Word-Datei - beim Niederösterreichischen Landtag

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Landtag von NÖ, VIII. Gesetzgebungsperiode
V. Session
5. Sitzung am 10. Dezember 1968
INHALT:
1. Eröffnung durch Präsident Weiss (Seite 61).
2. Abwesenheitsanzeige (Seite 61).
3. Verhandlung:
Voranschlag des Landes Niederösterreich für das Jahr 1969. Berichterstatter: Abg. Anzenberger (Seite
61); Redner: Landesrat Ludwig (Seite 63).
Generaldebatte. Redner: Abg. Sigmund (Seite 71), Abg. Stangler (Seite 77).
Spezialdebatte zur Gruppe 0, Landtag und Allgemeine Verwaltung, ordentlicher und außerordentlicher
Voranschlag. Berichterstatter Abg. Anzenberger (Seite 85); Redner: Landeshauptmannstellvertreter Dr.
Tschadek (Seite 86), Abg. Reischer (Seite 92), Abg. Dr. Brezovszky (Seite 94), Abg. Laferl (Seite 99),
Abg. Stangl (Seite 101), Abg. Cipin (Seite 103), Frau Abg. Körner (Seite 105), Abg. Buchinger (Seite 108),
Abg. Bieder (Seite 110), Abg. Dipl.-Ing. Robl (Seite 115), Abg. Blabolil (Seite 119), Abgeordneter Stangler
(Seite 119), Abg. Czidlik (Seite 121), Landeshauptmann Maurer (Seite 123), Abg. Stangler (Seite 127);
Abstimmung (Seite 127).
Spezialdebatte zur Gruppe 1, öffentliche Ordnung und Sicherheit, ordentlicher Voranschlag.
Berichterstatter: Abg. Anzenberger (Seite 128); Redner: Abg. Ing. Scheidl (Seite 128), Abg. Rabl (Seite
128); Abstimmung (Seite 131).
Spezialdebatte zur Gruppe 2, Schulwesen, ordentlicher und außerordentlicher Voranschlag.
Berichterstatter: Abg. Anzenberger (Seite 131); Redner: Abg. Grünzweig (Seite 131), Abgeordneter
Schoiber (Seite 137).
PRÄSIDENT WEISS (um 10 Uhr 1 Minute): Ich eröffne die Sitzung. Das Protokoll der letzten Sitzung Ist
geschäftsordnungsmäßig aufgelegen. Es ist unbeanstandet geblieben, demnach als genehmigt zu
betrachten. Von der heutigen Sitzung haben sich entschuldigt die Herren Abg. Hubinger, Jirovetz, Wüger,
Schlegl ulnd Wiesmayr.
Wir gelangen zur Beratung der Tagesordnung. Ich bitte den Berichterstatter, Herrn Abg. Anzenberger,
seinen Bericht zu Zahl 420, betr. den Voranschlag des Landes Niederösterreich für das Jahr 1969,
vorzutragen.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Hohes Haus! Ich darf heute dem Hohen Hause den Voranschlag
des Landes Niederösterreich für das Jahr 1969 zur Beratung und Beschlußfassung vorlegen.
Mit diesem Voranschlag hat sich der Finanzausschuß in sehr eingehenden Beratungen befaßt.
Die Behandlung und Genehmigung des Voranschlages ist jene bedeutsamste, jährlich wiederkehrende
Tätigkeit des Landtages, in der er einen Gesamtüberblick über die Aufbringungsmöglichkeiten der Mittel
zur Bestreitung der Ausgaben erhält, in der aber auch wohl abzuwägen ist, wie sehr infolge der
Begrenzung der zur Verfügung stehenden Mittel Maßhaltung auf der Ausgabenseite geboten erscheint.
Die Landesregierung hat entsprechend der Bestimmung der Landesverfassung den Voranschlagsentwurf
rechtzeitig aufgestellt und somit seine Behandlung vor dem Hohen Landtag ermöglicht.
Das vorliegende Werk, welches in klarer und übersichtlicher Weise die voraussichtlichen Einnahmen und
Ausgaben des Landes für das Jahr 1969 darstellt, bietet einen weitreichenden Überblick über den
gesamten Aufgabenbereich der Landesverwaltung und lässt die Tätigkeit unserer Gebietskörperschaft vor
dem Hohen Landtag, aus der finanziellen Schau betrachtet, vorüberziehen.
Der vorliegende Voranschlag, durch den die Landesregierung ermächtigt werden soll, im Jahre 1969 nach
seinen Normen und Regeln zu wirtschaften, ist geeignet, eine Gesamtschau zu bieten über die vielfältigen
Aufgaben der Landesverwaltung und über die weitverzweigten, oft tief in die Wirtschaft unseres Landes
hineinreichenden Auswirkungen, die sich daraus ergeben.
Wenn nunmehr die e4inzelnen Posten dieses Entwurfes zur Behandlung kommen, so möchte ich daran
erinnern, dass das vorliegende Zahlenwerk von den einzelnen Abteilungen in Teilentwürfen erstellt
werden musste und schließlich von der Finanzabteilung in einem Gesamtentwurf zusammenzufassen
war. Es gebührt daher der Finanzabteilung ganz besondere Anerkennung dafür, dass dieses umfassende
Werk in so übersichtlicher Weise erstellt wurde.
Der Voranschlag ist der Form nach gegenüber dem Voranschlag des Vorjahres im wesentlichen
unverändert geblieben.
Ich darf mir nunmehr erlauben, die Einzelheiten des Gesamtvorschlages zur Kenntnis zu bringen.
Die Einnahmen und Ausgaben des Gesamtvoranschlages für das Jahr 1969 zeigen summenmäßig
folgende Ergebnisse:
Die Ausgaben des ordentlichen Voranschlages betragen S 3.355,317.000 und die des außerordentlichen
Voranschlages S 274,785.000, zusammen daher S 3.630,102.000.
Demgegenüber stehen Einnahmen im ordentlichen Voranschlag von S 3.264,469.000 und im
außerordentlichen Voranschlag von S 2,075.000, zusammen somit S 3.266,544.000.
Es ergibt sich somit im ordentlichen Voranschlag ein Abgang von S 90,848.000 und im außerordentlichen
Voranschlag ein solcher von S 272,710.000, daher ein Gesamtabgang von S 363,558.000.
Die Bedeckung dieses Abganges soll durch Einsparungen beziehungsweise Mehreinnahmen und
hinsichtlich des außerordentlichen Voranschlages durch Aufnahme von Darlehen oder Anleihen erfolgen.
Das Gesamtausgabenvolumen des ordentlichen und außerordentlichen Voranschlages für das Jahr 1968
bezifferte sich auf 3.294,603.000 S. Dem steht ein Ausgabenvolumen des Jahres 1968 in der Höhe von
3.630,102.000 S gegenüber. Dies ergibt eine Steigerung von 10,2 Prozent.
Im ordentlichen Voranschlag ergeben sich gegenüber dem Vorjahre Mehrausgaben von S 337,518.000,
denen Mehreinnahmen von S 302,996.000 gegenüberstehen. Es vermehrt sich daher der Abgang
gegenüber dem Vorjahre um S 34,522.000.
Die Mehreinnahmen sind in der Hauptsache auf die höhere Präliminierung der Ertragsanteile an den
gemeinschaftlichen Bundesabgaben und damit im Zusammenhange auch die höhere Präliminierung der
Landesumlage und der Bedarfszuweisungen, auf die höhere Veranschlagung des Kopfquotenausgleiches
und der gemäß § 4 des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 zufließenden Mittel sowie die Ausweitung
verschiedener Einnahmenkredite, insbesondere der Verpflegskostenersätze infolge Erhöhung der
Pflegegebühren, zurückzuführen.
Hinsichtlich der Ausgaben ist zu sagen, dass sich der Personalaufwand um rund 100,800.000 S erhöht,
während der Sach- und Zweckaufwand ein Ansteigen um rund 236,700.000 S zeigt. Nach dem
Rechnungsabschluss 1967 betrug der Personalaufwand 31,01 Prozent der ordentlichen Ausgaben. Er
erhöhte sich im Voranschlag 1968 auf 35,76 Prozent und senkt sich nun im Jahre 1969 auf 35,17 Prozent.
Der Mehraufwand des Personalaufwandes gegenüber dem Vorjahre ist auf die Auswirkung der DPLNovelle 1968 zurückzuführen. Die Steigerung im Sachaufwande ergibt sich vor allem durch die höheren
Ersatzleistungen des Landes an den Bund für die Aktivitätsbezüge der Lehrer an allgemein- und
berufsbildenden Pflichtschulen, durch den höheren Bedarf für die Behindertenhilfe, durch den Zuschuss
zur Errichtung von Abteilungen für Unfallchirurgie an allgemeinen öffentlichen Krankenanstalten in
Niederösterreich und den Mehrbedarf an Tilgungsdienst der Darlehen.
Der unbedeckte Abgang des ordentlichen Voranschlages in der Höhe von 90,848.000 S stellt 2,71
Prozent des Gesamtaufwandes dar. Wenn dieser Abgang auch nicht besorgniserregend ist, muss doch
Vorsorge getroffen werden, dass er durch geeignete Maßnahmen noch im selben Jahre nach Möglichkeit
ausgeglichen wird. Es soll dies, wie schon in früheren Jahren, durch eine allgemeine, gleichmäßig
prozentuelle Kürzung aller Ausgabenkredite des ordentlichen Haushaltes geschehen. Frei von dieser
Kürzung müssen jedoch Pflichtausgaben bleiben, das heißt Ausgaben, welche auf einer gesetzlichen
oder vertraglichen Grundlage beruhen.
Die außerordentlichen Ausgaben für das Jahr 1969 sind mit S 274,785.000 veranschlagt, denen
Einnahmen von S 2,075.000 gegenüberstehen. Es ergibt sich sonach ein ungedeckter Abgang von S
272,710.000.
Die Kredite des außerordentlichen Voranschlages, welche in der Hauptsache Baukredite darstellen,
können vielfach in dem Jahre, in dem sie bewilligt werden, nicht voll ausgenützt werden. Es ist daher
notwendig, wie schon in den Vorjahren, die Genehmigung zu erteilen, dass eventuelle Kreditreste über
Rücklagen dem Verbrauch in den nächsten Rechnungsjahren zugeführt werden können.
Bei der Vergabe von Bauaufträgen ergibt sich aus der Tatsache, dass bei Beginn des Baues nicht schon
die Kreditmittel für das gesamte Bauvorhaben zur Verfügung gestellt werden können, eine besondere
Schwierigkeit. Für die Bauführung ist es vielfach nicht möglich, an die bauausführenden Firmen nur
Teilaufträge, die sich im Rahmen des zur Verfügung stehenden Kredites halten, zu vergeben, sondern sie
müssen meist darüber hinaus schon Aufträge vergeben, die über den bewilligten Jahreskredit
hinausgehen, um den Baufortschritt nicht zu hemmen. Es ist daher notwendig, dass der Hohe Landtag die
Gesamtkosten, welche bei den einzelnen Bauvorhaben angegeben sind, und die dem Voranschlage
angeschlossenen Finanzierungspläne zur Kenntnis nimmt, sowie die Bewilligung erteilt, dass nach dem
Baufortschritt Aufträge bis zur Höhe der Gesamtkosten vergeben werden, die Bezahlung jedoch nur
insoweit erfolgen darf, als entsprechende Kreditmittel zur Verfügung stehen.
Wie aus dem Nachweis über den Schuldendienst des Landes im Jahre 1969 zu entnehmen ist, bestehen
seitens des Landes eine Reihe von Darlehensverpflichtungen, die im Hinblick auf ihre Kurzfristigkeit
beziehungsweise ihre hohe Verzinslichkeit den Darlehensdienst in einem überhöhten Ausmaß in
Anspruch nehmen. Weiters wurden Kassenmittel des Landes in Form einer inneren Anleihe zur teilweisen
Bedeckung des Abganges des Jahres 1967 herangezogen. Auch hier muss vorgesorgt werden, dass,
fass die Kassenmittel benötigt werden, diese innere Anleihe in Anleihen oder Darlehensverpflichtungen
des Landes bei Geldinstituten übergeführt werden kann. Die Landesregierung wäre daher zu
ermächtigen, bei einer günstigen Situation auf dem Kapitalmarkte Konvertierungen solcher Darlehen
vorzunehmen. Dem Voranschlag ist weiters der Dienstpostenplan für das Jahr 1969 angeschlossen.
Gemäß § 6 Abs.1 der Dienstpragmatik der Landesbeamten 1966 hat er die Zahl der benötigten
Dienstposten und ihre Verteilung auf die einzelnen Dienstzweige, getrennt nach Verwendungsgruppen
und Dienstklassen, zu enthalten.
Gegenüber dem Vorjahr, wo der Hohe Landtag 12.243 Dienstposten genehmigt hatte, wird nunmehr eine
Verminderung um 52 Dienstposten beantragt, so dass für das Jahr 1969 insgesamt 12.191 Dienstposten
zur Genehmigung vorgeschlagen werden. Diese Veränderung wird wie folgt begründet:
A. Dienstposten zu Lasten des Landes.
Bei der Behördenverwaltung ergibt sich eine Vermehrung um 31 Dienstposten, denen eine Einziehung
von 29 Dienstposten gegenübersteht. Bei den Landesanstalten erhöht sich die Zahl der Dienstposten um
16, wogegen 6 Dienstposten eingespart werden.
Bei den Landesschulen ergibt sich eine Vermehrung um 41 Dienstposten, denen eine Verminderung von
1 Dienstposten und eine Umschichtung von 16 Dienstposten gegenüberstehen. Durch Verbundlichung
der Technischen Landes-Lehrer- und Versuchsanstalt Waidhofen an der Ybbs konnten 10 Dienstposten
aufgelassen und 15 Dienstposten umgeschichtet werden.
Die Vermehrung im Kindergartendienst um 50 Dienstposten dient der Deckung für die im kommenden
Jahr zu eröffnenden Landeskindergärten. Einer Vermehrung von 11 Dienstposten bei der
Straßenverwaltung steht die Auflassung von 46 nicht besetzten Dienstposten gegenüber. Im Sektor
Straßendienst sind zusätzlich 13 Dienstposten erforderlich, wogegen 69 unbesetzte Dienstposten
aufgelassen werden.
B Bei den Dienstposten, die 50 Prozent zu Lasten des Landes verrechnet werden, haben sich keine
Veränderungen ergeben.
C Dienstposten durchschnittlich 84 Prozent zu Lasten des Bundes. In dieser Sparte sind 6 zusätzliche
Dienstposten erforderlich, denen eine Reduzierung von 16 unbesetzten Dienstposten gegenübersteht.
D Dienstposten zu Lasten des Bundes. Dieser Abschnitt enthält die bis zur endgültigen Übernahme von
31 Bediensteten der Technischen Lehr- und Versuchsanstalt Waidhofen an der Ybbs erforderlichen
einziehbaren Dienstposten.
E Dienstposten zu Lasten des Bundes gemäß § 1 FAG. 1967. In diesem Bereich steht eine Vermehrung
um 20 Dienstposten einer Reduzierung von 22 unbesetzten Dienstposten gegenüber.
F Die Zahl der zur Einziehung bestimmten Dienstposten konnte um 10 gesenkt werden.
Ich ersuche den Herrn Präsidenten, die Verhandlung zum Voranschlag für das Jahr 1969 einzuleiten.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zu Wort gelangt der Finanzreferent des Landes, Herr Landesrat Ludwig.
LANDESRAT LUDWIG: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Der Artikel 23 des
Landesverfassungsgesetzes für das Land Niederösterreich trägt der Landesregierung auf, vor Ablauf des
Finanzjahres dem Landtag einen Voranschlag über die Einnahmen und Ausgaben für das folgende Jahr
vorzulegen. Die NÖ Landesregierung hat mit ihrem Beschluss vom 5. November 1968 diese Verpflichtung
erfüllt und dem Hohen Hause den Voranschlag für das Jahr 1969 zur geschäftsordnungsgemäßen
Behandlung vorgelegt.
Ich habe mit voller Absicht die Vorlage des Budgetentwurfes zu einem verhältnismäßig frühen Zeitpunkt,
verglichen mit den Vorjahren, veranlasst, um die Möglichkeit zu geben, ihn eingehend und intensivst zu
beraten. Von Richelieu stammt die Bezeichnung der Staatsfinanzen als „Nerven des Staates“. Wir deuten
dieses Wort heute dahin, dass die Staatsfinanzen so wichtig sind wie die Nerven im menschlichen Körper,
ohne deren Wirksamkeit keine Tätigkeit irgendeines Körperorganes möglich wäre. Richelieu hat von den
Staatsfinanzen als den Nerven des Staates aber deswegen gesprochen, weil sie den profanen Augen der
Untertanen verborgen bleiben sollten; und er wollte damit sagen, dass der Staatshaushalt und die
Staatsrechnung geheime, nicht für das Volk bestimmte Angelegenheiten seien.
Für uns ist der Grundsatz der Öffentlichkeit der Verwaltung und der Budgetpublizität eine
Selbstverständlichkeit. Er ist integrierender Bestandteil des demokratischen Prinzips. Es entspricht daher
durchaus den Grundsätzen, dass sich die Volksvertretung gewissenhaft der Aufgabe der Beratung des
Haushaltsplanes ohne jeden Zeitdruck unterzieht.
Ich habe den von der Finanzabteilung erstellten Entwurf, der Gepflogenheit meiner Vorgänger folgend, vor
seiner Vorlage an die Regierung als Kollegialorgan mit den einzelnen Herren Regierungsmitgliedern
insoweit beraten, als sich die Voranschlagsansätze im Hinblick auf die Verwaltung der Kredite auf ihren
Zuständigkeitsbereich beziehen. Ich halte dieses Vorgehen insbesondere deshalb für zweckmäßig, ja
notwendig, weil die von der Finanzabteilung zusammengefassten Anträge der einzelnen Abteilungen
bezüglich der Höhe der Ausgabenpositionen einen Budgetrahmen ergaben, der weit über das Maß des
Möglichen hinausgegangen wäre. Wenngleich mir als Finanzreferenten, das erste Mals die Aufgabe
gestellt war, einen Landesvoranschlag zu erstellen, und auch der beamtete Chef des Finanzressorts
erstmalig mit dieser Aufgabe konfrontiert war, gehe ich wohl nicht fehl in der Annahme, dass auch in den
Vorjahren keine volle Befriedigung der jeweils geäußerten Wünsche erfolgen konnte. Ich möchte Ihnen
nicht verschweigen, dass diese Zusammenfassung um mehr als 1.000,000.000 S über jenem
Ausgabenrahmen gelegen war, den der Ihnen vorliegende Entwurf nun aufweist. Es ist kein Geheimnis,
dass bei den gestellten Ressortanträgen immer Streichungen vorgenommen werden mussten, und es
könnte damit der Eindruck entstehen, es sei zur Praxis geworden, die Bedürfnisse überhöht anzugeben,
um dann bei den Verhandlungen das Mögliche oder, anders ausgedrückt, das unbedingt Notwendige zu
erreichen. Ich spreche hier ganz offen aus, dass ich nicht der Auffassung bin, dass die Ressortanträge
leichtfertig gestellt wurden. Das haben mir die erwähnten Budgetvorbesprechungen bewiesen, bei denen
für jede Anforderung eine wohlbegründete Motivierung gegeben wurde.
Ich möchte daher die Gelegenheit auch nicht vorübergehen lassen, den Leitern der kreditverwaltenden
Dienststellen für die sicherlich gewissenhaft erstellten Budgetanträge zu danken. Ich richte meinen Dank
aber auch und besonders an meine Regierungskollegen für die Mitwirkung bei den Vorberatungen und für
das Verständnis, das sie den gegebenen Notwendigkeiten und Möglichkeiten entgegengebracht haben,
so sehr ich das Bemühen jedes einzelnen der Herren schätze, für jeden Budgetansatz eine solche
Dotierung zu erreichen, der die restlose Erfüllung aller bestehenden Aufgaben und Bedürfnisse
ermöglichen würde.
Aber, meine Damen und Herren des Hohen Hauses, der Finanzreferent ist nun einmal gezwungen, die
möglichen Ausgaben nach den zu erwartenden Einnahmen zu orientieren. Ich weiß sehr wohl, dass die
klassische Theorie der Finanzwissenschaft eine andere Praxis des Budgetierens der öffentlichen Hand
lehrt: Danach nämlich hat der Staat – und ein Bundesland ist in diesem Sinne als solcher aufzufassen –
ganz bestimmte Aufgaben zu erfüllen, die ihm durch Verfassung und Gesetz vorgezeichnet sind. Für die
Erfüllung dieser Aufgaben benötigt er Geld, das er sich durch das Instrument der Abgabengesetzgebung
beschafft. Durch die Abgabengesetzgebung hat der Staat sich so viele Einnahmen zu erschließen, als er
für die seiner Verwaltung gesetzlich obliegende Erfüllung seiner Aufgaben benötigt.
Diese Theorie mag sehr schön klingen, sie mag ihre Richtigkeit gehabt haben in einer Zeit, als der Staat
seine Tätigkeit auf den hoheitlichen Bereich beschränkte. Nun sind aber dem Staat in den letzten
Jahrzehnten in immer stärkerem Maße zahlreiche Aufgaben und Funktionen zugewachsen, die
zwangsläufig in den öffentlichen Haushaltsplänen ihren Niederschlag finden. Während früher etwa die
Fürsorge das Tätigkeitsfeld privater karitativer Organisationen war, ist sie heute weitgehend
Aufgabenbereich der staatlichen Verwaltung. Ich erinnere nur an das gewaltige Gebiet der
Sozialgesetzgebung und –verwaltung. Oder wenn früher jede Einflussnahme des Staates auf das
wirtschaftliche Geschehen als eine Einmischung betrachtet wurde, so wird doch heute die staatliche
Intervention geradezu gefordert. Dieses Eingreifen des Staates wird nicht etwa nur von den wirtschaftlich
Schwächeren als Schutz gegen den Stärkeren verlangt, sondern die Gesamtwirtschaft erwartet heute vom
Staat, dass er eine starke Wirtschaftspolitik betreibt. Sie erwartet auch von der Finanzpolitik des Staates
Auswirkungen auf das wirtschaftliche Geschehen in allen Bereichen.
Das gilt aber nicht nur für den Bund, sondern es gilt für alle Gebietskörperschaften, ja für alles das, was
man als öffentliche Hand schlechthin bezeichnet.
Diese Aufgabenvermehrung hat zu einer wesentlichen Erhöhung des Personalstandes geführt; diese
Funktionserweiterung hat aber auch dazu geführt, dass die Anforderungen an die öffentliche Hand und
insbesondere an die öffentlichen Haushalte sehr wesentlich gestiegen sind. Mit der Ausdehnung des
Aufgabenbereiches ist aber auch der Umfang jener Ausgaben angewachsen, die wir als Pflichtausgaben
bezeichnen, jener also, zu denen der Staat gesetzlich verpflichtet ist, für deren Bedeckung also jedenfalls
vorzusorgen ist, weil hier zum großen Teil durchsetzbare Ansprüche bestehen, die bei Nichteinhaltung im
Verwaltungswege oder auch vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden können. In diese
Gruppe fällt der größte Teil der Personalkosten, aber auch eine ganze Reihe anderer Ausgaben. So räumt
etwa das Blindenbeihilfengesetz des Landes bei Zutreffen der Voraussetzungen einen Anspruch auf
Beihilfe in gesetzlich bestimmter Höhe ein. Es unterliegt keinem Zweifel, dass budgetmäßig für diesen
Aufwand vorzusorgen ist, wenngleich bei Erstellung des Haushaltsplanes die Ausgabenhöhe nicht
bekannt ist, weil nicht vorhergesehen werden kann, wie viele bereits zuerkannte Ansprüche im Laufe des
kommenden Jahres erlöschen bzw. wie viele Fälle neu entstehen werden.
Auf eine zweite Gruppe von Pflichtausgaben ist Bedacht zu nehmen, für die eine grundsätzliche,
gesetzlich festgelegte Verpflichtung besteht, deren Umfang aber in seiner finanziellen Auswirkung nicht
fixierbar ist. Ich erinnere etwa daran, dass nach den Bestimmungen des NÖ Landesstraßengesetzes das
Land für die Instandhaltung der Landesstraßen verantwortlich ist. Inwieweit die Landesstraßenverwaltung
dieser Verpflichtung nachzukommen vermag, hängt aber davon ab, in welchem Umfang für diesen Zweck
Budgetmittel zur Verfügung gestellt werden.
Wenn Sie, meine Damen und Herren, sich also die Frage vorlegen – und Sie haben das sicherlich schon
oft getan -, wieweit denn überhaupt ein Ermessensspielraum bei der Ausgabendisposition in Anbetracht
dieser Tatsachen bleibt, dann werden Sie zu einem sehr wenig befriedigenden Ergebnis kommen. Es
zeigt sich nämlich, dass der Prozentsatz solcher echter Ermessensausgaben, gemessen am
Gesamtausgabenrahmen, bei 6 bis 8 Prozent liegt. Ich unterstelle hier allerdings, dass Pflichtausgaben,
für welche der Umfang in seiner finanziellen Auswirkung nicht fixiert ist, aus der Ermessensdisposition
ausgeklammert sind. Denn es steht zum Beispiel außer Frage, dass etwa Ausgaben für die
Instandhaltung der Amtsgebäude, für Hauserfordernisse, für Kanzleieinrichtungen, für Porto und Telephon
und so weiter als Pflichtausgaben aufgefasst werden müssen, wenngleich eine ausdrückliche gesetzliche
Bestimmung nicht besteht, weil eben vom Land der Aufwand für den Behördenapparat zu tragen ist.
Sicherlich könnte auch bei vielen Ansätzen etwa der Gruppe 3, ja praktisch einer jeden Gruppe darüber
diskutiert werden, ob eine echte Verpflichtung oder Notwendigkeit besteht. Aber wenn Kulturwesen nun
einmal auch als Aufgabe des Landes – selbstverständlich nicht nur des Landes – aufgefasst wird, dann
wird auch die Notwendigkeit dieser Ausgaben anzuerkennen sein, wobei selbstverständlich wieder
vorauszusetzen ist, dass die Ressortanträge nach gewissenhafter Prüfung gestellt werden. Das wird aber
von der Finanzverwaltung, wie ich bereits gesagt habe, nicht in Zweifel gestellt. Wenn also einerseits an
das Budget die Forderung nach konjunkturpolitischer Orientierung erhoben wird, dann müssen wir sehr
nüchtern feststellen, dass die Möglichkeiten einer solchen Ausrichtung durch die Tatsache sehr eingeengt
werden, dass ein großer Teil der Einnahmen des Landes für Pflichtausgaben gebunden ist, die keiner
Umschichtung zugänglich sind. Dazu kommt als weiteres Faktum der Umstand, und zwar als Folge der
bundesstaatlichen Organisation unseres Landes, dass die Länder den überwiegenden Teil ihrer
Einnahmen aus den Erträgnissen von Abgaben schöpfen, die bundesgesetzlich geregelt sind. Sicherlich
wurde die Aufteilung des Ertrages in den Verhandlungen über den Finanzausgleich zwischen den
beteiligten Gebietskörperschaften paktiert und ist daher den Ländern für die Zeit der Gültigkeit des
Finanzausgleiches garantiert. Weiters bestimmt § 6 des Finanzausgleichsgesetzes 1967, dass der Bund
mit den am Finanzausgleich beteiligten Gebietskörperschaften vor der Inangriffnahme von
steuerpolitischen Maßnahmen, die für die Gebietskörperschaften mit einem Ausfall an Steuern, an deren
Ertrag sie beteiligt sind, verknüpft sein können, Verhandlungen zu führen hat. Während sich der Bund
aber durch Änderung der Steuergesetze neue oder zusätzliche Einnahmen verschaffen kann, ohne die
Länder zu beteiligen, ist den Ländern dieser Weg praktisch verschlossen, wenngleich den Ländern das
sogenannte Steuerfindungsrecht unbenommen geblieben ist. Die geringe Bedeutung dieser
„Abgabenfindung“ wird dadurch sehr deutlich, dass die auf Grund landesgesetzlicher Vorschrift erhobenen
Einnahmen kaum 5 Prozent des Gesamteinnahmenrahmens ausmachen. Die Verhältnisse liegen hier bei
allen Ländern ziemlich gleich. Zur Ehre des Bundesgesetzgebers möchte ich in diesem Zusammenhang
bemerken, dass er die auf Grund des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1968, BGBl. Nr. 302, nunmehr
erhobene Sonderabgabe von alkoholischen Getränken zur gemeinschaftlichen Bundesabgabe erklärt hat
und ihr Ertrag also zwischen Bund, Ländern und Gemeinden geteilt wird.
Ich möchte allerdings nicht unerwähnt lassen, dass diese Beteiligung den Ländern nicht als Geschenk
zugefallen ist, sondern dass es langer und zäher Verhandlungen der beteiligten Gebietskörperschaften
mit dem Bund bedurfte, bis dieses Ergebnis erzielt werden konnte.
Wir dürfen aber auch die Schwierigkeiten des Bundes als des „allmächtigen“ Steuergesetzgebers nicht
übersehen. Das hat mit der politischen Couleur seiner Regierung oder der Mehrheit im Parlament nichts
zu tun. Auch die Möglichkeit der Einnahmenvermehrung durch das Mittel der Erhöhung der Abgaben hat
ihre Grenzen. Diese Grenzen liegen einerseits dort, wo sich Steuern wirtschaftsfeindlich auszuwirken
beginnen, andererseits dort, wo die Belastung des Staatsbürgers unzumutbar wird. Sicherlich gehen die
Meinungen darüber, wo diese Grenzen liegen, auseinander. Hier wird das Gesamtinteresse immer wieder
in einem Konflikt zu – durchaus verständlichen und subjektiv berechtigten – Einzel- und
Gruppeninteressen stehen. Denn wer verzichtet schon gerne auf etwas, was ihm einmal zugestanden
wurde, oder wer nimmt etwa gar bereitwillig eine Mehrbelastung auf sich; Das ist allerdings keine auf
Österreich beschränkte Erscheinung. So sprachen sich bei einer Umfrage des schwedischen
Meinungsforschungsinstitutes im Jahre 1959 über die Frage, wie das Haushaltsdefizit des schwedischen
Wohlfahrtsstaates am besten gedeckt werden könnte, fast zwei Drittel der Befragten für kräftige
Ausgabenkürzungen, dagegen nur 6 Prozent für erhöhte Besteuerungen aus.
Ich darf mir nun einige Bemerkungen zum Haushaltsplan für das Jahr 1969 selbst und zu den von der
Finanzverwaltung bei seiner Erstellung maßgeblichen Überlegungen gestatten:
Wie Sie den Ausführungen des Herrn Berichterstatters entnehmen konnten, gliedert sich der Voranschlag
wie schon in den Vorjahren in einen ordentlichen und einen außerordentlichen Teil, wobei in den letzteren
grundsätzlich jene Ausgaben verwiesen wurden, welche eine Vermehrung des Vermögens des Landes
herbeizuführen geeignet sind.
Den Einnahmenerwartungen aus Ertragsanteilen wurden die tatsächlichen Eingänge der Monate Jänner
bis November des Jahres 1968, denen jene des Dezember 1967 zugerechnet wurden, zugrunde gelegt.
Die Einnahmen aus der bereits erwähnten Sonderabgabe von alkoholischen Getränken wurden mit 20
Millionen Schilling angenommen.
Ich stelle ohne weiteres außer Streit, dass Einnahmenschätzungen des Bundes vorliegen, nach welchen
auf verschiedenen Sektoren höhere Einnahmen erwartet werden können. Es ist an mich auch die Frage
gerichtet worden, warum die Finanzverwaltung nicht der Bundesprognose gefolgt ist, und es ist in diesem
Zusammenhang mein Zukunftsoptimismus in Frage gestellt worden.
Ich darf dazu folgendes feststellen:
Die Gestaltung des Gebarungserfolges in sehr vielen Sparten und insbesondere in den bedeutenden
Einnahmengruppen hängt weitgehend von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung im kommenden Jahr
ab.
Ich gebe auch ohne weiteres zu, dass diese Wirtschaftsentwicklung von maßgeblichen Fachleuten
durchaus günstig beurteilt wird. Es gibt aber auch Meinungen von Fachleuten, welche die
Konjunkturentwicklung für 1969 als „nicht übermäßig stark“ und „je nach Wirtschaftszweigen
unterschiedlich“ einschätzen. Es ist Ihnen bekannt, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die
Wirtschaftswissenschaft bis heute kein absolut verlässliches Konjunkturbarometer kennt. Die
Finanzverwaltung wollte Ihnen ein sehr realistisches Budget vorlegen, ein Budget, das auf einer sicheren
Einnahmengrundlage beruht. Der Abgang von knapp 91 Millionen Schilling im ordentlichen Teil wird,
soweit nicht Einsparungen vorgenommen werden können, erwartungsgemäß durch Mehreinnahmen zu
bedecken sein.
Dazu kommt noch eine weitere Überlegung, die ich Ihnen gleichfalls nicht verschweigen möchte, wobei
ich glaube, durchaus mit den Intentionen des Hohen Hauses konform zu gehen:
Am 1. Jänner des kommenden Jahres tritt das NÖ Raumordnungsgesetz in Kraft. Aus den
Debattenbeiträgen zu dieser Vorlage im Plenum war zu entnehmen, dass an dieses Gesetz sehr große
Erwartungen geknüpft werden. Die NÖ Landesregierung wird sich also sehr bald mit der Frage der
Erlassung von Raumordnungsprogrammen zu beschäftigen haben. Es dürfte außer Zweifel stehen, dass
raumordnungspolitische Maßnahmen auch den Einsatz entsprechender Landesmittel erfordern werden.
Wir werden die Einnahmenentwicklung in den ersten Monaten des kommenden Jahres sehr genau
verfolgen, und wir werden daher dem Hohen Hause, sobald diese Entwicklung überblickbar ist und
verlässlich eine Einnahmensteigerung erwarten lässt, einen Budgetnachtrag vorlegen, der bereits
Raumordnungsprogrammen entsprechend orientiert sein könnte. Ich stelle nicht in Abrede, dass auch die
Frage dieses Eventualbudgets zur Überlegung gestanden ist, weil eben diese günstigen
Bundesprognosen vorgelegen sind. Wir sind aber doch zu dem Schluss gekommen, dass
raumordnungspolitischen Zielsetzungen durch das vom Landtag hiefür berufene Organ, nämlich die
Landesregierung als Kollegialorgan, durch die gewählte Vorgangsweise weit besser Rechnung getragen
werden könnte.
Mein Hinweis auf den Umfang der Pflichtausgaben des Landes hat, glaube ich, gezeigt, das wesentliche
konjunkturpolitische Impulse mit starkem antizyklischem Effekt vom Landesbudget ohne Vornahme einer
gesamten Umorientierung nicht ausgehen können, weil auch in vielen anderen Ausgabenansätzen eine
gewisse Erstarrung durch die langjährige Praxis eingetreten ist. Das ist eine Erscheinung, die in allen
Bereichen des gesellschaftlichen Geschehens festzustellen ist. Und es bedarf eines kraftvollen Anstoßes,
um Neuerungen durchzuführen.
Wir müssen uns darüber im klaren sein, dass das wirkungsvollste Instrument der Konjunkturpolitik derzeit
die Notenbank ist, und dass im wesentlichen nur das Bundesbudget konjunkturpolitische Auswirkungen
größeren Maßes bringen kann. Ich will damit nicht allgemein in Abrede stellen, dass etwa bei Auftreten
ernster krisenhafter Erscheinungen von der Gesamtheit der Budgets aller Gebietskörperschaften, wenn
diese aufeinander abgestimmte, koordinierte Maßnahmen vorsehen, antizyklische Wirkungen ausgehen
könnten. Dazu bedürfte es allerdings harter Entschlüsse in der Budgetpolitik und insbesondere des
Verzichtes auf eine Reihe von Ausgaben zugunsten der höher zu wertenden Notwendigkeit. Ich bin mir
auch sehr wohl bewusst, dass im Hinblick auf die Budgethoheit der Gebietskörperschaften eine solche
Abstimmung der Haushaltspläne nur auf der Basis der Freiwilligkeit erfolgen könnte. In einem solchen
Falle, ich betone aber, nur in einem solchen Falle, wären auch außerordentliche Finanzierungsmethoden
vertretbar.
Damit soll aber nicht in Frage gestellt werden, dass dem Landesbudget eine eminente wirtschaftliche
Bedeutung zukommt. Denn sicherlich kann es für die Gesamtwirtschaft des Landes nicht ohne
Rückwirkung bleiben, wenn 3,630,000.000 S für bestimmte Ausgabengebiete bestimmt werden. Letzten
Endes bewirkt ja der Haushaltsplan nichts anderes als eine Umverteilung der Einkommen im weitesten
Sinn. Die im Wege der Abgaben abgeschöpften Einkommensteile werden in eine bestimmte
Ausgabenrichtung gelenkt. Gewiss hat jede Disposition über Geldmittel Auswirkungen auf die Wirtschaft,
und es fließen selbstverständlich zum Beispiel auch die Gelder, die als Gehälter den Bediensteten des
Landes ausbezahlt werden, in die Wirtschaft. Das Land selbst hat hier aber keinen Einfluss darauf, in
welche Kanäle der Wirtschaft dieses Geld gelangt. Es wird überwiegend für Konsumausgaben
Verwendung finden, es wird aber auch der eine oder der andere etwa für eine Wohnung, ein Auto oder für
andere Dinge sparen.
Nun gibt es aber eine ganze Reihe von Wirtschaftszweigen in unserem Land, die regelmäßig Aufgaben
der öffentlichen Hand erhalten, ja auf öffentliche Arbeiten geradezu angewiesen sind. Ich erinnere an
Straßenbaufirmen, an Wasserbaufirmen, ja an die Bauwirtschaft überhaupt. Es würde zweifellos zu
schweren wirtschaftlichen Auswirkungen kommen, wenn auf diesen Gebieten die öffentlichen Aufträge
ausbleiben würden, weil plötzlich keine Budgetmittel dafür vorhanden wären.
Ich wollte damit unterstreichen, dass ich selbstverständlich die wirtschaftliche Bedeutung des Budgets und
der Ausgabenorientierung insbesondere auch im Hinblick auf die Sicherung von Arbeitsplätzen keinesfalls
unterschätze, und dass bei der Erstellung des Haushaltsplanes selbstverständlich auch solche
Erwägungen eine Rolle spielen müssen.
Ich möchte kurz die derzeit vorgesehenen budgetmäßigen Ausgaben in dieser Richtung durchleuchten:
Für den „Personalaufwand“ ist im kommenden Jahr ein Betrag von 1.180,000.000 S erforderlich. Dieser
Betrag bedeutet gegenüber dem Vorjahr einen Mehraufwand von 100,000.000 S, er liegt aber mit 35,17
Prozent der ordentlichen Ausgaben prozentuell unter dem Voranschlag des Jahres 1968. Dazu kommen
Ausgaben für sogenannte persönliche Sachaufwendungen, unter denen zum Beispiel
Aufwandsentschädigungen, Reisegebühren, Bekleidung und Ausrüstung verstanden werden, die mit zirka
74,000.000 S angesetzt sind. Das Gros dieses Aufwandes entfällt auf Reisegebühren, und hier ist wieder
der Straßendienst sehr wesentlich beteiligt.
Rein theoretisch wäre hier eine Senkung des Etats möglich. Wenn aber etwa das Reisegebührenetat
beim Straßendienst verringert würde, hätte das zur Folge, dass eine Reihe von Regiearbeiten durch
landeseigenes Personal nicht mehr durchgeführt werden könnte, was wieder bedeuten würde, dass eine
Anzahl von Vorhaben nicht zur Ausführung käme. Einsparungen auf diesem Sektor würden daher das
Gegenteil der beabsichtigten Wirkung erzeugen. Ja, sie sind auf diesem Sektor vielfach unumgänglich,
wenn ich nur daran erinnere, dass der Winterdienst auf den Straßen im Interesse der Sicherheit des
Verkehrs gewährleistet werden muß!
Den Bestimmungen der Dienstpragmatik entsprechend ist dem Budgetentwurf der Dienstpostenplan
angeschlossen. Ich habe darauf hingewiesen, dass durch das Anwachsen der Agenden zwangsläufig
eine Vermehrung des Personalstandes eingetreten ist. Sie alle kennen aber die Bemühungen, die unter
dem Schlagwort „Verwaltungsreform“ zusammengefasst werden und die auch in der Richtung einer
Verminderung der Personalstände gehen. Ich darf darauf hinweisen, dass der Dienstpostenplan 1969
eine Zahl von 12.191 Dienstposten gegenüber 12.243 im Vorjahr und 11.456 im Jahr 1967 aufweist. Zum
erstenmal seit Jahren ist also eine Verringerung der Dienstposten zu konstatieren.
Als weitere große Ausgabengruppe fällt der „Amtssachaufwand“ erheblich ins Gewicht. Dazu zählt etwa,
wenn ich nur einige Beispiele erwähnen darf, die Erhaltung der Amtsgebäude, die Kanzleieinrichtungen,
Beleuchtung und Stromkosten, Kraftfahrzeugbetriebe, Landesanstalten, Heime und Schulen und so
weiter. Hiefür ist ein Betrag von zirka 206,000.000 Schilling erforderlich. Auch hier handelt es sich um
Ausgaben, die getätigt werden müssen, wenn der Betrieb in den Ämtern, Anstalten und sonstigen
Einrichtungen des Landes aufrechterhalten werden soll, ohne dass wesentliche Einsparungen
vorgenommen werden können. Es eröffnet sich hier aber auch kaum die Möglichkeit einer Umorientierung
der Ausgaben in einem nennenswerten Umfange.
Eine wesentliche Ausgabenpost stellen jene Ausgaben für den sogenannten „gesetzlichen
Zweckaufwand“ dar, für welchen für das Jahr 1969 mit einem Gesamtbetrag von rund 525,000.000 S
gerechnet werden muss. Hier sind Ausgabengruppen zusammengefasst, die ebenfalls auf Grund
gesetzlicher Verpflichtungen des Landes getätigt werden müssen. Darunter fallen zum Beispiel der
10prozentige, vom Land an den Bund zu leistende Ersatz zu den Bezügen der Pflichtschullehrer mit
einem Betrag von 105,000.000 Schilling, die Zuschüsse an die Gemeinden zu den Bezügen der
Kinderwärterinnen mit 12,000.000 S, die Kosten für die Unterbringung von Geisteskranken mit 88,000.000
S, die Blindenbeihilfen mit 22,000.000 S, Zuschüsse zur Deckung des Betriebsabganges der
Krrankenanstalten mit nahezu 50,000.000 S und ähnliches. Auch bezüglich dieser Ausgaben sind die
Möglichkeiten der Ausrichtung sehr beschränkt.
Eine weitere Ausgabengruppe wird finanzterminologisch unter „Sonstigem Zweckaufwand“
zusammengefasst. Unter diesem Titel sind Ausgaben verschiedener Art verstanden, von denen ich einige
wesentliche anführe, um Sie ins Bild zu setzen. Hier wird etwa der Abgang der
Grundsteuereinhebungsämter mit 3,700.000 S, der Zuschuß vom Niederösterreichischen
Tonkünstlerorchester mit nahezu 10,000.000 S, die Instandhaltung von Landesstraßen mit 40,000.000 S,
der für den Schuldienst erforderliche Betrag von 330,000.000 S untergebracht. Das Gesamterfordernis
liegt bei zirka 500,000.000 S. Abgesehen vom Schuldendienst und einigen anderen Positionen
erscheinen hier Umschichtungen bei etwa 100,000.000 Schilling auf Sicht möglich.
Es kann somit als feststehend angenommen werden, dass 2.000,000.000 S innerhalb des
Ausgabenrahmens nicht umorientiert werden können.
Die Gruppe der „Zweckgebundenen Einnahmen“ stellt sich in der Größenordnung von etwa 610,000.000
S dar. Es handelt sich hier um Einnahmen, die auf Grund gesetzlicher Verpflichtung für bestimmte
Zwecke zu verausgaben sind. Ich nenne als Beispiel die Mittel der Wohnbauförderung 1968, deren
Zweckeinsatz nicht verändert werden kann, die aber zweifellos örtlich schwerpunktmäßig orientiert zum
Einsatz kommen können. Es gibt aber auch hier solche, die sich raumordnungspolitisch nicht ausrichten
lassen, wie etwa der Großteil der Einnahmen aus der Feuerschutzsteuer, der für das Feuerlöschwesen
schlechthin zur Verfügung zu stellen ist.
Der für „Förderungsausgaben“ zur Verfügung stehende Betrag von 275,000.000 Schilling ist zu einem
großen Teil geeignet, nach sachlichen und örtlichen Schwerpunkten orientiert zu werden. Ich möchte aber
nicht unerwähnt lassen, dass auch hier gewisse Ausgaben nach den derzeitigen Gegebenheiten keiner
Änderung unterzogen werden können.
Ich wollte Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit diesen Darlegungen verständlich machen,
dass das Landesbudget nur in gewissen Grenzen als geeignetes Instrument für konjunkturpolitische
Maßnahmen angesehen werden kann, dass aber eine Orientierung nach raumordnungspolitischen
Gesichtspunkten sehr wohl möglich ist, wenngleich mir bewusst ist, das eine solche Umstrukturierung des
Landesvoranschlages sehr viel Konsequenz und Verständnis erfordern wird. Sie, meine sehr verehrten
Mitglieder des Hohen Hauses, um dieses Verständnis zu bitten, erscheint mir fast müßig, weil Sie es ja
gewesen sind, die der Landesverwaltung mit dem schon erwähnten Raumordnungsgesetz den Auftrag zu
einer aktiven Raumordnungspolitik gegeben haben.
Der so orientierbare Teil des Gesamtvoranschlages weist für 1969 bei den dem Zweckaufwand
zuzuordnenden Ausgaben Schwerpunkte für den Schulbau, für den Straßenbau und für die
Wohnbauförderung auf. Für den Schulbau sind Kreditmittel in der Höhe von 86,300.000 S vorgesehen.
Sicherlich ist der Zuschuß an den Schulbaufonds unter VA. 219-62 und jener unter VA. 2311-62, für
Zuschüsse zum Ausbau und zur Errichtung von Landesberufsschulen, nicht erhöht worden. Wenn
trotzdem um über 5,000.000 S mehr Mittel zur Verfügung stehen, ist das auf die entsprechende
Steigerung des Bundeszuschusses zurückzuführen. Wenn Sie aber bedenken, dass der Ersatz des
Landes an den Bund zu den Aktivitätsbezügen der Pflichtschullehrer einen Mehraufwand von über
35,000.000 S gegenüber 1968 bedingt, wenn weiters die erwähnte Erhöhung des Zweckzuschusses des
Bundes in Betracht gezogen wird, kann wohl angesichts der Tatsache, dass die Landesleistungen in
gleicher Höhe gehalten werden konnten, von einem echten Schwerpunkt gesprochen werden. Diese
Leistungen des Landes sind, so glaube ich, eine gute Kapitalanlage für die Zukunft. Sie kommen nämlich
unserer Jugend zugute, und sie werden einmal ihre Früchte tragen. Ich bin ohne weiteres der Meinung,
dass für Pflege und Ausbildung der Jugend nicht zuviel getan werden kann, dass aber die Ausgaben des
Landes im Interesse der Jugend, die mit einem Sechstel des Gesamtausgabenrahmens angenommen
werden können, durchaus beachtlich sind.
Für Instandsetzung und für den Ausbau der Landesstraßen weist der Voranschlag einen Mehrbetrag von
34,000.000 S gegenüber dem Vorjahr auf.
Desgleichen konnten die Ausgabenkredite für Zwecke der Wohnbauförderung um rund 43,000.000 S
gesteigert werden.
Aus dem Voranschlag können Sie entnehmen, dass im ordentlichen Teil mit Mehreinnahmen von rund
300,000.000 S gegenüber dem Jahr 1968 gerechnet wird.
Die erwarteten Mehreinnahmen entsprechen einer Erhöhung von 10,23 Prozent gegenüber den im Jahre
1968 veranschlagten; die außerordentlichen Einnahmen weisen nur eine geringfügige Veränderung auf.
Da der Haushaltsplan des Jahres 1968 die Zustimmung des Hohen Hauses erhalten hat, durfte die
Finanzverwaltung annehmen, dass bei Zugrundelegung einer ähnlichen Relation zwischen Einnahmen
und Ausgaben im Budget 1969 dem Willen des Landtages entsprochen sein dürfte. Die Gesamtsteigerung
der präliminierten Ausgaben beträgt 10,18 Prozent, bewegt sich also durchaus in diesem Rahmen. Es
ergibt sich damit zwangsläufig ein um 9,93 Prozent erhöhter Abgang.
Die erwarteten Mehreinnahmen entfallen im einzelnen auf eine Zunahme von rund 31,000.000 S aus
eigenen Abgaben, auf eine Steigerung der Ertragsanteile um 143,400.000 S, eine Erhöhung der Eingänge
aus der Landesumlage und Mehreinnahmen von je 10,000.000 S bei Bedarfszuweisungen und aus dem
Kopfquotenausgleich. Der Rest von zirka 90,000.000 S ist auf verschiedene Einnahmenpositionen, wie
etwa Verpflegskosten und andere, verteilt. Für Mehrausgaben auf Grund zu erwartender ordentlicher
Mehreinnahmen im Vergleich zu 1968 stand somit ein Betrag von rund 300,000.000 S zur Verfügung. Da
67,000.000 S auf zweckgebundene Einnahmen entfallen, konnte über zirka 230,000.000 S disponiert
werden. Der Personalaufwand erfordert Mehrausgaben von 100,000.000 S, der Schuldendienst einen
Mehrbetrag von 109,000.000 S. Für zusätzliche Leistungen zum Ausbau allgemeiner öffentlicher
Krankenanstalten auf Grund des Landtagsbeschlusses vom 30. Juni 1967 konnte ein Betrag von
21,500.000 S eingesetzt werden. Damit erscheinen die Mehreinnahmen praktisch erschöpft, so dass für
andere Positionen ein Hinausgehen über die Ansätze des Jahres 1968 nur insoweit in Frage kommen
konnte, als Umschichtungen möglich waren.
Das außerordentliche Budget soll im wesentlichen durch die Aufnahme von Darlehen und Anleihen
bedeckt werden. Dabei wurde vom Grundsatz ausgegangen, dass Fremdmittel maximal insoweit
zugeführt werden sollten, als ordentliche Mittel für den Schuldendienst verwendet werden mußten. Das
Erfordernis wird mit 107,000.000 S für Zinsen und Spesen und mit 224,000.000 S für Tilgungen
ausgewiesen. Das Gros der Ausgaben im außerordentlichen Teil entfällt mit nahezu 159,000.000 S auf
die Gruppe 8 und mit rund 66,000.000 S auf das Straßenwesen in Gruppe 6. Der Einsatz der restlichen
Mittel erfolgt im wesentlichen für die Weiterführung landeseigener Bauten und Anlagen entsprechend den
bestehenden Ausbauplänen.
Was die Kapitalaufstockung der Landesgesellschaften Newag und Niogas anlangt, darf auf die
Beschlüsse des Landtages vom 14. Juli 1967 und auf die bekannten Expertengutachten verwiesen
werden, wonach eine etappenweise Aufstockung des Grundkapitals vorgesehen ist.
Die Aufstockung des Geschäftsanteiles an der Nösiwag gründet sich darauf, dass diese Gesellschaft im
kommenden Jahr ein Ausbauprogramm von 58,000.000 S bewältigen soll.
Der Entwurf des Voranschlages beinhaltet, wie auch bisher üblich, eine Gesetzesvorlage über die
Einhebung einer Landesumlage. Der Inhalt der Vorlage weicht von der bisherigen Praxis insofern ab, als
abgesehen von der Verpflichtung der Gemeinden zur Leistung von Vorschüssen, die der bisherigen,
gesetzlich allerdings nicht ausdrücklich normierten Übung entspricht, die Geltung dieses Gesetzes für den
Zeitraum 1. Jänner 1969 bis 31. Dezember 1972 festgelegt wird, während bisher alljährlich ein
Gesetzesbeschluss über die Landesumlage erfolgte.
Damit wird die Geltungsdauer dieses Gesetzes der Geltungsdauer des Finanzausgleiches angepaßt. Die
auf Grund dieses Gesetzes im Jahre 1969 zu erhebende Landesumlage läßt einen präliminierten Ertrag
von 169,000.000 S erwarten.
Ich weiß sehr wohl, dass die Gemeinden mit der Landesumlage keine Freude haben, weil sie meinen, das
Land schöpfe damit einen Teil ihrer Einnahmen ab. Nun ist dazu zu sagen, dass das
Finanzverfassungsgesetz die verfassungsmäßige Deckung für dieses Gesetz abgibt. Sicherlich nimmt die
Tatsache der verfassungsmäßigen Deckung dem Vorwurf nicht den Stachel. Es darf aber daran erinnert
werden, dass die Maximalhöhe der Landesumlage im Finanzausgleichsgesetz festgelegt ist, dem auch
die Gemeinden durch ihre Verbände zugestimmt haben.
Nun sind die Länder gemäß Finanzverfassungsgesetz berechtigt, ihre durch sonstige Einnahmen nicht
gedeckten Abgänge auf die Gemeinden umzulegen. Ich muss aber hier darauf hinweisen, dass das Land
wohl diese Landesumlage einhebt, dass aber andererseits Ausgaben in der Höhe von 180,000.000 S in
den verschiedenen Ansätzen des Voranschlages vorgesehen sind, die den Gemeinden direkt als Beihilfen
oder Beiträge zugute kommen. Ich spreche hier nicht von den zweckgebundenen Einnahmen wie den
Bedarfszuweisungen, die selbstverständlich an die Gemeinden weitergegeben werden und gleichfalls im
Landesvoranschlag ausgewiesen sind.
In diesem Hause ist schon zum wiederholten Mal von einem wirtschaftlichen West-Ost-Gefälle
gesprochen worden, das am deutlichsten im Vergleich des Einkommens pro Kopf der arbeitenden
Bevölkerung seinen Ausdruck findet.
Ich bin der Meinung, dass wir das Wirksamwerden des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes
erneut zum Anlass nehmen sollten, um den Bund mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu veranlassen,
wirksame Maßnahmen in seinen Bereichen zu treffen, durch welche von der NÖ Landesregierung
beschlossene und von der Landesverwaltung zu verwirklichende Raumordnungsprogramme zu ergänzen
sind.
Es steht außer Frage, dass die Möglichkeiten des Landes trotz des Fleißes seiner Bevölkerung bisher
ohne sein Verschulden nicht ausgereicht haben und auch in Hinkunft nicht ausreichen werden, den
Vorsprung des Westens, den wir nicht neiden wollen, wettzumachen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich darf nun abschließend die Versicherung
abgeben, dass der Haushaltsplan für das Jahr 1969 gewissenhaft erstellt wurde. Es wurde versucht, den
gegebenen Notwendigkeiten Rechnung zu tragen und die bestehenden Interessen im Rahmen des
Möglichen zu berücksichtigen.
Die Erstellung des Voranschlages stellt an die Finanzabteilung jährlich hohe Anforderungen. Ich darf die
Gelegenheit wahrnehmen, dem Leiter der Abteilung, Herrn vortragenden Hofrat Dr. Riemer, mit allen
seinen Mitarbeitern, insbesondere auch dem Herrn Buchhaltungsdirektor, Herrn Hofrat Hochstrasser, auf
dessen Erfahrungen wir gerade in diesem Jahr besonders angewiesen waren, sowie seinem Stellvertreter
für die Mitarbeit am Budgetentwurf recht herzlich zu danken. Danken möchte ich auch den Bediensteten
unserer Druckerei und der Buchbinderei, deren Arbeit dazu beigetragen hat, dass die Entwürfe den
Herren Abgeordneten rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden konnten.
Den Mitgliedern des Finanzausschusses darf ich für die sachliche Mitarbeit gleichfalls meinen Dank
aussprechen und an Sie, meine Damen und Herren des Hohen Hauses, die Bitte richten, dem
Voranschlag für das Jahr 1969 ihre Zustimmung zu geben. Ich danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT WEISS: Ich eröffne die Generaldebatte und erteile als erstem Redner dem Herrn
Präsidenten Sigmund das Wort.
Abg. SIGMUND: Hoher Landtag! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Hohe
Landtag hat heute den Voranschlag für das Jahr 1969 zu beraten und auch die Beschlussfassung
herbeizuführen. Der Herr Berichterstatter hat sehr eingehend den vorliegenden Budgetentwurf erläutert.
