Nelkenwurz in der Medizin früher und heute

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Sandra Kunz | Kapuzinerstraße 22 | 94032 Passau
Lebendiges Wissen
aus früheren Zeiten
Echte Nelkenwurz – Geum urbanum
Sandra Kunz | Kapuzinerstraße 22 | 94032 Passau
Über den Namen:
Die Nelkenwurz hat ihren Namen daher, weil in ihrer Wurzel Eugenol enthalten ist, das den
typischen Nelkenduft ergibt. Dieses Eugenol ist ebenso in Gewürznelken (in höherer
Konzentration) enthalten.
Weitere Namen: Caryophyllata urbana, Caryophyllata vulgaris, Benediktenkraut,
Benediktenwurz, Märzwurz, Hasenaug, Heil aller Welt, Mannskraft, Garoffel, Nardenwurzel,
Weinwurzel, Wilder Sanikel, Heilnarsch, Garafelwurz, Gariofilat, Sanamunda, Sahnkraut.
Geschichte: Sanamunda wurde die Nelkenwurz im Mittelalter genannt. Sie wurde bei
zahlreichen Krankheiten geschätzt (deshalb auch der Name: Heil aller Welt). Ebenso wurde
sie zu Heilzwecken als Gewürz in Speisen verwendet. Die Hildegard von Bingen hat die
Nelkenwurz zum „Entflammen der Liebe“ empfohlen und auch der Wein würde einen
edleren und lieblicheren Geschmack annehmen, füge man Nelkenwurz hinzu. Außerdem
stärke das Getränk das Hirn und erquickt das Herz. Im Bier hat die Wurzel vor dem
Sauerwerden geschützt.
Botanik: Die Nelkenwurz liebt gut durchlässige Böden, Wegränder und feuchte Wälder. Sie
liebt Sonne bis Halbschatten und wird 25-50 cm hoch. Sie ist mehrjährig. Die Blätter der
Nelkenwurz nehmen im Wachstumsverlauf eine sehr variable Gestalt an. Die jungen
Grundblätter sind wesentlich runder als die Stängelblätter. Der Stängel geht nach dem
Blühen zugrunde, wobei die Grundblätter auch im Winter grün bleiben. Die schönen gelben
Blüten haben 5 Blätter (typisch für die Rosenfamilie) und sie blüht von Juni bis August. Die
Blüten bilden Nüsschen, die durch hakig gekrümmte Griffel als Klett- und Bohrfrucht
verbreitet werden. Gegraben wird die Wurzel im Frühjahr oder Herbst, das Kraut wird zur
Blütezeit gesammelt.
Eine verwandte Pflanze ist die Bachnelkenwurz (Geum rivale), die etwas geringere Wirkung
besitzt und bei uns auch viel seltener anzutreffen ist.
Pflanzenfamilie: Rosengewächs – Rosaceae
Inhaltsstoffe: Ätherische Öle, Eugenol, Gerbstoffe, Bitterstoffe, Saccharose.
Das Eugenol wirkt schwach lokalanästhetisch und stark antiseptisch. Es kann aber auch
reizend und ätzend wirken und kann zu rauschartigen Zuständen führen
Mythologie: Im Mittelalter wurde das Wurzelpulver als antidämonisches Mittel verwendet.
Es wird vermutet, dass diese Wirkung aufgrund ihres starken Geruches eingesetzt wurde.
Die Nelkenwurz war auch Bestandteil des Malefizpulvers, das ebenso antidämonische
Eigenschaften besaß. Wurde dem Vieh das Nelkenwurzkraut gegeben, welches an Johanni
gesammelt wurde, so gaben die Tiere mehr Milch, so heißt es. Der Name Sahnkraut weist
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auf diese alte Verwendung hin. Das Kraut soll auch Augenkrankheiten z.B. Flecken in den
Augen (Nagel) geheilt haben, dazu wurde ein Nelkenwurz-Büschel acht Tage getragen.
Geweiht: Jupiter, Gaia
Die Planetenkräfte: Jupiter
Element: Erde, mildes Feuer
Tabernaemontanus schrieb in seinem Kräuterbuch vieles über die Benediktenwurz, hier
nur eine Zusammenfassung davon:
„Die Wurzel hat einen sonderlichen lieblichen und anmuthigen Geruch / gleich wie die
Näglein / sie seye gleich grün oder dürr / fürnehmlich aber wann sie im Merzen gegraben
wird / darnach wol gesaubert / und im schattecktigen Lufft aufgetrucknet und
gedört….Dieses Gewächs bringt alle Jahr ein neuen Stengel neben dem alten / der den
Winter über verdoret ist…. Wann die Blättlein der gemeldten Blümlein abfallen / folgen
hernach rauhe Böllelein oder Köpflein / in der Größe der gemeinen Haselnuß… Wie klettlein
anzusehen / allein das sie nicht scharff / sonder die Spitzlein daran lind und weich sind…“
Verwendet wurde die Benediktenwurz:

