zu T 164 - Abgeordnetenhaus von Berlin

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Drucksache 15/ 3243
06.10.2004
15. Wahlperiode
Vorlage – zur Kenntnisnahme –
Stellungnahme des Senats und der Bezirksämter zum Jahresbericht 2004 des
Rechnungshofs über die Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung sowie
der Haushaltsrechnung 2002
Drs. Nr. 15/2863
Der Senat legt nachstehende Vorlage dem Abgeordnetenhaus zur Besprechung vor:
Stellungnahme des Senats und der Bezirksämter
zum Jahresbericht 2004 des Rechnungshofs über die Prüfung der
Haushalts- und Wirtschaftsführung sowie der Haushaltsrechnung 2002
A. Problem:
Der Rechnungshof von Berlin hat seinen Jahresbericht vom 17. Mai 2004 gemäß
§ 97 Abs. 1 LHO dem Abgeordnetenhaus am 17. Mai 2004 zugeleitet (vgl.
Drs Nr. 15/2863).
B. Lösung:
Der Jahresbericht ist den Senatsverwaltungen und Bezirksämtern mit der Aufforderung an die Beauftragten für den Haushalt zugeleitet worden, ihn allen Dienstkräften mit Leitungsfunktion zur Kenntnis zu geben und sofern Prüfungsfeststellungen für andere Geschäftsbereiche auch für den eigenen Geschäftsbereich zutreffen könnten aus den dargestellten Sachverhalten entsprechende Schlussfolgerungen zu ziehen.
Außerdem ist gegenüber den Senatsverwaltungen und Bezirksämtern die Erwartung geäußert worden, dass festgestellte Verstöße gegen Vorschriften sowie andere offenkundig gewordene Mängel umgehend behoben werden.
Mit gleicher Maßgabe sind die Senatsverwaltungen und Bezirksämter gebeten
worden, den Jahresbericht auch den nachgeordneten Einrichtungen, den Betrieben nach § 26 (1) LHO sowie den Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des
öffentlichen Rechts zugänglich zu machen.
Die Senatsverwaltungen und Bezirksämter haben sich zu den ihr Ressort bzw. ihren Bezirk betreffenden Feststellungen des Rechnungshofs geäußert. In der dieser Vorlage beigefügten Anlage ist der Wortlaut des Rechnungshofberichts in Schriftgrad 9 pt wiedergegeben. An die jeweiligen Textnummern schließen sich in Schriftgrad 11 pt in den meisten
Fällen unmittelbar die diesbezüglichen Beiträge an; vereinzelt sind Textnummern auch
2
zusammengefasst behandelt worden. Die Beiträge der Bezirke sind von der jeweils zuständigen Senatsverwaltung redigiert worden.
C.
Alternative/Rechtsfolgenabschätzung:
Keine
D.
Kostenauswirkungen auf Privathaushalte
Keine
E.
und / oder Wirtschaftsunternehmen:
Keine
F.
Gesamtkosten:
Keine
G.
Auswirkungen auf Zusammenarbeit mit dem Land Brandenburg:
Keine
F.
Zuständigkeit:
Federführend ist die Senatsverwaltung für Finanzen
Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung:
Keine
Berlin, den 05. Oktober 2004
Der Senat von Berlin
Klaus Wowereit
Regierender Bürgermeister
Klaus Böger
Senator für den Senator für
Finanzen
3
Inhaltsverzeichnis
T-Nr. Seite
Inhaltsverzeichnis
I
Liste der erforderlichen Stellungnahmen zum Jahresbericht 2004
IV
I.
Vorbemerkungen
1.
Aufgaben des Rechnungshofs
1
1
2.
Zum Jahresbericht 2004
6
2
II.
Finanzlage des Landes Berlin
1.
Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben
11
3
2.
Primärdefizit
12
4
3.
Steuern
13
5
4.
LFA und BEZ
17
7
5.
Zuschüsse der EU
18
8
6.
Personalausgaben und Stellenentwicklung
20
10
7.
Stellenausstattung der Bezirke
23
13
8.
Konsumtive Sachausgaben
24
14
9.
Investitionsausgaben
27
16
10. Kreditobergrenze
28
17
11. Verschuldung
29
18
12. Zinsausgaben
31
19
13. Indikatoren der Haushaltsnotlage
32
20
14. Konsolidierungsnotwendigkeiten
33
21
15. Nationaler Stabilitätspakt
35
22
III. Prüfung der Haushalts- und Vermögensrechnung sowie
der Kreditaufnahme für das Haushaltsjahr 2002
1.
Haushalts- und Vermögensrechnung 2002
38
24
2.
Kreditaufnahme
63
34
4
T-Nr. Seite
IV. Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung
A. Querschnittuntersuchungen
1.
Ungerechtfertigte Einstellung von Zeitangestellten bei den Bezirksämtern für die
Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Wahlen
74
40
2.
Behinderungen der Finanzkontrolle im Rahmen des Anstalts- und Beteiligungscontrollings
79
41
85
44
93
46
B. Regierende/r Bürgermeister/in
Erhebliche Mängel bei der Nutzung und der Sicherheit des IT-Einsatzes in der
Senatskanzlei
C. Inneres
1.
Fehlerhafte Eingruppierung von Leitungskräften im Bereich der Kindertagesstätten
2.
Erhebliche Eingruppierungsmängel bei den Arbeitern der Berliner Feuerwehr
und unzulässige Bestellung von Vorarbeitern
100
50
3.
Ungerechtfertigte Zuschüsse von 219 000 € jährlich allein in den Bezirken für
privat erworbene und dienstlich mitbenutzte Umweltkarten
109
53
D. Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz
1.
Notwendige Überprüfung des Telebus-Fahrdienstes als soziale Sonderleistung
Berlins
114
55
2.
Schwere Mängel bei der treuhänderischen Verwaltung und Vergabe von Zuwendungsmitteln Berlins durch die Spitzenverbände der Wohlfahrtspflege
128
66
3.
Einnahmeverluste der Bezirksämter durch erhebliche Mängel bei der Einnahmeüberwachung in Fällen darlehensweise gewährter Sozialhilfe
138
74
4.
Uneinbringliche Rückzahlungsansprüche von fast 10 Mio. € gegenüber Wohnheimbetreibern infolge von Versäumnissen der Verwaltung
144
77
5.
Ungerechtfertigte Mehrausgaben durch die Zulassung von Nebentätigkeiten mit
dem Ziel einer zusätzlichen Vergütung der Gerichtsmediziner und Sektionsassistenten beim Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin
150
80
E. Bildung, Jugend und Sport (einschließlich Familie)
1.
Unterlassene Prüfungen der Abrechnungen freier Träger von Kindertagesstätten
155
82
2.
Organisatorische Mängel in Oberstufenzentren
163
88
3.
Einsparpotenziale in Millionenhöhe bei der Beförderung behinderter Schüler
174
96
4.
Mängel beim Einsatz von Computern in Berliner Schulen
187
100
5
T-Nr. Seite
F.
Stadtentwicklung (einschl. Bauen, Umweltschutz, Wohnen und Verkehr)
1.
Zulassung einer rechtlich fragwürdigen und unangemessenen Mietgarantie zulasten Berlins
193
106
2.
Gefahr erheblichen finanziellen Schadens infolge versäumter Mängelfeststellung vor Ablauf der Gewährleistungsfrist
202
110
3.
Erhebliche finanzielle Nachteile Berlins infolge andauernder Mängel und Versäumnisse bei der Gewährung von Zuwendungen
209
112
4.
Nicht ausreichend untersuchte Einsparpotenziale bei der Bewässerung oder
dem Betrieb öffentlicher Anlagen
218
118
5.
Erhebliche Mängel bei der Festsetzung und Erhebung des Grundwasserentnahmeentgelts
225
120
G. Finanzen
1.
Mängel bei der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen
229
122
2.
Unzulängliche Beitreibung insbesondere von Grundsteuerrückständen durch
drei Finanzämter
235
125
3.
Unnötige Aufrechterhaltung einer Beteiligung Berlins
243
128
H. Wissenschaft, Forschung und Kultur
1.
Unzureichende Erfüllung des wissenschaftlichen Weiterbildungsauftrages der
Universitäten
248
131
2.
Mängel bei der Förderung von Privattheatern
255
133
I.
Juristische Personen des öffentlichen Rechts
1.
Vermeidbare Aufwendungen der Berliner Wasserbetriebe von mehr als 1 Mrd. €
infolge gravierender Mängel und Versäumnisse bei der Klärwerkskonzeption
und deren Umsetzung
261
135
2.
Grundlegende Mängel und wirtschaftliche Nachteile bei der Veräußerung eines
Beteiligungsunternehmens durch die Berliner Wasserbetriebe
295
145
3.
Deutlich überhöhtes Gehaltsniveau bei Führungskräften der Berliner Verkehrsbetriebe
305
148
4.
Einnahmeausfälle in Millionenhöhe bei den Berliner Verkehrsbetrieben infolge
großzügiger Gewährung von Freifahrten und Fahrpreisermäßigungen
317
157
5.
Mangelnde Bereitschaft des Rundfunk Berlin-Brandenburg mit den Rechnungshöfen von Berlin und Brandenburg eine Vereinbarung über die Prüfung seiner
Beteiligungsunternehmen abzuschließen
324
158
6
Erforderliche Stellungnahmen zum Jahresbericht 2004
Berichtsbeitrag
(T-Nr.)
RBm
- SKzl -
Sen
Just
Sen
Inn
Sen
Fin
11 - 37
X
38 - 62
X
63 - 73
X
74 - 78
X
79 - 84
X
85 - 92
Sen
Stadt
Sen
Bild Jug
Sport
Sen
Ges
SozV
Sen
WiArb
Frau
Sen
Wiss
Kult
X
X
93 - 99
X
100 - 108
X
109 - 113
X
X
X
114 - 127
X
128 - 137
X
138 - 143
X
144 - 149
X
alle
X
X
150 - 154
155 - 162
X
163 - 173
X
174 - 186
X
187 - 192
X
193 - 201
X
202 - 208
X
209 - 217
X
218 - 224
X
225 - 228
X
229 - 234
X
235 - 242
X
243 - 247
X
alle
alle
X
248 - 254
X
255 - 260
X
261 - 294
X
295 - 304
X
X
305 - 316
X
X
317 - 323
324 - 330
Bezirksämter
X
7
I. Vorbemerkungen
1.
Aufgaben des Rechnungshofs
T 1:
Der Rechnungshof ist eine unabhängige, nur dem Gesetz unterworfene oberste Landesbehörde. Er prüft neben
der vom Senat nach Abschluss eines jeden Haushaltsjahres vorzulegenden Haushalts- und Vermögensrechnung vor allem die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der gesamten Haushalts- und Wirtschaftsführung
Berlins einschließlich seiner Betriebe (z. B. Theaterbetriebe, Landesbetrieb für Informationstechnik) sowie die
Betätigung Berlins bei privatrechtlichen Unternehmen (z. B. Bankgesellschaft Berlin AG, städtische Wohnungsbaugesellschaften). Seiner Prüfung unterliegen des Weiteren die juristischen Personen des öffentlichen Rechts
(z. B. Universitäten, Berliner Verkehrsbetriebe) sowie unter bestimmten Voraussetzungen auch Private, beispielsweise wenn Berlin gesetzlich verpflichtet ist, die Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten zu gewährleisten (z. B.
treuhänderische Entwicklungsträger).
Zeit, Art und Umfang der Prüfungen bestimmt er aufgrund seiner Unabhängigkeit selbst. Er geht dabei im Rahmen der ihm zugewiesenen Aufgaben auch Anregungen und Hinweisen aus der Bevölkerung nach.
T 2:
Finanzkontrolle dient dem sachgerechten Umgang der staatlichen Stellen mit den ihnen zur Verfügung gestellten öffentlichen Mitteln. Es gilt, aus Fehlern in der Vergangenheit die richtigen Schlüsse für die Zukunft zu ziehen und finanzielle Nachteile für Berlin zu vermeiden. Der Rechnungshof wirkt auf effizientere Organisationsstrukturen und -prozesse in der Verwaltung hin und trägt dazu bei, dass durch effektiveres Handeln bessere
Ergebnisse erzielt werden. Hierzu gehören auch Fragen der Ausgliederung, Entstaatlichung oder Privatisierung
staatlicher Aufgaben. Mit seinen Hinweisen für einen wirtschaftlichen und sparsamen Einsatz der knappen
Haushaltsmittel leistet der Rechnungshof seinen Beitrag zur Konsolidierung der Finanzen Berlins.
T 3:
Der Rechnungshof unterstützt mit seiner Tätigkeit, vor allem mit seinen Jahresberichten, die parlamentarische
Finanzkontrolle. In diesen fasst er alljährlich wesentliche Ergebnisse seiner Prüfungen, die für die Entlastung
des Senats von Bedeutung oder sonst von Interesse sein können, für das Abgeordnetenhaus zusammen.
Gleichzeitig unterrichtet er den Senat und die Öffentlichkeit. Aber auch außerhalb des Jahresberichts kann der
Rechnungshof jederzeit über Prüfungsergebnisse von besonderer Bedeutung berichten. Die Entscheidungen
darüber, welche Konsequenzen aus den Feststellungen des Rechnungshofs zu ziehen sind, treffen Abgeordnetenhaus und Senat. Der Rechnungshof selbst hat nicht das Recht, die geprüften Stellen anzuweisen oder Sanktionen gegen sie zu verhängen. Er kann daher nur erfolgreich sein, wenn seine Sachkunde und seine Argumente überzeugen.
T 4:
Neben Prüfung und Berichterstattung liegt eine weitere wichtige Aufgabe des Rechnungshofs in der Beratung
von Abgeordnetenhaus, Senat und Verwaltung aufgrund seiner Prüfungserfahrungen. Diese beratende Funktion übt der Rechnungshof anlass- und adressatenbezogen in vielfältiger Form aus. So führen seine meist im
Rahmen von Prüfungshandlungen gegebenen Hinweise für ein zweckmäßiges und wirtschaftliches Verwaltungshandeln in vielen Fällen unmittelbar zu Verbesserungen, ohne dass der Rechnungshof darüber öffentlich
berichtet. Zudem äußert sich der Rechnungshof insbesondere auf Bitten des Hauptausschusses des Abgeordnetenhauses zu aktuellen, finanziell bedeutsamen Fragen.
T 5:
Zu einer wirkungsvollen Finanzkontrolle gehört auch eine Nachschau, ob geprüfte Stellen die notwendigen
Konsequenzen aus Beanstandungen ziehen, zugesagte Verbesserungen eintreten und Auflagen des Abgeordnetenhauses erfüllt werden. Soweit Missstände fortbestehen, berichtet der Rechnungshof hierüber erneut. Einen zusammenfassenden Überblick darüber, was aus den von ihm in früheren Jahresberichten beanstandeten
Fällen geworden ist, gibt der Rechnungshof in seinen Ergebnisberichten, die jeweils in der zweiten Jahreshälfte
veröffentlicht werden.
zu T 1 bis 5:
Die Vorbemerkungen des Rechnungshofs bedürfen keiner Stellungnahme des Senats.
8
2.
Zum Jahresbericht 2004
T 6:
In seinem Jahresbericht 2004 fasst der Rechnungshof bedeutsame Ergebnisse seiner Prüfungen bis Anfang
des Jahres 2004 zusammen. Er berichtet in Einzelbeiträgen insbesondere über



die Finanzlage des Landes Berlin,
Feststellungen zur Haushalts- und Vermögensrechnung von Berlin für das Haushaltsjahr 2002
(Drs 15/2065) sowie
Feststellungen zur Haushalts- und Wirtschaftsführung.
Die Beiträge sind - mit Ausnahme der Feststellungen zur Haushalts- und Vermögensrechnung - nicht auf ein
Haushaltsjahr beschränkt. Sie erfassen Prüfungsergebnisse so zeitnah wie möglich. Der Jahresbericht 2004
dient dem Abgeordnetenhaus als Grundlage für seine Entscheidung über die Entlastung des Senats für das
Haushaltsjahr 2002 sowie für seine Beschlüsse über Missbilligungen und einzuleitende Maßnahmen (Auflagen).
T 7:
Wegen der Vielzahl und der unterschiedlichen Bedeutung der zu prüfenden Einrichtungen und Vorgänge hat
der Rechnungshof - wie in jedem Jahr - für seine Prüfungstätigkeit Schwerpunkte gesetzt und dabei von seinem
Recht Gebrauch gemacht, die Prüfung nach seinem Ermessen zu beschränken. Da der Jahresbericht überdies
nur eine Auswahl von Prüfungsfeststellungen enthält, kann er kein vollständiges Bild der Qualität des Verwaltungshandelns vermitteln.
T 8:
Der Rechnungshof verfolgt das Prinzip, betroffenen Stellen Gelegenheit zu geben, sich zu den Beiträgen des
Jahresberichts zu äußern. Soweit Stellungnahmen bis zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Kollegiums
über den Bericht vorlagen, sind sie berücksichtigt. Im Übrigen sind die Prüfungsfeststellungen in der Regel
schon vorher mit den betroffenen Stellen erörtert worden. Insofern ist grundsätzlich davon auszugehen, dass
über die den Beanstandungen zugrunde liegenden Sachverhalte Übereinstimmung besteht. Abweichende Auffassungen zur Bewertung gibt der Rechnungshof im Bericht mit ihren wesentlichen Inhalten wieder, soweit er
dies für erforderlich hält.
Das Abgeordnetenhaus gibt dem Senat vor Beginn der parlamentarischen Beratungen regelmäßig Gelegenheit,
zu den einzelnen Prüfungsbeiträgen des Jahresberichts Stellung zu nehmen. Der Übersicht am Ende des Jahresberichts kann entnommen werden, von wem der jeweilige Entwurf der Stellungnahme erwartet wird.
T 9:
Mit der Einführung des Euro zum 1. Januar 2002 als Bargeld ist die Währungsumstellung abgeschlossen. Mit
Beginn des Jahres 2002 wurde dementsprechend das Haushalts- und Kassenwesen bei Bund und Ländern auf
Euro umgestellt. Obwohl sich ein Teil der in diesem Jahresbericht enthaltenen Prüfungsfeststellungen noch auf
Vorgänge aus dem Jahr 2001 oder früher bezieht, weist der Rechnungshof Geldbeträge nur noch in Euro aus,
um so eine bessere Vergleichbarkeit und Übersichtlichkeit herzustellen. Durch die Umrechnung (1 € =
1,95583 DM) können sich im Einzelfall Rundungsdifferenzen ergeben.
zu T 6 bis 9:
Die Einleitung des Rechnungshofs bedarf keiner Stellungnahme des Senats.
T 10:
Dem Jahresbericht ist eine Übersicht über die Berichte, Stellungnahmen und Schreiben an das Abgeordnetenhaus oder seine Ausschüsse des vergangenen Jahres beigefügt (Anlage).
zu T 10:
Die Darstellung des Rechnungshofs der Ergebnisse aus früheren Prüfungen bedarf keiner
weitergehenden Stellungnahme des Senats.
9
II. Finanzlage des Landes Berlin
Das Land Berlin befindet sich in einer extremen Haushaltsnotlage. Trotz erkennbarer Konsolidi erungsanstrengungen und Verringerung des Primärdefizits wachsen die Schulden weiter an. Die
Kreditobergrenze nach Artikel 87 VvB wird regelmäßig überschritten. Das Land kann sich selbst bei
Erreichen der in der aktuellen Finanzplanung ausgewiesenen Konsolidierungsziele nicht aus eig ener Kraft aus der Schuldenfalle befreien. Sowohl die extreme Haush altsnotlage als auch die Erfüllung des nationalen Stabilitätspakts zwingen das Land, alle ihm möglichen Maßnahmen zur Sani erung des Haushalts zu ergreifen.
1.
Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben
T 11:
Die Haushaltslage des Landes Berlin ist durch ein dauerhaftes Finanzierungsdefizit und eine hohe jährliche Netto-Neuverschuldung bestimmt. Die Einnahmen und Ausgaben des Landes zeigen im Zeitraum von 2001 bis 2005
folgende Entwicklung:
Ansicht 1:
Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben
20011)
20021)
20032)
- Mio. € -
20043)
20053)
Steuern ohne steuerähnliche Abgaben
Länderfinanzausgleich (LFA)
Bundesergänzungszuweisungen (BEZ)
sonstige Zuweisungen vom Bund
Sonstige Zuweisungen von Ländern
Zuschüsse der EU4)
Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit (und
aus Vermögen)
Veräußerungserlöse (einschl. Kapitalrückzahlungen)
Verwaltungseinnahmen und sonstige Einnahmen
7 941,4
2 778,8
1 936,5
738,8
53,9
168,1
349,8
7 575,4
2 456,8
2 543,9
787,4
59,0
173,7
273,9
7 638,4
2 583,8
2 552,2
829,9
61,7
88,3
259,5
7 914,1
2 829,0
2 566,7
906,0
58,7
230,6
300,8
8 289,7
2 365,0
2 799,8
908,7
63,2
212,9
301,5
593,1
267,0
297,1
438,8
182,6
2 779,0
2 059,8
1 951,1
1 792,4
1 673,4
Bereinigte Gesamteinnahmen
17 339,3
16 196,9
16 262,1
17 037,2
16 796,8
Einnahmen
Netto-Neuverschuldung am Kreditmarkt
4 895,6
6 042,7
4 063,8
5 345,0
4 290,3
Besondere Finanzierungsvorgänge, Verrechnungen
1 055,0
125,7
1 440,2
22,2
22,0
Einnahmen insgesamt
23 289,9
22 365,3
21 766,2
22 404,4
21 109,2
Personalausgaben
Konsumtive Sachausgaben
Investitionsausgaben
Zinsausgaben (auch an Körperschaften)
Tilgungsausgaben an den öffentlichen Bereich
7 188,1
9 596,5
3 659,4
2 070,8
59,2
7 271,0
9 719,9
1 818,4
2 194,0
62,8
6 992,2
9 554,4
1 815,0
2 254,8
58,8
6 837,8
9 423,7
2 286,5
2 387,2
55,6
6 885,8
8 978,3
2 171,6
2 616,8
56,1
Bereinigte Gesamtausgaben
22 574,0
21 066,1
20 675,0
20 991,0
20 708,7
Besondere Finanzierungsvorgänge, Verrechnungen
2 647,0
2 691,3
1 443,0
1 413,4
400,5
Ausgaben insgesamt
25 221,0
23 757,4
22 118,1
22 404,4
21 109,2
Primärdefizit
-3 756,9
-2 942,3
-2 455,3
-2 005,4
-1 477,7
Finanzierungssaldo
-5 234,0
-4 864,2
-4 399,3
-3 951,0
-3 909,8
Ausgaben
1)
Zwecks besserer Vergleichbarkeit mit den Angaben der Haushaltsrechnung hat der Rechnungshof die Gesamteinnahmen nicht um die in
Anspruch genommenen Vorgriffsermächtigungen bereinigt (vgl. T 67).
2)
vorläufiges Ist - Stand: März 2004
3)
Stand: Gruppierungsübersicht der Senatsverwaltung für Finanzen vom 10. März 2004 nach Abschluss der Beratungen im Hauptausschuss
4)
Zuschüsse 2001: vorläufiges Ist nach Haushaltsplan 2002/2003
10
Die bereinigten Gesamtausgaben übersteigen die bereinigten Gesamteinnahmen erheblich, was zu einer ständig
wachsenden Schuldenlast führt. Diese finanzielle Problematik wird durch die wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre verstärkt.
Die Einnahmesituation des Landes wird sich in den nächsten Jahren nicht grundlegend verändern. Im
Jahr 2003 resultierten insgesamt 79 v. H. der bereinigten Gesamteinnahmen aus Steuern (47 v. H.) sowie dem
LFA und BEZ (zusammen 32 v. H.).
Die Primäreinnahmen (bereinigte Einnahmen abzüglich Einnahmen aus der Aktivierung von Vermögen) sind im
Jahr 2002 deutlich zurückgegangen und erreichten auch im Jahr 2003 nicht die geplante Größenordnung. Maßgeblich hierfür waren Mindereinnahmen bei Steuern und LFA von 598 Mio. € gegenüber dem Haushaltsplan
von 2003, obwohl das Steueraufkommen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen ist und Berlin die höchste Zahlung
aus dem LFA erhalten hat.
Für die Jahre 2004 und 2005 haben sich die Einnahmeerwartungen aus Steuern und LFA einschließlich Fehlbetrags-BEZ gegenüber der Finanzplanung 2002 bis 2006 weiter verschlechtert und mussten um mehr als
1 Mrd. € jährlich gesenkt werden.
Die bereinigten Gesamtausgaben sollen bis zum Jahr 2005 um 1 865 Mio. € gegenüber dem Jahr 2001 reduziert werden; die Primärausgaben (bereinigte Ausgaben abzüglich Zinsausgaben) sollen nach der Haushaltsplanung um 2 411 Mio. € sinken.
zu T 11:
Die Sachdarstellung des Rechnungshofs zur Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben
sowie die Ansicht 1 bedürfen keiner Stellungnahme des Senats.
2.
Primärdefizit
T 12:
Ansicht 2:
Jahr
Entwicklung des Primärsaldos
Primäreinnahmen
Primärausgaben
- Mio. € -
Primärsaldo
2001
16 746,2
20 503,21)
-3 757,0
2002
15 929,9
18 872,2
-2 942,3
2003
15 965,0
18 420,3
-2 455,3
2004
16 598,3
18 603,7
-2 005,4
2005
16 614,2
18 091,9
-1 477,7
20062)
17 320,0
17 979,0
-659,0
20072)
17 703,0
17 637,0
66,0
1)
einschließlich Kapitalzuführung von 1 754,9 Mio. € an die Bankgesellschaft Berlin AG
2)
Finanzplanung 2003 bis 2007
Das Primärdefizit konnte zwischen 2001 und 2003 um 1,3 Mrd. € verringert werden. Allerdings wurde die Vorgabe des Nachtragshaushaltsplans 2003 damit um 247 Mio. € verfehlt. Bis zum Jahr 2005 soll das Primärdefizit
im Vergleich zum vorläufigen Jahresabschluss 2003 um weitere 978 Mio. € gesenkt werden.
Die im Mai 2002 vom Senat verabschiedete Finanzplanung 2002 bis 2006 sah vor, das Primärdefizit bis zum
Jahr 2006 vollständig abzubauen und einen Primärüberschuss von 570 Mio. € zu erwirtschaften. Dieses Ziel
gab der Senat mit der im September 2003 veröffentlichten Finanzplanung 2003 bis 2007 auf. Bedingt durch
reduzierte Einnahmeerwartungen aus Steuern und LFA (vgl. T 11) erwartet er erst im Jahr 2007 einen geringeren Primärüberschuss.
Auch bei vollständigem Abbau des Primärdefizits verschlechtert sich die Haushaltslage des Landes weiter, weil
die Zinsausgaben, die sich im Finanzplanungszeitraum 2003 bis 2007 auf insgesamt 13 Mrd. € belaufen, vollständig durch neue Kreditaufnahmen finanziert werden müssen und die zunehmende Verschuldung die Zinslast
wiederum kontinuierlich erhöht (vgl. Ansicht 18 und T 31).
11
zu T 12:
Die Sachdarstellung des Rechnungshofs zum Primärdefizit und die Ansicht 2 bedürfen keiner Stellungnahme des Senats.
3.
Steuern
T 13:
Die in Berlin erhobenen Gemeinschaftssteuern des Bundes, der Länder und der Gemeinden, die Landessteuern
und die Gemeindesteuern sowie der Anteil Berlins an der von der Zollverwaltung im gesamten Bundesgebiet
erhobenen Einfuhrumsatzsteuer haben sich wie folgt entwickelt:
Ansicht 3:
Steueraufkommen nach Steuerarten
Steuerarten
2000
2001
20031)
2002
Veränderungen
2003
gegenüber
2002
- Mio. € Gemeinschaftssteuern2)
12 153,0
11 347,4
10 481,8
11 045,7
+563,9
747,8
795,4
753,2
684,3
-68,9
1 358,8
1 249,2
1 225,6
1 261,7
+36,1
498,9
497,2
522,7
561,1
+38,4
14 758,5
13 889,2
12 983,3
13 552,8
+569,5
Landessteuern
Gemeindesteuern
Anteil an der Einfuhrumsatzsteuer
Gesamtaufkommen
1)
Im Rahmen der Zentralisierung der Finanzkassen wurde die haushaltsmäßige Aufteilung der am 29. und 30. Dezember 2003 eingegangenen Zahlungen in Höhe von 54 Mio. € geschätzt.
2)
einschließlich der Gewerbesteuerumlage sowie der Anteile Berlins an der Lohnsteuer, der Körperschaftsteuer und am Zinsabschlag
Der seit dem Jahr 2001 anhaltende Rückgang des in Berlin erzielten Steueraufkommens hat sich im Jahr 2003
nicht fortgesetzt. Die positive Entwicklung des Gesamtaufkommens im Jahr 2003 gegenüber dem Vorjahr resultiert überwiegend aus dem Anstieg des Körperschaftsteueraufkommens.
T 14:
Die vom Gesamtaufkommen nach Abzug des Bundesanteils verbleibenden Steuereinnahmen des Landes Berlin haben sich einschließlich des Anteils Berlins an der Einfuhrumsatzsteuer in den Jahren 2000 bis 2003 folgendermaßen entwickelt:
Ansicht 4:
Jahr
Steuereinnahmen
Soll laut
Haushaltsplan
Ist-Einnahmen
- Mio. € -
1)
Veränderung der Ist-Einnahmen gegenüber dem
Haushaltsplan
Vorjahr
- v. H. -
2000
8 637
8 594
-0,5
+1,1
2001
8 532
7 941
-6,9
-7,6
2002
8 183
7 575
-7,4
-4,6
20031)
8 010
7 638
-4,6
+0,8
vgl. Fußnote 1 Ansicht 3
Die Ist-Einnahmen des Landes Berlin sind im Jahr 2003 um 63 Mio. € (0,8 v. H.) gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Sie lagen aber um 372 Mio. € (4,6 v. H.) unter dem Haushaltsansatz. Insbesondere das Umsatzsteuerund das Lohnsteueraufkommen haben sich gegenüber den Vorjahren verringert. Die Erholung des Körperschaftsteueraufkommens verhinderte ein Absinken des Aufkommens.
12
T 15:
Die für das Land Berlin finanziell bedeutsamsten Steuerarten und die Berlin daran zustehenden Anteile haben
sich in dem Zeitraum 2000 bis 2003 wie folgt entwickelt:
Ansicht 5:
Jahr
Entwicklung der bedeutsamsten Steuereinnahmen für Berlin
Lohnsteuer
veranlagte
nicht
Einkom- veranlagte
mensteuer Steuer v.
Ertrag
Körperschaftsteuer
Umsatzsteuer
Einfuhrumsatzsteuer
Gewerbesteuer
Grundsteuer
- Mio. € 2000
3 172
247
184
358
1 780
499
884
490
2001
3 001
207
235
-123
1 813
497
759
505
2002
2 999
134
126
-317
1 937
523
700
547
20031)
2 873
109
126
52
1 811
561
708
593
1)
vgl. Fußnote 1 Ansicht 3
Erstmals seit dem Jahr 2000 wurde wieder ein positives Körperschaftsteueraufkommen erzielt. Es hat sich
gegenüber dem Vorjahr um 369 Mio. € erhöht. Die Erhöhung beruht auf der Bereinigung der steuerreformbedingten Mitnahmeeffekte, die sich in den Vorjahren steuermindernd ausgewirkt hatten. Trotz der noch immer
unbefriedigenden wirtschaftlichen Lage ist daher mit einer weiteren Erholung des Körperschaftsteueraufkommens zu rechnen.
Die Höhe des Lohnsteueraufkommens wurde insbesondere durch die schlechte Beschäftigungssituation beeinflusst. Der Beschäftigungsrückgang in Berlin lag mit 2 v. H. sogar deutlich über dem Bundesdurchschnitt
(1 v. H.). Steuermindernd hat sich auch die Lohn- und Gehaltsentwicklung ausgewirkt.
Die veranlagte Einkommensteuer hat sich weiterhin verringert. Ihr Anteil am Berliner Steueraufkommen beträgt
nur noch 1,4 v. H. Diese geringe Quote ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass aus diesen Einnahmen
die Steuererstattungen an Arbeitnehmer, die Eigenheimzulage und die Investitionszulage geleistet werden.
Das Umsatzsteueraufkommen ist gegenüber dem Vorjahr um 126 Mio. € zurückgegangen und entspricht wieder
dem Stand des Jahres 2001. Dies beruht insbesondere auf der schwachen Inlandsnachfrage und der Konsumzurückhaltung der privaten Haushalte.
Die Grundsteuereinnahmen sind wiederum um über 40 Mio. € gestiegen. War der Anstieg im Jahr 2002 noch
auf die Erhöhung des Hebesatzes zurückzuführen, zeigen sich nunmehr Ergebnisse des Abbaus von Arbeitsrückständen in den Grundsteuerstellen (vgl. hierzu Vorjahresbericht T 239 bis 246).
T 16:
Für die Jahre 2004 bis 2007 erwartet Berlin die folgenden Steuereinnahmen:
Ansicht 6:
Jahr
Erwartete Steuereinnahmen
Schätzungsergebnis
Steigerungen gegenüber dem
Vorjahr
Mio. €
v. H.
2004
7 917
+3,651)
2005
8 413
+6,26
2006
8 839
+5,06
2007
9 187
+3,94
1)
im Vergleich zum Ist des Jahres 2003
Die Zahlen beruhen für das Jahr 2004 auf den Ergebnissen des Arbeitskreises Steuerschätzung vom November 2003 und für die Jahre 2005 bis 2007 auf den entsprechenden Ergebnissen vom Mai 2003. Die Prognosen
können schon wegen der laufenden Änderungen des Steuerrechts nur als Tendenzaussagen angesehen werden.
13
zu T 13 bis 16:
Die Sachdarstellungen des Rechnungshofs zu den Steuern und die Ansichten 3 bis 6 bedürfen keiner Stellungnahme des Senats.
4.
LFA und BEZ
T 17:
Mit dem Maßstäbegesetz vom 9. September 2001 (BGBl. I S. 2302) und dem Solidarpaktfortführungsgesetz
vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3955) hat der Bundestag den bundesstaatlichen Finanzausgleich von 2005
an neu geregelt und die Bemessung der BEZ neu bestimmt. Im LFA wird die besondere Wertung der Einwohner
der Stadtstaaten in Höhe von 135 v. H. beibehalten, deren finanzieller Gegenwert sich für Berlin derzeit auf
2,2 Mrd. € jährlich beläuft.
Nach der Finanzplanung 2003 bis 2007 erwartet der Senat auf der Grundlage der Steuerschätzung vom
Mai 2003 beginnend mit dem Jahr 2006 eine Zunahme der Einnahmen aus dem LFA. Unterstellt wird dabei ein
durchschnittliches reales Wirtschaftswachstum von jährlich ca. 2 v. H. und eine leicht steigende Bevölkerungszahl. Mit der Steuerschätzung vom November 2003 wurde die Wachstumsprognose allerdings nach unten korrigiert. Die Bevölkerungsprognose des Senats vom Januar 2004 geht bis zum Jahr 2020 jetzt eher von einem
leichten Rückgang aus.
Die in § 11 Finanzausgleichsgesetz aufgeführten Zuweisungen des Bundes umfassen:

Fehlbetrags-BEZ an leistungsschwache Länder zur Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs,

Sonderbedarfs-BEZ zum Ausgleich überdurchschnittlich hoher Kosten politischer Führung und

Sonderbedarfs-BEZ zum Abbau teilungsbedingter Sonderlasten wegen des bestehenden starken infrastrukturellen Nachholbedarfs und zum Ausgleich unterproportionaler kommunaler Finanzkraft.
Der Anspruch auf Fehlbetrags-BEZ wird fortlaufend auf der Grundlage der Finanzkraftverhältnisse des Ausgleichsjahres festgestellt, für 2005 erwartet Berlin aufgrund des neuen Rechts einen Betrag von 753 Mio. €. Die
Sonderbedarfs-BEZ zum Ausgleich überdurchschnittlich hoher Kosten politischer Führung betragen für Berlin
von 2005 an nur noch 43 Mio. € jährlich und werden zudem alle fünf Jahre überprüft. Die Sonderbedarfs-BEZ
zur Deckung teilungsbedingter Sonderlasten sind degressiv ausgestaltet worden. Sie zeigen für Berlin folgende
Entwicklung:
Ansicht 7:
Jahr
Entwicklung der Sonderbedarfs-BEZ
BEZ aufgrund
teilungsbedingter Sonderlasten
BEZ aufgrund
Kosten politischer Führung
- Mio. € -
Summe
2002
2 002,7
112,0
2 114,7
2003
2 002,7
112,0
2 114,7
2004
2 002,7
112,0
2 114,7
2005
2 003,4
43,5
2 046,9
2006
1 993,6
43,5
2 037,1
2007
1 974,2
43,5
2 017,7
2008
1 945,0
43,5
1 988,5
2009
1 808,9
43,5
1 852,4
2010
1 663,0
43,5
1 706,5
2011
1 526,8
43,5
1 570,3
2012
1 381,0
43,5
1 424,5
2013
1 244,8
43,5
1 288,3
2014
1 098,9
43,5
1 142,4
2015
962,8
43,5
1 006,3
2016
816,9
43,5
860,4
2017
680,7
43,5
724,2
2018
534,9
43,5
578,4
2019
398,7
43,5
442,2
14
Die Empfängerländer der Sonderbedarfs-BEZ zur Deckung teilungsbedingter Sonderlasten haben dem Finanzplanungsrat jährlich über ihre Fortschritte bei der Schließung der Infrastrukturlücke, die Verwendung der erhaltenen Mittel und die finanzwirtschaftliche Entwicklung einschließlich der Begrenzung der NettoNeuverschuldung zu berichten.
Der Senat hat im September 2003 den Fortschrittsbericht „Aufbau Ost“ für das Jahr 2002 vorgelegt. Darin wird
auf die äußerst unbefriedigende wirtschaftliche Entwicklung seit 1995 und den Rückgang der Wirtschaftskraft
um 6,3 v. H. verwiesen. Die von 12,5 auf 16,9 v. H. gestiegene Arbeitslosenquote habe zu einer deutlichen
Verschärfung der finanziellen Probleme geführt. Mit dem Bericht stellt der Senat dar, dass es dem Land nicht
gelungen ist, seine finanzwirtschaftliche Entwicklung zu verbessern. Aufgrund der Haushaltsnotlage bewegten
sich die Investitionen auf so niedrigem Niveau, dass Infrastrukturlücken weiterhin bestehen. In vielen Bereichen
hätten darüber hinaus Erhaltungsinvestitionen zurückgestellt werden müssen. Eine Abhilfe sei erst möglich,
wenn durch Hilfestellungen auf anderer Ebene die Voraussetzungen geschaffen worden seien, um die extreme
Haushaltsnotlage des Landes Berlin zu überwinden.
In Anbetracht dieser Situation stellt der Rückgang der Sonderbedarfs-BEZ bis zum Jahr 2019 um 1,7 Mrd. € für
das Land eine erhebliche zusätzliche Belastung und Herausforderung dar. Der Senat muss neben den überdurchschnittlichen Einsparerfordernissen alle verbleibenden Möglichkeiten zur Stärkung der Finanzkraft erschließen.
zu T 17:
Die Sachdarstellungen des Rechnungshofs zum Länderfinanzausgleich und zu den Bundesergänzungszuweisungen sowie die Ansicht 7 bedürfen keiner Stellungnahme des Senats.
5.
Zuschüsse der EU
T 18:
Einnahmen aus Zuschüssen der EU sind bis zum Jahr 2005 in folgender Höhe ausgewiesen:
Ansicht 8:
Einnahmen aus Zuschüssen der EU
2002
Zuschüsse für konsumtive Zwecke
Zuschüsse für Investitionen
Insgesamt
2003
2004
- Mio. € -
2005
137,9
74,0
147,0
134,8
35,8
14,3
83,6
78,1
173,7
88,3
230,6
212,9
Hinzu kommen Zahlungen der EU an Einrichtungen Berlins, die nicht im Haushaltsplan enthalten sind. So erhielten z. B. die Hochschulen im Jahr 2002 Mittel der EU aus Programmen für Forschung und technologische
Entwicklung in Höhe von 22,0 Mio. €.
T 19:
Berlin erhält Mittel aus folgenden Strukturfonds: dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE),
dem Europäischen Sozialfonds (ESF), dem Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) und dem Finanzinstrument zur Ausrichtung der Fischerei (FIAF).
Die Strukturfonds haben zum Ziel, innerhalb der EU Entwicklungsunterschiede zu überwinden, die Lebensverhältnisse anzugleichen und den Strukturwandel zu unterstützen. Die Strukturfondsmittel werden nach Ausmaß
des wirtschaftlichen Rückstands und der Schwere der strukturellen Probleme einer Region für eine mehrjährige
Förderperiode vergeben. Hierzu hat die EU auf der Basis von volkswirtschaftlichen Parametern drei Zielgebiete
definiert:

Ziel-1 für die Förderung von Regionen mit Entwicklungsrückstand,

Ziel-2 für die Förderung von Regionen mit gravierenden Strukturproblemen und

Ziel-3 für die Förderung der Anpassung und Modernisierung der Bildungs-, Ausbildungs- und Beschäftigungssysteme außerhalb von Ziel-1-Regionen.
Berlin stellt kein einheitliches Zielgebiet dar, sondern ist die einzige Stadt und Region in der EU, in der alle drei
Förderziele umgesetzt werden.
Für einige Gebiete innerhalb Berlins besteht ein Übergangsstatus, weil sie in der vorherigen Förderperiode
(1994 bis 1999) die Kriterien des Ziel-1- bzw. Ziel-2-Gebiets erfüllt haben, in der laufenden Förderperiode (2000
15
bis 2006) jedoch nicht mehr. Die Übergangsförderung ist eine zeitlich begrenzte und jährlich geringer werdende
Förderung von Regionen, die aufgrund erfolgreicher Entwicklung aus der Strukturfondsförderung herausfallen.
Die Übergangsförderung soll verhindern, dass durch den abrupten Wegfall der Fördermittel die Erfolge der
Förderung wieder zunichte gemacht werden. Für diese Gebiete endet die Strukturförderung bereits 2005, ansonsten läuft die aktuelle Förderperiode bis 2006.
Die Strukturförderung setzt eine nationale Kofinanzierung voraus. Im Ziel-2-Gebiet bzw. im Ziel-2Übergangsgebiet beteiligen sich die Strukturfonds mit maximal 50 v. H. an den förderfähigen Ausgaben. Im
Rahmen der Ziel-1-Förderung liegt der maximale Beteiligungssatz bei 75 v. H. (EFRE, EAGFL) bzw. 70 v. H.
(ESF). Die nationale Kofinanzierung setzt sich aus Mitteln des Landes Berlin und des Bundes zusammen. Insgesamt stellt sich das Volumen der laufenden Förderperiode wie folgt dar: 1)
Ansicht 9:
Volumen der Strukturförderung in der laufenden Förderperiode
Ziel-1
2000 bis 2005
EU
nationale
öffentliche Mittel
Ziel-2
Ziel-3
2000 bis 2006
2000 bis 2006
EU
nationale
EU
nationale
öffentliöffentliche Mittel
che Mittel
- Mio. € -
EFRE
517,9
334,1
244,1
244,4
ESF
162,7
69,1
140,3
140,3
7,0
2,3
687,6
405,5
EAGFL
Insgesamt
—
384,4
—
384,7
—
143,0
—
143,0
—
182,0
—
182,0
Gesamt
2000 bis 2006
EU
nationale
öffentliche Mittel
762,0
578,5
446,0
391,4
7,0
2,3
1 215,0
972,2
Die Mittel der Förderperiode sind in Jahrestranchen aufgeteilt. Der Teil einer Jahrestranche, für den am Ende
des zweiten Jahres nach dem Jahr der Mittelbindung kein zulässiger Auszahlungsantrag bei der
EU-Kommission vorliegt, verfällt automatisch (n+2-Regel). Das heißt einerseits, dass dem Land Berlin bis Ende 2008 Mittel aus der laufenden Förderperiode zur Verfügung stehen, wegen der Übergangsförderung jedoch
mit abnehmender Tendenz. Andererseits besteht seit dem 31. Dezember 2003 zum Ende jedes Kalenderjahres
die Gefahr des automatischen Mittelverfalls.
In welcher Größenordnung Berlin von 2007 an aus der neuen Förderperiode weitere Mittel erwarten kann, ist
abhängig von der sich mit der EU-Erweiterung vollziehenden Anpassung der Strukturpolitik der EU (vgl. Europabericht 2002/2003).
zu T 18 bis19:
Die Sachdarstellungen des Rechnungshofs zu den EU-Mitteln und die Ansichten 8 und 9
bedürfen keiner Stellungnahme des Senats.
1)
zuzüglich Mittel aus Gemeinschaftsinitiativen (kleinere Sonderprogramme der EU-Kommission, die ebenfalls aus Strukturfondsmitteln
finanziert werden)
16
6.
Personalausgaben und Stellenentwicklung
T 20:
Die Personalausgaben in der unmittelbaren Berliner Verwaltung (ohne landeseigene Betriebe nach § 26 LHO)
haben sich seit 1994 wie folgt entwickelt:
Ansicht 10:
Personalausgaben
Jahr
Ansatz
Rechnung
- Mio. € -
1994
7 152,0
7 274,0
+122,0
1995
7 284,9
7 301,4
+16,5
1996
7 282,6
7 309,8
+27,2
1997
7 249,8
7 189,9
-59,9
1998
6 992,5
7 103,0
+110,5
1999
6 863,6
7 132,8
+269,2
2000
7 009,4
7 147,2
+137,8
2001
6 998,3
7 188,0
+189,7
2002
7 295,3
7 271,0
-24,3
7
111,21)
2004
6
837,83)
2005
6 885,83)
2003
6
992,22)
Abweichung
-119,0
1)
Abweichung zum Ansatz im Nachtragshaushalt 2003 (7 107,4 Mio. €) durch die Ergänzungspläne der Bezirke
2)
vorläufiges Ist - Stand: März 2004
3)
Stand: Gruppierungsübersicht der Senatsverwaltung für Finanzen vom 10. März 2004 nach Abschluss der Beratungen im Hauptausschuss
Die Tabelle verdeutlicht, dass die Personalausgaben, die seit 1994 bis auf eine Ausnahme im Jahr 1997 immer
über dem Ansatz lagen, den geplanten Haushaltsansatz 2002 erstmals wieder unterschritten haben. Dies ist auf
die geänderte Veranschlagungssystematik zurückzuführen, nach der erstmalig mit dem Doppelhaushalt 2002/2003 die gesamten Personalausgaben (Hauptgruppe 4) auf der Grundlage der Zahlfälle und der
Ist-Ausgaben pro Zahlfall veranschlagt wurden (vgl. Vorjahresbericht T 25). Das vorläufige Jahresergebnis 2003
weist eine Ansatzunterschreitung von 119 Mio. € aus, die u. a. auf die Tarifeinigung mit den Gewerkschaften,
die Kürzung der Sonderzuwendung für die Beamten und Versorgungsempfänger, die Nichtausschöpfung der
Ausbildungsmittel sowie geringere Versorgungsausgaben zurückzuführen ist.
Anders als bei den Beamten werden die Einsparungen im Tarifbereich nicht durch Kürzung von Leistungen
erreicht, sondern durch eine Verringerung der Arbeitszeit ohne Entgeltausgleich („Tausch Entgelt gegen Freizeit“). Dadurch entsteht in einigen Teilbereichen der Verwaltung (Kindertagesstätten/Schulhorte, Wachpolizei)
ein Personalmehrbedarf. Zusammen mit den Ausgleichszahlungen für die Versorgungsanstalt des Bundes und
der Länder ergibt sich für 2003 eine Mehrbelastung von 8,6 Mio. €, für 2004 von 20,8 Mio. € und für 2005 von
20,3 Mio. €.
Für 2003 errechnete der Senat eine Einsparung von 281 Mio. € durch den „Solidarpakt“. Die hierfür veranschlagten pauschalen Minderausgaben von 250 Mio. € wurden damit in vollem Umfang erwirtschaftet. Von 2004
an sollen die Personalausgaben durch den Solidarpakt jährlich um 500 Mio. € entlastet werden. Unter Berücksichtigung von nicht veranschlagten Tarifsteigerungen, der Reduzierungen aus dem Anwendungstarifvertrag
und der Mehrausgaben für zusätzliches Personal ergibt sich für 2004 eine Einsparung von 443 Mio. € und für
2005 von 521 Mio. €.
17
T 21:
Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung der einzelnen Arten der Personalausgaben von 1994 bis 2002:
Ansicht 11:
Personalausgaben nach Art der Ausgaben
Art der Ausgaben
Aufwendungen für Abgeordnete, Bezirksverordnete u. ehrenamtlich Tätige
1994
1995
1996
1997
1998
1999
Ausgaben in Mio. €
2000
2001
2002
20,0
21,1
21,0
19,7
20,6
20,2
20,8
19,7
18,7
6 280,1
6 243,0
6 227,6
6 068,1
5 918,2
5 904,5
5 851,8
5 814,8
5 840,4
Versorgungsbezüge
835,2
875,4
896,3
926,2
956,1
996,5
1 043,3
1 104,4
1 143,0
Beihilfen, Unterstützungen u.
Fürsorgeleistungen
124,4
156,0
161,9
173,0
205,2
209,3
221,6
238,9
259,2
Gehälter, Vergütungen u. Löhne
Personalbezogene Sachausgaben
Personalausgaben insgesamt1)
14,1
5,8
3,0
2,9
2,6
2,0
9,4
9,9
9,4
7 273,9
7 301,4
7 309,7
7 189,8
7 102,9
7 132,7
7 147,1
7 187,9
7 271,0
Anteil an den Personalausgaben insgesamt in v. H.
Aufwendungen für Abgeordnete, Bezirksverordnete u. ehrenamtlich Tätige
0,28
0,29
0,29
0,27
0,29
0,28
0,29
0,27
0,26
Gehälter, Vergütungen u. Löhne
86,34
85,51
85,20
84,40
83,32
82,78
81,88
80,90
80,32
Versorgungsbezüge
11,48
11,99
12,26
12,88
13,46
13,97
14,60
15,36
15,72
1,71
2,14
2,21
2,41
2,89
2,93
3,10
3,32
3,56
Beihilfen, Unterstützungen u.
Fürsorgeleistungen
Personalbezogene Sachausgaben
Personalausgaben insgesamt
0,19
0,08
0,04
0,04
0,04
0,03
0,13
0,14
0,13
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
Veränderungen (1994 = 100)
Aufwendungen für Abgeordnete, Bezirksverordnete u. ehrenamtlich Tätige
100
105
105
98
103
101
104
98
93
Gehälter, Vergütungen u. Löhne
100
99
99
97
94
94
93
93
93
Versorgungsbezüge
100
105
107
111
114
119
125
132
137
Beihilfen, Unterstützungen u.
Fürsorgeleistungen
100
125
130
139
165
168
178
192
208
Personalbezogene Sachausgaben
100
41
21
20
18
14
67
70
67
Personalausgaben insgesamt
100
100
100
99
98
98
98
99
100
1)
Abweichungen zu den Zahlenangaben in den Ansichten 1 und 10 ergeben sich durch Rundungsdifferenzen.
Die Gehälter, Vergütungen und Löhne für die aktiv Beschäftigten machen mit 80 v. H. den größten Teil der
Personalausgaben aus. Sie sind gegenüber 1994 um 440 Mio. € gesunken und lagen 2002 bei 5,8 Mrd. €. Die
Versorgungsleistungen haben sich dagegen seitdem wegen der steigenden Zahl der Versorgungsempfänger
um mehr als ein Drittel erhöht. Für das Jahr 2003 ist wegen der auch für Versorgungsempfänger geltenden
Kürzung der Sonderzuwendung eine Entlastung bei den Versorgungsausgaben eingetreten. Die Ausgaben für
Beihilfeleistungen haben sich im Vergleich zu 1994 mehr als verdoppelt. Die Ursachen dafür liegen auch in den
steigenden Kosten für Gesundheitsleistungen. Seit 2003 wird den Beschäftigten eine nach Besoldungsgruppen
gestaffelte Kostendämpfungspauschale auferlegt, durch die der Senat Einsparungen von 7,7 Mio. € im
Jahr 2003 erwartete.
18
T 22:
Die Entwicklung der Stellen seit 1991 stellt sich wie folgt dar:
Ansicht 12:
Stellenentwicklung gemäß Stellenplänen
220 000
206 756 204 693
200 464
195 914
200 000
183 887
180 000
172 827
Stellen
166 563
159 418
160 000
153 569
147 960
145 075
139 457 138 880
140 000
1)
135 403 134 590
120 000
100 000
1991
1)
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
Abweichung zur Stellenangabe im Vorjahresbericht wegen der Berücksichtigung von Stellen in Abwicklung
Der Stellenplan weist für 2004 noch 135 403 Stellen aus, darunter 5 021 Stellen mit Wegfallvermerk; für 2005
sind im Doppelhaushalt 134 590 Stellen enthalten (einschließlich 5 260 Stellen mit Wegfallvermerk). Die Stellenangaben für 2005 enthalten jedoch noch nicht die vollständige Belegung der Sparvorgaben bei den Bezirken.
Seit 1991 ist der Stellenbestand um mehr als 70 000 reduziert worden. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen,
dass der Wegfall von Stellen im unmittelbaren Landesdienst nicht immer haushaltswirksam ist, weil weiterhin
Ausgaben in Form von Zuwendungen oder Zuschüssen aus dem Landeshaushalt geleistet werden.
zu T 20 bis 22:
Die Sachdarstellungen des Rechnungshofs und die Ansichten 10 und 11, zu deren Entwicklungstendenzen sich der Senat anlässlich des Jahresberichts 2003 (T 24 bis T 26) ausführlich geäußert hatte, bedürfen keiner weiteren Stellungnahme des Senats.
Der Rechnungshof hatte im Jahresbericht 2003 die Veranschlagung pauschaler Minderausgaben für Personalausgaben in Höhe von –250 Mio. € im Jahr 2003 als ein Haushaltsrisiko eingestuft; der Senat begrüßt, dass der Rechnungshof im Jahresbericht 2004 die Einsparungen aus dem „Solidarpakt“ im Jahr 2003 mit mehr als 280 Mio. € anerkennt, durch
die die pauschalen Minderausgaben in vollem Umfang erwirtschaftet worden sind.
Der Senat ist überzeugt, dass auch die - noch deutlich anspruchsvolleren - Einsparungen
ab 2004 erreicht werden.
19
7.
Stellenausstattung der Bezirke
T 23:
Der Rechnungshof hatte in seinem Jahresbericht 2000 (T 73) ein rechnerisches Stelleneinsparpotenzial aus der
Bezirksgebietsreform dargestellt. Er greift die Frage stellenmäßiger Ausstattungsunterschiede zwischen den
Bezirken auf der Grundlage von Daten des Jahres 2002 nunmehr erneut auf. Dabei berücksichtigt er die regionalisiert wahrgenommenen Aufgaben auf der Basis der gebuchten Stellenanteile in der Kostenrechnung, die in
den Kapiteln 40 21 bei den Titeln 425 01 etatisierten Stellen für Betreuungspersonal in Kindertagesstätten sowie Wertausgleichskriterien (Einwohnerzahl, Anzahl der Jugendlichen zwischen 6 und 18 Jahren, Sozialindex
und Grünflächen), die auch die Senatsverwaltung für Finanzen bei der Ermittlung der bezirklichen Globalsummen heranzieht. Folgende Übersicht verdeutlicht, welches Einsparpotenzial sich bei den Bezirken ergeben
könnte, wenn alle Bezirke ihre Stellenausstattung an den mit der geringsten Anzahl von Stellen je 1 000 Einwohner angleichen würden:
Ansicht 13:
Stellenausstattung der Bezirke
Bezirk
Stellen1)
2002
Stellen
bereinigt2)
Stellen je
1 000
Einwohner
bereinigt3)
Rechnerischer Stellenminder
bedarf
Lichtenberg
3 833,96
2 876,25
11,19
-879,52
Pankow
4 686,76
3 384,52
10,29
-830,69
Treptow-Köpenick
3 533,94
2 491,74
11,16
-757,83
Mitte
4 635,27
3 349,29
9,94
-731,02
Friedrichshain-Kreuzberg
3 650,16
2 626,82
10,18
-621,93
Marzahn-Hellersdorf
3 672,83
2 652,99
9,69
-526,20
Charlottenburg-Wilmersdorf
3 332,31
2 492,09
8,65
-254,39
Reinickendorf
2 948,28
2 057,47
8,41
-156,84
Spandau
2 621,42
1 847,93
8,39
-136,40
Tempelhof-Schöneberg
3 592,20
2 587,68
8,04
-89,07
Steglitz-Zehlendorf
2 923,12
2 118,28
7,97
-54,80
Neukölln
3 536,49
2 441,65
7,77
0,00
42 966,74
30 926,71
9,28
-5 038,68
Berlin insgesamt
1)
Stellen/Beschäftigungspositionen (ohne Ausbildungspositionen, ohne Stellen mit Wegfallvermerk)
2)
Bereinigung um regionalisierte Aufgaben und Betreuungspersonal in Kindertagesstätten
3)
Bereinigung um regionalisierte Aufgaben, Betreuungspersonal in Kindertagesstätten sowie Wertausgleichskriterien
Die vergleichende Darstellung zeigt, dass dem Bezirk Neukölln nach Berücksichtigung von Bereinigungstatbeständen 7,77 Stellen je 1 000 Einwohner für die Aufgabenerledigung zur Verfügung standen, während z. B. im
Bezirk Lichtenberg 11,19 Stellen je 1 000 Einwohner vorgehalten wurden. Auf der Grundlage der Stellenausstattung Neuköllns ergibt sich für alle Bezirke insgesamt ein rechnerischer Minderbedarf von bereinigt
5 000 Stellen (unbereinigt: 10 500 Stellen). Die Darstellung verdeutlicht, dass ungeachtet struktureller Unterschiede weiterhin insbesondere in den östlichen Bezirken erhebliche Einsparpotenziale vorhanden sind. Nach
Auffassung des Rechnungshofs müssen die Ausstattungsunterschiede zwischen den Bezirken weiter abgebaut
werden. Er fordert deshalb erneut, dass diese Einsparpotenziale durch wirksame Aufgaben- und Vollzugskritik
sowie geschäftsprozessoptimierende Maßnahmen in allen Bezirken erschlossen werden.
zu T 23:
Der Senat bekräftigt die in seiner Stellungnahme zum Jahresbericht 2003 (T 30) getroffene
Feststellung, dass die in der nächsten Legislaturperiode zweifellos in allen Verwaltungsbereichen weiterhin notwendigen Einsparungen auch bei den Bezirken nach aufgabenkritischen Gesichtspunkten unter Berücksichtigung von Wertausgleichskriterien erfolgen müssen. Hierbei sind insbesondere Ausstattungs-, Mengen- und Kostenvergleiche sowohl unter
den Bezirken als auch mit Gemeinden in anderen Bundesländern heranzuziehen. Das System der Produktbudgetierung bietet mit seinem Leistungsbezug, dem flächendeckenden
Kostenbenchmark sowie der Möglichkeit zur Planmengenfestlegung alle Voraussetzungen,
die für die Umsetzung entsprechender Vergleichsergebnisse erforderlich sind.
20
8.
K o n s u m t i ve S a c h a u s g a b e n
T 24:
Die in Ansicht 14 ausgewiesenen konsumtiven Sachausgaben beinhalten neben den sächlichen Verwaltungsausgaben zu mehr als 80 v. H. Zuweisungen und Zuschüsse sowie Schuldendiensthilfen.
Zu den sächlichen Verwaltungsausgaben zählen u. a. Mittel für die Anmietung und Bewirtschaftung der Gebäude und für Unterhaltungsmaßnahmen im Bereich des Hoch- und Tiefbaus sowie der Grünanlagen. Den Zuweisungen und Zuschüssen an Dritte sind u. a. die Sozial- und Jugendhilfeleistungen zugeordnet. Die wesentlichsten Ausgaben haben sich wie folgt entwickelt:
Ansicht 14:
Entwicklung wesentlicher Bestandteile der konsumtiven Sachausgaben
2004
2005
9 554,4
9 423,7
8 978,3
1 807,1
1 698,5
1 731,9
1 704,8
287,5
235,8
226,3
208,1
206,7
Unterhaltung des sonstigen unbeweglichen
Vermögens
251,8
238,0
212,0
208,3
206,9
Bewirtschaftung der Gebäude und Räume einschl. Mieten und Pachten
491,4
502,6
468,9
498,2
492,2
Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse
(ohne Investitionen)
7 756,6
7 912,9
7 855,9
7 616,8
7 369,2
darunter:
Schuldendiensthilfen an sonstige Bereiche
1 242,4
1 242,7
1 144,2
1 087,4
1 012,6
Erstattungen an sonstige Bereiche
1 650,0
1 736,3
1 680,9
1 638,0
1 573,5
Sonstige Zuschüsse für laufende Zwecke an
sonstige Bereiche
4 479,0
4 528,7
4 594,1
4 500,2
4 319,7
Konsumtive Sachausgaben
2001
2002
9 596,5
9 719,9
1 839,6
2003
- Mio. € -
darunter:
Sächliche Verwaltungsausgaben
darunter:
Unterhaltung der Grundstücke und baulichen
Anlagen
Im Zeitraum von 2001 bis 2003 waren Ausgabenreduzierungen von insgesamt 160 Mio. € geplant. Nach dem
vorläufigen Jahresabschlussergebnis der Senatsverwaltung für Finanzen wurde dieses Ziel nicht erreicht. Vielmehr wurden die geplanten konsumtiven Sachausgaben um ca. 117 Mio. € überschritten, was nach dem Statusbericht vom III. Quartal 2003 insbesondere mit Mehrausgaben bei Sozial- und Jugendhilfe sowie Wohngeld
begründet wird. In den Folgejahren geht der Senat von Kürzungen von 576.Mio. € aus. Inwieweit das gelingt,
bleibt abzuwarten.
21
T 25:
Insbesondere die Entwicklung bei den Sozial- und Jugendhilfeausgaben seit 2000 ist Besorgnis erregend, da
der tatsächliche Bedarf die jährlich veranschlagten Mittel regelmäßig übersteigt. So betrugen im Jahr 2002 die
Mehrausgaben bei den Transferausgaben der Bezirke 288 Mio. € und im Jahr 2003 268 Mio. €. Die Transferausgaben der Bezirke haben sich trotz Verminderung in einigen Bereichen bisher nicht rückläufig entwickelt. Sie
beliefen sich im Jahr 2001 auf 2 955,4 Mio. €, im Jahr 2002 auf 3 108,9 Mio. € und im Jahr 2003 auf
3 191,9 Mio. €. Für einige ausgewählte Bereiche zeigt sich folgendes Bild:
Ansicht 15:
Entwicklung der Transferausgaben für ausgewählte Bereiche
Ist
30.10.02
Ist
30.10.03
Differenz
Ist
2002
- Mio. € -
Vorl. Ist
2003
Differenz
Planung
2004 bis
20071)
- Mio. € -
Hilfe zum Lebensunterhalt nach BSHG - Soz
790,5
811,2
20,7
936,4
980,7
44,3
891,3
Hilfe zum Lebensunterhalt nach BSHG - Jug
96,2
95,1
-1,1
114,3
115,7
1,4
108,0
Hilfe zum Lebensunterhalt nach AsylbLG
93,4
79,8
-13,6
109,6
95,0
-14,6
80,9
entgeltfinanzierte Betreuungsleistungen
641,8
670,9
29,1
771,9
809,1
37,2
788,9
Krankenhilfe
158,6
154,1
-4,5
196,6
192,6
-4,0
163,6
Hilfe zur Erziehung
370,3
325,9
-44,4
451,5
399,0
-52,5
277,0
Tabellenwohngeld
118,8
145,7
26,9
146,9
173,6
26,7
170,1
2 269,6
2 282,7
13,1
2 727,2
2 765,7
38,5
2 479,8
Summe
ausgewählter Bereiche
1)
jährliche Entwicklung laut Quartalsbericht der Senatsverwaltung für Finanzen per 30. Juni 2003 über die Transferausgaben der Bezirke
Für die dargestellten Bereiche zeichnete sich für den Zeitraum des I. bis III. Quartals 2003 im Vergleich zum
gleichen Zeitraum des Vorjahres insgesamt ein höherer Mittelbedarf ab, der zum Jahresende weiter angestiegen ist.

Bedenklich ist insbesondere der Anstieg der Anzahl der Sozialhilfeempfänger sowie die längere Leistungsbezugsdauer, die zu Erhöhungen der Hilfeleistungen zum Lebensunterhalt führen. Ob die Kostendämpfungsmaßnahmen des Senats, wie z. B. Kürzung der Bekleidungspauschale, die geplanten Ausgabesenkungen in diesem Bereich bewirken können, bleibt abzuwarten.

Der Rückgang bei den laufenden Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ist auf
die kontinuierliche Verringerung der Empfängerzahlen zurückzuführen. Anreize für die freiwillige Rückkehr von Bürgerkriegsflüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien wurden durch entsprechende Bundes- und Länderförderprogramme geboten.

Von Bedeutung sind vom Senat im August 2003 beschlossene Ausführungsvorschriften über die Anmietung von Wohnraum durch Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AV WohnAsylbLG), die am 1. September 2003 in Kraft getreten sind. Danach entfällt nunmehr eine Differenzierung zwischen Beziehern von Grundleistungen nach § 3 AsylbLG und Beziehern von Leistungen nach
§ 2 AsylbLG in besonderen Fällen, wenn bereits über 36 Monate Grundleistungen gewährt wurden. Gegenüber der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften beträgt die durchschnittliche Kostenersparnis
nach Schätzungen der zuständigen Senatsverwaltung 600 bis 800 € pro Monat je nach Größe der zu einer Bedarfsgemeinschaft gehörenden Personenzahl. Mit der Anmietung von Wohnungen fallen zunächst
zusätzliche Kosten für den Umzug aus den Wohnheimen, Renovierungskosten für notwendige Instandsetzungsmaßnahmen und Einrichtungsbeihilfen für die neu angemieteten Wohnungen an. Die Zulässigkeit der Abweichung von der gesetzlichen Vorgabe des Sachleistungsprinzips ist allerdings rechtlich äußerst umstritten.
T 26:
Auch die seit Jahren rückläufige Bereitstellung von Mitteln für Unterhaltungsmaßnahmen, insbesondere in den
Bereichen Hochbau, Straßenbau und Grünanlagen, ist Besorgnis erregend. Der Rechnungshof hat dies in mehreren Jahresberichten erläutert (vgl. Jahresbericht 1998 T 263 bis 266, Jahresbericht 1999 T 333 bis 339, Jahresbericht 2001 T 391 bis 396). Diese Entwicklung, die auch in anderen Bereichen zu beobachten ist, lässt
befürchten, dass der Bauunterhaltungsbedarf insgesamt immer weniger erfüllt wird. Notwendige Bauunterhaltungsmaßnahmen zu unterlassen oder zurückzustellen ist auf Dauer in hohem Maße unwirtschaftlich, weil sich
22
vorhandene Schäden schnell vergrößern, Folgeschäden eintreten und eine spätere Beseitigung damit erheblich
kostenaufwändiger ist. Es entstehen zusätzliche überproportionale finanzielle Belastungen für die Zukunft.
zu T 24 bis 26:
Die Sachdarstellungen des Rechnungshofs zu den konsumtiven Sachausgaben und die
Ansichten 14 und 15 bedürfen keiner Stellungnahme des Senats.
9.
I n ve s t i t i o n s a u s g a b e n
T 27:
Die Investitionsausgaben bewegen sich auf einem anhaltend niedrigen Niveau. Im Einzelnen entwickeln sie sich
wie folgt:
Ansicht 16:
Entwicklung der Investitionsausgaben
Investitionsausgaben insgesamt
2001
2002
3 659,4
1 818,4
2003
- Mio. € -
2004
2005
1 815,0
2 286,5
2 171,6
davon:
Maßnahmen des Hochbaus und des
Garten- und Landschaftsbaus
185,5
138,9
93,4
214,7
174,2
Maßnahmen des Tiefbaus einschließlich Brücken- und Tunnelbau,
Wasserbau und Eisenbahnbau
48,1
41,1
38,6
75,0
85,2
Erwerb von beweglichen Sachen
69,2
65,1
63,0
76,0
69,2
Erwerb von unbeweglichen Sachen
66,3
78,2
104,4
73,4
71,5
132,91)
437,0
395,4
428,7
427,3
251,5
277,2
253,9
252,8
235,8
364,52)
Erwerb von Beteiligungen
Darlehen an sonstige Bereiche
2
Inanspruchnahme aus Gewährleistungen
19,0
12,5
10,7
336,52)
Zuweisungen für Investitionen an
den öffentlichen Bereich
48,1
45,5
75,9
108,9
85,7
838,7
722,9
779,7
720,6
658,3
Zuschüsse für Investitionen an sonstige Bereiche
1)
einschließlich 1 754,9 Mio. € Kapitalzuführung Bankgesellschaft Berlin AG
2)
einschließlich 300 Mio. € anteilige Risikoabschirmung Bankgesellschaft Berlin AG
Der Anteil der baulichen Investitionen an den Gesamtausgaben für Investitionen lag in den vergangenen Jahren
bei nur 10 v. H. Mindestens die Hälfte der hier nachgewiesenen Mittel werden für Zuschüsse für Investitionen
an sonstige Bereiche und den Erwerb von Beteiligungen eingesetzt. Die Zuschüsse für Investitionen an sonstige Bereiche beinhalten u. a.:

Ausgaben, die vom Bund oder der EU anteilig gefördert werden; dazu gehören z. B. Zuschüsse zur Förderung von Investitionen in der gewerblichen Wirtschaft und zur Förderung einer wirtschaftsnahen Infrastruktur (veranschlagt 2003: 103,3 Mio. €), Zuschüsse für Modernisierung und Instandhaltung von
Wohngebäuden (veranschlagt 2003: 63,5 Mio. €) und Zuschüsse für städtebauliche Nachbesserungen in
Wohnsiedlungen und an Wohnanlagen (veranschlagt 2003: 29,5 Mio. €);

Ausgaben für Investitionen des öffentlichen Personennahverkehrs; dafür sind im Jahr 2003 Mittel von
85,2 Mio. € etatisiert;

Zahlungen an die Träger von Krankenhäusern und anderen Einrichtungen für Investitionen;

Hilfen nach dem Flutopfersolidaritätsgesetz in Höhe von 121,0 Mio. €, die ausschließlich im Jahr 2003
veranschlagt sind.
Die für den Erwerb von Beteiligungen etatisierten Mittel sind nahezu vollständig als Kapitalzuführung an die
Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) gebunden (2003 mit 374,3 Mio. €).
Die bereits unter dem Länderdurchschnitt liegenden Investitionsausgaben sollen nach der Finanzplanung 2003
bis 2007 bis zum Jahr 2007 auf 1,6 Mrd. € (ohne Risikoabschirmung Bankgesellschaft Berlin AG) weiter ge-
23
senkt werden. Dies will der Senat durch weitgehenden Verzicht auf neu beginnende Maßnahmen erreichen. Er
hält diese Entwicklung angesichts der extremen Haushaltsnotlage für unausweichlich. Eine solche Konsolidierungsstrategie kann aber dauerhaft nicht aufrecht erhalten werden, da Infrastruktur-Investitionen einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Wirtschaftskraft leisten und langfristig hohe finanzielle Belastungen drohen (vgl.
T 26).
zu T 27 bis 26:
Die Sachdarstellungen des Rechnungshofs zu den Investitionsausgaben und die Ansicht 16 bedürfen keiner Stellungnahme des Senats.
10.
Kreditobergrenze
T 28:
Nach den derzeitigen Planungen überschreiten die Einnahmen aus Krediten bis zum Jahr 2005 weiterhin regelmäßig die Summe der in den Hauptgruppen 7 und 8 nachgewiesenen Ausgaben für Investitionen (einfachgesetzliche Kreditobergrenze) und folgerichtig auch die für eigenfinanzierte Investitionen zugrunde zu legenden
Aufwendungen (bereinigte Kreditobergrenze). Zu den Einnahmen aus Krediten zählen hier die Darlehensaufnahme am Kreditmarkt und aus dem öffentlichen Bereich unter Abzug der Tilgungen (Netto-Neuverschuldung).
Ansicht 17:
Vergleich der Netto-Neuverschuldung mit der zulässigen Kreditobergrenze
bereinigte Kreditobergrenze
(Ausgaben
HGr. 7 und 8 abzüglich Einnahmen
OGr. 33 und 34)
- Mio. € -
Netto-Neuverschuldung
einfachgesetzliche Kreditobergrenze
(Ausgaben
HGr. 7 und 8)
20011)
4 841,5
3 659,4
2 460,7
+2 380,8
2002
5 983,8
1 818,4
1 315,6
+4 668,2
2003
4 007,0
1 815,0
1 360,3
+2 646,7
20041)
5 291,8
2 286,5
1 794,0
+3 497,8
20051)
4 235,8
2 171,6
1 762,9
+2 472,9
Jahr
1)
Überschreitung
der bereinigten
Kreditobergrenze
einschließlich Kapitalzuführung an die bzw. anteiliger Risikoabschirmung für die Bankgesellschaft Berlin AG
Nach Artikel 87 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 VvB ist eine solche Überschreitung nur zulässig zur Abwehr einer
Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts.
Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin hat am 31. Oktober 2003 zur Überschreitung der Kreditobergrenze in den Jahren 2002 und 2003 entschieden, dass die entsprechenden Regelungen des Haushaltsgesetzes 2002/2003 vom 19. Juli 2002 verfassungswidrig waren. Im Gesetzgebungsverfahren müsse nicht nur dargelegt werden, dass das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht ernsthaft und nachhaltig gestört ist, sondern
auch, dass die erhöhte Kreditaufnahme zur Abwehr dieser Störung bestimmt und geeignet ist. Der Haushaltsgesetzgeber sei seiner Darlegungspflicht nicht hinreichend nachgekommen.
Allerdings hat der Verfassungsgerichtshof am 31. Oktober 2003 des Weiteren festgestellt, dass über den Wortlaut des Artikels 87 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 VvB hinaus eine Ausnahme vom Kreditbegrenzungsgebot verfassungsrechtlich zulässig sein kann, wenn sich ein Bundesland in einer extremen Haushaltsnotlage befindet. In
diesem Fall müsse - neben der Haushaltsnotlage - dargelegt werden, dass zwingende Ausgaben ohne die erhöhte Kreditaufnahme nicht geleistet werden könnten. Zwingend seien die bundesrechtlich festgelegten und die
auf landesverfassungsrechtlichen Vorgaben beruhenden Ausgabeverpflichtungen. Der Haushaltsgesetzgeber
müsse im Rahmen eines schlüssigen Sanierungskonzepts detailliert nachweisen, dass die im Haushaltsplan
veranschlagten Ausgaben zwingend erforderlich sind und alle möglichen Einnahmequellen und Ausgabebeschränkungen ausgeschöpft wurden.
Selbst wenn die Überschreitung der Kreditobergrenze in den Jahren 2002 und 2003 auf eine bereits eingetretene extreme Haushaltsnotlage zurückzuführen gewesen wäre, habe der Haushaltsgesetzgeber seine diesbezüglichen Darlegungspflichten nicht erfüllt. Der Senat hat erst am 5. November 2002 förmlich festgestellt, dass sich
das Land in einer extremen Haushaltsnotlage befindet.
zu T 28:
Die Sachdarstellung des Rechnungshofs zur Kreditobergrenze und die Ansicht 17 bedürfen
keiner Stellungnahme des Senats.
24
11.
Verschuldung
T 29:
Der Schuldenstand, die Entwicklung der Zinsausgaben und der Netto-Neuverschuldung des Landes stellen sich
wie folgt dar:
Ansicht 18:
Schuldenstand und Zinsausgaben
Schulden1)
Jahr
Mio. €
Veränderungen
gegenüber
dem Vorjahr
v. H.
Zinsausgaben
Mio. €
Veränderungen
gegenüber dem
Vorjahr
v. H.
NettoNeuverschuldung
Mio. €
20012)
39 778,5
13,9
2 070,8
5,5
4 841,5
20022)
46 015,9
15,7
2 194,0
5,9
5 983,8
2)
50 038,9
8,7
2 254,8
2,8
4 007,0
2004
55 330,7
10,6
2 387,2
5,9
5 291,8
2005
59 566,5
7,7
2 616,8
9,6
4 235,8
2006
62 775,5
5,4
2 782,0
6,3
3 209,0
2007
65 428,5
4,2
2 935,0
5,5
2 653,0
2003
1)
Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin hat durch Beschluss vom 8. April 1997 entschieden, dass die „Vereinbarung über die Vorfinanzierung von Zins- und Tilgungsleistungen aus öffentlichen Baudarlehen“, die der Senat am 26. September 1995 mit der Investitionsbank
Berlin geschlossen hat, als Kreditaufnahme zu werten ist. Der modellmäßige Barwert (nach Angaben der Senatsverwaltung für Finanzen
244,7 Mio. €, Stand vom 31.12.02) ist in dieser Tabelle nicht ausgewiesen.
2)
Schuldenstand am 31. Dezember des jeweiligen Haushaltsjahres laut Statistik über den Schuldenstand der Länder
In der Darstellung sind regelmäßig die Kassenverstärkungskredite nicht berücksichtigt. Sie hatten per
31. Dezember 2003 einen Bestand von 1 710,0 Mio. €.
Spätestens im Jahr 2006 überschreitet die Gesamtverschuldung 60 Mrd. €. Die Netto-Neuverschuldung, die
2003 bei 4,0 Mrd. € lag und für 2004 mit 5,3 Mrd. € veranschlagt ist, soll anschließend bis 2007 auf 2,7 Mrd. €
zurückgeführt werden. Dies kann nur gelingen, wenn die Konsolidierungsvorgaben konsequent umgesetzt und
keine Fehlbeträge erwirtschaftet werden. Für das Jahr 2003 liegt der Fehlbetrag, der spätestens im Haushaltsjahr 2005 auszugleichen ist, nach dem vorläufigen Haushaltsabschluss bei 351,9 Mio. €.
Trotz der Konsolidierungsanstrengungen des Landes steigen die Schulden und damit die Zinsbelastung des
Landes weiter an.
25
T 30:
Die Verschuldung pro Einwohner belief sich per 31. Dezember 2002 auf 13 566 €. Damit weist Berlin nach
Bremen den höchsten Wert auf.
Schuldenstand der Bundesländer pro Einwohner per 31. Dezember 20021)
7 295,7
Schleswig-Holstein
6 359,5
7 470,0
Sachsen-Anhalt
6 402,7
Rheinland-Pfalz
3 801,1
6 695,7
Nordrhein-Westfalen
7 099,5
6 207,4
Niedersachsen
6 387,7
6 361,0
3 000
5 784,5
6 000
2 960,0
9 000
4 008,7
€
12 000
Mecklenburg-Vorpommern
15 000
10 712,6
13 566,0
18 000
14 702,4
Ansicht 19:
1)
Thüringen
Sachsen
Saarland
Hessen
Hamburg
Bremen
Brandenburg
Berlin
Bayern
Baden-Württemberg
0
einschließlich Gemeinden/Gemeindeverbänden und Zweckverbänden
Unter Berücksichtigung des jährlichen Anstiegs der Schulden in den Jahren 2000 bis 2002 wird sichtbar, dass
der Schuldenstand Berlins auch im Vergleich zum Durchschnitt der Bundesländer eine Besorgnis erregende
Entwicklung genommen hat:
Ansicht 20:
Zuwachs der jährlichen Verschuldung1)
18,0
15,7
16,0
13,9
14,0
v. H.
12,0
10,0
8,0
6,0
5,1
5,2
5,7
4,0
2,0
1,1
0,0
2000
2001
Bundesländer insgesamt
1)
2002
Berlin
einschließlich Gemeinden/Gemeindeverbänden und Zweckverbänden
zu T 29 und 30:
Die Sachdarstellungen des Rechnungshofs zur Verschuldung und die Ansichten 18 bis 20
bedürfen keiner Stellungnahme des Senats.
12.
Zinsausgaben
T 31:
Die Zinsausgaben steigen weiter an und erreichen im Jahr 2005 eine Höhe von 2 616,8 Mio. €. Das entspricht
einer Steigerung gegenüber dem Jahr 2001 um 546,0 Mio. € bzw. mehr als 26 v. H.
26
Da bis zum Jahr 2006 nicht vorgesehen ist, das Primärdefizit im Landeshaushalt durch einen Überschuss zu
ersetzen, werden die Zinsausgaben mindestens bis zu diesem Zeitpunkt zu einer weiteren Verschuldung und
damit wiederum zu steigenden Zinsbelastungen führen (vgl. T 12). Von 2005 bis 2007 werden sie sich somit
voraussichtlich um weitere 318,0 Mio. € auf 2 935,0 Mio. € erhöhen, dies entspricht einem Anstieg um über
12 v. H. in nur zwei Jahren.
Unberücksichtigt bleiben dabei mögliche Szenarien, falls das Zinsniveau nicht auf dem bisherig niedrigen Niveau bleibt. Allein eine Erhöhung des Zinssatzes um 0,5 v. H. würde für die Summe der 2004 bis 2007 geplanten Netto-Neuverschuldung eine zusätzliche Belastung von 77 Mio. € ausmachen.
Nach Abbau des Primärdefizits muss die Erwirtschaftung eines Primärüberschusses Hauptziel der Finanzpolitik
des Landes bleiben, damit die Netto-Neuverschuldung konsequent zurückgeführt werden kann.
zu T 31:
Die Sachdarstellung des Rechnungshofs zu den Zinsausgaben bedarf keiner Stellungnahme des Senats.
13.
Indikatoren der Haushaltsnotlage
T 32:
Bei Anwendung der vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 27. Mai 1992 (BVerfG
DVBl. 1992, 965 ff.) zugrunde gelegten Maßstäbe befindet sich das Land Berlin in einer extremen Haushaltsnotlage, aus der es sich aus eigener Kraft nicht befreien kann. Als Indikatoren wurden in dem Urteil genannt:

eine gegenüber dem Durchschnitt der Bundesländer mehr als doppelt so hohe Kreditfinanzierungsquote
und

eine zur selben Zeit weit über dem Durchschnitt der Bundesländer liegende Zins-Steuer-Quote.
Das Land Berlin weist folgende Haushaltskennziffern auf:
Ansicht 21:
Jahr
Zins-Steuer-Quote und Kreditfinanzierungsquote
Zins-SteuerQuote mit LFA
und BEZ ohne
Schuldendiensthilfen
Länderdurchschnitt
(einschl.
Gemeinden)
Zins-SteuerQuote mit LFA
und BEZ
sowie mit Schuldendiensthilfen
- v. H. -
Kreditfinanzierungsquote
Länderdurchschnitt
(einschl.
Gemeinden)
2001
18,5
11,0
29,6
21,7
6,2
2002
21,0
11,8
32,9
28,7
8,1
2003
21,2
12,3
31,9
19,7
10,5
2004
21,3
12,5
31,0
25,5
10,0
2005
22,9
13,1
31,8
20,7
10,4
Die Zins-Steuer-Quote verdeutlicht, in welchem Vomhundertsatz die Steuereinnahmen des Landes zuzüglich
der Einnahmen aus dem LFA und der Fehlbetrags-BEZ für Zinsausgaben gebunden sind. Im Jahr 2002 lag sie
bei annähernd dem Doppelten des Bundesdurchschnitts von 11,8 v. H.
Zum Vergleich mit dem Bundesdurchschnitt wird die Zins-Steuer-Quote ohne Berücksichtigung der Schuldendiensthilfen zugrunde gelegt. Würden den Zinsausgaben die Schuldendiensthilfen, die in Berlin von besonderem Gewicht sind (vgl. Ansicht 14), hinzugerechnet, hätte die Zins-Steuer-Relation im Jahr 2002 bereits nahezu
das Dreifache des Bundesdurchschnitts erreicht. Trotz beginnender Rückführung der Schuldendiensthilfen wird
diese Quote noch über längere Zeit auf einem Niveau von über 30 v. H. bleiben und eine anhaltend extrem
hohe Bindung der Steuereinnahmen verursachen.
Die Kreditfinanzierungsquote weist das Verhältnis der Netto-Neuverschuldung am Kreditmarkt zu den bereinigten Ausgaben aus. Sie liegt für Berlin regelmäßig etwa doppelt so hoch wie der Länderdurchschnitt, in den
Jahren 2001 und 2002 sogar bei etwa dem dreifachen Wert. Unter Zugrundelegung eines Länderdurchschnitts
von 8,1 v. H. hätte die Netto-Neuverschuldung Berlins im Jahr 2002 statt 6,0 Mrd. € lediglich 1,7 Mrd. € betragen dürfen.
Mit der förmlichen Feststellung der extremen Haushaltsnotlage am 5. November 2002 hat sich der Senat der
Auffassung des Rechnungshofs (Jahresbericht 2001 T 45 bis 48) angeschlossen. Nachdem Verhandlungen mit
dem Bund über entsprechende Hilfen erfolglos blieben, hat das Land im September 2003 einen Normenkon-
27
trollantrag beim Bundesverfassungsgericht mit dem Ziel eingereicht, dass Berlin Sonderbedarfs-BEZ zur Haushaltssanierung gewährt werden.
zu T 32:
Die Sachdarstellung des Rechnungshofs zur Haushaltsnotlage und die Ansicht 21 bedürfen
keiner Stellungnahme des Senats.
14.
Konsolidierungsnotwendigkeiten
T 33:
Obwohl das Land seine Primärausgaben von 20,9 Mrd. € im Jahr 1995 auf 18,9 Mrd. € im Jahr 2002 abgesenkt
hat, erfordern die wachsende Verschuldung und die steigende Zinslast auch im Interesse der Erhaltung der
Handlungsfähigkeit des Landes anhaltend konsequente Gegenmaßnahmen. Nach Abbau des Primärdefizits
müssen Primärüberschüsse erwirtschaftet werden, um die Zinsbelastungen zu reduzieren und die Schuldenspirale zu durchbrechen. Die finanziellen Größenordnungen stellen sich wie folgt dar:
Ansicht 22:
Primärdefizit und Zinsbelastung
7 000,0
6 000,0
5 827,7
5 136,3
4 710,0
5 000,0
4 392,6
Mio. €
4 094,5
4 000,0
3 441,0
2 869,0
3 000,0
2 000,0
1 000,0
0,0
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
In der derzeitigen Wirtschaftslage muss die notwendige Konsolidierung im Wesentlichen durch eine Reduzierung der Ausgaben geleistet werden.
T 34:
Die mit dem Normenkontrollantrag beim Bundesverfassungsgericht begehrten Hilfeleistungen der bundesstaatlichen Gemeinschaft setzen ausreichende Eigenanstrengungen des Landes voraus und sind mit strengen Auflagen und einem Sanierungsprogramm zu verknüpfen (vgl. auch § 12 Abs. 4 Maßstäbegesetz).
Mit der Finanzplanung 2003 bis 2007 hat der Senat Konsolidierungsbeschlüsse für ein Sanierungsprogramm
gefasst, das als Bestandteil des Normenkontrollantrages gegenüber dem Bundesverfassungsgericht die Eigenanstrengungen Berlins zur Konsolidierung des Landeshaushalts dokumentieren soll. Das Programm hat ein
Volumen von 1,6 Mrd. € bis zum Jahr 2007 und soll sich folgendermaßen auswirken:

Die Personalausgaben sollen bis zum Jahr 2007 weitestgehend stabil gehalten werden. Hierfür will der
Senat sowohl den Stellenbestand reduzieren als auch Maßnahmen im Tarif- und Besoldungsbereich
umsetzen.

Die konsumtiven Sachausgaben sollen bis zum Jahr 2007 um 940 Mio. € gegenüber 2003 gesenkt werden. Dafür sind u. a. folgende Maßnahmen vorgesehen:
-
Entlastungen im Bereich der Kindertagesstätten (102 Mio. €),
Reduzierung der Ausgaben für Hilfen zur Erziehung (89 Mio. €),
Facility-Management (72 Mio. €),
Auslaufen von Beschäftigungsmaßnahmen (58 Mio. €),
Einrichtung eines Stellenpools (30 Mio. €),
Ausstieg aus der Wohnungsbauförderung (260 Mio. €).
28

Die Investitionsausgaben sollen bis zum Jahr 2007 um knapp 350 Mio. € gegenüber dem Nachtragshaushaltsplan 2003 reduziert werden.
Ziel des Senats ist es, die Primärausgaben bis 2007 um 1,2 Mrd. € zurückzuführen und das Primärdefizit vollständig abzubauen.
Der Rechnungshof erkennt die Anstrengungen des Senats zur Konsolidierung des Landeshaushalts an. Die
Maßnahmen müssen allerdings tragfähig sein und konsequent umgesetzt werden.
zu T 33 und 34:
Die Sachdarstellungen des Rechnungshofs zur Konsolidierungsnotwendigkeit und die Ansicht 22 bedürfen keiner Stellungnahme des Senats.
15.
Nationaler Stabilitätspakt
T 35:
Mit dem europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt von Maastricht sind die EU-Mitgliedsstaaten angehalten,
eine stabilitätsorientierte Finanzpolitik zu realisieren. Zudem verpflichtet er die EU-Länder, ein jährlich aktualisiertes Stabilitätsprogramm vorzulegen. Die Stabilitätskriterien umfassen insbesondere:

das Verhältnis des gesamtstaatlichen Defizits zum Bruttoinlandsprodukt (BIP), das maximal 3 v. H., und

das Verhältnis der öffentlichen Gesamtverschuldung zum BIP, das höchstens 60 v. H. betragen darf.
Liegen belastbare Hinweise auf ein tatsächliches Erreichen bzw. Überschreiten der 3 v. H.-Defizitgrenze vor,
kann die EU-Kommission ein Defizitverfahren einleiten.
Die Einhaltung der Stabilitätskriterien muss Bestandteil einer nachhaltigen Finanzpolitik sein, die die
Handlungsfähigkeit des Landes erhält und ermöglicht, notwendige Strukturveränderungen vorzunehmen und
wirtschaftliches Wachstum zu sichern.
T 36:
Zur innerstaatlichen Umsetzung der Vereinbarungen von Maastricht wurde zum 1. Juli 2002 eine Änderung des
Haushaltsgrundsätzegesetzes (HGrG) in Kraft gesetzt. Der neu eingeführte § 51 a HGrG sieht vor, dass

Bund und Länder „eine Rückführung der Netto-Neuverschuldung mit dem Ziel ausgeglichener Haushalte“ anstreben;

der Finanzplanungsrat u. a. Empfehlungen zur Haushaltsdisziplin gibt, insbesondere im Hinblick auf eine
gemeinsame Ausgabenlinie und die Vereinbarkeit der Haushaltsentwicklung der Gebietskörperschaften
mit den Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts;

der Finanzplanungsrat nach Erfordernis Empfehlungen zur Wiederherstellung der Haushaltsdisziplin
ausspricht.
Auf der Sondersitzung am 21. März 2002 hat der Finanzplanungsrat die Notwendigkeit des Europäischen
Stabilitäts- und Wachstumspakts anerkannt und im Rahmen eines nationalen Stabilitätspakts insbesondere
beschlossen, dass

die Länder und Gemeinden ihr jährliches Ausgabenwachstum in den Jahren 2003 und 2004 auf jeweils
1 v. H. im Jahresdurchschnitt begrenzen und

Bund und Länder ihre Finanzierungsdefizite/Nettokreditaufnahmen (unter Berücksichtigung der besonderen Situation der Haushaltsnotlagenländer) vom Jahr 2003 an jährlich gegenüber dem Vorjahr mit dem
Ziel ausgeglichener Haushalte reduzieren.
In seiner Sitzung am 27. November 2002 bekräftigte der Finanzplanungsrat die im März gefassten Beschlüsse.
Erstmals erörterte er die Einhaltung der Haushaltsdisziplin im Rahmen der Europäischen Wirtschafts- und
Währungsunion. Mit dem gemeinsamen Ziel, im Jahr 2003 das gesamtstaatliche Defizit wieder unter 3 v. H. des
BIP zu senken, wurden die Länder verpflichtet, „zum nächsten Finanzplanungsrat ihre Beiträge zur Erreichung
des Zieles eines ausgeglichenen Staatshaushaltes 2006 und ihre Strategien zur Erreichung ausgeglichener
Landeshaushalte“ darzulegen.
Darüber hinaus machte der Finanzplanungsrat gegenüber dem Land Berlin von seinem Recht nach § 51 a
Satz 3 HGrG Gebrauch, bei nicht hinreichender Haushaltsdisziplin Empfehlungen zur Wiederherstellung der
Haushaltsdisziplin zu geben. Danach ist das Land Berlin verpflichtet, seine Ausgaben unter „erheblichen
29
zusätzlichen Konsolidierungsanstrengungen, die weit über die für die übrigen
Ausgabenbegrenzung hinausgehen“, „auf ein finanzierbares Niveau zurückzuführen“.
Länder
geltende
T 37:
Mit der Einleitung eines Defizitverfahrens gegenüber Deutschland durch die EU-Kommission im November 2002 gewinnt die Verpflichtung des Landes Berlin zusätzlich an Gewicht.