Der Herr Finanzreferent hat in seiner Budgeteinleitung feststellen müssen, dass manche dringenden
Landesaufgaben leider nicht erfüllt werden können, weil die vorhandenen Budgetmittel es nicht zulassen.
Weil Niederösterreich noch heute – das wissen wir alle – einen sehr großen Nachholbedarf hat, den zu
befriedigen im Interesse unserer Gesamtwirtschaft dringend notwendig erscheint, hoffen wir, weil es
alljährlich ein Nachtragsbudget gibt, dass im Nachtragsbudget jene Mittel bereitgestellt werden, die es
ermöglichen, unserer Wirtschaft stärkere Impulse zu geben, damit die Arbeitsplätze gesichert werden.
Schon in der Einleitung zu seiner Rede im Finanzausschuss hat der Herr Finanzreferent Ludwig die
Herren Abgeordneten aufgefordert, sein Erstlingswerk einer kritischen Betrachtung zu unterziehen, und
ich glaube, es ist so richtig, weil gerade das Budget in der parlamentarischen Demokratie von größter
Wichtigkeit ist.
Hoher Landtag! Ich will mich als Sprecher der Sozialistischen Partei in der Generaldebatte zum
Voranschlag des Landes Niederösterreich für das Jahr 1969 nicht in speziellen Details ergehen, die dann
in der Spezialdebatte Gegenstand eingehender Erörterungen sein werden, sondern vielmehr einige
wesentliche Punkte des Gesamtbudgets beleuchten und zu grundsätzlichen Problemen des Landes
Stellung nehmen. Es ist sehr zu begrüßen, dass heuer mit den Verhandlungen über den
Landesvoranschlag früher begonnen wurde als in den vergangenen Jahren, in denen die Budgetdebatte
im NÖ Landtag immer erst knapp vor Weihnachten stattfand. Gibt doch der zeitliche Beginn der
Budgetverhandlungen die Gewähr, dass die sachliche Beratungsatmosphäre nicht durch Zeitdruck
beeinträchtigt wird und auch die Abgeordneten – was sehr zu begrüßen ist – sich mit dem Landesbudget
gründlich beschäftigen können. Der Finanzausschuss hat sich bereits eingehend mit dem Voranschlag
beschäftigt und manchen Ansatz einer ernsten Kritik unterzogen. Die Abgeordneten, die die Aufgabe
haben, gegenüber der Bevölkerung die Verantwortung für die Landesverwaltung zu tragen, sind
verpflichtet, für eine saubere und sparsame Verwaltung einzutreten. Gerade in unserem Bundesland, das
noch einen sehr großen Nachholbedarf hat, muss es oberstes Gebot sein, die vorhandenen Mittel so
einzusetzen, dass damit wirklich die größte Wirkung erzielt werden kann.
Ehe ich auf den Voranschlag für das kommende Jahr eingehe, möchte ich es nicht verabsäumen, dem
Finanzreferenten für die Erstellung dieses umfangreichen Zahlenwerkes zu danken. Die Beamten dieses
Referates und die Bediensteten der Druckerei mussten für den vorliegenden Landesvoranschlag wieder
viele mühevolle Arbeit leisten, wofür ihnen unser besonderer Dank gebührt.
Im ordentlichen Voranschlag, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind die Einnahmen mit rund
3.264,000.000 S vorgesehen und somit um – wie bereits erwähnt – rund 303,000.000 S höher als im
Voranschlag für das Jahr 1968. Die Steigerung beträgt somit 10,2 Prozent. Die Einnahmen des
außerordentlichen Budgets sind in gleicher Weise wie im Vorjahr unbedeutend, da die Bedeckung des
außerordentlichen Voranschlages bekanntlich durch Mehreingänge, durch Entnahme aus der
Haushaltsrücklage sowie durch Aufnahme von Anleihen und Darlehen erfolgt. Auch die Ausgaben der
ordentlichen Gebarung stiegen um rund 337,500.000 S, das sind 11,18 Prozent, gegenüber dem Vorjahr
an. Die Ausgaben der außerordentlichen Gebarung halten sich mit rund 274,700.000 S ungefähr in
gleicher Höhe des Vorjahres. Der Abgang in der ordentlichen Gebarung ist heuer wesentlich größer als im
Vorjahr präliminiert, nämlich mit rund 90,800.000 S oder mit 34,500.000 S mehr als im Vorjahr. Dies
bedeutet eine Steigerung des Abganges in der ordentlichen Gebarung um 61,29 Prozent. Der Abgang der
gesamten veranschlagten Gebarung ist mit 363,500.000 S veranschlagt oder um 32,800.000 S höher als
im Vorjahr. Vergleicht man allerdings die Ziffern des Budgets 1969 mit denen des Budgets 1968
einschließlich der vom Landtag bisher bewilligten Nachtragskredite, so ändert sich das Bild wesentlich.
Die Ausgaben der ordentlichen Gebarung erscheinen dann nur noch um 206,700.000 S oder um 6,28
Prozent höher als im laufenden Budgetjahr. Die Ausgaben der ordentlichen Gebarung sind sogar um
105,000.000 S oder um 27,6 Prozent niedriger. Dementsprechend reduziert sich der Abgang im
ordentlichen Budget auf 96,200.000 S oder um 51,4 Prozent, im außerordentlichen Budget um rund
104,600.000 S oder 27,7 Prozent. Der Gesamtabgang erscheint um 209,000.000 S oder um 35,4 Prozent
niedriger. Freilich, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist dazu zu bemerken, dass wohl auch im
Budget 1969 vom Landtag Nachtragskredite beschlossen werden dürften. Der Herr Landesfinanzreferent
hat diesbezüglich bereits Andeutungen im Finanzausschuss gemacht. Gewiss kann der Voranschlag nur
nach den Gegebenheiten der Einnahmenseite erstellt werden, weil das Land keine wesentlichen eigenen
Steuereingänge besitzt und somit von Ertragsanteilen an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben und
anderen steuerrechtlichen Vorgängen nach dem Finanzausgleichsgesetz abhängig ist. Die Einnahmen
aus den Ertragsanteilen an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben werden übrigens auch heuer wieder
sehr vorsichtig geschätzt. Es ergibt sich im Vergleich zu den eingegangenen Ertragsanteilen laut
Rechnungsabschluss für das Jahr 1967 nur eine Steigerung um 5,93 Prozent. Bei anderen vergleichbaren
Bundesländern – das müssen wir erwähnen – liegt die Steigerung nach dem Rechnungsabschluss für das
Jahr 1967 wesentlich höher, so bei der Steiermark um 10,7 Prozent, in Oberösterreich sogar um 13,11
Prozent. Die Abhängigkeit des Landes vom Bundeshaushalt hat zur Folge, dass nicht alle Forderungen,
die von einer einzelnen Abteilung gestellt wurden und dem Vernehmen nach über 700,000.000 S im
ordentlichen Haushalt an Mehrforderungen enthalten haben, honoriert werden konnten. Auch die
Sanierung der Landesgesellschaften auf Grund des vom Landtag am 13. Juli 1967 gefaßten Beschlusses
hat wieder wesentliche Mittel gebunden. Sie konnten nicht in dem Ausmaß zur Verfügung gestellt werden,
wie sie das Expertengutachten vorsah, sondern es mußte sogar eine Kürzung um 50,000.000 S bei der
Kapitalerhöhung der Newag in Kauf genommen werden. Gerade diese Vorkommnisse bei der Newag und
Niogas, die bisher eine namhafte Belastung des Landesbudgets brachten, werden weiterhin ihre
Auswirkungen bei der Erstellung der künftigen Budgets haben. Damit steht auch die wesentliche
Erhöhung des Schuldendienstes des Landes im Zusammenhang. Für Zinsen und Tilgungen mußte
nämlich das Land für das Jahr 1969 nicht weniger als 331,000.000 S vorsehen, das heißt, um fast
100,000.000 S mehr als im Vorjahr. Da der Schuldendienst bereits 10 Prozent der Ausgaben des
ordentlichen Voranschlages beträgt, erscheint eine weitere Erhöhung der Verschuldung nicht mehr
vertretbar. IN diesem Zusammenhang hat ja der Herr Landesfinanzreferent im Finanzausschuss die
Meinung vertreten, dass der außerordentliche Voranschlag nicht mehr ausgeweitet werden könne, weil
eben die Gefahr bestünde, dass durch den hohen Schuldendienst die Förderungsausgaben des Landes,
die in diesem Voranschlag ohnedies nur 275,000.000 S betragen, in Hinkunft eine weitere Beschränkung
erfahren müßten.
Er begründete diese Ansicht mit der Feststellung, dass die Bedeckung des außerordentlichen
Voranschlages zum Großteil durch Darlehen oder Anleihen erfolgen müsse. Solche Kreditoperationen
würden aber in Hinkunft zusätzlich den Schuldendienst des Landes vermehren. Diese Feststellung ist im
Prinzip sicherlich richtig. Dennoch möchte ich darauf verweisen, dass sich etwa im Rechnungsabschluss
1967 – in der außerordentlichen Gebarung – Mehreinnahmen von rund 542,500.000 S ergeben haben,
von denen etwa die Hälfte, nämlich 259.000.000 S aus dem Erlös von aufgenommenen Darlehen
stammte. Die Entnahme aus Zweckrücklagen in dem genannten Haushaltsjahr in der Höhe von
123,400.000 S war freilich auch eine bedeutende Mehreinnahmequelle, die sich im kommenden Jahr nicht
beliebig wird vergrößern lassen, denn gerade die Zweckrücklagen sollen nach den Ankündigungen des
Herrn Landesfinanzreferenten nunmehr aufgebraucht werden, um möglichst wenig Darlehen aufnehmen
zu müssen. Wir begrüßen auch, das sage ich ganz offen, die erstmals im Voranschlag aufscheinenden
Finanzierungspläne für außerordentliche Bauvorhaben, welche sich über mehrere Jahre erstrecken. Diese
Finanzierungspläne sollen den Abgeordneten schon zum Zeitpunkt der erstmaligen Beschlussfassung
über ein Bauvorhaben eine Vorstellung über das finanzielle Ausmaß geben und über die Art, wie diese
Kosten auf die einzelnen Budgetjahre verteilt werden sollen.
Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren. Die Beratungen des Landesvoranschlages für das
Jahr 1969, die wir nun durchführen, sind die letzten Budgetverhandlungen in der laufenden
Legislaturperiode des NÖ Landtages. In dieser Periode, in der Niederösterreich den Tod der beiden
Landeshauptmänner Dipl.Ing. Figl und Dipl.Ing. Hartmann zu beklagen hatte, wurde eine ganze Reihe von
Vorlagen beraten und beschlossen, die für die Weiterentwicklung unseres Landes von allergrößter
Bedeutung sind. Die in Ausführung der Schulreform beschlossenen Gesetze bilden eine moderne
Grundlage für die Weiterentwicklung des Schulwesens und die Ausbildung unserer Jugend. Mit der neuen
NÖ Gemeindeordnung wurde ein Gesetzeswerk beschlossen, das für Jahrzehnte die Organisation der
Gemeinde regeln soll. Einen weiteren bahnbrechenden Schritt in der gesetzgebenden Tätigkeit des NÖ
Landtages stellt der Beschluß des NÖ Raumordnungsgesetzes dar, das von den Experten des In- und
Auslandes als ein Vorbild für die moderne Raumordnung bezeichnet wird. Auch die Bauordnung wird
noch in diesem Jahr beschlossen werden. Selbstverständlich wurde von der gesetzgebenden
Körperschaft unseres Landes ein ganz besonderes Gewicht auf jene Maßnahmen gelegt, die zur
Stärkung der Wirtschaft beitragen. Diesem Ziel soll auch die Errichtung einer zentralen Beratungsstelle
und die Schaffung einer Kreditbürgschaftsgesellschaft dienen. Das Privatzimmervermietungsgesetz, das
Camping- und Jugendlagerplatzgesetz sowie das im heurigen Herbst beschlossene Skischulgesetz sollen
mithelfen, dem Fremdenverkehr neue Impulse zu verleihen, dem ja für die Wirtschaft unseres Landes eine
ganz besondere Bedeutung zukommt.
Hohes Haus! Leider fällt in die laufende Legislaturperiode des NÖ Landtages auch ein Kapitel, das in der
Geschichte unseres Landes gewiß nicht auf Ruhmesblättern verzeichnet werden kann. Die sogenannte
Müllner-Affäre und die notwendigen Sanierungsmaßnahmen für die Landesgesellschaften Newag und
Niogas führten dazu, dass im NÖ Landtag wiederholt in Monstersitzungen nächtelang diskutiert wurde.
Der schwere Schaden, der durch diesen zweifellos größten österreichischen Korruptionsskandal unserem
Lande zugeführt wurde, bedeutet einen ungeheuren Schlag für Niederösterreich, dem als einem der
ärmsten Bundesländer wahrlich bessere Aufgaben als die Liquidierung des Müllner-Erbes zu wünschen
wäre.
Bekanntlich hat sich die Wirtschaft in Niederösterreich, das ja vom Krieg besonders schwer betroffen
wurde und überdies die Nachteile der zehnjährigen russischen Besatzung zu spüren bekam, wesentlich
ungünstiger entwickelt als in den meisten anderen Bundesländern. Es nimmt deshalb nicht wunder, dass
unser Land so stark unter der Abwanderung zu leiden hat, die allein zwischen 1951 und 1961 zu einem
Verlust von 75.000 Menschen führte, von denen – und das ist sehr bedauerlich – rund 70 Prozent jünger
als 30 Jahre waren. Bekanntlich setzt die Abwanderung überall dort ein, wo die Menschen keine
Möglichkeit vorfinden, an der Konjunktur unserer Zeit ihren rechtmäßigen Anteil zu nehmen. Wie eine
Umfrage des Österreichischen Institutes für Raumplanung ergab, ist die Ursache für die starke
Abwanderung in Niederösterreich vor allem im Fehlen oder in der zu geringen Auswahl an Arbeitsplätzen
zu sehen. Die zweite Hauptursache bildet das Wohnungsproblem. Zwischen 1951 und 1961 sank die Zahl
der in der niederösterreichischen Landwirtschaft Beschäftigten um 88.726. Aber selbst in den
industrialisierten Gebieten ist auf Grund einer meist ungünstigen Betriebsstruktur vielfach eine
Gefährdung der Arbeitsplätze gegeben. Bei einer unveränderten Entwicklungstendenz würde sich die Zahl
der Berufstätigen in Niederösterreich bis zum Jahre 1981 gegenüber 1964 um 61.000 verringern. Die
triste Wohnungssituation in unserem Lande wird deutlich, wenn man sich vor Augen hält, dass 60 Prozent
aller Wohnungen vor dem Jahre 1919 gebaut wurden und ein Drittel der niederösterreichischen
Bevölkerung sogar in Wohnungen untergebracht ist, die aus der Zeit vor 1880 stammen. Dazu kommt
noch das Fehlen oder die schwere Erreichbarkeit von Schulen und Bildungsstätten, Einrichtungen des
Gesundheitswesens und Sportstätten, Einkaufsstätten und ähnlichen Einrichtungen. Diese Fakten, sehr
geehrte Damen und Herren, unterstreichen eindringlich die Notwendigkeit einer planvollen Gestaltung
unseres Bundeslandes auf Grund eines langfristigen Entwicklungsprogrammes. Es ist gewiß erfreulich,
dass heute auch in jenen Kreisen viel von Planung gesprochen wird, in denen dieses Wort vor nicht allzu
langer Zeit geradezu noch verpönt war. So wird die Notwendigkeit der Raumordnung als Grundlage für
eine vorausschauende Gestaltung der Lebensräume allgemein anerkannt. Die Sozialisten können hier
das Verdienst für sich in Anspruch nehmen, mit ihren Raumplanungskonferenzen die Sache in Gang
gebracht zu haben. Das Raumordnungsgesetz, das der NÖ Landtag heuer beschlossen hat, stellt jedoch
nur die Basis für die Verwirklichung von Projekten dar. Wir haben in Niederösterreich zweifellos eine
ganze Reihe verwertbarer Strukturuntersuchungen aufliegen, die von der für die Raumordnung
zuständigen Landesabteilung und dem Institut für Raumplanung ausgearbeitet wurden. Leider wurde aber
in der Praxis bisher sehr wenig davon verwertet.
Dem Land Niederösterreich wird mit diesen Gutachten nicht gedient, wenn sie zum Verbleiben in der
Schublade verurteilt sind. Über diese Tatsache wird man auch nicht mit den grünen
Raumordnungsplakaten hinwegtäuschen können, die von der Vorsorge für die Raumordnung in
Niederösterreich künden sollen. Was Niederösterreich braucht, sind positive Leistungen im Sinne der
Raumplanung.
Da die Sozialisten überzeugt sind, dass es notwendig ist, für unser Land mehr als bisher zu tun, haben sie
für die Weiterentwicklung Niederösterreichs ein umfassendes Konzept geschaffen. Die Sozialistische
Partei hat vor zwei Jahren führende Planer, Techniker, Ökonomen und Wissenschaftler eingeladen,
gemeinsam mit den Männern der Politik die wirtschaftliche, kulturelle und soziale Situation in
Niederösterreich genau zu überprüfen und auf Grund der Untersuchungsergebnisse geeignete
Vorschläge für einen grundlegenden Neuaufbau unseres Landes zu erarbeiten. Als Ergebnis dieser
großen Raumplanungskonferenz konnte kürzlich mit dem Niederösterreichplan der erste umfassende
Plan für die Neugestaltung aller Lebensbereiche der niederösterreichischen Bevölkerung vorgelegt
werden.
Dieser Niederösterreichplan, an dessen Zustandekommen mehr als hundert Wissenschaftler,
Wirtschaftsexperten und Politiker – darunter auch viele Praktiker aus niederösterreichischen Gemeinden
und Betrieben – mitgearbeitet haben, wurde im ganzen Land eingehend diskutiert und stellt das Ergebnis
einer echten demokratischen Willensbildung dar. Er ist von der Hauptforderung durchdrungen, das Leben
der Menschen in unserem Lande im Zuge eines bewusst und planmäßig anzustrebenden wirtschaftlichen,
kulturellen und sozialen Aufbruchs reicher und schöner zu gestalten.
Bisher ist es in Niederösterreich leider nur auf sehr wenigen Gebieten zu wirklich weitsichtigen Planungen
gekommen. Zu den schönsten Erfolgen, die diesbezüglich in Niederösterreich erzielt wurden, ist wohl die
Verbesserung der Schul- und Gemeindestruktur zu zählen. Niederösterreich hat im Schulwesen seit der
Inangriffnahme der Schulreorganisation sehr beachtliche Fortschritte zu verzeichnen. So weist
Niederösterreich heute nach Wien von allen Bundesländern den weitaus höchsten Anteil an zweizügig
geführten Hauptschulen auf, und auch bei den vollorganisierten vierklassigen Volksschulen nimmt unser
Bundesland einen besonderen Rang ein. Es zeigt sich auch, dass die Bevölkerung bei einer gründlichen
Aufklärung auch für die unpopulären Maßnahmen der Schulreorganisation, wie die Stillegung von
niederorganisierten Schulen, das nötige Verständnis aufbringt.
Erfreulicherweise nahm heuer auch die Pädagogische Akademie des Bundes in Baden den
Vorlesungsbetrieb auf, und es ist nur zu hoffen, dass sie bald in ein eigenes Gebäude einziehen kann, um
dem Mangel an Lehrkräften für unsere Pflichtschulen abzuhelfen.
Die Schulbautätigkeit des Landes Niederösterreich konnte heuer mit der Eröffnung der vierhundertsten
Unterrichtsstätte, die seit 1949 mit Hilfe des NÖ Schulbaufonds errichtet wurde, ein besonders stoozes
Jubiläum feiern. Welch großartige Leistungen mit der Errichtung von mehr als vierhundert Schulen und
Kindergärten in Niederösterreich vollbracht wurden, wird besonders deutlich, wenn man bedenkt, dass in
den 20 Jahren der Ersten Republik in ganz Österreich kaum zwei Dutzend neue Schulen gebaut wurden.
Die Gemeinden Niederösterreichs sind schulfreundlich eingestellt und haben viele, viele Mittel dazu
aufgewendet, schönere, zweckentsprechende Schulen zu bauen.
Eine echte Erfolgsbilanz kann auch bei der Gemeindezusammenlegung gezogen werden. Es ist mit
Befriedigung festzustellen, dass in den niederösterreichischen Gemeinden die Notwendigkeit der
Vereinigung von Klein- und Kleinstgemeinden zu größeren, leistungsfähigeren Gemeinwesen erkannt
wurde. Durch die bisher durchgeführten Gemeindezusammenlegungen konnte die Zahl der
niederösterreichischen Gemeinden seit 1965 von 1952 bereits auf 1281 reduziert werden. Im Jahre 1965
hatten 1354 niederösterreichische Gemeinden weniger als 1000 Einwohner. Heute hat sich die Zahl
dieser Gemeinden schon um 451 verringert, was bedeutet, dass bereits ein Drittel aller Zwerggemeinden
in Niederösterreich zusammengelegt werden konnte.
Als Beispiel vorbildlicher Planungsarbeit ist auch der Ausbau der Landesjugendheime in Niederösterreich
zu nennen. Der für einen Zeitraum von vier Jahren erstellte Generalplan für den Ausbau dieser Heime
wurde bis ins Detail ausgearbeitet, wobei sogar die steigenden Baukosten entsprechend berücksichtigt
wurden.
Es ist auch sehr zu begrüßen, dass im heurigen Jahr der Ausbau des Fürsorgewesens für alte Menschen
in Niederösterreich soweit vorangetrieben werden konnte, dass nunmehr jedes Landesviertel über ein
eigenes Fürsorgeheim verfügt.
So erfreulich diese Fortschritte auch sind, so bleibt dennoch zu wünschen, dass es auch in allen anderen
Lebensbereichen unseres Landes bald zu den notwendigen Strukturverbesserungen kommt.
Insbesondere im Hinblick auf die Verbesserung der Wirtschaftsstruktur und die Sicherung von
Dauerarbeitsplätzen ist es wirklich an der Zeit, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Das heurige Jahr
ist auf dem Gebiet der Betriebsneugründungen trotz eines leichten Anstieges gegenüber den beiden
vorangegangenen konjunkturschwachen Jahren immer noch unter den Jahren von 1960 bis 1965
geblieben. Der Belebung der Auftragslage und der Produktion sind keine entsprechenden Investitionen
gefolgt. Der Verlust an Arbeitskräften in den schrumpfenden Wirtschaftsbereichen konnte nicht durch die
Schaffung von neuen Arbeitsplätzen in den wachsenden Bereichen wettgemacht werden. Beim Vergleich
des Beschäftigtenstandes des Landes Niederösterreich vom Oktober des heurigen Jahres mit jenem
desselben Monats des Vorjahres ergibt sich für heuer ein Defizit von 1103 Arbeitsplätzen.
Die schwache gesamtwirtschaftliche Leistungskraft Niederösterreichs kommt überdies auch bei den
Kopfquoteneinnahmen klar zum Ausdruck, wenn man diese mit jenen der anderen Bundesländer
vergleicht.
Nachdem sich die von der ÖVP-Mehrheit auf Bundesebene beschlossenen Wirtschaftswachstumsgesetze
zur Ankurbelung der Wirtschaft als unzulänglich erwiesen haben, ist die Schaffung eines umfassenden
Wirtschaftsförderungsgesetzes notwendig. Die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation in
Niederösterreich erfordert aber auch auf Landesebene eine Reihe entscheidender Maßnahmen. Hierzu
gehören eine verstärkte Ausrichtung der Tätigkeit des Wirtschaftsreferates der Landesregierung auf die
Industrie und eine großzügige Dotierung des Betriebsinvestitionsfonds mit einem gezielten Einsatz dieser
Förderungsmittel für strukturverbessernde gewerbliche und industrielle Investitionen. Die Übernahme von
Landeshaftungen soll künftig auf größere Investitionen beschränkt werden, während der Erleichterung der
Kreditaufnahme für Klein- und Mittelbetriebe die Errichtung der Kreditwirtschaftsgesellschaft dienen soll.
Um Niederösterreich zu einem modernen Industrieland zu machen, ist jedoch die Erstellung eines genau
durchdachten Industrieausbauprogramms unerlässlich. Die vorhandenen Industrieschwerpunkte sollen zu
Industriebändern ausgebaut werden, innerhalb welcher eine Vielfalt von Branchen anzustreben ist, damit
auch konjunkturbedingte Schwankungen ausgeglichen werden können. In Gebieten mit schlechteren
Standortvoraussetzungen soll der Ausbau von kleineren wirtschaftlichen Schwerpunkten erfolgen,
zwischen denen sich Landwirtschaft und Fremdenverkehr ungestört entwickeln können.
Es ist natürlich unbedingt erforderlich, mit dem Industrieentwicklungsprogramm ein
Entwicklungsprogramm für den NÖ Fremdenverkehr zu koordinieren. Für die Modernisierung und den
Ausbau der Fremdenverkehrseinrichtungen ist ebenfalls die Bereitstellung ausreichender Investitionsmittel
zu entsprechend niedrigen Zinssätzen besonders notwendig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Landtages! In den vergangenen Jahren haben viele
NÖ Gemeinden aus eigener Initiative attraktive Einrichtungen für den Fremdenverkehr geschaffen und
damit ihre Bereitschaft zur Nutzung der vorhandenen Chancen bewiesen. Eine planvolle Förderung dieser
Bestrebungen durch das Land und den Bund könnte zweifellos zu einer entscheidenden Ausweitung des
heimischen Fremdenverkehrs führen. Erfreulicherweise zeigt die Statistik des Fremdenverkehrs in
Niederösterreich auch im heurigen Jahr wieder ein weiteres Ansteigen der Fremdennächtigungen
gegenüber dem Vorjahr; auch bei den Inländernächtigungen ist eine kleine Steigerung zu verzeichnen.
Niederösterreich, das bekanntlich vor allem Urlaubsland der Wiener ist, bemüht sich mit wachsendem
Erfolg um die Erschließung der zweiten Fremdenverkehrssaison. Unser Bundesland ist dazu prädestiniert,
zur idealen Skischule der Bewohner der Millionenstadt Wien zu werden. Die niederösterreichischen
Wintersportgemeinden haben die Sommerzeit dazu benützt, um die vorhandenen
Wintersporteinrichtungen zu modernisieren und auszubauen. Im heurigen Winter kann man in
Niederösterreich 13 Sessellifte und 110 Schleppliftanlagen für den Winterfremdenverkehr zur Verfügung
stellen.
Für den Fremdenverkehr und darüber hinaus für die gesamte Wirtschaft unseres Landes sind gute
Verkehrswege eine unerlässliche Voraussetzung. Erfreulicherweise konnte heuer in Niederösterreich die
Staubfreimachung auf den Bundesstraßen, die mit einer Länge von über 3000 Kilometern ein Drittel des
gesamten österreichischen Bundesstraßennetzes ausmachen, so weit vorangetrieben werden, dass nur
noch 16,6 Kilometer ohne staubfreien Belag sind. Demnach wird es im kommenden Jahr möglich sein,
auch noch den letzten Kilometer Bundesstraße in Niederösterreich staubfrei zu machen.
Was die NÖ Landeshaupt- und Landesstraßen betrifft, so wurden heuer an die 400 Kilometer mit
staubfreiem Belag versehen, so dass insgesamt rund 60 Prozent dieses nahezu 11.000 Kilometer
umfassenden Straßennetzes staubfrei sind. Da die NÖ Landesstraßen zum großen Teil von
Verkehrsteilnehmern anderer Bundesländer beansprucht werden, ist der Wunsch Niederösterreichs
durchaus berechtigt, dass der Bund in Niederösterreich weitere Straßenteile in seine Obhut übernimmt
und entsprechende Mittel für deren Ausbau bereitstellt. Daß für den Ausbau der Landesstraßen von den
Gemeinden ein entsprechender Kostenbeitrag verlangt wird, bedeutet für viele finanzschwache
Gemeinden, die die erforderlichen Mittel nicht aufbringen, die Nichterfüllung ihrer Straßenwünsche. Für
den weiteren Ausbau des Straßennetzes sollen in Zukunft rein objektive Maßstäbe gelten, wobei vor allem
die Verkehrsfrequenz der einzelnen Straßen entscheidend sein soll. Es ist klar, dass die Lösung der
schwierigen Verkehrsprobleme in Niederösterreich auf die Dauer ohne entsprechenden
Generalverkehrsplan nicht möglich sein wird. Im heurigen Jahr hat die Frage der Einstellung der
Nebenbahnen die Gemüter besonders stark bewegt, und wir haben uns selbst mit einem entsprechenden
Antrag im NÖ Landtag beschäftigt. Zweifellos ist dieses Problem nicht einseitig unter dem Gesichtspunkt
der Rationalisierung der Bundesbahn zu betrachten. Ein voreiliges Einstellen der NÖ Nebenbahnen würde
einen krassen Widerspruch zur beabsichtigten Verbesserung der Infrastruktur unseres Landes bedeuten.
Es ist deshalb vor einer solchen Entscheidung genau zu überprüfen, wieweit der Bahnverkehr in den
einzelnen Fällen durch den Straßenverkehr ersetzt werden kann und welche Auswirkungen auf die
Siedlungs- und Wirtschaftstruktur der betreffenden Gebiete zu erwarten sind. Hohes Haus, meine Damen
und Herren! Die zahlreichen Aufgaben und Probleme unseres Landes, von denen ich einige
herausgegriffen habe, werden in der folgenden Spezialdebatte noch eingehend im einzelnen einer
gründlichen Behandlung unterzogen werden. Dabei wird es nicht immer einhellige Auffassungen geben.
So verschieden unsere Standpunkte zu den einzelnen Fragen auch sein mögen, sollen wir uns dennoch
bemühen, in einer fairen, demokratischen Diskussion auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, der
eine gedeihliche Zusammenarbeit zum Wohle unseres Heimatlandes ermöglicht. Ich möchte
insbesondere dem Wunsche Ausdruck verleihen, dass sich in Niederösterreich endlich auch in der
Personalpolitik der Geist der Demokratie und der Toleranz durchsetzen möge.
Gerade die Personalpolitik hat sich in Niederösterreich in der Vergangenheit oft als Stein des Anstoßes
erwiesen, der unserer gemeinsamen Arbeit im Wege lag. Es muss doch allen klar werden, dass es wenig
Sinn hat, aufrechten Menschen eine politische Meinung aufzuzwingen. Wenn man eine fruchtbare
Zusammenarbeit will, ist es auch notwendig, jene Grundsätze anzuerkennen, die überall in der
Demokratie vorherrschen. Es kann nicht außer acht gelassen werden, dass bei den letzten
Landtagswahlen in Niederösterreich 43 Prozent der Wähler der Sozialistischen Partei ihre Stimme gaben
und bei jeder Bundespräsidentenwahl mehr als 50 Prozent der Wähler für den sozialistischen Kandidaten
stimmten. Eine Mehrheitspartei, die von ehrlicher, demokratischer Gesinnung durchdrungen ist, muss
auch der Minderheit die ihr gebührenden Rechte einräumen. Es kann nicht eindringlich genug davor
gewarnt werden, die gedeihliche Weiterentwicklung leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Die Ergebnisse in
unserem nördlichen Nachbarland haben uns heuer deutlich gezeigt, wie schwer es ist, die einmal
verlorenen Grundrechte der Demokratie wieder zurückzugewinnen.
Bei der heurigen Jubiläumsfeier unserer Republik wurde insbesondere der stolze Wiederaufbau unseres
Staatswesens nach 1945 gewürdigt. Wir wissen ganz genau, dass es damals in der schweren
Nachkriegszeit nur deshalb möglich war, große Leistungen zu vollbringen, weil sich alle aufbauwilligen
Kräfte zur ehrlichen Zusammenarbeit bekannten. Wir sollen deshalb auch in Zukunft bestrebt sein, über
das Trennende der verschiedenen Standpunkte und Meinungen hinaus stets mit aller Kraft unserer
gemeinsamen Hauptaufgabe, dem Fortschritt in unserem Heimatland Niederösterreich, zu dienen. Wir
Sozialisten haben unsere Bereitschaft zur Zusammenarbeit stets bewiesen und geben auch dem
vorliegenden Budget mit dem Wunsche unsere Zustimmung, dass dieses eine gute Basis für eine
gedeihliche Weiterentwicklung sein möge, zum Wohle unseres Heimatlandes Niederösterreich und seiner
tüchtigen, braven Bevölkerung. (Beifall der SPÖ.)
PRÄSIDENT WEISS: Als nächster Redner zur Generaldebatte kommt Herr Abgeordneter Stangler zu
Wort.
Abg. STANGLER: Hoher Landtag! Alljährlich gibt die Diskussion über den vorliegenden Voranschlag für
das nächste Jahr Gelegenheit, sowohl zu den Zahlen dieses Voranschlages als auch zu grundsätzlichen
Problemen Stellung zu nehmen. Ich möchte weniger einzelne Zahlen beleuchten oder auf diese näher
eingehen, sondern mich mehr mit grundlegenden Fragen beschäftigen.
Im Sinne des Grundsatzes der Gewaltentrennung, der im 18. Jahrhundert von dem französischen Denker
und Staatsmann Montesquieu aufgestellt wurde, gilt seither dieser Grundsatz der Gewaltentrennung
zwischen Gesetzgebung und Vollziehung, wobei sich die Vollziehung wieder in Verwaltung und
Gerichtsbarkeit teilt. Die Gesetzgebung hat im Laufe einer demokratischen Entwicklung ein dreifaches
Kontrollrecht errungen: die politische, die rechtliche und die finanzielle Kontrolle. Bei der Beratung eines
Voranschlages ist der Gesetzgebung die Möglichkeit gegeben, ihr Kontrollrecht im besonderen Ausmaß
auszuüben. Die Landesregierung, vor allem das Finanzreferat, hat mit der Vorlage eines umfangreichen
übersichtlichen Zahlenwerkes für dieses Recht der Gesetzgebung auch Verständnis gezeigt, und die
Verwaltung bemüht sich jedes Jahr, den Abgeordneten des Hohen Hauses entsprechende Erläuterungen
zu geben. Wir haben im Finanzausschuss auch die Möglichkeit gehabt, verschiedenste Probleme
aufzuzeigen und gewisse Ansatzposten kritisch zu untersuchen. Der Voranschlag liegt nunmehr zur
Beratung vor. Ein Blick auf das Budgetvolumen zeigt, dass wir bei einer nicht unbeachtlichen Höhe von
insgesamt 3.630,000.000 S angelangt sind. Ich erinnere mich noch an Voranschläge, die nur 10 Prozent
dieser Summe betragen haben. Freilich liegen diese Voranschläge bald 20 Jahre zurück. Die
Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben zeigt vorläufig einen Gesamtabgang von 363,000.000
S. Sowohl der Herr Finanzreferent als auch mein Vorredner haben bereits darauf hingewiesen, dass
dieser Abgang wie bisher durch erhoffte Mehreinnahmen, Einsparungen oder Kreditaufnahmen zu
bedecken ist. Es wird daher auch im kommenden Jahr so verfahren werden. Der Herr Finanzreferent hat
auch in seiner Einbegleitungsrede mitgeteilt, dass er die Einnahmen vorsichtig geschätzt und sehr
realistisch eingesetzt hat. Ich glaube, dass dies richtig ist. Wir wissen, dass wir wieder mit einem
Nachtragsbudget rechnen können, vor allem dann, wenn sich im neuen Jahr die Einnahmenentwicklung
der Ertragsanteile bereits abschätzen lässt. Hier ist sicherlich eine realistische und vorsichtige Politik
günstiger als eine Politik der Bereitschaft, mit vollen Händen auszugeben, um im Laufe des Jahres
daraufzukommen, dass man sich dabei übernommen hat. Wenn ich einen Blick auf die Einnahmenseite
werfe, dann zeigt sich hier, dass wir in der Höhe dieser Einnahmen eine Steigerung verzeichnen können.
Ich möchte einige solche Steigerungen genau untersuchen. Allein bei den Verwaltungsabgaben ist eine
Steigerung von 30,000.000 S zu verzeichnen. Diese Steigerung innerhalb eines Jahres ist auf unseren
Landtagsbeschluss vom 16. Juli dieses Jahres über die Einhebung der Verwaltungsabgaben
zurückzuführen. Wie den Damen und Herren des Hohen Hauses bekannt ist, wurde dieser
Landtagsbeschluss vom Bund beeinsprucht, doch wir haben erst vor wenigen Tagen, und zwar am 28.
November, einen Beharrungsbeschluss gefasst. Damit wurde auch zum Ausdruck gebracht, dass Landtag
und Landesregierung bemüht sind, Mehreinnahmequellen möglichst auszuschöpfen, wenn es darum geht,
die Verpflichtungen der Verwaltung auch in diesem Lande erfüllen zu können, und die Verpflichtungen
werden ja nicht geringer. Wir wissen aus den verschiedensten Ausgabeposten, dass in einer Reihe von
Kapiteln mit ständig steigenden Ziffern zu rechnen ist. Eine weitere Einnahmensteigerung, die ich
unterstreichen möchte, betrifft den Fernsehschilling, der in diesem Jahr mit 9,500.000 S beziffert war und
bei dem man für 1969 eine Steigerung auf 10,500.000 S schätzt. Ich wage zu behaupten, dass auch
diese Ziffer erfreulicherweise überschritten werden wird, da es sich auch hier um eine Abgabe handelt, die
eine steigende Tendenz aufweist, wie ja auch eine steigende Tendenz bei der Zahl der Fernsehteilnehmer
festzustellen ist. Bei dieser Einnahmensteigerung scheint erstmals der Kunstförderungsbeitrag auf, der
von den Radiohörern zu leisten ist und sozusagen eine 13. Rundfunkgebühr im Laufe des Jahres darstellt,
die der Bund einhebt. Das Entscheidende ist, dass es in einer Verhandlung zwischen den Vertretern des
Bundesministeriums für Unterricht und den Ländern gelungen ist, dass 30 Prozent dieses
Kunstförderungsbeitrages, das sind immerhin 2,500.000 S, erstmalig den Ländern direkt zugeführt
werden. Auch dieser Betrag stellt wie der Fernsehschilling eine zweckgebundene Einnahme für
Kulturzwecke dar. Dank dieser zweckgebundenen Einnahmen des Landes ist für Kulturzwecke die nicht
unbeachtliche Summe von 13,000.000 S vorgesehen, und ich könnte nunmehr feststellen, dass dieser
Betrag im Jahre 1969 sogar steigerungsfähig ist. Meiner Meinung nach geziemt es sich daher, die
Sonderleistung der betroffenen Landesbürger hier besonders zu unterstreichen. Ich glaube sogar, man
könnte behaupten, dass die Fernsehteilnehmer und Radiohörer zu einem bedeutenden Kunstmäzen
dieses Landes geworden sind. Der Stand der Fernsehteilnehmer hat am 1. November 1968 in
Niederösterreich 194.411 betragen. Ich kann mir vorstellen, dass die Zweihunderttausendergrenze bereits
in Kürze im Hinblick auf die diversen Geschenke anlässlich des Weihnachtsfestes überschritten wird. Mit
1. November 1968 gibt es in Niederösterreich 386.257 Radiohörer. Diese große Gruppe unserer
Landesbürger erbringt neben den anderen Steuern eine zusätzliche Mehrleistung und trägt dabei
entscheidend für die Kunst- und Kulturförderung bei. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf
hinweisen, dass sich der anfänglich so umstrittene Fernsehschilling wirklich zu einer wertvollen Sache
entwickelt hat, und es gibt heute gar keinen Streit mehr darüber. Am meisten freut sich ja der
Kulturreferent, dass die Mehrheit dieses Hohen Hauses den Antrag eingebracht und beschlossen hat, weil
damit die Kunstförderungsmittel um ein Beachtliches vergrößert worden sind. (Beifall rechts.) Es ist sehr
interessant, die Reden zu diesem Landtagsbeschluss einer näheren Betrachtung zu unterziehen, was ich
gestern Abend bereits getan habe. Das betrifft auch das Verfassungsgerichtshoferkenntnis, das nunmehr
eindeutig bestätigt, dass Niederösterreich hiermit einen Weg beschritten hat, der verfassungsmäßig
absolut gedeckt ist.
Wir können aber auch eine Erhöhung bei den gemeinschaftlichen Bundesabgaben feststellen, und zwar
beträgt die Erhöhung der Ertragsanteile 143,000.000 S. Ich glaube, auch hier sollten wir positiv feststellen,
dass es für alle Bürger unserer Republik von Vorteil ist, wenn man darauf verweisen kann, dass die
Einnahmen des Staates eine steigende Tendenz aufweisen. Die höheren Einnahmen auf diesem Sektor
sind wahrhaftig kein Ausdruck einer stagnierenden Wirtschaft. Es ist heute hie und da modern geworden,
Österreich krankzujammern oder immer wieder Krisensituationen an die Wand zu malen. Ich darf aber
hier sagen: Gerade diese steigenden Einnahmen, die sich für uns gut auswirken, sind der Ausdruck einer
prosperierenden Wirtschaft, und darüber dürfen wir uns alle in diesem Haus herzlich freuen.
In dieser Steigerung ist auch der Anteil des Landes an der neueingeführten Steuer für alkoholische
Getränke enthalten. Der Herr Finanzreferent hat darauf hingewiesen, dass er diese neue Einnahme,
sicherlich auch vorsichtig geschätzt, mit 20,000.000 S präliminiert.
Bei den Bedarfszuweisungen ist eine Einnahmenerhöhung in der Höhe von 10,000.000 S festzustellen.
Das korrespondiert mit der allgemeinen Einnahmensteigerung der gemeinschaftlichen Bundesabgaben.
Neu hinzu kommt der gegenüber dem Vorjahr um 12 Prozent erhöhte Anteil an der Kraftfahrzeugsteuer.
Sie wissen, dass nach dem Finanzausgleichsgesetz diese Summen eine weitere Steigerung erfahren und
dass die Kraftfahrzeugsteuer im Jahre 1972 zu 100 Prozent den Ländern zugute kommt.
Eine weitere Einnahmensteigerung im Ausmaß von 90,000.000 S resultiert aus verschiedenen Bereichen:
aus der Erhöhung der Verpflegskostenersätze, aus einer erhöhten Zuteilung von Bundesmitteln für die
Wohnbauförderung, aus dem Zweckzuschuss des Bundes zum Aufwand für die öffentlichen
allgemeinbildenden Pflichtschulen der Gemeinden, aber sicherlich auch aus höheren Rückflüssen aus
gewährten Darlehen und nicht zuletzt aus höheren Rückflüssen aus den Wohnbauförderungsdarlehen.
Auch hier zeichnet sich eine gewisse positive Tendenz ab. Unsere Mitbürger, die
Wohnbauförderungsdarlehen in Anspruch genommen und sich damit ein Eigenheim geschaffen haben,
wie wir es weitum im Lande immer wieder sehen, sind in erster Linie daran interessiert, ihren Besitz
möglichst bald lastenfrei zu haben, und sie wollen daher die Darlehen möglichst bald zurückzahlen. Die
allgemeine wirtschaftliche Entwicklung auf dem Lohnsektor, auf der Einkommenseite der Arbeiterschaft
ermöglicht es auch der Arbeiterfamilie heute, dieses Darlehen früher zurückzuzahlen, als es die
Bestimmung über die allgemeine Laufzeit in dem Gesetz über die Wohnbauförderung vorsieht.
Auch diesen positiven Aspekt sollten wir berücksichtigen, weil er absolut in die allgemeine optimistische
Entwicklung passt. Ich bin zwar immer für einen gedämpften Optimismus – wir sollen keine
Wolkenkuckucksheime sehen -, aber man soll auch hier bei der Wahrheit bleiben. Es zeigt sich, dass
Österreich den Tiefpunkt einer europäischen, zum Teil einer weltweiten wirtschaftlichen Flaute fast kaum
spürbar oder geringer durchgemacht hat als andere Staaten in Europa und dass die wirtschaftliche
Aufwärtsentwicklung bei uns rascher eingesetzt hat. Vor allem im kommenden Jahr wird eine bedeutende
Steigerung zu verzeichnen sein. Wie ich in den letzten Tagen gelesen habe, ist in diesem Jahr mit einer
Steigerung des Wirtschaftswachstums um 4 Prozent zu rechnen. Das haben wir alle miteinander am
Beginn des Jahres nicht zu denken gewagt. Es zeigt sich, dass hier die Finanzpolitik des Bundes ihre
ersten guten Früchte trägt.
Ich möchte mich nun mit einem anderen Problem etwas länger beschäftigen: Es betrifft den
Kopfquotenausgleich. Wenn wir von steigenden Einnahmen in diesem Voranschlag sprechen, dann fällt
auch die Einnahmensteigerung beim Kopfquotenausgleich auf. Hier ist eine Einnahmensteigerung von
80,000.000 S auf 90,000.000 S vorgesehen.
Aber gerade diese Einnahmensteigerung darf uns nicht mit Freude erfüllen. Eine Steigerung des
Kopfquotenausgleiches zeigt nämlich die Tatsache auf, dass Niederösterreich gegenüber den anderen
Bundesländern immer noch weit zurück ist und dass das Pro-Kopf-Aufkommen an den
gemeinschaftlichen Bundesabgaben und auch der Durchschnitt der einzelnen Bundesländer noch immer
weit höher liegt als bei uns in Niederösterreich. Also die Steigerung des Kopfquotenausgleiches dürfen wir
nicht zum Anlaß nehmen, uns darüber zu freuen, sondern wir müssen diese Frage genauer untersuchen
und prüfen.
Die letzte offizielle Berechnung vom März 1968 über die Ertragsanteilkopfquoten, berechnet auf der
Grundlage des Steueraufkommens 1966, ergibt folgende Kopfquoten an den gemeinschaftlichen
Bundessteuern – wobei ich in Paranthese hinzufügen möchte, dass ich mich auf die Zitierung nur weniger
Bundesländer beschränke: in Wien 1274 S, in Salzburg 1311 S, in Vorarlberg 1344 S, in Niederösterreich
liegt das Pro-Kopf-Aufkommen bei 1089 S, es ist also um 72 S tiefer als der Bundesdurchschnitt, der sich
auf 1161 S beläuft.
Das West-Ost-Gefälle – mein Vorredner und auch der Herr Finanzreferent haben schon darauf
hingewiesen – ist an den interessanten Zahlen zweier Steuern zu erkennen: Bei der Einkommensteuer ist
das Pro-Kopf-Aufkommen in Oberösterreich 796 S, in Salzburg 1290 S, in Tirol 973 S, in Vorarlberg 1465
S und in Niederösterreich 578 S. Also Zahlen wie 1290 S in Salzburg und 1465 S in Vorarlberg stehen
einem Pro-Kopf-Aufkommen bei der Einkommensteuer von 578 S in Niederösterreich gegenüber. Bei der
Lohnsteuer zeigt sich eine ähnliche Tendenz: Das Pro-Kopf-Aufkommen beträgt in Oberösterreich 670 S,
in Salzburg 831 S, in Tirol 843 S, in Vorarlberg 908 S und in Niederösterreich 340 S.
Ich bin mir selbstverständlich dessen bewusst, dass diese Steuer den Kopfquotenausgleich nicht
beeinflusst, weil sie nach der Volksanzahl aufgeteilt wird. Ich wollte dieses Beispiel nur bringen, um das
West-Ost-Gefälle besonders deutlich zu demonstrieren.
Wien nimmt bei dieser ganzen Entwicklung eine Sonderstellung ein. Durch die hohe Zahl von Betrieben
auf engem Raum sowie durch die Dienststellen des Bundes, durch die eigene Verwaltung, aber auch
durch die Zentralstellen der meisten österreichischen Großunternehmungen hat Wien das höchste
Steueraufkommen de facto, aber auch das höchste Pro-Kopf-Aufkommen an Einkommen- und
Lohnsteuer.
Jedenfalls ist eines unbestreitbar: Niederösterreich liegt mit seinem Pro-Kopf-Aufkommen an vorletzter
Stelle. Nach uns folgt, wie immer in den letzten zwei Jahrzehnten, das Burgenland an letzter Stelle der
Bundesländer. Deshalb haben wir eine Steigerung beim Kopfquotenausgleich, weil hier der Versuch auf
Bundesebene gemacht wird, durch diesen Kopfquotenausgleich die Bundesländer mit geringerer
wirtschaftlicher Kraft und geringem Steueraufkommen an den Bundesdurchschnitt heranzuheben.
Ich wiederhole, dieses West-Ost-Gefälle beweist einen unerhörten Rückstand gegenüber den westlichen
Bundesländern.
Herr Finanzreferent Ludwig hat schon darauf hingewiesen, und ich möchte das unterstreichen. Ich glaube,
wir haben von dieser Stelle aus einen sehr ernsten Appell an den Bund zu richten – so wie es der Herr
Finanzreferent getan hat -, aber auch einen an die Bundesländer, denen es besser geht, zu erlassen,
dass sie Verständnis für uns haben. Vom Bund erwarten wir, dass starke Impulse gesetzt werden für die
Volkswirtschaft in Niederösterreich, damit diese NÖ Wirtschaft selbst in die Lage kommt, bessere Erträge
und steigende Steueraufkommen möglich zu machen. Wir sind nicht glücklich, Almosenempfänger beim
Kopfquotenausgleich zu sein, wir wären sehr stolz, wenn wir aus eigener Wirtschaftskraft für eine
Besserstellung beitragen könnten. Es zeigt sich einmal mehr, dass der Nachholbedarf der Bundesländer
der ehemaligen russischen Besatzungszone noch bei weitem nicht befriedigt ist und das wir in Österreich
heute trotz des Verfassungsgrundsatzes der Einheit des Wirtschaftsgebietes ungerechtfertigterweise
zweierlei Gruppen von Bundesländern in wirtschaftlicher Hinsicht feststellen können. Wir neiden
niemandem den Vorteil, aber wir glauben, dass wir das Recht haben, den besseren Platz an der Sonne
des Wirtschaftslebens auch für unsere niederösterreichischen Mitbürger fordern zu können, denn es gibt
Bundesländer, die mit ihrem Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg dank der amerikanischen
Wirtschaftshilfe schon in den fünfziger Jahren mit einer Wirtschaftsprosperität rechnen konnten, die zu
einem Vorrang geführt hat, den wir fast nicht mehr aufholen können. Für die Ostgebiete begann das Jahr
0 ja eigentlich erst mit dem Jahre 1956, nach dem endgültigen Abzug der Besatzungstruppen, und
deshalb haben wir immer noch den großen Nachholbedarf. Deshalb habe ich diesen starken Appell über
diesen Raum hinaus gerichtet.
Wir haben aber noch eine Sonderlast zu tragen. Es ist wiederholt in diesem Hause darauf hingewiesen
worden. Wir haben eine 414 km lange Grenze im Norden, im Nordosten und Osten, die uns von der
Tschechoslowakei trennt. Diese Grenze ist seit Jahr und Tag eine tote Grenze gewesen. Ich erinnere an
die Brücken, die keine Brückenfunktion mehr haben, und ich erinnere an die Straßen, die keine
Verkehrsaufgabe mehr haben. Ich erinnere daran, dass wir alle einen leichten Hoffnungsschimmer sahen,
als sich im Frühjahr dieses Jahres in Prag eine neue Entwicklung abzeichnete, nicht zu einer
wesentlichen Systemänderung, aber doch zu einem leichteren Wirtschaftsverkehr, zu einem besseren
Handel mit den Nachbarn. Leider ist dieser Hoffnungsschimmer auch für uns wieder erloschen, und zwar
durch die Entwicklung am 21. August und nach dem 21. August dieses Jahres. Ich glaube daher, dass der
Landtag von Niederösterreich mit Recht – der Finanzreferent, der Sprecher der Sozialistischen Partei,
auch der Sprecher der Mehrheitspartei dieses Hauses – laut und deutlich seine Stimme erheben muss,
dass mit der Benachteiligung – ob gewollt oder nicht gewollt – der Ostgebiete Österreichs endgültig
Schluss gemacht wird.
Wenn dieser Appell an den Bund und an das Verständnis der Bundesländer gerichtet wurde, so gilt der
zweite Appell an uns selbst. Wir haben aus eigener Anstrengung zu versuchen, die vorhandenen Mittel
wirksam einzusetzen. Hierzu gibt das heute schon mehrfach zitierte NÖ Raumordnungsgesetz
Gelegenheit, das wir am 9. Mai dieses Jahres beschlossen haben. Dieses Raumordnungsgesetz sieht die
Schaffung eines Raumordnungsbeirates zur Beratung der Landesregierung vor, die durch das Gesetz
veranlasst wird, Raumordnungskonzepte zu entwickeln – also die zweckmäßige Verwendung eigener
Mittel nach raumorientierten Grundsätzen.
Meinen Vorredner müsste ich etwas verbessern, da er von der Verschuldung des Landes gesprochen hat
und dann auch auf den höheren Schuldendienst verwies. Warum haben Landtag und Landesverwaltung
immer wieder diese Last von zusätzlichen Kreditaufnahmen und Anleihen auf sich genommen? Doch nur
deshalb, um wirtschaftsfördernde Akzente zu setzen. (Zwischenruf bei der SPÖ: Müllner!) Das ist zu
einfach und zu primitiv, irgendwie nur eine Tatsache in die Debatte zu werfen. (Präsident Weiss
übernimmt den Vorsitz.) Wir haben bei allen Beschlüssen der außerordentlichen Voranschläge zur
Kenntnis genommen, dass diese außerordentlichen Voranschläge als wirtschaftsfördernde Maßnahmen,
als konjunkturbelebende Maßnahmen durch Kreditaufnahmen weitgehend abzudecken sind. Wir haben
diese Belastung auf uns genommen. Die Pro-Kopf-Verschuldung durch investitionswirksame Ausgaben
des Landes beträgt derzeit 1019 S. Auch hier könnte man Vergleiche mit anderen Bundesländern
anstellen. Außer Wien liegt diese Pro-Kopf-Verschuldung zwischen 0 S in Vorarlberg und 469 S in
Salzburg. Auch hier zeigt es sich, dass wir selbst Lasten auf uns genommen haben, um das
wettzumachen, was eine historische Entwicklung uns versagt hat, um die österreichischen
Wirtschaftsimpulse auch aus eigener Kraft und in eigener Verantwortung zu setzen. Die Mehrausgaben in
diesem Voranschlag sehen eine Steigerung beim Personalaufwand um 101,000.000 S vor, wobei letztere
Summe vor allem für die Rückzahlung der bereits im Jahre 1967 aufgenommenen inneren Anleihe
bestimmt ist. Mein Vorredner hat diesen Weg der Aufnahme einer inneren Anleihe grundsätzlich begrüßt,
und ich glaube, dass es ein wirksamer Weg gewesen ist, ohne zusätzliche Belastung der Landesfinanzen
durch hohe Zinsen oder Tilgungsraten. Freilich, zu einem bestimmten Zeitpunkt müssen diese
rückgestellten Beträge natürlich dem Verwendungszweck wieder zugeführt werden, daher sind bei den
109,000.000 S für Tilgung in diesem Jahr 75,000.000 S zur Rückzahlung der inneren Anleihe vorgesehen.
Der außerordentliche Voranschlag sieht zwei Hauptposten vor: 66,000.000 S für den Landesstraßenbau
und 159,000.000 S für wirtschaftliche Unternehmungen, und zwar sowohl für die Landesunternehmen als
auch für Gesellschaften, an denen das Land beteiligt ist.
Darf ich auch noch auf das Landesumlagegesetz verweisen, meine sehr geschätzten Damen und Herren.
Das Landesumlagegesetz galt bisher jeweils nur für ein Jahr und wird gemäß dem nunmehrigen
Finanzausgleichsgesetz neu geregelt. Wie auf Seite XXIII, § 1 des vorliegenden Voranschlages zu
ersehen ist, beträgt die Landesumlage bis 1971 jeweils 15 v.H. und im Jahre 1972 14,5 v.H. der
ungekürzten rechnungsmäßigen Ertragsanteile der Gemeinden an den gemeinschaftlichen
Bundesabgaben. Ich habe gesagt, dass ich mich weniger mit Zahlen des Budgets, aber mehr mit
grundsätzlichen Fragen hierzu beschäftigen werde. Ich habe eingangs auf das Kontrollrecht des
Landtages verwiesen, auf das Kontrollrecht der Gesetzgebung gegenüber der Vollziehung und auf
Montesquieu, den Schöpfer dieser Idee. Im Sinne der richtigen Handhabung dieses Budgetrechtes haben
wir, so glaube ich, auch im Finanzausschuss einen gemeinsamen Antrag einstimmig beschlossen, der
vorsieht, dass für die im außerordentlichen Voranschlag des heurigen Jahres vorgesehenen Ausgaben,
soweit es sich um Bauten handelt, mit deren Ausführung noch nicht begonnen wurde, eigene
Landtagsvorlagen im Sinne des Landtagsbeschlusses vom 14. Juli vorzulegen sind. Das ist kein
Hineinregieren in die Verwaltung, sondern der Gesetzgeber dieses Landes möchte von Anfang an die
endgültigen Auswirkungen bei Großvorhaben erkennen, um dann in seiner Verantwortung auch aus
innerster Überzeugung zu diesem oder jenem Plan mit gutem Recht seine Zustimmung geben zu können.