Zur Kräftigung des Gehirns

Bei Lähmungen nach Schlaganfall

Bei Ohnmacht
„Vor die Nasen gehalten / und daran gerochen / bringet die so in Ohnmacht
hinfallen wieder zu recht. / dann sie erquicket und stärcket die leblichen Geister
über die maß wol / und stärcket darneben das Hirn und das Herz.“

Wider allen Gebrechen der Augen

Zur Stärkung des Herzens und bei Herzweh
„Benedictenkraut und Wurzel mit ein wenig Wein und Baumöle in einer Pfannen
geröschet / darnach hinden und fornen wie ein Pflaster gegen dem Herzen
übergelegt / so warm man es leiden kann / vertreibet das Herzwehe / und sonst
auch einen jeden Schmerzen der Brust und Seiten.“

Bei Gebärmutterschmerzen und Weißfluss (Fluor albus)

Bei Unfruchtbarkeit (Wurzelpulver in weißen Wein)

Zur Förderung der Menstruation (Anm. eher milde Wirkung)
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
Bei Brustentzündung
„Die Weiber / und sonderlich die Saugmutter / die großen Schmerzen und
Entzündung in den Brüsten fühlen / die sollen Garafelwurz in Wein oder Bier legen
/ und darvon trincken / so befinden sie Besserung“.

Lungengeschwür („…reinigt vor Eiter und Schleim“)

Bei Mundgeruch und Mundfäule (die Wurzel kauen)

Zur Förderung der Verdauung und zur Anregung der Gallensaftproduktion sowie zur
Anregung des Appetits (Die Blätter wurden dazu als Salat gegessen.)

Bei Magen- und Darminfekten

Bei Hautunreinheiten, „hässlichen“ Flecken und Muttermal (Das destillierte
Nelkenwurzwasser wurde äußerlich verwendet.)

Bei Syphilis
„Die gemeldte Wurzel reiniget das unrein und faul Geblüt / dienet wider alle
Unreinigkeit der Haut und bei Franzosenkranckheit.“

Bei Wunden aller Art, innerliche und äußerliche (innerlich als Wundtrank, dazu
wurde Ochsenzungenkraut, Sanikel, Baldrian, Ehrenpreis, Goldrute,
Wegwartenkraut und Nelkenwurz in weißen Wein gekocht und warm getrunken)

Bei Fisteln („Garafel offtermals mit Wein getruncken / und auswendig übergeleget
wie ein Pflaster / heilet die Fisteln wunderbarlich.“)

Bei Nahrungsmittelvergiftungen

Als Geriatrikum (Aufbaumittel für älterer Menschen) auch mit Magenschwäche und
Herzweh. Hierbei ist die frisch gegrabene, getrocknete Wurzel in Wein oder Most
gehängt worden. Es sei ein gutes Mittel im Winter.

