf 19 und Luzern 14 verschiedene buddhistische Zentren. Bevorzugt wird in der Eidgenossenschaft der ZenBuddhismus tibetischer Tradition mit einer stark gekürzten Liturgie, verstärkter Meditation und Umsetzung im Lebensalltag. Zwischen den Orten in der Schweiz mit über 140 buddhistischen Klöstern und Zentren, die zumeist als Retreat- (Rückzugs-) Zentren konzipiert sind, ist ein sogenannter 10 „Diamantweg“ erkennbar. Für die Geflüchteten sind die Tempel und Zentren Gelegenheit zur Pflege der Muttersprache und Tradition. Darum werden nach Aufgabe der Ausbildung in der Schweiz selbst fertig ausgebildete Mönche und Nonnen aus den Heimatländern und dem übrigen Westen benötigt. Gegenwärtig befindet sich der Buddhismus in Europa in der 3. Generation. Das führt dank der gelungenen Integration der Geflüchteten und ihrer Nachgeborenen in neue Fragen. Die Spannung zwischen Traditionserhalt und Inkulturation wächst. Man versucht dem zu begegnen, in dem man u.a. den Jugendlichen die liturgischen Texte übersetzt. Es sind Unterschiede zwischen der Religionspraxis in den verschiedenen Traditionen und Generationen in der Schweiz zu beobachten. In der tibetischen Tradition wechselte das Verhalten von Ritualen, klösterlichen Lebensformen und Mönchtum hin zu individuelleren Praktiken. So werden heute im Westen die Rituale hinterfragt und Religion als reine Lebensphilosophie „privatisiert“. Dies steht im Widerspruch zu dem Bemühen, den Anschluss an die übrige Gesellschaft durch ein Klima der Offenheit zu fördern. Zur Erreichung dieser Ziele wird gelegentlich zu hohen Festen die Öffentlichkeit gesucht und öffentlich zelebriert. Die vietnamesische Tradition sah noch die Pagoden als Treffpunkte zwischen ihnen und ihren Ahnen. Sie waren überdies noch sehr ritualbezogen. Heute müssen die Texte für die Jugend übersetzt werden, die Religionspraxis hat sich trotz ihrer zeitlichen Verkürzung vom Rituellen hin zur Meditation verschoben. Aufgrund des Mönchsmangels leiten Nonnen gelegentlich die Zeremonien. Das stellt auch eine große Chance hinsichtlich ihrer Emanzipation dar. Die unterschiedlichen buddhistischen Traditionen und Gruppierungen (127) sind in der Schweiz in der Schweizerischen Buddhistischen Union (SBU) in Bern als Dachverband auf der Grundlage der „buddhistischen Werte“ seit 1978 zusammengeschlossen. Die Schweiz ist zu einem bedeutenden Knotenpunkt des Buddhismus in Europa geworden. Sie besitzt große Kloster und Zentren, wobei diese wenige ökumenisches Engagement untereinander besitzen. Die Gläubigen setzen sich aus Flüchtlingen, deren Kindern und Konvertiten zusammen, sind somit stark gemischt. Der Buddhismus ist in Europa intellektueller und privater geworden, Meditation und Philosophie nehmen an Bedeutung zu. Wie in der übrigen Welt gibt es auch hier einen bunten Strauß verschiedener Buddhismen, da die Religion durch Verschmelzung mit lokalen religiösen Praktiken, Glaubenslehren und Kulturen eine große Flexibilität aufweist. Wertewandel Seit den 1960er sind zwei Veränderungen zu beobachten: der gesellschaftliche Wertewandel und eine Änderung der Buddhismus-Rezeption. Die Gesellschaft bewegt sich von einem Leben in tradierten, geordneten Rahmen wie Familie, Staat, Kirche hin zu einer starken und verantwortungsärmeren, freieren Individualisierung, in der Selbstentfaltung und Freizeitgestaltung zunehmend an Bedeutung gewinnen. In Folge dieser Entwicklung nimmt auch das Interesse an Religion ab. Auch innerhalb des buddhistischen Lebens kommt es zum Wandel. Der Fokus wandert von der Philosophie und der Diskussion hin zur Meditation, vom Pali- zum praxisorientierteren Zen-Buddhismus japanischer und tibetischer Ausprägung. Die Begegnung mit dem Westen verlangt dem Buddhismus einiges ab. Frauenemanzipation und Demokratisierung werden erwartet, wenn nicht vorausgesetzt. Die Glaubensinhalte werden kritisch hinterfragt und gegebenenfalls als abergläubig oder irrational abgelehnt. Buddhistische Tempel Der buddhistische Tempel hat verschieden Aufgaben zu erfüllen: Er soll ein Ort für buddhistische Mönche, ein Studien-Zentrum, ein Ort der Ruhe, der Meditation und der buddhistischen Lehre sein. Darüber hinaus soll er Hilfe suchenden Menschen nach den buddhistischen Prinzipien Unterstützung bieten. Er soll aber auch ein Zentrum zur Pflege der Heimat-Sprache, -Tradition und der -Kultur sein. Die Tempel stehen für Interessenten der buddhistischen Lehre offen. 