Und ein zweites. Ich habe bei der Diskussion im Finanzausschuss dem Herrn Finanzreferenten einen
Wunsch dargelegt, auf den er freundlicherweise sehr positiv reagiert hat, dass nämlich künftighin –
ähnlich dem Bundesvoranschlag oder den Landesvoranschlägen von Steiermark oder anderen
Bundesländern – diesem Band der vielen Ziffern auch ein eigener Band von Erläuterungen zum Budget
beigegeben wird. Herr Finanzreferent, wir sind uns klar darüber, dass eine solche Maßnahme beim
erstenmal wahrscheinlich nicht ganz vollkommen sein kann, aber es wird auch hier eine Entwicklung Platz
greifen müssen, die im Interesse eines guten Zusammenwirkens zwischen Gesetzgebung und
Vollziehung notwendig ist. Jeder Abgeordnete des Hohen Hauses hat dann jederzeit die Möglichkeit, sich
über die Budgetziffern ein ganz klares Bild zu machen.
Es ist heute mehrfach auf das Raumordnungsgesetz verwiesen worden. Die künftigen Budgets werden –
so wie der Herr Finanzreferent im allgemeinen und sogar schon für ein künftiges Nachtragsbudget im
besonderen angedeutet hat – raumordnungsorientiert erstellt werden. Auch hier, glaube ich, sollten wir
uns keiner Täuschung hingeben. Rom ist nicht an einem Tag erbaut worden, und ein
raumordnungsorientiertes Budget wird auch nicht von einem Jahr auf das andere zu erstellen sein. Hier
haben wir völlig nüchtern die Dinge zu sehen. Aber eines: Der Anfang muss gemacht werden, die
Tendenz muss vorherrschen, dass ein neuer Weg beschritten wird. Dieses Gesetz, das wir am 9. Mai
einstimmig beschlossen haben – ich komme dann noch einmal darauf zurück -, wird der künftigen
Budgetentwicklung neues Leben geben. Es werden alle Abteilungen des Amtes der Landesregierung
immer wieder bemüht sein müssen, Vorschläge zu erstellen, wie die Mittel des Bundes, die uns zur
Verfügung stehen, aber auch die eigenen Mittel, raumorientierend eingesetzt werden können. Es wird
gleichfalls notwendig sein, gewisse Organisationsfehler zu berücksichtigen, da die Gebührenersätze in
ihrer notwendigen Höhe – nicht immer – erst zu einem sehr späten Zeitpunkt im nachhinein vorgesehen
werden, weil die Vorplanung des Budgets eben schon im Juni beginnt. Es fehlen uns dann immer die
Mittel, und ihre Bedeckung wird besonders schwierig. Aber zum Raumordnungsgesetz grundsätzlich: Ich
glaube, es müßte in zwei Stufen entwickelt werden. Zuerst eine Festlegung der Hauptschwerpunkte
bezüglich der Industrie, der Landwirtschaft, des Fremdenverkehrs und weiterer Wirtschaftszweige. Nach
diesen grundsätzlich überlegten Hauptschwerpunkten ergibt sich dann ein Ordnungsprogramm, das
daraus resultiert und zwingend weitere Maßnahmen nach sich zieht. Wenn ich gesagt habe Industrie,
dann heißt das Vorsorge für die Gründung neuer Industriestätten in Niederösterreich, Aufschließung der
hiefür notwendigen Flächen und daneben – als angenehmen Erfolg – die Erreichung neuer Arbeitsplätze
für Niederösterreicher, vor allem für die von der Abwanderung besonders gefährdeten Gebiete. Im Laufe
der Debatte werden sicherlich noch mehrere Redner auf dieses Thema im einzelnen eingehen. Dazu
gehören weitere die Verbesserung der Kommunalstruktur, die Fortsetzung der Schulorganisation. – Mein
verehrter Herr Vorredner, ich danke für die Komplimente, die über die großartigen Leistungen hier gesagt
wurden; sowohl die Verbesserung der Kommunalstruktur wie auch der Plan der Schulorganisation gehen
auf Vorschläge der ÖVP zurück. (Abg. Dipl.Ing. Robl: Er ist zu spät in den Landtag gekommen! – Unruhe.
– Präsident gibt das Glockenzeichen.) – Hiezu gehören selbstverständlich die Verbesserung bestehender
Verkehrseinrichtungen, der Bau der Donaubrücke, der für die Nord-Süd-Verbindung unseres Landes so
entscheidend ist, wie auch der Ausbau der Autobahnen. Immer dringender, Hoher Landtag, wird aber die
notwendige Sanierung der a.ö. Krankenanstalten, deren Abgang eine nicht mehr zumutbare Belastung
vor allem für die spitalserhaltenden Gemeinden darstellt. Es ist einfach untragbar, dass Gemeinden
notwendige kommunale Aufgaben nicht lösen können, weil sie durch diesen drückenden Abgang der
Spitäler daran gehindert werden, während sich zum Beispiel Nachbargemeinden Dinge leisten können,
die sicherlich auch der Bevölkerung der spitalserhaltenden Gemeinden sehr angenehm wären.
Es wird notwendig sein, dieses Problem auch von der Landesseite her einmal zumindest einer Teillösung
zuzuführen.
Bezüglich der Wohnbauförderung möchte ich meinen, dass diese Mittel auch raumorientiert eingesetzt
werden müssen. Sicherlich soll dieser Gesichtspunkt nicht ausschließlich Geltung haben, denn es hat
jeder Landesbürger das Recht, Wohnbauförderungsmittel zu erwarten oder in Anspruch zu nehmen. Aber
im Zeitalter der Raumordnung und vor allem auch der Industriegründungen wird der raumorientierte
Einsatz von Wohnbauförderungsmitteln ein Zwang für uns sein, ob wir das wollen oder nicht.
Dazu gehört auch ein raumorientierter Einsatz von Mitteln zur Sportförderung und zur Kulturförderung.
Es ist also notwendig, dass sich Landtag und Landesverwaltung immer wieder neue Ziele setzen und
neue Konzepte entwickeln. Dass beide Parteien in den letzten Jahren an der Erstellung solcher Konzepte
gearbeitet haben, bestätigt die Richtigkeit einer Ansicht, die von der Österreichischen Volkspartei schon
vor vielen Jahren vertreten wurde, aber nicht immer verstanden worden ist: dass Politik nicht nur mit
Schlagworten betrieben werden kann, sondern auf sachgerechten wissenschaftlichen Erkenntnissen
fußen muss. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Meine Damen und Herren, ich stehe nicht an zu erklären, dass
Sie hier mitgearbeitet und sich mit den Kopf zerbrochen haben. Auch der von Ihnen gestartete SPÖ-Plan
ist ein Versuch solcher moderner Lösungen. Ich stehe auch nicht an zu erklären, dass es ein Vorteil der
Demokratie ist, dass immer wieder ein Wettbewerb der guten, positiven Kräfte einsetzt.
Aber wir müssen auch das immer wieder in das richtige Lot bringen. Man kann nicht so tun, als wäre
bisher überhaupt nichts aus Überlegung geschehen in diesem Land. Ich habe darauf schon in
verschiedenen Reden heuer und im vergangenen Jahr hingewiesen, und ich habe eigentlich Bedenken,
gewisse Feststellungen immer wieder zu treffen. Aber mein verehrter Vorredner zwingt mich dazu, weil
auch er zu diesen Fragen gesprochen hat. Damit hier kein falscher Eindruck entsteht, fühle ich mich also
verpflichtet, namens der ÖVP darauf zu verweisen, dass selbstverständlich unter den Landeshauptleuten
Figl und Hartmann – wenn ich nur die letzten Jahre überdenke – nach wohlüberlegten Konzepten
gearbeitet wurde, woran sich auch unter Landeshauptmann Maurer nichts geändert hat.
Damit es für spätere Zeiten richtig dargestellt ist, möchte ich nochmals bemerken: Wir freuen uns, wenn
ein Vorschlag, den wir bringen, auch Ihre Zustimmung findet. Als Demokraten sind wir immer bereit, auch
Wünsche von Ihnen in solchen Initiativanträgen zu berücksichtigen, weil uns ein gemeinsamer Beschluss
sympathischer ist als ein Mehrheitsbeschluss und weil es auch hier um einen echten Wettbewerb der
guten Kräfte gehen muss. Aber, meine Damen und Herren, die Verbesserung der Gemeindestruktur in
Niederösterreich geht auf einen Antrag der Abgeordneten der Österreichischen Volkspartei aus dem
Jahre 1964 zurück. Damals hat meine Fraktion einen Aufforderungsantrag mit der genauen Zielsetzung
gestellt, nach welchen Grundsätzen die Landesverwaltung darangehen soll, die ungünstige
Gemeindestruktur zu verbessern. (Zwischenruf des Abg. Graf.)
Ich habe schon einmal darauf hingewiesen, Herr Bürgermeister Graf, dass dieser Fortschritt, auf den
heute verwiesen worden ist, nämlich dass wir von 1652 Gemeinden auf 1281 Gemeinden gekommen
sind, mit einem Appell an die Freiwilligkeit und nicht mit Zwang erreicht worden ist. Die Vernunft hat sich
durchgesetzt, nicht das Schlagwort, weil wir den Gemeinden diese Maßnahme auch schmackhaft
gemacht haben. Wir freuen uns, dass Sie sich diesem Antrag seinerzeit angeschlossen haben, und
können heute sehen, dass es ein guter Vorschlag war, der sich zum Wohle des Landes ausgewirkt hat.
Ob diese Maßnahme für alle Zeiten genügt, das wollen wir heute noch nicht kritisch untersuchen. Wir
werden aber immer wieder den gegebenen Situationen offenen Auges gegenübertreten, und wir glauben
– da schließe ich Sie mit ein -, dass wir immer wieder gute Gedanken haben, um zeitgemäße, notwendige
Maßnahmen für dieses Land zu setzen.
Ich möchte aber nicht nur von den Verbesserungen der Gemeindestruktur sprechen. Ich verweise auch
auf den Tag, als der verstorbene Landeshauptmann Hartmann im Spätherbst 1965 ein voll
ausgearbeitetes Schulreorganisationskonzept in einer Sitzung auf den Tisch der Landesregierung gelegt
hat. Es war eine Initiative Hartmanns, sicherlich unterstützt und auch bereichert durch Gedanken seiner
politischen Freunde. Aber stellen wir klar, von wo die Priorität ausgegangen ist: Es war eben Hartmann,
der dieses Konzept vorgelegt hat. Wir wollen deswegen nicht überheblich sein. Sicherlich haben Sie sich
dann nach Beratungen in den Landesregierungen diesem Konzept angeschlossen, und das ist ja das
Entscheidende: dass eine gute Idee wieder eine gemeinsame Ausführung gefunden hat.
Ich weise aber noch auf weitere Initiativen der ÖVP in den vergangenen Jahren hin. Einen Punkt habe ich
schon vorweggenommen: Den Fernsehschilling, der eine eindeutige Initiative der Volkspartei war. Ich
nenne hier noch das Sportförderungsgesetz, das Campingplatzgesetz, das Schul- und
Kindergartenfondsgesetz und die Wohnbauförderungsnovelle. Darüber hinaus haben wir bereits wieder
eine neue Initiative gesetzt und dem Landtag einen Antrag zur Verbesserung und Sicherung des
Althausbestandes und alter Wohnungen vorgelegt. Wir werden auch darüber diskutieren, vielleicht wird es
da und dort Änderungen geben. Grundsätzlich werden Sie aber doch diese Initiative bestätigen – davon
bin ich überzeugt -, weil Sie wissen, dass diese Maßnahmen notwendig sind.
Es genügt nicht, mein verehrter Herr Vorredner, nur Dinge aufzuzählen, die eine negative Auswirkung
haben. Ja, es gibt einen veralteten Hausbestand, es gibt veraltete Wohnungen. Es genügt aber nicht zu
sagen, dass dies so ist. Zur Politik gehört es auch, das, was notwendig ist, durchzuführen. Es ist doch die
ständige Konfrontation, die dauernde Aufgabe der Abgeordneten, Lösungen dort herbeizuführen, wo sie
erforderlich sind.
Ich darf also in Erinnerung bringen, dass viele Initiativen vor allem im letzten Jahr gesetzt worden sind.
(Abg. Grünzweig: Darum sind wir so weit gekommen!) Ich bringe hier auch die Sonderaktion des Herrn
Landeshauptmannes Maurer in Erinnerung, dem es gelungen ist, nicht nur die Planung, sondern auch die
Finanzierung des Baues von drei Donaubrücken zustande zu bringen. Wer von uns hätte gedacht, dass
dieses Ziel seiner Verwirklichung so nahe ist!
Meine Damen und Herren! Glauben Sie doch nicht, dass alles, was ich jetzt aufgezählt habe, der
Ausdruck einer Konzeptlosigkeit oder des Mangels an Ideen ist, die Zukunft zu ordnen. Vielleicht haben
wir nur die Propagandatrommel weniger lautstark gerührt. Allen diesen Maßnahmen liegt jedenfalls ein
wohlfundiertes und wohlüberlegtes Konzept zugrunde.
Ich habe mit dem Jahr 1964 begonnen und nun eine Reihe von Initiativen aufgezählt. Ich betone aber
nochmals, dass jeder Beitrag, das Gespräch fortzusetzen und neue Gedanken in die Diskussion zu
werfen, nicht nur im Sinn der Demokratie liegt, sondern auch zu begrüßen ist. Wenn es um die
Besserstellung des Landes und seiner Bürger geht, kann es nicht genug gute Vorschläge geben. Jeder
gute Vorschlag soll ernst diskutiert werden, denn danach, ob wir zur gegebenen Zeit das Richtige
getroffen haben, wird dieser Hohe Landtag und alle seine Abgeordneten, wird aber auch, vom
Landeshauptmann angefangen, jedes Mitglied der NÖ Landesregierung späterhin beurteilt werden.
Ich möchte mich jetzt nicht im Detail mit Fragen des von Ihnen vorgelegten Planes beschäftigen. Ich weiß,
dass das sehr schwierig ist. Wenn man die Diskussion bei Ihrer letzten Raumplanungskonferenz vom 19.
November dieses Jahres in Krems verfolgt hat ... (Abg. Marsch: Das war am 18.! Sie sind ein bisschen zu
spät dran!)
Herr Kollege Marsch, einen Tag werden Sie mir zugestehen, ich hoffe wenigstens. (Abg. Marsch bejaht
dies.) Das ist sehr nett und liegt auch schon auf jener Ebene, von der ich gesprochen habe: nämlich
demokratisches Verständnis dafür, dass sich ein Sprecher auch einmal um einen Tag irren kann.
Ich verweise darauf, dass es gerade bei Ihrer Raumplanungskonferenz in Krems sehr widerspruchsvolle
Diskussionen gegeben hat, wenn ich nur daran denke, wie Sie debattierten über die künftige Funktion des
Waldviertels. Ich könnte mir aber vorstellen, dass Sie auch hier sicherlich aus Theorie und Praxis noch
manchen Weg finden, dem allgemein zugestimmt werden kann. Viele dieser von Ihnen erhobenen
Forderungen sind bereits Allgemeingut der Raumplaner aller Sektoren, auch Allgemeingut unter den
Fachkräften der Beamtenschaft. Ich verweise darauf, dass Sie gerade in Ihrem Plan beim
Bundesstraßenbau darauf hinweisen, dass die Gesetze ohnehin schon beschlossen sind, dass auf dem
Sektor des Fremdenverkehrs festgestellt wird, dass hier echte gesetzliche Fundierungen oder echte
Aktivitäten sich bereits zeigen. Es wird, das sage ich noch einmal, Aufgabe der besten Kräfte sein, beste
Ideen immer wieder neu zur Diskussion zu stellen, und auch wir sind bereit, an einem solchen
Ideenwettstreit mitzuwirken. Wir haben keine Angst und keine Hemmungen, unsere Ideen so rechtzeitig
zu bringen wie in der Vergangenheit, damit das, was notwendig ist, auch jederzeit getan wird.
Ich möchte besonders unterstreichen, was der Herr Finanzreferent Landesrat Ludwig schon gesagt hat,
dass bereits beim Nachtragsbudget, von dem wir schon alle reden, obwohl wir das eine noch gar nicht
beschlossen haben, raumorientierte Gesichtspunkte berücksichtigt werden.
Zum Schluss noch eine Überlegung: Mein Vorredner hat darauf hingewiesen (es tritt eine kurze
Stromstörung ein) – ich sehe, dass anscheinend die Stromzufuhr nicht richtig klappt. Das ist ein weiterer
Beweis dafür, dass wir hier eigentlich ein anderes Versorgungsgebiet brauchen, damit wir eine gesicherte
Stromzufuhr haben (Zwischenruf bei der SPÖ: Gehen Sie zur Newag!) Der Strom wird nicht von der
Newag geliefert, das wissen Sie ja, meine Herren.
Nach diesem humorvollen Exkurs – wenige Minuten, bevor wir wahrscheinlich die Generaldebatte
beenden – gestatten Sie mir einige Überlegungen, die zeitgemäß sind. Vor wenigen Wochen feierten wir
gemeinsam und in innerer Überzeugung die 50. Wiederkehr des Tages der Republik Österreich.
Besonders dieser Saal hat, wie schon so oft, in der Geschichte, eine nicht unbedeutende Rolle hiebei
gespielt. Hier fanden am 21. und 30. Oktober 1918 die ersten Sitzungen der Provisorischen
Nationalversammlung statt, hier in diesem Saale trafen sich die Vertreter aller Bundesländer im
September und Oktober 1945, als man daranging, die Zweite Republik aufzubauen, als man daranging,
trotz einer Vierteilung und trotz aller Schwierigkeiten einen gemeinsamen Staat mit einer gemeinsamen
Regierung aufzubauen. Dieses Haus und dieser Saal müssen uns also Ehrfurcht einflößen. Wir müssen
uns der Verantwortung bewußt sein, die der Gesetzgeber dieses Landes hat, und wir dürfen hoffen, dass
wir in der späteren Zukunft einmal eine gute Qualifikation für unsere Tätigkeit bekommen. Dass Österreich
seit 1955 wieder ein freier, souveräner Staat ist, der durch seinen Neutralitätsstatus einen nicht
unbedeutenden Beitrag für die friedliche Entwicklung in Europa, aber auch in der Welt leisten kann, ist
auch für Niederösterreich eine gute Entwicklung gewesen. So, glaube ich, könnten wir wirklich mit
Optimismus in die Zukunft blicken. Diesem Österreich sind schwere Zeiten beschieden gewesen; dieses
Österreich hat aber auch in diesen letzten zwei Jahrzehnten keine Klage darüber zu führen, da es doch im
wesentlichen vom Glück begünstigt war. Das Größte aber ist: Wir haben die Chance der Freiheit, die
Chance der freien Meinungsäußerung, die Freiheit der Arbeitsplatzwahl, die Freiheit der Bildung. All das
können wir erst richtig würdigen und schätzen, wenn wir an das Schicksal unseres nördlichen Nachbarn
denken und vor allem dieses Jahr ins Auge fassen. Ich habe vor kurzer Zeit in einer Leserzuschrift die
Gedanken einer Frau, die auch einmal mit ihrer Familie über die Grenze flüchten musste, gelesen. Sie
Schreibt, dass auch die schlechteste Straße eine Prachtstraße sein kann, wenn sie nur in die Freiheit
führt. Ich glaube, gerade aus dem Erleben dieser Menschen in der jüngsten Zeit unserer Geschichte
sollten wir ableiten, dass wir allen Grund haben, nichts zu tun, um leichtfertig unser eigenes Schicksal
selbst durch falsche Maßnahmen auch in der Politik zu gefährden.
Unter diesem optimistischen Aspekt und aus den Erfahrungen einer zum Teil sehr leidvollen
Vergangenheit und einer sehr leidvollen Entwicklung der 50 Jahre Republik möchte ich appellieren, dass
auch bei der Detailberatung dieses Voranschlages neben allen anderen Überlegungen doch die großen
Leitlinien gesehen werden sollen, die wir im Auge behalten müssen, um die Zukunft zu gewinnen.
Sicherlich ist das alles in einer Demokratie nicht sehr leicht. Niemand geringerer als Churchill hat darüber
ein sehr klassisches Wort geprägt. Die Demokratie ist sicherlich die schwierigste Form der
Gesellschaftspolitik. Aber eines, meine Damen und Herren, die Demokratie ist sicherlich die
menschenwürdigste Form des politischen Zusammenlebens.
Auch ich möchte namens meiner Fraktion dem Herrn Finanzreferenten Ludwig, dem beamteten
Finanzreferenten, Herrn vortragenden Hofrat Dr. Riemer, und allen seinen Mitarbeitern im Finanzreferat
herzlichen Dank sagen für die Erarbeitung dieses Voranschlages. Ich möchte besonders herzlich dem
Buchhaltungsdirektor Hofrat Hochstrasser und seinem Stellvertreter danken. Wer sich an die
Finanzausschussdebatte erinnert, wird wissen, wie uns dieses Zahlengenie, dieser lebende Computer,
künftig abgehen wird. Ich möchte mich gerade bei diesem Beamten, der mit 31. Dezember in Pension
geht, und bei allen in der Buchhaltung tätigen Damen und Herren herzlich bedanken für ihr verdienstvolles
Wirken zum Wohle unseres Landes. Mein Dank gilt auch den Angestellten der Landhausdruckerei und
den Angestellten der Buchbinderei, die uns wieder einen so sauberen Voranschlag vorgelegt haben. Die
Österreichische Volkspartei wird diesem Voranschlag die Zustimmung geben, die jetzt noch toten Zahlen
werden im Jahre 1969 Leben gewinnen, und ich habe abschließend nur einen Wunsch: Dass dieser
Voranschlag neben den Auswirkungen des Bundesvoranschlages viele belebende Impulse setzen möge
zu einem wirtschaftlich funktionierenden Leben in diesem Land, zu einer günstigen Entwicklung der
Wirtschaft und damit zu einer Sicherung und Vermehrung der Arbeitsplätze, damit möglichst viele
Landesbürger, die zur Zeit in Niederösterreich noch keinen Arbeitsplatz haben, doch hoffen können, dass
jeder Niederösterreicher, wenn er will, auch in Niederösterreich Arbeit finden kann.
Und so möchte ich abschließend der Hoffnung Ausdruck geben, dass das Jahr 1969 wieder ein Jahr
eines bescheidenen, aber gesicherten Wohlstandes für alt und jung in Niederösterreich werden möge.
(Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT WEISS: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Ich verzichte.
PRÄSIDENT WEISS: Ich bitte das Hohe Haus, in die Spezialdebatte einzugehen, und ersuche die
Mitglieder des Hohen Hauses, die für das Eingehen in die Spezialdebatte sind, die Hand zu erheben.
(Angenommen.)
Ich unterbreche die Beratungen über den Voranschlag des Landes. Sie werden um 14 Uhr 15 Minuten
fortgesetzt. Die Sitzung ist unterbrochen.
(Unterbrechung der Sitzung um 12 Uhr 42 Minuten.)
ZWEITER PRÄSIDENT SIGMUND (um 14 Uhr 15 Minuten): Ich nehme die Sitzung wieder auf. Wir setzen
die Beratungen über den Voranschlag des Landes mit der Spezialdebatte fort.
Ich beabsichtige, bei der Spezialdebatte die Beratung und Beschlussfassung des ordentlichen
Voranschlages über alle Gruppen, des außerordentlichen Voranschlages zu den Gruppen 0 und 2 bis 9,
des Gesetzentwurfes über die Einhebung einer Landesumlage sowie des Dienstpostenplanes 1969 je
unter einem abzuführen und nach Verabschiedung des ordentlichen Voranschlages, des
außerordentlichen Voranschlages, des Gesetzentwurfes über die Einhebung einer Landesumlage und
des Dienstpostenplanes 1969, über den Voranschlag des Landes Niederösterreich für das Jahr 1969 als
Ganzes hinsichtlich Erfordernis und Bedeckung und auch über den Antrag des Finanzausschusses zum
Voranschlage Punkt 1 bis Punkt 17 sowie Punkt 18 im Wortlaut des Gesetzes abstimmen zu lassen. Bei
der Abstimmung über die einzelnen Gruppen des Voranschlages beabsichtige ich zunächst, über allfällige
Abänderungs- oder Zusatzanträge zu den beiden Teilen des Voranschlages 1969, dann über die Gruppe
selbst und zum Schluss über allfällige zu der in Beratung gestandenen Gruppe eingebrachten
Resolutionsanträge abstimmen zu lassen.
Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Abg. Anzenberger, zu Gruppe 0, Landtag und Allgemeine
Verwaltung, ordentlicher Voranschlag und außerordentlicher Voranschlag, zu berichten.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe
Ihnen über die Gruppe 0 zu berichten:
Die Gruppe 0, Landtag und Allgemeine Verwaltung, weist ordentliche Ausgaben im Betrage von S
717,964.000 aus, denen Einnahmen von S 203,884.000 gegenüberstehen. Es ergibt sich daher ein
Nettoerfordernis von S 514,080.000.
Diese Gruppe enthält die Ausgaben und Einnahmen, soweit sie den Landtag, die Landesregierung, das
Amt der Landesregierung, die Bezirkshauptmannschaften, besondere Verwaltungsbehörden, die
Gebarung mit den Ruhe- und Versorgungsgenüssen und sonstige in diesen Rahmen fallende
Aufwendungen betreffen. Die Ausgaben dieser Gruppe betragen 21,40 Prozent des Gesamtaufwandes,
während sich die gleiche Verhältniszahl im Vorjahr mit 22,54 bezifferte. Die Ausgabenkreditsumme der
Gruppe 0 weist gegenüber dem Vorjahre eine Erhöhung um rund 37,800.000 S auf. Während der
Personalaufwand um rund 43,400.000 S steigt, sinkt der Sachaufwand um rund 5,600.000 S. Im
Sachaufwande ergeben sich zunächst Mehrausgaben durch die Neuaufnahme von
Voranschlagsansätzen wie den Ausbau und die Adaptierung des Erdgeschosses und des Kellers im
Hause Wien I, Herrengasse 13, mit 2,500.000 S, wobei die Gesamtkosten dieses Ausbaues sich auf
5,000.000 S stellen werden.
Für den Informationsdienst sind 2,000.000 S vorgesehen, für verschiedene Subventionen ein
Gesamtkredit von 698.000 S und schließlich für die Kosten der Landtagswahl 1969 400.000 S.
Ins Gewicht fallende Krediterhöhungen mußten bei der Instandhaltung der Gebäude des Amtes der NÖ
Landesregierung einschließlich der Landhausküche mit 2,000.000 S vorgenommen werden.
Diesem Kreditbedarf steht ein Minderbedarf gegenüber, der in der Hauptsache auf die Kürzung der
Bausubvention an den Studentenunterstützungsverein „Akademikerhilfe“ um 2,000.000 Schilling und auf
die geringere Anforderung für Förderung der Behebung von Katastrophenschäden um 10,000.000 S
zurückzuführen ist.
Die Einnahmenseite zeigt eine Erhöhung um rund 10,500.000 S. Sie ergibt sich hauptsächlich aus der
Erhöhung der Sätze für Kommissionsgebühren und der Zusammenfassung der Verrechnung der
Gehaltsvorschüsse und Wohnbauhilfen im Abschnitt 09.
Eine Reihe von Voranschlagsansätzen in der Gruppe soll aus gebarungstechnischen Gründen als
gegenseitig deckungsfähig erklärt werden. Der Umbau der Landhausküche sowie der Ausbau und die
Adaptierung des Erdgeschosses und des Kellers im Hause Herrengasse 13 werden in einem Zuge
vorgenommen. Es erscheint daher zweckdienlich, eine gegenseitige Deckungsfähigkeit der beiden
Voranschlagsansätze zu beschließen.
An außerordentlichen Ausgaben sind in der Gruppe 0 5,895.000 S vorgesehen.
Ich ersuche den Herrn Präsidenten, über die Gruppe 0 die Verhandlungen einzuleiten.
ZWEITER PRÄSIDENT SIGMUND: Zum Wort gelangt Herr Landeshauptmannstellvertreter Dr. Tschadek.
Landeshauptmannstellvertreter Dr. TSCHADEK: Herr Präsident! Hohes Haus! Die Gruppe 0 umfaßt die
Tätigkeit des Landtages und der Verwaltung des Landes Niederösterreich und gibt daher reichlich
Gelegenheit, ja ich möchte sagen Verpflichtung, zu verschiedenen Fragen der Landespolitik und der
Landesverwaltung Stellung zu nehmen.
Der Beginn des Jahres 1968 stand völlig im Zeichen der Müllner-Krise. Wenige Tage, nachdem dieses
Hohe Haus den Voranschlag für 1968 verabschiedet hatte, trat der damalige Finanzreferent von
Niederösterreich, Roman Resch, zurück, wenige Wochen nachher wurde der von der ÖVP bestellte
Generaldirektor der Newag, Allitsch, abberufen. Die ganze Unruhe der Situation, die durch die NewagKrise entstanden ist, ist zum Jahresende 1968 und zum Jahresbeginn 1969 deutlich sichtbar.
Ich anerkenne, dass trotz vieler Schwierigkeiten sich im Jahr 1968 eine gewisse Konsolidierung der
Verhältnisse eingestellt hat. Dazu hat beigetragen, dass wenigstens der erste Teil des Müllner-Prozesses
vor dem Straflandesgericht in Wien seinen Abschluss gefunden hat. Ich möchte nur hoffen, dass sehr bald
der zweite Akt dieses Dramas vor Gericht abgerollt wird, denn bevor nicht auch immer wieder
Mißbehagen in der Bevölkerung von Niederösterreich geben.
Die Frage der Sanierung von Niogas und Newag ist, wie vorauszusehen war, vom Jahr 1967 in das Jahr
1968 hinübergezogen worden. Wir haben erst in einer der letzten Sitzungen eine Sanierung der Niogas
beschlossen, die notwendig wurde, weil man seinerzeit nicht an das glauben wollte, was die
Sachverständigen nachgewiesen haben und was unbedingt erforderlich war, um wirklich Ordnung zu
schaffen und dort eine gute wirtschaftliche Grundlage herbeizuführen.
Im Zeichen einer gewissen Beruhigung ist es gelungen, im Landtag eine Reihe nicht unbedeutender
Gesetze unter Dach und Fach zu bringen. Es wurde heute schon das Raumplanungsgesetz
hervorgehoben, und ich darf auf das Naturschutzgesetz verweisen. Wir haben den Grundsatzbeschluss
über die Herabsetzung des Wahlalters gefaßt, und ich hoffe, dass am Ende dieser Woche die NÖ
Bauordnung vom NÖ Landtag verabschiedet werden wird.
Es ist aber auch noch eine ganze Reihe von Fragen offen geblieben. Ich denke dabei zum Beispiel an die
unbedingt notwendige Novellierung der NÖ Gemeindewahlordnung. Die Bestimmung des doppelten
Wohnsitzes und ihre Auslegung führen fast bei jeder Gemeindewahl, zumindest in der Umgebung von
Wien oder in landschaftlich schönen Gebieten, die der Stadtbevölkerung als Sommerfrische dienen, zu
Unruhe und zu Wahlanfechtungen mit Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes, die meistens
gegen die Landeshauptwahlbehörde ergangen sind. Ich hätte es daher sehr gern gesehen, wenn es
möglich gewesen wäre, diese Bestimmungen so klar zu fassen, dass alle diese Schwierigkeiten und
Mißdeutungen in Zukunft nicht mehr vorkommen können. Der Verfassungsdienst des
Bundeskanzleramtes hat hier eine andere Auffassung, als wir sie zunächst vertreten haben. Die ganze
Angelegenheit muss daher noch einmal überprüft werden. Die Frage bleibt somit sehr zum Nachteil der
Rechtsordnung in Niederösterreich vorübergehend offen.
Diese Frage müßte aber – damit komme ich auf ein ernstes Problem der Verwaltung zu sprechen – nicht
immer zu solchen Schwierigkeiten führen, wenn wir mehr Objektivität in den Bezirkswahlbehörden
voraussetzen könnten. Es ist manchmal ganz klar, dass der doppelte Wohnsitz nur deshalb anerkannt
wird, um das politische Kräfteverhältnis in einer Gemeinde einfach von Leuten verschieben zu lassen, die
mit der Gemeinde nicht mehr verbindet als etwa die Ausübung der Jagd. Wenn in einer
niederösterreichischen Gemeinde 6 Personen in der Wählerliste eingetragen sind, weil sie zusammen ein
Haus gemietet haben, um dort im Mai schlafen zu können, bevor sie um 4 Uhr früh auf den Rehbock
gehen – die Zufahrt so früh ist ihnen zu weit -, und wenn man das als Mittelpunkt des gesellschaftlichen
und wirtschaftlichen Lebens in dieser Gemeinde bezeichnet, dann ist dies eine Auslegung, die mir nicht
gerechtfertigt erscheint.
Ich verstehe es noch, Hohes Haus, wenn die Vertreter der politischen Parteien in der Bezirkswahlbehörde
versuchen, solche Fälle positiv in ihrem Sinn zu erledigen, weil sie mit den Stimmen rechnen, die dort
hinkommen. Ich verstehe es aber nicht, dass auch die Bezirkshauptmänner in solchen Fällen mitspielen.
Ich glaube, dies ist ein gegebener Anlaß, um – ohne deshalb die Bezirkshauptmänner allgemein angreifen
zu wollen – die Feststellung zu treffen, dass der Bezirkshauptmann ein objektiver Beamter sein soll und
sein muss, der nach den Grundsätzen des Rechts entscheidet. Er ist kein Funktionär der Österreichischen
Volkspartei, selbst wenn er Mitglied dieser Partei sein sollte. (Beifall bei der SPÖ.) Wenn wir diesen
Grundsatz in der Verwaltung einmal durchexerziert haben, dann werden sich vielleicht manche Probleme
lösen. Ich frage mich: Was hat man schon davon, wenn der Verfassungsgerichthof Wahlen annulliert und
nur neue Schwierigkeiten entstehen müssen, weil man nicht rechtzeitig den Mut gehabt hat, wirklich zu
prüfen, ob die Voraussetzungen eines doppelten Wohnsitzes gegeben sind.
Hoher Landtag! Wir haben im Mai das Raumordnungsgesetz beschlossen. Es ist heute schon viel darüber
geredet worden und es wird im Zuge der Debatte noch eine Reihe von Reden in dieser Richtung gehalten
werden. Ich möchte eines sagen: Das Raumordnungsgesetz als solches ist ein Verfahrensgesetz, und
nun müssen Landtag und Regierung tätig werden, um wohldurchdachte Pläne zu realisieren. Das Gesetz
allein ist kein Allheilmittel. Es gibt uns nur die Möglichkeit, wenn wir den Stein des Weisen gefunden
haben, ihn nach raumplanerischen Grundlagen an den richtigen Ort zu legen. Darum wird es, meine
Damen und Herren, gehen. Es haben die Sozialisten vor Jahren die Raumplanungskonferenz einberufen
und eine echte Raumplanung für Niederösterreich erarbeitet. Es hat nun auch die Österreichische
Volkspartei in ihren „Leitbildern“ ein Konzept aufgestellt, und nunmehr soll man die beiden objektiv
abwägen und das Beste und Brauchbarste heraussuchen. Aber man soll das mit wirklicher Objektivität
tun, denn sonst wird dabei nicht allzu viel Positives herauskommen können. Sehen Sie, wenn man sich
mit diesen Fragen ernstlich auseinandersetzt, dann wird es naturgemäß immer für die eine oder andere
Sparte die Möglichkeiten zu verschiedenen Auffassungen geben. Und wenn Herr Abgeordneter Stangler
unsere Raumplanungskonferenz vom 18. November damit abgetan hat, dass dort verschiedene
Meinungen zutage getreten sind, so möchte ich ihm sagen, dass es gerade der Zweck der Konferenz war,
diese Meinungen zutage treten zu lassen. Denn man kann doch ein großes Konzept, das in die Zukunft
weist, nicht beschließen, ohne auch den gegnerischen Standpunkt zu kennen, ohne nicht die
verschiedenartigsten Beleuchtungen einzuschalten und alles das zu durchleuchten, was notwendig ist.
Und wenn wir uns bewusst der Kritik von Fachleuten gestellt haben, von denen wir genau wussten, dass
sie nicht unserer Partei angehören, dann ist das ein Zeichen, wie ehrlich, wie aufrichtig wir es meinen und
wie wir uns bemühen, das Beste für dieses niederösterreichische Volk aus dieser Sacher herauszuholen.
Es ist daher etwas merkwürdig, wenn diese aufrichtigen Bemühungen, zu deren Mitarbeit wir alle
eingeladen haben, in freundlichster und höflichster Form, damit beantwortet werden, dass man die
Raumplanungskonferenz, die als Verein konstituiert werden sollte, vom Innenministerium als Verein
untersagte, nur weil man zu Verwechslungen mit dem Raumordnungsbeirat der NÖ Landesregierung
führen.
Hohes Haus! Ich bedauere es, dass diese Entgleisung nicht eine Entgleisung des Innenministeriums allein
ist, sondern dass an dieser Entgleisung die Stellungnahme eines Amtes der Landesregierung mitschuldig
ist. Denn wenn Sie einmal die Dinge logisch überlegen, werden Sie sehen, dass Sie sich beinahe an den
Rand der Lächerlichkeit gebracht haben. Was ist denn identisch? Raumordnungsbeirat und
Raumplanungskonferenz? Das einzig gemeinsame Wort ist „Raum“. Wollen Sie damit nun auch den
Raumpfleger untersagen, den Raumarchitekten, die Raumforschung und was es alles unter dem Titel
„Raum“ gibt? Ich glaube, das kann Ihnen niemand abnehmen, und es ist lächerlich, zu glauben, dass in
einer Demokratie des 20. Jahrhunderts eine Bewegung davon abhängig ist, ob man einen Verein gestaltet
oder nicht.
Meine Damen und Herren! Mehr Großzügigkeit, mehr Geradlinigkeit und mehr Gerechtigkeitssinn wäre,
glaube ich, im Interesse des Landes Niederösterreich und seiner Verwaltung äußerst ratsam.
Der Herr Abgeordnete Stangler – ich muss wieder auf ihn zurückkommen – hat sich heute mit den
Zusammenlegungen der Gemeinden beschäftigt und hat gemeint, dass jede Initiative dafür von der
Österreichischen Volkspartei ausgegangen ist. Ich darf Sie daran erinnern. – Sie werden das vielleicht
nicht wissen, ich kann es Ihnen nicht übel nehmen -, dass bereits auf einem Parteitag im Jahre 1954 ein
kommunalpolitisches Programm beschlossen wurde, das vom damaligen Landesrat Felix Stika auf dem
Parteitag vertreten wurde, in dem die Zusammenlegung der Gemeinden zu einem Programmpunkt erklärt
wurde. Ich darf darauf hinweisen, dass ich in meiner ersten Rede als Gemeindereferent im Jahre 1960 vor
diesem Hohen Hause auf die Schwierigkeit der Gemeindeverwaltung in 1652 Gemeinden hingewiesen
habe und dass wir in allen Fällen der Gemeindezusammenlegung das Wort geredet haben. Ihre Initiative
hat darin bestanden, dass Sie gewisse finanzielle Vorteile für die Gemeinden, die sich zusammenlegen,
beantragt haben. Wir haben dem zugestimmt, obwohl es uns klar war, dass die ganze Problematik dann
lebendig wird, wenn die Zahl der Gemeinden wächst, die auf diese Vorteile Anspruch erheben können,
weil dann die Decke nicht mehr ausreicht. Wenn Sie die damalige Landtagssitzung im Protokoll verfolgen,
werden Sie feststellen können, dass ich gesagt habe, im Grundsatz ist dagegen nichts zu sagen, aber wir
haben es hier mit unbekannten Größen zu tun, und wir müssen heute schon bei der Landesumlage daran
denken, hier einen gewissen Abbau durchzuführen. Aber bitte, die Initialzündung hat gewirkt, das
bestreite ich keineswegs. Ich freue mich als Gemeindereferent, dass soundso viele Gemeinden heute
weniger vorhanden sind. Aber tun Sie nicht so, als ob es ein Allgemeingut bei Ihren Leuten wäre, dieses
Programm zu verwirklichen. Ich könnte eine Reihe von Gemeinden aufzählen, die ihren Gemeinderat über
Antrag der Österreichischen Volkspartei oder wegen Rücklegung der ÖVP-Mandate aufgelöst haben, weil
man in diesen Gemeinderäten daran gedacht hat, sich mit der Frage der Gemeindezusammenlegung zu
beschäftigen. Der Herr Landeshauptmann wird diese Beispiele genau wie ich kennen, weil sie sich in
unserem Gemeinsamen Heimatbezirk Bruck abgespielt haben. Aber auch in anderen Bezirken haben sich
ähnlichen Dinge ereignet. Es ist klar, das hier eine gewisse Schwierigkeit gegeben ist, die man
überwinden muss, dass hier eine gewisse psychologische und politische Erziehungsarbeit notwendig ist,
um über die Kirchturmpolitik der Kleingemeinde hinaus zu einer großräumigen Gemeindepolitik zu
kommen. Ich glaube, wir sollen das nicht auf die eine oder andere Parteifahne hängen. Wenn wir dies tun,
schaden wir der Gesamtkonzeption, dann wird man sich draußen sagen, was steckt dabei politisch
dahinter? Gerade das ist es, was wir nicht brauchen können.
Ich verstehe, Herr Abg. Stangler, dass jede politische Partei versucht, ihre Erfolge in den Vordergrund zu
stellen. Sie haben hier sehr viele Beispiele angeführt, wo in Niederösterreich eine Lösung nur durch die
Initiative der Österreichischen Volkspartei gefunden wurde. Ich weiß nicht, ob das gut ist, jedenfalls sind
Ihre Beispiele nicht alle richtig gewesen.
Hoher Landtag! Ich bin der letzte, der nicht in absoluter Hochachtung und Verehrung an den verstorbenen
Herrn Landeshauptmann Eduard Hartmann zurückdenkt. Ich habe ihn immer für einen großen und guten
Landeshauptmann gehalten, aber zu behaupten, dass das ganze Schulkonzept ein Hartmann-Konzept ist,
widerspricht den historischen Tatsachen. Tatsache ist, dass im Jahre 1962 oder 1963, ich weiß es jetzt
nicht genau, unter dem Landeshauptmann Figl eine Schulenquete stattgefunden hat, in der das Problem
der Zusammenlegung der Schulen erörtert wurde. (Zwischenruf rechts: 1965!) Tatsache ist weiter, dass
unter dem Landeshauptmann Figl das Problem nicht deshalb auf die Tagesordnung gestellt wurde, weil
wir große raumplanerische Reorganisationen im Auge hatten, sondern weil wir vor einem drückenden
Lehrermangel gestanden sind und uns gesagt haben, dass wir einige hundert Lehrer einsparen müssen,
weil sie einfach nicht vorhanden sind. In dieser Enquete ist die Marschrichtung gegeben worden, und es
wurde unter dem Vorsitz des verdienten und leider allzu früh verstorbenen Landeshauptmannes
Hartmann eine Kommission eingesetzt. Dann ist das Konzept auf den Tisch der Regierung gelegt worden.
Ich glaube, wenn also ein Konzept wirklich aus der Zusammenarbeit der beiden Parteien entstanden ist,
dann war es das Schulkonzept, musste es ja sein, denn letzten Endes ist nun einmal der Schulreferent
des Landes Niederösterreich ein Mitglied der Sozialistischen Partei, und er hat doch mit dem Präsidenten
und Vizepräsidenten des Landesschulrates und allen Schulfachleuten, die hier tätig sind, aktiv daran
teilgenommen. Ich glaube, wir würden viel besser daran tun, wenn wir das, was Ergebnis gemeinsamer
Arbeit ist, wirklich als gemeinsame Arbeit deklarieren würden, denn sonst, meine Damen und Herren,
kommen Sie in die Situation, wo man Ihnen sagen könnte, dass Sie sich nicht die Rosinen aus dem
Kuchen herausholen können. Wenn Sie der Meinung sind, dass alles Gute in Niederösterreich nur von
Ihrer Seite kommt, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn wir mit Berechtigung feststellen, dass auch
das Schlechteste, das in Niederösterreich geschehen ist, von Ihrer Seite kam, nämlich die Angelegenheit
Newag-Müllner. (Beifall links.) Zwingen Sie uns nicht zu solchen Feststellungen! Auch wenn Sie die
Hände falten, Herr Kollege, ändert das nichts daran. Ich wollte dieses Kapitel nicht anschneiden, aber ich
musste es im Sinne einer demokratischen Objektivität tun. Man kann nicht das Gute für sich
beanspruchen und das Schlechte, für das man verantwortlich ist, dem gesamten Landtag anlasten. So
gehen die Dinge nicht. Jeder hat das zu verantworten, was er getan, und man soll anerkennen, wenn ein
anderer Positives dazu beigetragen hat. Der Herr Kollege Stangler hat erklärt, auch er sei froh, wenn die
Probleme nicht einseitig gelöste werden müssen und wenn es zu gemeinsamen Beschlüssen kommt. Er
gibt zu, dass wir auch unsere Ideen beigetragen haben. So soll es ja sein. Es ist der Sinn einer
lebendigen Demokratie, dass wir nicht versteinern, dass nicht eine Gedankenrichtung allein dominiert,
sondern dass aus dem Wechselspiel des Geistes und der geistigen Kräfte neue Ideen strömen, die wir
brauchen, wenn wir uns eine gute Zukunft sichern wollen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt so viele Probleme, über die nachzudenken sich lohnen
würde. Ich will jedoch nicht allzu lange in der heutigen Debatte dazu reden. Der Herr Abg. Stangler hat mit
Recht die Wohnbauförderungsmittel angeschnitten und erklärt, dass auch diese nach raumplanerischen
Grundsätzen einzusetzen sind. Ich bin mit ihm durchaus einer Meinung, muss ihn aber bitten, dann mit
uns zu gehen, wenn wir die Forderung erheben, die Wohnbaugesetze 1968 zu novellieren, denn wenn wir
diese wirklich dem Sinn und Wortlaut nach durchführen, gibt es keine Raumplanung, da darin steht, man
habe der Reihe nach zuzuteilen. Wenn Nummer 1 in Gmünd, die Nummer 3 in Wr. Neustadt, die Nummer
6 in Mistelbach und 7 in Neunkirchen ist, dann haben wir, wenn wir das Gesetz genau erfüllen, diese
Reihenfolge einzuhalten, was aber mit den raumplanerischen Ideen nicht ganz vereinbar ist. Ich habe
mich sehr gewundert, als wir auf dem Fernsehschirm in der Sendung „Horizonte“ den Herrn
Bautenminister Dr. Kotzina gehört haben, der erklärte, dass sich die allgemeinen Grundsätze der
Verteilung nach Schwerpunkten erst durchsetzen müssten, und mich gefragt, ob der Herr Bautenminister
das von ihm vorgelegte Gesetz kennt, denn wenn man dieses genau anwendet, kommt genau das
Gegenteil heraus. Und das wollen wir nicht. Ich anerkenne sehr dankbar und korrekt, dass ich mit dem
Herrn Landesrat Ludwig bis jetzt immer noch einen Weg gefunden habe, um nach vernünftigen
Grundsätzen vorzugehen; aber vielleicht sollten wir uns doch gemeinsam bemühen, dieses Bretterlegen
in einen legalen Zustand zu verwandeln, weil es einen Unsicherheitsfaktor bildet und man diese Dinge
einmal klar und deutlich aussprechen soll.
Der Herr Abg. Stangler hat sich hier mit dem Kopfquotenausgleich auseinandergesetzt und erklärt, die
hier eingetretene Steigerung von 10,000.000 S ist zwar ein großer Betrag, bedeute jedoch kein gutes
Zeichen. Auch darin ist ihm hundertprozentig recht zu geben. Das Ansteigen der Kopfquotenausgleiches
ist ein Alarmzeichen, und wir müssen uns die Frage vorlegen, wo die Ursachen liegen, dass wir auf
anderen Gebieten zurückgefallen sind. Wenn weiters festgestellt wurde, dass Niederösterreich beim
Steueraufkommen der Bevölkerung an vorletzter Stelle steht und nur noch das Burgenland hinter uns
bleibt, so ist diese Feststellung durchaus richtig., kann uns aber keineswegs befriedigen, sondern wirft
vielmehr die Frage auf, ob bisher alle Mittel so planmäßig und zweckmäßig eingesetzt wurden, wie aus
der Rede des Herrn Abg. Stangler hervorging, denn ein Optimum, das müssen wir feststellen, haben wir
nicht erzielt. Vielleicht sollten wir uns jetzt beide auf die Brust klopfen. Wenn sie aber behaupten, dass alle
Erfolge von Ihnen kommen – Sie haben ja die Führung in diesem Hause -, so müssen wir doch wohl auch
feststellen, dass sie für diesen Zustand zumindest ein gerüttelt Maß an Verantwortung zu tragen haben.
Auch ich bin für einen energischen Appell an den Bund und die Bundesländer. Man soll schon den
anderen sagen, dass wir mehr gelitten haben und länger in unserer Entwicklung behindert waren und
daher Anspruch auf mehr Zuwendungen und Rücksicht haben. Vielleicht ist aber unser Appell an die
Bundesländer ein wenig durch die Vorkommnisse in der Südstadt erschüttert. Ich habe den Tirolern
einmal in einer Aussprache dargelegt, wie sehr wir geschädigt sind, und darauf die Antwort erhalten, dass
wir aber auch viel Geld verwurstelt hätten. Das macht uns heute gewisse Schwierigkeiten. Wir sollten also
hier trachten, sehr bald in gesunde Verhältnisse zu kommen, damit unser Appell an Bund und
Bundesländer ein ernst zu nehmender und ein beachteter Appell wird. Denn dieses Niederösterreich, das
so oft gerühmte Stammland der Republik, verdient es meiner Meinung nach, endlich einmal in ein
Nachziehverfahren einbezogen zu werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Landtages! Wir haben uns heuer einmal mit der
Frage der Jugend beschäftigt und haben in einem Antrag die Herabsetzung des aktiven und passiven
Wahlrechtes für die Jugendlichen beschlossen. Ich halte das für sehr gut und für sehr notwendig. Die
Jugend soll rechtzeitig lernen, Verantwortung zu tragen, sie soll rechtzeitig in den demokratischen Prozeß
eingebaut werden.
Wenn die Jugend darüber hinaus die Frage aufwirft, ob das Listenwahlrecht geeignet ist, die
Persönlichkeiten entsprechend zur Geltung zu bringen, so will ich mich dazu nicht besonders äußern.
Meine Meinung ist allgemein bekannt.
Aber man sollte diese Frage, glaube ich, doch sehr eingehend studieren. Denn was würde die
Verbesserung des Wahlrechtes durch die Herabsetzung des Wahlalters helfen, wenn dann infolge eines
verfehlten Ausleseprinzips die Jugend, zumindest beim passiven Wahlrecht, doch nicht zum Zuge käme?
Wir sollten uns mit dieser Frage sehr gründlich beschäftigen. Es liegt dies meiner Überzeugung nach
absolut im Interesse der Demokratie und der ruhigen Entwicklung in unserem Lande. Wir haben ja in
Österreich, wenn ich von wenigen Hochschulunruhen und Ausschreitungen absehe, bis jetzt in der
Jugendfrage von allen anderen Ländern Europas am wenigsten Lärm erlebt. Wir haben manches erlebt,
was der eine als Entgleisung und der andere als gesunde Reaktion empfunden hat. Das mag also je nach
der Einstellung des einzelnen Menschen zu beurteilen sein. Wir haben viel Ruhe gehabt. Wir wissen nicht,
ob das so bleibt. Ich hoffe, dass es uns gelingen wird, diese demokratische Ruhe und Ordnung in
unserem Lande aufrechtzuerhalten.
Dazu scheint es mir aber notwendig zu sein, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir die
Aufgaben der Demokratie in jeder Lebenslage und in jeder politischen Lage ernst nehmen. Wir kennen im
Landtag Mehrheit und Minderheit. Selbstverständlich. Beide haben an der Verwaltung teil, beide haben ihr
Maß an Verantwortung zu tragen. Wir kennen im Parlament heute Regierungspartei und Opposition. Das
entspricht dem derzeitigen Kräfteverhältnis. Es ist etwas anderes als die Situation in den Bundesländern
mit der Proporzregierung. Ich möchte ausdrücklich sagen, dass sie nicht gegeben sein können nach der
Verfassung und dass sie nicht gegeben sein sollen. Aber in beiden Körperschaften soll man sich darüber
klar sein, dass Mehrheiten und Minderheiten Kräfteverhältnisse, variable Komponenten in der Demokratie
sind. Die Oppositionspartei von heute kann morgen eine alleinregierende, eine mitregierende Partei sein.
Und eine Minderheit im Landtag kann einmal zur Mehrheit werden oder sie kann zu einer stärkeren
Minderheit werden, als sie es heute ist.
Rechnen wir also mit der Dynamik der Entwicklung und betreiben wir eine Politik, meine Damen und
Herren, die es uns in jeder Lage möglich macht, auch dann unsere Aufgaben für Österreich und
Niederösterreich zu erfüllen, wenn wir vor neuen Problemen stehen. Wissen Sie, ich halte nichts davon,
dass man sich in einem Wahlkampf beschimpft und herabsetzt, dass man die eine Idee verhimmelt und
mit einem Heiligenschein umgibt und die andere verteufelt und ihr Hörner aufsetzt. Das glaubt die
Bevölkerung ohnedies nicht. Ich glaube, wir unterschätzen manchmal in unserer Propaganda den Wähler.
(Abg. Stangler: Genau! Das unterschreiben wir vollkommen!)
Ich halte hier eine sehr offene demokratische Rede aus dem Verantwortungsbewusstsein für die Zukunft
unseres Landes heraus. Zeigen wir im Jahr 1969, dem Wahljahr, unsere demokratische Reife. Wir haben
die Möglichkeit, eine Reifeprüfung abzulegen, die überzeugend für die Demokratie werben kann. Das
werden wir aber nur dann können, meine Damen und Herren, wenn wir uns darüber klar sind, dass wir
einen Wettbewerb der Ideen, aber keine Lizitation der Ideen zu starten haben. (Abg. Stangler: Das ist
richtig, jawohl!) Denn wenn man lizitiert, dann verlässt man den Weg der Verantwortlichkeit, und dann gilt
das Wort, das der Direktor im „Vorspiel auf dem Theater“ im „Faust“ ausspricht: „Ich sag Euch: gebt nur
mehr und immer, immer mehr, so könnt Ihr Euch vom Ziele nie verirren. Sucht nur die Menschen zu
verwirren, sie zu befriedigen, ist schwer!“
In einer echten Demokratie kann es nicht die Aufgabe sein, etwas zu fordern, was nicht verwirklicht
werden kann. In einer echten Demokratie kann es nicht die Aufgabe sein, etwas absolut zu negieren,
ohne zu wissen, was als Besseres an seine Stelle gesetzt werden kann. Wenn wir heute in der Welt eine
Welle der Aggression erleben, dann ist das deshalb der Fall, weil man in vielen Teilen der Welt nur eine
negative Zielsetzung kennt, weil viele Menschen, und in einer Reihe von Ländern nicht zuletzt auch die
Jugend, zwar wissen, was sie nicht wollen, aber nicht wissen, was sie wollen. Wir müssen die Menschen
zu einem positiven Denken erziehen, zu einer positiven Verantwortung heranführen, damit wir bestehen
können.
Ich glaube nicht, meine Damen und Herren, dass wir unbedingt auf einer Insel der Seligen leben. Ich
hoffe, dass alle Erschütterungen in dieser Welt an unserem Österreich und an unserer Neutralität
vorübergehen. Aber die Welt ist sehr, sehr unruhig geworden. Niemand weiß, wie ein Konflikt da und dort
das Weltbild verändern kann, niemand weiß, was der Zusammenbruch einer Währung in einem Land
wirtschaftlich für das andere Land bedeuten kann, niemand ist heute in der Lage, hundertprozentig die
Zukunft vorauszusehen, aber eines können wir erkennen: dass wir in ernsten und gefährlichen Tagen nur
dann stark genug sein werden, unsere Aufgabe für Österreich zu erfüllen, wenn wir eine große, einige
Zusammenarbeit erreichen. Die monocolore Regierung von heute mag für die heutige Zeit noch genügen;
für Krisenzeiten wäre sie zweifellos viel zu schwach.
