- Rixecker

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Repetitorium im Öffentlichen Recht Große Fälle
Prof. Dr. Roland Rixecker
„Freie, geheime und gleiche Wahlen“
Verfassungsrecht, Verfassungsprozessrecht (GF 004)
Sachverhalt
Am XX.YY.20ZZ fanden die Wahlen zum xxten Deutschen Bundestag statt. Bei diesen
Wahlen kandidierten die Partei „Die Rebellen“ (R), die 5,1 % der Zweitstimmen errang,
sowie die Partei „Die Nationalen“ (N), die 4,9 % der Zweitstimmen auf sich vereinigen
konnte.
Im Vorfeld der Wahlen, rund einen Monat nach Bekanntgabe des Wahltermins durch den
Bundespräsidenten, hatte die Bundesregierung in allen überregionalen Tageszeitungen
eine Anzeige geschaltet mit dem Titel: „Die Bundeskanzlerin informiert: In der Finanzkrise
hat sich die C-Partei-Bundesregierung bewährt. Unsere Sparguthaben sind sicher. Unsere
Wirtschaft floriert. Sichern Sie die Zukunft Deutschlands. Am XX.YY.20ZZ sind
Bundestagswahlen!“.
Die Aufstellung der Landesliste der R im Bundesland S erfolgte (im Hinblick auf die
Neugründung der R) auf einer Mitgliederversammlung, zu der 599 Mitglieder erschienen
waren. Die Satzung der R sieht vor, dass bei der Reihenfolge der Kandidaturen Frauen
und Männer abwechselnd aufgestellt werden müssen. In dem Saal, in dem die
Mitgliederversammlung zur Aufstellung der Landesliste stattfand, waren drei Wahlkabinen
aufgestellt. Sie waren bei den Wahlen so überlastet, dass die meisten Mitglieder den
Wahlzettel auf den Knien ausfüllten. Gewählt wurden für Platz 1 der A, für Platz 2 der B,
der gegen die C mit – ausgezählten – 301 gegen 298 Stimmen gewann. B wurde später
auch zum Abgeordneten gewählt. Eine spätere, nach dem Wahltag durchgeführte
Nachzählung ergab, dass in Wirklichkeit 3 Stimmen als ungültig zu betrachten waren und
B und C je 298 Stimmen erhalten hatten. Es stellte sich auch heraus, dass der türkische
Staatsangehörige M an der Wahl mitgewirkt hatte. Offensichtlich hatte die
Mandatsprüfungskommission der Mitgliederversammlung der R sich – nur – von ihm den
Personalausweis nicht vorlegen lassen.
Nach dem Wahltag erhob der deutsche Wahlberechtigte S, der Mitglied der N ist,
Einspruch gegen die Wahlen. Er stützte sich darauf, dass die Aufstellung der Kandidaten
der R wegen Mitwirkung eines ausländischen Staatsbürgers wegen Verletzung des
Grundsatzes der geheimen Wahl und wegen des Zählfehlers rechtsfehlerhaft sei. Auch
sei die 5 %-Klausel des deutschen Wahlrechts europarechts- und verfassungswidrig.
Nachdem der Deutsche Bundestag den rechtzeitig erhobenen Einspruch – unter
Mitwirkung des B - zurückgewiesen hat, erhebt S 1 Monat nach Zustellung der
Entscheidung über seinen Einspruch, Beschwerde zum Bundesverfassungsgericht.
Er trägt nunmehr zusätzlich vor, dass der Beschluss des Deutschen Bundestages wegen
Mitwirkung eines befangenen Abgeordneten, nämlich des B, unwirksam sei, und dass,
was zutrifft, verschiedene private Institutionen über Twitter schon mehrere Stunden vor
Abschluss des Wahltages Prognosen über den Ausgang der Wahlen publiziert hatten.
Auch die F-Fraktion, die 5,2 % der Zweitstimmen erhalten hat, erhebt nunmehr aus
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grundsätzlichen Erwägungen Beschwerde, stützt sich aber ausschließlich auf die
Twitterprognosen, die ein Überschreiten der 5 %-Sperrklausel durch F für
unwahrscheinlich erklärt und daher – nach Auffassung der F – zahlreiche Sympathisanten
der F von einer Stimmabgabe für F abgehalten hätten, sowie auf die von ihr für unzulässig
gehaltene „Wahlwerbung“ der Bundeskanzlerin.
Wie wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden?
§ 6 Abs. 6 BWahlG
Bei Verteilung der Sitze auf die Landeslisten werden nur Parteien berücksichtigt, die mindestens fünf vom
Hundert der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen erhalten… haben.
§ 21 Abs. 1 Aufstellung von Parteibewerbern
Als Bewerber einer Partei kann in einem Kreiswahlvorschlag (das gilt nach § 27 Abs. 5 entsprechend für
Landeslisten) nur genannt werden, wer nicht Mitglied einer anderen Partei ist und in einer
Mitgliederversammlung zur Wahl eines Wahlkreisbewerbers oder in einer besonderen oder allgemeinen
Vertreterversammlung hierzu gewählt worden ist.
§ 21 Abs. 3 BWahlG
Die Bewerber und die Vertreter für die Vertreterversammlungen werden in geheimer Abstimmung gewählt.
§ 21 Abs. 5 BWahlG
Das Nähere über … das Verfahren für die Wahl des Bewerbers regeln die Parteien durch ihre Satzungen.
§ 17 Abs. 1 WahlPrüfG
Von der Beratung und Beschlussfassung im Wahlprüfungsverfahren ist der Abgeordnete ausgeschlossen,
dessen Wahl zur Prüfung steht.
§ 32 Abs. 2 BWahlG
Die Veröffentlichung von Ergebnissen von Wählerbefragungen nach der Stimmabgabe über den Inhalt der
Wahlentscheidung ist vor Ablauf der Wahlzeit unzulässig.
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