Der öffentliche Gesamthaushalt schloss im Jahr 2002 mit einem Finanzierungsdefizit1) von 66,3 Mrd. €
ab. Berlin nimmt dabei mit einem Defizit von 4,9 Mrd. € im Vergleich aller Länder den zweiten Platz ein.

Der prozentuale Anteil Berlins am Gesamtdefizit beläuft sich auf 7,4 v. H. Dagegen wurden im Land mit
77,1 Mrd. € nur 3,7 v. H. des BIP2) der Bundesrepublik Deutschland erwirtschaftet.
Die Forderung des Finanzplanungsrates vom 21. März 2002 zur Begrenzung des Ausgabenzuwachses wird im
Jahr 2004 voraussichtlich nicht voll erfüllt. Ursache hierfür ist die notwendige Finanzierung des Fehlbetrages
aus 2002, die im Jahr 2004 ausgabeseitig wirksam wird und somit eine Steigerung der Gesamtausgaben um
1,3 v. H. gegenüber dem Vorjahr zur Folge hat.
Aus dem gleichen Grund kann der Senat eine kontinuierliche Senkung der Nettokreditaufnahme bis zum
Jahr 2005 nicht nachweisen. Das Ziel, im Sinne des nationalen Stabilitätspakts einen stabilitätskonformen
Haushalt herbeizuführen, erscheint auf absehbare Zeit nicht erreichbar.
zu T 35 bis 37:
Die Sachdarstellungen des Rechnungshofs zum nationalen Stabilitätspakt bedürfen keiner
Stellungnahme des Senats.
1)
Statistisches Bundesamt, Differenz zwischen Ausgaben und Einnahmen einschließlich interner Verrechnungen. Das für das MaastrichtKriterium gegenüber der EU notifizierte Defizit fiel mit 76,2 Mrd. € noch höher aus.
2)
BIP in jeweiligen Preisen
30
III. Prüfung der Haushalts - und Vermögensrechnung sowie der Kreditaufnahme für
das Haushaltsjahr 2002
1.
Haushalts- und Vermögensrechnung 2002
Der Senat hat wie im vergangenen Jahr die Haushal ts- und Vermögensrechnung zwar fristgerecht aber nur in verkürzter Form vorgelegt. Der Rechnungshof kann wegen noch ausstehe nder Klärung zu Feststellungen zum Haushaltsjahr 2001 und Mängeln zum Haushaltsjahr 2002
die Richtigkeit der Vermögensrechnung nur e ingeschränkt bestätigen.
1.1
Haushaltsplan
T 38:
Der Haushaltsplan 2002 ist durch das Haushaltsgesetz 2002/2003 (HG 02/03) vom 19. Juli 2002 in der Fassung
des Nachtragshaushaltsgesetzes 2002/2003 (NHG 2002/2003) vom 16. April 2003 in Einnahmen und Ausgaben auf 23 785 963 100 € mit Verpflichtungsermächtigungen von 1 453 064 100 € festgestellt worden, und zwar

in den Einzelplänen 01 bis 29 auf Einnahmen und Ausgaben von 18 190 568 200 € mit Verpflichtungsermächtigungen von 1 390 148 100 € und

in den Einzelplänen 31 bis 59 (Bezirkshaushaltspläne) auf Einnahmen und Ausgaben von
5 595 394 900 € mit Verpflichtungsermächtigungen von 62 916 000 € und in den einzelnen Bezirkshaushaltsplänen nach Maßgabe der Haushaltsübersicht des Gesamtplans.
Die Bezirke haben unter Berücksichtigung der Globalzuweisung ausgeglichene Bezirkshaushaltspläne aufzustellen, die von den Bezirksverordnetenversammlungen zu beschließen sind und die von der Feststellungswirkung des Haushaltsgesetzes umfasst werden (vgl. §§ 26 a Abs. 1 und 30 LHO).
T 39:
Im Vergleich zu den Vorjahren hat sich das Haushaltsvolumen wie folgt entwickelt:
Ansicht 23:
Haushaltsvolumen
Haushaltsjahr
Einzelpläne 01 bis 59
Mio. €
v. H.
Einzelpläne 01 bis 29
Mio. €
v. H.
1998
22 906,8
-2,0
17 206,7
-2,3
5 700,0
-1,2
1999
21 585,7
-5,8
15 981,7
-7,1
5 604,0
-1,7
2000
21 143,2
-2,1
15 604,2
-2,4
5 538,9
-1,2
2001
24 369,9
+15,3
18 886,4
+21,0
5 483,5
-1,0
2002
23 786,0
-2,4
18 190,6
-3,7
5 595,4
+2,0
Einzelpläne 31 bis 59
Mio. €
v. H.
T 40:
Die veranschlagten Verpflichtungsermächtigungen haben sich im Verhältnis zum Haushaltsvolumen bzw. zur
jeweiligen Teilsumme in den letzten Jahren wie folgt entwickelt:
Ansicht 24:
Haushaltsjahr
Verpflichtungsermächtigungen
Einzelpläne 01 bis 59
Mio. €
v. H.
Einzelpläne 01 bis 29
Mio. €
v. H.
Einzelpläne 31 bis 59
Mio. €
v. H.
1998
2 927,7
12,8
2 667,7
15,5
259,9
4,6
1999
2 555,7
11,8
2 393,2
15,0
162,5
2,9
2000
2 511,8
11,9
2 402,1
15,4
109,7
2,0
2001
1 750,1
7,2
1 684,0
8,9
66,0
1,2
2002
1 453,1
6,1
1 390,1
7,6
62,9
1,1
zu T 38 bis 40:
Die Sachdarstellungen des Rechnungshofs und die Ansichten 23 und 24 bedürfen keiner
Stellungnahme des Senats.
31
1.2
Rechnungslegung (Termin und Umfang)
T 41:
Gemäß Artikel 94 Abs. 1 VvB hat der Senat im Laufe der ersten neun Monate des folgenden Rechnungsjahres
dem Abgeordnetenhaus über die Einnahmen und Ausgaben der Haushaltswirtschaft, über das Vermögen und
über die Schulden Rechnung zu legen. Für das Haushaltsjahr 2002 hat er die Haushalts- und Vermögensrechnung von Berlin am 23. September 2003 beschlossen und mit Schreiben vom selben Tag dem Abgeordnetenhaus vorgelegt (Drs 15/2065).
Die Nachweisungen der Verpflichtungsermächtigungen (§ 85 Nr. 1 LHO i. V. m. Nrn. 11.4.4 und 11.4.6 AV
§ 80 LHO), die Übersicht über das Rücklage- und Sondervermögen (§ 85 Nr. 2 LHO i. V. m. Nr. 11.4.7 AV
§ 80 LHO), die Nachweisung über die übernommenen Bürgschaften (Nr. 13.4.1 AV § 80 LHO), die Nachweisung über die Verpflichtungen aus Gewähr- und ähnlichen Verträgen (Nr. 13.4.2 AV § 80 LHO) und die Nachweisung über den flächenmäßigen Bestand des Grundvermögens zum Ende des Haushaltsjahres
(Nr. 13.4.3 AV § 80 LHO) wurden nach dem 30. September 2003 (bis zu zwei Monate später) vorgelegt.
Entgegen § 85 Nr. 3 LHO i. V. m. Nrn. 11.4.8, 11.4.10 und 11.4.11 AV § 80 LHO fehlen die Jahresabschlüsse
vom Krankenhaus des Maßregelvollzugs sowie von drei Betrieben, die nach § 26 LHO einen Wirtschaftsplan
aufzustellen hatten (Deutsche Oper Berlin, Neuköllner Seniorenheime und Weddinger Senioreneinrichtungen).
Für das Krankenhaus des Maßregelvollzugs fehlt auch noch der testierte Jahresabschluss für 2001. Für die
Weddinger Senioreneinrichtungen liegen seit 1998 aus den bekannten Gründen keine bestätigten Jahresabschlüsse vor (vgl. Vorjahresbericht T 34). Damit setzte sich die Entwicklung aus den Vorjahren fort.
Der Senat hat damit zwar fristgerecht aber innerhalb der von der Verfassung gesetzten Frist nicht vollständig
Rechnung gelegt.
zu T 41:
Der Senat wird zukünftig die Nachweisungen bis zum 30. September vorlegen. Die fehlenden Jahresabschlüsse des Krankenhauses des Maßregelvollzugs, der Deutschen Oper und
der Neuköllner Seniorenheime liegen mittlerweile vor und wurden nachgereicht. Die Jahresabschlüsse der Weddinger Senioreneinrichtungen sind weiterhin durch den Bezirk avisiert und werden nach Eingang nachgereicht.
T 42:
Die Bezirke erstellen eigene Bezirkshaushaltsrechnungen, die nur den Bezirksverordnetenversammlungen
vorzulegen sind (vgl. § 4 Abs. 3 Bezirksverwaltungsgesetz). Sie werden vom Rechnungshof nicht gesondert
geprüft, weil ihre Ergebnisse in der Rechnungslegung des Senats aufgehen.
zu T 42:
Die Sachdarstellung des Rechnungshofs bedarf keiner Stellungnahme des Senats.
1.3
Haushaltsrechnung
T 43:
Die Senatsverwaltung für Finanzen hat für jedes Haushaltsjahr die Haushaltsrechnung auf der Grundlage der
abgeschlossenen Bücher aufzustellen (§ 80 Abs. 3 LHO). Die Bücher werden im Rahmen der Kassenwirtschaft
geführt und weisen zum Jahresabschluss die Buchungsergebnisse aus. Die Kassenwirtschaft basiert auf Anordnungen im Rahmen der Mittelbewirtschaftung.
Das seit 1994 von der Senatsverwaltung für Finanzen sukzessive eingeführte HKR 1)-Verfahren ProFiskal bildet
die Mittelbewirtschaftung und die Kassenwirtschaft in voneinander getrennten Modulen ab. Die Datenbestände
der Mittelbewirtschaftung und der Kassenwirtschaft werden arbeitstäglich durch Datentransfers synchronisiert.
In der Vergangenheit ist es durch Verfahrens- und Anwenderfehler immer wieder zu Abweichungen gekommen.
Die Haushaltsrechnung 2002 wurde wie im Vorjahr aus den Zahlen des Moduls der Mittelbewirtschaftung erstellt. Damit basiert sie wiederum entgegen § 80 Abs. 3 LHO nicht auf den abgeschlossenen Büchern der Kassenwirtschaft. Um dennoch die Ergebnisse der abgeschlossenen Datenbestände der Kassenwirtschaft in die
Rechnungslegung einzubeziehen, hat die Senatsverwaltung für Finanzen zum Jahresabschluss einen Abgleich
der Module vorgenommen. Dieser Abgleich führte zur Aufdeckung einer Vielzahl von Differenzen, die nach
Aktenlage fast vollständig bereinigt wurden.
1)
Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen
32
T 44:
Die Haushaltsrechnung (§ 81 LHO) weist für das Jahr 2002 folgendes Gesamtergebnis aus:
Ansicht 25:
Gesamtergebnis
Einnahmen
Ausgaben
-€-
Ist
22 365 297 044,11
23 757 406 950,32
0,00
140 584 234,61
Rechnungssoll
22 365 297 044,11
23 897 991 184,93
Ansatz
23 785 963 100,00
23 785 963 100,00
0,00
132 146 921,00
+9 570 948,68
+9 570 948,68
23 795 534 048,68
23 927 680 969,68
verbliebene Haushaltsreste
Haushaltsreste aus Vorjahren
Abschlussergebnisse der Vorjahre
Gesamtsoll
Differenz ungünstiger
1 430 237 004,57
Differenz günstiger
29 689 784,75
Fehlbetrag nach der Rechnung
1 400 547 219,82
zu T 43 und 44:
Die Sachdarstellungen des Rechnungshofs und die Ansicht 25 bedürfen keiner Stellungnahme des Senats.
T 45:
Das kassenmäßige Jahresergebnis als Teil des kassenmäßigen Abschlusses nach § 82 LHO beträgt:
22 365 297 044,11 €
23 757 406 950,32 €
1 392 109 906,21 €
Ist-Einnahmen
Ist-Ausgaben
Kassenmäßiger Fehlbetrag
Das kassenmäßige Jahresergebnis hat sich wie folgt entwickelt:
Ansicht 26:
Haushaltsjahr
Kassenmäßiges Jahresergebnis
Einzelpläne 01 bis 59
Einzelpläne 01 bis 29
- Mio. € -
Einzelpläne 31 bis 59
1998
-1 569,6
-1 688,2
+118,6
1999
-1 580,7
-1 703,9
+123,3
2000
-654,0
-683,6
+29,6
2001
-1 931,1
-1 890,3
-40,8
2002
-1 392,1
-1 276,8
-115,4
Das kassenmäßige Jahresergebnis ist nicht mit dem kassenmäßigen Gesamtergebnis identisch. Die Senatsverwaltung für Finanzen hat beim Haushaltsabschluss das kassenmäßige Gesamtergebnis dargestellt und
erläutert. Der von der Senatsverwaltung für Finanzen erläuterte Gesamtbetrag von 102 895,17 € ist um 51,13 €
zu niedrig ausgewiesen. Die Ausgleichsbuchung erfolgte im Haushaltsjahr 2003 in korrekter Höhe. Das kassenmäßige Gesamtergebnis beträgt somit 1 392 212 852,51 €.
zu T 45:
Die Feststellungen des Rechnungshofs werden bestätigt.
T 46:
Die Ist-Einnahmen und Ist-Ausgaben entwickelten sich jeweils wie folgt:
33
Ansicht 27:
Ist-Einnahmen (Differenz zum Vorjahr)
Haushaltsjahr
Einzelpläne 01 bis 59
Mio. €
v. H.
Einzelpläne 01 bis 29
Mio. €
v. H.
1998
-3 180,1
-12,7
-3 193,6
-16,8
+13,5
+0,2
1999
+31,9
+0,1
-11,3
-0,1
+43,3
+0,7
2000
+531,4
+2,4
+713,5
+4,5
-182,0
-3,0
2001
+800,6
+3,4
+869,9
+5,0
-69,2
-1,1
2002
-924,6
-4,0
-840,0
-4,8
-84,6
-1,4
Ansicht 28:
Einzelpläne 31 bis 59
Mio. €
v. H.
Ist-Ausgaben (Differenz zum Vorjahr)
Haushaltsjahr
Einzelpläne 01 bis 59
Mio. €
v. H.
Einzelpläne 01 bis 29
Mio. €
v. H.
1998
-1 836,7
-7,3
-1 785,4
1999
+43,0
+0,2
+4,4
2000
-395,1
-1,7
-306,7
2001
+2 077,7
+8,2
2002
-1 463,6
-5,8
Einzelpläne 31 bis 59
Mio. €
v. H.
-9,2
-51,2
-0,9
+0,03
+38,6
+0,6
-1,7
-88,3
-1,5
+2 076,6
+10,8
+1,0
+0,1
-1 453,5
-7,5
-10,0
-0,2
zu T 46:
Die Sachdarstellung des Rechnungshofs bedarf keiner Stellungnahme des Senats.
T 47:
Die Finanzierungsrechnung (Gegenstück zur Finanzierungsübersicht im Gesamtplan des Haushaltsplans) weist
den Finanzierungssaldo mit minus 4 864 193 814,72 € aus. Der Finanzierungssaldo zeigt den bereinigten
haushaltsbezogenen Netto-Kreditbedarf, der mit der Netto-Neuverschuldung nicht übereinstimmen muss. Er
entwickelte sich seit 1998 wie folgt:
Ansicht 29:
Haushaltsjahr
Finanzierungssaldo
Finanzierungssaldo
Mio. €
1998
-2 585,8
1999
-1 790,2
2000
-2 544,7
2001
-5 250,0
2002
-4 864,2
Die Finanzierungsrechnung als Teil des kassenmäßigen Abschlusses (§ 82 LHO) ist nicht in der vorgelegten
Haushaltsrechnung enthalten. Ihre Aufnahme in den Abschlussbericht, auf den in der Vorlage nur verwiesen
wird, genügt nicht, da dieser den kassenmäßigen Abschluss sowie den Haushaltsabschluss und damit auch die
Finanzierungsrechnung erläutern und nicht darstellen soll (vgl. § 84 LHO).
zu T 47:
Die Finanzierungsrechnung wird in die Haushaltsrechnung aufgenommen werden.
T 48:
Das rechnungsmäßige Jahresergebnis nach § 83 Nr. 2 Buchstabe d LHO hat sich seit 1998 wie folgt verändert:
34
Ansicht 30:
Haushaltsjahr
Rechnungsmäßiges Jahresergebnis
Einzelpläne 01 bis 59
Einzelpläne 01 bis 29
- Mio. € -
Einzelpläne 31 bis 59
1998
-153,21)
-230,2
+77,0
1999
788,52)
-1 794,2
+65,7
2000
-834,63)
-856,4
+21,9
2001
-1
982,24)
-2 024,8
-8,5
2002
-1 400,5
-1 287,6
-113,0
-1
1)
Der für das Haushaltsjahr 1998 ausgewiesene Fehlbetrag ist um 7 701,54 € zu gering (vgl. Jahresbericht 2000 T 127).
2)
Der für das Haushaltsjahr 1999 ausgewiesene Fehlbetrag ist um 2 468,34 € zu gering (vgl. Jahresbericht 2001 T 77).
3)
Der für das Haushaltsjahr 2000 ausgewiesene Fehlbetrag ist um 44 641 454,59 € zu gering (vgl. Jahresbericht 2002 T 64, 65 und 68).
4)
Der für das Haushaltsjahr 2001 ausgewiesene Fehlbetrag ist um 174 524 584,99 € zu hoch (vgl. Vorjahresbericht T 37 und 38).
Das ausgewiesene rechnungsmäßige Gesamtergebnis nach § 83 Nr. 2 Buchstabe e LHO weicht um 51,13 € ab
(vgl. T 45).
zu T 48:
Die Feststellungen des Rechnungshofs werden bestätigt.
T 49:
Die in der Nachweisung der nicht abgewickelten Verwahrungen und Vorschüsse ausgewiesenen Summen
stimmen mit den Beständen, die in die entsprechenden Bücher der Kassenwirtschaft des nächsten Haushaltsjahres übertragen wurden, überein.
zu T 49:
Die Sachdarstellung des Rechnungshofs bedarf keiner Stellungnahme des Senats.
T 50:
Im Laufe der Haushaltswirtschaft ergeben sich regelmäßig Abweichungen von der Haushaltsplanung. Teile
davon werden in der Nachweisung der höheren und neuen Ausgaben gegenüber dem Haushaltsplan
(Nr. 11.4.2 AV § 80 LHO) dargestellt.
Für den Bereich der Hauptverwaltung ist in dieser Nachweisung ein insgesamt um 153,02 € geringerer Betrag
ausgewiesen als in der Rechnungsnachweisung (Nr. 4 AV § 80 LHO). Die Differenz wurde von der Senatsverwaltung für Finanzen nicht erläutert.
Die in der vorgenannten Nachweisung darzustellenden höheren und neuen Ausgaben bei den Ausgaben aus
zweckgebundenen Einnahmen berücksichtigen erneut nicht die Ausgabereste, die aufgrund der tatsächlich
eingegangenen Einnahmen zu bilden sind (vgl. Nr. 1.7 AV § 37 LHO).
zu T 50:
Die vom Rechnungshof festgestellte Differenz von 153,02 € betrifft das Kapitel 03 40 - Landeszentrale für politische Bildungsarbeit - (alt) und 10 31 - Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit - (neu). Die vorläufige Haushaltswirtschaft 2002 wurde durch Übernahme
der Haushaltsstruktur 2001 und Buchungen von vorläufigen Ansätzen sichergestellt. Einnahmen und Ausgaben für die Landeszentrale für politische Bildungsarbeit wurden somit
zunächst in dem Kapitel 03 40 bewirtschaftet. Nach Verabschiedung des Doppelhaushalts 2002/2003 erfolgte die Bewirtschaftung dann im Kapitel 10 31. Durch Ausbuchung der
vorläufigen Ansätze aus dem Kapitel 03 40 kam es für die bereits geleisteten Zahlungen
auf dem Titel 518 03 zu ungedeckten Ausgaben in Höhe von 153,02 €. Diese ungedeckten
Ausgaben wurden dann erst im Mai 2003 im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten durch
Deckungsfähigkeit aus dem Kapitel 10 31 ausgeglichen. Der unmittelbare Zusammenhang
zwischen dem vorläufig (weiter) bewirtschafteten Kapitel 03 40 und dem planmäßigen Kapitel 10 31 begründete diese unübliche Deckungsfähigkeit auf eine Buchungsstelle, die im
Mai 2003 keinen Ansatz mehr hatte.
Da Buchungsstellen ohne Haushaltsansatz nicht an der Deckungsfähigkeit teilnehmen,
berücksichtigte die Funktionalität der Rechnungsnachweisung (Tabelle 100) die vorge-
35
nannte Deckung von 153,02 € auf die Buchungsstelle 03 40 / 518 03 nicht. Sehr wohl jedoch die Deckung von der Buchungsstelle 10 31 / 518 03, die im Mai 2003 mit einem planmäßigen Ansatz ausgestattet war.
Die Funktionalität der Gesamtnachweisung (Nachweisungen der höheren und neuen
Ausgaben) hingegen listet alle Buchungen der Deckungsfähigkeit auf, ohne Prüfung der
betroffenen Buchungsstellen auf Berechtigung zur Deckungsfähigkeit. Somit ist der Betrag
der Gesamtnachweisung zutreffend und derjenige der Rechnungsnachweisung um
153,02 € zu gering.
Da es sich bei der Ausgleichsbuchung zwischen den Kapiteln 03 40 und 10 31 um eine
voraussichtlich einmalige Ausnahme handelte, sieht der Senat keine Notwendigkeit die
Funktionalität der Rechnungsnachweisung zu ändern.
T 51:
Für Haushaltsüberschreitungen aufgrund über- und außerplanmäßiger Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen ist die nachträgliche Genehmigung des Abgeordnetenhauses einzuholen (Artikel 88 Abs. 2 VvB). Sie
werden in Anlagen zur Haushalts- und Vermögensrechnung nachgewiesen (§ 85 Nr. 1 LHO). Der Senat hat
dem Abgeordnetenhaus am 2. September 2003 eine Nachweisung der über- und außerplanmäßigen Ausgaben
und der Verpflichtungsermächtigungen für die Hauptverwaltung (Drs 15/2014) und am 9. Dezember 2003 eine
entsprechende für die Bezirke (Drs 15/2367) zur Genehmigung vorgelegt. Das Abgeordnetenhaus hat die
Haushaltsüberschreitungen am 17. März 2004 beschlossen.
T 52:
Die über- und außerplanmäßigen Ausgaben im Haushaltsjahr 2002 betragen nach den Vorlagen an das Abgeordnetenhaus insgesamt 551 869 666,48 €. Sie haben sich im Verhältnis zum Haushaltsvolumen bzw. zur jeweiligen Teilsumme in den letzten Jahren wie folgt entwickelt:
Ansicht 31:
Haushaltsjahr
Haushaltsüberschreitungen (Ausgaben)
Einzelpläne 01 bis 59
Mio. €
v. H.
1998
überplanmäßig
außerplanmäßig
gesamt
550,9
264,2
815,1
1999
überplanmäßig
außerplanmäßig
gesamt
753,8
141,5
895,3
2000
überplanmäßig
außerplanmäßig
gesamt
612,0
2001
überplanmäßig
außerplanmäßig
gesamt
853,2
2002
überplanmäßig
außerplanmäßig
gesamt
442,5
109,4
551,9
1)
Einzelpläne 01 bis 29
Mio. €
v. H.
3,6
305,7
200,5
506,2
4,1
428,0
45,3
473,2
2,9
255,5
25,9
281,4
3,5
295,2
99,7
394,9
2,3
138,5
60,7
199,2
Einzelpläne 31 bis 59
Mio. €
v. H.
2,9
245,2
63,7
308,9
5,4
3,0
325,9
96,3
422,1
7,5
1)
1)
1,8
330,6
6,0
1)
1)
2,1
458,3
8,4
1,1
304,0
48,7
352,7
6,3
In der Sammelvorlage sind die über- und außerplanmäßigen Ausgaben nicht gesondert ausgewiesen.
T 53:
Die über- und außerplanmäßigen Verpflichtungsermächtigungen betragen nach den o. g. Vorlagen im Haushaltsjahr 2002 insgesamt 143 878 354,35 €. Der Umfang hat sich im Verhältnis zur jeweiligen Veranschlagung
im Haushaltsplan wie folgt entwickelt:
36
Ansicht 32:
Haushaltsüberschreitungen (Verpflichtungsermächtigungen)
Haushaltsjahr
Einzelpläne 01 bis 59
Mio. €
v. H.
1998
überplanmäßig
außerplanmäßig
gesamt
45,7
138,2
183,9
1999
überplanmäßig
außerplanmäßig
gesamt
60,9
327,1
388,0
2000
überplanmäßig
außerplanmäßig
gesamt
288,7
2001
überplanmäßig
außerplanmäßig
gesamt
308,9
2002
überplanmäßig
außerplanmäßig
gesamt
24,5
119,3
143,9
1)
Einzelpläne 01 bis 29
Mio. €
v. H.
6,3
45,3
133,9
179,3
15,2
59,3
277,0
336,3
11,5
57,1
220,6
277,8
18,0
105,5
198,1
303,7
9,9
24,5
118,2
142,7
Einzelpläne 31 bis 59
Mio. €
v. H.
6,7
0,3
4,2
4,6
1,8
14,1
1,5
50,1
51,7
31,8
1)
1)
11,6
10,9
10,0
1)
1)
18,0
5,1
8,0
10,2
0
1,1
1,1
1,8
In der Sammelvorlage sind die über- und außerplanmäßigen Verpflichtungsermächtigungen nicht gesondert ausgewiesen.
T 54:
Für das Haushaltsjahr 2002 sind insgesamt 176 525 900 € pauschale Minderausgaben (0,7 v. H. des Haushaltsvolumens) veranschlagt worden, davon für die
132 156 000 €,
44 369 900 €.
Hauptverwaltung
Bezirke
Die Verwaltungen haben nur einen Teil der pauschalen Minderausgaben erwirtschaftet. Sie wiesen für die
Hauptverwaltung insgesamt 2 427 657,45 € und für die Bezirksverwaltungen 12 874 000,00 € (davon entfallen
87,7 v. H. auf den unter vorläufige Haushaltswirtschaft gestellten Bezirk Marzahn-Hellersdorf) als nicht zugelassene Mehrausgaben aus.
T 55:
Die verbliebenen Haushaltsreste haben sich in den letzten Jahren im Vergleich zum veranschlagten Haushaltsvolumen wie folgt entwickelt:
Ansicht 33:
Ausgabehaushaltsreste
Haushaltsjahr
Einzelpläne 01 bis 59
Mio. €
v. H.
Einzelpläne 01 bis 29
Mio. €
v. H.
Einzelpläne 31 bis 59
Mio. €
v. H.
1998
211,2
0,9
167,5
1,0
43,7
0,8
1999
147,8
0,7
90,5
0,6
57,3
1,0
2000
255,6
1,2
208,0
1,3
47,6
0,9
2001
137,1
0,5
117,5
0,6
14,6
0,2
2002
140,6
0,6
128,4
0,7
12,2
0,2
Die verbliebenen Ausgabehaushaltsreste sind gegenüber dem Vorjahr leicht gestiegen.
Die Senatsverwaltung für Finanzen hat seit 1999 auf die Bildung von Einnahmehaushaltsresten verzichtet.
37
zu T 51 bis 55:
Die Sachdarstellungen des Rechnungshofs und die Ansichten 31 bis 33 bedürfen keiner
Stellungnahme des Senats.
1.4
Vermögensrechnung
T 56:
Die Vermögensrechnung für das Haushaltsjahr 2002 wurde erneut nicht mit dem ProFiskal-Modul DHR erstellt,
sondern mit anderen Softwareprodukten auf Basis der Daten aus der Mittelbewirtschaftung.
zu T 56:
Die Sachdarstellung des Rechnungshofs bedarf keiner Stellungnahme des Senats.
T 57:
Die vom Senat aufgestellte Rechnung über das Vermögen und die Schulden des Landes Berlin schließt wie
folgt ab:
Ansicht 34:
Vermögensübersicht
Vermögensteil
Schulden1)
Vermögen
-€-
Verwaltungsvermögen
7 109 770 985
47 267 181 919
Betriebsvermögen
7 300 492 966
0
Rücklagevermögen
3 110 968 275
0
1 468 318
5 624
46 885 242
0
17 569 585 786
47 267 187 543
Finanzvermögen
Stiftungsvermögen
Insgesamt
1)
Der modellmäßige Barwert der Zins- und Tilgungsleistungen aus öffentlichen Baudarlehen von 244,7 Mio. € (Stand vom 31.12.02) ist in
dieser Tabelle nicht ausgewiesen (vgl. Fußnote 1 zu Ansicht 18).
Das Vermögen hat sich gegenüber dem Vorjahr um 828 221 714 € vermindert. Die Schulden erhöhten sich um
4 866 348 677 €.
Die in der Vermögensrechnung nachgewiesenen Anfangsbestände 2002 stimmen nicht mit den Schlussbeständen des Jahres 2001 überein. Die Senatsverwaltung für Finanzen hat die Abweichungen nachvollziehbar erläutert. Anzumerken ist, dass die ausgewiesenen Differenzen von 122 726 € tatsächlich 19 122 726 € betragen.
Beim Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf Kapitel 39 11 Vermögensgruppe 10 21 wurde eine Abweichung zwischen dem Vermögenskonto und dem Vermögensnachweis in Höhe von 844 € festgestellt. Nach der Erläuterung der Senatsverwaltung für Finanzen wurde für eine Abgangsbuchung die falsche Vermögensgruppe 10 21
gewählt, bei der der Bestand programmtechnisch nicht fortgeschrieben wurde. Dies führte zwar bei dieser Vermögensgruppe zu einem korrekten Schlussbestand, der Schlussbestand bei der zutreffenden Vermögensgruppe 10 34 und somit auch insgesamt beim Verwaltungsvermögen ist aber um 844 € zu hoch ausgewiesen. Die
Korrekturbuchung wurde im Übrigen im Haushaltsjahr 2003 nachgeholt.
Die Höhe des in der Vermögensübersicht mit 3 110 968 275 € ausgewiesenen Rücklagevermögens kann nicht
bestätigt werden, weil diese nicht anhand der haushaltsmäßigen Buchungen, den Buchungen im Sachbuch für
den Geldbestand und den Meldungen zur Übersicht über das Rücklagevermögen nachvollzogen werden kann.
Die manuell erstellte Übersicht über das Rücklagevermögen weist eine Summe von 66 555 908,65 € aus. Gegenüber dem Rücklagevermögen in der Vermögensübersicht besteht eine Differenz von 3 044 412 366 €, die
sich der Rechnungshof nur teilweise erklären kann. So sind die verbrieften und nicht verbrieften Anteilsrechte
(Vermögensgruppe 30 35) in Höhe von 2 987 771 092 € in der manuell erstellten Übersicht zurecht nicht enthalten. Die Meldungen der Bezirke wurden nicht immer in der richtigen Höhe bei der Aufstellung berücksichtigt.
Der Restbetrag von 56 641 274 € ist bisher ungeklärt.
Der Geldbestand der Rücklagen im o. g. Sachbuch für die Hauptverwaltung (Hauptgruppe 97) weist als Jahresendbestand 2002 einen Betrag von insgesamt 86 801 199,80 € aus. Er ist um 28 696 432,80 € höher als im
Vermögensnachweis (ohne Vermögensgruppe 30 35) gebucht. Bei den Bezirken hingegen weist der Geldbestand einen um insgesamt 569 544,93 € niedrigeren Betrag aus.
Die Senatsverwaltung für Finanzen hat bei den Schlussbeständen versäumt, noch nicht bereinigte Fehler aus
den Vorjahren zu erläutern. So ist das Verwaltungsvermögen für 2002 noch um 14 197 529 € zu hoch ausge-
38
wiesen. Zwei weitere fehlerhafte Buchungen beim Verwaltungsvermögen der Bezirke Spandau und MarzahnHellersdorf aus dem Jahr 2001 von insgesamt 1 585 € und deren Auswirkung auf den Schlussbestand 2002
konnten immer noch nicht geklärt werden. Der Schriftverkehr mit den Bezirken hierzu ist noch nicht abgeschlossen. Ferner ist das Betriebsvermögen für 2002 wegen der noch unzutreffend ausgewiesenen Bestände der
ehemaligen Krankenhausbetriebe bei den Bezirken Mitte, Charlottenburg- Wilmersdorf, Steglitz-Zehlendorf und
Tempelhof-Schöneberg um insgesamt 196 647 240 € zu hoch dargestellt.
Ferner zweifelt der Rechnungshof den ausgewiesenen Vermögensbestand von 119 Mio. € für Darlehensforderungen (Verwaltungsvermögen) an (vgl. T 138 bis 143).
Insgesamt muss davon ausgegangen werden, dass der Schlussbestand des Vermögens um einen dreistelligen
Millionenbetrag zu hoch ausgewiesen ist.
zu T 57:
Die Feststellung des Rechnungshofs wird bestätigt. Die Differenzen betragen 19.122.726 €.
Aufgrund eines redaktionellen Fehlers wurden die ersten beiden Ziffern des Differenzbetrags nicht ausgedruckt.
Die Prüfung der Differenzen zwischen den Buchungen im Sachbuch und den Meldungen
zum Geldbestand des Rücklagevermögens sind noch nicht abgeschlossen. Durch ein geändertes Abfrage- und Abgleichverfahren soll zukünftig eine bessere Kontrolle der gemeldeten Bestände sichergestellt werden. Der Senat wird nach Abschluss der Prüfungen der
abgelaufenen Haushaltsjahre über eventuell notwendige und durchgeführte Korrekturen
berichten.
T 58:
Überschreitungen der im HG 02/03 festgelegten Ermächtigungen für Bürgschaften, Garantien und sonstige
Gewährleistungen sind der Vermögensrechnung nicht zu entnehmen.
Die Vermögensrechnung enthält auch Meldungen der Senatsverwaltungen über den Bestand der Bürgschaften,
Garantien und sonstigen Gewährleistungen. Aufbereitete Zusammenfassungen als Nachweisungen über die
übernommenen Bürgschaften (Nr. 13.4.1 AV § 80 LHO) und über die Verpflichtungen aus Gewähr- und ähnlichen Verträgen (Nr. 13.4.2 AV § 80 LHO) wurden jedoch nicht vorgelegt.
Im Abschlussbericht (Nr. 15 - Bürgschaften -) sind nur die auf die Senatsverwaltung für Finanzen entfallenen
Bürgschaften aufgeführt. Es fehlen Bürgschaften, Garantien und sonstige Gewährleistungen der Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung sowie für Wissenschaft, Forschung und Kultur mit einem Gesamtvolumen von
229,6 Mio. €. Der Rechnungshof hält es für geboten, dass auch der Abschlussbericht den vollständigen Stand
der Verpflichtungen Berlins aus Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen widerspiegelt.
zu T 58:
Der Senat wird zukünftig die Nachweisungen aller Senatsverwaltungen zum Bestand der
Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen vorlegen.
T 59:
Die Nachweisung über den flächenmäßigen Bestand des Grundvermögens zum Ende des Haushaltsjahres 2002 ist wie in den Vorjahren fehlerhaft.
Erstmalig sind die Grundstücke des Liegenschaftsfonds mit einer Gesamtfläche von 7 271 633 m2 besonders
ausgewiesen. Diese Flächenangaben beziehen sich aber nicht durchgängig, wie nach Nr. 15.4 i. V. m.
Nr. 14.12 AV § 73 LHO gefordert, auf den Stand zum 31. Dezember, da die Senatsverwaltung für Finanzen
mehrfach die Meldungen nachfordern musste und nicht alle Vermessungsämter einen Auszug aus dem Automatisierten Liegenschaftsbuch zum Ende des Haushaltsjahres 2002 gefertigt haben.
Die Senatsverwaltung für Finanzen hat in die Nachweisung für die Grundstücke außerhalb Berlins keine Flächen der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport aufgenommen, da diese Fehlanzeige erstattet hatte,
obwohl im Vorjahr noch sieben Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 176 266 m2 aufgeführt waren. Nach
Auskunft der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport sollte die Meldung für 2002 lediglich bedeuten,
dass sich keine Veränderung zum Vorjahr ergeben hat. Eine daraufhin vom Rechnungshof erbetene Aufstellung
der außerhalb Berlins gelegenen Grundstücke gemäß Abschlussrundschreiben 2002 Buchstabe G Nr. 14
Abs. 5 kann die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport angabegemäß nicht beibringen.
Die Senatsverwaltung für Finanzen hat für 2002 erstmalig auch die Flächen des außerhalb Berlins gelegenen
Grundvermögens, für das Berlin lediglich Miteigentümer ist, in einer Größe von 237 686 m2 in der Nachweisung
39
aufgeführt. Sonstige Flächen von 11 940 m2 wurden versehentlich nicht mit eingerechnet, sodass die Fläche
insgesamt 249 626 m2 beträgt. Die im Abschlussbericht in der Fußnote genannte Gesamtfläche von 239 050 m2
ist daher zu gering.
Die Senatsverwaltung für Finanzen hat entgegen Nr. 14.12 AV § 73 LHO in die Nachweisung über den flächenmäßigen Bestand des Grundvermögens nicht die von den Vermessungsämtern gemeldeten Flächen der
ehemaligen städtischen Krankenhausbetriebe von insgesamt 3 221 774 m2 übernommen, für die das Land
Berlin als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist.
zu T 59:
Der Senat kann mittlerweile eine verbesserte und fristgerechte Feststellung der im Treuhandvermögen des Liegenschaftsfonds befindlichen Grundstücke durch die Vermessungsämter beobachten.
Aufgrund der fehlenden Nachweisung der außerhalb Berlins gelegenen Grundstücke der
Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport wurden diese auch für die laufende Rechnungslegung nicht in den flächenmäßigen Nachweis des Grundvermögens aufgenommen.
Sofern eine Aufstellung nachgereicht wird, wird der Senat eine entsprechende Korrektur
des Nachweises vornehmen.
Der Senat hat den flächenmäßigen Nachweis des Grundvermögens mit anteiligem Eigentum Berlins für 2002 um den vom Rechnungshof festgestellten Differenzbetrag in der Mehrjahresübersicht korrigiert.
Der flächenmäßige Bestand des Grundvermögens der ehemaligen Krankenhäuser resultiert aus noch nicht abgewickelten Umschreibungen im Grundbuch. Der Senat hat die betroffenen Organisationseinheiten aufgefordert, die Umschreibung nunmehr schnellstmöglich
zu realisieren.
T 60:
Der Rechnungshof kann wegen noch ausstehender Klärungen zu Feststellungen zum Haushaltsjahr 2001 und
der vorstehend genannten Mängel zum Haushaltsjahr 2002 die Richtigkeit der Vermögensrechnung nur eingeschränkt bestätigen.
zu T 60:
Der Senat wird nach Abschluss der noch laufenden Prüfungen zur Vermögensrechnung
umgehend berichten. Für die flächenmäßige Nachweisung des im Treuhandvermögen des
Liegenschaftsfonds mit Stand 31. Dezember 2001 befindlichen Grundvermögens konnte im
Nachgang lediglich die Gesamtfläche ohne Differenzierung nach Nutzungsarten ermittelt
werden. Der Bestand von 5.217.434 qm ist in die Mehrjahresübersicht der Vermögensrechnung übernommen worden.
1.5
Ergebnis
T 61:
Der Rechnungshof beanstandet zusammenfassend, dass die Senatsverwaltung für Finanzen erneut innerhalb
der von der Verfassung gesetzten Frist nur eine verkürzte Haushalts- und Vermögensrechnung vorgelegt hat.
Der Rechnungshof erwartet, dass der Senat

künftig wieder gemäß Artikel 94 Abs. 1 VvB fristgerecht und vollständig Rechnung legt (T 41),

festgestellte Differenzen aufklärt, bereinigt oder erläutert (T 43, 50, 57, 59) und

alle Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen im Abschlussbericht darstellt (T 58).
zu T 61:
Der Senat wird die Rechnung zukünftig fristgerecht und vollständig legen sowie die durch
den Rechnungshof festgestellten Differenzen klären und berichten.
40
T 62:
Die Einnahmen und Ausgaben waren, soweit der Rechnungshof geprüft hat, ordnungsgemäß belegt.
zu T 62:
Die Sachdarstellung des Rechnungshofs bedarf keiner Stellungnahme des Senats.
2.
Kreditaufnahme
Die während der vorläufigen Haushaltswirtschaft und der Geltung des Vorschaltgesetzes zu beac htenden Höchstbeträge für die allgemeine Kreditaufnahme für das Haushaltsjahr 2002 wurden überschritten. Die übrigen Höchstbeträge sind eingehalten. Die Kreditobergrenze ist im Soll wie im Ist
überschritten. Die für die jeweiligen Zeiträume im Jahr 2002 zu beachtenden Höchstbeträge für
Kassenverstärkungskredite wurden nicht überschritten.
T 63:
Nach § 18 Abs. 2 LHO bestimmt das jeweilige Haushaltsgesetz, bis zu welcher Höhe Kredite zur Deckung von
Ausgaben aufgenommen werden dürfen. Da zu Beginn des Jahres 2002 noch kein Haushaltsgesetz verabschiedet war und keine Restermächtigung aus 2001 nach § 18 Abs. 3 Satz 1 LHO zur Verfügung stand, fanden
zunächst die Regelungen für die vorläufige Haushaltswirtschaft nach Artikel 89 Abs. 2 VvB Anwendung. Der
Senat durfte für die Aufrechterhaltung der Wirtschaftsführung bis zur Höhe eines Viertels der Endsumme des
abgelaufenen Haushaltsplans Kredite aufnehmen, soweit nicht andere Einnahmen die unbedingt notwendigen
Ausgaben deckten. Vom 9. Mai bis zum 25. Juli 2002 war das Vorschaltgesetz zum HG 02/03 vom
29. April 2002 zugrunde zu legen und seit dem 26. Juli 2002 das HG 02/03 vom 19. Juli 2002. Die Senatsverwaltung für Finanzen hatte im Laufe des Jahres 2002 somit in den drei genannten Zeiträumen bei der Kreditaufnahme unterschiedliche Höchstbeträge (vgl. T 64 und 65) zu beachten, die sich aus folgenden Ermächtigungen ergaben:
Vom 1. Januar bis zum 8. Mai 2002:

Kreditaufnahme zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftsführung (Artikel 89 Abs. 2 VvB);
vom 9. Mai bis zum 25. Juli 2002:

Kreditaufnahme am Kreditmarkt zur Deckung von Ausgaben (§ 2 Abs. 1 Vorschaltgesetz),

andere Darlehensaufnahmen, insbesondere aus Mitteln des Bundes, zur Deckung von Ausgaben (§ 2
Abs. 4 Vorschaltgesetz);
vom 26. Juli bis zum 31. Dezember 2002:

Kreditaufnahme am Kreditmarkt zur Deckung von Ausgaben (§ 3 Abs. 1 HG 02/03),

Kreditaufnahme für Tilgungen gemäß Kreditfinanzierungsplan (§ 3 Abs. 2 HG 02/03),

Kreditaufnahme für sonstige Tilgungen (§ 3 Abs. 3 HG 02/03),

andere Darlehensaufnahmen, insbesondere aus Mitteln des Bundes, zur Deckung von Ausgaben (§ 3
Abs. 4 HG 02/03).
Die Senatsverwaltung für Finanzen war zur Deckung von Ausgaben auch ermächtigt, im Wege des Vorgriffs
Kredite

im Jahr 2001 für 2002 sowie

im Jahr 2002 für 2003
aufzunehmen (§§ 3 Abs. 6 HG 01 und 3 Abs. 6 HG 02/03).
zu T 63:
Die Sachdarstellung des Rechnungshofs bedarf keiner Stellungnahme des Senats.
41
T 64:
Die Senatsverwaltung für Finanzen hat die Inanspruchnahme der haushaltsgesetzlichen Ermächtigungen in
ihrem Abschlussbericht zur Haushalts- und Vermögensrechnung für das Haushaltsjahr 2002 (Drs 15/2065) wie
folgt dargestellt:
Ansicht 35:
Inanspruchnahme der Kreditermächtigungen
Art der Ermächtigung
Höchstbetrag
Inanspruchnahme
-€-
Überschreitung
—
—
—
Kredite am Kreditmarkt
6 573 000 000
6 042 654 315,21
—
Kredite für Tilgungen gemäß
Kreditfinanzierungsplan
4 787 033 000
4 785 485 147,54
—
166 542 331,71
—
3 970 494,00
—
Restermächtigung
Haushaltsjahr 2001
Kredite für sonstige Tilgungen
ohne1)
Bundesdarlehen u. a.
8 000 000
Vorgriffsermächtigung für 2003
1)
475 719 262
—
—
vgl. § 3 Abs. 3 HG 02/03
Die Ermächtigung zur Kreditaufnahme am Kreditmarkt durfte nicht voll ausgeschöpft werden, da folgende
Sachverhalte den Höchstbetrag um insgesamt 523 374 767,37 € minderten:

Im Vorgriff auf die Ermächtigung 2002 bereits in 2001 aufgenommene und im Haushalt 2001 vereinnahmte Darlehen von 288 000 000 € (gerundeter Betrag) sind anzurechnen.

Nicht kassenwirksam gewordene Kredite für die Vivantes - Netzwerk für Gesundheit GmbH in Höhe von
189 433 641,98 €, die zunächst als Kassenverstärkungskredite geführt wurden (vgl. T 72), sind durch
Darlehen abgelöst worden.

Für im Jahr 2001 verauslagte Schuldendienstleistungen hat die Vivantes GmbH im Jahr 2002 einen Betrag von 11 468,91 € erstattet. Da eine Umbuchung auf Zins- und Tilgungstitel des Haushaltsjahres 2001
nicht mehr möglich war, wurden die Einnahmen auf die Darlehensaufnahme angerechnet.
Nach Artikel I § 5 Haushaltsentlastungsgesetz 2002 sind Minderausgaben gegenüber den geplanten
Zinsausgaben in den Haushalten 2002 bis 2006 zur Absenkung der Neuverschuldung einzusetzen. Die
Senatsverwaltung für Finanzen rechnete eingesparte Zinsausgaben von 45 779 656,48 € deshalb auf
den Höchstbetrag an.


Da dem Hauptausschuss Unterlagen nicht fristgerecht vorgelegt wurden, war eine pauschale Ausgabenkürzung von 150 000 € vorzunehmen (vgl. Beschlüsse des Hauptausschusses vom 15. und 22.05.02).
Die Senatsverwaltung für Finanzen hat diese Sachverhalte berücksichtigt und folglich nur 6 042 654 315,21 € in
Anspruch genommen. Nach ihrer Rechnung verbleibt eine Restermächtigung von 6 970 917,42 €. Nach Prüfung des Rechnungshofs lagen die Minderausgaben gegenüber den geplanten Zinsausgaben unter Berücksichtigung aller entsprechenden Buchungsstellen allerdings um 23 900,00 € höher als im Abschlussbericht ausgewiesen.
zu T 64:
Bei der Anrechnung aller den Höchstbetrag zur Kreditaufnahme am Kreditmarkt reduzierenden Tatbestände konnte eine Minderausgabe im Kapitel 09 03 – Senatsverwaltung für
Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz - Ausländerbeauftragte/r - gegenüber den
geplanten Zinsausgaben in Höhe von 23.900 € vor Drucklegung der Haushaltsrechnung
leider nicht mehr berücksichtigt werden. Der Betrag verringerte die verbleibende Kreditermächtigung; diese wurde jedoch auch im folgenden Haushaltsjahr nicht in Anspruch genommen. Zukünftig werden die für die Kreditermächtigung maßgeblichen Sachverhalte bei
allen veranschlagten Zinsausgaben erfasst.
T 65:
Die Senatsverwaltung für Finanzen hat die Einhaltung der bis zum 25. Juli 2002 zu beachtenden Höchstbeträge
nicht dargestellt. Der Höchstbetrag der Kreditaufnahme nach Artikel 89 Abs. 2 VvB ist nach ganz überwiegender Meinung ein Bruttobetrag. Da das Vorschaltgesetz keine gesonderte Ermächtigung zur Aufnahme von Krediten zur Tilgung enthielt, ist auch der Höchstbetrag in § 2 Abs. 1 Vorschaltgesetz brutto zu verstehen. Somit
ergibt sich folgendes Bild:
42
Ansicht 36:
Inanspruchnahme der Kreditermächtigungen während der vorläufigen Haushaltswirtschaft
Art der Ermächtigung
Restermächtigung
Haushaltsjahr 2001
Kreditaufnahme zur
Aufrechterhaltung
der Wirtschaftsführung
Höchstbetrag
Inanspruchnahme
-€-
Überschreitung
—
—
—
6 092 486 719,19
6 627 553 613,95
535 066 894,76
Die Summe der Kreditaufnahme bis zum 8. Mai 2002 setzt sich zusammen aus Krediten am Kreditmarkt einschließlich der für Tilgungen und vom Bund unter Hinzurechnung der aufgrund der Vorgriffsermächtigung 2001
für 2002 aufgenommenen Darlehen von 287 697 571,29 € sowie der anzurechnenden Erstattung verauslagter
Schuldendienstleistungen (vgl. T 64).
Ansicht 37:
Inanspruchnahme der Kreditermächtigungen während des Zeitraums des Vorschaltgesetzes
Art der Ermächtigung
Restermächtigung
Haushaltsjahr 2001
Kredite am Kreditmarkt usw.
Bundesdarlehen u. a.
Höchstbetrag
Inanspruchnahme
-€-
Überschreitung
—
—
—
6 573 000 000
8 988 088 952,15
2 415 088 952,15
10 000 000
1 811 436,00
—
Die Summe der Kreditaufnahme bis zum 25. Juli 2002 setzt sich zusammen aus Krediten am Kreditmarkt einschließlich der für Tilgungen, zuzüglich der aufgrund der Vorgriffsermächtigung 2001 für 2002 aufgenommenen
Darlehen, der anzurechnenden Erstattung verauslagter Schuldendienstleistungen und der Kredite für die Vivantes GmbH (vgl. T 64).
zu T 65:
Der Höchstbetrag für die Kreditermächtigung bei vorläufiger Haushaltswirtschaft nach
Art. 89 Abs. 2 VvB ist nach Auffassung der Senatsverwaltung für Finanzen nicht als eine
Bruttokreditermächtigung zu verstehen, sondern umfasst die Summe der Nettokreditaufnahme zuzüglich der Kassenkredite. Diese Verfahrensweise gründet auf der Tatsache,
dass sich auch in der Begründung zum Art. 89 Abs. 2 VvB kein Hinweis darauf findet, dass
es sich um einen Bruttobetrag (Nettoneuverschuldung und fällige Tilgungen) handeln soll.
Bei dieser Betrachtungsweise wurde die Ermächtigung zu keinem Zeitpunkt überschritten.
Die Ermächtigung zur Aufnahme von Kassenverstärkungskrediten und die Ermächtigung
zur Aufnahme von Krediten am Kapitalmarkt im Vorschaltgesetz entsprachen den endgültigen Beträgen im HG 2002/2003.
Die Ermächtigung zur Kreditaufnahme für die Refinanzierung von Tilgungen wurde im Vorschaltgesetz nicht ausdrücklich erwähnt. Das Erfordernis die Tilgungen in jedem Jahr zu
refinanzieren ergibt sich jedoch generell aus der im Berliner Haushalt seit Jahren praktizierten Nettoveranschlagung der Kreditaufnahme im Haushalt.
Da das Haushaltsgesetz 2002/2003 vom 19. Juli 2002 rückwirkend zum 1. Januar 2002 galt
und die Ermächtigung zur Tilgungsrefinanzierung im § 3 Abs. 2 ausdrücklich erwähnt, wurde letztendlich ganzjährig im Sinne des Haushaltsgesetzgebers gehandelt.
T 66:
Nach Artikel 87 Abs. 2 Satz 2 VvB dürfen die Einnahmen aus Krediten die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten (zu den zulässigen Ausnahmen sowie zur Verfassungswidrigkeit wesentlicher Vorschriften des HG 02/03 vgl. T 28). Dem allgemeinen Verständnis der verfassungsrechtlichen Kreditobergrenze entsprechend sind dabei nur die eigenfinanzierten Investitionsausgaben
zugrunde zu legen.
43
Für die Zeiträume der vorläufigen Haushaltswirtschaft und des Vorschaltgesetzes hat der Rechnungshof darauf
verzichtet, die Einhaltung der Kreditobergrenze durch die Netto-Neuverschuldung darzustellen. Die Kreditobergrenze ist zwar auch in diesen Zeiten zu beachten, um eine Präjudizierung des Haushaltsgesetzgebers zu verhindern. Gleichzeitig ist die Regierung aber bei der Bestimmung der Obergrenze auf Schätzungen angewiesen.
Das Ergebnis der Überprüfung, ob eine auf diese Weise ermittelte Grenze tatsächlich eingehalten wurde, hat
nur eingeschränkte Aussagekraft. Der Rechnungshof hat daher nur die durch das HG 02/03 normierte Kreditobergrenze geprüft.
zu T 66:
Die Sachdarstellung des Rechnungshofs bedarf keiner Stellungnahme des Senats.
T 67:
Nach dem Kreditfinanzierungsplan 2002 war eine Netto-Neuverschuldung von 6 227,1 Mio. € eingeplant. Sie
betrug tatsächlich:
Einnahmen aus Krediten am Kreditmarkt
Einnahmen aus Krediten vom Bund
abzüglich Tilgungen
am Kreditmarkt
im öffentlichen Bereich
Netto-Neuverschuldung insgesamt
11 282 379 365,75 €
3 970 494,00 €
-
4 952 027 479,25 €
62 810 311,16 €
6 271 512 069,34 €
Die Senatsverwaltung für Finanzen hat im Abschlussbericht zur Haushalts- und Vermögensrechnung 2002 den
über die Vorgriffsermächtigung für 2002 aufgenommenen Betrag nicht mehr berücksichtigt. Sie hat ihn bereits
der Netto-Neuverschuldung des Jahres 2001 zugerechnet, weil er als Isteinnahme des Jahres 2001 gebucht
worden ist. Damit weist sie die Netto-Neuverschuldung am Kreditmarkt mit 6 042 654 315,21 € ebenso wie die
Netto-Neuverschuldung insgesamt mit 5 983 814 498,05 € um 287 697 571,29 € niedriger aus als der Rechnungshof in seinen Berechnungen (vgl. Vorjahresbericht T 60).
Im Folgenden geht der Rechnungshof von der Netto-Neuverschuldung von 6 271 512 069,34 € aus.
zu T 67:
Mit dem Haushaltsjahr 2000 wurde der bislang durchgeführte rechnungsmäßige Jahresabschluss (Soll-Abschluss) auf den kassenmäßigen Jahresabschluss (Ist-Abschluss) umgestellt. Der im Rahmen der Vorgriffsermächtigung für 2002 in 2001 aufgenommene Betrag
ist dem Haushaltsjahr 2001 zugerechnet worden, da damit Ausgaben des Jahres 2001 finanziert worden sind. Dies erfolgte in der Absicht, im Sinne der Haushaltsklarheit und
-wahrheit das tatsächliche Haushaltsgebaren im Jahr 2001 vollständig jahresbezogen darzustellen.
Da dieses Vorgehen wegen der haushaltsgesetzlich vorgeschriebenen Anrechnung des
Vorgriffskredites auf die Kreditermächtigung des nächsten Jahres zu Irritation führen könnte, wird eine Inanspruchnahme von Vorgriffsermächtigungen zukünftig - wie vom Rechnungshof vorgeschlagen - wieder in der Haushalts- und Vermögensrechnung des Folgejahres ausgewiesen (siehe Beschlussempfehlung und Bericht des Hauptausschusses vom
12. 05. 2004, Drs. 15/2848).
T 68:
Der eingeplanten Netto-Neuverschuldung von 6 227,1 Mio. € standen an veranschlagten eigenfinanzierten
Investitionen Ausgaben von 1 403,4 Mio. € gegenüber. Sie überschritten die Kreditobergrenze bereits im Soll
um 4 823,6 Mio. €.
Die tatsächliche Netto-Neuverschuldung betrug 6 271,5 Mio. € und die Summe der eigenfinanzierten Investitionsausgaben 1 315,6 Mio. €. Damit wurde die Kreditobergrenze um 4 955,9 Mio. € im Haushaltsvollzug überschritten.
zu T 68:
Die Sachdarstellung des Rechnungshofs bedarf keiner Stellungnahme des Senats.
44
T 69:
Im Rahmen der Kreditfinanzierung war die Senatsverwaltung für Finanzen vom 9. Mai 2002 an ermächtigt,
ergänzende Vereinbarungen abzuschließen, die der Steuerung von Liquiditäts- und Zinsänderungsrisiken sowie
der Erzielung günstiger Konditionen bei neuen und bestehenden Schulden dienen (§ 2 Abs. 3 Vorschaltgesetz
sowie im Anschluss § 3 Abs. 7 HG 02/03). Mit dem HG 02/03 ist erstmals eine Regelung getroffen worden,
wonach die Ermächtigungen in § 3 Abs. 7 HG 02/03 bis zur Verkündung des HG 2004 weiter gelten
(§ 13 HG 02/03). Die Inanspruchnahme der Höchstbeträge zum Abschluss und zum Bestand von ergänzenden
Vereinbarungen stellt die Senatsverwaltung für Finanzen ausschließlich in ihrem jährlichen Derivatbericht gegenüber dem Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses dar.
Die Höchstbeträge zum Abschluss und zum Bestand von ergänzenden Vereinbarungen sind eingehalten worden:
Ansicht 38:
Inanspruchnahme der Ermächtigungen für ergänzende Vereinbarungen
Art der Ermächtigung
Höchstbetrag
Inanspruchnahme
- Mio. € -
Überschreitung
Abschlüsse 2002
2 000,0
10,0
—
Bestand zum Jahresende
7 955,7
1 770,7
—
Der vom Rechnungshof ermittelte Bestand ist um 300 Mio. € höher als der im Derivatbericht genannte, weil die
Senatsverwaltung für Finanzen auf das Kontrahentenrisiko abstellt und Hedge-Verträge nur dann berücksichtigt, wenn sie mit einem anderen Vertragspartner als dem im Basisderivat geschlossen wurden.
zu T 69:
Die Begrenzung der Ermächtigung zum Abschluss von Derivatgeschäften in
§ 3 Abs. 7 HG 02/03 dient der Überwachung des Kontrahentenrisikos. Da sich bei einem
Hedgegeschäft mit dem gleichen Swappartner die variablen Zahlungen neutralisieren und
bei den Festsatzzahlungen regelmäßig eine Saldierung der Zahlungsströme (Netting) vereinbart wird, reduziert sich das Ausfallrisiko nur auf die Ausgleichszahlung der Festsatzseite. Daher wird dem Kontrahentenrisiko mit der Anrechnung des Basisswaps ausreichend
Rechnung getragen.
T 70:
Zur Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Kassenwirtschaft ermächtigt das jeweilige Haushaltsgesetz,
Kassenverstärkungskredite aufzunehmen. Im Jahr 2002 waren in den in T 63 genannten Zeiträumen von der
Senatsverwaltung für Finanzen folgende Höchstbeträge zu beachten:
Ansicht 39:
Ermächtigungen für Kassenverstärkungskredite
Zeitraum
Höchstbetrag in €
HG 01 in der Fassung des NHG 01
gemäß § 18 Abs. 3 LHO
01.01. bis 08.05.02
2 924 393 625,21
Vorschaltgesetz
09.05. bis 25.07.02
2 380 000 000,00
HG 02/03
26.07. bis 31.12.02
2 378 596 310,00
Gesetzliche Grundlage
T 71:
Von den Ermächtigungen hat die Senatsverwaltung für Finanzen erneut während des gesamten Jahres Gebrauch gemacht. Die Kassenverstärkungskredite betrugen stets mindestens 8,6 Mio. €, sog. Sockelbetrag. Die
höchste Kreditaufnahme des Jahres wurde am 2. Januar 2002 mit fast 2,7 Mrd. € erreicht (91 v. H. des bis zum
08.05.02 zu beachtenden Ermächtigungsrahmens). Der höchste Kreditbestand während der Geltung des Vorschaltgesetzes war am 10. Juni 2002 mit 1,5 Mrd. € erreicht (63 v. H. der Ermächtigung). Die höchste Kreditaufnahme nach Verkündung des HG 02/03 lag am 5. Dezember 2002 bei 1,9 Mrd. € (80 v. H. der Ermächtigung).
T 72:
Auf die Höchstbeträge der Kassenverstärkungskreditermächtigung des Jahres 2002 mussten aus der Sicht des
Landes nicht kassenwirksame Kassenverstärkungskredite sowie zwei kleinere Überziehungen auf einem Girokonto der Landeshauptkasse angerechnet werden. Bei den nicht kassenwirksamen Kassenverstärkungskrediten handelt es sich um die Kredite in Höhe von 189,4 Mio. € mit einer Laufzeit bis zum 28. Juni 2002, die die
Senatsverwaltung für Finanzen für die Vivantes GmbH aufgenommen hat (vgl. Vorjahresbericht T 70).
45
T 73:
Der für den jeweiligen Zeitraum zu beachtende Höchstbetrag für Kassenverstärkungskredite wurde nach Berücksichtigung der in T 72 genannten Kassenverstärkungskredite eingehalten.
zu T 70 bis 73:
Die Sachdarstellungen des Rechnungshofs und die Ansicht 39 bedürfen keiner Stellungnahme des Senats.
46
IV. Prüfung der Haushalts - und Wirtschaftsführung
A. Querschnittuntersuchungen
1.
U n g e r e c h t f e r t i g t e E i n s t e l l u n g vo n Z e i t a n g e s t e l l t e n b e i d e n B e z i r k s ä m t e r n f ü r
d i e V o r b e r e i t u n g , D u r c h f ü h r u n g u n d N a c h b e r e i t u n g vo n W a h l e n
T 74:
Der Rechnungshof hat die Personalausgaben für die Beschäftigung zusätzlicher Dienstkräfte zur Vorbereitung,
Durchführung und Nachbereitung von Wahlen in den Jahren 2001 (Abgeordnetenhaus und Bezirksverordnetenversammlungen) und 2002 (Deutscher Bundestag) in allen zwölf Bezirksämtern geprüft, um festzustellen, ob
und in welchem Umfang die Verwaltungen im Falle vorübergehenden Personalbedarfs auf Überhangkräfte
zurückgreifen. Untersucht wurde auch, ob und inwieweit sich die Verwaltungen bemühen, diesen Bedarf durch
Einsatz ihres vorhandenen Personals zu decken.
T 75:
Trotz des überwiegend zeitlich eng begrenzten Aufgabenanfalls haben die Bezirksämter nur in verschwindend
geringem Umfang ihr vorhandenes Personal im Wahlamt eingesetzt; selbst bei Personalüberhangkräften waren
die Verwaltungen äußerst zurückhaltend. In den Jahren 2001 und 2002 waren bis zu 5 900 Stellen mit Wegfallvermerk versehen (vgl. Vorjahresbericht T 27); der hieraus resultierende Personalüberhang stand den Verwaltungen zur Deckung eines vorübergehenden Personalbedarfs grundsätzlich zur Verfügung. Dennoch wurden im
Jahr 2001 landesweit lediglich 64 und im Jahr 2002 nur 99 Dienstkräfte aus dem Überhang in den bezirklichen
Wahlämtern eingesetzt. Drei Bezirksämter haben diese Aufgaben ohne Neueinstellungen mit bereits vorhandenen Beschäftigten erfüllt. Die übrigen Bezirksämter haben hingegen im Jahr 2001 insgesamt 210 und im
Jahr 2002 zusammen 149 Angestellte auf Zeit aus nichtplanmäßigen Mitteln eingestellt; dabei griffen sie zum
Teil auf Personen zurück, die bereits bei früheren Wahlen beschäftigt wurden. Die befristete Neueinstellung von
Mitarbeitern verursachte in beiden Wahljahren zusammen Ausgaben von 1,8 Mio. €.
Der Rechnungshof hat dieses Verfahren gegenüber den Bezirksämtern beanstandet und sie aufgefordert, auch
für vorübergehende, nur sporadisch anfallende Aufgaben ausschließlich bereits im Dienste Berlins stehende
Beschäftigte, insbesondere Überhangkräfte, einzusetzen.
T 76:
Die Bezirksämter machen geltend, auf vorhandene Dienstkräfte aufgrund wachsender Arbeitsverdichtung und
der ohnehin schwierigen Personalsituation nicht oder nicht in erforderlichem Umfang zurückgreifen zu können.
Personalüberhangkräfte seien zum einen nicht in ausreichendem Maße verfügbar gewesen und zum anderen
nach den bisherigen Erfahrungen eher unmotiviert und für eine Tätigkeit im Wahlamt nicht genügend qualifiziert.
Schließlich habe Bedarf an geschulten, wahlerfahrenen und motivierten Kräften bestanden. Die Einstellung
zusätzlichen Personals sei notwendig gewesen, um eine ordnungs- und termingemäße Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Wahlen nicht zu gefährden. Nur zwei Bezirksämter haben dem Rechnungshof
sogleich zugesichert, bei künftigen Wahlen auf die Einstellung zusätzlicher Angestellter nach Möglichkeit zu
verzichten. Weitere Bezirksämter erklärten sich inzwischen hierzu bereit, mit den übrigen Bezirksämtern dauert
der Schriftwechsel noch an.
Die Senatsverwaltung für Finanzen weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass bei den zurückliegenden Wahlen die Personalhoheit für Überhangkräfte bei den einzelnen Verwaltungen gelegen habe und deshalb eine
zentrale Einsatzsteuerung noch nicht möglich war. Mit Einrichtung des Zentralen Personalüberhangmanagements (Stellenpool) sei aber eine Verbesserung des Verfahrens zu erwarten. Durch andere Einsätze könne die
Verfügbarkeit einzelner Überhangkräfte zwar auch dann noch eingeschränkt sein. Die Senatsverwaltung sichert
aber zu, dass der Einsatz von Personalüberhang bei der Durchführung von Wahlen künftig absolute Priorität
genießt. Für künftige Wahlen sei mit einigen bezirklichen Wahlämtern bereits Einvernehmen erzielt worden,
dass ausschließlich Personalüberhangkräfte eingesetzt werden. Einstellungen zusätzlicher Angestellter sollen
auf das unumgängliche Maß beschränkt bleiben; drei Viertel der hierfür in 2004 vorgesehenen Personalmittel
sollen deshalb gesperrt werden.
T 77:
Der Rechnungshof verkennt nicht die Bedeutung und Arbeitssituation der bezirklichen Wahlämter. Aber auch
von den mit der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung betrauten Verwaltungen ist zu erwarten, dass
sie so effizient und kostengünstig wie möglich arbeiten. Das bisher praktizierte Verfahren (vgl. T 75) wird diesem Anspruch nicht gerecht. Die großzügige Bereitstellung von Personalmitteln für zusätzliche Dienstkräfte hat
diese Fehlentwicklungen begünstigt. Die Senatsverwaltung für Finanzen ist gefordert, rechtzeitig die sachlichen
und personellen Vorbereitungen für derartige Kurzeinsätze zu treffen. Die ggf. erforderliche Qualifizierung dieser Dienstkräfte dürfte den beteiligten Verwaltungen keine erheblichen Probleme bereiten, zumal die Tätigkeit
im Wahlamt größtenteils nur einfachere Verwaltungsarbeiten umfasst.
47
T 78:
Der Rechnungshof erwartet, dass

die Senatsverwaltung für Finanzen der Einstellung zusätzlicher Dienstkräfte durch die Bezirksämter für
die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Wahlen entgegenwirkt und Personalmittel hierfür
nur noch in unumgänglicher Höhe veranschlagt werden,

die Bezirksämter für vorübergehende Tätigkeiten in den Wahlämtern grundsätzlich auf vorhandene
Dienstkräfte und den Personalüberhang zurückgreifen.
zu T 74 bis 78:
Aufgrund der dezentralen Verantwortung für den Personalüberhang war es in der Vergangenheit stets äußerst schwierig, für zeitlich begrenzte Einsätze, wie z. B. die Durchführung
von Wahlen, geeignete Personalüberhangkräfte verlässlich zu gewinnen. Der Senat erwartet, dass mit dem Übergang der Personalverantwortung für alle Personalüberhangkräfte
des unmittelbaren Landesdienstes auf die am 1. Januar 2004 gegründete neue Behörde
„Zentrales Personalüberhangmanagement“ (ZeP) ein neues Instrument geschaffen worden
ist, um diesem Missstand wirksam begegnen zu können.
Beispielhaft hierfür ist die erfolgreiche Durchführung der Europa-Wahl am 13. Juni 2004:
Das ZeP hatte zwar zum Zeitpunkt der Vorbereitung und Durchführung der Europa-Wahl
aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Versetzungsverfahren noch keine Personalbefugnisse für die Personalüberhangkräfte des Landes. Dennoch hat das ZeP im Vorgriff auf
die zentrale Personalverantwortung für die Überhangkräfte und die Zuständigkeit für den
Einsatz des Personalüberhangs die Koordination und Einsatzsteuerung für die Europawahl
übernommen, um Zusatzkosten durch befristete Außeneinstellungen zu minimieren.
Mit dem 2. Haushaltswirtschaftsrundschreiben 2004 sind 75 v.H. der für die Durchführung
der Europawahlen 2004 vorgesehenen Personalmitteln gemäß § 41 Abs. 1 LHO gesperrt
worden. Die Bezirke wurden angewiesen die Einstellung zusätzlicher Angestellter auf das
unumgängliche Maß zu beschränken.
Auf der Grundlage der für die Durchführung der Europa-Wahl zur Verfügung gestellten Personalmittel bzw. Beschäftigungspositionen wurde der jeweilige Bedarf an Personalüberhangkräften errechnet und den Bezirken zugewiesen. Insgesamt wurden 192 Personalüberhangkräfte in den bezirklichen Wahlämtern eingesetzt und trugen dazu bei, dass die
Europa-Wahl reibungslos durchgeführt werden konnte. Der Senat bekräftigt, dass auch
künftig die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Wahlen neben den Dienstkräften in den Wahlämtern hauptsächlich durch den Einsatz von Personalüberhang erfolgen wird.
2.
Behinderungen der Finanzkontrolle im Rahmen des Anstalts - und Beteiligung scontrollings
T 79:
Bei mehreren landeseigenen Unternehmen haben Senatsmitglieder den Vorsitz des Aufsichtsrats inne. Hiermit
ist die Erwartung verbunden, dass sie bei dieser Tätigkeit auch in besonderem Maß die Interessen Berlins berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für die Anstalten öffentlichen Rechts. Auch die Wahrnehmung dieser Aufgaben unterliegt der Prüfung durch den Rechnungshof. Er berichtet im Folgenden über bedeutsame Fälle des
Anstalts- und Beteiligungscontrollings, in denen ihm Auskünfte und Unterlagen vorenthalten werden, was auch
zu einem Kontrollverlust für das Abgeordnetenhaus führt.
zu T 79:
Die Sachdarstellung des Rechnungshofs bedarf keiner Stellungnahme des Senats.
T 80:
Ein so genanntes Büro des Aufsichtsratsvorsitzenden (ARV-Büro) hat die Aufgabe, den Senator für Wirtschaft,
Arbeit und Frauen sowie den Senator für Finanzen als Vorsitzende der Aufsichtsräte der Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR), der Berliner Wasserbetriebe (BWB) bzw. der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) zu unterstützen. Die vier Beschäftigten des ARV-Büros sind auskunftsgemäß zwar gegenüber den Senatoren wei-
48
sungsgebunden, haben aber Arbeitsverträge mit den BVG geschlossen. Die Kosten des ARV-Büros werden
von den Anstalten anteilig getragen.
Der Rechnungshof erkennt zwar an, dass mit dieser Struktur ein Personalzuwachs auf Seiten des Landes Berlin
vermieden worden ist. Er hat aber auf die damit verbundene große Gefahr einer Interessenkollision bzw. eines
Loyalitätskonflikts bei den Beschäftigten des ARV-Büros hingewiesen. Der Rechnungshof hat empfohlen, zumindest auf klarstellende Formulierungen in den Arbeitsverträgen hinzuwirken, und gebeten, ihm diese Verträge
vorzulegen. Dies hat der für Wirtschaft zuständige Staatssekretär auch zugesagt. Trotz mehrfacher Mahnung
wurden dem Rechnungshof die angeforderten Unterlagen bisher nicht übersandt.
zu T 80:
Die Gefahr einer Interessenkollision oder eines Loyalitätskonfliktes besteht nicht. Zwischen
dem Aufsichtsratsvorsitzenden und der BVG besteht Einvernehmen, dass das Weisungsrecht gegenüber den Beschäftigten des ARV-Büros ausschließlich von dem Aufsichtsratsvorsitzenden ausgeübt wird. Entsprechend ist auch in der Praxis durchgängig und ohne
Ausnahme verfahren worden. Zu Zwecken der Klarstellung findet sich in dem Vertrag mit
der jüngst eingestellten Mitarbeiterin die Klausel „Die Mitarbeiterin ist dem/der Leiter/in des
Büros des Aufsichtsratsvorsitzenden direkt unterstellt“. Entsprechende klarstellende schriftliche Ergänzungen werden derzeit in die vorhandenen Verträge der Beschäftigten des
ARV-Büros eingearbeitet, wobei die Leiterin des ARV-Büros direkt dem Aufsichtsratsvorsitzenden unterstellt ist.
T 81:
Der Senator für Wirtschaft, Arbeit und Frauen ist Vorsitzender der Aufsichtsräte der BSR und der BWB. Er ist
als Mitglied des Senats sowohl für die Staatsaufsicht über diese Anstalten als auch für die Genehmigung von
Entgelten im Rahmen des Anschluss- und Benutzungszwangs verantwortlich (vgl. § 18 BerlBG). Daraus erwächst zwangsläufig eine erhebliche Gefahr von Kollisionen der Interessen der Anstalt und des Landes einerseits sowie der Gebührenzahler andererseits. Der für Wirtschaft zuständige Staatssekretär hat dem Rechnungshof bereits im März 2003 zugesagt, eine vorgesehene Verfahrensregelung hierzu „schriftlich darzustellen“. Dies ist jedoch trotz wiederholter Aufforderung bisher nicht geschehen.
zu T 81:
Die Doppelfunktion des Senators für Wirtschaft, Arbeit und Frauen als Vorsitzender des
Aufsichtsrates in den BWB und in der BSR einerseits und als Verantwortlicher für die Genehmigung von Entgelten im Bereich des Anschluss- und Benutzungszwangs andererseits
ist nicht zu beanstanden. Bei allen Entscheidungen ist der Senator an Recht und Gesetz
gebunden. Daher ist eine Interessenkollision ausgeschlossen, zumal die Tarifgenehmigung
eine Form der Rechtsaufsicht darstellt. Fragen zu den Tarifen sind daher immer nach Recht
und Gesetz zu beantworten. Auch das Bundesverfassungsgericht in einer jüngst veröffentlichten Entscheidung hat anerkannt, dass die verfassungsrechtlich an Recht und Gesetz
gebundenen Behörden befugt sind, auch in eigener Sache zu entscheiden (BVerfG,
NJW 2004, 1648f).
Um gleichwohl Irritationen gar nicht erst aufkommen zu lassen, ist bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen seit Jahren sichergestellt, dass Fragen zur Tarifgenehmigung nicht dem Senator vorgelegt werden.
Die erste Genehmigung der Tarifgenehmigungsbehörde zum 01.04.1999 wurde vom damaligen Staatssekretär Orwat unterzeichnet, der zugleich anordnete, dass der Senator wegen
seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender nicht mit diesen Vorgängen zu befassen ist.
So ist auch bei den weiteren Tarifgenehmigungen – auch bei der Tarifgenehmigung im
Herbst 2003 – verfahren worden.
Es handelt sich hier im Übrigen nicht um ein Sonderproblem der beiden Anstalten. Der Senat hat in einer Vielzahl von Fällen Hoheitsbefugnisse auszuüben, die je nach Fallgestaltung auch landeseigene Unternehmen oder landeseigene Anstalten und Körperschaften
treffen können. Auch hier muss jeweils sichergestellt sein, dass Eigentümerfunktion und
Aufsichtsfunktion funktionell getrennt sind.
49
T 82:
Der Senator für Finanzen ist Vorsitzender des Aufsichtsrats der Berliner Gesellschaft zum Controlling der Immobilien-Altrisiken mbH (BCIA). Diese Gesellschaft wurde anlässlich der Übernahme einer Landesgarantie für
Risiken aus dem Immobiliendienstleistungsgeschäft der Bankgesellschaft Berlin AG (BGB) und einiger ihrer
Tochtergesellschaften gegründet. Der Senator hat in dieser Eigenschaft und als Mitglied des Senats darauf zu
achten, dass die Inanspruchnahme Berlins aus der „Risikoabschirmung“ so weit wie möglich begrenzt wird. Er
ist aber auch Mitglied des Aufsichtsrats der BGB, die naturgemäß daran interessiert sein muss, sich von Risiken
möglichst zu entlasten. Die Senatsverwaltung für Finanzen sieht hierin keinen Grund, Interessenkollisionen zu
befürchten. Sie hat darauf verwiesen, dass „Land/BCIA und BGB einvernehmlich das von den Organen der
BGB beschlossene Sanierungskonzept“ verfolgen würden. Diese Begründung ist jedoch nicht unterlegt, da dies
weder nach dem Gesellschaftsvertrag noch nach dem mit dem Land Berlin geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag eine Aufgabe der BCIA ist. Diese hat sich ausschließlich mit dem Vertragsmanagement und dem
Controlling im Rahmen der Detailvereinbarung über die zum Zeitpunkt der Risikoübernahme von Berlin übernommenen Altrisiken zu befassen.
zu T 82:
Ein wesentlicher Bestandteil des Sanierungskonzepts der Bankgesellschaft Berlin ist - nach
erfolgter Risikoabschirmung des Immobiliendienstleistungsgeschäfts durch das Land - die
Abwicklung dieses Geschäfts. Das Land und als Erfüllungsgehilfe die BCIA werden keine
Zahlungen für Risiken aus dem Immobiliendienstleistungsgeschäft übernehmen, für die
keine Rechtspflicht besteht. Auch der Konzern Bankgesellschaft wird deshalb sorgfältig
darauf achten, dass er keine zusätzlichen finanziellen Pflichten aus diesen Geschäften
übernehmen muss. In diesem Sinne verfolgen Land/BCIA und Konzern Bankgesellschaft
sehr wohl einvernehmliche Ziele, deren Erfüllung vom Finanzsenator als Mitglied beider
Aufsichtsräte überwacht wird.
T 83:
Der Rechnungshof hatte die Senatsverwaltung für Finanzen als Beteiligungsverwaltung aufgefordert, ihm Unterlagen über die Auswahl des 2003 angestellten Geschäftsführers der BCIA und den mit ihm geschlossenen
Dienstvertrag vorzulegen. Nach mehrmaliger Mahnung wurde der Rechnungshof darauf hingewiesen, dass der
Dienstvertrag bei den Unterlagen des Aufsichtsratsvorsitzenden, also des Senators für Finanzen, verwahrt
werde. Die Beteiligungsverwaltung hat ferner mitgeteilt, dass der Senator auf den noch ausstehenden Geschäftsbericht und den zu erstellenden „Bezügebericht“ (Bericht über die Prüfung der Bezüge von Mitgliedern
der Geschäftsleitung und von leitenden Angestellten im Rahmen der Jahresabschlussprüfung durch Wirtschaftsprüfer) verwiesen habe, aus denen sich die Konditionen des Vertrages ergeben würden. Dies trifft jedoch
nicht zu, weil aus diesen Unterlagen üblicherweise nicht alle wesentlichen Regelungen wie z. B. Vertragslaufzeit, Haftungsfragen oder der Abschluss einer Directors & Officers-Versicherung (vgl. Jahresbericht 2002 T 367)
hervorgehen. Außerdem ist daraus nicht zu entnehmen, ob das Personalauswahlverfahren sachgerecht durchgeführt worden ist. Hierfür bietet im Übrigen auch die Aussage der Senatsverwaltung, dass das Personalauswahlverfahren unter Einschaltung einer renommierten Personalagentur durchgeführt worden sei und zur Einstellung des von der Agentur vorgeschlagenen Kandidaten als Geschäftsführer geführt habe, keine ausreichende Gewähr. Dadurch ist eine Prüfung durch den Rechnungshof nicht ausgeschlossen oder gar entbehrlich.
Die Weigerung, die vom Rechnungshof geforderten Unterlagen vorzulegen, ist umso unverständlicher, als nach
§ 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Ermächtigung des Senats zur Übernahme einer Landesgarantie für Risiken
aus dem Immobiliendienstleistungsgeschäft der Bankgesellschaft Berlin AG und einiger ihrer Tochtergesellschaften die Controllinggesellschaft (BCIA) so aufzustellen ist, „dass das Management wirtschaftlich an der
Minimierung der Garantieleistungen interessiert ist“. Die Umsetzung des Gesetzes zu prüfen gehört zu den
Aufgaben des Rechnungshofs.
T 84:
Der Rechnungshof beanstandet, dass ihm wichtige Auskünfte und Unterlagen vorenthalten werden. Dadurch
wird auch die parlamentarische Finanzkontrolle in den wichtigen Bereichen Anstalts- und Beteiligungscontrolling behindert.
Der Rechnungshof erwartet, dass ihm für die Prüfung alle von ihm geforderten Auskünfte umgehend erteilt und
Unterlagen zeitnah zur Verfügung gestellt werden.
50
zu T 83 und T 84:
Die Beteiligungsverwaltung hat dem Rechnungshof alle ihr vorliegenden Unterlagen zur
Verfügung gestellt. Verträge, wie die Directors & Officers-Versicherung, kann der Rechnungshof bei der Gesellschaft einsehen, mit der er eine Prüfungsvereinbarung abgeschlossen hat.
Bei der Auswahl des Geschäftsführers wurde von der Personalagentur nicht nur nach
schriftlichen Unterlagen der Kandidaten eine Auswahl getroffen, sondern entscheidend waren auch persönliche Gespräche mit diesen Kandidaten. Die Gespräche unterliegen naturgemäß nicht der Prüfungsmöglichkeit durch den Rechnungshof.
Die Anstellungsverträge des Geschäftsführers und aller anderen Mitarbeiter der Gesellschaft enthalten Regelungen für erfolgsabhängige Vergütungen. Diese richten sich nach
jährlich vom Aufsichtsrat zu beschließenden Zielvereinbarungen, die auf die Minimierung
der Inanspruchnahme des Landes aus der Risikoabschirmung gerichtet sind.
B. Regierende/r Bürgermeister/in
Erhebliche Mängel bei der Nutzung und der Sicherheit des IT -Einsatzes in der Senatskanzlei
Der IT-Einsatz in der Senatskanzlei ist nicht nach den Erfordernissen einer sicheren Information sverarbeitung organisiert. Es fehlen ein IT -Sicherheitskonzept und eine Regelung, die den Mitarbe itern die private Nutzung des Internets untersagt. Der Rechnungshof hat gefordert , das Versäumte
nachzuholen und die IT-Infrastruktur abzusichern.
T 85:
Der Rechnungshof hat in den Jahren 2002/2003 u. a. die Sicherheit des IT-Einsatzes in der Senatskanzlei geprüft. Um einen sicheren und ordnungsgemäßen IT-Einsatz zu gewährleisten, ist es mindestens erforderlich, ein
IT-Sicherheitskonzept zu erarbeiten, umzusetzen und fortzuschreiben sowie eine Dienstanweisung zum ITEinsatz zu erstellen, in der die Rechte und Pflichten der Mitarbeiter bei der Nutzung der IT-Systeme geregelt
werden. Der Rechnungshof hat bereits im Jahresbericht 2002 (T 120 bis 131) auf Mängel bei der Nutzung des
Internets hingewiesen und die konsequente Umsetzung der vorhandenen Vorschriften zur IT-Sicherheit gefordert.
T 86:
In der Senatskanzlei gibt es kein nach der Richtlinie zur Gewährleistung der notwendigen Sicherheit beim ITEinsatz in der Berliner Verwaltung - IT-Sicherheitsrichtlinie - (DBl. 1999 I S. 5) erstelltes und umgesetztes
IT-Sicherheitskonzept auf der Basis des IT-Grundschutzhandbuches des Bundesamtes für Sicherheit in der
Informationstechnik. Ein von einem IT-Unternehmen erarbeiteter Entwurf eines IT-Sicherheitskonzepts aus dem
Jahr 1998 ist unvollständig, nicht fortgeschrieben und auch nicht umgesetzt worden. Eine allgemeine Dienstanweisung zum IT-Einsatz besteht nicht. Der Rechnungshof hat dies beanstandet und gefordert, ein entsprechendes IT-Sicherheitskonzept zu erarbeiten und umzusetzen sowie eine allgemeine Dienstanweisung zum ITEinsatz zu schaffen.
T 87:
Der Rechnungshof hat außerdem ausgewählte Schwerpunkte der IT-Sicherheit geprüft. So hat er festgestellt,
dass Teile der IT-Infrastruktur nicht ausreichend geschützt sind. Hierin liegt ein erhebliches Risiko für die Sicherheit des IT-Einsatzes, da eine Beschädigung der IT-Infrastruktur, die möglicherweise zum Ausfall des gesamten Netzes führen könnte, ohne großen Aufwand möglich ist. Der Rechnungshof hat die Senatskanzlei
aufgefordert, geeignete Schritte zur Sicherung der IT-Infrastruktur zu unternehmen.
T 88:
Innerhalb des Hausnetzes lässt die Senatskanzlei die Nutzung von aktiven Software-Elementen zu (Javascript, Visual Basic, Macromedia Flash), deren Einsatz ein besonderes Risikopotenzial für die Sicherheit beim
IT-Einsatz mit sich bringt (z. B. die Visual Basic-Schadenssoftware „Love-Letter-Virus“). Der Rechnungshof hat
die Senatskanzlei aufgefordert, die Notwendigkeit des Einsatzes aktiver Komponenten im zu erstellenden ITSicherheitskonzept zu untersuchen und ausreichend abzusichern.
51
T 89:
Der Rechnungshof hat auch die Internet-Nutzung in der Senatskanzlei geprüft. Dazu hat er die Verbindungsdaten (Proxy-Logbücher) für die Internet-Nutzung über den Zeitraum einer Kalenderwoche, die die Senatskanzlei frei wählen konnte, anonymisiert anhand der Uniform Resource Locator ausgewertet und im Ergebnis den
Kategorien dienstlich oder privat zugeordnet. Hierbei hat der Rechnungshof alle Zweifelsfälle zugunsten eines
Dienstbezugs gewertet. Die Auswertung ergab, dass lediglich 31 v. H. der Aufrufe dienstlichen Belangen zugeordnet werden konnten, 57 v. H. dagegen eindeutig privaten Interessen. 12 v. H. der Aufrufe konnten trotz einer
weiteren Recherche nicht eindeutig einem Bereich zugeordnet werden (Suchmaschinen, Werbeserver u. Ä.).
Bei der privaten Nutzung waren die Kategorien „Musik, Radio, Unterhaltung“, „Online-Banking“ und „privater
E-Mail-Verkehr“ am häufigsten vertreten.
T 90:
Der Rechnungshof hat den Umgang mit der Internet-Nutzung gegenüber der Senatskanzlei beanstandet. Er hat
sie aufgefordert, in einer Dienstanweisung die private Nutzung von Internet und E-Mail zu untersagen. Hierin ist
auch festzulegen, dass das Nutzungsverhalten der Mitarbeiter regelmäßig mindestens anonymisiert stichprobenartig und anlassunabhängig kontrolliert wird. Zudem sollten die Regelungen der Muster-Dienstvereinbarung
über die Nutzung des Internets und anderer elektronischer Informations- und Kommunikationsdienste in der
Berliner Verwaltung (DBl. 2002 I S. 208) übernommen werden.
T 91:
Die Senatskanzlei hat in ihrer Stellungnahme erklärt, dass das 1998 extern erarbeitete IT-Sicherheitskonzept
formal ausreichend und lediglich in einigen Punkten nicht mehr aktuell sei. Im Weiteren argumentiert sie zugunsten einer privaten Nutzung von Internet und E-Mail am Arbeitsplatz, erklärt jedoch nachfolgend, diese für
ihr Haus zukünftig zu untersagen, die E-Mail-Dienstanweisung entsprechend zu überarbeiten und Kontrollen
des Nutzungsverhaltens entsprechend der o. a. Muster-Dienstvereinbarung durchzuführen. Zu der unzureichend gesicherten IT-Infrastruktur verweist sie auf eine bestehende Planung und gleichzeitig auf eine ungeklärte Finanzierung. Bei der Nutzung aktiver Software-Elemente, insbesondere des Produkts „Macromedia
Flash“, teilt sie nicht die Auffassung des Rechnungshofs. Sie behauptet, dass auch Seiten mit dienstlichem
Bezug häufig dieses Produkt erfordern würden, und begründet dies mit ihren Querschnittsaufgaben. Im Übrigen
seien die Einsatzrisiken von aktiven Komponenten in einem Konzept aus dem Jahr 2001 betrachtet worden,
sodass hierzu kein Handlungsbedarf bestehe.
T 92:
Der Rechnungshof erkennt an, dass die Senatskanzlei einige Maßnahmen zugesagt hat, die dazu beitragen,
dort ein zuverlässiges IT-Sicherheitsniveau zu schaffen. Er hält jedoch an seiner Einschätzung fest, dass das
bisherige IT-Sicherheitskonzept nicht den Anforderungen der IT-Sicherheitsrichtlinie entspricht.
Der Rechnungshof fordert deshalb weiterhin, dass die Senatskanzlei

ein ordnungsgemäßes IT-Sicherheitskonzept erarbeitet,

ihre Zusage, die private Nutzung von Internet und E-Mail nunmehr unverzüglich zu untersagen, einhält
und

unverzüglich ihre IT-Infrastruktur durch geeignete Maßnahmen absichert.
zu T 85 bis T 92:
Im Geschäftsbereich des Regierenden Bürgermeisters – Senatskanzlei – wurde am
03.03.2004 eine neue Dienstanweisung zur Nutzung der elektronischen Informations- und
Kommunikationsdienste erlassen. So wie vom Rechnungshof gefordert, untersagt sie die
private Nutzung von Internet und E-Mail am Arbeitsplatz. Die Missbrauchskontrolle erfolgt
nach den Regelungen der Internet-Dienstvereinbarung zwischen der Senatsverwaltung für
Inneres und dem Hauptpersonalrat vom 21.02.2002.
Es ist geplant, das IT-Sicherheitskonzept der Senatskanzlei mit Unterstützung externer
Sicherheitsexperten komplett zu überarbeiten, insbesondere was die vom Rechnungshof
geforderte Risikoabwägung betrifft.
Die Senatskanzlei wird ihre IT-Infrastruktur entsprechend den Erkenntnissen des Sicherheitskonzepts und den Forderungen des Rechnungshofs modernisieren.
52
C. Inneres
1.
Fehlerhafte Eingruppierung von Leitungskräften im Bereich der Kindertage sstätten
Die Eingruppierung des Leitungspersonals in Kindertagesstätten ist abhängig von der Durc hschnittsbelegung der Einrichtung. Bei einem Rückgang der Belegungszahlen und Unterschreiten
des Schwellenwertes wird die Vergütung allerdings regelmäßig nicht verringert. In mehr als
80 Fällen sind Leitungskräfte von Kindertagesstätten in den Bezirken zu hoch eingruppiert oder
erhalten zu Unrecht weiterhin eine Vergütungsgruppenzulage. Der Landeshaushalt wird hierdur ch
mindestens mit 350 000 € jährlich ungerechtfertigt belastet. Der Rechnungshof hat die Senatsve rwaltung für Inneres aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die Bezirksämter das Tarifrecht einhalten.
Sie hat auch für andere Verwaltungszweige die notwendigen Folgerungen aus der Recht sprechung
des Bundesarbeitsgerichts zur Tarifautomatik zu ziehen.
T 93:
Der Rechnungshof hat die Personalausgaben für Leitungskräfte im Bereich der Kindertagesstätten geprüft und
Mängel - insbesondere bei der Eingruppierung und der Zahlung von Vergütungsgruppenzulagen - festgestellt.
Die Bewertung der Aufgabengebiete und die Eingruppierung der Leiter von Kindertagesstätten sowie ihrer
ständigen Vertreter ist nach den tariflichen Vorschriften von der Durchschnittsbelegung der Einrichtungen abhängig. Leiter sind je nach Durchschnittsbelegung und unter Berücksichtigung von Bewährungszeiten den
VGrn. V c bis III zugeordnet. Durch ausdrückliche Anordnung als ständige Vertreter bestellte Angestellte sind
nach denselben Kriterien in VGr. V c bis IV a eingruppiert; bei kleineren Einrichtungen mit einer Durchschnittsbelegung von weniger als 40 Plätzen sind nach der Vergütungsordnung ständige Vertreter nicht vorgesehen.
zu T 93:
Die Sachdarstellung des Rechnungshofs bedarf keiner Stellungnahme des Senats.
T 94:
Für die Durchschnittsbelegung sind grundsätzlich die tatsächlichen Belegungszahlen vom 1. Oktober bis zum
31. Dezember des vorangegangenen Kalenderjahres zugrunde zu legen. Leitungskräfte, die infolge Absinkens
der Belegungszahlen zu hoch eingereiht sind, zählen - solange eine Bereinigung nicht vorgenommen wird - zum
Bewertungsüberhang. Allein schon die Auswertung der dem Rechnungshof übermittelten Umfrageergebnisse
ergab, dass in mindestens 45 Fällen Angestellte zu hoch eingereiht waren und 36 Angestellten tarifwidrig eine
Vergütungsgruppenzulage weitergewährt wurde, die in bestimmten Fällen ein Tätigkeitsmerkmal der jeweils
höheren Vergütungsgruppe ersetzt. Dies führt zu überhöhten Zahlungen, die den Landeshaushalt mit mindestens 350 000 € jährlich ungerechtfertigt belasten.
zu T 94:
Bei einem Rückgang der Belegungszahlen im Kita-Bereich war nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG der Beschäftigungsanspruch nach der Vergütungsgruppe, nach der
das Leitungspersonal vor Unterschreitung des Grenzwertes eingruppiert war, zu erfüllen,
d. h., eine Korrektur war nicht ohne weiteres möglich. Es ist also durchaus nachvollziehbar,
dass im Prüfungszeitraum die rein tarifliche Eingruppierung mit der zu zahlenden Vergütung nicht in Einklang stand.
Durch Rundschreiben der Senatsverwaltung für Inneres R Nr. 6/2004 vom 16.01.2004 wurden allgemeine Konsequenzen aus der geänderten Rechtsprechung des BAG gezogen.
Seitdem ist danach zu unterscheiden, ob das Leitungspersonal ohne Zutun des Arbeitgebers allein durch Änderung der tatsächlichen Verhältnisse oder durch eine Maßnahme des
Arbeitgebers in eine niedrigere Vergütungsgruppe hineingewachsen ist. Beruht die Unterschreitung eines Grenzwerts auf einer Maßnahme des Arbeitgebers, ist der arbeitsvertragliche Beschäftigungsanspruch nach der Vergütungsgruppe, in welcher das Leitungspersonal vor der Unterschreitung des Grenzwertes eingruppiert war, weiterhin zu erfüllen, weil
eine solche Maßnahme nicht vom Direktionsrecht des Arbeitgebers abgedeckt ist. Nur in
den Fällen, in denen ohne Maßnahme des Arbeitgebers die Grenzwerte unterschritten werden, ist die neuste Rechtsprechung des BAG einschlägig. Diese Rechtslage gilt auch für
die vom Rechnungshof ermittelten „Altfälle“. Auch in diesen Fällen muss geprüft werden, ob
die höhere Vergütung vertragsgemäß oder tarifwidrig gezahlt wird.
53
T 95:
Die Senatsverwaltung für Inneres hat zur Korrektur von Eingruppierungen beim Absinken der Durchschnittsbelegung bisher die Auffassung vertreten, dass sich aus der Wahrnehmung eines rechtswirksam übertragenen Aufgabenkreises ein Einvernehmen über Art und Wert des Beschäftigungsanspruchs ergebe und beim
Zustandekommen einer vertraglichen Vereinbarung über den Wert der auszuübenden Tätigkeit der Vertrag zu
erfüllen sei. Daher müsse beim Absinken der Durchschnittsbelegung der arbeitsvertragliche Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers weiterhin erfüllt werden. Eine Korrektur der Eingruppierung durch einfache Mitteilung
ohne Ausspruch einer Änderungskündigung scheide aus, da keine irrtümlich rechtsgrundlose Zahlung vorliege.
Diese Betrachtungsweise lässt sich aufgrund der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung nicht mehr aufrecht
erhalten. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat bereits wiederholt die Tarif- bzw. Vergütungsautomatik bei
Veränderung tatsächlicher Umstände hervorgehoben (BAG ZTR 2002, 286; BAG ZTR 2003, 134; BAG
ZTR 2004, 153). In seiner Entscheidung vom 19. März 2003 - 4 AZR 391/02 - hat das BAG im Falle einer Kindertagesstättenleiterin unmissverständlich klargestellt, dass immer dann, wenn sich die Eingruppierung bei
ansonsten gleicher Tätigkeit nach Schwellenwerten - hier Durchschnittsbelegung von Kindertagesstätten richtet, es bei Änderung der tatsächlichen Verhältnisse keiner Änderungskündigung bedarf. Dieses Urteil ist
auch für andere Bereiche der Verwaltung, in denen sich die Eingruppierung nach Schwellenwerten richtet, von
ganz entscheidender Bedeutung.
Der Rechnungshof hat daher die Senatsverwaltung für Inneres aufgefordert, alle Verwaltungen darauf hinzuweisen und das Arbeitsmaterial für den Personalsachbearbeiter entsprechend zu ergänzen. Um unnötige Auseinandersetzungen zu vermeiden, regt der Rechnungshof überdies an, künftig bereits bei Abschluss der Arbeitsverträge durch Nebenabrede oder in anderer Weise auf die Tatbestandsabhängigkeit der Eingruppierung
hinzuweisen.
zu T 95 Absatz 3:
Die Angabe der Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag hat nur deklaratorische Bedeutung.
Die tarifliche Mindestvergütung ist eine Hauptpflicht aus dem Arbeitsverhältnis
(§ 4 Abs. 1 BAT/BAT-O), die einer Nebenabrede (§ 4 Abs. 2 BAT/BAT-O) nicht zugänglich
ist. Es bedarf auch keiner zusätzlichen Hinweise gegenüber dem Arbeitnehmer, weil die
Rechtslage durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt ist und die Tarifautomatik
des § 22 BAT/BAT-O ohnehin gilt.
T 96:
Die Senatsverwaltung für Inneres hat zwar zügig nach Bekanntwerden der Urteilsbegründung zur BAGEntscheidung im November 2003 das Arbeitsmaterial für den Personalsachbearbeiter durch entsprechende
Austauschblätter aktualisiert. Entsprechende Hinweise finden sich allerdings nur in einer Anlage wieder, in der
das Verfahren der „Irrtumskorrektur“ einer zu hohen Vergütungsgruppe beschrieben wird. Bei den Entscheidungen des BAG geht es stattdessen um die aus den tariflichen Bestimmungen oder Arbeitgeberrichtlinien „automatisch“ sich ergebende Eingruppierung in eine niedrigere Vergütungsgruppe. Der Rechnungshof hält es daher
für problematisch, bei dieser Sach- und Rechtslage lediglich auf das in den Durchführungshinweisen breit abgehandelte Verfahren der „Irrtumskorrektur“ zu verweisen.
Der Rechnungshof hat ferner beanstandet, dass die Senatsverwaltung nicht deutlich aufzeigt, auf welche anderen Bereiche der Verwaltung die Entscheidung des BAG ausstrahlt. Es fehlt jeglicher Hinweis, dass immer
dann, wenn in der Vergütungsordnung oder in Eingruppierungsrichtlinien die Wertigkeit der auszuübenden
Tätigkeit durch Messzahlen vorgegeben wird, z. B. durch