Daher soll man das Tor offenlassen und es auch durch einen Staatssekretär für Propaganda nicht
zuschlagen lassen – wie ich überhaupt glaube, dass Fragen von allgemeiner Verantwortung auf einer
breiteren Basis zu behandeln wären.
Ein kleines Beispiel aus Niederösterreich. Herr Landeshauptmann, seinen Sie mir deshalb nicht böse: Sie
haben vor kurzem eine Pressekonferenz veranstaltet, um die Presse über die Verhältnisse in
Niederösterreich zu informieren. Glauben Sie nicht, dass es dem Geist der Demokratie besser
entsprochen hätte, wenn auch die zweite Regierungspartei zu dieser Pressekonferenz zugezogen worden
wäre? Glauben Sie nicht, dass die Aussagen mehr Gewicht gehabt hätten und dass wir einen breiten
Raum in der Presse gefunden hätten, wenn man die Erklärung nicht doch mehr oder weniger als eine
Parteierklärung angesehen hätte? Man soll nicht immer unbedingt vom Bundeskanzleramt reden.
Manchesmal ist vielleicht der Kanzler Klaus nicht das richtige Vorbild, vor allem nicht das richtige Vorbild
in der Zusammenarbeit, die wir gerade in Niederösterreich brauchen.
Hoher Landtag! Ich habe mir so einige Sorgen von der Seele geredet, wie ich das eigentlich immer in der
Budgetdebatte tue, nicht zu meinem Vergnügen, auch nicht aus rein parteipolitischer Propaganda, das
werden sie mir zugestehen, sondern als ein Mensch, der sich politisch Gedanken macht um die Zukunft
unseres Landes und der nur einen Wunsch hat, dass wir alle mitsammen uns geistig so bewähren, dass
die Fahnen Blau-Gelb und Rot-Weiß-Rot unerschüttert, wie immer die Stürme der Zeit wehen, uns in eine
bessere Zukunft führen. (Beifall bei der SPÖ.)
Zweiter PRÄSIDENT SIGMUND: Zu Wort gelangt Herr Abg. Reischer.
Abg. REISCHER: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Landeshauptmannstellvertreter Dr.
Tschadek hat hier auch über die Krisenfestigkeit einer Regierung gesprochen, und ich weiß, dass sehr
viele Ihrer Parteifreunde heute noch der Koalition nachweinen. Ich möchte Sie da in einen Ausspruch
Ihres Parteivorsitzenden Dr. Kreisky erinnern, der einmal gesagt hat, die Arbeit dieser Regierung wird kein
Honiglecken sein, und das war bezeichnend dafür, dass die Sozialisten letzten Endes in dieser Regierung
nicht aufschienen.
Herr Landeshauptmannstellvertreter, wir stimmen Ihrer Ausführung über die Lizitationspolitik sehr gerne
zu und wir lassen uns sehr gerne beim nächsten Wahlkampf von Ihrer Partei überraschen. Wenn Sie,
Herr Landeshauptmannstellvertreter, angeführt haben, dass auf einem Parteitag der SPÖ das Problem
der Gemeindezusammenlegungen erörtert und beschlossen wurde, so kann ich keinen Gegenbeweis
antreten, ich möchte aber nur feststellen, dass es nicht darauf ankommt, wann oder wo man und wer über
irgendein Problem spricht, sondern dass es letzten Endes darauf ankommt, wer den entscheidenden
Schritt tut. Und diesen hat in der Richtung einer fortschrittlichen Gemeindestruktur die Österreichische
Volkspartei getan.
Nun darf ich mich, Hohes Haus, vor allen Dingen wirklich mit einem Problem der Gruppe 0 beschäftigen.
Die Jugend Niederösterreichs, welche sich dem Hochschulstudium widmet, bevorzugt wegen der
zentralen Lage der Bundeshauptstadt die Hochschulen in Wien, und es sind immerhin von 27.000
Studenten 4253, die an Wiener Hochschulen inskribiert haben. Die Angelegenheiten der Hochschulen
fallen an und für sich in die Zuständigkeit des Bundes, aber es ist nicht damit abgetan, dass die
erforderlichen Schul- und Institutionsgebäude zur Verfügung gestellt werden, also für den Lehrbetrieb
gesorgt wird, sondern es sollen auch für die von auswärts kommenden Studenten, vor allem für die
Niederösterreicher, die entsprechenden Wohnmöglichkeiten vorhanden sein. Es ist eine Tatsache, dass
ein Großteil der Hochschüler Niederösterreichs aus Familien stammt, die gerade nicht die zeitlichen
Gütern gesegnet sind und die sich für ihren Sohn oder ihre Tochter durchaus nicht in jedem Fall ein teures
Untermietzimmer leisten können. Eines der schwierigsten Probleme der jungen Menschen ist also, eine
geeignete Wohnung in Wien zu finden. Das ergibt sich aus der Tatsache, dass auch der Wohnraum in
Wien immer noch knapp ist, dass dort eine Wohnungsnot herrscht und dass Untermietzimmer meist sehr
teuer sind und auch den Anforderungen an einen neuzeitlichen Wohnkomfort in keiner Weise
entsprechen. Das Land muss selbst großes Interesse daran haben, dass möglichst viele junge begabte
Menschen studieren, und wendet für diesen Zweck nicht zuletzt auch beachtliche Mittel auf. Sie finden im
Abschnitt 09 jene Vereine aufgezählt, welche jährlich vom Land Niederösterreich subventioniert werden:
hier einmal die Heime der Akademikerhilfe, das Studentenheim des Asylvereines der Wiener Universität
mit 182 Plätzen, davon 60 Plätze für Niederösterreich; in weiterer Folge das Studentenheim Auersperg
GmbH, wo das Land mit 50 Prozent beteiligt ist und wo auch entsprechend der Beteiligung
niederösterreichische Studenten unterkommen können; weiters der „Verein Wirtschaftshilfe für Studenten
Niederösterreich“ und nicht zuletzt auch der Unterstützungsverein für bedürftige Studierende der
Hochschule für Bodenkultur. Die meiste Unterstützung fließt hier dem Studentenunterstützungsverein
Akademikerhilfe zu, dessen Gründung in die Zeit der Ersten Republik fällt. Es war eigentlich ursprünglich
nur ein Ausschuss, der vom Studentenseelsorger Karl Rudolf gegründet wurde. Der Ausschuss wurde
dann im Jahre 1921 in einen Verein umgewandelt, und diese Gründung erfolgte damals vor allen Dingen
darum, um den seelisch und körperlich zermürbten, aus dem Krieg heimkehrenden Menschen in allen
Belangen zu unterstützen. Seither kann dieser Verein auf eine erfolgreiche und segensreiche Tätigkeit
zurückblicken. Er unterhält in Wien ein Technikerheim in der Meierhofgasse mit 90 eigenen Plätzen,
Studentenheime in der Michaelerstraße und ein Heim in der Pfeilgasse, welches aus drei Objekten
besteht. Das dort erbaute Heim Pfeilgasse 3a, ein nach modernsten Grundsätzen erbautes Haus mit 140
Heimplätzen, hat sehr schöne Ein- und Zweibettzimmer mit Bad und WC und Küche, wo sich die
Studenten ihr Frühstück und das Abendessen selbst bereiten können, einige Speiseräume, und es hat
eine Mensa, wo im Tag 300 Mittagessen ausgegeben werden. Darüber hinaus hat dieses Heim aber auch
ein Musikzimmer, einen Zeichensaal und sehr schön gestaltete Aufenthaltsräume, so dass die
studierende Jugend dort nicht nur ihrem Studium nachgehen kann, sondern auch für die Freizeit ein Heim
hat, das allen modernen Erfordernissen entspricht. Während also die Gebäude in der Pfeilgasse 4 bis 6
und 1a im Sommer einem anderen Verwendungszweck zugeführt werden, für Hochschulkurse dienen,
wird das neu- und letzterbaute Haus Pfeilgasse 3a in den Sommermonaten als Hotel verwendet und kann
in Wien als ein erstklassiges Hotel angesprochen werden. Es ist auch immer voll besetzt. Dieser Umstand
trägt zur gesunden Wirtschaftsentwicklung ebenso bei wie die Subvention des Landes Niederösterreich
unter der Voranschlagspost 09-621 in der Höhe von 180.000 S, so dass die Kosten für die Heimplätze der
Studierenden in einem erträglichen Ausmaß gehalten werden können.
Die Beihilfe, die das Land Niederösterreich im heurigen Voranschlag vorsieht, und zwar in der Höhe von
2,000.000 S, wird ausschließlich für Investitionen bzw. geplante Neubauten in der Strozzigasse und in der
Lerchenfelderstraße 1 – im letzteren Fall handelt es sich um ein Studentinnenheim – Verwendung finden.
Wir dürfen also hier vermerken, dass schon an die 300 Studenten aus Niederösterreich in den Heimen der
Akademikerhilfe Unterkunft finden. In diesen Heimen ist nicht nur an das leibliche Wohl, sondern auch an
die charakterliche Weiterbildung in sittlicher und religiöser Hinsicht gedacht; es wird dort durch
Heimseelsorge, Seminare, Filme und diverse Arbeitskreise ein großes Augenmerk auf diese
Weiterbildung gelegt.
Abschließend möchte ich noch vermerken, dass dieser Verein auch durch die Oberösterreichische
Landesregierung bestens unterstützt wird und dass die Bauten, die dieser Verein durchführt, vor allen
Dingen von NÖ Firmen ausgeführt werden. Es ergeben sich auch hier interessante wirtschaftliche
Aspekte für das Land Niederösterreich.
In weiterer Folge scheint noch der Unterstützungsverein der Hochschule für Bodenkultur auf; auch er
unterhält in der Hasenauerstraße ein Heim, das von 90 auf 200 Heimplätze erweitert werden konnte.
Dieser Verein unterhält eine Mensa, in der 400 bis 500 Mittagessen ausgegeben werden. Auch hier
kommen diese Mittel im besonderen Studierenden aus Niederösterreich zugute.
Sehr geehrte Damen und Herren! Immer wieder wird festgestellt, dass die Industriegesellschaft der
Zukunft eine Bildungsgesellschaft sein muß. Um den notwendigen Nachwuchs an Fachkräften aller
Sparten, insbesondere auch die Ausbildung akademisch gebildeter Kräfte voranzutreiben, hat sich das
Bundesministerium für Unterricht zu einer Bildungsoffensive entschlossen. Ich darf hier Vergleiche ziehen.
Den Ausgaben für Bildung und Forschung wurde im Rahmen dieser Zielsetzung ein echter Vorrang
gegeben. Der Anteil von Bildung und Forschung im Gesamtbudget des Bundes betrug im Jahre 1964
4,400.000.000 S, das waren 7,7 Prozent; der Ausgabenrahmen des Jahres 1967 bewegte sich in einer
Höhe von 7.100,000.000 S, das waren 9,4 Prozent, und im Jahre 1969 können Sie bereits 9.400,000.000
S oder 10,4 Prozent feststellen. Dieser Vergleich beweist, dass die Bundesregierung in Richtung einer
zielbewussten Bildungspolitik tätig ist. Man kann auch sagen, dass diese Maßnahmen im Verein mit den
geplanten Reformen zweifelsohne verhindert haben, dass in Österreich Studentendemonstrationen in
einem ähnlichen Ausmaß wie in Frankreich und Deutschland stattgefunden haben. Es zieht in Österreich
nicht, wenn 28- und 30jährige Jünglinge mit wallenden Bärten und langen Haaren, die eigentlich schon
längst im Berufsleben stehen sollten, maßlose Forderungen stellen. Wenn aber ernst zu nehmende
Studentenvereinigungen Forderungen aufstellen, wie zum Beispiel die Mitbestimmung der Studenten, die
Verbesserung des Studienbetriebes, ein Bildungskonzept, die Verbesserung des Disziplinarrechtes und
ein neues Hochschülergesetz, dann wird man zweifelsohne verhandeln und die Verwirklichung dieser
Reformen auf demokratischem Wege anstreben müssen.
Hohes Haus! Die Welt ist klein geworden, und jeder Tag bringt neue Entdeckungen, neue Erkenntnisse
und neues Wissen, so dass es immer schwieriger wird, auch nur einen Teil dieses Wissens den jungen
Menschen in der zur Verfügung stehenden Zeit zu vermitteln. Es wird immer wichtiger, dass die jungen
Menschen die Zusammenhänge verstehen, dass sie die richtige Fragestellung und die richtige Methode
der Beantwortung beherrschen. Selbständiges Denken, Leistungswille und die Fähigkeit, mit Hilfe der
vorhandenen technischen und organisatorischen Möglichkeiten ein Optimum an Erfolg zu erzielen, das
alles ist eine Erziehungsaufgabe, der sich nicht nur die Schüler, sondern auch die Lehrer unterziehen
müssen. Für die Bedeutung eines Volkes wird in Zukunft nicht die Zahl seiner Menschen zählen, sondern
wieweit dieses Volk Menschen mit geistigen Fähigkeiten zur Verfügung hat. So gesehen ist der Beitrag
Niederösterreichs für seine studierende Jugend in Wien von allergrößter Bedeutung. Darüber hinaus ist
das aber auch für das Land selbst von nicht zu unterschätzender Bedeutung, denn wenn die NÖ
Landesregierung auf Grund eines Raumordnungsgesetzes Raumordnungsprogramme erstellen wird und
wenn von Mittelpunktorten in allen Regionen gesprochen wird, die zu fördern sind, dann brauchen wir
hierzu akademisch gebildete Menschen, wie Ärzte, Richter, wir brauchen Menschen in der Verwaltung
und in den Lehrberufen usw., um diese Programme auch wirklich realisieren und verwirklichen zu können.
Bei aller Uneigennützigkeit darf doch eine Überlegung seitens des Landes mitspielen, nämlich der
eigennützige Wunsch, dass diese Mittel für unsere studierende Jugend auch zu einem guten Verhältnis
beitragen, dass sich mancher dieser jungen Menschen, wenn er sein Ziel erreicht hat und vor der Wahl
seines Wirkungsbereiches steht, an das Land Niederösterreich erinnert, dass er daran denkt, dass dieses
Land ihn braucht und dass es eine Ehre ist, für das Land Niederösterreich zu arbeiten. (Beifall bei der
ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT SIGMUND: Zu Wort gelangt Herr Abg. Dr. Brezovszky.
Abg. Dr. BREZOVSZKY: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr verehrte Damen und Herren! Der Herr
Landesrat Ludwig hat in seiner Einbegleitungsrede am Vormittag auf das wesentlichste Problem der
Budgetsituation in Niederösterreich hingewiesen. Er hat erklärt, dass für die Ermessensaufgaben des
Landes nur noch 6 bis 8 Prozent des Gesamtbudgets zur Verfügung stehen. Das dürfte auch der Anlass
gewesen sein zu seinem Rückzieher gegenüber einer Erklärung, die ich im Oktober in einer
niederösterreichischen Wochenzeitung gelesen habe. Nach dieser Zeitung hat Herr Landesrat Ludwig
erklärt, dass das Budget 1969 erstmals nach raumordnungspolitischen Gesichtspunkten erstellt wird.
Heute hat er erklärt, dass erst das Nachtragsbudget nach diesen Gesichtspunkten erstellt werden wird.
Und der Herr Abg. Stangler hat ihn noch mehr korrigiert und festgestellt, das sei eine Frage von Jahren
oder Jahrzehnten, bis man ein Landesbudget nach raumordnungspolitischen Gesichtspunkten wird
erstellen können.
Ich möchte nun zu diesem fünften Budget in dieser Legislaturperiode Stellung nehmen und gleich zu
Beginn feststellen, dass sich die NÖ Finanzpolitik in einer äußerst gefährlichen Entwicklungsphase
befindet. Darüber kann weder der Optimismus des Abg. Stangler hinwegtäuschen, den er teilweise hier
gezeigt hat, noch irgendeine andere Beteuerung. Herr Abg. Stangler hat sich allerdings im nächsten Satz,
als er sich mit dem Kopfquotenausgleich beschäftigt hat, wieder korrigiert, denn er hat dann jene Fakten
hier angeführt, die meine Ausführungen bestätigen werden.
Niederösterreich ist das Bundesland mit dem nahezu niedrigsten Pro-Kopf-Einkommen, und es ist das
Bundesland mit dem höchsten Grad der Verschuldung seiner Finanzen.
Worauf ist das zurückzuführen? Eine genaue Analyse der Budgetentwicklung seit dem Jahre 1960 bis
zum Budgetjahr 1969 gibt Anlaß zu größter Besorgnis für dieses Land Niederösterreich. Wenn die
Grundrichtung der Budgetentwicklung nicht sehr energisch abgestoppt und in eine für die Zukunft dieses
Landes richtige Entwicklung umgeleitet wird, dann gehen Niederösterreich und seine Bevölkerung einer
sehr tristen Zukunft entgegen. Nicht zu Unrecht sagt man, dass in Niederösterreich die Uhr verkehrt geht;
ich mehe damit die Budgetuhr. Ich werde hier bei der Gruppe 0 sehr leicht beweisen können, warum in
Niederösterreich die Uhr seit Jahren verkehrt geht.
Das Österreichische Statistische Zentralamt hat im heurigen Jahr die Gebarungsübersicht für das Jahr
1966 veröffentlicht. In dieser Gebarungsübersicht beschäftigt sich das Österreichische Statistische
Zentralamt mit den Ausgaben für das Personal und kommt dabei zu folgenden Feststellungen: Im Jahre
1966 hatte das Land Niederösterreich 10.904 Beamte und Vertragsbedienstete. Unter Zugrundelegung
einer Bevölkerungsschätzung des Statistischen Zentralamtes wurde eine Messzahl errechnet, wonach in
Niederösterreich auf 1000 Einwohner, bereinigt nach Kennzahlen, 7,93 Beamte entfallen. Der
Bundesländerdurchschnitt ohne Wien liegt bei 7,92. Ein mit Niederösterreich vergleichbares Bundesland,
nämlich das Bundesland Oberösterreich, zählt nach den Feststellungen des Statistischen Zentralamtes
auf 1000 Einwohner 6,4 Beamte. Nochmals zum Vergleich: Niederösterreich 7,93 Beamte auf 1000
Einwohner, Oberösterreich 6,4!
Der Chefredakteur der „Niederösterreichischen Nachrichten“ einer katholisch eingestellten
Wochenzeitung, hat sich mehrere Wochen lang mit dieser Problematik beschäftigt. Ich habe diese Artikel
mit außerordentlich großem Interesse gelesen, weil ich selbst seit nahezu 17 Jahren am öffentlichen
Dienst interessiert bin und erfahren wollte, was ein Außenstehender über die Probleme des öffentlichen
Dienstes denkt. Ich konnte feststellen, dass man dem Verfasser über weite Strecken auch als Beamter
ohne weiters folgen kann.
Ich glaube nur, dass das zentrale Problem in diesen vier oder fünf Artikeln doch nicht behandelt worden
ist, nämlich wie man diesen Schwierigkeiten echt beikommen kann. Aber das ist auch nicht Aufgabe einer
Kritik. Die Kritik hat nur auf eine ungesunde Entwicklung aufmerksam zu machen, und es ist die Aufgabe
der Verantwortlichen in diesem Lande, die Kritik zum Anlaß zu nehmen, um daraus die Konsequenzen zu
ziehen.
Auf Grund der Feststellungen des Statistischen Zentralamtes kommen wir zu dem Ergebnis, dass ein
Stand von 7,93 Beamten pro 1000 Einwohner in Niederösterreich offensichtlich wesentlich über dem
Stand vergleichbarer Bundesländer liegt. Würde man nämlich die oberösterreichischen Verhältnisse auf
uns anwenden, so dürfte es in Niederösterreich nicht 10,904 Beamte und Vertragsbedienstete, sondern
nur 8668 geben. Nimmt man den Bundesdurchschnitt von 7,92 Beamten auf 1000 Einwohner, so würde
man auf 10.566 Beamte und Vertragsbedienstete kommen, das sind um 400 weniger.
Wenn man aber die Budgetziffern des Jahres 1969 auf 1000 Einwohner umlegt, so erkennt man, dass die
steigende Tendenz, die seit Jahren festzustellen war, in den letzten drei Jahren noch forciert worden ist.
Wir haben nun laut Dienstpostenplan 12.191 Beamte und Vertragsbedienstete und kommen zu einer
Kennziffer von 8,89 pro 1000 Einwohner – also 8,89 Beamte pro 1000 Einwohner!
Das Statistische Zentralamt kommt, nachdem es diese Analyse durchgeführt hat, zu dem Schluss, dass
der Personalaufwand in Niederösterreich im Verhältnis zu Oberösterreich um 6 Prozent höher liegt.
Oberösterreich hat damals 24 Prozent für sein Personal ausgegeben, Niederösterreich 30 Prozent. Die
steigende Zahl von Dienstposten, verbunden mit Gehaltssteigerungen, hat den Aufwand für das Personal
von 1960 bis 1969 um 193 Prozent steigen lassen, während der Gesamtaufwand des Budgets nur um
163,8 Prozent gestiegen ist. Das bedeutet ein unverhältnismäßig starkes Ansteigen des
Personalaufwandes, der um 29,2 Prozent höher liegt, als das Budget insgesamt gestiegen ist.
Die Personalpolitik des Landes Niederösterreich hat aber auch zur Folge, dass die Pensionsbelastung im
Verhältnis zu den anderen Bundesländern – auch wieder auf Grund der Feststellungen des Statistischen
Zentralamtes – ungewöhnlich hoch ist. In Niederösterreich kommt bereits auf 2,76 Aktive ein Pensionist,
im Bundesländerdurchschnitt sind es 3,66 Aktive auf einen Pensionisten. Es wird dann nachgewiesen,
und das kann man sowohl im niederösterreichischen als auch im oberösterreichischen Bericht nachlesen,
dass im Landesvoranschlag 1969 für den Pensionsaufwand in Niederösterreich 203,000.000 Schilling
vorgesehen sind, in Oberösterreich sind es für diesen Zweck 92,600.000 S, das ist ein Mehraufwand von
119 Prozent gegenüber Oberösterreich. Wenn wir die Reisegebührenausgaben in Niederösterreich mit
dem steirischen Voranschlag vergleichen, so sind im Jahre 1969 an Reisegebühren in der Steiermark
24,000.000 S vorgesehen und in Niederösterreich 43,000.000, also um 75 Prozent mehr. Wenn wir aber
dann zur Verschuldung des Landes im Verhältnis zum Durchschnitt der Bundesländer kommen – ich habe
schon darauf hingewiesen, dass ich genau auf die Zahlen des Herrn Abgeordneten Stangler hinkomme -,
so beträgt diese in Niederösterreich im Verhältnis zum Gesamtbudget 46,2 Prozent und in den anderen
Bundesländern ohne Wien – Wien hat ja auch Gemeindeaufgaben zu erfüllen – 16,9 Prozent. Pro Kopf
der Bevölkerung betrug der Schuldenstand in Niederösterreich im Jahre 1966 909 S und in den
Bundesländern ohne Wien 181 S. Diese Ziffern beweisen, dass sich das Landesbudget in mehrfacher
Hinsicht in einer äußerst ungünstigen Relation entwickelt. Wenn man aber nun Vergleiche anstellt, was
das Bundesland Niederösterreich im Verhältnis zu den anderen Bundesländern investiert, so kommt diese
katastrophale Entwicklung voll zum Bewußtsein. Ich darf Ihnen diese Stelle nicht vorenthalten, wonach
von 1960 bis 1969 die Ausgaben des Landes Niederösterreich für Bruttoinvestitionen nur um 26,6 Prozent
bei einer Gesamtausgabensteigerung von 163,8 Prozent gewachsen sind. Das heißt mit anderen Worten,
die Personalausgaben haben sich um 193 Prozent gesteigert, das Gesamtbudget um 164 Prozent, die
Bruttoinvestitionen aber nur um 26,6 Prozent. Die Investitionsausgaben aller Bundesländer ohne Wien
sind allein im Zeitraum von 1960 bis 1966 um 120 Prozent gestiegen. Wenn man nun die
Bruttoinvestitionen pro Kopf der Bevölkerung umrechnet, so waren es im Jahre der Hochkonjunktur 1966
für den Durchschnitt aller Bundesländer ohne Wien 290 S, in Niederösterreich dagegen nur 88.07 S.
Seither hat sich in Niederösterreich keine Steigerung der Bruttoinvestitionen ergeben, im Gegenteil, es ist
eine Senkung eingetreten, die zwangsläufig mit der Entwicklung bei Newag und Niogas zusammenhängt.
Wenn Herr Abgeordneter Stangler auf den Zwischenruf „Müllner“ gesagt hat, das sei ein primitiver
Zwischenruf, so überlasse ich es ihm als Lehrer, ob dem so ist. Ich möchte nur eines feststellen: Wenn in
diesem Hause in den letzten Jahren primitive Ausführungen und Zwischenrufe erfolgten, so sind sie nicht
von der linken Seite dieses Hauses gekommen. Als wir all diese Probleme aufzeigten, waren wir die
„Verleumder“, waren wir „eine Partei mit einer Hohlheit der Ziele und Ideen“, waren wir „Brunnenvergifter“
und „Diffamierer“. Wir überlassen es der breiten Öffentlichkeit, festzustellen, was korrekt und was
unkorrekt ist. Ich möchte nur zur Geisteshaltung einzelner nochmals festhalten: Für alle diese
Beleidigungen gegenüber der Sozialistischen Fraktion haben sich die betreffenden Herren bis heute nicht
entschuldigt. Ich glaube, auch das spricht Bände über die Geisteshaltung dieser Leute.
Welche Konsequenzen ergeben sich nun aus diesen Feststellungen? Ich glaube, Herr Landesrat Ludwig
hat hierzu eigentlich nur einen einzigen Satz gesagt, er hat erklärt, dass es auch größere Anstrengungen
oder kraftvollere Bemühungen innerhalb des Landes geben muss, um aus dieser Budgetsituation
herauszukommen, denn mit einem Spielraum von 6 bis 8 Prozent für die Ermessensausgaben – darüber
muss man sich im klaren sein – werden Sie Ihr Leitbild nur sehr unvollkommen verwirklichen können.
Meiner Meinung wird es auch für die Sozialistische Partei eine wesentliche Aufgabe sein, bei
Durchsetzung der Ziele des „Niederösterreichplanes“ einen Wandel zu schaffen, damit eben dieser
Spielraum für die Ermessensausgaben wesentlich größer wird.
Welche Dinge sind nun notwendig, um aus diesem Trend herauszukommen, der für das gesamte
niederösterreichische Volk sehr gefährlich ist? Darüber muss man sich im klaren sein: Wenn diese
Entwicklung der stark steigenden Personalausgaben und der stark zurückbleibenden Bruttoinvestitionen
noch eine Zeitlang anhalten wird, wird die niederösterreichische Bevölkerung zu dem Schluß kommen,
dass die Verwaltung Selbstzweck wird, dass nämlich ein Großteil der Einnahmen des Landes nicht für
Investitionen verwendet werden kann, sondern dass sie aufgebraucht werden.
Und es erhebt sich die Frage, ob, wie beispielsweise der Herr Landesrat Ludwig erklärt hat, die
Reisegebühren in einem solch hohen Ausmaß bei der gegebenen Situation gerechtfertigt sind.
Andererseits ist zu überlegen, ob es volkswirtschaftlich vertretbar ist, so ungeheuer große Beträge nicht
den Investitionen zuzuführen, sondern für den Personal- und Amtsaufwand zu verbrauchen. Gäbe es
nicht Lösungen, wo man wesentlich mehr Mittel für Bruttoinvestitionen frei machen und auch außerhalb
des Landes zweckmäßiger verwenden könnte? Ich lese im Wirtschaftsteil der „Presse“ und auch in den
Wirtschaftsteilen aller anderen Zeitungen, in welch trister Situation sich in Niederösterreich die
Bauwirtschaft befindet. Wir wissen, dass viele Firmen ungeheure Investitionen durch den Ankauf sehr
aufwendiger Maschinen gemacht haben. Diese Maschinen können sich nur dann amortisieren, wenn sie
eingesetzt werden können. Wenn aber die Investitionsmittel immer geringer werden, wird die Entwicklung
eingeleitet, die für einen so wichtigen Zweig der Industrie wie die Bauwirtschaft und darüber hinaus auch
die Maschinenindustrie zu einer Gefahr wird. Wir sind alle der Auffassung, dass es eine grundlegende
Durchleuchtung der gesamten Verwaltung in allen Zweigen der Landesanstalten geben muss und dass
jene, die sich einer Rationalisierung in der Bürotätigkeit entgegenstellen - und als Mitglied des
Finanzkontrollausschusses erlebt man ja die wunderlichsten Dinge -, dass jene Leute, die diesen
Aufgaben nicht gewachsen sind, anderen, die eben die Zeichen der Zeit verstehen, weichen müssen. Hier
komme ich auf ein Problem zu sprechen, das auch im Finanzausschuss eine wesentliche Rolle gespielt
hat, nämlich die elektronische Datenverarbeitung. Im außerordentlichen Voranschlag ist für die
elektronische Datenverarbeitung als erste Rate ein Betrag von 400.000 S vorgesehen. Auf unsere Frage,
wofür diese Mittel verwendet werden sollen, haben wir die Erklärung erhalten, dass seit 1964 bei der
Agrarbezirksbehörde vom Bund eine Datenverarbeitungsanlage zur Verfügung gestellt worden ist, die er
nunmehr dem Land Niederösterreich verkaufen will. Hier erhebt sich die Frage, ob es die Aufgabe des
Landes ist, eine veraltete Anlage – auf dem Sektor der elektronischen Datenverarbeitung gehören nun
einmal solche Anlagen nach vier Jahren zum Altbestand – vom Bund käuflich zu erwerben, oder ob es
nicht doch zweckmäßiger wäre, dieses Problem sehr genau zu prüfen und dafür zu sorgen, dass bei der
gesamten Landesverwaltung auf dem Sektor der elektronischen Datenverarbeitung wesentlich mehr
getan wird. Im Finanzausschuss haben wir leider diesbezüglich vom Herrn Landeshauptmann eine sehr
eigenartige Antwort bekommen. Er hat nämlich erklärt, die Anlage bei der Agrarbezirksbehörde eigne sich
nur für mathematische Berechnungen, während im Landhaus eine Anlage für die Verwaltung gebraucht
wird. Herr Landeshauptmann, ich glaube, dass die Fülle Ihrer Aufgaben Sie daran gehindert hat, sich mit
diesem Problem auseinanderzusetzen. Der Herr Abgeordnete Stangler hat uns vor einiger Zeit einen
Vortrag des Dr. Werner Jeni von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung
über den künftigen Stand der Zielsetzung der administrativen Automation in der Deutschen
Bundesrepublik zur Verfügung gestellt. Dieser Vortrag, den ich selbst in Graz anlässlich der
Kontrollämtertagung gehört habe, hat nur 17 Seiten und ist außerordentlich verständlich abgefasst. Hierin
sind einige Dinge enthalten, die zur Vorsicht mahnen sollten. Es wird nämlich berichtet, dass eine
Gemeinde in der Bundesrepublik Deutschland eine elektronische Datenverarbeitungsanlage kaufen
wollte. Sie ist aus diesem Grund zwecks Erstellung eines Gutachtens an einen Professor in Göttingen
herangetreten. Es wurde ein solches mit 1000 Seiten um den kleinen Geldbetrag von rund 100.000 DM
erstellt. Da die Gemeinde mit diesem Gutachten nicht viel anzufangen wußte, befragte sie die Kommunale
Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung. Ein Vertreter dieser Stelle erklärte, er bewundere den
Mut des Göttinger Professors, den Auftrag für ein Gutachten zu übernehmen, ohne Verwaltungskenntnis
zu besitzen. Der besagte Professor meinte dazu, ihn interessieren lediglich die 100.000 DM und nicht,
was die Stadtgemeinde einmal mit seinem Gutachten machen werde. Das erinnert mich sehr an die
Gutachten bezüglich des Bergwerkes Höflein, wo auch Millionenbeträge ausgegeben wurden und wo das
Land letztlich einen Verlust von 240,000.000 S erlitten hat, weil man bei der Auswahl des Gutachters
unvorsichtig war und den falschen gewählt hat. Als Mitglied der gesetzgebenden Körperschaft möchte ich
noch auf eine Stelle in dem Vortrag über die Automation hinweisen: „Die Automation von
Verwaltungsfunktionen leidet darunter, dass die Gesetze vielfach automationsfeindlich sind, sei es, dass
die Referenten in den Ministerien bei der Ausarbeitung der Entwürfe an die Automation nicht gedacht
haben, sei es, dass in den Parlamenten in letzter Minute Bestimmungen beschlossen werden, die sich bei
der Durchführung der Gesetze als hinderlich für die Automatisierung erweisen.“ Ich glaube, das sollte
nicht nur für die Verwaltung und für die Landesregierung eine Warnung sein, sondern auch für die
Gesetzgeber, bei der Beschlussfassung von Gesetzen unbedingt Fachleute aus der Automation
beizuziehen, um nicht durch ein falsch formuliertes oder unvollständiges Gesetz oder elektronische
Datenverarbeitungsanlagen in der Praxis angewendet werden können.
Ich möchte auch noch darauf hinweisen, dass man den für die Landesfinanzen sehr schädlichen Trend,
dass nämlich die Verwaltungskosten im Verhältnis zum Gesamtbudget übermäßig ansteigen, dadurch
hintanhält, dass man das Kontrollamt mit dem Amtsinspektorat der Landesregierung wesentlich besser
koordiniert, damit es ziemlich rasch zu einer Rationalisierung und Reorganisation der gesamten
Landesverwaltung kommt.
Wir werden, wie wir von der Landesregierung gehört haben, über Teilbereiche der Landesverwaltung
Gutachten bekommen, wenn diese privaten Rationalisierungsinstitute die Landesverwaltung durchleuchtet
haben.
Ich möchte nun noch auf ein sehr wesentliches Problem zu sprechen kommen. Wenn diese Teilbereiche
durchleuchtet sein werden, dann wird sich eine große Schwierigkeit bei der Umsetzung in die Praxis
ergeben. Hier kann ich leider die Verwaltung nicht davon freisprechen, dass sie einen sehr wesentlichen
Beschluss des Hohen Landtages offensichtlich etwas zögernd erfüllt. Der NÖ Landtag hat – und nun
hören und staunen Sie – bereits am 11. April 1962 den Auftrag an die Landesregierung beschlossen, für
die Rechtsbereinigung in diesem Lande zu sorgen. Es geht nämlich darum, dass im Lande
Niederösterreich – das gilt aber auch für das ganze Bundesgebiet – Rechtsvorschriften in Geltung stehen,
die 200 Jahre, also bis auf Maria Theresia, zurückgehen. Diese Rechtsvorschriften sind der Bevölkerung,
den hilfesuchenden Parteien, aber vielfach auch den Beamten, die zu entscheiden haben, unbekannt.
Wenn nun so ein Rechtsfall auftritt, sind die Beamten gezwungen nachzuforschen, wo eine Regelung
dieser Materie aufgezeichnet ist. So vergehen oft viele Tage und Wochen, bis ein Beamter endlich zu
dieser Rechtsvorschrift kommt, nach der er dann recht und schlecht entscheiden kann, wenn sie 100, 150
oder gar 200 Jahre alt ist.
Man müßte dabei die Erfahrungen berücksichtigen, die bei der Rechtsbereinigung in anderen Ländern
gemacht worden sind. Die Schweiz hat 1946 einen derartigen Beschluss gefaßt, und bereits 1948 wurde
die Rechtsbereinigung in der Schweiz durchgeführt. Sicher, die Verhältnisse in der Schweiz sind
wesentlich anders als die Verhältnisse bei uns in Österreich, weil wir ja fünf verschiedene Phasen der
Regierungs- und Staatsformen hinter uns haben. Aber in Bayern, wo es ja auch nicht so einfach war, ist
es gelungen, innerhalb von vier Jahren das bayrische Landrecht aus 100 Bänden zu sammeln. Es gibt
jetzt nur noch vier Bände des bayrischen Landrechtes, und die Beamten haben dort die Möglichkeit, mit
einem Griff das richtige Gesetzbuch in die Hand zu bekommen und zu entscheiden.
Wir haben, wie gesagt, vor sechseinhalb Jahren – für den Kollegen Fichtinger sind diese Dinge entweder
so lustig, oder er versteht sie nicht, aber das ist seine Sache -, wir beziehungsweise meine Vorgänger, die
Abgeordneten Dr. Litschauer, Wondrak, Rösch, Fuchs, Grünzweig, Graf und Genossen, haben also vor
Jahren diesen Antrag hier gestellt, und auf Seite 13 dieses sehr ausführlichen Antrages ist der
wesentlichste Einwand widerlegt, der gegen eine solche Arbeit erhoben wird. Hier wird Professor
Adamovich zitiert, der damals noch gelebt hat. Zu dem Einwand, die Ressorts seien mit laufenden
Arbeiten überlastet und die Bereinigungsarbeiten würden einen besonderen, insbesondere finanziellen
Aufwand erfordern, wurde – abgesehen davon, dass die Beispiele unserer Nachbarländer nicht in dieses
Bild passen – bemerkt, und nun wird Professor Adamovich wortwörtlich zitiert: „Die behauptete
Arbeitsbelastung soll nun gewiss nicht in Zweifel gezogen werden; allein es bleibt festzustellen: Wenn die
Vorbereitung der Wiederverlautbarungen schon für die sachkundigsten Bearbeiter der obersten
Verwaltungsinstanzen sich als so ungemein schwierig und zeitraubend darstellt, so ist dies gerade der
schlagendste Beweis für die Notwendigkeit, ja Unentbehrlichkeit der geplanten Aktion. Denn wie kann
man bei dieser Lage von den sachlich weniger geschulten Unterbehörden, wie vor allem aber auch von
den einzelnen Staatsbürgern verlangen, dass sie über die so unklar gestaltete Rechtslage genauen
Bescheid wissen.“ Und ferner: „Die Bereinigung der Rechtsordnung würde, wie wohl nicht weiter erwiesen
werden muss, in ihrer Folge einen ganz wesentlichen, entscheidenden Schritt zur Arbeitsentlastung der
Behörden bedeuten. Die Mehrbelastung, die sich für den Augenblick bei den obersten Ressorts
zugegebenermaßen einstellt, würde sich außerordentlich lohnen, da sie eben in der weiteren Folge eine
sehr bedeutsame Arbeitsentlastung ei allen Behörden nach sich ziehen und damit die unentbehrliche
Voraussetzung für die anschließenden Maßnahmen einer Verwaltungsreform in organisatorischer und
personeller Art schaffen würde.“
Weil wir also seit sechs Jahren von der Landesregierung keinerlei Nachricht darüber bekommen haben,
was bisher auf diesem Gebiet geschehen ist, habe ich diesen Antrag aus dem Jahre 1962 ausgegraben.
Da die Abgeordneten des Hohen Hauses die Verantwortung für dieses Land mittragen, haben sie auch
das Recht zu wissen, wieweit die Vorarbeiten für eine Rechtsbereinigung bereits gediehen sind, denn
Professor Adamovich stellt ja hier ausdrücklich fest, dass sie eine der wesentlichsten Voraussetzungen für
eine Verwaltungsreform in organisatorischer und personeller Art sind.
Gestatten Sie mir daher, dass ich folgenden Resolutionsantrag einbringe (liest:)
„Die Landesregierung wird aufgefordert, in Durchführung des Landtagsbeschlusses vom 11. April 1962
und des daraufhin ergangenen Erlasses der Landesamtsdirektion, wonach im Rahmen der Kompetenzen
des Landes eine Rechtsbereinigung durchgeführt werden soll, dem Hohen Landtag ehestens zu
berichten, welche sonstigen Maßnahmen in Ausführung dieses Beschlusses getroffen wurden.“
Ich bitte das Hohe Haus, diesem Antrag die Zustimmung zu geben.
Wir haben einige Dinge festzustellen und die Landesregierung aufzufordern, dass entsprechende
Maßnahmen getroffen werden:
Erstens ist der gefährliche Trend des Anstieges des Personalaufwandes, der sich in den letzten zehn
Jahren um 30 Prozent über dem Anstieg des Gesamtbudgets bewegt, zu stoppen und der
entgegengesetzte Trend einzuleiten.
Zweitens müsste die Landesregierung dafür sorgen, dass dem katastrophalen Zurückbleiben der
Bruttoinvestitionen in Niederösterreich, die sich in Niederösterreich nur um 26,6 Prozent, in den anderen
Bundesländern aber um 120 Prozent erhöht haben, ein Ende gesetzt wird. Die Landesregierung müßte
Vorsorge treffen, dass wesentlich mehr investiert wird, damit es im Lande Niederösterreich aufwärtsgehen
kann.
Drittens ergibt sich aus meinen Ausführungen, dass die Rechtsbereinigung, die vor sechs Jahren in die
Wege geleitet wurde, endlich zur praktischen Verwirklichung geführt wird, damit dann die Maßnahmen für
die Verwaltungsreform auch effektiv werden können, und zwar sowohl auf organisatorischem als auch auf
personellem Gebiet. Die Automatisierung der Landesverwaltung muss zielbewusst fortgesetzt werden,
wobei aber darauf zu achten ist, dass nicht Fehlinvestitionen vorgenommen werden. So glauben wir, dass
eine Fehlinvestition bei der Agrarbezirksbehörde eintreten würde, wenn man eine bereits vier Jahre alte
Maschine, eine elektronische Datenverarbeitungsanlage, vom Bund kaufen würde. Vor allem aber müßte
die Gesamtverwaltung – und das hat Herr Landeshauptmannstellvertreter Dr. Tschadek bereits erklärt –
die Gesetze und Verordnungen einhalten, damit wir neben den anderen Bundesländern nicht als jenes
Land dastehen, welches beim Verfassungsgerichtshof relativ viel Aufhebungen von verfassungswidrigen
Gesetzen oder verfassungswidrigen Verordnungen und Fehlentscheidungen der Hauptwahlbehörde
aufzuweisen hat.
Ich möchte nun zum Schluss kommen. Wenn wir alle Gefahren, die sich einer gesunden wirtschaftlichen,
verfassungsgemäßen, sauberen und politisch demokratischen Entwicklung in Niederösterreich
entgegenstellen, klar erkennen und gemeinsam gegen alle diese Gefahren auftreten, wird in
Niederösterreich das große Ziel verwirklicht werden können, nämlich, dass Niederösterreich ein
hoffnungsvolles Land der „Jungen“ wird. (Beifall bei der SPÖ.)
Zweiter PRÄSIDENT SIGMUND: Zu Wort gelangt Herr Abg. Laferl.
Abg. LAFERL: Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Landtages! Vor allem möchte
ich Herrn LHStv. Dr. Otto Tschadek sagen, dass ich als Landesobmann des Gemeindevertreterverbandes
der ÖVP diese Pauschalverdächtigung gegen unsere Bezirkshauptleute energisch zurückweise.
(Zwischenruf bei der SPÖ: Das hat er nicht gesagt!) Ich bin bereits ein Vierteljahrhundert Bürgermeister
und sitze in der Bezirkswahlbehörde, konnte aber bis heute nicht feststellen, dass ein Bezirkshauptmann
ein einziges Mal eine Entscheidung nicht objektiv getroffen hätte. (Beifall bei der ÖVP.) Er hat seine
Entscheidungen nach den vorliegenden Gesetzen und nicht nach dem Mitgliedsbuch einer Partei
getroffen, Herr Landeshauptmannstellvertreter, das muss ich Ihnen sagen.
Nun eine zweite Berichtigung. Wenn Herr LHStv. Dr. Tschadek sagt, auf Initiative der SPÖ und des SPÖParteitages ist es zurückzuführen, dass in Niederösterreich die Gemeinden zusammengelegt wurden,
dann muss ich ihn ebenfalls, wenn er hier eine Erinnerungslücke hat, berichtigen. Eingelangt am 24. Juni
1964, Antrag der Abg. Schöberl, Laferl, Dipl.Ing. Robl, Dienbauer, Schlegl, Weiss, Reiter, Schebesta,
Popp und Genossen. Im Landtag vom 2. Juli 1964 beschlosen, betreffend die Förderung der freiwilligen
Vereinigung von Klein- und Kleinstgemeinden.
Das muss einmal richtiggestellt werden. Herr Abg. Schöberl gehört diesem Hohen Hause nicht mehr an,
ebenfalls Herr Abg. Dienbauer nicht mehr. Herr Abg. Schlegl ist heute wegen Krankheit leider nicht in
unserer Mitte, aber das ist nachzuweisen, und das stimmt, und das, was stimmt, lassen wir uns von
niemandem nehmen. Wir schmücken uns nicht mit fremden Federn, aber den Lorbeerkranz über die
Vereinigung von den kleinen Gemeinden lassen wir uns auch nicht nehmen. (Heiterkeit im Saale. – Abg.
Marsch: Herr Baumeister, die Ziegel fallen auf Ihren Kopf.)
Mein lieber Freund Dr. Brezovszky (Heiterkeit und Unruhe im Saal. Zweiter Präsident Sigmund: Bitte, den
Redner aussprechen zu lassen.) ein weiser Mann hat einmal gesagt, die Gemeinheit, die bodenlose
Frechheit liegt im Verschweigen. Herr Kollege Dr. Brezovszky, wenn man Ihnen so zugehört hat, was
dieses Land Niederösterreich für einen Weg beschritten hat, diese Selbstbejammerung, da muss man
sich ja fürchten, wenn man am Abend nach Hause kommt, dass es nicht einmal mehr ein Stück Brot gibt.
So schlecht, könnte man meinen, geht es den Niederösterreichern und damit dem Land Niederösterreich.
Dieses Hinausposaunen über die Personalpolitik und die Bediensteten – 7,93 Bedienstete kommen auf
1000 Einwohner, in Oberösterreich nur 6,4 Promille und im Bundesdurchschnitt 7,72 Promille ohne Wien
– hat keinen Sinn, denn er hat vergessen oder wohlweislich vergessen, wie das in Wien aussieht.
Zweimal können Sie raten. In Wien kommen auf 1000 Einwohner 21 Bedienstete. (Abg. Marsch: In
Niederösterreich 1 Laferl.) Das sind Zahlen des Statistischen Zentralamtes, und diese Zahlen trügen nicht,
trotz Ihrer Zwischenrufe, Herr Kollege. Bei der Rede des Abg. Dr. Brezovszky ist mir ein guter Vergleich
eingefallen. Sie gestatten, dass ich das sagen: Unser Herr Kardinal Dr. König sagt das, was er glaubt, und
der Bundeskanzler Klaus glaubt das, was er sagt, und der Vizekanzler Withalm sagt das nicht, was er
glaubt, und Dr. Brezovszky glaubt das nicht, was er sagt. (Schallende Heiterkeit im Saal und Beifall bei
der ÖVP.)
Ich will aber keine vierte Generaldebatte abführen, so wie unser verehrter Herr
Landeshauptmannstellvertreter Dr. Tschadek, sondern die neuerliche Belastung der Gemeinden
aufzeigen. Es ist auf die Dauer nicht zumutbar, dass alle Gesetzesvorlagen die Dienststellen und
Gemeinden belasten. Einmal muss Schluss sein. Wir können uns das einfach nicht mehr leisten. Ich habe
hier den Voranschlag einer Gemeinde, wo die Gewerbesteuer B 150.000 S ausmachen, wo die
Landesumlage der NÖKAS und die Bezirksumlage ebenfalls 150.000 S ausmachen. Ich frage Sie, meine
sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses, wie diese Bürgermeister und diese
verantwortungsvolle Gemeindevertretung hier einen Haushaltsplan ausgleichen kann. Und trotzdem gibt
es immer wieder neue Belastungen. Sehen Sie sich das Staatsbürgerschaftsgesetz an. Wenn man sich
das genau durchliest und mit der Praxis Vergleiche zieht, dann sieht man, welch neuerliche Belastungen
kommen und wie einfach man sich das macht: Einnahmen 10.000 S, Ausgaben 50.000 S, Defizit 40.000
S; wird auf die Gemeinden aufgeteilt, und die Bürgermeister und die Gemeinden haben es zu bezahlen.
Mit dem Staatsbürgerschaftsgesetz 1965 wurde 40 Jahre nach dem Bundesbürgerschaftsgesetz 1925
und 20 Jahre nach dem Staatsbürgerschaftsgesetz 1945 eine völlige Neuregelung des
Staatsbürgerschaftsrechtes vorgenommen. Diese Neuregelung brachte eine Ausweitung des
Aufgabenkreises der Gemeinde verwaltungsmäßiger Natur mit sich und damit wieder eine ungeheure
finanzielle Belastung, so dass die Gemeinden außerstande sind, das überhaupt noch verdauen zu
können. Die Gemeinden waren auf diese neuen Ausgaben und Aufgaben nicht vorbereitet – das wird mir
Herr Landeshauptmannstellvertreter Dr. Tschadek bestätigen -, daher wollten wir ein Hinausschieben des
Wirksamkeitsbeginnes dieses Gesetzes erreichen. Das ist uns leider Gottes nicht gelungen, daher ist es
am 1. Jänner 1967 wirksam geworden. Diese Verschiebung wurde deshalb gewünscht, weil die
Vorbereitungen für die Einrichtung einer Staatsbürgerschaftsevidenz und die notwendigen Schulungen
der Gemeindebediensteten bis zum 1. Juli 1966 nicht abgeschlossen sein konnten und außerdem in einer
Reihe von Bundesländern die Bildung von Staatsbürgerschaftsverbänden notwendig war. Alle, die hier im
Hohen Hause Bürgermeister sind, werden mir bestätigen, dass wir mit diesen Ausgaben wahrlich eine
große Belastung auf uns nehmen mußten. Für die Verschiebung sprach aber ganz besonders das
Problem des Kostenersatzes, den die Länder den Gemeinden zu gewähren haben. Wie bekannt, wurde
dem Wunsche der Gemeinden nicht Rechnung getragen, und es mußte daher bereits im Jahre 1966 die
Organisation von Staatsbürgerschaftsevidenzstellen geschaffen werden. Herrschte damals die Meinung
vor, dass es vieler Jahre bedürfen werde, bis die Erfassung aller Bewohner unseres Landes in der
Staatsbürgerschaftsevidenz erfolgt und damit eine ordnungsgemäße Erledigung der den Gemeinden
obliegenden Aufgaben erreicht sein werde, kann heute mit Stolz festgestellt werden, dass von den 188 in
Niederösterreich bestehenden Evidenzstellen innerhalb von zwei Jahren bereits über 500.000
Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher – das ist fast die Hälfte der gesamten Bevölkerung –
erfaßt worden sind. Hohes Haus, die Gemeinden Niederösterreichs haben – trotz der ungenügenden Zeit
zur Vorbereitung – damit bewiesen, dass sie auch dieser Aufgabe gewachsen sind. Diese Leistung wird
um so deutlicher, wenn man bedenkt, dass innerhalb eines Jahres mehr als 50.000
Staatsbürgerschaftsnachweise und Bescheinigungen auszustellen waren.
Die bereits angedeuteten Aufgaben, die den Gemeinden auf dem Gebiete des
Staatsbürgerschaftsrechtes zukommen, können im wesentlichen in drei Gruppen gegliedert und daraus
die den Gemeinden erwachsenden Kosten ersehen werden:
1. Die Ausstellung von Staatsbürgerschaftsnachweisen und sonstigen staatsbürgerschaftsrechtlichen
Bescheinigungen auf Grund der Bestimmungen der §§ 43 und 44 des Staatsbürgerschaftsgesetzes,
2. die Bekanntgabe von Mitteilungen und die Erteilung von Auskünften auf Grund der Bestimmungen der
§§ 53, 55 und 56 des Gesetzes und schließlich
3. die Führung der Staatsbürgerschaftsevidenz gemäß den Bestimmungen der §§ 49 bis 52 des
Staatsbürgerschaftsgesetzes.
Ist den Gemeinden für die Ausstellung von Staatsbürgerschaftsnachweisen und sonstigen
staatsbürgerschaftsrechtlichen Bescheinigungen durch Einhebung von Verwaltungsabgaben ein
angemessener Kostenersatz gewährleistet, so trägt die Gemeinde den Aufwand für die Bekanntgabe von
Mitteilungen und die Erteilung von Auskünften selbst. Daraus ist also die Gemeinde schon ungeheuer
belastet. Diese Pflichten halten sich nämlich im wesentlichen im Rahmen der bereits in der
Bundesverfassung normierten Verpflichtung zur wechselseitigen Hilfeleistung, für die ein Kostenersatz
nicht vorgesehen ist. Eine echte und bedeutende finanzielle Mehrbelastung hingegen bringt für die
Gemeinden die Einrichtung und Fortführung der Staatsbürgerschaftsevidenz. Diese Kosten sind jedoch
gemäß § 48 Abs.1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes den Gemeinden vom Land zu ersetzen. Der
Kostenersatz hat zufolge der Bestimmungen des § 48 Abs.2 des Gesetzes jährlich in Pauschbeträgen zu
erfolgen. Die Bestimmung dieser Pauschbeträge erfolgt durch Verordnung der Landesregierung und ist für
jedes begonnene Hundert der in der Staatsbürgerschaftsevidenz verzeichneten Personen festzusetzen,
wobei die Anzahl der Personen maßgebend ist, die in der Mitte des jeweiligen Rechnungsjahres in der
Staatsbürgerschaftsevidenz verzeichnet waren. In der Verordnung ist als Pauschbetrag 100 S festgesetzt
worden. Vergleicht man diese Entschädigung mit jenen der anderen Bundesländer, so ergeben sich
wesentliche Unterschiede. So zahlt zum Beispiel Tirol derzeit pro Evidenzfall 3 S, Vorarlberg 5 S, in
Kärnten auf 7 S angehoben werden. Das Land Oberösterreich hat ebenfalls eine Vergütung in der Höhe
von 7 S vorgesehen. Durch diese Erhöhungen sollen die bis nun bestandenen nicht kostendeckenden
Vergütungen beseitigt und ein echter Kostenersatz erreicht werden. Auch in Niederösterreich hat der bis
nun bezahlte Pauschbetrag bei weitem nicht ausgerecht, die den Gemeinden aus der Führung der
Staatsbürgerschaftsevidenz erwachsenen Kosten zu decken. Es ist daher nur recht und billig, wenn auch
in Niederösterreich dieses Problem einer eingehenden Untersuchung unterzogen wird, wobei es
angebracht ist, sich bei Ermittlung des Aufwandes der bisherigen Untersuchungen in den anderen
Bundesländern im Wege der Verbindungsstelle zu bedienen. Darüber hinaus wäre es zu begrüßen, käme
ein einheitliches Vorgehen aller Bundesländer bei Festsetzung der Pauschbeträge zustande, denn die
Gemeinden können es nicht verstehen, dass das in jedem Bundesland anders gehandhabt wird. Wir sind
letzten Endes Bürger eines einzigen Bundesstaates, daher wünschen auch unsere Gemeinden auf
diesem Gebiet eine einheitliche Regelung. Diese wäre möglich, wenn sich die Verbindungsstelle der
Bundesländer einschalten würde. Daher gestatten Sie mir, Hohes Haus, folgenden Resolutionsantrag zu
stellen:
„Nach dem Staatsbürgerschaftgesetz 1965 haben die Gemeinden eine Staatsbürgerschaftsevidenz zu
führen. Das Land ist jedoch verpflichtet, die den Gemeinden daraus erwachsenden Kosten zu ersetzen. In
der Verordnung ist als Pauschbetrag 100 S für jedes begonnene Hundert der in der
Staatsbürgerschaftsevidenz bezeichneten Person festgesetzt. Dieser Pauschbetrag reicht nicht aus, die
den Gemeinden aus der Führung der Staatsbürgerschaftsevidenz erwachsenden Kosten zu decken. Die
Landesregierung wird daher aufgefordert, im Einvernehmen mit der Verbindungsstelle der Bundesländer
das kostendeckende Ausmaß des Pauschbetrages zu ermitteln und demgemäß die zitierte Verordnung zu
ändern.“
Ich bitte das Hohe Haus, diesen Resolutionsantrag anzunehmen, damit unsere Gemeinden in
Niederösterreich einen Lichtpunkt erblicken können, damit sie von Belastungen verschont bleiben und
andere Aufgaben im Interesse der Bevölkerung und unseres Heimatlandes Niederösterreich erfüllen
können. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT WEISS (wieder den Vorsitz übernehmend): Als nächster Redner kommt der Herr Abg.
Stangl zu Wort.
