Zusammenfassung 2011

Werbung
Inhaltsverzeichnis 2011 - I Seite
Nr.
Text
004
001
Umsetzsteuerpflicht bei vielen Privatverkäufe auf eBay
004
002
Verbesserte steuerliche Förderung für ehrenamtliche Betreuer
005
003
Abzug von Unterhaltsaufwendungen an Verwandte
005
004
Anerkennung von Darlehensverträgen zwischen Angehörigen
006
005
Sachbezugswerte 2011 für Lohnsteuer und Sozialversicherung
007
006
Berücksichtigung von Berufsausbildungskosten
008
007
Wiederaufnahme der doppelten Haushaltsführung
008
008
Abzug von Kosten für Bücher als Betriebsausgaben oder Werbungskosten
009
009
Vernichtung von Buchhaltungsunterlagen
010
010
Spruch des Monats Januar 2011
010
011
Absenkung der Beteiligungsgrenze bei Kapitalbeteiligungen im Sinne des § 17 EStG
012
012
Geschäftsveräußerung ohne Umsatzsteuer auch bei Vermietung einzelner wesentlicher Betriebsgrundlagen ?
012
013
Begrenzung des Verlustabzugs bei Fortfall der Verlustnutzungsmöglichkeit unzulässig ?
013
014
Umsatzsteuer auf private Pkw-Nutzung durch Unternehmer
014
015
Lohnsteuerbescheinigungen
014
016
Einkunftsgrenzen bei Kindern über 18 Jahre
015
017
Dauerfristverlängerung für Umsatzsteuer-Vorauszahlungen 2011
015
018
Entwurf eines Steuervereinfachungsgesetzes
016
019
Spruch des Monats Februar 2011
016
020
Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen
017
021
Werbungskosten von Arbeitnehmern: Umzugspauschalen ab 2011 erhöht
017
022
Umsatzsteuer auf Anzahlung: Änderung der Bemessungsgrundlage erst bei tatsächlichem Liquiditätsabfluss
017
023
Rege "Privatverkäufe" über eBay können der Umsatzsteuer unterliegen
018
024
Österreich und sein Bankgeheimnis
018
025
Verzicht einesGmbH-Gesellschafters auf eine Darlehensforderung kann zu Werbungskosten führen
019
026
Nachrüstung von Flüssiggas im Dienstwagen muss nicht als Sachbezug versteuert werden
019
027
Firmenwagen für Wege zur Arbeit - die tatsächliche Nutzung ist entscheidend
020
028
Sachbezug in Form von Tankkarten, Benzin- und Geschenkgutscheinen
021
029
Im Ausland lebende Steuerpflichtige mit einer Standby-Wohnung im Inland
022
030
Umsatzsteuerlicher Vorsteuerabzug aus Dacheindeckung wegen Photovoltaik
023
031
Spruch des Monats März 2011
024
032
Erneuerung eins Asbestdaches des eigengenutzten Einfamilienhauses als außergewöhnliche Belastung
024
033
Kosten der künstlichen Befruchtungen sind grundsätzlich außergewöhnliche Belastungen
025
034
Nachträgliche Schuldzinsen nach Verkauf der Immobilie
026
035
Darlehen zwischen nahen Angehörigen
028
036
Abgrenzung von Anschaffungs- und Erhaltungsaufwand
028
037
Umsatztantiemen als verdeckte Gewinnausschüttungen
028
038
Erweiterung des umsatzsteuerlichen Reverse-Charge-Verfahrens
029
039
Abfindung aus einem Arbeistverhältnis: Teilabfindung von 5 % in einem Jahr unschädlich für Tarifermäßigung
029
040
Ngative Vermietungseinkünfte für leerstehende Wohnung
030
041
Kein Vorsteuerabzug bei unzutreffender Angabe der Steuernummer
030
042
Spruch des Monats April 2011
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
-1-
Inhaltsverzeichnis 2011 - II Seite
Nr.
Text
031
043
Schenkung zwischen Ehegatten: Familienheim ist steuerfrei
031
044
Kein Vorsteuerabzug bei fehlender Steuernummer in der Rechnung
031
045
Erwerb eines Familienheims vom Ehepartner durch Schenkung oder Erbfall
032
046
Abgabe von verzehrfertigen Speisen an Verkaufsständen
033
047
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer
034
048
Kosten für krankheitsbedingte Heimunterbringung abzugsfähig
035
049
Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften
035
050
Verlustrealisation durch Verkauf und (Wieder-) Erwerb von GmbH-Anteilen
035
051
Aufwendungen zur Beseitigung von Hausschwamm als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig
036
052
Kosten für "umgekehrte Familienheimfahrten" bei doppelter Haushaltsführung
036
053
Vorsteuerabzug bei Betriebsausflügen
037
054
Spenden für die Opfer der Katastrophe in Japan
037
055
Körperschaftsteuerliche Sanierungsklausel: Rückforderung von Steuervorteilen
037
056
Spruch des Monats Mai 2011
038
057
Falsche Kilometerangabe kann eine Steuerhinterziehung sein
038
058
Zoll und Reisen: Grüner oder roter Zoll-Ausgang bei der Einreise in die EU ?
039
059
Berücksichtigung von Erstattungs- und Nachzahlungszinsen
039
060
Kosten für Müllabfuhr keine "haushaltsnahen Dienstleistungen"
040
061
Pkw-Überlassung für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle
041
062
Kein Zufluss von Arbeitslohn bei Gehaltsverzicht durch Gesellschafter
041
063
Neuregelung der strafbefreieienden Erklärung (Selbstanzeige)
042
064
Vergütung ausländischer Vorsteuerbeträge
043
065
Ermittlung einer Rückstellung für Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen
044
066
Spruch des Monats Juni 2011
044
067
Gebührenpflicht für verbindliche Auskunft nicht verfassungswidrig
045
068
Betriebsveranstaltung: Berechnung der 110 Euro-Freigrenze
046
069
Werbunsgkostenabzug bei Sprachkursen im Ausland
046
070
Kirchensteuer auf außerordentliche Einkünfte
047
071
Kein Vorsteuerabzug bei privaten Sammlungen
048
072
Krankenversicherungspflicht auf Leistungen aus betrieblicher Direktversicherung teilweise verfassungswidrig
049
073
Beiträge zu einer Lebensversicherung als Betriebsausgabe
049
074
Versteuerung der Aufwandsentschädigung bei ehrenamtlichen Schiedsrichtern
050
075
Spruch des Monats Juli 2011
050
076
Gemischte Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers
050
077
Vorsteuerabzug bei teilunternehmerische genutzten Gebäuten
051
078
Steuerermäßigung für Entschädigungen bei Auszahlung in Teilbeträgen
051
079
Pflegekosten als außergewöhnliche Belastung
052
080
Grunderwerbsteuer bei sog. Anteilsvereinigung sofort abzugsfähig
052
081
Behinderungsbedingte Umbaukosten als außergewöhnliche Belastung
053
082
Schuldzinsen nach Verkauf einer vermieteten Immobilie weiterhin als Werbunsgkosten abzugsfähig ?
053
083
Bundesrat stimmt Steueränderungsgesetzen nicht zu
054
084
Spruch des Monats August
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
-2-
Inhaltsverzeichnis 2011 - III Seite
Nr.
Text
054
085
Abzug von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung
055
086
Verbilligte Vermietung an Angehörige
056
087
Kindergeld und Bundesfreiwilligendienst
056
088
"Gemischte Aufwendungen" bei Gesellschafter-Geschäftsführern
057
089
Solidaritätszuschlag bis zum Jahr 2007 nicht verfassungswidrig
057
090
Besteuerung von Erwerbsminderungsrenten rechtmäßig
057
091
Abgabefrist für Antragsveranlagung 4 Jahre
058
092
Eigene Wohnung kein schädliches Vermögen für Unterhaltsempfänger
059
093
Spruch des Monats September 2011
059
094
Ehegattensplitting - Kein Ehegattensplitting bei Mehrehe (Zweitfrau)
060
095
Zahlungen zur Ablöse eines Erbbaurechts können Werbungskosten sein
060
096
Steuerminderung beim Schulbesuch eines hochbegabten Kindes
061
097
Wichtiges zum Jahresende 2011
061
098
Steuerklassenwahl - legal oder Gestaltungsmissbrauch
062
099
"Nachträgliche" Geltendmachung des Investitionsabzugsvetrages
062
100
Abgabe von Speisen an Imbissständen: 7 % Umsatzsteuer
063
101
Wichtig: Regelmäßige Arbeitsstätte bei Arbeitnehmern
063
102
Steuerabkommen Deutschland / Schweiz
064
103
Anlage mit Hinweisen zum Jahresende 2011
068
104
Spruch des Monats Oktober 2011
068
105
Sonderausgaben 2011
068
106
Die Lohnsteuerkarte fällt endgültig weg
069
107
Lohnsteuer-Ermäßigung
069
108
Besteuerung von Erstattungszinsen zulässig ?
070
109
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitstätte bei Pkw-Nutzung: Keine Einzelbewertung bei Gewinneinkünften
070
110
Steuervereinfachungsgesetz 2011 jetzt beschlossen
072
111
Kein Betriebsausgabenabzug bei Luxus-Oldtimer
072
112
Anlage Sonderausgaben
073
113
Spruch des Monats November 2011
074
114
Inventur am Ende des Wirtschaftsjahres
074
115
Kindervergünstigung: Grenzbetrag für eigene Einkünfte und Bezüge noch dieses Jahr prüfen
074
116
Umsatzsteuer: Grenzen für die sog. Ist-Versteuerung bei der Umsatzsteuer gelten weiter
075
117
Vorsteuerabzug: Zeitpunkt der Zuordnungsentscheidung bei gemeischt genutzten Gegenständne
075
118
Aufwendungen für Heimunterbringung von Angehörigen
076
119
Finanzgericht: Schuldzinsen auch nach Verkauf einer vermieteten Immobilie abzugsfähig !
076
120
Anhebung der Mindestaltersgrenze bei Altersversorgungbeträgen
077
121
Private Pkw-Nutzung: 1%-Regelung rechtmäßig ?
077
122
Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber
078
123
Neues Abzugsverbot für Berufsausbildungskosten
078
124
Rechtliche Hinweise zur Inventur 31.12.2011
082
125
Gedanken zum 4. Dezember 2011
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
-3-
1.
Umsatzsteuerpflicht bei vielen Privatverkäufe auf eBay
Wer innerhalb von dreieinhalb Jahren mehr als 1.200 Privatverkäufe über die
Internetauktionsplattform eBay tätigt, handelt unternehmerisch und muss seine Umsätze der
Umsatzsteuer unterwerfen, entschied ein Finanzgericht (FG Baden-Württemberg im Urteil vom
22.09.2010, Az. 1 K 3016/08; Revision wurde zugelassen).
Denn: Der Umsatzsteuer unterliegen Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer
im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Unternehmer ist nach dem
Umsatzsteuergesetz, wer eine gewerbliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Gewerblich im Sinne
des Umsatzsteuerrechts ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn
die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt. (§§ 1 + 2 UStG)
Im Einzelfall wurde folgender Sachverhalt entscheiden: Ein Ehepaar hatte innerhalb von
dreieinhalb Jahren mehr als 1.200 Verkäufe über die Internetplattform eBay getätigt. Das FG
sah im vorliegenden Fall diese Voraussetzungen für gegeben an, denn die Anzahl der einzelnen
Verkaufsauktionen habe damit die Schwelle bloß gelegentlichen Handelns überschritten,
entscheid
das
Finanzgericht.
Die
Verkäufe
hätten
beim
Ehepaar
erheblichen
Organisationsaufwand bedingt. Hinzu gekommen sei, dass die Verpackung und der Versand der
verkauften Produkte in aller Regel mit einem weit überdurchschnittlichen Aufwand verbunden
waren, weil es sich zum größten Teil um zugleich zerbrechliche und wertvolle Gegenstände
(Puppen, Porzellan, Modellbauteile, Füllfederhalter und Münzen) gehandelt habe. Die zeitliche
Inanspruchnahme der Kläger aus dieser Tätigkeit dürfte nach Ansicht des Gerichts jedenfalls im
Durchschnitt bei mindestens einer Stunde täglich gelegen haben. Bei diesen Umständen sei –
auch unter Berücksichtigung der erheblichen Erlöse aus der Verkaufstätigkeit – von einer
Nachhaltigkeit der Betätigung auszugehen.
2.
Verbesserte steuerliche Förderung für ehrenamtliche Betreuer
Der mit dem Jahressteuergesetz neu eingeführte § 3 Nr. 26b EStG verbessert spürbar die
Situation von Betreuern, Vormündern und Pflegern: Sie können jetzt Aufwandspauschalen bis
2.100 Euro pro Jahr steuerfrei erstattet bekommen.
Aufwandspauschalen aus einer ehrenamtlichen Tätigkeit als Übungsleiter, Ausbilder oder
Erzieher (§3 Nr. 26 EStG) werden in diese Gesamtsumme jedoch eingerechnet. Die neue
Betreuerpauschale gibt es also nicht zusätzlich zur Übungsleiterpauschale nach § 3 Nr. 26 EStG.
Das bedeutet die Neuregelung ?
Wenn keine anderen steuerfreien Einkünfte im Rahmen der Übungsleiterpauschale vorliegen,
können Betreuer ab 2011 jährlich bis zu sieben Mal die Pauschale von 323 Euro steuerfrei
erhalten. Das ergibt in der Summe zwar mehr als 2.100 Euro (nämlich 2.261 Euro), der
übersteigende Betrag gehört jedoch zu den "sonstigen Einnahmen" nach § 22 Nr. 3 EStG. Für
diese "sonstigen Einnahmen gibt es eine Freigrenze von 256 Euro gibt. Letztendlich bleiben also
maximal 2.356 Euro (2.100 + 256) steuerfrei. Diese Grenze wird bei erst ab der achten
Betreuung überschritten.
Bisher können Betreuer nur den Ehrenamtsfreibetrag nach § 3 Nr. 26a EStG geltend machen,
also 500 Euro pro Jahr. Rechnet man hier die Grenze für "sonstigen Einnahmen" von 256 Euro
hinzu, kommt man auf einen steuerfreien Höchstbetrag von 756 Euro pro Jahr. Das führt dazu,
dass bereits ab der dritten Betreuung Einkommensteuer zu zahlen ist.
Warum gibt es die Änderung ?
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
-4-
Die ehrenamtlichen Betreuer sind für den Staat schlicht billiger als Berufsbetreuer: Während
die ehrenamtliche Betreuung die Staatskasse lediglich pauschal 323 Euro kostet, liegen die
Ausgaben bei einer Berufsbetreuung im ersten Jahr bei der höchsten Vergütungsstufe zwischen
1.848 und 2.970 Euro.
3
Abzug von Unterhaltsaufwendungen an Verwandte
Unterhaltsleistungen können steuerlich berücksichtigungsfähige außergewöhnliche Belastungen
darstellen. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) hat sich mit Urteil vom 05.10.2010 (Az: 1 K
1577/10) dazu geäußert, in welchem Umfang Unterhaltsleistungen, die Großeltern an ihre Kinder
und Enkelkinder erbringen, abzugsfähig sind.
Im Streitfall lebte die Tochter der Kläger mit ihrem Ehemann und ihren drei minderjährigen
Kindern in den USA. Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2006
Unterhaltszahlungen an ihre Tochter und die drei Enkelkinder in Höhe von insgesamt 10.783 EUR
als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt erkannte nur einen Teil der
Unterhaltsaufwendungen an. Zur Begründung führte das FA aus, der geleistete Gesamtbetrag in
Höhe von 10.783 EUR sei auf die im unterhaltenen Haushalt lebenden Personen nach Köpfen
aufzuteilen. Dies gelte auch, soweit unterhaltene Personen nicht zu den zum Abzug berechtigten
Unterhaltsempfängern gehören. Auf jede Person entfielen demnach 2.156 EUR. Der Ehemann der
Tochter sei nicht unterhaltsberechtigt und die Tochter müsse sich die Einkünfte ihres Mannes
anrechnen lassen, sodass lediglich der Unterhalt an die drei Enkelkinder in Höhe von jeweils
2.156 EUR (insgesamt 6.468 EUR) zu berücksichtigen sei. Die hiergegen gerichtete Klage mit der
Begründung, die Aufwendungen seien gezielt zur Bestreitung des Lebensunterhalts der drei
Enkelkinder geleistet worden, sodass eine Aufteilung des Gesamtbetrages auf die Personenzahl
des Haushaltes nicht hätte erfolgen dürfen, hatte keinen Erfolg. Die Richter verwiesen in ihrer
Urteilsbegründung auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, wonach bei intakter Ehe ein
Ehepartner an den Einkünften und Lasten des anderen Ehegatten wirtschaftlich zur Hälfte
partizipiert. Insofern scheide ein steuermindernder anteiliger Abzug der auf die Tochter
entfallenden Geldzahlungen aus. Ferner sei im Falle des Zusammenlebens mehrerer
unterstützter Personen in einem Haushalt grundsätzlich nicht darauf abzustellen, an welchen
Angehörigen Beträge tatsächlich überwiesen wurden. Einheitliche Unterhaltsleistungen, die für
den Unterhalt einer solchen Personengruppe bestimmt sind, müssten nach einem allgemeinen
Maßstab aufgeteilt werden. Dies gelte auch, soweit unterhaltene Personen - wie hier der
Ehemann der Tochter - nicht unterhaltsberechtigt sind.
4.
Anerkennung von Darlehensverträgen zwischen Angehörigen
Gerade im Steuerrecht sind an Verträge zwischen Verwandten strenge Anforderungen zu
stellen. Der Grund: Das Finanzamt vermutet, dass der ansonsten vorhandene natürliche
Interessengegensatz zwischen fremden Vertragspartnern fehlt und der Vertrag nur geschlossen
wurde, um Steuern zu sparen (Gestaltungsmissbrauch- § 42 AO). Das Bundesfinanzministerium
(BMF) hat sich mit Schreiben vom 23.12.2010 (Az: IV C 6-S 2144/07/10004) ausführlich zur
steuerlichen Anerkennung von Darlehensverträgen zwischen Angehörigen geäußert.
Folgende Punkte sind in diesem Zusammenhang zu beachten: Der Darlehensvertrag muss aus rein
zivilrechtlicher Sicht wirksam abgeschlossen worden sein. Ebenso wichtig ist es, dass der
Vertrag tatsächlich wie vereinbart durchgeführt wird. Hervorzuheben ist, dass die
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
-5-
Nichtbeachtung eines zivilrechtlichen Formerfordernisses nicht ausnahmslos dazu führt, den
Vertrag aus steuerrechtlicher Sicht nicht anzuerkennen. Insoweit liegt lediglich ein Indiz für
eine mögliche steuerliche Nichtanerkennung vor. Dennoch sollte darauf geachtet werden,
sämtliche zivilrechtlichen Erfordernisse zu beachten, um eventuelle Anerkennungsprobleme des
Vertrages von vornherein zu vermeiden.
Zentraler Punkt bei einem Vertrag zwischen Angehörigen ist, dass das im Darlehensvertrag
Vereinbarte während der gesamten Vertragsdauer nach Inhalt und Durchführung auch dem
entspricht, was fremde Dritte bei der Gestaltung eines vergleichbaren Darlehensverhältnisses
üblicherweise vereinbart hätten. Die Finanzverwaltung will hier als Vergleichsmaßstab die
Vertragsgestaltungen heranziehen, die zwischen Darlehensnehmern und Kreditinstituten üblich
sind. Aus Sicht des BMF setzt der sog. Fremdvergleich insbesondere voraus, dass eine
Vereinbarung über die Laufzeit und über Art und Zeit der Rückzahlung des Darlehens
getroffen worden ist, die Zinsen zu den Fälligkeitszeitpunkten entrichtet wurden und der
Rückzahlungsanspruch ausreichend gesichert ist. Ein besonderes Augenmerk wird in diesem
Zusammenhang auf die Besicherung des Darlehens zu legen sein. Laut Finanzverwaltung ist eine
ausreichende Besicherung nur dann gegeben, wenn bankübliche Sicherheiten hingegeben werden.
5.
Sachbezugswerte 2011
Erhalten Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber Sachbezüge (z. B. freie Unterkunft oder
Kantinenmahlzeiten), sind diese als geldwerte Vorteile lohnsteuerpflichtig und regelmäßig auch
sozialversicherungspflichtig.
Die
Höhe
der
Sachbezüge
wird
in
der
1
Sozialversicherungsentgeltverordnung (früher: Sachbezugsverordnung) festgesetzt.Für 2011
gelten die folgenden Werte:
Die freie Verpflegung setzt sich zusammen aus den Mahlzeiten Frühstück, Mittagessen und
Abendessen. Die Monatsbeträge für Vollverpflegung sowie für die einzelnen Mahlzeiten können
der folgenden Tabelle entnommen werden:
Frühstück
47€
Mittagessen
85€
Abendessen
85€
Vollverpflegung
217€
Werden unentgeltliche oder verbilligte Mahlzeiten (Mittag- oder Abendessen) in der
Betriebskantine oder in Vertragsgaststätten an Arbeitnehmer abgegeben, sind einheitlich pro
Mahlzeit 2,83 Euro anzusetzen.
Die Sachbezugswerte sind auch dann maßgebend, wenn der Arbeitgeber sog. Essenschecks mit
einem bis zu 3,10 Euro höheren Wert (d. h. für 2011 bis zu einem Betrag von 5,93 Euro) 2 zur
Einlösung in bestimmten Gaststätten abgibt.
Zahlt der Arbeitnehmer bei verbilligter Abgabe von Mahlzeiten einen Eigenbeitrag, vermindert
diese Zuzahlung den Sachbezugswert; bei Zahlung in Höhe des vollen Sachbezugswerts durch
den Arbeitnehmer verbleibt somit kein steuer- und sozialversicherungspflichtiger Betrag.
Sofern der Arbeitgeber den Arbeitslohn, der sich aus der unentgeltlichen oder verbilligten
Überlassung von Mahlzeiten ergibt, mit dem Sachbezugswert ansetzt und nach § 40 Abs. 2 EStG
mit 25 % pauschal versteuert, liegt in der Sozialversicherung Beitragsfreiheit vor3.
1
Siehe Bundesrats-Drucksache 577/10.
Vgl. R 8.1 Abs. 7 Nr. 4 Buchst. a LStR.
3
Vgl. § 1 Abs. 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung — SvEV.
2
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
-6-
Hinsichtlich der Gewährung einer freien Unterkunft durch den Arbeitgeber ist zu
unterscheiden:
•
Handelt es sich um eine in sich abgeschlossene Wohnung (bzw. Einfamilienhaus), in der ein
selbständiger Haushalt geführt werden kann, ist regelmäßig der ortsübliche Mietpreis
zugrunde zu legen. Nebenkosten, wie z. B. Strom und Wasser, sind dabei mit dem Preis am
Abgabeort zu berücksichtigen.
•
Dagegen ist für die Überlassung einer sonstigen Unterkunft (einzelne Räume) regelmäßig
ein pauschaler Sachbezugswert anzusetzen. Dieser Wert beträgt 206 Euro; der
ortsübliche Mietpreis kann dann angesetzt werden, wenn er unter dem pauschalen
Sachbezugswert liegt.4
Bei verbilligter Überlassung einer Wohnung bzw. einer Unterkunft vermindern sich die o. a.
Werte um das vom Arbeitnehmer gezahlte Nutzungsentgelt; dieser Betrag ist dann der
Lohnsteuer und der Sozialversicherung zu unterwerfen.
6
Berücksichtigung von Berufsausbildungskosten
Aufwendungen für eine Fort- und Weiterbildung, die durch einen Beruf veranlasst sind, können
regelmäßig als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben geltend gemacht werden.
Handelt es sich dagegen um eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium und findet
die Maßnahme nicht im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses statt, können
entsprechende Kosten nur beschränkt bis zur Höbe von 4.000 Euro jährlich als Sonderausgaben
abgezogen werden (§ 12 Nr. 5 i. V. m. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG). Zu der Frage, wann eine
„erstmalige" Berufsausbildung bzw. ein „Erststudium" und damit lediglich beschränkt abziehbare
Kosten vorliegen, hat die Finanzverwaltung Stellung genommen5.