Festlegung von Unterstellungsverhältnissen,
Belegungszahlen,
Postenzahlen,
Anzahl der Essenportionen oder Diätvollportionen,
Buchbestand von Bibliotheken und Büchereien oder Anzahl der Entleihungen,
Zahl der Lehrgangsteilnehmer,
Schülerzahl,
Jahreswochenstunden,
Anzahl der Unterrichtsräume, Bodenfläche,
die Eingruppierung bei einer Änderung der tatsächlichen Umstände ohne Änderungskündigung neu festzustellen ist. Angesichts der Reichweite und Bedeutung dieser BAG-Rechtsprechung sollten die hierzu ergangenen
Entscheidungen (nicht nur das BAG-Urteil vom 19.03.03) durch Rundschreiben eindeutig und klar bekannt
gemacht werden, weil die Behörden der mittelbaren Landesverwaltung nicht Adressat des Arbeitsmaterials für
den Personalsachbearbeiter sind. Die Durchführungshinweise zum Tarifrecht sind von der Senatsverwaltung für
Inneres gründlich zu überarbeiten.
54
zu T 96:
Die Anlage zum Arbeitsmaterial für den Personalsachbearbeiter zu § 22 BAT/BAT-O betrifft
nach ihrer Überschrift das Verfahren in Fällen, in denen die Eingruppierung von Angestellten irrtümlich in einer zu hohen Vergütungsgruppe festgestellt wurde. Da sich die Eingruppierung immer automatisch vollzieht, ist der Angestellte aus tariflicher Sicht immer nur in
der Vergütungsgruppe eingruppiert, die der ausgeübten Tätigkeit entspricht. Der BAT regelt
aber nicht die Beschäftigung der von ihm erfassten Angestellten, sondern normiert nur die
tarifliche Mindestvergütung. Daher bestimmt sich die Tätigkeit in erster Linie nach dem Arbeitsvertrag (Art der Tätigkeit, z. B. Angestellte im Erziehungsdienst). Der Wert der Tätigkeit bestimmt sich nach der Eingruppierung in eine bestimmte Vergütungsgruppe aufgrund
der auszuübenden Tätigkeit. Der Arbeitgeber darf im Wege des Direktionsrechts anschließend nur noch Tätigkeiten zuweisen, die hinsichtlich ihrer Art und ihres Wertes diesem arbeitsvertraglichen Beschäftigungsanspruch entsprechen. Das BAG hat nicht entschieden,
dass der Angestellte nach Zuweisung geringer wertiger Tätigkeiten herabgruppiert ist, sondern deswegen, weil sich ohne Zutun des Arbeitgebers die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben. Die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse wird vom BAG offensichtlich
nicht dem Direktionsrecht oder dem Unternehmerrisiko (Sphäre des Arbeitgebers) zugerechnet, so dass es in diesen Fällen keiner Änderung des Arbeitsvertrages bedarf. Wenn
also die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit nunmehr niedriger wertigen Tätigkeitsmerkmalen
zuzuordnen ist, kann nicht automatisch die Vergütung gemindert werden. Es ist vielmehr
zunächst zu prüfen, ob der Angestellte in eine niedrigere Vergütungsgruppe ohne oder mit
Zutun des Arbeitgebers hineingewachsen ist. Es sind also in erster Linie allgemeine Fragen
des arbeitsvertraglichen Beschäftigungsanspruches und des Direktionsrechts berührt, die
systematisch nicht unmittelbar zu § 22 BAT/BAT-O gehören. Bei nächster Gelegenheit wird
aber die Überschrift der Anlage zum Arbeitsmaterial für den Personalsachbearbeiter zu
§ 22 BAT/BAT-O konkreter gefasst werden.
Die Senatsverwaltung für Inneres hat in Tz. 1.2.1 der Anlage zum Arbeitsmaterial für den
Personalsachbearbeiter zu § 22 BAT/BAT-O ausgeführt, dass diese Rechtsprechung in
allen Fällen Anwendung findet, in denen ohne Zutun des Arbeitgebers allein durch Änderung der tatsächlichen Verhältnisses Unterstellungsverhältnisse oder Durchschnittsbelegungen zurück gehen oder sonstige qualifizierte Tätigkeitsanforderungen jeglicher Art nicht
mehr erfüllt werden. Unter „sonstigen qualifizierten Tätigkeitsanforderungen jeglicher Art“
sind sämtliche Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsordnung zu verstehen, die sich aus der
Grund- bzw. Normaltätigkeit herausheben („Heraushebungsmerkmale“). Die Rechtslage ist
also in allen Fällen zu beachten (z. B. auch, wenn zur Hälfte schwierige oder zu einem Drittel besonders verantwortungsvolle Tätigkeiten gefordert werden) und nicht nur in den Fällen, in denen z. B. zehn Unterstellte, 130 Plätze, 20 Lehrgangsteilnehmer ö. Ä. gefordert
werden. Es kann hinsichtlich der zutreffenden Eingruppierung nicht danach differenziert
werden, ob die Tarifvertragsparteien bei einer Berufsgruppe zufällig als Heraushebungskriterium konkrete, abzählbare Messzahlen und bei einer anderen Berufsgruppe zufällig unbestimmte Rechtsbegriffe als Messwert verwendet haben; sind die tätigkeitsbezogenen
Anforderungen zurückgegangen, besteht Korrekturbedarf, sofern kein entsprechend hoher
arbeitsvertraglicher Beschäftigungsanspruch besteht.
Die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sind nachrichtlich im
Anschriftenfeld des Rundschreibens R Nr. 6/2004 aufgeführt und haben ihre üblichen Kontingente erhalten. Sämtliche einschlägigen BAG-Urteile sind in Tz 1.2.1 der Anlage zum
Arbeitsmaterial erwähnt.
Die Senatsverwaltung für Inneres geht davon aus, dass die beschriebene Rechtslage von
der unmittelbaren und von der mittelbaren Landesverwaltung grundsätzlich beachtet wird.
Nach § 76 Abs. 2 GGO II werden in den als Rundschreiben (hier Arbeitsmaterial für den
Personalsachbearbeiter) bezeichneten Schreiben allerdings lediglich Empfehlungen ausgesprochen oder Mitteilungen gemacht. Vor dem Hintergrund des § 6 Abs. 3 AZG werden
Verwaltungsvorschriften für die unmittelbare Landesverwaltung nur noch erlassen, wenn
ein wichtiger Bedarf an verbindlichen Vorgaben besteht und sich die Beteiligten nicht auf
den wesentlichen Regelungsinhalt verständigen können.
55
T 97:
Ferner hat der Rechnungshof festgestellt, dass die Bezirke in den Arbeitsverträgen ganz unterschiedliche Berufs- oder Tätigkeitsbezeichnungen für als Leitungskräfte im Bereich der Kindertagesstätten eingesetzte
Angestellte verwenden. Die Senatsverwaltung für Inneres hat durch Rundschreiben bereits 1996 darauf hingewiesen, dass keine detaillierten Ausführungen erforderlich seien und eine Umschreibung der zu leistenden
Tätigkeit oder die Angabe eines der Tätigkeit entsprechenden charakteristischen Berufsbildes genüge. Von
einer weitergehenden Konkretisierung sollte schon deshalb abgesehen werden, um im Bedarfsfall einen anderweitigen Einsatz nicht unnötig zu erschweren.
Leitungskräfte im Bereich der Kindertagesstätten sind nach der Vergütungsordnung dem Abschnitt „Angestellte
im Sozial- und Erziehungsdienst“ zuzuordnen. Der Rechnungshof hat empfohlen, diese Angabe auch im Arbeitsvertrag zu verwenden. Im unmittelbaren Landesdienst sollte zumindest einheitlich verfahren werden. Er hat
die Senatsverwaltung daher aufgefordert, dies klarzustellen.
Die Senatsverwaltung für Inneres teilt zwar die Auffassung, dass nicht zuletzt im Hinblick auf das Direktionsrecht des Arbeitgebers die konkret auszuübende Tätigkeit grundsätzlich nicht im Arbeitsvertrag vereinbart werden sollte, hält aber seine durch Rundschreiben von 1996 bekannt gegebenen Hinweise für ausreichend. Damit
nimmt sie die uneinheitliche Verfahrensweise bei Verträgen mit Leitungskräften im Bereich der Kindertagesstätten weiterhin in Kauf. Der Rechnungshof hat dies erneut beanstandet.
zu T 97:
Die Senatsverwaltung für Inneres wird bei nächster Gelegenheit empfehlen, dass für Tätigkeiten im Sozial- und Erziehungsdienst arbeitsvertraglich grundsätzlich nur die Angabe
„Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst“ vereinbart werden sollte.
T 98:
Nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung sind Angestellte als ständige Vertreter von Leitern von
Kindertagesstätten bei einer Durchschnittsbelegung von mindestens 40 Plätzen vorgesehen. Besonders bei
Einrichtungen mit einer Durchschnittsbelegung von weniger als 130 Plätzen ergeben sich aber Zweifel, ob für
die Bestellung eines ständigen Vertreters, der nicht nur Vertreter in Urlaubs- und sonstigen Abwesenheitsfällen ist, überhaupt eine sachliche Notwendigkeit besteht. Eine Abwesenheitsvertretung würde häufig sicher
durchaus genügen, um den organisatorischen Notwendigkeiten Rechnung zu tragen, zumal insbesondere bei
kleineren Einrichtungen die administrativen Aufgaben in nicht unerheblichem Maße von anderen Organisationseinheiten der Verwaltung erledigt werden. Der teilweise Wegfall der stellvertretenden Leitungsfunktion würde
bereits zu beträchtlichen Einsparungen führen. Der Rechnungshof hat daher die Senatsverwaltung für Inneres
gebeten, in Abstimmung mit der für den Bereich der Kindertagesstätten zuständigen Senatsverwaltung festzulegen, wann von der Bestellung eines ständigen Vertreters abzusehen ist. Die danach notwendig werdenden
personalwirtschaftlichen Folgerungen sind von der Senatsverwaltung für Finanzen zu treffen.
Die Senatsverwaltung für Inneres hat die Vertretungsfrage an die fachlich zuständige Senatsverwaltung für
Bildung, Jugend und Sport weitergeleitet. Eine Stellungnahme dieser Verwaltung liegt noch nicht vor.
T 99:
Die Senatsverwaltung für Inneres ist aufgefordert,

umgehend die notwendigen Folgerungen aus der Rechtsprechung des BAG zur Vergütungsautomatik zu
ziehen und für eine umfassende Unterrichtung der betroffenen Verwaltungen zu sorgen,

die Hinweise des Rechnungshofs zur Vertragsgestaltung (Angabe der Berufs-/Tätigkeitsbezeichnung im
Arbeitsvertrag und Abschluss einer Nebenabrede zum Arbeitsvertrag) aufzugreifen,

im Benehmen mit der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport zu klären, von welcher Mindestkapazität an die Bestellung eines ständigen Vertreters von Leitern von Kindertagesstätten notwendig ist,
und

im Zusammenwirken mit der Senatsverwaltung für Finanzen beim Absinken der Belegungszahlen für die
entsprechende personalwirtschaftliche Umsetzung zu sorgen.
56
zu T 99:
- Die notwendigen Folgerungen aus der Rechtsprechung des BAG zur Vergütungsautomatik wurden umgehend durch das Rundschreiben R Nr. 6/2004 vom 16.01.2004 gezogen. Dadurch wurden die betroffenen Verwaltungen umfassend unterrichtet. Das Arbeitsmaterial für den Personalsachbearbeiter wird stets aktualisiert; ergänzende Hinweise (z. B. im Zusammenhang mit der beabsichtigten Verlagerung von Hortplätzen in den
Schulbereich) werden bekannt gegeben, sobald die erforderlichen Prüfungen abgeschlossen sind.
- Der Abschluss einer Nebenabrede zum Arbeitsvertrag kommt nicht in Betracht. Bei
nächster Gelegenheit wird die Senatsverwaltung für Inneres unter Hinweis auf die bisherigen Regelungen empfehlen, dass beispielsweise mit den hier angesprochenen KitaLeitungskräften arbeitsvertraglich grundsätzlich die Angabe „Angestellte im Sozial- und
Erziehungsdienst“ vereinbart werden sollte.
- Die Senatsverwaltung für Inneres wird die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und
Sport erforderlichenfalls beratend unterstützen und das Ergebnis der Prüfung gegebenenfalls im Arbeitsmaterial für den Personalsachbearbeiter bekannt geben.
- Die Personalwirtschaft richtet sich nach § 49 LHO und ihren Ausführungsvorschriften.
Unabhängig von der tariflichen Bewertung/Eingruppierung ist jedoch beim Rückgang
qualifizierter tätigkeitsbezogener Anforderungen in jedem Einzelfall die Frage zu beurteilen, ob ein individueller arbeitsvertraglicher Beschäftigungsanspruch besteht. Für die tarifgerechte Eingruppierung von Leitern/Leiterinnen von Kindertagesstätten im Einzelfall
ist die Senatsverwaltung für Finanzen grundsätzlich nicht zuständig (siehe Nr. 3 AV zu
§ 49 LHO). Die in der Vergangenheit für die Personalkostenzuweisung bereitzustellenden Unterlagen ließen eine Aussage über die tarifgerechte Eingruppierung von KitaLeitern auch nicht zu, weil Belegungszahlen lediglich stichtagsbezogen und nicht zeitraumbezogen (siehe Protokollnotiz Nr. 2 zu Teil II Abschnitt G der Anlage 1a zum
BAT/BAT-O) erfragt wurden. Die künftige Mittelzuweisung im Rahmen der Budgetierung
über Produktkosten, trennt Personal- und Sachkosten nicht, weshalb personalwirtschaftliche Strukturen der Bezirke weder ersichtlich sind, noch durch die Senatsverwaltungen
für Inneres und Finanzen korrigierbar wären. Daraus folgt: Die personalwirtschaftliche
Umsetzung der sich aus der veränderten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
ergebenden Folgerungen für die Eingruppierung von Kita-Leitern/Leiterinnen und deren
ständige Vertreter/innen obliegt, solange die Kitas nicht in andere Trägerschaft überführt
sind, wie im Übrigen in allen anderen Fällen auch, den Bezirken.
2.
Erhebliche Eingruppierungsmängel bei den Arbeitern der Berliner Feuerwehr
u n d u n z u l ä s s i g e B e s t e l l u n g vo n V o r a r b e i t e r n
Bei der Berliner Feuerwehr erhält fast die Hälfte der 15 9 Arbeiter wegen gravierender Eingruppi erungsmängel - insbesondere bei den Spitzenlohngruppen - regelmäßig überhöhte Lohnzahlungen.
Eine tarifgerechte Bezahlung würde längerfristig zu jährlichen Einsparungen von mindes tens
178 000 € führen. Darüber hinaus ist die Bestellung von 23 Vorarbeitern im Werkstattbereich
dienstlich nicht notwendig. Durch die Einstellung der Vorarbeiterzulagen könnten weitere 72 000 €
jährlich eingespart werden.
T 100:
Der Rechnungshof hat die Personalausgaben für Arbeiter bei der Berliner Feuerwehr geprüft und dabei insbesondere bei den Spitzenlohngruppen 7/8 a und 9 gravierende Eingruppierungsmängel festgestellt. Darüber
hinaus werden im Werkstattbereich in erheblichem Maße Vorarbeiterzulagen ohne dienstliche Notwendigkeit
gezahlt.
Nach dem Stellenplan 2003 sind bei der Feuerwehr insgesamt 159,56 Stellen für Arbeiter ausgewiesen. Darunter sind allein 72 Stellen (45,1 v. H.) den höchsten LGr. 7/8 a und 9 der Anlage 1 (Lohngruppenverzeichnis) des
Berliner Bezirkstarifvertrages Nr. 2 zum BMT-G/O (BTV 2) zugeordnet. Die Stelleninhaber sind überwiegend im
Werkstattbereich
(Kapitel 05 67
- SE Fahrzeugund
Gerätetechnik -)
und
im
Bereich
der
SE Informationstechnik (Kapitel 05 69) wie folgt tätig:
57
Ansicht 40:
LGr.
Lohnempfänger der Feuerwehr in Spitzenlohngruppen
Werkstattbereich
9
14 Kfz-Handwerker
1 Metallhandwerker
1 Feinmechaniker
1 Elektromechaniker
7/8 a
Insgesamt
Informationstechnik
Insgesamt
5 Fernmeldemechaniker
22
22 Kfz-Handwerker
4 Feinmechaniker
24 Fernmeldemechaniker
50
43 Handwerker
29 Handwerker
72
Daneben werden u. a. weitere 24 Kfz-Handwerker und 4 Fernmeldemechaniker beschäftigt, die der LGr. 6/7 a
zugeordnet sind.
T 101:
Gelernte Handwerker sind in der Basislohngruppe 4 eingruppiert. Für Kfz-Handwerker, Elektro-, Fein- und
Fernmeldemechaniker gelten spezielle Tarifmerkmale; sie sind bereits der LGr. 6 zuzuordnen. Über die LGr. 6
hinausgehende Eingruppierungen fordern nach den einschlägigen Tarifbestimmungen regelmäßig, dass bestimmte Heraushebungsmerkmale zu erfüllen sind. Dabei müssen die zu erledigenden Aufgaben zeitlich mindestens die Hälfte bzw. bei den Kfz-Handwerkern der LGr. 7 Fallgr. 15 etwa ein Drittel der Gesamttätigkeit
ausmachen (§ 2 Abs. 2 BTV 2). Zur Prüfung dieser Voraussetzung sind grundsätzlich detaillierte Aufgabenkreisbeschreibungen erforderlich. Die Feuerwehr hat hingegen sämtliche Aufgabengebiete ohne begründende
Unterlagen den höchsten Lohngruppen zugeordnet. Eine sachgerechte Beurteilung der von der Feuerwehr
vorgenommenen Einreihungen ist daher nicht möglich. Der Rechnungshof hat die Feuerwehr aufgefordert, für
alle Arbeitsgebiete der Spitzenlohngruppen 7/8 a und 9 (T 100) auf der Grundlage von Arbeitsaufzeichnungen
Beschreibungen der Aufgabenkreise zu erstellen und die Aufgabengebiete zu bewerten.
zu T 101:
Die Berliner Feuerwehr hat für alle in Rede stehenden Arbeitsgebiete (Lohngruppen 7/8a
und 9) drei Monate lang Arbeitsaufzeichnungen führen lassen und wird nunmehr die Beschreibungen der Aufgabenkreise erstellen. Es handelt sich sowohl vom Umfang als auch
vom Aufwand her um ein aufwändiges Verfahren. Der Rechnungshof ist insofern um Terminverlängerung bis Ende des Jahres gebeten worden.
T 102:
Insbesondere stößt die pauschale Zuordnung von 22 Handwerkern zur LGr. 9 auf erhebliche Bedenken. Die
Spitzenlohngruppe wurde von den Tarifvertragsparteien 1990 für Spitzenhandwerker mit herausragender
Verantwortung eingeführt. Die Feuerwehr hat hiervon extensiv Gebrauch gemacht. Die Zuordnung von
sechs Kfz-Handwerkern der sog. Prüfgruppe zur LGr. 9 Fallgr. 5 fällt hier als besonders fragwürdig auf. Nach
dem Tarifmerkmal müssen sich Kfz-Handwerker u. a. dadurch aus der LGr. 7 Fallgr. 15 herausheben, dass sie
die technische Überprüfung nach § 29 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung verantwortlich durchführen. Nach
Auskunft der Feuerwehr dürfen diese Aufgaben jedoch nur unter Anleitung und Aufsicht eines zugelassenen
Kfz-Meisters ausgeführt werden. Unabhängig davon liegen keine Beschreibungen der Aufgabenkreise über Art
und Umfang der zu erledigenden Aufgaben vor (T 101). Die Senatsverwaltung für Inneres hat im Übrigen in
einer Stellungnahme vom 13. Februar 1995 die Neubewertung der Stellen für Kfz-Handwerker ohnehin nur für
eine Stelle nach LGr. 9 nachvollziehen können. Dies hinderte die Feuerwehr jedoch nicht, an ihrer fragwürdigen
Bewertung festzuhalten.
zu T 102:
Die Einführung der Spitzenlohngruppe 9 wurde 1990 vornehmlich für Handwerker der Berliner Feuerwehr tarifvertraglich festgelegt. Die Kfz-Handwerker der Feuerwehr haben aufgrund der besonderen Beschaffenheit der Fahrzeuge wie z. B. mit Hydraulik- oder Pumpentechnik hochwertige Tätigkeiten mit besonderer Verantwortung auszuführen, die in ihrer Art
in keiner anderen Werkstatt des Landes Berlin anfallen. Dass die erwähnten Hauptuntersuchungen nach § 29 Straßenverkehrszulassungsordnung, die für alle Feuerwehrfahrzeuge
jährlich durchzuführen sind, auch unter Mitwirkung eines Meisters erfolgen müssen, ändert
grundsätzlich nichts an der eigenen hohen Verantwortung des ausführenden Handwerkers
und seiner tariflichen Eingruppierung. Die Berliner Feuerwehr wird dennoch auch hier die
Beschreibungen der Aufgabenkreise erstellen und die Eingruppierung überprüfen.
58
T 103:
Der Rechnungshof verkennt nicht, dass die Reparatur und Wartung des Fahrzeugparks und der Geräte der
Feuerwehr sowie die herausgehobenen Tätigkeiten der Fernmeldemechaniker an das fachliche Können der
Beschäftigten erhebliche Anforderungen stellt. Der überwiegende Teil der den Spitzenlohngruppen 7/8 a und 9
zugeordneten Aufgabengebiete - die nach der Bezahlung einem Meister der VGr. V c gleichzusetzen sind - ist
jedoch mindestens um eine Lohngruppe überhöht. Die gleichmäßige Verteilung der wahrzunehmenden Aufgaben auf alle Beschäftigte kann nicht ohne Auswirkung bleiben bei der Beurteilung, in welchem Umfang von
jedem Einzelnen herausgehobene Tätigkeiten ausgeübt werden. Bei einer Konzentration der herausgehobenen
Tätigkeiten lediglich auf wenige Beschäftigte könnte allenfalls für diese eine Eingruppierung in die höchsten
Lohngruppen in Betracht kommen.
zu T 103:
Die Berliner Feuerwehr wird dem Fachbereich mit einer Organisationsberatung zur Seite
stehen, um festzustellen, ob eine Abkehr von der jetzigen Kleingruppenarbeit mehrerer
Gewerke unter dem Aspekt der Lohnkostenminimierung sinnvoll ist. Bisher wurde die auch
in der Privatwirtschaft praktizierte Organisationsform als optimal angesehen.
T 104:
Unabhängig von den Bewertungszweifeln bei den Spitzenlohngruppen hat der Rechnungshof in 15 weiteren
Fällen Einreihungen beanstandet, bei denen entweder die personenbezogenen Anforderungen nicht erfüllt sind
oder die tariflich vorgegebenen Tätigkeiten nicht geleistet werden. So wurde z. B. ein Gärtner der LGr. 6/7 a
zugeordnet. Dieses Tätigkeitsmerkmal ist jedoch Landschaftsgärtnern vorbehalten, die besonders hochwertige
Arbeiten zu verrichten haben. Derartige Tätigkeiten fallen bei der Feuerwehr jedoch nicht an; tarifgemäß wäre
hier lediglich eine Eingruppierung in die LGr. 4/5 a. Auch bei diesen Einreihungen bestätigt sich der Eindruck
einer großzügigen Auslegung tariflicher Bestimmungen durch die Feuerwehr.
zu T 104:
Die beanstandeten Eingruppierungen werden überprüft, wobei jetzt schon feststeht, dass
personenbezogene Anforderungen entgegen der Annahme des Rechnungshofs teilweise
doch erfüllt werden. Die Überprüfung der Eingruppierung des genannten Gärtners, der im
Zuge der Wiedervereinigung übernommen wurde, hat sich erledigt, da die Stelle inzwischen
unbesetzt ist und eingespart wird.
T 105:
Im Zusammenhang mit den Bewertungszweifeln bei den Kfz-Handwerkern der sog. Prüfgruppe (T 102) hat der
Rechnungshof auch die Frage aufgeworfen, ob für bestimmte Tätigkeiten Arbeitszeitwerte, wie sie z. B. in der
Privatwirtschaft üblich sind, vorgegeben werden. In ihrer Stellungnahme vom Oktober 2003 weist die Feuerwehr
darauf hin, dass dies wegen der Spezifik von Feuerwehreinsatzfahrzeugen weder möglich noch sinnvoll sei.
Über das IT-gestützte Betriebs-Informations-System (BIS) werden sämtliche Arbeitsaufträge unter Erfassung
des Material- und Personaleinsatzes abgerechnet. Dadurch seien exakte Zeitangaben z. B. für die Fahrzeugprüfung möglich.
Bei dem derzeitigen Verfahren bestimmt demnach die Dienstkraft selbst, welchen Zeitaufwand sie für einen
bestimmten Arbeitsvorgang benötigt. Der Rechnungshof hält hingegen die Festlegung von Arbeitszeitwerten für
bestimmte Arbeitsschritte durch die Feuerwehr für unerlässlich. Hierbei sollte weitestgehend auf die in der Privatwirtschaft bestehenden Erfahrungswerte zurückgegriffen werden. Ohnehin sind leistungsorientierte Arbeitszeitwerte als Plausibilitätskontrolle bei der anstehenden Bewertung der Aufgabengebiete und der ggf. damit
einhergehenden Umorganisation erforderlich.
zu T 105:
Arbeitszeitwerte werden auch in der Privatwirtschaft nur für normierte Serienfahrzeuge
festgelegt. Die Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr sind jedoch hoch individualisierte Fahrzeuge, um den gesamten Platz an Bord für die Unterbringung von Technik und Ausstattung
auszunutzen zu können. Rechnungen für Fahrzeuge, die die Feuerwehr in die Privatwirtschaft zur Reparatur gibt, liegen daher zum Teil auch keine normierten Arbeitszeitwerte
zugrunde, sondern werden nach tatsächlichem Zeitaufwand spezifiziert. Dennoch wird die
Berliner Feuerwehr im Rahmen ihrer Organisationsuntersuchung prüfen, ob Arbeitszeitwerte z. B. für Routineaufgaben vorgegeben werden sollen.
59
T 106:
Der Rechnungshof hat darüber hinaus auch die dienstliche Notwendigkeit für die Bestellung von Vorarbeitern
im Werkstattbereich geprüft. Die Feuerwehr beschäftigt dort allein 23 Vorarbeiter. Den Vorarbeitern sind durchweg Handwerker der höheren Lohngruppen zugewiesen; in einem Fall sogar drei Lohnempfänger der LGr. 9.
Gegen die Bestellung zu Vorarbeitern im Werkstattbereich bestehen erhebliche Bedenken.
Nach § 3 Abs. 1 BTV 2 erhalten Arbeiter, die zu Vorarbeitern von mindestens zwei Arbeitern der LGrn. 4 bis 9
bestellt worden sind, eine Zulage (Vorarbeiterzulage) in Höhe von 12 v. H. des Monatsgrundlohnes der Stufe 1
der jeweiligen Lohngruppe. Demnach erhält ein Vorarbeiter jährlich bis zu 3 500 € zusätzlich zum Lohn. Eine
Bestellung zum Vorarbeiter ist nur dann vorzunehmen, wenn dienstliche Gründe dies erfordern und die Mitarbeit
des Gruppenführers mindestens zur Hälfte während der Arbeitszeit der übrigen Gruppenmitglieder stattfindet.
Die Voraussetzungen zur Bestellung zum Vorarbeiter sind z. B. dann nicht erfüllt, wenn der betreffende Lohnempfänger lediglich die Aufträge oder Arbeitseinteilungen allgemeiner Art an selbstständig arbeitende Handwerker weiterzugeben hat. Dies ist im Werkstattbereich jedoch durchweg der Fall, denn die eigentliche Koordinierung der anfallenden Arbeiten wird von den dafür zuständigen Meistern wahrgenommen. Ohnehin widerspricht es dem Sinn der Vorarbeiterzulage und den für die Bewertung maßgebenden Tarifmerkmalen, wenn
Handwerker der Spitzenlohngruppen von anderen Handwerkern angeleitet werden.
T 107:
Der Rechnungshof hat die Feuerwehr aufgefordert, die festgestellten Eingruppierungsmängel zu beseitigen und
die ungerechtfertigte Zahlung der Vorarbeiterzulagen einzustellen. Eine tarifgerechte Bezahlung würde längerfristig jährlich zu Einsparungen von mindestens 178 000 € führen. Durch die Einstellung der Vorarbeiterzulagen
könnten weitere 72 000 € jährlich eingespart werden. Eine Stellungnahme der Senatsverwaltung für Inneres
liegt noch nicht vor.
zu T 106 und 107:
Die Berliner Feuerwehr hat das Mitbestimmungsverfahren gemäß § 87 Nr. 3 Personalvertretungsgesetz zur Einstellung der Vorarbeiterzulage eingeleitet.
T 108:
Zusammenfassend erwartet der Rechnungshof, dass die Feuerwehr
3.

die Aufgabengebiete der in den Spitzenlohngruppen 7/8 a und 9 beschäftigten Lohnempfänger auf der
Grundlage von Arbeitsaufzeichnungen bewertet,

leistungsorientierte Arbeitszeitwerte für bestimmte Arbeitsvorgänge festlegt und

die Gewährung der Vorarbeiterzulagen für die im Werkstattbereich tätigen Handwerker umgehend einstellt.
U n g e r e c h t f e r t i g t e Z u s c h ü s s e vo n 2 1 9 0 0 0 € j ä h r l i c h a l l e i n i n d e n B e z i r k e n f ü r
p r i va t e r w o r b e n e u n d d i e n s t l i c h m i t b e n u t z t e U m w e l t k a r t e n
T 109:
Für Dienstgänge in Berlin können Dienstkräfte einen Zuschuss von 50 v. H. des an die Berliner Verkehrsbetriebe zu zahlenden Preises für einen privat beschafften Zeitfahrausweis (Umweltkarte) erhalten. Nach einem
Rundschreiben der Senatsverwaltung für Inneres vom 13. Februar 1998 muss der Zeitfahrausweis auf dienstliche Veranlassung erworben worden sein; er darf dann auch privat mitbenutzt werden.
Nach einer Umfrage des Rechnungshofs in allen Bezirken beteiligten sich die Verwaltungen im Jahr 2002 mit
insgesamt 219 000 € an den Kosten für privat beschaffte Zeitfahrausweise. Nur der Bezirk Mitte gewährt aufgrund eines Bezirksamtsbeschlusses vom 3. April 2001 generell keine Zuschüsse. In welchem Umfang Zuschüsse von der Hauptverwaltung geleistet werden, hat der Rechnungshof bisher nicht geprüft.
T 110:
Dienstgänge sind gemäß § 2 Abs. 3 Bundesreisekostengesetz (BRKG) Gänge oder Fahrten am Dienst- oder
Wohnort zur Erledigung von Dienstgeschäften außerhalb der Dienststätte. Zu erstatten sind dabei die dienstlich
veranlassten Mehraufwendungen (§ 3 Abs. 1 BRKG). Nach dem auch das Reisekostenrecht beherrschenden
allgemeinen Sparsamkeitsgrundsatz können nur solche Kosten erstattet werden, die dem Beschäftigten zusätzlich durch die Wahrnehmung seiner Dienstgeschäfte entstehen. Eine Mehrbelastung liegt dann nicht vor, wenn
der Beschäftigte ohnehin für sich eine Umweltkarte, z. B. für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte,
erwirbt.
60
zu T 109 und 110:
Die Entscheidung über die Art der Fahrkostenerstattung obliegt den Dienstbehörden. Sie
können ihre Befugnisse ganz oder teilweise auf nachgeordnete Behörden übertragen.
Die Dienstbehörden haben sich mit 50 v. H. an den Kosten für die Beschaffung von Zeitfahrausweisen dann beteiligt, wenn diese auf dienstliche Veranlassung vom Beschäftigten
zur Durchführung regelmäßiger Dienstgänge privat erworben wurden.
Rechtsgrundlage für diese Kostenbeteiligung ist das Bundesreisekostengesetz (BRKG) in
Verbindung mit den Ausführungsvorschriften über Fahrkostenerstattung bei Benutzung
regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel für Dienstgänge in Berlin vom 13.11.1973
(DBl. I S. 210) – AV Fahrkosten -. Die AV Fahrkosten sind jedoch gemäß § 6 Abs. 5 AZG
mit Ablauf des 31.12.2003 außer Kraft getreten.
Nach § 3 Abs. 1 Bundesreisekostengesetz (BRKG) hat der Dienstreisende, wozu gem.
§ 1 Abs. 1 BRKG auch Personen gehören, die einen Dienstgang ausführen, einen Anspruch auf Reisekostenvergütung zur Abgeltung der dienstlich veranlassten Mehraufwendungen. Hieraus, wie auch aus dem allgemeinen Sparsamkeitsgrundsatz
(§ 3 Abs. 2 BRKG) und dem gegenseitigen Dienst- und Treueverhältnis folgt, dass nur solche Aufwendungen erstattet werden können, die dem Beschäftigten durch die Wahrnehmung seiner Dienstgeschäfte zusätzlich erwachsen. Fahrkostenerstattungen, die auf der
Grundlage der AV Fahrkosten gewährt wurden, setzten somit Mehraufwendungen in diesem Sinne voraus. Durch die Mitbenutzung eines vorhandenen privaten Zeitfahrausweises
für dienstliche Zwecke entstanden bzw. entstehen dem Bediensteten mithin keine erstattungsfähigen Mehraufwendungen.
T 111:
Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Kostenbeteiligung für eine privat beschaffte, aber auch für
dienstliche Zwecke mitbenutzte Zeitfahrkarte möglich ist, beschäftigt die Verwaltungen seit langem. So hat die
Senatsverwaltung für Inneres mit Rundschreiben vom 26. Juni 1996 zunächst zu Recht darauf hingewiesen,
dass ein Zuschuss für privat erworbene und dienstlich mitbenutzte Zeitfahrausweise unzulässig sei, weil dem
Beschäftigten durch die Mitbenutzung eines vorhandenen privaten Zeitfahrausweises keine erstattungsfähigen
Mehraufwendungen entstehen.
Unabhängig davon ist bei Benutzung regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel die Fahrkostenerstattung im
Wege der Ausgabe von Dienstfahrscheinen an Dienstkräfte ohne Zeitfahrausweis reisekostenrechtlich weiterhin
erforderlich und aus Gründen der Wirtschaftlichkeit der Erwerb einer Umweltkarte durch die Dienststelle ggf.
auch geboten.
Um damaligen Einwänden aus Bezirksverwaltungen, dieses Verfahren sei zu verwaltungsaufwändig und binde
Personalkapazitäten, Rechnung zu tragen, wird seit 1998 jedoch eine Kostenbeteiligung für auf dienstliche
Veranlassung beschaffte Zeitfahrausweise von der Senatsverwaltung für Inneres für zulässig erklärt (T 109).
T 112:
Der Rechnungshof hat die Entwicklung der Kostenbeteiligung der Bezirke bei den von den Dienstkräften dienstlich und privat genutzten Umweltkarten seit 1996 näher betrachtet. Nach dem damals geltenden Rundschreiben
über die Fahrkostenerstattung wurden Umweltkarten teilweise unzulässig bezuschusst. So wurden im
Jahr 1996 Zuschüsse für privat erworbene und dienstlich mitbenutzte Umweltkarten in Höhe von 292 000 € und
im Jahr 1997 in Höhe von 267 000 € gezahlt. Mit Erscheinen des Rundschreibens vom 13. Februar 1998 reduzierten sich diese unzulässigen Zuschüsse im Jahr 1999 zwar auf 99 000 € und im Jahr 2002 auf 10 000 €.
Gleichzeitig wurden jedoch für die auf dienstliche Veranlassung privat erworbenen Umweltkarten 178 000 €
(1999) bzw. 209 000 € (2002) verausgabt, was den Schluss zulässt, dass die Bezirksämter die vorher unzulässige Bezuschussung von Umweltkarten lediglich „legalisiert“ haben.
Diese Entwicklung ist auch angesichts der Haushaltslage Berlins nicht hinzunehmen. Vereinfachungsgesichtspunkte oder etwaige Nachweisprobleme (T 111) dürfen nicht dazu führen, dass die der Privatsphäre der Beschäftigten zuzuordnenden Ausgaben von der Allgemeinheit getragen werden, zumal es sich um ein Einsparpotenzial von 219 000 € jährlich allein in den Bezirken (T 109) handelt.
61
zu T-111 und 112:
Neben der Bereitstellung von Sammelkarten und Zeitfahrausweisen für gelegentliche
Dienstfahrten konnte die Dienststelle bei der Erfüllung der Voraussetzungen für regelmäßige Dienstgänge Zeitfahrausweise ausgeben, die nach der letzten Dienstfahrt bei der
Dienstbehörde zu hinterlegen waren. Sofern der Zeitfahrausweis von der Dienstkraft mit
Einverständnis der Dienststelle privat mitbenutzt wurde, war eine Eigenbeteiligung vorgesehen. Aufgrund von Änderungen der Tarifstruktur der BVG wurde durch Rundschreiben
festgelegt, dass die Dienstkraft als Eigenbeteiligung 50 v. H. des an die BVG zu zahlenden
Preises zu tragen hatte. Mit Rundschreiben I Nr. 20/1998 vom 13.02.1998 wurde auf die
Möglichkeit hingewiesen, dass sich die Dienstbehörden mit 50 v. H. an den Kosten einer
„Umweltkarte“ dann beteiligen können, wenn die Beschaffung durch die Dienstkraft dienstlich veranlasst wurde. Eine derartige Möglichkeit kam insbesondere dann in Betracht, wenn
die Kostenbeteiligung durch die Dienstbehörde gegenüber der eigenen Beschaffung von
Fahrausweisen wirtschaftlicher war.
T 113:
Der Rechnungshof hat die Senatsverwaltung für Inneres aufgefordert, nochmals klarzustellen, dass eine Kostenbeteiligung der Dienststelle nicht zulässig ist, wenn eine privat beschaffte Umweltkarte ohnehin vorhanden
und somit keine finanzielle Mehrbelastung der Beschäftigten bei der dienstlichen Mitbenutzung der Umweltkarte
gegeben ist. Er erwartet, dass die Praxis der Zahlung von Zuschüssen für privat beschaffte Umweltkarten an
Dienstkräfte des Landes Berlin umgehend eingestellt wird.
zu T 113:
Nachdem die AV Fahrkosten außer Kraft getreten sind, wurde seitens der Senatsverwaltung für Inneres geprüft, ob eine Neufassung dieser Vorschrift notwendig ist. Eine Neufassung dieser Vorschriften ist jedoch nicht notwendig, da dienstlich veranlasste Aufwendungen bei Dienstgängen unmittelbar nach dem BRKG abgerechnet werden können.
Die Senatsverwaltung für Inneres hat daher mit Rundschreiben I Nr. 34 / 2004 vom
28.05.2004 u. a. auf die gegenwärtige Rechtslage verwiesen, nach der durch den Wegfall
der AV Fahrkosten die Grundlage für eine Kostenbeteiligung des Dienstherren von 50 v. H.
bei den Anschaffungskosten von Zeitfahrausweisen entfallen ist, die nicht von der Dienstbehörde, sondern auf dienstliche Veranlassung vom Beschäftigten zur Durchführung regelmäßiger Dienstgänge erworben wurden. Beschafft sich daher ein Beschäftigter privat
einen Zeitfahrausweis, so ist seitens der Dienstbehörde eine Beteiligung an den Kosten des
Zeitfahrausweises nicht zulässig, auch wenn dieser Zeitfahrausweis für dienstliche Gänge
mitbenutzt wird.
D. Gesundheit, Soziales und Verbrauche rschutz
1.
Notwendige Überprüfung des Telebus -Fahrdienstes als soziale Sonderleistung
Berlins
Die extreme Haushaltsnotlage Berlins zwingt dazu, soziale Sonderleistungen auch dann zu übe rprüfen, wenn sie - wie der Telebus-Fahrdienst für Freizeitfahrten Schwerbehinderter - durch ein
Landesgesetz festgeschrieben sind. Sollte diese Sonderleistung erhalten bleiben, muss die für S oziales zuständige Senatsverwaltung Einsparpotenziale von min destens 5 Mio. € jährlich, die der
Rechnungshof erneut aufgezeigt hat, konsequent nutzen, um die jährlichen Ausgaben von derzeit
noch 12,5 Mio. € erheblich zu senken. Sie muss ferner Mängel in der Zuwendungspraxis, die zu
finanziellen Nachteilen für Berlin führen, abstellen.
Der Rechnungshof von Berlin verkennt in seinen Eingangbemerkungen unter dem Aspekt
der extremen Haushaltsnotlage Berlins sowohl den allgemeinen behindertenpolitischen
Aspekt der Aufrechterhaltung eines Fahrdienstes für Menschen mit Behinderungen als
auch die zwischenzeitlich eingeleiteten Schritte und Planungen zur Kostenreduzierung. Er
sollte zur Kenntnis nehmen, dass mit der Verabschiedung des Doppelhaushalts 2004/2005
alle Einnahmen und Ausgaben auf ihre unabdingbare Notwendigkeit hin geprüft wurden
62
und das Landesparlament sich zu einer weiteren Finanzierung einer derartigen sozialpolitischen Leistung bekannt hat.
Daneben ist auf den Beschluss des Senats zur Finanzplanung 2003 bis 2007 hinzuweisen,
die insbesondere für die Finanzierung des Sonderfahrdienstes weitere Ansatzabsenkungen
vorsieht.
Für die Durchführung des Sonderfahrdienstes sind in 2002 Gesamtausgaben in Höhe von
16.949 T€ entstanden, denen als Zuwendungen des Landes Berlin 13.670 T€ in 2002,
12.483 T€ in 2003, 12.083 T€ jeweils in 2004 und 2005 und gemäß mittelfristiger Finanzplanung 9.083 T€ in 2006 und noch 7.083 T€ in 2007 gegenüber stehen bzw. vorgesehen
sind. Die Differenzen der jeweiligen Jahre zwischen Gesamtausgaben und Zuwendungen
des Landes Berlin wurden/werden durch den Einsatz der Eigenbeteiligungen und Erstattungen bisher ausgeglichen.
Auch in den vorangegangenen Haushaltsjahren wurden Preissteigerungen beispielsweise
infolge der Einführung der Ökosteuer ohne eine Erhöhung der Zuwendung aufgefangen. Es
werden seit Jahren Wege gesucht, die Kosten des Systems zu minimieren und die Einnahmen zu steigern, ohne dabei den behindertenpolitischen Aspekt aus den Augen zu verlieren. Da es sich beim Sonderfahrdienst für Menschen mit Behinderungen um ein ausgesprochen komplexes System handelt, ist das Herausgreifen von einzelnen Einsparmöglichkeiten jedoch wenig hilfreich. Es ist erforderlich, das System „mehrdimensional“ zu betrachten, um auch die Effekte von einzelnen Einsparvorschlägen, die sich gegenseitig beeinflussen, auf andere Bereiche und deren Bewertung im Blick behalten zu können.
Im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung 2003 bis 2007 hat der Senat beschlossen, die
Zuwendungen des Landes Berlin weiterhin konsequent abzusenken und weitere Einsparpotenziale zu ermitteln und einzubeziehen. Es wird daher eine im Interesse der Sicherung der
Mobilität sinnvolle und realisierbare Umstrukturierung des Sonderfahrdienstsystems Berlin
mit Nachdruck verfolgt.
Die infrastrukturellen Voraussetzungen zur Integration in den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sind überwiegend vorhanden, aber dieser Prozess ist derzeit noch nicht abgeschlossen (Stand 04/2003):
95,8 v. H. der Busse sind für Behinderte geeignet (behindertengerecht und freundlich) und 138 Buslinien (63,6 v. H.) sind behindertengerecht und 39 Buslinien
(18 v. H.) sind behindertenfreundlich
149 Tramwagen von 601 rund 25 v. H. und auf 16 von 28 Tramlinien (57,1 v. H.)
werden behindertengerechte Tramwagen eingesetzt
54 U-Bahnhöfe von 170 rund 31,8 v. H. sowie
90 S-Bahnhöfe von 131 rund 68,7 v. H. sind behindertengerecht
In den nächsten drei Jahren soll (sofern die Finanzierung entsprechend durch die BVG gesichert werden kann) die Benutzbarkeit des ÖPNV für Behinderte weiter verbessert werden.
Es werden weitere U- und S-Bahnhöfe barrierefrei ausgebaut und das Busnetz durch den
geplanten Einsatz neuer Fahrzeuge nahezu vollständig behindertengerecht umgestaltet.
Mit diesen Maßnahmen wird sowohl die Vernetzung des ÖPNV-Systems als auch die flächenmäßige Erschließung erweitert und infolge dessen die Akzeptanz bei den behinderten
Menschen erhöht werden.
Auf parlamentarischer Ebene wird die Integration des kompletten Sonderfahrdienstes in
einen Verkehrsträger – vorzugsweise die BVG – erwartet (vgl. Beschluss des Hauptausschusses vom 12.03.2003).
Der Senat sieht in der Integration des Sonderfahrdienstes in die BVG die einmalige Chance
zur Sicherstellung der Mobilität für alle behinderten Menschen. Es besteht jedoch Klarheit
darüber, dass ein Teil der heutigen Telebusnutzer trotz behinderengerechten Ausbaus des
63
ÖPNV wegen der besonderen Schwere der Behinderung und der Wohnsituation auch in
Zukunft auf einen besonderen Fahrdienst mit Treppenhilfe angewiesen sein wird.
Es wird unter Beteiligung einer Beratungsgesellschaft, des Landesbeauftragten für Behinderte, des Berliner Zentralausschusses sowie weiterer Vertreter aus der Behindertenarbeit
im Zusammenhang mit dem Sonderfahrdienst (u. a. Landesbeirat für Behinderte, Qualitätsbeirat, Betroffenenvertreter) ein gemeinsames Konzept zur Weiterentwicklung des Sonderfahrdienstes von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz
und der BVG entwickelt. Ziel des Senats ist die Integration des Sonderfahrdienstes in die
BVG und die Erzielung struktureller Einsparungen. Dabei werden alle übrigen Verkehrsunternehmen in Berlin (z. B. S-Bahn, DB Regio) bei der Entwicklung des Konzepts und seiner
Umsetzung einbezogen werden.
Dem Hauptausschuss wurde über die Arbeit der Projektgruppe berichtet, zuletzt in der
Hauptausschusssitzung am 16.06.2004. Es wird ein abschließendes und tragfähiges Konzept zur Weiterentwicklung des Systems und zur Umsetzung der Veränderungsüberlegungen bis Ende 2004 vorgelegt.
Entsprechend des nunmehr verabredeten Zeitplans ist eine endgültige Realisierung des
tragfähigen Gesamtkonzepts zur Weiterentwicklung des Sonderfahrdienstes zum
30.06.2005 geplant.
T 114:
Das Land Berlin finanziert seit über 20 Jahren den Telebus-Fahrdienst, der Fahrten zur Teilhabe am Leben in
der Gemeinschaft (Freizeitfahrten) für diejenigen Schwerbehinderten durchführt, die außerstande sind, den
öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu benutzen. Der hohe finanzielle Aufwand für diese soziale Sonderleistung Berlins außerhalb des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) veranlasste den Rechnungshof bereits 1984,
dem Abgeordnetenhaus zu berichten und Möglichkeiten zur Kostensenkung aufzuzeigen (Jahresbericht Rechnungsjahr 1982 T 172 bis 199). Nach erneuter Prüfung im Jahr 1992 berichtete er, dass die Ausgaben weiterhin
überproportional auf fast 17 Mio. € im Jahr 1991 angestiegen waren und auch 1993 noch 15,8 Mio. € betrugen.
Er forderte wiederum erhebliche Einsparungen und unterbreitete entsprechende Vorschläge (Jahresbericht 1994 T 333 bis 355). Eine aktuelle Prüfung ergab, dass die Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und
Verbraucherschutz nach wie vor wesentliche Einsparpotenziale ungenutzt lässt. Überdies waren weiterhin gravierende Mängel in der Zuwendungspraxis zu beanstanden, die finanzielle Nachteile für Berlin verursachen. Die
extreme Haushaltsnotlage Berlins zwingt nunmehr dazu, vorrangig zu prüfen, ob der Telebus-Fahrdienst einzustellen ist, zumal zwischenzeitlich der ÖPNV zunehmend behindertengerecht ausgestaltet ist.
zu T 114:
Der dargestellte Sachverhalt berücksichtigt nicht zwischenzeitlich eingetretene Strukturänderungen, beispielsweise durch sich aus der Wiedervereinigung ergebenden Veränderungen, vor allem auch in den Berechtigtenzahlen.
Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz hat das durch im
Landesgleichberechtigungsgesetz (LGBG) verankerte Recht auf gesellschaftliche Teilhabe
von Menschen mit Behinderungen und die Vorgaben zur Durchführung eines besonderen
Fahrdienstes (geregelt in einer entsprechenden Verordnung zur Vorhaltung eines besonderen Fahrdienstes gemäß § 9 Abs. 2 LGBG) zu beachten und umzusetzen.
Eine Entscheidung über die Einstellung des Fahrdienstes liegt somit in der Entscheidungsgewalt des Abgeordnetenhauses von Berlin.
Der Senat hat sich unter Hinweis auf behindertenpolitische Abwägungen mit dem Beschluss über die Finanzplanung 2003 bis 2007 für eine grundsätzliche Fortführung eines
Behindertenfahrdienstes entschieden. Das Abgeordnetenhaus von Berlin ist dieser Entscheidung mit der Verabschiedung des Doppelhaushalts 2004/2005 gefolgt.
T 115:
Mit der Durchführung des Telebus-Fahrdienstes ist der Berliner Zentralausschuss für soziale Aufgaben e. V.
(BZA) betraut, dessen Mitglieder die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Berlin sind. In den letzten
64
Jahren erhielt der Verein zur Aufgabenerfüllung jeweils Zuwendungen von 13,7 Mio. €; für das Jahr 2003 noch
12,5 Mio. €. Der BZA schließt mit Beförderungsunternehmern Verträge über den Einsatz behindertengerechter
Kleinbusse und Taxen (Telebusse und Teletaxen) und rechnet mit ihnen die Leistungen ab. Er betreibt eine
Steuerungszentrale, die die telefonischen Fahrtwünsche der Telebus-Berechtigten entgegennimmt, zu einer
Routenplanung verarbeitet und über Funk die Disposition der Fahrzeuge vornimmt. Fahrtwünsche werden in
der Zeit von 5.00 Uhr morgens bis 1.00 Uhr nachts erfüllt. Die Beförderung umfasst Abholung und Rücktransport zum vereinbarten Zeitpunkt mit Tür-zu-Tür-Service einschließlich Treppentransporten und weiteren Assistenzleistungen. Zusätzlich können die Telebus-Berechtigten im Rahmen eines Taxi-Konto-Systems auch normale Taxen selbst bestellen; sie erhalten die Taxi-Kosten bis zur Höhe von 153,39 € pro Monat vom BZA erstattet. Der BZA hat von den Nutzern des Fahrdienstes eine Eigenbeteiligung zu erheben, die die jeweils geltenden
Tarife im ÖPNV nicht überschreiten darf. Dabei sind jedoch Befreiungs- und Ermäßigungstatbestände vorgesehen. Der BZA übernimmt im Rahmen des Telebus-Fahrdienstes auch Fahrten, die außerhalb der eigentlichen
Zweckbestimmung liegen, wie Fahrten zum Arzt oder zur Arbeit. Hieraus erzielt er Einnahmen von Kostenträgern (Sozialversicherungsträgern).
zu T 115:
Die Sachdarstellung des Rechnungshofs bedarf keiner Stellungnahme des Senats.
T 116:
Der Senat hatte bereits 1991 in seinen finanzpolitischen Leitlinien festgelegt, dass Leistungsvorsprünge abzubauen sind. Der Rechnungshof hat in seinem Jahresbericht 1994 darauf hingewiesen, dass der TelebusFahrdienst einen solchen Leistungsvorsprung gegenüber anderen deutschen Städten darstellt und eine
erhebliche finanzielle Dauerbelastung bedeutet. Er hat aktuell ermittelt, dass z. B. Bremen von 2004 an im
Rahmen einer Härtefallregelung grundsätzlich nur noch finanzielle Leistungen im Umfang von 275 000 € für
ca. 140 Personen vorsieht. Hamburg fördert einen Sonderfahrdienst für Schwerstmehrfachbehinderte. Die Gesamtkosten betrugen im Jahr 2001 615 000 €. Von 1 829 Berechtigten nutzen dort 327 den Sonderfahrdienst
regelmäßig. In Berlin beträgt die Zahl der Berechtigten fast 40 000, von denen allerdings weniger als ein Drittel
den Telebus-Fahrdienst nutzt. Die für Soziales zuständige Senatsverwaltung hält Vergleiche der Sonderfahrdienste in anderen Bundesländern für wenig hilfreich. Die alleinige Betrachtung von Nutzerzahlen könne nicht
ausreichen, um die Besonderheiten der Berliner Situation auch in finanzieller Hinsicht abzubilden. Im Übrigen
bleibe dabei auch die Gesetzesvorgabe für den Berliner Sonderfahrdienst unberücksichtigt.
zu T 116:
Hinsichtlich der Darstellung von unterschiedlichen Sonderfahrdienstsystemen sind die Angaben des Rechnungshofs zutreffend. Vergleiche der Sonderfahrdienstsysteme in anderen
Bundesländern sind wenig aussagefähig. Die alleinige Betrachtung von Nutzerzahlen und
Gesamtkosten kann nicht ausreichen, um die Besonderheiten der Berliner Situation (Berechtigtenzahlen, Einsatzgebiet, Bedienung von sogenannten Kostenträgerfahrten, Fahrtkosten, Eigenbeteiligungsregelungen, Fahrzeiten, Verkehrssituation usw.) auch in sozialpolitischer, rechtlicher und finanzieller Hinsicht abzubilden.
Im übrigen bleibt auch auf die Gesetzesvorgabe für den Berliner Sonderfahrdienst hinzuweisen.
T 117:
Überlegungen, zur notwendigen Haushaltskonsolidierung den Telebus-Fahrdienst einzustellen, stoßen derzeit
an Grenzen. Nach § 9 Abs. 2 Landesgleichberechtigungsgesetz (LGBG) vom 17. Mai 1999 ist ein besonderer Fahrdienst vorzuhalten. Näheres hat die für Soziales zuständige Senatsverwaltung mit Verordnung vom
31. Juli 2001 geregelt. In Anbetracht der durch das Gesetz bedingten erheblichen Ausgaben verweist der
Rechnungshof aber auf den Bericht der vom Senat eingesetzten Expertenkommission Staatsaufgabenkritik.
Diese hat allgemein vorgeschlagen, Leistungs- und Programmgesetze, mit denen fachpolitische Besitzstände
verfestigt wurden und die den zum Zeitpunkt ihres Entstehens finanzierbaren Standard widerspiegeln, zu überprüfen (II. Vorschlag 4 Überprüfung des Berliner Leistungskataloges). Der Senat hat diesem Vorschlag grundsätzlich zugestimmt.
Vor dem Hintergrund des zunehmend behindertengerechten ÖPNV und der extremen Haushaltsnotlage des
Landes regt der Rechnungshof eine Initiative zur Aufhebung von § 9 Abs. 2 LGBG an. Die Gesetzesänderung
würde nicht bedeuten, dass Schwerbehinderten eine Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft versagt würde.
Zum einen ist seit Jahren parallel zum Telebus-Fahrdienst ebenfalls mit sehr hohem finanziellen Aufwand der
ÖPNV zunehmend behindertengerecht ausgebaut worden, sodass auch Rollstuhlfahrer grundsätzlich Busse
und Bahnen benutzen können. Zum anderen können die Kosten für Freizeitfahrten mit speziellen Behindertenbussen ggf. nach § 40 Abs. 1 Nr. 8 BSHG i. V. m. § 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX - wenngleich in geringerem Umfang - übernommen werden.
65
Unabhängig hiervon wird der Senat alle Einsparpotenziale zu nutzen haben, um die Ausgaben für den Telebus-Fahrdienst abzusenken. Hierzu gibt der Rechnungshof im Folgenden Hinweise.
zu T 117:
Bezüglich der Aussagen zur Haushaltskonsolidierung, dem Stand des Ausbaus des ÖPNV
sowie einer möglichen Gesetzesänderung zur Einstellung des Sonderfahrdienstes wird auf
die bereits gemachten Ausführungen, insbesondere die Beschlüsse des Parlaments (mittelfristige Finanzplanung, Entscheidung des Hauptausschusses vom 12.03.2003) und die aktuellen Überlegungen zur Entwicklung von Perspektiven für den Sonderfahrdienst im Sinne
eines in den ÖPNV integrierten Modells verwiesen.
Aufgrund der bestehenden extremen Haushaltsnotlage ist es selbstverständlich, dass der
Senat unter den gegebenen Umständen alle nur erdenklichen Anstrengungen unternehmen
wird, die Ausgaben für den Telebus-Fahrdienst abzusenken. Hinweise zur Ausgabensenkung werden dabei gerne aufgenommen.
T 118:
Bereits in seinem Jahresbericht Rechnungsjahr 1982 hatte der Rechnungshof zur Senkung der Kosten des
Telebus-Fahrdienstes vorgeschlagen, die Fahrtenhäufigkeit zu begrenzen (Kontingentierung). Diesem Vorschlag war die Senatsverwaltung nur scheinbar gefolgt. Sie hatte die Anzahl der Fahrten je Berechtigten auf
50 pro Monat festgelegt, einen Wert, den zuvor überhaupt nur ein Nutzer des Telebus-Fahrdienstes erreicht
hatte. Erst unter dem Eindruck des steilen Ausgabenanstiegs setzte sie im Jahr 1987 ein Kontingent von
24 Fahrten pro Monat fest, nahm diese Beschränkung nach massiven Protesten jedoch bald darauf wieder
zurück. In der Verordnung zu § 9 Abs. 2 LGBG hat die Senatsverwaltung nunmehr auf jegliche Beschränkung
der Fahrtenhäufigkeit verzichtet.
Im Rahmen seiner aktuellen Prüfung hat der Rechnungshof festgestellt, dass der BZA ein privates Beratungsunternehmen mit der Untersuchung der Wirtschaftlichkeit des Telebus-Fahrdienstes beauftragt hat. In dessen
Bericht vom Juli 2002 wird zur Kostensenkung ebenfalls eine Kontingentierung der Fahrten empfohlen. Das
Beratungsunternehmen beziffert die Einsparung bei einer Beschränkung auf 20 Fahrten pro Monat auf
2,6 Mio. € jährlich. Es weist ferner darauf hin, dass dies für 90 bis 95 v. H. der Nutzer nicht einmal eine Einschränkung bedeuten würde, weil sie monatlich ohnehin nicht mehr Fahrten beanspruchen.
zu T 118:
Hinsichtlich der eigenverantwortlichen Beauftragung eines Wirtschaftsprüfungsunternehmens durch den BZA wird angemerkt, dass die Fragestellungen des BZA als Grundlage für
die Beauftragung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nicht zielführend waren. Darauf hatte
die Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz den BZA seinerzeit
rechtzeitig auch mehrfach hingewiesen. Insofern fielen auch die Ergebnisse der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erwartungsgemäß aus. Die teilweise Umsetzung der Vorschläge mündeten in Misserfolge (beispielsweise bei der Durchführung eines sogenannten Produktivitätstests). Dies hätte bei besserer Vorbereitung des BZA und Abstimmung mit der
zuständigen Senatsverwaltung vermieden werden können.
Darüber hinaus wurde im Rahmen des laufenden Projektes zum Thema Kontingentierung
herausgefunden, dass es wirkungsvoller im Sinne einer Lenkungsmöglichkeit der Nutzerinnen und Nutzer ist, die Fahrten faktisch durch eine höhere Eigenbeteiligung bei einer höheren Fahrtenanzahl zu begrenzen. Nach den neueren Auswertungen der Beratungsgesellschaft würde eine Kontingentierung finanziell eher wenig Einsparpotenzial bedeuten (rund
94 T€) und die Lenkungswirkung in Richtung ÖPNV erheblich negativ beeinflussen.
Eine Beschränkung auf 20 Fahrten pro Monat verfehlt auch deshalb sein Ziel, weil die größte Häufigkeit der Fahrten bei rund 10 bis 12 Fahrten pro Monat liegt – und insofern enthält
die Stellungnahme des Rechnungshofs hier einen Widerspruch. Hier kann bei Abwägung
der realen (jedoch unerheblichen) finanziellen Folgen einer Kontingentierung gegenüber
dem Aufwand einer derartigen Regelung keine andere Entscheidung fallen.
66
Nach derzeitigem Erkenntnisstand wird es eine neue „Kontingentierung“ der Fahrten (durch
eine höhere Eigenbeteiligungsregelung pro Fahrt) geben, die voraussichtlich stärker kos-
tendämpfend wirkt als bisher.
T 119:
In seinem Jahresbericht 1994 hatte der Rechnungshof beanstandet, dass die Senatsverwaltung trotz der erkannten erheblichen Ausgabensteigerungen an dem Taxi-Konto-System (T 115) als zusätzlichem Angebot
festgehalten hatte. Dieses zusätzliche Beförderungsangebot sollte nach der zwischenzeitlichen Einführung der
Kontingentierung auf 24 Fahrten laut Senatsverwaltung „zur Befriedung“ der protestierenden Telebus-Nutzer
führen. Es wurde aber trotz Rückkehr zu dem Kontingent von 50 Fahrten beibehalten. Die Ausgaben für das
Taxi-Konto-System betrugen im Jahr 2002 fast 2,5 Mio. €.
Der Rechnungshof verkennt nicht, dass das normale Taxi für die Beförderung von Telebus-Berechtigten noch
kostengünstiger als das Teletaxi ist, weil hier im Unterschied zu den im Auftrag des BZA fahrenden und von ihm
disponierten Teletaxen keine Kosten für Fehlfahrten zu übernehmen sind. Auch würde bei Wegfall dieser Beförderungsmöglichkeit keine Einsparung des vollen Betrages von 2,5 Mio. € zu erzielen sein, weil es dann wieder
zu einer stärkeren Inanspruchnahme der Telebusse und Teletaxen käme. Es hatte sich aber bereits damals
gezeigt, dass das Taxi-Konto-System nicht lediglich zu einer Umverteilung des Beförderungsbedarfs auf ein
weiteres Verkehrsmittel führt, sondern als zusätzliches Angebot eine zusätzliche Nachfrage auslöst. So war aus
einer früheren Statistik des BZA zu ersehen, dass die Zahl der Nutzer von Telebus und Teletaxen einschließlich
derjenigen, die zusätzlich das Taxi-Konto nutzten, gegenüber den Vorjahren kontinuierlich auf 4 176 angestiegen, darüber hinaus aber weitere 3 089 Personen hinzugekommen waren, die ausschließlich das Taxi-Konto
nutzten. Deshalb ist zu erwarten, dass sich bei Einstellung des Taxi-Konto-Systems geschätzte Einsparungen
von mindestens 1 Mio. € ergeben.
zu T 119:
Im Rahmen der Projektarbeit wurden auch bereits intensive Überlegungen zur Veränderung
bis hin zur Abschaffung des Taxikontos angestellt. Auf der Grundlage von aktuellen Datensätzen (Zahlen von 1993 sind heute nicht mehr relevant) wurde ermittelt, dass das Taxisystem inklusive Fahrleistung und Verwaltungsaufwand das bei weitem preiswerteste
Segment des Sonderfahrdienstes ist. Neben dem positiven Effekt der Flexibilität für die
Nutzerinnen und Nutzer ist der Verwaltungsaufwand (keine Disposition erforderlich) gering
und Fehlfahrten sind ausgeschlossen. Nach den vorhandenen Berechnungen sind keine
entsprechenden Einsparungen durch den Wegfall des Taxikontos zu erzielen, vielmehr ist
durch die Abwanderung der Nutzerinnen und Nutzer in die teureren Segmente mit Mehrkosten zu rechnen.
Im Projekt wurde davon ausgegangen, dass rund 40 v. H. der jetzigen Taxikontonutzer als
sogenannte Dualnutzer (Taxi und Telebus) komplett in das Telebus- bzw. Teletaxisegment
wechseln. Bei der Annahme, dass bei den Nur-Taxikontonutzern 25 v. H. der Vollzahler
und 15 v. H. der Zahler von reduzierten Eigenbeteiligungen keines der Sonderfahrdienstangebote mehr in Anspruch nehmen, entstehen Mehrkosten in Höhe von unkonsolidiert
rund 213.000 €. Je nach Veränderung des schwer abschätzbaren Verhaltens der Nutzerinnen und Nutzer, ergeben sich durch die Abwanderung der „Nur-Taxibenutzer“ in die teureren Segmente geringere oder höhere Mehrkosten. Einsparungen von bis zu 1 Mio. € erscheinen jedoch völlig unrealistisch.
T 120:
Entgegen der eigentlichen Zweckbestimmung werden mit dem Telebus-Fahrdienst auch andere Fahrten, insbesondere solche zum Arzt, zur Rehabilitation und zur Arbeit durchgeführt. In dem Bericht des vom BZA beauftragten Beratungsunternehmens wird das Verhältnis der Freizeitfahrten zu den anderen für das Jahr 2001 mit
67 v. H. zu 33 v. H. angegeben. Arzt-/Reha- und Arbeitsfahrten sind seinerzeit wegen der Möglichkeit, Einnahmen von Kostenträgern (Krankenkassen, Rentenversicherung) zu erzielen, mit aufgenommen worden. Allerdings ist nie überprüft worden, ob für diese Leistungen bei betriebswirtschaftlicher Berechnung Kostendeckung erreicht wird. Das Beratungsunternehmen sieht eher Anzeichen für eine Kostenunterdeckung, was angesichts der unzureichenden Datenlage beim BZA aber nicht konkret beziffert werden konnte. Auf jeden Fall verursachen diese anderen Fahrten neben zusätzlichem Dispositionsaufwand auch einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand durch die Abrechnung mit den Kostenträgern. Der Rechnungshof empfiehlt deshalb, diese Fahrten einzustellen oder sie allenfalls dann fortzusetzen, wenn sie zumindest kostendeckend durchgeführt werden
können.
67
zu T 120:
Den Hinweis des Rechnungshofs hat die Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und
Verbraucherschutz aufgenommen.
Die Besonderheit der Kostenträgerfahrten wurde in der Projektarbeitsgruppe umfangreich
erörtert, auch hinsichtlich Kostendeckung bzw. Gewinnerzielungsmöglichkeiten.
Hinsichtlich der Arztfahrten sind auch die Auswirkungen aus dem GMG zu berücksichtigen.
Seit 01.05.2004 sind die Arztfahrten aus dem System des Sonderfahrdienstes ausgegliedert worden. Der BZA hat mit den Krankenkassen eine gesonderte Vereinbarung zur
Durchführung dieser Fahrten und einen entsprechenden Vertrag mit der Firma Eranus zur
Realisierung der Fahrtwünsche geschlossen.
Die Fahrtwunschannahme, Disposition und Durchführung der Arztfahrten werden in einem
separaten Organisations- und Finanzierungskreislauf des BZA durchgeführt.
Für die übrigen Kostenträgerfahrten ist eine Ausgliederung aus dem System des Sonderfahrdienstes zum Ende diesen Jahres vorgesehen. Der Sonderfahrdienst wird demnach nur
noch zur Durchführung von sogenannten Privatfahrten (dem eigentlichen Kerngeschäft zur
Sicherung der gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen) zur Verfügung stehen. Die erforderlichen Vorbereitungen hierfür werden derzeit von der zuständigen
Senatsverwaltung getroffen.
T 121:
Die vom Telebus-Fahrdienst disponierten Verkehrsmittel verursachen unterschiedlich hohe Kosten. Am kostengünstigsten sind in aller Regel die Teletaxen, am teuersten die mit Fahrer und Beifahrer besetzten Telebusse („Doppelbusse“). Daran hat sich auch nach der nunmehr vom BZA mit den Busunternehmen vereinbarten
Absenkung der Beförderungsentgelte nichts geändert. Bereits in seinem Jahresbericht 1994 hatte der Rechnungshof gefordert, den auf Taxen umsetzbaren Telebus-Berechtigten die Benutzung der Telebusse nicht zu
gewähren, um Kosten zu sparen. Diese Forderung erhebt auch das Beratungsunternehmen. Es hat eine Entwicklung hin zur Benutzung des jeweils teureren Verkehrsmittels festgestellt und führt dies auf gestiegene Komfortansprüche der Telebus-Berechtigten zurück (Mitnahme eines Elektrorollstuhls, höhere Assistenzleistungen)
und auf die Tendenz des BZA, die nach Bereitstellungs-/Betriebsstunden bezahlten Telebusse besser auszulasten. Das Beratungsunternehmen hält eine Kosteneinsparung von 551 000 € jährlich für möglich, wenn die Beförderungsleistungen jeweils um 25 v. H. von den „Doppelbussen“ auf die (nur mit Fahrer besetzten) „Solobusse“ und von diesen auf die Teletaxen verlagert werden würden. Um dies zu erreichen, schlägt es eine je nach
Behinderungsgrad auf bestimmte Verkehrsmittel eingeschränkte Telebus-Berechtigung oder eine je nach Kostengrad des Verkehrsmittels unterschiedlich hohe Eigenbeteiligung vor. Der Rechnungshof empfiehlt, dieses
Einsparpotenzial endlich zu nutzen.
zu T 121:
Das Sonderfahrdienstsystem besteht aus vier Segmenten: Dem doppelt besetzten Telebus
mit Fahrer und Beifahrer (Doppelbus) zur Realisierung von Treppenhilfen, dem einfach besetzten Telebus (Solobus) für nicht-umsetzbare Rollstuhlbenutzer, dem Teletaxi (Großraumtaxen) und dem „normalen“ Taxi.
Das preisgünstigste System ist wie oben bereits erläutert das Taxisystem (nicht das Teletaxisystem).
Der Doppelbus ist das teuerste Segment durch die erhöhten Personalkosten. Selbstverständlich kann durch eine pauschale Absenkung der Stundenentgelte nicht das Rangverhältnis der Segmente verändert werden. Die Voraussetzung zur Wahl des Verkehrsmittels
sind zu beachten.
Den Hinweis auf gestiegene Komfortansprüche der Telebusberechtigten kann nicht unkommentiert bleiben. Die Mitnahme eines „sperrigen“ Rollstuhls und die Inanspruchnahme
von Assistenzleistungen im Zusammenhang mit der Beförderung geschieht aufgrund der
Behinderung und ist mithin erforderlich. Die unreflektierte Wiedergabe des angeblich festgestellten Entwicklungstrends hält die zuständige Senatsverwaltung mit Blick auf die Be-
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dürfnisse von Menschen mit Behinderungen, aber auch mit Blick auf tatsächlich realisierbare Einsparvorschläge für unangemessen.
Taxikontonutzer vom Telebussegment auszuschließen, ist ebenfalls ein Schritt in die falsche Richtung. Der glückliche Umstand, dass die Nutzerin/der Nutzer aufgrund des Schweregrades der Behinderung und der barrierefreien Wohnsituation grundsätzlich das Taxi benutzen kann, kann sie/ihn nicht davon ausschließen, Ziele zu erreichen, die nicht barrierefrei zugänglich sind und eine Treppenhilfe erforderlich machen. Eine derartige Ausgrenzung
ist sozialpolitisch nicht vertretbar.
Ebenso sozial bedenklich ist es, den schwerer behinderten Menschen durch eine Staffelung der Eigenbeteiligung nach Verkehrsmitteln zusätzlich durch eine höhere Eigenbeteiligung zu belasten, weil er mehr Hilfe benötigt als ein weniger Behinderter. Diese Abstufung
der Menschen nach Verkehrsmitteln lehnt die Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales
und Verbraucherschutz ab.
Im Rahmen der Projektarbeit wird auch die Frage der wirtschaftlichsten Nutzung der einzelnen Segmente unter Einbeziehung des geeigneten Beförderungsmittels im Sinne einer
verbesserten Einsatzplanung betrachtet. Hier sind nach derzeitigem Erkenntnisstand Optimierungspotenziale zu erwarten (rund 350 T€).
T 122:
Vermeidbare Kosten entstehen dadurch, dass Telebus-Berechtigte die bestellte Fahrt kurzfristig stornieren oder
von der Fahrt ohne Benachrichtigung Abstand nehmen. Zugleich sinkt die Beförderungsleistung.
Auch das Beratungsunternehmen sieht hier eine Einsparmöglichkeit. Es hat für die Jahre 2000 und 2001 einen
Anteil von 20 v. H. an Stornierungen und Fehlfahrten festgestellt (was dem langjährigen Mittelwert entspricht). Es weist darauf hin, dass auch Stornierungen, die nicht zu Fehlfahrten führen, einen zusätzlichen Personalaufwand in der Steuerungszentrale auslösen, da Routenpläne manuell verändert werden müssen. Es
schlägt vor, eine Stornogebühr einzuführen. Der Rechnungshof empfiehlt, darüber hinaus auch einen zumindest
zeitweiligen Ausschluss von der Beförderung zu prüfen. Das Beratungsunternehmen hält eine Verbesserung
der Beförderungsleistung von gegenwärtig 1,1 auf 1,5 Fahrgäste pro Stunde für möglich, wenn die Stornierungen reduziert und die Routenplanung optimiert würde. Es schätzt die zu erzielenden Einsparungen auf
3,2 Mio. € jährlich. Diese Schätzung erscheint dem Rechnungshof zwar zu optimistisch, aber auch ein geringeres Einsparvolumen sollte auf jeden Fall genutzt werden.
zu T 122:
In den rund 20 v. H. Stornierungen, die angeführt wurden, sind alle Umbuchungen, rechtzeitige Absagen, Stornos vor Disposition, Stornos am Fahrtag und Fehlfahrten und auch
durch Fuhrunternehmer verursachte Stornos (Mängel an den Bussen, krankheitsbedingt
fehlendes Fahrpersonal) enthalten. Der Anteil der am Fahrtag verursachten Stornierungen
im eigentlichen Sinne und Fehlfahrten liegt bei rund 2 v. H. (Stand Oktober 2003).
Es ist beabsichtigt, Stornogebühren gegenüber nutzerverursachten Stornierungen am Fahrtag zu erheben und Fehlfahrten zu sanktionieren. Kostenmäßig wird sich hier eher wenig
Potenzial ergeben (rund 45 T€ denkbar), es steht vielmehr der erzieherische Effekt im Vordergrund, der eine verbesserte Disposition ermöglicht und darüber Einsparpotenzial bietet.
Außerdem werden die Verträge der Fuhrunternehmen hinsichtlich der durch die Beförderungsunternehmen verursachten Stornierungen angepasst.
Der BZA hat im Frühjahr 2003 einen Versuch zur Optimierung mit zwei Fuhrunternehmern
gestartet. Der Auswertungsbericht für den Zeitraum bis 31.12.2003 wird in die Betrachtungen der Projektarbeitsgruppe einbezogen, die in der Optimierung der Routenplanung einen
Optimierungsansatz sieht. Die Beförderungskosten könnten nach derzeitigem Erkenntnisstand bei einer optimierten Routenplanung um rund 780 T€ sinken.
69
T 123:
Der Rechnungshof hat der Senatsverwaltung nahe gelegt, auch eine Reihe weiterer Kostensenkungsvorschläge des vom BZA beauftragten Beratungsunternehmens zu prüfen. So hält dieses eine Einsparung von
1,1 Mio. € jährlich allein dadurch für möglich, dass ein größeres „Zeitfenster“ bezogen auf die gewünschte Abholzeit in Kauf genommen wird. Ferner fordert es, die betriebswirtschaftliche Steuerung und Kostentransparenz
beim BZA zu verbessern und eine nach verschiedenen Gesichtspunkten differenzierte höhere Eigenbeteiligung
der Nutzer vorzusehen.
Die Senatsverwaltung hat bislang eine Auswertung des Berichts des Beratungsunternehmens abgelehnt, weil
es im Gegensatz zum BZA der Auffassung ist, keine finanzielle Zusage für die Beauftragung des Unternehmens
gegeben zu haben. Die ihr mitgeteilten Kostensenkungsvorschläge dieses Unternehmens wie auch die des
Rechnungshofs beurteilt sie überwiegend negativ.
zu T 123:
Die derzeitige Regelung des sogenannten Zeitfensters ist der Disposition des BZA und der
Verkehrssituation Berlins geschuldet. Der Nutzer muss bei seiner Abholzeit mit
+/- 15 Minuten Differenz rechnen, die auch heutzutage aufgrund der vor allem in Spitzenzeiten teilweise sehr schwierigen Verkehrslage in Berlin nicht immer eingehalten werden
kann. Das bedeutet im täglichen Geschäft, dass der Nutzer auch derzeit schon in Kauf
nehmen muss, bis zu eine halbe Stunde abholbereit (das bedeutet in der Regel komplett
angezogen) auf den Fahrdienst zu warten. Es sollte nicht vergessen werden, dass es hier
um die Beförderung von Menschen – zum Teil mit schwerwiegenden Behinderungen –
geht, die ihre Termine beispielsweise bei Theaterveranstaltungen auch entsprechend genau planen können müssen. Hier werden keine Handlungsspielräume gesehen.
Die Forderungen nach betriebswirtschaftlicher Steuerung und Kostentransparenz sind unklar.
Im Rahmen der Projektarbeit wird ein ausdifferenziertes Eigenbeteiligungssystem unter
Berücksichtigung der Gewährung der Grundversorgung, der Fahrtenhäufigkeit, der finanziellen Situation der Nutzer und vieles mehr entwickelt. Es werden die jetzigen Eigenbeteiligungsregelungen neu definiert.
Wie bereits zu T 118 ausgeführt, ist die Beauftragung des Wirtschaftsunternehmens durch
den BZA nachweislich ohne vorherige Abstimmung mit der zuständigen Senatsverwaltung
als Zuwendungsgeber erfolgt. Vorschläge und Ideen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
bzw. des BZA auf der Grundlage des sogenannten Gutachtens haben sich bereits kurzfristig als untragbar und unrealistisch herausgestellt. Unter Hinweis auf Nr. 1.3 AV § 44 LHO
wird keine Grundlage gesehen, die Ausgaben für das Gutachten nachträglich zu finanzieren.
T 124:
Die auf die Steuerungszentrale entfallenden Personal- und Sachausgaben betragen zurzeit 1,9 Mio. € jährlich.
Die Senatsverwaltung plant, die Aufgaben der Steuerungszentrale auf die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) zu
übertragen und erhofft sich dadurch (auch) Einsparungen. Der Rechnungshof hat Zweifel, ob dies zu einer
nennenswerten Kostensenkung führt. Er sieht die Gefahr, dass dieser Teil der Ausgaben für den TelebusFahrdienst lediglich nicht mehr identifizierbar sein wird, wenn er in die Zahlungen Berlins zur Deckung des Betriebsverlustes der BVG einfließt.
Eine deutliche Einsparung könnte sich dagegen ergeben, wenn die Senatsverwaltung die Beförderungsleistungen öffentlich mit der Maßgabe ausschreiben würde, dass die Fahrtwunschannahme und die Disposition der
Fahrzeuge (ähnlich wie bei Taxi-Funkbetriebszentralen) mit zu übernehmen ist und dass nach durchgeführten
Fahrten statt nach Bereitstellungs-/Betriebsstunden vergütet wird. Letzteres empfiehlt auch das Beratungsunternehmen. Eine öffentliche Ausschreibung ist im Übrigen nach § 55 LHO und insbesondere §§ 97 ff. Gesetz
gegen Wettbewerbsbeschränkungen geboten.
zu T 124:
Die Projektstudie sieht nach wie vor die erwarteten Synergieeffekte durch die Aufgabenwahrnehmung des operativen Geschäfts durch einen öffentlichen Verkehrsträger. Zusammen mit den behindertengerechten Angeboten von Bus, Tram und U-Bahnbereich gibt es
70
nur einen natürlichen Partner für die Verknüpfung von Sonderfahrdienst und ÖPNV, der auf
der Grundlage vorhandener Angebote und weiterer Qualitäts- und Angebotsverbesserungen mit den entsprechend optimierten Informationsmedien die notwendigen Kostenentlastungen im Gesamtsystem bringen kann. Da auch die weitergehenden Überlegungen zu den
Personalkosten und Sachkosten der Regieebene im Einzelnen noch nicht abgeschlossen
sind, wird der Beurteilung des Rechnungshofs nicht zugestimmt.
Im Zusammenhang mit den geplanten Strukturänderungen des Sonderfahrdienstsystems
werden die Subunternehmerverträge mit den Fuhrunternehmern neu ausgeschrieben.
Auch die Projektarbeitsgruppe sieht im Bereich der Durchführung der Fahrleitung durch
Subunternehmer Einsparpotenziale, allerdings ist derzeit noch nicht abschließend geprüft,
welche Vorschläge zur Einsparung (z. B. Streichung der An- und Abfahrtszeit, Reduzierung
der Stundenentgelte, Konzentration der Subunternehmerstruktur, Umstellung der Fahrtkosten von Brutto- auf Nettokosten) realisiert werden können. Die Anregung des Rechnungshofs wird aufgenommen.
Sowohl das Land Berlin, vertreten durch die zuständige Senatsverwaltung als auch das
Parlament und nicht zuletzt auch der künftige Vertragspartner hat ein Interesse daran, die
weiterhin anfallenden Steuerungskosten nachweisbar zu benennen.
T 125:
Der Rechnungshof hat ferner beanstandet, dass die Senatsverwaltung gegen das Zuwendungsrecht verstößt.
Zuwendungen an Stellen außerhalb der Verwaltung Berlins werden zur Erfüllung bestimmter Zwecke gewährt
(§§ 23, 44 LHO). Aus dieser Zukunftsbezogenheit folgt, dass die Bewilligungsbehörde den Zuwendungsbescheid grundsätzlich vor Inangriffnahme der geförderten Maßnahme, bei Dauerförderung vor Beginn des jeweiligen Bewilligungszeitraums, zu erlassen hat. Erfordert die Prüfung des Zuwendungsantrags wider Erwarten
mehr Zeit, weil nicht alle Einzelheiten rechtzeitig geklärt werden können, so kann die Bewilligungsbehörde zunächst einen vorläufigen Bescheid über eine Teilsumme erlassen (Vorschussbescheid), wenn an der positiven
Bescheidung an sich keine Zweifel bestehen.
Die Senatsverwaltung hat hingegen geduldet, dass der BZA seinen Zuwendungsantrag jeweils erst im April
oder Mai des laufenden Jahres (Bewilligungszeitraum) gestellt hat. Die Antragsprüfung hat sie zögerlich vorgenommen, indem sie mit dem BZA einen zeitaufwändigen Schriftwechsel über Einzelpositionen seines Finanzierungsplans führte und ihm dann ein von seinem Antrag abweichendes „Angebot für die Zuwendung ... (Jahr)“
unterbreitete. Um zwischenzeitlich die Fortführung des Telebus-Fahrdienstes finanziell zu gewährleisten, erließ
sie monatliche Vorschussbescheide. Den endgültigen Zuwendungsbescheid hat sie regelmäßig erst im November, also gegen Ende des Bewilligungszeitraums, erlassen. Dies hatte zur Folge, dass der BZA die von ihm
beantragten Ausgaben jeweils leistete, die Senatsverwaltung einen Teil dieser Ausgaben später im Zuwendungsbescheid aber nicht oder nicht in der beantragten Höhe als zuwendungsfähig anerkannte. Daraus ergaben sich Rückforderungsansprüche Berlins, die jedoch nicht durchsetzbar sind. Abgesehen davon, dass eine
gerichtliche Geltendmachung wegen der verspäteten Bescheiderteilung kaum Aussicht auf Erfolg haben dürfte,
scheitert eine Durchsetzung daran, dass die den BZA tragenden Wohlfahrtsverbände den Verein nicht mit haftendem Eigenkapital ausgestattet haben. Dies ist seit Jahrzehnten bekannt. Die damaligen Rückforderungsansprüche von 442 000 € musste die Senatsverwaltung wegen Uneinbringlichkeit niederschlagen. Umso mehr
hätte die Senatsverwaltung Bescheide rechtzeitig erteilen müssen, um eine zweckentsprechende Mittelverwendung so weit wie möglich sicherzustellen. Die verspätete Bescheiderteilung hatte der Rechnungshof im Übrigen
bereits in seinem Jahresbericht 1994 beanstandet.
zu T 125:
Die Ausführungen des Rechnungshofs zum Zuwendungsverfahren bedürfen der Klarstellung. Die Erteilung des Bescheides ist im Falle des Sonderfahrdienstes nicht nur von der
inneren Verwaltungsorganisation abhängig, sondern vor allem auch von außen wirkenden
Faktoren. Beispielsweise waren die Auswirkungen der Tarifänderungen im Jahr 2003 (Berliner Tarifvertrag und dessen Anwendung auf Zuwendungsempfänger) lange unklar. Für
2004 machten beispielsweise die unklaren Auswirkungen der vom Bundesgesetzgeber
veranlassten Gesundheitsreform eine Bescheiderteilung im voraus unmöglich.
Auch für 2002 ließen sich die Grundlagen nicht früher klären – nicht zuletzt durch die verzögerte Vorlage der vollständigen Antragsunterlagen des BZA. Trotzdem bestand an der
positiven Bescheiderteilung kein Zweifel, daher konnte die laufende Finanzierung über zu-
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wendungsrechtlich zulässige Vorschussbescheide gesichert werden. Die strittigen Punkte
wurden dem BZA rechtzeitig im Vorfeld mitgeteilt, so dass er nicht darauf vertrauen konnte,
dass die Ausgaben in der beantragten Höhe anerkannt werden. Hierzu hat es Ende des
Jahres 2002 ein Gespräch mit dem Rechtsanwalt des BZA gegeben, der die Auffassung
der zuständigen Senatsverwaltung bestätigte, so dass der BZA zu dem Bescheid mit seinen Einzelpositionen sein Einverständnis erklärte.
T 126:
Schon vor seiner aktuellen Prüfung hatte der Rechnungshof im Oktober 2000 beanstandet, dass die Senatsverwaltung die vom BZA fristgerecht eingereichten Verwendungsnachweise für die Jahre von 1994 an nicht
geprüft hatte, und die unverzügliche Prüfung angemahnt. Im Juni 2003 hatte die Senatsverwaltung erst die
Verwendungsnachweise für 1994 und 1995 abschließend geprüft und (Teil-)Rückforderungsbescheide erlassen, gegen die der BZA Klage erhoben hat. Die Verwendungsnachweisprüfung für die Jahre 1996 bis 1998
dauerte noch an, die Verwendungsnachweise für 1999 bis 2001 befanden sich noch im Stadium der Vorprüfung
durch die Bewilligungsstelle.
Der Rechnungshof hat die Senatsverwaltung aufgefordert, für eine ordnungsgemäße Prüfung der Zuwendungen in fast dreistelliger Millionenhöhe zu sorgen.
zu T 126:
Die zeitlich verzögerte Verwendungsnachweisprüfung ist zu bedauern. Eine zeitnähere
Prüfung war aber nicht realisierbar, da neben der damaligen besonderen Personalsituation
innerhalb der zuständigen Prüfstelle der Zuwendungsempfänger die erforderlichen Auskünfte und Belege durchgängig mit großer Verzögerung und erst nach mehrmaligen gezielten Aufforderungen vorgelegt hat.
Die Feststellung des Rechnungshofs, dass 82 v. H des jährlichen Zuwendungsvolumens
ungeprüft geblieben sind, kann aufgrund des Zuwendungszweckes nicht zutreffen.
Das reine Zahlenwerk kann anhand der Statistik nachvollzogen und berechnet werden.
Nicht prüfbar ist jedoch die Erfassung und die Buchung bei der Disposition der Fahrten mit
der Abrechnung der durchgeführten Fahrten an sich. Ob das reine Zahlenwerk stimmig ist,
kann geprüft werden. Nicht prüffähig ist jedoch, ob die Fahrten tatsächlich erfolgt sind und
ob die tatsächlich erfolgte Art der Beförderungsleistungen zur Abrechnung gelangte, es sei
denn, man ist bei der Buchung und bei den durchgeführten Fahrten zugegen und kontrolliert dann deren Abrechnung. An diesen Stellen muss bei der Prüfung auf die Richtigkeit
des Zahlenwerkes „vertraut“ werden.
Bislang war die diesbezüglich abgerechnete Anzahl aller Fahrten mit der Anzahl der Berechtigten von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz für
stimmig erklärt worden. Die systemische Erfassung von der Disposition bis zur Abrechnung
der Fahrten an sich dürfte wohl kaum in Frage gestellt werden. Der Ablauf der Arbeitsschritte ist der zuständigen Bewilligungsstelle hinlänglich bekannt und wurde bisher auch vom
Grundsatz nicht beanstandet.
Es ist folglich offenkundig, dass eine Prüfung der abgerechneten Einzelfahrten bei der Verwendungsnachweisprüfung faktisch unmöglich ist. Selbst bei einer Kontrolle vor Ort, kann
nicht mehr als die Stimmigkeit des Zahlenwerkes kontrolliert werden. Ob die Fahrten tatsächlich in dem abgerechneten Umfang stattfanden, ist im Nachhinein nicht mehr feststellbar. Selbst der Rechnungshof hat nach seiner überaus detaillierten Prüfung der Arbeit des
Telebus-Fahrdienstes nicht die Logistik des Abrechnungssystem an sich in Frage gestellt.
Im übrigen sind bislang keine Umstände bekannt geworden, die darauf schließen lassen,
dass nicht durchgeführte Fahrten abgerechnet wurden.
Eine Verbesserung zur Abarbeitung von Prüfungsrückständen wird angestrebt. Die ordnungsgemäße Prüfung der Verwendungsnachweise ist gewährleistet.
72
T 127:
Zusammenfassend beanstandet der Rechnungshof, dass die für Soziales zuständige Senatsverwaltung die
vom Rechnungshof überwiegend bereits in früheren Jahresberichten aufgezeigten Einsparpotenziale von mindestens 5 Mio. € jährlich beim Telebus-Fahrdienst für Freizeitfahrten Schwerbehinderter nicht zur Senkung der
hohen jährlichen Ausgaben genutzt hat und durch eine nach wie vor mangelhafte Zuwendungspraxis finanzielle
Nachteile für Berlin verursacht.
Der Rechnungshof empfiehlt, dass der Senat die Einstellung des Telebus-Fahrdienstes prüft, zumindest aber
alle Einsparpotenziale nutzt, um die Ausgaben erheblich zu senken.
zu T 127:
Dem Vorwurf der mangelhaften Zuwendungspraxis, durch die finanzielle Nachteile für das
Land Berlin entstanden wären, kann nicht gefolgt werden. Die Senatsverwaltung prüft nicht
nur neue Wege und Einsparpotenziale, sondern setzt bereits erhebliche Einsparungen um.
Wie bereits ausführlich dargestellt wurde, entspricht die Einstellung des Sonderfahrdienst
weder der Gesetzesvorgabe noch dem Beschluss des Senats zur Weiterentwicklung des
Sonderfahrdienstes für Menschen mit Behinderungen.
2.
Schwere Mängel bei der treuhänderischen Verwaltung und Vergabe von Zuwe nd u n g s m i t t e l n B e r l i n s d u r c h d i e S p i t z e n ve r b ä n d e d e r W o h l f a h r t s p f l e g e
Die für Gesundheit und Soziales zuständige Senatsverwaltung hat die ihr obliegende Förderung
von Hilfeangeboten freier Träger auf die sechs in der „Liga“ zusammengeschlossenen Spitzenve rbände der freien Wohlfahrtspflege in Berlin übertragen. Die Liga -Verbände sollen Haushaltsmittel
Berlins von insgesamt 93,7 Mio. € treuhänderisch verwalten und kraft Beleihung durch gemeinsame
Zuwendungsbescheide an die freien Träger vergeben. Die Liga -Verbände haben die vertraglich
übernommenen Aufgaben auf einen Verband delegiert, der sich dieser Aufgaben seinerseits wei tgehend durch Beauftragung eines Geschäftsbesorgers entledigt hat. Das Zuwendungsverfahren
weist erhebliche Mängel auf; eine abschließende Prüfung der Verwendu ngsnachweise fand bisher
nicht statt. Die Senatsverwaltung hat ihre Fachaufsicht nicht ausre ichend wahrgenommen.
T 128:
Die für Gesundheit und Soziales zuständige Senatsverwaltung hat die ihr obliegende Aufgabe, soziale und
gesundheitliche Hilfeangebote freier Wohlfahrtsträger durch öffentliche Zuwendungen zu fördern, in großem
Umfang auf die in der „Liga“ zusammengeschlossenen Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege in Berlin
(im Folgenden: Liga-Verbände) übertragen. Im Anschluss an einen entsprechenden Vertrag vom 21. Juni 1996
sieht der aktuelle „Liga-Vertrag“ vom 18. September 2000 vor, dass den Liga-Verbänden für den Zeitraum vom
1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2005 Haushaltsmittel Berlins von insgesamt 93,7 Mio. € zur Verwaltung
und Vergabe im eigenen Namen nach vereinbarten Grundsätzen zur Verfügung gestellt werden. Im Vertrag hat
die Senatsverwaltung den Liga-Verbänden zugleich die Befugnis eingeräumt, die Zuwendungen an die freien
Träger in den Handlungsformen des öffentlichen Rechts, d. h. in der Regel durch Zuwendungsbescheid, zu
vergeben (Beleihung). Für die Durchführung des Vertrages erhalten die Liga-Verbände eine pauschale Vergütung von jährlich 389 000 €, die sie vereinbarungsgemäß von den Zuwendungsmitteln einbehalten.
In seinem Jahresbericht 2002 (T 231 bis 243) hatte der Rechnungshof berichtet, dass den Liga-Verbänden in
den beiden Liga-Verträgen auch gestattet worden ist, sich für ein sog. Projekt „Offene Sozialarbeit“ eine „Große
Zuwendung“ von jährlich bis zu 6 Mio. € selbst zu bewilligen. Er hatte dies als unzulässige bedarfsunabhängige
Globalbezuschussung der Liga-Verbände beanstandet. In einer weiteren Prüfung hat sich der Rechnungshof
nun mit der treuhänderischen Vergabe der übrigen Zuwendungsmittel Berlins durch die Liga-Verbände an die
einzelnen freien Träger befasst. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse geben Anlass zu erneuter Berichterstattung.
zu T 128:
Die Sachdarstellung des Rechnungshofs bedarf keiner Stellungnahme des Senats.
T 129:
Die Befugnis, Berlin obliegende Aufgaben bei der Gewährung von Zuwendungen in den Handlungsformen des
öffentlichen Rechts wahrzunehmen, kann nach § 44 Abs. 3 LHO juristischen Personen verliehen werden, wenn
daran ein erhebliches Interesse Berlins besteht und die sachgerechte Erfüllung der übertragenen Aufgaben
gewährleistet ist.
73
Von dieser Ausnahmeregelung hat die Senatsverwaltung in einer atypischen Weise Gebrauch gemacht, indem
sie im Liga-Vertrag die sechs Liga-Verbände beliehen hat, ohne ihnen jeweils einen eigenen Zuständigkeitsbereich oder einen abgegrenzten Kreis von Zuwendungsempfängern zur alleinigen Aufgabenwahrnehmung
zuzuweisen. Tatsächlich nehmen nicht alle Liga-Verbände die übertragenen Aufgaben wahr. Sie haben vielmehr die Vertragsdurchführung auf einen Verband, die Arbeiterwohlfahrt Landesverband Berlin e. V. (AWO),
delegiert. Die AWO erlässt zwar die Zuwendungsbescheide allein, gibt als Aussteller aber die „Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege in Berlin“ an, wobei die einzelnen Liga-Verbände in einer klein gedruckten
Unterzeile aufgeführt sind.
Es mag hier dahinstehen, ob der Erlass eines Zuwendungsbescheides in dieser Form verwaltungsrechtlich
zulässig ist. Jedenfalls ist zu beanstanden, dass fünf der sechs Liga-Verbände die ihnen übertragenen Aufgaben nicht selbst erfüllen, insbesondere am Erlass der Zuwendungsbescheide gegenüber den freien Trägern
nicht beteiligt sind. Eine eigene Aufgabenerfüllung, wie sie § 44 Abs. 3 LHO für eine Beleihung zur Voraussetzung macht, ist damit nicht gegeben. Die Beleihung ist an die besondere Sachkunde und Zuverlässigkeit des zu
Beleihenden gebunden. Dies bedingt eine persönliche Aufgabenerfüllung. Die Senatsverwaltung hat somit gegenüber den fünf Liga-Verbänden, die die vertraglich übernommenen Aufgaben auf die AWO delegiert haben,
die Beleihung zu widerrufen.
zu T 129:
Die Beleihung aller sechs LIGA-Verbände ist rechtlich statthaft. Die Senatsverwaltung für
Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz vertritt die rechtliche Position, dass die LIGA
als Zusammenschluss der bekannten Wohlfahrtsverbände eine Gesellschaft bürgerlichen
Rechts im Sinn der §§ 705ff BGB ist. Die GbR ist nach neuerer Rechtssprechung (Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29.01.2001) (teil-) rechtsfähig, soweit sie
als Außengesellschaft am Rechtsverkehr teilnimmt. In Anwendung der zu
Art. 19 Abs. 3 GG entwickelten Auslegung des öffentlich-rechtlichen Begriffs der "juristischen Person" ist die LIGA im Sinn des § 44 Abs. 3 LHO als "juristische Person" anzusehen.
Es ist aber auch nach der bisherigen Rechtssauffassung, dass eine GbR keine juristische
Person ist, kein Verstoß gegen § 44 Abs. 3 LHO feststellbar. Träger der Rechte und Pflichten bleiben die einzelnen Gesellschafter. Ihr Auftreten unter dem gemeinsamen Gesellschaftsnamen ist zulässig und üblich, wenn offen gelegt ist, wer die einzelnen Gesellschafter sind, dies ist beispielsweise in der Anlage 5 des Vertrages (Muster „Zuwendungsbescheid“) gegeben.
Die Feststellung, dass fünf der sechs LIGA-Verbände die ihnen vertraglich übertragenen
Aufgaben nicht selbst erfüllen, bedarf der Klarstellung. Die federführende Wahrnehmung
einzelner Vertragsaufgaben durch die AWO nach Vertragsinhalt und -praxis bedeutet nicht,
dass diese die nach dem Vertrag nur allen Verbänden zustehenden Befugnisse unzulässig
allein ausübt. Vielmehr werden die Aufgaben gemeinsam getragen und dem Vertragspartner und allen Beteiligten gegenüber verantwortet. Die AWO handelt auf Grund einer
Vollmachtserteilung lediglich als Vertreterin der Verbände bei der Ausfertigung und der
Versendung von Entscheidungen der Gesamtheit der Verbände.
Anzumerken ist, dass sich aus der kritisierten verbandsseitigen Regelung in der Umsetzung
des Liga-Vertrages für Berlin bisher keine nachteiligen Auswirkungen ergeben haben. Insofern sind die langjährigen Auseinandersetzungen in diesem Punkt rein rechtstheoretischer
Natur.
Die Beleihung mehrerer juristischer Personen ist im § 44 Abs. 3 LHO nicht ausgeschlossen.
Es finden sich auch keine Regelungen zur Unzulässigkeit gemeinschaftlicher Entscheidungen.
Es besteht daher allein unter diesem Gesichtspunkt kein Grund, die Beleihung der LIGA,
bestehend aus sechs Wohlfahrtsverbänden, zu widerrufen. Die Vollmachterteilung an die
AWO zur Federführung bei bestimmten Vertragsaufgaben ist rechtlich nicht zu beanstanden.
74
T 130:
Darüber hinaus bestehen erhebliche Zweifel, ob die AWO die Voraussetzungen einer Beleihung erfüllt. Sie hat
sich der durch den Liga-Vertrag übertragenen Aufgaben ebenfalls weitgehend entledigt, indem sie namens und
in Vollmacht der sechs Liga-Verbände ihrerseits den Berliner Zentralausschuss für soziale Aufgaben e. V.
(BZA) mit der Koordination, Organisation und Sachbearbeitung der Verwaltungsaufgaben auf der Grundlage
des Liga-Vertrages beauftragt hat.
Die Vereinbarung vom 18. Dezember 2000 nennt 38 Tätigkeitsfelder, die der BZA abzudecken hat. Bereits im
Vorfeld des Zuwendungsverfahrens hat er für das im Liga-Vertrag vorgesehene, mit Vertretern der LigaVerbände und des Landes Berlin paritätisch besetzte Kooperationsgremium die Entscheidungsgrundlagen zu
erarbeiten und als Planungsgrundlage zur Verfügung zu stellen. Im Kooperationsgremium wird vor allem die
Finanzplanung für das Folgejahr beraten und darüber abgestimmt, welche Gruppen von Projektträgern mit
welchen Zuwendungshöchstbeträgen gefördert werden können. Des Weiteren ist der BZA von der Entgegennahme der Zuwendungsanträge, der Antragsprüfung, der unterschriftsreifen Fertigung der Zuwendungsbescheide, der Mittelverwaltung und der Auszahlung der Zuwendungsraten bis hin zur teilweisen Prüfung der
Verwendungsnachweise umfassend tätig. Auch wenn eine Reihe der in der Vereinbarung aufgeführten Tätigkeitsfelder mit einschränkenden Zusätzen versehen sind, wie „Zuarbeit“, „Mitwirkung“ und „gemäß der Vorgaben der Wohlfahrtsverbände“, hat der Rechnungshof bei seiner Prüfung den Eindruck gewonnen, dass der BZA
weitgehend Herr des Verfahrens ist und sich die Tätigkeit der AWO im Wesentlichen auf die formale Unterzeichnung der Zuwendungsbescheide beschränkt. Ein Indiz hierfür ist auch, dass die (Original-)Akten allein vom
BZA geführt werden. Im Gegensatz zur Senatsverwaltung ist der Rechnungshof der Ansicht, dass der BZA über
die Funktion eines unselbstständigen Verwaltungshelfers hinaus tätig ist, die AWO also die ihr nach dem LigaVertrag obliegenden Aufgaben völlig unzureichend wahrnimmt.
Über eine entsprechende Feststellung aus dem Bereich der Senatsverwaltung für Justiz, einen anderen beliehenen Liga-Verband und den BZA betreffend, hatte der Rechnungshof in seinem Jahresbericht 2002 (T 187 bis
195) berichtet. Die Senatsverwaltung ist aufgefordert, für eine ausreichende Vertragserfüllung durch die AWO
selbst zu sorgen. Geschieht dies nicht, müsste auch der AWO die Beleihung gemäß § 44 Abs. 3 LHO entzogen
werden.
zu T 130:
Durch Vereinbarung vom 18.12.2000 sind dem Berliner Zentralausschuss für soziale Aufgaben e.V. von der Liga vorbereitende Tätigkeiten, die zu den Geschäftsführungsaufgaben
der Arbeiterwohlfahrt hinführen, im Bereich Finanzen, Projektverwaltung und Projektentwicklung übertragen worden. Dadurch wird die der Arbeiterwohlfahrt obliegende Geschäftsführung entlastet und ihr zugearbeitet. Es geht um Nachprüfung der rechnerischen Richtigkeit, Anfertigen von Überwachungslisten, Abstimmungen mit den beteiligten Spitzenverbänden, vielfache "Zuarbeit" oder "Mitwirkung", "Sachbearbeitung", Entwürfe für Schreiben,
vorbereitende Prüftätigkeiten nach Vorgabe der Verbände, Erstellen von Statistiken, Mitwirkung bei Planungen und Zielvereinbarungen.
Der BZA hat die Rolle eines sogenannten "unselbständigen Verwaltungshelfers“ inne, der
mit fachlicher und administrativer Vorarbeit beauftragt ist und selber keine Zuwendungsbescheide erlässt oder Zuwendungsverträge schließt. Die Ausübung der verliehenen hoheitlichen Befugnisse verbleibt bei den LIGA-Verbänden.
Auch rein formal steht der Hinzuziehung eines Verwaltungshelfers keine Regelung im Vertrag vom 18.09.2000 entgegen.
Insoweit bestehen keine rechtlich begründbaren Bedenken gegen die Einschaltung des
Berliner Zentralausschusses als unselbständigen Verwaltungshelfer.
T 131:
Den Liga-Verbänden ist vertraglich auferlegt, bei der Zuwendungsvergabe die §§ 23, 44 LHO einschließlich der
hierzu erlassenen Ausführungsvorschriften und allgemeinen Nebenbestimmungen zu beachten. Insoweit haben
sie das Ergebnis der Prüfung der Zuwendungsanträge in einem Antragsprüfungsvermerk festzuhalten und dabei insbesondere auf die Notwendigkeit und Angemessenheit der beantragten Zuwendung einzugehen. Der mit
der Antragsprüfung beauftragte BZA ist diesen Anforderungen nicht nachgekommen.
Beispielsweise hatten zwei Träger von Beratungsstellen bei unterschiedlichem Gesamtbedarf jeweils Zuwendungen von über 172 000 € beantragt. In den beiden Antragsprüfungsvermerken hatte der BZA angegeben,
dass ein auf den vorgesehenen Zuwendungsbetrag abgestimmter Finanzierungsplan vorliegt und dass die
Gesamtfinanzierung somit als gesichert angesehen werden kann. Ferner hatte der BZA ohne Begründung die
75
Notwendigkeit und Angemessenheit der beantragten Zuwendung bestätigt. Als zu bewilligenden Zuwendungsbetrag hat er aber nicht den beantragten, sondern jeweils nur einen Betrag von 153 000 € festgesetzt. Diesen
hatte das Kooperationsgremium im Rahmen der Finanzplanung als Höchstbetrag für alle Träger solcher Beratungsstellen beschlossen. Das lässt den Schluss zu, dass der BZA in Wirklichkeit keine individuellen Antragsprüfungen gemäß Nr. 3.3 AV § 44 LHO vornimmt, sondern nur oberflächlich und formal prüft.
Die Senatsverwaltung hat hierzu erklärt, die im Kooperationsgremium behandelten Planzahlen beruhten bereits
auf Antragsprüfungen. Im Übrigen sei es begrüßenswert, wenn die Liga-Verbände und der beauftragte BZA auf
Projektträger einwirkten, einen höheren Zuwendungsbedarf durch Erschließung anderer Finanzierungsquellen
abzudecken.
Der Senatsverwaltung ist entgegenzuhalten, dass die Finanzplanung nicht die individuelle Antragsprüfung nach
Nr. 3.3 AV § 44 LHO ersetzt. Diese wiederum zwingt nicht dazu, den finanziellen Erwartungen von Antragstellern zu entsprechen. Vielmehr ist vom Antragsteller ein auf die geringeren zur Verfügung stehenden Mittel abgestimmter neuer Finanzierungsplan zu verlangen oder ihm ist ein solcher von der Bewilligungsbehörde überarbeiteter Finanzierungsplan zur Zustimmung zu unterbreiten. Nur dadurch ist die Bescheinigung gerechtfertigt,
dass die Gesamtfinanzierung des Projekts dennoch gesichert ist.
zu T 131:
Vor der Bewilligung einer Zuwendung findet eine individuelle Antragsprüfung statt. Dabei
werden alle wesentlichen Angaben durch den jeweiligen Spitzenverband abgezeichnet und
dokumentiert. Dies gilt auch für den Antragsprüfvermerk. Die Spitzenverbände trugen Verfahrenshinweisen und Aufforderung des Rechnungshofs Rechnung, indem sie unter anderem den Antragsprüfvermerk überarbeitet haben und nunmehr durchgängig Finanzierungsplanänderungen mit dem Antragsteller im Vorfeld der Bewilligung abklären.
T 132:
Im Zuwendungsbescheid müssen Zuwendungsziele und -umfang so eindeutig und detailliert festgelegt werden, dass auf dieser Grundlage eine begleitende und abschließende Erfolgskontrolle möglich ist (Nr. 4.2.3 AV
§ 44 LHO). Diesen Anforderungen genügten die vom Rechnungshof geprüften Zuwendungsbescheide nicht.
Nach Angaben der Senatsverwaltung haben die Liga-Verbände inzwischen eine Änderung bewirkt, indem die
Zuwendungsbescheide aufgrund von Leistungsbeschreibungen für alle geförderten Hilfeangebote konkretisiert
worden sind. Der Rechnungshof wird der behaupteten Verbesserung bei künftigen Prüfungen nachgehen.
Im Zuwendungsbescheid kann vorgesehen werden, dass der Zuwendungsempfänger nur einen einfachen Verwendungsnachweis vorzulegen hat. Abgesehen von Fällen geringer finanzieller Bedeutung, die hier nicht vorliegen, ist diese Erleichterung an die Voraussetzung geknüpft, dass die zweckentsprechende Verwendung der
Zuwendung auch ohne Belege anhand einer nur summarischen Darstellung der Einnahmen und Ausgaben
nachprüfbar ist (Nr. 5.1.5 AV § 44 LHO). Die Senatsverwaltung hat durch entsprechende Gestaltung des Muster-Zuwendungsbescheides (Anlage 5 zum Liga-Vertrag) abweichend hiervon einen einfachen Verwendungsnachweis generell zugelassen.
Auf Vorhalt des Rechnungshofs hat die Senatsverwaltung erklärt, ihre Vorgaben im Liga-Vertrag dienten auch
dazu, die Verwaltungsabläufe effizienter zu gestalten. Dem ist entgegenzuhalten, dass die genannte Vorschrift
ebenfalls diesem Ziel dient, aber eine Prüfung verlangt, ob die unerlässliche Kontrolle der zweckentsprechenden Verwendung öffentlicher Mittel gleichwohl gesichert ist.
T 133:
Die AWO nimmt auch die Aufgabe, die Verwendungsnachweise der Zuwendungsempfänger (der freien Träger
von Hilfeangeboten) zu prüfen, nicht selbst wahr. Sie hat hierfür neben der Vereinbarung mit dem BZA (T 130)
Vereinbarungen mit Liga-Verbänden geschlossen, die gegen Entgelt jeweils eine Prüfungskraft zur Verfügung
stellen. In einem dreistufig angelegten Prüfungsverfahren überprüft zunächst der BZA den rechtzeitigen Eingang der Verwendungsnachweise, die Vollständigkeit der Unterlagen und Angaben sowie summarisch die
rechnerische Richtigkeit. In der Prüfungsstufe II trifft die Prüfungskraft des einen Wohlfahrtsverbandes nähere
Feststellungen zur Einhaltung von Bewilligungszeitraum, Finanzierungsart und Finanzierungsplan sowie bei den
Personalausgaben zur Einhaltung der bewilligten Eingruppierung der Beschäftigten des Zuwendungsempfängers und zur Beachtung des Besserstellungsverbots. Für die Prüfungsstufe III setzt der andere Wohlfahrtsverband vereinbarungsgemäß eine verbandsunabhängige Person ein. Diese stellt unter Einbeziehung der in einem
Formular „Laufzettel/Checkliste/Prüfvermerk“ protokollierten Ergebnisse der vorangegangenen Prüfungsstufen
abschließend fest, ob der Verwendungsnachweis den Anforderungen genügt, die Mittel zweckentsprechend
verwendet wurden, ob und welche Ausgabenüberschreitungen vorlagen und in welcher Höhe die nachgewiesenen Gesamtausgaben als zuwendungsfähig anerkannt werden können. Dabei hat er auch Empfehlungen abzugeben, ob und inwieweit der Zuwendungsbescheid zu widerrufen und Zuwendungsmittel zurückzufordern sind.
Ebenso wie bei der Antragsprüfung (T 131) hat der Rechnungshof auch hier eine oberflächliche und formale
Prüfung festgestellt. Die Verwendung einer vordruckmäßigen Checkliste mit vorformulierten Prüfungspunkten
und -ergebnissen hat dies begünstigt. So waren beispielsweise sowohl die Zeile „die Beanstandungen konnten
76
im Laufe des Prüfverfahrens abschließend nachbearbeitet werden“ als auch die Zeile „die Beanstandungen
bestehen fort. Es wird beanstandet, dass ...“ angekreuzt. Ferner waren Alternativfeststellungen nicht mit einer
Streichung des Unzutreffenden versehen. Die abschließende Feststellung, dass die Zuwendungsmittel „zweckgemäß/nicht zweckgemäß verwendet worden sind“, war nicht begründet. Eine Begründungsspalte ist hierfür
auch nicht vorgesehen, es kann lediglich im Weiteren angegeben werden, in welcher Höhe Mittel nicht zweckentsprechend verwendet wurden.
T 134:
Die Verwendungsnachweisprüfung ist mit der Prüfung, ob die Zuwendung zweckentsprechend verwendet worden ist, noch nicht abgeschlossen. Vielmehr ist im Rahmen einer Erfolgskontrolle zu prüfen, ob der mit der
Zuwendung beabsichtigte Zweck erreicht worden ist. Sodann sind der Umfang und das Ergebnis der Prüfung in
einem Prüfungsvermerk niederzulegen (Nrn. 11.1.2, 11.1.3 und 11.6 AV § 44 LHO).
Die für die Prüfungsstufe III eingesetzte verbandsunabhängige Prüfungskraft hat sich für nicht berufen gesehen,
diese abschließende Prüfungsfeststellung, die spezielle fachliche Kenntnisse erfordert, vorzunehmen. Nach
Ansicht der Senatsverwaltung obliegt die inhaltliche Bewertung, ob der mit der Zuwendung beabsichtigte Zweck
erreicht worden ist, den Liga-Verbänden. Die Verbände haben diese vertragliche Obliegenheit aber nicht wahrgenommen. Die ausgefüllten Vordrucke „Laufzettel/Checkliste/Prüfvermerk“ lagerten in drei Kartons in einem
Büroraum des BZA. Das bedeutet, dass die Verwendungsnachweise insgesamt nicht abschließend geprüft
worden sind. Auch sind die im Rahmen der Prüfungsstufe III ausgesprochenen Empfehlungen über das weitere
Vorgehen wegen teilweise zweckwidriger Verwendung der Zuwendung nicht aufgegriffen, vor allem nicht zum
Anlass von Rückforderungen genommen worden.
zu T 132 bis 134:
Es liegen für alle Projektbereiche des Vertrages abgestimmte Leistungsbeschreibungen
vor. Im Zuwendungsbescheid bezieht sich der Zuwendungszweck auf die differenzierten
Leistungsbeschreibungen sowie die daraus resultierenden Zielvorgaben, womit der jeweilige Zuwendungszweck hinreichend beschrieben ist. Auf der Basis der Leistungsbeschreibungen fertigen alle Projekte standardisierte Sachberichte und dokumentieren damit halbjährlich ihre Leistungen. Im Zusammenhang mit der Zuwendungsantragsstellung 2004 waren alle Projekte aufgefordert Soll-Zahlen für die Leistungsplanung vorzulegen.
Im Verbindung mit der Leistungsdokumentation ist somit ein Instrumentarium zur Leistungssteuerung und zur Erfolgskontrolle nach Nr. 4.2.3 AV § 44 LHO implantiert worden.
Die Prüfvermerke der Liga werden entsprechend ergänzt.
Die Zuwendungen im Rahmen des LIGA-Vertrages werden nach der Maßgabe der Anlage 1 zum Vertrag und den AV zu § 44 LHO gewährt. Für die Zuwendungsempfänger und
die Bewirtschaftung der Zuwendungsmittel durch die Wohlfahrtsverbände sind die haushaltsrechtlichen Vorschriften des Landes, insbesondere §§ 23, 44 LHO und die hierzu ergangenen AV und AnBesT-P sowie das Verwaltungsverfahrensgesetz maßgebend.
Um Verwaltungsabläufe effizienter zu gestalten, wurden Musteranträge und Musterzuwendungsbescheide im Vertrag vereinbart (Anlage 4 und 5 des Vertrags) und auch im Rahmen
der Verwendungsnachweisprüfung Muster/Vordrucke/Checklisten verwand. Wenn Fehler
beim Umgang mit den Vordrucken auftreten, sind dies Einzelfälle, von denen nicht auf eine
oberflächliche Prüfung geschlossen werden kann. Um zu grundsätzlichen Verbesserungen
zu kommen, ist es vorgesehen, das Verfahren der Verwendungsnachweisprüfung in einer
speziellen Arbeitsanweisung schriftlich zu fixieren. Der Entwurf der Arbeitsanweisung befindet sich zur Zeit im Abstimmungsprozess, in den zu gegebener Zeit auch der Rechnungshof des Landes Berlin einzubeziehen ist.
Die Einhaltung der haushaltsrechtlichen Bestimmungen wurde und wird weiterhin gewährleistet. Verbesserungsmöglichkeiten bestehender Verfahren und Praktiken werden wahrgenommen. Die Vertragspartner sind bemüht, die Zuwendungspraxis ständig zu optimieren
und greifen dabei auch Anregungen des Rechnungshofs auf.
77
T 135:
Zur Frage der Prüfungsrückstände zum 31. August 2003 haben die Liga-Verbände gegenüber der Senatsverwaltung angegeben, die Verwendungsnachweise für die Zuwendungen der Jahre 1996 und 1997 vollständig in
den Prüfstufen I bis IV und die des Jahres 1998 zu 75 v. H., die des Jahres 1999 zu 16 v. H. und die des Jahres 2000 zu 2 v. H. jeweils in den Prüfstufen I bis IV abgeschlossen zu haben. Mit der Erwähnung einer Prüfstufe IV wollen die Liga-Verbände offenbar zum Ausdruck bringen, dass sie die Verwendungsnachweise doch
einer abschließenden Verwendungsnachweisprüfung unterziehen. Der Rechnungshof hat bei seinen örtlichen
Prüfungen keine Anhaltspunkte für die Existenz einer Prüfstufe IV gefunden. Im Übrigen ist eine Erfolgskontrolle
gemäß Nr. 11.1.3 AV § 44 LHO, die erst mehrere Jahre nach Vorlage der Verwendungsnachweise vorgenommen wird, sinnlos. Durch die Erfolgskontrolle soll gerade bei einer Dauerförderung von Projekten - wie hier festgestellt werden, ob eine Fortführung der Förderung gerechtfertigt ist.
Nach Angaben der Senatsverwaltung haben die Liga-Verbände nunmehr eine spezielle Arbeitsanweisung für
die Prüfung von Verwendungsnachweisen entworfen, die das bisherige Verfahren modifizieren werde. Diese
befinde sich noch in der Liga-internen Abstimmung. Danach sei eine Einbeziehung des Rechnungshofs vorgesehen.
zu T 135:
Zur Aufarbeitung der Prüfrückstände hat die Liga Mitte 2003 mit dem BZA eine Zielvereinbarung geschlossen. Darin ist geregelt, dass die Prüfrückstände aus den Haushaltsjahren
1998 bis 2002 in 2003 und 2004 aufgearbeitet werden. Es wird regelmäßig zum Stand der
Aufarbeitung berichtet.
Die LIGA teilte mit Stand 24.06.2004 mit, dass bislang die Verwendungsnachweisprüfung
im Jahre 1998 bei 93 v. H. der geförderten Projekte, im Jahr 1999 bei 88 v. H., in 2000 bei
57 v. H. und in 2001 bei 15 v. H. der geförderten Projekte abgeschlossen wurde.
Es wird darauf zu achten sein, dass künftig eine zeitnähere Bearbeitung erfolgt.
Auf die Arbeitsanweisung, die das Verfahren der Verwendungsnachweisprüfung unter Aufgreifen von Anregungen des Rechnungshofs regelt, wurde unter vorhergehendem Punkt
bereits eingegangen.
T 136:
Die Übertragung staatlicher Aufgaben auf Private im Wege der Beleihung (T 129) entbindet den Staat nicht von
der Verantwortung für die Aufgabenwahrnehmung durch den Beliehenen. Zu Recht hat die Senatsverwaltung
daher im Liga-Vertrag geregelt, dass sich die Wahrnehmung der übertragenen Aufgaben im Rahmen und unter
Wahrung der dem Senat obliegenden Gesamtverantwortung gegenüber dem Abgeordnetenhaus vollzieht und
eine Fachaufsicht ausgeübt wird. Über die bei einer Beleihung zu beachtenden Kontrollpflichten hat der
Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen mit Urteil vom 15. Januar 2002 allgemein gültige Grundsätze
aufgestellt. Danach sind die gesetzlichen Instrumente der Fachaufsicht und der Weisungsbefugnis gegenüber
den Beliehenen auch effektiv zu nutzen. Mindesterfordernis für die Erfüllung dieser Pflicht ist die Bereitstellung
einer ausreichenden Zahl von Personalstellen in der öffentlichen Verwaltung und deren Besetzung mit Amtswaltern, die die Aufsichts- und Weisungsrechte des verantwortlichen Mitglieds des Senats sachgemäß und kontinuierlich ausüben können.
Der Rechnungshof hat bei seiner Prüfung nicht feststellen können, dass die Senatsverwaltung eine Fachaufsicht wahrnimmt, die diesen Maßstäben entspricht. So ergab sich in Gesprächen während der Prüfung, dass
den verantwortlichen Mitarbeitern der Senatsverwaltung die hier dargelegten Mängel weitgehend nicht bekannt
waren. Die Senatsverwaltung übt eine Fachaufsicht lediglich im Rahmen des Kooperationsgremiums aus, wobei
das Schwergewicht auf der Mitwirkung bei der Arbeits- und Finanzplanung liegt.
Die Senatsverwaltung hat dieser Darstellung widersprochen und behauptet, sie sei überdies ständiger Gast in
den Planungsgruppen „Planung, Steuerung, Evaluation“, „Zielvereinbarungen“ und „Qualitätssicherung“ der
Liga. Andererseits hat sie eingeräumt, dass der Aufgabenbereich Fachaufsicht personell verstärkungsbedürftig
sei. Angesichts der Vorgaben zum Stellenabbau in der Berliner Verwaltung sehe sie sich aber nicht in der Lage,
Personal dauerhaft zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Bewilligungs- und Prüfungsverfahrens bei dem
Vertragspartner Liga einzusetzen. Die letztgenannten Ausführungen bestätigen den Eindruck des Rechnungshofs, dass die Senatsverwaltung jedenfalls über den Kernbereich des Liga-Vertrages, der Verwaltung und
Vergabe der Zuwendungsmittel Berlins, nicht die bei einer Beleihung erforderliche effektive Fachaufsicht ausübt.
78
zu T 136:
Es ist unbestritten, dass im Beleihungsfalle die Verantwortung von der Exekutive nicht völlig
auf Organisationen außerhalb der Verwaltung übertragen werden kann. Die Exekutive
bleibt selbst verantwortlich und ist der Legislative rechenschaftspflichtig.
Gemäß § 44 Abs. 3 LHO muss die sachgerechte Erfüllung der übertragenen Aufgaben gewährleistet sein; Verleihung bzw. Entziehung der Befugnis und die Fachaufsicht hinsichtlich
der übertragenen Aufgaben obliegen der zuständigen Dienststelle.
In welcher Weise und in welchem Maße die Fachaufsicht auszuüben ist, wird in Rechtsprechung und Literatur wenig behandelt. Je nach Regelungsgegenstand und Person des Beliehenen kann die staatliche Aufsicht unterschiedlich ausgestaltet sein. Sie kann sich sogar
nur auf repressive Aufsicht, wie z. B. bei den Notaren, beschränken.
Nach der Behördenpraxis (Nr. 19 AV zu § 44 LHO) muss bei der Verleihung hoheitlicher
Befugnisse die aufsichtsführende Behörde benannt werden, die bei Zweifelsfragen oder
Schwierigkeiten oder bei drohender eigener Zahlungsunfähigkeit/Insolvenz zu informieren
ist.
Die Entscheidung des Staatsgerichtshofs Bremen vom 15.01.2002 geht von einer "effektiven Fachaufsicht" gemäß dem Grundsatz der demokratischen Legitimation aus. Diese Begrifflichkeit wird inhaltlich nicht näher spezifiziert, sondern auf die im Behördenaufbau üblichen Aufgaben und Befugnisse der übergeordneten, die Fachaufsicht führenden Behörde
verwiesen. Von den Weisungs- und Aufsichtsrechten muss in einer Weise Gebrauch gemacht werden, dass es nicht zu einer Minderung der rechtsstaatlichen-demokratischen
Qualität der von den beliehenen Unternehmern erbrachten Leistungen kommt. Das dafür
erforderliche Personal ist bereitzuhalten.
§ 2 Abs. 5 des Vertrags regelt die Fachaufsicht und stellt die Pflichten der Wohlfahrtsverbände nach Nr. 19 AV § 44 LHO fest. Weit über die genannten Mindestanforderungen hinausgehend erfolgt im gemäß § 3 des Vertrags gebildeten Kooperationsgremium eine Verständigung der beliehenen Verbände mit der Fachaufsicht führenden Senatsverwaltung in
allen wichtigen Angelegenheiten, die wiederum in drei Arbeitsgruppen unter Beteiligung der
Senatsverwaltung vorgeklärt werden.
Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Aktivitäten unterschiedlichster Form (Gespräche,
Anhörungen, Akteneinsichten, Schriftverkehr, Fachveranstaltungen), bei denen Vertreter
der Senatsverwaltung sich mit der Art und Weise der Vertragserfüllung beschäftigen.
Bei Auseinandersetzungen mit Zuwendungsempfängern, wie Widersprüchen gegen Verwaltungsakte der beliehenen Verbände, wäre eigentlich die Liga selbst zur Entscheidung
über den Widerspruch zuständig, weil die sie beleihende Behörde eine oberste Landesbehörde ist (§ 73 Abs. 1 Nr. 2 VwGO). § 2 Abs. 5 des Vertrags sieht dagegen vor, dass die
Senatsverwaltung die Widerspruchsentscheidung fällt. Damit ist über die Anforderungen
der Nr. 19 AV § 44 LHO hinaus auch in allen Rechtsstreitigkeiten (Widerspruchsfällen) die
Fach- und Rechtsaufsicht der Senatsverwaltung garantiert. Hier geht der Umfang staatlicher Fachaufsicht klar über die Regelungen im Bremischen Beleihungsgesetz hinaus, das
die Widerspruchsentscheidung beim Beliehenen ansiedelt.
Inwieweit die Senatsverwaltung ausreichend Personal für eine „dauerhafte Überprüfung
des Verfahrens“ bereitstellt, bleibt aufgrund ihrer Organisationsgewalt ihrer Entscheidung
vorbehalten. Eine Ausweitung von Aufgaben kann unter Umständen auch einen Personalmehrbedarf erfordern, der angesichts der bekannten Einsparnotwendigkeit immer schwerer
zu realisieren sein wird. Im vorliegenden Fall wird aber eine Intensität der Fachaufsicht erwartet, die inhaltlich nicht als erforderlich angesehen wird. Von einer "dauerhaften Überprüfung" der Tätigkeiten der Beliehenen durch die Fachaufsicht ist in den weiter oben dargestellten Grundsätzen des Bremischen Staatsgerichtshofs nicht die Rede, nur von einer "effektiven" Aufsicht. Diese ist neben der üblichen Fachaufsichtspraxis in hierarchischen Be-
79
hörden am materiellen Gebot der Gewährleistung der rechtsstaatlich-demokratischen Aufgabenerledigung durch den Beliehenen zu orientieren. Letzteres erfolgt schon weitgehend
dadurch, dass die Senatsverwaltung Widerspruchsbehörde bleibt. Fachaufsicht ist im übrigen weder in der Praxis noch von Rechts wegen "dauerhaft" ausgestaltet, verstanden als
ständige Überprüfung der Richtigkeit aller Entscheidungen, was sinnlose Doppelarbeit bedeuten würde. Sie bezieht sich in der Praxis üblicherweise auf allgemeine Vorgaben und
Weisungen, Überprüfung des Verhaltens der nachgeordneten Behörden bei (formlosen)
Beschwerden oder sonstigen Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten oder Unrichtigkeiten und
auf periodische, stichprobenartige Kontrollen des Behördenverhaltens ohne konkreten Anlass. Nach § 8 AZG besteht für die aufsichtsführende Behörde ein Ermessensspielraum bei
der Wahl der Aufsichtsmittel und bei der quantitativ-zeitlichen Dimension.
Es wurde nicht festgestellt, dass in Bezug auf die Verwaltung der Zuwendungsmittel durch
die Liga-Verbände gar keine Fachaufsicht stattfand oder in einer die Schranken der Ermessensausübung verletzenden Weise auf mögliche Aufsichtsmittel oder –maßnahmen verzichtet wurde und dadurch eine rechtsstaatswidrige oder undemokratische Vergabe und
Verwaltung von Zuwendungsmitteln ermöglicht wird.
Die Senatsverwaltung ist, wie vielfach belegbar, ihren fachaufsichtlichen Aufgaben nachgekommen. Vertrag und Vertragspraxis werden den Anforderungen aus dem Urteil des Bremischen Staatsgerichtshofs gerecht.
T 137:
Zusammenfassend beanstandet der Rechnungshof, dass die Senatsverwaltung