Abg. STANGL: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Nach den sehr eindrucksvollen
heiteren Einleitungsworten meines Vorredners, des Herrn Abgeordneten Laferl, gestatten Sie mir doch
einige sachliche Feststellungen. Vor allem möchte ich mich im Namen des Herrn
Landeshauptmannstellvertreters Dr. Tschadek gegen den Vorwurf verwahren, dass in bezug auf die
Bezirkshauptleute eine Pauschalverdächtigung ausgesprochen wurde. Zweitens hat
Herr Dr. Tschadek im Zusammenhang mit den Gemeindezusammenlegungen in keiner Weise das
Verdienst einzelner Herren beziehungsweise einer Fraktion herabgesetzt. Und schließlich, Herr Abg.
Laferl, darf ich eines offen bekennen: Ich glaube, es hätte niemand von uns eine so harte Kritik an dem
Herrn Bundeskanzler gewagt, wie sie der ÖVP-Abgeordnete Laferl an dem ÖVP-Abgeordneten Dr. Klaus
vorgenommen hat.
Zum Staatsbürgerschaftsgesetz darf ich sagen, daß hier eine gewisse Problematik entstanden ist. Bei der
Tagung des Gemeindebundes in Eisenstadt hat der damalige Innenminister, Herr Dr. Hetzenauer, erklärt,
dass er sich der Schwierigkeiten völlig bewußt ist und daß er daher trachten werde, daß das Gesetz ein
halbes Jahr später in Kraft tritt.
Der damalige Herr Innenminister ist wortbrüchig geworden, und all die Steilen, die damit befaßt waren,
standen einer ganz neuen Problematik gegenüber. Sie mussten zum Teil sehr rasche Entscheidungen
treffen und dadurch natürlich auch einige sehr unpopuläre Maßnahmen einleiten, die die Gemeinden
belasten.
Meine Vorredner haben versucht, dem etwas trockenen Zahlenmaterial ein wenig Seele und Leben
einzuhauchen. Gestatten Sie auch rnir, daß ich zu einem Voranschlagsansatz Stellung nehme, und zwar
zu einer Bestimmung der Verfassung von 1920 mit der Novellierung von 1925, worin im Artikel 47 von der
Konstruktion, der Stellung und dem Aufgabenbereich der parlamentarischen Kontrolle unseres
Bundeslandes die Rede ist. Im Artikel 47 heißt es: „Der Finanzkontrollausschuß besorgt ohne
Einflußnahme auf die Verwaltungstätigkeit der Landesregierung laufend die Kontrolle der Richtigkeit,
Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Landesgebarung und der der Landesregierung unterstehenden
Ämter, Anstalten, Stiftungen und Fonds sowie jener Unternehmungen, an denen das Land finanziell
beteiligt ist oder für die es eine Ausfallshaftung trägt."
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das sind eigentlich im Vergleich zum Gesamtkomplex sehr
wenige Worte. Aber diese Worte sind gerade in unserer Zeit sehr inhaltsschwer. Die Richtigkeit,
Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Gebarung von Ämtern, Anstalten, Stiftungen, Fonds und
Unternehmungen - das sagt sich zwar sehr rasch, aber bei der Vielfalt der Zweckbestimmung dieser
Ämter, Anstalten, Stiftungen, Fonds und Unternehmungen und bei dem differenten Aufbau der genannten
Institutionen ist es immer schwierig gewesen, diese Kontrolle durchzuführen. Und heute wird es auf Grund
des sehr raschen technologischen Entwicklungsprozesses, aber auch auf Grund von soziologischen und
wissenschaftlichen Erkenntnissen, die den Pflichtaufgabenbereich der öffentlichen Stellen immer mehr
vergrößern und erweitern, immer schwieriger, dieser verfassungsmäßigen Bestimmung nachzukommen.
Trotzdem müssen wir uns gerade als Legislative in diesem Lande bemühen, im Geiste der
Landesverfassung zu handeln. Ich glaube, daß es auch für das Ansehen der Demokratie äußerst
notwendig ist, die parlamentarische Kontrolle so zu stärken, daß sie wirksam durchgeführt werden kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade in einem Land, wo man in einzelnen Fragen als
Minorität oft das Gefühl hat, doch etwas dem Diktat der Majorität zu unterliegen, müssen wir einen großen
Unterschied gegenüber der demokratischen Art der Verhandlung, wie sie sein sollte, feststellen. Die
Verhandlung soll ja Diskussion zwischen den beiden politischen Gruppen sein, die in diesem Hohen Haus
vertreten sind, es soll eine gegenseitige Beeinflussung stattfinden, um Kompromisse zu finden, nicht etwa
Kompromisse, um den politischen Gruppen irgendwelche Erfolgschancen für Wahlkämpfe zu verschaffen,
sondern Kompromisse im Interesse eines besseren Lebens der Menschen in unserem Heimatland.
Ich möchte aber auch die Legislative nochmals darauf aufmerksam machen, daß es für die Mitglieder
einer parlamentarischen Körperschaft ohnehin schon sehr schwierig ist, Organe zu kontrollieren, die der
Exekutive unterstehen. Während nämlich der Abgeordnete neben seiner Tätigkeit in einer
parlamentarischen Körperschaft noch eine Menge anderer Verpflichtungen hat, etwa beruflicher Art und
dergleichen, handelt es sich bei der Exekutive und ihren Organen um die Ausübung einer berufsmäßigen
Tätigkeit, so dass die Legislative immer wieder im Nachteil ist.
Es erscheint mir daher notwendig, daß nicht nur die Parlamentarier ihre physischen und moralischen
Kräfte einsetzen, sondern dass auch dem Kontrollamt, das laut der Verfassung den Kontrollausschuß in
seiner Tätigkeit zu unterstützen hat, die Voraussetzungen zu einer wirksamen Kontrolle gegeben werden.
Dazu gehört in der heutigen Zeit im Hinblick auf die von mir eingangs festgestellten Erscheinungen
natürlich vor allem das nötige Fachpersonal. Die derzeitigen Bediensteten des Kontrollamtes - ich glaube,
das können alle Mitglieder des Kontrollausschusses sagen, ganz gleich, welcher Partei sie angehören geben wirklich ihr Bestes, und wir haben Ihnen daher für ihre Bemühungen und für ihre ideelle Einstellung
zu danken. Ich darf betonen, daß es in dieser Beziehung keinen Streit zwischen den Parteien gibt. Die
Stenographischen Protokolle zeigen, daß in vielen Sitzungen dieses Hohen Hauses auf diese Fachfragen
eingegangen wurde. Ich erinnere mich an Ausführungen des Herrn Obmannes Stangler, des
Stellvertreters Wiesmayr, der Kollegen Kosler und Brezovszky sowie des Abg. Robl von der ÖVPFraktion, den ich hier zitieren möchte.
In der Sitzung vom 19. Dezember 1966 sagte Herr Abg. Robl wortwörtlich: „Ich habe schon im Februar
1965 die Niederösterreichische Landesregierung gebeten, dieses Fachpersonal zur Verfügung zu stellen."
Herr Landeshauptmann Hartmann hat noch verfügt, daß im Jahre 1967 dieses Fachpersonal dem
Kontrollamt beigegeben wird, damit es seinen Verpflichtungen in Zukunft entsprechen kann. Ich glaube,
sowohl aus diesen als auch aus allen anderen Stellungnahmen kann man entnehmen, daß unbedingt
Fachbeamte, die aus wirtschaftlichem, technischem und finanziellem Sektor besondere Vorbildung und
Erfahrung haben, im Kontrollamt nötig sind. Aber, meine Herren, weder im Jahre 1967 wurde dieses
Fachpersonal, trotz Ankündigung des Herrn Abgeordneten Robl, noch im Jahre 1968 wurde es zur
Verfügung gestellt; auch in den Voranschlagsansätzen oder im Dienstpostenplan ist für 1969 mit einer
solchen Vorsorge nicht zu rechnen. Ich muß gestehen, wir Sozialisten haben das Gefühl, daß zwar das
Erkennen vorhanden ist, daß aber das Wollen doch etwas beiseite geschoben wird. Die Überlegungen,
die diesem Wollen entgegenstehen, sind uns bekannt. Lassen Sie uns daher zusammenfassend
feststellen: Wenn es schon nicht in Ihrer Absicht liegt, einer moralischen Verpflichtung nachzukommen
und der zweitstärksten Partei dieses Hohen Hauses den Obmann des Finanzkontrollausschusses zu
überlassen, dann sorgen Sie doch endlich dafür, daß dem Kontrollamt das nötige Fachpersonal zugeteilt
wird, damit die Funktion der verfassungsmäßigen Kontrolleinrichtung unseres Landes erfüllt werden kann.
Wir Sozialisten sind der Meinung, daß dadurch dem Lande und der Bevölkerung und natürlich nicht
zuletzt auch dem Ansehen der demokratischen Gesellschaftsform gedient werden würde. (Beifall bei der
SPO.)
PRÄSIDENT WEISS: Als nächster Redner kommt Herr Abg. Cipin zu Wort.
Abg. CIPIN: Herr Präsident, Hohes Haus! Herr Präsident Sigmund hat sich in der Generaldebatte auch mit
den Personalfragen befaßt und der Meinung Ausdruck gegeben, man soll den Angestellten keine
Gesinnung aufzwingen. Ich müßte darüber jetzt wieder eine Stunde sprechen; ich will es mir ersparen,
denn ich glaube, meine Freunde von der Österreichischen Volkspartei kennen die Situation, und dem
Kollegen der Sozialistischen Fraktion möchte ich nur sagen, daß Sie all das in meiner Budgetrede ,des
vorigen Jahres nachlesen können. Damals habe ich auf die Personalpolitik im ÖGB, in den
Arbeiterkammern, in den Sozialversicherungsanstalten und so weiter hingewiesen.
Ich kann nur hinzufügen, daß es seit dieser Zeit bedeutend schlechter geworden ist. Wir haben nicht
mehr, sondern weniger Beschäftigte in diesen Institutionen, der Druck auf unsere Leute ist nicht geringer,
er ist im Gegenteil gesteigert worden. Ich kann Ihnen nur raten, ganz genau die Zahlen nachzulesen, die
im Protokoll des letzten Budgets aufscheinen, um zu sehen, wie diese Zusammenstellungen vor sich
gegangen ist.
Der Herr Landeshauptmannstellvertreter hat sich besonders mit den Bezirkshauptleuten beschäftigt; auch
darüber habe ich im vergangenen Jahr gesprochen. Ich darf nur feststellen, daß diesmal Herr
Landeshauptmannstellvertreter Dr. Tschadek recht gehabt hat, denn ein Bezirkshauptmann ist kein
Funktionär der Österreichischen Volkspartei, sondern ein ehrlicher, aufrechter Beamter. Ich würde mich
riesig freuen, wenn zum Beispiel bei der Arbeiterkammeramtsstellen, also einer öffentlich-rechtlichen
Körperschaft, oder Bezirkssekretäre des OGB auch keine Funktionäre der Sozialistischen Partei wären.
Sie benehmen sich aber hundertprozentig als solche. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Diese Leute verlangen - sehr oft nachweisbar - das sozialistische Parteibuch, wenn Arbeitnehmer aus
allen Berufsschichten kommen, die brav ihren Klammerbeitrag und ihren Gewerkschaftsbeitrag zahlen
und nur eine Auskunft verlangen. (Heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.) Mir ist noch nicht bekannt
geworden, daß ein Bezirkshauptmann ein Fahrtenbuch verlangt, bevor er jemandem eine Auskunft gibt.
Hohes Haus! Ich wollte Ihnen das nur kurz in Erinnerung rufen; Sie können es jederzeit nachlesen, und
das Hohe Haus kann sich mit, wesentlich wichtigeren und dringenderen Anliegen beschäftigen. Ich habe
mich hauptsächlich zu Kapitel 0 zu Worte gemeldet, weil ich ein besonderes Problem anschneiden will,
und zwar handelt es sich um die Abgrenzung der Stromversorgungsgebiete. Das in Niederösterreich von
den Wiener Elektrizitätswerken versorgte Gebiet ist ein Vielfaches des Wiener Stadtgebietes. Nach
Schätzungen beträgt der Stromkonsum rund 360 Millionen Kilowatt-Hertz, das ist mehr als ein Viertel des
gesamten Stromkonsums in Niederösterreich. Einwohnermäßig umfaßt dieses Gebiet rund 250.000
Personen und ist zum überwiegenden Teil durch Gebietsänderungen zwischen Wien und Niederösterreich
in den Versorgungsbereich der Wiener Elektrizitätswerke gekommen. Damit im Zusammenhang steht ein
Übereinkommen aus dem Jahre 1941, welches die Abgrenzung der Stromversorgungsgebiete zwischen
dem Wiener Elektrizitätswerk und den Gauwerken Niederdonau zum Gegenstand hat. Richtig ist
allerdings, daß auch schon einige Gemeinden kurz nach der Jahrhundertwende, so zum Beispiel im Jahre
1906 Rannersdorf, an das Wiener Versorgungsnetz angeschlossen wurden. Im Mittelpunkt dieses
Streitfalles stand ursprünglich die Frage, ob der Newag auf Grund des zweiten Verstaatlichungsgesetzes
ein Anspruch auf die in ihrem örtlichen Aufgabenbereich liegenden Stromerzeugungs- und verteilungsanlagen auch dann zusteht, wenn sich diese Anliegen im Eigentum einer Landesgesellschaft wie in diesem Falle der Wiener Elektrizitätswerke - befinden. Obwohl nach § 3 Abs. 1 des zweiten
Verstaatlichungsgesetzes den Landesgesellschaften die Aufgabe zufällt, die Allgemeinversorgung mit
elektrischer Energie im Bereiche der einzelnen Bundesländer durchzuführen, ist es der Newag wegen der
seit 1938 zwischen Wien und Niederösterreich erfolgten Gebietsänderung nicht möglich, die allgemeine
Versorgung in Niederösterreich im Sinne des zweiten Verstaatlichungsgesetzes durchzuführen, obwohl
sie hierzu zweifelsohne berufen ist. Versuche zur gütlichen Auseinandersetzung beziehungsweise
Einigung wurden seitens der Newag und des Bundeslandes Niederösterreich unternommen, jedoch war
diesen bisher kein Erfolg beschieden. Das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung hat daher für
den 15. Oktober 1955 eine Verhandlung anberaumt, in der wegen Durchführung der Verstaatlichung
beziehungsweise Übertragung der Stromerzeugungs- und -verteilungsanlagen der Gemeinde Wien im
Bundesland Niederösterreich an die Newag alle einschlägigen Fragen, insbesondere die Feststellung des
Umfanges der zu übertragenden Anlagen, der Zeitpunkt der Eigentumsübertragung, Versuche zur
Erzielung eines Ausgleiches gemäß § 25 Abs. 2 des ersten Verstaatlichungsgesetzes, BGBl. Nr.
189/1954, besprochen werden sollten. Die Wiener Elektrizitätswerke haben jedoch die Teilnahme an der
Verhandlung abgelehnt und beantragt, von der Wiederaufnahme beziehungsweise Weiterführung des
Verfahrens abzusehen, weil eine Verstaatlichung der fraglichen Anlagen nach dem zweiten
Verstaatlichungsgesetz unzulässig und die Durchführung des Verstaatlichungsverfahrens nicht gesetzlich
sei. Der Landeshauptmann von Niederösterreich erließ hierzu den Bescheid vom 9. Dezember 1955,
worin er unter Ablehnung dieses Antrages in Weiterführung und Abschließung des bereits im Jahre 1949
eingeleiteten Verstaatlichungsverfahrens gemäß § 8 des zweiten Verstaatlichungsgesetzes wie folgt
entschieden hat: „Die Stromversorgungs- und Verteilungsanlagen der Gemeinde Wien, soweit diese
Betriebe und Anlagen in Niederösterreich gelegen sind und ausschließlich der Stromversorgung der
Bundeshauptstadt Wien dienen, werden als verstaatlicht gemäß § 7 Abs. 2 des bezogenen Gesetzes in
das Eigentum der Newag als der für Niederösterreich zuständigen Landesgesellschaft übertragen. Die
allenfalls noch erforderlichen Umfangfeststellungen im Einzelfall oder Entscheidungen über allfällige
Ausnahmeanträge gemäß 7 Abs. 1 des bezogenen Gesetzes werden später zu erlassenden Bescheiden
vorbehalten. Als Zeitpunkt des Eigentumsüberganges wird der 1. des Monats, der auf den Ablauf von drei
Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides folgt, festgesetzt."
Soweit der Bescheid des Landeshauptmannes. Über Berufung der Wiener E-Werke hat sodann das
Bundesministerium für Verkehr und verstaatlichte Betriebe am 9. Mai 1956 diesen Bescheid, ohne in der
Sache selbst zu entscheiden, aus von der Berufungswerberin geltend gemachten rein formalen Gründen
aufgehoben und die Angelegenheit an die Behörde l. Instanz zur neuerlichen Behandlung und Erlassung
eines neuen Bescheides verwiesen. Daraufhin wurde das Verfahren nach einer dreijährigen Pause
wiederaufgenommen und für den 2. April 1959 eine mündliche Verhandlung anberaumt, zu der diesmal
endlich doch Vertreter der Wiener E-Werke erschienen sind, aber zur Abgabe einer eingehenden
Stellungnahme für den Gesamtfragenkomplex um eine Frist versucht haben. Letzten Endes erging ein
neuerlicher Bescheid des Landeshauptmannes vom 14. April 1959, wonach die im Bescheid namentlich
angeführten Anlagen der Wiener E-Werke im Bundesland Niederösterreich verstaatlicht und der
Landesgesellschaft Newag übereignet werden.
Die Wiener E-Werke machten geltend, dass als 2. Verstaatlichungsgesetz keine Bestimmung über die
Abgrenzung der Versorgungsgebiete der Landesgesellschaften, um die es sich im gegenständlichen Fall
handle, enthalten. Weiters behaupteten sie, daß eine Landesgesellschaft von der Verstaatlichung
überhaupt ausgenommen sei. Die Meinung der Wiener E-Werke stützte sich auf zwei Erkenntnisse des
Verwaltungsgerichtshofes aus dem Jahre 1955. Außerdem wurde darauf hingewiesen, daß die
beiderseitigen Grenzen der Versorgungsgebiete der Wiener E-Werke und der Newag schon im Jahre
1941 durch einen Demarkationsvertrag zwischen den Gauwerken Niederdonau AG in St. Pölten und den
Wiener E-Werken geregelt worden seien. Dieses Übereinkommen hat die Newag im Jahre 1952, also fünf
Jahre nach Inkrafttreten des 2. Verstaatlichungsgesetzes, in einem zwischen Ihr und den Wiener E-
Werken nun geschlossenen Vertrag ausdrücklich als verbindlich anerkannt. Im Demarkationsvertrag wird
allerdings auch festgelegt, dass im Falle der Änderung der Gaugrenzen neue Vereinbarungen über
Abtretungen erforderlich seien. Für die betroffenen Gebiete hätten sinngemäß die Bestimmungen dieses
Vertrages zu gelten. Einer Berufung gegen diesen Bescheid des Landeshauptmannes von
Niederösterreich wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Die Wiener E-Werke haben schon am
ersten Tag nach der Zustellung des Bescheides Berufung erhoben, und das Bundesministerium hat auch
der Berufung im Punkte der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung mit einem Teilbescheid, und zwar
vom 24. April 1959, augenblicklich Folge gegeben. In der Sache selbst steht aber die Entscheidung noch
bis zum heutigen Tage aus.
In der Zwischenzeit wurde neuerlich versucht, dieses Problem im Wege einer gütlichen Einigung aus der
Welt zu schaffen. In einem Schreiben vom 24. Jänner 1961 wird vom Bundesministerium für Verkehr und
Elektrizitätswirtschaft an die Newag die Frage gerichtet, wieweit die Verhandlungen über die
Abgrenzungen der beiderseitigen Versorgungsgebiete gediehen sind beziehungsweise in welchem
Stadium sich die Verhandlungen befinden. Tatsache ist, daß in den Jahren 1961 und 1962
Verhandlungen durchgeführt wurden und letztlich über Wunsch der Wiener E-Werke von der Newag ein
konkreter Lösungsvorschlag vorgelegt wurde. Dies war am 21. März 1962. Hierbei forderte die Newag
unter Beschluß planlicher Unterlagen, daß die Wiener E-Werke jene Randgemeinden des Landes
Niederösterreich abtreten, welche auf Grund des Gebietsänderungsgesetzes vom 1. September 1954
wiederum an Niederösterreich gefallen sind. Weiters treten die Wiener E-Werke an die Newag ein
Versorgungsgebiet ab, in welchem der derzeitige Stromkonsum ungefähr der Konsumsteigerung im
Versorgungsgebiet der Wiener E-Werke in Niederösterreich nach dem Inkrafttreten des 2.
Verstaatlichungsgesetzes entspricht. Da, wie Sie sehen, die begonnenen Gespräche und jahrelangen
Versuche, Bescheide zu erlassen, bis heute zu keinem Erkenntnis geführt haben, wurde im April 1964
sogar noch im Einvernehmen mit dem Herrn Landeshauptmann Figl und dem Herrn Bürgermeister von
Wien vereinbart, ein Komitee neuerlich mit den Verhandlungen zu betrauen. Zu einem Ergebnis ist es
aber bis heute nicht gekommen.
Ich erlaube mir daher, meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses, folgenden
Resolutionsantrag zu stellen (liest):
„Die Landesregierung wird aufgefordert, alle Möglichkeiten einer Lösung des Problems der Abgrenzung
der Versorgungsgebiete zwischen den Landesgesellschaften Niederösterreichische Elektrizitätswerke AG
(Newag) und den Wiener Stadtwerken - E-Werke (WEW) einer Prüfung zu unterziehen und dem Ergebnis
dieser entsprechend alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen."
Ich hoffe, daß die sozialistischen Abgeordneten heute meinem Antrag ebenfalls die Zustimmung geben,
um endlich zu beweisen, daß Sie Abgeordnete für Niederösterreich sind und keine ferngesteuerten
Marionetten der Wiener Parteizentrale. Die Burgenländer haben es bewiesen. Sie waren sich einig, als es
darum ging, die Newag zu enteignen. Die ÖVP-Abgeordneten nahmen keine Rücksicht auf die
Österreichische Volkspartei, die Mehrheit in Niederösterreich. Sie handelten als Abgeordnete ihres
Bundeslandes und stimmten für die Interessen ihres Landes.
Heute können Sie, meine sehr geehrten Herren Abgeordneten der Sozialistischen Partei, beweisen, daß
Ihnen die Interessen Niederösterreichs mehr wert sind als die politischen Erfolge der Wiener SPÖParteizentrale. Die Abgeordneten der österreichischen Volkspartei stellen ihre Parteiinteressen zurück,
wenn es gilt, für Niederösterreich einzutreten und für Niederösterreich eine bessere und glücklichere
Zukunft zu schaffen.
Wir werden daher diesem Antrag freudigst die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT WEISS: Als nächster Redner kommt die Frau Abg. Körner zu Wort.
Abg. Anna KÖRNER: Hohes Haus! Ich möchte zunächst feststellen, daß die sozialistischen Abgeordneten
des Niederösterreichischen Landtages, seit sie hier in diesem Hause wirken, immer und jederzeit die
Interessen Niederösterreichs vertreten haben. (Beifall links.)
Ich möchte auf die unqualifizierten Bemerkungen des Herrn Abg. Cipin zu Beginn seiner Ausführungen
gar nicht näher eingehen, denn er selbst hat ja ersucht, man möge im Protokoll des Vorjahres nachlesen.
Ich bitte Sie, das zu tun, denn dort finden Sie auch die Antwort des Abg. Blabolil, der habe ich nichts
hinzuzufügen.
Meine sehr geehrten Herren! Ich möchte Ihre Erinnerung auch auf einen Antrag lenken, der uns schon
sehr lange beschäftigt. Bei der Budgetdebatte im Vorjahr habe ich darauf hingewiesen, daß ich schon vor
Jahren einen Antrag gestellt habe, der vom Hohen Haus einstimmig angenommen wurde, auf dessen
Erledigung wir aber noch immer warten. Der Antrag betrifft die Gewährung von Hausratsdarlehen an
junge Ehepaare. Ich möchte die ganze lange Geschichte dieses Antrages nicht wiederholen, möchte aber
doch feststellen, daß es vom Jahre 1953 bis zum Jahre 1957 gedauert hat, bis die Mehrheit dieses
Hauses bereit war, einem solchen Antrag zuzustimmen. Aber geschehen ist trotz der Zustimmung seither
noch immer nichts.
Ich habe hier wiederholt die Erfüllung dieses Antrages gefordert. Ich habe zwei- oder dreimal einen
diesbezüglichen Resolutionsantrag gestellt, den die Mehrheitspartei abgelehnt hat. Im Vorjahr konnte ich
sozusagen schon ein rundes Jubiläum feiern, denn es waren bereits zehn Jahre seit der Annahme des
Antrages vergangen.
Ich habe im Vorjahr neuerlich einen Antrag eingebracht. Herr Abg. Buchinger hat namens seiner Fraktion
erklärt, daß sie sich dem Antrag anschließt. Man war der Meinung, dass die Gewährung von
Hausratsdarlehen in Form eines Gesetzentwurfes seitens der Landesregierung geregelt werden sollte,
und es wurde folgender Resolutionsantrag angenommen:
„Resolutionsantrag der Abg. Körner und Buchinger zur Gruppe 0 des Voranschlages des Landes
Niederösterreich für das Jahr 1968, Ltg. 300.
Die Landesregierung wird aufgefordert, dem Hohen Landtag einen Gesetzentwurf zur Beratung und
Beschlußfassung vorzulegen, der die Gewährung von Zinsenzuschüssen an Eheleute, die das 30.
Lebensjahr noch nicht vollendet haben und deren Bruttogesamteinkommen 50.000 S jährlich nicht
übersteigt, für die erstmalige Einrichtung einer Wohnung zur Anschaffung des notwendigen Hausrates
vorsieht. Die Vorlage eines diesbezüglichen Gesetzentwurfes soll derart erfolgen, dass rechtzeitig im
Voranschlag des Landes Niederösterreich für das Jahr 1969 finanzielle Vorsorge getroffen werden kann."
Hohes Haus! Der Voranschlag für das Jahr 1969 liegt vor, aber er enthält keinen Ansatzpost für
Hausratsdarlehen. Das heißt also, daß es der Herr Finanzreferent verabsäumt hat, Mittel für diesen
Zweck bereitzustellen. Es ist mir bekannt, daß die Gesetzesvorlage zur Begutachtung ausgesandt wurde.
Die Kammern haben bereits die Vorlage erhalten. Wenn die Aussendung schon so spät erfolgte, dann
hätte der Herr Finanzreferent zumindest im Voranschlag die notwendigen Mittel vorsehen müssen. Der
Einwand, dass die Gesetzesvorlage vom Hohen Landtag noch nicht beschlossen ist, ist ein Vorwand.
Im Voranschlagsansatz 511-61 sind zum Beispiel auch bereits Mittel vorgesehen, obwohl die Novelle zum
Gemeindeärztegesetz noch nicht beschlossen ist. Nach den bisherigen Gepflogenheiten und dem
Verhalten der Mehrheit zu diesem Problem ist zu befürchten, daß die Gesetzwerdung des Antrages
neuerlich hinausgeschoben wird. Ich hoffe aber im Interesse der jungen Ehepaare unseres Landes, daß
nicht die Erfüllung aller Wünsche, die sie haben und für deren Erfüllung das Land zuständig ist, mehr als
zehn Jahre dauert.
Ich frage daher den Herrn Finanzreferenten, warum er es unterlassen hat, in Durchführung des
Landtagsbeschlusses die notwendigen Mittel im Voranschlag 1969 vorzusehen, und ich möchte ihn auch
ersuchen, das Hohe Haus zu informieren, wann er die Mittel bereitstellen wird, um einen vom Hohen
Landtag beschlossenen Antrag seiner Erledigung zuzuführen. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT WEISS: Als nächster Redner kommt Herr Abgeordneter Buchinger zum Wort.
Abg. BUCHlNGER: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Darf ich gleich vorerst
kurz noch auf das Thema eingehen, das gerade die Frau Abg. Körner behandelt hat, nämlich auf die
Ehegründungsdarlehen, zu welcher Materie, wie sie erwähnt hat, im vorigen Jahr ein gemeinsamer Antrag
eingebracht wurde, der die Landesregierung aufgefordert hat, eine diesbezügliche Gesetzesvorlage
vorzubereiten. Es ist ja auch schon ausgeführt worden, und ich darf das nochmals sagen, daß eine solche
Gesetzesvorlage bereits den Mitgliedern der Landesregierung übergeben wurde, daß sie bereits dem
Begutachtungsverfahren unterzogen wurde und daß damit zu rechnen ist, daß zu Beginn des kommenden
Jahres, im Jänner oder Februar, diese Gesetzesvorlage hier im Hohen Haus zur Beratung und zur
Beschlussfassung vorliegen wird. Ich bin mir auch dessen bewußt, daß hiefür Mittel notwendig sind, daß
im Budget Vorsorge getroffen werden muß, und ich weiß, daß Herr Landesrat Ludwig im
Nachtragsbudget, das dem Hohen Haus in der Mitte des Jahres vorgelegt werden wird, die
entsprechenden Mittel für diese Ehegründungsdarlehen einsetzen wird.
Ich darf mich nun einem anderen Problem zuwenden, das schon einmal hier im Landtag zur Beratung
gestanden ist. In der Budgetdebatte des Jahres 1966 hat Kollege Stangler einen Resolutionsantrag
eingebracht, dem von der sozialistischen Fraktion auch der Herr Abg. Dr. Brezovszky beigetreten ist. Der
Antrag hat zum Inhalt gehabt, beim Bundesministerium für Justiz zu erwirken, daß für Niederösterreich
eine eigene Rechtsanwaltskammer gebildet wird. Wir wissen, daß dies der Wunsch der Rechtsanwälte
von Niederösterreich ist. Da bis zum heutigen Tag in dieser Richtung kein Erfolg zu verzeichnen was, darf
ich mich neuerlich mit dieser Frage beschäftigen, damit diese Angelegenheit nicht in Vergessenheit gerät,
und hier ein zweifellos berechtigtes Verlangen unterstreichen.
Ich möchte mich kurz mit der historischen Entwicklung der Rechtsanwaltskammern befassen. Die
österreichischen Rechtsanwaltskammern verdanken ihre Entstehung der provisorischen
Advokatenverordnung vom 16. August 1849. Gemäß § 2 dieser provisorischen Ordnung sollten sämtliche
Anwälte welche im Bezirk eines Landesgerichtes ihren Wohnsitz haben, eine Advokatenkammer bilden.
Den Advokaten mehrerer Landesgerichtssprengel sollte es mit Genehmigung des Justizministeriums
jedoch freistehen, sich in einer Kammer zu vereinigen.
Zum Verständnis sei hier angeführt, dass die Gerichtsverfassung vom 14. Juni 1849, RGBl. Nr. 178,
abgesehen vom Obersten Gerichtshof die Errichtung von Bezirksgerichten, Bezirkskollegialgerichten,
Landesgerichten, Kausalgerichten und Oberlandesgerichten vorsah. Landesgerichte waren demnach
nicht bloß die Gerichtshöfe mit dem Sitz in einer Landeshauptstadt, sondern alle Gerichtshilfe in erster
Instanz, sofern sie nicht wegen ihrer Fachsenate als Kausalgerichte bezeichnet wurden. § 12 dieser
Gerichtsverfassung hebt dies ausdrücklich hervor. Dort heißt es nämlich, daß die Kronländer in
Landesgerichtssprengel eingeteilt werden.
Die provisorische Advokatenverordnung hat also der Anwaltschaft eines Landesgerichtssprengels das
Recht auf eine eigene Kammer eingeräumt.
Um die Gerichtsverfassung vom 14. Juni 1849 durchzuführen, wurden in den Kronländern GerichtsOrganisationskommissionen eingesetzt. Sie sollten Untersuchungen für geeignete Sätze und
Wirkungskreise der Gerichte anstellen.
Wiewohl nun die Advokatenkammern über ausdrücklichen Wunsch der damaligen Regierung erst nach
Abschluß der Neuorganisation der Gerichte ins Leben treten sollten, bedrängten die Wiener
Rechtsanwälte den Dekan des juristischen Doktorenkollegiums, Dr. von Mühlfeld, bei Justiminister
Schmerling wegen einer vorzeitigen Gründungsbewilligung vorstellig zu wenden. Schmerling ließ sich
erweichen und erteilte mit Erlaß vom 13. März 1850 die Bewilligung zur Konstitution der Wiener Kammer.
Ihr erster Präsident war Dr. von Mühlfeld.
Die Niederösterreicher standen außerhalb, weil sie im Doktorenkollegium der Alma mater nicht vertreten
waren. Das Burgenland gehörte damals zur ungarischen Reichshälfte. Mittlerweile hatte die GerichtsOrganisationskommission in Niederösterreich ihre Arbeit beendet. Mit Verordnung vom 26. Juni 1849,
RGBl. Nr. 288, genehmigte der Kaiser den „Alleruntertänigsten Vortrag des treugehorsamsten Ministers
der Justiz (Bach) über die Organisierung der Gerichte in dem Kronland Österreich unter der Enns". Es
heißt dort: „Mit Ausnahme der Residenzstadt Wien hat Niederösterreich nur wenige bedeutende Städte,
die nach den ihnen dermalen zu Gebote stehenden Mitteln zum Sitze größerer Gerichte geeignet
erscheinen. Unter diese sind bloß die bisherigen Kreisstädte Krems, St. Pölten und die mit dem Beinamen
,der ewig getreuen' geehrte und ausgezeichnete Stadt Wiener Neustadt zu rechnen.''
Daraufhin wurden in Niederösterreich vier Gerichte mit dem Sitz in Wien, Sankt Pölten, Krems und Wiener
Neustadt errichtet.
Im Sinne dieser Sprengeleinteilung hätten im Raum von Niederösterreich vier Kammern gegründet
wenden können. Der Justizministererlaß vom 19. August 1861 erweiterte jedoch die Wiener Kammer zur
Niederösterreichischen Advokatenkammer. Damit waren alle Anwalte des Kronlandes Niederösterreich in
einer Kammer, der Niederösterreichischen Advokatenkammer, vereinigt.
Mit 22 der neuen Rechtsanwaltsordnung vom 6. Juli 1868, BGBl. Nr. 96, wurden die damals bereits
bestehenden Kammersprengel bestätigt.
Am 27. März 1900 feierte die Niederösterreichische Rechtsanwaltskammer ihr 50jähriges Jubiläum. Eine
Festversammlung trat zusammen, in der Kammerpräsident Dr. Carl von Feistmantel eine von edler
Gesinnung getragene Ansprache hielt (Text in den Juristischen Blättern 1900 Nr. 13).
Das nach dem Zusammenbruch der Monarchie durch die Friedensverträge von St. Germain und Trianon
an Österreich gekommene Burgenland wurde gemäß 3 der Regierungsverordnung vom 10. Jänner 1922,
BGBl. Nr. 18, bis auf weiteres dem Sprengel der Niederösterreichischen Rechtsanwaltskammer
angeschlossen.
Da die Verfassungsgesetzgeber der Ersten Republik Wien als eigenes Bundesland einrichteten, wurde
die ehemalige niederösterreichische Anwaltskammer mit ihrem Sitz in Wien zur „Dreiländerkammer".
Ansteigen der Bevölkerung und wirtschaftliches Wachstum in Niederösterreich und Burgenland lassen ein
kollegiales Gespräch über die Schaffung eigener Landeskammern heute gerechtfertigt erscheinen.
Die der Verbindung des Burgenlandes mit der Wiener Kammer gesetzte Frist „bis auf weiteres" erscheint
durch die gefestigte Verwaltung dieses Bundeslandes ihren Zweck ohnehin erfüllt zu haben. Auch in
Niederösterreich kann man nicht mehr wie seinerzeit im Vortrag ein Land mit „wenigen bedeutenden
Städten" erblicken.
Zur Errichtung einer niederösterreichischen und einer burgenländischen Rechtsanwaltskammer wäre
gemaß § 22 der Rechtsanwaltsordnung nicht einmal ein Gesetz, sondern nur eine Verordnung notwendig,
da nach dieser Gesetzesstelle die Änderung der Kammersprengel und die Bildung neuer Kammern dem
Bundesministerium für Justiz im Einvernehmen mit den bestehenden Kammern zusteht.
Um ungeachtet der föderalistischen Gliederung eine einheitlich durchschlagskräftige Repräsentation aller
österreichischen Anwälte in Angelegenheiten des gesamten Standes zu sichern, könnte eben auf der
Grundlage des § 22 RA0 an den Ausbau der Ständigen Vertreterversammlung zu einer autonomen
Körperschaft gedacht werden.
Hinsichtlich des rechtlichen Gehaltes des § 22 RA0 bestehen zwischen der Kammer und den
niederösterreichischen Anwälten diverse Meinungsverschiedenheiten. So vermeint der Ausschuß der
Rechtsanwaltskammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland, daß eine selbständige
niederösterreichische Kammer nur im Wege eines Bundesgesetzes geschaffen werden könne und nicht
durch Verordnung. Nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung obliegt die Änderung der
Kammersprengel und die Bildung neuer Kammern dem Bundesministerium für Justiz nach Einvernehmen
mit den derzeit bestehenden Kammern. Dabei ist zu bemerken, daß unter dem Einvernehmen im Sinne
der ständigen Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofes lediglich ein Anhören, nicht aber die
formelle Zustimmung zu verstehen ist. Gemäß § 22 der Rechtsanwaltsordnung 1868 hätte die Errichtung
einer eigenen Rechtsanwaltskammer für Niederösterreich mit Verordnung und nicht in Gesetzesform zu
erfolgen. Abgesehen von Wien, dessen Kammersprengel die Bundesländer Wien, Niederösterreich und
gemäß § 3 Abs. 2 der Verordnung vom 10.1.1922, BGBl. Nr. 18, das Burgenland umfaßt, bildet jedes
Bundesland einen eigenen Klammersprengel. Es erscheint daher unverständlich, warum das Bundesland
Niederösterreich nicht eine eigene Rechtsanwaltskammer erhalten soll, die die Interessen der
niederösterreichischen Anwälte zufolge genauerer Kenntnis deren Probleme besser vertreten könnte, als
dies in einer drei Länder umfassenden Kammer möglich ist. Ich sehe mich daher veranlaßt, neuerlich
folgenden Resolutionsantrag zu stellen (liest):
„Die Landesregierung wird aufgefordert, beim Bundesministerium für Justiz erneut vorstellig zu werden
und zu erwirken, dass entsprechend dem Beschluß des Landtages anläßlich der Beratung der Gruppe 0
des Voranschlages des Landes Niederösterreich für das Jahr 1967, Ltg. - 200, eine eigene
Rechtsanwaltskammer für Niederösterreich gebildet wird."
Wir haben aber solche Erscheinungen, dass eine Wiener Kammer oder solche Dreiländerkammern nicht
nur auf diesem Gebiete zuständig sind, sondern es gibt noch eine ganze Reihe anderer Dinge, wo solche
Institutionen den Sitz ebenfalls in Wien haben und Niederösterreich mehr oder weniger mit der Vertretung
in diesem Gremium benachteiligt ist.
Ein ähnlich gelagerter Fall, den ich aufzeigen möchte, ist die Bundesversicherungsanstalt für Beamte, und
ich darf mir ebenfalls gestatten, hier einen Resolutionsantrag vorzulegen (liest):
„Die Landesregierung wird aufgefordert, bei der Bundesregierung zu erwirken, dass durch geeignete
gesetzgeberische Maßnahmen § 130 des Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes, BGBl.
Nr. 200/1967, dahin abgeändert wird, daß für das Bundesland Niederösterreich ein eigener
Landesvorstand eingerichtet wird."
Es sei mir gestattet, daß ich gerade als öffentlich Bediensteter diesen Antrag bezüglich der Errichtung
eines eigenen Landesvorstandes für Niederösterreich in der BVX eingehender begründe. Bereits das
Gründungsgesetz für die Krankenversicherung der Beamten vom 13. Juli 1920 versucht, die
Selbstverwaltung dieser Einrichtung im Sinne der Bundesverfassung föderalistisch aufzubauen. Es schuf
daher neben dem zentralen SeIbstverwaltungskörper, neben dem Hauptvorstand in Wien,
Landesvorstände.
Diese Landesvorstände waren nach Paragraph 21 Abs. 2 des genannten Gesetzes in allen
Landeshauptstädten zu errichten. Da Niederösterreich keine eigene Landeshauptstadt oder besser
gesagt Wien als solche besaß, unterblieb schon damals die Einrichtung eines eigenen Landesvorstandes
für Niederösterreich. Da Wien als Landeshauptstadt für Niederösterreich galt, kam es zur Gründung eines
gemeinsamen Landesvorstandes für Wien und Niederösterreich, wo auch später - genauso wie bei der
Rechtsanwaltskammer - das Burgenland angeschlossen wurde.
Während alle Bundesländer eigene Landesvorstände erhielten und auch für die Zukunft bewahren
konnten, blieb Niederösterreich gleich wie das Burgenland ein Anhängsel von Wien. Diese stiefmütterliche
Rolle tritt auch in der Vertretung Niederösterreichs in den Selbstverwaltungsorganen der KVO, jetzt BVA
genannt, klar zutage. Im Landesvorstand Wien, Niederösterreich und Burgenland sind insgesamt 24
Mitglieder, und von diesen sind nur 6 aus Niederösterreich, und zwar 3 Vertreter der Dienstnehmer und 3
Vertreter der Dienstgeber.
Im Hauptvorstand, der aus 40 Mitgliedern besteht und dem Verwalter aus dem ganzen Bundesstaat
angehören, sind nur zwei Mitglieder aus Niederösterreich, im Verwaltungsrat, der 14 Mitglieder zählt, ist
nur ein einziger Niederösterreicher vertreten. Es ist vielleicht auch hier interessant, die
Anspruchsberechtigten der Bundesversicherungsanstalt für Beamte zu vergleichen, und zwar, wie viele
Mitglieder und Angehörige Niederösterreich im Verhältnis zu den anderen Bundesländern hat. In der
Bundesversicherungsanstalt sind insgesamt 505.000 oder etwas mehr als eine halbe Million Mitglieder.
Davon hat Wien rund 181.000 oder rund 35,9 Prozent, Niederösterreich, das zweitstärkste Land, rund
78.000 oder 15,4 Prozent, Burgenland 6100 oder 1,2 Prozent, Steiermark rund 76.000 oder 15 Prozent,
Oberösterreich rund 49.000 oder 9,7 Prozent, ´Kärnten rund 41.000 oder 8 Prozent, Salzburg rund 31.000
oder 6 Prozent, Tirol rund 29.000 oder 5,7 Prozent und Vorarlberg, ähnlich wie das Burgenland, rund
14.000 oder 2,9 Prozent. Diese Zahlen basieren auf dem Stichtag 31. Dezember 1967 und dürften sich
kaum wesentlich geändert haben.
Dabei werden die in Wien arbeitenden Niederösterreicher, also jene, die in Dienststellen beschäftigt sind,
die sich in Wien befinden, zum Beispiel NÖ. Landesregierung, Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung,
Landesgendarmeriekommando usw., noch zu Wien gezählt, weil sich die örtliche Zuständigkeit nach der
Dienststelle und nicht nach dem Wohnort richtet. Betrachtet man aber die amtlichen Zahlen, so steht
eindeutig fest, daß Niederösterreich zahlen- und prozentmäßig an zweiter Stelle steht. Trotzdem hat
Niederösterreich einen eigenen Landesvorstand.
Obwohl Niederösterreich mehr als fünfeinhalbmal soviel Anspruchsberechtigte wie zum Beispiel
Vorarlberg hat, hat dieses Bundesland einen eigenen Landesvorstand und eine eigene
Landesgeschäftsstelle, Niederösterreich hat keines von beiden. Vorarlberg zum Beispiel entsendet in den
Landesvorstand 12 Vertreter, Niederösterreich ist in einem gemeinsamen Landesvorstand mit ganzen 6
Vertretern, wie ich bereits angeführt habe, vertreten, obwohl es fünfeinhalbmal soviel
Anspruchsberechtigte hat und gemäß § 141 des Bundeskranken- und Unfallversicherungsgesetzes sogar
16 Mitglieder in einen eigenen Landesvorstand berufen könnte. Ich glaube, daß, diese Zahlen eindeutig
dafür sprechen, auch in Niederösterreich einen eigenen Landesvorstand zu errichten. Man wird zweifellos
einwenden, daß die Errichtung eines eigenen Landesvorstandes für Niederösterreich auch mit Geld
verbunden ist, mit einem erhöhten Verwaltungsaufwand und so weiter. Ich darf aber dazu feststellen, daß
dies keineswegs der Fall ist; zumindest ist das nicht mit wesentlichen Unkosten verbunden, weil nicht
daran gedacht ist, für Niederösterreich eine eigene Landesgeschäftsstelle zu errichten. Es wäre durchaus
weiterhin so möglich, wie es zur Zeit praktiziert wird, nur müßte die Landesgeschäftsstelle Wien
sozusagen mit zwei Landesvorständen geschäftlich verkehren. Wenn man also am Grundsatz einer
gemeinsamen Landesgeschäftsstelle für Wien, Niederösterreich und das Burgenland festhält, ändert sich
an den Kosten für die Geschäftsführung mehr oder weniger nichts, nur der Direktor, wie ich schon
angeführt habe, müßte mit zwei Bundesvorständen verkehren. Ebenso entstehen daraus keine
Personalprobleme, keine Personalvermehrung und keine Dienstpostenvermehrung, das wird im
derzeitigen Rahmen durchgeführt. An Mehrkosten entstehen vielleicht einige Funktionsgebühren oder
Sitzungsgelder für die Mitglieder des Landes-Vorstandes Niederösterreich, doch glaube ich, daß einige
10.000 S Mehrkosten, die durch diese Sitzungsgelder entstehen, bei einem Budget von rund 700,000.000
S der BVA keineswegs ins Gewicht fallen.
Und nun noch ein Wort zu den gesetzlichen Änderungen, die auch meiner Meinung nach unbedeutend
sind. Auf die Änderung des § 131 Abs. 2 habe ich bereits hingewiesen. Die Änderung des § 147 Abs. 2
erscheint mir an sich zweckmäßig. Nach dieser Bestimmung richtet sich die örtliche Zuständigkeit eines
Landesvorstandes nach dem Dienstort. Hier wäre es besser, den Wohnort zu bestimmen, zumal der
Dienstort öfters wechselt als der Wohnort. Für die Versicherungsvertreter im Landesvorstand läßt § 132
Abs. 2 ohne weiteres den Wohnort im Bereich ,des Landesvorstandes für die Vertretungseignung neben
dem Dienstort zu. Auf jeden Fall müßte die Zuständigkeit im 2. Absatz dahingehend geändert werden,
dass subsidiär der Landesvorstand Wien und Burgenland zuständig wird.
Die Errichtung eines Landesvorstandes Niederösterreich ist eine durchaus berechtigte Forderung der
niederösterreichischen Landesbeamten und aller Bundesbeamten, die in Niederösterreich wohnen und in
Niederösterreich ihren Dienst versehen. Da ihre Erfüllung nur mit ganz geringen Kosten verbunden ist,
erscheint es mir als eine unbedingte Pflicht der Landesregierung, als Dienstgeber ihrer Beamten, ,darüber
hinaus auch des Landtages, für alle anderen Bundesbediensteten diese Forderung mit allen Kräften zu
unterstützen. Ich darf Sie daher bitten, dass Sie den beiden Resolutionsanträgen, 1. wegen Gründung
einer eigenen Rechtsanwaltskammer in Niederösterreich und 2, wegen Gründung einer eigenen
Geschäftsstelle der Bundesversicherungsanstalt, Ihre Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSlDENT WEISS: Als nächster Redner kommt der Herr Abg. Bieder zu Wort.
Abg. BIEDER: Herr Präsident! Hohes Haus! Verehrte Damen und Herren! Die Gruppe 0 gibt jedes Jahr
Anlaß, die Personalsituation zu beleuchten und natürlich auch den hohen Aufwand einer kritischen
Betrachtung zu unterziehen. Wie aus der Vorlage ersichtlich - der Herr Berichterstatter hat dies bereits
besonders unterstrichen -, wird der Personalaufwand für 19769 voraussichtlich um 100,000.000 S, genau
um 100,800.000 S, höher sein. Jedenfalls ist er um diese Summe vorerst höher dotiert. In der Gruppe 0
soll sich demzufolge der Aufwand um rund 43,500.000 S erhöhen, da sind fast 44 Prozent des gesamten
Mehraufwandes. Dem Hinweis, daß der Personalaufwand - im gesamten gesehen - trotz allem Drum und
Dran doch um etwas mehr als um ein halbes Prozent gesenkt wird, möchte ich, obwohl es mich dazu
reizen könnte, keine große Bedeutung zumessen. Wir alle wissen doch, daß man mit Zahlen sehr gut
spielen kann, ohne daß die Endrechnung, das jeweilige Ergebnis, mathematisch unrichtig sein muß.
Solchen Spielereien möchte ich hier nicht folgen. Die Rechnungsabschlüsse könnten in der Folge einen
Ziegelstein auslösen, und Sie werden verstehen, dass ich mir dieses Loch im Kopf ersparen möchte.
Wie sieht es, meine Damen und Herren, in Wirklichkeit aus? Das Gesamtausgabevolumen des
ordentlichen und außerordentlichen Budgets erhöht sich im Jahre 1969 um 10,2 Prozent, das wurde
schon mehrmals gesagt. Im Jahre 1968, also im laufenden Jahr, ergab dies gegenüber 1967 eine
Ausgabensteigerung um 22,7 Prozent, das heißt, daß die Ausgabensteigerung im Jahre 1969 um mehr
als die Hälfte des Vorjahres niedriger ist. Wenn gegenüber 1969 der Personalaufwand im gesamten um
0,59 Prozent geringer dotiert ist, dann wird das durchaus verständlich.
Es steht also im Vergleich zu 1968 eher Verminderung der Mehrausgaben von insgesamt 12,5 Prozent
eine Verminderung im Personalaufwand um 0,59 Prozent gegenüber. Der ersten Etappe des
Nachziehverfahrens der Gehälter der Landesbediensteten folgt mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1969 die
zweite Etappe. Während die erste Etappe inklusive 1,5 Prozent Wertsicherung im Durchschnitt ungefähr
10 Prozent ausmacht, wird dieser Prozentsatz ab 1. Jänner 1969 um weitere zirka 3 Prozent, Basis 1968,
steigen, wozu noch die Wertsicherung kommt, die mir doch auch eine bedeutende Rolle zu spielen
scheint. Wie sich abzeichnet, werden wir zu 3 Prozent plus 1,5 Prozent, also insgesamt zu rund 4,5
Prozent aller Voraussicht nach kommen.
Ich möchte diese Fakten gar nicht verniedlichen. Auch der öffentlich Bedienstete selbst weiß sehr genau,
welchen bedeutenden Ausgabenfaktor seine Bezüge im Budget darstellen. Dennoch wage ich die
Behauptung, dass der öffentlich Bedienstete mit seinen Bezügen, insgesamt gesehen, nach wie vor
nachhinkt.
Wie es scheint, bleibt dieser Zustand bestehen. Seit 20 Jahren stehe ich im Gewerkschaftsleben der
öffentlich Bediensteten und kenne aus dieser Zeit immer wieder nur Nachziehverfahren. Das heißt, daß
der öffentlich Bedienstete im großen und ganzen immer hinter den Bezügen der übrigen Dienstnehmer
zurückbleibt. Daß diese meine Behauptung richtig ist, beweist auch das letzte Übereinkommen zwischen
der Bundesregierung und den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes. Der Herr Finanzminister hat
bereits im Jahre 1967 anerkennen müssen, daß die Gehälter der öffentlich Bediensteten um mehr als 20
Prozent zurückgeblieben sind. Obwohl im Schnitt schließlich nur etwas über 17 Prozent – ich glaube,
genau sind es 17,74 Prozent – zum Tragen kommen, wird selbst dieser Prozentsatz auf vier Raten,
nämlich vier Etappen bis zum Jahre 1971, aufgeteilt. Also 1971 erreicht der öffentlich Bedienstete erst
jene Gehälter, die ihm bereits 1967 unbestritten zugestanden wären. In diesem Zusammenhang muß ich
noch unterstreichen, daß bis dahin die Gehälter nur mit einer Wertsicherung abgeschirmt werden konnten.
Der Anteil an dem erhöhten Sozialprodukt findet aber keinerlei Berücksichtigung.
Meine Damen und Herren! Diese Tatsache hat zwangsläufig zur Folge, daß wir aber diese Frage sehr
bald zu sprechen haben werden. Augenblicklich ziehen wir die Bezüge recht schwerfällig nach, sichern sie
wertmäßig recht und schlecht ab und müssen, wollen wir die Dinge objektiv betrachten, bereits an ein
weiteres Nachziehen denken. Es muß doch allen klar sein, daß auch der öffentlich Bedienstete an der
Steigerung des Sazialprodukts berechtigten Anteil nehmen will und, wie ich sagen möchte, nehmen muß.
Wer glaubt, daß unter den gegebenen Umständen die Personalkosten gesenkt werden können, den
würde ich fast als Träumer bezeichnen müssen. Bei den vorjährigen Budgetverhandlungen wurde ein
besonders großes Angebot an Hinweisen zur Verwaltungsreform vorgelegt. Heuer ist es diesbezüglich ein
wenig stiller geworden. Ich persönlich behalte weiterhin meinen Standpunkt bei, ich bin in dieser
Beziehung - seien Sie mir deswegen nicht ungehalten, aber die Erfahrung lehrt es mich - sehr skeptisch.
Im Hohen Haus am Ring und hier im Landtag werden immer wieder - man könnte fast sagen, auf dem
laufenden Band – Gesetze beschlossen, alte Gesetze werden novelliert und neue Materien werden erfaßt
und gesetzlich normiert. Sicherlich ist dies der Zeit entsprechend durchaus notwendig. Aber wir müssen
doch auch erkennen, daß neue Gesetze für die Verwaltung nicht gerade erleichternd wirken. Wenn wir es
also für notwendig erachten, diese oder jene Fragen einer gesetzlichen Lösung zuzuführen, so müssen
wir konsequenterweise auch zur Kenntnis nehmen, daß für die Durchführung solcher Gesetze in der
Praxis auch Beamte notwendig sind. Diese Beamten haben aber auch das Recht, für ihre
verantwortungsvolle Tätigkeit eine entsprechende Entlohnung zu erhalten.
Nach diesen allgemeinen Betrachtungen lassen Sie mich noch einige spezifische Probleme besprechen.
Zum ersten: Ich kann nicht umhin, noch einmal auf die Einbeziehung der Nebengebühren in die
Pensionsbemessungsgrundlage zu sprechen zu kommen. Am 19. Juni dieses Jahres wurde die DPLNovelle 1968 im Hohen Haus beschlossen. Dabei wurde unter anderem auch diese Frage einer Regelung
zugeführt. Ich habe bezüglich der Form der Regelung schon damals Bedenken angemeldet, weil mir von
vornherein klar war, daß die Regelung nicht gerecht ist. Auf Grund dieser Neuordnung werden
Nebengebühren in die Pensionsbemessungsgrundlage einbezogen, wenn der Bedienstete solche
Nebengebühren in den letzten 60 Monaten seiner aktiven Dienstzeit oder zwischen dem 50. und 55.
Lebensjahr nachweislich erhalten hat. Ist diese Voraussetzung gegeben, bekommt der Bedienstete, ohne
dafür einen Pensionsbeitrag zu leisten, 70 Prozent davon in den Pensionsbezug.
Dies hört sich an und für sich ganz gut an. Betrachtet man aber die Dinge näher, kommt man sehr bald
dahinter, daß viele Bedienstete, vor allem die Spitalsbediensteten, hier zu kurz kommen. Es gibt dort eine
Reihe namhafter Zulagen, die 30 Jahre ins Verdienen gebracht werden, trotzdem aber durch diese
Regelung nicht erfaßt werden. Dies deshalb nicht, weil ab einem bestimmten Alter, vor allem bei Frauen
nach dem 50. Lebensjahr, kaum noch Tätigkeiten verrichtet werden, die als Voraussetzung für die
Gewährung solcher Zulagen gelten. Dem steht gegenüber, daß ein Beamter, der unter Umständen
ausschließlich nur in den letzten fünf Jahren Nebengebühren bezogen hat, diese zur Gänze angerechnet
bekommt.- Ich glaube daher, daß man doch überlegen sollte, wie in nächster Zeit eine gerechtere Lösung
gefunden werden kann, die alle Nebengebühren, die im Lauf der gesamten Dienstzeit ins Verdienen
gebracht werden, berücksichtigt. Eine saubere, allumfassende Lösung müßte meiner Auffassung nach
folgendermaßen aussehen: Hat ein Bediensteter eine bestimmte Zeit oder eine Mindestzeit
Nebengebühren bekommen, so sollen diese mit einem Mindestprozentsatz geleistet werden. Bei
Weiterbestehen der Zulagen soll sich die Bemessungsgrundlage jährlich um einen entsprechenden
Prozentsatz erhöhen, bis schließlich die Höchstbemessungsgrundlage von 100 Prozent nach 25
Bemessungsjahren - so schwebt es mir vor - erreicht wird. Konsequenterweise würde ich allerdings auch
dafür eintreten, daß der Pensionsbeitrag hierfür geleistet wird.