Danach gilt ein Studium an einer Universität, Pädagogischen Hochschule, Kunsthochschule,
Fachhochschule oder anerkannten ausländischen Hochschule als Erststudium, wenn ihm kein
anderes durch einen berufsqualifizierenden Abschluss beendetes Studium oder keine andere
abgeschlossene nichtakademische Berufsausbildung vorausgegangen ist. So stellt z. B. der
Abschluss eines Bachelor-Studiengangs den Abschluss eines „Erststudiums" dar und ein
nachfolgender Studiengang (z. B. ein Masterstudium) ist als „weiteres" Studium anzusehen.
Das bedeutet konkret: Kosten für eine weitere Berufsausbildung, ein Zweitstudium, aber auch
für ein erstmaliges Studium nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung fallen nicht unter die
Sonderausgabenabzugsbeschränkung. Damit zusammenhängende Aufwendungen können als
Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben geltend gemacht werden, wenn ein hinreichend
konkreter, objektiver Zusammenhang mit späteren Einnahmen aus der angestrebten
beruflichen Tätigkeit besteht. Für vor Beginn der Berufstätigkeit angefallene Aufwendungen
kann ggf. eine Verlustfeststellung beantragt werden, um die Kosten später im Rahmen des
Verlustvortrags geltend machen zu können.
Zu beachten ist, dass bei Unterbrechung des Studiums ohne berufsqualifizierenden Abschluss
die Wiederaufnahme nicht als „weiteres" Studium gilt. Wird aber nach einem abgebrochenen
Studium eine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen, fallen nur die Kosten für den ersten Teil des
Studiums unter die Abzugsbeschränkung, die Fortsetzung des Studiums dagegen nicht.
4
Zur Minderung bei Überlassung einer sonstigen Unterkunft in bestimmten Fallen siehe § 2 Abs. 3 SvEV.
5
Siehe BMF-Schreiben vom 22. September 2010 — IV C 4 — S 2227/07/10002 (BStBl. 2010 I S. 721).
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
-7-
7
Wiederaufnahme der doppelten Hauhaltsführung
Unterhält ein Arbeitnehmer zusätzlich neben seinem Familienwohnsitz aus beruflichen Gründen
am Beschäftigungsort einen zweiten (doppelten) Haushalt, kann er die damit im Zusammenhang
stehenden Aufwendungen als Werbungskosten geltend machen. Abzugsfähig sind dabei die
Kosten für eine „angemessene" Zweitwohnung am Beschäftigungsort (z. B. Miete einschließlich
Nebenkosten, Umzugskosten), die Entfernungspauschale für den täglichen Weg von der
Zweitwohnung zur Arbeitsstätte und für eine Familienheimfahrt pro Woche sowie
Verpflegungsmehraufwendungen (Reisekostenpauschalen) für die ersten drei Monate6 .
Wird der Arbeitnehmer an einem anderen Ort tätig und begründet er dort eine neue doppelte
Haushaltsführung, so ist die erste regelmäßig beendet7. Für die neue doppelte Haushaltsführung
kann er dann neben den Wohnungskosten usw. auch wieder Verpflegungsmehraufwendungen (für
die ersten drei Monate) geltend machen.
Wenn der Arbeitnehmer später an seine frühere Arbeitsstätte zurückversetzt wird, kann er im
Rahmen dieser doppelten Haushaltsführung erneut für die ersten drei Monate
Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten abziehen; dabei ist es nach Auffassung des
Bundesfinanzhofs8 „unschädlich", wenn der Arbeitnehmer dieselbe Eigentumswohnung wieder
bezieht, die er in der Zwischenzeit leer stehen ließ.
8
Abzug von Kosten für Bücher Betriebsausgaben oder Werbungskosten
Die Frage, ob Aufwendungen als Arbeitsmittel steuerlich abzugsfähig sind, ist insbesondere dann
schwierig zu beantworten, wenn es sich um Gegenstände handelt, die sowohl privat als auch
beruflich verwendet werden können. Diese Abgrenzungsproblematik stellt sich bei Fachliteratur
dann, wenn es sich um Bücher bzw. Zeitschriften handelt, die ggf. auch aus privatem Interesse
gelesen werden können. Der Bundesfinanzhof 9 hatte sich in einer aktuellen Entscheidung mit den
Aufwendungen eines Lehrers zu befassen. Danach reicht ein Zusammenhang mit der beruflichen
Tätigkeit aus; private Motive für die Anschaffung stehen dem Werbungskostenabzug dann nicht
entgegen.
Das Gericht stellt insbesondere klar, dass
•
es für den Abzug als Werbungskosten nicht darauf ankommt, dass zahlreiche andere
Steuerpflichtige vergleichbare Aufwendungen aus privatem Interesse tätigen,
•
für jeden Gegenstand und damit für jedes Buch individuell zu prüfen ist, ob ein
Zusammenhang zur beruflichen Tätigkeit besteht.
Für die Anerkennung der Aufwendungen als Werbungskosten ist die Darstellung und Begründung
des Steuerpflichtigen bezüglich des Zusammenhangs mit der beruflichen Tätigkeit von
entscheidender Bedeutung. Im Streitfall hielt der Bundesfinanzhof den Abzug von Kosten selbst
für solche Bücher für denkbar, die im Unterricht tatsächlich gar nicht eingesetzt wurden, weil
Vgl. dazu BMF-Schreiben vom 10. Dezember 2009 — IV C 5 — S 2352/0 — 2009/0813056 (BStBl 2009 I S. 1599). Der
BFH hat in einer aktuellen Entscheidung die zeitliche Begrenzung des Abzugs von Verpflegungsmehraufwendungen auf
drei Monate verfassungsgemäß erklärt (Urteil vom 8. Juli 2010 VI R 10/08).
6
7
Vgl. BFH-Urteil vom 8. Juli 2010 VI R 15/09.
Vgl. Fußnote 10 - BFH-Urteil vom 8. Juli 2010 VI R 15/09.
9
Urteil vom 20. Mai 2010 VI R 53/09.
8
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
-8-
sie z. B. der allgemeinen Unterrichtsvor- und -nachbereitung dienen oder im Zusammenhang mit
Unterrichtseinheiten stehen, die letztlich nicht abgehalten wurden.
9
Vernichtung von Buchhaltungsunterlagen
Für Buchhaltungsunterlagen gelten bestimmte Aufbewahrungsfristen (vgl. §
147
Abgabenordnung — AO). Im Jahresabschluss kann ggf. für die zukünftigen Kosten der
Aufbewahrung dieser Unterlagen eine Rückstellung gebildet werden.10
Mit Ablauf dieser Fristen können nach dem 31. Dezember 2010 folgende Unterlagen vernichtet
werden11:
Zehnjährige Aufbewahrungsfrist:
•
Bücher, Journale, Konten, Aufzeichnungen usw., in denen die letzte Eintragung 2000 und
früher erfolgt ist
•
Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, Eröffnungsbilanzen, die 2000 oder früher
aufgestellt wurden, sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen
•
Buchungsbelege
(z.
B.
Rechnungen,
Bescheide,
Zahlungsanweisungen,
Reisekostenabrechnungen, Bewirtungsbelege, Kontoauszüge,12 Lohn- bzw. Gehaltslisten)
aus dem Jahr 2000
Sechsjährige Aufbewahrungsfrist:
•
Lohnkonten und Unterlagen (Bescheinigungen) zum Lohnkonto mit Eintragungen aus 2004
oder früher13.
•
Sonstige für die Besteuerung bedeutsame Dokumente (z. B. Ausfuhr- bzw.
Einfuhrunterlagen, Aufträge, Versand und Frachtunterlagen, Darlehensunterlagen,
Mietverträge, Versicherungspolicen) sowie Geschäftsbriefe aus dem Jahr 2004 oder
früher
Die Aufbewahrungsfristen gelten auch für die steuerlich und sozialversicherungsrechtlich
relevanten Daten der betrieblichen EDV (Finanz-, Anlagen- und Lohnbuchhaltung). Während des
Aufbewahrungszeitraums muss der Zugriff auf diese Daten möglich sein.14 Bei einem
Systemwechsel der betrieblichen EDV ist darauf zu achten, dass die bisherigen Daten in das
neue System übernommen oder die bisher verwendeten Programme für den Zugriff auf die alten
Daten weiter vorgehalten werden.
Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die letzte
Eintragung in das Buch gemacht, das Inventar, die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder
der Lagebericht aufgestellt, der Handels- oder Geschäftsbrief empfangen oder abgesandt
10
Siehe dazu BFH-Urteil vom 19. August 2002 VIII R 30/01 (BStBl. 2003 II S. 131).
Bei der Entscheidung über die Vernichtung von Buchhaltungsunterlagen sollte auch überlegt werden, ob und welche
Unterlagen evtl. als Beweise für eine spätere Betriebsprüfung bzw. für ein ggf. noch zu führendes Rechtsmittel — trotz der
offiziellen Vernichtungsmöglichkeit — weiterhin aufbewahrt werden sollten.
12
Ausdrucke elektronischer Kontoauszüge (Online-Banking) genügen den gesetzlichen Aufbewahrungspflichten derzeit i.
d. R. nicht; hier sind (wie bisher) die Kontoauszüge bzw. Monatssammelkontoauszüge der Kreditinstitute in Papierform zu
archivieren.
13
Siehe § 41 Abs. 1 Satz 9 EStG.
14
Siehe § 147 Abs. 5 und 6 AO; § 9 Abs. 5 Beitragsverfahrensverordnung.
11
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
-9-
worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist, ferner die Aufzeichnung vorgenommen worden
ist oder die sonstigen Unterlagen entstanden sind.
Die Vernichtung von Unterlagen ist allerdings dann nicht zulässig, wenn die Frist für die
Steuerfestsetzung noch nicht abgelaufen ist (vgl. §§ 169, 170 AO).
10.
Spruch des Monats Januar 2011
Trenne dich nie von deinen Illusionen und Träumen.
Wenn sie verschwunden sind,
wirst Du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben.
darum:
Nicht wer wenig hat, sondern wer viel wünscht, ist arm.
Quelle: Gefunden im Internet
11
Absenkung der Beteiligungsgrenze bei Kapitalbeteiligungen im Sinne des § 17
EStG
Nach der aktuellen Fassung des § 17 EStG unterliegen Gewinne aus der Veräußerung von
Beteiligungen an Kapitalgesellschaften der Teileinkünftebesteuerung, wenn innerhalb der letzten
fünf Jahre eine bestimmte Beteiligungshöhe vorgelegen hat. Diese Beteiligungsgrenze ist durch
Gesetzesänderungen im Laufe der Zeit reduziert worden von ursprünglich „mehr als 25 %" auf
„mindestens 10 %" sowie derzeit auf „mindestens 1 %". Der Gesetzgeber hat bei der Anwendung
dieser Änderungen allerdings grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung abgestellt. Damit
sind aber auch bereits bestehende - nach voriger Rechtslage unter der Grenze liegende Kapitalbeteiligungen von der Verschlechterung betroffen: Werden diese irgendwann verkauft,
sind nach der gesetzlichen Regelung auch vor dem Inkrafttreten der Änderung eingetretene
Wertsteigerungen zu versteuern. So fiel z. B. eine Beteiligung in Höhe von 20 % mit
Inkrafttreten des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 plötzlich unter die Regelung
nach § 17 EStG, nach dem Steuersenkungsgesetz aus dem Jahr 2000 betraf dies sogar
Beteiligungen von 9% oder weniger.
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 10 -
Dagegen hat sich das Bundesverfassungsgericht15 gewendet und entschieden, dass
Wertsteigerungen, soweit diese vor Verkündung des Gesetzes entstanden sind, unbesteuert
bleiben müssen, wenn sie — entsprechend der bisherigen Rechtslage — steuerfrei hätten
realisiert werden können. Für die zwei in Frage kommenden Änderungsgesetze ergeben sich
folgende „Stichtage":
Änderungsgesetz
Betroffene Beteiligung
Stichtag
Steuerentlastungsgesetz
1999/2000/2002
Steuersenkungsgestz
mind. 10% bis 25%
31.03.1999
mind. 1% bis weniger 10%
23.10.2000
Die Finanzverwaltung16 wendet die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an. Danach
werden Gewinne aus Verkäufen der oben angegebenen Kapitalbeteiligungen, die bis zu den
genannten Stichtagen erfolgen, von § 17 EStG nicht erfasst. Für Veräußerungen nach diesen
Zeitpunkten sind statt der Anschaffungskosten der gemeine Wert bzw. Börsenkurs zum
Stichtag anzusetzen; aus Vereinfachungsgranden können die Wertzuwächse auch zeitanteilig
rechnerisch ermittelt werden.17Auf diese Weise bleiben bis zum Stichtag (siehe oben) gebildete
stille Reserven steuerfrei.
Beispiel zur Änderung durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002
A. hält seit 1995 20% an der X GmbH (Anschaffungskosten 100.00€). Durch die Absenkung
der Beteiligungsgrenze fällt seine Beteiligung unter die Besteuerung des § 17 EStG. A.
verkauft den Anteil im September 2010. der wert der Beteiligung wird zum 31.3.1999
(Verkündung des Gesetzes) ermittelt.
Anschaffungskosten
Stichtagswert (31.3.1999)
Variante 1
100.000€
300.000€
Variante 2
100.000€
50.000€
Variante 3
100.000€
500.000€
maßgebend
300.000€
100.000€
100.000€
Verkaufserlös
500.000€
500.000€
300.000€
Veräußerungsgewinn
200.000€
(davon sind 60% nach TeileinkünfteVerfahren zu versteuern)
400.000€
0€
Erläuterungen zu den Varianten:
Zu 1. Die stillen Reserven von 400.000€ dürfen nur besteuert werden, soweit sie nach dem
31.3.1999 entstanden sind.
15
Beschluss vom 7. Juli 2010 2 BvR 748/05, 2 BvR 735/05, 2 BvR 1738/05.
16
BMF-Schreiben vom 20. Dezember 2010 — IV C 6— S 2244/10/10001.
Siehe dazu BMF-Schreiben vom 20. Dezember 2010 (Fußnote 2), Tz. II 1.a, b und c.
17
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- 11 -
Zu 2. Die Wertminderung bis zum 31.03.1999 wird nicht berücksichtigt; bei der Ermittlung
des Veräußerungsgewinns sind die ursprünglichen Anschaffungskosten anzusetzen
Zu 3. Wurde eine Werterhöhung bis zum 31.3.1999 durch spätere Wertminderung wieder
(auch teilweise) kompensiert, bleibt ein an sich entstandener Gewinn von 200.000€
steuerfrei, da er auf einer Wertsteigerung bis zum 31.03.199 beruht.
Bei Verlusten aus der Veräußerung der Kapitalbeteiligung sind grundsätzlich die ursprünglichen
Anschaffungskosten anzusetzen; dies gilt auch, wenn bis zum Stichtag eine Werterhöhung
eingetreten ist.
12
Geschäftsveräußerung ohne Umsatzsteuer auch bei Vermietung einzelner
wesentlicher Betriebsgrundlagen ?
Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer sind von der
Umsatzbesteuerung ausgenommen (vgl. § 1 Abs. 1a UStG). Voraussetzung ist dabei, dass der
Betrieb „im Ganzen" übereignet wird. Der Bundesfinanzhof18 hat dem Europäischen Gerichtshof
die Frage vorgelegt, ob eine Geschäftsveräußerung im Ganzen gegeben ist, wenn der
Warenbestand und die Geschäftsausstattung eines Einzelhandelsgeschäfts an einen anderen
Unternehmer veräußert werden, aber das Ladenlokal nicht mitverkauft, sondern an den Käufer
vermietet wird. Außerdem soll geklärt werden, ob dabei die Laufzeit des Mietvertrags
entscheidend ist.
Die Finanzverwaltung19 erkennt in vergleichbaren Fallen eine Geschäftsveräußerung im Ganzen
an, wenn die Mietverträge über die Geschäftsgrundstücke eine Mindestlaufzeit von 8 Jahren20
aufweisen.
13
Begrenzung des Verlustabzugs bei Fortfall der Verlustnutzungsmöglichkeit
unzulässig ?
Verluste aus einzelnen Einkunftsarten (z. B. aus Gewerbebetrieb oder Vermietung und
Verpachtung), die nicht mit Gewinnen desselben Veranlagungszeitraums aus anderen
Einkunftsarten verrechnet werden können, gehen grundsätzlich nicht verloren; sie können — von
einem wahlweisen Verlustrücktrag (§ 10d Abs. 1 EStG) abgesehen — in die folgenden Jahre
vorgetragen und hier ggf. mit zukünftigen Gewinnen verrechnet werden. Diese Regelung gilt
allerdings mit einer Einschränkung: Ein Abzug ist im jeweiligen Veranlagungszeitraum bis zur
Höhe von 1 Mio. Euro (Ehegatten: 2 Mio. Euro) unbegrenzt zulässig, für den übersteigenden
Betrag aber nur in Höhe von 60 % des 1 Mio. Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte
(§ 10d Abs. 2 EStG). Die Berücksichtigung der Verluste wird insoweit zeitlich gestreckt, auch
wenn z. B. bereits im ersten Folgejahr genug Gewinnvolumen zur Verrechnung vorhanden ist.
Nicht berücksichtigte Verluste werden auf die folgenden Jahre vorgetragen. Die
Verlustvortragsregelung gilt auch für Kapitalgesellschaften, wie z. B. die GmbH.
18
Beschluss vom 14. Juli 2010 XI R 27/08
Vgl. Abschn. 1.5 Abs. 3 Satz 3 UStAE.
20
Vgl. auch BFH-Urteil vom 23. August 2007 V R 14/05 (BStBl 2008 II S. 165).
19
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- 12 -
Der Bundesfinanzhof21 hat jetzt verfassungsrechtliche Zweifel an der Verlustabzugsregelung
geäußert. Das Gericht beanstandet die Abzugsbeschränkung für den Fall, dass es zu einem
endgültigen Fortfall der Verlustnutzungsmöglichkeit und damit zur Vernichtung von
Verlustvorträgen kommt. Dies kann bei natürlichen Personen z. B. durch die Beendigung der
persönlichen Steuerpflicht eintreten oder - wie im Streitfall - bei Kapitalgesellschaften durch
die schädliche Übertragung von GmbH-Anteilen. In der vorliegenden Entscheidung wären durch
einen Gesellschafterwechsel im Sinne des § 8c KStG noch nicht verrechnete Verlustvorträge in
vollem Umfang verloren gegangen. Nach Auffassung des Gerichts müsse eine gesetzliche
Regelung geschaffen werden, um den endgültigen Ausfall des Verlustabzugs zu verhindern.
Im Urteilsfall handelt es sich um einen Aussetzungsbeschluss; die Entscheidung des
Bundesfinanzhofs in der Hauptsache bleibt abzuwarten.
14
Umsatzsteuer auf private PKW-Nutzung durch Unternehmer
Die Privatnutzung betrieblicher PKW durch den Unternehmer kann nach der regelmäßig günstigen
1 % Regelung ermittelt werden, wenn der PKW zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird; zur
„betrieblichen Nutzung“ gehören alle betrieblich veranlassten Fahrten sowie die Fahrten
zwischen Wohnung und Betriebsstätte.
Wird die 1 % Regelung für einkommensteuerliche Zwecke angewendet, kann sie auch für die
umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt werden. Für nicht vorsteuerbelastete
Kosten kann dabei ein pauschaler Abschlag von 20 % vorgenommen werden22.
Beispiel:
Ein Gewerbetreibender nutzt den betrieblichen PKW (Bruttolistenneupreis 50.000€) wie folgt:
für Privatfahrten
14.000 km
für Fahrten zu Kunden sowie Whg.-Betrieb
16.000 km
Die Privatnutzung kann für einkommensteuerliche
Zwecke nach der 1% Regelung ermittelt werden:
= 1% x 50.000€ x 12 Monate
Umsatzsteuerlich ergibt sich folgende steuerpflichtige
Wertabgabe:
Privatnutzung (siehe oben bei ESt)
- Pauschaler Abschlag für Kosten ohne
Vorsteuerabzug (20%)
Bemessungsgrundlage
+ Umsatzsteuer 19%
6.000 €
6.000 €
- 1.200 €
4.800 €
912 €
Der Bundesfinanzhof23 hat in einem Urteil zur Anwendung der 1% Regelung und zur pauschalen
Kürzung Stellung genommen. Im Streitfall hatte eine Personengesellschaft für die private Kfz21
Beschluss vom 26. August 2010 I B 49/10
Siehe auch BMF-Schreiben vom 27. August 2004 — IV B 7 — S 7300— 70/04 (BStBl 2004 I S. 864).
23
Urteil vom 19. Mai 2010 XI R 32/08 (BStBl 2010 II S. 1079).
22
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- 13 -
Nutzung ihrer Gesellschafter auch umsatzsteuerlich das 1% Verfahren angewendet, für die
Kürzung um die nicht vorsteuerbelasteten Kosten aber die tatsächlichen Aufwendungen
zugrunde gelegt; hieraus ergab sich ein Anteil von ca. 36 % für nicht vorsteuerbehaftete Kosten.
Der Bundesfinanzhof hat diese Kombination verschiedener Berechnungsmethoden bei der
Ermittlung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage nicht anerkannt. Nach Auffassung des
Gerichts handelt es sich um eine einheitliche Vereinfachungsregelung, die nur insgesamt oder
gar nicht in Anspruch genommen werden kann. Eine teilweise individuelle Berechnung ist danach
nicht möglich. Will der Unternehmer die Vereinfachungsregelung nicht auch für die
Umsatzsteuer anwenden, hat er alternativ die Möglichkeit, den privaten Nutzungsanteil für
umsatzsteuerliche Zwecke nach der Fahrtenbuchmethode zu ermitteln; dabei sind dann die
nachgewiesenen tatsächlich nicht vorsteuerbelasteten Kosten nicht zu berücksichtigen24.
15
Lohnsteuerbescheinigungen
Bis zum 28. Februar 2011 hat der Arbeitgeber nach den Eintragungen im Lohnkonto die
Lohnsteuerbescheinigung 2010 elektronisch zu erstellen und die erforderlichen Daten in einem
amtlich vorgeschriebenen Verfahren nach Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung
an die Finanzverwaltung zu übermitteln (§ 41b Abs. 1 EStG). Arbeitgeber, die ausschließlich
geringfügig Beschäftigte in Privathaushalten beschäftigen, können anstelle der elektronischen
eine manuelle Lohnsteuerbescheinigung erteilen.
Der Arbeitnehmer erhält einen Ausdruck der übermittelten Daten als Bescheinigung. Eine
Lohnsteuerbescheinigung ist nicht erforderlich bei Arbeitnehmern, für die der Arbeitgeber die
Lohnsteuer ausschließlich pauschal (§§ 40 bis 40b EStG) erhoben hat25.
16
Einkunftsgrenzen bei Kindern über 18 Jahre
Kinder können auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres im Hinblick auf den Kinderfreibetrag
und das Kindergeld berücksichtigt werden, insbesondere wenn sie sich noch in der
Berufsausbildung befinden; eine Berücksichtigung erfolgt regelmäßig bis zur Vollendung des 25.
Lebensjahres26. Übersteigen die Einkünfte und Bezüge des Kindes eine Einkunftsgrenze, fallen
sowohl Kindergeld als auch steuerliche Vergünstigungen far die Eltern weg (sog. Fallbeileffekt).
Die Grenze beträgt 8.004 Euro. Bereits ein geringfügiges Überschreiten der Einkunftsgrenze
führt zum vollständigen Wegfall der Kindervergünstigungen. Dabei sind insbesondere folgende
Punkte zu beachten:
•
Bei der Ermittlung der Einkünfte des Kindes können die mit den Einnahmen im
Zusammenhang stehenden Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben geltend gemacht
werden; dies gilt ebenfalls für Aufwendungen im Zusammenhang mit der Ausbildung (z. B.
24
Siehe hierzu Tz. 2.2 und 2.3 des unter Fußnote 8 genannten BMF-Schreibens.
Siehe BMF-Schreiben vom 26. August 2009 - IV C 5- S 2378/09/10002 (BStBl 2009 I S. 902) mit
amtlich vorgeschriebenem
Muster.