11 Thailänder in der Schweiz Die Gruppe der Thailänder in der Schweiz ist relativ klein. Die meisten davon sind mit Schweizer Partnern verheiratet. Darin eingeschlossen sind auch die Kinder, die teilweise aus diesen Ehen stammen, teilweise von thailändischen Frauen aus früheren Beziehungen in Thailand in die Schweiz gebracht wurden. Zur Aufgabe der Mönche gehört es, allen Menschen thailändischer Herkunft sowie Laoten, Kambodschanern und schweizerischen Buddhisten religiöse Unterstützung zu geben, die notwendigen Zeremonien durchzuführen (Geburten, Eheschließungen, Totenehrungen, Einweihungen und anderes), sozialen und psychologischen Rat zu erteilen (insbesondere Eheberatung für den thailändischen wie den schweizerischen Partner) und den Thailändern und ihren Kindern in der Schweiz zu ermöglichen, ihre kulturellen und sprachlichen Wurzeln weiterhin zu pflegen. Der Buddha Als Lebenszeit von Siddharta Gautama (Buddha) wird die Zeit im 6./5. Jahrhundert v. Chr. angenommen. Die Lebenszeit von Siddharta Gautama ist nicht mehr eindeutig festzustellen. In den alten Texten gibt es zwei Chronologien, wonach er entweder 623 v. Chr. oder 566 v. Chr. geboren worden sein soll. Einig sind sich alle Überlieferungen nur darin, dass er 80 Jahre alt geworden ist. Die neuere westliche Forschung nimmt als Lebenszeit etwa 450 bis circa 370 v. Chr. an. Er wird als Sohn des Regenten der Shakya-Republik in Nordindien geboren und verbringt eine unbeschwerte Jugend in materiellen Überfluss. Nach der Sitte der Zeit wird er sehr jung, im Alter von 16 Jahren, mit der Prinzessin Yasodhrara, vermählt. Eines Tages verlässt Gautama die Palastanlagen seiner Familie und begegnet dabei zum ersten Mal einem Greis, einem Schwerkranken und einem Toten. Nun weiß er, dass Alter, Krankheit und Tod unausweichlich mit dem menschlichen Leben verbunden sind. Aufgrund dieser Begegnungen entschließt er sich, nach der Aufhebung des Leidens zu suchen und den Weg aus dem allgemeinen Leid zu finden. Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Im Alter von 29 Jahren, bald nach der Geburt seines einzigen Sohnes Rahula, verlässt er sein Königreich und wird, auf der Suche nach Erlösung, ein Asket. Sechs Jahre lang wandert er als Asket Gautama durch das Tal des Ganges. Während dieser Zeit trifft er berühmte religiöse Lehrer, studiert und folgt ihren Systemen und Methoden und unterwirft sich selbst strenger asketischen Übungen. Auch die Auseinandersetzung mit Philosophen seiner Zeit verschafft ihm keine Befriedigung. Diese vergeblichen Versuche, die Grundlagen für nicht vergängliches und dauerhaftes Glück zu finden, sind der Grund für seine Aufgabe der überlieferten Religionen und ihre Methoden. Er geht seinen eigenen Weg. Eines Abends geht er nach Bodh-Gaya und lässt sich unter einem Feigenbaum, der heute als BodhiBaum -Baum der Weisheit- verehrt wird, nieder, um zu meditieren. Er verspricht, nicht eher wieder aufzustehen, bis er sein Ziel erreicht hat. Schließlich erkennt er in tiefer Meditation das Wesen des Geistes und wird damit erleuchtet, also ein „Buddha“, ein „vollkommen Erwachter“. 12 Nach mehrwöchiger Meditation entwickelt er die Lehre, die es ermöglicht, dem Leid ein Ende zu setzen und Befreiung zu finden. Anschließend geht er zum Gazellenhain in Sarnath bei Benares, trifft dort auf fünf Asketen, seine früheren Gefährten, und hält vor ihnen seine erste Lehrrede. Mit dieser Predigt von Benares setzt er das „Rad der Lehre“ in Gang. Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Von jenem Tag an spricht und lehrt er vor Männern und Frauen aller Volksschichten, vor Königen und Bauern, Brahmanen und Ausgestoßenen, Geldverleihern und Bettlern, Heiligen und Räubern. Die Unterscheidung der Kastenordnung oder die Verschiedenheit der sozialen Gruppen erkennt er nicht an; der Weg, den er lehrt, steht allen Männern und Frauen, also allen Menschen, offen, die bereit sind ihn zu verstehen und zu gehen. Seine öffentliche, geistige Lehrertätigkeit übt er 45 Jahre lang aus, gründet einen Mönch- und Nonnenorden und gewinnt viele Laienanhänger. Er stirbt mit 80 Jahren bei Kushinagari im Land der Mallas und empfiehlt kurz vor seinem Tod seinen Anhängern, seiner Lehre nicht blind zu folgen, sondern alles anhand der eigenen Erfahrungen zu überprüfen. Grundlagen der buddhistischen Lehre Am Anfang steht für die Buddhisten das Leid, am Ende die Erlösung davon. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg dahin ist die Erkenntnis, dass All und Individuum, Vergangenheit und Zukunft einander bedingen. Buddha erklärt, wie die Welt funktioniert –also was letztendlich wirklich und was bedingt ist. Dieses Verständnis ermöglicht das Erleben dauerhaften Glücks. Die buddhistische Lehre wendet sich an alle suchenden Menschen, unabhängig von Nationalität, sozialer Herkunft und Geschlecht. Sie weist Wege aus Leid und Unvollkommenheit zu Harmonie und Glück.