In diesem Zusammenhang möchte ich besonders an den Herrn Finanzreferenten appellieren, diese Frage
doch zu überdenken, weil ich weiß, daß Sie, Herr Landesrat, diese Materie genau kennen, aber auch
wissen, daß in unserer Gewerkschaft - im Vorstand und im Zentralvorstand, wo heute ebenso noch Ihre
Stimme gilt – hier gleiche Auffassungen vorherrschen. In diesen Belangen gibt es zwischen der
christlichen und der sozialistischen Fraktion keine getrennten Auffassungen.
Des weiteren möchte ich auf den Feiertagsersatz für die Turnusdienste zu sprechen kommen. Im Sinne
des § 33 Abs. 3 erhalten Beamte mit einer fortlaufenden Dienstleistung - also im Turnusdienst - eine
Personalzulage als Abgeltung für die Feiertage in der Höhe von 5 Prozent des Gehaltes. Dieser Regelung
lagen ursprünglich 15 Feiertage zugrunde; einbezogen sind hierin auch die Halbtage, die sich im Laufe
des Jahres für die Verwaltung ergeben; im § 23 Abs. 2 wird dies detailliert aufgezählt. Schließt man den
Nationalfeiertag, also den 26. Oktober, mit ein, ergibt das insgesamt 16 Tage im Jahr.
Bei einem Bezug von 3000 S beträgt die Abgeltung pro Feiertag rund 130 S. Ich glaube, die Herren der
Wirtschaft würden sich sehr freuen, wenn sie in der Privatwirtschaft auch so vorgehen könnten.
Demgegenüber steht bei gleichen Voraussetzungen ein Tagesdurchschnittsbezug von 100 S, das heißt,
daß der Feiertagsaufschlag ganze 30 Prozent ausmacht. Ich glaube, daß es an der Zeit wäre, auch hier
eine Regelung zu treffen; dies um so mehr, als auch jetzt die Zeit der Feiertage erhöht ist.
Bei dieser Gelegenheit sehe ich mich auch veranlaßt, auf ein weiteres Unrecht hinzuweisen. In der
Verwaltung gilt eine Wochenarbeitsleistung von 42 Stunden, das ist die Mindestarbeitszeit im Sinne der
Dienstpragmatik. lm Baudienst, aber auch in den Landesanstalten gilt de facto eine Arbeitszeit von 45
Stunden; diese ist in der Dienstpragmatik der Landesbediensteten als Höchstausmaß normiert. Auch hier
wäre es recht und billig, die Arbeitszeit endlich für alle gleich auf vorerst 42 Stunden festzulegen.
Es gibt kein sachliches Argument, auf die Dauer einen so spürbaren Unterschied unter den
Landesbediensteten zu belassen. Diese Forderung ist meiner Meinung nach nicht unbillig, und man wird
ihr nicht immer den kalten Rücken zeigen können.
Ich komme nicht umhin, ein weiteres Problem des Baudienstes aufzuzeigen. Hier hätte ich beinahe das
Bedürfnis gehabt, einen Antrag einzubringen. Im Hinblick darauf aber, daß in der Vergangenheit Anträge
meiner Fraktion in Personalfragen grundsätzlich abgelehnt wurden, habe ich in diesem Falle davon
Abstand genommen. Vielleicht könnte sich die Mehrheit des Hohen Hauses durch meine Aussage allein
eher dazu bewegen lassen, das nachstehend genannte Problem einer sachlichen Lösung zuzuführen.
Im öffentlichen Baudienst ergibt sich folgende besoldungsrechtliche Situation: Der Straßenwärter, soweit
er Vertragsbediensteter ist, ist in der Regel in p/4 eingestuft; der gleiche pragmatisierte Straßenwärter hat
eine normale Laufbahn in K 2. Da die Ansätze von K 2 unter p/4 liegen, wird eine Zulage in der Höhe des
Differenzbetrages auf p/4 gewährt. Dadurch ergibt sich folgendes Bild: Der Bruttobezug von p/4,
Entlohnungsstufe 1, beträgt 2517 S, der Bruttobetrag von K 21 - das ist der vergleichbare Bezug - hegt bei
2280 S. Die Differenz auf d 4 betrag somit 237 S, die dann als Zulage gegeben wird. Damit werden beide
Kategorien im Bruttobezug gleichgezogen. Dies schaut bis daher auch ganz gut aus, nun kommt aber
eine ungute Situation. Der Vertragsbedienstete im Schema 2 hat gegenüber dem Pragmatisierten um 7
Prozent höhere Abzüge, so daß der Vertragsbedienstete in p/411 um 176 S weniger bekommt als sein
pragmatisierter Kollege. In der Entlohnungsstufe 11 macht dies bereits 225 S und in p/4120 mehr als 260
S aus. Wenn Sie diese Minusbeträge auf das ganze Jahr umlegen, ergibt dies einen Monatsbezug, um
welchen der Vertragsbedienstete dem Pragmatisierten nachhinkt. Damit hier kein falsches Bild entsteht,
darf ich für jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die sich mit dieser Materie nur am Rande
beschäftigen, hinzufügen, dass in den Tabellen die Bruttobezüge der Vertragsbediensteten im Schema 2
um 7 Prozent höher liegen als die der pragmatisierten Bediensteten. Dies ist beim Bruttobezug so
gestaffelt, daß beim Nettobezug dann gleichgezogen werden kann. Dieser Darstellung ist nichts
hinzuzufügen, so daß ich mit Fug und Recht dafür plädieren kann, hier einen gerechten Ausweg zu
finden, der dieses Unrecht, welchem man in der Form nirgends begegnet, beseitigt. Im übrigen glaube ich,
daß die Einstufung des Baudienstes im gesamten gesehen eine Überprüfung notwendig macht.
Die Forderung des Baudienstes, nach einer gewissen Anlernzeit von vier oder sechs Jahren in p/3
eingestuft zu werden, scheint mir gerecht, und man müßte dieser Tatsache auch Rechnung tragen. Dazu
muß man bedenken, daß der öffentliche Baudienst von heute nicht mehr mit dem Wegeinräumer von
gestern vergleichbar ist. Wir alle begegnen täglich draußen unseren Bauarbeitern und können hierbei sehr
genau beobachten, daß parteiweise überwiegend hochqualifizierte Arbeit verrichtet wird, welche es
durchaus rechtfertigen würde, diese Menschen besser einzustufen. Im Finanzausschuß hat der beamtete
Personalreferent betont, daß dem Schema des öffentlichen Dienstes kaum das Leistungsprinzip zugrunde
liegt. Diese Aussage stimmt leider. Ich muß aber doch hinzufügen, daß die Gewerkschaft bei den
Vertragsbediensteten dies durch die bekannten Einstufungsprozesse schon etwas durchlöchern konnte.
In den Erkenntnissen der Höchstgerichte wurde den Tätigkeitsmerkmalen ein besonderes Maß an
Bedeutung zuerkannt, was doch einer nicht unbedeutenden Leistungstangente gleichkommt.
Für unsere Bauarbeiter auf den niederösterreichischen Straßen hätten wir durch die von mir
vorgeschlagene Einstufung im Rahmen unseres Gehaltsschemas durchaus die Möglichkeit, einen Weg zu
einem leistungsgerechteren Lohn für diese Gruppe zu finden. Im Finanzausschuß gab der
Voranschlagansatz 02-08 - Sonstige persönliche Ausgaben - sehr berechtigten Anlaß zu einer längeren
Diskussion. Hierbei hat sich sehr deutlich herauskristallisiert, daß die dort präliminierten 11,000.000 S
nicht ausreichen werden, so daß meiner Überzeugung nach allein in dieser Post ein Nachtrag von, wie ich
glaube, mindestens 2,000.000 S erforderlich sein wird. Sie werden daher sicherlich verstehen, weshalb
ich eingangs meine Betrachtungen so vorsichtig angestellt habe. In diesem Voranschlagsansatz sind die
im Laufe des Jahres zu erbringenden Mehrdienstleistungen, also die überstunden, enthalten. Es scheint,
daß hierfür 70 bis 80 Prozent des veranschlagten Betrages aufgewendet werden müssen. Es ist bekannt,
daß die Vertragsbediensteten im Schema 11, also die Anbieter, wie in der Privatwirtschaft für eine
Überstunde einen Zuschlag von 50 Prozent erhalten, die übrigen Bediensteten erhalten einen Aufschlag
von rund 25 Prozent. Es ist verständlich, daß sich im Zusammenhang mit einem so hohen Ausmaß von
Überstundenleistungen die Frage aufdrängt, ob man nicht doch zusätzlich Leute anstellen sollte, um
diesen 25- beziehungsweise 50prozelntigen Aufschlag einzusparen. Der Herr Landeshauptmann - es tut
mir sehr leid, daß er im Augenblick nicht hier ist (Abg. Diplomingenieur Robl: Er ist hier!) - hat im
Finanzausschuß ebenfalls bestätigt, daß es so geschehen müßte, aber leider, so sagte der Herr
Landeshauptmann, sei dies nicht durchführbar, weil keine Bewerber zur Verfügung stünden.
(Landeshauptmann Maurer betritt den Saal.) Herr Landeshauptmann, dem muss ich widersprechen. Ich
kann nur annehmen, daß dies so heißen müßte: ,,Es sind keine geeichten ÖAAB-Leute zur Verfügung."
(Landeshauptmann Maurer: Ich habe gesagt, Werber!) Herr Landeshauptmann, das will ich durchaus
glauben. Weil also keine Bewerber mit Ihrem Parteibuch zur Verfügung stehen, zahlen wir lieber um ein
paar Millionen Schilling mehr an Überstunden, bevor wir andere Bewerber einstellen. Ich glaube, dass das
sehr bedenklich ist. Wenn Sie nämlich das Aufnahmekriterium ,,Fahrtenbuch" wegließen, bekämen Sie
sicher Leute genug. Ich möchte Ihnen auch heuer wieder die Antwort geben, daß meine Fraktion und ich
bereit sind, den Wahrheitsbeweis dafür jederzeit anzutreten. Aber, Herr Landeshauptmann, leider besteht
ihre demokratische Auffassung in der Frage der Personalpolitik darin, 42 Prozent der Bevölkerung - das
sind mehr als die Hälfte aller Unselbständigen - von vornherein auszuschalten, so dass es diesen versagt
ist, in den öffentlichen Dienst Niederösterreichs einzutreten. Das heißt, daß Ihre Personalpolitik dem Land
Millionen an Mehrkosten verursacht, weil Sie diese ausschließlich von Ihrem Standpunkt betrachten. Wie
teuer dem Land diese Politik im allgemeinen zu stehen kommt, was man natürlich aus der Vorlage nicht
so ohne weiteres entnehmen kann, will ich Ihnen durch ein Beispiel, das allerdings schon längere Zeit
zurückliegt, aber ganz typisch ist, darstellen für den Bereich der Landesverwaltung wird ein
Hochdruckkesselheizer gesucht. Dafür gibt es zwei Bewerber: der erste, 25 Jahre alt, gelernter Schlosser,
kann die Hochdruckkesselheizerprüfung nachweisen und hat darüber hinaus noch andere einschlägige
Zeugnisse, die einen hochqualifizierten Facharbeiter in aller Form erkennen lassen. Der zweite Bewerber,
54 Jahre alt, gelernter Schmied, war in den letzten 15 Jahren in der Landwirtschaft tätig. Jetzt dürfen Sie
raten, welchen von den beiden man aufgenommen hat. Damit Sie es leichter halben.
Ich will ich noch hinzufügen, daß der erste bei keiner Partei war und der zweite der ÖVP angehörte. Jetzt
werden Sie es sicher schon erraten haben: Aufgenommen wurde natürlich der zweitgenannte Bewerber.
(Abgeordneter Reiter: Der andere lebt nicht mehr!)
Ich muß Ihnen noch die Auswirkungen aufzeigen. Hätte man den jüngeren, also jenen ohne Parteibuch,
genommen, wäre dieser vom ersten Tage an voll einsatzfähig gewesen, da er alle gesetzlichen
Voraussetzungen, also auch die Kesselheizerprüfung, nachweisen konnte. Wie gesagt, hat man aber den
anderen aufgenommen, so daß sich daraus folgendes ergab: Der Mann mußte neben dem vorhandenen
geprüften Heizer ein Jahr lang eingeschult werden, da dies die Voraussetzung ist, zur Heizerprüfung
zugelassen zu werden.
Nach diesem Jahr hatte er noch dazu das Pech, bei der Heizerprüfung durchzufallen, und es mußte noch
eine dreimonatige Anlernzeit hingenommen werden. Es soll ihm kein Vorwurf gemacht werden, so etwas
kann passieren. Erst dann bestand er die Prüfung und war nach fünfzehnmonatiger Anlernzeit endlich
soweit, so recht und schlecht selbständig zu arbeiten. Das heißt, meine Damen und Herren, daß praktisch
15 beziehungsweise 17 Monatsbezüge, wenn man den 13. und 14. Gehalt noch hinzuzählt, beim Fenster
hinausgeworfen wurden. Hinzu kommt, daß man in dieser Zeit einen noch höheren Betrag dem
einschulenden Überstunden bezahlen mußte. Solche Tangenten sind also in dieser Ansatzpost auch
enthalten. Wenn Sie den geschilderten Fall rechnerisch auswerten, werden Sie auf eine Summe von etwa
100.000 S kommen, und all das nur deshalb, um den Landesbediensteten die Kraft des ÖAAB unter
Beweis zu stellen. Ich glaube also, meine Damen und Herren, daß die Personalpolitik in diesem Lande
Formen hat, die jeder sachlichen Grundlage entbehren und die, gelinde ausgedrückt, als sehr bedenklich
gelten müssen.
Zum Abschluß muß ich noch ein aktuelles Problem im Zusammenhang mit den Nebengebühren der
Landesbediensteten besprechen. Diese sind bekanntlich überwiegend Abgeltungen für qualitative
Mehrleistungen. Solange Nebengebühren bestehen, wurden diese bei Lohnverhandlungen um jenen
Hundertsatz erhöht, um den der Bezug angezogen wurde. Es hat sich so abgespielt, daß unmittelbar nach
den Gehaltsverhandlungen klarerweise die Forderungen der Gewerkschaft um Nachziehung der
Nebengebühren erhoben wurden. Die folgenden Verhandlungen haben schließlich dazu geführt, daß die
Nebengebühren jedesmal im Sinne dieses Prozentsatzes, um den der Gehalt erhöht wurde, nachgezogen
werden konnten. Ende 1962 wurde dann die Frage der Automatik erörtert. Die Landesvertreter haben sich
in der weiteren Folge mit der Gewerkschaft dahingehend geeinigt, die Nebengebühren automatisch um
jenen Hundertsatz zu erhöhen, um den sich jeweils der Bezug erhöht.
Damit haben sich für die Länder keinerlei Mehrausgaben ergeben. Es wurden die laufenden
Verhandlungen mit der Gewerkschaft erspart, aber vor allem in der Länderverwaltung eine wesentliche
Vereinfachung erzielt.
Wenn nämlich klar ist, mit welchem Zeitpunkt die Bezüge um so und so viel Prozent erhöht werden,
können im gleichen Zug auch die Nebengebühren mitberechnet werden.
Früher war das immer getrennt. Meist erfolgte der Abschluß über die Nebengebühren erst ein paar
Monate später, so daß eine rückwirkende Durchrechnung notwendig war -- also eine nicht unbedeutende
Mehrbelastung der Länderverwaltungen. Ich habe vor mir ein Originalschreiben der Verbindungsstelle der
Bundesländer vom 20. Jänner 1964, in welchem der Gewerkschaft unter anderem mitgeteilt wird, daß die
Verbindungsstelle das Verhandlungsergebnis bezüglich Automatik der Nebengebühren zur Kenntnis
nimmt. Dieses Schreiben ist von Herrn Landesamtsdirektor Dr. Vanura gezeichnet. In acht Bundesländern
wurde das Verhandlungsergebnis eingehalten. Niederösterreich bildet die einzige bisherige Ausnahme.
Das Land hat sich dabei keinen Groschen erspart, durch diese - ich möchte sagen - sture Haltung, durch
diesen Justamentstandpunkt aber verwaltungsmäßig einen nicht unwesentlichen Mehraufwand zu
verzeichnen.
Um endlich nach vier Jahren auch in Niederösterreich diese Angelegenheit einer positiven Erledigung
zuzuführen, erlaube ich mir, abschließend folgenden Antrag zu stellen (liest):
„Die Landesregierung wird. aufgefordert, - zu beschließen, daß die Sonderzulagen (§ 76 DPL.) jeweils um
jenen Hundertsatz erhöht werden, um den sich das Gehalt der Landesbediensteten erhöht
Zulagenautomatik)."
Ich ersuche die Damen und Herren des Hohen Hauses, diesem Antrag die Zustimmung zu geben, um den
niederösterreichischen Landesbediensteten jenen Vorteil zu sichern, welcher in den anderen acht
BundesIändern bereits seit vier Jahren gegeben erscheint. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT WEISS: Als nächster Redner kommt Herr Abgeordneter Diplomingenieur Robl zu Wort.
Abg. Dipl.-Ing. ROBL: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Es vergeht heute
keine Veranstaltung unserer Gemeindevertreter, wo nicht auch die Frage der freiwilligen
Gemeindevereinigungen auf der Tagesordnung steht. Heute vormittag hat Kollege Stangler im Rahmen
der Aufzählung der zahlreichen ÖVP-Initiativen in den letzten Jahren auch darauf verwiesen, daß die
Österreichische Volkspartei im Jahre 1964 auf diesem Gebiet initiativ geworden ist. Am Nachmittag hat
uns Herr Landeshauptmannstellvertreter Dr. Tschadek zur Kenntnis gebracht, daß er sich schon im Jahre
1960 mit der Problematik der niederösterreichischen Gemeindestruktur befaßt und daß sein Vorgänger
als politischer Gemeindereferent, Landesrat Stika, schon im Jahre 1954 beim SPÖ-Parteitag, wenn ich
richtig gehört habe, Gedanken zur Verbesserung der Gemeindestruktur ausgesprochen hat.
Dazu muß ich aber doch sagen, daß es seitens der politischen Referenten nur bei diesen theoretischen
Überlegungen geblieben ist. Beim Landtag wurden keine Anträge, keine Vorschläge unterbreitet. Daher
haben sich die ÖVP-Abgeordneten im Jahre 1964 sehr eingehend mit diesem Problem befaßt, eingehend
deswegen, weil wir feststellen mußten, daß die damals 100 Jahre alte Gemeindeordnung, die ja diese
freiwillige Zusammenlegung der Gemeinden auch vorgesehen hat, trotz der 100jährigen
Anwendungsmöglichkeit keine Erfolge gezeitigt hat. Darüber hinaus halben wir uns auch sehr eingehend
mit den Gemeindezusammenlegungen in anderen Bundesländern befaßt. Außerdem lagen uns die
Volkszählungsergebnisse aus dem Jahre 1961 vor, aus denen hervorging, daß in vielen ländlichen
Bezirken unseres Landes die Bevölkerungsabnahme sehr groß ist. Schließlich sahen wir keine
Möglichkeit, ansonsten. Im Rahmen des Finanzausgleiches eine Besserstellung zu erreichen. Aus allen
diesen Gründen haben wir uns entschlossen, hier initiativ zu werden. Wir waren uns darüber im klaren,
daß der ständigen Verschlechterung der finanziellen Situation nur durch eine sinn- und zweckvolle
Verminderung der kleinen und kleinsten Gemeinden durch Zusammenlegung zu wirtschaftlich kräftigeren
Gebietskörperschaften entgegengewirkt werden kann.
Ich möchte nicht all diese Zahlen, die uns 1964 vorlagen, heute wiederholen, sondern nur darauf
hinweisen, daß sich von den damaligen 3999 Gemeinden Österreichs allein 1652 in Niederösterreich
befanden und dass von den 1547 in der Größenordnung zwischen 101 und 500 Einwohnern allein 925 auf
Niederösterreich entfielen.
In den letzten Jahren konnten wir also große Erfolge in der Gemeindezusammenlegung erzielen. Wir
haben uns daher heute die Frage vorzulegen: Hat sich diesem Beschluß des Landtages bewährt? Sollen
wir weiter die freiwillige Zusammenlegung der Gemeinden fördern? Oder sind inzwischen durch den
Beschluß des Raumordnungsgesetzes im heurigen Jahr neue Gesichtspunkte aufgetreten? Ist durch das
Raumordnungsgesetz der eine oder andere neue Gesichtspunkt bei der Gemeindezusammenlegung zu
beachten?
Wir wissen, Herr Landeshauptmannstellvertreter, daß die Gemeindezusammenlegung da und dort nicht
so reibungslos vor sich gegangen ist, wie wir es gerne gewollt hätten. Aber die Zusammenlegungserfolge
und die finanziellen Vorteile beweisen es, daß der eingeschlagene Wieg der richtige war. Mit der
Voranschlagspost von 14,000.000 S für das Jahr 1969 werden es dann insgesamt schon 32,000.000 S
sein, mit denen allein die Gemeinden, die sich zusammengelegt haben, dadurch gefördert werden, daß
ihnen die Hälfte der entrichteten Landesumlage wieder refundiert wind. Darüber hinaus ist ja allen Damen
und Herren des Hohen Hauses bekannt, dass für zwei außerordentliche Vorhaben erhöhte
Bedarfszuweisungen gewährt werden.
Das Land fördert also die Gemeinden finanziell und verzichtet für die Dauer von drei Jahren auf die Hälfte
der Landesumlage. Es erhebt sich nun die Frage, ob durch den Finanzausgleich nur die Gemeinden oder
vielleicht auch das Land Vorteile durch die Gemeindezusammenlegung haben.
Im Zusammenhang mit dem Finanzausgleichsgesetz betrachtet, ergeben sich daraus ganz bedeutende
Konsequenzen. Gemäß § 3 des Finanzausgleichsgesetzes aus 1948 wird die Verteilung der
Besteuerungsrechte und Abgabenerträge zwischen Bund, Ländern und Gemeinden eben normiert
geregelt. Die Erträge der gemeinschaftlichen Bundesabgaben werden nach dem Finanzausgleichsgesetz,
und zwar nach dem § 9 Abs. 1, nach dem Hundertsatz-Verhältnis aufgeteilt. Nach Abs. 2 des § 9 des
Finanzausgleichsgesetzes aus dem Jahre 1967 wird normiert, daß nach dem Schlüssel die Teile der
Erträge der gemeinschaftlichen Bundesabgaben auf die Länder und länderweise auf die Gemeinden
entfallen. Durch die Gemeindevereinigung wird auch der von der Aktion des Landtages und der
Landesregierung deutlich sichtbare Trend der Verarmung der finanziell schwachen Gemeinden gestoppt.
Der Finanzausgleich 1959 hat zwar hinsichtlich der finanzschwachen Gemeinden in Form des
30prozentigen Aufstockungsbetrages eine Verbesserung gebracht, jedoch war sie nicht intensiv genug,
die fortschreitende Verarmung der Gemeinden aufzuhalten. Es waren auch nur 30 Prozent des
Unterschiedes zwischen der Finanzkraft und dem Finanzbedarf, die berücksichtigt werden konnten. Die
kommunalen Aufgaben sind gegenüber der Einnahmenseite gerade bei diesen Gemeinden
verhältnismäßig angewachsen. Nach dem Finanzausgleichsgesetz 1967, das ich schon mehrmals zitiert
habe, werden die verbleibenden Ertragsanteile auf alle Gemeinden des Landes nach dem abgestuften
Bevölkerungsschlüssel aufgeteilt. Durch die Vereinigung der Gemeiniden hat eine Vielzahl von diesen
einen begünstigteren abgestuften Bevölkerungsschlüssel, und zwar meist jenen, der für die Gemeinden
mit über 1000 Einwohnern angewandt ist - das ist eineindrittel -, erreicht. Sie sind in Hinkunft an den
Abgaben und Ertragsanteilen in einem günstigeren Verhältnis beteiligt.
Zweitens zum Land. Durch die Gemeinde? Vereinigung enthält auch das Land Niederösterreich infolge
des nunmehr höheren abgestuften Bevölkerungsschlüssels mehr aus der Lohnsteuer und auch mehr aus
der Umsatzsteuer. Diese 'beiden Abgaben werden nämlich zum Teil unter Berücksichtigung des
abgestuften Bevölkerungsschlüssels auf die Länder aufgeteilt. Auch auf die Zuteilung der Bundesmittel
nach dem Wohnbauförderungsgesetz 1968 hat die Verbesserung des abgestuften
Bevölkerungsschlüssels Rückwirkungen. Diese Bundesmittel werden ab 1. Jänner 1971 auf die Länder,
unter anderem auch unter Berücksichtigung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels, aufgeteilt. Daraus
ersieht man, wie entscheidend die Verbesserung der Kommunalstruktur ist und daß sie sich auch auf die
Landesfinanzen positiv auswirkt. Auf Grund dieser Ausführungen kann daher festgestellt werden, daß den
weiteren Bemühungen, die Kommunalstruktur Niederösterreichs zu verbessern, große Bedeutung
beizumessen ist, trotz eines sehr beachtlichen Erfolges der Verringerung der Gemeinden in
Niederösterreich im Laufe von vier Jahren um 371. Bei den bisher durchgeführten
Gemeindevereinigungen sind sicherlich auch manchesmal keine idealen Lösungen gefunden worden, weil
manchesmal nur die 1000 Einwohner in den Vordergrund gestellt und andere Fragen nicht so sehr in die
Diskussion geworfen wurden. Um diesen Mangel zu beseitigen und in Zukunft die zu gewährenden
Begünstigungen bei der Vereinigung von Gemeinden an ein Raumordnungsprogramm zu binden, erlaube
ich mir daher, folgenden Resolutionsantrag zu stellen (liest):
„Der Landtag hat am 2. Juli 1964 die Landesregierung aufgefordert, die freiwillige Vereinigung von
Gemeinden zu fördern. Diese Aktion hat zu befriedigenden Ergebnissen geführt. Die Landesregierung
wird daher aufgefordert, die Bestrebungen, die Kommunalstruktur zu verbessern, im Sinne des erwähnten
Beschlusses des Landtages fortzusetzen, jedoch in Anbetracht der durch das Niederösterreichische
Raumordnungsgesetz geänderten Rechtslage die aus Anlaß der Vereinigung von Gemeinden zu
gewährenden Begünstigungen an ein Raumordnungsprogramm zu binden."
Ich bitte das Hohe Haus, diesem Antrag dann bei der Abstimmung über die Gruppe 0 die Zustimmung zu
geben, weil uns dadurch in Zukunft sicherlich noch bessere und wirkungsvollere Erfolge bei der
Gemeindezusammenlegung, bei der freiwilligen Vereinigung, bei der Verbesserung der Gemeindestruktur
beschieden sein sollten. Die Landesregierung und der Landtag haben sich das Ziel gesetzt, aus den 1652
Gemeinden einmal 1000 zu machen, und wir können sehen, daß wir diesem Ziele schon sehr nahe
gekommen sind, denn heute zählen wir 371 Gemeinden weniger. 281 Gemeinden müssen sich also noch
zusammenlegen, um auf die Zahl 1000 zu kommen. Im Jahre 1970 haben wir die nächsten
Gemeinderatswahlen. Nach unserer Gemeindewahlordnung zählen die Gemeinderatswahlen des Jahres
1969, wenn sie wieder im Herbst so wie in den vergangenen Jahren aus Anlaß der freiwilligen
Gemeindezusammenlegungen durchgeführt werden, schon für die Wahlen des Jahres 1970. Das hätte
den Vorteil, daß sowohl für die Gemeinden die Privilegien, die steuerlichen, altersgerechtlichen, aber auch
die Zuwendung aus der Bedarfszuweisung ein Jahr früher beginnen, und hätte auch für das Land den
Vorteil, daß bei Berechnung der Landesanteile an der Umsatzsteuer schon 2b 1. Jänner 1970 diese
erhöhten Zuteilungen gewährt werden können. Die Landesregierung wolle daher prüfen, ob und welche
Raumordnungsprogramme dazu auch noch in der Lage sind, die Vereinigung von Gemeinden, die
freiwillige Zusammenlegung nicht nur zu fördern, sondern in noch größerem Umfange, als dies bisher der
Fall war, in den nächsten Jahren zum Ziele zu bringen. Seit 19163 ist kaum ein Jahr vergangen, wo wir
uns nicht bei der Gruppe 0 mit der Frage der Grundsteuereinhebung befaßt haben. Wir müssen
feststellen, daß dieses Jahr wieder bei der Gruppe 0 ein Betrag von 3,650.000 S vorgesehen ist, um den
Abgang, der bei den Grundsteuereinhebungsämtern entsteht, zu bedecken. Der Abgang bei den
Grundsteuereinhebungsämtern entsteht deshalb, weil der Landtag im Jahre 1963 durch das
Grundsteuergesetz - es handelt sich um ein Verfassungsgesetz, das einstimmig beschlossen worden ist den Beschluß gefaßt hat, dass den Gemeinden, die nicht in der Lage sind, die Grundsteuer selbst
einzuheben, ein Spesenersatz in der Höhe zu gewähren ist, der 2 Prozent vom Grundsteueranteil
übersteigt.
Durch die Einhebung der Grundsteuer durch die Grundsteuereinhebungsämter sollte also keine
Gemeinde schlechter gestellt werden, als dies vorher der Fall war, da die Grundsteuer noch durch die
Finanzämter eingehoben wurde. Innerhalb der beiden Fraktionen sind hier Meinungsverschiedenheiten,
die nur darin bestehen, daß jetzt, so wie es Abg. Graf schon einige Male ausgesprochen hat, die
Gemeinden, die die Grundsteuer nicht selbst einheben, bestraft werden, weil sie keine Zuteilung aus
Landesmitteln erhalten. Wer aber die Steuerfälle in den niederösterreichischen Gemeinden näher prüft
und fragt, was kostet jetzt eine Grundsteuervorschreibung in einer Stadtgemeinde und was kostet sie in
einer Landgemeinde, wird sehen, daß sehr deutliche Unterschiede zutage treten, die uns im Jahre 1963
veranlaßt haben, darauf zu beharren, diese gesetzlichen Bestimmungen zu beschließen. Wenn zum
Beispiel ein Landwirt im Zwettler Bezirk 10 Hektar Grund besitzt, dann entfallt auf diesen Besitz ein
Einheitswert von 35.000 S, was einem Steuerbetrag von 56 S entspricht. Wenn Sie das mit vier
multiplizieren, kommen Sie auf den Betrag, der jetzt vom Grundsteuereinhebungsamt an reiner
Grundsteuer eingehoben wird. 2 Prozent Spesen davon sind ganze 4.48 S, mit denen die Drucksorten
angeschafft, die Porti bezahlt werden sollen und die Vorschreibung zu erfolgen hat.
Daher ist es irgendwie verständlich, daß gerade das Grundsteuereinhebungsamt Zwettl einen Zuschuß
von 227.000 S von diesen rund 3,500.000 S, die wir im Budget vorgesehen haben, benötigt. Wenn wir
nun in Gebiete gehen - auch in ländliche Bereiche -, wo die Hektarsätze her sind und daher die
Steuermeßbeträge einer Wirtschaft von 10 Hektar auch etwas höher sind als im Waldviertel, weil dort der
Hektarsatz meinetwegen 10.000 S beträgt, dann sind es wohl 880 S, die an reiner Grundsteuer von einem
Betrieb mit 10 Hektar zu kassieren sind; aber auch dann sind die 2prozentigen Spesen erst 17.60 S.
Nehmen wir nun Mistelbach oder Hollabrunn als Grundlage, was da an Beiträgen zu leisten ist, so sehen
wir, daß es über 300.000 5 sind. Das kommt deswegen, weil gerade in jenen Gebieten durch die
Realteilung so viele Besitzer da sind, die mit 8, 10 oder 15 S Grundsteuer ebenfalls angeschrieben und
betreut werden müssen.
Anders sieht es aber in einer Stadt aus, wo allein für ein Bürogebäude, für ein einziges Haus eine
Grundsteuer von 5080 S eingehoben wind und wo der 2prozentige Spesenbetrag 100 S beträgt. Er ist
also 22mal so hoch wie bei einem Landwirt in Zwettl. Das ist die Problematik, die auch heute noch nicht
zur Gänze beseitigt ist. Landesrat Rösch hat noch als Abgeordneter im Jahre 1963 gesagt, wenn wir von
den 130,000.000 S Grundsteuer 2 Prozent Spesen rechnen, kommen wir auf 2,600.000 S, und mit diesem
Betrag können sehr viele Angestellte mit der Einhebung befaßt werden. Er sagte: „Ich schwöre, daß die
Grundsteuereinhebung mit diesem Spesenbetrag das Auslangen finden wird." Inzwischen hat sich die
Grundsteuer A – die Grundsteuer aus land- und forstwirtschaftlichen Betrieben und Grundstücken – zur
Grundsteuer B auseinanderentwickelt, das heißt, die Grundsteuer B ist inzwischen weit höher als die
Grundsteuer A. Das zeigen sehr deutlich einige Beispiele. In Straßhof macht die Grundsteuer A ganze
36.000 S aus, die Grundsteuer B jedoch 686.000 6, in Horn die Grundsteuer A 162.000 S, die
Grundsteuer B 997.000 S oder in Waidhofen an der Thaya die Grundsteuer A 45.000 S, die Grundsteuer
B 5219.000. Daraus müssen Sie erkennen, dass es größere Gemeinden, Industriegemeinden, Städte,
bedeutend leichter haben, wenn sie die Grundsteuer selbst vorschreiben und einheben, als ländliche
Gemeinden. Aber gerade im Hinblick darauf, daß wir jetzt so sehr an der Verbesserung unserer
Gemeindestruktur arbeiten und bemüht sind, möglichst bald nur noch 1000 niederösterreichische
Gemeinden zu zählen, erhebt sich die Frage, ob auch bei der Grundsteuereinhebung ein anderer Weg
gangbar ist. Die Gemeindestruktur von 1969 ist nämlich eine andere als die von 1963, also zu jenem
Zeitpunkt, als wir hier im Hohen Hause gemeinsam die gesetzlichen Bestimmungen über die
Grundsteuereinhebung beschlossen haben. Wir erwarten aber, dass die Gemeindestruktur in den Jahren
1970/71 noch besser sein wird als heute. In dem Zusammenhang ist die Frage zu prüfen, ob die
Leistungen des Landes für die Grundsteuereinhebung in diesem Ausmaß noch erforderlich und auch
zweckmäßig sind. Es wäre sehr wertvoll, wenn diese Mittel den Gemeinden zur Förderung von
Raumordnungsprogrammen zugeteilt werden könnten. Es möge daher - ich bin überzeugt, daß 1969 dem
Hohen Landtag keine Möglichkeit und Zeit dazu zur Verfügung stehen wird - von der Landesregierung
vorerst einmal eingehend geprüft werden, ob es nicht einen sparsameren und billigeren Weg der
Grundsteuereinhebung gibt, ohne daß die Gemeinden - das muß ich auch noch betonen -, die jetzt keine
Beamten zur Einhebung einsetzen können, mit mehr als 2 Prozent der Grundsteuer als Spesen belastet
werden. Vielleicht bilden die Verwaltungsgemeinschaften, die unsere Gemeindeordnung vorsieht, einen
Weg, Iden wir gehen können.
Der Herr Landeshauptmannstellvertreter hat in seinen Ausführungen auch über die
Gemeindewahlordnung gesprochen. Wir wissen, daß die Gemeindewahlordnung versandt wurde, ich
weiß nicht, ob das Begutachtungsverfahren schon beendet ist; jedenfalls wird sich aber der Landtag im
nächsten Jahr mit dieser Frage zu befassen haben, und bei der Gelegenheit können wir auch in der
sachlichen Diskussion die Frage über den Wohnsitz, die der Herr Landeshauptmannstellvertreter
Tschadek angezogen hat, einer Regelung zuführen. Aber nicht nur die Gemeinden werden 1970 wählen,
1970 werden wir auch wieder Landwirtschaftskammerwahlen in Niederösterreich durchzuführen, haben.
der ÖVP-Klub hat sich im Zusammenhang mit diesen bevorstehenden Wahlen schon sehr eingehend mit
der Frage der Einführung eines amtlichen Stimmzettels befaßt.
Wir werden im Jänner in dieser Frage einen Initiativantrag im Landtag einbringen beziehungsweise dem
zuständigen Ausschuss vorlegen.
Ich betone ausdrücklich: einen Initiativantrag, weil wir damit mehr geregelt haben wollen als nur die
Einführung des amtlichen Stimmzettels. In Niederösterreich gibt es immerhin 230.000 Walhlberechtigte
bei den Landwirtschaftskammerwahlen, also mehr Wahlberechtigte, als es in Vorarlberg oder im
Burgenland bei einer Nationalratswahl Landtagswahl gibt.
Dadurch, daß wir die Bauordnung zu beraten und uns eingehend mit dem Budget zu befassen (hatten,
sind wir leider nicht dazugekommen, den Initiativantrag schon heute dem Landtag vorzulegen. Wir
glauben aber, daß wir der Demokratie einen sehr guten Dienst erweisen, wenn wir die Wahlordnung für
die Landwirtschaftskammerwahlen wenigstens einigermaßen der Landtagswahlordnung in
Niederösterreich angleichen. Wir wollten auch hier eine Einteilung in die vier Wahlkreise festlegen, weil es
zweckmäßiger ist, wenn sich dann in jedem Wahlkreis die Kandidaten, die in die
Landeslandwirtschaftskammer einziehen wollen, stellen können und nicht 32 Kandidaten plus 32
Ersatzleute in einen Landeswahlvorschlag aufgenommen wenden müssen, wobei dann praktisch keiner
den anderen kennt. Ich darf ankündigen, daß wir uns in der Österreichischen Volkspartei schon in den
ersten Tagen des nächsten Jahres gerade mit dieser Frage sehr eingehend befassen und dem Landtag
einen Initiativantrag vorlegen werden.
Zum Schluß noch einige wenige Worte zu den Ausführungen des Herrn Doktor Brezovszky in einem
Punkt. Er hat sich mit der Finanzpolitik des Landes Niederösterreich auseinandergesetzt und gesagt, daß
Anlaß zu allergrößter Besorgnis bestehe. Er hat weiter behauptet, wenn nicht die Grundrichtung geändert
beziehungsweise abgestoppt wird, dann stehe eine äußerst triste Entwicklung unserer Finanzen im Lande
Niederösterreich bevor.
Ich muß dabei aber doch sehr deutlich lauf den Widerspruch hinweisen, der in der Ansicht des Abg. Dr.
Brezovszky und der einiger seiner Parteifreunde besteht, die meinen, die Investitionen der letzten Jahre in
Niederösterreich wären zu gering gewesen, wir müßten noch mehr investieren und noch weit mehr
Arbeitsplätze in Niederösterreich schaffen. Damit das Land dazu imstande wäre, müßten Anleihen
aufgelegt werden und Darlehen in Anspruch genommen werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das wären zusätzlich jährlich viele hunderte Millionen, ja sogar
Milliarden Schilling! Ich muß daher schon sagen: Entweder sind solche Finanzpläne, die jetzt im Gespräch
sind, utopisch oder es waren die Ausführungen des Abg. Doktor Brezovszky gerade in diesem Punkt nicht
ernst zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT WEISS: Als nächster Redner kommt der Herr Abg. Blabolil zu Wort.
Abg. BLABOLIL: Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Abg. Cipin ist leider
nicht da . . . (Rufe bei der ÖVP: 0 ja, er ist da!) Der Herr Abgeordnete Cipin ist der Grund, warum ich mich
zu Wort gemeldet habe. Ich will nun nicht in eine Polemik eingehen und erzählen, wie „unpolitisch" man
etwa in der Handelskammer oder gar in der Bauernkammer die Leute behandelt; das weiß der Herr
Abgeordnete Robl ganz genau. (Abg. Dipl.-Ing. Robl: Bitte, Beweise!) Jawohl, Herr Abg. Robl, ich werde
Ihnen einen Beweis geben! Der Herr Cipin ist ihn aber schuldig geblieben.
Im April dieses Jahres hat in der Bauernkammer in Stockerau ein Bauer vorgesprochen. -Sie hat um
Auskunft über eine Befreiung seines Sohnes von der Wehrdienstpflicht beziehungsweise wegen eines
längeren Urlaubs von vier Wochen zum Anbauen und für die Erntezeit ersucht. Der Kammersekretär hat
ihm erklärt: „Da bin ich nicht ganz a jour, aber es kommt an dem und dem Tag ein Fachmann." - An dem
betreffenden Tag ist der Bauernbunddirektor Robl in seiner politischen Funktion als Abgeordneter
gekommen und hat diesem Bauern ein Gesuch aufgesetzt. (Abg. Dipl.-Ing. Robl: Na, bin ich nicht fesch,
wenn ich das für einen SPÖ-Mann mache?) Selbstverständlich, Herr Abgeordneter, aber jetzt kommt das,
was Cipin verurteilt: vier oder fünf Tage darnach haben Sie dem Bauern einen Brief geschrieben, in dem
Sie sich entsetzt haben, daß er als Besitzer von 20 Joch Grund bei der Sozialistischen Partei ist. (Abg.
Dipl.-Ing. Robl: Und daß er zu mir kommt!) Es ist Ihr gutes Recht als Mandatar, wenn er zu Ihnen kommt,
daß Sie ihn auch werben wollen. Aber er ist ja nicht zu Ihnen als Mandatar gekommen, sondern er ist zur
Bauernkammer gegangen, und der Sekretär hat ihn an Sie verwiesen.
(Abg. Dipl.-Ing. Robl: In mein Zimmer ist er gekommen, zum Direktor!) Weil ihn der
Bauernkammersekretär an Sie verwiesen hat, weil er gesagt hat, daß nur Sie ihm helfen können, er kennt
sich da nicht aus, Sie werden ihm das Gesuch machen und ihm helfen, wie es eben die Funktion der
Bauernkammer ist. Damit habe ich Ihnen den Beweis geliefert, aber der Abgeordnete Cipin ist den Beweis
schuldig geblieben. (Abg. Stangler: Das ist noch kein Beweis! - Abg. Diplomingenieur Robl: Ich habe als
politischer Mandatar dort gehandelt und habe einem SPÖ-Mann geholfen!) Das war ein solcher Fall, von
dem Cipin gesagt hat, man muß bei der Kammer oder beim ÖGB sein Parteibuch vorweisen, um eine
Auskunft zu bekommen. Ich behaupte, das ist nicht richtig, das ist unwahr, und es ist eines
Vizepräsidenten der Arbeiterkammer nicht würdig, hier Pauschalverdächtigungen auszusprechen.
(Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Wir haben uns voriges Jahr darüber auseinandergesetzt. Nach dieser Auseinandersetzung hat der Abg.
Cipin in der Arbeiterkammer auf Vorhalte gesagt: Ihr dürft mir nicht böse sein, aber ich muß dort auch
einmal im Jahr reden und meine Position behaupten. - Herr Abg. Cipin, dafür, daß Sie hier
Verdächtigungen aussprechen, um Ihre Position zu behaupten, ist die Kammer zu gut! Das merken Sie
sich ein für allemal. (Lebhafte Zustimmung bei der SPÖ. - Abgeordneter Stangler: Es kann noch immer
ein Abgeordneter überall reden, wohin er entsendet wird!) Herr Abg. Stangler! Es ist hier sehr sachlich
gesprochen worden, Herr Präsident Sigmund hat nur ein bißchen die Personalpolitik angedeutet; es war
gar kein Anlaß dafür vorhanden, zur Ablenkung, wenn über die Personalpolitik des Landes verhandelt
wird, solche Anwürfe zur Selbstverteidigung vorzubringen, wie es der Abg. Cipin getan hat.
Ich möchte dazu noch eines feststellen: Es sitzen einige Amtsstellenleiter unter um zu denen der Herr
Abg. Cipin alle Jahre kommt und sich für die loyale Behandlung bedankt. (Abg. Cipin: Sicher!) Er bedankt
sich bei ihnen, daß er bei den Siedlerdarlehen anständig beihandelt worden ist. Um so mehr möchte ich
wissen, was ihn dazu verleitet hat, unwahre Behauptungen aufzustellen. Wenn ihm ein Fall bekannt ist,
dann bin ich dafür, das mit ihm abzustellen, denn das wäre unanständig. (Abg. Stangler: Er wird schon
Gründe dafür haben!) Sie haben sich aufgeregt, wie der Herr Landeshauptmannstellvertreter gesagt hat,
daß es den einen oder anderen Bezirkshauptmann gibt, der als Funktionär der ÖVP agiert. Kollege Cipin
hat die Kammeramtsstellenleiter und die ÖGB-Sekretäre durch die Bank angegriffen, und dem muß man
entgegentreten, weil das unberechtigt ist. Das wollte ich zur Richtigstellung sagen. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄISIDENT WEISS: Zu Wort kommt der Herr Abg. Stangler.
Abg. STANGLER: Hoher Landtag! Ich möchte mich nur kurz mit einer Frage beschäftigen, und vielleicht
ist es nur gut, wenn jetzt wieder ein gemäßigterer Ton einkehrt. (Heiterkeit bei der SPÖ. - Abg. Marsch:
Dafür sind Sie der richtige Redner!) Wir haben eben eine große Erregung, gewissermaßen heftige, eisige
Winterstürme erlebt. Ich glaube aber, man sollte nicht noch zusätzlich ins Feuer blasen, wenn hier ein
Abgeordneter einmal seine Klagen vorbringt. Kollege Cipin wind schon seine Gründe haben, wenn er
Klage führt. Ich kann mir schon vorstellen, daß er als Vertreter der Minderheit in diesen Institutionen nicht
immer mit Glacehandschuhen angefaßt wird.
Darüber hat er im vergangenen Jahr Klage geführt, und er hat darauf hingewiesen, er möchte nicht ins
Detail eingehen, alle Abgeordneten könnten seine Bemerkungen hierzu im Protokoll des vergangenen
Jahres nachlesen.
Auch ich möchte auf eine Sitzung des Vorjahres zurückkommen, und zwar auf die Sitzung am 12.
Dezember 1967, in des über das Kapitel 0 beraten wurde, weil ich mir erlaubt habe, gleich dem Kollegen
Kosler einen Antrag einzubringen. Wir alle wissen heute, dass es, nahebedingt durch die vielen Gesetze,
die zur Beschlußfassung kommen, zwangsläufig zu Ausweitungen in der Verwaltung kommt.
Vielleicht könnte manchesmal in der Verwaltung eine Ersparung eintreten, wenn man nach genauer
Prüfung feststellt, daß gewisse Fragen, die nicht mehr so aktuell sind, auch mit einem geringeren Stab
von Beamten durchgeführt werden könnten. Weil es sich aber im Laufe der Zeit so entwickelt hat, bleibt
man, dank des Beharrungsvermögens, bei diesen Dienstpostenplänen; das ist verständlich, und ich
möchte das nicht absolut kritisieren. Es gibt aber Entwicklungen, die sicher Grund zur Überprüfung geben,
ob es nicht da und ]dort zu einer Betriebsblindheit kommt - auch das ist menschlich verständlich -, ob man
gewisse Dinge nicht modern genug gestaltet. Beide Fraktionen haben daher Anträge eingebracht, die
Verwaltung unseres Landes einmal von geeigneten Instituten überprüfen zu lassen. Ich möchte eindeutig
feststellen, das ist kein Mißtrauen auch nur gegen einen einzigen Beamten. Aus böser Absicht geschieht
hier sicherlich nichts. Ich habe wiederholt zu der sehr beachtenswerten Leistung dieser Beamtenschaft
gesprochen, und ich stehe nicht an, zu erklären, dass wir den Beamten zu Dank verpflichtet sind und daß
jeder seine Pflicht am besten erfüllen möchte. Es richten sich diese Anregungen nicht gegen eine Person
oder das Korps der Beamtenschaft als Ganzes. Wir haben gewünscht, doch einmal zu prüfen, ob nicht
gewisse Verwaltungszweige anders organisiert werden könnten, ob nicht da oder dort eine
Personaleinsparung möglich wäre, ob man nicht da oder dort durch Umschichtungen, ohne daß auch nur
auf einen einzigen Beamten verzichtet werden müßte, zu einem besseren Funktionieren der ganzen
Verwaltungsarbeit beitragen könnte. Wir haben wiederholt darüber gesprochen, wie wichtig es wäre,
durch eine vernünftige Dezentralisation Dienststellen der Landesverwaltung nach Niederösterreich zu
verlegen, damit wir zu einer lebensnahen Verwaltung kommen, zu einem lebensnahen Kontakt der
Verwaltungsstellen mit der Bevölkerung. Die allgemeine Gliederung ist ja ohnehin so gegeben, und die
Einrichtung der Bezirkshauptmannschaften oder der Gebietsbauämter ist der beste Beweis dafür, daß
eine dezentrale Verwaltung sehr modern sein kann und den Bedürfnissen der Bevölkerung bestens
entspricht.
Um ein bestmögliches Funktionieren des Verwaltungsapparates zu ermöglichen, haben wir
Resolutionsanträge gestellt, es mögen erstens erfahrene Prüfungsinstitute beauftragt werden, das System
der Verwaltung auf seine Zweckmäßigkeit und Modernität zu untersuchen. Wir wissen, daß hier keine
Wunder geschehen können, und ich bin überzeugt, daß auch ein Prüfungsbericht die Probleme nicht löst,
aber die moderne Wirtschaft, die Privatwirtschaft, die verstaatlichte Industrie, bedient sich heute nicht nur
in Österreich, sondern allerorts in der ganzen Welt solcher Prüfungsinstitute, um mit dem
Verwaltungsapparat immer up to date zu sein und den jeweiligen aktuellen Bedürfnissen voll und ganz zu
entsprechen. Wir haben weiters festgestellt, daß über den Einsatz solcher Prüfungsinstitute hinaus es
sehr zweckmäßig wäre, auch aus den Kreisen der Beamtenschaft erfahrene Fachleute zu beauftragen,
auch von sich aus die gesamte Landesverwaltung einer solchen Prüfung auf ihre Zweckmäßigkeit und
Modernität zu untersuchen.
Ich freue mich, feststellen zu können, daß diesen beiden Anträgen, die wir damals einmütig beschlossen
haben, Rechnung getragen wurde. Nach langen Vorarbeiten und Vorprüfungen hat die
Niederösterreichische Landesregierung auf Vorschlag des Herrn Landeshauptmannes Maurer, der ja für
dieses Sachgebiet zuständig ist, vor 14 Tagen beschlossen, zwei Rationalisierungsinstitute - ich will die
Namen nicht nennen, damit nicht der Eindruck entsteht, ich betreibe hier von diesem Pult aus, wie es in
der Fachsprache heißt, „Schleichwerbung", es sind zwei erfahrene österreichische Institute - zu
beauftragen, Teile der Landesverwaltung einer solchen Prüfung zu unterziehen. In derselben Sitzung
wurde auch der Beschluß gefaßt, ein Beamtenkomitee einzusetzen, das - wie ich vorhin schon sagte - von
sich aus diese Prüfung vornehmen soll. Es ist einfach unmöglich, daß die gesamte Verwaltung auf einmal
geprüft wird; dies wäre auch gar nicht sachdienlich, weil man zuerst feststellen müßte, ob überhaupt diese
Institute in der Lage sind, eine wirklich sachkundige Prüfung vorzunehmen, ob sie genügend Erfahrung
besitzen.
Letzten Endes ist es aber auch eine Frage des Geldes, denn eine solche Prüfung durch ein
Rationalisierungsinstitut kostet sehr viel. Es sollen vorerst also gewisse Teilgebiete geprüft werden, damit
man sieht, welches Ergebnis die Prüfung zeitigt, bevor der begonnene Weg fortgesetzt wird, Wir
begrüßen diese Initiative des Herrn Landeshauptmannes, wir begrüßen auch, daß die Landesregierung
nunmehr den erforderlichen Beschluß gefaßt hat. Eines darf ich dazu noch sagen: Wir sollten auch bei
diesen Forderungen beziehungsweise bei deren Auswirkungen nicht so hart sein. Kollege Dr. Brezovszky
hat erklärt, es müßte gegen Beamte, die sich gegen solche Bestrebungen zur Wehr setzen, „mitleidlos
vorgegangen werden", sie sollten „durch moderne Beamte ersetzt werden".
Ich bin überzeugt und habe es auch bereits ausgeführt, aus böser Absicht ist sicher hier keine Arbeit
verhindert worden. Wir haben ja in der Verwaltung ein solches Institut, das immer wieder nach dem
Rechten sieht, das ist das Inspektorat , und der Landtag hat auch ein eigenes Organ, den
Finanzkontrollausschuß, der immer wieder auch die Verwaltung hinsichtlich der Zweckmäßigkeit der
verwendeten Mittel zu prüfen hat. Ich glaube, es ist nicht notwendig, hier mitleidlos gegen Beamte
vorzugehen. Es soll das Notwendige getan und dem Landtag gelegentlich berichtet werden, welche
Erfahrungen die Landesregierung mit diesen Maßnahmen erzielte.
Der Landtag wird dann sicherlich mit Befriedigung feststellen, daß eine Anregung des Hohen Hauses von
der Verwaltung sehr ernstgenommen wurde. Damit meine Ausführungen ja niemand mißversteht, möchte
ich noch einmal betonen, daß wir uns alle bewußt sind, daß die Beamten des Landes Niederösterreich
aus bestem Wissen und Gewissen ihre Pflicht erfüllen. Alle Anregungen hinsichtlich der Einsetzung von
Prüfungs- und Rationalisierungsinstituten sind Maßnahmen, die der modernen Zeit entsprechen. Wir
freuen uns aber auch, immer wieder feststellen zu können, daß wir froh sind, so tüchtige Beamte zu
besitzen, wie wir sie im Lande Niederösterreich tatsächlich haben. (Beifall rechts.)
PRÄSIDENT WEISS: Zu Wort kommt der Herr Abg. Czidlik.
Abg. CZIDLIK: Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte
zunächst auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Cipin eingehen. Er hat hier einen Resolutionsantrag
eingebracht und dabei der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß die Sozialistische Fraktion dazu ihre
Zustimmung geben wird, wobei er sich sehr dramatisch gegeben hat. Das hätte er absolut nicht tun
müssen, denn wir hätten diesem Antrag genausogut nach einer nüchternen Darstellung unsere
Zustimmung gegeben, weil ja im Lande Niederösterreich bekannt ist, daß die Sozialisten jederzeit für die
Interessen der Landesgesellschaften eintreten.
Der Herr Kollege Cipin hat scheinbar für schauspielerische Einlagen eine besondere Vorliebe, nur kommt
es jeweils darauf an, so möchte ich es ausdrücken, auf welcher Bühne er agiert. Danach legt er natürlich
seine Rollen verschieden an. Es kommt darauf an, ob er auf der Landesbühne oder in den
Kammerspielen auftritt. Dort hatte ich auch bereits Gelegenheit, ihn zu sehen. Ich muß also feststellen,
daß er ganz verschieden agieren kann. Er weiß bestimmt, was ich meine, ich will daher nicht deutlicher
werden.
Hohes Haus! Nun darf ich mir erlauben, auf die Seite 25 des vorliegenden Voranschlages zu verweisen.