26
Der BFH hat diese Altersgrenze für verfassungsgemäß erklärt (siehe Urteil vom 17. Juni 2010 III R
35/09).
25
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- 14 -
Fahrten zur Universität, Studiengebühren, Arbeitsmittel).27 Bezieht das Kind
ausschließlich Arbeitslohn, ist dieser mindestens bis zur Höhe von 8.924Euro (8.004 Euro
+ 920 Euro Arbeitnehmer-Pauschbetrag) unschädlich.
•
Darüber hinaus mindern die gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung (für
Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) bzw. zur privaten Kranken- und
Pflegeversicherung die maßgeblichen Einkünfte.28 Ein Abzug von weiteren Sonderausgaben
und außergewöhnlichen Belastungen kommt dagegen nicht in Betracht29.
•
Zu beachten ist ferner, dass etwaige Kapitaleinkünfte des Kindes zu berücksichtigen sind;
sie werden aber regelmäßig um den Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 801 Euro
vermindert30. Das bedeutet, dass Kapitalerträge künftig zumindest bis zu dieser Höhe
ohne Auswirkungen auf die Kindervergünstigungen bleiben; bezieht das Kind keine anderen
Einkünfte, sind Kapitalerträge mindestens bis zu einer Höhe von (8.004 Euro + 801 Euro =)
8.805 Euro unschädlich.
27
Dauerfristverlängerung für Umsatzsteuer- Vorauszahlungen 2011
Unternehmer, die ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen monatlich übermitteln, können die
Fristverlängerung für 2011 in Anspruch nehmen, wenn sie einen entsprechenden Antrag bereits
für 2010 gestellt hatten oder diesen Antrag erstmals bis zum 10. Februar 2011 stellen. Die
Voranmeldung und die Umsatzsteuer-Vorauszahlung sind dann für Januar am 10. März, für
Februar am 10. April usw. fällig. Der Antrag ist ab 2011 regelmäßig in elektronischer Form nach
Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung an das Finanzamt zu übermitteln31.
Die Fristverlängerung ist davon abhängig, dass eine Sondervorauszahlung in Höhe eines Elftels
der Summe der Vorauszahlungen für 2010 angemeldet und bis zum 10. Februar 2011 entrichtet
wird. Diese Sondervorauszahlung wird regelmäßig auf die am 10. Februar 2012 fällige
Vorauszahlung für Dezember 2011 angerechnet.
Vierteljahreszahler32 brauchen keine Sondervorauszahlung zu leisten. Bei ihnen gilt die für ein
Kalenderjahr genehmigte Fristverlängerung ebenfalls für die folgenden Kalenderjahre weiter
(bis auf Widerruf). Ein erstmaliger Antrag auf Fristverlängerung ist in diesen Fallen bis zum 10.
April 2011 beim Finanzamt zu stellen.
Eine Dauerfristverlängerung für die Zusammenfassende Meldung ist nicht möglich,
18
Entwurf eines Steuervereinfachungsgesetzes
H 32.10 „Besondere Ausbildungskosten" EStH; siehe dazu auch Steuerinfo Dezember 2010 Nr. 6.
Siehe R 32.10 Abs. 1 EStR und BFH-Urteil vom 14. Dezember 2006 III R 24/06 (BStBl 2007 II S. 530).
29
Vgl. BFH-Urteil vom 21. Juli 2000 VI R 153/99 (BStBl 2000 II S. 566).
30
Siehe § 2 Abs. 5b Satz 2 Nr. 2 EStG sowie Tz. 63.4.2.1 DA-FamEStG (BStBl 2009 I S. 1030).
31
Siehe §§ 46 bis 48 UStDV.
32
Nach § 18 Abs. 2 UStG ist grundsätzlich das Kalendervierteljahr der Voranmeldungszeitraum, wenn die Umsatzsteuer für
das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 7.500 € betragen hat; betrug die Umsatzsteuer 2010 nicht mehr als 1.000
€, so kommt eine Befreiung von der Pflicht zur Abgabe der Voranmeldungen durch das Finanzamt in Betracht.
27
28
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 15 -
Derzeit liegt der Entwurf eines Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vor, der zahlreiche
steuerliche Änderungen enthält. So soll z. B. der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 920 Euro auf
1.000 Euro angehoben, die Geltendmachung von Kinderbetreuungskosten und Kinderfreibetrag
sowie die Ehegattenveranlagung vereinfacht und z. B. eine Möglichkeit zur Abgabe von
Einkommensteuer-Erklärungen für zwei Jahre eingeführt werden. Die meisten Regelungen sollen
erst ab 2012 in Kraft treten, es ist aber auch möglich, dass einige Änderungen rückwirkend zum
1. Januar 2011 wirksam werden. Sobald die Einzelheiten feststehen, wird hierüber in den
nächsten Steuerinfos berichtet werden.
19
Spruch des Monats Februar 2011
Jeder Mensch hat ein Brett vor dem Kopf
- es kommt nur auf die Entfernung an.
Marie von Ebner-Eschenbach
13.09.1830 - 12.03.1916
österreichische Schriftstellerin
Quelle: www.zitate.net
20
Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen
Eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen wird steuerlich nur anerkannt, wenn die
Leistungen wie vereinbart erbracht werden. Allerdings rechtfertigt allein die verspätete
Zahlung der Versorgungsleistungen nicht den Schluss, dass die Vertragspartner ihren Pflichten
insgesamt nicht mehr nachkommen wollen und der Sonderausgabenabzug entfällt. Dies hat der
Bundesfinanzhof33 aktuell entschieden. Damit war der Fall unschädlich, wenn der
Vermögensübernehmer (i.d.R. das Kind) die Zahlungen an den Vermögensübergeber (i.d.R. die
Eltern) erst dann erbringt, wenn er aufgrund der Kontodeckung dazu wirtschaftlich in der Lage
ist.
33
BFH-Urteil vom 15.9.2010, Az. X R 10/09
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 16 -
21
Werbungskosten von Arbeitnehmern: Umzugspauschalen ab 2011 erhöht
Steuerpflichtige die aus rein beruflichen Gründen umziehen, können die ihnen entstehenden
Umzugskosten als Werbungskosten steuerlich geltend machen. Hierbei können entweder die
tatsächlichen Umzugskosten in der nachgewiesenen Höhe oder Pauschalen angesetzt werden.
Besagte Pauschbeträge sind durch das Schreiben des Bundesfinanzministeriums34 ab 2011 erhöht
worden.
Während Verheiratete hier bisher eine Pauschale von 1.271 EUR geltend machen konnten, ist es
zukünftig ein Betrag von 1.279 EUR. Bei Alleinstehenden ist eine Erhöhung des Pauschbetrages
um 4 EUR, von 636 EUR auf 640 EUR, vorgenommen worden. Für jede weitere Person konnten
bisher 280 EUR angesetzt werden, ab 2011 sind es 282 EUR.
22
Umsatzsteuer auf Anzahlung: Änderung der Bemessungsgrundlage erst bei
tatsächlichem Liquiditätsabfluss
Die auf Anzahlungen oder rückgängig gemachte Umsatzgeschäfte entfallende Umsatzsteuer ist
ebenso wie die korrespondierende Vorsteuer erst in dem Zeitpunkt und in dem Umfang zu
korrigieren, in dem der Auftragnehmer die vereinnahmten Beträge zurückzahlt. Damit führt der
Bundesfinanzhof (BFH) 35 seine Rechtsprechung zur Entgeltsminderung aus 2008 fort. Danach
gilt: Wird die Rückzahlung eines entrichteten Entgelts vereinbart, darf der Unternehmer die
Umsatzsteuer erst bei tatsächlicher Erstattung an den Kunden berichtigen.
23
Umsatzsteuer: Rege „Privatverkäufe“ über eBay können der Umsatzsteuer
unterliegen
Das Finanzgericht Baden-Württemberg 36 hat entschieden, dass „private“ Auktionen auf der
Internet-Plattform eBay unter bestimmten Voraussetzungen der Umsatzsteuer unterliegen. Im
Entscheidungsfall versteigerte ein Ehepaar auf eBay über einen Zeitraum von etwa dreieinhalb
Jahren mehr als 1.200 Gebrauchsgegenstände (im Wesentlichen Spielzeugpuppen,
Füllfederhalter, Porzellan und ähnliche Dinge). Aus den Verkäufen erzielten sie zwischen 20.000
EUR und 35.000 EUR jährlich. Infolgedessen lagen sie über dem Grenzbetrag von 17.500 EUR
im Kalenderjahr, bis zu dem bei Anwendung der sogenannten Kleinunternehmerregelung (§ 19
UStG) keine Umsatzsteuer anfällt. Das Ehepaar war davon ausgegangen, dass die Verkäufe nicht
der Umsatzsteuer unterliegen, da sie nur Gegenstände veräußert hätten, die sie zuvor aus einer
Sammlerleidenschaft heraus - und ohne die Absicht des späteren Wiederverkaufs - über einen
langen Zeitraum hinweg erworben hätten. Das Finanzgericht Baden-Württemberg war jedoch
anderer Auffassung und stufte die Eheleute als Unternehmer ein.
Zur Bestimmung der Unternehmereigenschaft: Ob eine Betätigung als nachhaltig und damit als
unternehmerisch einzuordnen ist, muss anhand einer Reihe verschiedener Kriterien beurteilt
34
BMF- Schreiben vom 30.12.2010 (Az: IV C 5 - S 2353/08/10007)
BFH-Urteil vom 2.9.2010, Az. V R 34/09; BFH-Urteil vom 18.9.2008, Az. V R 56/06
36
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.9.2010, Az. 1 K 3016/08, Rev. BFH Az. V R 2/11
35
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 17 -
werden, die je nach Einzelfall unterschiedlich zu gewichten sind. Von Bedeutung können
insbesondere die Zahl der verkauften Gegenstände, die Dauer der Verkaufstätigkeit, die
Planmäßigkeit des Handelns und seine Anlage auf Wiederholung, die Intensität des
Tätigwerdens und die Höhe der Erlöse sein. Nach Auffassung des Finanzgerichts BadenWürttemberg war die derart intensive und langfristig angelegte Verkaufstätigkeit auf der
Plattform eBay als nachhaltig zu beurteilen. Ob der Bundesfinanzhof diese Meinung im
Revisionsverfahren zustimmen wird, bleibt abzuwarten.
24
Österreich und sein Bankgeheimnis
Die Nachbarrepublik Österreich hat bisher den deutschen Finanzbehörden nur Einsicht in
Konten und Depots deutscher Staatsbürger gewährt, wenn gegen diese in der Bundesrepublik
Deutschland ein offizielles Verfahren wegen Steuerhinterziehung eröffnet worden war. Dies ist
zukünftig allerdings nicht mehr Voraussetzung dafür, dass Informationen aus Österreich erteilt
werden.
Noch kurz vor der Jahreswende, am 29.12.2010, haben Deutschland und Österreich ein
Revisionsprotokoll zum schon bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen. Darin ist
auch ein für die Finanzbehörden besserer Informationsaustausch beschlossen worden. Zukünftig
wird Österreich daher auch ohne die offizielle Einleitung eines Steuerstrafverfahrens auf
Ersuchen deutscher Finanzbehörden für die deutsche Steuerfestsetzung relevante
Informationen übermitteln. Jedoch wird es automatische Kontrollmitteilungen nach wie vor
nicht geben.
Weiterhin ist ab dem 01.07. 2011 geplant, die EU-Zinssteuer von derzeit 20 % auf 35 %
anzuheben.
25
Verzicht eines GmbH Gesellschafters auf eine Darlehensforderung kann zu
Werbungskosten führen
Wenn ein geschäftsführender Kleingesellschafter seiner GmbH ein Darlehen gewährt, später
aber auf die Rückzahlung verzichtet, kann der Verzicht zu Werbungskosten bei den Einkünften
aus nichtselbstständiger Arbeit führen, soweit die Darlehensforderung noch werthaltig ist. Im
BFH-Urteilsfall 37 war der Steuerpflichtige als Geschäftsführer an seiner Arbeitgeberin, einer
GmbH, mit rund 5 % beteiligt. Für einen geplanten Börsengang ließ sich die GmbH von ihren
Gesellschaftern Liquiditätshilfedarlehen gewähren. Nachdem der Börsengang gescheitert war
und die GmbH Kapital benötigte, forderten die Großgesellschafter die Kleingesellschafter unter
Hinweis auf die sonst drohende Insolvenz auf, auf ihre Darlehen zu verzichten. In der
Einkommensteuererklärung
machte
der Steuerpflichtige
den Darlehensverlust als
Werbungskosten geltend. Begründung: Er habe den Verzicht zur Rettung seines Arbeitsplatzes
erklärt. Der Bundesfinanzhof war zwar der Ansicht, dass die Darlehensgewährung selbst durch
das Gesellschaftsverhältnis und nicht durch das Arbeitsverhältnis veranlasst war. Die Richter
hielten es aber für naheliegend, dass der Verzicht tatsächlich zur Rettung des Arbeitsplatzes
erklärt wurde.
37
BFH-Urteil vom 25.11.2010, Az. VI R 34/08
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 18 -
Der Bundesfinanzhof hat den Rechtsstreit an das Finanzgericht zurückverwiesen. Sollte das
Finanzgericht zu dem Schluss kommen, dass der Verzicht erklärt wurde, um den Arbeitsplatz zu
sichern, ist zu prüfen, welchen Wert die Darlehensforderung im Zeitpunkt des Verzichts noch
hatte. Denn nur in dieser Höhe sind dem Steuerpflichtigen Aufwendungen entstanden, die er als
Werbungskosten abziehen kann.
26
Nachrüstung von Flüssiggas im Dienstwagen muss nicht als Sachbezug
versteuert werden
Das Problem eines jeden Arbeitnehmers mit Dienstwagen ist der Ansatz der privaten Nutzung
als Sachbezug bzw. sogenannter geldwerter Vorteil. Immer dann, wenn der Pkw auch für
Privatfahrten genutzt werden darf, muss der Arbeitnehmer einer etwaigen Privatnutzung
Rechnung tragen. Dies kann über die Fahrtenbuchmethode geschehen, die in der Praxis bei
Arbeitnehmern allerdings eher selten anzutreffen ist, da sie außerordentlichen Arbeitsaufwand
verursacht. Häufiger wird daher der geldwerte Vorteil, den der Arbeitnehmer durch die
Privatnutzung erlangt, pauschal ermittelt, sodass unter dem Strich allein schon die reine
Möglichkeit der Privatnutzung zu versteuern ist. Dies geschieht über die sogenannte 1 %Regelung. Danach muss der Arbeitnehmer jeden Monat 1 % des Bruttolistenneuwagenpreises im
Zeitpunkt der Erstzulassung im Rahmen seiner Gehaltsabrechnung versteuern.
Aktuell war nun streitgegenständlich, ob auch die Kosten für den nachträglichen Einbau einer
Flüssiggasanlage die Bemessungsgrundlage für die 1 %-Regelung und somit den zu versteuernden
Betrag für den Arbeitnehmer erhöhen. Während sowohl das Finanzamt als auch das
erstinstanzlich angerufene Finanzgericht die Kosten für die Nachrüstung der Flüssiggasanlage in
die Bemessungsrundlage der 1 %-Regelung einbeziehen wollten, entschieden die Richter des
Bundesfinanzhofes38 erfreulicherweise anders. Aufgrund dieser Entscheidung gilt nämlich der
nachträgliche Einbau einer Flüssiggasanlage in ein zur Privatnutzung überlassenes
Firmenfahrzeug nicht als Sonderausstattung, welche in die Bemessungsgrundlage der 1%Regelung einzubeziehen ist. Eine Sonderausstattung im Sinne des Gesetzes liegt, so die
höchstrichterliche Auffassung, ausschließlich dann vor, wenn das Fahrzeug bereits werkseitig im
Zeitpunkt der Erstzulassung damit ausgestattet ist. Dies war im entschiedenen Sachverhalt
nicht der Fall, da die Flüssiggasanlage nachgerüstet wurde. Auch eine anderweitige Versteuerung
kommt nicht in Betracht, denn mit dem Betrag, der nach der 1 %-Regelung als Einnahme
anzusetzen ist, werden sämtliche geldwerten Vorteile abgegolten, die sich aus der Möglichkeit
einer privaten Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs ergeben. Unselbstständige
Ausstattungsmerkmale, wie die streitgegenständliche Flüssiggasanlage, können neben der 1 %Regelung daher nicht getrennt bewertet werden.
27
Firmenwagen für Wege zur Arbeit - die tatsächliche Nutzung ist entscheidend
Wer seinen Dienstwagen auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzen darf,
muss neben der 1-%-Regelung zusätzlich noch einen monatlichen Zuschlag von 0,03 % des
Bruttolistenneuwagenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung pro Entfernungskilometer in seiner
Gehaltsabrechnung versteuern. So die grundsätzliche gesetzliche Regelung.
38
BFH Urteil vom 13.10.2010 (Az: VI R 12/09)
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 19 -
Seit längerem ist dabei strittig, ob die vollen 0,03 % auch dann zu versteuern sind, wenn der
Arbeitnehmer tatsächlich nicht den ganzen Monat in den Betrieb fährt. Insbesondere
Arbeitnehmer im Außendienst oder mit einem sogenannten Home-Office haben meist nur wenige
Fahrten im Jahr zum Betrieb. Der Fiskus bestand bisher dennoch auf der vollen 0,03 %Besteuerung. Tatsächlich hatte der Bundesfinanzhof (BFH) in mehreren Entscheidungen aus dem
Jahre 2008 bereits eine andere Überzeugung kund getan. Die Richter waren schon damals der
Meinung, dass es für die Zuschlagsbesteuerung sehr wohl darauf ankommt, wie oft das Fahrzeug
tatsächlich für Wege zwischen Wohnung und Arbeit genutzt wird. Nach Meinung der obersten
Finanzrichter sollten daher nur die tatsächlich durchgeführten Fahrten, und zwar mit 0,002 %
des Bruttolistenneuwagenpreises je Entfernungskilometer, besteuert werden, wenn die
Arbeitsstelle an weniger als 15 Tagen im Monat aufgesucht wird. Nur bei einem Aufsuchen des
Betriebes an mehr als 15 Tagen im Monat soll es zu der Zuschlagsbesteuerung mit 0,03 %
kommen. An dieser Rechtsprechung hat sich das Bundesfinanzministerium jedoch bisher nicht
gestört und weiterhin in allen Fällen die vollen 0,03% versteuert. Der BFH hat sich abermals
hierzu geäußert und seine bisherige Rechtsprechung in drei Urteilen 39 vom 22.09.2010
bestätigt. Es muss abgewartet werden, wie nun die Finanzverwaltung darauf reagiert. In
Anbetracht der Tatsache, dass das oberste deutsche Finanzgericht seine Meinung inzwischen
mehrfach identisch geäußert hat, wird ein Nichtanwendungserlass lediglich eine weitere
Klagewelle lostreten und dürfte daher unwahrscheinlich sein. Fraglich erscheint jedoch, ob die
Finanzverwaltung in Form des Bundesfinanzministeriums über das Gesetzgebungsverfahren die
Streitfrage zukünftig gesetzlich in ihrem Sinne regelt. Die positiven Gerichtsentscheidungen
würden so praktisch ausgehebelt.
28
Sachbezüge in Form von Tankkarten, Benzin- und Geschenkgutscheinen
Die Unterscheidung zwischen Barlohn und Sachzuwendung spielt lohnsteuerlich eine große Rolle.
So kommt z.B. die 44-EUR-Freigrenze nur dann zur Anwendung, wenn der Beschäftigte eine
Sachzuwendung - nicht aber Barlohn - vom Arbeitgeber erhält. In gleich fünf Urteilen hat sich
der Bundesfinanzhof 40 aktuell mit der Behandlung von Tankkarten, Benzin- und
Geschenkgutscheinen beschäftigt. Dabei erteilte er der Auffassung der Finanzverwaltung, die
den Begriff Sachzuwendung bislang äußerst restriktiv ausgelegt hat, eine klare Absage.
Als Steuervorteile für Sachzuwendungen kommen insbesondere folgende Vergünstigungen in
Betracht:
1.
Kostenlose oder verbilligte Sachbezüge können bis zu einer Monatsgrenze von 44 EUR insgesamt für alle Vorteile - steuerfrei erbracht werden.
2.
Vom Betrieb angebotene Waren oder Dienstleistungen können Arbeitnehmer mit einem
Kostenvorteil von bis zu 1.080 EUR pro Jahr steuerfrei beziehen.
Den insgesamt 5 Urteilen 41 des Bundesfinanzhofs lagen unterschiedliche Sachverhalte
zugrunde: Im ersten Fall hatte der Arbeitgeber der Belegschaft das Recht eingeräumt, bei
einer bestimmten Tankstelle gegen Vorlage einer elektronischen Tankkarte, auf der die Literzahl
39
BFH-Urteile vom 22.09.2010 (Az: VI R 57/09; VI R 55/09 und VI R 54/09)
40
BFH-Urteile vom 11.11.2010: Az. VI R 27/09, Az. VI R 41/10, Az. VI R 40/10, Az. VI R 21/09, Az. VI R 26/08
41
BFH-Urteile vom 11.11.2010: Az. VI R 27/09, Az. VI R 41/10, Az. VI R 40/10, Az. VI R 21/09, Az. VI R 26/08
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 20 -
eines bestimmten Kraftstoffs und ein Höchstbetrag von 44 EUR gespeichert waren, auf seine
Kosten tanken zu dürfen. Im zweiten und dritten Fall erhielten mehrere Arbeitnehmer
monatlich Benzingutscheine, mit denen an einer beliebigen Tankstelle getankt werden konnte. Die
Gutscheine enthielten den Namen des Arbeitnehmers und lauteten z.B.: „Gutschein über PKWTreibstoff SUPER bleifrei - 29 Liter, einzulösen im November 2007“. Die Arbeitnehmer
bezahlten an der Tankstelle. Anschließend erstattete der Arbeitgeber ihnen den Betrag und
bestätigte dies auf dem Gutschein. Im vierten Fall ging es um Gutscheine im Wert von 20 EUR,
die der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern zum Geburtstag überließ, um diese bei einer
Buchhandelskette einzulösen. Im fünften Fall war der Arbeitgeber verpflichtet, neben dem
Gehalt verschiedene Zusatzleistungen zu erbringen. U.a. gewährte er einen regelmäßigen
Gutschein-, Waren- oder Dienstleistungsbezug nach Wunsch des Arbeitnehmers im Wert von 44
EUR. Bis zum 30.11. eines Jahres konnten die Arbeitnehmer bestimmen, welche konkreten
Waren, Dienstleistungen oder Gutscheine sie im Folgejahr beziehen wollten. In allen Fällen
behandelten die Arbeitgeber die Zuwendungen als Sachlohn und hielten angesichts der 44-EURFreigrenze keine Lohnsteuer ein. Die Finanzämter und Finanzgerichte hingegen gingen
umfänglich von Barlohn aus. Der Bundesfinanzhof erteilte dieser Sichtweise schließlich eine
Absage und gab den Klagen statt.
Mit seinen Urteilen hat der Bundesfinanzhof folgende neue Grundsätze zur Abgrenzung von
Bar- und Sachlohn aufgestellt. Hierbei ist festzuhalten, dass Sachbezüge entgegen der
bisherigen Verwaltungsmeinung auch dann vorliegen können, wenn der Gutschein einen
Höchstbetrag, zum Beispiel die 44 EUR, enthält.
1.
2.
3.
29
Ob Barlohn oder ein Sachbezug vorliegt, entscheidet sich danach, was der Arbeitnehmer
vom Arbeitgeber auf Grundlage der arbeitsrechtlichen Vereinbarung beanspruchen kann Geld oder eine Sache. Kann der Arbeitnehmer lediglich die Sache selbst beanspruchen,
liegen Sachbezüge vor. Unerheblich ist dann, ob der Arbeitnehmer die Sache unmittelbar
vom Arbeitgeber bezieht oder auf Kosten des Arbeitgebers von einem Dritten. Von
Sachlohn ist selbst dann auszugehen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Geld mit
der Auflage zuwendet, den Geldbetrag nur zum Erwerb der geschuldeten Sache zu
verwenden.