duldet, dass fünf der Liga-Verbände sich der vertraglich übernommenen Aufgaben durch Delegation auf
den sechsten entledigt haben und von ihrer Beleihung, Zuwendungen in öffentlich-rechtlicher Form zu
vergeben, keinen Gebrauch machen,

hinnimmt, dass auch der sechste Liga-Verband seine Vertragspflichten fast vollständig von einem
Dienstleister und weiteren Beauftragten wahrnehmen lässt,

nicht gegen schwere Mängel im Zuwendungsverfahren der Beliehenen vorgegangen ist,

nicht bemerkt hat, dass eine abschließende Prüfung der Verwendung der Zuwendungen nicht stattfindet,
und

keine ausreichende Fachaufsicht über die mit der Verwaltung und Vergabe von Zuwendungsmitteln Berlins in öffentlich-rechtlicher Form beauftragten Spitzenverbände der Liga der freien Wohlfahrtspflege in
Berlin ausübt.
Der Rechnungshof erwartet, dass die Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz die
Fachaufsicht gegenüber den sechs Wohlfahrtsverbänden endlich umfassend wahrnimmt und den Abschluss
eines neuen Liga-Vertrages einer besonders kritischen Betrachtung unterzieht.
zu T 137:
Nach Zustimmung des Hauptausschusses des Abgeordnetenhauses zu neuen vertraglichen Regelungen mit der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Berlin
für den Zeitraum 2001 bis 2005 hat die für Gesundheit und Soziales zuständige Senatsverwaltung die ihr obliegende Förderung von Hilfeangeboten freier Träger auf die sechs in
der „Liga“ zusammengeschlossenen Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege in Berlin
für weitere fünf Jahre übertragen. Nach Maßgabe des vom Abgeordnetenhaus gebilligten
Vertrags verwalten die Liga-Verbände die Haushaltsmittel Berlins treuhänderisch und vergeben sie kraft Beleihung an die freien Träger.
Es wird festgestellt, dass
- die Liga-Verbände die ihnen im Vertrag übertragene Verantwortung bei allen wesentlichen
Planungs- und Vergabeentscheidungen tragen, wobei sie in gesellschaftsrechtlich
(§§ 705ff BGB) zulässiger und im Vertrag vom 18.09.2000 vorgesehener Weise die Arbeiterwohlfahrt zur Ausübung ausführender Aufgaben bevollmächtigt haben; sie haften für
80
die Geschäftsführertätigkeit der Arbeiterwohlfahrt und haben entsprechende Kontrollrechte inne;
- der von der LIGA verpflichtete Geschäftsbesorger keine der an die LIGA verliehenen hoheitlichen Befugnisse ausübt: er stellt einen unselbständigen Verwaltungshelfer dar, der
nicht selbst die Zuwendungsbescheide erlässt oder Zuwendungsverträge schließt, sondern fachliche und administrative Vorarbeit leistet, die von der Beratung der Antragsteller
und Vorprüfung der Anträge bis hin zur Mitwirkung bei der Auszahlung der Fördermittel,
der Abrechnung und der Prüfung der Verwendungsnachweise reicht; die Beauftragung eines Verwaltungshelfers ist zulässig und wird durch den Vertrag nicht eingeschränkt;
- festgestellte Unzulänglichkeiten und in Einzelfällen aufgetretene Nachlässigkeiten beim
Zuwendungsverfahren nicht so gravierend sind, dass hierdurch finanzielle Nachteile für
das Land bekannt geworden sind, und an ihrer Abstellung bzw. ihrem nicht mehr Auftreten gearbeitet wird;
- prinzipiell eine abschließende Prüfung für alle Zuwendungen erfolgen soll, Maßnahmen
zur Aufarbeitung der Prüfrückstände eingeleitet worden sind und über deren Erfolg regelmäßig berichtet wird;
- die Darstellung der Aufgaben der Verwaltung bei der Umsetzung und der Aussteuerung
des Vertrags im Rechnungshofbericht unvollständig sind und nicht die Verwaltungspraxis
in vollem Umfang beschreiben; die Senatsverwaltung wirkt präventiv lenkend, nimmt ihr
Informationsrecht in vielfältigster Form wahr und agiert im Sinne des partnerschaftlich
ausgerichteten Vertrags auf unterschiedlichen Ebenen so erfolgreich, dass sie von ihrem
Weisungs- und Eintrittsrecht bislang nicht Gebrauch machen musste; bei Streitigkeiten mit
Zuwendungsempfängern hält sich die Senatsverwaltung die Widerspruchsentscheidung
vor; die Fachaufsicht bezieht sich hier wie in der gängigen Behördenpraxis auf allgemeine
Vorgaben und Weisungen, Überprüfung des Verhaltens der nachgeordneten Behörden
ohne besonderen Anlass und bei Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten oder Unrichtigkeiten;
eine ständige Überprüfung der Rechtsmäßigkeit des Bewilligungs- und Prüfungsverfahrens im Rahmen des LIGA–Vertrags würde über die übliche Fachaufsicht weit hinausgehen und ist auch nicht erforderlich.
Die Senatsverwaltung nimmt die Fachaufsicht orientiert an der in hierarchischen Behörden
üblichen Fachaufsichtspraxis und dem materiellen Gebot der Gewährleistung der rechtsstaatlich-demokratischen Aufgabenerledigung durch die beliehenen sechs Wohlfahrtsverbände wahr. Sie ist in partnerschaftlicher Kooperation mit den sechs Wohlfahrtsverbänden
ständig bemüht, im Rahmen der Umsetzung des laufenden Vertrages Verbesserungen zu
erzielen. Insofern führen Anregungen des Rechnungshofes nicht nur zu einer kritischen
Betrachtung im Zusammenhang mit dem Abschluss eines neuen Vertrags, sondern haben
auch Auswirkungen auf die derzeitige Vertragsumsetzung.
Die Kernaussage des Rechnungshofs muss jedoch mit Nachdruck zurückgewiesen werden. Es sind keine schweren Mängel bei der treuhänderischen Verwaltung und Vergabe
von Zuwendungsmitteln Berlins durch die Spitzenverbände der Wohlfahrtspflege erkennbar.
3.
E i n n a h m e ve r l u s t e d e r B e z i r k s ä m t e r d u r c h e r h e b l i c h e M ä n g e l b e i d e r E i n n a h meüberwachung in Fällen darlehensweise g ewährter Sozialhilfe
Infolge mangelhafter Überwachung der Einnahmen haben die bezirklichen Sozialämter Rückza hlungsansprüche bei darlehensweise gewährter Sozialhilfe nicht oder nicht rechtzeitig und vollstä ndig geltend gemacht. Schäden in Millionenhöhe erscheinen möglich . Die Senatsverwaltung für Finanzen ist aufgefordert, eine angemessene Regelung zur haushaltsmäßigen Überwachung der Ei nnahmen aus Darlehensrückzahlungen zu scha ffen.
81
T 138:
Das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) sieht in bestimmten Fällen vor, dass Geldleistungen als Darlehen gewährt
werden. So können Darlehen für Mietkautionen bewilligt werden, wenn Vermieter hiervon die Überlassung von
Wohnraum abhängig machen, oder für die Tilgung von Miet- oder Energieschulden, wenn dadurch Wohnungslosigkeit abgewendet oder die Versorgung mit Energie gesichert wird (§ 15 a BSHG). Darlehen können des
Weiteren für den laufenden Lebensunterhalt bei nur vorübergehender Hilfebedürftigkeit geleistet werden
(§ 15 b BSHG). Sie sind ferner möglich zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage bei beabsichtigter Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit (§ 30 BSHG) oder wenn Vermögenswerte wie Grundstücke vorhanden, aber nicht sofort verwertbar sind oder die sofortige Verwertung eine Härte bedeuten würde
(§ 89 BSHG).
In den Jahren 2000 bis 2002 haben die bezirklichen Sozialämter Darlehen von fast 40 Mio. € ausgezahlt, denen
Einnahmen aus Darlehensrückzahlungen von nur 14,3 Mio. € gegenüberstanden. Dieses auch schon in den
Jahren zuvor entstandene Ungleichgewicht zwischen Ausgaben und Einnahmen hat den Bestand an Darlehensforderungen zum 31. Dezember 2002 auf über 119 Mio. € anwachsen lassen. Diese Summe ergibt sich
aus dem Vermögensnachweis und den einzelnen Vermögensverzeichnissen, in die die Forderungen aus Darlehen einzutragen sind, weil sie zum Vermögen des Landes Berlin im Sinne des § 73 LHO gehören.
T 139:
Der Rechnungshof hat die Darlehensvergabe, die Einnahmeüberwachung der Darlehensforderungen und die
Führung der Vermögensverzeichnisse in mehreren bezirklichen Sozialämtern stichprobenweise geprüft und
schwere Mängel festgestellt. Im Einzelnen war zu beanstanden, dass

Darlehensforderungen in einer erheblichen Anzahl von Fällen in Vergessenheit geraten sind, weil nach
Einstellung der Hilfeleistung die Sozialhilfeakten nicht an die zuständige Kosteneinziehungsstelle abgegeben worden waren, die für die Rückzahlung des Darlehens zu sorgen hatte,

eine darlehensweise Hilfegewährung nicht mehr ohne weiteres erkennbar war, weil versäumt wurde, einen entsprechenden Hinweis auf die zur weiteren Bearbeitung angelegten Folgebände zu übertragen,

in zahlreichen Fällen versäumt wurde, Darlehen überhaupt ins Vermögensverzeichnis einzutragen,

Informationsdefizite zwischen den Leistungsstellen, den Kosteneinziehungsstellen und den Vermögensverwaltern dazu führten, dass der Vermögensverwalter über Einnahmen aus Rückzahlungen, über Verrechnungen oder über Aktenabgaben an andere Bezirksämter nicht informiert wurde und die entsprechenden Darlehen demzufolge nicht aus dem Bestand abgebucht wurden,

teilweise erhebliche Rückstände bei der Bearbeitung von Anträgen anderer Bezirke auf Übernahme von
Darlehen in das bezirkseigene Vermögensverzeichnis des Bezirks, in den der Sozialhilfeempfänger verzogen war, bestanden sowie

die vorgeschriebene regelmäßige Prüfung des Vermögensbestandes durch den Vermögensverwalter
bislang nicht durchgeführt wurde.
T 140:
Der Rechnungshof geht wegen dieser Mängel davon aus, dass einerseits der ausgewiesene Vermögensbestand von über 119 Mio. € nicht dem tatsächlichen Bestand an Darlehensforderungen entspricht, sondern geringer ist. Andererseits sind unter Verstoß gegen § 34 Abs. 1 LHO Einnahmen aus Darlehensforderungen in
Millionenhöhe nicht oder nicht rechtzeitig und vollständig erhoben worden. Angesichts der hohen Anzahl der in
den Vermögensverzeichnissen ausgewiesenen einzelnen Darlehensforderungen (1992 bis 2001 in zwei Bezirken allein über 16 000) ist es dem Rechnungshof zwar nicht möglich, die Höhe des bereits eingetretenen Schadens zu beziffern. Er hat aber festgestellt, dass in über 30 v. H. der untersuchten Darlehensfälle keine Maßnahmen zur Überwachung der Rückzahlung oder zur Geltendmachung der fälligen Forderungen erkennbar
waren. Dies und die erhebliche Diskrepanz zwischen dem von allen Bezirken ausgewiesenen Vermögensbestand an Darlehensforderungen und den tatsächlich eingezogenen Beträgen lassen aber sowohl nicht rechtzeitig erhobene Einnahmen (Zinsverlust) als auch einen endgültigen Einnahmeverlust (Schaden) jeweils in Millionenhöhe als möglich erscheinen.
T 141:
Die mangelhafte Erhebung der Einnahmen beruht vor allem darauf, dass hierfür zurzeit kein angemessenes
Überwachungsverfahren zur Verfügung steht. Die allgemein vorgesehene Überwachung durch Haushaltsüberwachungslisten unter Verwendung der IT ist für Fälligkeitstermine in künftigen Haushaltsjahren und zum Teil
noch nicht feststehende Termine nicht geeignet. Die Überwachung von Zahlungsterminen anhand der Akte
durch Wiedervorlageverfügung ist in hohem Maße fehleranfällig. Dies gilt insbesondere für die stark belasteten
Leistungsstellen der Sozialämter. Als Alternative bietet sich derzeit die Nutzung des Vermögensverzeichnisses
nach § 73 LHO an, in das die Darlehensforderungen einzutragen sind (T 138). Dieses ist durch Zugangs- und
Abgangsbuchungen in seinem Bestand fortzuschreiben. Das Vermögensverzeichnis ist von der zum Vermö-
82
gensverwalter bestimmten Dienstkraft zu führen, die mindestens einmal innerhalb von drei Jahren eine Prüfung
des Vermögensbestandes durchzuführen hat.
T 142:
Gegenwärtig werden die Vermögensverzeichnisse noch in Papierform manuell geführt (vgl. Nr. 6.2 AV § 73
LHO), was jedenfalls für die Erfassung der Sozialhilfedarlehen wegen der hohen Fallzahlen (T 140) nicht mehr
zeitgemäß ist und dazu beiträgt, dass in den geprüften Bezirken keine vollständigen Vermögensverzeichnisse
vorhanden waren. Um eine Überwachung der Einnahmen aus Darlehensrückzahlungen zu gewährleisten,
müsste vorgesehen werden, dass die Kosteneinziehungsstellen der Sozialämter jährlich eine Auflistung der
eingetragenen Darlehensfälle in elektronischer Form zur Auswertung und Einleitung weiterer Maßnahmen
(Nachfragen beim Leistungssachbearbeiter, Forderungseinziehung, Auftrag zur Berichtigung des Vermögensverzeichnisses) erhalten. Damit wird ermöglicht, dass Leistungssachbearbeiter und Kosteneinziehungsstellen
der Sozialämter weitere Maßnahmen ergreifen. Die Senatsverwaltung für Finanzen ist aufgefordert, in Zusammenarbeit mit den Bezirksämtern eine entsprechende Regelung für das Vermögensverzeichnis zur angemessenen Überwachung der Einnahmen aus Darlehensrückzahlungen zu schaffen.
T 143:
Der Rechnungshof beanstandet, dass die Bezirksämter Rückzahlungsansprüche bei darlehensweise gewährter
Sozialhilfe nicht ausreichend überwachen und entsprechende Einnahmen nicht oder nicht rechtzeitig und vollständig erheben, wodurch Einnahmeverluste in Millionenhöhe entstehen.
Der Rechnungshof erwartet, dass die Bezirksämter künftig für eine rechtzeitige und vollständige Erhebung der
Einnahmen aus fälligen Darlehensrückzahlungen sorgen.
Er erwartet ferner, dass die Senatsverwaltung für Finanzen eine angemessene Regelung zur haushaltsmäßigen
Überwachung der Einnahmen aus Darlehensrückzahlungen schafft.
zu T 138 bis 144:
Die unter T 141, 142 geäußerte Auffassung des Rechnungshofs wird von der Senatsverwaltung für Finanzen nicht geteilt.
Entgegen der Darstellung des Rechnungshofs enthalten die Ausführungsvorschriften zu
§ 73 LHO detaillierte Regelungen, die im Zusammenhang mit Nr. 3.1 und 12 der Ausführungsvorschriften zu § 34 LHO eine haushaltsmäßige Überwachung der Einnahmen aus
Darlehensrückzahlungen ermöglichen und bei korrekter Anwendung Einnahmeverluste in
dem vom Rechnungshof festgestellten Umfang weitgehend ausschließen.
Die Führung des Vermögensnachweises sowie die haushaltsmäßige Überwachung der
Einnahmen erfolgt mit dem IT-Verfahren ProFISKAL in den einzelnen Organisationseinheiten. Nach Nr. 1.1.6 AV § 73 LHO gilt für die Dienststellen, die am ProFISKAL-Verfahren
teilnehmen, neben den Ausführungsvorschriften zur LHO die von der Senatsverwaltung für
Finanzen bekannt gegebene Verfahrensbeschreibung für die Führung des Vermögensverzeichnisses, in der die technischen Einzelheiten geregelt sind.
Diese „Verfahrensbeschreibung für den Einsatz des IT-Verfahrens ProFISKAL in den Organisationseinheiten bei der Führung des Vermögensverzeichnisses“ ist von der Senatsverwaltung für Finanzen mit Schreiben vom 01.09.2000 – II B 15 / II F 1- bekannt gegeben
worden. Mit dieser ergänzenden Verwaltungsvorschrift, deren Anwendung verbindlich ist,
bestehen insgesamt angemessene und ausreichende Regelungen zur haushaltsmäßigen
Überwachung der Einnahmen aus Darlehensrückzahlungen in den Bezirken.
Die vom Rechnungshof beanstandete mangelhafte Erhebung von Einnahmen ist nach Auffassung der Senatsverwaltung für Finanzen auf die unzureichende Nutzung der technischen Möglichkeiten des IT-Verfahren ProFISKAL bzw. auf die unvollständige Führung der
Haushaltsüberwachungsliste für Einnahmen zurückzuführen. Die Senatsverwaltung für Finanzen wird deshalb im nächsten Haushaltswirtschaftsrundschreiben auf die Verfahrensbeschreibung zur Führung des Vermögensverzeichnisses sowie auf die Beanstandungen
des Rechnungshofes besonders hinweisen.
83
4.
U n e i n b r i n g l i c h e R ü c k z a h l u n g s a n s p r ü c h e vo n f a s t 1 0 M i o . € g e g e n ü b e r W o h n h e i m b e t r e i b e r n i n f o l g e vo n V e r s ä u m n i s s e n d e r V e r w a l t u n g
T 144:
Das Land Berlin als Träger der Sozialhilfe schloss mit Betreibern privater Wohnheime seit Mitte der 80er Jahre
Belegungsverträge zur Unterbringung von Aus- und Übersiedlern sowie Asylbewerbern. Nach diesen Verträgen
zahlte das Land Berlin für jede untergebrachte Person einen Tagessatz. Da die Unterbringungsleistungen nach
damaliger Auffassung der Berliner Steuerverwaltung umsatzsteuerpflichtig waren, wurde der Tagessatz als
Nettobetrag zuzüglich Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) vereinbart. Die Wohnheimbetreiber waren daher verpflichtet, diese Umsatzsteuer an die Finanzämter abzuführen.
zu T 144:
Die Sachdarstellung des Rechnungshofs bedarf keiner Stellungnahme des Senats.
T 145:
Seit Beginn der 90er Jahre erstritten Wohnheimbetreiber bundesweit vor den Finanzgerichten die Umsatzsteuerbefreiung für längerfristige Vermietung von Wohnheimplätzen. Mit Urteil vom 9. Dezember 1993 entschied
auch der Bundesfinanzhof, dass die Vermietung von Wohnheimplätzen zur nicht nur kurzfristigen Beherbergung
von Flüchtlingen und Asylbewerbern umsatzsteuerfrei ist (BStBl. 1994 II S. 585). Unter Hinweis auf dieses Urteil
wies der Bundesfinanzhof ferner mit Beschluss vom 21. März 1995 die Revision des Finanzamts für Körperschaften I Berlin gegen ein die Umsatzsteuerfreiheit bejahendes Urteil des Finanzgerichts Berlin als unbegründet zurück.
Von diesem Beschluss erlangten das damalige Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben (jetzt Landesamt für
Gesundheit und Soziales) und die Senatsverwaltung für Finanzen im Mai 1995 Kenntnis. Vorsorglich stellte das
Landesamt vom 1. Juni 1995 an gegenüber den Wohnheimbetreibern die Umsatzsteueraufschläge auf die Tagessätze unter Zahlungsvorbehalt, zahlte aber die Aufschläge in der Regel bis 1998 weiter. Die Senatsverwaltung für Finanzen teilte dem Landesamt mit Schreiben vom 8. August 1995 mit, dass sie beabsichtige, die
Oberfinanzdirektion anzuweisen, das Urteil des Bundesfinanzhofs auf alle gleich gelagerten Fälle anzuwenden.
Tatsächlich geschah dies erst mit Datum vom 12. August 1996.
zu T 145:
Die Sachdarstellung des Rechnungshofs bedarf keiner Stellungnahme des Senats.
T 146:
Für das Land Berlin als Träger der Sozialhilfe ergaben sich wegen der weiter an die Wohnheimbetreiber gezahlten, von diesen aber nicht an die Finanzämter abgeführten oder von den Finanzämtern an diese erstattete Umsatzsteuer Rückzahlungsansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung. Das Landesamt für Gesundheit
und Soziales hat Rückzahlungsansprüche für die Jahre 1990 bis 1998 in Höhe von 10 Mio. € errechnet, davon
entfällt etwa die Hälfte der Forderungen allein auf eine Wohnheimbetreiberin. Erst im März 1999 hat das Landesamt Klage auf Rückzahlung gegen einen Betreiber erhoben. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass
die Finanzämter wegen des Steuergeheimnisses nicht berechtigt waren, dem Träger der Sozialhilfe die Höhe
der zurückgezahlten Umsatzsteuer mitzuteilen. Die Wohnheimbetreiber waren zu diesen Auskünften und zur
freiwilligen Rückzahlung nicht bereit. So musste das Landesamt für Gesundheit und Soziales seine Forderungen aufwändig aus den vorhandenen Belegungszahlen berechnen. Gegenüber der größten Betreiberin hat das
Landesamt sogar erst im Juli 2001 Klage erhoben, obwohl gerade bei dieser bereits Ende 1999 Anzeichen für
eine Insolvenz erkennbar waren.
Das Landesamt hat dem Rechnungshof im August 2003 mitgeteilt, dass zwischenzeitlich alle erhobenen Klagen
zugunsten des Landes Berlin entschieden worden sind, die Beklagten, darunter die größte Wohnheimbetreiberin in Berlin bzw. deren Rechtsnachfolgerin, jedoch mittlerweile zahlungsunfähig sind. Aufgrund dieser Erfahrungen hat sich das Landesamt gezwungen gesehen, mit vier weiteren Betreibergesellschaften zur Vermeidung
der drohenden Zahlungsunfähigkeit Anfang 2003 Vergleiche zu schließen, durch die es auf den größten Teil der
Forderungen von über 2,7 Mio. € verzichtete, und zusätzlich Ratenzahlungen - teilweise bis zum Jahr 2007 wegen der restlichen 370 000 € zu vereinbaren. Regelmäßige Zahlungseingänge unterstellt, bleibt unter Berücksichtigung der Kosten für die Gerichtsverfahren im Ergebnis dennoch ein Schaden für das Land Berlin von
fast 10 Mio. €.
zu T 146:
Der vom Rechnungshof ausgewiesene Gesamtbetrag von 10 Mio. € uneinbringlicher Rückzahlungsansprüche beruht auf einem zunächst grob geschätzten Umsatzsteuervolumen. Im
Zuge der detaillierten Aufarbeitung und juristischen Bewertung der Vorgänge reduzierten
84
sich die auf der Basis der vorliegenden Verträge gerichtlich durchsetzbaren Rückzahlungsansprüche auf tatsächlich etwa 6 Mio. €.
Zur Aussage des Rechnungshofs, dass das Landesamt nicht früher die Erhebung von
Rückzahlungsklagen betrieben hat, vor allem gegenüber der größten Betreiberin – hier reduzierte sich das Rückforderungsvolumen unter Berücksichtigung der eingangs getroffenen
Feststellungen von rund 5 Mio. € um 2,3 Mio. € -, ist festzustellen, dass mit derselben Verhandlungen mit dem Ziel, einen Vergleich oder aber zumindest eine Prozessvereinbarung
abzuschließen, geführt wurden. Dieses Ziel wurde nicht erreicht; die Firma zog einen Prozess mit anschließender Insolvenz vor. Jedoch hätte auch eine frühere Klage am Ergebnis,
der Insolvenz des Unternehmens und der damit verbundenen Forderungsausfälle, nichts
geändert. Bei Unterbringungsbetrieben handelt es sich um relativ massearme Unternehmen. Eine Insolvenz wäre deshalb bei entsprechender Forderungshöhe und der durch
rückgängige Unterbringungszahlen gekennzeichneten damaligen Marktsituation durchaus
wahrscheinlich gewesen. Ein vorher eingeleiteter Prozess über den gesamten Forderungsbetrag von tatsächlich 2,67 Mio. € hätte deshalb lediglich zu höheren Prozesskosten geführt, die zu übernehmen das Land Berlin wegen der Insolvenz gezwungen gewesen wäre.
Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass Vergleiche nicht nur wegen der erfolgten
Insolvenzen abgeschlossen wurden, sondern auch zur Vermeidung weiterer langwieriger
Gerichtsverfahren mit unsicherem Ausgang und zur Absicherung zumindest eines Teils der
Forderungen.
Zu der Aussage des Rechnungshofs, dass das Landesamt durch die abgeschlossenen
Vergleiche mit vier weiteren Betreibergesellschaften „...auf den größten Teil der Forderungen von über 2,7 Mio. € verzichtete...“ ist anzumerken, dass auch hier, wie oben bereits
dargestellt, es sich bei dieser Summe um ein mögliches Rückforderungsvolumen auf der
Basis eines ursprünglich geschätzten Umsatzsteuervolumens handelte. Die detaillierte Aufarbeitung und juristische Bewertung unter Rückforderungsgesichtspunkten erfolgte erst
später und führte hier zu einer um rund 1,7 Mio. € reduzierten Summe.
T 147:
Der Rechnungshof hat beanstandet, dass die für Soziales zuständige Senatsverwaltung und das ihr nachgeordnete Landesamt für Gesundheit und Soziales nicht bereits vom 1. Juni 1995 an für eine Einstellung der Zahlung von Umsatzsteueraufschlägen auf die Unterbringungsentgelte und die rechtzeitige Erhebung von Rückzahlungsklagen gesorgt haben, sondern die Aufschläge in der Regel bis 1998 weiterhin zahlten. Der für Soziales
zuständigen Senatsverwaltung hätte zudem bekannt sein müssen, dass die Umsatzsteuerproblematik auch für
die Bezirksämter von Bedeutung war. Erst auf Drängen des Rechnungshofs hin wurden die für die Prüfung und
Bezahlung der Unterbringungsrechnungen zuständigen Bezirksämter mit Schreiben vom 8. Oktober 1999 über
die finanzielle Tragweite und den Handlungsbedarf im Falle bezirkseigener Unterbringungsverträge mit privaten
Wohnheimbetreibern durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales umfassend informiert.
zu T 147:
Mit der erfolgten „Unter Vorbehalt“-Stellung der Umsatzsteuerzahlungen wurde eine Herangehensweise getroffen, die der damaligen unübersichtlichen Rechtslage auch aus heutiger Sicht angemessen war.
Für eine vertragliche Sicherung von Rückgriffsrechten wäre eine eindeutige Rechtslage
unabdingbare Voraussetzung, um von Seiten der Wohnheimbetreiber überhaupt eventuell
die Zustimmung zu einer derartigen Änderung am privatrechtlichen Unterbringungsvertrag
zu erhalten. Die Vermutung liegt nahe, dass die Heimbetreiber auf dem vermeintlichen Vorteil eines „Festpreises“ bestanden hätten. Diese Sichtweise wird auch gestützt durch die
Urteilsbegründung des Kammergerichts zur Berufungsklage eines Wohnheimbetreibers.
Da es sich hier um Steuerfragen handelte, konnte die Pflicht zur Unterrichtung der Bezirksämter nur bei den dafür zuständigen Fachbehörden liegen.
85
T 148:
Die Senatsverwaltung für Finanzen hat die Bedeutung des Urteils des Bundesfinanzhofs vom
9. Dezember 1993 für die vom Land Berlin als Träger der Sozialhilfe mit Wohnheimbetreibern geschlossenen
Verträge verkannt. Nach ihren Angaben war sie davon ausgegangen, dass die Vertragsbeziehungen zu den
Wohnheimbetreibern in Berlin anders gestaltet sind als die in Niedersachsen, die Gegenstand des Urteils des
Bundesfinanzhofs waren. Nach Auffassung des Rechnungshofs hätte sie dennoch die Sozialbehörden über das
Urteil unterrichten müssen. Erst ein Jahr nach Zurückweisung der Revision (T 145) hat die Senatsverwaltung
der Oberfinanzdirektion im August 1996 schriftlich bestätigt, dass die Berliner Finanzämter das Urteil des Bundesfinanzhofs anzuwenden hätten.
zu T 148:
Der Rechnungshof kommt zu dem Ergebnis, dass die Senatsverwaltung für Finanzen die
Bedeutung des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 09.12.1993 – V R 38/91 – verkannt habe. Das ist nach Ansicht der Senatsverwaltung für Finanzen nicht richtig.
Nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG ist die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken umsatzsteuerfrei. Nicht befreit ist die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die
ein
Unternehmer
zur
kurzfristigen
Beherbergung
von
Fremden
bereithält
(§ 4 Nr. 12 Satz 2 UStG).
In Berlin wurden bis zum Ergehen des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 09.12.1993 Verträge zwischen Heimbetreibern und dem Land Berlin in der Weise gewürdigt, dass sie die
kurzfristige Beherbergung von Fremden regeln. Die Unterbringungsleistungen der Heimbetreiber wurden als umsatzsteuerpflichtig angesehen (so auch Urteil des Bundesfinanzhofs
vom 26.10.1989 – V R 88/86 –).
Im Januar 1994 übersandte die Oberfinanzdirektion Berlin der Senatsverwaltung für Finanzen das Urteil des Finanzgerichts Berlin vom 09.11.1993 – V 44/92 –. In diesem Urteil behandelte das Gericht die Leistungen eines Berliner Heimbetreibers als langfristige umsatzsteuerfreie Vermietungsleistungen. Es wich damit von den Grundsätzen des o. a. Urteils
des Bundesfinanzhofs vom 26.10.1989 ab, so dass durch das betroffene Finanzamt Revision eingelegt wurde. Das zwischenzeitlich ergangene Urteil des Bundesfinanzhofs vom
09.12.1993 zu einem besonders gelagerten Einzelfall aus Niedersachsen gab keine Veranlassung, die Revision zurückzunehmen und auf die Besteuerung der Berliner Heimbetreiber
zu verzichten.
Nachdem der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 21.03.1995 – XI R 24/94 – die Revision
des Finanzamts gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin vom 09.11.1993 als unbegründet zurückgewiesen und den im Streitfall geschlossenen Vertrag als langfristigen Mietvertrag mit dem Land Berlin und die nach dem Vertrag zu erbringenden Unterbringungsleistungen als umsatzsteuerfrei beurteilt hatte, hat das Landesamt für Gesundheit und Soziales, das durch den vom Beschluss betroffenen Heimbetreiber über den Beschluss unterrichtet worden war, sofort die Tagessätze unter Vorbehalt gestellt und Kontakt mit der
Steuerabteilung der Senatsverwaltung für Finanzen zur Erörterung der Folgen aus dem
Beschluss aufgenommen. In einer ersten Besprechung mit dem Landesamt für Gesundheit
und Soziales im Juni 1995 wurde durch die Senatsverwaltung für Finanzen die Auffassung
vertreten, dass der Beschluss auf alle Unterbringungsleistungen von Heimbetreibern mit
vergleichbaren Verträgen mit dem Land Berlin anzuwenden ist. Zur Vorbereitung einer entsprechenden Anweisung an die Oberfinanzdirektion Berlin ist am 08.08.1995 das Landesamt für Gesundheit und Soziales durch die Senatsverwaltung für Finanzen um Übersendung einer Liste der Heimbetreiber mit vergleichbaren Verträgen gebeten worden. Die erbetene Liste wurde vom Landesamt für Gesundheit und Soziales im Oktober 1995 übersandt. Durch notwendige weitere Erörterungen zwischen der Senatsverwaltung für Finanzen und der Oberfinanzdirektion, dem Finanzamt für Körperschaften I und dem Landesamt
für Gesundheit und Soziales hat sich die Herausgabe der Anweisung an die Oberfinanzdirektion noch bis zum 12.08.1996 verzögert. Die Anweisung gibt jedoch nur die von der Senatsverwaltung für Finanzen bereits seit Juni 1995 vertretene – dem Landesamt für Gesundheit und Soziales bereits bekannte – Rechtsauffassung wieder.
86
Bei diesem Verfahrensverlauf kann von einer Verkennung der Bedeutung des Urteils des
Bundesfinanzhofs vom 09.12.1993 – V R 38/91 – durch die Senatsverwaltung für Finanzen
und von einer mangelhaften Zusammenarbeit der Sozial- und Finanzbehörden keine Rede
sein.
T 149:
Der Rechnungshof erwartet, dass das Landesamt für Gesundheit und Soziales noch realisierbare Rückzahlungsansprüche mit Nachdruck verfolgt und dass die Sozial- und Finanzbehörden künftig besser kooperieren,
um Schaden von Berlin abzuwenden.
zu T 149:
Sämtliche Rückzahlungsansprüche sind erfasst; dies gilt auch für die Bezirksämter. Es
wurden Vergleiche geschlossen oder es werden Insolvenzverfahren begleitet.
5.
U n g e r e c h t f e r t i g t e M e h r a u s g a b e n d u r c h d i e Z u l a s s u n g vo n N e b e n t ä t i g k e i t e n m i t
dem Ziel einer zusätzlichen Vergütung der Gerichtsmediziner und Sektionsa ssistenten beim Landesinstitut für gerichtliche und soz iale Medizin
T 150:
Das Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin nimmt gerichtlich oder staatsanwaltschaftlich angeordnete Leichenöffnungen (Obduktionen/ Sektionen) vor. Gemäß § 87 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) wird die
Leichenöffnung von zwei Ärzten vorgenommen, von denen einer Gerichtsarzt oder Leiter eines öffentlichen
gerichtsmedizinischen oder pathologischen Instituts oder ein von diesem beauftragter Gerichtsmediziner des
Instituts sein muss. Beim Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin werden jeweils zwei Gerichtsmediziner tätig. Dabei übt im Wechsel immer einer die Tätigkeit als Dienstaufgabe (im Hauptamt) aus (I. Obduzent)
und der andere im Rahmen einer privaten Nebentätigkeit (II. Obduzent), für die die Justizkasse gemäß §§ 3 und
5 Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen eine Entschädigung zu leisten hat. Die
Tätigkeit der Sektionsassistenten für den II. Obduzenten wird seit 1998 ebenfalls als Nebentätigkeit anerkannt
und gesondert bezahlt. Unter Verrechnung mit den an den Landeshaushalt abgeführten Entgelten für die nichtdienstliche Inanspruchnahme von Einrichtungen und Material betrugen die an die Ärzte und Sektionsassistenten wegen ihrer Nebentätigkeit gezahlten Entschädigungen im Haushaltsjahr 2000 per Saldo 177 000 € und im
Haushaltsjahr 2003 per Saldo 196 000 €.
T 151:
Die Trennung der Tätigkeiten als I. und II. Obduzent in Hauptamt und Nebentätigkeit ergibt sich nicht aus der
StPO, sondern beruht auf einer Organisationsentscheidung der für Gesundheit zuständigen Senatsverwaltung.
Erstmals im Jahr 1996 überprüfte die Senatsverwaltung diese Entscheidung mit dem Ziel, die Wirtschaftlichkeit
der Aufgabenwahrnehmung zu erhöhen. Sie kam damals zu dem Ergebnis, dass eine Einbeziehung der Tätigkeit als II. Obduzent in das Hauptamt durch Änderung der Geschäftsverteilung möglich sei, ohne dass zusätzliches Personal eingestellt werden müsse, sodass sich Einsparungen ergäben. Zwar wurde von der Senatsverwaltung im Januar 1997 auf Abteilungsleiterebene zunächst entschieden, die Tätigkeit als II. Obduzent künftig
als Dienstaufgabe wahrnehmen zu lassen; diese Entscheidung wurde aber auf Intervention des Leiters des
Landesinstituts nicht umgesetzt.
T 152:
Der Rechnungshof hat die Senatsverwaltung im Ergebnis einer Prüfung aufgefordert, die Tätigkeit der Ärzte des
Landesinstituts auch als II. Obduzenten dem Hauptamt zuzuordnen, um unnötige Ausgaben für den Landeshaushalt zu vermeiden. Die Senatsverwaltung hat entgegnet, dass die zusätzlichen Einnahmen aus der Nebentätigkeit für die Ärzte eine notwendige zusätzliche und leistungsabhängige Motivation für ihre unangenehme
Arbeit und damit unverzichtbar seien. Zwar sei keine Wirtschaftlichkeitsberechnung durchgeführt worden, man
rechne aber aufgrund neuer Zeitaufschreibungen der Ärzte mit einem Personalmehrbedarf von ein bis zwei
Arztstellen für die dann als Dienstaufgabe wahrzunehmende Tätigkeit als II. Obduzent. Dadurch verringere sich
der zu erwartende Spareffekt. Sie befürchte außerdem Klagen der Beschäftigten, wodurch der Betriebsfrieden
nachhaltig gestört werde. Im Übrigen wolle man geplanten organisatorischen Veränderungen für die rechtsmedizinischen Institute der Länder und der Universitäten in Berlin und Brandenburg nicht vorgreifen.
T 153:
Die Argumente der Senatsverwaltung überzeugen nicht. Von jedem Bediensteten des Landes Berlin muss verlangt werden, dass er seine Aufgabe - besonders bei der derzeitigen Haushaltslage - auch ohne zusätzliche
finanzielle Motivation erfüllt. Die Angaben der Senatsverwaltung zum Personalmehrbedarf sind unsubstantiiert.
Zu erwartende organisatorische Änderungen (Fusionen) sind eher ein weiterer Grund, althergebrachte Besser-
87
stellungen einzelner Beschäftigtengruppen vorher zu beenden. Vor allem aber sprechen Rechtsgründe für die
sofortige Beendigung der Nebentätigkeiten. Die Aufgaben als II. Obduzent werden in unmittelbarem Zusammenhang mit der Dienstaufgabe, d. h. mit dem Hauptamt der Dienstkräfte, wahrgenommen. Gemäß § 3 Nebentätigkeitsverordnung sind aber Aufgaben, die für das Land Berlin wahrgenommen werden, grundsätzlich in ein
Hauptamt einzuordnen. Sie sollen nicht als Nebentätigkeit zugelassen werden, wenn sie mit dem Hauptamt im
Zusammenhang stehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Gegenstand des
Hauptamtes solche Aufgaben, die - wie im vorliegenden Fall - bei derselben Verwaltung und innerhalb dieser
bei der eigenen Dienststelle wahrzunehmen sind, eine organisatorische Einheit bilden und keinen abgegrenzten
Kreis selbstständiger Aufgaben darstellen.
T 154:
Der Rechnungshof beanstandet, dass die für Gesundheit zuständige Senatsverwaltung über Jahre ungerechtfertigte Mehrausgaben für den Landeshaushalt (Justizkasse) in Kauf genommen hat, indem sie die dem Hauptamt zuzuordnende Tätigkeit der Ärzte des Landesinstituts für gerichtliche und soziale Medizin als II. Obduzent
als gesondert vergütete private Nebentätigkeit rechtswidrig genehmigte. Er erwartet, dass diese Tätigkeit unverzüglich dem Hauptamt der Ärzte des Landesinstituts zugeordnet wird.
zu T 150 bis 154:
Nach dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZuSEG)
wurden im Jahr 2003 von der Justizkasse der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Berlin folgende Gebühren an die 9 Ärzte des Landesinstitutes für die Obduktionen ausgezahlt:
1. Obduktionsgebühren – nach dem ZuSEG festgelegte Gebühren
in Abhängigkeit vom Schwierigkeitsgrad
2. Umsatzsteueranteil – von der Justizkasse gezahlte und an das
Finanzamt weitergeleitete Umsatzsteuer
3. Aufwandsentschädigung – für die im Rahmen der Nebentätigkeit den II. Obduzenten entstandene Kosten (10 v. H. von 1.)
4. Gesamtsumme
5. abgeführtes Nutzungsentgelt – 40 v. H. an die Landeshauptkasse dazu 16 v. H. Umsatzsteuer (von 1. und 2.)
6. an die 9 II. Obduzenten gezahlte Summe, die sie selbst versteuern müssen
7. von der Justizkasse an die 6 Sektionsassistenten des Leichenschauhauses ausgezahlte Summe
8. davon 25 v. H. an die Landeskasse abgeführt
277.183,00 €
44.349,28 €
27.718,30 €
349.250,58 €
149.191,02 €
172.341,26 €
39.440,70 €
9.860,18 €
Die Senatsverwaltung hält an ihrer Auffassung fest, dass es sich bei der gesondert vergüteten genehmigten Nebentätigkeit des II. Obduzenten nicht um ungerechtfertigte Mehrausgaben für den Landeshaushalt (Justizkasse) handelt. Sie hält diese Nebentätigkeit auch nicht
für rechtswidrig.
Die Zeit für die genehmigte Nebentätigkeit wird, sofern sie während der normalen Arbeitszeit liegt, nachgearbeitet. Eine Änderung dieses Verfahrens durch eine Zuordnung der Tätigkeit des II. Obduzenten in das Hauptamt wäre somit mit einem Personalmehrbedarf verbunden. Für die Ermittlung des Umfangs des im Falle einer Zuordnung der Tätigkeit des
II. Obduzenten zum Hauptamt tatsächlich entstehenden Mehrbedarfs an Stellen wäre zunächst eine Organisationsuntersuchung durchzuführen. Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz hält den damit verbundenen Arbeits- und Kostenaufwand im Hinblick auf die beabsichtigte und in Vorbereitung befindliche Fusion mit dem
Landesinstitut für Rechtsmedizin in Brandenburg für vermeidbar. Des Weiteren wird eine
aus der Abschaffung dieser Nebentätigkeit voraussichtlich erwachsende Notwenigkeit zur
Neueinstellung von Personal im Vorfeld der beabsichtigten Fusion nicht für sinnvoll gehalten. Im Rahmen der Fusion ist eine Vereinheitlichung der bestehenden Nebentätigkeitsregelungen in beiden Bundesländern unter Berücksichtigung der bundesweit existierenden
unterschiedlichen Verfahrensweisen beabsichtigt.
88
Seit 1995 wurde geprüft, ob die Tätigkeit des II. Obduzenten dem Hauptamt zugeordnet
werden kann. Dies wäre rein rechtlich möglich. Nach juristischer Prüfung ist jedoch auf
Grund der bisher geübten Praxis (seit Bestehen des Instituts) bei langjährig Beschäftigten
von Klageerhebungen mit Aussicht auf Erfolg auszugehen. Dies würde die angestrebte
Einsparung relativieren und auch der damit verbundene zeitliche und finanzielle Aufwand
für das Land Berlin wird vor dem Hintergrund der beabsichtigten Fusion für entbehrlich gehalten.
Der Argumentation des Rechnungshofs, dass von jedem Bediensteten des Landes Berlin
verlangt werden muss, dass er seine Aufgabe besonders bei der derzeitigen Haushaltslage
auch ohne zusätzliche Motivation erfüllt, wird grundsätzlich gefolgt. Wie bereits ausgeführt,
gehörte die Tätigkeit des II. Obduzenten jedoch seit Gründung des Instituts zu keiner Zeit
zur Dienstaufgabe.
Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz hält deshalb das
möglicherweise aufwendigere Verfahren im Sinne der Sicherstellung und Qualitätssicherung in der Gerichtsmedizin für notwendig und vor dem Hintergrund der beabsichtigten Fusion mit dem Landesinstitut für Rechtsmedizin Brandenburg weiterhin bis zu einer länderübergreifenden Neuregelung für gerechtfertigt.
Unabhängig davon wird zur Zeit geprüft, ob die unter Ziffer 3 genannte Aufwandsentschädigung noch notwendig ist. Hier wird die ersatzlose Streichung angestrebt.
E. Bildung, Jugend und Sport (einschließlich Familie)
1.
U n t e r l a s s e n e P r ü f u n g e n d e r A b r e c h n u n g e n f r e i e r T r ä g e r vo n K i n d e r t a g e s s t ä t ten
Die für Jugend zuständige Senatsverwaltung hat die Förderung der Kindertagesstätten freier Träger
durch Zuwendungen beendet und zum 1. Januar 1999 eine leistungsvertragliche Entgeltfinanzi erung vereinbart. Sie hat die Abrechnungen der freien Träger über Jahre nicht geprüft, obwohl sie
selbst mit Rückzahlungsansprüchen in Millionenhöhe rechnete. Damit hat sie erhebliche fi nanzielle
Nachteile für das Land Berlin in Kauf genommen. Die Umstellung der Finanzierung, verbunden mit
einer neu vereinbarten Berechnung der Platzkosten als Bezugsgröße, hat zu einer Ausgabensteig erung von 184 Mio. € im Jahr 1998 auf 250 Mio. € im Jahr 2003 maßgeblich beigetragen.
T 155:
Bis Ende 1998 gewährte das Land Berlin freien Trägern von Kindertagesstätten Zuwendungen in Form sog.
Platzgeldzuschüsse für den Betrieb ihrer Einrichtungen. Der Förderung lag ursprünglich das Konzept einer
paritätischen Drittelfinanzierung durch Kostenbeiträge der Eltern der betreuten Kinder, Eigenmittel der freien
Träger und Zuschüsse Berlins zugrunde. Im Laufe der Jahre hat sich das Finanzierungsverhältnis stetig zulasten des Landes Berlin verschoben. Die Platzgeldzuschüsse betrugen - von Sonderprogrammen abgesehen zuletzt 67,5 v. H. und somit mehr als zwei Drittel der Gesamtfinanzierung.
Nach mehrjährigem Drängen der Verbände der freien Träger auf höhere Kostenübernahme hat die für Jugend
zuständige Senatsverwaltung zum 1. Januar 1999 von der in § 24 Abs. 1 Kindertagesbetreuungsgesetz (KitaG)
vorgesehenen Wahlmöglichkeit Gebrauch gemacht und die Finanzierung von Zuwendungen auf Leistungsverträge umgestellt. Das bedeutet, dass Berlin als Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht mehr die Tätigkeit
der Träger der freien Jugendhilfe durch anteilige Zuschüsse fördert, sondern sich von den freien Trägern zur
Erfüllung seiner eigenen öffentlichen Aufgaben Leistungen der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen
gegen Entgelt erbringen lässt. In den abgeschlossenen Rahmenvereinbarungen ist eine Trägermitfinanzierung
in Höhe von 9 v. H. der pauschalierten Gesamtkosten vorgesehen. Der Elternanteil wird mit 13 v. H. als sog.
Beitragsquote unterstellt, das Land Berlin erstattet den Trägern 78 v. H. der Kosten, tritt aber im Rahmen des
zugesagten Kostendeckungsgrades von 91 v. H. der Gesamtkosten für Ausfälle der Elternbeiträge ein. Die
Belastung Berlins ist somit von 67,5 v. H. auf 78 bis 91 v. H. erhöht worden.
zu T 155:
Der Rechnungshof bemängelt, dass sich im Laufe der Jahre die ursprünglich paritätische
Drittelfinanzierung - bestehend aus Kostenbeiträgen der Eltern, Eigenmitteln der Träger
und Zuschüsse des Landes - stetig zu Lasten des Landes verschoben hat. Verglichen werden dabei die Kostenanteile Berlins unter den Gegebenheiten der Zuwendungsfinanzierung
89
in Form von Platzgeldzuschüssen mit denen nach Umstellung der Finanzierung auf Leistungsverträge. Der Rechnungshof kommt zu dem Schluss, dass die Belastungen Berlins
von 67,5 v. H. an der Gesamtfinanzierung auf inzwischen 78 bis 91 v. H. angestiegen sind.
Die Kostenanteile Berlins sind im Vergleich Platzgeldbezuschussung - leistungsvertragliche
Finanzierung tatsächlich gestiegen. Dieser Vergleich lässt aber außer acht, dass es in der
zurückliegenden Zeit neben der Platzgeldbezuschussung in der Kindertagesbetreuung
durch freie Träger zwei weitere Finanzierungsformen gab, bei denen nicht von einer Steigerung der Kostenanteile Berlins auszugehen ist: die Fehlbedarfsfinanzierung, bei der die
Höhe der Kostenanteile Berlins nicht verifizierbar ist, und die Finanzierung nach der 1992
mit der Liga abgeschlossenen Vereinbarung über die Herstellung der Träger- und Angebotsvielfalt mit einer Übernahme der Platzkosten zu 78 v. H., bei der die Kostenanteile Berlins im Vergleich zur heutigen leistungsvertraglichen Finanzierung grundsätzlich konstant
geblieben sind. Die vom Rechnungshof angeführte Steigerung der Kostenanteile Berlins
auf bis zu 91 v. H. unterstellt, dass die Kostenbeiträge der Eltern, die pauschal mit 13 v. H.
angenommen werden, nicht erhoben werden und das Land dann als „Ausfallbürge“ gegenüber den Trägern eintritt. Trotz der Schwierigkeiten, welche die freien Träger bei der Berechnung der Elternbeiträge haben (darauf wird in der Stellungnahme zu T 160 eingegangen), gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass Elternbeiträge generell nicht erhoben werden würden.
T 156:
Die Umstellung der Finanzierung von Zuwendungen auf Leistungsverträge von 1999 an war von folgender Ausgabenentwicklung begleitet:
Ansicht 41:
Haushaltsjahr
Ausgaben für Kindertagesstätten freier Träger
Ist-Ausgaben
- Mio. € -
Veränderungen gegenüber 1998
v. H.
—
—
1998
184,32
1999
199,39
+15,07
+8,2
2000
216,16
+31,84
+17,3
2001
224,41
+40,09
+21,8
2002
242,53
+58,21
+31,6
2003
250,19
+65,87
+35,7
Dieser steile Ausgabenanstieg beruht in erster Linie auf der Umstellung der Finanzierung sowie einer neu vereinbarten Berechnung der Platzkosten als Bezugsgröße. Letztere führte zu einem Anstieg der durchschnittlichen Platzkosten von 4 510 € im Jahr 1998 über 4 908 € im Jahr 1999 auf 5 344 € in den Jahren 2002
und 2003. Des Weiteren trug auch die vom Senat beschlossene Ausweitung des Platzangebots bei den freien
Trägern bei gleichzeitiger Reduzierung des Angebots der städtischen Kindertagesstätten zu dem Ausgabenanstieg bei.
T 157:
Die Senatsverwaltung vertritt die Einschätzung, dass die in der Liga zusammengeschlossenen Spitzenverbände
der freien Wohlfahrtspflege in Berlin zu einer Fortführung der Zuwendungsförderung nicht bereit gewesen wären. Sie ist der Ansicht, dass sich durch die geplante Übertragung eines großen Teils der städtischen Kindertagesstätten auf die freien Träger erhebliche Einsparungen ergeben werden, weil diese 9 v. H. der pauschalierten
Gesamtkosten selbst tragen.
Der Rechnungshof hält es für zweifelhaft, ob sich diese Erwartung erfüllen wird. So ist ungewiss, ob die freien
Träger auf Dauer bereit sind, diese Mitfinanzierung zu erbringen. Ferner wird die Senatsverwaltung sorgfältig zu
prüfen haben, ob die pauschalierten Gesamtkosten als Berechnungsgrundlage für die Entgelthöhe nicht über
den tatsächlich anfallenden Kosten liegen und ob die Leistungen in der Qualität erbracht werden, die der Kostenermittlung und Vergütung zugrunde gelegt wurde. Weiterhin muss sie die zutreffende Ermittlung und Erhebung der nach dem Einkommen gestaffelten Elternbeiträge durch die freien Träger und deren Angaben zu Art
und Umfang der Platzbelegung überprüfen. Diese Kontrollaufgaben erfordern einen Personaleinsatz, dessen
Kosten der Mitfinanzierungsquote der freien Träger gegenüberzustellen sind. Auch sind umsatzsteuer- und
vergaberechtliche Fragen zu klären.
90
zu T 156 und 157:
Es ist richtig, dass die durchschnittlichen Platzkosten von 4.510 € im Jahr 1998 auf 5.344 €
in den Jahren 2002 und 2003 angestiegen sind. Das Abgeordnetenhaus stimmte Mehrausgaben zu Beginn der Finanzierungsumstellung zu, um den Trägern zur Erfüllung der fachlichen Zielrichtung, das Angebot im Interesse der Flexibilisierung weiter zu differenzieren,
mehr Planungs- und Finanzierungssicherheit zu geben. Der Platzgeldanstieg im weiteren
Verlauf erklärt sich aus regelmäßigen Personalkostenanpassungen, die von der Senatsinnenverwaltung ermittelt werden, aus Preisanpassungen in Bezug auf die Sachkosten
und aus der auch vom Parlament gewollten Erhöhung der Qualitätsansprüche an die pädagogische Arbeit in Bezug auf den Bildungsauftrag (insbesondere Sprachförderung) und die
Integrationsaufgaben der Kindertagesstätten. Abgesehen davon gab es auch bedarfsabhängige Erhöhungen der Betreuungszahlen gerade in den personalintensiven Betreuungsstufen Krippe und Kindergarten, die zu einer Erhöhung der durchschnittlichen Platzkosten
beigetragen haben.
Neben der allseits akzeptierten Platzkostenerhöhung hat auch der vom Senat beschlossene Übertragungsprozess städtischer Kindertagesstätten auf freie Träger folgerichtig zu einem Anstieg der Ist-Ausgaben für Kindertagesstätten freier Träger geführt - von 184 Mio. €
im Jahr 1998 auf 250 Mio. € im Jahr 2003.
Durch die gesonderte Betrachtung kam der Rechnungshof zwangsläufig zu kritischen Einschätzungen des Ausgabenanstiegs bei den Kindertagesstätten freier Träger. Die Bewertung relativiert sich erst durch den vom Rechnungshof nicht angestellten Kostenvergleich in
Bezug auf städtische Kindertagesstätten. Mit dem selben Ausgangspunkt der Erhöhung der
Betreuungskosten bei freien Trägern stellte die Senatsfinanzverwaltung beispielhaft für das
Haushaltsjahr 2002 fest (entnommen aus „Was kostet wo wie viel?“, Seite 91 ff.):
Das Land Berlin muss für die Finanzierung einer Betreuungsstunde