Bei Pest („…behütet den Menschen vor aller Vergifftung Contagion der Pestilenz“)
Tabernaemontanus hat vielerlei Rezepte aufgeschrieben, darunter finden sich neben der
Nelkenwurz häufig folgende Pflanzen: Ysop, Dost, Weinraute, Fenchelsamen, Veilchenkraut,
Pfeffer, Muskat, Galgant, Zimt, Ingwer und Salbei.
Er gibt auch Ratschläge, wie Bier verfeinert werden kann, wie umgekippter Wein wieder
trinkbar gemacht wird und der Wein stärker und kräftiger werde. Die Nelkenwurz wäre
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heilsam für Menschen, die viele kalte Speisen wie Fisch und Melonen essen gut, da sie
temperiere und die übermäßige Kälte lindert. Die Wurzel im Schrank soll gegen
Kleidermotten wirksam sein. Und auch in der Tiermedizin fand die Nelkenwurz breiten
Anklang.
Ein Rezept für Nelkenwurzzucker von Tabernaemontanus: Frische Wurzel im März graben,
waschen, schneiden, mörsern und 3 Teile Zucker dazu geben. Bei allen beschriebenen
Krankheiten wäre dieser Zucker wirksam. Er solle in 1 Quintlein Wein gelöst oder
vorbeugend in haselnussgroßer Menge morgens und abends genommen werden.
Alte Rezepte aus dem Lehrbuch der biologischen Heilmittel von Madaus:
1) Als Tonikum amarum bei Erkrankungen des Magen-Darmtraktes:
30 g Nelkenwurzkraut, 2 Teel. Mit 1 Glas Wasser heiß ansetzen, 10 Minuten ziehen
lassen und tagsüber trinken.
2) Bei Hämorrhagien (Anm. Blutungen)
Nelkenwurz-Wurzel-Urtinktur 30g, Dreimal täglich 10 Tropfen in Wasser nehmen.
3) Bei Nervenschwäche (nach Hufeland)
Baldrianwurzel, Nelkenwurzwurzel, Pfefferminzkraut und Pomeranzenblätter je 25
g, 1 Teel. auf 1 Glas Wasser. *Die Hälfte des Wassers mit dem Kraut kalt ansetzen
und 8 h ziehen lassen. Nun den Teerückstand mit der anderen Hälfte Wasser heiß
überbrühen. Beide Flüssigkeiten mischen und tagsüber schluckweise trinken.
4) Bei Diarrhöe (nach P. Flämig) (Anm. Durchfall)
Rosskastanienrinde, Eichenrinde, Tormentillwurzel und Nelkenwurz je 5 g, zu Pulver
verarbeitet, stündlich 2 Messerspitzen voll mit geschabtem Apfel.
5) Bei Hämorrhagien (nach Junge) (Anm. Blutungen)
Nelkenwurz, Tormentillwurzel, Hirtentäschelkraut je 20 g, 2 Teel. auf 2 Glas Wasser,
Zubereitung siehe *.
Heute findet die Nelkenwurz naturheilkundlich Verwendung:
1) Als Mundwasser bei Zahnfleischblutungen, bei Mundwinkelrhagaden und Aphten
sowie bei Mundgeruch (hierbei soll auf jeden Fall die Ursache erforscht werden).
Am besten die frische oder getrocknete Wurzel kauen oder als Gurgelwasser (wie
einen starken Tee zubereitet).
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2) Bei Säftemangel und zur Förderung der Verdauung
3) Bei chronischem Durchfall
4) Bei Magen- und Darminfektionen auch mit Erbrechen
Anwendung bei 2-4 als Teeaufguss: Dazu wird 1 Teelöffel Wurzel mit 250 ml
heißem Wasser übergossen und 10-15 Minuten ausziehen lassen oder zwei
Teelöffel mit 250 ml Wasser über Nacht kalt ansetzen und trinkwarm erwärmen. 2
Tassen täglich trinken.
5) Als Nerventonikum
6) Als Herztonikum
Anwendung bei 5-6: Am besten dafür eignet sich die Nelkenwurztinktur: Die
Wurzeln werden im März gegraben und mit 60% Alkohol übergossen (etwa 125 g
Wurzeln auf ½ Liter Alkohol). Nach 14 Tagen abfiltern und tröpfchenweise
verwenden. Dosierung etwa 3 x 8 Tropfen in 1 Glas Wasser täglich. Als Kur für ein
paar Wochen anzuwenden.
7) Als Wundheilmittel äußerlich als Kompresse
8) Als Wundstillkraut mit anderen Pflanzen gemischt wie Hirtentäschel, Schafgarbe,
Gänsefingerkraut etc.
Die Wurzel (auch pulverisiert) und das Kraut gibt es in Kräuterläden (z.B.
Kräuterparadies oder beim Wurzelsepp in München).
Die Firma Diamant stellt Nelkenwurzkapseln her, die verdauungsfördernd wirken. Die
antroposophischen Firmen wie Wala und Weleda produzieren Nelkenwurzurtinktur,
D1 Flüssige Verdünnung, D3 Wässrige Verdünnung und eine Verdünnung zur Injektion.
Über die DHU werden Globuli ab D1 hergestellt. Alle genannten Präparate sind über
Apotheken erhältlich.
Nicht vergessen für die „Winter“Küche: Da die Grundblätter im Winter grün sind, geben sie
einen guten Vitaminspender ab.
Kommen Sie gesund durch die Winterzeit.
Ihre Sandra Kunz
Heilpraktikerin
www.heilkunst-passau.de
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Literaturnachweise:
Jacobus Theodorus Tabernaemontanus Neu vollkommen Kräuter Buch 1731
Reprint 1975 by Verlag Konrad Kölbl
Gerhard Madaus: Lehrbuch der biologischen Heilmittel,
mediamed Verlag ISBN 3-922724-05-1
Siegried Hirsch und Felix Grünberger: Die Kräuter in meinem Garten, Freya Verlag, ISBN: 978-3-9021
34-79-0
Bächtold-Stäubli, Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, de Gruyter Verlag, ISBN: 3-11011194-2
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