Da finden Sie unter dem VA. 02-69, Informationsdienst, eine neue Ansatzpost mit Ausgaben von
2,000.000 S. Ich will mich weniger mit dieser neuen Ansatzpost beschäftigen - hier sollen nur ein paar
Sätze gesagt werden -, als vielmehr mit der Tatsache, daß bei dieser Ansatzpost im Vorentwurf zum
Voranschlag noch das Wort ,,Niederösterreich-Perspektiven" zu finden war. Auf welche Weise diese
Bezeichnung geändert wurde, weiß ich nicht. Dies gibt jedenfalls einen interessanten Einblick, um so
mehr, als auf Seite 24, Einnahmenseite, für die veranschlagte Ausgabepost von 2,000.000 S keine
Einnahmen zu finden sind, obwohl für die Niederösterreich-Perspektiven sehr wohl Einnahmen zu finden
sein müßten. Wir hatten bereits einmal Gelegenheit, uns hier im Hohen Hause mit den NiederösterreichPerspektiven zu beschäftigen, und zwar als wir feststellten, daß es diese Zeitung gibt und sie ihren Sitz im
Presseamt der Landesregierung hat. Damals wurde die Frage aufgeworfen, wer die Herausgabe dieser
Zeitschrift beschlossen hat, wie ihre Geschäftsgebarung verläuft und welche Rolle der Inseratenwerber,
ein gewisser Herr Unger, spielt, der sich in den Diensträumen des Presseamtes aufhält und dort agiert. In
der Zwischenzeit wurde festgestellt, daß die Herausgabe dieser Illustrierten offensichtlich auf einen
einsamen Beschluß des Herrn Landeshauptmannes zurückzuführen ist, da die sozialistischen
Regierungsmitglieder mit dieser Sache niemals befaßt wurden. Ich möchte mich jetzt weniger mit dem
Inhalt dieser Illustrierten - ich gebe ohne weiteres zu, daß sie offensichtlich gut ist -, sondern mehr mit der
Geschäftsgebarung dieser Zeitung befassen.
Durch Erörterung dieser Angelegenheit im Finanzausschuß wurden nämlich einige unerfreuliche
Tatsachen bekannt, vor allem jene, daß die Geschäftsgebarung der Niederösterreich-Perspektiven weder
im Voranschlag noch im Rechnungsabschluß dargestellt wird. Daran knüpft sich selbstverständlich die
Frage, was damit verdeckt werden soll. Viktor Müllner, der Mächtige, der seinerzeit Landesobmann der
ÖVP Niederösterreichs und auch Landesobmann des ÖAAB Niederösterreichs war, war nicht nur für
seine Partei Geldgeber, sondern hat auch sehr maßgeblich die niederösterreichische Landespresse der
ÖVP und noch andere unterstützt.
Diese mußten dafür das Image des Herrn Viktor Müllner bilden und pflegen, und die ÖVP
Niederösterreichs und der ÖAAB Niederösterreichs taten noch viel mehr. Sie ließen Herrn Viktor Müllner
in allen seinen Machtbereichen nach Herzenslust gewähren, und mit den Konsequenzen wird das Land
Niederösterreich noch sehr lang konfrontiert werden. Jetzt natürlich bemüht sich die ÖVP
Niederösterreichs, sich fallweise optisch von Herrn Viktor Müllner zu distanzieren. Leider fehlen aber in
der ÖVP Niederösterreichs die Gelder, die seinerzeit von Müllner kamen.
Darüber hinaus gibt es aber noch Niederösterreicher, die unverschämt genug sind und sich auf den
Standpunkt stellen, die ÖVP Niederösterreichs wäre verpflichtet, die Millionen Müllners zurückzugeben.
Das ist natürlich sehr unangenehm, denn wie sollte die ÖVP für Propaganda machen, die Wahlen
kommen letztlich ja immer näher. Es kommt daher zu Dingen, die es besser nicht geben sollte. Die
Gründung und Installierung der Niederösterreich-Perspektiven halten wir Sozialisten für nicht korrekt und
ihre Gebarung, wie sie sich derzeit abspielt, für nicht sauber. Es gibt nämlich keinen Regierungsbeschluß
über die Herausgabe dieser Zeitung.
Weiters sitzt im Presseamt ein sogenannter freischaffender Inseratenwerber, der mit Amtscharakter
gatarnt wind. lhn stehen das Amtsbüro, das Telephon, das Amtspapier und Formulare zur Verfügung, und
letztlich bezahlt das Land sämtliche Postgebühren. Die Gebarung dieser Zeitung wird dem Landtag
entzogen, und das Geschäft des freischaffenden Herrn Unger muß natürlich bei soviel Protektionismus,
um nicht ein härteres Wort zu verwenden, blühen und gedeihen wie kein anderes der gleichen Branche.
Er hat kein Risiko und braucht nur mit dem Gewinn zu rechnen, denn welche Firma getraut sich nein zu
sagen, wenn der amtlich getarnte Herr Unger aufkreuzt und Inserate wünscht. Von diesem leicht
verdienten Geld erhält er 25 Prozent netto. Wir wurden belehrt, daß er in Wirklichkeit sogar 33 Prozent
beikommen müßte und daß mit dieser 80proizentigen Differenz alles bezahlt ist, was das Land zur
Verfügung stellt. Dabei dürfte nach unserer Schätzung - wir haben uns das ein bisschen angeschaut - das
Nettoeinkommen des Herrn Unger mindestens 200.000 Schilling im Jahr betragen. Die übrigen
Bediensteten – nicht nur des Presseamtes, sondern sämtliche Bediensteten des Landes Niederösterreich
- werden sich sicherlich freuen, Herr Landeshauptmann, wenn sie hören, wie leicht man sich solche
Summen im Lande Niederösterreich verdienen kann. Nun muß ich allerdings fragen: Wie soll der
Protektionismus für Herrn Unger erklärt werden? Ich stelle es Ihnen frei, a la carte nach dem seinerzeit
von Herrn Viktor Müllner Gebotenen Ehre Auswahl zu treffen. Bitte bedienen Sie sich.
Wir Sozialisten wollen jedoch Sauberkeit in allen Sparten der Landesverwaltung und verlangen daher die
Gebarungsaufnahme der Niederösterreich-Perspektiven in den Voranschlag und Rechnungsabschluß des
Landes Niederösterreich.
Und nun zu den 2,000.000 S, die für den Informationsdienst als neuer Ansatz aufscheinen. Hier erinnere
ich nur, Herr Landeshauptmann, an die Ausführungen des Herrn Landeshauptmannstellvertreters Dr.
Tschadek: Es ist nicht immer gut, wenn man Dinge nachahmt, die auf der Bundesebene von der
monocoloren Regierung vorexerziert werden. Die Bevölkerung Niederösterreichs weiß, woher die
niederösterreichische ÖVP gewisse Gelder bekommen hat, sie weiß, daß diese Gelder nun fehlen, sie
wird mit sehr wachsamen Augen diese neue Ansatzpost beobachten und wird sehr daran interessiert sein,
was mit dieser neuen Ansatzpost geschieht, um so mehr, als eine Erklärung des Herrn
Landeshauptmannes, die er einem Wochenmagazin gegeben hat, sehr mißtrauisch stimmt, denn dort
heißt es: ,,Es ist zuwenig, eine gute Politik zu machen, die Bevölkerung muß auch davon erfahren." Wenn
es beispielsweise gelautet hätte: ,,Es ist zuwenig, Gutes in der Landesregierung und im Landtag zu tun,
man muß dies auch der Bevölkerung nahebringen", dann würden wir eher ein Verständnis für derlei Dinge
haben. Es ist aber hier ausdrücklich von Politik die Rede, und das klingt in diesem Zusammenhang sehr
anrüchig. Sie haben jedoch Gelegenheit, die Dinge zu ändern, und wir werden das sachlich zur Kenntnis
nehmen. Wenn Sie aber auf diesem Weg fortfahren, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn wir
peinliche Fragen stellen. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT WEISS: Zu Wort kommt Herr Landeshauptmann Ökonomierat Maurer.
Landeshauptmann MAURER: Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Gruppe 0 bietet
Gelegenheit, zu vielen Problemen des Landes Stellung zu nehmen, und es haben die verschiedensten
Redner einschließlich von Regierungsmitgliedern von diesen Möglichkeiten Gebrauch gemacht. Vor allem
stand der Dienstpostenplan und die Finanzierung des Dienstpostenplanes der Gruppe 0 zur Debatte.
Meine Damen und Herren! Eine Analyse des Dienstpostenplanes zeigt, daß der personelle Bedarf der
eigentlichen Hoheitsverwaltung fast stagniert und in einzelnen Verwaltungszweigen sogar zu einem
gewissen Prozentsatz abnimmt, während für die Wirtschaftsverwaltung ständig zusätzliche Dienstposten
notwendig werden: Obwohl dieser zusätzliche Bedarf sehr hoch ist, ist es doch gelungen, durch
Umschichtungen die Gesamtzahl der für das Jahr 1969 vorgesehenen Dienstposten um 52 zu senken.
Dies ist die Voraussetzung dafür, daß die finanzielle Vorsorge für die Gruppe 0 getroffen werden konnte.
Der volle Umfang dieser Umschichtung wird erst dann ersichtlich, wenn man den Bedarf an neuen
Dienstposten nach den Aufgaben gliedert. Ich habe veranlaßt, daß 200 vorhandene Dienstposten nicht
mehr besetzt wurden, weil entweder keine Notwendigkeit zur Neubesetzung gegeben war oder weil - was
eigentlich noch Öfter vorkommt – keine geeigneten Kräfte zur Nachbesetzung gewonnen werden können.
So wurden allein in der Straßenvewaltung 124 unbesetzte Dienstposten eingezogen. Insgesamt wurden in
meinen Referaten 140 Dienstposten eingespart.
Interessant ist dabei, daß sich beispielsweise durchgeführte Strukturverbesserungen bereits im
Dienstpostenbedarf auswirken. Ich darf hier erwähnen, daß durch die Zusammenlegung von Gemeinden
4 Dienstposten in dem Referat eingespart werden konnten. Anderseits war es aber beispielsweise in der
Abteilung B 3 notwendig, 20 neue Dienstposten zu schaffen, da der Ausbau der Bundesflüsse und die für
diesen Zweck zur Verfügung stehenden höheren Mittel auch personell verkraftet werden müssen.
Besonders hoch ist der Bedarf an zusätzlichen Dienstposten im Kultur- und Schulreferat. Dies sage ich
nicht vorwurfsvoll, Herr Schulreferent, sondern das soll nur die freiwillig übernommene Verpflichtung des
Landes Niederösterreich demonstrieren. So sind allein für das neue große Internat der Berufsschule
Lilienfeld 10 Dienstposten vorgesehen.
Dazu kommen 50 Dienstposten für Kindergärtnerinnen in Landeskindergärten. Es ist noch nicht lange her,
da hatten wir darüber geklagt, daß es nicht möglich sei, diese Kindergärtnerinnen- und Wärterinnenposten
zu besetzen. Wir können diese Posten nunmehr besetzen, und dies wirkt sich selbstverständlich auch im
Dienstpostenplan dementsprechend aus.
Damit wird erneut bestätigt, daß das Gros der neugeschaffenen Dienstposten auf die
Wirtschaftsverwaltung entfällt, also auf jene Bereiche, die unmittelbar der Öffentlichkeit dienen. Das gilt
vor allem auch für die Kindergärten und für die Schulen - das Internat Lilienfeld ist beispielsweise ein
solcher Fall -, aber auch für die Spitäler und Anstalten. So war es beispielsweise im Vorjahr notwendig, für
die beiden neuen Landesfürsorgeheime in Melk und in Waidhofen einige Dutzend neue Dienstposten zu
schaffen.
Wie sehr sich der Ausbau der Einrichtungen, die der Öffentlichkeit dienen, in den Ansätzen des
Dienstpostenplanes auswirkt. erkennen wir beispielsweise daraus, daß im Zuge der Errichtung einer
neuen Zentralküche beim Krankenhaus Mödling 8 zusätzliche Dienstposten geschaffen werden mußten.
Für die Wäscherei des Fürsorgeheimes Wiener Neustadt waren 3 neue Dienstposten, für das Jugendheim
Lunz, das nun ganzjährig betrieben werden soll, weitere 3 Dienstposten notwendig. Wie ich bereits
erwähnt habe, mußte dafür eben in der Gruppe 0 eine dementsprechende Deckung vorgenommen
werden. Trotzdem ist es gelungen, die Zahl der Dienstposten um einige zu verringern und den
prozentmäßigen Anteil dieser Ansatzpost gegenüber dem Vorjahresbudget zu senken.
Hohes Haus! Ich persönlich freue mich über diese Umschichtungen, die sich im Dienstpostenplan für das
Jahr 1969 abzeichnen und die vielleicht im kommenden Jahr noch wirksamer werden. Auch
Einrichtungen, die dem öffentlichen Wohl dienen, brauchen selbstverständlich entsprechend geschultes
Personal in der notwendigen Anzahl. Es ist klar, daß sich jede neue Aufgabe, die das Land in dieser
Hinsicht zu übernehmen hat, zwangsläufig im Dienstpostenplan auswirken wird.
Immer wieder wird es natürlich notwendig, Aufnahmen vorzunehmen. Ich habe bereits im Ausschuß
erklärt, daß als Voraussetzung dafür, daß eine Aufnahme vollzogen werden kann, die fachliche Aufgabe
gegeben sein muß. Wieweit es gelingt, diese Entwicklung durch eine vernünftige Reduzierung des
Personalstandes in der reinen Hoheitsverwaltung auszugleichen, muß erst abgewartet werden.
Ich erwarte mir von der Durchleuchtung einer Reihe von Dienststellen durch Rationalisierungsinstitute,
aber auch von der Überprüfung des Aufgabenbereiches einzelner Dienststellen durch ein Expertenteam
erfahrener Landesbediensteter in dieser Richtung sehr werbvolle Hinweise. Redner zur Gruppe 0 haben
heute in diese Kerbe geschlagen und haben an sich diese meine Annahme bestätigt.
Sicherlich wird es, und das bestätige ich, nicht ganz einfach sein, auf Grund der erarbeiteten Unterlagen
Umschichtungen in einem gewissen Rahmen vorzunehmen, den uns dieses Expertenteam
beziehungsweise die Rationalisierungsbüros vorschlagen werden.
Aber ich darf an eines erinnern: Als die Zusammenlegungen von Gemeinden in Angriff genommen
wurden, war diese Maßnahme in der Bevölkerung absolut nicht populär. Man ist diesen Dingen sehr
skeptisch gegenübergestanden. Ich erinnere die Landesregierungsmitglieder an die Entwicklung in ihren
Sprechtagen und an das vehemente Auftreten gewisser Kreise und Gruppen, unabhängig von der
Parteischichtung, gegen gewisse Gemeindezusammenlegungen. Inzwischen ist dieser Gedanke populär
geworden, und nun erfreuen sich beide Fraktionen daran, an diesen Dingen Anteil genommen zu haben.
Oder ich erinnere hier an die Debatte - wer immer die Anträge gestellt hat -, wo es zur Durchführung einer
weitgreifenden Schulreorganisation kam. Auch diese Vollziehung war im Anfangsstadium nicht populär.
Ich erinnere an die Sprechtage der Regierungsmitglieder, wo Worte gefallen sind, die ich schlechthin als
Klage bezeichnen würde.
Ich möchte sagen, es war eine Gemeinsamkeit, die uns in die Lage versetzt hat, diese Dinge wirklich echt
beurteilen zu können. Wenn die Ansätze bei den Personalausgaben so hoch erscheinen, dann muß man
bedenken, daß wir mitten in einem Umwandlungsprozeß sind. In langen Verhandlungen wurde ein
Schema entwickelt, das eine Angleichung der Besoldung der Öffentlich Bediensteten an dieses der
Bediensteten in der Privatwirtschaft sucht. Dies soll in einem Zeitraum von vier Jahren erfolgen. Es geht
nicht um die Einhaltung des errechneten Schemas, denn auch eventuelle Teuerungen müssen
gleichzeitig abgefangen werden. Wir können im Jahre 1971 damit rechnen, daß diese Angleichung im
wesentlichen abgeschlossen sein wird. Dazu kommt, daß wir für unsere Landesbediensteten die
Anrechnung der Nebengebühren in die Pension ab 1. Jänner 1969 durchführen. Das heißt natürlich nicht,
daß sämtliche aktive Beamte und Pensionisten schon zu diesem Zeitpunkt die Dekrete über eine
Durchrechnung und Anrechnung in der Hand haben werden, doch erfolgen die Arbeiten mit Hochdruck,
und der Termin 1. Jänner 1969 geht niemandem verloren, auch wenn er das Dekret erst zu einem
späteren Zeitpunkt in der Hand hat.
Frau Abg. Körner hat das Ehestandsdarlehensgesetz urgiert. Sie hat gleichzeitig betont, daß man dieses
Gesetz zur Begutachtung ausgesendet hat. Gleichzeitig hat sie aber erwähnt, daß man es unterlassen
habe, die notwendigen Mittel im Budget einzusetzen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn der Landtag ein solches Gesetz beschließt, wird der Herr
Finanzreferent sicherlich in der Lage sein, eine dementsprechende finanzielle Bedeckung vorzuschlagen,
dem Hohen Landtag zu unterbreiten, und die Budgethoheit des Landtages wird es sicherlich ermöglichen,
daß auch diese finanzielle Bedeckung gefunden wird.
Vielleicht ein Wort zu den „Perspektiven". Im Zusammenhang mit dem erwähnten Wort hat Herr Abg.
Czidlik - das dürfte ein Lieblingswort von ihm sein – Protektionismus gesagt. Ich möchte dazu eine klare
Feststellung machen. Sie können mir glauben, dass wir unsere Parteifinanzierung auf sauberer Basis
durchführen und daß wir mit all den Dingen nichts zu tun haben, die immer wieder von Ihnen in der
Öffentlichkeit aufgezeigt werden. So sind auch die Finanzen der „Perspektiven" unabhängig von unserer
Parteifinanzierung, vollkommen sauber und in Ordnung. Sie können sich jederzeit auf meine Erklärung
berufen. Nun sind 2,000.000 S für Information vorgesehen, und ich habe Sie nicht im unklaren gelassen,
für welchen Zweck sie dienen sollen, denn wir haben im Ausschuß bereits darüber diskutiert. Die
Bevölkerung Niederösterreichs soll über die Regierungstätigkeit besser informiert werden und auch über
die Tätigkeit, die sich hier im Lande vollzieht. Wenn Sie sagen, sie seien neugierig, wie diese Information
erfolgen wird, dann muß ich sagen, ich habe bereits im Ausschuß erklärt, daß wir gute Vorbilder haben;
wir werden uns der guten Seite jener Tätigkeit, die auf diesem Sektor die Gemeinde Wien ausübt,
bedienen, soweit sie uns zu verwirklichen erscheint. Allerdings nehmen wir uns neben Wien mit unserem
Betrag, den wir in dieser Sparte eingesetzt haben, bescheiden aus. Diese im Vergleich zu anderen
Bundesländern bescheidenen Mittel sollen aber bewirken, daß wir in der Lage sind, unsere gesamte
Regierungspolitik der Bevölkerung vor Augen zu führen, und dieser Möglichkeit sollen diese Beträge
dienen, sollen eben für die Information dienen.
Herr Landeshauptmannstellvertreter Doktor Tschadek hat mit seiner Feststellung, dass es im
vergangenen Jahr trotz vieler Schwierigkeiten möglich war, eine Konsolidierung der Arbeit in
Niederösterreich zu erreichen, indirekt anerkannt, daß die Bemühungen der Österreichischen Volkspartei
um die Bereinigung der Situation, die in der Öffentlichkeit mit dem Ausdruck „Müllner-Affäre" umrissen
war, erfolgreich waren und alles in der Absicht erfolgte, dem Lande Niederösterreich einen großen
Schaden zu ersparen. Erinnern Sie sich, meine sehr geehrten Damen und Herren, an jenen Antrag der
Sozialistischen Partei in diesem Hause im Frühjahr des heurigen Jahres, der auf Auflösung des
Landtages lautete? Wir haben damals gesagt, dass wir keinerlei Gefahr in der Zusammenarbeit, aber
auch keinerlei Gefährdung an der Bereinigung dieser Dinge sehen, sondern dass wir sie in Angriff
nehmen werden und möglichst gemeinsam für das Land Niederösterreich zu einem guten Ende führen
werden.
Herr Landeshauptmannstellvertreter Doktor Tschadek, ich freue mich, daß Sie mit dieser Aussage diese
meine damaligen Worte in einer Form bestätigt haben. Das zeigt, dass die Zusammenarbeit im Hause
und in der Regierung nicht gefährdet war und dass unsere Aussage tatsächlich von richtigen Tatsachen
argumentiert wurde.
Die Tatsache, Hohes Haus, daß der Verfassungsgerichtshof Einsprüchen auf Grund der
Gemeindewahlordnung recht gegeben hat, kann nicht so ausgelegt werden, daß von einer den Gesetzen
widersprechenden Handlung von Bezirkshauptleuten gesprochen werden konnte. Es gibt Gott sei Dank in
der Demokratie in strittigen Fällen die Möglichkeit einer höchstgerichtlichen Entscheidung. Auch das Land
selbst hat wiederholt den Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof angerufen, wenn strittige
Auslegungsmöglichkeiten eines Gesetzes oder einer Verordnung oder einer Kundmachung zur Debatte
standen. Darf ich dazu ein Beispiel anführen. Ich erinnere mich noch genau, als von Ihrer Seite
beispielsweise in der Frage des Fernsehschillings festgestellt wurde, dieses Gesetz sei vom
Verfassungsgerichtshof aufzuheben. Es ist wider Ihrem Erwarten eine Bestätigung des Gesetzes erfolgt,
und Sie sehen, höchstgerichtliche Sprüche werden eben so vollzogen, wie die Höchstgerichte glauben,
daß das richtig sei, ob das nun unserem Willen entspricht oder nicht. Daher können in der Demokratie die
Auffassungen von Gruppen oder einzelnen Persönlichkeiten dementsprechend verschieden sein. Gott sei
Dank gibt es hier Höchstgerichte, die dann darüber befinden, wie bei jenem besagten Problem oder
sicherlich bei noch vielen anderen Problemen.
Nun ein Wort zur Raumplanung. Ich habe in den zwei Jahren, in denen ich das Amt des
Landeshauptmannes ausübe, mehrmals betont, daß in der Frage der Raumplanung und der
Raumordnung ein gesunder Wettbewerb nur im Interesse des Landes liegen kann. Ich stehe nicht an,
diese Worte im Hohen Hause zu wiederholen. Ich habe bereits im April 1967 die Öffentlichkeit mit dem im
Auftrag der Landesregierung erarbeiteten Material über die Raumplanungsfrage vertraut gemacht.
Kritische Beobachter werden erkennen, dass es gerade diese Arbeiten waren, die vielleicht für die
Sozialisten und auch für die Österreichische Volkspartei Grundlagen für die Erstellung ihrer
Raumordnungskonzepte für Niederösterreich waren. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß der Wettbewerb
in diesen wichtigen Landesanliegen nur Vorteile bringen kann, und stimme damit überein, daß das
Schwergewicht bei dieser Arbeit bei neuen Ideen und keineswegs bei einer Lizitationspolitik liegen sollte.
Es widerspricht sicherlich auch nicht der Demokratie, Herr Landeshauptmannstellvertreter Dr. Tschadek,
dass beispielsweise das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung die Auffassung vertritt, daß
eine Verwechslung zwischen einer sogenannten Raumplanungskonferenz eines Vereines mit einem
Raumordnungsbeirat erfolgen könnte. Ich frage, ja warum verschweigen Sie in diesem Zusammenhang
beispielsweise die Raumplanungskonferenz der Sozialistischen Partei?
Sie haben sie ja geboren. Wenn Sie diesen Namen dementsprechend deklarieren, wird niemand glauben,
daß eine Verwechslung vorliegen kann. Ich lese im Niederösterreichplan lediglich „Niederösterreich-Plan",
nicht aber „der Sozialistischen Partei". Sie haben ihn erarbeitet, Sie können ihn für sich in Anspruch
nehmen. Ich habe Ihnen keine Vorschriften zu machen, aber ich habe Bedenken, daß man unter dem
Titel „Niederösterreichische Raumordnungskonferenz" vermeint, dies sei eine Aktion der NÖ.
Landesregierung. Dem ist aber nicht so, wenngleich ich zugestehe, daß man sich gute Ideen, von wo
immer sie kommen, zunutze machen sollte.
Wer das tut, dem fällt sicherlich kein einziger Stein, wie man so sagt, aus der Krone. Ich sehe darin eine
gegenseitige Befruchtung und bin einverstanden, daß solche Vorschläge unterbreitet werden. Ich habe
wiederholt betont: Auch hier soll die Demokratie Platz greifen, auch hier soll es so sein, daß man darüber
Beratungen abhält, daß man darüber befindet; und daß nicht immer ein einheitlicher Standpunkt gefunden
werden kann, das nennt man eben Demokratie. Dann werden in den zuständigen Gremien entsprechende
Beschlüsse gefaßt, die - nach Meinung jeder der Gruppen - für das Land Niederösterreich am besten
sind. Für die Bereiche der Landesverwaltung, die in meiner Kompetenz liegen - das gilt vor allem für den
Straßen- und Brückenbau -, kann ich mit ruhigem Gewissen behaupten, daß die vorhandenen Mittel nicht
erst jetzt, sondern schon seit langer Zeit nach Iden Grundsätzen einer modernen Raumplanung und einer
modernen Raumordnung eingesetzt werden. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur darauf verweisen,
daß das Schwergewicht des Ausbaues des Straßennetzes vor allem bei den Straßen in den
niederösterreichischen Fremdenverkehrsgebieten und bei den Hauptausfahrten aus der Millionenstadt
Wien liegt. Auch die Tatsache, daß die Zusage zum Bau von drei neuen Donaubrücken erreicht werden
konnte, liegt auf dieser Linie. Dort, meine Damen und Herren, wo raumplanerisch noch die
entsprechenden Grundlagen fehlten, wurden sie durch die Durchführung von Verkehrszählungen und
anderen Wissenschaftlichen Analysen beschafft. Zur Frage, wie beispielsweise hier Mittel noch besser
eingesetzt werden können, müßte man wirklich günstigere Vorschläge unterbreiten. Im Straßenbaureferat
liegen jeweils die Dringlichkeitskonzepte vor, und bei den Vorsprachen der einzelnen Bürgermeister
jeweils an den Mittwochvormittagen ersehen wir immer wieder, welch zusätzliche Wünsche noch offen
sind. Man könnte nicht sagen, daß dieses oder jenes Straßenbaustück nicht auch dringlichst notwendig
wäre. Wenn wir beispielsweise bisher 60 Prozent dieser niederösterreichischen Landesstraßen staubfrei
machen konnten und 40 Prozent noch auf uns warten, dann erkennen Sie, daß hier nur nach einem
Dringlichkeitskonzept vorgegangen werden kann.
Vor einigen Wochen, meine sehr geehrten Damen und Herren, habe ich im Rundfunk erklärt, daß wir alles
tun müssen, um im Jahr 1969 einen Wahlkampf in Permanenz zu vermeiden. Ich pflichte hier den Worten
des Herrn Landeshauptmannstellvertreters Doktor Tschadek vollinhaltlich bei. Ich stehe zu diesem Wort,
weil ich der Meinung bin, daß ein Wettbewerb in der Idee auch von den wahlberechtigten
Niederösterreichern besser verstanden und positiver aufgenommen wird als die erwähnte
Lizitationspolitik, die eben nur auf die Landtagswahlen abgestellt ist.
Herr Landeshauptmannstellvertreter Doktor Tschadek übt Kritik an der Bundesregierung, daß sie in
Krisenzeiten zu schwach sei, die gesamte Verantwortung zu tragen. Ich möchte sagen, daß meiner
Meinung nach die Bundesregierung in einer echten Krisenzeit Niederösterreichs bewiesen hat, daß sie
wohl in der Lage ist - natürlich nach Fühlungnahme mit anderen Kreisen -, eine verantwortliche Haltung
an den Tag zu legen. (Beifall bei der ÖVP.) Wenn auch, das möchte ich hier sagen, von sozialistischer
Seite an dieser Haltung manches auszusetzen war, so darf ich bemerken, daß in diplomatischen Kreisen,
meine Damen und Herren, diese Haltung der österreichischen Bundesregierung am 21. August - die
Vorkommnisse sind sicher allen noch in Erinnerung - als vorbildlich anerkannt wird.
Darf ich nur dieses eine echte Beispiel von Verantwortlichkeit sagen und vielleicht auch ein Wort zur
niederösterreichischen Arbeitsweise. Ich möchte daran erinnern, daß ich, als ich die Verständigung von
der kritischen Situation an Niederösterreichs Grenzen am 21. August erhielt - es war ungefähr 1/24 Uhr
früh -, sofort versuchte, meine beiden Stellvertreter von dieser Situation in Kenntnis zu setzen, denn ich
wußte zu jenem Zeitpunkt nicht, welche Beschlüsse in dieser Situation raschest gefaßt werden sollten.
Hier gebe ich ebenfalls Herrn Landeshauptmannstellvertreter recht, daß eine möglichst breite Streuung
der Verantwortlichkeit - vor allem in solchen Krisenzeiten - erreicht werden muß. Ich bin auch bereit, diese
Verantwortlichkeit bei verschiedenen anderen Dingen breiter zu stellen. Manchmal sind solche
Verständigungen allerdings einigermaßen problematisch, sie lösen sich aber dann doch so, daß der
Zweck erreicht werden kann. Ich habe dann im weiteren Verlauf die gesamte Situation mit den
anwesenden Regierungsmitgliedern in Wien beraten, um die weitere Vorgangsweise festzulegen. Daß die
Bundesregierung, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch bereit ist, dem Land Niederösterreich
bei der Bewältigung seiner Probleme tatkräftig zu helfen, zeigt wohl deutlich die Tatsache, dass die
Zustimmung zum Bau von drei neuen Donaubrücken gegeben wurde und daß dieser Bau, das möchte ich
besonders betonen, das normale Bundesstraßenbudget für das Land Niederösterreich nicht belasten wird.
Das ist einvernehmlich mit dem Herrn Bautenminister festgelegt worden. Er wird sicherlich zu diesem
seinem Wort auch stehen. Ich pflichte allen jenen Abgeordneten, die in dieser Richtung gesprochen
haben, bei, daß wir viele Wünsche an den Bund zu stellen haben, daß wir diese Wünsche hier mit
Nachdruck zu handeln und voranzutreiben haben, dass wir einen sehr großen Nachholbedarf haben und,
so scheint es mir, gemeinsam diesen Appell an die Bundesregierung richten müssen. Ich darf sagen, daß
mich an sich die Debatte zur Gruppe 0 sehr befriedigt hat. Sie hat neben manchen Kritiken, die in einer
Demokratie natürlich frei sind, im wesentlichen doch positive Aussagen gebracht. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT WEISS: Zu Wort kommt noch der Herr Abg. Stangler.
Abg, STANGLER: Hoher Landtag! Ich melde mich deshalb zu Wort, weil ich eine Erklärung meiner
Fraktion vor der Abstimmung zu den Resolutionsanträgen abgeben möchte. Die ÖVP-Fraktion kann dem
Antrag des Abg. Bieder nicht zustimmen. Ich möchte dies auch kurz erklären. Wir sind der Auffassung,
daß für eine Beschlußfassung der Landesregierung hinsichtlich der Zulagenautomatik die gesetzliche
Grundlage fehlt. Wir kennen das Problem, aber auch die Schwierigkeiten, die sich gerade in der letzten
Zeit bei der Durchführung einer Zulagenautomatik in anderen Gebietskörperschaften ergeben haben. Es
haben lange Verhandlungen stattgefunden, und man ist im Rahmen dieser Verhandlungen auch zu
Ergebnissen gekommen, die gesetzlich nicht gedeckt gewesen sind. Nun glaube ich namens meiner
Fraktion feststellen zu können, daß es nicht die Absicht einer gesetzgebenden Körperschaft sein kann,
verwaltungsmäßig zu Ergebnissen zu kommen, die gesetzlich nicht gedeckt sind. Das ist der Grund,
warum wir diesem Antrag die Zustimmung versagen müssen.
PRÄSIDENT WEISS: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat das Schlußwort.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Ich verzichte.
PRÄSIDENT WEISS: Zur Abstimmung liegen vor die Gruppe 0, Landtag und Allgemeine Verwaltung, und
die Resolutionsanträge der Herren Abg. Dr. Brezovszky, Abg. Laferl, Abg. Cipin, Abg. Buchinger,
nochmals Abg. Buchinger, Abg. Bieder und Abg. Dipl.-Ing. Robl.
Ich bitte den Herrn Berichterstatter, seinen Antrag zur Gruppe 0, Landtag und Allgemeine Verwaltung,
ordentlicher und außerordentlicher Voranschlag, zu stellen.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Hohes Haus! Ich bringe den Antrag der Gruppe 0. Die Gruppe 0,
Landtag und Allgemeine Verwaltung, weist im ordentlichen Voranschlag Einnahmen von 203,884.000 S
aus, deren Ausgaben in Höhe von 717,954.000 S gegenüberstehen. Im außerordentlichen Voranschlag
weist die Gruppe 0 Ausgaben in der Höhe von 5,895.000 S für das Jahr 1969 aus.
Ich ersuche den Herrn Präsidenten, die Abstimmung über die Gruppe 0 durchzuführen.
PRÄSIDENT WEISS (nach Abstimmung über den ordentlichen und außerordentlichen Voranschlag der
Gruppe 0 in Erfordernis und Bedeckung): Angenommen.
Ich bitte den Herrn Berichterstatter nunmehr um Verlesung der Resolutionsanträge. (Geschieht.)
(Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag des Abg. Doktor Brezovszky, betreffend Vorlage eines
Berichtes über Maßnahmen zur Rechtsbereinigung:) Angenommen.
(Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag des Abg. Laferl, betreffend die Ermittlung des
kostendeckenden Ausmaßes des Pauschbetrages für die Führung der Staatsbürgerschaftsevidenz durch
die Gemeinden und Gemeindeverbände und Abänderung der hierfür geltenden Verordnung LGBl.
Nummer 144/1968:) Angenommen.
(Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag des Abg. Cipin, betreffend Abgrenzung der
Versorgungsgebiete der Landesgesellschaften Newag und Wiener Stadtwerke-Elektrizitätswerke:)
Angenommen.
(Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag des Abg. Buchinger, betreffend Schaffung einer eigenen
Rechtsanwaltskammer für Niederösterreich:) Angenommen.
(Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag des Abg. Buchinger, betreffend Einrichtung eines eigenen
Landesvorstandes nach dem Beamtenkranken- und Unfallversicherungsgesetz:) Angenommen.
(Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag des Abg. Bieder, betreffend eine Anlagenautomatik für die
Landesbediensteten:) Abgelehnt.
(Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag des Abgeordneten Dipl.-Ing. Robl, betreffend Bindung der
aus Anlaß der Vereinigung von Gemeinden zu gewährenden Begünstigungen an ein
Raumordnungsprogramm:) Angenommen.
PRÄSIDENT WEISS: Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Abg. Anzenberger, zur Gruppe 1, Öffentliche
Ordnung und Sicherheit, ordentlicher Voranschlag, zu berichten. (Dritter Präsident Reiter übernimmt den
Vorsitz.)
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich
berichte zur Gruppe 1.
Die Gruppe 1, Öffentliche Ordnung und Sicherheit, beinhaltet die Kosten für den Zivilschutz im Betrag von
1,500.000 S und zeigt gegenüber dem Vorjahr keine Änderung. Ich ersuche den Herrn Präsidenten, die
Verhandlungen zur Gruppe 1 einzuleiten.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Ing. Scheidl.
Abg. Ing. SCHEIDL: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Kapitel 1 des
Voranschlages ist nicht sehr umfangreich, die dafür eingesetzten Mittel sind bescheiden. Es existiert
außerdem ein behördliches Selbstschutzkonzept, aus dem die technischen Details dieser Materie zu
entnehmen sind. Ich glaube also mich sehr kurz fassen zu können und möchte nur ein Kriterium ein wenig
herausheben und beleuchten.
Der Begriff Zivilschutz ist derzeit in Österreich noch nicht exakt definiert; das heißt, es besteht keine
umfassende gesetzliche Regelung für ganz Osterreich, kein Kompetenztatbestand in der
Bundesverfassung. Im Jahre 1961 wurde ein Regierungsbeschluß über eine umfassende
Landesverteidigung gefaßt. Im ersten Jahr, im Dezember 1961, fand eine Landeshauptmännerkonferenz
statt, auf der versucht wurde, eine einheitliche Lösung für ganz Österreich in dieser Angelegenheit zu
finden.
Das Ergebnis zeitigte die Auffassung, dass man versuchen solle, mit vorhandenen Bundesgesetzen auf
Länderebene das Auslangen zu finden. Es existiert wohl ein Koordinierungsausschuß, der auf Basis der
Mitwirkung freiwilliger Verbünde arbeitet. Die vom Österreichischen Zivilschutzverband unter Mitwirkung
der Freiwilligen Feuerwehren, des Roten Kreuzes und anderer Institutionen geführte
Aufklärungskampagne stößt bei der Bevölkerung doch immer auf größeres Interesse und begegnet
langsam immer mehr Verständnis für erforderliche Maßnahmen im Sinne des Zivilschutzes. Im
wesentlichen sind diese Maßnahmen gegliedert in Schutzmaßnahmen bei Naturkatastrophen - diese sind
für Niederösterreich im Katastrophenschutzgesetz erfaßt - und in Schutzmaßnahmen im Zusammenhang
mit der Landesverteidigung mit folgenden Punkten: erstens Krisen in der Nachbarschaft Österreichs, wie
wir sie heuer bedauerlicherweise erlebt heben, zweitens Verletzung unserer Neutralität und drittens echte
militärische Intervention einer fremden Macht in Österreich. Es muß aber gefordert werden, daß eine
bundesgesetzliche Regelung erfolgt, und es wäre dabei nicht erträglich, daß der Bund versucht, eine
solche Regelung mit finanziellen Verpflichtungen der Länder und der Gemeinden zu verbinden, das heißt,
diese finanziellen Verpflichtungen auf die Länder und Gemeinden abzuwälzen. Die Ausführungsgesetze
zu einem solchen Bundesverfassungsgesetz konnten ja den Ländern überlassen werden mit wenigen
Ausnahmen, wie zum Beispiel Alarmierung und Strahlenschutz. Bis zur Erreichung einer solchen Lösung
sind die geplanten Maßnahmen beziehungsweise die für diese Maßnahmen vom Land in den
Voranschlägen eingesetzten Mittel zweifellos gerechtfertigt, und ich darf im Namen meiner Fraktion
erklären, daß wir diesem Ansatzpunkt die Zustimmung geben werden. (Beifall im ganzen Hause).
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zu Wort gelangt Herr Abg. Rabl.
Abg. RABL: Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, Hohes Haus! Wie Sie bereits
aus den Worten des Herrn Berichterstatters und meines sehr geschätzten Herrn Vorredners, Abg. Ing.
Scheidl, entnehmen konnten, befaßt sich die Gruppe 1 im Voranschlagsansatz 17 - 61 und 17 - 62 mit
Fragen des Zivilschutzes. Ich bin selbstverständlich auch der gleichen Meinung wie mein Vorredner, daß
diese Ansatzpost gerade für die gegebene Situation etwas zu gering ist.
Wenn wir aber bedenken, daß Niederösterreich gerade in finanzieller und wirtschaftlicher Hinsicht sehr
viele andere Verpflichtungen hat, daß gerade unser Bundesland - abgesehen von der zehnjährigen
russischen Besatzungszeit - auch auf Grund anderer wirtschaftlicher Situationen nicht die gleichen
günstigen Startbedingungen hat wie die anderen Bundesländer, müssen wir doch feststellen, daß sich
hier die Landesregierung und besonders die beiden zuständigen Landesräte Ludwig und Bierbaum
bemüht haben, auch in diesen Belangen in finanzieller Hinsicht das Bestmöglichste zu leisten.
Gestatten Sie mir ganz kurz einige grundsätzliche Fragen zum Zivilschutzgedanken in Österreich. Wir
können hier auf das Jahr 1955 zurückgreifen. Am 26. Oktober 1955 beschloß der österreichische
Nationalrat folgendes Bundesverfassungsgesetz: „Artikel I. Zum Zwecke der dauernden Behauptung
seiner Unabhängigkeit nach außen und zum Zwecke der Unverletzlichkeit seines Gebietes erklärt
Österreich aus freien Stücken seine immerwährende Neutralität." Vom rechtlichen Standpunkt aus
gesehen könnte man sagen, daß damit bereits das Wesentliche gesagt wäre. Indem Österreich seine
immerwährende Neutralität erklärt und auch behauptet, nimmt es alle Pflichten auf sich, die sich aus
diesem Versprechen ergeben. Die folgende Aufzählung führt demonstrativ einige Verpflichtungen an, die
österreichischerseits als besonders wichtig anzusehen sind, vor allem daß Österreich aus eigenem gewillt
ist, seine Unabhängigkeit mit allen zu Gebote stehenden Mitteln aufrechtzuerhalten und auch zu
verteidigen. Der Absatz 2 dieses Artikels lautet dann: Österreich wird zur Sicherung dieser Zwecke in aller
Zukunft keinen militärischen Bündnissen beitreten und die Errichtung militärischer Stützpunkte fremder
Staaten auf seinem Gebiete nicht zulassen."
Im Artikel 11 heißt es: „Mit der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist die Bundesregierung
betraut."
Vielleicht hat der Österreicher aus der Geschichte bisher nur gekannt, das Wort „Verteidigung" lediglich
auf den Kriegszustand nach außen zu beziehen. Die Neutralität kennt aber viele Formen der Bedrohung;
ich glaube, das abgelaufene Jahr hat das bewiesen. Um nun einigermaßen durch Begriffserklärung in
dieser Situation Ordnung zu schaffen, wurden in der Regierungserklärung vom 11. Mai 1965 drei
Steigerungsstufen - das moderne Wort dafür könnte Eskalation heißen - der Bedrohung unseres Landes
angeführt, und zwar der Krisenfall, der Fall internationaler Spannungen, der Neutralitätsfall und
kriegerische Verwicklungen in den Nachbarstaaten. Darf ich hier nur an den 21. August dieses Jahres
zurückerinnern, als wenige Minuten nach 0 Uhr im Innenministerium vom Grenzposten Berg bei Preßburg
die Meldung eingetroffen ist, dass sowjetische Panzer auf der Brücke von Preßburg aufgefahren sind. In
dieser Situation, als der Herr Innenminister den Herrn Bundeskanzler verständigte, als die
Bundesregierung zusammengetreten ist und auch der Herr Bundespräsident seinen Urlaub abgebrochen
hat und alle die verantwortlichen Männer bemüht waren, das Bestmöglichste nicht nur für die Erhaltung
der Neutralität, sondern auch für die Selbständigkeit und Freiheit dieser Zweiten Republik zu leisten,
konnte sich die österreichische Bevölkerung glücklich schätzen, solche Männer an der Spitze dieser
Zweiten Republik zu wissen.
Ich glaube, daß die Österreicher gerade in diesen Tagen auch erkannt haben, daß in dem Wort
„Zivilschutz geht alle an" ein gewisser Ernst liegt. Darf ich allerdings darauf hinweisen, daß unter
„Zivilschutz" nicht der „Luftschutz" von ehedem verstanden werden soll.
Zivilschutz soll eine Selbstschutzorganisation sein, eine Selbstschutzhilfe für alle Gefahren, die uns im
beruflichen oder privaten Leben bedrohen, angefangen von der Lawinenkatastrophe in den Alpengebieten
bis zum Gärgastod im flachen Lande, der gerade in der Herbstzeit viele Opfer fordert, von der großen
Naturkatastrophe, die über unser Heimatland leider schon des öfteren hereingebrochen ist, bis zum
kleinsten Hausbrand.
Gerade in solchen Situationen ist der Zivilschutz von besonderer Wichtigkeit. Darf ich in diesem
Zusammenhang auch an die Mund-zu-Mund-Beatmung erinnern, die sicherlich vom Österreichischen
Roten Kreuz propagiert und durchgeführt, aber doch vom Zivilschutz aufgegriffen und im großen Ausmaß
in die österreichische Bevölkerung hineingetragen worden ist.
Ich glaube, daß gerade der 5. Juli 1968 für den Zivilschutz ein bedeutender Tag in Österreich gewesen ist,
denn an diesem Tag wurde im Bundesministerium für Inneres ein Koordinationskomitee für den
Bundesfeuerwehrverband, das Österreichische Rote Kreuz, den Arbeitersamariterbund und eben den
Österreichischen Zivilschutzverband geschaffen.
Wenn wir auf das vergangene Jahr oder vielleicht überhaupt auf die Leistung zurückblicken, so können
wir in unserem Heimatland Niederösterreich bezüglich der Organisation feststellen, daß vor den letzten
Gemeindezusammenlegungen bei den damaligen 1337 Gemeinden bereits in mehr als 600 Gemeinden
Ortsleitungen und Ortsbeauftragte nominiert wurden und damit eigentlich aktiv der Zivilschutz- und
Selbstschutzgedanke aufgegriffen wurde. Wir wissen, daß bereits 950 niederösterreichische Gemeinden
Mitgliedsgemeinden im Niederösterreichischen Zivilschutzverband sind und damit finanziell an
Gründungs- und Mitgliedsbeiträgen insgesamt 215.000 Schilling geleistet haben. Ich glaube, daß man
den verantwortlichen Männern, den Herren Bürgermeistern dieser Gemeinden sowie den Gemeinderäten
für ihre Aufgeschlossenheit gegenüber dem Zivilschutzgedanken Iden Dank aussprechen muß. Gerade in
diesem Saal des Niederösterreichischen Landtages haben im vergangenen Jahr Tagungen stattgefunden,
sowohl auf der Ebene unseres Heimatlandes Niederösterreich die Tagungen am 7. Oktober 1968 für
Baufachleute, am 1. März für den Betriebsselbstschutz und am 15. März für Funktionäre der
Landwirtschaft, wo insgesamt nahezu 500 Teilnehmer an diesen Tagungen zu verzeichnen waren, als
auch am 10. Oktober die große Bundestagung, die durch die Anwesenheit und die Referate des Herrn
Bundeskanzlers! Herrn Innenministers und des Herrn Staatssekretariat im Innenministerium
ausgezeichnet war. Bemerkenswert ist auch die Aufklärungsarbeit im Land Niederösterreich bei den
einzelnen Ausstellungen und Volksfesten, wo sich mehr als 80.000 Besucher von der Tätigkeit des
Zivilschutzverbandes in Niederösterreich ein Bild machen konnten. Besonders hervorzuheben ist, dass
die Zivilschutzausstellung anläßlich des Wieselburger Volksfestes durch den Besuch des Herrn
Bundespräsidenten ausgezeichnet war. Nicht zuletzt muß auch hervorgehoben werden, daß in der Zeit
vom 1. Jänner 1967 bis 6. Juni 1968 an Pflicht-, Mittel- und Berufsschulen in Niederösterreich fast 350
Vorträge stattgefunden haben, in denen nahezu 33.000 Schüler mit dem Gedanken des Zivilschutzes
bekanntgemacht wurden. Der gesamte Österreichische Zivilschutzverband hat am 24. und 25. Juni 1968
in Bregenz seine Bundestagung abgehalten. Für die Delegierten war nicht nur diese Bundesversammlung
interessant, sondern darüber hinaus die Möglichkeit, am nächsten Tage in der benachbarten Schweiz die
Schutzraumbauten besichtigen zu können. Hier konnten sich so manche überzeugen, daß dieser
Bundesstaat dem Gedanken des Zivilschutzes sehr fortschrittlich gegenübersteht und daß wir
Österreicher in dieser Hinsicht von der Schweiz lernen können. Wenn am 14. November bei der Eröffnung
der letzten Zivilschutzwochen in Mistelbach, Laa und Poysdorf erstmalig die Ausstellung „Grundschutz,
Sicherheit in diesem Haus" der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist, so glaube ich, daß hier eine
gewisse Parallele zu der in den nächsten Tagen wahrscheinlich zu beschließenden
Niederösterreichischen Bauordnung gezogen worden ist. Es wunde der Gedanke der Schutzraumbauten
in den Wohnhäusern in die Bevölkerung hineingetragen. In der zu beschließenden Niederösterreichischen
Bauordnung soll dieser Gedanke durch eine gewisse gesetzliche Verankerung Niederschlag finden.
Wenn nun in der Ansatzpost des Voranschlages für das Jahr 1969 ein Betrag enthalten ist, über den man
sicherlich diskutieren kann, so glaube ich, daß damit ein gewisses Zeugnis abgelegt ist, daß dem
Zivilschutzgedanken auch von seiten der Niederösterreichischen Landesregierung Verständnis
entgegengebracht wird.
Der Zivilschutzverband hat sich für das kommende Jahr ein Programm zurechtgelegt, wo zum Beispiel in
5 Zivilschutzwochen mit je zwei bis drei Ausstellungen, in 10 Ausstellungen an Schwerpunkten,
sogenannten Messen und Volksfesten, in 50 Kasernen, in 250 Aufklärungsveranstaltungen mit einem
Zweistundenprogramm an die breite Öffentlichkeit und in 350 Aufklärungsveranstaltungen mit einem
Zweistundenprogramm an die Abschlußklassen der Pflichtschulen herangetreten werden soll. Ich glaube
somit sagen zu können, daß hier eine gute und harmonische Zusammenarbeit besteht.
Abschließend kann man vielleicht mit wenigen Worten den Zivilschutzgedanken in Niederösterreich
motivieren: Die Liebe zur Heimat und zur Freiheit soll nicht kleiner werden, weil deren Erhaltung und
Verteidigung große Opfer erfordern. Die Freiheit und Unabhängigkeit sind eine Lebensbedingung für
unser Land und unser Volk, Erhaltung und. Verteidigung dieser Kostbarkeiten ohne zivilen
Bevölkerungsschutz sind meines Erachtens aber undenkbar. Der Zivilschutz ist daher eine wichtige
Komponente im Konzept einer umfassenden Landesverteidigung, auf das sich die Österreichische
Bundesregierung im Mai 1965 festgelegt hat. Der Zivilschutz darf daher nicht ein Anliegen einiger weniger
Idealisten sein, er muß zu einer Herzenssache für das ganze österreichische Volk werden. Der Zivilschutz
geht alle an. (Beifall im ganzen Hause.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Die Rednerliste ist erschöpft, der Herr Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Ich verzichte.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Ich bitte den Herrn Berichterstatter, zur Gruppe 1, Öffentliche Ordnung
und Sicherheit, seinen Antrag zu stellen.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Hohes Haus! Die Gruppe 1, Öffentliche Ordnung und Sicherheit,
sieht im ordentlichen Voranschlag Ausgaben von 1,500.000 S vor. Ich ersuche den Herrn Präsidenten, die
Abstimmung durchzuführen.
DRITTER PRÄSIDENT REITER (nach Abstimmung über die Gruppe 1 , Öffentliche Ordnung und
Sicherheit, ordentlicher Voranschlag in Erfordernis und Bedeckung): Angenommen.
Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Abg. Anzenberger, zur Gruppe 2, Schulwesen, ordentlicher und
außerordentlicher Voranschlag, zu berichten.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Hohes Haus! Ich berichte zur Gruppe 2: Die Gruppe 2,
Schulwesen, weist ordentliche Ausgaben im Betrage von . . . . . , . . S 297,756.000 aus, denen Einnahmen
von . . S 25,906.000 gegenüberstehen. Es ergibt sich daher ein Nettoerfordernis von S 271,850.000.
Diese Gruppe behandelt die Gebarungen, welche sich auf allgemeinbildende und berufsbildende
Pflichtschulen, berufsbildende mittlere und höhere Schulen, Bildstellen, Schulerheime, Kindergärten und
Horte sowie sonstige in diesen Rahmen fallende Gebarungsarten beziehen.
Im Verhältnis zum Gesamtaufwand betragen die ordentlichen Ausgaben 8,87 Prozent gegenüber 8,24
Prozent im Vorjahr. Die Ausgabenkreditsumme der Gruppe 2 weist gegenüber dem Vorjahre eine
Erhöhung um rund 49,000.000 S aus. Der Personalaufwand dieser Gruppe steigt um rund 4,500.000 S,
während der Sachaufwand eine Vermehrung von rund 44,500.000 S erfährt.
Bedeutende Erhöhungen ergaben sich bei Voranschlagsansatz 219-75 10prozentiger Ersatz des Landes
an dein Bund zu den Aktivitätsbezügen der Lehrer an öffentlichen allgemeinbildenden Pflichtschulen um
rund 31,900.000 S, Voranschlagsansatz 219-78 (Zweckzuschuß zum Bauaufwand öffentlicher
allgemeinbildender Pflichtschulen an Gemeinden und Gemeindeverbände) um 5,100.000 S,
Voranschlagsansatz 2319-75 (50prozentiger Ersatz des Landes an den Bund zu den Aktivitätsabzügen
der Lehrer an berufsbildenden Pflichtschulen) um 2,700.000 S. Die Einnahmen steigen um rund
3,900.000 S. Dies ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass unter Voranschlagsansatz 2319-51 ein
Rückersatz von Personalausgaben in der Reihe von 2,000.000 S, der eine eröffneten Voranschlagsansatz
2319-751 darstellt, und unter Voranschlagsansatz 2830 die Einnahmen des Internates an der Höheren
Technischen Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt in Waidhofen an der Ybbs mit rund 800.000 S zur
Verrechnung gelangen.
Die außerordentlichen Ausgaben der Gruppe 2 belaufen sich auf 14,620.000 S. Ich ersuche den Herrn
Präsidenten, die Verhandlungen einzuleiten.
Dritter PRÄSIDENT REITER: Zu Wort gelangt Herr Abg. Vizepräsident Grünzweig.
Abg. GRÜNZWEIG: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie nach der mehr
raumorientierten Debatte des bisherigen Tages die Rückkehr oder Einkehr in die Schulstube, zur Gruppe
2. Die Kulisse ist wie üblich, nämlich relativ dünn. Die meisten Damen und Herren haben den Saal
verlassen. Aber das sind wir ja gewöhnt bei dieser Gruppe. (Abgeordneter Dipl.-Ing. Robl: Nicht einmal
bei den Lehrern ist ein Verständnis! - Heiterkeit). Der Herr Präsident fühlt, glaube ich, mit mir. Ich halte es
aber trotzdem für notwendig, daß man mit ganzem Ernst den Problemen der Bildung Beachtung schenkt,
die in dieser Gruppe 2 zahlenmäßig ihren Niederschlag finden. Gestatten Sie, daß ich zunächst ein paar
Sätze zu den Ausführungen des Kollegen Reischer sage, der sich mit den Fragen der Hochschüler aus
Niederösterreich, mit ihrer Betreuung und Unterbringung in Wien, beschäftigt hat. Ich freue mich, daß er
gleich die Gruppe 0 dazu benutzt hat, um die Auffassungen der Österreichischen Volkspartei in dieser
Frage hier zu deponieren. Ich habe sie bisher nämlich noch aus keiner anderen Veröffentlichung
entnehmen können. Nun haben wir die Auffassungen der Österreichischen Volkspartei darüber
kennengelernt und können uns mit ihnen auseinandersetzen, was wir bei Gelegenheit tun werden.
Wenn aber der Herr Kollege Reischer von der Bildungsoffensive der Bundesregierung spricht und das mit
dem anwachsenden Bildungsbudget des Bundes belegt, so muß ich ihm schon sagen: Manche
Spätzündung ist in dieser Offensive, und mancher Rückzug musste bisher schon angetreten werden. Das
Steigen des Schulbudgets ist in erster Linie dadurch bewirkt, daß infolge der Auswirkung des
Schulgesetzes 1962 wesentlich höhere Anforderungen gestellt werden. Es zeigt sich immer mehr, daß der
Bund nicht in der Lage ist, den Anforderungen zu entsprechen, sei es auf dem Gebiete des
Lehrernachwuchses, sei es auf dem Gebiete der Schulraumbeschaffung. Ich würde also nicht so
optimistisch sein und würde nicht von einer Bildungsoffensive, zumindest nicht von einer erfolgreichen
Bildungsoffensive, reden.
Zu sagen, daß die Bundesregierung mit ihren Maßnahmen die Studentendemonstrationen auf jenes Maß
zurückgeschraubt hat, das in Österreich erfreulicherweise sehr bescheiden war, halte ich für eine
Vereinfachung der tatsächlichen Gründe und Hintergründe. Sie sind, glaube ich, mit mir einer Meinung,
wenn ich hier feststelle, daß die Probleme tatsächlich etwas diffiziler, etwas vielschichtiger sind, als das
hier zum Ausdruck gekommen ist.
Der Herr Landesfinanzreferent hat in seiner nun schriftlich vorliegenden Einbegleitung zu dem Budget
dieser Gruppe - er hat es in ähnlicher Form schon im Finanzausschuß getan - einige Feststellungen
gemacht, die ich nicht unwidersprochen lassen kann, weil sie, glaube ich, etwas an den Tatsachen
vorbeigehen. Er hat gesagt: „Wenn trotzdem um über 5,000.000 S mehr Mittel zur Verfügung stehen, ist
das auf die entsprechende Steigerung des Bundeszuschusses zurückzuführen."