Ein Sachbezug liegt auch vor, wenn Arbeitnehmern lediglich Gutscheine überlassen
werden, die sie zum Bezug einer von ihnen selbst auszuwählenden Sach- oder
Dienstleistung berechtigen und die bei einem Dritten einzulösen oder auf den Kaufpreis
anzurechnen sind.
Hat der Arbeitnehmer dagegen auch einen Anspruch darauf, dass sein Arbeitgeber ihm
anstelle der Sache den Barwert auszahlt, liegen selbst dann keine Sachbezüge vor, wenn
der Arbeitgeber schlussendlich die Sache zuwendet.
Im Ausland lebende Steuerpflichtige mit einer Standby-Wohnung im Inland
Eine sogenannte „Standby-Wohnung“ im Inland kann zur unbeschränkten Steuerpflicht führen.
Dies entschied das Finanzgericht (FG) Kassel mit Urteil vom 13.12.2010 (Az: 3 K 1060/09). Im
entschiedenen Einzelfall führte das zur Entscheidung, dass die Unterhaltung einer sogenannten
Standby-Wohnung in Deutschland durch eine ansonsten im Ausland lebende Flugbegleiterin zu
einer unbeschränkten Steuerpflicht im Inland führen kann. Es ging konkret um eine
Flugbegleiterin, die mit ihrem Ehemann im europäischen Ausland lebt. Die Arbeitgeberin der
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 21 -
Flugbereiterin verlangte, dass ihre Mitarbeiter im Einzugsbereich von 50 km zu ihrem
Einsatzflughafen über eine Unterkunft verfügten. Der Einsatzflughafen der klagenden
Flugbegleiterin liegt im Bundesgebiet. Sie mietete in der Nähe ihres Einsatzflughafens eine 26
qm große 1,5-Zimmerwohnung mit Küche und Bad an. Die Klägerin hielt sich durchschnittlich nur
zwei bis drei Nächte pro Monat in der Wohnung auf. Dies tat sie nur in den Fällen, in denen es
für ihren Dienst oder mehrtägige Schulungen erforderlich war. Der Arbeitgeber der
Flugbegleiterin behandelte diese als beschränkt steuerpflichtig. Er versteuerte nur den
Inlandsanteil ihres Lohns in Deutschland. Das zuständige Finanzamt hingegen erließ
Nachforderungsbescheide hinsichtlich Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag. Es
vertrat die Ansicht, wegen des Unterhaltens der Standy-Wohnung sei die Klägerin in
Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Hiergegen klagte die Flugbegleiterin und
diese Klage wurde vom FG Kassel abgewiesen. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit,
dass die Klägerin mit der Standby-Wohnung einen inländischen Wohnsitz habe und deshalb in
Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sei. Hierbei spiele es keine Rolle, dass die Wohnung
nur klein und einfach eingerichtet ist. Auch die nur geringe Zahl an Übernachtungen in dieser
Wohnung stehe einer unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland nicht entgegen. Dass die
Klägerin die Standby-Wohnung subjektiv nicht als häusliche Bleibe, sondern lediglich als bloße
Schlafstelle und Hotelersatz ansehe, ändere ebenfalls nichts an dieser Beurteilung. Die
Flugbegleiterin habe die Wohnung während ihrer unbefristeten Tätigkeit für die Fluglinie als
Mieterin auf Dauer genutzt. Aufgrund der Übernachtungen sei auch eine Nutzung zu
Wohnzwecken erfolgt. Allein auf diese objektiven Merkmale und nicht auf die subjektive
Einschätzung der Klägerin komme es an. Daher seien die Nachforderungsbescheide zu Recht
ergangen.
30
Umsatzsteuerlicher Vorsteuerabzug aus Dacheindeckung wegen Photovoltaik
Wer auf seiner privaten Immobilie eine Photovoltaikanlage betreibt, ist insoweit
einkommensteuerlich und umsatzsteuerlich ein Unternehmer. Insbesondere umsatzsteuerlich
stellt dies einen Vorteil dar, da die Umsatzsteuer aus den Anschaffungs- und Installationskosten
der Photovoltaikanlage vom Finanzamt als Vorsteuer erstattet wird. Im Gegenzug wird der
Verkauf des erzeugten Stroms an den Netzbetreiber ebenfalls der Umsatzsteuer unterworfen.
Die auf den Verkaufspreis aufzuschlagende Umsatzsteuer ist aber lediglich ein durchlaufender
Posten. Die Umsatzsteuer wird zu der üblichen Einspeisevergütung einfach hinzugerechnet, im
Anschluss vom Netzbetreiber mit überwiesen und schließlich vom Anlagenbetreiber an das
Finanzamt abgeführt. Eine wirtschaftliche Belastung geht aus der Umsatzbesteuerung also nicht
hervor; zudem verbleibt der deutliche wirtschaftliche Vorteil aufgrund des Vorsteuerabzuges
vor allem im Anschaffungszeitraum. Steuerlich strittig war nun bisher, aus welchen weiteren
Kosten, neben den Anschaffungs- und Installationskosten, der Betreiber der Photovoltaikanlage
den Vorsteuerabzug geltend machen darf. Insbesondere kommt hier eine eventuelle
Neueindeckung des Daches, auf dem die Anlage installiert wird, in Frage. Bisher galt die
restriktive Auffassung der Oberfinanzdirektion Frankfurt vom 10.07.2008 (Az: S 7300 A),
wonach die Kosten einer Dachsanierung grundsätzlich nicht durch die Installation der
Photovoltaikanlage verursacht sind. In der Folge war daher auch der Vorsteuerabzug aus den
Kosten der Dachsanierung nicht möglich.
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 22 -
Das Finanzgericht Nürnberg 42hat nun in einem Urteil eine andere, wesentlich
steuerzahlerfreund-ichere Auffassung vertreten. Nach Meinung der erstinstanzlichen Richter
ist ein Vorsteuerabzug aus der Dacheindeckung sehr wohl möglich, soweit das Dach als
Untergrund für die Photovoltaikanlage dient. Im angesprochenen Urteil wurde ein Gebäude
komplett neu eingedeckt und auf der Südseite des Daches eine Photovoltaikanlage zur
Stromgewinnung installiert. Hinsichtlich dieser Südseite, im Urteilsfall immerhin 57,43 % des
gesamten Daches, ließ das Gericht den Vorsteuerabzug zu. Die Auffassung des Gerichts war
dergestalt, dass die Dachsanierung und die damit zusammenhängenden Arbeiten insoweit in
einem objektiv erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Stromgewinnung durch die
Photovoltaikanlage stehen. Leider hat sich das Finanzamt mit dieser auf EU-Recht beruhenden
Auffassung nicht abgefunden und ist in den Revisionszug nach München vor den
Bundesfinanzhof43 gegangen. Betroffenen sei im Falle einer ablehnenden Entscheidung des
Finanzamtes empfohlen, hier Einspruch einzulegen. Außerdem war es im abgeurteilten Fall so,
dass das Unternehmen, das mit der Installation der Photovoltaikanlage beauftragt war, den
ausdrücklichen Rat zur Dachsanierung geben hatte. Da also die Dachsanierung nachweislich
durchgeführt wurde, um der Photovoltaikanlage eine ausreichende Grundlage zu bieten, stehen
die Chancen für einen Ausgang des Revisionsverfahrens zugunsten des Steuerpflichtigen
eigentlich gut.
31
Spruch des Monats
„Meine Meinung: Statistik ja, aber mit Augenmaß!“
Hans Peter Stihl
geb. am 18.04.1932
deutscher Unternehmer
1988-2001 Präs. Dt. Industrie- u. Handelstag (DIHT)
entnommen aus: www.zitate.de
42
43
Finanzgericht Nürnberg Urteil vom 13.04.2010 (Az: 2 K 952/2008)
BFH Revision Aktenzeichen XI R 29/10
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 23 -
32
Erneuerung eines Asbestdaches des eigengenutzten Einfamilienhauses als
außergewöhnliche Belastung
Mit dem anhängigen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof 44 soll geklärt werden, ob
Aufwendungen für eine Asbestdachsanierung einer selbstgenutzten Immobilie als
außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind, wenn die Zwangsläufigkeit der
Dachsanierung nicht durch ein zuvor erstelltes amtliches Gutachten nachgewiesen worden ist.
In der Vorinstanz hatten hier die Richter des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz 45 bereits im
Sinne des Immobilieneigentümers entschieden. Ihrer Meinung nach liegt in der Dachsanierung
eindeutig eine außergewöhnliche Belastung vor, wenn die Erneuerung eines asbesthaltigen Daches
bei einem Reihenhaus vorgenommen werden muss, weil sämtliche Nachbarn dies beschlossen
haben und beim Abschneiden der asbesthaltigen Platten definitiv Asbest freigesetzt werden
würde. Allerdings macht das erstinstanzliche Finanzgericht Einschnitte in der Absetzbarkeit
der Höhe nach. So können die Aufwendungen nur insoweit berücksichtigt werden, als sie auf die
vorzeitige Dacherneuerung entfallen. Ausgegangen wird hier von einer 50-jährigen
Nutzungsdauer eines Gebäudes, weshalb für jedes Jahr vor Ablauf der 50-jährigen
Nutzungsdauer ein Fünfzigstel steuermindernd als außergewöhnliche Belastung angesetzt werden
kann. Der nicht abzugsfähige Teil wird durch die Verlängerung der Lebensdauer des neuen
Daches gegenüber der restlichen Nutzungsdauer des bisherigen Daches gesehen. Eine
Unterscheidung zur allgemeinen Absetzbarkeit einer Asbestsanierung als außergewöhnliche
Belastungen könnte darin liegen, dass der Kläger im aktuellen Verfahren sich der Sanierung bzw.
der Freisetzung von Asbest nicht entziehen konnte. Hätte er sein Dach nicht saniert, hätten die
Platten der angrenzenden Häuser durchgeschnitten werden müssen, was zwangsläufig zur
Schadstofffreisetzung geführt hätte. Auf der anderen Seite kann von einem Steuerpflichtigen
nicht erwartet werden, dass er mit der Sanierung bis zur Schadstofffreisetzung wartet,
weshalb Bürger, in deren Häusern Asbest verbaut ist, das erstinstanzliche Verfahren als Vorbild
nehmen und das anhängige Verfahren vor dem Bundesfinanzhof im Auge behalten sollten.
Zuzüglich zu dieser Berechnung können jedoch nach der positiven Meinung der Finanzrichter die
Entsorgungskosten für die alten Asbestplatten unbegrenzt als außergewöhnliche Belastung
abgezogen werden. Ebenso sehen die Richter aus Rheinland-Pfalz keinen Grund für ein Gutachten
über die Schädlichkeit der Freisetzung von Asbestfasern, da deren Gesundheitsschädlichkeit
auf gesicherten Erkenntnissen beruht und allgemein bekannt ist.
33
Kosten der künstlichen Befruchtungen sind grundsätzlich außergewöhnliche
Belastungen
In einigen Steuerinfo der letzten Jahre wurde dieses Thema angesprochen. Das erstinstanzliche
Finanzgericht Niedersachsen hatte mit dem Urteil vom 05. Mai 2010 (Az: 9 K 231/07) den Abzug
von Kosten einer künstlichen Befruchtung erheblich erweitert. Mittlerweile liegt dazu auch eine
positive Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus München vor. Bisher hatte die Rechtsprechung
nicht sämtliche Kosten einer künstlichen Befruchtung zum Abzug als außergewöhnliche
Belastungen zugelassen. Unterschieden wurde ob die künstliche Befruchtung auf eine
Empfängnisunfähigkeit der Frau oder eine Zeugungsunfähigkeit des Mannes zurückzuführen war.
44
45
BFH Aktenzeichen VI R 47/10
FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 12.11.2009 (Az: 6 K 2314/07)
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 24 -
Sofern die Frau empfängnisunfähig ist, konnten die erheblichen Kosten einer künstlichen
Befruchtung steuermindernd als außergewöhnliche Belastungen zum Ansatz gebracht werden. In
solchen Fällen, die im Fachjargon als „homologe Insemination“ bezeichnet werden, sahen auch die
Finanzrichter eine Heilbehandlung der Empfängnisunfähigkeit. Durch die künstliche Befruchtung
wurde hier der anomale Körperzustand der Frau durch eine Behandlung an ihrem eigenen Körper
(Befruchtung der Eizellen) überwunden. Sofern jedoch der Mann zeugungsunfähig ist, konnten
die Richter mittels einer künstlichen Befruchtung (hier spricht man von heterologer
Insemination) bisher keine Heilbehandlung erkennen. Zum einen wurde die Zeugungsunfähigkeit
des Mannes durch die künstliche Befruchtung nicht überwunden, zum anderen wurde beim Mann
selber keine Behandlung durchgeführt. Mit dieser praxisfernen Denkweise hat der BFH jetzt
Schluss gemacht und einem Urteil46 entschieden, dass auch Aufwendungen eines Ehepaares für
eine heterologe künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung steuermindernd Eingang
in die Einkommensteuererklärung finden. Damit änderten die Richter die bisherige
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vom 18.05.1999 (Az: III R 46/97). Zwar konnten auch im
aktuellen Urteil die obersten Richter keine Beseitigung der Sterilität durch die heterologe
Befruchtung erkennen, sehr wohl erkannte der Senat des Bundesfinanzhof mit Lebensnähe, dass
zumindest die unmittelbare Folge der Sterilität in Form der Kinderlosigkeit überwunden werden
kann. Mittels einer medizinischen Maßnahme kann also die Folge der Sterilität besiegt werden,
was den Abzug als außergewöhnliche Belastungen rechtfertigt. In dem hier vorgetragenen
Urteilsfall ging es immerhin um Aufwendungen von 21.345 EUR, was zeigt, welche positive
Bedeutung die neue Rechtsprechung für betroffene Ehepaare hat. Betroffene sollten sich daher
nicht scheuen, entsprechende Kosten steuermindernd geltend zu machen.
34
Nachträgliche Schuldzinsen nach Verkauf der Immobilie
Wer eine Vermietungs- und Verpachtungsimmobilie besitzt, hat diese meist mittels eines
Darlehens finanziert. Wird die Immobilie verkauft und der Verkaufspreis reicht nicht zur
Schuldentilgung aus, stellt sich die Frage, was mit den weiteren Schuldzinsen steuerlich
geschieht.
Bisher herrschte hier eine klare und leider restriktive Meinung der Finanzverwaltung und auch
der Rechtsprechung: Nach dem Verkauf einer Vermietungs- und Verpachtungsimmobilie konnten
die dann noch vorhandenen Schuldzinsen steuerlich nicht mindernd eingesetzt werden. aber
schon 2010 hat der Bundesfinanzhof 47 zu nachträglichen Schuldzinsen beim Verkauf einer
GmbH-Beteiligung angedeutet, dass auch bei einer Vermietungs- und Verpachtungsimmobilie die
nachträglichen Schuldzinsen weiterhin als Werbungskosten absetzbar sein könnten. Wie nicht
anders zu erwarten, stellte sich hier jedoch das Finanzamt weiterhin quer und verweigert einen
steuermindernden Ansatz von nachträglichen Schuldzinsen bei Vermietungs- und
Verpachtungsimmobilien. Ebenso sieht es auch das erstinstanzliche Finanzgericht BadenWürttemberg48 in seiner Entscheidung. Aber damit ist die Angelegenheit noch nicht erledigt,
denn das Verfahren liegt bereits nun Bundesfinanzhof in München. Die obersten Finanzrichter
haben daher zu klären, ob nachträgliche Schuldzinsen Werbungskosten bei der Einkunftsart
Vermietung und Verpachtung sind, wenn der Veräußerungspreis der zuvor vermieteten Immobilie
nicht zur vollständigen Tilgung eines aufgenommenen Darlehens gereicht hat. Es gilt also zu
46
BFH Urteil vom 16.12.2010 (Az: VI R 43/10)
47
BFH Urteil vom 16.03.2010 (Az: VIII R 20/08)
48 FG Baden Württemberg vom 01.07.2010 (Az: 13 K 136/07)
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 25 -
klären, ob die Änderung der bisherigen Rechtsprechung bei nachträglichen Schuldzinsen im
Hinblick auf die Veräußerung einer GmbH-Beteiligung auch auf die Einkünfte aus der Vermietung
und Verpachtung übertragbar sind. Betroffene sollten daher auch hier Einspruch gegen die
Nichtansetzung der nachträglichen Schuldzinsen als Werbungskosten einlegen und Ruhen des
eigenen Einspruchsverfahrens beantragen, bis der Bundesfinanzhof sein Urteil gefällt hat.
35
Darlehen zwischen nahen Angehörigen
Darlehensverträge zwischen nahen Angehörigen sind in der Praxis ein beliebtes Instrument zur
Einkommensverlagerung. Damit die Steuergestaltung gelingt, müssen jedoch zahlreiche
Spielregeln eingehalten werden. Welche das sind, verdeutlicht das Bundesfinanzministerium in
einem umfangreichen Schreiben. Darlehensverträge zwischen nahen Angehörigen unterliegen
hinsichtlich ihrer steuerlichen Wirksamkeit einer besonders strengen Prüfung durch die
Finanzverwaltung. Nach der Abgabenordung sind nahe Angehörige z.B.
•
Verlobte,
•
Ehegatten,
•
Verwandte und Verschwägerte in gerader Linie (Eltern, Großeltern, Kinder),
•
Geschwister und
•
Kinder der Geschwister.
Darlehensverträge zwischen nahen Angehörigen, insbesondere zwischen Eltern (Darlehensnehmer) und Kindern (Darlehensgeber) sind eine legitime Möglichkeit, um Steuern zu sparen und
Zinsen an die Kinder statt an die Bank zu zahlen. Die Gestaltung macht Sinn, wenn die Zinsen bei
den Eltern als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig sind. Das Kind muss die
Darlehenszinsen zwar als Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuern. Der Sparer-Pauschbetrag
(801 EUR) und Tarifvorteile führen aber häufig zu erheblichen Steuerersparnissen.
Allgemeine Voraussetzungen für die Anerkennung:
Wichtigste Voraussetzung für die steuerrechtliche Anerkennung ist, dass der Darlehensvertrag
zivilrechtlich wirksam geschlossen worden ist, anschließend tatsächlich wie vereinbart
durchgeführt wird und in Inhalt und Durchführung einem Fremdvergleich standhält. Insoweit
bestehen also keine Unterschiede zu Arbeits- und Mietverträgen zwischen nahen Angehörigen.
Bei Verträgen zwischen Eltern und minderjährigen Kindern, die keine Arbeitsverträge sind, ist
grundsätzlich ein Ergänzungspfleger zu bestellen. Besonders wichtig für die Anerkennung eines
Kredits ist seine tatsächliche Durchführung. Die Angehörigen müssen dabei eine Trennung der
Vermögens- und Einkunftsbereiche gewährleisten. Hierzu muss während der gesamten
Vertragsdauer eine klare Abgrenzung von einer Unterhaltsgewährung oder einer verschleierten
Schenkung der Kreditzinsen bestehen.
Prüfung des Fremdvergleichs:
Es steht Angehörigen grundsätzlich frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander so zu gestalten,
dass sie für sie steuerlich möglichst günstig sind. Das Vereinbarte muss jedoch dem
entsprechen, was fremde Dritte üblicherweise vereinbaren würden. Vergleichsmaßstab sind die
Vertragsgestaltungen, die zwischen Darlehensnehmern und Kreditinstituten üblich sind. Das
setzt
insbesondere voraus, dass
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 26 -
•
eine Vereinbarung über die Laufzeit und über die Art und Weise der Rückzahlung des
Darlehens getroffen worden ist,
•
die Zinsen zu den Fälligkeitszeitpunkten entrichtet werden und
•
der Rückzahlungsanspruch ausreichend besichert ist (z.B. dingliche Absicherung durch
Hypothek oder Grundschuld).
Die aktuelle Rechtsprechung geht grundsätzlich davon aus, dass der Rückzahlungsanspruch aus
einem langfristigen Darlehen zwischen nahen Angehörigen ausreichend besichert sein muss.
Dieses aus dem Fremdvergleich abgeleitete generelle Erfordernis wird durch einen konkreten
Fremdvergleich im jeweiligen Einzelfall überlagert. Die Finanzverwaltung stellt in ihrem
Schreiben klar, dass ein Darlehensvertrag zwischen volljährigen, voneinander wirtschaftlich
unabhängigen Angehörigen steuerlich anerkannt werden kann, wenn der Vertrag zwar nicht in
allen Punkten dem Fremdvergleich standhält, die Darlehensmittel aus Anlass der Herstellung
oder Anschaffung von Vermögensgegenständen ansonsten aber bei einem fremden Dritten
hätten aufgenommen werden müssen. Bei einem Bau- oder Anschaffungsdarlehen ist eine
steuerliche Anerkennung in diesen Fällen somit regelmäßig auch ohne Besicherung möglich.
Wirtschaftlich voneinander unabhängige Personen sind solche, die eigene ausreichende
Einkunftsquellen haben, um den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Wirtschaftlich abhängig
(von dem Einkommen der unterhaltsverpflichteten Eltern) ist hingegen z.B. der volljährige
studierende Sohn ohne eigene ausreichende Einkunftsquellen.
Zivilrechtliche Unwirksamkeit:
Die Nichtbeachtung zivilrechtlicher Formerfordernisse führt nicht allein und ausnahmslos zur
steuerlichen Nichtanerkennung des Vertrags. Sie ist aber ein besonderes Indiz gegen den
vertraglichen Bindungswillen. Der Gegenbeweis gelingt, wenn die Vertragspartner zeitnah nach
dem Auftauchen von Zweifeln an der zivilrechtlichen Wirksamkeit alle erforderlichen
Maßnahmen ergriffen haben und ihnen die Unwirksamkeit nicht anzulasten ist. Dann ist ein
zunächst formunwirksamer Vertrag zwischen nahen Angehörigen ausnahmsweise von vornherein
steuerlich anzuerkennen.
Kombination von Schenkung und Kreditgewährung:
Ist ein Geldgeschenk von der Bedingung abhängig, dass der erhaltene Betrag wieder in Form
eines Darlehens zurückfließen muss, wird diese Vereinbarung steuerlich nicht anerkannt. Es
handelt sich daher weder um eine Schenkung noch um eine Kreditgewährung. Die Schuldzinsen
dürfen dann nicht als Betriebsausgaben oder als Werbungskosten abgezogen werden. Die
Finanzverwaltung geht von einer unwiderlegbaren Vermutung für die Abhängigkeit zwischen
Schenkung und Darlehen insbesondere in folgenden Fällen aus:
•
Die Vereinbarungen von Schenkung und Darlehen erfolgen in ein und derselben Urkunde.
•
Es handelt sich um eine Schenkung unter der Auflage der Rückgabe als Darlehen.
•
Die Schenkung wird unter der aufschiebenden Bedingung der Rückgabe als Darlehen
ausgesprochen.
Eine Abhängigkeit zwischen Schenkung und Darlehen ist hingegen nicht allein deshalb zu
vermuten, weil die Vereinbarung von Schenkung und Darlehen zwar in mehreren Urkunden, aber
innerhalb kurzer Zeit erfolgt ist. Bei der Beurteilung müssen vielmehr die gesamten Umstände
des Einzelfalles berücksichtigt werden. Es sollte daher darauf geachtet werden, dass Schenkung
und Darlehen sachlich und zeitlich unabhängig voneinander vorgenommen werden. Der
Schenkende muss endgültig, tatsächlich und rechtlich entreichert und der Empfänger
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 27 -
entsprechend bereichert sein. Eine nur vorübergehende oder formale Vermögensverschiebung
reicht nicht aus (BMF-Schreiben vom 23.12.2010, Az. IV C 6 - S 2144/07/10004).