in einer bezirklichen Krippe im Schnitt 1,24 € (entspricht 33,3 v. H.) mehr,
in einem bezirklichen Kindergarten im Schnitt 0,31 € (entspricht 10,8 v. H.) mehr,
in einem bezirklichen Hort im Schnitt 0,24 € (entspricht 9,1 v. H.) weniger
aufwenden als für die gleiche Leistung bei einem freien Träger.
Die Senatsfinanzverwaltung kam zu dem Schluss - Zitat ebenda, Seite 93: „Tatsächlich
wenden die Bezirke in zwei von drei betrachteten Altersgruppen (Krippe und Kindergarten)
mehr Ressourcen pro Betreuungsstunde auf als den freien Trägern vom Land Berlin zur
Verfügung gestellt wird. Gleichzeitig bedeutet dieser Umstand, dass die Kindertagesbetreuung durch freie Träger in diesen Altersklassen die für den Steuerzahler tendenziell
günstigere Vorgehensweise ist.“ Insofern wurden insbesondere aus fiskalischer Sicht folgerichtige Entscheidungen getroffen, die Hälfte der ursprünglich kommunalen Plätze auf freie
Träger zu übertragen bzw. die Horte in die öffentliche Zuständigkeit, hier von Schule, zu
nehmen.
T 158:
Die mit den Verbänden der freien Träger abgeschlossene Rahmenvereinbarung über die Finanzierung und
Leistungssicherstellung der Kindertagesstätten der freien Jugendhilfe (Kita-Rahmenvereinbarung) sowie die
Rahmenvereinbarung über die Unterstützung, Finanzierung und Leistungssicherstellung der Eltern-InitiativKindertagesstätten (EKT-Rahmenvereinbarung) sehen übereinstimmend die Vorlage eines Leistungsnachweises bis zum 31. März des auf das Abrechnungsjahr folgenden Jahres vor. Ergibt sich aus der Abrechnung eines
Trägers, dass die vom Land Berlin geleisteten Zahlungen die tatsächlich zu erstattenden Kosten wegen Änderungen in der Belegung über- oder unterschritten haben, wird der erforderliche Ausgleich durch Verrechnung
mit der Kostenerstattung für das Folgejahr vorgenommen. Nur in der Kita-Rahmenvereinbarung ist ergänzend
vorgesehen, dass die sich bei Über- und Unterzahlungen ergebenden Differenzbeträge, die weniger als 5 v. H.
der dem jeweiligen Trägervertrag zugrunde gelegten Kostendeckungssumme betragen, nicht ausgeglichen
werden. Dieser sog. Swing wurde in der Annahme vereinbart, dass sich Über- und Unterzahlungen im Wesentlichen ausgleichen werden. In der Praxis hat sich dies allerdings nicht bestätigt. Per Saldo ergaben sich in den
Jahren 1999 und 2000 Überzahlungen von zusammen fast 1 Mio. €, die das Land Berlin wegen des Swing von
den Trägern nicht zurückgefordert hat. Die Senatsverwaltung hat inzwischen selbst erkannt, dass diese zur
91
Vermeidung von Verwaltungsaufwand gedachte Vereinfachungsregelung von den Trägern der Kindertagesstätten zu ihren Gunsten beeinflusst wird, und im Jahr 2002 die Zustimmung der Verbände zur Streichung des
Swing angestrebt. Das ist ihr bisher nicht gelungen.
zu T 158:
Nach dem sogenannten Swing werden die sich aus Über- und Unterzahlung entstehenden
Differenzbeträge, die weniger als 5 v. H. der dem Trägervertrag zugrundeliegenden Kostendeckungssumme ausmachen, nicht ausgeglichen. Die Swing-Regelung diente ursprünglich der Verwaltungsvereinfachung. Da nicht eindeutig zu klären ist, ob die Träger den
Swing zu ihren Gunsten ausnutzen - zumindest die vielen kleinen Träger bestreiten dies mit
Hinweis auf die zu geringe Verfügungsmasse vehement -, wird für künftige Vereinbarungen
von einer genaueren Kostenverrechnung ausgegangen und damit eine Abschaffung der
Swing-Regelung angestrebt.
T 159:
In den Rahmenvereinbarungen ist zu den Leistungsnachweisen (Abrechnungen) ein Prüfungsrecht für das
Land Berlin vereinbart. Danach kann die Senatsverwaltung die für die Berechnung der finanziellen Beteiligung
Berlins maßgeblichen Unterlagen einsehen. Jährlich wurden Leistungsnachweise für durchschnittlich
1 100 Einrichtungen vorgelegt.
Aufgrund der Anzeige eines Mitarbeiters eines freien Trägers, die zur Aufdeckung einer Überzahlung von
15 500 € führte, hat der Rechnungshof untersucht, ob und wie die Senatsverwaltung von ihrem Prüfungsrecht
Gebrauch macht. Dabei stellte sich heraus, dass sie für den Zeitraum 1999 bis 2001 lediglich die Leistungsnachweise von drei Einrichtungen abschließend geprüft hatte und sich in allen diesen Fällen Rückforderungen
zugunsten des Landes Berlin ergeben hatten. Die Senatsverwaltung hatte daraufhin im April 2002 verbindliche
Vorgaben zum Umfang der insgesamt zu prüfenden Einrichtungen festgelegt. Danach sind die Abrechnungen
von 10 v. H. der Einrichtungen (davon mindestens die Hälfte größer als 60 Plätze) für das Vertragsjahr 2001,
7 v. H. der Einrichtungen für das Vertragsjahr 2000 und 5 v. H. der Einrichtungen für das Vertragsjahr 1999 zu
prüfen. Die Senatsverwaltung erwartete bei der Umsetzung der Prüfungen nach diesen Vorgaben bereits im
Jahr 2002 Rückforderungen in Millionenhöhe.
Diese von ihr verbindlich festgelegte Prüfquote besteht bisher allerdings nur auf dem Papier. Bislang sind keine
weiteren Prüfungen der Abrechnungen von ca. 1 100 Einrichtungen mit einem jährlichen Ausgabevolumen in
dreistelliger Millionenhöhe (T 156) abgeschlossen worden. Schon die wenigen durchgeführten Prüfungen zeigen aber, dass die Abrechnungen der Träger dringend überprüft werden müssen, um Überzahlungen zulasten
Berlins zu begegnen.
Die Senatsverwaltung hat nunmehr mitgeteilt, mit der stichprobenweisen Prüfung der Leistungsnachweise für
das Vertragsjahr 2001 von 128 Einrichtungen begonnen zu haben. Wegen akuten Personalmangels sei es ihr
nicht gelungen, auch Prüfungen zu den vorangegangenen Jahren durchzuführen. Für das Vertragsjahr 2002
habe sie aus demselben Grund bisher noch keine Prüfungsvorgaben festgesetzt.
zu T 159:
In § 7 Abs. 6 der Kita / EKT-Rahmenvereinbarung hatte sich Berlin vorbehalten, „die für die
Berechnung der finanziellen Beteiligung Berlins maßgeblichen Unterlagen einzusehen.“
Hier wurde also nur das Recht auf eine prinzipielle Prüfung verankert. Davon wurde in der
Vergangenheit immer dann Gebrauch gemacht, wenn Zweifel an der Plausibilität der Angaben für den Trägervertrag bestanden. Hinweise auf eine fehlende Korrektheit von Belegungsmeldungen und der Berechnung der Elternbeiträge führten dann zur Anordnung der
vom Rechnungshof beschriebenen erweiterten Stichproben.
Die praktische Umsetzung des Prüfrechts durch das Landesjugendamt hat sich allerdings
als ein sehr aufwendiges Verfahren erwiesen. Zur Zeit sind die Prüfungen von
128 Einrichtungen für das Vertragsjahr 2001 in der Bearbeitung. Es hat sich bereits vor
einem Jahr herausgestellt, dass diese Aufgabe mit der vorhandenen Personalkapazität in
dem angestrebten Umfang nicht leistbar ist. Für die Sachbearbeitung ist im Augenblick eine
Fallzahl von ca. 150 Einrichtungen je Stelle zu leisten. (Trotz der Erhöhung der zu bearbeitenden Plätze von 40.600 in 1999 auf nunmehr (in 2004) 50.000 Plätze wurde die Zahl der
Sachbearbeiterinnen nicht erhöht.) Bei einer so hohen Fallzahl können kaum zusätzliche
Prüfungen durchgeführt werden. Das Problem ist bekannt und eine entsprechende Forderungen nach zunächst befristeter Aufstockung aus dem Personalüberhang wurde gestellt.
92
Soweit möglich werden von den vorhandenen Sachbearbeitern/innen laufend die anstehenden Prüfungen des Jahres 2001 durchgeführt.
Es ist jedoch sicher davon auszugehen, dass die Regelwidrigkeiten in dem Maße abnehmen, wie die Konsequenzen als Ergebnis durchgeführter Prüfungen von den Trägern hingenommen werden müssen. Die Liga und Dachverbände informieren ihre Träger kontinuierlich über die Folgen unsachgemäßer Verfahren für deren Weiterexistenz.
Die Prüfungen werden erforderlich, weil die Erteilung der Bedarfbescheide durch das Jugendamt und die Finanzierung der belegten Plätze durch das Landesjugendamt (ab
01.06.2004 Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport) zwei getrennte Verfahren
sind.
Die künftige Gutscheinfinanzierung bedeutet in diesem Zusammenhang insofern eine Verwaltungsvereinfachung, als die Prüfung, ob der Platzbelegung in jedem Einzelfall der entsprechende Bescheid zugrunde liegt, entfallen kann, wenn nur noch eine Jugendhilfebehörde, das Jugendamt, für die Gutscheinvergabe und die daraus folgende Finanzierung
zuständig sind. Dadurch erübrigt sich eine zusätzliche Kontrolle der tatsächlichen In Anspruchnahme der Plätze.
Der Rechnungshof kritisiert, dass die Abrechnungen der freien Träger für
ca. 1.100 Einrichtungen seit Jahren nicht geprüft worden sind, obwohl mit Rückzahlungsansprüchen in Millionenhöhe zu rechnen war.
Der beim „Zentralen Personalüberhangmanagement“ (ZeP) am 19.02.04 beantragte Übergangseinsatz für 5 Personalüberhangkräfte wurde am 17.03.2004 für den Zeitraum vom
01.04.2004 bis zum 31.03.2005 genehmigt. Bisher konnten vier Übergangseinsätze mangels entsprechender Zuversetzungen von Personalüberhangkräften aus den Dienststellen
noch nicht besetzt werden. Trotzdem ist es der Arbeitsgruppe zwischenzeitlich gelungen,
die prozentuale Prüfquote von 10 v. H. (Stand: 19.02.2004) auf derzeit 25,7 v. H. der 128
zu prüfenden Einrichtungsanzahl zu steigern. Dieser Trend kann aber künftig nicht als
Maßstab dienen, da das laufende Geschäftsverfahrens vorrangig zu gewährleisten sein
wird und die erforderliche Personalverstärkung bisher nicht in vollem Umfang erfolgt ist.
T 160:
Mängel in den Trägerabrechnungen ergeben sich vor allem aus der Berechnung der Kostenbeteiligung der
Eltern nach Maßgabe des Kita- und Tagespflegekostenbeteiligungsgesetzes (KTKBG). Nach § 27 Abs. 2 KitaG
und den Rahmenvereinbarungen ist der Träger der Einrichtung verpflichtet, die Kostenbeteiligung der Eltern
nach dem KTKBG zu ermitteln. Das vereinbarte Prüfungsrecht Berlins (T 159) bezieht sich ausdrücklich auch
auf die richtige Zuordnung zu Einkommensgruppen und zu eventuellen Familienermäßigungen und Härtefällen.
Der Rechnungshof hat von den bereits vorliegenden Abrechnungsunterlagen für das Jahr 2001 stichprobenartig
die Berechnung der Kostenbeteiligung durch die Träger in drei exemplarischen Fällen überprüft. Bei einem
Volumen von insgesamt 640 000 € hat sich ein vorläufiger Rückforderungsbetrag von 170 000 € ergeben. Dabei
resultiert der größte Teil der Rückforderungssumme aus dem Umstand fehlender Einkommensunterlagen der
Eltern und der für diesen Fall vorgeschriebenen Festsetzung des jeweiligen Höchstsatzes. Der Rechnungshof
geht davon aus, dass es sich bei dem Ergebnis seiner Stichprobe nicht nur um ein Zufallsergebnis handelt. Er
hat die Senatsverwaltung daher auch aufgefordert, der Frage nachzugehen, ob die freien Träger mehrheitlich
personell und fachlich überhaupt in der Lage sind, die Kostenbeteiligung der Eltern zutreffend zu ermitteln und
festzusetzen.
Die Senatsverwaltung teilt die Einschätzung, dass die freien Träger zum Teil kaum in der Lage sind, die Kostenbeiträge richtig zu berechnen. Sie will dieses Problem im Rahmen der geplanten Gutscheinfinanzierung
(„Kita-Card“) dadurch lösen, dass die Ausgabe der Gutscheine mit der Festsetzung der Elternbeiträge durch die
Jugendämter verbunden wird und die Träger so über die Höhe der von ihnen einzuziehenden Beiträge informiert werden.
93
zu T 160:
Die Einschätzung des Rechnungshofs, dass die freien Träger gravierende Schwierigkeiten
haben, die Kostenbeiträge der Eltern richtig zu berechnen, wird geteilt. Die Festsetzung der
Elternbeiträge soll deshalb künftig durch die Jugendämter erfolgen. Die Träger sollen dann
über die Höhe der von ihnen einzuziehenden Beträge informiert werden, und sie erhalten
künftig nur noch den Differenzbetrag als Zuschuss (Gutscheinfinanzierung). Die hier beschriebene Änderungen der Verfahrensweise ist mit dem Kita-Reformgesetz vorgesehen,
das bereits im Entwurf vorliegt und sich in der hausinternen Diskussion befindet.
T 161:
Nach dem Haushaltswirtschaftsrundschreiben 2002 der Senatsverwaltung für Finanzen hatte die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport eine pauschale Minderausgabe von 2,6 Mio. € zu erbringen. Diese ist in
voller Höhe bei dem Titel, aus dem die Betriebskosten der Tageseinrichtungen für Kinder nach dem KitaG zu
erstatten sind, als Verfügungsbeschränkung angebracht worden, da hier nach Prüfung der Leistungsnachweise
mit kalkulierten Einnahmen (Rückforderungen) in Millionenhöhe gerechnet wurde (T 159). Anfang Dezember 2002 hat die Senatsverwaltung die Aufhebung der pauschalen Minderausgabe mit der Begründung beantragt, dass die noch im August abgegebene Einschätzung über zu erwartende Rückforderungen aus der Prüfung der Leistungsnachweise der Träger von Kindertagesstätten nicht mehr kassenwirksam erzielt werden
kann. Die Senatsverwaltung für Finanzen hat dies mit Schreiben vom 18. Dezember 2002 abgelehnt, da bereits
Ende Oktober 2002 abzusehen war, dass die veranschlagten Haushaltsmittel bei diesem Titel in vollem Umfang
benötigt werden und die Verfügungsbeschränkung nicht verlagert worden ist. Die Senatsverwaltung hat somit
die für das Jahr 2002 vorgesehene pauschale Minderausgabe von 2,6 Mio. € nicht erwirtschaftet. Nach den
Erkenntnissen des Rechnungshofs hätte dies vermieden werden können, wenn die Verwaltung die zur Prüfung
der Leistungsnachweise getroffenen Vorgaben zügig umgesetzt hätte.
zu T 161:
Es ist richtig, dass die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport in Erwartung von
Rückzahlungen eine zu erbringende Pauschale Minderausgabe (PMA) von 2,6 Mio. € bei
Kapitel 10 44, Titel 671 09 angebracht hatte und diese aufgrund der Verzögerungen bei
den Prüfungen dort nicht erbringen konnte. Es ist nicht richtig, dass diese PMA nicht erbracht wurde. Die Kritik der Senatsverwaltung für Finanzen richtete sich darauf, dass diese
PMA dem oben genannten Titel und nicht anderweitig zugeordnet worden war. Sie musste
daher anderweitig erwirtschaftet werden.
Zu den Gründen für die Verzögerung der Prüfungen und Rückforderungen wird auf die
Antwort zu T 159 verwiesen.
T 162:
Der Rechnungshof beanstandet, dass die Senatsverwaltung

die Abrechnungen der freien Träger für ca. 1 100 Einrichtungen mit einem jährlichen Haushaltsvolumen
in dreistelliger Millionenhöhe fast ausnahmslos nicht geprüft hat, obwohl sie selbst mit Rückzahlungsansprüchen in Millionenhöhe rechnete und

eine von der Senatsverwaltung für Finanzen vorgegebene pauschale Minderausgabe von 2,6 Mio. € im
Jahr 2002 deswegen nicht erbracht hat.
Der Rechnungshof erwartet, dass die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport unverzüglich und in
angemessenem Umfang die Abrechnung der freien Träger von Kindertagesstätten prüft und ggf. Rückforderungen geltend macht.
zu T 162:
Auf die Antworten zu T 159 und 161 wird verwiesen.
94
2.
Organisatorische Mängel in Oberstufenzentren
In Oberstufenzentren sind die Arbeitsabläufe sehr aufwändig und unübersichtlich organisiert. Die
Erfüllung des Unterrichtsstundensolls der Lehrer wird überwiegend nicht kontrolliert. Personalko sten von bis zu 1,4 Mio. € jährlich könnten eingespart werden, wenn die Senatsverwaltung für Bi ldung, Jugend und Sport den Vorschlägen des Rechnung shofs folgt.
T 163:
In Oberstufenzentren (OSZ) sind berufsbildende Schulen (z. B. Berufsschulen, Berufsfachschulen und Fachoberschulen) unter einer gemeinsamen Schulleitung organisatorisch zusammengefasst. Die einzelnen OSZ
sind jeweils Berufsfeldern zugeordnet. Im Haushaltsplan 2002/2003 waren 34 OSZ ausgewiesen. Der Rechnungshof hat an ausgewählten OSZ die Aufbau- und Ablauforganisation, den allgemeinen Stellenbedarf, die
Erfüllung des Unterrichtsstundensolls, die tatsächliche Inanspruchnahme von Anrechnungsstunden und die
Gründe für den Unterrichtsausfall geprüft. Die bei den Prüfungen gewonnenen Erkenntnisse haben teilweise
übergeordnete Bedeutung.
T 164:
Für eine Ausbildung an Fachoberschulen sowie an Berufsfachschulen melden sich die Interessenten an einem
OSZ des jeweiligen Berufsfeldes an. Die Zahl der Bewerber übersteigt deutlich die Zahl der zur Verfügung stehenden Plätze. Der jeweilige Vergabeausschuss entscheidet über die Aufnahme der Bewerber aufgrund deren Eignung, die anhand der Durchschnittsnote der bisherigen schulischen Leistungen ermittelt wird. Das Bewerbungs- und Auswahlverfahren ist insgesamt sehr zeitaufwändig und bindet umfangreiche Personalkapazitäten, zumal Mehrfachbewerbungen vorkommen. Zum Schuljahresbeginn treten nicht alle Schüler ihren Bildungsgang an, sodass Plätze unbesetzt bleiben und ein aufwändiges Nachrückverfahren durchgeführt wird. Da die
Daten der Schüler in jeder Schule aufgenommen werden, führt dies zu einem erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand.
Der Rechnungshof hat die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport aufgefordert, für den notwendigen
Abgleich der Schülerdaten eine IT-unterstützte zentrale Datenbank einzurichten, auf die alle beteiligten Schulen
zugreifen können. Die Senatsverwaltung hat in ihrer Stellungnahme ausgeführt, dass sie für einige Berufsfelder
Leitschulen eingerichtet habe, die eine zentrale Vergabe von Schülerplätzen organisieren. Außerdem werde die
Schulaufsicht den IT-Einsatz in den Leitschulen unterstützen.
zu T 164
Bislang gewonnene Erfahrungen aus den Aufnahmeverfahren fließen in die durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport zu erlassende Rechtsverordnung für die betreffenden Bildungsgänge ein.
Das dargestellte Problem des Abgleichs der Bewerberdaten zur Aufnahme in die Fachoberschule bzw. Berufsfachschule stellt sich nach den Erfahrungen der Schulaufsicht nur in
den Berufsfeldern Wirtschaft und Verwaltung sowie Sozialwesen.
In diesen Berufsfeldern wurden für die Aufnahme der Bewerberinnen und Bewerber Leitschulen eingerichtet, die die zentrale Vergabe der Schülerplätze organisieren.
Die Forderung nach einer Datenbank zur Registrierung und Verteilung der Schülerbewerbungen deckt sich mit den Absichten der Schulaufsicht. Zurzeit besteht die Absicht, eine
entsprechende Software als Schülerprojekte an einschlägigen beruflichen Schulen entwickeln zu lassen.
Die Dauer für die Erstellung einer solchen Datenbank in eigener Regie kann zur Zeit noch
nicht abgeschätzt werden
T 165:
Die Senatsverwaltung hat jeweils ein bis zwei Lehrer pro Bezirk an ausgewählten berufsbildenden Schulen mit
der Aufgabe des Schullaufbahnberaters betraut, der Auskünfte über die verschiedenen Bildungsgänge im
berufsbildenden Schulwesen geben soll. Das Beratungsangebot richtet sich an Schüler und Eltern aus allen
Bezirken. Nach den Organisationsrichtlinien kann diese zusätzliche Aufgabe je nach Zahl der zu betreuenden
Schulen mit wöchentlich bis zu acht Anrechnungsstunden berücksichtigt werden; in der Regel sind es
vier Stunden. Darüber hinaus bietet auch die Schulaufsicht zu Themen der schulischen Aus- und Fortbildung
regelmäßige Sprechstunden an, die intensiv nachgefragt werden. Ergänzend erteilen die Berufsberater der
Agenturen für Arbeit unter Berücksichtigung der Eignung und Leistungsfähigkeit der Bewerber Rat und Auskunft
95
zu Fragen der Ausbildungsförderung und der schulischen Bildung, soweit sie für die Berufswahl und die berufliche Bildung von Bedeutung sind.
Um Doppelangebote Berlins zu vermeiden, hat der Rechnungshof gefordert, die dezentrale Aufgabe des Schullaufbahnberaters zu überprüfen; bei einem Wegfall hätten allein 64 Wochenstunden mit Personalausgaben von
109 000 € im Schuljahr 2002/2003 eingespart werden können (2,67 Stellen/Vollzeitlehrereinheiten). Die Senatsverwaltung hält die dezentrale Schullaufbahnberatung zurzeit wegen der Einführung des neuen Schulgesetzes
für notwendig, hat aber zugesagt, sie in drei Jahren aufgabenkritisch zu überprüfen.
zu T 165:
Aufgabe der Schullaufbahnberater ist es, Eltern und Schüler über Schulpflichterfüllung,
Schullaufbahnen, Abschlüsse und nachträglichen Erwerb von schulischen Qualifikationen zu
beraten. Es besteht kein gesetzlicher Auftrag für die Berufsberater bei den Agenturen für
Arbeit, über schulische Laufbahnen und Abschlüsse zu beraten. Die Aufgabe der Berufsberater ist so angelegt, dass sie Jugendliche unter Berücksichtigung von Eignung und Leistung
in das Ausbildungssystem vermitteln. Hierzu bedarf es sicher umfangreicher berufskundlicher Kenntnisse, die Schulaufsichtsbeamte und Schullaufbahnberater wegen eines anderen
Beratungsgegenstandes, nämlich Beratung über Schullaufbahnen und schulische Abschlüsse, nicht haben müssen.
Aufgrund des regelmäßigen Rückganges an Ausbildungsplätzen im dualen System im Land
Berlin wird die vornehmliche Aufgabe der Berufsberater bei den Agenturen für Arbeit zukünftig darin bestehen, durch ein Profiling der Ausbildungsplatzsuchenden eine dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt entsprechende und geeignete Maßnahme zu finden.
Die Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport hat in Reaktion auf den Rückgang der
dualen Ausbildungsplätze das Angebot an berufsqualifizierenden Maßnahmen mit beruflicher Teil- und Vollqualifizierung systematisch ausgebaut. Es sind keine zusätzlichen Anrechnungsstunden angefallen. Seit 2000 betragen die Anrechnungsstunden für die Schullaufbahnberater an den Oberstufenzentren 76 Wochenstunden. Durch die Wandlung des
Beratungsgegenstands hat es keine Ausweitung von Ermäßigungsstunden gegeben.
Diese schulischen Maßnahmen vermitteln darüber hinaus schulische Abschlüsse, die vom
erweiterten Hauptschulabschluss bis hin zur allgemeinen Hochschulreife reichen.
Seit Beginn des Schuljahres 2003/2004 stehen zu den Beratungsspitzenzeiten (vor und
nach dem Schulhalbjahr und Schuljahr) Schullaufbahnberater der Schulaufsicht im Dienstgebäude Beuthstraße zur Unterstützung zur Verfügung. Eine abschließende Beurteilung
dieser organisatorischen Maßnahme kann noch nicht vorgenommen werden.
Besonders in der Implementierungsphase des neuen Schulgesetzes, das auch Änderungen
der Bildungsgänge im Bereich der allgemeinbildenden sowie der beruflichen Schulen zur
Folge hat, wird an der Notwendigkeit der dezentralen Schullaufbahnberatung festgehalten.
Die Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport regt an, die Wirksamkeit der Schullaufbahnberatung in 3 Jahren zu überprüfen.
T 166:
Für die Wahrnehmung besonderer Funktionen, z. B. Schul-, Abteilungs- und Fachbereichsleiter, werden die
Schulen nach den Zuordnungsrichtlinien, in denen u. a. diese Aufgabenbereiche verbindlich festgeschrieben
sind, mit höher bewerteten Funktionsstellen ausgestattet. Die Funktionsstellen werden den Stelleninhabern
grundsätzlich auf Dauer übertragen und unabhängig von der Organisationsstruktur beibehalten. Die Zahl der
Funktionsstellen in den berufsbildenden Schulen einschließlich der Stellen für Schulleiter und Stellvertreter soll
die Obergrenze von 30 v. H. des Stellenvolumens grundsätzlich nicht überschreiten. Die Notwendigkeit der
Höhe dieser Obergrenze konnte von der Senatsverwaltung nicht begründet werden.
Der Rechnungshof hat gefordert, die Vielzahl der Funktionsstellen aufgabenkritisch mit dem Ziel zu prüfen,
diese auf den unbedingt notwendigen Umfang zu reduzieren, und angeregt, die rechtlichen Voraussetzungen zu
schaffen, um Funktionsstellen befristet zu übertragen. Die Senatsverwaltung unterstützt den Vorschlag des
Rechnungshofs, Funktionsstellen befristet zu übertragen. Sie sieht aber wegen der Vielzahl der Aufgaben, die
mit dem neuen Schulgesetz den Schulen zur selbstständigen und eigenverantwortlichen Gestaltung übertragen
96
wurden, keine Möglichkeiten, die Anzahl der Funktionsstellen zu reduzieren. Der Rechnungshof hält jedoch eine
aufgabenkritische Prüfung weiterhin für notwendig.
zu T 166:
Mit dem Inkrafttreten des neuen Schulgesetzes für das Land Berlin vom 26.01.2004 ist die
Voraussetzung dafür geschaffen, die rechtlichen Vorgaben an die sich verändernden Bedingungen im Bereich der beruflichen Bildung anzupassen. Die Schulen erhalten verstärkte
Selbständigkeit und Eigenverantwortung.
Die von der Schulaufsichtsbehörde zu treffenden Regelungen sind im Gesetz durch klar
begrenzte Ermächtigungsklauseln beschrieben. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend
und Sport sieht eine Überarbeitung der Richtlinien für die Gestaltung und Zuordnung von
Aufgabenbereichen an der Berliner Schule, dem Berlin-Kolleg, den Abendgymnasien, an
Fachschulen, im Schulpsychologischen Dienst sowie an Volkshochschulen - Zuordnungsrichtlinien - vor und passt sie an die neue Rechtslage an.
Mit der Veränderung erfolgt die Beschränkung auf Rahmenvorgaben sowie die kritische
Betrachtung der Funktionsstellen.
Der Vorschlag des Rechnungshofs, die Funktionsstellen befristet zu übertragen bzw. die
Gewährung befristeter Zulagen für die Dauer der Aufgabenwahrnehmung zu prüfen, wird
begrüßt, da er die notwendige flexible Reaktion auf die Veränderungen in der schulischen
bzw. dualen Ausbildung ermöglicht.
Die Zahl der Funktionsstellen ist mit dem Jahr 2004 auf 28,3 v. H. begrenzt worden.
Die Vielzahl der Aufgaben, die mit dem neuen Schulgesetz den Schulen zur selbständigen
und eigenverantwortlichen Gestaltung übertragen wurde, erfordert insbesondere an den
sehr differenzierten Oberstufenzentren und beruflichen Schulen die Zuweisung von höherwertigen Aufgaben an Lehrkräfte, insbesondere an Leitungskräfte (§ 7 - 9 SchulG n. F.).
Die Möglichkeit der Reduzierung kann in diesem Zusammenhang nicht erkannt werden.
T 167:
In den letzten beiden Jahren waren durchschnittlich 40 v. H. der Funktionsstellen nicht besetzt. Das Stellenbesetzungsverfahren ist in einer Arbeitsanweisung festgelegt und dauert in der Regel mindestens zwölf Monate,
nicht selten zwischen 15 und 24 Monaten, in Einzelfällen bis zu acht Jahren. Als Gründe werden von der Senatsverwaltung u. a. eine Vielzahl von nicht abgeschlossenen dienstlichen Beurteilungsverfahren wegen Verbeamtungen der Lehrer und ein Bearbeitungsstau bei laufenden Bewerbungsverfahren, die sich zum Teil durch
Mehrfachbewerbungen verzögern, genannt. Durch die Beteiligung der Personalvertretung entsteht ein weiterer
Zeitbedarf, der mehrere Monate umfassen kann. Obwohl die Arbeitsanweisung kürzlich überarbeitet wurde, sind
die Abläufe - auch durch uneinheitliches Datenmaterial und nicht aufeinander abgestimmte Verfahren - weiterhin sehr zeitaufwändig.
Der Rechnungshof erwartet, dass die Senatsverwaltung die Besetzung der zwingend notwendigen Funktionsstellen erheblich beschleunigt. Er hatte bereits in seinem Jahresbericht 1999 (T 206) empfohlen, das Verfahren
zu verkürzen. Nach Aussage der Senatsverwaltung soll die Zahl der freien Funktionsstellen im Jahr 2003 auf 30
v. H. reduziert worden sein. Sie hat zugesichert, freie Funktionsstellen zügig zu besetzen.
zu T 167:
Die Zahl der unbesetzten Funktionsstellen ist in 2003 auf rund 30 v. H. reduziert worden.
Dabei ist die beachtliche Personalaustrittsquote von Funktionsstelleninhabern bereits berücksichtigt worden. Ungeachtet von streitigen, teilweise gerichtlich anhängigen Einzelfällen, die eine längere Bearbeitungszeit zur Folge haben, wird unter Beachtung der Ausschreibungsfristen und Beteiligungsrechte auf eine zügige Besetzung freier Stellen größtes
Augenmerk gerichtet.
97
Dabei ist zu berücksichtigen, dass der personelle Aufbau der Oberstufenzentren im Ostteil
der Stadt aus laufbahnrechtlichen Gründen noch nicht abgeschlossen ist und dass Haushaltssperren auch gegenwärtig die Übertragung höherwertiger Aufgaben verzögern.
Eine Vereinfachung - und somit weitere Verkürzung von Stellenbesetzungsverfahren wird
von der Schulaufsicht ausdrücklich begrüßt. Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass die
Auswahlkriterien für eine Leitungsfunktion in der Berliner Schule nicht mehr an den Erfordernissen der Qualitätsentwicklung an den Schulen gespiegelt werden können.
Mit der Neufassung der AV Dienstliche Beurteilungen wird die Verkürzung der Dauer der
Verfahren erwartet, zumal nach dem neuen Schulgesetz Schulleiter Dienstliche Beurteilungen anfertigen.
IT-gestütztes Datenmaterial wird durch die Schulaufsicht verwendet. Die Bewerberinnen
und Bewerber werden in der Regel aufgefordert, die Daten ihres Beruflichen Werdegangs
aufzulisten und elektronisch der Schulaufsicht zur Verfügung zu stellen. Die vorgeschriebene Überprüfung der Daten in der Personalakte ist somit erheblich vereinfacht.
T 168:
Die berufsbildenden Schulen sind verpflichtet, der Schulaufsicht für jedes Schuljahr einen sog. Personenbezogenen Nachweis des Pflichtstundeneinsatzes vorzulegen. Es handelt sich hierbei um eine Soll-Aufstellung,
aus der erkennbar ist, inwieweit Lehrer im Umfang ihres Unterrichtsstundensolls in das Unterrichtsangebot
entsprechend eingeplant sind. Wegen der unterschiedlichen Fächerkombinationen der Lehrer und ihrer Einsatzmöglichkeiten ist nicht zu vermeiden, dass einzelne Lehrer nur unterhalb ihres Pflichtstundensolls eingesetzt werden können. Ob Lehrer die fehlenden Stunden Minderarbeit nachleisten, wird nicht kontrolliert. Darüber
hinaus wird in den Schulen bei im Voraus bekanntem Unterrichtsausfall, beispielsweise bei späterem Ausbildungsbeginn (am Anfang des Schuljahres), unterschiedlich verfahren. Im Regelfall muss der Lehrer für diesen
Zeitraum keinen Unterricht leisten und kann somit sein wöchentliches Pflichtstundensoll nicht erfüllen. Vorgaben
der Schulaufsicht gibt es hierzu nicht. Unvorhersehbarer Unterrichtsausfall, der nicht auf Krankheit des Lehrers
beruht, wird grundsätzlich nur innerhalb des jeweiligen Monats ausgeglichen. Aufzeichnungen gibt es im Regelfall nicht. In den Gesprächen haben die Schulen darauf hingewiesen, dass diese Lehrer öfter für Vertretungszwecke eingeplant werden. Im Regelfall wurde der Vertretungseinsatz jedoch nicht personenbezogen notiert
und fortgeschrieben. Das Verfahren zur Anordnung von Mehrarbeit hingegen ist eindeutig festgelegt und wird
von den Schulen durchgängig beachtet. Es ist aber nicht ausreichend, die Erfüllung der Lehrverpflichtung nur
anhand einer personenbezogenen Soll-Aufstellung zu kontrollieren. Bei Unterschreiten des Pflichtstundensolls
bleiben Personalausgaben ohne Gegenleistung.
Der Rechnungshof hat die Senatsverwaltung aufgefordert, das Verfahren für eine personenbezogene IstAbrechnung der Lehrverpflichtung im berufsbildenden Bereich umgehend zu regeln. Außerdem hat er empfohlen, einen abteilungsübergreifenden Einsatz der Lehrer sicherzustellen und einen schulübergreifenden Einsatz
zu prüfen. Der Rechnungshof erwartet, dass die Senatsverwaltung darüber hinaus prüft, ob die Regelungen für
eine personenbezogene Abrechnung der Lehrverpflichtung im berufsbildenden Bereich auch auf die Lehrer im
allgemeinbildenden Bereich übertragen werden können. Die Senatsverwaltung hat in ihrer Stellungnahme ausgeführt, sie habe im Jahr 2003 den Schulen ein IT-gestütztes Verfahren zur Erfassung von Mehr- und Minderarbeit zur Verfügung gestellt. Die Ergebnisse bleiben abzuwarten.
zu T 168:
Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport hat im Jahr 2003 in Anlehnung an die
Änderung des Beamtenrechtsrahmengesetzes den Schulen ein IT-gestütztes Verfahren zur
Erfassung von Mehr- und Minderarbeit über den Zeitraum von 12 Monaten zur Verfügung
gestellt und sie zu dessen Anwendung verpflichtet. Damit erfolgt die individuelle Erfassung
der abgeleisteten Unterrichtsverpflichtung sowie der Ausgleich von Mehr- bzw. Minderarbeit
über 12 Monate.
Der abteilungsübergreifende Einsatz der Lehrkräfte ist gewährleistet, ein schulübergreifender Einsatz nur im Einzelfällen sinnvoll möglich.
T 169:
Das Pflichtstundensoll eines Lehrers kann aus persönlichen oder sachlichen Gründen reduziert werden. Grundlage für die Gewährung von Ermäßigungs- und Anrechnungsstunden sind die „Richtlinien für die Lehrerstundenzumessung und die Organisation der Berliner Schule“, in denen die einzelnen Tatbestände dargestellt
98
sind. Der Rechnungshof hat den hohen Umfang der Ermäßigungs- und Anrechnungstatbestände im allgemeinbildenden Bereich seit Jahren beanstandet (Jahresberichte 1997 T 311 f. und 2000 T 77 f.). Dieser Sachverhalt
hat sich bei der Prüfung in den OSZ nicht nur erneut bestätigt, sondern es werden sogar Anrechnungsstunden
zum Teil über den in den Organisationsrichtlinien festgelegten Umfang hinaus gewährt (z. B. zwölf statt zehn
Anrechnungsstunden für die Funktion des Abteilungsleiters) und auch für nicht geregelte Tatbestände zugebilligt.
Der Rechnungshof stellt die in den Organisationsrichtlinien festgeschriebenen Anrechnungstatbestände und
deren Umfang für den berufsbildenden Bereich in Frage. Er hat der Senatsverwaltung empfohlen zu prüfen, ob
künftig im berufsbildenden Bereich nur pauschale Verwendungsvorgaben für Anrechnungsstunden festzulegen
sind und den Schulen ein reduzierter Anrechnungsstundenpool zur Verfügung zu stellen ist. Die Schulen könnten dann - im Rahmen der Vorgaben - selbstständig und eigenverantwortlich über die mit zusätzlichen Aufgaben verbundenen Belastungen der Lehrer entscheiden. Der Hinweis der Senatsverwaltung, dass den Schulen
bereits ein „Allgemeines Entlastungskontingent“ (Stundenpool) zur Verfügung steht, ist dem Rechnungshof
bekannt. Die zusätzlich gewährten Anrechnungsstunden werden jedoch nicht nur über diesen Stundenpool
finanziert, sondern auch aus „Überausstattungen“ der Schulen mit Lehrerstunden (z. B. bei Klassenzusammenlegungen). Der Rechnungshof hält deshalb weiter an seiner Empfehlung fest, um insgesamt eine Reduzierung
zu erreichen.
zu T 169:
Den Schulen werden zusätzlich zu den personenbezogenen Anrechnungs- und Ermäßigungsstunden (z. B. Abteilungsleiter) unter anderem auf Grund funktionaler Belastungen
schulbezogene Anrechnungs- und Ermäßigungsstunden gewährt. In dem dargestellten
Einzelfall hat die Schule entschieden, dass ein Abteilungsleiter zusätzlich zu seiner personengebundenen Entlastung derartige schulbezogene Anrechnungs- und Ermäßigungsstunden erhielt.
Ein nicht unerheblicher Anteil an Anrechnungsstunden wird entsprechend den Organisationsrichtlinien bereits derzeit als „Pool“ zur Verfügung gestellt.
Die Prüfung der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der gewährten Anrechnungs- und Ermäßigungsstunden wird mit den jährlichen Organisationsrichtlinien für das Schuljahr durch die
Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport vorgenommen. Die Anrechnungs- und
Ermäßigungsstunden sind in den gültigen Organisationsrichtlinien für das Schuljahr 2004/2005 nicht ausgeweitet worden (vgl. RdSchr. II Nr. 79/2004 Richtlinien für die
Lehrerstundenzumessung und die Organisation der öffentlichen Berliner Schulen).
T 170:
Für 15 OSZ mit jeweils mindestens 1 000 Schülerplätzen sind insgesamt 13 Stellen für Verwaltungsbeauftragte/-leiter geschaffen worden (12 Stellen BesGr. A 9, 1 Stelle BesGr. A 11). Zu den Hauptaufgaben dieser Mitarbeiter gehören Haushaltsangelegenheiten sowie organisatorische Belange der allgemeinen Verwaltung. Zum
Teil werden sie dabei von Sekretariatskräften unterstützt und bei Abwesenheit auch von diesen vertreten. In
OSZ unter 1 000 Schülerplätzen werden diese Aufgaben von Sekretariatskräften erledigt. Während
13 Verwaltungsbeauftragte/-leiter für 15 OSZ tätig sind, erledigen zehn Vollzeitdienstkräfte, größtenteils nach
BesGr. A 7 bewertet, zentral in der Schulaufsicht diese Aufgaben für die übrigen OSZ. Zusätzlich nehmen diese
Dienstkräfte weitere übergreifende Haushaltsaufgaben für alle Einrichtungen im berufsbildenden Bereich wahr.
Grundsätzlich bestehen wegen unklarer Zuständigkeiten und fehlender Aufgabenabgrenzung mit der Schulaufsicht lange Bearbeitungszeiten und die Gefahr von Doppelarbeiten. Eine einheitlich zentrale Bearbeitung wäre
- unabhängig von der angestrebten Eigenständigkeit der Schulen - für eine schnelle Aufgabenerledigung
zweckmäßiger. Darüber hinaus ist auch die Bewertung der Arbeitsgebiete nach BesGr. A 9 und BesGr. A 11
fraglich, da bisher zumindest ein Teil der Aufgaben des Verwaltungsbeauftragten/ -leiters von Sekretariatskräften der VGr. VII/VI b wahrgenommen wird.
Der Rechnungshof hat die Senatsverwaltung aufgefordert, die Aufgaben des Verwaltungsbeauftragten/-leiters
aufgabenkritisch zu prüfen mit dem Ziel sie einzusparen. Die verbleibenden innerhalb des OSZ zu erledigenden
Aufgaben könnten den Sekretariatskräften, die übrigen zentral der Schulaufsicht - wie bei OSZ ohne Verwaltungsbeauftragten/-leiter - zugeordnet werden. Der Rechnungshof teilt nicht die Auffassung der Senatsverwaltung, dass der Neuzuschnitt der Aufgabengebiete der Sekretariatskräfte zu einer Höherbewertung führt, da die
bewertungsrelevanten Vorgänge - wie bei den OSZ ohne Verwaltungsbeauftragten/-leiter - von der Schulaufsicht wahrgenommen werden sollen. Die Koordinierung und Betreuung des nichtpädagogischen Personals ist
vom Schulleiter vorzunehmen. Der Rechnungshof hält insofern an seiner Forderung fest.
99
zu T 170:
Die Zuständigkeit und Aufgabenabgrenzung zwischen den Verwaltungsbeauftragten und
den beim Schulträger/Finanzservice mit der Erledigung der haushaltsmäßigen Aufgabe für
16 OSZ und 14 beruflichen Schulen beschäftigen Dienstkräfte ist klar und eindeutig geregelt.
Die vorgeschlagene Aufgabenübertragung auf Sekretariatskräfte ist aufgrund der Bewertung der Schulsekretärinnenstellen nicht möglich. Das Aufgabengebiet der Verwaltungsleiter/innen beinhaltet höherwertige Aufgaben, deren Übertragung auf Sekretariatskräfte unweigerlich zu Ansprüchen dieses Personenkreises auf eine Höhergruppierung führen würde.
Zu den Aufgabenbereichen eines Verwaltungsbeauftragten gehört neben der haushaltstechnischen Betreuung der jeweiligen Einsatzschule auch eine Koordinierung und Betreuung des nichtpädagogischen Personals. Sie nehmen hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung
und der Koordinierung des Dienstbetriebes in den Schulen eine zunehmend ausgeweitete
Rolle wahr. Die individuelle Dienstplanungsgestaltung von nichtpädagogischen Mitarbeitern
an den Schulen, insbesondere der Schulhausmeister, -hallenwarte und -hauswarte, kann
von einer zentralen Organisationseinheit beim Schulträger bzw. einer Schulsekretärin nicht
wahrgenommen werden. Aus diesen Gründen kann auf die 13 Stellen für Verwaltungsbeauftragte nicht verzichtet werden.
Der Schulträger überprüft die Notwendigkeit der Neuverteilung der Stellen an Verwaltungsleitern.
T 171:
Die Schulaufsicht hat nach den Schülerzahlen der Lehrerbedarfsprüfung 2001 ein Verteilungsmodell für die
Sekretariatskräfte in den berufsbildenden Schulen entwickelt. Das fortgeschriebene Exemplar weist zum Juni 2003 insgesamt 147 Stellen aus.
Im November 2002 hat die Schulaufsicht erstmalig eine „Schulhausmeisterverteilungsliste“ für die berufsbildenden Schulen entwickelt mit dem Ziel, die vorhandenen 120 Stellen für Hausmeister, Haus- und Hallenwarte
möglichst nach Sachkriterien zu verteilen. Als Basis dienten ausschließlich hausinterne Informationen, Einschätzungen und Klagen der Schulleitungen.
Die Schulaufsicht hat im September 2002 die insgesamt 121 Stellen für Laborkräfte auf die berufsbildenden
Schulen verteilt und sich dabei u. a. auf Faktoren für die geschätzte technische Ausstattung nach Erfahrungswissen, internen Kenntnissen und sog. Basiswerten gestützt.
Die insgesamt 12,5 Stellen für Bibliothekskräfte wurden 1996 mittels eines Verteilungsschlüssels 19 OSZStandorten zugeordnet. Vorgesehen war eine Mindestausstattung von einer halben Stelle je OSZ. Stellenreste
erhielten die OSZ mit den 1994 erhobenen höchsten Ausleihzahlen. Das zum Zeitpunkt der Untersuchung vorhandene Stellenvolumen von 14,75 Stellen basiert auf dieser Grundlage und ist auf 21 Schulen verteilt. Im
Jahr 2004 werden 5,75 Stellen im Rahmen der allgemeinen Sparvorgabe eingespart.
Alle Verteilungsmodelle weisen erhebliche Mängel auf, weil Aufgabenumfang und Arbeitsmengen nicht ermittelt
wurden. Die Personalausstattung ist daher uneinheitlich. Die stellenplanmäßige Ausstattung mit Hausmeistern,
Haus- und Hallenwarten ist wegen oftmals überschaubarer Anlagen und nicht erforderlicher Schichtdienste
überhöht. Nach Auffassung des Rechnungshofs sind Laborkräfte im nichtgewerblichen Bereich verzichtbar. Bei
vielfach veralteten Büchereibeständen und immer stärkerer Nutzung IT-gestützter Medien sind die Aufgaben für
Bibliothekskräfte rückläufig.
Der Rechnungshof hat von der Senatsverwaltung gefordert:

Für die Personalbedarfsberechnung sind insgesamt Kennzahlen zu entwickeln.

Für die Sekretariatsbereiche ist zu prüfen, ob diese unter Einsatz eines einheitlichen IT-Programms mit
standardisierten Abläufen in einem Zentralsekretariat mit abteilungsübergreifender Allzuständigkeit zusammengeführt werden können.

Laborstellen in nichtgewerblichen OSZ sind einzusparen (dies sind im Berufsfeld Wirtschaft und Verwaltung vier Stellen).
100

Für den Einsatz der Hausmeister, Haus- und Hallenwarte sind Alternativen zu prüfen, z. B. Poolbildung,
Einsatz von Springerkräften und Fremdvergabe bestimmter Leistungen. In den geprüften OSZ sind
zwei Stellen einzusparen.

Die Bibliotheksaufgaben sind wegen der rückläufigen Inanspruchnahme aufgabenkritisch zu überprüfen
und auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Außerdem könnten Standorte bei örtlicher Nähe zusammengeführt werden.
Durch die empfohlenen organisatorischen Maßnahmen werden vom Rechnungshof weitere Stelleneinsparungen erwartet. Die Senatsverwaltung hat zugesagt, die bisherigen Kriterien der Berechnungsmodelle zu überprüfen. Frei werdende Laborantenstellen im nichtgewerblichen Bereich sollen zu Stellen für Systemadministratoren
umgewandelt werden. Im Haushalt 2004/2005 werden nach Angaben der Senatsverwaltung für Finanzen
26 Stellen eingespart. Für den Bereich der Schulbibliotheken sollen die Stellen vollständig eingespart werden.
Bei den Hausmeistern hat die Senatsverwaltung noch keine Folgerungen gezogen. Der Rechnungshof erwartet,
dass die Senatsverwaltung die noch ausstehenden Maßnahmen realisiert.
zu T 171:
Für den Bereich der Schulsekretärinnen ist bereits vor einigen Jahren ein Kennzahlsystem
entwickelt worden.
Die Kennzahlen für die Personalzumessung sehen ein Berechnungsmodell vor, welches
auf die Anzahl der Teilzeit- bzw. Vollzeit-Schüler, der Filialen, des Vorhandenseins eines
Verwaltungsbeauftragten bzw. übergreifende Aufgaben der Schulen im Berufsfeld abstellt.
Der höhere Arbeitsaufwand mit Vollzeitschülern wird von den Schulen mit den aufwendigen
Aufnahmeverfahren begründet (Schülerberatung, Entgegennahme von Bewerbungen, die
die Platzzahl überschreitet, den damit verbundenen Schriftverkehr, der Aufstellung von
Auswahllisten).
Die vom Schulträger beabsichtigte Einführung des einheitlichen Schulverwaltungsprogramms WinSchool scheiterte an der nicht flächendeckenden Finanzierbarkeit.
Zusätzlich gibt es, wie im Softwarebereich häufig, Auseinandersetzungen unter den Schulen über die Eignung einzelner Produkte, die nicht ohne weiteres übergangen werden können, da die Finanzierung aus dem Schulhaushalt erfolgen muss. Im Moment setzen Schulträger und Schulaufsicht auf die sukzessive Einführung durch die positiven Erfahrungen
von Vorreiterschulen.
Die Einführung von Schulverwaltungsprogrammen wird erst mittelfristig zu Stelleneinsparungen führen.
Für die Ausstattung der Schule mit Labortechnikern und Laboranten wurden durch die
Schulaufsicht Bemessungsgrundlagen festgelegt.
Die aktuellen Messzahlen stützen sich auf den fachtheoretischen Teilungsunterricht, da es
dort zu einem apparativen Einsatz von Unterrichtsmitteln kommt, sowie auf die Komplexität
der fachtheoretischen Inhalte, da der technologische Aufwand in der Agrarwirtschaft gegenüber dem in der Maschinen- oder Medientechnik deutlich geringer ist. Die Erhebung
differenzierter Messzahlen wird gegenüber der prinzipiellen Begründung von Labortechnikerstellen in Bezug auf eine höhere Verteilungsgerechtigkeit als vergleichsweise unergiebig
erachtet.
Der Forderung, die Stellen im Berufsfeld Wirtschaft und Verwaltung grundsätzlich einzusparen, kann so pauschal nicht gefolgt werden.
Frei werdende Laborantenstellen im nichtgewerblichen Bereich sollen für Systemadministratoren umgewandelt werden.
Für die Personalbedarfsberechnung der Hausmeister und Hauswarte liegen kennzahlgestützte Berechnungsmodelle vor (z. B. für Schulhausmeister 10 Kriterien). Eine Überprüfung der bisherigen Kriterien ist beabsichtigt.
101
Der Einsatz schulbezogen tätiger Hausmeister ist auf Grund immer komplizierter werdender
Haustechnik (computergestützte Heizungsanlagen, Belüftungsanlagen, Genlabore, Abwasseraufbereitungsanlagen, Sicherungsanlagen usw.), der Größe des Immobilienbestandes,
der Verlängerung der Öffnungszeiten durch Entwicklung der Schulen zu Kompetenzzentren
unabdingbar und auch wirtschaftlich. Somit ist eine Poolbildung und Fremdvergabe ausgeschlossen.
Im Bereich der Stellenausstattung mit Hallenwarten und Hauswarten liegen die tatsächlichen Personalkosteneinsparungen 2004/2005 wesentlich über den Forderungen des
Rechnungshofs.
Im Rahmen der Umsetzung des OSZ-Programms wurden alle OSZ-Neubauten mit Bibliotheken und der zugehörigen personellen Ausstattung versehen. Diese Schulen liegen ausnahmslos im Westteil der Stadt. Berufliche Schulen, die nicht OSZ wurden und nach dem
OSZ-Ergänzungsprogramm im Ostteil der Stadt errichtete Schulen wurden nicht mit Bibliothekspersonal ausgestattet.
Dieses Ungleichgewicht in der Personalausstattung hat unter dem Druck der personellen
Einsparmaßnahmen dazu geführt, dass sämtliche Stellen für Bibliothekare und Büchereiangestellte für das Haushaltsjahr 2004 zur Einsparung vorgesehen sind.
T 172:
Zur Verwaltung der IT-Systeme standen für den berufsbildenden Bereich nach den Organisationsrichtlinien im
Schuljahr 2003/2004 Anrechnungsstunden im Umfang von 8,5 Stellen zur Verfügung. Diese Größenordnung ist
in den letzten Jahren trotz erheblich zunehmender IT-Ausstattung in den OSZ nicht verändert worden. Im
Jahr 2002 wurden von der Senatsverwaltung sechs freie Laborstellen zu Systemadministrationsstellen umgewandelt (VGr. V c/V b) und je nach IT-Ausstattung an sog. Schwerpunktschulen verteilt. Die übrigen OSZ sollen
von diesen Fachkräften im Poolbetrieb betreut werden.
Der Rechnungshof hält das Schaffen der Systemadministrationsstellen durch das Umwandeln der Laborstellen
für einen richtigen Schritt. Er hat der Senatsverwaltung empfohlen, die Wartung und Betreuung der IT-Geräte
und der Software durch Standardvorgaben zu vereinfachen. Der Bedarf an Systemadministratoren ist anhand
der IT-Entwicklung in den OSZ zu prüfen. Gegebenenfalls sind weitere Labor- oder Verwaltungsbeauftragten/leiterstellen umzuwandeln, soweit sie nicht für eine Einsparung vorgesehen sind. In diesem Fall lassen sich bei
den Lehrern, die die umfangreiche Systemverwaltung häufig als Nebenaufgabe wahrnehmen, Anrechnungsstunden von insgesamt 8,5 Stellen einsparen. Zusätzliche Möglichkeiten sind zu prüfen (vgl. T 187 bis 192). Die
Senatsverwaltung beabsichtigt lediglich, ein Konzept zum Einsatz, der Wartung und der Ersatzbeschaffung für
IT zu erarbeiten und weitere Stellen für Systemadministratoren umzuwandeln. Der Rechnungshof unterstreicht
nochmals seine Forderung, im Gegenzug die Anrechnungsstunden für die Systemverwaltung einzusparen.
zu T 172:
Seit Jahren gibt es einen sehr erheblichen Zuwachs an IT-Ausstattung in der Verwaltung im
Rahmen der Ausbildung an den beruflichen Schulen.
Es ist dringend geboten, die erforderlichen personellen und organisatorischen Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen und effektiven Einsatz und Erhalt der IuK-Technik an den
Schulen zu schaffen. Es ist beabsichtigt, weitere Stellen für Systemadministratoren (wie
z. B. Laboranten) umzuwandeln. Sofern nicht zur Einsparung vorgesehen, werden nur Stellen des nichtpädagogischen Personals und keine Lehrerstellen umgewandelt Alternativ
wäre die Bereitstellung von Sachmitteln für die Vergabe von Wartungs- und Betreuungsleistungen an externen Anbietern erforderlich. Ein Konzept zum Einsatz, der Wartung und der
Ersatzbeschaffung für die IuK-Technik der beruflichen Schulen wird durch den Schulträger
erarbeitet.
Systemadministratoren, für die auch weiter Stellen aus dem Stellenplan der beruflichen
Schulen umgewandelt werden sollen, sichern den Betrieb der DV-Anlagen an den Schulen.
Im Rahmen der IT-gestützten Ausbildung der Schüler ist darüber hinaus auf der Grundlage
pädagogischer und didaktischer Fachkenntnisse eine über die Unterrichtsverpflichtung der
102
unterrichtenden Lehrkraft hinausgehende Betreuung der DV-Anlagen durch fachkompetente Lehrkräfte unerlässlich.
Ein kontinuierlicher fachbezogener DV-Unterricht kann auf Grund der an den einzelnen
Schulen höchst unterschiedlichen Ausbildungsanforderungen nur so gesichert werden.
Dem Wegfall von Anrechnungs- und Ermäßigungsstunden für die pädagogische Betreuung
der DV-Anlagen kann nicht zugestimmt werden.
T 173:
Der Rechnungshof erwartet von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport insbesondere, dass sie

die Funktionsstellen aufgabenkritisch überprüft mit dem Ziel, sie auf den unbedingt notwendigen Umfang
zu reduzieren (T 166),

die Erfüllung des Unterrichtsstundensolls kontrolliert, Unterschreitungen innerhalb eines Schuljahres
ausgleicht (Nachweis des Pflichtstundeneinsatzes) und prüft, ob die Regelungen auch auf den allgemeinbildenden Bereich übertragen werden können (T 168) und

die Aufgaben des nichtpädagogischen Personals kritisch prüft, grundsätzlich Kennzahlen für die Personalbedarfsberechnung entwickelt und dort etwa 20 Stellen einspart (T 170 und 171).
Der Rechnungshof geht davon aus, dass mit diesen Maßnahmen insgesamt Personalkosten von bis zu
1,4 Mio. € jährlich eingespart werden können.
zu T 173:
In T 173 hat der Rechnungshof seine Forderungen noch einmal zusammengefasst.
Dazu wird wie folgt Stellung genommen:
Die Senatsverwaltung hat eine kritische Betrachtung der Funktionsstellen im Zuge der Anpassung und Überarbeitung der durch die Senatsverwaltung zu treffenden Regelungen an
das neue Schulgesetz zugesagt. (T 166)
Die Schulaufsicht wird die Erfassung von Mehr- und Minderarbeit durch die Schulen verstärkt kontrollieren. Das Verfahren ist bereits jetzt an allgemein bildenden und beruflichen
Schulen anzuwenden. (T 168)
Die Aufgaben des nichtpädagogischen Personals werden alljährlich schon wegen der zu
erbringenden Einsparungen überprüft. Eine Überprüfung der bisher verwendeten Kennzahlen wird vorgenommen bzw. werden die Kennzahlen weiterentwickelt. (T 170 und 171)
3.
Einsparpotenziale in Millionenhöhe bei der Beförderung b ehinderter Schüler
Die Bezirksämter haben im Zusammenhang mit der Beförderung behinderter Schüler durch Unte rlassen von Ausschreibungen für Berlin nachteilige Vertragsgestaltungen und versäumte Kontrollen
der Leistungsabrechnungen finanzielle Schäden von mehr als 400 000 € verursacht. Zudem sind
geschätzte Einsparpotenziale in Millionenhöhe nicht konsequent genutzt worden.
T 174:
Der Rechnungshof hat in allen Bezirken die Beförderung behinderter Schüler untersucht.
Schülern, die wegen ihrer Behinderung nicht in der Lage sind, eine Schule auf dem üblichen Wege zu besuchen, können nach den §§ 37 und 38 der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung
(VO Sonderpädagogik) vom 13. Juli 2000 für den Schulweg zur nächstgelegenen geeigneten aufnahmefähigen
öffentlichen Schule besondere Beförderungsmittel oder Begleitpersonen unentgeltlich zur Verfügung gestellt
werden. Über entsprechende Anträge entscheidet das für den jeweiligen Schulstandort zuständige Schulamt
auf der Grundlage des Gutachtens eines Schularztes bzw. Schulpsychologen und der Stellungnahme der Schule. Bei offenkundiger Notwendigkeit der Beförderung (z. B. Rollstuhlfahrer) kann darauf verzichtet werden, ein
schulärztliches Gutachten einzuholen. In der überwiegenden Zahl der Fälle wird Anträgen, behinderte Schüler
zu befördern, stattgegeben.
103
T 175:
Die Schulämter organisieren die Beförderung der Schüler über von ihnen beauftragte private Beförderungsunternehmen, die ihre Leistungen monatlich direkt mit den Schulämtern abrechnen.
Im Jahr 2002 wurden fast 4 000 Berliner Schüler für insgesamt 12,3 Mio. € befördert. Die Ausgaben für die
Schülerbeförderung verteilen sich wie folgt auf die Bezirke:
Ansicht 42:
Ausgabenübersicht Schülerbeförderung 2002 in den Bezirken
Bezirk
Ø Anzahl zu
befördernder
Schüler in
2002/2003
(ohne Privatschulen)1)
Ansatz 2002
Ist 2002
Ø Ausgaben pro
Schüler 2002
(Schülerzahl/
Istausgaben)2)
-€-
Mitte
140
236 000
293 837,69
2 098,84
Friedrichshain-Kreuzberg
200
488 600
398 549,24
1 992,75
Tempelhof-Schöneberg
215
599 000
572 079,82
2 660,84
Neukölln
560
1 348 000
1 422 288,71
2 539,80
Treptow-Köpenick
350
745 000
807 971,74
2 308,49
Marzahn-Hellersdorf
352
2 667 000
2 151 455,03
6 112,09
Lichtenberg
650
2 017 800
1 652 819,69
2 542,80
Reinickendorf
325
992 000
687 388,60
2 115,04
Pankow
315
1 278 000
1 260 842,12
4 002,67
Steglitz-Zehlendorf
383
1 096 000
1 286 115,60
3 358,00
Charlottenburg-Wilmersdorf
364
1 350 000
1 421 953,40
3 906,47
Spandau
125
295 000
303 929,63
2 431,44
3 979
13 112 400
12 259 231,27
3 080,98
Insgesamt
1)
Angaben beruhen teilweise auf Aussagen der Bezirksämter
2)
Maßgeblichen Einfluss auf die Beförderungskosten in den einzelnen Bezirken haben u. a. die Zahl der speziellen Sonderschulen, der Rollstuhlfahrer sowie die Ausdehnung des Bezirks.
Die durchschnittlichen Beförderungsausgaben je Schüler lagen für das Jahr 2002 bei 3 080 €, wobei die Einzelergebnisse der Bezirke eine Bandbreite von 2 000 bis 6 100 € auswiesen.
Der Rechnungshof hat bei der von den Bezirksämtern organisierten Schülerbeförderung umfangreiche Mängel,
vor allem in den Bereichen Ausschreibung, Vertragsgestaltung und Abrechnungsverfahren, festgestellt.
T 176:
Obwohl die den meisten Verträgen zugrunde liegenden Auftragswerte in allen Bezirken eine Pflicht zur öffentlichen Ausschreibung gemäß § 55 LHO begründen, wurden die Beförderungsleistungen von den Bezirksämtern zumeist nicht oder nur teilweise ordnungsgemäß ausgeschrieben. Der Kreis der Auftragnehmer war vielfach über Jahre unverändert. Dadurch kann nicht nur die Übersicht und die Vergleichsmöglichkeit über marktübliche Preise verloren gehen; vielmehr kann aufgrund der Erfahrung des Rechnungshofs, dass öffentliche Ausschreibungen in der Regel zu oft deutlich günstigeren Preisen führen, davon ausgegangen werden, dass durch
die in der Vergangenheit praktizierte Verfahrensweise in vielen Bezirken über Jahre hinweg zu hohe Preise
gezahlt worden sind. Das belegt auch das Beispiel eines Bezirksamts, das im Jahr 2003 erstmals die komplette
Schülerbeförderung ausgeschrieben hatte und im Ergebnis seine Ausgaben um mehr als 10 v. H. reduzieren
konnte.
T 177:
Die von den Bezirksämtern geschlossenen Verträge sind teilweise so unklar formuliert, dass die Unternehmen
dies zur Abrechnung überhöhter Kosten genutzt haben. Die Verwaltungen haben dies - auch mangels eingehender Kontrollen der Vertragsausführung und -abrechnung - nicht oder erst nach Jahren bemerkt.
T 178:
Die Transportleistungen werden unterschiedlich nach Pauschalen (Touren-, Tages- oder Schülerpauschalen),
Kilometern oder Zeit (Stundenbasis) abgerechnet. Die am häufigsten vereinbarte Abrechnung nach Zeit wird
den Interessen der Bezirksämter oft wenig gerecht; denn es ist für diese besonders schwierig und zeitaufwän-
104
dig, die von den Unternehmen für die jeweiligen Fahrten kalkulierten und abgerechneten Zeiteinheiten nachzuprüfen. Dies gilt umso mehr, wenn - wie geschehen - die Bezirksämter nicht darauf bestehen, dass vollständige
Tourenpläne und Namenslisten der beförderten Schüler vorgelegt werden.
T 179:
Die meisten Bezirksämter vertrauten weitgehend den von den Unternehmen vorgelegten Abrechnungen. Regelmäßige Prüfungen fanden nur in fünf Bezirken statt. Eine Kontrolle der von den Unternehmen zumeist zum
Schuljahresanfang auf der Grundlage der ihnen übermittelten Schülerlisten eigenverantwortlich zusammengestellten Touren und deren Plausibilität wurde von der Verwaltung nur vereinzelt vorgenommen. Änderungen von
Tourenplänen bzw. daraus resultierende Preisänderungen im laufenden Schuljahr infolge einer sich verändernden Zahl der zu befördernden Schüler wurden von den zuständigen Dienstkräften häufig ohne weitere Nachfrage oder Kontrolle akzeptiert. Eine Prüfung der Zahl der tatsächlich beförderten Schüler, die neben einer Namensliste der Transportierten auch eine Bestätigung der Schulen über deren Anwesenheit erfordert, fand wiederholt nicht statt. Ferner wurden vereinbarte Anfahrts- und Wartezeitpauschalen zumeist nicht auf Plausibilität
überprüft.
T 180:
So wurden in einem Bezirk zumindest im Jahr 2002 über Monate hinweg von einem Unternehmen Beförderungsleistungen abgerechnet und vom Bezirksamt bezahlt, ohne dass auffiel, dass diese tatsächlich in weit
geringerem Umfang erbracht worden waren. Der aufgrund fehlender Kontrollen der Abrechnungsunterlagen bis
Ende 2002 unentdeckt gebliebene Schaden dürfte nach Angaben des Bezirksamts mehr als 300 000 € betragen. Der Vorgang ist zurzeit Gegenstand eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens.
T 181:
In einem anderen Bezirk hat ein Unternehmen monatlich einen vertraglich vereinbarten, den Transport einer
bestimmten Zahl von Schülern abgeltenden Pauschalpreis abgerechnet, tatsächlich jedoch im Rahmen dieses
Vertrages deutlich weniger Schüler als vereinbart befördert. Die Beförderung weiterer Schüler, die noch zu
diesem Pauschalpreis hätten befördert werden können, rechnete das Unternehmen auf der Grundlage eines
zweiten - anders gestalteten - Vertrages zu höheren Preisen ab. Das Bezirksamt hat dies mangels ausreichender Kontrolle nicht bemerkt. Listen der beförderten Schüler, die eine genauere Prüfung erlaubt hätten, lagen
den Rechnungen nicht bei und wurden von der Verwaltung auch nicht umgehend nachgefordert. Die unzureichende Kontrolle hat über mehrere Jahre zu Überzahlungen von fast 100 000 € geführt.
T 182:
In einem weiteren Bezirk ist ein Pauschalvertrag geschlossen worden, nach dem der Preis in Abhängigkeit zur
täglich beförderten Schülerzahl berechnet wurde. Kontrollen der Zahl der tatsächlich Beförderten sind vom
Bezirksamt nicht regelmäßig durchgeführt worden. Dies hat im Ergebnis zu Überzahlungen von mindestens
3 000 € geführt.
T 183:
Die für die Bearbeitung der Abrechnungen zuständigen Dienstkräfte haben häufig - teilweise sogar über längere
Zeiträume - die sachliche Richtigkeit der abgerechneten Leistungen auf den Auszahlungsanordnungen bescheinigt, obwohl sie selbst deren Richtigkeit nicht beurteilen konnten und entsprechende Teilbescheinigungen
der Schulen, die den Transport oder die Anwesenheit der Schüler im Unterricht bestätigten, fehlten.
T 184:
Die festgestellten Überzahlungen (T 181 und 182) sind von den Unternehmen inzwischen teilweise erstattet
worden. Jedoch dürften infolge mangelhafter Bearbeitung und Kontrolle der Abrechnungen auch in früheren
Jahren nicht unerhebliche finanzielle Schäden entstanden sein, die mangels nachprüfbarer Unterlagen allerdings nicht im Einzelfall zu ermitteln und zu beziffern sind.
Der Rechnungshof geht davon aus, dass im Bereich der Schülerbeförderung Einsparungen in Millionenhöhe
zu erreichen sind. Allein durch eine ordnungsgemäße Vergabe der Leistungen und stärker an den Interessen
der Bezirke orientierte Abrechnungsformen, dürften die Kosten der Schülerbeförderung um mindestens 10 v. H.
zu senken sein. Weitere Einsparpotenziale können sich aus einer stärkeren Konzentration der organisatorischen und finanziellen Abwicklung der Schülerbeförderung ergeben, wie beispielsweise einer

zentralen Bearbeitung der Schüler- und Erwachsenentransporte aus den Zuständigkeitsbereichen Schule, Jugend und Soziales in jedem einzelnen Bezirk oder

regionalisierten Bearbeitung der Schülerbeförderung.
Darüber hinaus sollte geprüft werden, ob die Eltern an den Kosten der Schülerbeförderung in Höhe der Kosten
einer Schülermonatskarte beteiligt werden sollten.
105
T 185:
Die Bezirksämter haben die Beanstandungen des Rechnungshofs überwiegend anerkannt. Mehrere Bezirksämter haben die Beförderungsleistung inzwischen ausgeschrieben oder beabsichtigen dies noch im Laufe des
Jahres 2004. Erste Maßnahmen zur verbesserten Kontrolle der abgerechneten Leistungen sind getroffen worden. Eine zentralisierte Bearbeitung von Schüler- und Erwachsenentransporten wird allerdings von nur fünf
Bezirksämtern befürwortet, ansonsten aber insbesondere unter Hinweis auf organisatorische Schwierigkeiten,
Qualitätseinbußen und allenfalls geringfügige Einsparmöglichkeiten abgelehnt.
Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport beabsichtigt, im Rahmen einer Überarbeitung der
VO Sonderpädagogik eine Beteiligung der Erziehungsberechtigten an den Beförderungskosten in Höhe der
monatlichen Kosten für ein Schülerticket vorzusehen.
Der Rechnungshof ist der Auffassung, dass die eine Zentralisierung der Bearbeitung ablehnenden Bezirksämter
die mit einer Bündelung von Fachkompetenzen sowie einheitlichen Ausschreibungs-, Bewilligungs- und Abrechnungsverfahren vorhandenen Einsparpotenziale unterschätzen.
T 186:
Der Rechnungshof erwartet, dass die Bezirksämter

die Leistungen für die Beförderung behinderter Schüler regelmäßig öffentlich ausschreiben,

bei der Vertragsgestaltung besonderes Augenmerk auf wirtschaftliche, klare und leicht überprüfbare Abrechnungsmodalitäten legen sowie

die vertragsgemäße Leistungserbringung und -abrechnung regelmäßig und sorgfältig prüfen.
zu T 174 bis 186:
Die vom Rechnungshof angesprochene Problemlage berührt die Zuständigkeit der bezirklichen Schulämter. Die Organisation des Transportes mit nichtöffentlichen Verkehrsmitteln
bei Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen erfolgt nach einem langjährig praktizierten Verfahren. Die Schulämter haben offensichtlich bei ihren Entscheidungen zu Folgebeauftragungen dem Anspruch der behinderten Kinder auf soziale Kontinuität der sie befördernden Personen Rechnung getragen.
Diese soziale Komponente ist tatsächlich auch bei den Beauftragungen für die Durchführung der Fahrten zwischen Elternhaus und Schule nicht zu unterschätzen.
Ausschreibungen können - auch nach Einschätzung des zuständigen Schulaufsichtsbereichs bei der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport - zu relativ vergleichbarem
Kostenniveau beitragen.
Für die Vertragsgestaltung ist zu empfehlen, dass eine Arbeitsgruppe der zuständigen Mitarbeiter der Bezirksämter einen Musterentwurf erstellt, der den Anforderungen „Wirtschaftliche, klare und leicht überprüfbare Abrechnungsmodalitäten“ entspricht.
Eine Zentralisierung der Bearbeitung - bezirksübergreifend - würde den o. a. sozialen Aspekten kaum noch Rechnung tragen können und wird deshalb aus Sicht der Fachverwaltung nicht in vollem Umfang unterstützt. Eine Koordination im Hinblick auf die Preisgestaltung unter Umständen auch durch eine Vereinheitlichung eines Kostensatzes für die Leistungserbringung wäre durchaus zu erwägen.
Auch dem Vorschlag des Rechnungshofs einer regelmäßigen Kontrolle der Abrechnungen
ist zuzustimmen. Dabei dürften stichprobenartige Nachfragen und Kontrollen bereits zu
entsprechender Breitenwirkung führen. Eine Erhöhung des Verwaltungsaufwands ist jedenfalls nicht zu empfehlen, da sonst die erzielten Einsparungspotenziale wieder reduziert
werden.
Ergänzend ist mitzuteilen, dass die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport die
beabsichtigte Beteiligung der Erziehungsberechtigten an den Beförderungskosten nach
Erörterung im Landesschulbeirat und nach Rücksprache mit dem Landesbeauftragten für
Behinderte nicht in die VO Sonderpädagogik aufnimmt. Dabei war dem Hinweis auf die
106
unvergleichbar höhere psychologische und finanzielle Gesamtbelastung von Eltern behinderter Kinder und Jugendlicher Rechnung zu tragen.
Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport wird die Thematik der Beförderung
behinderter Schülerinnen und Schüler in den regelmäßigen Zusammenkünften mit den Leitern der bezirklichen Schulämter aufnehmen.
4.
Mängel beim Einsatz von Computern in Berliner Sch ulen
T 187:
Im Rahmen des Projekts „Computer in die Schulen“ (CidS) werden seit 1998 die allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen Berlins mit IT ausgestattet. Ziel des Projekts ist es u. a., die neuen Medien nicht nur für
die Fächer Informatik und Informationstechnische Grundlagen, sondern auch für andere Unterrichtszwecke
einzusetzen. Hierzu sind Lehrer fortzubilden und Maßnahmen zu ergreifen, um die IT-Ausstattung zu betreuen.
Für das Projekt wurden neben Sach- und Geldspenden von Unternehmen und Privatpersonen etwa 20 Mio. €
aus Haushaltsmitteln ausgegeben. Um die Ziele zu erreichen und die umfangreichen Aufgaben zu erfüllen,
wurde zur Unterstützung und Entlastung der für Bildung zuständigen Senatsverwaltung diese Tätigkeit ausgegliedert und eine neue Organisationsform geschaffen. Im Jahr 2000 wurde die CidS! Computer in die Schulen
gemeinnützige GmbH (CidS gGmbH) gegründet, die aus der ursprünglichen CidS-Geschäftsstelle beim damaligen Landesschulamt hervorging.
In den allgemeinbildenden Schulen werden insgesamt 22 000 Computer eingesetzt. Die Mehrzahl (etwa 72 v.
H) befindet sich in Computerräumen oder PC-Kabinetten. Etwa 5 000 PC sind in Klassenräumen vornehmlich
von Grundschulen installiert.
zu T 187:
Grundsätzlich obliegt die Mittelbereitstellung für die IT-Ausstattung dem Schulträger, d. h.
für die allgemein bildenden Schulen den Bezirksämtern des Landes Berlin. Die Bezirke sind
verpflichtet, von den ihnen zugewiesenen Finanzmitteln für die Schulen einen Beitrag für
Lehrmaterial und Unterrichtsmittel zu verwenden, der mindestens den für die einzelnen
Schularten und -formen festgelegten Mindeststandards entspricht.
Gemäß § 1 Abs. 2 - Lern- und Lehrmittel - der Lernmittel VO vom 03.07.2003 sind Lehrmittel
Unterrichtsmittel, die in der Regel in der Schule verbleiben und dort von den Lehrkräften
oder den Schülerinnen und Schülern genutzt werden. Zu den Lehrmitteln gehören insbesondere auch Computer, audio-visuelle Medien und Software.
Entsprechend § 7 des neuen Schulgesetzes für Berlin erhalten die Schulen die erforderlichen Sachmittel, d. h. auch für die Informations- und Kommunikationstechnik; die für das
Schulwesen zuständige Senatsverwaltung setzt dafür Mindeststandards fest.
T 188:
Die eingesetzten PC und deren Betriebssysteme umfassen unterschiedliche Rechnergenerationen, teilweise ist
selbst an einer Schule der Technikbestand heterogen. Dies führt zu Schwierigkeiten bei der Wartung und Betreuung der IT-Systeme. Die Senatsverwaltung hat dieses Problem erkannt. Seit einiger Zeit werden zentral
durch die CidS gGmbH neue PC beschafft. Erst in einigen Jahren können die Schulen im Rahmen von Ersatzbeschaffungen einheitlich ausgestattet sein.
Bei einer technisch realistischen Lebensdauer von etwa fünf Jahren müssen jährlich 4 000 PC ersetzt werden.
Bis zur Jahresmitte 2005 sind die Mittel zur Ersatzbeschaffung durch die Deutsche Klassenlotterie Berlin gesichert. Die Senatsverwaltung hat die Schulträger nunmehr aufgefordert, alle bis Ende 2005 erforderlichen Ausstattungen zu quantifizieren, um spätestens zur Haushaltsplanaufstellung 2006 eine verlässliche Aussage über
die finanzielle Größenordnung des Gesamtkomplexes treffen zu können.
zu T 188:
Durch das in T 187 Dargestellte ergibt sich, wie die Mittelbereitstellung (Regelfinanzierung)
nach 2005 erfolgen soll; es wurden die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen, die die
Schulträger verpflichten, von den ihnen zugewiesenen Finanzmitteln für die Schulen den
Betrag für die IT-Ausstattung zu verwenden, der mindestens den für die einzelnen Schularten und -formen festgelegten Mindeststandards entspricht.
107
Bis zur endgültigen Festlegung der Mindeststandards (d. h. auch für IT-Ausstattung) wurde
den bezirklichen Schulträgern im Rahmen einer Übergangsregelung (13.01.2003) vorgegeben, mindestens 90 v. H. der für die Schulen zugemessenen Beträge zweckbestimmt für
Lehr- und Unterrichtsmaterial zur Verfügung zu stellen. Diese Übergangsregelung wurde mit
Schreiben der Senatsverwaltung für Finanzen vom 16.07.2003 (Aufstellung von Unterlagen
für den Doppelhaushalt 2004/05) fortgeschrieben.
Mindestens bis zum Jahr 2005 werden darüber hinaus im Rahmen der Zuwendungen der
Deutschen Klassenlotterie Berlin die Schulen durch den Zuwendungsempfänger CidS!
gGmbH mit IT-Endgeräten ausgestattet. Dies erfolgt gemäß dem Pädagogischen Rahmenkonzept und seit Sommer 2003 gemäß den im Ausstattungsleitfaden der Senatsverwaltung
für Bildung, Jugend und Sport (Teil des IT-Gesamtkonzepts) festgelegten Standards, so
dass aus der Vergangenheit resultierender IT-Ausstattungsrückstand kontinuierlich abgebaut wird.
T 189:
Die Wartung und Betreuung der IT-Systeme ist unzureichend und nicht einheitlich organisiert. So betreuen
überwiegend Lehrer die IT-Systeme. In einigen Schulen erhalten sie dafür eine Pflichtstundenermäßigung, in
anderen eine finanzielle Aufwandsentschädigung als sog. IT-Beauftragte. Zwar liegt seit 2001 ein Entwurf eines
Wartungs- und Betreuungskonzepts (Supportkonzept) vor. Dies ist jedoch lückenhaft und enthält keine verbindlichen Regelungen. Die Funktionsfähigkeit der IT-Systeme ist weiterhin stark abhängig vom Wissen und Engagement der betreuenden Personen und somit eher dem Zufall überlassen. Die Senatsverwaltung hat nunmehr
zugesagt, dass zum Schuljahr 2004/2005 ein aktualisiertes Supportkonzept für den IT-Einsatz in den Berliner
Schulen in Kraft gesetzt wird.
zu T 189:
Zum Schuljahr 2004/2005 wird das derzeit aktualisierte Supportkonzept für den IT-Einsatz in
der Berliner Schule in Kraft gesetzt werden. Darin wird erstmalig, wie auch in anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland, zwischen pädagogischem und technischem Support
unterschieden. Der pädagogische Support soll einheitlich durch IT-Betreuer (ITB) an den
Schulen erfolgen, denen dafür in Abhängigkeit von der Größe der Schule Anrechnungsstunden (in der Regel 1 bis 2 Stunden) zur Verfügung gestellt werden.
Für den technischen Support werden seitens der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und
Sport finanzielle Zuschüsse an die Schulen ausgereicht. Damit sollen die Maßnahmen des
Schulträgers, der für die Aufrechterhaltung der technischen Funktionsfähigkeit der Rechneranlagen an seinen Schulen zuständig ist, unterstützt werden. Den Schulen steht es dann
frei, aus diesen Mitteln geeignete Kräfte zu beauftragen, sich mit anderen Schulen zu Pools
zusammenzuschließen, oder sich in Wartungsverträge ihres Schulträgers einbinden zu lassen. Diese Zuschüsse sollen bis 2005 ausgereicht werden, da bis zu diesem Zeitpunkt weitere umfängliche Ausstattung mit Endgeräten erfolgen wird.
T 190:
Die Mehrzahl der PC werden für IT-spezifischen Unterricht genutzt. Der IT-Einsatz in den anderen Unterrichtsfächern ist gering. Der Einsatz der IT-Systeme im gesamten Fächerkanon ist sehr stark von dem jeweiligen
Engagement und Wissen der Lehrer abhängig. Die Senatsverwaltung legt dar, dass das Interesse vieler Lehrer
an entsprechenden Fortbildungsmaßnahmen über den IT-Einsatz in ihren Fächern unterdurchschnittlich im
Vergleich zu anderen Bundesländern sei. Sie hat nunmehr angekündigt, noch im Frühjahr 2004 eine Projektgruppe einzurichten.
zu T 190:
Der Feststellung des Rechnungshofs, dass es nicht gelungen ist, IT in den Berliner Schulen
- auch nicht in IT-spezifischen Fächern - verstärkt einzusetzen, wird von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport widersprochen, da sich die Realität vor Ort anders darstellt. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport ist jederzeit bereit, die entsprechenden Schulen vorzustellen. Als erster Schritt können die dazu in der Vergangenheit erstellten Dokumentationen („Berliner Innovationsatlas - Schule“) zugänglich gemacht werden.
108
Darin haben mehrere hundert Schulen die von ihnen außerhalb der Fächer ITG und Informatik durchgeführten IT-orientierten Unterrichtsprojekte dokumentiert.
Im Bereich der allgemein bildenden Schulen ist der Rechnereinsatz curricular im Wahlpflichtfach Informatik sowie im „Informationstechnischen Grundkurs“ (ITG) als Pflichtveranstaltung verankert. Für den Rechnereinsatz im Fachunterricht unterhält das Berliner Landesinstitut für Schule und Medien (LISUM) eine entsprechende ständige Arbeitsgruppe.
Darüber hinaus liegt für den Bereich der Grundschulen das sogenannte „ITKompetenzprofil“ vor, in welchem klare Aussagen zu den Einsatzgebieten der vorhandenen
bzw. zu installierenden IT-Technik für Unterrichtszwecke getroffen werden. Das zuständige
Berliner Landesinstitut für Schule und Medien (LISUM) hat diese IT-Kompetenzprofile bei
der aktuellen Rahmenplangestaltung für diese Schulstufe zu berücksichtigen.
Mit den noch in diesem Jahr für den Sekundarbereich zu erarbeitenden ITKompetenzprofilen soll in gleicher Weise verfahren werden.
T 191:
Der Senatsverwaltung ist es zwar in kurzer Zeit gelungen, die Schulen nahezu vollständig mit IT auszustatten.
Sie hat aber weder vor dem Beginn der kostenaufwändigen Ausstattung noch danach ausreichende organisatorische und finanzielle Vorsorge getroffen, um das Ziel einer dauerhaften IT-gestützten Modernisierung des
schulischen Unterrichts zu erreichen. Aus Sicht des Rechnungshofs sind in Anbetracht der Kosten erhebliche
weitere Anstrengungen notwendig, um Effizienz und Effektivität des IT-Einsatzes in den Schulen zu erhöhen.
Die Senatsverwaltung hat in ihrer Stellungnahme ferner zugesagt, die konzeptionelle Arbeit zu verstärken. Derzeit ist ein neues IT-Konzept in Arbeit, welches das bisherige „Pädagogische Rahmenkonzept“ ablösen wird.
zu T 191:
Es trifft zu, wie vom Rechnungshof dargestellt, dass es dem Land Berlin, d. h. den bezirklichen Schulträgern und der für Bildung zuständigen Senatsverwaltung gelungen ist, die allgemein bildenden Schulen mit IT-Ausstattung auszurüsten; unstrittig ist dieser Prozess nicht
abgeschlossen. Es ist nicht nachzuvollziehen, wie der Rechnungshof zu der Auffassung
gelangen kann, dass keine ausreichende finanzielle und organisatorische Vorsorge getroffen wurde, um das Ziel einer dauerhaften IT-gestützten Modernisierung des schulischen
Unterrichts zu erreichen. Um dem erklärtem bildungspolitischen Ziel der Schaffung bzw.
Verstärkung der IT-Kompetenz von Schülerinnen und Schülern schneller näher zu kommen,
wurden, wie bereits dargestellt, die entsprechende gesetzliche Grundlage geschaffen, im
Haushalt Vorsorge getroffen sowie Standards und Vorgaben entwickelt. Über diese bereits
dargestellten, wurde eine Vielzahl zusätzlicher Maßnahmen eingeleitet; beispielhaft zu nennen sind:
Einrichtung und Unterhaltung der „Beratungsgruppe für informationstechnische Bildung und Computereinsatz in Schulen“ (BICS) am Berliner Landesinstitut für Schule
und Medien (LISUM)
Einsetzung von sogenannten IT-Regionalbetreuern, die als Verbindung zwischen der
Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport und den Außenstellen der regionalen
Schulaufsicht sowie den Schulen und den Schulträgern in den Bezirken Berlins tätig
sind
Gemeinsames Projekt des Landes Berlin mit der Firma Intel „Lehren für die Zukunft“,
Teil I
Verhandlungen über die Fortsetzung des gemeinsamen Projekts des Landes Berlin
mit der Firma Intel, Teil II
Gemeinsames Projekt des Landes Berlin mit der Cisco in der „Bildungsinitiative Networking“
Einrichtung einer Projektgruppe „eLearning“, die eLearning-Konzepte modellhaft für
den mittleren Bildungsabschluss erarbeitet
Einrichtung einer Projektgruppe für den IT-Einsatz im naturwissenschaftlichen Unterricht
109
T 192:
Der Rechnungshof erwartet insbesondere, dass die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport

für die notwendige Mittelbereitstellung für die Neu- und Ersatzbeschaffungen nach 2005 sorgt,

die erforderlichen Mittel für die Wartung und Pflege der Technik bereitstellt und

das Interesse und das Engagement der Lehrer am Einsatz der neuen Medien für den Unterricht erhöht.
zu T 192:
Zu den in T 192 zusammengefassten Erwartungen des Rechnungshofs werden ergänzend
folgende Textbeiträge geliefert:

Entsprechend § 7 des Schulgesetzes für Berlin vom 26.01.2004 erhalten die Schulen
die erforderlichen Sachmittel, d. h. auch für die Informations- und Kommunikationstechnik; die für das Schulwesen zuständige Senatsverwaltung setzt dafür Mindeststandards fest. Gemäß § 1 Abs. 2 - Lern- und Lehrmittel - der Lernmittel VO vom
03.07.2003 sind Lehrmittel Unterrichtsmittel, die in der Regel in der Schule verbleiben
und dort von den Lehrkräften oder den Schülerinnen und Schülern genutzt werden.
Zu den Lehrmitteln gehören insbesondere auch Computer, audio-visuelle Medien und
Software einschließlich deren Wartung und Modernisierung.
Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport hat somit die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen, um die zeitgemäße Ausstattung der Schulen mit Informationstechnik zu gewährleisten. Die endgültige Festlegung der Mindeststandards soll
spätestens zur Aufstellung des Haushaltsplanentwurfs 2006 vorgelegt werden.
Die Mittelbereitstellung für die IT-Ausstattung der allgemeinbildenden Schulen obliegt
grundsätzlich den bezirklichen Schulträgern des Landes Berlin, die verpflichtet sind,
von den ihnen zugewiesenen Finanzmitteln für die Schulen einen Betrag für Lehrmaterial und Unterrichtsmittel zu verwenden, der mindestens den für die einzelnen
Schularten und -formen festgelegten Mindeststandards entspricht.
Bis zur endgültigen Festlegung der Mindeststandards (d. h. auch für die ITAusstattung und deren Wartung) wurde den bezirklichen Schulträgern im Rahmen einer Übergangsregelung (13.01.2003) vorgegeben, mindestens 90 v. H. der für die
Schulen zugemessenen Beträge zweckbestimmt für Lehr- und Unterrichtsmaterial zur
Verfügung zu stellen. Diese Übergangsregelung wurde mit Schreiben der Senatsverwaltung für Finanzen vom 16.07.2003 (Aufstellung von Unterlagen für den Doppelhaushalt 2004/2005) fortgeschrieben.
Darüber hinaus werden mindestens bis zum Jahr 2005 im Rahmen der Zuwendungen
der Deutschen Klassenlotterie Berlin die Berliner Schulen für IT-Projekte durch die
CidS! gGmbH mit IT-Endgeräten ausgestattet.
Dies erfolgt seit Sommer 2003 auf Grundlage der im IT-Ausstattungsleitfaden der Senatsverwaltung Bildung, Jugend und Sport definierten Mindeststandards, der auch
den Bezirken als Handreichung übergeben wurde. Flankiert wird das ITGesamtkonzept von einem Finanzierungs- und Maßnahmenplan.