Und nun weiter: ,,Wenn Sie aber bedenken, daß der Ersatz des Landes an den Bund zu den
Aktivitätsbezügen der Pflichtschullehrer einen Mehraufwand von über 35,000.000 S gegenüber 1968
bedingt, wenn weiters die erwähnte Erhöhung des Zweckzuschusses des Bundes in Betracht gezogen
wird, kann wohl angesichts der Tatsache, daß die Landesleistungen in gleicher Höhe gehalten werden
können, von einem echten Schwerpunkt gesprochen werden." In der Formulierung ,, . . . angesichts der
Tatsache, daß die Landesleistungen in gleicher Höhe gehalten werden können. . ." liegt ein Wilderspruch.
Man soll nicht krampfhaft sozusagen alles raumordnungsmäßig einordnen, wenn gar nichts einzuordnen
ist.
Es hat auch keinen Zweck, in Pressekonferenzen etwa mißverständlich zu formulieren - es liegt hier
anscheinend ein Mißverständnis vor -, daß für den Schulbau im laufenden Budget 300,000.000 S
vorgesehen wären, wie es nun in den „Niederösterreichischen Nachrichten" als Ergebnis dieser zitierten
Pressekonferenz berichtet wird. Ein solcher Zweckoptimismus scheint mir geeignet, die Bevölkerung nicht
mit einem entsprechenden Wahrheitsgehalt zu informieren, sondern sie etwas in die Irre zu führen.
Es ist schon mehrmals im Finanzausschuß und auch heute von verschiedenen Rednern einiges von dem
richtiggestellt worden, was die Orientierung nach raumordnungspolitischen Gesichtspunkten und so weiter
anbelangt. Hier sind keine neuen Schwerpunkte, hier handelt es sich einfach um eine Fortsetzung der
bisherigen Budgetpolitik auf diesem Gebiet. Ich werde das noch ganz kurz beweisen.
Im ordentlichen Haushalt sind 297,000.000 S vorgesehen, das bedeutet gegenüber 1968 eine Steigerung
von 49,000.000 S. Wiederholt wurde zum Ausdruck gebracht, daß der Großteil dieser Steigerung auf eine
wesentliche Erhöhung des Voranschlagsansatzes 219-75, das ist der 10prozentige Ersatz des Landes an
den Bund zu den Aktivitätsbezügen der Pflichtschullehrer, zurückzuführen ist. Dazu noch ein paar
ergänzende Bemerkungen über die hinaus, die schon gemacht wurden. Dieser Voranschlagsansatz hat
erst ein jüngeres Alter. Er ist seit dem Finanzausgleich 1967 im Budget enthalten und ist auf die
Neuregelung der Kostentragung bei der Pflichtschullehrerbesoldung in diesem Finanzausgleich
zurückzuführen. Vorher war es nämlich so, daß der Bund für 30 Schüler an Volksschulen, für 25 Schüler
an Hauptschulen und für 15 Schüler an Sonderschulen je einen Lehrer bezahlte, wenn man noch jene
Quote dazurechnet, die als Personalreserve und für einklassige Schulen gegeben wurde. Dieses System
hat sich eine Zeitlang bewährt, wurde aber in dem Augenblick, wo 1962 durch die Schulgesetze eine
Reihe von Anforderungen auf dem Personalsektor gestellt wurde, nicht mehr den Umständen gerecht,
und die Länder mußten die unmöglichsten Manipulationen vornehmen, um finanziell einigermaßen
durchzukommen. Zum Beispiel wurden die Lehrer bis zum 15. Oktober, nur vertraglich eingestellt, und
erst nach dem 15. Oktober wurden sie in das Dienstverhältnis übernommen, denn wer am 15. Oktober
dem Dienst, wurde gezählt, und wer nachher kam, wurde nicht mehr gezählt, der wurde bereits vom Bund
übernommen. Das hat nicht sehr zur Moral der Bundesländer gegenüber dem Bund beigetragen, und es
hat zu einer eklatanten Verletzung der dienstrechtlichen Bestimmungen geführt, die ja den Vertragslehrer
nicht vorsehen. Im Lehrerdienstrechts-Überleitungsgesetz 1962 gibt es ja diesen Begriff nicht.
Übrigens hat die Stadt Wien aus diesem Titel einen wesentlichen Überhang getragen, der sich in den
letzten Jahren um die 30,000.000 S bewegt hat.
Vielleicht noch ein Gesichtspunkt. Die Unhaltbarkeit dieser Frage verdeutlicht, daß, wenn an Stelle von
Dienstposten Mehrdienstleistungen treten, diese Schulstunden aufgeteilt und den Lehrern als
Mehrdienstleistung zugewiesen wurden. Es hat diese Kosten auch des Bundes übernommen. Die Länder
mußten sehen, wie sie sich aus dieser Schlinge ziehen konnten. Es war daher klar, daß der Paragraph 13
des Finanzausgleichsgesetzes reguliert werden mußte. Die Finanzreferenten sind da auf die Lösung mit
der 3prozentigen Umsatzsteuer bis 1968 eingestiegen und ab 1969 auf 3,5 Prozent als Abgeltung für
diesen 10prozentigen Kostenersatz, so daß es sich immer um eine reine Durchlaufpost handelt, wo das
Land nicht einen Schilling dazuzahlt, weil noch dazu eine Sicherungsklausel eingebaut ist, daß nämlich,
wenn dieser Betrag, den die Umsatzsteuer bringt, überschritten wird, der Bund diesen Betrag refundiert.
Sie werden nun fragen, warum überhaupt, wenn der Bund keinen Vorteil hat. Man hat hier in erster Linie
die Gründe der Sparsamkeit im Auge gehabt. Wenn die Länder die Möglichkeit haben, etwas einzusparen
- es handelt sich immerhin um einen ganz schönen Betrag -, werden sie helfen, bei den Budgetmitteln zu
sparen. Ich werde ein paar Beispiele anführen, wie man das in Niederösterreich handhabt. Interessant ist
die explosionsartige Steigerung dieser Ansatzpost. Im Rechnungsabschluß 1967 zum ersten Mal
aufgeschienen, waren es 57,500.000 S, im Voranschlag waren es noch 45,000.000 S. Mit dieser Zahl
hatte man ursprünglich gerechnet. 1968 waren es schon 74,000.000 S und im nächsten Budget sind es
bereits 105,800.000 S. Innerhalb von 3 Jahren hat sich also der 10prozentige Anteil - das muß man sich
in den Dimensionen vor Augen halten - der Pflichtschullehrerbesoldung von 45,000.000 auf 105,800.000
S erhöht. Das heißt, der Bund muß innerhalb dieser Zeit eine Erhöhung von 405,000.000 S auf über 1
Milliarde S in Kauf nehmen, und diese 1.000,000.000 S beziehungsweise der Betrag darüber ist wieder
jenes Drittel des niederösterreichischen Landesbudgets, das vor 1938 dazu gedient hat, um die
Lehrerbesoldung abzudecken. Sie sehen also, daß die Länder froh sein können, von dieser ungeheuren
Last nun wieder befreit zu sein.
Der Bund kommt praktisch für den größten Teil der Pflichtschullehrerbesoldung auf. Ich glaube aber
trotzdem, daß diese Lösung etwas kompliziert ist, daß man beim nächsten Finanzausgleich trachten
sollte, diese 10 Prozent wieder wegzubekommen, weil sie nichts bringen, weil sie nur den Effekt haben,
dass die Budgets der Bundesländer aufgebläht werden und ein ungeheurer Verwaltungsaufwand
erforderlich ist, um das Ganze zu bewältigen und die Verrechnung vorzunehmen.
Diese Beträge werden meines Erachtens nicht weniger hoch sein als jene Beträge, welche die Länder auf
diesem Gebiet über Anregung einsparen. Es ist auch vom pädagogischen Standpunkt nicht zu
verantworten, daß auf diesem Gebiet allzuviel gespart wird.
Bei den Berufsschulen sind die Dinge nicht so dramatisch. Hier war seit Jahren die Kostentragung 50:50.
Es gibt hier nur eine Steigerung um ungefähr 10 Prozent, nämlich von 21,200.000 auf 23,900.000 S. Es
kommt allerdings noch eine zusätzliche Forderung des Bundes dazu, die im kommenden Jahr 2,500.000
S ausmachen soll, nämlich erstmals die Refundierung der Erzieherbezüge bei den Berufsschullehrern,
weil auf Grund des Dienstrechtsüberleitungsgesetzes beziehungsweise der Novellierung nun der Bund
ausdrücklich diese anteiligen Erziehergehälter nicht übernimmt. Es wurde schon gesagt, dass auch eine
Erhöhung des Zweckzuschusses des Bundes zum Bauaufwand für die allgemeinbildenden Pflichtschulen
erfolgt ist. Wir haben in unserem alten Schulbaufondsgesetz schon seit 1949 die Forderung nach
Zuschüssen des Bundes erhoben, aber zum ersten Mal im Jahre 1967 normiert, daß der Bund auch
etwas zum Pflichtschulbau beizutragen hat; und zwar beträgt die Summe von 1967 bis 1968 je
50,000.000 S für ganz Österreich, und davon entfallen auf Niederösterreich 10,000.000 S, im heurigen
Jahr und im nächsten Jahr 75,000.000 S, und wir bekommen davon 15,000.000 S. 1971/72 soll dieser
Betrag auf 100,000.000 6, also für uns auf 20,000.000 S, erhöht werden. Das alles sind Zuschüsse, die
wir vom Bund bekommen, oder eine Erhöhung des Budgets, die durchaus nicht auf Kosten des Landes
geht. Der Herr Finanzreferent hat ganz deutlich gesagt, daß die 86,000.000 S die echte Investition auf
dem Schulbausektor darstellen, daß sich an diesem Betrag überhaupt nichts geändert hat. Wenn man
annimmt, daß auch für die Begabtenförderung praktisch fast nichts an mehr vorgesehen ist, dann müssen
wir ehrlicherweise zugestehen, daß das Budget auf dem Schulsektor keine Verbesserung bringt, daß
auch eine Schwerpunktbildung nicht feststellbar ist.
Nach dieser allgemeinen Übersicht ein paar Probleme, herausgegriffen aus der Gesamtproblematik. Ich
bin davon überzeugt, dass Herr Präsident Schoiber noch eine Übersicht über die Schulsituation geben
wird. Dabei will ich aber darauf verweisen, daß ein Bericht vorliegt, den Herr Präsident im Kollegium des
Landesschulrates gegeben hat, und ich möchte anregen, daß dieses sehr anschauliche Zahlenmaterial
möglichst allen Mitgliedern des Hohen Hauses zur Verfügung gestellt wird, weil es sicherlich eine sehr
brauchbare Unterlage für die Beurteilung der Situation auf dem Gebiete des Schulwesens darstellt. Ich
glaube, auf diese 60 Exemplare wird es nicht mehr ankommen. Ich könnte mir vorstellen, daß die
Mitglieder des Hohen Hauses diesen Bericht ebenfalls übermittelt bekommen.
Die Klassenschülerhöchstzahl wurde auf Grund des Schulgesetzes bekanntlich seit 1. September diesen
Jahres auf 36 herabgesenkt. Durch die steigenden Schülerzahlen, die in Niederösterreich immer wieder
festzustellen sind - heuer um 3947 mehr -, kommt es zu einem steigenden Klassen- und Lehrerbedarf.
Dazu noch die Klassenschülerhöchstzahlfestsetzung. Nun führt das in vielen Fällen zu einer
zwangsweisen Überschreitung, und zwar kann mit 1183 Pflichtschulklassen, Volks-, Haupt- und
Sonderschulklassen, polytechnischen Lehrgängen - das sind 19 Prozent der Gesamtklassen -, diese
Schülerhöchstzahl nicht eingehalten werden. 49 gaben als Begründung Raummangel an, 430 müssen
aus Personalmangel so geführt werden und 659 aus Raum- und Personalmangel.
Gestatten Sie mir ein paar Sätze zu der Diskussion über die Klassenschülerhöchstzahl und ihre
Einführung. Sie wissen, daß im Sommer zwischen den Parteien darüber lebhaftest diskutiert wurde. Auf
der einen Seite die Feststellung, es sei nicht möglich, diese Schülerhöchstzahl in den Schulen
einzuführen, die versteckte und oft auch offene Drohung, dass man unter diesem Titel - wenn man
gezwungen wäre, das Gesetz anzuwenden - einzelne Kinder aus höheren Schulen fernhalten, sie
abweisen muß, und auf der anderen Seite seitens meiner Partei die Sorge um die Durchlöcherung der
Schulgesetze 1962, weil hier, einmal begonnen, nicht abgesehen werden bann, wo die Dinge aufhören.
Die Schulgesetze 1962, das war klar, würden Geld kosten. Es war ebenfalls klar, daß sie von
verschiedenen Seiten angefeindet werden würden, von jener Seite, die jeweils als betroffene gelten
könnte, und daher einigte man sich, von diesen Zufälligkeiten, von diesen Mehrheitsbildungen, die rein
zufällig sind, wegzukommen auf einen Zweidrittelsatz.
Sie sind keine Verfassungsgesetze, aber sie haben praktisch die Qualität von Verfassungsgesetzen. Nun
sagen manche, das ist eine Fessel, sie können sich auf diesem Gebiete nicht frei bewegen. Wir können
nichts ändern, auch wenn Änderungen notwendig sind. Andere deuten an, daß es die Gefahr einer
Versteinerung geben wurde.
Dieser Zweidrittelschutz birgt die Gefahr in sich, daß das Schulwesen unter Umständen versteinert wird,
daß weitere Entwicklungen nicht oder nur schwierig möglich sind; das muß man ganz klar sehen. Er ist
aber auch ein wichtiger Schutz, daß es zu keiner Verschlechterungen kommt. In der letzten Zeit ist eher
über Verschlechterungen d s über Weiterentwicklungen die Rede. Sie müssen daher gerade die Haltung
meiner Partei verstehen, die gesagt hat, das Ziel von 36 ist eine pädagogische Norm, die optimale
Führung einer Klasse gewährleistet. Das ist ja nicht von ungefähr festgelegt worden, und es soll an dieser
Errungenschaft festgehalten werden. Es sind auch im Jahre 1369, nach der Beschlußfassung des
Reichsvolksschulgesetzes, die Dinge nicht alle so in Ordnung gewesen, aber es hat der gesetzliche
Auftrag bestanden, daß das durchzuführen war, und es wurde mit der Zeit auch erreicht. Ich glaube, daß
es auch jetzt möglich sein müßte, in einigen Jahren diese Zahl einzuhalten. Sechs Jahre war schon Zeit,
das Bundesministerium für Unterricht hat die Ziele gekannt, hat die Konsequenzen vor Augen gehabt; es
hätte daher möglich sein müssen, auf dem Gebiet mehr zu erreichen, als bisher erreicht wurde. Jedenfalls
wurde aus diesem Titel - dank der fortschrittlichen Haltung auch der Landeshauptleute, die hier
Erklärungen abgegeben haben - kein Kind von einer höheren Schule abgewiesen. Allerdings, muß ich
sagen, benutzt man dieses Problem dazu, um die von mir schon erwähnten Sparmaßnahmen etwas
rigoroser zu handhaben.
1188 Überschreitungen! Ich wage die Behauptung, daß da eine ganze Reihe dabei ist, die nicht unbedingt
notwendig wäre. Dort und da erklärten sich zum Beispiel Hauptschullehrer bereit, Mehrdienstleistungen zu
erbringen, um eine Klasse, etwa mit 42 Kindern, zu teilen. Das wird nicht genehmigt, weil man sagt, was
wollts, in der Nachbarschule sind 43 Kinder. Dort und da erklärten sich auch Lehrkräfte an Volksschulen
bereit, etwa eine Klasse lehrerlos zu führen, also ohne Klassenlehrer, nur durch die Betreuung von 2, 3
oder 4 Lehrern, die das als Mehrdienstleistung machen. Auch das wird nicht genehmigt, und man stellt in
dem Bericht sehr stolz fest, daß es in Niederösterreich nur 20 lehrerlose Klassen gibt, in Oberösterreich
aber über 400. Pädagogisch gesehen sind die lehrerlosen Klassen selbstverständlich bedenklich, aber in
Oberösterreich gilt anscheinend der Gesetzesauftrag mehr als in Niederösterreich. Wenn man also die
Führung dieser lehrerlosen Klassen aus Ersparnisgründen unterbindet, ist es klar, daß die Relation dann
so aussieht.
Nun zum Lehrermangel: Es könnte eine Rede über Schulprobleme nicht vorbeigehen, ohne dieses
Problem zu streifen. 750 Lehrer fehlen derzeit, und an der Pädagogischen Akademie in Baden - wir haben
heute ja das Vergnügen gehabt, die Studierenden auf der Galerie zu sehen - haben sich leider nur 120
gegenüber den erwarteten 250, die wir brauchten, um für die nächsten Jahre unseren Bedarf zu decken,
gemeldet. Es wurde verschiedentlich darüber gesprochen, welche Ursachen es sind, daß es in Baden das
erste Jahr so ziemlich danebengegangen ist. Ich glaube, daß die Frage des Standortes eine
entscheidende Rolle gespielt hat und auch die Tatsache, daß es nicht möglich war, auf dem Gebiet ein
Definitivum zur Verfügung zu stellen. Man hat die Leute mit einem Provisorium angeworben, und da
haben sich manche manches darunter vorgestellt. Ich darf sagen, dass das Provisorium den Umständen
entsprechend nicht schlecht ist und daß das möglichste getan wurde, um den Studierenden gute
Verhältnisse und Studienmöglichkeiten zu bieten.
Wie schaut es nun weiter aus? In der Katholischen Akademie in Krems wurde die Zahl von 150 erreicht,
die man sich vorgenommen hatte. Ich darf feststellen, daß jeder, der diese Schule gesehen hat,
beeindruckt ist von der Aufwendigkeit und Fortschrittlichkeit, mit der von der Kirche ein Schulhaus dort
hingestellt wurde. Ich glaube, es ist derzeit das modernste Schulgebäude, das es in Niederösterreich gibt.
Ich wollte, der Bund würde auch schon soweit sein und in Baden die gleichen Verhältnisse haben, wie sie
in Krems derzeit schon bestehen. Darüber hinaus werden in Wien noch 60 Studierende an der
öffentlichen und rund 60 Studierende an der Katholischen Pädagogischen Akademie aus Niederösterreich
gezählt, so daß wir rechnen können, daß derzeit 390 Niederösterreicher dem Lehrerstudium obliegen.
Abgesehen von der Tatsache, daß voraussichtlich nicht alle für Niederösterreich verfügbar sein werden,
besonders jene, die in Wien studieren, ist auch die Zahl 390 zu gering. Wir müssen unbedingt für die
nächsten zehn Jahre rund 450 Lehrkräfte jährlich haben, wenn wir einigermaßen mit dem Lehrermangel auf Sicht gesehen - zurechtkommen wollen. Es muß daher Baden dringend forciert werden. Meine
Fraktion war ursprünglich gegen die Errichtung in Baden und hat eine andere Alternative vorgeschlagen.
Nun ist es aber geschehen, nun muß man trachten, für Niederösterreich die entsprechende Anzahl von
Lehrern zu sichern. Dazu gdh6rt unter anderem auch die Schaffung von ordnungsgemäßen definitiven
Zuständen auf diesem Gebiet in Baden.
Ich darf vielleicht noch einiges über die Steuerung der Lehrerausbildung und Lehrerwerbung sagen. Auf
dieses Gebiet müssen wir ein Hauptaugenmerk legen. Wenn - hier benütze ich die zitierte Übersicht - der
Bezirk Amstetten im laufenden Schuljahr einen Bedarf von 90 Lehrkräften hatte, so konnte ihm nur eine
Zahl von 48 zugewiesen werden. Von diesen 48 stammen 25 aus dem eigenen Bezirk und 23 mußten von
auswärts zugewiesen werden. Bei Hollabrunn ist es so ähnlich. 49 Bedarf, 25 konnten nur zugewiesen
werden, 10 davon aus dem eigenen Bezirk, 15 mußten von auswärts zugewiesen werden. Auch bei Melk
ist es so ähnlich.
56 Bedarf, 29 zugewiesen, davon nur 12 aus dem eigenen Bezirk, und 17 mußten von anderen Bezirken
zugewiesen werden. Besonders kraß ist es in Scheibbs. Hier ist der Bedarf 39. (Zwischenruf bei der
ÖVP.) Das ist klar, mit der Gründung des Musisch-Pädagogischen Realgymnasiums werden sich gerade
in dem Bezirk die Verhältnisse wesentlich ändern, aber heuer sieht es noch so aus, daß von 12
zugewiesenen Lehrkräften nur 3 aus dem Bezirk stammen und 9 von anderen Bezirken genommen
werden mußten. Ähnlich liegen die Verhältnisse in Zwettl. Ich habe das mit gutem Grund hier etwas
ausführlicher behandelt.
Ich möchte noch eine Zahl, die ich nur vom Hörensagen kenne, hinzufügen. Der Bezirk Amstetten wird im
nächsten Jahr voraussichtlich rund 100 Lehrkräfte auf dem Pflichtschulsektor brauchen. Ich habe gehört,
dass aus dem Amstettner Bezirk derzeit insgesamt 7 studierende an den pädagogischen Akademien sind.
Meine Damen und Herren, man kann doch den verantwortlichen Stellen den Vorwurf nicht ersparen, daß
man die Streuung nicht besser bewältigt hat. Man kann mir nicht einreden, daß es im Bezirk Amstetten
nicht möglich ist, daß einmal der Bezirkshauptmann in die Schulen hinausgeht und sagt, Leutln, wir
brauchen Lehrer, kommt, wir helfen euch, wir geben euch ein Stipendium, daß auch einmal der
Bezirksschulinspektor in die Hauptschulen geht und für diesen Beruf wirbt. Er darf nicht nur immer wieder
mit den Jungen unzufrieden sein, die ihm nach einem Jahr davonrennen, sondern er soll selbst einmal in
seinem Bezirk etwas tun. Ich glaube, das ist ein wesentlicher Schlüssel zur Lösung dieser Probleme, der
aber leider bisher noch nicht gefunden wurde, zumindest nicht in dem Ausmaß, wie es notwendig wäre.
Dazu noch einen Vorschlag. Es geht um diese Verpflichtungsstipendien. Man hört immer wieder, daß sie
abgebaut werden sollen. Bekanntlich gibt es bei uns einen Landesregierungsbeschluß, wonach junge
Menschen, die die Absicht haben, den Lehrberuf zu ergreifen und in ein musisch-pädagogisches
Realgymnasium oder in eine höhere Schule zu gehen, ein Stipendium bekommen, wenn sie sich
verpflichten, durch fünf Jahre in Niederösterreich den Lehrberuf auszuüben.
Insgesamt haben 779 Kandidaten von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht; das hat bis jetzt eine
Summe von 7,700.000 S in Anspruch genommen.
Nun gibt es Bestrebungen, das abzuschaffen und zu sagen: Das ist nicht wirksam, weil der Nachwuchs in
den derzeitigen pädagogischen Akademien zu fast 50 Prozent nicht aus dem musisch-pädagogischen
Realgymnasium, sondern aus dem normalen Gymnasium und den übrigen höheren Schulen kommt.
Daher könne man das nicht erfassen. Ich bin aber nicht dieser Meinung, meine Damen und Herren. Man
kann an die höheren Schulen gehen, für den Lehrberuf werben und Stipendien anbieten, und wer sich
dafür entscheidet, soll sie in Anspruch nehmen. Derzeit haben insgesamt nur 4,1 Prozent das in Anspruch
genommene Stipendium nicht entsprechend verwertet, das heißt, sie sind dem Land Niederösterreich
diesen Anspruch schuldig geblieben und haben sich anderen Berufen zugewendet oder sie sind etwa an
die Hochschulen gegangen. Ich glaube, das ist ein Prozentsatz, den man in diesem Fall nicht in Kauf
nehmen kann, wobei man noch rechtlich klären müßte, ob nicht auch eine Rückforderung möglich wäre.
Ich würde daher vorschlagen, es nicht bei diesen 2,000.000 S bewenden zu lassen. Die Lehrerbildung in
den nächsten Jahren muß uns mehr wert sein, es müsste dafür eine wesentliche Erhöhung vorgenommen
werden.
Zu den Schulgesetzverhandlungen noch ein paar Sätze. Derzeit ist die Schule in der Bevölkerung, bei den
Eltern, bei den Lehrkräften, aber auch bei den Politikern im Gespräch. Es geht um das sogenannte 9.
Schuljahr, nicht um den polytechnischen Lehrgang.
Der polytechnische Lehrgang setzt sich durch, wenngleich nicht immer unbestritten; er beginnt sich zu
bewähren und Gestalt anzunehmen. Es geht jetzt vielmehr um das 13. Schuljahr an den
allgemeinbildenden höheren Schulen, das mit der Matura abschließt. Es gibt da Bestrebungen, die auf ein
Volksbegehren hinauslaufen, die also dafür sind, die Bevölkerung zu befragen. Die Initiative dazu geht
von Graz aus.
Ich glaube allerdings nicht, daß man auf ein solches Problem mit einem Volksbegehren reagieren kann,
daß man diese Frage mit einem Volksbegehren lösen kann, weil eine solche Lösung ja entscheidende
Informationen voraussetzt, bevor man eine Stellung beziehen kann. Ich bezweifle, daß ein großer Teil der
Bevölkerung sich über die diffizilen Fragen, die damit im Zusammenhang stehen, klar ist. Hätte man über
das Reichsvolksschulgesetz im Jahre 1869 abstimmen lassen, dann hätten wir jetzt - davon bin ich
überzeugt - noch immer nicht die achtjährige Schulpflicht, sondern würden noch immer bei den
Bestimmungen der Zeit vor dem Reichsvolksschulgesetz halten. Das sind meine Bedenken in dieser
Frage, wobei aber niemandem das demokratische Recht genommen wenden soll, im Sinne eines
Volksbegehrens vorzugehen. Aber ob das, was dann dabei herauskommt, wirklich im Sinne einer
fortschrittlichen Jugenderziehung liegt, kann nicht unbedingt bejaht werden.
Natürlich sind die Bedenken, die auf diesem Gebiet bestehen, teilweise berechtigt. Die Frage der
Gestaltung des Lehrplans der höheren Schule, die mangelnden Räume, die fehlenden Lehrer zur
Verwirklichung des 13. Schuljahres - das alles ist durchaus aktuell und noch nicht gelöst. Aber trotzdem
meine ich, daß man das Problem der höheren Schule als Gesamtproblem sehen müßte.
Die Volksschule als Grundschule steht klar als Typ vor uns. Wir haben uns auf ihn im Reorganisationsplan
geeinigt. Wir stehen damit in Niederösterreich nicht allein, sondern das ist eine gesamtösterreichische
Lösung, die sich praktisch überall durchgesetzt hat. Nicht unbestritten sind aber die weiterführenden
Stadien des Schulwesens, vor allem die Schule der Zehn- bis Vierzehnjährigen in der jetzigen Form ist
noch unlogisch zersplittert. Wenn in einer Altersgruppe drei verschiedene Schulkategorien vorhanden
sind, die von zwei verschiedenen Kompetenzen erhalten werden, so ist das nach meinem Dafürhalten
unökonomisch. Es wird materiell nicht richtig gearbeitet, und auch der rationelle personelle Einsatz ist auf
diese Weise nicht gesichert. Daher meine ich, ohne hier große Erklärungen abgeben zu wollen, dass man
in diesem Stadium darüber nachdenken müßte, wie man die Probleme der höheren Schule als
Gesamtproblem löst, bevor man darüber befindet, ob man das 13. Schuljahr nun termingemäß anlaufen
läßt oder eine Verschiebung ins Auge faßt.
Ein Hinweis noch auf die landesgesetzlichen Notwendigkeiten, die wir vor uns haben. Ich nenne hier in
erster Linie die seit zwei Jahren anstehende Novellierung des Pflichtschulorganisationsgesetzes. Wir
haben bei der Beschlußfassung alle miteinander das Versprechen abgegeben, daß die Bestimmungen
über die Berufsschulerhaltung demnächst in das Pflichtschulorganisationsgesetz aufgenommen werden
würden. Die Verhandlungen darüber haben sich aber schwieriger gestaltet, als wir das ohnehin befürchtet
haben. Wir waren uns darüber klar, daß eine Lösung nicht leicht sein wird, weil es ja um die Stellung, um
die Kompetenz des gewerblichen Berufsschulrates dabei geht. In diesem Punkt, wo es sich zum Teil um
die Notwendigkeit des gewerblichen Berufsschulrates überhaupt und zum Teil um seinen
Wirkungsbereich handelt, gehen die Meinungen sehr weit auseinander.
Einige andere Fragen habe ich schon im Vorjahr aufgezählt, sie sind nicht erst jetzt aktuell geworden,
sondern stehen schon eine Zeitlang zur Lösung an: die Regelung des Bildstellenwesens, die Frage des
Schülertransportes als Gesamtproblem und die Frage der Bildung einer Schulgemeinde dann, wenn ein
Schulsprengel nur geringfügig über den Bereich einer Gemeinde hinausgeht.
Meine Damen und Herren! Ich habe versucht, Ihnen kurz einige Probleme des Schulwesens aus
sozialistischer Sicht vor Augen zu führen. Ich bin der festen Überzeugung, dass die
niederösterreichischen Lehrer und Schulaufsichtsorgane auch unter den schweren Bedingungen, unter
denen sie jetzt zu arbeiten haben, Schule und Unterricht in Niederösterreich sichern, weiterführen und
erfolgreich fortsetzen werden, wie das auch in der Vergangenheit der Fall war. (Allgemeiner Beifall.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zu Wort gelangt Herr Abg. Präsident Schoiber.
Abg. SCHOIBER: Hohes Haus! Mein Vorredner, Herr Vizepräsident Abg. Grünzweig, hat schon das
rasche Ansteigen des 10prozentigen Ersatzes des Landes an den Bund für die Kosten der
Aktivitätsbezüge der Lehrer angeführt, ein Betrag, der tatsächlich in den letzten Jahren horrend gestiegen
ist. Herr Abg. Grünzweig hat auch erwähnt – ich stimme da mit ihm überein -, daß daraus dem Land keine
echte Mehrbelastung erwächst.
Diese Steigerung des 10prozentigen Anteils ist für unser Pflichtschulwesen symptomatisch und hängt mit
der erforderlichen Steigerung des Personalstandes zusammen. Tatsächlich gab es im Personalstand
Niederösterreichs noch nie so viele Lehrer wie derzeit. Waren es im Schuljahr 1958/59 5500 Lehrer, so
sind es heuer 7500.
In diesem Zusammenhang muß aber auch gesagt werden, daß es noch nie so viele Pflichtschüler gab wie
derzeit. Während wir vor zehn Jahren 140.000 Pflichtschüler hatten, ist diese Zahl jetzt auf 181.000
angestiegen, das bedeutet also ein Steigen um rund 40 Prozent innerhalb eines Zeitraumes von 10
Jahren.
Trotz der bedeutenden Personalvermehrung gibt es daher echte Personalschwierigkeiten, und es mußte
eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet werden, um einen geordneten Schulbetrieb aufrechterhalten zu
können.
So mußte also - und das hat auch schon mein Vorredner angeführt - in etwa 19 Prozent der Klassen die
gesetzlich festgelegte Klassenschülerhöchstzahl von 36 überschritten werden. Nun auch ein Wort zur
Führung der lehrerlosen Klassen. Diesen Ausdruck wird ein Nichtlehrer kaum verstehen, denn die Klasse
hat natürlich Lehrer, aber sie hat nicht einen, sondern mehrere Lehrer, etwa 3 oder 4, mitunter sogar 5;
auch das ist dann nicht mehr schön. Eine solche Einrichtung hat es vor vielen Jahren gegeben, und zwar
als Sparsystem. Die Älteren unter uns werden sich daran noch erinnern können. Nun ist die Führung einer
solchen lehrerlosen Klasse sehr problematisch, vor allem dann, wenn es die Unterstufe trifft. Wir haben
auch im Einvernehmen mit sämtlichen Herren Landesschulinspektoren festgelegt, daß in der 1. und 2.
Volksschulklasse dieser Zustand nicht eintreten soll, in der 4. Klasse wird er dort toleriert, wo es
notwendig ist.
Wenn wir heuer etwas sparsamer gewesen sind, hat das vielleicht einen besonderen Grund. Der Herr
Vizepräsident hat das kommende Jahr angeführt, er hat die Aussichten etwas trübe dargestellt, .und es ist
wirklich so, daß das kommende Schuljahr allerlei Schwierigkeiten bringen wird. Wir werden im
kommenden Schuljahr froh sein, wenn wir in vermehrtem Ausmaß auf diese nicht sehr angenehme
Einrichtung zurückgreifen können. Sehr viele Möglichkeiten anderer Art wird es gerade in diesem Jahr
nicht geben.
Es ist daher auch die Mehrdienstleistung relativ hoch angewachsen, es ist auch die Bewilligung zur
Führung von Freifächern rigoros gehandhabt worden. Nun wäre es aber irrig zu meinen, daß sich diese
Verhältnisse in naher Zukunft entscheidend bessern können. Es wird zweifellos noch eine Reihe von
Jahren dauern, bis die gesetzlich festgelegte Klassenschülerzahl durchgehend eingehalten werden kann,
obwohl auch ich mich selbstverständlich aus pädagogischen Überlegungen dazu bekenne, daß es ein
sehr erstrebenswertes Ziel ist, daß die festgelegte Zahl für die Arbeit in der Klasse das Maximum dessen
ist, was man einem Lehrer zumuten kann. Die Schwierigkeiten liegen auf zwei Ebenen, und zwar sowohl
auf der personellen als jauch auf der räumlichen Ebene.
Die Zahlen haben sich mittlerweile verschoben; wenn ich aber rund 700 Klassen zusätzlich mit Beginn
dieses Jahres gebraucht hätte, wäre der gesetzliche Schulerhalter verpflichtet gewesen, zusätzlich zu
allen anderen Bedürfnissen, die schon in einem Bauprogramm, das auch den Schulbaufonds betrifft,
festgelegt sind, dafür Sorge zu tragen, daß diese 700 Klassen auch erbaut worden wären. Wenn ich nun
als Klassendurchschnitt rund 800.000 S nehme - ich glaube, das entspricht der gegenwärtigen Lage -, so
bin ich überzeugt, daß wir diese zusätzliche Belastung, die notwendig ist und die wir selbstverständlich
auch bejahen, in kurzer Zeit nicht verkraften können. Zur personellen Seite darf ich folgendes sagen:
Natürlich kann man feststellen, daß zuwenig geschehen ist; darf ich aber darauf hinweisen, daß die
Steigerung des 10prozentigen Anteiles allein beweist, daß hier sehr viel geschehen ist. Wenn nach dem
Jahre 1962 jährlich 300 bis 400 Lehrer eingestellt worden sind, wenn sich diese Zahl im Schuljahr
1967/68 auf 600 erhöht hat, so zeigt das doch, daß tatsächlich Anstrengungen gemacht worden sind.
Diese Zahlen sagen vielleicht nicht alles, sie werden aber sehr lebendig, wenn man sie mit den alten
Ausbildungsquoten der früheren Lehrerbildungsanstalten zu einer Zeit, als keine zusätzlichen
Maßnahmen getroffen werden konnten, vergleicht. Das normale Ausbildungsergebnis an diesen
Lehrerbildungsanstalten war die Reiferklärung von den Schülern von fünf Jahrgängen, etwa im Schnitt 25
pro Jahrgang; wenn ich dazu noch eine Klasse Arbeitslehrerinnen rechne, kommen also noch weitere 25
dazu, das ergibt rund 150 Lehrer. Wenn wir nun 300, 400 und im Maximum sogar 600 eingestellt haben
und diese Zahl vervierfachen, kann man doch nicht sagen, es sei zuwenig geschehen. Auch diese
Möglichkeit hat irgendwo eine Grenze. Ich habe vor einiger Zeit in der Zeitung „Der Pflichtschullehrer",
dem Organe der Gewerkschaft, einen sehr ernsten Artikel gelesen, in dem die Lehrersituation in den
verschiedenen Ländern dargestellt wurde und für das Jahr 1970 das Defizit an Lehrern für die einzelnen
Länder aufgezählt ist. Daß wir in allen westlichen Ländern einen Mangel aufweisen, wissen wir.
Gewundert hat mich allerdings, daß auch in der Sowjetunion, dem Land der perfekten Wirtschafts- und
Berufsplanung, ein echter Lehrermangel im Jahre 1970 besteht.
Das zeigt, daß alle Bemühungen eine natürliche Grenze haben. Ich bin dafür, daß wir unsere
Anstrengungen hier verstärken, dass auch in den Bezirken mit mehr Nachdruck darauf hingewiesen wird,
wie notwendig es ist, genügend Lehrer zu haben. Die Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben, wenn aus
fremden Bezirken Leute zugewiesen werden müssen, ist uns bestens bekannt. Tatsächlich studieren rund
390 Niederösterreicher nunmehr an den pädagogischen Akademien, und ich hoffe nur, daß durch gezielte
Werbung - und es sind etliche Maßnahmen schon mitten in Bewegung - die Zahl der Studierenden im
kommenden Jahr erheblich gesteigert werden kann. Die Standortwahl noch einmal aufzurollen, scheint
mir nicht sehr zweckmäßig zu sein. Im übrigen glaube ich, hier folgendes erwähnen zu dürfen: Natürlich
hat es verschiedene Meinungen gegeben, aber ich glaube nicht, daß eine Lagerung der zwei Akademien
St. Pölten und Krems bei der nahen Entfernung mehr Studierende erbracht hätte. Ich bin davon
überzeugt, daß die Studierenden des gesamten Südbahnraumes weder nach Krems noch nach St. Pölten
gekommen wären. Ich bin der Meinung – und ich glaube, das wird sich ziemlich genau auch beweisen
lassen -, daß sich dann die Zahl der jetzt studierenden wahrscheinlich auf beide Anstalten aufgeteilt hätte.
Ich halte dafür, daß gerade in jenem Viertel, wo die größte Anzahl von Studierenden zu finden ist, eine
pädagogische Akademie bestehen soll.
Ich nehme mit Genugtuung zur Kenntnis, daß sich auch der Herr Vizepräsident dazu bekannt hat, alle
Bestrebungen zu unterstützen. Ich glaube, es liegt in unserem gemeinsamen Interesse, alles
vorzukehren, damit sich die Schulprobleme in personeller Hinsicht möglichst bald bessern.
In der Frage der Stipendien will ich den Anschauungen meines Vorredners gar nicht widersprechen,
möchte aber einen neuen Aspekt in diese Situation bringen. Bekanntlich gibt es an den pädagogischen
Akademien Studienförderungsmaßnahmen mit den gleichen Ansätzen wie an den Hochschulen. Leider
sind die Richtsätze zur Erlangung eines solchen Stipendiums so niedrig, daß es eine nicht unbeträchtliche
Anzahl von Fällen gibt, wo die Bewerber, bei denen das Einkommen des Vaters nur etwas über den
Richtsätzen liegt, kein Stipendium bekommen und wo man mit ruhigem Gewissen sagen kann, dass sie
es ohne weiteres verdienen würden. Ich stelle daher zur Erwägung, in der Ansatzpost 291-62 auch solche
Fälle zu berücksichtigen. Ich halbe hier den Fall einer Studierenden, deren Vater Lehrer ist und für vier
Kinder zu sorgen hat. Der Mann macht zufällig jetzt einige Überstunden, muß das bei der Bewerbung um
das Stipendium angeben und kommt dadurch über den Richtsatz. Wenn sich aber von diesen vier Kindern
drei im Studium befinden, so muß man wohl zugeben, daß hier eine echte Berechtigung für die
Gewährung eines Stipendiums vorliegt. Ich bitte Sie daher, sich mit diesen Gedanken zu beschäftigen.
Vielleicht kann man in solchen speziellen Fällen auf die vorhin erwähnte Weise helfen.
Noch ein Wort zur Frage der Klassenschülerhöchstzahl. Wir können also derzeit mit dem besten Willen
die Forderung des Gesetzes - ich betone nochmals, daß es noch eine Reihe von Jahren dauern wird –
nicht erfüllen. Wir stehen damit nicht allein da, sondern finden Parallelen in allen anderen Bundesländern,
mit Ausnahme von Wien. Ein Beweis dafür ist, daß sich in den entscheidenden Tagen des Juni, wo dieses
Problem zur Debatte gestanden ist, alle Herren Landeshauptleute in gleicher Weise geäußert haben. Im
Jahre 1962 wurde in mühevollen Verhandlungen durch das Schulgesetzwerk dieses Jahres die
Rechtsgrundlage unseres Schulwesens hergestellt. 1968 ist diese Gesetzmäßigkeit wieder in Frage
gestellt. Ich glaube schon, daß es notwendig wäre - nachdem es sich nicht um eine Erscheinung des
Augenblicks handelt, sondern, ich muß es leider aussprechen, um eine Erscheinung, mit der wir
voraussichtlich einige Jahre zu kämpfen haben werden -, diese Frage in einer Weise zu erledigen, die die
gesetzmäßige Führung der Klassen gewährleistet. Ich erlaube mir daher, in diesem Zusammenhang
folgenden Resolutionsantrag zu stellen (liest):
„Die Landesregierung wird aufgefordert, bei der Bundesregierung vorstellig zu werden, daß durch
geeignete gesetzgeberische Maßnahmen die Regelung der Klassenschülerhöchstzahl derart erfolgt, daß
eine gesetzesgemäße Führung der Klasse möglich ist.
Trotz aller dieser Schwierigkeiten kann ich aber dem Hohen Haus auch von einigen schönen Erfolgen in
unserem Bemühen, unser Schulwesen in quantitativer und qualitativer Hinsicht leistungsfähig zu
gestalten, berichten. Die Schulreorganisation wurde planmäßig weitergeführt, so wie es in meinem
Einleitungsreferat anläßlich der Schulenquete geheißen hat: ,,Sinnvoll überlegte Verbesserung,
zumindestens stufenweise, aber konsequent und im Rahmen eines Gesamtplanes"; und diesen Weg
wollen wir tatsächlich weitergehen. Ich darf berichten, dass die Anzahl der wenig gegliederten
einklassigen Schulen wieder wesentlich gesunken ist.
Wir stehen jetzt bei 322 beziehungsweise 22 Prozent. Wenn ich erwähne, daß seinerzeit die Höchstzahl
448 war, so ist das ein um so beachtlicheres Ergebnis. In dem gleichen Maße sind die vierklassigen
Schulen gestiegen, und zwar von seinerzeit 186 auf 263. Der Abschöpfung der Oberstufen an den
Volksschulen ist ein gleicher Erfolg beschieden gewesen. Der Herr Präsident Sigmund hat in seiner Rede
erklärt, daß Wien die größte Anzahl von zweizügig geführten Hauptschulen hat. Ich glaube, hier erkennt
man das Problem nicht richtig. Entscheidend ist meiner Meinung nach, welcher Prozentsatz der
Pflichtschüler eine Hauptschule besucht. Und diesbezüglich - das ist eine völlig neue Zahl, die ich erst vor
einigen Tagen errechnet habe - liegt Niederösterreich an der Spitze. In Niederösterreich besuchen
insgesamt 32,9 Prozent der gesamten Pflichtschüler eine Hauptschule. Es folgen Kärnten, Wien,
Salzburg, Steiermark, Oberösterreich. Vorarlberg liegt mit 20,4 Prozent an letzter Stelle. Der
österreichische Durchschnitt beträgt 27,4 Prozent. Die weitere Ausdehnung des Hauptschulnetzes, die
Abschöpfung der Oberstufen, die Zuführung von Schülern an die Hauptschulen ergibt naturgemäß eine
Reihe von Problemen, vor allem personeller Natur. Noch haben wir zuwenig geprüfte Hauptschullehrer.
Aber auch hier wurden sehr wirkungsvolle Maßnahen eingeleitet. Zur Erleichterung der Vorbereitung für
die Ablegung der Hauptschulprüfung wurden für die bildungsfreudige Lehrerschaft zusätzliche Orte
festgelegt, an denen Hauptschulkurse abgehalten werden. Wir führen zur Zeit neben den traditionellen
Kursorten Wiener Neustadt und Krems Kurse in Waidhofen an der Thaya, Hollabrunn, Mistelbach und
Amstetten durch. Diese Kurse werden von insgesamt 878 Hörern besucht. Wenn wir diese rege
Kurstätigkeit durch vier oder fünf Jahre fortführen, bin ich überzeugt, daß sich die Situation im
Personalstand unserer Hauptschulen ganz wesentlich verbessert hat und vor allem die derzeitige Zahl
von 37 Prozent ungeprüfter Hauptschullehrer entscheidend herabgesetzt wird. Bei allen geplanten
Verbesserungen spielt natürlich auch die materielle Seite eine Rolle: der Neubau, Zubau und Umbau. Es
ist nicht notwendig, die Leistungen der Gemeinden und des Schulbaufonds heute besonders
hervorzuheben. Wenn ich aber erwähnen darf, daß von den rund 6000 Klassenräumen, die an unseren
Pflichtschulen in Verwendung stehen, rund 1950 neu erbaut oder vollständig renoviert sind, so sagt das
vielleicht mehr als die Zahl der erbauten Schulen, weil daraus der Umfang und das Ausmaß zu ersehen
sind. Das heißt, dass es sich fast bei einem Drittel aller Klassen um Räume handelt, die erst nach dem
zweiten Weltkrieg erbaut oder vollständig renoviert worden sind. Trotz der erbrachten Leistungen im
Zusammenwirken mit dem Schulbaufonds werden diese Einrichtungen noch viele Jahre in gleicher Weise
wirksam werden müssen, damit schließlich und endlich jenes äußere Bild und jene Ausstattung unserer
Schulen Wirklichkeit werden, die wir in unseren Zielvorstellungen anstreben. Das vom Kuratorium
festzulegende Jahresprogramm, das auf lange Sicht geplant und sinnvoll ist, vor allem in bezug auf die
Wohnungen der Lehrer, kann nur dann voll wirksam werden, wenn auch die finanziellen Mittel im
erforderlichen Ausmaß zur Verfügung stehen.
Ich richte daher an den Herrn Finanzreferenten - er ist leider im Augenblick nicht hier, aber ich nehme an,
daß er davon Mitteilung erhält - das dringende Ersuchen, die im Landesvoranschlag als Landesbeitrag
festgesetzte Summe im Nachtragsvoranschlag mindestens um jenen Betrag zu erhöhen, der notwendig
ist, um den gleichen Landesbeitrag wie im Jahre 1968 zu erreichen.
Weiter erlaube ich mir, um alle Bemühungen um den Schulbau sinnvoll in die Raumordnungskonzepte
einzuordnen, einen Antrag zu stellen, der zum Ziel hat, daß das vom Kuratorium des Schulbaufonds
erstellte Raumprogramm durch Verordnung im Rahmen der gesamten Raumplanung als verpflichtend
festgelegt wird.
Ich erlaube mir, den Wortlaut dieses Antrages zu verlesen. Er lautet (liest):
„Die Landesregierung wird aufgefordert, ein den Bestimmungen des NÖ. Schul- und
Kindergartenfondsgesetzes, LGBl. Nr. 1031 1968, und des NÖ. Raumordnungsgesetzes, LGBl. Nr.
275/1968, entsprechendes Schulbauprogramm zu erstellen und Vorsorge zu treffen, daß aus der
Wohnbauförderung zur Schaffung des erforderlichen Wohnraumes für die Schulleiter und Lehrer an den
von diesem Programm erfaßten Schulen entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt werden können."
Ein Wort noch zu den kaufmännischen und gewerblichen Berufsschulen:
Die Einführung des 9. Schuljahres kommt in bezug auf die Schülerzahlen im Schuljahr 1968/69 letztmalig
zur Auswirkung. Wir werden also im nächsten Schuljahr mit einer erheblich größeren Zahl von Schülern
zu rechnen haben. Durch die rechtzeitig getroffenen Maßnahmen, wie Errichtung von
Landesberufsschulen, Auflassung von Gebietsberufsschulen, Erweiterung und Abänderung der
Schulsprengel und Umschulung in andere Bundesländer, können alle Lehrlinge Niederösterreichs bis auf
ganz wenige, die Splitterberufen angehören, in Fachklassen unterrichtet werden.
Erstmalig war es auch möglich, Vertragslehrer für ein Jahr zu beurlauben, damit sie den Lehrgang zur
Vorbereitung auf die Lehramtsprüfung für gewerbliche und kaufmännische Berufsschulen an den
berufspädagogischen Instituten in Graz beziehungsweise Innsbruck besuchen können.
Die schulorganisatorischen und pädagogischen Fortschritte auf diesem Sektor sind also durchaus
beachtlich. Trotzdem gilbt es aber auch einige Schwierigkeiten, die mit dem derzeit in Geltung stehenden
Ausführungsgesetz des Landes zum Schulzeitgesetz im Zusammenhang stehen. Vor allem gibt es
differente Bestimmungen bezüglich der Schuljahreseinteilung an den allgemeinbildenden und
berufsbildenden Schulen.
Die Änderungswünsche, die hiebei sowohl aus Kreisen der Lehrerschaft als auch aus Kreisen der
Wirtschaft immer wieder geäußert werden, bedeuten im wesentlichen eine Angleichung der
Bestimmungen für das berufsbildende Pflichtschulwesen an diejenigen des allgemeinbildenden
Pflichtschulwesens. Da diese Wünsche zweifellos eine Berechtigung haben und sowohl Für die Wirtschaft
als auch für die Lehrerschaft manch längst geforderte Erleichterungen bringen, erlaube ich mir, folgenden
Resolutionsantrag zu stellen (liest):
„Die Landesregierung wird aufgefordert, an Hand der Grundsatzbestimmungen des Schulzeitgesetzes,
BGBl. Nr. 193/1964, zu prüfen, inwieweit der Begriff ,Schuljahr' und die Regelung der schulfreien Tage
gemäß dem NÖ. Schulzeitgesetz, LGBl. Nr. 287/1965, die für allgemeinbildende Pflichtschulen und
berufsbildende Pflichtschulen verschieden sind, an jene für die allgemeinbildenden Pflichtschulen
angeglichen werden können, und bejahendenfalls dem Hohen Landtag einen diesbezüglichen
Gesetzentwurf zur Beratung und Beschlußfassung vorzulegen."
Ich bitte um Annahme dieses Antrages. Ich möchte heute die Gelegenheit wahrnehmen, um auf eine
Arbeit hinzuweisen, die an unseren Pflichtschulen von Lehrern und Schülern auf freiwilliger Basis geleistet
wird und die für unsere Jugend, darüber hinaus aber auch für die Allgemeinheit, schon sehr beachtliche
Früchte gezeitigt hat. Ich meine die Arbeit im Österreichischen Jugendrotkreuz. Die von der Landesleitung
des Österreichischen Jugendrotkreuzes veranstalteten Kurse für häusliche Krankenpflege, für
Rettungsschwimmen, die Verkehrserziehung, die sie durchführt, die Mopedfahrerprüfungen, die sie
abnimmt, usw., sind wertvolle Bereicherungen der rein schulischen Arbeit und tragen sehr wesentlich
dazu bei, die menschlichen Beziehungen über alle Unterschiede und Gegensätze \hinweg zu vertiefen
und zu fördern.
In diesem Zusammenhang darf erwähnt werden, daß die Hauptschule Brunn am Gebirge in der Zeit vom
27. bis 31. Mai sogar eine Schulklasse aus Varasdin begrüßen durfte. Dies zeigt, daß durch diese Arbeit
Verbindungen geschaffen wurden, die als ein äußerst wichtiger Beitrag zur internationalen Verständigung
gewertet werden können. Daß im Sinne des Wahlspruches des Österreichischen Jugendrotkreuzes,
„Dienen und helfen", auch durch die von den Schülern freiwillig geleisteten Opfergroschen gar manche
soziale Tat gesetzt werden konnte, ist ein weiterer Aspekt dieser Arbeit.
Aber nicht nur in kleinen Leistungen zeigt sich diese soziale Hilfsbereitschaft. Ich darf heute dankbar
erwähnen und dem Hohen Haus zur Kenntnis bringen, daß anläßlich des 20jährigen Bestehens der
Landesleitung Niederösterreich des Österreichischen Jugendrotkreuzes dem Roten Kreuz als Geschenk
der Schuljugend unseres Landes übergeben wurden: ein Wasseraufbereiter, ein Tankwagen, ein
Landrover, eine aufladbare Küche, alle vier Fahrzeuge mit Funk ausgestattet, Gesamtwert 700.000 's.
(Beifall im ganzen Haus.)
Das ist eine Tat, für die auch einmal in diesem Hause der Jugend unseres Landes und den
verantwortlichen Funktionären des Österreichischen Jugendrotkreuzes ein aufrichtiges „Danke" gesagt
werden soll. (Neuerlicher Beifall im ganzen Haus.)
Nun noch einige kurze Bemerkungen zum 9. Schuljahr an den höheren Schulen. Es ist richtig, daß dieses
Problem derzeit zur Debatte steht, aber es ist ebenso richtig, dass nicht nur das 9. Schuljahr, sondern
überhaupt das Problem der höheren Schule zur Debatte steht. Ich glaube sagen zu dürfen, daß die
Gestaltung der Schule der Zehn- bis Vierzehnjährigen keine weltanschauliche und keine politische,
sondern lediglich eine Frage ist, bei der entschieden werden soll, durch welche Organisation des
Schulwesens die gesellschaftspolitischen Aufgaben, Forderungen, ja Herausforderungen unserer Zeit am
besten bewältigt werden können. Ich halte es daher für nicht sehr zweckdienlich und der Sache wenig
nützend, mit vorgefaßten Meinungen in diese Debatte einzutreten. Ein objektives Abwägen aller
Möglichkeiten, wobei sowohl die bildungspolitischen als auch die materiellen Aspekte entsprechende
Berücksichtigung finden müßten, wäre meiner Meinung nach der einzige Ausgangspunkt bei den
Debatten um die höheren Schulen. Konkret wird man allerdings zu diesem Problem erst Stellung nehmen
können, wenn gut überdachte, wohlvorbereitete Vorschläge vorliegen. Das ist allerdings eine Sache des
Bundes, und wir werden uns mit diesen Problemen, wenn überhaupt, nur am Rande beschäftigen
müssen.
Zur Schülerexplosion und all den Schwierigkeiten, die damit zusammenhängen, auch auf dem Sektor der
höheren Schule, möchte ich nur eines sagen: Nicht nur Österreich ist in dieser Situation, sondern fast alle
Länder Europas haben im gegenwärtigen Augenblick die gleichen Probleme zu bewältigen. Ich habe hier
eine Nummer der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" aus dem Juli 1967. Da ist ein Bericht über
Deutschland enthalten, und zwar über jenes Land, das Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, vor
einigen Jahren besucht haben, nämlich Hessen. Da steht wortwörtlich dasselbe, worüber wir im
gegenwärtigen Augenblick zu verhandeln haben. Ich meine nur damit sagen zu müssen, wir kennen diese
Schwierigkeiten, diese Anliegen, und wir sind sehr bestrebt, auf allen Gebieten, soweit es irgendwie
möglich ist, Erleichterungen zu suchen. Wenn ich heute ein ungeschminktes Bild der Situation der
Schulen in Niederösterreich gegeben habe, so muß, glaube ich, jeder objektiv Beurteilende erkennen, daß
es in Niederösterreich hinsichtlich der Entwicklung unseres Schulwesens keinen Stillstand gibt. Das trifft
auf alle Schulkategorien zu. Wir leben in einer Zeit, in der der dauernde Wandel im Wirtschaftsleben und
der ständige Wissenszuwachs auch eine permanente Anpassung der schulischen Arbeit an diese
Gegebenheit erfordern. Es kann sich auch die Pflichtschule der Aufgabe nicht verschließen, einerseits
einen Kulturumblick zu geben und im Sinne einer echten Werterkennung tätig zu sein und
anderseits die Grundlage für eine solide Berufsausbildung zu geben. An uns wird es liegen, für diese
wichtige schulische Arbeit auch weiterhin mit Konsequenz und Energie jene Voraussetzungen zu
schaffen, die notwendig sind, um die Erfüllung dieser Aufgaben zu gewährleisten. (Beifall im ganzen
Hause.)
Dritter PRÄSIDENT REITER: Ich unterbreche die Beratungen über den Voranschlag des Landes
Niederösterreich. Die nächste Sitzung des Landtages findet morgen, den 11. Dezember 1968, um 9 Uhr
statt. Die Beratungen über den Voranschlag werden mit der Spezialdebatte über die Gruppe 2 fortgesetzt.
Die Sitzung ist geschlossen.
Schluß der Sitzung um 21 Uhr 2 Minuten.
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