28
Abgrenzung von Anschaffungs- und Erhaltungsaufwand
Modernisierungsaufwendungen an gebrauchten Immobilien sind als Anschaffungskosten – und
damit nicht als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen - zu behandeln, wenn der
Ausstattungsstandard in mindestens drei der vier funktionswesentlichen Bereiche (Heizung,
Sanitär, Elektroinstallationen und Fenster) angehoben wird. Bei unterschiedlicher
Gebäudenutzung hat eine getrennte Qualifizierung der Aufwendungen als Anschaffungskosten
oder Erhaltungsaufwendungen zu erfolgen. Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs49 ist diese
Beurteilung für jede Nutzungseinheit eines Gebäudes, also etwa für Wohn-, Büro- und
Betriebsräume, getrennt vorzunehmen. Dabei kann z.B. die Funktionstüchtigkeit
(Betriebsbereitschaft) von Geschäftsräumen im Erdgeschoss anders zu beurteilen sein als bei in
den Obergeschossen belegenen Büro- und Wohnungseinheiten. Nach der gesetzlichen Regelung
gehören zu den Herstellungskosten eines Gebäudes seit 2004 auch Aufwendungen für
Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der
Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen 15 % der
Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. Damit können die Aufwendungen nicht als
Werbungskosten sofort, sondern lediglich über die Gebäudeabschreibung (AfA) als
Werbungskosten angesetzt werden.
29
Umsatztantiemen als verdeckte Gewinnausschüttungen
Nach einer aktuellen BFH Entscheidung50 steht die Vereinbarung von Umsatztantiemen für den
Gesellschafter-Geschäftsführer grundsätzlich dem eigenen Gewinnstreben der GmbH entgegen
und ist regelmäßig als verdeckte Gewinnausschüttung einzustufen, die beim GesellschafterGeschäftsführer zu Einkünften aus Kapitalvermögen führt. Eine umsatzbezogene
Zusatzvergütung kann aber steuerrechtlich ausnahmsweise anzuerkennen sein, wenn die mit der
Vergütung angestrebte Leistungssteigerung des Begünstigten durch eine Gewinntantieme nicht
zu erreichen wäre, so etwa in einer ertragsschwachen Aufbauphase des Unternehmens.
30
Erweiterung des umsatzsteuerlichen Reverse-Charge-Verfahrens
Durch das Jahressteuergesetz 2010 wurde der Anwendungsbereich des Reverse-ChargeVerfahrens, das die Verlagerung der Umsatzsteuerschuld vom leistenden Unternehmer auf den
Leistungsempfänger regelt, ab 2011 u.a. um folgende Punkte erweitert:
•
sind
•
49
50
Lieferung von Gegenständen, die in der Anlage 3 zum Umsatzsteuergesetz aufgeführt
(z.B. Industrieschrott, Altmetalle und sonstige Abfallstoffe),
bestimmte Lieferungen von Gold,
BFH-Urteil vom 18.8.2010, Az. X R 30/07
BFH-Beschluss vom 12.10.2010, Az. I B 70/10
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 28 -
•
Reinigung von Gebäuden und Gebäudeteilen, wenn der Leistungsempfänger selbst
nachhaltig Gebäudereinigungsleistungen erbringt.
Reinigen von Gebäuden: Bei dem Kriterium der Nachhaltigkeit gilt eine Grenze von 10 %. D.h.,
ein Leistungsempfänger erbringt nur dann nachhaltig Gebäudereinigungsleistungen, wenn er im
vorangegangenen Kalenderjahr Gebäudereinigungsleistungen erbracht hat, die mehr als 10 % der
Summe seiner Umsätze ausgemacht haben. Daneben ist davon auszugehen, dass der
Leistungsempfänger nachhaltig Gebäudereinigungsleistungen erbringt, wenn er dem leistenden
Unternehmer einen im Zeitpunkt des Umsatzes gültigen Nachweis nach dem Vordruckmuster
USt 1 TG vorlegt.
Nichtbeanstandungsregel: Für Schrott- und Abfalllieferungen, Gebäudereinigungsleistungen
sowie für die Lieferung von Gold gilt eine Nichtbeanstandungsregel. Danach wird die Anwendung
des Reverse-Charge-Verfahrens nicht beanstandet, wenn sich später herausstellt, dass die
Voraussetzungen hierfür nicht vorgelegen haben. Die Nichtbeanstandung ist jedoch davon
abhängig, dass sich beide Vertragspartner über die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens
einig waren und der Umsatz vom Leistungsempfänger in zutreffender Höhe versteuert wurde
(BMF-Schreiben vom 4.1.2011, Az. IV D 3 - S 7279/10/10004; BMF-Schreiben vom 4.2.2011, Az.
IV D 3 - S 7279/10/10006).
39
Abfindungen aus einem Arbeitsverhältnis: Teilabfindung von 5 % in einem Jahr
unschädlich für Tarifermäßigung
Die Finanzverwaltung folgt insoweit der Rechtsprechung, wonach bei einer gesplitteten
Abfindungszahlung bis zu 5 % in einem anderen Jahr gezahlt werden können, ohne dass die
Besteuerung der Hauptzahlung mit dem ermäßigten Steuersatz gefährdet ist. Das aktuelle
Schreiben des Bundesfinanzministeriums51 enthält aber noch einen zweiten wichtigen Aspekt.
Eine tarifbegünstigte Besteuerung setzt nämlich voraus, dass der Steuerpflichtige in dem
jeweiligen Veranlagungszeitraum einschließlich der Entschädigung insgesamt mehr erhält, als er
bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erhalten würde. Die dafür notwendige
Betrachtung orientiert sich grundsätzlich an den Verhältnissen des Vorjahres. Ausnahme: Die
Einnahmesituation im Vorjahr war durch außergewöhnliche Ereignisse geprägt.
40
Negative Vermietungseinkünfte für leerstehende Wohnung
Aufwendungen für eine leer stehende Wohnung können nur dann als (vorweggenommene)
Werbungskosten im Bereich der Vermietung und Verpachtung abgezogen werden, wenn die
Vermietungsabsicht feststellbar ist und konkret besteht. Die Vermietungsbemühungen müssen
dabei so gewählt werden, dass sie dauerhaften Erfolg versprechen. Das ist nicht der Fall, wenn
sich der Steuerpflichtige - wie im Streitfall – jahrelang bemüht, eine in einem Wohngebiet
liegende Wohnung nur zu gewerblichen, freiberuflichen oder solchen Zwecken, die einen
Publikumsverkehr nach sich ziehen müssen, zu vermieten. Aufgrund der fehlenden
Einkünfteerzielungsabsicht versagte das Finanzgericht Hessen 52 den Werbungskostenabzug.
51
52
BMF-Schreiben vom 17.1.2011, Az. IV C 4 - S 2290/07/10007:005
FG Hessen, Beschluss vom 25.1.2010, Az. 5 V 2138/09, rkr.; BFH-Urteil vom 25.6.2009, Az. IX R 54/08
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
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Steht eine Immobilie längere Zeit leer, sollte ein Hausbesitzer bei bislang vergeblichen
Vermietungsbemühungen besonders intensiv darauf hinwirken, den Zustand der Immobilie zu
verbessern bzw. marktgerechter zu machen. Bleibt er untätig, spricht das nach Ansicht des
Bundesfinanzhofs nämlich gegen die Einkünfteerzielungsabsicht.
41
Kein Vorsteuerabzug bei unzutreffender Angabe der Steuernummer
Enthält
eine
Rechnung
des
leistenden
Unternehmers
nur
eine
Zahlenund
Buchstabenkombination, bei der es sich um die vom Finanzamt vorab erteilte interne
Bearbeitungsnummer handelt und nicht um die Steuernummer, ist der Leistungsempfänger nicht
zum Vorsteuerabzug berechtigt. Im Streitfall enthielten die Rechnungen als Steuernummer
die Angabe „75/180 Wv “- eine Bezeichnung, die das Finanzamt unter der Angabe „SteuerNr./Aktenzeichen“ im Schriftverkehr zur Erteilung der Steuernummer verwendet hatte.
Das Finanzgericht gewährte den Vorsteuerabzug, da für den Leistungsempfänger nicht
erkennbar gewesen sei, dass es sich nicht um die Steuernummer handelte. Dem erteilte der
Bundesfinanzhof53 jedoch jetzt eine Absage und begründete seine Auffassung mit der
Gesetzesvorschrift, wonach in der Rechnung entweder die Steuernummer oder die
Umsatzsteuer-Identifikationsnummer enthalten sein muss.
42
Spruch des Monats April 2011
> Treue <
"Treue funktioniert ein wenig wie nukleare Abschreckung:
ich bleibe treu, damit du nicht verrückt wirst;
und du bleibst treu, damit ich nicht verrückt werde."
David P. Barash (*1946),
Psychologe
Quelle: DIE ZEIT
Meine Antwort:
Na dann wollen wir uns mal mit Treue trauen ?
53
BFH-Urteil vom 2.9.2010, Az. V R 55/09
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 30 -
43
Schenkungen zwischen Ehegatten: Familienheim ist steuerfrei
Auch Schenkungen zwischen Ehegatten oder Lebenspartnern unterliegen der Schenkungsteuer.
Für die Frage, ob der Freibetrag in Höhe von 500.000 Euro überschritten ist, sind dabei
Schenkungen und/oder ggf. im Wege der Erbfolge übergegangenes Vermögen innerhalb der
letzten zehn Jahre zusammenzurechnen (§ 14 ErbStG). Eine Ausnahme ist für die Übertragung
des sog. Familienheims (oder eines Anteils daran) vorgesehen; diese Schenkung ist unabhängig
vom Wert steuerfrei (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG). Das gilt auch für die Schenkung von Mitteln,
um Belastungen im Zusammenhang mit dem Familienheim abzulösen. Als „Familienheim" ist die
gemeinsame, selbstgenutzte Wohnung anzusehen. Wie der Bundesfinanzhof54 jetzt entschieden
hat, ist es unerheblich, dass ein Gebäude zum Zeitpunkt der Anschaffung bereits Familienheim
war. Steuerfrei ist also z. B. auch die Schenkung eines „Familienheims", wenn dieses bereits vor
der Eheschließung angeschafft wurde. Das Gleiche gilt, wenn ein Ehegatte dem anderen Mittel
zur Tilgung von Verbindlichkeiten zur Verfügung stellt und diese schon vor der Eheschließung
entstanden waren.
44
Kein Vorsteuerabzug bei fehlender Steuernummer in der Rechnung
Eine wichtige Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist u. a., dass dem Leistungsempfänger eine
Rechnung vorliegt, in der auch die Steuernummer bzw. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des
leistenden Unternehmers angegeben ist55. Problematisch sind in diesem Zusammenhang Fälle, in
denen der leistende Unternehmer vom Finanzamt (noch) keine Steuernummer erteilt bekommen
hat.
Der Bundesfinanzhof 56 hat in einem solchen Sachverhalt entschieden, dass die Angabe des
Aktenzeichens des Finanzamts, unter dem die Steuernummer beantragt wurde, in der Rechnung
nicht ausreicht, um den Vorsteuerabzug beim Kunden zu ermöglichen. Nach Auffassung des
Gerichts hätte der Kunde z. B. durch Vergleich mit der eigenen Steuernummer feststellen
können, dass das angegebene Aktenzeichen „75/180 Wv" keine Steuernummer sein kann und dass
ihm folglich kein Vorsteuerabzug zustand. Der Vorsteuerabzug ist erst dann möglich, wenn eine
berichtigte Rechnung mit der (später erteilten) Steuernummer ausgestellt wird. Weil im
Streitfall noch keine berichtigte Rechnung vorlag, konnte das Gericht offenlassen, ob die
Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der Ausstellung der Ursprungsrechnung zurückwirkt,
sodass beim Kunden ggf. kein Zinsverlust entsteht.
45
Nachgelegt: Erwerb eines Familienheims vom Ehepartner durch Schenkung
oder Erbfall
Seit 2009 werden Immobilien im Schenkungs- oder Erbfall regelmäßig mit den Verkehrswerten
bzw. Marktpreisen der Schenkung- bzw. Erbschaftsteuer unterworfen. Eine Besonderheit gilt
allerdings für das sog. Familienheim. Erbt ein Ehegatte ein Familienheim oder Anteile daran vom
54
BFH-Urteil vom 27. Oktober 2004 VI R 37/09
55
Zu den übrigen Rechnungsbestandteilen vgl. § 14(4) UStG bzw. § 33 UStDV
Urteil vom 2.September 2010 VR 55/09
56
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 31 -
anderen Ehegatten, bleibt dies steuerfrei (s. Nr. 1). Dies gilt ebenfalls, wenn zu Lebzeiten das
Familienheim unentgeltlich auf den Ehegatten übertragen wird. Befreit sind somit z. B. auch die
Hingabe von Mitteln für die Anschaffung oder Herstellung eines gemeinsamen Familienheims, die
Tilgung von gemeinsamen Darlehen57 oder auch die Übernahme von nachträglichen Herstellungsoder Erhaltungsaufwendungen am gemeinsamen Familienheim. Die Steuerbefreiung gilt für
Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft entsprechend (siehe § 13 Abs. 1 Nr. 4a und 4b
ErbStG).
Als „Familienheim" gilt die gemeinsam selbstgenutzte Eigentumswohnung bzw. das selbstgenutzte
Einfamilienhaus, wenn sich dort der Mittelpunkt des familiären Lebens befindet. Für eine Ferienoder Wochenendwohnung oder für die Zweitwohnung des Berufspendlers kommt eine
Steuerbefreiung somit nicht in Betracht. Eine flächen- oder wertmäßige Begrenzung besteht
nicht. Die untergeordnete Nutzung zu anderen als zu Wohnzwecken (z. B. als Arbeitszimmer) ist
unschädlich. Wurden Teile der Wohnung entgeltlich gewerblich oder freiberuflich mitgenutzt,
ist die Steuerbefreiung auf den eigengenutzten Wohnteil begrenzt 58.
Je nachdem, ob eine Schenkung oder ein Erbfall vorliegt, gelten jedoch Unterschiede:
Bei Schenkung eines Familienheims besteht keine Behaltefrist; die Steuerbefreiung bleibt
regelmäßig auch dann bestehen, wenn die Wohnung später anders genutzt oder veräußert wird.
Im Falle des Erwerbs einer Wohnung von Todes wegen (Erbfall) kommt eine Steuerbefreiung nur
dann in Betracht, wenn der Erblasser (Ehegatte, Lebenspartner) die Familienwohnung bis zu
seinem Tod zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder wegen eigener Pflegebedürftigkeit nicht
nutzen konnte. Ebenfalls Voraussetzung ist, dass der überlebende Ehepartner nach dem Erbfall
die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken welterführt bzw. aufnimmt — auch hier gilt die
Pflegebedürftigkeit als anerkannter Hinderungsgrund. Im Gegensatz zur Schenkung besteht
allerdings eine Behaltefrist: Wird die Wohnung vom Erben innerhalb von 10 Jahren nach dem
Erbfall verkauft, vermietet oder — mit Ausnahme des eigenen Todes oder der
Pflegebedürftigkeit — anderweitig nicht mehr selbst genutzt, entfällt die Steuerbefreiung
vollständig mit Wirkung für die Vergangenheit und es erfolgt eine Nachversteuerung 59.
46
Abgabe von verzehrfertigen Speisen an Verkaufsständen
Die umsatzsteuerliche Behandlung der Abgabe von Speisen und Getränken hängt davon ab, ob
neben der Bereitstellung der Mahlzeiten damit zusammenhängende „Dienstleistungen" angeboten
werden. So unterliegen die Umsätze von Gaststätten oder Restaurants grundsätzlich einem
Steuersatz von 19 %‚ weil zusätzliche Leistungen wie z. B. ein Kellnerservice mit Bedienung und
Beratung sowie Verzehreinrichtungen (Tische, Stühle, Geschirr usw.) bereitgestellt werden.
Dagegen unterliegt die Abgabe auch verzehrfertiger Speisen zum „Mitnehmen" z. B. an
Imbissständen, in Fleischereien oder Bäckereien regelmäßig dem ermäßigten Umsatzsteuersatz
von 7 %.
Problematisch ist die Abgrenzung jedoch, wenn an solchen Verkaufsstätten auch Einrichtungen
wie z. B. Verzehrtheken oder Stehtische zur Verfügung stehen, die einen Verzehr an Ort und
Stelle ermöglichen. Nach der bisherigen Praxis sind in diesen Fällen die Umsätze in begünstigte
57
58
59
Siehe Tz.Nr. 1 dieser Steuerinfo
Vgl. Abschn. 3 Abs. 2 ErbSt-Erlass (BStBl. 2009 I S. 713).
Vgl. Absch. 4 (2) + (6) ErSt-Erlass (BStBl. 2009 I S. 713).
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 32 -
(Speisen zum Mitnehmen) und nichtbegünstigte (Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle)
aufzuteilen60.
Der Europäische Gerichtshof 61 hat nun in einem Urteil zu dieser Frage Stellung genommen und
die steuerliche Beurteilung entschärft. Danach kommt der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 %
grundsätzlich für alle Umsätze eines Imbissstandes usw. in Betracht, auch wenn
Verzehreinrichtungen zur Verfügung stehen. Voraussetzung ist jedoch, dass dadurch der
Dienstleistungscharakter nicht überwiegt. Das Gericht weist in seiner Entscheidung darauf hin,
dass die Bereitstellung lediglich behelfsmäßiger Vorrichtungen, d. h. einfache Verzehrtheken
ohne Sitzgelegenheit, unschädlich ist. Das bedeutet, es handelt sich dann um „Lieferungen" von
(zubereiteten) Lebensmitteln, die insgesamt mit dem ermäßigten Satz von 7 % der Umsatzsteuer
zu unterwerfen sind.
Zu beachten ist jedoch, dass das Bereithalten von Tischen und Stühlen zum Verzehr an Ort und
Stelle dazu führen kann, dass die Dienstleistung in den Vordergrund tritt und der Umsatz mit
dem normalen Steuersatz von 19 % abgerechnet werden muss.
Die umsatzsteuerliche Behandlung ist daher im Einzelfall zu prüfen. Eine Stellungnahme der
Finanzverwaltung hierzu bleibt allerdings abzuwarten.
47
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer
Aufwendungen für ein Arbeitszimmer innerhalb der eigenen Wohnung (sog. häusliches
Arbeitszimmer) sind steuerlich
a.
b.
unbegrenzt abzugsfähig, wenn das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der
gesamten betrieblichen öder beruflichen Betätigung darstellt,
in anderen Fällen bis zu einem Betrag von 1.250 Euro abzugsfähig, wenn für die
betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
Die Finanzverwaltung62 hat ausführlich zu den Voraussetzungen und dem Umfang der
Anerkennung von Aufwendungen Stellung genommen. Bei der Voraussetzung „es steht kein
anderer Arbeitsplatz" zur Verfügung, reicht es aus, wenn sich dies auf Teile der Tätigkeit
bezieht. Die Finanzverwaltung nennt u. a. folgende
Beispiele für die Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers:
Einem Lehrer steht kein Schreibtisch für die Unterrichtsvorbereitung zur Verfügung
Der Arbeitgeber bietet einem Orchester-Musiker keinen Platz zum üben.
Der angestellte EDV-Berater leistet Bereitschaftsdienst außerhalb der Bürozeiten
Ein Bankangestellter muss außerhalb der üblichen Arbeitzeiten Büroarbeiten verrichten
und kann in diesen Zeiten die Geschäftsräume nicht nutzen.
Die private Mitbenutzung des Arbeitszimmers ist dann unschädlich, wenn diese weniger als 10 %
beträgt. Bei einer intensiveren privaten Mitbenutzung werden die Kosten für ein häusliches
Arbeitszimmer auch nicht anteilig berücksichtigt. In jedem Fall muss das Arbeitszimmer von den
übrigen Räumen der Wohnung abgetrennt sein.
60
Siehe BMF-Schreiben vom 16. Oktober 2008 - IV B 8 - S 7100/ 07/10050 (BStBl 2008 I S. 949), Beispiel 2.
61
Urteil vom 10. März 2011 Rs. C-497/09, C-499/09, C-501/09 und C-502/09.
62
BMF-Schreiben vom 2. März 2011 - IV C 6 - S 2145/07/10002 (BStBl 20111 S. 195).
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 33 -
48
Kosten für krankheitsbedingte Heimunterbringung abzugsfähig
Krankheitskosten entstehen in der Regel zwangsläufig und können als außergewöhnliche
Belastungen steuermindernd berücksichtigt werden, soweit die Aufwendungen eine
einkommensabhängige zumutbare Belastung übersteigen (siehe § 33 EStG).
Bei Kosten für die Unterbringung in einem Seniorenheim ist zu unterscheiden:
Erfolgt die Unterbringung altersbedingt, ist ein Abzug der Aufwendungen nicht möglich, weil
diese als übliche Kosten der Lebensführung angesehen werden. Dagegen sind bei einer
krankheitsbedingten Unterbringung in einem Seniorenheim die Heimkosten als außergewöhnliche
Belastung zu berücksichtigen. Für den Nachweis ist z. B. ein ärztliches Attest erforderlich;
dabei muss es sich aber nicht um ein „amtsärztliches" Attest handeln63. Wie der
Bundesfinanzhof64 entschieden hat, kommt es nicht darauf an, dass eine besondere
Pflegebedürftigkeit gegeben ist; unerheblich ist auch, ob in den Abrechnungen des
Seniorenheims Pflegekosten gesondert in Rechnung gestellt werden. Für den Abzug als
außergewöhnliche Belastung sind die Gesamtaufwendungen allerdings um eine sog.
Haushaltsersparnis zu kürzen.
49
Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften
Seit 2002 sind auch elektronisch erstellte Unterlagen aufzubewahren. Die Finanzverwaltung hat
die Anforderungen für die Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften
zusammengefasst65. Für die mit Registrierkassen, Waagen mit Registrierkassenfunktion,
Taxametern und Wegstreckenzählern erzeugten digitalen Buchhaltungsunterlagen gilt eine 10jährige Aufbewahrungspflicht. In dieser Zeit müssen alle steuerlich relevanten Einzeldaten
einschließlich etwaiger mit diesen Geräten erzeugter Rechnungen im Sinne des
Urnsatzsteuerrechts unveränderbar und vollständig in digitaler Form vorliegen und jederzeit
auch elektronisch auswertbar sein. Das Vorhalten ausschließlich in ausgedruckter Form ist nicht
ausreichend. Die Aufbewahrungspflicht erfasst auch die zu den Geräten gehörenden
Organisationsunterlagen, wie z. B. Bedienungsanleitung und Anweisungen zum Programmieren der
Geräte. Außerdem sind die konkreten Einsatzorte (bzw. Fahrzeuge) und -zeiträume dieser
Geräte zu protokollieren, die Protokolle müssen ebenfalls aufbewahrt werden. Für das
Taxigewerbe gelten darüber hinaus besondere Vorgaben, durch die die Finanzverwaltung die
Kontrolle der Bargeschäfte verbessern will.
Soweit die Geräte bauartbedingt die Anforderungen — z. B. die elektronische Auswertbarkeit
der Daten — nicht oder nur teilweise erfüllen, dürfen sie längstens bis zum 31. Dezember 2016
weiterbenutzt werden. Die Finanzverwaltung verlangt aber, dass technisch mögliche Soft- und
Hardwareanpassungen durchgeführt werden, um die Anforderungen zu erfüllen. Viele
Gerätehersteller bieten entsprechende Update- bzw. Upgrademöglichkeiten auf ihren
Internetseiten an, was von der Finanzverwaltung sicherlich auch überprüft wird.
63
BFH-Urteil vom 23. Mai 2002 III R 24/01 (BStBl 2002 II S. 567)
Urteil vom 13. Oktober 2010 VI R 38/09.
65 BMF-Schreiben vom 26. November 2010 - IV A 4 - S 0316/08/ 10004-07 (BStBl 2010 I S. 1342).
64
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 34 -
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass bei der Installation von Verbesserungen bzw. bei
der Reparatur der Geräte die „alten" Daten nicht verloren gehen dürfen; regelmäßige
Datensicherung ist zu empfehlen. Werden die Voraussetzungen nicht erfüllt, könnte das
Finanzamt Hinzuschätzungen vornehmen.
50
Verlustrealisation durch Verkauf und (Wieder-)Erwerb von GmbH-Anteilen
Werden GmbH-Anteile im Privatvermögen gehalten, wirken sich Verluste der GmbH steuerlich
auch dann beim Gesellschafter nicht aus, wenn sich dadurch der Wert der GmbH-Anteile
mindert. Eine Berücksichtigung beim Gesellschafter erfolgt regelmäßig erst im Fall der
Veräußerung, weil dann ein ausgleichsfähiger Veräußerungsverlust erzielt wird66.