Das sich derzeit in Abstimmung befindliche Gesamtkonzept zum „Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik in den allgemein bildenden Berliner Schulen“
(IT-Gesamtkonzept) beinhaltet auch Aussagen zum Support.
Ab 2004 soll zwischen pädagogischer und technischer IT-Betreuung unterschieden
werden. Die technische IT-Betreuung soll von Technikern und technisch ausreichend
ausgebildeten Kräften gegen Entgelt (siehe unten) an den Schulen geleistet werden.
Für die pädagogische IT-Betreuung sollen geeignete Lehrerinnen und Lehrer als IT-
110
Betreuer (ITBs) an der Berliner Schule gewonnen werden, die diese Aufgabe gegen
Anrechnungsstunden in geringem Umfang (1 bis 2 Stunden) leisten. Dazu stehen den
811 öffentlichen allgemein bildenden schulischen Einrichtungen derzeit 18,5 Stellen
für pädagogische IT-Betreuung zur Verfügung. Zusätzlich wurden für den gleichen
Zweck 18,7 der 133 Stellen für die Zusatzausstattung für Schüler aus Gebieten mit
besonderem Förderbedarf mit einer entsprechenden Zweckbindung versehen.
Pädagogische IT - Betreuung:
An jeder Schule soll ein/e ITB vorhanden sein. Die ITB arbeiten eng mit der Schulleitung und dem Schulträger zusammen. Sie sollen die Interessen ihrer Schule im ITBereich vertreten sowie den internen Informationsfluss gewährleisten. Zu ihren Aufgaben gehören u.a.
- Betreuung, Unterstützung und Beratung von Lehrerinnen und Lehrern beim ITEinsatz in der eigenen Schule,
- Beratung und Planung bei der Ausstattung der Schule mit Hard- und Software sowie die Beratung der schulischen Gremien bei Entscheidungen im IT-Bereich
- Koordination der IT-Fortbildung des Kollegiums
- Federführung für die Erstellung des Medienkonzepts der Schule unter Berücksichtigung der im IT-Gesamtkonzept definierten Standards
- Pflege, Sichtung und Kontrolle des schulischen IT-Angebots der Schule
- Gemeinsame Verantwortung mit der Schulleitung für die Fortschreibung des ITInventarverzeichnisses
- Pflege und Verwaltung des Softwarebestandes (Lizenzen), der Datenträger,
Handbücher und anderer Arbeitsmaterialien
- Feststellen und Eingrenzen von Fehlerzuständen bei Hard- und Software; Veranlassung der Reparatur in Absprache mit der Schulleitung und dem Schulträger.
Technische IT - Betreuung:
Basis einer qualifizierten und finanzierbaren technischen IT-Betreuung ist die Standardisierung von Servern, Routern und Clients sowie der Systeme, die zur Sicherstellung der technischen Funktionsfähigkeit erforderlich sind. Unabdingbar ist zudem die
Vernetzung der Endgeräte. Nur unter diesen Rahmenbedingungen ist eine technische Unterstützung (Wartung) durch einen Dienstleister finanzierbar.
Wie eingangs dargestellt, sollen ab dem Haushaltsjahr 2006 die für die Finanzierung
der technischen IT-Betreuung (einschließlich kontinuierlicher Wartung und Erneuerung) erforderlichen Beträge des Lehrmittels Computer im Rahmen der Lehrmittelmindeststandards quantifiziert und innerhalb der Globalsummen an die Schulen /
Schulträger ausgereicht werden.
Bis dahin werden erstmals im Jahr 2004 allen öffentlichen allgemein bildenden Schulen Mittel für die technische IT-Betreuung im Umfang von 125 € je 5 PC Arbeitsplätzen pro Jahr (rund 560.000 € aus dem Kapitel 10 10, Titel 685 54) zentral
zur Verfügung gestellt. Damit sollen die Maßnahmen der Schulträger, die für die Aufrechterhaltung der technischen Funktionsfähigkeit der Rechneranlagen an ihren
Schulen grundsätzlich zuständig sind, bis zur Schaffung der finanziellen Voraussetzungen im Rahmen der bezirklichen Globalsummen ab dem Haushaltsjahr 2006 unterstützt werden.
Den Schulen steht es dann frei, sich zu Pools zusammen zu schließen, Einzelverträge zu schließen, mit Anbietern Verträge für Fernwartung abzuschließen oder in anderer geeigneter Weise in Kooperation mit dem Schulträger für die technische ITBetreuung ihrer Schulrechneranlagen zu sorgen. Auch das Einkaufen eines Dienstleistungsangebots bei einem IT-Dienstleister mit anschließender bedarfsorientierter
Verteilung an die Schulen ist möglich.
Das oben genannte in diesem Jahr erstmals zu erprobende Verfahren wird durch eine Projektgruppe der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport unter Beteiligung von Vertretern der Schulträger evaluierend begleitet.
111
Das Landesinstitut für Schule und Medien (LISUM) bietet regelmäßig ein breites, differenziertes und auf die spezifischen Bedarfslagen der Zielgruppe ausgerichtetes Angebot an Fortbildungsmaßnahmen zum schrittweisen Erwerb von Medienkompetenz
an. Die Fortbildungsveranstaltungen werden sowohl schulintern, regional und zentral
angeboten. Das Angebot umfasst z. B. Kurse im Bereich Computereinsatz in den
verschiedenen Schulfächern, Unterstützung von pädagogischen Aktivitäten im Bereich Schulradio, Videoprojektarbeit, pädagogischer Einsatz der Digitalkamera, Medienanalyse, Mediennutzung, Filmanalyse, Nutzung von online gestützten Kommunikations- und Kooperationsplattformen und die Durchführung von zentralen Fachtagungen zu ausgewählten Fragestellungen der Medienkompetenzentwicklung im schulischen und außerschulischen Bereich. Das LISUM bietet aufgrund der regelmäßigen
Nachfrage einen E-Kurs „Produktive Medienarbeit“ für Lehramtsanwärterinnen und
Lehramtsanwärter im Rahmen der 2. Phase der Lehrerausbildung an. Gemeinsam
mit der FU Berlin führt das LISUM einen Jahreskurs im Bereich Weiterbildung zum
Thema „Medien in der Grundschule“ durch.
Im Jahr 2003 haben 3.741 und im laufenden Jahr bis Mai 2004 haben bisher rund
1.000 Lehrerinnen und Lehrer diese Angebote wahrgenommen
Vor dem Hintergrund der umfassenden Personaleinsparungen im LISUM und zuvor in
der Landesbildstelle Berlin in den letzten Jahren konnten nicht alle Fortbildungswünsche der Zielgruppe und Anfragen von Schulen zur Unterstützung für Medienpädagogische Projekte realisiert werden. Seit Jahren werden aber im Rahmen der Landesinitiative „CidS! - Computer in die Schulen“ der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend
und Sport durch die CidS! gGmbH, einem Zuwendungsempfänger des Landes Berlin,
durch Berlin finanzierte Fortbildungskurse zur Steigerung der Medienkompetenz bei
Lehrerinnen und Lehrern angeboten.
Im Rahmen des Projekts „Intel - Lehren für die Zukunft“ wurden bis zum 31.12.2003
insgesamt 3.318 Lehrerinnen und Lehrer geschult. Derzeit befinden sich rund
1.100 Lehrerinnen und Lehrer in diversen Intel-Kursen, weitere Kurse sind nach den
Sommerferien für ca. 1.500 Lehrerinnen und Lehrer geplant.
Die CidS! gGmbH bietet auch Kurse gegen Eigenbeteiligung an, an denen in diesem
Jahr bereits 195 Lehrerinnen und Lehrer teilgenommen haben. Für die Sommerferien 2004 wird mit weiteren 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmern gerechnet.
Die Teilnehmerzahlen machen deutlich, dass sich das Interesse der Lehrerinnen und
Lehrer, die neuen Medien auch im Unterricht einzusetzen, erhöht hat.
Eine Projektgruppe der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport wird voraussichtlich im August 2004 weitere Vorschläge für die Steigerung des Interesses und
des Engagements der Berliner Lehrerinnen und Lehrer beim Einsatz der neuen Medien im Unterricht vorlegen können.
F. Stadtentwicklung (einschließlich Bauen, Umweltschutz, Wohnen und Verkehr)
1.
Zulassung einer rechtlich fragwürdigen und unangemessenen Mietgarantie z ulasten Berlins
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat im Zusammenhang mit einem Grundstücksverkauf
durch einen treuhänderischen Entwicklungsträger zugelassen, dass dem Investor z ulasten des
Treuhandvermögens und damit letztlich Berlins eine rechtlich fragwürdige und völlig unangemess ene Mietgarantie gewährt worden ist, die den Verkaufserlös voraussichtlich deutlich übersteigen
wird. Der Rechnungshof erwartet, dass die Senatsverwal tung das städtebauliche Entwicklungsrecht
künftig strikt einhält und in den Entwicklungsbereichen keine Mietgarantien oder andere die Tre uhandvermögen belastenden Risikoabsicherungen zugunsten von Investoren mehr zulässt.
112
T 193:
Wesentliche Aufgabe der in den städtebaulichen Entwicklungsbereichen bis zum Jahr 2006 beauftragten treuhänderischen Entwicklungsträger (§ 167 Abs. 3 BauGB) ist, Grundstücke in diesen Gebieten zu entwickeln und
zum sog. Neuordnungswert an Investoren zu veräußern. Die Erlöse aus den Grundstücksverkäufen fließen dem
jeweiligen Treuhandvermögen zu. Der Rechnungshof hat ausführlich über die Situation in den Entwicklungsbereichen berichtet (zuletzt Jahresbericht 2000 T 340 bis 358).
Im September 2001 hat ein treuhänderischer Entwicklungsträger Berlins im Rahmen seiner vertraglich vereinbarten Kernaufgaben ein Grundstück mit einer Fläche von 9 471 m² für 5,6 Mio. € an einen privaten Investor
veräußert. Der Verkaufserlös wurde noch im Jahr 2001 kassenwirksam. Die Einnahme hat bewirkt, dass der
Entwicklungsträger in den Wirtschaftsjahren 2001 und 2002 keine weiteren Kredite zulasten des Treuhandvermögens aufnehmen musste. Inzwischen hat der Investor auf dem Grundstück ein Büro- und Geschäftszentrum
errichtet. Es wurde im August 2003 eröffnet.
zu T 193:
Die Sachdarstellung des Rechnungshofs bedarf keiner Stellungnahme des Senats.
T 194:
Das Zustandekommen des Grundstückskaufvertrages und die Realisierung des Bauvorhabens hatte der Investor an die Bedingung geknüpft, dass sich der Entwicklungsträger als Treuhänder Berlins, im Ergebnis also Berlin, vom 1. September 2003 an für 65 Monate vertraglich verpflichtet, als Generalmieter von 8 846 m² Büronutzfläche (ca. 50 v. H. der insgesamt erstellten Nutzfläche) und 104 Tiefgaragenstellplätzen (von insgesamt
587 Einstellplätzen) aufzutreten und dem Investor damit für diesen schwer vermietbaren Teilbereich eine garantierte Mieteinnahme sicherzustellen (Mietgarantie). Der Steuerungsausschuss für diesen Entwicklungsbereich
unter dem Vorsitz des damals zuständigen Staatssekretärs der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat den
Abschluss eines solchen Generalmietvertrages zulasten des Treuhandvermögens grundsätzlich gebilligt, sofern
die entwicklungsrechtlichen und finanziellen Fragen vor Vertragsabschluss einvernehmlich mit seiner Senatsverwaltung geklärt würden. Die Senatsverwaltung hat daraufhin mit der Auflage zugestimmt, dass die angemieteten Flächen vorrangig an Umsetzmieter aus dem Entwicklungsbereich unterzuvermieten sind. Der Generalmietvertrag wurde im Juni 2001 geschlossen. Dadurch hat sich der Entwicklungsträger als Treuhänder Berlins
maßgeblich an der Finanzierung und Bewirtschaftung des Projekts des privaten Investors beteiligt.
zu T 194:
Die Darstellung des Rechnungshofes ist zutreffend.
Inzwischen sind die Flächen nach Fertigstellung des Baus jedoch gemäß dem realen Bestand auf 8.437,66 m² korrigiert worden.
T 195:
Nach dem Generalmietvertrag beträgt der monatliche Mietzins für die Büroflächen 10,23 € je m² sowie
41 € je Einstellplatz, mithin insgesamt 95 000 € netto pro Monat oder 6,2 Mio. € für die Gesamtlaufzeit von
65 Monaten. Der Mieter hat zusätzlich Zahlungen in Höhe der vom Vermieter in Rechnung gestellten Umsatzsteuer von derzeit 16 v. H. (insgesamt mindestens 992 000 €) zu leisten, weil der Investor auf die Umsatzsteuerbefreiung für Umsätze aus der Vermietung und Verpachtung verzichtet hat. Weiterhin hat der Entwicklungsträger nach dem Generalmietvertrag die auf die Mietflächen entfallenden Nebenkosten (zuzüglich Umsatzsteuer) zu tragen. Bei einem Ansatz von 3,00 € je m² und Monat - einschließlich Umsatzsteuer - (Erfahrungswert) ist
von einer Gesamtbelastung des Treuhandvermögens und damit letztlich Berlins durch den Generalmietvertrag
von insgesamt bis zu 8,9 Mio. € auszugehen.
zu T 195:
Die Darstellung ist grundsätzlich zutreffend.
Aufgrund der korrigierten Flächen ergeben sich jedoch entsprechend geringere Beträge.
Weiter zu berücksichtigen ist, dass die Betriebskostenvorauszahlung insbesondere aufgrund des Leerstandes zu hoch veranschlagt ist und sich im Zuge der ersten Abrechnung
damit eine weitere Minderung ergeben wird.
T 196:
Die entwicklungsrechtlich relevante Frage, ob der Entwicklungsträger den Verkauf von Grundstücken
dadurch fördern darf, dass er von dem Erwerber Flächen in dem von diesem noch zu errichtenden Gebäude als
113
„Zwischenmieter“ anmietet und damit das Treuhandvermögen belastet, hatte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bereits im Herbst 2000 gutachtlich klären lassen. Danach ist es dem Entwicklungsträger nach dem
BauGB grundsätzlich verwehrt, zulasten des Treuhandvermögens Grundstücke nach deren Veräußerung und
Bebauung zu bewirtschaften. Das Treuhandvermögen darf weder mit den Kosten noch mit den Risiken aus der
späteren Bewirtschaftung belastet werden.
Ein solches Engagement wäre nur dann zulässig, wenn es zum Zwecke der Zwischenumsetzung von Entwicklungsbetroffenen (als Ordnungsmaßnahme) vorübergehend notwendig gewesen wäre. Zum Zeitpunkt der Zustimmung zum Abschluss des Generalmietvertrages war der Senatsverwaltung aber bekannt, dass nach den
Wirtschaftsplänen des Entwicklungsträgers derartige Ordnungsmaßnahmen nicht geplant waren. Ein Bedarf an
Umsetzflächen für von der Entwicklungsmaßnahme Betroffene war somit aus den Planungsunterlagen des
Entwicklungsträgers nicht herzuleiten. Seitdem sind nach Kenntnis des Rechnungshofs im Entwicklungsbereich
auch keine Ordnungsmaßnahmen durchgeführt worden, die Umsetzungen zur Folge haben könnten. Der Entwicklungsträger hat die Absicherung der Maßnahme durch die Mietgarantie gegenüber der Senatsverwaltung
sowie dem Steuerungsausschuss auch nicht mit vorhandenen Umsetzmietern, sondern vor allem damit begründet, dass er die erkennbare Dynamik am Standort in geringem Maß mit der Vorhaltung von verfügbarer
Bürofläche unterstützen und durch die Einnahme aus dem Grundstücksverkauf eine vollständige Deckung der
Ausgaben des Treuhandvermögens erreichen wollte. Ferner hat er städtebauliche Gründe genannt, wie z. B.
die Aufwertung des Entwicklungsbereichs. Die Auflage an den Entwicklungsträger, die Mietflächen vorrangig für
Umsetzmieter zu nutzen (T 194), ging offensichtlich ins Leere.
Nach einer ergänzenden Klarstellung des Gutachters ist die Anmietung der Flächen durch den Entwicklungsträger als geldwerte Nebenvereinbarung zum Grundstücksveräußerungsvertrag anzusehen. Eine solche Nebenvereinbarung, die wirtschaftlich den Veräußerungspreis reduziert, wäre allenfalls in einem angemessenen
Rahmen (bis zu 10 v. H. des Grundstücksverkaufserlöses) zulässig gewesen. Wenn das übernommene Risiko
jedoch deutlich über diesen Rahmen hinausgehen kann, darf es nicht zulasten des Treuhandvermögens eingegangen werden.
Der Rechnungshof teilt die Auffassung des Gutachters.
zu T 196:
Die notwendigen Zahlungen entsprechend dem Generalmietvertrag erfolgen zwar über das
Treuhandvermögen des Entwicklungsträgers, nicht jedoch zu Lasten originärer Einnahmen
des Treuhandvermögens. Vielmehr erfolgt hierfür ein Zuschuss an das Treuhandvermögen
aus dem Landeshaushalt (Kapitel 12 40, Titel 894 73).
Die vom Rechnungshof vorgebrachte entwicklungsrechtlich relevante Frage stellt sich somit
nicht. Weiterhin ist festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung und des Abschlusses des Generalmietvertrags von einem tatsächlichen Bedarf an Zwischenumsetzungen
ausgegangen werden musste. Zudem war die Kündigung des Entwicklungsträgervertrags
mit der BAAG als potentieller Mieter zu diesem Zeitpunkt ebenfalls nicht vorhersehbar.
T 197:
Um die finanziellen Auswirkungen des Generalmietvertrages beurteilen zu können, hat der Rechnungshof
den vertraglich vereinbarten Ausgaben die voraussichtlichen Einnahmen aus der Weitervermietung gegenübergestellt und dabei auch die Einschätzung des Entwicklungsträgers berücksichtigt:
Der Entwicklungsträger hat den bei Weitervermietung erzielbaren Mietzins Anfang Februar 2001 mit
12,27 € je m² (ohne Betriebskosten) angenommen. Ausgehend von einer Auslastung des Objekts von 50 v. H.
bereits im Jahr 2003 hat er die Belastung für das Treuhandvermögen für die gesamte Laufzeit des Vertrages
auf maximal 1,9 Mio. € geschätzt. Dieser Mietzins liege zwar am oberen Rand der im Entwicklungsbereich geforderten Mieten. Er könne durch die attraktive Lage und die hohe Qualität des Bauvorhabens aber dennoch
marktfähig sein. In Abwägung aller Risiken und Chancen hat der Entwicklungsträger den Abschluss des Generalmietvertrages zu den genannten Konditionen für vorteilhaft gehalten, obwohl er zu diesem Zeitpunkt hätte
wissen müssen, dass der Bedarf an Büroflächen (in Randlage) und das Preisniveau für Gewerbemieten bis zur
Fertigstellung rückläufig sein würde. Eine Klausel zur Anpassung des Mietzinses an die Marktlage zum Zeitpunkt der Fertigstellung war dennoch nicht vorgesehen. Derzeit ist im Entwicklungsbereich nur eine Miete von
maximal 10 € je m² (einschließlich Betriebskosten) erzielbar, sodass sich gegenüber dem im Generalmietvertrag vorgesehenen Mietzins (etwa 15 € einschließlich Betriebskosten; vgl. T 195) - unabhängig vom Vermietungsstand - eine Unterdeckung von etwa 5 € je m² und Monat ergibt. Allein hierdurch würde in der Vertragslaufzeit - auch bei vollständiger Vermietung - rechnerisch ein Verlust von 2,9 Mio. € entstehen, der den vom
Entwicklungsträger prognostizierten Gesamtverlust weit übersteigt. Bisher konnte allerdings der Entwicklungsträger noch keine Untermietverträge schließen. Mit längerfristigem Leerstand und entsprechenden
Folgen für die Defizithöhe muss gerechnet werden.
114
zu T 197:
Es sind umfangreiche Vermarktungsaktivitäten mit dem neuen Entwicklungsträger, der Adlershof Projekt GmbH, eingeleitet worden, die bereits in diesem Jahr erste Vermietungen
erwarten lassen. Allerdings ist aufgrund der Marktlage die vereinbarte Miete wahrscheinlich
nicht in vollem Umfang bei der Weitervermietung erzielbar und teilweise werden marktübliche Zusatzleistungen (z. B. Ausbauten/Installationen innerhalb der Mieträume ) erforderlich
werden. Dies wird auch Gegenstand eines gesonderten Berichts an den Hauptausschuss
des Abgeordnetenhauses sein.
T 198:
Ferner hat sich der Entwicklungsträger nach dem Generalmietvertrag verpflichtet, sämtliche mit der beabsichtigten Nutzung zusammenhängenden Ausgaben für Einbauten und Änderungen zu tragen. Die Senatsverwaltung
hat als voraussichtliche Ausbau- und Änderungskosten für ausschließliche Büronutzung (Zellenbüros) etwa
1 Mio. € ermittelt. Beim Umbau der gesamten angemieteten Fläche von 8 846 m² für Arztpraxen würden sogar
Ausgaben von etwa 2,6 Mio. € zulasten des Treuhandvermögens notwendig sein.
Weiterhin sind nach dem Generalmietvertrag Mehr- oder Minderflächen, die nach der Fertigstellung ermittelt
werden, mit dem im Vertrag genannten Mietpreis zu verrechnen. Der Investor hat im August 2003 zwar mit dem
Entwicklungsträger vereinbart, dass der Berechnung des Mietzinses vom 3. September 2003 an (erster Fälligkeitstermin) eine Fläche von 8 437,66 m², die um etwa 408 m² geringer ist als die im Generalmietvertrag angegebene Fläche (8 846 m²), sowie (lediglich) 100 Einstellplätze zugrunde gelegt werden sollen. Auch diese
Mietfläche beruht aber auf einer Flächenberechnung vor dem Baubeginn. Ob die tatsächlich fertig gestellten
Büroflächen hiervon abweichen, der geschuldete Mietzins somit ggf. noch geringer sein könnte, ist ungeklärt.
Der Entwicklungsträger hat nach Fertigstellung versäumt, auf eine Vermessung zu bestehen.
zu T 198:
Die im Mietvertrag von 2001 zugrunde gelegte Fläche wurde auf der Basis einer Entwurfsplanung ermittelt. Die um 408 m² auf rund 8438 m² reduzierte Fläche war das Ergebnis
einer Überprüfung anhand der Ausführungsplanung und des realisierten Projekts mit
Stand 2003. Der Entwicklungsträger hat diese Neuberechnung überprüfen lassen. Dies hat
eine Bestätigung der Flächen ergeben. Auf dieser Grundlage findet derzeit die Mietzahlung
für den Generalmietvertrag statt. Im Zuge der Weitervermietungen an Dritte werden sowohl
diese Mietflächen vermessen wie auch die Ursprungsflächen noch einmal detailliert überprüft und Differenzen entsprechend ausgeglichen.
T 199:
Insgesamt ist absehbar, dass die Belastung aus dem Generalmietvertrag für das Treuhandvermögen und damit
für Berlin sogar bei vollständiger Vermietung die Einnahme aus der Grundstücksveräußerung von 5,6 Mio. €
deutlich übersteigen wird. Der Abschluss des Generalmietvertrages war nicht nur entwicklungsrechtlich fragwürdig, sondern wegen der völlig unangemessenen Mietgarantie im Ergebnis auch unwirtschaftlich für Berlin.
Die Senatsverwaltung hätte nicht zulassen dürfen, dass der Entwicklungsträger den Generalmietvertrag mit
dem Investor schließt.
Der Rechnungshof hat die Vorgehensweise des bis Ende 2003 tätigen Entwicklungsträgers und der Senatsverwaltung beanstandet und diese aufgefordert zu prüfen, wie das Treuhandvermögen von den finanziellen Belastungen aus dem Generalmietvertrag künftig freigestellt werden kann. Weiterhin hat er die Senatsverwaltung
aufgefordert, bei andauerndem Leerstand eine öffentliche (z. B. universitäre) Nutzung der Fläche zu prüfen
sowie umgehend eine Vermessung zu veranlassen, damit die zutreffenden Mietflächen ermittelt werden.
T 200:
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat die Belastung des Treuhandvermögens aus dem Generalmietvertrag, die Fehleinschätzung des Marktes und des Bedarfs von Umsetzungen sowie die wirkungslosen bzw. zu
schwach forcierten Maßnahmen des Entwicklungsträger zur effektiven Vermietung und zur Begrenzung des
Schadens eingeräumt. Sie teilt inzwischen „im Grundsatz“ die Befürchtungen des Rechnungshofs über die
Höhe dieser Belastungen. Sie hat aber auf die Situation zum Zeitpunkt der Entscheidung hingewiesen:
Aus dem vorbereiteten Verkauf bzw. der Umnutzung benachbarter Grundstücke und den daraus entstehenden
Flächenfreisetzungen habe der Entwicklungsträger ein spürbares Potenzial an Nachfragern erwartet und das
Risiko für Berlin im Vergleich zu den finanziellen und den immateriellen Vorteilen (deutliche Entwicklungsbeschleunigung, Realisierung städtebaulicher Ziele) als gering dargestellt. Es sei damals für die Senatsverwaltung
nicht erkennbar bzw. nicht prognostizierbar gewesen, dass sich die zu verlagernden Einrichtungen ohne Ordnungsmaßnahmen in den bereits bestehenden Angeboten innerhalb und außerhalb des Entwicklungsbereichs
115
unterbringen lassen würden. Ebenfalls sei für sie zu diesem Zeitpunkt nicht erkennbar gewesen, dass eine
Vermietung ohne zusätzliche (von Berlin zu tragende) Ausbaukosten nicht realistisch und der vereinbarte (wenig aufwändige) Ausbaustandard als Großraumbüro problematisch sein könnte.
Die Senatsverwaltung gehe von geringeren Nebenkosten während der Phase des Leerstands aus (2,32 € brutto/m² statt 3 € brutto/m²), sodass sich die Gesamtbelastung bis zum Ende der Mietzeit bei vollständigem und
dauerhaftem Leerstand rechnerisch auf etwa 8,1 Mio. € reduzieren könne. Sie hat zugesagt, die Vermarktungsbemühungen zu verstärken, um die Gesamtbelastung deutlich zu verringern. Die Senatsverwaltung werde
- entsprechend einer Empfehlung der Arbeitsgruppe „Entwicklungsträger“ des Hauptausschusses - prüfen, ob
(bei andauerndem Leerstand alternativ) eine öffentliche Nutzung in Betracht komme. Zu der vom Rechnungshof
geforderten Entlastung des Treuhandvermögens von den Verpflichtungen aus dem Generalmietvertrag hat sich
die Senatsverwaltung nicht geäußert.
zu T 199 und 200:
Eine Prüfung der öffentlichen Nutzung ergab, dass die Humboldt-Universität zurzeit keinen
Bedarf für eine Anmietung von Büroflächen in Adlershof hat. Auch die vom Rechnungshof
vorgeschlagene Interimsnutzung als Mensa verursacht sehr hohe Umbaukosten und ist
auch wegen des notwendigen Zeitvorlaufs zur Sicherung einer Finanzierung unattraktiv.
Mit der Arbeitsaufnahme der Adlerhof Projekt GmbH, neuer Entwicklungsträger ab
01.01.2004, wurde die Suche nach neuen Mietinteressenten forciert.
Derzeit werden Verhandlungen mit 5 privaten Interessenten bzw. Interessentengruppen
über Teilflächen mit unterschiedlichen Anforderungen und Konditionen geführt. Zu Vertragsabschlüssen ist es bisher nicht gekommen, jedoch sind einige Interessenten sehr an
einer schnellstmöglichen Entscheidung und Nutzung interessiert.
Weiterhin werden parallel mit der Berliner Immobilienmanagement GmbH über die Nutzung
von Flächen für das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen Gespräche geführt. Eine
solche Nutzung, die sich wahrscheinlich auf die gesamte Fläche beziehen würde, käme
jedoch erst zum November 2005 und zu einem deutlich niedrigeren als im Generalmietvertrag festgelegten Mietzins in Betracht. Eine Entscheidung hierüber wird im September/ Oktober 2004 erwartet.
Aufgrund der Vielzahl der zu berücksichtigenden Komponenten und der erforderlichen Zustimmung des Eigentümers für die zu schließenden länger laufenden Mietverträge, ist eine
wirtschaftlich orientierte Entscheidungsfindung nur aufgrund permanenter Modellrechnungen zu begründen. Hierzu hat der Träger ein Rechenmodell vorgelegt, auf dessen Grundlage er derzeit seine Empfehlungen zur Vorgehensweise erarbeitet.
T 201:
Die Stellungnahme räumt die Beanstandungen des Rechnungshofs nicht aus, sondern lässt ein bedenkliches
Steuerungsdefizit erkennen, das die Senatsverwaltung und der Steuerungsausschuss zu verantworten haben.
Insbesondere hätte die Senatsverwaltung bei sachgerechter Prüfung des Generalmietvertrages vor der Genehmigung die Risiken und die gravierenden finanziellen Auswirkungen für das Treuhandvermögen und damit
für Berlin erkennen müssen. Der Rechnungshof beanstandet weiterhin, dass der damalige Entwicklungsträger
mit seinen Fehleinschätzungen und Fehlleistungen bei der Weitervermietung, seine vertragliche Sorgfaltspflicht
grob verletzt hat.
Der Rechnungshof erwartet, dass die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung

den Vermieter umgehend zu einer Vermessung der gemieteten Flächen veranlasst, damit den Mietzahlungen künftig die zutreffenden Mietflächen zugrunde gelegt werden,

prüft, ob und in welchem Umfang der Entwicklungsträger für den eingetretenen Schaden haftbar gemacht werden kann (§ 11 des seinerzeit geltenden Entwicklungsträgervertrages) sowie

künftig das städtebauliche Entwicklungsrecht strikt einhält und in den Entwicklungsbereichen keine Mietgarantien oder andere die Treuhandvermögen belastende Risikoabsicherungen zugunsten von Investoren mehr zulässt.
116
zu T 201:
Mit der Kündigung der BAAG als Voraussetzung für eine effizientere Gestaltung des Planungs-, Steuerungs-, und Kontrollprozesses der Entwicklungsmaßnahme hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auch diesbezüglich ihre Konsequenzen aus dem Vorgang
gezogen. Im einzelnen:
Die exakte Flächengröße, wie sie sich nach Fertigstellung des Gebäudes ergab und wie sie
dem bereits vor Baubeginn geschlossenen Mietvertrag zu Grunde liegt, ist überprüft und
korrigiert worden. Somit werden nun für 8437,66 m² und 100 Pkw-Stellplätze Miete und
abzurechnende Nebenkosten gezahlt.
Die ineffiziente Einschaltung von Maklern über Exklusiv-Verträge ist zugunsten paralleler
Arbeit auf Erfolgsbasis abgelöst worden.
Durch gemeinsame Vermietungsbemühungen – auch mit dem Kontakt-Netzwerk der WISTA Management GmbH – ergeben sich weitere und gezieltere Akquisitionsmöglichkeiten.
2.
G e f a h r e r h e b l i c h e n f i n a n z i e l l e n S c h a d e n s i n f o l g e ve r s ä u m t e r M ä n g e l f e s t s t e l l u n g vo r Ab l a u f d e r G e w ä h r l e i s t u n g s f r i s t
Die Bauabteilung der Technischen Universität Berlin hat an einem ihrer Gebäude Fassadenarbeiten
durchführen lassen. Sie hat ohne förmliche Abnahme der ausgeführten Leistungen die Schlus srechnung vorbehaltlos bezahlt und sich vor Ablauf der Gewährleistungsfrist nicht noch einmal von
der Mängelfreiheit der ausgeführten Leistungen überzeugt. Nur ein hal bes Jahr später sind umfangreiche Mängel festgestellt worden, deren Beseitigungskosten allein für eine Fassadenseite z unächst auf 1,2 Mio. € geschätzt worden sind. Der Rechnungshof erwartet, dass die Senatsverwa ltung für Stadtentwicklung die Baudienststell en auf die Gefahr finanzieller Nachteile für Berlin info lge nicht ordnungsgemäßer Abnahme von Leistungen und versäumter Mängelfeststellung vor Ablauf
der Gewährleistungsfrist hinweist.
T 202:
Die Bauabteilung der Technischen Universität Berlin (TU) hatte im Rahmen der Sanierung und Instandsetzung
eines ihrer Gebäude auch Fassadenarbeiten durchführen lassen. Mit der „Objektüberwachung (Bauüberwachung)“ hatte sie einen freischaffenden Architekten beauftragt. Dieser hatte u. a. die vertragsgemäße Ausführung der Bauleistungen zu überwachen und deren förmliche Abnahme durch die TU vorzubereiten und daran
teilzunehmen sowie insbesondere auch die ausgeführten Leistungen auf vertragsgemäße Erfüllung zu prüfen
und festgestellte Mängel aufzulisten.
T 203:
Nachdem die Fassadenarbeiten ausgeführt waren, hat das mit der Ausführung beauftragte Unternehmen im
Oktober 1996 eine Schlussrechnung eingereicht. Der Architekt hat die Schlussrechnung geprüft und die vertragsgemäße Ausführung der Leistungen bestätigt. Die Bauabteilung der TU hat Mitte Dezember 1996 die
Schlusszahlung zum Schlussrechnungsbetrag von 7,8 Mio. € angewiesen, ohne zuvor die erbrachten Bauleistungen im Rahmen einer förmlichen Abnahme selbst bzw. gemeinsam mit dem Architekten zu prüfen. Damit
galten die Leistungen als abgenommen und die vertraglich vereinbarte fünfjährige Gewährleistungsfrist begann.
Der Rechnungshof hat beanstandet, dass die Bauabteilung der TU die Schlussrechnung vorbehaltlos bezahlt
hat, ohne eine förmliche Abnahme durchzuführen.
T 204:
Sieben Monate nach Beginn der Gewährleistungsfrist haben die Bauabteilung der TU, der mit der Bauüberwachung beauftragte Architekt und das mit der Ausführung der Bauleistungen beauftragte Unternehmen bei
einer gemeinsamen Besichtigung der instand gesetzten Fassade 95 Mängel festgestellt. Diese Mängel sind im
Rahmen der Gewährleistung beseitigt worden.
T 205:
Vor Ablauf der fünfjährigen Gewährleistungsfrist Mitte Dezember 2001 war die Bauabteilung der TU verpflichtet, eine „Objektbegehung zur Mängelfeststellung“ durchzuführen (vgl. Nr. 4.12 Vertrag über Leistungen
bei Gebäuden, Anlage II 27 Anweisung Bau). Dieser Pflicht ist die Bauabteilung der TU nicht nachgekommen,
obwohl sie an den Ablauf der Gewährleistungsfrist „noch einmal erinnert“ worden ist, weil das mit den Fassadenarbeiten beauftragte Unternehmen schon zwei Wochen vor Ablauf der Gewährleistungsfrist um Rückgabe
der hinterlegten Gewährleistungsbürgschaft gebeten hat. Sie hat lediglich den Architekten um schriftliche Stel-
117
lungnahme gebeten, ob die Gewährleistungsbürgschaft zurückgegeben werden könne. Der Architekt hat Ende
Januar 2002 - knapp anderthalb Monate nach Ablauf der Gewährleistungsfrist - mitgeteilt, dass er bei von ihm
durchgeführten örtlichen Kontrollen keine sichtbaren Gewährleistungsmängel festgestellt habe. Nach Angabe
der TU hat eine von ihren Mitarbeitern durchgeführte Stichprobe die Mitteilung des Architekten bestätigt. Im
Übrigen wurde bei den nachträglichen Kontrollen, wie die TU selbst einräumt, die vorhandene Fassadenbefahranlage nicht genutzt.
Der Rechnungshof hat beanstandet, dass die Bauabteilung der TU versäumt hat, sich vor Ablauf der Gewährleistungsfrist sorgfältig und umfassend von der Mängelfreiheit der ausgeführten Leistungen nochmals zu überzeugen. Eine „Objektbegehung zur Mängelfeststellung“ nach Ablauf der Gewährleistungsfrist kommt zu spät.
T 206:
Anfang Mai 2002 hat die TU die Ostfassade des Gebäudes zur Nutzung für eine Riesenposterwerbung verpachtet. Das Nutzungsentgelt sollte einerseits durch eine Reinigung der Ostfassade und andererseits durch
Zahlung eines Pachtzinses von 87 000 € für den Zeitraum von sechs Monaten erbracht werden.
Ein vom Pächter mit der Reinigung der Fassade beauftragtes Unternehmen hat Mitte Juni 2002 - also nur
fünf Monate, nachdem der Architekt keine Gewährleistungsmängel festgestellt und Mitarbeiter der TU dies bestätigt hatten - auf umfangreiche Mängel an den Fassadenelementen hingewiesen und einen Sachverständigen
mit der Untersuchung der Fassade beauftragt. Unter Berufung auf die Untersuchungsergebnisse des Sachverständigen hat es die Reinigung der Fassade abgelehnt. Der Sachverständige hat im Rahmen seiner gutachterlichen Stellungnahme auch darauf hingewiesen, dass „eine Standsicherheit der Mineralfaserdämmplatten an den
Fassadenuntergrund nicht gegeben ist“.
Die Bauabteilung der TU hat im Oktober 2002 mit dem Pächter statt der Reinigung eine vollständige Sanierung
der Ostfassade des Gebäudes und eine dementsprechende Verlängerung der Laufzeit des Pachtvertrages für
die Riesenposterwerbung unter Fortzahlung des Pachtzinses vereinbart. In Abänderung dieser Vereinbarung
hat die TU Ende September 2003 in einem Nachtrag vereinbart, dass der Pächter die gesamte Ostfassade
vollständig instand setzt und nach dem Abschluss der Instandsetzung reinigt und dass während der Durchführung der Instandsetzungsmaßnahme die gesamte Ostfassade ab einer Höhe von 20 m für Riesenposterwerbung genutzt werden darf. Des Weiteren wurde vereinbart, dass der Pachtzins entfällt. Den bereits geleisteten
Pachtzins von 130 500 € hat die TU dem Pächter zurückgezahlt.
Gleichartige Mängel wie an der Ostfassade wurden auch an der Westfassade festgestellt. Die Bauabteilung der
TU hat im Mai 2003 die Instandsetzungskosten einer Fassadenseite zunächst auf 1,2 Mio. € geschätzt.
T 207:
Die TU hat einen Antrag auf Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens gestellt, um ggf. Ansprüche auf
Mängelbeseitigung durchzusetzen. Unabhängig vom Ausgang dieses Verfahrens ist unter Einbeziehung der
entgangenen Pachteinnahmen ein beträchtlicher Schaden für die TU zu befürchten, weil gegen das ursprünglich mit der Ausführung der Fassadenarbeiten beauftragte Unternehmen ein Insolvenzverfahren eröffnet worden
ist.
Die TU hat mitgeteilt, dass sie bis zur Veranlassung einer anwaltlichen Prüfung, ob ein selbstständiges Beweisverfahren einzuleiten ist, eine konkrete rechtliche Grundlage für Schadenersatzansprüche gegen den Architekten nicht gesehen habe. Nunmehr habe sie Ansatzpunkte für eine Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen
gegen den Architekten gefunden und wolle die notwendigen Maßnahmen zur Durchsetzung von Schadenersatzforderungen ergreifen. Gewährleistungsansprüche gegen das mit den Fassadenarbeiten beauftragte Unternehmen habe sie aufgrund ihrer damaligen Einschätzung des Sachverhalts und nach Rückgabe der Gewährleistungsbürgschaft nicht geltend gemacht.
Die Hinweise der TU räumen ihr Fehlverhalten nicht aus. Der Rechnungshof erwartet, dass die TU Haftungsansprüche nicht nur gegen den Architekten, sondern auch gegen die für den Schaden mitverantwortlichen Bediensteten prüft. Entscheidend hierfür ist, dass die Bauabteilung der TU die Fassade nicht vor Ablauf der Gewährleistungsfrist sorgfältig und umfassend, d. h. insbesondere auch unter Nutzung der vorhandenen Fassadenbefahranlage, auf ihre Mängelfreiheit untersucht hat.
zu T 202 bis 207:
Die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur nimmt wie folgt Stellung:
Bereits in der Überschrift zum Beitrag wird deutlich, dass noch nicht von einem finanziellen
Schaden, sondern nur von einer Gefahr eines finanziellen Schadens gesprochen werden
kann. Ob ein Schaden eingetreten ist, kann nur das am 12.03.2004 beim Landgericht Berlin
beantragte selbständige Beweissicherungsverfahren feststellen. Erst wenn das Ergebnis
vorliegt, kann auch darüber entschieden werden, ob gegen Auftragnehmer der Technischen Universität Berlin Schadenersatzforderungen erhoben werden können. Diese sind
dann auch vorrangig durchzuführen. Kann der möglicherweise entstandene Schaden z. B.
118
wegen Insolvenz der Streitgegner oder aufgrund eines rechtkräftigen Gerichtsurteils nicht
oder nur teilweise eingetrieben werden, kann geprüft werden, ob Mitarbeiter der Technischen Universität Berlin heranzuziehen sind.
T 208:
Dieser Vorgang macht deutlich, zu welchen finanziellen Risiken die Anweisung einer Schlusszahlung ohne
vorherige ordnungsgemäße Abnahme der Leistungen und insbesondere eine versäumte Mängelfeststellung vor
Ablauf der Gewährleistungsfrist führen kann.
Der Rechnungshof erwartet, dass die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung diesen Vorgang zum Anlass
nimmt, die Baudienststellen Berlins im Rahmen von Dienstbesprechungen und durch Rundschreiben nachdrücklich auf die Gefahr finanzieller Nachteile für Berlin infolge nicht ordnungsgemäßer Abnahme von Leistungen und versäumter Mängelfeststellung vor Ablauf der Gewährleistungsfrist hinzuweisen.
zu T 208:
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung nimmt wie folgt Stellung:
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat zuletzt durch Schreiben vom 16.06.2004
und im Rahmen ihrer Besprechung über Vergabeangelegenheiten, am 23.06.2004 auf die
erheblichen Schäden hingewiesen, die durch vorbehaltlose Zahlung von Schlussrechnungen ohne vorhergehende förmliche Abnahme sowie durch versäumte Mängelfeststellung
vor Ablauf der Verjährungsfrist für Mängelansprüche entstehen können.
Die Baudienststellen Berlins wurden erneut aufgefordert, die diesbezüglichen Regelungen
der Allgemeinen Anweisung für die Vorbereitung und Durchführung von Bauaufgaben Berlins (Anweisung Bau - ABau) strikt einzuhalten.
3.
Erhebliche finanzielle Nachteile Berlins infolge andauernder Mängel und Ve rsäumnisse bei der Gewährung von Zuwendu ngen
Die für Umwelt zuständige Senatsverwaltung gewährt Naturschutzverbänden und umweltpädagog ischen Institutionen Zuwendungen. Dabei hat sie erneut durch schwerwiegende Mängel und Ve rsäumnisse finanzielle Nachteile für das Land Berlin verursacht. Rückforderungen hat sie erst nach
mehrjährigen Verzögerungen auf Betreiben des Rechnungshofs geltend g emacht.
T 209:
Die für Umwelt zuständige Senatsverwaltung hat in den Haushaltsjahren 1995 bis 2001 fünf umweltpädagogischen Institutionen und zwei Naturschutzverbänden vorwiegend zur Erfüllung ihrer satzungsgemäßen Aufgaben
auf dem Gebiet des Naturschutzes, der Landschaftspflege und der Umweltbildung Zuwendungen von insgesamt 5,7 Mio. € gewährt. Der Rechnungshof hat das Zuwendungsverfahren, insbesondere die Verwendung der
ausgezahlten Mittel und den Stand der Verwendungsnachweisprüfung untersucht, und dabei erhebliche Verstöße der Senatsverwaltung gegen das Zuwendungsrecht, vor allem bei der Kontrolle von Verwendungsnachweisen, festgestellt.
zu T 209:
Die dem Land Berlin gemäß § 6 Abs. 3 Bundesnaturschutzgesetz sowie § 38 Abs. 3 Nr. 3
Naturschutzgesetz Berlin obliegenden Aufgaben zur Umweltbildung werden im Interesse
einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung des Landes Berlin zum Teil durch
Naturschutzorganisationen wahrgenommen. Diese Naturschutzorganisationen erhalten
gemäß §§ 23 und 44 LHO hierfür Zuwendungen. Es handelt sich im Fall der hier in Rede
stehenden Umweltbildungseinrichtungen in allen Fällen um eher finanzschwache Vereine
oder Gesellschaften, die keine Eigenmittel in erforderlichem Umfang aufbringen können,
um den Zuwendungszweck in dem von der öffentlichen Hand als notwendig erachteten
Umfang zu erfüllen. Diesem Umstand Rechnung tragend, haben der Senat und das Abgeordnetenhaus gemäß den Ausführungen in der Abgeordnetenhausvorlage Drs. Nr. 12/3787
vom 03.02.1994 die Entscheidung getroffen, die Grundfinanzierung für ein Netz überregionaler Natur- und Umweltbildungszentren sicherzustellen. Die Grundfinanzierung soll zum
Einen die personelle Kontinuität sichern, zum Anderen ein Minimum an sächlichen Verwal-
119
tungskosten decken – die grundlegenden Voraussetzungen für ein Mindestmaß an Umweltbildungsarbeit und –angeboten.
T 210:
Die Zuwendungsempfänger waren verpflichtet, die Verwendung der Zuwendung innerhalb von sechs Monaten
nach Erfüllung des Zuwendungszwecks, spätestens jedoch mit Ablauf des sechsten auf den Bewilligungszeitraum folgenden Monats, bzw. innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Haushalts- oder Wirtschaftsjahres
nachzuweisen. Obwohl die Zuwendungsempfänger ihre Verwendungsnachweise in der Regel fristgerecht vorgelegt haben, hat die Prüfstelle der Senatsverwaltung diese oftmals erst mit Verzögerungen von bis zu sechs
Jahren geprüft. Vollständig geprüft waren im August 2003 nur die Zuwendungen bis einschließlich des Jahres 1997. Für die Zuwendungen der Haushaltsjahre 1998 und 1999 standen noch insgesamt sieben Prüfungen
aus, für die darauf folgenden Jahre waren bis auf zwei Ausnahmen alle Fälle bislang ungeprüft.
T 211:
Der Rechnungshof hat wie schon in früheren Jahren (vgl. Jahresberichte 2000 T 393 bis 419 und 2001
T 357 bis 371) die verspäteten Prüfungen und insbesondere die erheblichen Prüfungsrückstände der Senatsverwaltung als Verstoß gegen Nr. 11.1 AV § 44 LHO beanstandet. Danach ist sie als Bewilligungsbehörde verpflichtet, unverzüglich nach Eingang des Verwendungsnachweises festzustellen, ob insbesondere Anhaltspunkte für die Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs gegeben sind. Zudem widerspricht dieses Verhalten der
Senatsverwaltung sowohl einer eigenen Anweisung an ihre Mitarbeiter und die ihr nachgeordneten Einrichtungen vom 16. Februar 2000, „die einschlägigen Vorschriften des Zuwendungsrechts stringent einzuhalten und
bei Verstößen haftungsrechtliche Prüfungen vorzunehmen“, als auch ihrer Zusage gegenüber dem Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses im Rahmen der Haushaltsberatungen für das Jahr 2001, zu einer zeitnahen
Prüfung der Verwendungsnachweise zurückzukehren. Der Rechnungshof hat die Senatsverwaltung aufgefordert, die seit Jahren ausstehenden Prüfungen der Verwendungsnachweise nunmehr unverzüglich vorzunehmen.
Die Senatsverwaltung hat die verzögerten Prüfungen der Verwendungsnachweise damit begründet, dass die
personelle Situation ihres Prüfdienstes angespannt gewesen sei. Zwischenzeitlich habe sie diese aber durch
Besetzung einer freigewordenen Stelle und Einsatz einer im Personalüberhang befindlichen Dienstkraft wieder
stabilisieren können, sodass die Prüfstelle in der Lage sei, die Rückstände voraussichtlich innerhalb eines Jahres insgesamt abzuarbeiten.
Die Ausführungen der Senatsverwaltung bestätigen letztlich die Notwendigkeit, die Verwendungsnachweise
zeitnah zu prüfen. Anderenfalls wächst die Gefahr, dass Rückzahlungsansprüche nicht mehr durchgesetzt werden können und letztlich zulasten Berlins verloren gehen. Der Rechnungshof erwartet, dass die Senatsverwaltung nunmehr die wiederholt zugesagte zügige Bearbeitung der Verwendungsnachweise und mithin den Abbau
ihrer Prüfungsrückstände auch tatsächlich sicherstellt.
zu T 210 und 211:
Die Ursachen für die verspäteten Prüfungen der Verwendungsnachweise waren in einer
insbesondere krankheitsbedingten jahrelangen angespannten personellen Situation der
Prüfstelle begründet. Zwischenzeitlich konnte durch die vom Rechnungshof genannten personalwirtschaftlichen Maßnahmen der personelle Engpass behoben und die Rückstände
erheblich abgearbeitet werden. So ist die Prüfung der Verwendungsnachweise der Naturschutzverbände und der umweltpädagogischen Institutionen für die Zuwendungen der
Haushaltsjahre 1998, 1999 und 2000 vollständig abgeschlossen worden. Für das Haushaltsjahr 2001 werden derzeit die letzten zwei Verwendungsnachweise geprüft. Mit dem
vorhandenen Personal der Prüfstelle werden die Prüfungen der Verwendungsnachweise für
das Haushaltsjahr 2002 voraussichtlich bis zum Jahresende 2004 durchgeführt sein. Es
wird danach davon ausgegangen, dass künftig die Prüfungen für die Folgejahre zeitnah
erfolgen können.
T 212:
Die Senatsverwaltung hatte einer umweltpädagogischen Einrichtung in den Haushaltsjahren 1995 bis 2001
Zuwendungen von insgesamt 1,35 Mio. € im Wege der institutionellen Förderung als Fehlbedarfsfinanzierung
gewährt. Grundlage hierfür waren Wirtschaftspläne der Einrichtung, die die Senatsverwaltung in ihren Zuwendungsbescheiden für verbindlich erklärt hatte. Zugleich hatte sie aber dem Zuwendungsempfänger in den Bescheiden auferlegt, dass „etwaige Mindereinnahmen gegenüber den Ansätzen in Ihrem Wirtschaftsplan grundsätzlich durch entsprechende Ausgabekürzungen auszugleichen sind“. In seinen Verwendungsnachweisen hat
der Zuwendungsempfänger Mindereinnahmen und Minderausgaben von jeweils etwa 450 000 € gegenüber den
Wirtschaftsplänen abgerechnet.
120
T 213:
Die Senatsverwaltung hat hierzu ausgeführt, dass Mittel Dritter vielfach nicht oder nicht in dem geplanten Umfang tatsächlich zur Verfügung stehen würden. Dennoch sei sicherzustellen, dass kein höherer Fehlbedarf aufgrund von Einnahmeausfällen entsteht. Aus diesen Gründen habe sie in den Zuwendungsbescheiden von der
zuwendungsrechtlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, als besondere Nebenbestimmung im Zuwendungsbescheid eine Ausnahme von Nr. 2 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur institutionellen
Förderung (ANBest-I) zuzulassen. Danach ermäßigt sich bei der Fehlbedarfsfinanzierung die Zuwendung um
den Betrag, um den sich nach der Bewilligung die im Wirtschaftsplan veranschlagten Gesamtausgaben reduzieren, die Deckungsmittel erhöhen oder neue Deckungsmittel hinzutreten. Stattdessen sei der Zuwendungsempfänger verpflichtet gewesen, Mindereinnahmen durch Minderausgaben auszugleichen, um eigenverantwortlich
auf Einnahmeausfälle zu reagieren. Intention ihrer Vorgehensweise sei gerade, dass sich entsprechende Minderausgaben nicht zuwendungsverringernd auswirken sollten. Durch die Regelung im Zuwendungsbescheid sei
eine Rückforderung der durch Mindereinnahmen begründeten Minderausgaben ausgeschlossen.
T 214:
Der Rechnungshof verkennt nicht, dass Ausnahmen von den Allgemeinen Nebenbestimmungen notwendig sein
können, um Besonderheiten Rechnung zu tragen. Die Bewilligungsstelle hat in solchen Einzelfällen nach
pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Die Senatsverwaltung hat jedoch im Widerspruch zu Nr. 5.1.10 AV
§ 44 LHO nicht nur im Einzelfall, sondern in allen Bescheiden an die Einrichtung in den Haushaltsjahren 1995
bis 2001 sowie auch in weiteren Zuwendungsbescheiden an andere Adressaten eine Ausnahme von
Nr. 2 ANBest-I zugelassen. Damit hat sie hingenommen, dass sich der tatsächliche Finanzierungsanteil Berlins
nachträglich um bis zu 20 v. H. und damit erheblich erhöht hat.
Der Rechnungshof beanstandet, dass die Senatsverwaltung allein zugunsten des Zuwendungsempfängers eine
Regelung in ihre Zuwendungsbescheide aufgenommen hat, die die finanziellen Interessen Berlins vernachlässigt. Sie hat hierdurch im Ergebnis von vornherein auf mögliche Rückforderungen in nicht unerheblichem Umfang verzichtet.
zu T 212 bis 214:
Die vom Rechnungshof angesprochene umweltpädagogische Einrichtung hatte in ihrem
Wirtschaftsplan Projektmittel Dritter eingeplant, die sie allerdings wider Erwarten nicht erhalten hat.
Projekt- oder Drittmittel sind zwar im Wirtschaftsplan für die institutionelle Förderung aufgeführt, sie stellen jedoch in Bezug auf die institutionelle Zuwendung keine zuwendungsfähigen Ausgaben dar, da diese Mittel die institutionelle Förderung nicht berühren. Entfallen
solche Ausgaben, ermäßigen sich die zuwendungsfähigen Ausgaben nicht. Die insoweit
anderweitigen Projekte sind vielmehr als nachrichtlich in den Wirtschaftsplan aufgenommen
anzusehen. Dies entspricht spiegelbildlich der in den Ausführungsbestimmungen ausdrücklich enthaltenen Pflicht zur nachrichtlichen Ausweisung derselben im Verwendungsnachweis. Der Zuwendungsempfänger hatte entsprechend der Regelung im Zuwendungsbescheid seine Ausgaben aufgrund der Mindereinnahmen reduziert.
Tatsächlich haben sich bei der fraglichen Förderung die zuwendungsfähigen Ausgaben
nicht ermäßigt. Der Zuwendungsempfänger hat alle mit dem Zuwendungszweck zusammenhängenden Einnahmen und eigene Mittel ordnungsgemäß eingesetzt.
Aus den oben genannten Gründen wurde in den Zuwendungsbescheiden für diese Naturschutzorganisationen von der gemäß Nr. 5.1.10 AV § 44 LHO rechtlich für solche Fälle vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, als besondere Nebenbestimmung des Verwaltungsaktes Ausnahmen von den in den Allgemeinen Nebenbestimmungen der Nrn. 2 bis 6
ANBest-I bzw. 2 bis 5 ANBest-P zuzulassen. Dies besagt, dass laut Zuwendungsbescheid
die Zuwendungsempfänger verpflichtet sind, Mindereinnahmen durch Minderausgaben
auszugleichen. Ihnen wird damit die Option erteilt, eigenverantwortlich auf Einnahmeausfälle zu reagieren. Diese Pflicht beinhaltet gleichzeitig das Recht, Minderausgaben mit Mindereinnahmen zu verrechnen. Intention dieser Regelung war und ist gerade, dass sich entsprechende Minderausgaben nicht zuwendungsverringernd auswirken sollten, da damit die
Basisfinanzierung und zwangsläufig der Zuwendungszweck selbst in Frage gestellt wäre.
Die vom Rechnungshof beanstandeten Fälle sind Fälle von Minderausgaben - und die entsprechend damit zusammenhängenden Mindereinnahmen - die sich in erster Linie auf Projektmittel beziehen, die der Zuwendungsempfänger entgegen seiner ursprünglichen Pla-
121
nung von Dritten nicht erhalten und dementsprechend auch keine diesbezüglichen Ausgaben geleistet hat. Minderausgaben, denen entsprechende Mindereinnahmen gegenüberstehen, stellen also in diesen Fällen entgegen Nr. 2 ANBest-I bzw. 2 ANBest-P keine auflösende Bedingung dar, da sich die zuwendungsfähigen Ausgaben nicht reduziert haben. Die
getroffene Regelung ist bei den vorliegenden Zuwendungsvorgängen der Sache nach gerechtfertigt, da der Fehlbedarf unabhängig von eingeworbenen Drittmittelprojekten besteht
und der originäre Zuwendungszweck sichergestellt wird. Die institutionelle Zuwendung
deckt die Basisfinanzierung der Einrichtung ab, auf der sich bestenfalls und bei entsprechendem Engagement der Beschäftigten weitere Projekte / Aktivitäten aus Drittmitteln aufbauen.
Die Entscheidung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gemäß Nr. 5.1.10 AV
§ 44 LHO auf Zulassung einer Ausnahme von den Allgemeinen Nebenbestimmungen der
Nrn. 2 bis 6 ANBest-I bzw. 2 bis 5 ANBest-P erfolgte jeweils nach pflichtgemäßem Ermessen. Grundlage ist das in allen Fällen bestehende öffentliche Interesse des Landes Berlin
an der Förderung der naturschutzpolitischen und umweltpädagogischen Einrichtung und
die spezielle Fördersituation der einzelnen Naturschutzorganisation. Bei (Vorliegen) gleichartiger Voraussetzungen wurden die Fördernehmer gleich behandelt.
Eine vom Rechnungshof konstatierte Vernachlässigung der finanziellen Interessen des
Landes Berlin durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung liegt nicht vor. In allen Fällen sind die Zuwendungsmittel zweckentsprechend verwendet worden. Es gab keinerlei
Hinweise oder Beanstandungen wegen falscher oder gar zweckfremder Verwendung der
Mittel. In allen Fällen wurde der Zweck der Zuwendung umgesetzt. Dies dokumentieren die
vielen Veranstaltungen, Kurse, Beratungen, Führungen und sonstigen Aktivitäten, die von
den Einrichtungen trotz der nicht in vollem Umfang realisierten Einnahmen durchgeführt
werden konnten. Vielmehr hätte die Kürzung der Zuwendung um die festgestellten Minderausgaben zu einer ernsthaften Gefährdung des jeweiligen Zuwendungszwecks, ja, in einigen Fällen zur Schließung der Einrichtung geführt.
Es ist zudem zu berücksichtigen, dass die umweltpädagogischen Einrichtungen gesetzlich
fixierte Aufgaben zur Umweltaufklärung wahrnehmen, die nicht in gleicher kostengünstiger
Weise von der Verwaltung selber wahrgenommen werden können. Insofern liegt der Förderung ein auch herausragendes öffentliches ökonomisches Interesse zur Wahrnehmung
zugrunde.
T 215:
Die Senatsverwaltung hatte einem anderen Zuwendungsempfänger im Naturschutzbereich in den Haushaltsjahren 2000 und 2001 Zuwendungen von insgesamt 52 000 € im Wege der institutionellen Förderung als Fehlbedarfsfinanzierung gewährt. Nach seinen als Bewilligungsgrundlage für verbindlich erklärten Wirtschaftsplänen
hatte der Zuwendungsempfänger Eigenmittel von ebenfalls 52 000 € einzusetzen. In den von der Senatsverwaltung noch nicht geprüften Verwendungsnachweisen hat er allein beim Ansatz „Eigenmittel“ höhere Einnahmen
von insgesamt 97 000 € und damit zusätzliche Deckungsmittel abgerechnet, die die Zuwendung infolge Eintritts
einer auflösenden Bedingung nach den Nrn. 2.2 und 9.1.1 ANBest-I in vollem Umfang ermäßigen.
Der Rechnungshof hat beanstandet, dass die Senatsverwaltung die Zuwendung von 52 000 € bislang nicht
zurückgefordert hat, obwohl ihr - da es sich um den Eintritt einer auflösenden Bedingung handelt - insoweit kein
Ermessen für einen Verzicht eingeräumt ist. Zudem hätte sie bereits bei sachgerechter Prüfung der Mittelabforderungen des Zuwendungsempfängers erkennen müssen, dass aufgrund der nachträglichen Eigenmittelerhöhungen kein Förderungsbedarf bestand. Gleichwohl hat sie unter Verstoß gegen den Subsidiaritätsgrundsatz
(vgl. § 23 LHO) zum Ende der jeweiligen Haushaltsjahre weitere Zuwendungsraten ausgezahlt.
Die Senatsverwaltung hat in ihrer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass zumindest die Prüfung des Verwendungsnachweises für das Haushaltsjahr 2000 im ersten Quartal 2004 erfolgen solle. Erst danach und nach
Anhörung des Zuwendungsempfängers könne sie dann über Rückforderungsansprüche entscheiden.
Soweit die Senatsverwaltung einen Ermessensspielraum beansprucht, widerspricht dies dem eindeutigen Wortlaut von Nr. 8.2.1 AV § 44 LHO. Da der Zuwendungsempfänger Mehreinnahmen gegenüber den verbindlichen
Wirtschaftsplänen und damit zusätzliche Deckungsmittel abrechnet, hat sie die Zuwendung wegen der Rechtsfolge der auflösenden Bedingung in voller Höhe zu ermäßigen. Der Rechnungshof hat die Senatsverwaltung
aufgefordert, ihren Rückzahlungsanspruch nunmehr unverzüglich geltend zu machen und wegen der Finanzkraft des Zuwendungsempfängers die weitere Förderung einzustellen. Darüber hinaus erwartet er, dass die
122
Senatsverwaltung insgesamt 13 000 € von vier weiteren Zuwendungsempfängern zurückfordert, die in ihren
Verwendungsnachweisen ebenfalls Mehreinnahmen und mithin zusätzliche Deckungsmittel abgerechnet haben.
zu T 215:
Erfahrungsgemäß ist der Zuwendungsempfänger in der Lage, im Jahresverlauf Drittmittelprojekte in beträchtlicher Größenordnung zu akquirieren. Diese Projektmittel sind in der
Regel zweckgebunden und daher von dem durch die institutionelle Förderung finanzierten
Zuwendungszweck getrennt. Soweit sich diese Drittmittelprojekte erst im Laufe des Jahres
ergeben, sind sie nicht im Wirtschaftplan enthalten. Sofern sie im Wirtschaftsplan aufgeführt sind, haben sie nur die institutionelle Förderung in Bezug auf nur nachrichtlichen Charakter. Die bei der Mittelabforderung mitgeteilte Einnahmeerhöhung zweckgebundener
Drittmittel wurde im Hinblick auf die Zahlungsfähigkeit des Zuwendungsempfängers zur
Kenntnis genommen; für die zuwendungsrelevanten Positionen wurde der Mittelbedarf aber
als berechtigt anerkannt. Die Schlussrate wurde entsprechend angewiesen. Ein Verstoß
gegen den Subsidiaritätsgrundsatz ist somit nicht gegeben.
Die Prüfung des Verwendungsnachweises für das Haushaltsjahr 2000 ist erfolgt. Im Ergebnis wird festgestellt, dass sich die Einnahmeerhöhungen ganz überwiegend aus zweckgebunden vereinnahmten Mitteln ergeben, denen entsprechende Ausgaben gegenüberstehen
und entsprechend keine Zuwendungsrückforderung legitimieren. Erst nach Anhörung des
Zuwendungsempfängers wird über die verbleibenden Rückforderungsansprüche entschieden werden.
Gleiches gilt im Übrigen auch für die vom Rechnungshof zum Ausdruck gebrachte Erwartung der Rückforderung von insgesamt 13.000 € von vier weiteren Zuwendungsempfängern.
T 216:
Die Senatsverwaltung hatte einem weiteren Zuwendungsempfänger, einer umweltpädagogischen Institution, in
den Haushaltsjahren 1995 bis 2001 Zuwendungen von insgesamt 206 000 € im Wege der Projektförderung
gewährt, bis 1999 als Anteilfinanzierung und von 2000 an als Fehlbedarfsfinanzierung. Bei der erneut verspäteten Kontrolle der Verwendungsnachweise für die Haushaltsjahre 1995 bis 2000 hatte die Prüfstelle der Senatsverwaltung festgestellt, dass der Zuwendungsempfänger entgegen den Auflagen in den Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) zum Teil erheblich sowohl gegen das Besserstellungsverbot verstoßen hat, wonach Beschäftigte von Zuwendungsempfängern finanziell nicht besser gestellt
sein dürfen als vergleichbare Dienstkräfte Berlins, als auch seine im verbindlichen Finanzierungsplan vorgesehenen Eigenmittel nicht in voller Höhe zur Deckung seiner Ausgaben eingesetzt hat. Zudem hat er geringere
Ausgaben und zusätzliche Einnahmen gegenüber den verbindlichen Finanzierungsplänen abgerechnet. Bis
zum Zeitpunkt der Prüfung durch den Rechnungshof hatte die Bewilligungsstelle aus diesen Feststellungen
keine Konsequenzen gezogen, obwohl bereits bis zu viereinhalb Jahre vergangen waren. Erst auf sein Betreiben hat die Senatsverwaltung zwischenzeitlich mit Verzögerungen von bis zu sechs Jahren Rückforderungen
von insgesamt 21 000 € gegen den Zuwendungsempfänger geltend gemacht, der hiergegen Klage vor dem
Verwaltungsgericht erhoben hat.
Die Senatsverwaltung hat die zögerliche Bearbeitung der Rückforderungen damit begründet, dass die Zuwendungsakten für die Haushaltsjahre 1995 und 1996 ohne Verschulden der Bewilligungsstelle über einen längeren
Zeitraum nicht auffindbar gewesen sein sollen. Diese seien im Rahmen eines Umzugs der Senatsverwaltung,
der von einem Unternehmen durchgeführt wurde, abhanden und irrtümlich im Aktenkeller des Dienstgebäudes
Brückenstraße eingelagert worden, wo sie nach über zwei Jahren durch einen Zufall hätten wiedergefunden
werden können.
Dieses Vorbringen bestätigt das Fehlverhalten der Senatsverwaltung, da der Verbleib der fehlenden Akten erst
auf nachdrückliche Veranlassung des Rechnungshofs im Rahmen seiner Prüfung verfolgt wurde. Zudem hatte
die Bewilligungsstelle vor ihrem Umzug zumindest eine Kopie ihrer Zuwendungsakten gefertigt, die anschließend nicht verloren gegangen war, sodass die Rückforderungen hätten zeitnah bearbeitet werden können.
Auch dieser Fall zeigt, dass bei zögerlicher Bearbeitung die Gefahr besteht, Rückzahlungsansprüche nicht
mehr geltend machen zu können. Der Rechnungshof erwartet, dass die Senatsverwaltung erforderlichenfalls
gegen die hierfür verantwortlichen Dienstkräfte die notwendigen dienst- und haftungsrechtlichen Maßnahmen
ergreift.
123
zu T 216:
Rückforderungen von Zuwendungen in den Haushaltsjahren 1995 bis 2001 sind bei der
hier angesprochenen umweltpädagogischen Institution in der Zeit von Oktober 2003 bis
Januar 2004 geltend gemacht worden.
Im Rahmen ihrer Überprüfung der Zuwendung für das Hauhaltsjahr 1997 hat die Prüfstelle
erstmals aufgedeckt, dass Unstimmigkeiten hinsichtlich der Höhe der Gehälter bestanden,
die einen Verstoß gegen das Besserstellungsverbot begründen könnten. Da selbst nach
Befragung des Steuerberaters der Institution die Berechungsgrundlage der Gehälter nicht
mehr nachvollziehbar war, wurde die Bewilligungsstelle aufgefordert, den Sachverhalt aufzuklären. Dieser Arbeitsauftrag wurde auch auf die Folgejahre ausgedehnt, da eine Fortsetzung des Fehlers beim Zuwendungsempfänger vermutet wurde.
Die Bewilligungsstelle hat diesen Arbeitsauftrag unmittelbar umgesetzt und Maßnahmen
zur Aufklärung des Sachverhalts aufgenommen. Diese konnten wegen der beim Zuwendungsempfänger zum Teil unvollständigen Unterlagen und wegen der zunächst nur zögerlichen Mitarbeit des Zuwendungsempfängers nicht sofort abgeschlossen werden. Zum Zeitpunkt des Beginns der Prüfung der Zuwendungen durch den Rechnungshof waren die
rechtlichen und tatsächlichen Ermittlungen noch nicht beendet. Lange vor Übermittlung der
Prüfungsmitteilung des Rechungshofes wurden jedoch die ersten erforderlichen Erstattungen geltend gemacht. Rückforderungs- und Erstattungsbescheide wurden kontinuierlich
weiter erstellt, sodass bis zum Januar 2004 die Bescheide aller hier angesprochenen Jahrgänge gefertigt und zugestellt werden konnten.
Zu den Prüffeststellungen betreffend die Haushaltsjahre 1995 und 1996 ist anzumerken,
dass der Verbleib der Akten nicht erst auf nachdrückliche Veranlassung des Rechungshofs
im Rahmen seiner Prüfung verfolgt wurde. Unmittelbar nachdem das Fehlen der Akten entdeckt wurde, wurden diese als „vermisst“ gemeldet. Eine umfangreiche Suche wurde vorgenommen, die jedoch erfolglos blieb. Auch waren Kopien der Akten nicht vorhanden. Der
Umzug wurde von einer Umzugsfirma am Wochenende durchgeführt, die Mitarbeiter hatten
keinen Einfluss auf die richtige Zuordnung der Umzugskartons. Durch Zufall wurden die
Akten jedoch vor der Prüfung des Rechungshofs in einem Keller des Dienstgebäudes wiedergefunden. Ein dienstrechtlich vorwerfbares Verhalten im Zusammenhang mit dem vorübergehenden Verlust der Akten ist nicht gegeben.
T 217:
Zusammengefasst beanstandet der Rechnungshof, dass die Senatsverwaltung bei der Gewährung von Zuwendungen durch schwerwiegende Mängel und Versäumnisse finanzielle Nachteile insbesondere dadurch verursacht hat, dass sie

von vornherein mögliche Rückzahlungsansprüche ausschloss und damit eine Erhöhung des Finanzierungsanteils Berlins in Kauf nahm sowie

sonstige Rückzahlungsansprüche erst nach mehrjährigen Verzögerungen auf Betreiben des Rechnungshofs geltend gemacht hat.
Der Rechnungshof erwartet, dass die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung endlich ihre Zusage einhält, die
Verwendungsnachweise sachgerecht und zeitnah zu prüfen sowie die seit Jahren bestehenden Prüfungsrückstände zügig abzubauen.
zu T 217:
Aus den Ausführungen zu T 212 ff ergibt sich, dass die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung keine finanziellen Nachteile für das Land Berlin verursacht hat.
Auch aus den Ausnahmen in den Zuwendungsbescheiden von den Allgemeinen Nebenbestimmungen der Nrn. 2 bis 6 ANBest-I bzw. 2 bis 5 ANBest-P, die besagt, dass die Zuwendungsempfänger verpflichtet sind, Mindereinnahmen durch Minderausgaben auszugleichen, tritt kein finanzieller Nachteil für das Land Berlin ein.
124
In allen vom Rechnungshof aufgeführten Fällen wurden die Mittel zweckentsprechend verwendet. Inhaltlich besteht daher keine Rückforderungsnotwendigkeit. Die Regelungen in
den Zuwendungsbescheiden sind zielführend, sachlich gerechtfertigt und stehen im Einklang mit dem Haushaltsrecht.
Die vorstehenden Ausführungen widerlegen die Beanstandungen des Rechnungshofs. Es
sind keine finanziellen Nachteile für das Land Berlin entstanden.
Im Übrigen kann davon ausgegangen werden, dass künftig die Prüfungen der Verwendungsnachweise der umweltpädagogischen Einrichtungen und der Naturschutzverbände
zeitnah erfolgen.
4.
N i c h t a u s r e i c h e n d u n t e r s u c h t e E i n s p a r p o t e n z i a l e b e i d e r B e w ä s s er u n g o d e r
d e m B e t r i e b ö f f e n t l i c h e r An l a g e n
Öffentliche Grün- und Erholungs-, Friedhofs-, Sport- sowie Zierbrunnenanlagen werden von den
Bezirksämtern überwiegend mit Trinkwasser bewässert oder betrieben. Die Ausgaben dafür betr agen insgesamt etwa 2,5 Mio. € jährlich. Bisher haben acht Bezirksämter festgestellt, dass diese
Ausgaben gesenkt werden können, wenn anstelle von Trinkwasser Grund -, Oberflächen- oder Niederschlagswasser verwendet wird. Das bisher ermittelte jährliche Einsparpotenzial beträgt insg esamt 400 000 €. Der Rechnungshof erwartet, dass nun auch die übrigen Bezirksämter untersuchen,
ob Einsparpotenziale vorhanden und Investitionen für den Ersatz v on Trinkwasser wirtschaftlich
sind.
T 218:
Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg beabsichtigte den Bau zweier Tiefbrunnen für 51 000 € im Görlitzer
Park und Viktoriapark. Diese beiden Grünanlagen sollten mit eigengefördertem Grundwasser statt mit Trinkwasser bewässert werden. Es hatte gegenüber dem Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses am
4. April 2002 nachgewiesen, dass sich diese Investitionen bereits im ersten Jahr amortisieren und Einsparungen erbringen, die in jedem Folgejahr 110 000 € betragen (rote Nr. 0311).
Das Verhalten des Bezirksamts entsprach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, weil Investitionen, die sich
bereits im laufenden Haushaltsjahr amortisieren und Einsparungen erbringen, unverzüglich vorzunehmen sind.
T 219:
Die Bezirksämter geben insgesamt etwa 2,5 Mio. € jährlich für die Bewässerung oder den Betrieb öffentlicher
Grün- und Erholungs-, Friedhofs-, Sport- sowie Zierbrunnenanlagen mit Trinkwasser aus. Der Rechnungshof
hat das Vorhaben des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg zum Anlass genommen im November 2002 alle
Bezirksämter zu bitten,

öffentliche Grün- und Erholungs-, Friedhofs-, Sport- sowie Zierbrunnenanlagen, die mit Trinkwasser bewässert oder betrieben werden, zu benennen und

mitzuteilen, ob bereits Möglichkeiten für den Ersatz des Trinkwassers durch Grund-, Oberflächen- oder
Niederschlagswasser untersucht worden sind, ggf. die Ergebnisse der Untersuchung vorzulegen und
falls derartige Untersuchungen nicht durchgeführt worden sind, dies zu begründen.
Um den Aufwand zu begrenzen, sollten zunächst nur Anlagen mit Ausgaben für Wasser von mehr als 5 000 €
jährlich benannt werden.
T 220:
Die Bezirksämter haben insgesamt 129 Anlagen, davon 25 öffentliche Grün- und Erholungsanlagen,
17 Friedhöfe, 72 Sportplätze und 15 Zierbrunnenanlagen benannt. Für den Bezug von Wasser zur Bewässerung oder zum Betrieb dieser Anlagen haben die Bezirksämter insgesamt 1,6 Mio. € jährlich ausgegeben. Darüber hinaus haben neun Bezirksämter insgesamt 36 Anlagen benannt, die bereits mit Grund-, Oberflächenoder Niederschlagswasser bewässert oder betrieben werden.
Untersuchungen, ob es möglich und wirtschaftlich ist, für die Bewässerung oder den Betrieb der Anlagen statt
Trinkwasser Grund-, Oberflächen- oder Niederschlagswasser einzusetzen, hatten die Bezirksämter bis dahin
nicht durchgeführt. Als Begründung dafür trugen sie beispielsweise vor, dass

der Bau von Tiefbrunnen aufgrund von Schuttaufschüttungen nicht möglich sei,

der Eisengehalt des Grundwassers Verschmutzungen auf den zu bewässernden Vegetationsflächen oder Kunstrasensportplätzen sowie auf den angrenzenden Flächen verursache,
125

Tiefbrunnen nur bis zu einer Tiefe von 25 m genehmigt würden,

für die Durchführung von Untersuchungen Personal fehle,

für notwendige Investitionen Haushaltsmittel fehlen würden.
Die Bezirksämter haben ihre Begründungen nur teilweise belegt. Sie überzeugen insgesamt nicht. So mag es
zwar aufwändiger sein, Tiefbrunnen durch Schuttaufschüttungen zu bohren; es ist aber technisch durchaus
möglich, wenn die Aufschüttungen begrenzt sind und nicht bis zur Filtertiefe reichen. Auch der Eisengehalt des
Grundwassers ist nicht von vornherein ein Hinderungsgrund für die Durchführung der Untersuchungen. Da der
Gehalt an Eisen mit zunehmender Tiefe abnimmt, kann das Problem durch tiefere Brunnen sowie durch geeignete technische Maßnahmen gelöst werden. Des Weiteren trifft es nach Aussage der Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung nicht zu, dass Tiefbrunnen nur bis zu einer Tiefe von 25 m genehmigt werden. Bei den Untersuchungen ist jedoch zu berücksichtigen, dass in Wasserschutzgebieten die Trinkwassergewinnung Vorrang
hat. Ebenso wenig überzeugt der Hinweis einiger Bezirksämter auf fehlendes Personal für die Untersuchungen,
weil zwischenzeitlich andere Bezirksämter mit vergleichbarer Personalsituation bereits Untersuchungen durchgeführt haben. Der Hinweis auf fehlende Haushaltsmittel für notwendige Investitionen entbindet die Bezirksämter nicht von ihrer Verpflichtung, zumindest zu untersuchen, ob durch Investitionen auf Dauer Einsparungen
erzielt werden können. Investitionen, durch die Einsparungen erzielt werden sollen, sind immer dann wirtschaftlich, wenn sie sich innerhalb der technischen Nutzungsdauer des Investitionsgutes amortisieren. Sie sind umso
wirtschaftlicher, je kürzer die Amortisationszeit ist.
Der Rechnungshof hat daher die Bezirksämter aufgefordert zu untersuchen, ob und inwieweit Investitionen für
den Ersatz von Trinkwasser bei der Bewässerung oder dem Betrieb der benannten Anlagen wirtschaftlich sind.
T 221:
Während des Prüfungsschriftwechsels mit den Bezirksämtern hat sich gezeigt, dass diese häufig nicht über
ausreichende Kenntnisse über Bau und Genehmigungsfähigkeit von Tiefbrunnen verfügen und Unsicherheiten
und mangelnde Erfahrungen bei der Anwendung des von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung herausgegebenen „Leitfadens für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei der Vorbereitung, Planung und Durchführung
von Baumaßnahmen nach § 7 LHO“ haben. Der Rechnungshof hat deshalb angeregt, den Bezirksämtern eine
Informationsveranstaltung bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung anzubieten. Die Senatsverwaltung ist
dieser Anregung gefolgt und hat im Oktober 2003 zusätzlich zu einer Einführung in den Leitfaden die wasserwirtschaftliche Situation und die hydrogeologischen Gegebenheiten in Berlin dargestellt und den Bezirksämtern
Gelegenheit gegeben, fachliche Probleme zu erörtern.
T 222:
Bis Anfang 2004 haben acht Bezirksämter für insgesamt 38 Anlagen durch Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen
nachgewiesen, dass durch Investitionen Einsparungen beim Betrieb dieser Anlagen erwirtschaftet werden können. Nach den bisher vorliegenden Ergebnissen können durch Investitionen von insgesamt 1 Mio. € nach der
jeweiligen Amortisationszeit jährliche Einsparungen von insgesamt 400 000 € erreicht werden. Die Untersuchungen berücksichtigen noch nicht die Anfang 2004 gestiegenen Wasserpreise. Infolge der Preissteigerung
können künftig höhere Einsparungen bei kürzeren Amortisationszeiten erzielt werden.
Nachfolgend sind einige Untersuchungsergebnisse, die noch auf den bis Ende 2003 geltenden Wasserpreisen
basieren, beispielhaft dargestellt:
Das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf hat ermittelt, dass nach einer Amortisationszeit von knapp anderthalb Jahren jährliche Einsparungen von 28 000 € erzielt werden können, wenn 40 000 € für den Bau eines Tiefbrunnens
für die Anlage Parkfriedhof Thuner Platz investiert werden.
Das Bezirksamt Neukölln hat ermittelt, dass nach einer Amortisationszeit von etwas über anderthalb Jahren
jährliche Einsparungen von 12 000 € erzielt werden können, wenn 20 000 € für den Bau eines Tiefbrunnens für
die Anlage Sportplatz am Columbiadamm investiert werden. Des Weiteren hat es ermittelt, dass nach einer
Amortisationszeit von etwa eindreiviertel Jahren jährliche Einsparungen von 16 800 € erzielt werden können,
wenn 30 000 € für den Bau eines Tiefbrunnens für die Anlage Volkspark Hasenheide investiert werden.
Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg hat ermittelt, dass nach einer Amortisationszeit von etwa eindreiviertel
Jahren jährliche Einsparungen von 12 000 € erzielt werden können, wenn 21 500 € für den Bau eines Tiefbrunnens für die Anlage Heinrich von Kleist Park investiert werden.
Das Bezirksamt Treptow-Köpenick hat ermittelt, dass nach einer Amortisationszeit von knapp zweieinviertel
Jahren jährliche Einsparungen von 13 000 € erzielt werden können, wenn 29 000 € für den Bau eines Tiefbrunnens für die Anlage Sportplatz „Willi Sänger“ investiert werden.
T 223:
Über die Einsparungen hinaus ergeben sich bei der Bewässerung weitere Nutzeffekte. So können die Naturschutz- und Grünflächenämter die öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen ausreichend pflegen, wenn sie
126
anstelle des teuren Trinkwassers billigeres Grund-, Oberflächen- oder Niederschlagswasser verwenden. Gepflegte Anlagen werden zudem schonender genutzt; damit wird auch dem Vandalismus vorgebeugt
(vgl. Jahresbericht 2001 T 391 bis 397).
T 224:
Der Rechnungshof erwartet, dass die Einsparpotenziale beim Betrieb der öffentlichen Grün- und Erholungs-,
Friedhofs-, Sport- sowie Zierbrunnenanlagen genutzt werden.
zu T 218 bis 224:
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung stimmt in Abstimmung mit den Grünflächenämtern der Bezirke dem vom Rechnungshof dargelegten Sachverhalt im Grundsatz zu.
Festzustellen ist, dass in den letzten Jahren durch bereits bestehende Tiefbrunnen zur Nutzung von Grund-, Oberflächen- und Niederschlagswasser anstelle von Trinkwasser bei der
Bewässerung von öffentlichen Grün- und Erholungs-, Friedhofs- und Sportanlagen Einsparungen erzielt werden konnten. Die Prüfung von Einsparpotentialen bei der Bewässerung
ist in den Bezirken noch nicht abgeschlossen. Derzeit werden weitere Standorte einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für den Bau von Tiefbrunnen unterzogen. Der Rechnungshof
wird nach Abschluss der Prüfungen von den jeweiligen Bezirksämtern über die Ergebnisse
im einzelnen unterrichtet.
Der Annahme des Rechnungshofs, dass die Einsparungen aus der Nutzung von Grund-,
Oberflächen- oder Niederschlagswasser anstelle des teureren Trinkwassers für die Bewässerung der Anlagen zu dem Effekt führen, dass die bezirklichen Grünflächenämter die öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen ausreichend pflegen können, kann von Seiten der
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und den Grünflächenämtern der Bezirke nicht gefolgt werden, weil die eingesparte Summe das bestehende Defizit der den Ämtern zur Verfügung stehenden Finanzmittel für die Pflege der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen
bei weitem nicht ausgleicht.
5.
Erhebliche Mängel bei der Festsetzung und Erhebung des Grundwasseren tnahmeentgelts
T 225:
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erhebt auf der Grundlage von § 13 a Berliner Wassergesetz (BWG)
Entgelte für die Entnahme und andere Nutzungen von Grundwasser, die sich nach Menge des entnommenen
Grundwassers bemessen. Die entgeltpflichtigen Grundwassernutzer haben die in Anspruch genommenen Mengen insbesondere durch Messungen nachzuweisen und der Senatsverwaltung die Ergebnisse einschließlich
Unterlagen zu übermitteln. Zudem haben sie vierteljährliche Vorauszahlungen auf der Grundlage des voraussichtlichen Jahresbetrages an Grundwasserentnahmeentgelt zu leisten, deren Höhe von der Senatsverwaltung
mit Festsetzungsbescheiden festgelegt wird. Eine stichprobenweise Prüfung der in den Jahren 1999 bis 2001
festgesetzten und erhobenen Entgelte durch den Rechnungshof hat erhebliche Mängel ergeben, die zu finanziellen Nachteilen Berlins von 600 000 € geführt haben.
zu T 225:
Die Ausführungen über die Aufgabe der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gemäß
§ 13 a Berliner Wassergesetz sind zutreffend. Der Grundwassernutzer wird durch Festsetzungsbescheid aufgefordert, Entgelt für die von ihm in Anspruch genommene Menge
Grundwassers an das Land Berlin zu zahlen.
Nicht zutreffend ist, dass finanzielle Nachteile von 600.000 € durch erhebliche Mängel in
den Jahren 1999 bis 2001 entstanden seien.
Mehrere Baufirmen sind wegen Insolvenz nicht mehr in der Lage gewesen, das festgesetzte Grundwasserentnahmeentgelt zu zahlen. Die Insolvenzverfahren sind zum Teil noch
nicht abgeschlossen. Es kam also nicht durch Mängel bei der Erhebung von Grundwasserentnahmeentgelt, sondern durch die Zahlungsunfähigkeit von Baufirmen zu finanziellen
Einbußen für das Land Berlin
127
T 226:
Die Senatsverwaltung hat bei Bauvorhaben darauf verzichtet, Vorauszahlungen für die Grundwasserentnahme
festzusetzen. Ihre Begründung, § 13 a BWG sehe dies nur für Dauerförderer vor, steht im Widerspruch zu dessen Abs. 6. Danach haben alle und nicht nur ausgewählte Nutzer von Grundwasser vierteljährliche Vorauszahlungen auf der Grundlage des voraussichtlichen Jahresbetrages des Entgelts zu leisten. Insbesondere bei Nutzungen im Zuge von Baumaßnahmen, aber auch bei anderen nicht dauerhaften Nutzungen von Grundwasser
kann die zu leistende Vorauszahlung auf der Basis bereits genutzter Mengen festgesetzt werden. Überdies
hätten Einnahmeausfälle von 528 000 €, die überwiegend darauf beruhen, dass in Insolvenz gefallene Bauunternehmen die nachträglich erhobenen Entgelte nicht gezahlt haben, zumindest erheblich gemindert werden
können, wenn die Senatsverwaltung bereits während der Grundwassernutzung Vorauszahlungen rechtzeitig
festgesetzt und eingezogen hätte.
zu T 226:
Die Senatsverwaltung hat in den Fällen, in denen eine gesicherte Prognose über die zu
fördernde Grundwassermenge im Voraus nicht möglich war, keine Vorauszahlungen erhoben.
Sie folgt jedoch der Auffassung des Rechnungshofs und erhebt jetzt grundsätzlich von allen
Nutzern vierteljährliche Vorauszahlungen des Entgelts.
T 227:
Die Senatsverwaltung hat in anderen Fällen das Grundwasserentnahmeentgelt zu spät oder nicht vollständig
eingezogen. Außerdem wurden Mahngebühren und Verzugszinsen gegenüber säumigen Zahlungspflichtigen
nicht oder nicht vollständig festgesetzt und erhoben. Beispielsweise hat die Senatsverwaltung in einem Fall
Vollmachten und Auszüge aus dem Handelsregister nicht angefordert und mithin zwei Jahre lang nicht erkannt,
dass die Gesellschaft, an die der spätere Festsetzungsbescheid für das Grundwasserentnahmeentgelt gerichtet
war, zu keinem Zeitpunkt bestanden hat. Dadurch ist ein vermeidbarer Schaden für Berlin von weiteren
49 000 € entstanden. Zudem hat sie in den Annahmeanordnungen als Fälligkeitstag der vierteljährlichen Vorauszahlungen, der nach § 13 a Abs. 6 BWG auf den 25. Tag nach Beginn eines Kalendervierteljahres festgelegt ist, den 1. Tag des nächsten Monats eingegeben. Um bis zu sechs Tage verspätete Zahlungen konnten so
nicht erkannt werden. Dadurch wurde ein Zinsschaden von bis zu 30 000 € jährlich verursacht.
T 228:
Die Senatsverwaltung hat - abweichend vom bisherigen Schriftwechsel mit dem Rechnungshof - nunmehr zugesagt, Vorauszahlungen auch bei kurzfristigen Grundwasserfördermaßnahmen festzusetzen und zu erheben
sowie als Fälligkeitstag den 25. Tag nach Beginn eines Kalendervierteljahres festzulegen.
zu T 227 und 228:
Die Überwachung des Eingangs des Grundwasserentnahmeentgelts, das Mahnverfahren
sowie die Festsetzung und Einziehung von Mahngebühren und Verzugszinsen obliegt der
Landeshauptkasse.
Bei dem beispielhaft vom Rechnungshof genannten Fall wurde der Festsetzungsbescheid
auf Grund einer fast identischen Namensgleichheit irrtümlich nicht dem richtigen Adressaten zugesandt. Ein Schaden ist jedoch noch nicht entstanden, da mit Bescheid vom
05.12.2003 gegen die richtige Gesellschaft das Grundwasserentnahmeentgelt festgesetzt
wurde. Gegen diesen Bescheid dauert das Gerichtsverfahren noch an.
Vom Rechnungshof wird ferner ein Zinsschaden in Höhe von 30.000 € genannt, welcher in
der Höhe nicht entstanden ist. In den meisten Fällen wurde bei Zahlung der Fälligkeitstermin aus dem Festsetzungsbescheid eingehalten. Nur in wenigen Ausnahmen wurde verspätet gezahlt und ab dem darauffolgenden Monatsersten die Zinsen in Rechnung gestellt,
so dass dadurch nur für eine geringe Zeitdifferenz keine Zinsen erhoben wurden.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat die Verfahrensweise zwischenzeitlich umgestellt, so dass als Fälligkeitstag für die Verzinsung immer der 25. Tag nach Beginn eines
Kalendervierteljahres festgelegt wird im Sinne von § 13 Abs. 6 BWG und Zinsen bei Terminüberschreitungen nunmehr umfassend erhoben werden.
128
Der Rechnungshof erwartet, dass die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ihre Zusage erfüllt, und damit ihrer
gesetzlichen Verpflichtung, Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben (§ 34 Abs. 1 LHO), uneingeschränkt nachkommt.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat auf der Grundlage der Feststellungen des
Rechnungshofes die Verfahren umgestellt.
G. Finanzen
1.
M ä n g e l b e i d e r B e s t e u e r u n g vo n V e r ä u ß e r u n g s g e w i n n e n
Unzulänglichkeiten bei der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen haben dazu geführt, dass
Steuern von 106 000 € nicht festgesetzt worden und weitere Beträge von 4,9 Mio. € dem Fiskus
erst verspätet zugeflossen sind. Dies hat zu einem vermeidbaren Zinsnachteil in der Größenor dnung von 150 000 € geführt.
T 229:
Der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften unterliegt gemäß
§ 17 Einkommensteuergesetz (EStG) der Besteuerung, wenn die Beteiligung des Veräußerers am Kapital der
Gesellschaft einen bestimmten Mindestanteil überschreitet. Während bis zum Veranlagungszeitraum 1998 eine
Besteuerung nur in Frage kam, wenn der Veräußerer zu mehr als 25 v. H. an der Gesellschaft beteiligt war,
genügte für die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2001 bereits ein Anteil von 10 v. H., von 2002 an sogar von
nur noch 1 v. H.
Die erhebliche Absenkung der Mindestbeteiligungsquote ließ erwarten, dass die Fallzahlen an steuerwirksamen
Veräußerungsvorgängen deutlich ansteigen. Dies war Anlass für den Rechnungshof zu untersuchen, ob die
Verfahrensabläufe in den Finanzämtern eine vollständige und zeitnahe Besteuerung der Veräußerungsgewinne
gewährleisten. Er hat bei den sog. Wohnsitzfinanzämtern 109 Steuerfälle geprüft, denen Veräußerungsgewinne
von annähernd 30 Mio. € zugrunde lagen, die nach Abzug von Freibeträgen und Tarifvergünstigungen zu einer
Steuerforderung von insgesamt 8,9 Mio. € führten. Dies unterstreicht, dass dem Regelungsinhalt des § 17 EStG
erhebliche fiskalische Bedeutung zukommt.
T 230:
Vereinbarungen zur Übertragung von Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) sind notariell zu beurkunden. Die mit der Beurkundung solcher Übertragungsvorgänge befassten Notare haben an das für
die Besteuerung der Gesellschaft zuständige Finanzamt für Körperschaften eine beglaubigte Abschrift der Urkunde zu übersenden. Kommt aufgrund der Höhe der Beteiligung des Veräußerers an der GmbH eine Besteuerung des Veräußerungsgewinns in Betracht, hat das Finanzamt für Körperschaften das für die Besteuerung des
Anteilseigners zuständige Wohnsitzfinanzamt zeitnah über den Anteilsverkauf durch Kontrollmitteilung zu unterrichten.
Die Wohnsitzfinanzämter haben die ihnen übersandten Kontrollmitteilungen unverzüglich auszuwerten. Dabei
haben sie insbesondere zu prüfen, ob die Vorauszahlungen zur Einkommensteuer zu erhöhen und Steuererklärungen vorzeitig anzufordern sind.
T 231:
Der Rechnungshof hat bei den acht überprüften Finanzämtern (zwei Finanzämter für Körperschaften sowie
sechs Wohnsitzfinanzämter) teilweise beträchtliche Bearbeitungsunzulänglichkeiten festgestellt.
So haben es die beiden Finanzämter für Körperschaften in 47 der 129 dort betrachteten Veräußerungsfälle
versäumt, die Entwicklung der Beteiligungsverhältnisse an den Kapitalgesellschaften zu überwachen und die
von den Notaren übersandten Urkundenabschriften zeitnah und vor allem vollständig auszuwerten.
Die sechs Wohnsitzfinanzämter haben 26 der 109 dort geprüften Steuerfälle ebenfalls nicht angemessen bearbeitet. So haben sie es unterlassen, das ihnen zugegangene Kontrollmaterial sach- und zeitgerecht auszuwerten und die für eine zutreffende Ermittlung des Veräußerungsgewinns notwendige Sachverhaltsaufklärung vorzunehmen.
In einem Einzelfall beachtete das Finanzamt die ihm vorliegende Kontrollmitteilung beispielsweise vier Jahre
lang nicht. Da zwischenzeitlich die Festsetzungsfrist abgelaufen war, blieb der vom Steuerpflichtigen nicht erklärte Veräußerungsgewinn von 200 000 € unversteuert. Dies hat zu Steuerausfällen von annähernd 106 000 €
geführt. In einem anderen Einzelsachverhalt hat das Verlangen des Finanzamts, ihm bestimmte Verträge vorzulegen, dazu geführt, dass der Steuerpflichtige einen im Vergleich zu den bisherigen Angaben um mehr als
129
550 000 € höheren Veräußerungsgewinn erklärt hat; dies zeigt, welche Bedeutung einer umfassenden Sachverhaltsaufklärung zukommt.
Bei 50 der geprüften 109 Steuerfälle fehlten die von den Finanzämtern für Körperschaften zu versendenden
Kontrollmitteilungen. Dennoch konnten bei 25 dieser Veräußerungsfälle, die bei den geprüften Finanzämtern für
Körperschaften geführt waren, die Wohnsitzfinanzämter Steuern von 2,6 Mio. € festsetzen, da die Steuerpflichtigen die Veräußerungsgewinne bereits von sich aus angegeben hatten. Hieraus kann allerdings nicht geschlossen werden, dass dem Kontrollmitteilungsverfahren in der Praxis wenig Bedeutung beizumessen ist. So
konnte bei sieben Steuerfällen erst durch die Übersendung der Kontrollmitteilung der Veräußerungsgewinn
besteuert werden, weil es die Steuerpflichtigen unterlassen hatten, entsprechende Angaben in den Steuererklärungen zu machen. Durch die Auswertung der Kontrollmitteilungen konnten Mehrsteuern von knapp 34 000 €
festgesetzt werden.
zu T 229 bis 231:
Der Rechnungshof von Berlin hat in 2002 und 2003 in zwei Ämtern für Körperschaften und
sechs physischen Ämtern die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen untersucht.
Die Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen aus Kapitalgesellschaften hat an Bedeutung gewonnen, da ab dem Veranlagungszeitraum 2002 eine Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung von Anteilen bereits ab 1 v. H. Beteiligung an der
Gesellschaft erfolgt (bis zum Veranlagungszeitraum 1998 betrug die Beteiligungsquote
25 v. H. und für 1999 und 2001 1v. H.).
Es wurden zwischenzeitlich Maßnahmen ergriffen, das Bewusstsein für die Bedeutung und
für die Notwendigkeit des Kontrollmitteilungsverfahrens in den Finanzämtern zu erhöhen.
(vgl. zu T 233/234)
T 232:
Während die Finanzämter für Körperschaften zum Zeitpunkt der Einführung des Kontrollmitteilungsverfahrens aufgrund der damaligen Maßgeblichkeitsgrenze von mehr als 25 v. H. in vergleichsweise nur wenigen
Fällen gehalten waren, Kontrollmitteilungen an die Wohnsitzfinanzämter zu versenden, bringt es die vom Veranlagungszeitraum 2002 an auf mindestens 1 v. H. abgesenkte Beteiligungsgrenze mit sich, dass diese Finanzämter nahezu in jedem entgeltlichen Veräußerungsfall die Wohnsitzfinanzämter zu unterrichten haben. Der
Rechnungshof hat empfohlen, im Kontrollmitteilungsverfahren, das nunmehr erhebliche personelle Ressourcen
bei den Finanzämtern für Körperschaften bindet, den Einsatz von IT zu prüfen.
zu T 232:
Die zugesagte IT-Unterstützung ist in den Finanzämtern für Körperschaften nach einer
bundeseinheitlichen Abstimmung im ersten Halbjahr 2004 verwirklicht. Nunmehr werden
den Finanzämtern für Körperschaften die Vordrucke als PC-Vorlagen zur Verfügung gestellt.
Eine zukünftige weitergehende IT-Unterstützung zu Verfahrensvereinfachung wird im Rahmen der zur Verfügung stehenden Ressourcen derzeit geprüft.
T 233:
Der Rechnungshof hat die Senatsverwaltung für Finanzen über das Ergebnis seiner Prüfung unterrichtet und
um Mitteilung gebeten, welche Maßnahmen die Steuerverwaltung zur Beseitigung der beschriebenen Unzulänglichkeiten ergreifen will. Eine erste Stellungnahme der Senatsverwaltung liegt vor. Danach haben die Finanzämter begonnen, in den beanstandeten Fällen die Bearbeitungsmängel zu beseitigen. Darüber hinaus hat
die Senatsverwaltung zugesagt, die Finanzämter für Körperschaften zu unterstützen.
T 234:
Der Rechnungshof beanstandet zusammenfassend, dass die betroffenen Finanzämter Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften teilweise nicht zutreffend und zeitnah besteuert haben. Dies hat
zur Folge, dass dem Fiskus Steuern von 106 000 € verloren gegangen und ihm weitere Beträge von mehr als
4,9 Mio. € erst verspätet zugeflossen sind. Dies hat zu einem vermeidbaren Zinsnachteil in der Größenordnung
von 150 000 € geführt.
130
Der Rechnungshof erwartet, dass die Steuerverwaltung

Maßnahmen ergreift, die künftig eine zutreffende und rechtzeitige Besteuerung der aus der Veräußerung
von Gesellschaftsanteilen resultierenden Gewinne gewährleisten, und

durch entsprechende IT-Unterstützung den zur Aufgabenerfüllung notwendigen zusätzlichen personellen
Ressourceneinsatz auf ein vertretbares Maß beschränkt.
zu T 233 und 234:
Der fiskalischen Bedeutung der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen und -verlusten
nach § 17 Einkommensteuergesetz wird dadurch Rechnung getragen, dass derartige
Sachverhalte punktuell intensiv zu prüfen sind. Dazu wurde den Finanzämtern von der
Oberfinanzdirektion Berlin eine Arbeitshilfe an die Hand gegeben, die die Notwendigkeit
einer sorgfältigen Sachverhaltsaufklärung unterstreicht. Die Fälle unterliegen zudem einem
Zeichnungsvorbehalt des Sachgebietsleiters, wenn der Veräußerungspreis bzw. der an
seine Stelle tretende Wert oder die Anschaffungskosten der Beteiligung 25.000 € übersteigen. Wenn der Veräußerungspreis bzw. der an seine Stelle tretende Wert oder die Anschaffungskosten der Beteiligung 250.000 € übersteigen, sind die Fälle darüber hinaus
durch die Hauptsachgebietsleiterin/ den Hauptsachgebietsleiter Einkommensteuer mitzuzeichnen.
Die Oberfinanzdirektion wird weitere Fachgeschäftsprüfungen zu diesem Themenkomplex
durchführen, um sowohl Rechtsfehler als auch Mängel bei der Sachverhaltsaufklärung zu
minimieren.
Die Finanzämter werden in Dienstbesprechungen und Schulungen auf die Bedeutung des
Kontrollmitteilungsverfahrens hingewiesen und gebeten, auf eine sachgerechte Behandlung
der Kontrollmitteilungen zu achten.
Die Ergebnisse der Prüfungen der Rechnungshöfe werden auch den nicht geprüften Ämtern bekannt gemacht, damit diese von den festgestellten Bearbeitungsmängeln Kenntnis
erlangen und so auf eine fehlerfreie Bearbeitung hinwirken können.
Um die vollständige Erfassung der besteuerungsrelevanten Fälle zu gewährleisten, hat die
Oberfinanzdirektion die Notarkammer gebeten, ihre Mitglieder auf die Mitteilungspflichten
nach § 54 EStDV (Übersendung von Urkunden) hinzuweisen.
Eine von Berlin vorgeschlagene Erweiterung des Umfangs der Mitteilungspflicht aber wurde
bisher auf Bundesebene nur von drei Ländern unterstützt und folglich vom Bundesministerium der Finanzen nicht wieder aufgegriffen. Es erscheint danach nicht durchsetzbar, die
Mitteilungspflicht nach § 54 EStDV um eine vom Notar zu fertigende Anzeige zu ergänzen.
Als zusätzliche Maßnahme, um eine zutreffende und rechtzeitige Besteuerung künftig zu
gewährleisten, hat die Senatsverwaltung für Finanzen in Zusammenarbeit mit der Oberfinanzdirektion Berlin ein bundeseinheitlich abgestimmtes Merkblatt über die steuerlichen
Beistandspflichten der Notare überarbeitet.
2.
U n z u l ä n g l i c h e B e i t r e i b u n g i n s b e s o n d e r e vo n G r u n d s t e u e r r ü c k s t ä n d e n d u r c h
drei Finanzämter
Die Steuerverwaltung hat in den letzten Jahren zwar die Steuerrückstände merklich verringert.
Gleichwohl hat die Prüfung von drei Finanzämtern erneut gezeigt, dass nicht alle Möglichkeiten zur
Realisierung der Steuerrückstände ausgeschöpft werden. Dies hat teilweise zum Ausfall von Ste uerforderungen, mindestens aber zu vermeidbaren Verzögerungen bei deren Vereinnahmung g eführt. Die aufgrund der Feststellungen d es Rechnungshofs durch die drei Finanzämter ergriffenen
Maßnahmen haben bereits zu einer Minderung der Rückstände um in sgesamt 517 000 € geführt.
131
T 235:
Der Rechnungshof hat sich wiederholt mit der Beitreibung von Steuerrückständen durch die Berliner Finanzämter befasst. Er musste jeweils feststellen, dass die Finanzämter ihre Möglichkeiten, die Steuerrückstände auszugleichen oder zumindest zurückzuführen, nur unzulänglich ausgeschöpft hatten. In den letzten Jahren ist es
der Berliner Steuerverwaltung zwar gelungen, sowohl die sog. echten Rückstände (Gesamtrückstände ohne
Aussetzungen und ohne Stundungen) als auch die Rückstandsquote, die den Vomhundertsatz der echten
Rückstände zum Kassensoll (Summe der in einem Jahr zu leistenden Beträge) darstellt, merklich zu verringern.
Gleichwohl liegt die Rückstandsquote Berlins, wie die nachstehende Tabelle zeigt, jeweils deutlich über dem
Bundesdurchschnitt:
Ansicht 43:
Stichtag
Steuerrückstände
Kassensoll
Berlin
echte
Rückstände
Berlin
Rückstandsquote
Berlin
Rückstandsquote
Bundesdurchschnitt
- v. H. -
-T€31.12.98
13 269 055
600 381
4,52
2,71
31.12.99
13 775 403
576 294
4,18
2,36
31.12.00
14 494 380
501 499
3,46
2,43
31.12.01
14 054 905
490 191
3,49
2,46
31.12.02
13 769 524
499 723
3,63
2,65
Im Bundesvergleich für 2002 nahm Berlin damit nur den 15. Platz der seinerzeit 20 Oberfinanzdirektionen ein.
Die beiden anderen Stadtstaaten haben hier deutlich bessere Ergebnisse erzielt. Dies hat den Rechnungshof
veranlasst, bei drei Finanzämtern erneut der Frage nachzugehen, ob diese sich mit dem notwendigen Nachdruck bemühen, die Steuerrückstände zurückzuführen.
T 236:
Fast jeder zweite der vom Rechnungshof stichprobenweise ausgewählten Rückstandsfälle war mängelbehaftet.
Dies zeigt, dass die Finanzämter der Bearbeitung von Steuerrückständen nach wie vor nicht die gebotene
Aufmerksamkeit zukommen lassen. Insbesondere haben die Vollstreckungsstellen die aus den Vollstreckungsakten oder aus den Akten der festsetzenden Stellen ersichtlichen Beitreibungsmöglichkeiten nicht umfassend
und zeitnah genutzt. Sie haben sich teilweise darauf beschränkt, die Vollziehungsbeamten mit der Beitreibung
der Rückstände zu beauftragen, ohne die weitere Rückstandsentwicklung zu beobachten und ohne daneben
noch andere Beitreibungsmaßnahmen zu ergreifen, obwohl dies möglich und geboten gewesen wäre. Die Zusammenarbeit zwischen der Vollstreckungsstelle und den anderen Stellen der Finanzämter wird nicht immer
gesucht.
T 237:
Die Bearbeitungsdefizite haben teilweise zum Ausfall der Steuerforderungen, mindestens aber zu vermeidbaren
Verzögerungen bei ihrer Realisierung geführt.
So hatte eine Vollstreckungsstelle sich bei einem Fall darauf beschränkt, den Vollziehungsbeamten mit der
Vereinnahmung von Teilbeträgen zu beauftragen. Dieser hat zwar im Jahr 2002 vom Steuerschuldner
404 000 € erhalten; einen vollständigen Abbau der Steuerrückstände hat das Finanzamt aber nicht bewirkt, da
der Vollstreckungsschuldner laufend mit fälligen Steuern erneut in Rückstand geraten ist. Zum Zeitpunkt der
Untersuchung des Rechnungshofs lag der Gesamtrückstand noch bei 220 000 €. Hätte die Vollstreckungsstelle
die Akten der festsetzenden Stelle eingesehen, wären für sie vielfältige Beitreibungsmöglichkeiten erkennbar
gewesen. So war der Vollstreckungsschuldner an einer Flugzeugleasinggesellschaft beteiligt und besaß mehrere Grundstücke. Die Akten enthielten weiterhin Hinweise auf eine Lebensversicherung sowie auf einen Bausparvertrag.
T 238:
Jeder zehnte Rückstandsfall in Berlin betrifft ausstehende Grundsteuern. Zum 31. Dezember 2002 bestanden
bei 28 814 Fällen echte Rückstände (vgl. T 235) von mehr als 12 Mio. €. Obwohl davon über 3,9 Mio. € bereits
seit mehr als einem Jahr fällig waren, haben es die Finanzämter nicht vermocht, die rückständigen Beträge
beizutreiben.
Bei einer Vielzahl von Fällen hatten die untersuchten Finanzämter nicht geprüft, ob für bestimmte Grundsteuerschulden neben dem Steuerschuldner Dritte in Anspruch genommen werden können. Sie hatten jeweils unbeachtet gelassen, dass der Erwerber von Grundbesitz nach § 11 Abs. 2 Grundsteuergesetz neben dem früheren
Eigentümer für die auf den erworbenen Grundbesitz entfallende Grundsteuer haftet, die für die Zeit seit dem
Beginn des letzten vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres zu entrichten ist. Von der Möglichkeit, einen
Haftungsbescheid ggf. auch ohne Leistungsgebot (konkretisierte Zahlungsaufforderung) zu erlassen und den
Dritten damit vorsorglich in die Pflicht zu nehmen, machten sie keinen Gebrauch. Bei einigen dieser Fälle war
132
wegen des zwischenzeitlichen Ablaufs der Verjährungsfrist für Festsetzungen der Erlass eines Haftungsbescheides nicht mehr möglich.
Die beiden folgenden Beispiele verdeutlichen, wie wichtig die rechtzeitige Inanspruchnahme Dritter werden
kann. Die Vollstreckungsstelle eines Finanzamts hatte bei einer Grundstücksgesellschaft bürgerlichen Rechts,
die Eigentümerin mehrerer im Bereich dieses Finanzamts belegener Wohnungen war, erst 68 Monate nach
Fälligkeit der ältesten Grundsteuerrückstände die Bewertungs- und Grundsteuerstelle aufgefordert, die mithaftenden Gesellschafter bzw. Erwerber der Wohnungen in Anspruch zu nehmen. Zu diesem Zeitpunkt war der
Erlass von Haftungsbescheiden für einen Teil der rückständigen Grundsteuerbeträge nicht mehr möglich, weil
bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war. Bei zeitgerechter Bearbeitung durch das Finanzamt hätten
möglicherweise Steueransprüche von mehreren tausend Euro verwirklicht werden können. Bei einem anderen
Fall mit Steuerrückständen von über 180 000 € hat das Finanzamt mehr als 15 Monate untätig zugewartet und
erst aufgrund der Feststellungen des Rechnungshofs einen Haftungsbescheid erlassen.
T 239:
Die Finanzämter hatten im Jahr 2002 Grundsteuern von über 2,7 Mio. € niedergeschlagen, im Jahr 2001 sogar
über 3,2 Mio. €. Nach den Anweisungen der Oberfinanzdirektion kommt eine Niederschlagung regelmäßig nur
dann in Betracht, wenn sämtliche Vollstreckungsversuche ergebnislos geblieben sind, dritte Personen für die
Abgabenrückstände nicht einzustehen haben und bis zum Ablauf der Verjährungsfrist voraussichtlich nicht mit
der Realisierung der Rückstände zu rechnen ist.
Die drei geprüften Vollstreckungsstellen haben oftmals allein wegen der verhältnismäßig geringen Höhe der
Rückstände und unter Hinweis darauf, dass mit einer Tilgung der Rückstände in Kürze nicht zu rechnen sei,
Grundsteueransprüche niedergeschlagen. In einer Vielzahl von Fällen war dies ungerechtfertigt, weil die Vollstreckungsstellen zuvor keinen Vollstreckungsversuch unternommen hatten. Die rückständigen Grundsteuerfälle sind - gemessen an den anderen von den Vollstreckungsstellen zu bearbeitenden Fällen - zwar fiskalisch
eher weniger bedeutsam; die Vollstreckungsstellen sollten solche Ansprüche aber erst dann niederschlagen,
wenn sie zuvor den Steuerschuldner zur Zahlung aufgefordert und Beitreibungsversuche unternommen haben.
Die Prüfungserfahrungen des Rechnungshofs zeigen, dass die Steuerschuldner oftmals auf eine Zahlungsaufforderung reagieren und die ausstehenden Beträge dann entrichten.
zu T 235 bis 239:
Der Rechnungshof von Berlin hat bei drei Finanzämtern die Bearbeitung von Fällen mit
Steuerrückständen untersucht.
Es wurden zwischenzeitlich Maßnahmen ergriffen, um die Zusammenarbeit zwischen der
Vollstreckungsstelle und den anderen Stellen der Finanzämter weiter zu verbessern, vermeidbare Verzögerungen bei der Verwirklichung von Steueransprüchen zu verhindern und
bestehende Beitreibungsmöglichkeiten optimal zu nutzen.
Die unzureichende Zusammenarbeit der Vollstreckungsstellen mit anderen Stellen bzw. die
unterlassene Einsichtnahme in Festsetzungsakten und die Inanspruchnahme Dritter im
Wege der Haftung sind Themen der letzten Dienstbesprechung mit den Hauptsachgebietsleitern und Hauptsachbearbeitern der Vollstreckungsstellen am 27.11.2003 (Protokoll über
diese Dienstbesprechung – Rundverfügung vom 29.01.2004) gewesen.
In Rückstandsfällen und Fällen von bevorstehenden Schätzungen durch die festsetzenden
Stellen bzw. von geplanten Prüfungen bei bestehenden Steuerrückständen sind die Kontakte zwischen den beteiligten Arbeitsplätzen der Finanzämter durch geeignete Maßnahmen intensiviert worden (vordruckmäßige Mitteilungen über geplante Prüfungen, Auswertung des vorhandenen Aktenmaterials als Grundlage für die konsequente Vollstreckung,
gegebenenfalls Einsatz des Vollstreckungsaußendienstes zur Ermittlung von steuerlichen
Tatbeständen, Weitergabe von vollstreckungsrelevanten Erkenntnissen durch die Prüfer).
Hinweise zur Zusammenarbeit der einzelnen Stellen der Finanzämter sind außerdem in der
AO-Kartei Berlin zu § 162 der Abgabenordnung dargestellt.
Ein automationsgestütztes Vollstreckungsverfahren wird im Kalenderjahr 2004 sukzessive
realisiert.
Eine weitere Anweisung zur Tätigkeit der Vollstreckungsstellen bei Grundsteuerrückständen wurde den Finanzämtern mit einer Rundverfügung vom 07.07.2004 - Bearbeitung von
Grundsteuerrückständen durch Anträge auf Zwangsversteigerung - zur Verfügung gestellt.
Die Finanzämter wurden angewiesen, insbesondere bei Grundsteuerrückständen Nieder-
133
schlagungen nur bei erfolgloser Einziehung vorzunehmen. Um gezielt Voreigentümer für
Grundsteuerrückstände in Haftung nehmen zu können, sollen historische Grundinformationsdaten zukünftig vorgehalten werden.
T 240:
Die drei geprüften Finanzämter haben begonnen, die vom Rechnungshof beanstandeten Fälle angemessen zu
bearbeiten. Sie haben u. a. die Bearbeitung von Rechtsbehelfen wieder aufgenommen, Vollstreckungsschuldner erfolgreich zur Zahlung aufgefordert, Haftungsbescheide erlassen, Forderungen und Sachen gepfändet
sowie sich zur Sicherung des Steueranspruchs Warenbestände übereignen lassen oder Amtsgerichte um die
Eintragung von Sicherungshypotheken im Grundbuch ersucht.
Die aufgrund der Feststellungen des Rechnungshofs durch die drei Finanzämter ergriffenen Maßnahmen haben
bereits zu einer Minderung der Rückstände um insgesamt 517 000 € geführt. Mit einem Ausgleich weiterer
Steuerforderungen von 849 000 € kann den Angaben der Finanzämter zufolge noch gerechnet werden.
zu T 240:
Die Sachdarstellung des Rechnungshofs bedarf keiner Stellungnahme des Senats.
T 241:
Als Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsleistung der Vollstreckungsstellen zieht die Steuerverwaltung
im Rahmen von Zielvereinbarungen die Rückstandsquote (vgl. T 235) heran. Wie dargestellt, wird diese Quote
aus dem Verhältnis der echten Rückstände zum Kassensoll gebildet. Beide Elemente sind von Faktoren geprägt, auf die die Vollstreckungsstellen keinen Einfluss haben. So setzt sich das Kassensoll als Bezugsgröße
einerseits hauptsächlich aus Beträgen zusammen, die die Steuerschuldner ohne Zutun der Vollstreckungsstellen entrichten. Andererseits werden als echte Rückstände bereits auch solche Beträge erfasst, die zum jeweiligen Stichtag erst fällig oder nur angemahnt, jedenfalls den Vollstreckungsstellen regelmäßig noch nicht bekannt
waren. Die derzeitige Form der Rückständeübersichten entspricht der Praxis von Bund und Ländern. Obwohl
die verschiedenen Anlagen zu den Übersichten gewisse Rückschlüsse auf die Arbeitsleistung einer Vollstreckungsstelle zulassen, stellt die Steuerverwaltung bei den Zielvereinbarungen allein auf die Rückstandsquote
ab.
Der Rechnungshof hat der Steuerverwaltung vorgeschlagen, die Rückständeübersichten durch eine anders
aufbereitete weitere Übersicht zu ergänzen, die genauere Aussagen über die Arbeitsleistung der Vollstreckungsstellen liefert. Die Steuerverwaltung hat zugesagt, die zusätzliche Übersicht den Finanzämtern als weiteren Gradmesser für die Arbeitsleistung der Vollstreckungsstellen zur Verfügung zu stellen. Zudem sollen die
Vollstreckungsstellen der Finanzämter ab sofort die von ihnen ausgeübten Tätigkeiten in geeigneter Weise
festhalten, um so detailliertere Aussagen über ihre Arbeitsweise zur Verfügung stellen zu können. Darüber
hinaus beabsichtigt die Steuerverwaltung das FISCUS Vollstreckungsprogramm ab Mitte des Jahres 2004 stufenweise einzusetzen. Dieses Programm soll dann IT-gesteuert gezielte Informationen über die Tätigkeit der
Vollstreckungsstellen ermöglichen.
zu T 241:
Soweit der Rechnungshof ausführt, die Arbeitsleistung der Vollstreckungsstellen lasse sich
aus der Bundesstatistik gebildeten Rückstandsquote nicht ablesen, ist diese Aussage, wie
er auch selbst einräumt, nur bedingt zutreffend. Denn in der Anlage 1a zu dieser Statistik
werden die Beträge der echten Rückstände aufgegliedert in Beträge, die noch nicht in den
Vollstreckungsstellen bearbeitet werden (bereits fällige und gemahnte) und in die Beträge,
die in Rückstandsanzeigen aufgenommen sind und ein Tätigwerden der Vollstreckungsstellen nach sich ziehen. Veränderungen der letztgenannten Beträge lassen somit, wie es der
Rechnungshof selbst anführt, durchaus Rückschlüsse auf die Arbeitsleistung der Vollstreckungsstellen zu.
Dennoch wird die vom Rechnungshof angeregte Gegenüberstellung der Summen der
Rückstandsanzeigenbeträge und der im selben Zeitraum vom Vollstreckungsinnen- und
-außendienst eingezogenen Beträge auf den Statistikzeitraum 01.01.2004 bis 31.12.2004
den Finanzämtern zusätzlich als Gradmesser für die Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt.
Ob dann zukünftig bei Zielvereinbarungen mit den Finanzämtern die Vollstreckungsstellen
betreffend ausschließlich auf die Rückstandsquote abgestellt werden sollte, wird im Rahmen der nächsten Zielvereinbarungen geprüft werden.
134
T 242:
Der Rechnungshof erwartet, dass
3.

die Vollstreckungsstellen alle aus den Vollstreckungsakten und aus den Akten der festsetzenden Stellen
ersichtlichen Beitreibungsmöglichkeiten umfassend und zeitnah nutzen und

die Finanzämter bei Grundsteuerrückständen auch die Möglichkeit einer Inanspruchnahme Dritter prüfen.
U n n ö t i g e Au f r e c h t e r h a l t u n g e i n e r B e t e i l i g u n g B e r l i n s
T 243:
Die Berliner Gesellschaft für entwicklungspolitische Zusammenarbeit (BGZ) besteht seit 1983 und erhält sowohl
Zuwendungen des Landes Berlin im Wege der institutionellen Förderung als auch Mittel von Dritten. Gesellschafter sind das Land Berlin mit 60 v. H. sowie die Handwerkskammer Berlin und die Industrie- und Handelskammer zu Berlin mit je 20 v. H. der Anteile.
Die Gesellschaft hatte ihren Tätigkeitsschwerpunkt zunächst ausschließlich in der als Entwicklungsland anerkannten Türkei. Der türkische Partner der BGZ wurde jedoch nach und nach eine eigenständige Institution, die
zunehmend ohne die BGZ arbeitete. Aufgrund eines Senatsbeschlusses vom 5. Juli 1994 wurden die Aufgaben
der BGZ auf mittel- und osteuropäische Länder erweitert. Seitdem ist gemäß Gesellschaftsvertrag Gegenstand
der Gesellschaft, der im Dezember 2000 präzisiert wurde, „die Unterstützung der kleinen und mittleren Betriebe,
insbesondere des Handwerks und der Industrie in der Türkei sowie in mittel- und osteuropäischen Staaten
durch Maßnahmen der Entwicklungshilfe“. Die BGZ engagierte sich daraufhin in Polen. Dort gründete sie 1998
eine Stiftung insbesondere mit dem Ziel, Handwerk und Tourismus zu fördern sowie Organisationen der wirtschaftlichen Selbstverwaltung zu unterstützen. Die Stiftung hat schon 2001 ihre Tätigkeit eingestellt; bis zu
diesem Zeitpunkt sind der BGZ Aufwendungen von fast 100 000 € entstanden.
Die zunehmende Eigenständigkeit des türkischen Partners und das Scheitern der Stiftung in Polen trugen zu
einem drastischen Rückgang der Projekte und damit der Förderung durch Dritte bei. Bereits im Oktober 2000
wurde die Geschäftsführung der BGZ mit dem Ziel ausgewechselt, die Geschäftstätigkeit wieder auszuweiten.
Die neue Geschäftsführung versucht im Wesentlichen, Zuwendungen aus Mitteln der EU zu akquirieren. Die
BGZ wandelt sich nach eigener Einschätzung von einer Gesellschaft im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit in eine Wirtschaftsförderungsgesellschaft und wird zunehmend auch in Deutschland tätig.
zu T 243:
Die Prüfung der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen hat Folgendes ergeben:
Die Arbeit der polnischen Stiftung als gescheitert zu bewerten ist nicht korrekt. Richtig ist,
dass zum Zeitpunkt der Prüfung des Rechnungshofs die Arbeit der Stiftung zum Ruhen
gekommen war. Im Jahr 2003 wurde im Aufsichtsrat der Beschluss gefasst, über die Stiftung neue Aktivitäten zu entfalten. Als polnische Einrichtung kann die Stiftung Kooperationsprojekte anschieben, die die BGZ als deutsche Einrichtung nicht beantragen könnte
(z. B.: LEONARDO-Austausch-Programme und ESF-Projekte).
Ausschlaggebend für den Rückgang der Projekte ist entgegen der Auffassung des Rechnungshofs die Veränderung der Förderlandschaft. Die Bundesministerien für wirtschaftliche
Zusammenarbeit (BMZ) sowie für Arbeit (BMA) fördern kaum noch Projekte in der Türkei.
Hauptzuwendungsgeber ist hier die EU.
Die BGZ war aus fachlicher Sicht der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen
zu keiner Zeit als Wirtschaftsfördergesellschaft tätig, wie dies im Jahresbericht des Rechnungshofs unterstellt wird. Unternehmerakquisition gehörte definitiv nicht zum Aufgabengebiet der BGZ. Der kürzlich auf der Grundlage der Empfehlungen des DIE-Gutachtens geänderte Gesellschaftsvertrag sieht als „Gegenstand des Unternehmens“ die Förderung der
Entwicklungshilfe und der internationalen Zusammenarbeit – vor allem mit der Türkei, den
Ländern Mittel- und Osteuropas und den Partnerstädten Berlins. Somit widerspricht auch
die Tätigkeit der BGZ nicht dem vom Senat verfolgten Ziel, die Aufgaben der Wirtschaftsförderung zu bündeln.
135
T 244:
Der Rechnungshof hat beanstandet, dass die Senatsverwaltung für Finanzen als Beteiligungsverwaltung seit
über zehn Jahren nicht mehr geprüft hat, ob die Voraussetzungen für eine Beteiligung des Landes Berlin an der
Gesellschaft im Sinne des § 65 LHO, insbesondere das Vorliegen eines wichtigen Interesses, (noch) erfüllt sind.
Er hat darauf aufmerksam gemacht, dass mit dem Aufgabenwechsel verfolgte wichtige Interessen des Landes
Berlin weder aus sich heraus erkennbar noch dokumentiert sind. In diesem Zusammenhang hat der Rechnungshof darauf hingewiesen, dass auch andere Institutionen oder Unternehmen Berlins, z. B. die Wirtschaftsförderung Berlin International GmbH sowie die beiden Mitgesellschafter der BGZ einschlägig tätig sind. Im Übrigen hat er Bedenken geäußert, ob sich die BGZ erfolgreich um von der EU geförderte Projekte bewerben kann,
weil sie auskunftsgemäß kaum entsprechende Referenzen vorweisen kann, die Konkurrenz auf diesem Gebiet
groß und die zumeist erforderliche Kofinanzierung durch Berlin angesichts der Haushaltslage unsicher ist. Er
hat die Beteiligungsverwaltung aufgefordert zu prüfen, ob ein wichtiges Interesse Berlins an dieser Beteiligung
(weiterhin) besteht und dieses ggf. nicht auf andere Weise wirtschaftlicher zu erreichen ist.
T 245:
Die Senatsverwaltung für Finanzen hat - nach Abstimmung mit der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und
Frauen als Fachverwaltung - entgegnet, dass zwei im Auftrag der Fachverwaltung erstellte Evaluierungen durch
das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE) aus den Jahren 1993 und 2002 u. a. bestätigen, dass die
Voraussetzungen des § 65 LHO vorliegen. Die Verschiebung der Arbeit der BGZ zur internationalen Kooperation entspreche einer der Zielsetzungen der entwicklungspolitischen Leitlinien des Senats vom Oktober 2001. Ein
auf der Evaluierung des DIE basierendes Konzept sei in Arbeit. Die Gesellschaft beteilige sich an einer Vielzahl
von Ausschreibungen, und ihr stünden 2004 akquirierte Drittmittel von 4,2 Mio. € zur Verfügung. Eine Überschneidung von Aufgaben mit denen der vom Rechnungshof aufgeführten Institutionen finde nicht statt; vielmehr akquiriere die BGZ Mittel für beide Kammern. Die Beteiligungsverwaltung hat zugesagt, die Frage des
Rückzugs Berlins aus der BGZ in Abstimmung mit der Fachverwaltung zu prüfen. Ihr sei auch unter Arbeitsplatzgesichtspunkten nicht daran gelegen, dass der Bestand der Gesellschaft gefährdet wird.
zu T 244 und 245:
Bezüglich der Beanstandung, dass die Senatsverwaltung für Finanzen als Beteiligungsverwaltung seit über zehn Jahren nicht mehr geprüft hat, ob die Voraussetzungen für eine Beteiligung des Landes Berlin an der Gesellschaft im Sinne des § 65 LHO, insbesondere das
Vorliegen eines wichtigen Interesses, (noch) erfüllt sind, ist Folgendes anzumerken:
Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen wurde von der Senatsverwaltung
für Finanzen letztmalig im August 2002 gebeten, einen von der Beteiligungsverwaltung
entwickelten Fragenkatalog zu beantworten, auf deren Basis die Prüfung gemäß § 65 LHO
erfolgen sollte. Auch nach wiederholter Aufforderung, eine Stellungnahme zu übermitteln,
blieb eine Antwort aus, da nach Auffassung der Fachverwaltung eine abschließende Beantwortung erst nach Abschluss der Diskussionen über die Umsetzung der Empfehlungen
des DIE-Gutachters sinnvoll sei. Aufgrund der fehlenden Stellungnahme der zuständigen
Fachverwaltung war die Beteiligungsverwaltung zu einer abschließenden Prüfung gemäß
§ 65 LHO nicht in der Lage.
Entsprechend der am 10.02.2004 vom Senat beschlossenen Vorlage „Beteiligungsmanagement und -controlling des Landes Berlin“ ist folgendes Verfahren für die Prüfung gemäß § 65 LHO vorgesehen: Der Senat wird turnusmäßig die Zielbilder für die unmittelbaren
Beteiligungsunternehmen beraten und beschließen. Die Formulierung der Zielbilder ist Aufgabe der zuständigen Fachverwaltung. Zu diesem Zweck hat die Finanzverwaltung einen
Fragenkatalog entwickelt und die zuständigen Fachverwaltungen im März 2004 um Antwort
gebeten. Eine Prüfung gemäß § 65 LHO ist Inhalt des Fragenkataloges. Das jeweilige Zielbild muss sich aus dem Unternehmensgegenstand und dem mit der Beteiligung verfolgten
wichtigen Landesinteresse ableiten. Dabei erfolgt eine Abstimmung mit der Senatsverwaltung für Finanzen insbesondere im Hinblick auf die Frage der Wirtschaftlichkeit. Die Wirtschaftsverwaltung formulierte ein Zielbild für die BGZ, welches überarbeitet durch die Senatsverwaltung für Finanzen nunmehr vom Senat beraten und beschlossen werden soll.
Der Rechnungshof bezweifelt, dass sich die BGZ erfolgreich um EU-Fördermittel bemühen
kann. Diese Skepsis des Rechnungshofes mag für die Vergangenheit verständlich gewesen sein, entspricht aber nach Beurteilung der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und
Frauen nicht mehr den Tatsachen. Die BGZ war in den vergangenen Jahren äußerst erfolgreich bei der Akquisition von EU-Fördermitteln und geht diesen Weg konsequent unter Ein-
136
beziehung der Gesellschafter fort. Zum Stichtag 30.06.2004 verfügt die BGZ über ein Gesamtprojektvolumen von 5,6 Mio. €. Sie trägt damit zum Ziel des Senats bei, vor dem Hintergrund auslaufender Fördermittel aus den Europäischen Strukturfonds in größerem Umfang die regulären Förderprogramme der EU zu nutzen.
T 246:
Die Ausführungen der Beteiligungsverwaltung widerlegen die Beanstandungen des Rechnungshofs nicht. Sie
hat insbesondere kein wichtiges Interesse Berlins dargelegt, aufgrund dessen die Beteiligung aufrecht erhalten
werden muss. Die Behauptung, der BGZ stünden für 2004 Mittel von 4,2 Mio. € zur Verfügung, ist unerheblich.
Eine Tätigkeit als Wirtschaftsförderungsgesellschaft ist von der in den entwicklungspolitischen Leitlinien (vgl.
Drs 14/1597) und im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Begrenzung auf Maßnahmen der Entwicklungshilfe nicht
gedeckt. Zudem widerspricht eine solche Tätigkeit dem vom Senat verfolgten Ziel, die Aufgaben der Wirtschaftsförderung zu bündeln. Soweit sich die Beteiligungsverwaltung auf Gutachten des DIE beruft, lässt sie
unberücksichtigt, dass auch im Gutachten aus dem Jahr 2002 die vom Rechnungshof aufgeführten Schwierigkeiten bei der Bewerbung um von der EU geförderte Projekte beschrieben werden. Auf dieser Grundlage hat
das DIE Wege aufgezeigt, um die BGZ zu erhalten; es hat keine Aussagen darüber getroffen, ob von Berlin
verfolgte Ziele auf andere Weise zu erreichen sind.
Der Hinweis der Beteiligungsverwaltung, dass es keine Aufgabenüberschneidungen mit anderen Institutionen
gebe, ersetzt nicht die gebotene Prüfung, ob die Aufgaben der BGZ nicht auf andere Weise wirtschaftlicher
erfüllt werden können. Sofern sie Mittel für die berufsständischen Kammern akquiriert, ist nicht ersichtlich, warum dies nicht von den Kammern selbst geleistet werden kann. Die von der Beteiligungsverwaltung aufgeführten Arbeitsplatzgesichtspunkte gehen schon deshalb fehl, weil die BGZ nur fünf Beschäftigte hat. Insgesamt hat
der Rechnungshof den Eindruck gewonnen, dass neue Aufgaben für die BGZ nur noch um ihrer selbst willen
erschlossen werden.
zu T 246:
Auf die Stellungnahmen zu T 243 bis 245 wird verwiesen.
T 247:
Der Rechnungshof beanstandet zusammenfassend, dass die Beteiligungsverwaltung über zehn Jahre versäumt
hat zu prüfen, ob ein wichtiges Interesse Berlins besteht, die Beteiligung an der BGZ aufrecht zu erhalten, und
inwieweit die Aufgaben nicht auf andere Weise wirtschaftlicher erfüllt werden können. Er erwartet, dass die
Beteiligungsverwaltung diese Prüfungen unter Berücksichtigung seiner Hinweise umgehend durchführt und
hieraus die notwendigen Konsequenzen zieht.
zu T 247:
Auf die Stellungnahme zu T 244 wird verwiesen. Die Beteiligungsverwaltung wird jährlich
eine Portfolioanalyse nach § 65 LHO durchführen. Der Senat wird im Rahmen der Erörterung der jeweiligen Zielbilder für die unmittelbaren Beteiligungsunternehmen die Ergebnisse der Überprüfung im Sinne des § 65 Abs. 1 LHO beraten und beschließen; erstmalig ist
dies im August 2004 geschehen. Sie sollen Grundlage für eine erneute, vertiefte Befassung
im 1. Quartal 2005 sein.
H. Wissenschaft, Forschung und Kultur
1.
Unzureichende Erfüllung des wissenschaftlichen Weiterbildungsauftrages der
U n i ve r s i t ä t e n
Die Freie Universität Berlin, die Technische Universität Berlin und die Humboldt -Universität zu Berlin erfüllen die in den Hochschulverträgen für die Jahre 2003 bis 2005 vereinbarte Verpflichtu ng,
das Angebot an postgradualen Studien in nennenswertem Umfang zu erweitern, gegenwärtig nur
unzureichend. Wesentliche Ursachen sind die ablehnende Haltung der Senatsverwaltung für Wi ssenschaft, Forschung und Kultur zur Erhebung von Entgelten oder Gebühr en für diese Studiengänge sowie die fehlende personelle Absicherung von Angeboten der wissenschaftlichen Weiterbi ldung. Der Ausbau der wissenschaftlichen Weiterbildung als hochschulpolitisches Ziel erfordert,
entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen.
T 248:
Den Hochschulen ist mit der Änderung des Hochschulrahmengesetzes (HRG) im Jahr 1998 auch die Weiterbildung als Primäraufgabe zugeordnet worden. Die Hochschulen haben nunmehr die Aufgabe, die Wissenschaf-
137
ten und die Künste auch durch die Weiterbildung zu pflegen und zu entwickeln. Die notwendigen Anpassungen
in § 4 Abs. 1 Berliner Hochschulgesetz (BerlHG) stehen noch aus. Der Ausbau der wissenschaftlichen Weiterbildung ist aber als Ziel der Berliner Hochschulpolitik in die für die Jahre 2003 bis 2005 geschlossenen Hochschulverträge aufgenommen worden. Es wurde vereinbart, dass die Hochschulen „ihr Angebot an weiterbildenden und postgradualen Studien in nennenswertem Umfang erweitern“.
T 249:
Das in den Hochschulverträgen vereinbarte Ziel, das Angebot an postgradualen Studien nennenswert zu erweitern, wird unter den gegenwärtigen finanziellen Bedingungen nicht zu erreichen sein. Die staatlichen Zuschüsse
an die Hochschulen werden angesichts der Haushaltslage des Landes Berlin nur in der Höhe bereitgestellt, wie
sie zur Finanzierung von 85 000 Studienplätzen im grundständigen Studium erforderlich sind. Für die Teilnahme
an Weiterbildungsangeboten können die Hochschulen zwar nach § 2 Abs. 9 BerlHG durch Satzung Entgelte
oder Gebühren erheben, die nicht zuschussmindernd berücksichtigt werden. Diese Finanzierungsmöglichkeit
besteht aber nach Auffassung der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur nicht für Ergänzungs-, Zusatz- und Aufbaustudiengänge nach § 25 BerlHG - auch als postgraduale Studien bezeichnet (vgl.
§ 12 HRG) - sondern lediglich bei Studien nach § 26 BerlHG, weil allein diese im Gesetz als „weiterbildend“
bezeichnet seien. Dadurch sind die Hochschulen gehindert, den weiteren Ausbau der postgradualen Weiterbildung möglichst kostendeckend über Entgelte oder Gebühren zu finanzieren. Dementsprechend sind im
Jahr 2003 an den drei geprüften Universitäten Freie Universität Berlin (FU), Technische Universität Berlin (TU)
und Humboldt-Universität zu Berlin (HU) zwar sieben neue Weiterbildungsstudiengänge eingerichtet worden;
dabei handelt es sich jedoch nur in einem Fall um einen ausschließlich Hochschulabsolventen eröffneten, postgradualen Studiengang nach § 25 BerlHG.
T 250:
Die Auffassung der Senatsverwaltung berücksichtigt nicht, dass das BerlHG keine Regelung enthält, die der
Erhebung von Entgelten oder Gebühren für Studiengänge nach § 25 BerlHG entgegenstehen. Denn Ergänzungs-, Zusatz- und Aufbaustudiengänge eröffnen ebenso wie das Weiterbildende Studium Hochschulabsolventen Möglichkeiten der wissenschaftlichen, künstlerischen und beruflichen Weiterbildung. Sie unterscheiden
sich von Weiterbildungsangeboten nach § 26 BerlHG, die auch Bewerbern offen stehen, die die erforderliche
Eignung im Beruf oder auf andere Weise erworben haben, im Wesentlichen nur durch die Zulassungsvoraussetzungen und Abschlussziele. Die Regelungen des HRG schränken die Erhebung von Entgelten oder Gebühren für weiterbildende Angebote nicht ein. Das Verbot des § 27 Abs. 4 HRG, Studiengebühren zu erheben,
bezieht sich allein auf das Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss und das Studium in einem
konsekutiven Studiengang, der zu einem weiteren berufsqualifizierenden Abschluss führt.
T 251:
Die Hochschulverträge zielen darauf ab, die Hochschulen auch über finanzielle Anreizsysteme zu steuern. Dazu
wird ein Anteil der in den Hochschulverträgen vereinbarten staatlichen Zuschüsse im Rahmen eines Systems
der leistungsbezogenen Mittelzuweisung auf der Basis von Kennzahlen (Anlage 1 zu den Hochschulverträgen 2003 bis 2005) zwischen den Universitäten jährlich neu verteilt. Die Weiterbildung bleibt in diesem System
unberücksichtigt. Zwar sahen die ersten Hochschulverträge für den Zeitraum 1997 bis 2000 noch vor, im System von Kennzahlen zur Mittelzuweisung auch die Kosten für die Weiterbildung zu bewerten, jedoch richtet sich
die Verteilung der Mittel zwischen den und innerhalb der geprüften Universitäten nunmehr allein nach der Qualität von Lehre, der Intensität der Forschung und der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie der
Gleichstellung von Frauen und Männern. Die Weiterbildung wurde - obwohl in der Präambel zu den Hochschulverträgen ausdrücklich genannt - nicht als Leistungsparameter definiert. Es fehlt daher an einem finanziellen
Anreiz, innerhalb der Universitäten die Erfüllung des Weiterbildungsauftrages gezielt zu fördern.
T 252:
Hochschullehrer nehmen die ihrer Hochschule jeweils obliegenden Aufgaben in Wissenschaft und Kunst, Forschung und Lehre nach Ausgestaltung ihrer Dienstverhältnisse wahr. Zu ihren hauptberuflichen Aufgaben gehört insbesondere auch die Mitwirkung an Weiterbildungsangeboten der Hochschule (vgl. § 99 BerlHG).
Entsprechende Lehrverpflichtungen an der eigenen Hochschule dürfen ausschließlich im Hauptamt erfüllt werden. Denn nach § 120 Abs. 1 BerlHG können Hochschullehrer keine Lehraufträge an ihrer Hochschule erhalten.
Die Hochschulen verweisen darauf, dass dieser gesetzliche Rahmen derzeit kaum Anreize für die Hochschullehrer biete, sich für die Weiterbildung an der eigenen Hochschule zu engagieren. Darüber hinaus verfügten die
Hochschullehrer im Rahmen ihres Hauptamtes ohnehin kaum über freie Lehrkapazitäten für ein Engagement in
der Weiterbildung. Das wissenschaftliche Personal sei überwiegend durch Aufgaben im grundständigen Studium ausgelastet, da sich die personelle Ausstattung der Hochschulen am Erhalt von 85 000 Studienplätzen
orientiere. Deshalb haben die FU und TU mit einzelnen Hochschullehrern Vereinbarungen getroffen, nach denen Lehrverpflichtungen für die Weiterbildung mit entsprechender Vergütung auch im Nebenamt erfüllt werden
können. Die Universitäten berufen sich dabei auf ein Schreiben der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur vom Oktober 2001 an die Hochschulleitungen. Danach schließe die Pflicht zur Mitwirkung an
Weiterbildungsveranstaltungen im Hauptamt (vgl. § 99 Abs. 4 BerlHG) nicht aus, dass Leistungen in der Weiterbildung dann im Nebenamt erbracht würden, wenn das Lehrdeputat des Hochschullehrers anderweitig erfüllt
sei. Die Mitwirkung stelle in diesem Fall eine zusätzliche freiwillige Leistung dar, über die eine gesonderte Vereinbarung abgeschlossen werden könne. Eine solche Beauftragung mit Aufgaben der Weiterbildung sei nicht
als Lehrauftrag anzusehen.
138
Diese Rechtsansicht widerspricht den insoweit eindeutigen Vorschriften des BerlHG.
T 253:
Die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur hat eingeräumt, dass ein Anpassungsbedarf im
BerlHG besteht, und zugesagt, die Weiterbildung im System der leistungsbezogenen Mittelverteilung an die
Universitäten künftig im Rahmen der Vertragsverhandlungen zu berücksichtigen. Auch will sie den Aufbau eines
Weiterbildungsmanagements an den Universitäten fördern. Die Universitäten haben den Feststellungen des
Rechnungshofs im Wesentlichen zugestimmt.
T 254:
Der Rechnungshof erwartet, dass die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur

die Erhebung möglichst kostendeckender Entgelte oder Gebühren gleichermaßen für postgraduale Studiengänge nach § 25 BerlHG und Weiterbildende Studien nach § 26 BerlHG zulässt,

bei der im Jahr 2004 vorgesehenen Evaluation des Systems der leistungsbezogenen Mittelzuweisung
die Entwicklung von Weiterbildungsangeboten berücksichtigt und die Weiterbildung künftig als Leistungsparameter definiert und

geeignete Rahmenbedingungen für die personelle Absicherung von Weiterbildungsangeboten schafft.
Zu T 248 bis 254:
Die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur schließt sich der Rechtsauffassung des Rechnungshofs an, nach der Gebühren und Entgelte auch für Weiterbildungsangebote erhoben werden können, die zugleich Ergänzungs-, Aufbau- und Zusatzstudiengänge gemäß § 25 BerlHG sind. Sie gibt ihre bisherige Rechtsauffassung auf, nach der
Gebühren und Entgelte nur für Weiterbildungsangebote gemäß § 26 BerlHG erhoben werden können, die auch Teilnehmern ohne Hochschulabschluss offen stehen. Die Hochschulen wurden hierüber mit Schreiben vom 16.04.2004 unterrichtet. Die Senatsverwaltung beabsichtigt, bei der Novellierung des BerlHG eine Klarstellung hinsichtlich der Erhebung von
Entgelten und Gebühren für Studienangebote nach §§ 25 und 26 BerlHG vorzunehmen.
Ferner wird die Senatsverwaltung die Weiterbildungsleistungen in die Hochschulverträge
und in das System der leistungsbezogenen Mittelverteilung einbeziehen. Die Hochschulen
wurden bereits aufgefordert, Im Rahmen der Vertragsverhandlungen über die Hochschulverträge für die Jahre 2006 bis 2009 Vorschläge zur Verbesserung der Wahrnehmung ihres
Weiterbildungsauftrages zu unterbreiten.
Zur Verbesserung der personellen Absicherung der Weiterbildung wurde den Hochschulen
nahe gelegt, im Rahmen der Erprobungsklausel gemäß § 7a BerlHG rechtliche Grundlagen
für die Erteilung von Lehraufträgen für Weiterbildungsaufgaben an die Hochschullehrer
ihrer Hochschule zu ermöglichen.
2.
M ä n g e l b e i d e r F ö r d e r u n g vo n P r i va t t h e a t e r n
Die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur hat einem Theaterunternehmen eine
rückzahlbare Zuwendung von über 1 Mio. € gewährt, ohne die grundlegenden Voraussetzungen
hierfür zu prüfen. Auch im weiteren Verwaltungsverfahren sind Mängel aufgetreten, die zu hohen
Einnahmeverlusten für Berlin führen können.
T 255:
Der geschäftsführende Gesellschafter eines in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft (KG) betriebenen
Berliner Privattheaters sowie der ihr organschaftlich verbundenen Komplementär-Theater-Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) hat den damaligen für Kultur zuständigen Senator im Februar 2001 unter Hinweis
auf die drohende Insolvenz beider Theatergesellschaften um finanzielle Unterstützung gebeten. Die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur hat daraufhin mit Zustimmung der Senatsverwaltung für Finanzen im April 2001 der KG eine einmalige rückzahlbare Zuwendung (Darlehen) über insgesamt 1 Mio. € aus
überplanmäßigen Mitteln in zwei Teilbeträgen als Projektförderung gewährt. Die Mittel waren zweckgebunden
zur Entschuldung der KG und der GmbH. Sie sollten aus kultur- und wirtschaftspolitischen Gründen die Arbeitsfähigkeit und Liquidität der von den Gesellschaften betriebenen Bühnen sicherstellen.
139
Die Auszahlung des zweiten Teilbetrages (357 000 €) sollte davon abhängen, ob nach dem Ergebnis des Gutachtens einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, das aus Anlass einer von den Theatergesellschaften gleichfalls
beantragten Übernahme einer Landesbürgschaft ohnehin zu erstellen war, eine positive Zukunftsperspektive
sowie ein tragfähiges Sanierungskonzept für die Theater ableitbar sei. Die Zuwendung sollte in drei Raten,
jeweils zum 1. Juli der Jahre 2003, 2004 und 2005 verzinst zurückgezahlt werden.
T 256:
Abgesehen davon, dass die Entschuldung eines Privatunternehmens grundsätzlich kein förderungsfähiges, im
Sinne des Zuwendungsrechts zukunftsbezogenes Vorhaben darstellt, hat die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur vor Erlass des Zuwendungsbescheides versäumt, die sonstigen Voraussetzungen
für die Bewilligung einer Zuwendung zu prüfen und die notwendigen Modalitäten festzulegen. So hat sie im
Rahmen der Antragstellung nicht einmal Finanzierungspläne verlangt, sodass der genaue Umfang der zuwendungsfähigen Ausgaben (Schulden) nicht feststand. Darüber hinaus hat sie es unterlassen, im Zuwendungsbescheid die Höhe der jeweiligen Tilgungsraten sowie die Sicherung des Erstattungsanspruchs zu regeln (vgl.
Nr. 5.3.2 AV § 44 LHO).
T 257:
Die Senatsverwaltung hätte spätestens bei Bewilligung der Auszahlung des zweiten Teilbetrages im Oktober 2001 aufgrund des zwischenzeitlich vorgelegten Gutachtens der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ohne
weiteres erkennen können, dass es zumindest zweifelhaft war, ob die Voraussetzungen für die Bewilligung der
Mittel erfüllt waren. So wurde in dem Gutachten darauf hingewiesen, dass den Wirtschaftsprüfern von der Geschäftsleitung - abgesehen von Einzelmaßnahmen - keine in sich geschlossene Konzeption zur Verbesserung
der wirtschaftlichen und finanziellen Gesamtsituation der Theater vorgelegt wurde. Weiter wurde ermittelt, dass
die Gesellschafter der GmbH Mehrheitsgesellschafter von weiteren Privattheatern in anderen deutschen Städten sind. Ein Einblick in die wirtschaftliche und finanzielle Gesamtsituation der verschiedenen Spielstätten in
Deutschland sei jedoch nicht gewährt worden. Im Ergebnis hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft lediglich
festgestellt, dass trotz aller Unwägbarkeiten ein erfolgreiches Betreiben der Theater auch weiterhin für möglich
gehalten werde. Dies lässt Zweifel an der Zukunft der Theater zu.
T 258:
Zeitgleich hat der Rechnungshof auf die Mängel im Zuwendungsverfahren sowie das damit im Zusammenhang
stehende hohe Risiko für das Land Berlin hingewiesen und eine Modifizierung des Zuwendungsbescheides
gefordert. Ungeachtet dessen hat die Senatsverwaltung die Auszahlung des zweiten Teilbetrages der Zuwendung bewilligt und dabei außer Acht gelassen, dass die im Zuwendungsbescheid von ihr selbst festgelegten
Voraussetzungen nicht vollständig erfüllt waren. Ein tragfähiges Sanierungskonzept lag nicht vor; eine uneingeschränkt positive Zukunftsperspektive war nicht gegeben.
T 259:
Die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur hat erst nach wiederholter Aufforderung zu den
Feststellungen des Rechnungshofs Stellung genommen. Dabei hat sie nochmals auf die Begründung im Zuwendungsbescheid Bezug genommen, den Vorgang als vorrangig politisch motiviert und gesteuert bezeichnet
und mitgeteilt, dass die Theaterbetreiber bereits im Jahr 2002 darauf hingewiesen hätten, dass die Einleitung
struktureller Maßnahmen nicht die erwartete positive wirtschaftliche Entwicklung bewirkt habe. Als Folge davon
hätten sich die Theatergesellschaften nicht in der Lage gesehen, die Rückzahlung - wie vorgesehen - zum
1. Juli 2003 zu beginnen.
T 260:
Aufgrund des rechtsfehlerhaften Handelns der Senatsverwaltung besteht die Gefahr, dass die Rückzahlungsansprüche Berlins nicht durchgesetzt werden können und Haushaltsmittel damit endgültig verloren gehen. Dies
gilt umso mehr, weil die GmbH die rückzahlbare Zuwendung beim Jahresabschluss 2001 nicht als sonstige
Verbindlichkeit bilanziert (§ 266 Abs. 1 und 3 HGB), sondern in voller Höhe als sonstigen Ertrag in der Gewinnund Verlustrechnung verbucht hat. Daraus folgt, dass der Betrag zwar in die periodische Erfolgsrechnung eingegangen ist, als langfristiges Fremdkapital des Unternehmens jedoch nicht ausgewiesen wird. Daher sind
Zweifel begründet, ob eine Rückzahlung der Zuwendung tatsächlich beabsichtigt ist.
Der Rechnungshof erwartet, dass die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur umgehend
Schritte unternimmt, um die Rückzahlung der Mittel einschließlich der aufgelaufenen Zinsen sicherzustellen.
zu T 255 bis 260:
Die gemeinsame Auffassung der beteiligten Senatsverwaltungen für Finanzen, für Wirtschaft und Technologie, für Forschung und Kultur sowie des damaligen Regierenden Bürgermeisters war, aus wirtschafts-, arbeitsmarkt-, kulturpolitischen sowie aus stadtpolitischen Gründen, die drohende Insolvenz der Bühnen abzuwenden (April 2001). Es wurde
140
vereinbart, dass einerseits die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur
eine Entschuldung der Bühnen durch eine einmalige Zuwendung sowie andererseits die
Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie bei weitergehendem Bedarf einen Bankkredit durch die Übernahme einer 80%igen Landesbürgschaft prüft.
Im Rahmen weiterer Abstimmungsgespräche der beteiligten Senatoren und des Regierenden Bürgermeisters wurden Bestimmungen in den Zuwendungsbescheid formuliert, die
anschließend zu einer unterschiedlichen Bewertung des Rechtsverhältnisses (Zuwendung/Darlehen) führten.
Bereits im Jahr 2002 vertrat der Zuwendungsempfänger die Auffassung, dass der Zuwendungsbescheid keine rechtliche Grundlage für einen Rückzahlungsanspruch beinhalte.
Dieser Rechtsauffassung hat die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur
seinerzeit widersprochen. Der Rechnungshof teilt im übrigen in seinem Jahresbericht die
damalige Rechtsposition der Verwaltung.
Eine zunächst bewilligte Landesbürgschaft von rund 613.550 € (1,2 Mio. DM) für einen
Kredit von rund 766.938 € (1,5 Mio. DM) wurde wegen Fristablaufs nicht umgesetzt; eine
Bürgschaftsurkunde wurde nicht ausgestellt, weil Bürgschaftsauflagen nicht erfüllt wurden.
Hinsichtlich der Rechtslage ist anzumerken, dass der Zuwendungsbescheid keine generelle
Rückzahlungsverpflichtung enthält. Vielmehr ist die Rückzahlung an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen gebunden, die in der Folgezeit nicht eintraten.
Maßgeblich ist der Inhalt des Bescheides, der analog §§ 133, 157 BGB auszulegen ist,
wobei nicht der innere, sondern der erklärte Wille maßgebend ist wie ihn der Empfänger
unter Berücksichtigung aller erkennbaren Umstände verstehen durfte bzw. musste. Unklarheiten gehen zu Lasten der Verwaltung (vgl. Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage § 35 Rn 18 und 19).
Vor diesem Hintergrund und im Ergebnis der jüngst erfolgten nochmaligen Prüfung der
Rechtssituation lässt sich die bisherige Auffassung der Senatsverwaltung für Wissenschaft,
Forschung und Kultur, dass es sich hierbei um ein rückzahlbares Darlehen handelt, nicht
aufrecht erhalten.
Der Senat hat sich in seiner Sitzung am 03.08.2004 mit diesem Vorgang befasst und die
Auffassung geteilt, das keine generelle Rückzahlungsverpflichtung besteht.
Jedoch wurde die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur beauftragt, zu
prüfen, ob für die Rückforderung eines Teilbetrags in der Größenordnung von 100.000 €
Aussicht auf Erfolg besteht.
Nach Abschluss der Prüfung wird der Rechnungshof von Berlin von der Senatsverwaltung
für Wissenschaft, Forschung und Kultur über das Prüfergebnis unterrichtet werden.
I. Juristische Personen des öffentlichen Rechts
1.
V e r m e i d b a r e Au f w e n d u n g e n d e r B e r l i n e r W a s s e r b e t r i e b e vo n m e h r a l s 1 M r d . €
i n f o l g e g r a vi e r e n d e r M ä n g e l u n d V e r s ä u m n i s s e b e i d e r K l ä r w e r k s k o n z e p t i o n
und deren Umsetzung
Die Berliner Wasserbetriebe (BWB) haben ihre Planungen zum Ausbau von Klärwerken aus den
Jahren 1989/1990, die von einem Bevölkerungszuwachs auf 6 Mio. Einwohner im Jahr 2000 im
Großraum Berlin ausgingen, zu spät dem seit 1991 stetig sinkenden Abwasseraufkommen ang epasst. Zudem haben sie versäumt, vor Investitionen in den Ausbau von Kläranlagen Wirtschaftlic hkeitsuntersuchungen durchzuführen. So wurde das Klärwerk Falkenberg im Jahr 2002 stillgelegt
und eine Abwasserdruckleitung errichtet, um die Auslastung des überdimensionierten Klärwerks
Waßmannsdorf zu erhöhen. Die Entsorgung von Klärschlamm haben die BWB vorrangig an ihren
wirtschaftlichen Interessen für ihre Tochtergesellschaft Sekundärrohstoff -Verwertungszentrum
Schwarze Pumpe GmbH (SVZ) ausgerichtet, indem sie einen erhebli chen Teil der Klärschlämme
141
mit hohem Aufwand trocknen und thermisch verwerten lassen. Insgesamt belaufen sich die ve rmeidbaren Aufwendungen der BWB auf mehr als 1 Mrd. €. Der Rechnungshof erwartet, dass die
BWB künftig vor jeder Investition sachgerechte Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchführen und
ihre Entscheidungen vorrangig nach Wirtschaftlichkeitskriterien treff en, damit das Land Berlin sowie
die Unternehmen und Einwohner Berlins nicht unnötig finanziell belastet werden.
T 261:
Der Rechnungshof hatte bereits im Jahr 1995 festgestellt, dass die Berliner Wasserbetriebe (BWB) die Restitution des Klärwerks Stahnsdorf ohne Untersuchung und Klärung der für Berlin notwendigen Klärwerkskapazitäten betrieben haben (vgl. Jahresbericht 1996 T 580 ff.). Er hat nunmehr die Fortschreibung und Umsetzung der
Klärwerkskonzeption der BWB einschließlich der Klärschlammentsorgung geprüft.
zu T 261:
Kern des Problems sind die unterschiedlichen Prognosen zur Entwicklung der Einwohnerzahlen der Stadt Berlin. Nachdem in einer ursprünglichen Prognose mit 6 Mio. Einwohnern
gerechnet worden war, ging eine in den Jahren 1994/1995 durchgeführte Wirtschaftlichkeitsanalyse für die Anpassung strategischer Klärwerksplanungen von Einwohnerwerten
von 3,7 Mio. Einwohnern in Berlin aus. Diese Analyse war Basis für die Entscheidung, die
Schließung des Klärwerkes (KW) Falkenberg und Überleitung in das KW Waßmannsdorf
durchzuführen.
Wirklich gesicherte Erkenntnisse lagen erst nach der Prognose des Senats im Jahr 1997
vor. Dieser Zeitpunkt war für die Erfüllung der EU-Vorgaben zur Wasserwirtschaft bereits
viel zu spät. Daher konnten diese Vorgaben nicht berücksichtigt werden.
1.1
Ausgangssituation und Planung des Klä rwerksausbaus
T 262:
Unmittelbar nach der Vereinigung Deutschlands wurden die Abwässer aus Berlin in neun Kläranlagen der BWB
behandelt, von denen fünf im Berliner Umland liegen. Die ursprünglichen Planungen der BWB zum Klärwerksausbau aus dem Jahr 1990 beruhten auf einem prognostizierten Bevölkerungszuwachs auf 6 Mio. Einwohner
im Jahr 2000 für den Großraum Berlin. Dies hätte eine Erweiterung der damaligen Reinigungskapazität um
240 000 m³ auf insgesamt 1,4 Mio. m³ täglich erfordert. Aktuelle Prognosen der BWB gehen hingegen von einem künftigen Abwasseranfall von 630 000 m³ täglich und einer nutzbaren Reinigungsleistung der Klärwerke
von 740 000 m³ täglich im Jahr 2010 aus.
Die damaligen Planungen der BWB sahen neben der Erneuerung des Klärwerks Marienfelde von 1991 bis 1995
mit Erweiterung der Abwasserreinigungsleistung auf 125 000 m³ täglich und geschätzten Gesamtkosten von
305 Mio. € auch die Sanierung und Erweiterung des Klärwerks Waßmannsdorf von ursprünglich 105 000 m³ auf
250 000 m³ täglich mit geplanten Gesamtkosten von 667 Mio. € vor. Die damalige Senatsverwaltung für Wirtschaft und Betriebe hat in der Antwort vom 4. März 1998 auf die Kleine Anfrage Nr. 13/3441 eingeräumt, dass
die Kosten des Klärwerks Waßmannsdorf pro angeschlossenem Einwohner mit etwa 350 € fast doppelt so hoch
sind wie der bundesweite Durchschnitt.
T 263:
Entgegen der damaligen Prognose sind seit 1991 sowohl die Rohwasserförderung als auch das Abwasseraufkommen erheblich zurückgegangen. Dadurch sahen sich die BWB gezwungen, die Planungen für die einzelnen
Klärwerksstandorte zu überprüfen, um Überkapazitäten zu vermeiden. Im März 1995 hat der Vorstand die
Schließung der Klärwerke Marienfelde (1998) und Falkenberg (Ende 2002) und die Erarbeitung eines Programms zur Erweiterung und Erneuerung der Abwasserdruckrohre und -pumpwerke beschlossen. Die weiteren
Planungen der BWB sahen die Erweiterung der Abwasserreinigungsanlagen des Klärwerks Waßmannsdorf auf
einen Gesamtdurchsatz von nur noch 230 000 m³ täglich vor.
zu T 262 bis 263:
Auf die Stellungnahme zu T 261 wird verwiesen.
1.2
Klärwerk Marienfelde
T 264:
Das Klärwerk war 1974 in Betrieb gegangen. Ende der 80er Jahre zeichnete sich ab, dass es aufgrund steigender Anforderungen an die Reinigungsleistung und Luftentlastung ohne erhebliche Investitionen in moderne
Technik nicht hätte weiterbetrieben werden können. Das Klärwerk wurde im September 1998 stillgelegt. Die bis
142
1995 angefallenen Aufwendungen für Baumaßnahmen sowie Planungs- und Projektierungsarbeiten der zweiten
Ausbaustufe für das Klärwerk Marienfelde und für das Vorhaben Hoch-Tief Biologie Marienfelde (Technik mit
hohen Belebungsbecken und einer Wassertiefe von bis zu 15 m statt üblicherweise 5,5 m) von 37,4 Mio. € bzw.
6,6 Mio. € wurden außerplanmäßig abgeschrieben. Nach den Feststellungen des Rechnungshofs hätten die
BWB die Aufwendungen von insgesamt 44 Mio. € zumindest teilweise vermeiden können, wenn sie die Investitionsmaßnahmen einschließlich Planung und Projektierung erst nach Vorliegen gesicherter Erkenntnisse zum
Abwasseraufkommen im Großraum Berlin begonnen hätten. Zudem wäre eine eingehende Wirtschaftlichkeitsuntersuchung erforderlich gewesen.
T 265:
Die BWB haben darauf verwiesen, dass die Vorarbeiten für das Vorhaben Hoch-Tief Biologie Marienfelde bereits 1987 gestartet worden seien und in eine Auftragserteilung an ein Konsortium im Zeitraum 1992/1993 gemündet hätten. Nachdem sich angedeutet habe, dass die früheren zu optimistischen Bevölkerungsprognosen
relativiert werden mussten, seien die Arbeiten Ende 1994 von den BWB eingestellt worden. Somit wären die
vom Rechnungshof beanstandeten Aufwendungen nicht vermeidbar gewesen.
T 266:
Die Einlassungen der BWB lassen wesentliche Fakten unberücksichtigt.
Der damalige Verwaltungsrat der BWB wurde zwar in der Sitzung am 14. Februar 1990 darüber informiert, dass
„am 29. September 1989 im Klärwerk Marienfelde im Zusammenhang mit der geplanten Erweiterung des Klärwerks ... ein Ortstermin stattgefunden hat, in dem dargelegt wurde, dass das Klärwerk ... bis 1997 erneuert und
erweitert werden muss. Dabei wurde hervorgehoben, dass ... zusätzliches Gelände erforderlich ist. Aus der
anschließenden Diskussion hatte sich aber der Eindruck ergeben, dass die Aussichten, das erforderliche zusätzliche Gelände zu erhalten, nur gering sind. Die BWB sind dadurch gezwungen, von den vorgestellten Alternativen vorrangig die der Hochbiologie zu wählen. Es handele sich hierbei um ein in der kommunalen Abwasserreinigung noch nicht erprobtes Verfahren, dessen Verhalten ... noch unklar ist. Vorsorglich läuft aber ein
entsprechendes, ca. 10 Mio. DM kostendes, Versuchsprogramm an.“
Trotz des abschließenden Hinweises in der Vorlage an den damaligen Verwaltungsrat, dass die neueste politische Situation bei diesen Betrachtungen nicht berücksichtigt worden sei, sahen weder die BWB noch der damalige Verwaltungsrat eine Veranlassung, das Projekt zu unterbrechen. Die Versuche wurden im September 1990
im Klärwerk Ruhleben begonnen, nachdem dort eine Versuchsanlage errichtet worden war. Obwohl die Anlage
aufgrund der Versuchsergebnisse und wegen betrieblicher Schwierigkeiten mehrfach umgebaut und die Versuchszeit verlängert werden musste, beschloss der Projektausschuss „Hochbiologie“ der BWB noch in seiner
Sitzung am 4. März 1994, für den Ausbau des Klärwerks Marienfelde die neue Technik zu realisieren.
T 267:
Der Vorstand der BWB hatte das Projekt Hochbiologie im Jahr 1994 in der betriebsinternen Zeitschrift „Wasserspiegel“ vorgestellt und u. a. ausgeführt: „Was die Anlage wirklich kosten soll, wissen wir erst nach den Ausschreibungen. Was sie wirklich gekostet hat, wissen wir erst nach der Fertigstellung. ... Viele Fachleute schauen
wieder einmal ungläubig und voller Spannung auf Berlin und warten auf den Ausgang des Experiments.“ Allein
diese Ausführungen zeigen, dass die BWB mit diesem Experiment den Anforderungen an eine wirtschaftliche
Betriebsführung nicht gerecht geworden sind und damit gegen das gesetzlich vorgegebene Ziel, Leistungen
kostengünstig zu erbringen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BerlBG), verstoßen haben. Noch schwerer wiegt, dass das mit
den Planungsleistungen betraute Konsortium den BWB noch im März und August 1994 überarbeitete Vorschläge vorgelegt hatte, die zu einer Auftragserweiterung führten, durch die sich der Auftragswert von ursprünglich
4,8 Mio. € auf 43,7 Mio. € erhöhte. Dieses Verhalten ist im Hinblick darauf, dass diese Planungen bereits Ende
Dezember 1994 eingestellt worden sind und im März 1995 die Schließung des Klärwerks Marienfelde zum
Jahr 1998 beschlossen worden ist, nicht akzeptabel.
T 268:
Der Rechnungshof hat auch beanstandet, dass die BWB trotz des seit 1991 erkennbar rückläufigen Rohwasserverbrauchs und des Abwasseraufkommens den Ausbau des Klärwerks Marienfelde noch bis in das
Jahr 1996 betrieben haben. Die BWB hatten von 1990 bis 1992 12,6 Mio. € in die Rauchgasreinigung und von
1994 bis 1996 8,7 Mio. € u. a. in Elektrofilteranlagen investiert. Außerdem ist noch im Jahr 1994 ein weiteres
Betriebsgebäude („Sozialgebäude“) für 5,6 Mio. € errichtet worden; allein die Einrichtung des darin befindlichen
Restaurants kostete 385 000 €. Dieses Gebäude wurde im Zuge des bis 2001 dauernden Rückbaus nicht abgerissen.
Die Begründung der BWB, dass diese Investitionen erforderlich gewesen seien, um die Betriebserlaubnis für
das Klärwerk bis zur Schließung aufrechtzuerhalten, überzeugt jedenfalls für das nicht betriebsnotwendige
Sozialgebäude nicht. Dieses für die Belange der BWB konzipierte Gebäude kann sich negativ auf die Vermarktung der Liegenschaft auswirken, wenn es sich für künftige Investoren nicht nutzen lässt.
143
zu T 264 bis 268:
Die Entscheidung zur Schließung des KW Marienfelde und damit, das Abwasser in das KW
Waßmannsdorf überzuleiten, wurde getroffen, da die Abwassermengen und die prognostizierte Einwohnerentwicklung für die Einzugsgebiete beider Klärwerke keine entsprechenden Gesamtmengen mehr erwarten ließen. Weiterhin waren zu diesem Zeitpunkt die Bauarbeiten für die Erweiterung des KW Waßmannsdorf beauftragt und in der Ausführung.
Selbst beim Vorhaben Hochbiologie konnten die BWB nicht zwingend davon ausgehen,
dass die Einwohnerzahl in Berlin nicht steigen wird. Denn die Entscheidung fiel im Jahr
1990, als sämtliche Prognosen noch von weitaus höheren Einwohnerzahlen ausgingen.
Maßgeblich am Rückgang der Wasserförderung und damit auch der Abwasserbehandlung
war das Wegbrechen ganzer Industriezweige.
Die notwendigen Investitionen in die Rauchgasreinigung des KW Marienfelde waren erforderlich, um die Betriebserlaubnis für die Schlammverbrennung in Marienfelde aufrecht zu
erhalten.
1.3
B a u d e r Ab w a s s e r d r u c k l e i t u n g B i e s d o r f - W a ß m a n n s d o r f
T 269:
In einem „Variantenvergleich zur Optimierung der Abwasserverteilung“ vom August 1999, dem Prognose- und
Trendbetrachtungen des Abwasseranfalls mit Stand Dezember 1998 zugrunde lagen, war auch eine Abschätzung der Wirtschaftlichkeit der Abwasserverbringung aus dem Einzugsgebiet des Klärwerks Falkenberg zum
Klärwerk Waßmannsdorf enthalten. In Anbetracht der hohen Investitionskosten von ursprünglich geplanten
154 Mio. € für den Bau der Abwasserdruckleitung Biesdorf-Waßmannsdorf (ADL BieWa) wurden auch Varianten untersucht, bei denen von einem weiteren Betrieb des Klärwerks Falkenberg mit einer Reinigungsleistung
von 50 000 bzw. 80 000 m³ täglich ausgegangen wurde. Die im Ergebnis ermittelten Gesamtkosten der Varianten a (Klärwerk Falkenberg wird 2003 geschlossen/Bau der ADL BieWa erforderlich) und b (Klärwerk Falkenberg wird mit 80 000 m³ täglich Abwasserreinigungsleistung weiterbetrieben/Bau der ADL BieWa nicht erforderlich) liegen im Vergleichszeitraum (1999 bis 2018) für die Variante a um 111 Mio. € höher als die der Variante b.
Der Vorstand der BWB hat trotzdem im Oktober 1999 den Bau der ADL BieWa (Variante a) beschlossen. Zur
Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass die Lage des Klärwerks (Geruchsbelästigung), die formellen
Bedingungen (Bauleitplanung, Abwasserbeseitigungsplan) und die strategische Ausrichtung auf die Auslastung
vorhandener Kapazitäten ungeeignete Rahmenbedingungen für die langfristige Fortsetzung des Klärwerkbetriebs in Falkenberg seien.
T 270:
Der Rechnungshof hat den BWB vorgehalten, dass auch die Entscheidung zum Bau der ADL BieWa mit den
Erfordernissen einer wirtschaftlichen Betriebsführung nach § 2 Abs. 2 BerlBG nicht vereinbar ist, zumal der
zusätzliche Investitionsaufwand insbesondere dazu diente, die gebührenrechtlich erforderliche Auslastung des
Klärwerks Waßmannsdorf zu gewährleisten. Hätten die BWB eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung bereits vor
der Ausbauplanung für das Klärwerk Waßmannsdorf durchgeführt, wäre erkennbar gewesen, dass der Neubau
und die Erweiterung auf eine Reinigungsleistung von 115 000 m³ täglich mit einem Aufwand von 166 Mio. € im
Wesentlichen ausreicht. In diesem Fall hätte auf den weiteren Ausbau mit einer Reinigungsleistung von insgesamt 230 000 m³ täglich mit Aufwendungen von 385 Mio. € überwiegend verzichtet werden können. Demgegenüber wären lediglich Investitionen von angabegemäß 49,6 Mio. € in das Klärwerk Falkenberg und geschätzt
117,3 Mio. € für vergleichsweise geringe Ausbaumaßnahmen mit einer Kapazität von 35 000 m3 täglich für das
Klärwerk Waßmannsdorf erforderlich gewesen. Zudem hätte sich dann die Investition von 127,4 Mio. € in den
Bau der ADL BieWa erübrigt. Somit sind vermeidbare Aufwendungen von insgesamt etwa 340 Mio. € entstanden.
T 271:
Die BWB haben hierzu ausgeführt, dass der Bau der ADL BieWa intern bereits weit vor 1995 in Zusammenhang
mit der Erarbeitung des Planes zur Umverteilung des Abwassers und der Entscheidung zur Außerbetriebnahme
des Klärwerks Falkenberg zum Jahr 2002 angedacht worden sei. Zum Ergebnis des Variantenvergleichs haben
sie behauptet, dass die kostengünstigere Variante b auch deshalb nicht in Betracht gekommen sei, weil die
eventuellen Vorteile durch zu erwartende verschärfte umweltbehördliche Auflagen, die im Vorfeld nicht hätten
abgeschätzt werden können, relativiert worden wären. Im Übrigen haben die BWB darauf hingewiesen, dass
eine langfristig angelegte und allzeit sichere Entsorgungskonzeption sowohl hinsichtlich der umweltgerechten
Abwasserreinigung und -ableitung auch im Hinblick auf die Trinkwassergewinnung als auch wegen der zwingend notwendigen sicheren Klärschlammentsorgung für den zusammenwachsenden Ballungsraum Berlin komplexe Problemstellungen beinhalte. Eine solche Entsorgungskonzeption stelle sich aus einer Rückschau teilwei-
144
se einfacher dar, als sie es im Zeitpunkt tatsächlicher Entscheidungszwänge/-verantwortlichkeiten in Wirklichkeit sei. Dabei sei es im Interesse der Kunden, wenn langfristig strategische Entscheidungen hinsichtlich einzelner Umsetzungsphasen auch zeitnah angepasst werden. Die BWB sind der Auffassung, in dieser Hinsicht eine
vorausschauende Unternehmenspolitik betrieben zu haben. Darüber hinaus legen sie nunmehr dar, die
ADL BieWa sei gebaut worden, weil die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung wesentliche Einflussgrößen nicht erfasst
habe.
T 272:
Der Rechnungshof verkennt nicht, dass sich seit der Vereinigung Deutschlands die Rahmenbedingungen wiederholt geändert haben. Die Klärwerksausbauplanung hätte aber erst nach Vorliegen gesicherter wichtiger
Eckdaten insbesondere zu der Entwicklung des Abwasseraufkommens und auf der Grundlage umfassender
Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen verändert und angepasst werden dürfen.
Der von den BWB im Jahr 1999 durchgeführte Variantenvergleich zur Abwasserverteilung zeigt deutlich auf,
dass der Weiterbetrieb des Klärwerks Falkenberg die erheblich kostengünstigere Alternative zum Ausbau des
Klärwerks Waßmannsdorf und zum Bau der ADL BieWa darstellt. Diese wurde aber nicht realisiert, da - wie
vom Vorstand beschlossen - insbesondere die strategische Ausrichtung auf die Auslastung an anderer Stelle
vorhandener Kapazitäten erfolgen sollte. Der Bau der ADL BieWa dient einer höheren Auslastung des Klärwerks Waßmannsdorf, die andernfalls nur 57 v. H. betragen hätte. Nach der Rechtsprechung wären ungenutzte
Kapazitäten von mehr als 40 v. H. aber nicht mehr als angemessene Sicherheitsreserve, sondern als deutliche,
den Rahmen des sachlich Vertretbaren übersteigende Überkapazitäten anzusehen, deren Kosten nicht in die
Kalkulation der Abwassergebühren einfließen dürfen. Dem von den BWB angeführten Risiko verschärfter Genehmigungsauflagen bei einem Weiterbetrieb des Klärwerks Falkenberg ist entgegenzuhalten, dass angabegemäß weder ein Antrag gestellt noch eine Auskunft vorab bei der Umweltbehörde eingeholt worden ist.
Der Rechnungshof hält an seiner Beanstandung fest. Er hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und
Frauen als die für die Genehmigung von Entgelten zuständige Behörde um Prüfung gebeten, ob und inwieweit
die Ausgaben für den Bau der ADL BieWa in die Entgeltkalkulation der BWB einfließen dürfen. Eine Stellungnahme liegt noch nicht vor.
zu T 269 bis 272:
Der Senat teilt die Auffassung der BWB, dass eine vorausschauende Unternehmenspolitik
betrieben wurde und eine langfristige und sichere Entsorgungskonzeption komplexe Probleme mit sich bringt.
Wie von den BWB dargestellt, berücksichtigt die Beanstandung nicht, dass die Nutzungsdauer von Abwasserdruckrohrleitungen in Berlin mit 100 Jahren angenommen wird und es
nicht abschätzbare Einflussgrößen gab.
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht muss die Konzentration der Betriebsstätten als vorteilhaft
gewertet werden. Die vom Rechnungshof von Berlin beanstandeten wirtschaftlichen Vorteile bei Weiterbetrieb des KW Falkenberg wären durch verschärfte Genehmigungsauflagen
(Geruchsbelästigungen, Schall, Anlagenüberdachung, Ablaufparameter z. B. Phosphor)
relativiert worden.
Unter Einbeziehung der Anteilseigner Veolia (Vivendi) und RWE wurde die Baumaßnahme
einer nochmaligen kritischen Prüfung unterzogen. Forderungen zur Änderung der Konzeption ergaben sich nicht.
Der Senat schließt sich der Darstellung der BWB an, dass die korrigierten stadträumlichen
Entwicklungsvorgaben Auswirkungen auf die Ausbauplanung der Klärwerke und somit auf
die Entscheidungen für Anpassungen der Klärwerksleistungen hatten.
Der Senat verkennt nicht die Kritik des Rechnungshofes von Berlin, allerdings weist er darauf hin, dass Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen der BWB bei jeder Entscheidung einbezogen wurden.
145
1.4
Klärschlammentsorgung
(a)
Auswahl des geeigneten Behandlungs-/Entsorgungsverfahrens
T 273:
Die Klärschlammbehandlung und -entsorgung in den Berliner Klärwerken erfolgt nach drei unterschiedlichen
Verfahren. In dem Klärwerk Ruhleben wird der Mischschlamm in Zentrifugen entwässert und anschließend in
Wirbelschichtöfen verbrannt. In den Klärwerken Stahnsdorf und Münchehofe wird der Klärschlamm ausgefault,
entwässert und zur Kompostierung abgegeben. Der ausgefaulte Klärschlamm der Klärwerke Waßmannsdorf
und Schönerlinde wird entwässert, getrocknet und sollte in der Sekundärrohstoff-Verwertungszentrum Schwarze Pumpe GmbH (SVZ) thermisch verwertet werden.
T 274:
Die ursprünglichen Planungen der BWB sahen auch den Bau einer gemeinsamen Schlammbehandlungsanlage
(GSB-Süd/Marienfelde) für die Klärwerke Waßmannsdorf, Stahnsdorf und Marienfelde mit einer geschätzten
Investitionssumme von 719 Mio. € vor. Diese Anlage sollte gleichzeitig die Schlammverbrennungsanlage des
Klärwerks Marienfelde ersetzen. Darüber hinaus war geplant, eine gemeinsame Schlammbehandlungsanlage
für die Klärwerke Schönerlinde, Münchehofe und Falkenberg (GSB-Nord/Falkenberg) in der Nähe des Klärwerks Falkenberg zu errichten.
zu T 273 und 274:
Ausgehend von den damaligen Erkenntnissen der BWB entschied man sich für eine gemeinsame Schlammbehandlungsanlage für die Klärwerke Waßmannsdorf, Stahnsdorf und
Marienfelde. Um eine Zentralisierung der Klärschlammbehandlung zu erreichen, mussten
die BWB Investitionen von rund 719 Mio. € in Kauf nehmen.
Der Senat teilt die Auffassung der BWB, dass sich erst mit der Funktionalausschreibung
zeigte, dass Alternativen zur Monoverbrennung von Klärschlamm preisgünstiger und wirtschaftlicher sind. Zudem war die durch den Bundesgesetzgeber im Jahr 1994 neu geschaffene Gesetzeslage (TA Siedlungsabfall und des KrW-/AbfG) zu berücksichtigen.
Insoweit wurde der Planungsaufwand zurecht erst 1995 abgeschrieben.
T 275:
Im Jahr 1994 entschieden die BWB, die Entsorgungswege für Klärschlamm deutlich zu verändern. Dem lag die
Ansicht zugrunde, dass die Kompostierung der anfallenden Klärschlämme keine ausreichende Entsorgungssicherheit gewährleiste und der Bundesgesetzgeber mit der TA Siedlungsabfall und dem Kreislaufwirtschafts- und
Abfallgesetz (KrW-/AbfG) Vorgaben für die Klärschlammbehandlung getroffen habe, die eine neue Marktsituation geschaffen hätten. Trotz des inzwischen weit fortgeschrittenen Planungsverfahrens zur GSB-Süd beschloss
der Vorstand im August 1994, eine EU-weite Ausschreibung über die Behandlung und Verwertung des Berliner
Klärschlamms durchzuführen und im September 1994 alle Aktivitäten zu den GSB einzustellen, obwohl für den
Standort der GSB-Süd bereits ein gültiger Raumordnungsbescheid vorlag und eine erste Teilgenehmigung nach
einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren vorhanden war. Die bis zu diesem Zeitpunkt angefallenen Planungskosten von insgesamt 19 Mio. € wurden 1995 außerplanmäßig abgeschrieben.
T 276:
Der Aufsichtsrat der BWB hat im Februar 1995, ohne dass ein Gesamtkonzept zur Klärschlammentsorgung
vorgelegen hat, einvernehmlich beschlossen, über die vorgeschlagene EU-weite Ausschreibung die wirtschaftlichste Variante der Aufbereitung und anschließenden thermischen Entsorgung des Klärschlamms zu ermitteln.
Darüber hinaus hat er der Übernahme der SVZ von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BVS) zugestimmt, da sich dieser Betrieb nach Darlegung des damaligen Vorstandsvorsitzenden der BWB
sowohl zur Öffnung neuer Geschäftsfelder für die BWB als auch zur Verbringung von Klärschlämmen aus Berlin
eigne. Der Aufsichtsrat stellte hierzu einvernehmlich fest, dass ein wirtschaftlicher Betrieb der SVZ auch ohne
Berliner Klärschlamm möglich sei.
T 277:
Im April 1995 haben die BWB die EU-weite Ausschreibung durchgeführt. Gemäß Vorstandsbeschluss war dabei
ein Ingenieurbüro als Gutachter tätig. Dem Aufruf zum Teilnahmewettbewerb folgten 33 Bewerber, von denen
neun zur Abgabe eines Angebots aufgefordert worden sind. Die vom Gutachter durchgeführte Auswertung
konzentrierte sich letztlich auf die beiden Anbieter X-GmbH und SVZ als alleiniger Tochtergesellschaft der
BWB, deren Verfahrensvorschläge bereits in einem im Auftrag der BWB im Juni 1994 erstellten Gutachten
146
verglichen worden waren. Darin wurde zusammenfassend festgestellt, dass die Ergebnisse der Untersuchungen keine eindeutige Aussage für eine der beiden Verfahrensalternativen erlauben.
T 278:
Die X-GmbH hatte die thermische Behandlung des Klärschlamms in einer Wirbelschichtanlage an einem
Standort in Brandenburg einschließlich der Kosten für die Entwässerung des Klärschlamms am jeweiligen
Standort angeboten. Die Kosten für dieses Verfahren wurden vom Gutachter auf 321 €/t geschätzt.
Die SVZ bot eine stoffliche Verwertung des Klärschlamms im SVZ inklusive der aus den Teilangeboten vorliegenden Kosten für die Entwässerung und Trocknung an. In Abhängigkeit des von der SVZ angegebenen Entsorgungspreises von 105 bzw. 122 €/t ergab sich nach den Schätzungen des Gutachters eine Preisspanne von
302 bis 328 €/t.
Nach der direkten Gegenüberstellung beider Angebote wurde vom Gutachter abschließend die Vergabe an das
SVZ empfohlen, da bei ähnlich hohen Kosten wie bei der Wirbelschichtverbrennung mit der Methanolgewinnung
eine stoffliche Verwertung entsprechend des KrW-/AbfG erreicht werde, die im Vergleich zur energetischen
Verwertung als höherwertig einzustufen sei.
zu T 275 bis 278:
Im Zuge der Restrukturierung wurde das SVZ mit dem Ziel der Verwertung fester und flüssiger Rest- und Abfallstoffe und der Erzeugung von Synthesegas und dessen Umwandlung
in Methanol von den BWB erworben und sich somit auch für die Vergasungstechnologie
beim SVZ entschieden.
Aus der Entscheidung für das SVZ resultierte insofern auch eine kaufmännische Verpflichtung der BWB, die Entsorgung der BWB ab diesem Zeitpunkt durch das SVZ zu gewährleisten.
T 279:
Auf Beschluss des Aufsichtsrats der BWB vom Februar 1996 hat der Vorstand festgelegt, dass die ausgefaulten
Klärschlämme der Klärwerke Waßmannsdorf, Schönerlinde, Stahnsdorf und Münchehofe ab dem Zeitraum
1998 bis 2000 entwässert, getrocknet und in der SVZ zu verwerten sind. Voraussetzung für dieses Verfahren
war insbesondere die Erweiterung bestehender Schlammbehandlungsanlagen einschließlich der Erstellung von
Trocknungsanlagen (SET) in den Klärwerken. Die BWB haben seitdem 587 Mio. € für die SVZ aufgewendet
sowie 100 Mio. € in die Schlammbehandlung der Klärwerke Waßmannsdorf und Schönerlinde investiert.
T 280:
Im Aufsichtsrat führte der Vorsitzende des Technologieausschusses im Februar 1996 aus, dass das Entsorgungskonzept SVZ über die größte Kostenflexibilität verfüge und die diskutierte Alternative einer Klärschlammverbrennung dagegen erheblich größere Mittel an gebundenen Investitionen aufweise. Dabei blieb allerdings
unberücksichtigt, dass für das SVZ-Verfahren ebenfalls Investitionen von zunächst 133 Mio. € für die Schlammbehandlung einzuplanen waren und darüber hinaus vorgesehen war, in die SVZ 256 Mio. € zu investieren. Die
Entscheidung für die von der X-GmbH vorgeschlagene Wirbelschichtverbrennung hätte allerdings nur eine
Investition von 8,7 Mio. € für die Entwässerung zuzüglich anteilig geschätzter Ausgaben von 19 Mio. € für Maßnahmen in den Klärwerken erfordert. Zudem bestehen erhebliche Zweifel, ob die von der SVZ für das Gutachten angegebenen Entsorgungspreise kostendeckend waren.
T 281:
Nach den Feststellungen des Rechnungshofs war die Urfassung der Stellungnahme des Gutachters den BWB
als Grobkonzept mit der Bitte um Änderungen übermittelt worden. Die BWB haben die Aussagen des Gutachters vor allem zur stofflichen und energetischen Verwertung mehrfach dahingehend verändert, als der Methanolgewinnung in der SVZ in Abweichung von einem TÜV-Gutachten bescheinigt wurde, dass „diese eine stoffliche Verwertung darstellt, die allgemein im Vergleich zur energetischen Verwertung als höherwertig eingestuft
wird, obwohl dies im KrW-/AbfG nicht so formuliert wird.“ Diese Bewertung existierte in dieser Form in der Urfassung nicht. Von dem Gutachter wurde anschließend eine weitere überarbeitete Zusammenfassung vorgelegt, die dann noch einmal zu einer endgültigen Fassung überarbeitet wurde. In der Begründung des Vergabeantrages für den Technologieausschuss des Aufsichtsrats der BWB wurde dann impliziert, dass allein der Gutachter die vorgeschlagene Vergabe empfiehlt.
zu T 279 bis 282:
Die vom Rechnungshof angeführten Investitionen für das Entsorgungskonzept des SVZ
sind nicht nur Aufwendungen in die Klärschlammentsorgung, sondern schließen alle ande-
147
ren Anlagen mit ein. Der einzige zusätzliche Aufwand liegt in der Trocknung, die übrigen
Aufwände wären auch bei der X-GmbH angefallen. Einer Spekulation des Rechungshofs
über Einwirkung auf die Gutachteraussagen tritt auch der Senat ausdrücklich entgegen. Im
Übrigen widerspricht sich der Rechnungshof von Berlin, wenn er die Beauftragung eines
externen Gutachters rügt, gleichzeitig aber die Einschätzungen der sachverständigen Mitarbeiter der BWB bemängelt.
Seit Oktober 1994 lag ein Planfeststellungsbeschluss für das SVZ vor, in dem eine stoffliche Verwertung durch Umwandlung von Synthesegas in Methanol vorgesehen war.
Vor dem Hintergrund der bis 2005 möglichen Deponierung ist auch die Entwicklung des
SVZ (weitere Verluste) im Aufsichtsrat der BWB entsprechend dargelegt und diskutiert
worden.
T 282:
Der Rechnungshof hat den BWB vorgehalten, dass die von Vorstand und Aufsichtsrat gefassten Beschlüsse
jedenfalls angesichts der damaligen Sachlage nicht gerechtfertigt und mit dem Gebot wirtschaftlichen Handelns
nicht vereinbar waren. Er hat darauf hingewiesen, dass die landwirtschaftliche Verwertung und Kompostierung
von Klärschlamm in Deutschland die am meisten praktizierte und kostengünstigste Art der Entsorgung von nicht
kontaminiertem Klärschlamm darstellt. Zudem lag damals weder ein akuter Notstand bei der Klärschlammentsorgung vor noch war für die folgenden Jahre zu befürchten, dass infolge geänderter rechtlicher Rahmenbedingungen die Kompostierung von Klärschlämmen nicht mehr möglich und damit die Entsorgungssicherheit gefährdet sei. Dies wird im Übrigen durch eine Vielzahl von den BWB bis in das Jahr 2000 hinein geschlossenen
Kompostierungsverträgen belegt. Insgesamt ist nicht nachgewiesen, dass der Abschluss des langfristigen Verwertungsvertrages mit der SVZ und die Investition in dreistelliger Millionenhöhe in eigene Trocknungs- und
Verbrennungs-/Vergasungsanlagen erforderlich waren, um die Entsorgung von BWB-Klärschlämmen zu gewährleisten.
Der Rechnungshof hat darüber hinaus beanstandet, dass die BWB nicht nachgewiesen haben, dass die Beauftragung eines externen Gutachters erforderlich war, zumal die BWB über eigenes qualifiziertes Fachpersonal
verfügen. Die Notwendigkeit ist umso zweifelhafter, als die BWB nunmehr behaupten, die Beträge für Investitionen aus dem Angebot der X-GmbH (T 280) seien von eigenen sachverständigen Mitarbeitern als völlig unzureichend eingeschätzt worden.
T 283:
Die BWB haben ausgeführt, dass kein Anlass bestanden habe, den thermischen Weg bei der Ausschreibung zu
verlassen, da dieser auf umfangreichen, gutachterlichen Untersuchungen im Rahmen der Planfeststellung/Genehmigung der GSB-Süd vorgegeben worden war. Die Richtigkeit dieser Entsorgungsvariante werde
dadurch bewiesen, dass heute fast nur noch belastete Schlämme in den Klärwerken der BWB anfallen. Die
BWB verwiesen weiterhin darauf, dass für die absolut notwendige sichere, saisonal unabhängige Klärschlammentsorgung in allen großstädtischen Ballungsgebieten Deutschlands der Klärschlamm unabhängig von der
Kontamination behandelt werde und nur durch die rechtzeitige Sicherung von Entsorgungswegen in thermische
Behandlungsanlagen die zwingend notwendige Klärschlamm-Entsorgungssicherheit gewährleistet werden könne, um bei den zu erwartenden Engpässen von 2005 an einem Preisdiktat der Entsorger entgegen zu wirken.
Zum damaligen Zeitpunkt habe es die heutige Marktsituation, dass mehrere Anbieter die thermische Beseitigung in der „Mitverbrennung“ anbieten, nicht gegeben. Zudem sei der nicht thermische Weg für belasteten und
unbelasteten Schlamm so lange genutzt worden, wie es der langfristige Vertrag mit der SVZ zugelassen habe.
Die Beauftragung eines unabhängigen Gutachters sei legitim und für die Durchführung der Ausschreibung
schon deshalb unabdingbar gewesen, um eventuellen subjektiven Wertungen vorzubeugen. Ein entsprechendes „Erfordernis“ brauche daher nicht nachgewiesen werden. Zu den Zweifeln des Rechnungshofs, ob die von
der SVZ angegebenen Entsorgungspreise kostendeckend waren, haben die BWB bemerkt, dass die Geschäftsführung der SVZ für die Abgabe von Angeboten selbst verantwortlich sei; eine Kontrollpflicht des Gesellschafters bestehe insoweit nicht.
T 284:
Die Einwendungen der BWB entkräften die Beanstandungen des Rechnungshofs nicht.
So lässt sich hieraus nicht ableiten, dass das thermische Verfahren die kostengünstigste Klärschlammentsorgung darstellt. Zudem haben die BWB nicht angegeben, wie oft und in welchem Ausmaß Klärschlammmengen
belastet waren bzw. belastet sind. Bei ihrem Hinweis auf die Marktsituation zur Zeit der Ausschreibung lassen
sie unerwähnt, dass sie Angebote zur Mitverbrennung von Klärschlamm in Kraftwerken unberücksichtigt gelassen haben. Widersprüchlich zu den Einwendungen der BWB gegen eine Kompostierung ist ihr Hinweis darauf,
dass der nicht thermische Weg für belasteten und unbelasteten Schlamm genutzt worden sei, so lange es der
langfristige Vertrag mit der SVZ zugelassen habe. Das damalige Interesse der BWB an der SVZ lag zwar neben
einem neuen Geschäftsfeld für das Unternehmen auch in der Sicherung der Entsorgung von Klärschlämmen
148
Berlins sowie eines zweiten Entsorgungsweges bei Störfällen. Tatsächlich stellten aber mängelbehaftete SET
sowie die nur unzureichend arbeitende Vergasungstechnologie der SVZ erhebliche Unsicherheitsfaktoren dar,
d. h., die von den BWB angeführte Entsorgungssicherheit wurde durch die SVZ nicht nur nicht gewährleistet,
sondern sogar beeinträchtigt.
Zudem ist die von den BWB vertretene Ansicht, dass die Geschäftsführung der SVZ für die abzugebenden
Angebote selbst verantwortlich sei und eine Kontrollpflicht des Gesellschafters insoweit nicht bestehe, inakzeptabel. Die BWB hätten im Rahmen eines sachgerechten Beteiligungscontrollings der Frage nachgehen müssen,
inwieweit die Ertragslage ihrer Beteiligungsgesellschaft SVZ durch die Erhebung nicht kostendeckender Entsorgungspreise gefährdet oder gar verschlechtert wird.
T 285:
Der Rechnungshof ist weiterhin der Auffassung, dass der Verlauf des Vergabeverfahrens den letztlich von den
BWB verfolgten Zweck erkennen lässt, der SVZ den Gewinn der Ausschreibung zu ermöglichen. Schon deshalb
ist die Behauptung der BWB, sie habe einen unabhängigen Gutachter eingeschaltet, um subjektiven Wertungen
vorzubeugen, abwegig. Damit haben bei der Vergabe der Klärschlammentsorgung allenfalls Konzerninteressen,
nicht aber Interessen Berlins im Vordergrund gestanden.
T 286:
Zudem hat der Rechnungshof darauf hingewiesen, dass das Klärwerk Ruhleben, in dem Klärschlämme verbrannt werden, insoweit über ungenutzte Kapazitäten von 50 v. H. verfügt. Erst aufgrund dieses Hinweises
sahen sich die BWB veranlasst, Einsparpotenziale zu untersuchen. Sie gelangten zu dem Ergebnis, dass es
angebracht sei, eine Verbrennung von Klärschlämmen in der Verbrennungsanlage Ruhleben möglichst umgehend zu verwirklichen, da die effektive Kostenreduzierung 1 Mio. € im Jahr betrage. Die Kapazitätsreserven
werden von den BWB bisher nicht genutzt.
Der Vorstand der BWB hat hierzu eingeräumt, dass die damaligen Entscheidungsfindungen zum Abbruch der
Planungen zu den GSB aus heutiger Sicht schwer nachvollziehbar seien; im Rahmen der Planfeststellung/
Genehmigung der GSB-Süd, also vor Abschluss des Verwertungsvertrages mit der SVZ, sei versäumt worden,
die Möglichkeit der Mitverbrennung von Klärschlämmen im Klärwerk Ruhleben zu untersuchen. Die Umsetzbarkeit dieses Konzeptes werde derzeit noch von den BWB geprüft. Der Rechnungshof hat das Versäumnis beanstandet und die BWB aufgefordert, Schadenersatzansprüche zu prüfen.
zu T 283 bis 286:
Der Senat schließt sich der Stellungnahme der BWB an, dass die Entscheidung zur thermischen Entsorgungsvariante wegen der hochbelasteten Schlämme, die in den KW anfallen,
richtig war.
Bis zur Änderung des Entsorgungsvertrages im Zusammenhang mit dem Verkauf des SVZ
war der gesamte Schlamm zum SVZ zu verbringen. Die eingetretene Entwicklung war nicht
vorauszusehen, insofern waren Überlegungen zur Verbrennung des gefaulten Schlammes
aus dem KW Waßmannsdorf im KW Ruhleben nicht notwendig.
(b)
Verwertungsvertrag mit der SVZ
T 287:
Der zwischen den BWB und der SVZ im Dezember 1996 geschlossene Verwertungsvertrag mit einer Laufzeit
bis zum 31. Dezember 2010 sah von Juli 1999 an die uneingeschränkte, sichere und kontinuierliche Abnahme
und Verwertung von getrocknetem Klärschlamm aus Kläranlagen der BWB in den Anlagen der SVZ zu einem
Preis von 110 €/t zuzüglich Mehrwertsteuer vor. Der Preis war bis zum 31. Dezember 1999 festgeschrieben;
danach sollte die Vergütung entsprechend einer Preisgleitklausel mit jährlicher Anpassung ermittelt werden. Die
BWB haben sich im Rahmen einer Mindestmengengarantie verpflichtet, vom Jahr 2001 an den gesamten Berliner Klärschlamm von 44 000 t im Jahr - außer dem des Klärwerks Ruhleben - in getrockneter Form an die SVZ
zu liefern. Nach den Planungen der BWB sollte der Anteil des als Kompostbestandteil im Landschaftsbau bzw.
für Rekultivierungszwecke eingesetzten Klärschlamms von 49 v. H. (Stand 1997) auf 5 v. H. bis zum Jahr 2010
reduziert werden. Dafür sollte die Verwertung in der SVZ von 0 v. H. (Stand 1997) auf 57 v. H. bis zum
Jahr 2010 ansteigen.
T 288:
Aufgrund der minderen Qualität des Klärschlammgranulats und der unzureichenden Trocknungsleistung der
SET Waßmannsdorf wurde der Vertrag im Dezember 1999 geändert und mit der SVZ ein Preis von 120,30 €/t
rückwirkend zum 1. Januar 1999 vereinbart. Mitte des Jahres 2000 haben BWB und SVZ erneut verhandelt, um
den Vertrag vom Dezember 1996 den nach Auffassung der BWB neuen, veränderten Marktverhältnissen wirtschaftlich und bei Bedarf verfahrenstechnisch anzupassen, ohne dass hierdurch einem Vertragspartner finanzi-
149
elle Nachteile entstehen sollten. In Vorbereitung der Verhandlungen haben die BWB finanzielle Vor- und Nachteile von drei Vertragsvarianten erörtert:
Ansicht 44:
Variantenvergleich zum Verwertungsvertrag
Variante
Gesamtkosten
(10,5 Jahre)
€
€/t
davon SVZ-Umsatz
€
€/t
Einsparung gegenüber
dem alten Vertrag bis
31.12.2010
€
A
B
C
138 368 440,00
258,59
80 158 640,00
149,80
108 038 870,00
201,91
71 084 717,00
145,37
11 112 415,00
145,37
83 480 071,00
156,01
0,00
58 209 800,00
30 329 570,00
T 289:
Nach Auffassung der BWB war Variante A nach den damaligen Marktverhältnissen nicht mehr akzeptabel und
bedurfte unbedingt der Anpassung. Variante B stelle dagegen mit einer Abkehr von der Trocknung und Vergasung zurück zur ausschließlichen Entwässerung und Kompostierung eine radikale Vertragsänderung dar und
sei für die SVZ nicht akzeptabel. Die BWB führten hierzu aus: „Wohlwissend, dass diese Variante die Zustimmung der anderen Vertragspartei nicht finden würde, wurden die Entsorgungskosten abgeschätzt, die auf heutigen Marktpreisen und Erkenntnissen basierend entstehen würden ...“. Variante C basiere auf dem Grundsatz
von Treu und Glauben und benachteilige keine der beiden Vertragsparteien. Diese Variante wurde im Juli 2000
als Verhandlungsergebnis im Vertrag dokumentiert. Danach wurde die SVZ von der Pflicht, den gesamten Klärschlamm zu vergasen, entbunden; die ursprünglich vereinbarte jährliche Liefermenge der BWB wurde halbiert.
Die SVZ übernahm die Entsorgung sowie den Transport des Klärschlamms. Für die Entsorgung oder Verwertung des entwässerten oder getrockneten Klärschlamms einschließlich Transport wurde ein pauschaler Preis
von 132,17 €/t zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart. Die bei den BWB nicht mehr benötigten Spezialfahrzeuge
wurden an die SVZ veräußert.
T 290:
Im Zuge der Veräußerung der SVZ haben die BWB im Juli 2002 eine erneute Änderung des Verwertungsvertrages betrieben. Im Wesentlichen wurde vereinbart, dass die BWB der SVZ jährlich 25 000 t getrockneten
Klärschlamm zur Verfügung stellen. Die BWB verpflichteten sich darüber hinaus, zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit in alle von der SVZ geschlossenen Entsorgungsverträge einzutreten und die daraus bestehenden Verpflichtungen im jeweils vertraglich vereinbarten Umfang zu übernehmen.
T 291:
Der Rechnungshof hat beanstandet, dass der 1996 mit der SVZ geschlossene Verwertungsvertrag weder unter
den damaligen noch unter den heutigen Marktverhältnissen einer wirtschaftlichen Betriebsführung entspricht.
Die Begründung für die Vertragsänderung vom Juli 2000 berücksichtigt vorrangig die wirtschaftlichen Interessen
der SVZ und nicht die der BWB. Den BWB war es seinerzeit jedenfalls nicht verwehrt, den Klärschlamm kostengünstig im Wege der Entwässerung und Kompostierung zu entsorgen. Im Übrigen haben die BWB die Einschätzung des Rechnungshofs, dass dieses Verfahren nach wie vor die kostengünstigste Möglichkeit der Klärschlammentsorgung ist, bestätigt. Dies belegen auch die von der SVZ mit Subunternehmen zum Teil bis zum
Ende des Jahres 2005 geschlossenen Entsorgungsverträge, deren Abnahmepreise nochmals erheblich unter
den von den BWB im Rahmen von öffentlichen Ausschreibungen erzielten Preisen lagen. Auf dieser Grundlage
hätten die Gesamtkosten lediglich 41,3 Mio. € betragen; damit ergäbe sich eine Kostenreduzierung von fast
100 Mio. € im Vergleich zum Vertrag von 1996.
T 292:
Die BWB haben entgegnet, dass infolge der vertraglichen Vereinbarungen im SVZ-Vertrag vom Dezember 1996
Vertragsänderungen nur einvernehmlich möglich gewesen seien und deshalb stets nur Kompromisse darstellen
würden. Die Nichteinhaltung des Vertrages hätte für die BWB möglicherweise Schadenersatzverpflichtungen
nach sich gezogen; durch die abgewogenen Änderungen habe eine Schadenersatzpflicht jedoch vermieden
werden können. Zwar seien die Preise für thermische Behandlungswege nicht ausgelasteter Verbrennungsanlagen zurückgegangen. Dies sei aber als zwischenzeitliche Erscheinung zu werten, auf der keine langfristig
sichere Entsorgung aufgebaut werden könne.
T 293:
150
Diese Ausführungen überzeugen schon wegen der wirtschaftlichen Abhängigkeit der SVZ von den BWB nicht.
Der Rechnungshof hat den BWB zudem vorgehalten, dass sie sich mit dem langfristig geschlossenen Verwertungsvertrag die Möglichkeit genommen haben, bei fallenden Preisen flexibel zu reagieren. Auch wenn eine
Reduzierung der deutlich überhöhten Kosten erreicht worden ist, bleiben erhebliche Zweifel, ob ein Verwertungsvertrag mit einem anderen, nicht zu den BWB gehörenden Unternehmen ähnliche Vereinbarungen enthalten hätte. Trotz der auch von ihnen eingeräumten erheblichen Änderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse
haben die BWB nicht einmal versucht, eine Aufhebung oder größere Veränderungen des Verwertungsvertrages
in ihrem Interesse zu erreichen. Tatsächlich dürften bei der Vertragsänderung im Juli 2000 Konzerninteressen
ausschlaggebend gewesen sein. Dies wird durch die Ausführungen in einem Vermerk der Rechtsabteilung der
BWB bestätigt. Hierin wird anlässlich der Prüfung von Änderungs- bzw. Kündigungsmöglichkeiten des mit der
SVZ geschlossenen Verwertungsvertrages ausgeführt: „Wohlwissend, dass der Vertrag unter Berücksichtigung
bestimmter Konzerninteressen geschlossen wurde, haben wir bei der Prüfung diese Überlegungen vernachlässigt und so getan, als ob das SVZ ein beliebiger Dritter wäre ...“.
zu T 287 bis 293:
Dem Verwertungsvertrag zur stofflichen Verwertung der Klärschlamme aus den Klärwerken
gab der Aufsichtsrat der BWB als Kontrollorgan seine Zustimmung. Eines gesonderten Beteiligungscontrollings bedurfte es daher nicht.
Bis zur Realisierung der entsprechenden Anlagen waren Kompostierung, Rekultivierung
und Deponierung nicht nur zulässig, sondern auch notwendig.
Auch beim Ausbau der GSB-Süd hätten diese alternativen Entsorgungswege bis zur Inbetriebnahme genutzt werden müssen.
Der Senat teilt den Standpunkt der BWB, dass die Nichteinhaltung des langfristigen Vertrages vom 06.12.1996 möglicherweise Schadensersatzverpflichtungen für die BWB nach sich
gezogen hätte.
Infofern folgt der Senat der Darstellung der BWB, eine erneute Ausschreibung der
Schlammentsorgung wäre nur möglich gewesen, wenn die BWB aus wichtigen Gründen
den SVZ-Vertrag hätten kündigen können. Da dies nicht möglich war, war die vom Rechnungshof von Berlin dargelegte Vertragsänderung anzustreben, welche die Belange beider
Vertragsparteien berücksichtigt.
1.5
Fazit
T 294:
Der Rechnungshof beanstandet zusammenfassend insbesondere, dass die BWB