Im Übrigen bleiben die Verluste nur zur späteren Verrechnung mit etwaigen Gewinnen auf der
Ebene der GmbH vortragsfähig.
Der Bundesfinanzhof67 hat nun eine Verlustverrechnung beim Gesellschafter auch vor der
endgültigen Trennung von der GmbH-Beteiligung zugelassen: der ringweise Verkauf und Kauf von
Anteilen zwischen den Gesellschaftern. Verkauft ein Gesellschafter seine Beteiligung (mit
Verlust) an einen anderen Gesellschafter und erwirbt von einem weiteren Gesellschafter in
gleicher Höhe wieder Anteile an der GmbH, so ist nach Auffassung des Gerichts darin kein
Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten zu sehen; der Veräußerungsverlust kann im Rahmen des
§ 17 EStG mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden. Es ist allerdings davon
auszugehen, dass der reine Tausch von GmbH-Anteilen zwischen zwei Gesellschaftern zur
Realisation von Verlusten nicht anerkannt werden würde.
51
Aufwendungen zur Beseitigung
Belastungen abzugsfähig
von
Hausschwamm
als
außergewöhnliche
Grundsätzlich können auch Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden an privaten —
existenznotwendigen — Gegenständen,
z. B. an einer eigengenutzten Wohnung, steuerlich—
geltend gemacht werden, wenn die Beschädigungen durch ein unabwendbares und
außergewöhnliches Ereignis eingetreten sind. Dies kann z. B. eine Naturkatastrophe
(Hochwasser) oder auch eine „private" Katastrophe wie ein Wohnungsbrand sein. Berücksichtigt
werden
können
die
entstandenen
Kosten
(nach
Abzug
einer
eventuellen
Versicherungsentschädigung), soweit diese eine zumutbare Belastung übersteigen (siehe § 33
EStG). Die Beseitigung von Baumängeln an der eigenen Wohnung ist bislang von der
Rechtsprechung nicht als katastrophenähnliches Ereignis angesehen worden, weil derartige
Schäden regelmäßig nicht „außergewöhnlich" sind.
Ein Finanzgericht68 hat jetzt allerdings entschieden, dass Aufwendungen zur Beseitigung von
Hausschwamm in der eigengenutzten Wohnung als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig
sein können. Nach Auffassung des Gerichts stellt der Befall einer Wohnung mit Hausschwamm
66
Insbesondere, wenn innerhalb der letzten fünf Jahre mindestens eine 1 %ige Beteiligung bestanden hat (vgl.
§ 17 EStG). Mit anderen Einkünften ausgleichsfähig sind dann 60 % des Veräußerungsverlustes (sog.
Teileinkünfteverfahren).
67 Urteil vom 7. Dezember 2010 IX R 40/09.
68 Niedersächsisches FG, Urteil vom 17. August 2010 12 K 10270/09,Revision eingelegt (Az. des BFH: VI R
70/10).
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 35 -
eine private Katastrophe dar, die eher mit einem Wohnungsbrand vergleichbar ist als mit
herkömmlichen Baumängeln. Es handele sich hierbei um einen besonderen Schicksalsschlag, der
nicht von der allgemeinen Lebensführung erfasst wird. Gegen dieses Urteil wurde Revision
eingelegt; es bleibt abzuwarten, ob diese Entscheidung Bestand haben wird.
52
Kosten für „umgekehrte Familienheimfahrten" bei doppelter Haushaltsführung
Aufwendungen, die einem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer aus beruflichen Gründen
eingerichteten doppelten Haushaltsführung entstehen, können regelmäßig als Werbungskosten
geltend gemacht werden. Hierzu gehören neben den (Miet-) Kosten für die Wohnung und
Verpflegungsmehraufwendungen für die ersten drei Monate auch Kosten in Hohe der
Entfernungspauschale für eine wöchentliche Heimfahrt an den Familienwohnsitz69. Der
Bundesfinanzhof70 hat entschieden dass aber dann keine Werbungskosten vorliegen, wenn - statt
der wöchentlichen Familienheimfahrt des Arbeitnehmers - der am Familienhausstand lebende
Ehegatte seinen Ehepartner am Beschäftigungsort besucht. Diese Reisekosten können nach
Auffassung des Gerichts weder als „Familienheimfahrten" noch als sonstige Werbungskosten
berücksichtigt werden, da diese Fahrten privat und nicht beruflich veranlasst sind. Die Regelung,
wonach nur die Heimfahrten des Arbeitnehmers vom Beschäftigungsort zum Lebensmittelpunkt
steuerlich anerkannt werden und nicht die Wochenendbesuchsfahrten seines Ehegatten,
verstoße auch nicht gegen verfassungsrechtliche Grundsätze.
53
Vorsteuerabzug bei Betriebsausflügen
Zuwendungen des Arbeitgebers an die Arbeitnehmer bei Betriebsveranstaltungen bzw.
Betriebsausflügen sind als Arbeitslohn zu behandeln, wenn sie mehr als 110 Euro je
Arbeitnehmer und Veranstaltung betragen71. Diese Grenze gilt auch für die Umsatzsteuer. Das
bedeutet, dass bei Überschreiten dieser Grenze die Zuwendungen als unentgeltliche
Wertabgaben nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG mit dem Steuersatz von 19 % der Umsatzsteuer
unterliegen; damit wird ein vom Arbeitgeber vorgenommener Vorsteuerabzug neutralisiert.
Betragen die Ausgaben pro Arbeitnehmer jedoch höchstens 110 Euro, handelt es sich
umsatzsteuerrechtlich um „Aufmerksamkeiten", für die keine Umsatzsteuer anfällt.
Nach neuer Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs72 ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen,
wenn der Unternehmer die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern
ausschließlich und unmittelbar für eine derartige unentgeltliche Wertabgabe verwendet. Das
Gericht geht davon aus, dass in diesem Fall die Eingangsleistung gar nicht für das Unternehmen
bezogen wird, sondern für den privaten Bedarf der Arbeitnehmer. Übersteigen die Zuwendungen
bei einer Betriebsveranstaltung die steuerliche Grenze, erfolgt somit keine Umsatzbesteuerung
als unentgeltliche Wertabgabe. Der Vorsteuerabzug aus diesen Leistungsbezügen bleibt aber wie
bisher zulässig, wenn die Freigrenze von 110 Euro nicht überschritten wird.
69
Siehe hierzu R 9.11 LStR.
Urteil vom 2. Februar 2011 VI R 15/10.
71 Näheres vgl. R 19.5 LStR; zur Lohnsteuerpauschalierung mit 25 % vgl. § 40 Abs. 2 Nr. 2 EStG.
72 Urteil vom 9. Dezember 2010 V R 17/10.
70
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54
Spenden für die Opfer der Katastrophe in Japan
Wie die Finanzverwaltung73 mitteilt, tritt für Spenden zugunsten der Opfer der Katastrophe in
Japan ab sofort eine vereinfachte Spendenregelung in Kraft. Danach gilt für Spenden, die auf
ein für den Katastrophenfall eingerichtetes Sonderkonto eingezahlt werden, ein vereinfachter
Zuwendungsnachweis (vgl. § 50 Abs. 2 Nr. 1 EStDV). Als Nachweis für die steuerliche
Anerkennung derartiger Spenden ist ohne betragsmäßige Beschränkung der Bareinzahlungsbeleg,
die Buchungsbestätigung (Kontoauszug) des Kreditinstituts oder der PC-Ausdruck beim
Onlinebanking ausreichend.
55
Körperschaftsteuerliche Sanierungsklausel: Rückforderung von Steuervorteilen.
Die Geltendmachung von noch nicht genutzten Verlustvorträgen einer Kapitalgesellschaft durch
einen Erwerber ist gesetzlich eingeschränkt. Werden mehr als 25 % der Anteile übernommen, ist
ein Abzug teilweise, bei mehr als 50 % in voller Höhe ausgeschlossen74. Seit 2008 besteht eine
Ausnahme für Gesellschaften, die mit dem Ziel der Sanierung übernommen werden. Unter
bestimmten Voraussetzungen ist in diesen Fällen eine Verlustverrechnung mit zukünftigen
Gewinnen möglich75.
Die EU-Kommission hat diese sog. Sanierungsklausel als verbotene Beihilfe eingestuft und die
deutsche
Finanzverwaltung
aufgefordert,
die
bereits
gewährten
Steuervorteile
zurückzufordern. Begründet wird dies mit einem Wettbewerbsvorteil zugunsten angeschlagener
deutscher Unternehmen und ihrer Käufer. Das Bundesfinanzministerium hat angekündigt, gegen
diesen Beschluss eine Nichtigkeitsklage vor dem Europäischen Gerichtshof einzureichen.
Allerdings hat dies keine aufschiebende Wirkung, sodass bereits gewährte Steuervorteile
zunächst zurückgezahlt werden müssen; der Ausgang des Verfahrens bleibt abzuwarten. Ab 2011
soll die Regelung aufgehoben werden76.
56
Spruch des Monats Mai 2011
Der starke Glaube beweist nur seine Stärke,
nicht die Wahrheit des Geglaubten...
Friedrich Nietzsche
eig. Friedrich Wilhelm Nietzsche
dt. Philosoph, Essayist, Lyriker u. Schriftsteller, 1844 - 1900
73
Zu weiteren (lohn-)steuerlichen Maßnahmen vgl. BMF-Schreiben vom 24. März 2011 - IV C 4 – S
2223/07/0015.
74
Vgl. § 8c Abs. 1 Satz 1 und 2 KStG.
Siehe dazu § 8c Abs. 1a KStG.
76 Siehe Art. 4 Nr. 1 des Entwurfs zu einem Gesetz zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung
steuerlicher Vorschriften.
75
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- 37 -
57
Falsche Kilometerangabe kann eine Steuerhinterziehung sein
In einer aktuellen Entscheidung hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (Az: 3 K 2635/08)
entschieden, dass überhöhte Entfernungsangaben bei Fahrten zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte als Steuerhinterziehung gewertet werden können. Dem Finanzamt kann zudem
nicht ohne Weiteres vorgehalten werden, es hätte die Falschangaben bemerken müssen. In dem
Urteil hatte eine Steuerpflichtige eine neue Arbeitsstelle angenommen, die wesentlich näher an
ihrem Wohnort lag, als die Vorherige. Bei den Angaben in der Anlage N wurde jedoch die
Kilometerangabe zwischen Wohnung und Betrieb nicht geändert und die größere
Entfernungsstrecke wurde somit angesetzt. Das kann ggf. auch unbewusst bzw. unbemerkt bei
einer Datenübernahe aus dem Vorjahr im eigenen Lohnsteuerprogramm passieren.
Nicht nur, damit das Finanzamt die längeren Verjährungsfristen nutzen kann, haben die
Finanzbeamten eine Steuerhinterziehung angenommen. Das Argument der Klägerin, dem
Finanzamt hätte die falsche Kilometerangabe auffallen müssen, überzeugte hingegen das
Finanzgericht in Rheinland-Pfalz nicht. Nach Meinung der erstinstanzlichen Richter habe es die
Steuerpflichtige für möglich gehalten, dass sie mit falschen Angaben zu einer höheren
Steuerersparnis kommt. Daher wurde in dem Fall der Tatbestand der Steuerhinterziehung für
einschlägig erklärt. Insgesamt sollte man sich dessen bewusst sein, wenn man die
Kilometerangabe im überzogenen Maße großzügig angibt oder sein PC-Steuerprogramm nicht
nachprüft.
58
Zoll und Reisen: Grüner oder roter Zoll-Ausgang bei der Einreise in die EU ?
Wer Waren aus den Drittstaaten, also Staaten außerhalb der EU, in das Europäische Gebiet
einführen will, darf dies nur innerhalb bestimmter Grenzen. Diese Grenzen sind selbst dann
anzuwenden, wenn im Urlaub ein Gegenstand nur ersetzt wurde, wie der folgende Fall vor dem
Finanzgericht Düsseldorf (Az: 4 K 120/11 Z) zeigt:
Ein Steuerpflichtiger war mit seiner Ehefrau in der Türkei in Urlaub. Im besagten Urlaub wurde
seine alte (aus Deutschland stammende) Brille beschädigt, weshalb er sich kurzerhand von einem
türkischen Optiker vor Ort eine neue Brille anfertigen ließ. Kostenpunkt der neuen Brille lag bei
circa 690 Euro. Nachdem die beiden Urlauber wieder in der Bundesrepublik gelandet waren,
verließen sie bei der Einreise den Zollbereich des Flughafens durch den grünen Ausgang. Damit
machten sie deutlich, dass nichts zu versteuern sei. Aufgrund einer Kontrolle wurde das Pärchen
jedoch angehalten und der eifrige Zöllner stellte fest, dass gerade versucht wurde, die in der
Türkei neu angeschaffte Brille einzuführen. Hierzu gibt es aufgrund der Einreise-FreimengenVerordnung eine bestimmte Freigrenze, diese liegt jedoch nur bei einem Warenwert von 410
Euro. Folgerichtig wurden daher Einfuhrabgaben in Höhe von 17,5 Prozent des Warenwertes
(hier: 120,75 Euro) festgesetzt. Zusätzlich wurde noch ein (weiterer) 100 Prozent-Zuschlag von
120,75 Euro erhoben, da der Einreisende mit der erworbenen Brille den "grünen" Ausgang für
anmeldefreie Waren und nicht den "roten" Ausgang für einfuhrabgabenpflichtige Waren benutzt
hatte. So kurios der Sachverhalt doch auf den ersten Blick erscheint, das Finanzgericht hat
zuungunsten des Einreisenden die Zollschuld bestätigt, weil der Wert der Brille jenseits der
Warenfreiwertes lag. Häufig erlaubt das Steuerrecht bei Freigrenzen oder auch Freibeträgen
eine Verdoppelung für Verheiratete. Dies ist hier nicht möglich, da die Wertgrenze von 410 Euro
jedem Reisenden nur einzeln zusteht. Auch eine Halbierung der Brille ist ja schließlich nicht
möglich, weshalb die Zollschuld entstanden ist. Wären hingen zwei Brillen für insgesamt 690
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- 38 -
Euro eingeführt worden, hätte die eine Brille vom Ehemann und die andere Brille von seiner
Gattin eingeführt werden können.
59
Berücksichtigung von Erstattungs- und Nachzahlungszinsen
Über die Erstattungs- und Nachzahlungszinsen wurde schon viel geschrieben und sich
vollkommen zu Recht auch aufgeregt. Der Grund: Die vom Finanzamt ausgezahlten
Erstattungszinsen sollen als Kapitalertrag versteuert werden, während die Zinsen, die man
aufgrund einer Nachzahlung an das Finanzamt zahlt, steuerlich nicht abgezogen werden können,
also insgesamt vollkommen unbeachtlich sein sollen. So ist derzeit die aktuelle Rechtslage.
Wie teilweise unverständlich Steuerrecht manchmal sein kann, zeigt schließlich ein Erlass des
Landesamtes für Steuern aus dem Freistaat Bayern vom 18.02.2011. Dieser beschäftigt sich mit
der Frage, wie denn, ausgegangen von der oben genannten steuerlichen Behandlung von
Nachzahlungs- bzw. Erstattungszinsen, die Zurückzahlung von Erstattungszinsen und die
Erstattung von Nachzahlungszinsen steuerlich einzuordnen sind.
Die folgenden Sachverhalte verbergen sich dahinter: Wer eine Steuererstattung inklusive
Erstattungszinsen erhalten hat und wenn später dieser Bescheid so geändert wird, dass der
Steuerpflichtige wieder etwas zurückzahlen muss, der muss auch einen Teil der schon
ausgezahlten Erstattungszinsen an das Finanzamt zurück zahlen. Da zuvor die Auszahlung der
Erstattungszinsen positive und steuerpflichtige Einnahmen bei den Einkünften aus
Kapitalvermögen waren, liegen nun negative Einnahmen aus Kapitalvermögen vor. Diese muss der
Steuerpflichtige, aufgrund des geänderten Steuerbescheids, selber in der Anlage Kap eintragen
– denn sonst würde er zuviel Steuern zahlen.
Wer hingegen Nachzahlungszinsen erstattet bekommt, braucht diese nicht als Kapitaleinnahme
anzusetzen, da die damalige Zahlung der Nachzahlungszinsen steuerlich ebenso unbeachtlich war.
Insgesamt sicher schwierig für den Steuerpflichtigen, der selber darauf zu achten hat, damit
nicht zu viel versteuert wird. So mancher Finanzbeamte könnte unter Umständen – vielleicht
unwissentlich- geneigt sein, die Erstattung von Nachzahlungszinsen als Kapitaleinnahme
anzusetzen.
60
Kosten für Müllabfuhr keine „haushaltsnahen Dienstleistungen“
Neben der Begünstigung von Handwerkerleistungen (z. B. Heizungswartung; Höchstbeträge siehe
35a Abs. 3 EStG) kann für bestimmte haushaltsnahe Dienstleistungen, wie z. B. Hausarbeiten
(Putzen, Bügeln etc.) oder Gartenpflege, eine Steuerermäßigung in Höhe von 20% der
Aufwendungen bis zu einem maximalen Ermäßigungsbetrag von 4.000 Euro geltend gemacht
werden ( 35a Abs. 2 EStG). Ein Finanzgericht77 hat jetzt entschieden, dass die Gebühren für die
Müllabfuhr nicht nach 35a EStG steuerbegünstigt sind. Berücksichtigungsfähig sind nach
Auffassung des Gerichts Dienstleistungen, die eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung
aufweisen; diese bestehe nur dann, wenn die Leistung innerhalb der Grenzen des Grundstücks, in
dem sich der betreffende Haushalt befindet, ausgeübt wird. Die Hauptleistung der Müllabfuhr
ist nach Meinung des Gerichts jedoch die Verarbeitung und Lagerung des Mülls, die nicht
innerhalb des Grundstücks erfolgt. Auch eine anteilige Berücksichtigung als begünstigte
Dienstleistung komme nicht in Betracht.
77
FG Köln, Urteil vom 26. Januar 2011 4 K 1483/10; auch die Finanzverwaltung lehnt die Berücksichtigung von
Müllabfuhrkosten ab (siehe Anlage 1 zum BMF-Schreiben vom 15. Februar 2010 - IV C 4— S 2296-b/07/0003, BStBl.
2010 I S. 140).
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- 39 -
61
PKW-Überlassung für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle
Der Bundesfinanzhof hat in mehreren Urteilen78 entschieden, dass bei Arbeitnehmern für die
PKW-Überlassung, deren Wert nach der 1 %-Regelung ermittelt wird, der Zuschlag für Fahrten
zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte in Höhe von 0,03 % vom PKW-Listenpreis pro
Entfernungskilometer und pro Monat nur dann anzusetzen ist, wenn das Fahrzeug regelmäßig für
solche Fahrten genutzt wird. Bei unregelmäßiger Nutzung kann der Zuschlag mit 0,002 % vom
Listenpreis für jeden Entfernungskilometer, multipliziert mit den Arbeitstagen, an denen der
PKW für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte tatsächlich verwendet wird, ermittelt
werden.
Inzwischen hat die Finanzverwaltung ihre ablehnende Haltung79 aufgegeben und wendet die
Rechtsprechung allgemein an80. Für den Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber sind zwei
Methoden möglich:
•
Der Arbeitgeber ermittelt den Zuschlag für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger
Arbeitsstätte wie bisher pauschal mit 0,03 % vom Listenpreis pro Entfernungskilometer
und pro Monat 81.
In diesem Fall kann der Arbeitnehmer bei seiner Einkommensteuer-Veranlagung eine
geringere Nutzung nachweisen. Dazu muss er (fahrzeugbezogen) darlegen, an welchen
Tagen (mit Datumsangabe) er das Fahrzeug tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung
und regelmäßiger Arbeitsstätte genutzt hat. Außerdem muss der Arbeitnehmer durch
geeignete Belege (z. B. Gehaltsabrechnung mit entsprechenden Angaben) nachweisen, dass
der Arbeitgeber den Zuschlag mit 0,03 % vom Listenpreis je Entfernungskilometer und
Monat ermittelt und versteuert hat.
•
Der Arbeitgeber ermittelt den Zuschlag durch Einzelbewertung jeder durchgeführten
Fahrt zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte mit 0,002 % des Listenpreises
pro Entfernungskilometer.
In diesem Fall hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber für jeden Kalendermonat
(fahrzeugbezogen) schriftlich mitzuteilen, an welchen Tagen (mit Datumsangabe) er das
Fahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte genutzt hat.
Der Arbeitgeber braucht die Angaben des Arbeitnehmers nicht zu überprüfen. Beim
Lohnsteuerabzug muss der Arbeitgeber aber darauf achten, dass die jahresbezogene
Grenze von 180 Fahrten nicht überschritten wird; eine monatliche Begrenzung auf 15
Fahrten ist nicht zulässig.
Im laufenden Jahr 2011 ist ein Wechsel von der pauschalen Ermittlung des Zuschlags zur
Einzelermittlung möglich, danach ist ein Wechsel der Ermittlungsmethode während des
Kalenderjahres unzulässig.
78
Zuletzt vom 22. September 2010 VI R 54/09; vgl. auch Steuerinfo März 2011 Nr. 6.
Vgl. noch R 8.1 Abs. 9 Nr. 1 Satz 4 LStR 2011 und H 8.1 (9-10) „Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte bei
pauschaler Nutzungswertermittlung" LStH 2011.
80
Vgl. BMF-Schreiben vom 1. April 2011 — IV C 5 — S 2334/08/10010 (BStBl. 2011 I S. 301).
81
Hierbei ist zu beachten, dass sich ggf. Nachteile hinsichtlich der Sozialversicherung ergeben können.
79
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63
Kein Zufluss von Arbeitslohn bei Gehaltsverzicht durch Gesellschafter
Insbesondere bei sog. Ein-Mann-GmbHs ist die Höhe der Vergütung des (alleinigen)
Gesellschafter-Geschäftsfahrers stark von der wirtschaftlichen Situation abhängig. Allerdings
ist z.B. zu beachten, dass auch bei einem erfolgreichen Unternehmen die Bezüge des
Geschäftsfahrers eine angemessene Höhe nicht überschreiten dürfen, d. h., sie müssen dem
entsprechen, was auch mit einem fremden Geschäftsführer vereinbart worden wäre. Ist dies
nicht der Fall, kann eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen, die das körperschaft- und
gewerbesteuerpflichtige Einkommen der GmbH erhöht.
Im umgekehrten Fall einer wirtschaftlichen Krise kann es sinnvoll sein, dass der Gesellschafter
auf ihm an sich zustehende Vergütungen verzichtet, um ggf. das Entstehen von Verlusten oder
gar die Überschuldung der GmbH zu vermeiden.
Zu den steuerlichen Folgen eines Gehaltsverzichts hat jetzt der Bundesfinanzhof82 Stellung
genommen. Im Streitfall verzichtete der Gesellschafter-Geschäftsführer auf das
Weihnachtsgeld, die GmbH zahlte das Geld nicht aus. Das Finanzamt unterstellte dennoch einen
Zufluss von Arbeitslohn und ermittelte darauf entsprechend Lohnsteuer, Kirchensteuer und
Solidaritätszuschlag.
Dem trat der Bundesfinanzhof entgegen und entschied, dass auch bei einem beherrschenden
Gesellschafter das Zufließen von Vergütungen nicht fingiert werden kann; dies wäre nur dann
möglich, wenn sich die Bezüge bei der Ermittlung des Einkommens der GmbH ausgewirkt haben.
Die Gesellschaft hat aber weder einen entsprechenden Gehaltsaufwand erfasst noch eine
Verbindlichkeit passiviert. Es lag somit kein Verzicht von „fälligen" Vergütungen vor. Da das
Vermögen der GmbH nicht vermehrt wurde, könne auch eine (den Zufluss begründende)
verdeckte Einlage nicht angenommen werden.
63
Neuregelung der strafbefreienden Erklärung (Selbstanzeige)
Steuerhinterziehung kann mit einer Geldstrafe oder mit Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren, in
besonders schweren Fallen bis zu 10 Jahren, geahndet werden. Steuerpflichtige, die in Form
einer Selbstanzeige unrichtige oder unvollständige Angaben gegenüber dem Finanzamt
berichtigen oder nachholen, müssen zwar die entsprechenden Steuerbeträge nachzahlen (ggf.
zuzüglich Zinsen), bleiben gemäß § 371 Abgabenordnung aber regelmäßig straffrei.
Im Rahmen des Schwarzgeldbekampfungsgesetzes83 sind die Bestimmungen der
strafbefreienden Erklärung verschärft worden. Um die Straffreiheit zu erlangen, müssen
künftig alle betroffenen Sachverhalte offengelegt werden, d. h., es müssen zu allen
unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang Angaben berichtigt, ergänzt
oder nachgeholt werden. Die Erklärung darf sich z. B. nicht nur auf bestimmte Steuerquellen
oder Gestaltungen beziehen. Ergeben sich nämlich in diesem Fall innerhalb einer Steuerart
weitere Vergehen, tritt insgesamt keine Straffreiheit ein, auch nicht für die nacherklärten
Bereiche.
Neu ist ebenfalls, dass eine strafbefreiende Erklärung künftig bereits dann nicht mehr möglich
ist, wenn (lediglich) die Entdeckung „droht".
82
83
Urteil vom 3. Februar 2011 VI R 4/10 (für Gehaltsverzicht); für Verzicht auf Tantiemezahlungen siehe Urteil vom 3. Februar 2011
VI R 66/09.
Siehe BGBl. 2011 I S. 676.
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Im Einzelnen gilt die Straffreiheit nicht, wenn
•
eine Prüfungsanordnung bekannt gegeben wurde oder
•
die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben worden ist oder
•
ein Amtsträger der Finanzbehörde (z. B. Prüfer) erschienen ist oder
•
eine der Steuerstraftaten bereits entdeckt war und der „Täter" dies wusste oder bei
„verständiger Würdigung der Sachlage" damit rechnen musste.
Für größere Fälle gibt es künftig eine Sonderregelung: Übersteigen die erlangten Steuervorteile
den Betrag von 50.000 Euro für die einzelne Steuerart, tritt grundsätzlich keine Straffreiheit
ein. Von einer Strafverfolgung wird allerdings abgesehen, wenn neben der Zahlung von Steuern
und Zinsen zusätzlich ein „Aufschlag" von 5 % der hinterzogenen Steuer entrichtet wird.
Zu beachten ist, dass der Gesetzgeber den Stichtag für die letztmalige Anwendung der
Selbstanzeige in bisherigem Umfang rückwirkend auf den 28. April 2011 (Eingang der
Selbstanzeige beim Finanzamt) festgelegt hat.
64
Vergütung ausländischer Vorsteuerbeträge
In Deutschland ansässige Unternehmer, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind und im
Zusammenhang mit ihrer unternehmerischen Tätigkeit im Ausland Vorsteuern entrichtet haben
(z.B. anlässlich einer Geschäftsreise oder als Aussteller bei einer Messe), können diese
Vorsteuerbeträge regelmäßig in einem besonderen Verfahren vergütet bekommen. Das
Vergütungsverfahren ist grundsätzlich für Unternehmer vorgesehen, die in dem Staat, in dem
die Erstattung beantragt wird, keine steuerpflichtigen Umsätze erzielen, d. h. somit nicht dem
„normalen" Besteuerungsverfahren unterliegen und deshalb in diesem Staat keine UmsatzsteuerAnmeldungen abzugeben haben84. Zu beachten ist, dass regelmäßig nur die Vorsteuern vergütet
werden können, die auch ein im jeweiligen Erstattungsland ansässiger Unternehmer geltend
machen könnte; hier gelten zum Tell erhebliche Einschränkungen (z.B. bei PKW- und
Bewirtungskosten oder bei Reisekosten) bzw. Mindestvergütungsbeträge.
Je nachdem in welchem Land der in Deutschland ansässige Unternehmer das
Erstattungsverfahren beantragt, gelten unterschiedliche Antragsfristen und Besonderheiten: 85
Erstattung von Vorsteuern aus Nicht-EU-Staaten
Die Vergütung von Vorsteuern aus Nicht-EU-Staaten (sog. Drittländer) ist grundsätzlich nur
möglich, wenn zu dem betroffenen Staat eine sog. Gegenseitigkeit besteht. Die Drittstaaten,
bei denen eine solche Gegenseitigkeit vorliegt, werden regelmäßig von der Finanzverwaltung
veröffentlicht86. Ausgeschlossen ist hier die Erstattung von Vorsteuerbeträgen, die auf den
Bezug von Kraftstoffen entfällt87.
Anträge auf Vorsteuervergütung aus Drittstaaten können weiterhin in Papierform bei der
zuständigen (ausländischen) Erstattungsbehörde (entweder direkt88 oder über die
entsprechende Auslandshandelskammer89 gestellt werden. Als Abgabefrist gilt der 30. Juni
84
Siehe dazu § 59 UStDV.
Zum Vorsteuervergütungsverfahren siehe im Einzelnen das BMF-Schreiben vom 3. Dezember 2009 — IV B 9 — S 7339/09/
10001 (BStBl. 2009 I S. 1520).
86
Siehe BMF-Schreiben vom 23. Juli 2010 — IV D 3 — S 7359/07/10009 (BStBl. 2010 I S. 636).
87
Siehe § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG.
88
Siehe unter www.bzst.de : Umsatzsteuervergütung — Inländische Unternehmer — Anschriften der ausländischen Behörden für die
Vergütung von Umsatzsteuer.
89
Siehe unter www.ahk.de : AHK Standorte.
85
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des folgenden Jahres. Dem Antrag beizufügen sind Originalrechnungen bzw. Einfuhrbelege sowie
eine sog. Unternehmerbescheinigung des zuständigen Finanzamts.
Erstattung von Vorsteuern aus einem EU-Mitgliedstaat
Für Anträge auf Erstattung von Vorsteuerbeträgen aus EU-Ländern gilt ausschließlich ein
elektronisches Verfahren, d. h., Vergütungsanträge sind nach amtlich vorgeschriebenem
Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln90. Die elektronische Übermittlung gilt —
je nach Bestimmung des jeweiligen Staates — auch für Rechnungen und Einfuhrbelege, wenn das
Entgelt für den Umsatz bzw. die Einfuhr 1.000 Euro oder mehr beträgt (bei Rechnungen über
Kraftstoffe: mindestens 250 Euro). Der Antrag muss hier bis zum 30. September des
Folgejahres gestellt werden91. Der Antrag ist über ein elektronisches Portal an das
Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu richten; von dort werden die Anträge an die jeweiligen
EU-Staaten weitergeleitet92.
65
Ermittlung einer Rückstellung für Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen
Gewerbetreibende und Selbständige, die Bücher führen und Bilanzen erstellen, müssen
Unterlagen wie z. B. Jahresabschlüsse, Konten, Aufzeichnungen und Buchungsbelege 10 Jahre
lang aufbewahren (§ 147 Abgabenordnung)93. Für die in diesem Zusammenhang anfallenden
Aufwendungen ist eine steuermindernde Rückstellung zu bilden94. Dies gilt allerdings nur, soweit
eine gesetzliche Verpflichtung zur Aufbewahrung besteht; werden Unterlagen freiwillig länger
aufbewahrt, ist eine Rückstellung hierfür nicht möglich. Bei der Ermittlung des
Rückstellungsbetrages sind die voraussichtlichen Kosten der Aufbewahrung zugrunde zu legen.
In Betracht kommen folgende Aufwendungen:
—
laufende Raumkosten (anteilige Miete bzw. Gebäudeabschreibung, Grundsteuer,
Gebäudeversicherung, Instandhaltung, Heizung, Strom); der anteilige Aufwand kann
regelmäßig nach dem Verhältnis der Nutzfläche des Archivs zur Gesamtfläche ermittelt
werden; eventuelle Finanzierungskosten für Archivräume dürfen steuerrechtlich nicht
berücksichtigt werden;
—
einmaliger Aufwand für Einlagerung, ggf. Mikroverfilmung bzw. Digitalisierung der zu
archivierenden Unterlagen für das abgelaufene Wirtschaftsjahr, sofern die Einlagerung
zum Bilanzstichtag noch nicht erfolgt ist;
—
Kosten für Einrichtungsgegenstände, d. h. Abschreibungsbeträge für Regale und
Schränke, soweit noch nicht abgeschrieben;
—
anteilige Personalkosten für Lagerverwaltung, Hausmeister, Reinigung, Sicherung und
Lesbarmachung der Datenbestände.
Kosten für die Entsorgung von Unterlagen nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist sowie für die
Einlagerung nach dem Bilanzstichtag entstehender Unterlagen dürfen nicht in die Rückstellung
einbezogen werden. In einer aktuellen Entscheidung hat der Bundesfinanzhof95 zur Bewertung
90
91
Gemäß Steuerdaten-ÜbermittlungsVO (siehe § 18g UStG).
Siehe § 61 Abs. 2 UStDV.
92
Weitere Informationen hierzu unter www.bzst.de.
Siehe dazu ausführlich Steuerinfo Januar 2011 Nr. 6.
94
BFH-Urteil vom 19. August 2002 VIII R 30/01 (BStBl. 2003 II S. 131).
95
Urteil vom 18. Januar 2011 X R 14/09.
93
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einer derartigen Rückstellung Stellung genommen. Danach ist grundsätzlich die verbleibende
Dauer der Aufbewahrungspflicht in Abhängigkeit vom Entstehungszeitpunkt der jeweiligen
Unterlagen und der gesetzlich angeordneten Dauer der Aufbewahrungsfristen zu
berücksichtigen. Anzusetzen sind die Kosten, die im Zeitpunkt der Erfüllung der Verpflichtung
anfallen96. Der Bundesfinanzhof bestätigt außerdem die in der Praxis zum Tell übliche
Vereinfachungsregelung, dass regelmäßig von einer durchschnittlichen Restaufbewahrungsdauer
von 5,5 Jahren auszugehen ist, weil die Unterlagen im Schnitt zwischen 1 und 10 Jahren (= 11
Jahre : 2 = 5,5 Jahre) aufbewahrt werden97.
Beispiel dazu:
Für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen (Aufbewahrungsfrist 10 Jahre) werden Kosten
von 1.200€ jährlich entstehen. Der möglich Rückstellungsbetrag berechnet sich (1.200€ x 5,5 =)
mit 6.600,00 €
66
Spruch des Monats Juni 2011
Alles was du sagst, sollte wahr sein.
Aber nicht alles was wahr ist,
solltest du auch sagen.
Voltaire
21.11.1694 - 30.05.1778
frz. Philosoph
Die Wahrheit - Wie wahr, wie wahr
67
Gebührenpflicht für verbindliche Auskunft nicht verfassungswidrig
Die Behandlung bzw. Beurteilung eines steuerlichen Sachverhalts steht insbesondere im
betrieblichen Bereich regelmäßig unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Wird nach Abgabe des
Jahresabschlusses und der Steuererklärungen bei einer später stattfindenden Betriebsprüfung
der Sachverhalt anders beurteilt, kann es zu Steuernachforderungen (ggf. zuzüglich Zinsen)
96
97
Künftige Preis- und Kostenveränderungen sind steuerrechtlich nicht zu berücksichtigen.
Gilt für Unternehmen, die älter als 10 Jahre sind. Abweichende Aufbewahrungsfristen (z. B. 6 Jahre für Lohn- oder
Auftragsunterlagen) können bei Anwendung der Vereinfachungsregelung außer Acht gelassen werden, wenn dies nicht zu einem
offenbar unangemessenen Ergebnis führt.
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- 44 -
kommen. Zur Vermeidung dieses Risikos kann es bei Vorgängen mit erheblicher steuerlicher
Bedeutung (z. B. hei Unternehmensneustrukturierungen) sinnvoll sein, sich mit dem Finanzamt im
Vorhinein über die steuerliche Behandlung zu verständigen. Zu diesem Zweck kann eine
verbindliche Auskunft beim Finanzamt beantragt werden (siehe § 89 Abs. 2 ff.
Abgabenordnung).
Liegen die Voraussetzungen98 für eine verbindliche Auskunft vor und wird diese (vorbehaltlos)
von der Finanzverwaltung erteilt, werden dafür Gebühren erhoben, die innerhalb eines Monats
zu zahlen sind. Die Gebühr wird regelmäßig nach dem Gegenstandswert ermittelt; dieser bemisst
sich nach den möglichen Steuernachzahlungen bei Anwendung einer anderen (nachteiligen)
Rechtsauffassung durch die Finanzverwaltung. Die Gebühr beträgt mindestens 121 Euro (bei
einem Mindestgegenstandswert von 5.000 Euro) und höchstens 91.456 Euro (Gegenstandswert:
30 Mio. Euro). Ist ein Gegenstandswert nicht bestimmbar, wird eine Zeitgebühr berechnet (50
Euro je angefangene halbe Stunde Bearbeitungszeit).
Der Bundesfinanzhof99 hat entschieden, dass die Berechnung von Gebühren für verbindliche
Auskünfte nicht verfassungswidrig ist, auch wenn diese im Einzelfall (hier: über 91.000 Euro)
besonders hoch sind. Den Einwand, das Steuerrecht sei derart kompliziert, dass die
Finanzverwaltung Auskünfte gebührenfrei erteilen müsse, erkannte das Gericht nicht an. Im
Gegenteil, so der Bundesfinanzhof: Mit derartigen Auskünften seien für die Steuerpflichtigen
„besondere Vorteile im Vorfeld von Steuergestaltungen verbunden, sodass die Finanzverwaltung
nicht verpflichtet sei, solche Vorteile ohne Gegenleistung zur Verfügung zu stellen."
68
Betriebsveranstaltung: Berechnung der 110 Euro-Freigrenze
Zuwendungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer bei Betriebsveranstaltungen stellen
keinen lohn- und sozialversicherungspflichtigen Arbeitslohn dar, wenn bei der Veranstaltung die
Zuwendungen an den einzelnen Arbeitnehmer insgesamt nicht mehr als 110 Euro betragen;
begünstigt sind höchstens zwei Betriebsveranstaltungen pro Jahr100. Zu beachten ist allerdings,
dass sich die Grenze von 110 Euro auf den einzelnen Arbeitnehmer bezieht; das bedeutet, dass
bei Mitnahme z. B. eines Angehörigen die Grenze rechnerisch 55 Euro pro Person beträgt.
Unklar war bisher die Frage, wie der auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallende Anteil zu
berechnen ist, wenn weniger Teilnehmer als geplant die Veranstaltung besuchen. Hier hat ein
Finanzgericht101 eine praktikable Lösung gefunden:
Beispiel:
Ein Arbeitgeber (AG) plant eine Betriebsveranstaltung für 200 Teilnehmer (100 Arbeitnehmer
(AN) mit je einer Begleitperson). Für den äußeren Rahmen (Zelt, Musik, künstlerische
Darbietungen) entstehen Kosten von insgesamt 5.000€, für Speisen und Getränke wird eine
Pauschale von 30€ pro tatsächlich teilnehmender Person vereinbart. Wegen schlechten Wetters
besuchen nur 120 Personen (60 AN mit Anhang) das Betriebsfest.
98
Siehe im Einzelnen den AO-Anwendungserlass zu 89; hiervon zu unterscheiden ist die sog. Anrufungsauskunft, die
ausschließlich für Lohnsteuerfragen in Betracht kommt und die grundsätzlich gebührenfrei ist (vgl. § 42e EStG).
99
Siehe Urteil vorn 30. März 2011 1 R 61/10 sowie Aussetzungsbeschluss vorn 30. März 2011 I B 136/10.
Vgl. dazu R 19.5 LStR.
101
FG Düsseldorf, Urteil vorn 17. Januar 2011 11 K 908/10 L (Revision eingelegt).
100
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Für die Berechnung der Zuwendung pro TN hat das Gericht die Kosten für den äußeren Rahmen
von 5.000€ nicht auf die 120 Anwesenden verteilt, sondern auf die geplante TN-Anzahl von 200
umgelegt, sodass auf jeden TN 25 € entfallen. Zusammen mit den Kosten für Speisen und
Getränke ergeben sich für jeden TN 55,00 €, sodass die Grenze von 110,00 € pro Arbeitnehmer
einschließlich der Begleitperson nicht überschritten wurde.
Im Urteilsfall ist bei einzelnen Arbeitnehmern gleichwohl Lohnsteuer entstanden, weil sie mehr
als eine Begleitperson mitnahmen. Der Arbeitgeber hatte die Lohnsteuer pauschal mit 25 %
zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer übernommen102.
Gegen das Urteil ist Revision beim Bundesfinanzhof103 eingelegt worden; es bleibt abzuwarten, ob
das Urteil bestätigt wird.
69
Werbungskostenabzug bei Sprachkursen im Ausland
Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen ( §
9 Abs. 1 Satz 1 EStG). So können beispielsweise Arbeitnehmer ihre beruflich veranlassten
Fortbildungskosten hei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit steuermindernd geltend
machen. Eine berufliche Veranlassung kann auch bei Sprachkursen im Ausland, die nur
Grundkenntnisse in der Fremdsprache vermitteln, gegeben sein, wenn diese Kenntnisse für die
berufliche Tätigkeit ausreichen; in diesem Fall können die Kursgebühren als Werbungskosten
abgezogen werden104.
Bei Sprachreisen ins Ausland ist zu beachten, dass der touristische Wert des Aufenthalts am
Kursort regelmäßig als private Mitveranlassung angesehen wird mit der Folge, dass die
Reisekosten aufzuteilen sind. Als Aufteilungsmaßstab für die Reise- und Unterkunftskosten
sowie die Verpflegungsmehraufwendungen kommt grundsätzlich das Verhältnis der beruflichen
zu den privaten Zeitanteilen der Reise in Betracht105. Der Bundesfinanzhof hielt im Fall eines
Englischsprachkurses in Südafrika die hälftige Aufteilung sämtlicher mit der Reise verbundenen
Kosten für möglich, wenn kein anderer Aufteilungsmaßstab nachgewiesen oder glaubhaft gemacht
wird.
70
Kirchensteuer auf außerordentliche Einkünfte
Jeder Bezieher von lohn- bzw. einkommensteuerpflichtigen Einkünften unterliegt - sofern er
Mitglied einer steuererhebenden Kirche ist - mit diesen Einkünften auch der Kirchensteuer. Die
Kirchensteuer wird als Zuschlag auf die Lohnsteuer bzw. auf die festgesetzte Einkommensteuer
erhoben sowie bei Kapitalerträgen ggf. zusammen mit der Abgeltungsteuer (Kapitalertragsteuer)
einbehalten106. Der (normale) Kirchensteuersatz beträgt in allen Bundesländern 9 %, mit
Ausnahme Baden-Württembergs und Bayerns (je 8 %).107 Die Anknüpfung der Kirchensteuer an
102
103
Zur Lohnsteuer-Pauschalierung hei Betriebsveranstaltungen vgl. § 40 Abs. 2 Nr. 2 EStG.
Az. des BFH: VI R 7/11.
104
BFH-Urteil vom 24. Februar 2011 VIR 12/10.
Vgl. auch BMF-Schreiben vom 6. Juli 2010—IV C 3— S 2227/07/ 10003 (BStBl. 2010 I S. 614).
106
Siehe § 51a EStG; die Einzelheiten sind in den Kirchensteuergesetzen der jeweiligen Bundesländer geregelt.
107
Gehört bei zusammenveranlagten Ehegatten der (Haupt- )Verdiener keiner Kirche an, wird abweichend von der normalen
Kirchensteuer regelmäßig ein sog. Kirchgeld erhoben.
105
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die Einkommensteuer bedeutet grundsätzlich, dass die Kirchensteuer entsprechend der
Steuerprogression steigt; dies ist von der Rechtsprechung nicht beanstandet worden.108
Erzielt der Kirchensteuerpflichtige Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer
Kapitalgesellschaft (z. B. GmbH) oder entsprechende Gewinnausschüttungen, die nach dem
Teileinkünfteverfahren ermittelt werden, gilt eine Besonderheit: Die Kirchensteuer wird nicht
nur auf den einkommensteuerpflichtigen, sondern auch auf den nach § 3 Nr. 40 EStG
steuerfreien Anteil des Veräußerungsgewinns bzw. der Ausschüttung berechnet (siehe § 51a
Abs. 2 Satz 2 EStG).
Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass einige evangelische Landeskirchen und
katholische Diözesen bei besonderen Belastungen Kirchensteuer (teilweise) erlassen können. Eine
solche zusätzliche Belastung besteht im Beispielsfall in Höhe der Kirchensteuer, die auf den
(hinzugerechneten) Veräußerungsgewinn entfällt.
Entsprechendes gilt für die Kirchensteuer, die auf außerordentliche Einkünfte, wie z. B. Gewinne
durch Betriebsaufgaben bzw. -veräußerungen oder Entschädigungen bzw. Abfindungen infolge
des Arbeitsplatzverlustes erhoben wird. Zur Abmilderung der Einkommensteuerprogression
können diese Einkünfte nach der sog. Fünftel-Regelung besteuert werden (vgl. § 34 Abs. 1 und 2
EStG). Einige Kirchen erlassen die auf begünstigte Einkünfte im Sinne des § 34 Abs. 2 EStG
entfallende Kirchensteuer auf Antrag in Höhe von bis zu 50 %. Darüber hinaus kann ein Erlass in
Einzelfällen in Betracht kommen, wenn die außerordentlichen Einkünfte z. B. der Alterssicherung
dienen und dieses im Antrag nachgewiesen wird. Allerdings wird diese Regelung nicht von allen
Kirchen einheitlich angewendet. Im Einzelfall sollten sich Betroffene ggf. an die zuständige
Kirchenbehörde wenden.
Zu beachten ist, dass der Bundesfinanzhof109 entschieden hat, dass kein einklagbarer
Rechtsanspruch auf (Teil-)Erlass der Kirchensteuer besteht. Dies gilt auch, wenn andere
Kirchengemeinden entsprechende Erlassregelungen anwenden; eine Bindung für einzelne
Kirchengemeinden besteht insoweit nicht.
71
Kein Vorsteuerabzug bei privaten Sammlungen
Während für die Steuerpflicht bei den Ertragsteuern die Gewinnerzielungsabsicht erforderlich
ist, reicht für die Annahme der umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft die
Einnahmeerzielungsabsicht aus; die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist ausdrücklich keine
Voraussetzung (§ 2 Abs. 1 UStG). Das bedeutet, dass auch in den Fallen, in denen ggf. eine
einkommensteuerrechtliche Liebhaberei vorliegt, grundsätzlich Vorsteuern abgezogen werden
können.
Der Bundesfinanzhof110 hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass der allgemeine Grundsatz
aber nur dann gilt, wenn Gegenstände letztlich für das Unternehmen und nicht für den privaten
Bereich erworben werden. Im Streitfall hatte eine eigens für diesen Zweck gegründete GmbH
(überwiegend) hochwertige Neufahrzeuge mit dem Ziel der Einlagerung und späteren
Veräußerung mit Gewinn erworben. Die Fahrzeuge wurden letztlich bereits sechs Jahre nach
108
109
110
Siehe Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Mai 2003 9 C 12.02; zu beachten ist, dass in den meisten Bundesländern die
Kirchensteuer auf 3 % bzw. 3,5 % des zu versteuernden Einkommens begrenzt ist (sog. Kirchensteuerkappung).
Urteil vom 1. Juli 2009 I R 81/08 (BStBl. 2011 II S. 379).
Urteil vom 27. Januar 2011 V R 21/09.
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 47 -
Gründung der GmbH mit Verlust wieder veräußert. Der Bundesfinanzhof ließ den Vorsteuerabzug
aus der Anschaffung der Fahrzeuge nicht zum Abzug zu. Grund dafür war nicht, dass nur ein
Verlust erwirtschaftet wurde. Das Vorsteuerabzugsverbot wurde vielmehr damit begründet,
dass bei Gegenständen, die ihrer Art nach sowohl zu unternehmerischen als auch zu privaten
Zwecken bezogen werden (wie hier die PKW), unter Berücksichtigung aller vorliegenden
Umstände zu prüfen sei, ob diese tatsächlich zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen — und
damit für eine wirtschaftliche Tätigkeit — angeschafft werden oder eher einer privaten
Sammlertätigkeit bzw. privaten Vermögensverwaltung zuzuordnen sind. Letzteres hat der
Bundesfinanzhof im Streitfall bejaht. Nicht entscheidungserheblich war, dass es sich hier um
eine GmbH handelte.