versäumt haben, vor Investitionen in den Ausbau von Kläranlagen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen
durchzuführen,

ein Klärwerk stillgelegt und eine Abwasserdruckleitung errichtet haben, um die Auslastung des
- überdimensionierten - Klärwerks Waßmannsdorf zu erhöhen und

das kurz zuvor erworbene Tochterunternehmen SVZ mit der Verwertung von Klärschlamm beauftragt
und dabei wirtschaftlichere Lösungen unberücksichtigt gelassen haben.
Dadurch sind vermeidbare Aufwendungen von mehr als 1 Mrd. € entstanden (vgl. T 264, 268, 270, 275 und
279). Der Rechnungshof erwartet, dass die BWB künftig vor jeder Investition sachgerechte Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchführen und ihre Entscheidungen vorrangig nach Wirtschaftlichkeitskriterien treffen, damit
das Land Berlin sowie die Unternehmen und Einwohner Berlins nicht unnötig finanziell belastet werden.
2.
Grundlegende Mängel und wirtschaftliche Nachteile bei der Veräußerung eines
Beteiligungsunternehmens durch die Be rliner Wasserbetriebe
Die Berliner Wasserbetriebe (BWB) haben sich mit dem Erwerb der S ekundärrohstoffVerwertungszentrum Schwarze Pumpe GmbH (SVZ) über mehrere Jahre durchgehend verlustreich
außerhalb ihres Kerngeschäfts engagiert. Insgesamt haben die BWB 587 Mio. € aufgewendet. Im
Jahr 2002 wurde die SVZ veräußert, obwohl die Mehrkosten für die BWB im Vergleich zu einer I nsolvenz mindestens 11,8 Mio. € betrugen und bis zu 39,4 Mio. € betragen können.
151
T 295:
Die Berliner Wasserbetriebe (BWB) hatten im Jahr 1995 die Sekundärrohstoff-Verwertungszentrum Schwarze
Pumpe GmbH (SVZ) mit Sitz in Schwarze Pumpe in der Lausitz (Land Brandenburg an der Grenze zum Freistaat Sachsen) - etwa 150 km von Berlin entfernt - erworben. Damit war ein neues Geschäftsfeld der BWB, die
Erzeugung von Synthesegas, Methanol und Strom aus festen und flüssigen Abfällen, insbesondere aus Klärschlämmen, eröffnet, das nicht zum Kerngeschäft gehört. Dieser Bereich erwirtschaftete allerdings durchgehend Verluste. Dies wirkte sich auf die Jahresergebnisse der BWB und damit mittelbar auf das Land Berlin aus.
Zudem kann im Ergebnis eine Quersubventionierung durch die Gebührenzahler aus den Entgelten für Wasserversorgung und Abwasserentsorgung nicht ausgeschlossen werden. Die der SVZ von den BWB zugeflossenen
Finanzmittel belaufen sich auf insgesamt 587 Mio. € (vgl. T 279).
Im Jahr 2000 wurde die SVZ zunächst an einen amerikanischen Investor veräußert. Wegen dessen fehlender
Finanzkraft musste der Verkauf allerdings im Jahr 2001 rückabgewickelt werden. Danach haben die BWB im
Oktober 2001 ein offenes Bieterverfahren durchgeführt. Die Gebote der verbliebenen drei (von 50) in die engere
Wahl gekommenen Interessenten enthielten die Forderung, die SVZ komplett zu entschulden und darüber hinaus von laufenden sowie zum Teil auch künftigen Verlusten und Risiken freigestellt zu werden.
zu T 295:
Dem Senat war bekannt, dass sich das SVZ in einer wirtschaftlich schwierigen Lage befand. Die Teilprivatisierung der BWB war mit einem technischen und wirtschaftlichen Fortführungskonzept für das SVZ verbunden. Im Kaufpreis in Höhe von rund 1,7 Mrd. €
(3,3 Mrd. DM) war auch die Summe von rund 102,3 Mio. € (200 Mio. DM) zur Unterstützung
des SVZ enthalten.
Gemäß Anlage 6.6 zum Konsortialvertrag war das Land gehalten gewesen, die Beteiligung
der BWB an dem SVZ auf einen Erinnerungswert von 1,- DM abzuschreiben sowie die bis
zu diesem Zeitpunkt von den BWB an das SVZ ausgereichten Darlehen zu erlassen.
Die finanziellen Lasten aus der Beteiligung des SVZ haben ausschließlich die Gesellschafter der BWB getragen, eine Quersubventionierung durch die Gebührenzahler, wie von
Rechnungshof von Berlin interpretiert wird, ist nicht gegeben.
T 296:
Der Aufsichtsrat der BWB hat am 29. Juni 2002 einer Veräußerung der SVZ zugestimmt, obwohl seinen Mitgliedern erst am späten Nachmittag des Vortages die Vorlagen zugegangen waren. Der Vorstand hat in dieser
Sitzung die Kosten einer Veräußerung dargelegt und die Mehrkosten gegenüber einer Insolvenz mit
6,8 Mio. € beziffert. Dabei sind allerdings wesentliche Faktoren außer Acht gelassen worden:

Für den Fall der Insolvenz wurden kostenerhöhend 5 Mio. € für einen Sozialplan angesetzt, die jedoch
nicht von den BWB hätten übernommen werden müssen.

Risiken aus Vertragserfüllungsbürgschaften, die der Erwerber nicht übernehmen wollte, hat der Vorstand
bei einer Veräußerung statt mit 100 v. H. nur mit 40 v. H. des gesamten Bürgschaftsbetrages berücksichtigt. Damit sind die Kosten der Veräußerung gegenüber einer Insolvenz erheblich niedriger veranschlagt
worden. Bereits wenige Tage nach der Aufsichtsratssitzung hat die für Wirtschaft zuständige Senatsverwaltung in einer Übersicht diese Risikoposition in voller Höhe angegeben.

Unmittelbar vor der Entscheidung des Aufsichtsrats hat der Vorstand der BWB das Haftungsrisiko im Insolvenzfall für einen von einem sächsischen Kreditinstitut an die SVZ geleisteten Zuschuss mit 30 v. H.
kostenerhöhend beziffert. Hingegen war dieses Risiko in der Vorlage an die Aufsichtsratsmitglieder noch
mit 0 v. H. angegeben. Bereits im Juli 2002 haben die BWB von dem Kreditinstitut eine Bestätigung erhalten, dass sie nicht haften.
Bei sachgerechter Bewertung dieser Positionen betrugen die Mehrkosten des Verkaufs mindestens 11,8 Mio. €
und können bis zu 39,4 Mio. € betragen.
T 297:
Parallel zu den Verkaufsverhandlungen hatte der für Wirtschaft zuständige Staatssekretär versucht, von den
Ländern Brandenburg und Sachsen, die von einem Verlust von Arbeitsplätzen der SVZ betroffen gewesen
wären, finanzielle Unterstützung zur Abwendung einer Insolvenz zu erhalten. Die Situation der SVZ wurde beiden Ländern mehrfach dargelegt. Mitte Juni 2002 verwies der Regierende Bürgermeister gegenüber den beiden
Ministerpräsidenten darauf, dass ohne eine finanzielle Beteiligung an den Mehrkosten bei einer Veräußerung der SVZ, die er mit 40 Mio. € veranschlagt hatte, nur ein zeitnaher Insolvenzantrag für die SVZ bliebe,
über den der Aufsichtsrat der BWB am 29. Juni 2002 entscheiden werde. Obwohl die Länder Brandenburg und
152
Sachsen nicht bereit waren, sich finanziell zu engagieren, haben die BWB die SVZ mit Vertrag vom 1. Juli 2002
zu einem symbolischen Preis an einen Finanzinvestor veräußert, der den Fortbestand von 260 Arbeitsplätzen
am Standort der SVZ bis zum Ablauf des Jahres 2004 garantiert hat. Die BWB haben Rückzahlungsansprüche
aus Darlehen von mehr als 200 Mio. € an den Erwerber abgetreten und sich ferner verpflichtet, finanzielle Leistungen in zweistelliger Millionenhöhe zu erbringen.
T 298:
Der Rechnungshof hat beanstandet, dass die BWB die SVZ trotz erheblicher Mehrkosten veräußert haben. Er
hat darauf verwiesen, dass ein entsprechender Gegenwert weder für die BWB noch für das Land Berlin erkennbar ist. Der Rechnungshof hat in diesem Zusammenhang bezweifelt, dass der Senat ausreichend versucht hat,
von den Ländern Brandenburg und Sachsen eine Erstattung der Mehrkosten oder zumindest eine finanzielle
Beteiligung hieran zu erhalten.
T 299:
Die für Wirtschaft zuständige Senatsverwaltung hat dargelegt, dass der damalige Senator als Aufsichtsratsvorsitzender einen Insolvenzbeschluss habe durchsetzen wollen. Er habe dementsprechend erklärt, dass die Insolvenz inklusive eines auf freiwilliger Basis umgesetzten Sozialplans die klarere und bessere Lösung wäre.
Diese Meinung sei jedoch nicht mehrheitsfähig gewesen. Da der prognostizierte Unterschied bei den von den
BWB zu übernehmenden Kosten nach den aktuellen Erkenntnissen des Vorstands jedoch auf 6,8 Mio. € zusammengeschmolzen sei, könne er im Interesse der Sicherung der Arbeitsplätze ggf. eine Verkaufsentscheidung mittragen. Diese sei aus sozialer Verantwortung für die strukturschwache Lausitz getroffen worden, da
sich der Investor mit dem Kaufvertrag zum Erhalt vorhandener Arbeitsplätze verpflichtet habe und ein nachhaltiges Engagement am Standort Schwarze Pumpe beabsichtige. Die BWB haben dazu erklärt, dass die Veräußerung unter großem Zeitdruck erfolgt sei, da bei der SVZ ansonsten bereits in der Woche nach dem
1. Juli 2002 weiterer Finanzierungsbedarf bestanden habe. Ohnehin sei es unwahrscheinlich gewesen, dass
vom Land Brandenburg in Aussicht gestellte Gespräche noch vor Ende Juni 2002 zum Erfolg geführt hätten.
zu T 296 bis 299:
Es trifft zu, dass dem Aufsichtsrat (AR) der BWB die Szenarien des Verkaufs an die
NordGB und die Insolvenz unter den gewichteten Annahmen des Eintritts von Rückzahlungspflichten des gewährten Investitionszuschusses der Sächsischen Aufbaubank, Vertragserfüllungsbürgschaften, Umweltrisiken dargestellt wurden.
Unter der Berücksichtigung der dargestellten Risiken sowie deren tatsächliche Eintrittswahrscheinlichkeit hat der AR der BWB und sein damaliger Vorsitzender dem Verkauf des
SVZ zugestimmt.
Trotz intensiver Bemühungen des damaligen AR-Vorsitzenden und des Regierenden Bürgermeisters zur Unterstützung des SVZ, sahen sich zum damaligen Zeitpunkt weder das
Land Brandenburg noch das Land Sachsen dazu in der Lage, dem SVZ finanzielle Unterstützung zu gewähren.
Die Entscheidung zum Verkauf des SVZ wurde auch im Interesse der Sicherung der Arbeitsplätze getroffen. Unter Abwägung der Risiken einer Insolvenz aber auch eines Verkaufs hat der AR der BWB sich letztendlich für den Verkauf an die NordGB entschieden.
Dabei sei auch noch einmal darauf hingewiesen, dass bei der Darstellung der Szenarien für
den Aufsichtsrat sowohl für den Fall des Verkaufes, als auch für den Fall einer Insolvenz
entsprechende Risikoeinschätzungen vorgenommen und erläutert wurden. Ein Mehrkostenbetrag in Höhe von 39,4 Mio. € im Falles des Verkaufs, wie im Bericht des Rechnungshofs genannt, basiert lediglich auf einer Einschätzung des Eintretens der Risiken zu
100 v. H. im Fall des Verkaufs und nicht im Fall einer Insolvenz. Ein Mehrkostenbetrag in
dieser Höhe wird aus den oben genannten Gründen von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen nicht gesehen.
T 300:
Die BWB lassen mit der Behauptung, es habe ohne die Veräußerung bei der SVZ weiterer Finanzierungsbedarf
bestanden, offen, ob und inwieweit dadurch die Mehrkosten der Veräußerung im Vergleich zu einer Insolvenz
beeinflusst worden sind. Wenn tatsächlich ein Zeitdruck bestanden haben sollte, ist es umso unverständlicher,
dass eine Veräußerung statt der Insolvenz beschlossen worden ist.
Das Argument der Senatsverwaltung, die Entscheidung zur Veräußerung sei aus sozialer Verantwortung getroffen worden, überzeugt nicht, zumal es sich bei den bei der SVZ Beschäftigten zumeist nicht um Berliner han-
153
deln dürfte. Damit blieben die wirtschaftlichen Interessen Berlins und seiner Gebührenzahler außer Acht. Eine
derartige Großzügigkeit hält der Rechnungshof angesichts der Haushaltslage für unangebracht.
Die Senatsverwaltung verkennt im Übrigen, dass der damalige Senator als Vorsitzender des Aufsichtsrats die
Möglichkeit gehabt hätte, den Beschluss des Aufsichtsrats zu beanstanden und innerhalb von jeweils 14 Tagen
einen erneuten Beschluss des Aufsichtsrats und ggf. eine abweichende Entscheidung der Gewährträgerversammlung herbeizuführen (vgl. § 11 BerlBG).
T 301:
Zu der Kritik des Rechnungshofs an dem Kostenvergleich (T 296) haben die BWB eingeräumt, dass es sich bei
den Kosten von 5 Mio. € für einen Sozialplan nicht um Aufwendungen handelt, die bei einer Insolvenz zwangsläufig zulasten der BWB angefallen wären. Sie haben ferner geäußert, dass das Risiko einer Haftung aus sämtlichen Bürgschaften für den Fall des Verkaufs aus wirtschaftlicher Sicht mit 40 v. H. angesetzt worden sei, und
bestätigt, dass dieses Risiko im schlechtesten Fall den vollen Betrag umfasse. Hierfür seien schon zur Hälfte
Rückstellungen gebildet worden. Die unterschiedliche Bewertung eventueller Haftungsrisiken der BWB gegenüber dem sächsischen Kreditinstitut bei einer Insolvenz habe auf neuen Erkenntnissen im Juni 2002 beruht,
sodass eine Überarbeitung der vorhandenen Risikoanalyse erforderlich gewesen sei.
T 302:
Die Ausführungen der BWB widerlegen die Beanstandungen des Rechnungshofs nicht. Auffällig ist, dass sich
die Bewertung zweier wesentlichen Risikopositionen kurz nach dem Veräußerungsbeschluss dahingehend
verändert hat, dass die Mehrkosten der Veräußerung die der Insolvenz um ein Mehrfaches übersteigen. Hinzu
kommt, dass eine dieser Risikopositionen (die Haftung für einen Zuschuss bei Insolvenz) bereits in der Vorlage
an den Aufsichtsrat wie bei der nachträglichen Bewertung mit „0 v. H.“ angesetzt worden war (vgl. T 296). Aufgrund dieser Abläufe drängt sich der Schluss auf, dass es seinerzeit im Rahmen der Beschlussfassung durch
den Aufsichtsrat insbesondere darum ging, die Mehrkosten einer Veräußerung der SVZ möglichst niedrig darzustellen und damit die Insolvenz abzuwenden.
T 303:
Der Rechnungshof hat ferner beanstandet, dass den Aufsichtsratsmitgliedern die Vorlagen zu der Gremiumssitzung ungeachtet der Tragweite der zu treffenden Entscheidung erst am späten Nachmittag des Tages vor der
Zusammenkunft zugegangen sind, obwohl diese rechtzeitig beim Vorstandsvorsitzenden der BWB angefordert
und auch angemahnt worden waren. Eine intensive Auswertung der Beschlussvorlagen zur Vorbereitung der
Gremiumssitzung war weder für die Senatsverwaltung noch für die Aufsichtsratsmitglieder möglich. Die BWB
haben darauf verwiesen, dass der Aufsichtsrat durch diverse vorausgehende Sitzungen über den jeweils aktuellen Stand zum Thema SVZ informiert gewesen sei und das Konzept des Kaufvertrags erst wenige Tage vor der
Aufsichtsratssitzung festgestanden habe. Damit bestätigen die BWB, dass der Aufsichtsrat mit nur unzureichendem zeitlichen Vorlauf über die Veräußerung der SVZ entschieden hat.
T 304:
Auch vor dem Hintergrund der insgesamt für die SVZ eingesetzten und verlorenen Finanzmittel von 587 Mio. €
beanstandet der Rechnungshof zusammengefasst, dass die BWB mit der Veräußerung der SVZ wiederum eine
für die Anstalt und mittelbar das Land Berlin finanziell nachteilige Entscheidung getroffen haben, die im Vergleich zu einer Insolvenz Mehrkosten von mindestens 11,8 Mio. € verursacht hat, die sich bis auf 39,4 Mio. €
erhöhen können. Er sieht das langjährige Engagement der BWB bei der SVZ außerhalb ihres Kerngeschäfts als
exemplarisch für eine verfehlte Beteiligungspolitik an.
Der Rechnungshof erwartet, dass die BWB vor künftigen Entscheidungen insbesondere die wirtschaftlichen
Prämissen sorgfältiger prüfen und das Beteiligungscontrolling sowie Risikomanagement verbessern. Dabei
müssen die wirtschaftlichen Interessen Berlins und seiner Gebührenzahler im Vordergrund stehen.
zu T 300 bis 304:
Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen war über die Finanz- und Ergebnissituation über seinen AR-Vorsitzenden der BWB in die Problematik SVZ einbezogen. Eine
Veräußerung wäre nicht möglich gewesen ohne vollständige Entschuldung des SVZ und
Zuführung weiterer Finanzmittel zur Sicherung der Geschäftsfortführung bis Anfang 2004.
Es trifft zu, dass der AR der BWB über das Konzept des Kaufvertrages kurzfristig informiert
wurde. Der Senat räumt ein, dass bestimmte Haftungsrisiken erst kurzfristig in der ARSitzung am 29.06.2002 dargestellt wurden.
Allerdings erfolgte die Information des AR zum aktuellen Stand des SVZ auch in den jeweiligen vorausgehenden AR-Sitzungen. Die Veräußerung stand unter großem Zeitdruck, da
jede Verzögerung über den 30.06.2002 hinaus die Zuführung weiterer Mittel erforderlich
154
gemacht hätte. Auch wenn der Verkauf ohne weitere Mittelzuführung nur unter großem
Zeitdruck möglich gewesen ist, hätten der Vorstand und der Aufsichtsrat beim Einleiten
einer Insolvenz ohne abschließende Prüfung eines möglichen Verkaufes und damit der
Gegenüberstellung der Kosten gegen seine ihm obliegenden Rechte und Pflichten verstoßen.
Es ist allerdings nicht zu verkennen, dass die BWB Konsequenzen aus den teilweise vor
der Teilprivatisierung entstandenen Entscheidungen gezogen und Strategien für künftige
Entscheidungen getroffen haben.
3.
D e u t l i c h ü b e r h ö h t e s G e h a l t s n i ve a u b e i F ü h r u n g s k r ä f t e n d e r B e r l i n e r V e r k e h r s betriebe
Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) zahlen seit Jahren Führungskräften sowie sonstigen Mitarbe itern außertarifliche und überhöhte Vergütungen. Obwohl die Beschäftigtenzahl innerhalb von neun
Jahren um etwa 44 v. H. zurückgegangen ist, hat sich die Anzahl dieser als AT -Angestellte bezeichneten Mitarbeiter mehr als verzehnfacht. Das Betriebsergebnis der BVG wird hierdurch zusätzlich mit mehreren Millionen Euro jährlich belastet. Der Betrieb ist aufgefordert, die überhöhten
Leistungen unverzüglich auf ein vertretbares Maß zurückzuführen s owie bei allen Maßnahmen zur
Verringerung der Personalaufwendungen die AT -Angestellten in vollem Umfang einzubeziehen und
auch bei diesem Personenkreis den Personalabbau voranzutreiben. Der Rechnungshof erwartet
darüber hinaus, dass der Senat Leitlinien fü r die Gehaltsstruktur bei Führungskräften der seiner
Aufsicht unterstehenden Anstalten nach dem Berliner Betriebegesetz entwickelt und auf deren stri kte Einhaltung achtet.
Der Vorstand der BVG hat sich bereits detailliert zu den Prüfergebnissen des Rechnungshofes gegenüber Rechnungshof, den zuständigen Senatsverwaltungen, Senatskanzlei und
Abgeordnetenhaus geäußert und steht in weiterer Korrespondenz mit dem Rechnungshof.
Zum Jahresbericht 2004 des Rechnungshofs hat der BVG-Vorstand gegenüber dem Senat
aktuell folgende Stellungnahme abgegeben:
T 305:
Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) beschäftigen seit Jahren in erheblicher Zahl dem Vorstand nachgeordnete
Führungs- sowie sonstige Dienstkräfte, die als sog. AT-Angestellte aufgrund von Sondervereinbarungen
(Dienstverträgen) „außertariflich“ Vergütungen erhalten. Der Rechnungshof hat die Vertragsgestaltung und
Bezahlung der AT-Angestellten geprüft und dabei eine erhebliche Ausweitung dieses Personenkreises und ein
deutlich überhöhtes Gehaltsniveau festgestellt. Zum Stichtag 31. Dezember 2003 hatte der Betrieb Dienstverträge mit 83 AT-Angestellten geschlossen, und zwar mit

8 Mitarbeitern der 2. Führungsebene (Direktoren),

38 von 48 Mitarbeitern der 3. Führungsebene (stellvertretende Direktoren zugleich Abteilungsleiter, Abteilungsleiter, Betriebshofmanager) und

37 sonstigen Mitarbeitern, die weder der 2. noch der 3. Führungsebene angehören („Beauftragter“, „Bevollmächtigter“, „Koordinator“, „Hauptsachbearbeiter“ im Bereich der „IuK“ u. a.).
Die Dienstverträge mit den AT-Angestellten sind im Regelfall auf unbestimmte Zeit geschlossen worden.
zu T 305:
„Die Darstellung entspricht der aktuellen Struktur des Gehaltsgefüges für die ATBeschäftigten im Unternehmen BVG. Sie basiert auf den Daten zum Stichtag 01.04.2004,
die die BVG ihren Stellungnahmen an den Rechnungshof von Berlin und die Senatverwaltungen zugrunde gelegt hat.
T 306:
Die Zahl der AT-Angestellten hat sich bei den BVG von 1994 bis 2003 (Stand jeweils am Jahresende) mehr als
verzehnfacht, während die Gesamtzahl der Mitarbeiter von 22 965 auf 12 878 zurückgegangen ist.
155
Auch im Vergleich zu den anderen Anstalten nach dem Berliner Betriebegesetz (BerlBG), den Berliner Wasserbetrieben (BWB) und den Berliner Stadtreinigungsbetrieben (BSR), nehmen die BVG mit den bei ihr beschäftigten AT-Angestellten eine Spitzenposition ein. Besonders auffällig ist, dass Mitarbeiter unterhalb der
2. Führungsebene vornehmlich bei den BVG als AT-Angestellte beschäftigt werden.
Ansicht 45:
AT-Angestellte im Bereich der BVG, BWB und BSR
BVG1)
BWB2)
BSR2)
2. Führungsebene
8
13
10
3. Führungsebene
38
2
5
Sonstige
37
—
1
Gesamt
83
15
16
1)
Stand: 31. Dezember 2003
2)
Stand: 31. Dezember 2002
zu T 306:
Der Vergleich mit anderen Anstalten des öffentlichen Rechts muss aus Sicht des Vorstands
relativiert werden. Nur wenn die Strukturen im einzelnen vergleichbar gemacht werden,
lassen sich Unterschiede nachvollziehen. Komplexität, Aufbauorganisation und Größe der
Anstalten sind nach unseren Erkenntnissen sehr unterschiedlich. Daher sind sachgerechte
Abweichungen erklärbar und der Individualität des jeweiligen Anstaltszwecks geschuldet.
Zu der tabellarischen Gegenüberstellung der AT-Angestellten im Bereich der BVG, BWB
und BSR ist im Übrigen die Anzahl der Beschäftigten in den jeweiligen Anstalten für eine
sachgerechte Gewichtung unerlässlich und kann nur mit der jeweiligen Anzahl an Führungskräften der entsprechenden Ebenen verglichen werden.
Auf Basis eines vom Vorstand umgesetzten Organisationskonzeptes vom 23.06.1993
(Bossard Consultants GmbH) wurden seit Sommer 1993 schrittweise drei Führungsebenen
(Hauptabteilungsleiter, Direktionsabteilungsleiter und Fachabteilungsleiter) gestrichen und
die Anzahl der Führungsfunktionen in der 2. und 3. Ebene von 171 reduziert auf 56 (Planziel: bis zu 66 Positionen). Somit ist der damals beschlossene Personalrahmen deutlich
unterschritten.
T 307:
Gemessen am Aufgabeninhalt, aber auch an der Bewertung vergleichbarer Funktionen in anderen Bereichen
(unmittelbare Landesverwaltung, übrige Anstalten nach dem BerlBG) ist die jeweils vereinbarte Vergütung
- auch unter Anlegen großzügiger Maßstäbe - deutlich überhöht. Beschreibungen der Aufgabenkreise und auf
dieser Grundlage getroffene Bewertungsentscheidungen konnten die BVG nur in wenigen Fällen vorlegen. Für
Mitarbeiter der 2. Führungsebene, die Funktionen von leitenden Angestellten wahrnehmen, erscheinen Aufgabenkreisbeschreibungen zwar verzichtbar. In den übrigen Fällen sind aber entsprechende Unterlagen unerlässlich. Erst auf dieser Grundlage ist überhaupt eine Entscheidung möglich, ob Tätigkeiten anfallen, die nach ihrem
Schwierigkeitsgrad die in der höchsten Vergütungsgruppe (VGr. I BAT) beschriebenen Anforderungen deutlich
übersteigen. Dies dürfte für Mitarbeiter der BVG unterhalb der 2. und der 3. Führungsebene jedoch grundsätzlich nicht der Fall sein.
zu 307:
Bei der BVG, die im Sinn der 1994 eingerichteten Anstalt öffentlichen Rechts zu einer wettbewerbsfähigen Unternehmung in einem sich schrittweise deregulierenden Markt verändert
werden soll, ist daher auch die Vergütung an marktwirtschaftlichen und branchenüblichen
Maßstäben zu messen. Unseres Erachtens ergeben sich Unterschiede gegenüber der
Verwaltung mindestens bei Aspekten der Stellenbewertung, der Relevanz der Kenntnisse
und Fähigkeiten, der Altersversorgung und der Haftung. Hinzu kommt, dass die BVG durch
AT-Einstellungen unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten erhebliche externe Aufwendungen eingespart hat. Diese Betrachtung blieb durch den Rechnungshof unberücksichtigt.
156
Zu den eingeleiteten Veränderungsmaßnahmen des Vorstandes gehört unter anderem eine
weitere Reduzierung der Anzahl der Führungskräfte im Zuge der zukünftigen „Zielorganisation 9.500“ Vollbeschäftigte in der BVG-Gruppe. Dieser Prozess geht einher mit der Schaffung von weniger starren Aufbauorganisationsformen z. B. durch die Bildung von
Teamstrukturen einhergehend mit einer Erweiterung von Führungsspannen. In diesem Zusammenhang sind zwangsläufig auch die aktuellen Bewertungsgrundlagen zu überprüfen
und anzupassen.
Die laufenden Veränderungsmaßnahmen im Unternehmen basieren auf einer kontinuierlichen Überprüfung bzw. Anpassung der Strukturen und externen sowie internen Vergleichsgrößen für einen im Umbruch befindlichen öffentlich-rechtlichen Betrieb.
T 308:
In den Dienstverträgen ist jeweils eine jährliche Festvergütung vereinbart, die in zwölf gleichen Monatsbeträgen gezahlt und mit der die gesamte für die BVG geleistete Tätigkeit (einschließlich Mehrarbeit) abgegolten
wird. Darüber hinaus erhält die Mehrzahl der AT-Angestellten eine variable, erfolgsabhängige Jahressonderzahlung, die der Vorstand auf der Grundlage von Zielvorgaben jeweils nach Vorliegen des Jahresabschlusses
„nach freiem Ermessen“ festsetzt. In der Praxis ist die vom Vorstand nach Vorliegen des Jahresabschlusses
festgesetzte Bonuszahlung bisher in den meisten Fällen immer in voller Höhe ausgezahlt worden. Der Rechnungshof sieht daher „Festgehalt“ und „Variable“ in einem Gesamtzusammenhang. Hinzutretende geldwerte
Vorteile hat der Rechnungshof hier nicht berücksichtigt.
zu T 308:
Bezüglich der Aufforderung sicherzustellen, dass die variablen Gehaltsbestandteile ohnehin
ausschließlich nach einem nachvollziehbaren Grad der Zielerreichung gewährt werden,
kann ergänzend darauf verwiesen werden, dass das System der Zielvereinbarungen zur
Zeit weiter ausgestaltet, d. h. noch dezidierter vereinbart wird. Auf Basis der strategischen
Neuausrichtung des Unternehmens wird die bestehende Regelung durch das Instrument
der Balanced Scorecard als weiterer Gradmesser der individuellen Zielerreichung einbezogen, um so eine erfolgsabhängige Bewertung in einzelnen Modulen gezielt zu konkretisieren.
T 309:
Mit Angestellten der 2. Führungsebene hat der Vorstand bereits im Jahr 1995 Sonderverträge geschlossen.
Die Bezüge der damaligen „Unternehmens- und Zentralbereichsleiter“ wurden seinerzeit noch nach der Endstufe der höchsten Vergütungsgruppe des BAT (VGr. I) zuzüglich eines monatlichen Erhöhungsbetrags von
1 278 € bemessen. Im Jahr 1997 sind diese Zahlungen in feste Jahresvergütungen, zahlbar in zwölf Monatsbeträgen, umgewandelt worden. Zusätzlich zur Jahresvergütung wird seither auf der Grundlage von Zielvereinbarungen eine variable, erfolgsabhängige Sonderzahlung (Bonuszahlung) gewährt.
Die Angestellten der 2. Führungsebene sind unmittelbar dem Vorstand der BVG unterstellt. Sie nehmen die
Tätigkeit von leitenden Angestellten wahr; u. a. ist ihnen die Befugnis übertragen, Arbeitnehmer ihres Geschäftsbereiches selbstständig einzustellen und Kündigungen auszusprechen. Damit ist die Regelung der Vertragsbeziehungen durch Dienstvertrag unter Vereinbarung eines erfolgsabhängigen Bezügebestandteils zwar
grundsätzlich vertretbar. Die inzwischen von den BVG geleisteten Zahlungen sprengen aber den Rahmen dessen, was noch als angemessen angesehen werden kann. Die Vergütungen liegen auch deutlich über den Bezügen, die Mitarbeiter der 2. Führungsebene der anderen Anstalten nach dem BerlBG erhalten.
zu T 309:
Die Struktur der Führungskräfte der BVG und ihre Vergütung ist im Rahmen der neu zu
gestaltenden Leitlinien für das Gehaltsgefüge der Führungskräfte der dem BerlBG unterfallenden Anstalten künftig weiter zu entwickeln und kontinuierlich anzupassen.
Eine entsprechende Informationsvorlage wurde dem Aufsichtsrat in seiner letzten Sitzung
zur Kenntnis gebracht.
T 310:
Im Jahr 1999 hatte der Vorstand beschlossen, auch Mitarbeiter der 3. Führungsebene wie AT-Angestellte zu
behandeln und mit ihnen Dienstverträge zu schließen, die die Zahlung einer Festvergütung und teilweise einer
157
jährlichen erfolgsabhängigen Sonderzahlung vorsehen. Zuvor waren diese Mitarbeiter - von wenigen Ausnahmefällen abgesehen - der höchsten Vergütungsgruppe (VGr. I BAT) zugeordnet. Am Stichtag
31. Dezember 2003 zählten 48 Mitarbeiter zur 3. Führungsebene. Lediglich auf 10 Mitarbeiter fand noch der
BAT Anwendung.
Mit 38 Mitarbeitern haben die BVG einzelvertraglich die Zahlung einer Festvergütung und teilweise einer jährlichen erfolgsabhängigen Sonderzahlung vereinbart. Dabei wurde versäumt, für diese Maßnahme die nach der
Betriebssatzung erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrats einzuholen. Der Vorstand hat die ihm rechtlich
zustehenden Befugnisse nicht nur klar überschritten, sondern immer dann, wenn das Aufgabengebiet die Eingruppierung des Mitarbeiters im Rahmen der Vergütungsordnung erfordert hätte, sich über das die BVG bindende Tarifrecht hinweggesetzt.
Die Umstellung auf AT-Vergütung hat für die Mitarbeiter der 3. Führungsebene bereits 1999 zu Gehaltssteigerungen von bis zu 30 v. H. geführt. Die Vergütung wurde zum 1. Januar 2001 - wie bei den Mitarbeitern der
2. Führungsebene - nochmals um 4 v. H. gehoben; in Einzelfällen hat der Vorstand aber noch deutlich höhere
Vergütungssteigerungen beschlossen, ohne dass die Gründe hierfür im Einzelnen aktenkundig waren. Nach
alldem sind auch die Bezüge der Angestellten der 3. Führungsebene, soweit sie als AT-Mitarbeiter behandelt
werden, als deutlich überhöht anzusehen.
zu T 310:
Ergänzend zu den Erläuterungen in den vorangegangenen Stellungnahmen der BVG zur
Frage der Zustimmungspflichtigkeit von Maßnahmen nach der geltenden Anstaltssatzung
ist darauf hinzuweisen, dass die entsprechende Satzungsbestimmung so auszulegen ist,
dass Sonderverträge mit Arbeitnehmern nur Verträge sind, die über den Arbeitsvertrag hinaus abgeschlossen werden, wie z. B. Darlehens- oder Beraterverträge. Im übrigen wurde
dem Aufsichtsrat eine Tischvorlage zur Struktur der Führungskräfte der BVG und deren
Vergütung für die Sitzungen am 21.06.2004 sowie 28.06.2004 zur Information vorgelegt.
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass aus der Entstehungsgeschichte des Berliner
Betriebegesetzes hervorgeht, dass den Anstalten die volle Bandbreite der wirtschaftlichen
Betätigungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden sollte, und zwar insbesondere im
Hinblick auf den künftig einsetzenden Wettbewerb, der in Folge der Schaffung des EGBinnenmarktes auch den klassischen Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge erfasst.
T 311:
Darüber hinaus haben die BVG noch mit 37 sonstigen Mitarbeitern, die weder der 2. noch der
3. Führungsebene angehören, Dienstverträge geschlossen und die Zahlung einer außertariflichen Vergütung
vereinbart, ohne dass deutlich wird, welche Aufgaben von ihnen im Einzelnen wahrzunehmen sind. Auch hierfür
lag eine vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats nicht vor.
Der Rechnungshof hat in allen Fällen erhebliche Zweifel an der Notwendigkeit, mit diesen Mitarbeitern eine
außertarifliche Vergütung zu vereinbaren. Gründe, die gegen eine Zuordnung zu den einschlägigen Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung zum BAT sprechen, sind nicht erkennbar. Ein Vergleich mit den anderen
Anstalten nach dem BerlBG erhärtet diese Feststellung. Von einem Einzelfall abgesehen, werden dort nämlich
an Mitarbeiter unterhalb der 2. und 3. Führungsebene keine Vergütungen gezahlt, die über die höchste Vergütungsgruppe nach dem BAT hinausgehen.
zu T 311:
Im Juli 2001 entschied der Vorstand, die ständig wachsende Höhe von Systemberatungsaufwendungen durch die gezielte Rekrutierung von qualifizierten EDV-Experten umzukehren und in der Planung 2002 zu verankern. Bis September 2002 wurden Fachkräfte mit ATVerträgen zu marktüblichen Konditionen – außerhalb der 3. Führungsebene – eingestellt.
In den Jahren 2001 und 2002 wurden zahlreiche lang laufende Restrukturierungsprojekte
begonnen, die im Wesentlichen durch Unternehmensberater gesteuert wurden. Damit waren hohe Kosten verbunden.
Der jetzt amtierende Vorstandsvorsitzende veranlasste Anfang 2003 den Aufbau eines
Zentralbereiches Planung und Controlling – unter anderem um die Projektsteuerung und
-verzahnung mit dem Controlling und Rechnungswesen im eigenen Unternehmen durchführen zu können. Unter anderem durch den gezielten Einsatz von AT-Mitarbeitern konnte
das jährliche Beratungsvolumen von 16,4 auf 8,6 Mio. € in 2003 vermindert werden. Zu-
158
sätzlich konnte auf diesem Wege die Personalstruktur des Unternehmens und das unternehmensinterne Know how trotz bestehender Einstellungsbeschränkungen aufgabenadäquat weiter entwickelt werden.
Der räumliche Wirkungskreis des Unternehmens wurde auf das Gebiet Berlin/Brandenburg
sowie auf mit der BVG verbundene Wirtschaftsunternehmen erweitert. Weiterhin wurde
auch in diesen Fällen in den ergänzenden arbeitsvertraglichen Regelungen eine Abgeltung
jedweder Mehrleistungen auch an Wochenenden und Feiertagen vereinbart. Diese sind
nunmehr mit dem Grundgehalt abgedeckt. Basis für die Gehaltsfindung war unter anderem
auch die Abgeltung eines pauschalen Überstundenanteils.
Bei Neu- bzw. Nachfolgebesetzungen findet regelmäßig eine Überprüfung hinsichtlich der
zwingenden Erforderlichkeit zur Besetzung der Stelle mit einem AT-Angestellten statt.
In diesem Zusammenhang wird auch die aufgabenorientierte Vergütungsstruktur überprüft
und in jedem Fall neu festgelegt.
T 312:
Die Gesamtvergütung muss in einem angemessenen Verhältnis zu den wahrzunehmenden Aufgaben stehen.
Hiervon kann nach den Prüfungserkenntnissen des Rechnungshofs nicht die Rede sein. Zudem haben die
Bezüge der AT-Angestellten bei den BVG durchweg eine Größenordnung erreicht, die sich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, aber auch angesichts der finanziellen Situation der Anstalt nicht mehr rechtfertigen lässt.
Verglichen mit den Bezügen der leitenden Beamten und Amtsträger des Landes Berlin stellt sich die Situation
wie folgt dar:

Die Jahresvergütungen der Angestellten der 2. Führungsebene (8 Direktoren der BVG) übersteigen in allen Fällen deutlich die Bezüge der höchsten BesGr. B 11. Sie liegen bis zu 53 v. H. über den Amtsbezügen der Senatoren und bis zu 29 v. H. über den Amtsbezügen des Regierenden Bürgermeisters.

Soweit Mitarbeiter der 3. Führungsebene als AT-Angestellte beschäftigt werden (zurzeit 38 Mitarbeiter),
liegen die jährlichen Vergütungen regelmäßig zwischen den Dienstbezügen der BesGr. B 6 und B 7 (Bezirksbürgermeister, Staatssekretäre). Die Vergütungen der Mitarbeiter, die gleichzeitig die Funktion eines
stellvertretenden Direktors der BVG wahrnehmen, entsprechen nahezu der Besoldung eines Beamten
der BesGr. B 9 und liegen damit z. B. über den Einkünften der Präsidenten der Berliner Universitäten. In
einigen Fällen hat der Rechnungshof sogar noch höhere Vergütungen festgestellt.

Die als AT-Angestellte beschäftigten Mitarbeiter unterhalb der 3. Führungsebene (37 Mitarbeiter) erhalten überwiegend Jahresvergütungen, die der Höhe nach mit Bezügen von Beamten in BesGrn. B 2 (Senatsrat) bis B 5 (Senatsdirigent) vergleichbar sind. Ein Mitarbeiter dieser Kategorie erhält sogar Bezüge
vergleichbar der BesGr. B 9. Nur in einigen Fällen bewegen sich deren Jahresbezüge knapp unterhalb
der Vergütung, die einem Angestellten in VGr. I BAT zustehen würde.
zu T 312:
Nach unserer Auffassung ist die Besoldung im öffentlichen Dienst, die selbst bundesweit
als reformbedürftig angesehen wird und sich traditionell an der Erfüllung klassischer hoheitlicher Aufgaben orientiert, nicht als alleiniger Besoldungsmaßstab für ein Wirtschaftsunternehmen auf dem Weg zur Wettbewerbsfähigkeit geeignet.
Auf die Ausführungen zu T 306 wird verwiesen.
T 313:
Aufgrund des mit dem Land Berlin geschlossenen Unternehmensvertrages erhält der Betrieb jährlich nach wie
vor bis zu 420,3 Mio. € aus dem Landeshaushalt (vgl. T 317). Vor diesem Hintergrund muss erwartet werden,
dass die BVG mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln äußerst sparsam umgehen. Wenn aufgrund der
Haushaltslage alle Beschäftigten und Amtsträger im unmittelbaren Landesdienst Einschnitte ihrer Bezüge hinnehmen müssen und entsprechende Bestrebungen auch auf den Tarifbereich der BVG ausstrahlen, können die
Führungskräfte der BVG nicht ausgenommen werden.
Soweit Dienstverträge geschlossen wurden, die jeglicher Grundlage entbehren, werden diese unverzüglich
durch Arbeitsverträge zu ersetzen sein, deren Vergütung sich an der tarifgemäßen Bewertung zu orientieren
hat. In den Fällen, in denen zwingende sachliche Gründe die Regelung der Rechtsbeziehungen durch Dienstvertrag erfordern, hat der Rechnungshof die BVG aufgefordert, unverzüglich Nachverhandlungen zur Absenkung der Bezüge zu führen. Sollte eine Vertragsanpassung nicht sofort realisierbar sein, wird sich dies erst
159
recht auf den Bonusrahmen auswirken müssen. Unabhängig davon sollten die vom Vorstand nach freiem Ermessen festgesetzten Bonuszahlungen überprüft werden. Ferner wird zu beachten sein, dass AT-Angestellte
der BVG nicht von den tariflichen Regelungen zur Beschäftigungssicherung erfasst werden.
Bei Freiwerden und ggf. nach aufgabenkritischer Prüfung zwingend erforderlicher Neubesetzung von Stellen
werden sich die BVG aufgrund sachgerechter Bewertung des Aufgabengebietes vor Abschluss eines Dienstvertrages an einem sachlich und finanziell vertretbaren Vergütungsrahmen zu orientieren haben.
zu T 313:
Zu den eingeleiteten Veränderungsmaßnahmen des Vorstandes gehört auch eine weitere
Reduzierung der Anzahl der Führungskräfte im Zuge der zukünftigen „Zielorganisation
9.800/10.000“ Vollbeschäftigte in der BVG-Gruppe.
Dieser Prozess geht einher mit der Schaffung von weniger starren Aufbauorganisationsformen, z. B. durch die Bildung von Teamstrukturen einhergehend mit einer Erweiterung
von Führungsspannen.
Im einzelnen wurde bereits jetzt mit 8 AT-Führungskräften die reguläre oder vorgezogene
Pensionierung verabredet. Nachfolgebesetzungen finden - wo immer möglich - zu für die
BVG noch günstigeren Konditionen statt bzw. unter Anwendung des Tarifrahmens.
Weitere 15 konkrete, personenbezogene Maßnahmen für 12 Beschäftigte sind eingeleitet
bzw. in der Umsetzung. Dies und die vereinbarten Pensionierungen entsprechen einer
Quote von 28 v. H. der vom Rechnungshof untersuchten Mitarbeitergruppe mit 83 ATVerträgen. Des Weiteren wurden in den Fällen, in denen eine Neuregelung der Rechtsbeziehung durch Dienst- bzw. Arbeitsverträge erforderlich erscheint, bereits jetzt Nachverhandlungen mit den Beschäftigten mit dem Ziel der Absenkung der Bezüge bzw. der Änderung von Vertragsbestandteilen durchgeführt.
Die geltenden individual- bzw. kollektivrechtlichen Rahmenbedingungen sind dabei zwingend zu beachten.
Die Regelungen zu den Bonuszahlungen der jeweiligen Mitarbeiter wurden bereits durch
Kennziffern in den individuellen Zielvereinbarungen weiter konkretisiert. Diese Kennziffern
werden jährlich überprüft, aktuell angepasst und individuell festgelegt. In einem Zielwerterreichungsgespräch nach Jahresabschluss wird der Erfüllungsgrad ausgewertet.
T 314:
Das Betriebsergebnis der BVG, die Jahr für Jahr mit einem hohen Fehlbetrag abschließen, wird durch die erhebliche Ausweitung der AT-Angestellten und deren, gemessen an der Einkommensentwicklung im unmittelbaren Landesdienst, deutlich überhöhten Gehälter jährlich mit mehreren Millionen Euro unnötig belastet. Der
Rechnungshof erwartet, dass die BVG die gewährten Leistungen auf ein vertretbares Maß zurückführen und
auch bei diesem Personenkreis den Personalabbau vorantreiben. Im Rahmen der aktuellen Sanierungsbemühungen stellen die BVG derzeit weiter gehende Überlegungen zur Verringerung der Personalaufwendungen an.
Der Rechnungshof hat die BVG aufgefordert, ihre AT-Angestellten hierbei in vollem Umfang einzubeziehen.
Aufgabe des Senats wird es sein, in vorstehendem Sinne nachhaltig auf die BVG einzuwirken. Er ist aufgefordert, Leitlinien für die Gehaltsstruktur bei Führungskräften der seiner Aufsicht unterstehenden Anstalten
nach dem BerlBG zu entwickeln und auf deren strikte Einhaltung zu achten.
zu T 314:
Die Verknüpfung des Betriebsergebnisses der BVG mit der Einkommensentwicklung der
Mitarbeiter stellt lediglich eine pauschale Annahme dar. Die daraus resultierenden Schlussfolgerungen sind daher nicht zu verifizieren. Die Ergebnisse der Prüfungen des Rechnungshofs wurden bereits aufgenommen.
Im Einzelnen ist mit 8 AT-Führungskräften die reguläre oder vorgezogene Pensionierung
verabredet worden. Nachfolgebesetzungen finden - wo immer möglich - zu für die BVG
günstigeren Konditionen statt bzw. unter Anwendung des Tarifrahmens.
160
Die Leitlinien werden zurzeit durch den Senat erarbeitet und in den Geschäftsgang gegeben. Die BVG hat ihrerseits dem Aufsichtsrat eine Vergütungsstruktur zur Information vorgelegt und Leitlinien erarbeitet, die im Rahmen der Entwicklung der Senatsleitlinien auch
dort eingeflossen sind.
T 315:
Auf die Kritik des Rechnungshofs haben die BVG eingewandt, die Bezahlung der AT-Angestellten bewege sich
„im Rahmen des relevanten Marktumfeldes.“ Das Management solle weiter gestrafft und verschlankt werden,
um den Personalaufwand zu reduzieren. Auch die Führungskräfte würden in die Überlegungen zur Personalkostensenkung und zum weiteren Personalabbau einbezogen. Mindestens eine pauschale Absenkung der
Bezüge in Anlehnung an das Ergebnis der laufenden Verhandlungen für den Spartentarifvertrag Nahverkehr sei
geplant. Weitere personenbezogene Maßnahmen seien bereits eingeleitet oder zumindest beabsichtigt. Neubesetzungen freigewordener Führungspositionen würden künftig zu für die BVG günstigeren Vertragsbedingungen
vorgenommen.
Die Ankündigungen lassen eine gewisse Bereitschaft der BVG erkennen, die deutlich überhöhte Bezahlung
ihrer Führungskräfte zu reduzieren. Dabei muss die Gehaltsstruktur den hohen Betriebsverlusten und dem
daraus resultierenden erheblichen Zuschussbedarf aus dem Landeshaushalt Rechnung tragen. Die von den
BVG angekündigten Maßnahmen können nur einen ersten Schritt darstellen.
zu T 315:
Es ist zutreffend, dass es sich hierbei um einen ersten Schritt zur Neugestaltung von
Dienstverträgen, Bezügen sowie einer aufgabenkritischen Betrachtung der derzeitigen Organisationsstruktur handelt, der konsequent weiter verfolgt wird.
Im Rahmen der bereits eingeleiteten und zukünftig noch anstehenden Maßnahmen zur
Verringerung des Personalaufwandes bei der BVG werden auch die Führungskräfte einbezogen, so dass auch AT-Angestellte bei dem notwendigen Personalabbau berücksichtigt
werden. Hierbei ist jedoch zwingend die Beibehaltung einer wettbewerbsfähigen Struktur
sowie die Bindung von Leistungsträgern als ureigenstes Interesse des Unternehmens BVG
zu berücksichtigen.
T 316:
Der Rechnungshof erwartet, dass die BVG

in allen Fällen, in denen zwingende sachliche Gründe die Regelung der Rechtsbeziehungen durch
Dienstvertrag erfordern, unverzüglich Nachverhandlungen mit dem Ziel der Absenkung der Bezüge führen,

in den Fällen, in denen der Abschluss von Dienstverträgen von Anfang an nicht gerechtfertigt war, die
bestehenden Verträge umgehend durch Arbeitsverträge ersetzen und sich bei der Vergütung an sachgerechten Aufgabenkreisbewertungen ausrichten,

sich bei Freiwerden und ggf. nach aufgabenkritischer Betrachtung zwingend erforderlicher Neubesetzung von Stellen durch AT-Angestellte an einem sachlich und finanziell vertretbaren Vergütungsrahmen
orientieren und

bei allen anstehenden Maßnahmen zur Verringerung der Personalaufwendungen die AT-Angestellten in
vollem Umfang einbeziehen und auch bei diesem Personenkreis den Personalabbau vorantreiben.
Der Senat ist aufgefordert,

Leitlinien für die Gehaltsstruktur bei Führungskräften der seiner Aufsicht unterstehenden Anstalten nach
dem BerlBG zu entwickeln und auf deren strikte Einhaltung zu achten sowie

nachhaltig auf die BVG einzuwirken, die überhöhten Leistungen unverzüglich auf ein vertretbares Maß
zurückzuführen und weiteren Fehlentwicklungen entgegenzuwirken.
zu T 316:
Die geplanten bzw. eingeleiteten Maßnahmen zum Personalumbau innerhalb der BVG auf
dem Weg zu einem wettbewerbsfähigen Verkehrsdienstleiter im ÖPNV-Markt wurden dem
Rechnungshof sowie den Senatsverwaltungen bereits vorgestellt. Dieser Prozess hin zu
161
einer wettbewerbsbezogenen, leistungsorientierten Personalzielstruktur mit einem flexiblen
und erfolgsorientierten Gehaltsgefüge benötigt einen angemessenen Zeitraum zur Umsetzung.
Hier muss das Gebot der Fürsorgepflicht auch für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen unseres Unternehmens mit außertariflichen Anstellungsverhältnissen Anwendung finden.“
Der Senat nimmt hierzu wie folgt Stellung:
Von der BVG wurden seit Mitte 2003 folgende Maßnahmen eingeleitet oder umgesetzt bzw.
sind geplant:
– Mit acht außertariflichen Führungskräften ist bereits die reguläre bzw. vorgezogene Pensionierung verabredet worden. Für weitere 12 außertariflich Beschäftigte sind konkrete
Maßnahmen zur Aufwandsreduzierung eingeleitet bzw. geplant. Hierzu die nachfolgende
tabellarische Aufstellung:
Bereich/
Maßnahme
Pensionierung erfolgt
Pensionierung vorgesehen
Rückgruppierung
Reduzierung Variable Vergütung
Sonstiges
Summe
Maßnahmen
Anzahl
2. Ebene
2
2
1
Anzahl
3. Ebene
1
3
5
-
Anzahl
Sonstige
2
4
1
2
Summe
5
9
9
23
Anzahl AT-MA mit Maßnahmen
Anzahl AT MA mit
unveränderten Bezügen
Summe AT-Mitarbeiter
4
7
9
20
4
32
27
63
8
39
36
83
1
7
4
8
3
– In weiteren geeigneten Fällen werden Nachverhandlungen mit dem Ziel einer Absenkung der Bezüge geführt. Schrittweise korrigiert werden damit speziell die im IT-Bereich
abgeschlossenen Verträge, welche über die im BAT/TV-Datenverarbeitung vorgesehene
Bewertung hinausgehen.
– Die nach aufgabenkritischer Betrachtung zwingenden Nachbesetzungen sollen entsprechend der vom Rechnungshof empfohlenen Verfahrensweise zu für die BVG günstigeren Konditionen und gegebenenfalls im Tarifrahmen erfolgen.
– Im Übrigen ist in Anlehnung an den in Verhandlung befindlichen Tarifvertrag Nahverkehr
in Berlin eine mindestens proportionale Absenkung der außertariflichen Bezüge und im
Zuge der zukünftigen Zielorganisation mit 9.500 Beschäftigten eine weitere Reduzierung
der Anzahl der Führungskräfte geplant.
Personalmaßnahmen bei Führungskräften
Der BVG-Vorstand hat den Aufsichtsrat in seiner außerordentlichen Sitzung am 28.06.2004
über die Stellen und die Vergütung der Führungskräfte bzw. der außertariflichen Angestellten informiert. Insbesondere hat er den Aufsichtsrat über die aktuelle und zukünftige Entwicklung der Anzahl der Führungskräfte, das Vergütungssystem der Führungskräfte sowie
die grundsätzliche Vergütungsstruktur unterrichtet.
Ferner wird der Vorstand der BVG eine neue Dienstwagenregelung, welche sowohl eine
Neustrukturierung im Kreis der Dienstwagenberechtigten als auch eine Neustrukturierung
bezüglich der Klasse der zur Verfügung gestellten Dienstwagen beinhaltet, erarbeiten. Im
Nachgang dazu wird sich der Aufsichtsrat vom Vorstand der BVG regelmäßig über die
durchgeführten und geplanten Personalmaßnahmen im Zusammenhang mit der Leitlinie
162
der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen für die Gehaltsstruktur bei den Anstalten unterrichten lassen.
Gewährung von Sonderzahlungen
Der Aufsichtsrat wird sich regelmäßig darüber berichten lassen, inwieweit variable erfolgsabhängige Jahressonderzahlungen nur differenziert, nach Maßgabe der jeweils individuellen Zielerfüllung gewährt werden.
Leitlinien für die Vergütungsstruktur von Führungskräften der Anstalten des öffentlichen
Rechts nach BerlBG
Der Vorstand der BVG vertritt die Auffassung, dass er nach § 14 Abs. 8 BerlBG die alleinige Personalkompetenz habe. Ausweislich der Begründung des Gesetzgebers und in Abänderung der alten Rechtslage nach dem Eigenbetriebsgesetz stellte dies eine der zentralen
Entscheidungen des Gesetzgebers dar, um der BVG die notwendige Handlungsfreiheit zur
Erreichung wettbewerbsgerechter Strukturen zu ermöglichen.
Der Personalkompetenz des Vorstandes stehe nicht entgegen, dass er gemäß
§ 5 Abs. 2 (e) der Satzung der BVG für „Regelungen über den Abschluss von Sonderverträgen mit Arbeitnehmern“ die vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats einzuholen habe.
Bei dieser Regelung handele es sich gerade nicht um den Abschluss oder die Änderung
einzelner Verträge, sondern um abstrakte, nicht den Einzelfall betreffende Regeln für den
(zukünftigen) Abschluss von Sonderverträgen.
Der Senat teilt im Grundsatz die Auffassung der BVG, dass für AT-Verträge Regelungen im
Sinne von Leitlinien oder dergleichen vorliegen müssen, die vom Aufsichtsrat zu genehmigen sind. Derartige Regelungen sind in der Vergangenheit nicht erarbeitet worden.
In der Zwischenzeit liegt der Entwurf von „Leitlinien für die Gehaltsstruktur von Führungskräften der Anstalten öffentlichen Rechts nach dem BerlBG“ vor, der detaillierte Kriterien für
Vergütungsstruktur und Versorgungsleistungen der Vorstände sowie der Führungskräfte
der 2. und 3. Führungsebene enthält. Der Entwurf sieht ferner vor, dass der Aufsichtsrat
bzw. der Personalausschuss des Aufsichtsrates über jede Neueinstellung im AT-Bereich
vorab zu informieren ist, so dass ggf. die Möglichkeit der Intervention besteht.
Diese Leitlinien sollen noch in diesem Jahr in Kraft treten.
4.
Einnahmeausfälle in Millionenhöhe bei den Berliner Verkehrsbetrieben infolge
großzügiger Gewährung von Freifahrten und Fahrpreisermäßigungen
Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) gewähren insbesondere ihren Betriebsangehörigen und Ruh eständlern sowie deren Ehegatten Freifahrten oder Fahrpreisermäßigungen. Die daraus resultiere nden Einnahmeausfälle betrugen allein im Jahr 2002 mindestens 15,5 Mio. € und beliefen sich für
die Jahre 1998 bis 2002 auf insgesamt mehr als 73,0 Mio. €. Aufgrund der Prüfung durch den
Rechnungshof beabsichtigen die BVG, die Vergünstigungen stufenweise zu reduzieren. Demg egenüber erwartet der Rechnungshof, dass die BVG die Freifahrten und Fahrpreisermäßigungen
angesichts der hohen jährlichen Zuschüsse Berlins und der wirtschaftlichen Situation der BVG so
schnell wie möglich abschaffen.
T 317:
Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) erhalten vom Land Berlin aufgrund des Unternehmensvertrages vom
Jahr 1999 bis zum Jahr 2008 jährliche Zahlungen von bis zu 420,3 Mio. €. Die größte und wichtigste eigene
Ertragsquelle des Unternehmens stellen die Fahrgeldeinnahmen dar. Sie betrugen 398,7 Mio. € im Jahr 2002
und haben sich im Vergleich zum Vorjahr (490,3 Mio. €) deutlich vermindert. Damit wurden auch die Zielvorgaben aus dem zwischen Senat und BVG vereinbarten „BVG Sanierungs- und Umsetzungskonzept (BSU 2000)“
mit 420,8 Mio. € und dem Wirtschaftsplan 2002 mit 435,4 Mio. € deutlich verfehlt.
T 318:
Trotz der hohen Zuschüsse durch das Land gewähren die BVG nach wie vor mehreren Personengruppen Freifahrten oder Fahrpreisermäßigungen. So wird allen Betriebsangehörigen mit Dienstausweis auch für Privatfahrten Freifahrt im Tarifgebiet ABC gewährt. Mitarbeiter, die in den Ruhestand versetzt werden oder eine Vorruhestandsregelung in Anspruch nehmen, erhalten zur Freifahrt im Tarifgebiet ABC nach zehnjähriger ununterbro-
163
chener Dienstzeit einen unbefristeten Fahrausweis und nach mehr als fünfjähriger und weniger als zehnjähriger
Dienstzeit einen befristeten Fahrausweis, der auf Wunsch verlängert wird. Auch Ehegatten von aktiv Beschäftigten und Pensionären der BVG sowie Witwern und Witwen von ehemals Beschäftigten werden Fahrpreisermäßigungen mit einem Eigenanteil von 25 v. H. bzw. 50 v. H. einer Monatskarte gewährt.
Darüber hinaus erkennen die BVG die Dienstausweise von Beschäftigten mehrerer Tochterunternehmen und
die Fahrkarten an, die von verschiedenen Verkehrsunternehmen für deren aktiv und ehemals Beschäftigte sowie Angehörige unentgeltlich oder ermäßigt ausgegeben werden.
T 319:
Die BVG haben als rechtliche Grundlagen für diese großzügigen Regelungen eine im Jahr 1939 vom Oberbürgermeister der Reichshauptstadt Berlin erlassene „Besondere Dienstordnung“ und eine Zustimmung des damaligen Senators für Verkehr und Betriebe von 1959 angeführt. Unterlagen hierzu konnten jedoch nicht vorgelegt
werden. Die Vergünstigungen wirken sich in erheblichem Umfang auf das Betriebsergebnis des Unternehmens
aus. Nach den mit den BVG abgestimmten Berechnungen des Rechnungshofs betrugen die Einnahmeausfälle
für das Jahr 2002 mindestens 15,5 Mio. €. Sie haben sich in den letzten fünf Jahren (1998 bis 2002) auf mehr
als 73,0 Mio. € summiert.
T 320:
Der Senat hatte bereits 1993 in einem Bericht an das Abgeordnetenhaus darauf hingewiesen, dass er die Vergünstigungen für Mitarbeiter und Pensionäre der BVG sowie deren Ehepartner als nicht mehr vertretbar ansieht,
und die Erwartung geäußert, dass sie weitestgehend abgebaut werden. Die BVG haben daraufhin erste Maßnahmen ergriffen. So wurden die Eigenanteile für Ehegatten seit März 1994 an die Preisentwicklung der Monatskarte gekoppelt und Fahrausweise für Kinder seit Oktober 1996 abgeschafft. Weitere Aktivitäten sind aber
unterblieben.
T 321:
Der Rechnungshof hat beanstandet, dass die bisherigen Maßnahmen zum Abbau der Sonderleistungen im
Hinblick auf die beträchtlichen Einnahmeausfälle und die hohen Landeszuschüsse unzureichend sind und die
Vergünstigungen nach wie vor zu einer Besserstellung der Mitarbeiter der BVG gegenüber den Beschäftigten
im unmittelbaren Landesdienst und in anderen öffentlich-rechtlichen Unternehmen Berlins führen. Er hat gefordert, dass die BVG künftig ihren Mitarbeitern Freifahrten - mit Ausnahme der dienstlich veranlassten Fahrten versagen, dies auch organisatorisch sicherstellen und andere Freifahrten, Fahrpreisermäßigungen sowie Anerkennungen (T 318) entfallen.
T 322:
Die BVG haben dem Rechnungshof in einem „ersten Zwischenbericht“ mitgeteilt, dass sie eine abgestufte Reduzierung vorsehen. In einem ersten Schritt würden Fahrpreisermäßigungen für Ehegatten von aktiv Beschäftigten vermindert oder abgeschafft, nachfolgend werde die Abschaffung von Freifahrten für Pensionäre und von
Ermäßigungen für Witwer und Witwen von ehemals Beschäftigten geprüft. Zuletzt wäre der Wegfall der Freifahrtberechtigungen für aktiv Beschäftigte in der Freizeit in Betracht zu ziehen. Hier ergebe sich jedoch die
Schwierigkeit einer Anspruchsberechtigung wegen „betrieblicher Übung bzw. Gesamtzusage aus der Vergangenheit“. Zu den Fahrpreisermäßigungen für Ehegatten von Pensionären, der Anerkennung der Dienstausweise
von Tochterunternehmen und von Fahrkarten anderer Verkehrsunternehmen haben die BVG nicht Stellung
genommen.
T 323:
Der Rechnungshof erkennt die von den BVG eingeleiteten Maßnahmen an, sie reichen aber nicht aus. Angesichts der Haushaltslage des Landes Berlin erwartet er, dass mit Ausnahme von nachweisbar dienstlichen Fahrten der BVG-Beschäftigten alle Vergünstigungen so schnell wie möglich entfallen.
zu T 317 bis 323:
Grundsätzlich teilt die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen die Kritik des
Rechnungshofs und hält insbesondere vor dem Hintergrund der allgemeinen Haushaltslage
und der derzeit geführten öffentlichen Diskussionen um die BVG diese Sondervergünstigungen für nicht mehr zeitgemäß. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen
hat den Vorstand bereits im Vorfeld des Rechnungshofberichts aufgefordert dafür Sorge zu
tragen, dass die Gewährung von Freifahrten und Fahrpreisermäßigungen drastisch zurückgenommen wird und künftig in Gänze entfällt.
BVG-Vorstand und Rechnungshof haben sich darauf verständigt, die weitere Vorgehensweise zur Reduzierung bzw. Abschaffung der Gewährung von Freifahrten und Fahrpreisermäßigungen gemeinsam zu erörtern.
164
5.
Mangelnde Bereitschaft des Rundfunk Berlin -Brandenburg mit den Rechnung sh ö f e n vo n B e r l i n u n d B r a n d e n b u r g e i n e V e r e i n b a r u n g ü b e r d i e P r ü f u n g s e i n e r
Beteiligungsunternehmen abz uschließen
Der Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt der Länder Berlin und
Brandenburg sieht vor, dass sich die Rechnungshöfe von Berlin und Brandenburg im Rahmen ihrer
gemeinsam auszuübenden Finanzkontrolle über den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) mit diesem über die Grundsätze einer Prüfung in Bezug auf solche Unternehmen des privaten Rechts ve rständigen, an denen die Rundfunkanstalt unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist. Der RBB ist nicht
bereit, dafür zu sorgen, dass den Rechnungshöfen bei diesen Beteiligungen Prüfungsrechte über
eine Betätigungsprüfung hinaus eingeräumt werden. Die Rechnungshöfe werden dadurch gehindert,
ihren Auftrag zur Finanzkontrolle hinreichend wahrzune hmen.
T 324:
Die Länder Berlin und Brandenburg haben durch den Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen
Rundfunkanstalt der Länder Berlin und Brandenburg den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) gegründet. Diesem hat das Abgeordnetenhaus mit Gesetz vom 7. November 2002 zugestimmt. Der Rechnungshof von Berlin
und der Landesrechnungshof Brandenburg sind für die Finanzkontrolle des RBB zuständig. § 30 Abs. 2
RBB-Staatsvertrag sieht vor, dass sich die beiden Rechnungshöfe mit der Rundfunkanstalt über die Grundsätze
einer Prüfung in Bezug auf solche Unternehmen des privaten Rechts verständigen, an denen diese unmittelbar
oder mittelbar beteiligt ist.
T 325:
Die Rechnungshöfe haben dem RBB den Entwurf einer Vereinbarung übersandt, der vorsieht, ihnen bei unmittelbaren und mittelbaren Mehrheitsbeteiligungen oder Beteiligungen, an denen er zusammen mit anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts die Mehrheit besitzt, Prüfungsrechte der Haushalts- und Wirtschaftsführung wie bei der Rundfunkanstalt selbst einzuräumen. Der RBB ist nicht bereit, eine derartige Vereinbarung
abzuschließen und will - unabhängig von den Mehrheitsverhältnissen - lediglich eine Betätigungsprüfung zulassen.
zu T 325:
Nach eigener Aussage ist der RBB bereit, mit dem Rechnungshof eine Vereinbarung gemäß § 30 Abs. 2 RBB-Staatsvertrag (RBB-StV) abzuschließen, hat allerdings andere Vorstellungen über den Inhalt als der Rechnungshof.
T 326:
Das Recht zur Betätigungsprüfung bei der Rundfunkanstalt steht den Rechnungshöfen ohnehin zu, sodass es
insoweit keiner besonderen Regelung im Staatsvertrag bedurft hätte; denn sie prüfen im Rahmen der Finanzkontrolle nach § 30 Abs. 1 RBB-Staatsvertrag die Haushalts- und Wirtschaftsführung des RBB. Zur Prüfung der
Haushalts- und Wirtschaftsführung gehört auch die Prüfung der Betätigung des RBB bei Unternehmen in der
Rechtsform des privaten Rechts, an denen der RBB unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist (§ 35 RBBStaatsvertrag, § 111 Abs. 1 i. V. m. § 92 Abs. 1 LHO). Die Betätigungsprüfung beschränkt sich jedoch ausschließlich auf das Handeln der Rundfunkanstalt als Gesellschafter gegenüber ihren Beteiligungen; sie umfasst
nicht die Prüfung der Wirtschaftsführung der Beteiligungsgesellschaften selbst.
T 327:
Vor diesem Hintergrund ist der Auftrag des Staatsvertrages, sich über die Grundsätze einer Prüfung in Bezug
auf die Beteiligungsunternehmen des RBB zu „verständigen“, so zu verstehen, dass über die ohnehin zulässige
Betätigungsprüfung hinaus Prüfungsrechte mit den Beteiligungsunternehmen zu vereinbaren sind. Allein diese
Auslegung entspricht auch der Begründung zu § 30 RBB-Staatsvertrag, wonach sich die Prüfung der Rechnungshöfe auch auf die Beteiligungsunternehmen des RBB erstreckt.
zu T 326 und 327:
Die Rechtsauffassung des Rechnungshofs wird vom RBB und dem Senat geteilt.
T 328:
Den Rechnungshöfen Prüfungsrechte bei Beteiligungsunternehmen einzuräumen, entspricht auch der jüngsten
Entwicklung in der Rundfunkgesetzgebung. Bereits mehrere Länderparlamente haben den Rechnungshöfen
erweiterte Prüfungsrechte zumindest bei Mehrheitsbeteiligungen von Rundfunkanstalten eingeräumt (Gesetz
über den Bayerischen Rundfunk, Staatsvertrag über die Gründung des Südwestrundfunks). Der Siebte Rundfunkänderungsstaatsvertrag sieht entsprechende Änderungen des ZDF-Staatsvertrages und des Deutschland-
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Radio-Staatsvertrages vor. In Bezug auf die Prüfung der Beteiligungen des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR)
haben die drei zuständigen Rechnungshöfe mit dem MDR eine Vereinbarung abgeschlossen, die in ihren
Grundzügen dem Vorschlag der Rechnungshöfe von Berlin und Brandenburg an den RBB entspricht.
zu T 328:
Im Gegensatz zu einer umfassenden Prüfungskompetenz des Rechnungshofs für jegliche
Form von Beteiligungen an Unternehmen, wie bei einigen anderen Landesrundfunkanstalten geregelt, sieht der RBB-StV in § 30 Abs. 2 eine differenzierte Lösung vor. Die danach
zwischen RBB und den Rechnungshöfen zu treffende Vereinbarung soll es ermöglichen,
zwischen den einzelnen Beteiligungsformen zu unterscheiden.
T 329:
Der RBB wendet ein, die Verfasser des RBB-Staatsvertrages hätten in Kenntnis der medienrechtlichen Entwicklungen auf ein vergleichbares Verfahren bewusst verzichtet, indem sie es den Rechnungshöfen und der Rundfunkanstalt überlassen hätten, sich über die Grundsätze einer Prüfung zu verständigen. Die Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Beteiligungsgesellschaften durch die Rechnungshöfe komme auch deshalb
nicht in Betracht, weil diese Unternehmen nicht mit öffentlichen Mitteln wirtschafteten, sondern ihre Einnahmen
aufgrund privatwirtschaftlicher Aktivitäten erzielten.
Der RBB verkennt dabei das Ziel des Staatsvertrages, den Rechnungshöfen im Rahmen der zu vereinbarenden
Grundsätze eine Prüfung der Beteiligungsunternehmen des RBB zu ermöglichen. Zudem übersieht er, dass
eine Trennung in verschiedene Finanzkreise (öffentliche Mittel aus dem Rundfunkgebührenaufkommen einerseits und privatwirtschaftliche Mittel andererseits) im Rahmen einer Konzernbetrachtung nicht gerechtfertigt ist,
da alle wirtschaftlichen und finanziellen Handlungen der Rundfunkanstalt nur unter Einbeziehung ihrer unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen Aufschluss über ihre wirtschaftliche Lage geben können. Dass die wirtschaftliche Tätigkeit der Beteiligungsunternehmen nicht rein privatwirtschaftlicher Natur ist, belegt im Übrigen
§ 28 Abs. 1 Nr. 1 RBB-Staatsvertrag; danach muss deren Unternehmenszweck grundsätzlich dem Auftrag des
RBB entsprechen, nämlich Hörfunk und Fernsehen im Sinne des Rundfunkstaatsvertrages zu veranstalten.
zu T 329:
Der RBB hat den Rechnungshöfen einen Vereinbarungsentwurf vorgelegt, der eine abgestufte Prüfungskompetenz nach Beteiligungsgrad an den Unternehmen vorsieht. Nach diesem Vorschlag sollen den Rechnungshöfen unterschiedliche Prüfungsrechte bei unmittelbaren Mehrheitsbeteiligungen, mittelbaren Mehrheitsbeteiligungen und Minderheitsbeteiligungen des RBB eingeräumt werden. Weiterhin soll relevant sein, ob sich eine Mehrheitsbeteiligung nur durch Beteiligung weiterer Landesrundfunkanstalten ergibt. Die Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen.
T 330:
Im Ergebnis beanstandet der Rechnungshof, dass der RBB die im RBB-Staatsvertrag unterbliebene Ausgestaltung der vorgesehenen Prüfungsrechte der Rechnungshöfe bei den Beteiligungsunternehmen zum Anlass
nimmt, eine den Bedürfnissen der Rundfunkgebührenzahler Rechnung tragende umfassende Finanzkontrolle
zu verhindern.
zu T 330:
Die Staatsvertragsparteien haben bewusst eine differenzierende Prüfungskompetenz der
Rechnungshöfe durch Abschluss einer Vereinbarung anstatt Prüfungsrechte nach der LHO
einschließlich der umfassenden sogenannten „Vor-Ort-Prüfung“ vorgesehen, wie sie z. B.
im ZDF-Staatsvertrag verankert ist.
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