Entsprechend ist die Veräußerung einer Sammlung auch nur dann umsatzsteuerpflichtig, wenn
sich der Sammler bereits während des Aufbaus der Sammlung durch nachhaltige An- und
Verkäufe wie ein Händler verhält.
72
Krankenversicherungspflicht auf Leistungen aus betrieblicher Direktversicherung teilweise verfassungswidrig
Seit 2005 ist die steuerliche Behandlung der gesetzlichen, der privaten sowie der betrieblichen
Altersvorsorge neu geregelt worden. Während auf der einen Seite Beiträge für eine
Altersversorgung in Form einer Rente steuerlich starker berücksichtigt bzw. gefördert werden,
ist andererseits zu beachten, dass im Leistungsfall die Rentenzahlungen bzw. Versorgungsbezüge
regelmäßig in größerem Umfang besteuert werden als bisher.
Grundsätzlich unterliegen Versorgungsbezüge auch der Kranken- und Pflegeversicherung, wenn
ein Bezug zum früheren Erwerbsleben gegeben ist. Hierzu gehören insbesondere Renten aus der
gesetzlichen Rentenversicherung, aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen oder aus
einer betrieblichen Altersversorgung; Bezüge aus privaten Renten- bzw. Lebensversicherungen
bleiben dagegen regelmäßig beitragsfrei111.
Danach sind auch Leistungen aus Lebensversicherungen, die in Form einer Direktversicherung
vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossen wurden, beitragspflichtig in der Krankenund Pflegeversicherung. Es ist zu beachten, dass dies seit einigen Jahren nicht nur für laufende
Zahlungen gilt, sondern auch, wenn die Ablaufleistung in einer Summe ausgezahlt wird (dies ist
bei einer vor 2005 abgeschlossenen Versicherung nach 12 Jahren steuerfrei möglich). Dabei wird
die Kapitalleistung 10 Jahre lang mit gleich bleibenden (fiktiven) Monatsbeträgen bei der
Krankenversicherung zugrunde gelegt112. Diese Regelung kommt rückwirkend, d. h. insbesondere
auch für alle (Alt- )Vertrage, in Betracht, wenn die Kapitalleistung nach 2003 ausgezahlt wurde
bzw. wird.
Das Bundesverfassungsgericht113 hat die Beitragspflicht auch der Kapitalleistung aus einer
betrieblichen Direktversicherung grundsätzlich bestätigt. Das Gericht hat aber eine
Einschränkung vorgenommen: übernimmt der Arbeitnehmer die Direktversicherung und führt
sie allein fort (z. B. nach Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis), ist die Versicherung
aus dem betrieblichen Bezug gelöst und ab diesem Zeitpunkt als private Vorsorge zu betrachten.
Das hat zur Folge, dass Leistungen, die auf diesem Anteil beruhen, nicht der
Krankenversicherung unterliegen dürfen. Eine Beitragspflicht der gesamten Leistung könne — so
111
Gilt bei versicherungspflichtig Beschäftigten; vgl. §§ 228, 229 Sozialgesetzbuch V.
§ 229 Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch V.
113
Siehe Beschluss vom 28. September 2010 1 BvR 1660/08.
112
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 48 -
das Bundesverfassungsgericht — nicht allein deshalb angenommen werden, weil der Vertrag
ursprünglich vom Arbeitgeber abgeschlossen wurde. Entscheidend ist, dass nach dem Willen des
Gesetzgebers die private Altersvorsorge beitragsfrei gestellt werden soll.
73
Beiträge zu einer Lebensversicherung als Betriebsausgabe
Beiträge zu Lebensversicherungen können nur in begrenztem Umfang als Sonderausgaben
steuerlich geltend gemacht werden. Bei ab 2005 abgeschlossenen Verträgen besteht die
Möglichkeit der steuerlichen Berücksichtigung nur noch für bestimmte Rentenversicherungen.
Abgesehen von sog. Rückdeckungsversicherungen für die Finanzierung von betrieblichen
Pensionszusagen kommt die Zuordnung einer Lebensversicherung zum Betriebsvermögen nur
ausnahmsweise in Betracht. Der Bundesfinanzhof 114hat das jetzt für eine von einer
Personengesellschaft abgeschlossenen Lebensversicherung bejaht.
Dem Urteil lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem die Versicherung dazu verwandt wurde, Geld für
die Tilgung eines betrieblichen Kredits anzusparen. Neben der betrieblichen Veranlassung war
für das Gericht entscheidungserheblich, dass die Personengesellschaft Versicherungsnehmerin
und Begünstigte der Lebensversicherung war.
Wenn eine Lebensversicherung dem Betriebsvermögen zugeordnet wird, sind die laufenden
Prämien Betriebsausgaben; der anteilige Anspruch gegenüber der Versicherung ist jedoch
dagegenzurechnen und in der Bilanz zu aktivieren.
74 Versteuerung der Aufwandsentschädigung bei ehrenamtlichen Schiedsrichtern
Egal ob Amateure oder Profifußballer: Ohne Schiedsrichter geht es nicht. Zur
einkommensteuerlichen Behandlung ihrer Vergütung hat sich nun das FinMin SchleswigHolstein115 geäußert. Vergütungen an ehrenamtlich tätige Schiedsrichter im Amateurbereich des
Sports können in die Freibetragsregelung des § 3 Nr. 26a EStG einbezogen werden.
Schiedsrichter im Amateurbereich sind nicht als Amateursportler im weiteren Sinne
einzuordnen. Sie fördern vielmehr durch ihre Tätigkeit steuerbegünstigte Zwecke im Sinne der
§§ 52 bis 54 AO. Im Gegensatz zu Amateur-Sportlern (vgl. hierzu BMF, Schreiben v. 25.11.2008,
BStBl 2008 I S. 985, dort unter 1.) können die ehrenamtlich tätigen Schiedsrichter somit den
Freibetrag nach § 3 Nr. 26a EStG i. H. v. bis zu 500 EUR im Jahr in Anspruch nehmen, wenn auch
die übrigen Voraussetzungen des § 3 Nr. 26a EStG vorliegen. Hinsichtlich der Besteuerung von
Zahlungen und Aufwandsentschädigungen an Schiedsrichter und Schiedsrichter-Assistenten für
die Leitung von Fußballspielen wird von der Finanzverwaltung die Auffassung vertreten, dass
diese Zahlungen als sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 3 EStG) zu erfassen sind, wenn der Einsatz der
Schiedsrichter und Schiedsrichter-Assistenten ausschließlich auf nationaler Ebene vom DFB
einschließlich der Landes- und Regionalverbände bestimmt wird. Schiedsrichter und
Schiedsrichter-Assistenten, die darüber hinaus auch international für die UEFA oder die FIFA
oder in anderen ausländischen Ligen (z.B. Stars-League-Katar) eingesetzt werden, erzielen
hingegen aus ihrer gesamten Schiedsrichtertätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Werden
114
115
Urteil vom 3. März 2011 IV R 45/08.
FinMin Schleswig-Holstein, Erlass v. 11.5.2011, VI 311 - S 2342 – 117 und v. 16.5.2011, VI 307 - S 2240 - 159
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- 49 -
Schiedsrichter auch
Gewerbebetrieb.
75
für
Werbezwecke
tätig,
erzielen
sie
ebenfalls
Einkünfte
aus
Spruch des Monats Juli 2011
Politiker und Journalisten teilen sich das Schicksal,
dass sie heute über Dinge reden,
die sie erst morgen ganz verstehen...
Helmut Schmidt
5. Bundeskanzler der BRD, geb. 1918
(entnommen aus www.Zitate.de)
76 „Gemischte Nutzung" eines häuslichen Arbeitszimmers
Wird z. B. ein Raum in einer Privatwohnung für berufliche Zwecke genutzt, können die darauf entfallenden
Aufwendungen (z. B. Miete, Abschreibungen, Schuldzinsen, Energiekosten) als Werbungskosten bzw.
Betriebsausgaben geltend gemacht werden, wenn für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz
zur Verfügung steht. Selbst wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, können die Aufwendungen in der Regel
nur bis zu einer Höhe von 1.250 Euro jährlich berücksichtigt werden. Ein unbeschränkter Abzug ist
lediglich dann möglich, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit
bildet (siehe § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG). Ein häusliches Arbeitszimmer wird allerdings von vornherein nur
dann als steuerlich relevant betrachtet, wenn es ausreichend von dem übrigen privaten Wohnbereich
abgetrennt ist. Der Raum muss nach Auffassung der Finanzverwaltung (nahezu) ausschließlich zu
beruflichen Zwecken genutzt werden; eine nur untergeordnete private Mitbenutzung (d. h. von weniger als
10 %) ist unschädlich.116
Demgegenüber hat ein Finanzgericht 117 jetzt entschieden, dass — gemäß der neuen Rechtsprechung zu den
gemischten Aufwendungen118 — auch bei einem Arbeitszimmer, das nicht unwesentlich privat genutzt wird,
eine Aufteilung in einen beruflichen und einen privaten Teil vorzunehmen ist. Im Streitfall wurde ein wie
ein Wohnzimmer mit Sofas, Fernseher und Esstisch ausgestalteter Raum auch für Büroarbeiten und
Besprechungen genutzt. Das Finanzgericht hielt eine hälftige Aufteilung der Kosten für sachgerecht. Im
Urteilsfall konnten somit 50 % der Aufwendungen bis zum Höchstbetrag von 1.250 Euro berücksichtigt
werden. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob diese Rechtsprechung Bestand haben wird.
77
Vorsteuerabzug bei teilunternehmerisch genutzten Gebäuden
Grundsätzlich können Grundstücke bzw. Gebäude auch dann vollständig dem Unternehmen zugeordnet
werden, wenn z. B. eine Wohnung privat zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Nach einer
Siehe BMF-Schreiben vom 2. März 2011 — IV C 6 — S 2145/07/10002 (BStBl. 2011 I S. 195), Rz. 3
FG Köln, Urteil vom 19. Mai 2011 10 K 4126/09.
118
Siehe dazu auch Steuerinfo September 2010 Nr. 2
116
117
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- 50 -
Gesetzesänderung119 ist der Vorsteuerabzug bei Gebäuden jedoch insoweit ausgeschlossen, als das
Gebäude für die eigene private Nutzung oder die private Nutzung des Personals verwendet wird. Dies gilt
für alle Grundstücke/Gebäude, deren Kaufvertrag bzw. Bauantrag nach dem 31. Dezember 2010 datiert.
Die Finanzverwaltung120 hat die Auswirkungen der Gesetzesänderung erläutert.
Die Änderung des Umfangs der unternehmerischen Nutzung des Gebäudes lost regelmäßig eine
Berichtigung des Vorsteuerabzugs aus. 121 Eine Vorsteuerberichtigung ist nur möglich, soweit das Gebäude
dem Unternehmensvermögen zugeordnet worden ist. Zu beachten ist allerdings, dass die Finanzverwaltung
bei einem teilweisen Vorsteuerabzug von z. B. 50 % davon ausgeht, dass das Gebäude auch nur zu 50 %
dem Unternehmensvermögen zugeordnet wird 122. Dies hatte zur Folge, dass bei einer Ausweitung der
unternehmerischen Nutzung eine Vorsteuerberichtigung mit nachträglichem Vorsteuerabzug nicht möglich
ist. Zur Sicherstellung einer späteren Vorsteuerberichtigung zugunsten des Unternehmers ist daher ggf.
zu empfehlen, das Gebäude möglichst zu 100 % dem Unternehmensvermögen zuzuordnen, auch wenn dies
nur für den Fall einer späteren Nutzungsänderung Bedeutung hat. Der Unternehmer muss zu diesem Zweck
dem zuständigen Finanzamt den Umfang der Zuordnung bei der Anschaffung bzw. Herstellung schriftlich
mitteilen.
Zu beachten ist allerdings, dass eine Zuordnung zum Unternehmen von teilweise unternehmerisch
genutzten Gegenständen nur möglich ist, wenn die unternehmerische Nutzung mindestens 10 % der
gesamten Nutzung ausmacht (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG).
78
Steuerermäßigung für Entschädigungen bei Auszahlung in Teilbeträgen
Für sog. außerordentliche Einkünfte, wie z. B. Entschädigungen oder Abfindungen, sieht § 34 Abs. 1 EStG
eine Steuerermäßigung vor, durch die die Progressionswirkung dieser Einmalzahlungen gemildert werden
soll. Dabei gilt regelmäßig, dass der Steuervorteil umso größer ist, je geringer die übrigen Einkünfte sind.
Wird eine Entschädigung in Raten gezahlt und verteilt sich die Besteuerung dadurch auf mehrere Jahre,
kommt die Steuerermäßigung grundsätzlich nicht mehr in Betracht, weil es dann nicht mehr zu einer
Zusammenballung von Einkünften kommt und die Steuerermäßigung zur Progressionsminderung deshalb
nicht mehr gerechtfertigt erscheint. 123
Der Bundesfinanzhof124 hat jetzt aber klargestellt, dass geringfügige Teilleistungen in einem Jahr die
Steuerermäßigung für die Hauptleistung in einem anderen Jahr nicht gefährden. Im Streitfall waren von
einer Gesamtentschädigung in einem Jahr 2.800 Euro und im Folgejahr knapp 68.000 Euro steuerpflichtig;
die 68.000 Euro konnten ermäßigt versteuert werden. Das Gericht hat jedoch ausdrücklich betont, dass es
keine absolute Grenze für die Steuerermäßigung von Teilleistungen einer Entschädigung gibt. Für diese
Frage kommt es auf die Verhältnisse des jeweiligen Einzelfalles und die Progressionswirkung an.
79
Pflegekosten als außergewöhnliche Belastung
Größere Aufwendungen, die zwangsläufig entstehen und bei der Mehrzahl der Steuerpflichtigen nicht
anfallen, können — nach Abzug einer einkommensabhängigen zumutbaren Belastung — als außergewöhnliche
Belastung steuermindernd berücksichtigt werden. Dazu gehören insbesondere Krankheits-, aber auch
Pflegekosten. Zu berücksichtigen sind allerdings nur die Aufwendungen, die selbst zu tragen sind und
damit eine Belastung darstellen. Soweit Aufwendungen durch eine Versicherung übernommen oder
119
§ 15 Abs. lb UStG i. d. F. des JStG 2010.
Vgl. BMF-Schreiben vom 22. Juni 2011 — IV D 2 — S 7303-b/10/10001 (BStBl. 2011 I S. 597); siehe neuer Abschn. 15.6a UStAE.
121
Vgl. dazu § 15a UStG und §§ 44 und 45 UStDV.
122
Siehe Abschn. 15.2 Abs. 21 Nr. 2 Satz 10 UStAE.
120
123
124
Ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 28. Juni 2006 XI R 58/05 (BStBl 2006 II S. 835).
Urteil vom 26. Januar 2011 IX R 20/10.
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erstattet werden, kommt eine steuerliche Berücksichtigung nicht in Betracht. Bei Pflegebedürftigkeit sind
die Pflegeaufwendungen — z. B. bei Unterbringung in einem Heim — nicht nur um die Leistungen aus der
gesetzlichen Pflegeversicherung zu mindern. Wie der Bundesfinanzhof 125 entschieden hat, gilt das
ebenfalls für Leistungen aus einer privaten Pflegezusatzversicherung, auch wenn der Leistungsanspruch
unabhängig von entstehenden Kosten besteht, allein an die Pflegebedürftigkeit anknüpft und für diesen
Fall die Zahlung von festen Beträgen (sog. Pflegetagegeld) vorgesehen ist.
80
Grunderwerbsteuer bei sog. Anteilsvereinigung sofort abzugsfähig
Der Kauf eines Grundstücks unterliegt regelmäßig der Grunderwerbsteuer. Die Steuer beträgt — je nach
Bundesland — zwischen 3,5 % und 5% des Kaufpreises. Die Grunderwerbsteuer gehört grundsätzlich zu
den Anschaffungskosten des Grundstücks und wirkt sich daher ggf. lediglich im Rahmen der
Gebäudeabschreibungen steuerlich aus. 126 Nach dem Grunderwerbsteuerrecht liegt ebenfalls ein
steuerpflichtiger Vorgang vor, wenn das Grundstück einer grundbesitzenden Gesellschaft gehört und sich
— z. B. durch Zukauf weiterer Anteile — die Gesellschaftsanteile zu mindestens 95 % in der Hand eines
Gesellschafters vereinigen. Damit fingiert der Gesetzgeber einen „Erwerb" des Grundstücks durch den
Gesellschafter. Dies gilt auch, wenn der Gesellschafter die Anteile nur mittelbar über eine weitere
Gesellschaft hält.127
In einem vergleichbaren Fall hat der Bundesfinanzhof 128 entschieden, dass die bei einer Anteilsvereinigung
anfallende Grunderwerbsteuer nicht zu den Anschaffungskosten für die hinzuerworbenen
Gesellschaftsanteile gehört. Das Gericht begründet dies damit, dass das Grundstück unverändert im
Eigentum derselben Gesellschaft steht und es sich nicht um eine „Anschaffung“, sondern lediglich um einen
fiktiven Erwerb für grunderwerbsteuerliche Zwecke handelt. Da im Streitfall die Gesellschaftsanteile von
einer Kapitalgesellschaft erworben wurden, konnten die gezahlten Grunderwerbsteuern somit als
Betriebsausgaben abgezogen werden.
81
Behinderungsbedingte Umbaukosten als außergewöhnliche Belastung
Der Bundesfinanzhof hat seine neuere Rechtsprechung 129 bestätigt, wonach der Mehraufwand für die
behindertengerechte Gestaltung der Wohnung als außergewöhnliche Belastung im Rahmen des § 33 EStG
berücksichtigt werden kann.130 Derartige Aufwendungen, die infolge einer Krankheit oder Behinderung
getätigt werden, entstehen nach Auffassung des Gerichts zwangsläufig; ein möglicher Gegenwert steht
der Abzugsmöglichkeit nicht entgegen. Für die steuerliche Berücksichtigung spielt es keine Rolle, ob die
Aufwendungen wegen einer akuten Erkrankung bzw. eines Unfalls oder wegen einer schon längere Zeit
bestehenden Behinderung entstehen.
Die durchgeführten Umbaumaßnahmen sind daraufhin zu überprüfen, ob sich der Linderung einer
Krankheit dienen oder den behinderungsbedingten Lebenserschwernissen (eigene oder denen von
Angehörigen) Rechnung tragen und notwendig waren. Eine solche Überprüfung wird z. B. regelmäßig vom
Medizinischen Dienst der Krankenversicherung durchgeführt, wenn entsprechende Zuschüsse von der
Pflegeversicherung beantragt wurden.
Als außergewöhnliche Belastung können nur die Mehrkosten für die behindertengerechte Ausgestaltung
des Objekts sowie ggf. darauf entfallende Schuldzinsen berücksichtigt werden. Sie sind allerdings nur
insoweit abziehbar, als sie angemessen sind. Unerheblich ist, ob die Mehrkosten im Rahmen eines Neubaus,
125
Beschluss vom 14. April 2011 VI R 8/10.
Siehe z. B. BFH-Urteil vom 14. Januar 1992 IX R 226/87 (BStBl. 1992 II S. 464).
127
Siehe § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG.
128
Urteil vom 20. April 2011 I R 2/10.
129
Urteil vom 22. Oktober 2009 VI R 7/09 (BStB1 2010 II S. 280); vgl. auch Steuerinfo April 2010 Nr. 7.
130
BFH-Urteil vom 24. Februar 2011 VI R 16/10.
126
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- 52 -
einer Modernisierung eines Altbaus oder eines Umbaus eines bereits selbstgenutzten Eigenheims bzw.
einer Mietwohnung entstehen.
82
Schuldzinsen nach Verkauf einer
Werbungskosten abzugsfähig ?
vermieteten
Immobilie
weiterhin
als
Schuldzinsen far ein Darlehen oder einen Kredit sind regelmäßig als Betriebsausgaben oder
Werbungskosten abzugsfähig, wenn sie in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer
steuerpflichtigen Einkunftsquelle stehen. Wird dieser Zusammenhang z. B. durch eine Betriebsaufgabe
oder Veräußerung gelöst und fallen weiterhin Schuldzinsen an, stellt sich die Frage, ob diese dann als
nachträgliche Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten geltend gemacht werden können. Nach der
Veräußerung eines Betriebes erkennen Rechtsprechung und Finanzverwaltung Schuldzinsen für
Betriebsschulden nur insoweit an, als sie nicht auf Verbindlichkeiten entfallen, die durch den
Verkaufspreis hätten getilgt werden können. Nur wenn die Verwertung des Betriebes nicht zur
vollständigen Ablösung der Darlehen bzw. Verbindlichkeiten ausreicht, sind weiterhin zu zahlende Zinsen
als nachträgliche Betriebsausgaben abzugsfähig.
Handelt es sich um Privatvermögen, können Schuldzinsen nach Verkauf z. B. eines Grundstücks nur dann
weiter berücksichtigt werden, wenn die Kreditmittel zur Finanzierung sofort abzugsfähiger
Werbungskosten während der Vermietungsphase verwendet wurden. Wurden dagegen Anschaffungs- oder
Herstellungskosten finanziert, sind die Zinsen nach dem Verkauf derzeit grundsätzlich nicht mehr
abzugsfähig.131
In einer neueren Entscheidung hat der Bundesfinanzhof allerdings seine Meinung zum Privatvermögen
geändert und einen Schuldzinsenabzug nach dem Verkauf einer privaten Kapitalbeteiligung i. S. des § 17
EStG anerkannt.132 Es ist darauf hinzuweisen, dass in der Zwischenzeit zwei Verfahren beim
Bundesfinanzhof133 anhängig sind, die sich mit der Frage beschäftigen, ob diese geänderte Rechtsprechung
auch auf den Bereich Vermietung und Verpachtung übertragbar ist. Würde das Gericht entsprechend
entscheiden, wären Schuldzinsen nach Veräußerung des Grundstucks weiterhin bei den Einkünften aus
Vermietung und Verpachtung abzugsfähig, wenn der Veräußerungserlös nicht zur Tilgung des Darlehens
ausreicht.
Betroffene Fälle können unter Hinweis auf die anhängigen Verfahren bis zu einer Entscheidung des
Bundesfinanzhofs offengehalten werden.
83
Bundesrat stimmt Steueränderungsgesetzen nicht zu
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 8. Juli 2011 die Zustimmung zum „Steuervereinfachungsgesetz
2011" verweigert. Hauptgrund für die Ablehnung durch den Bundesrat war die vorgesehene Möglichkeit für
Steuerpflichtige, die ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung
und Verpachtung oder sonstige Einkünfte erzielen, unter bestimmten Voraussetzungen ihre
Einkommensteuer-Erklärung gemeinsam für zwei aufeinander folgende Jahre abzugeben.
Außerdem bat der Bundesrat die Bundesregierung in einer Entschließung, die seit 1975 nicht angehobenen
Pauschbeträge für behinderte Menschen in ihrer Wirkung und Höhe zu überprüfen und entsprechend der
allgemeinen Preisentwicklung anzupassen.
Damit ist das Steuervereinfachungsgesetz 2011 vorerst gescheitert. Bundestag bzw. Bundesregierung
können aber noch den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anrufen, um wenigstens die
Gesetzesänderungen umzusetzen, bei denen zuvor Einigkeit bestand, wie z. B. Anhebung des
Arbeitnehmer-Pauschbetrags von 920 Euro auf 1.000 Euro, Wegfall der Einkünfte- und Bezügegrenze für
131
Siehe H 24.2 (Nachträgliche Werbungskosten/Betriebsausgaben) EStH.
Urteil vom 16. März 2010 VIII R 20/08 (BStBl. 2010 II S. 787).
133
Az.: IX R 67/10 und IX R 16/11.
132
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- 53 -
volljährige Kinder bis zum 25. Lebensjahr bei Kindergeld bzw. Kinderfreibeträgen und Vereinfachungen bei
den Kinderbetreuungskosten. Unstrittig waren auch die Erleichterungen bei der Anerkennung von
elektronischen Rechnungen, die nach der Entwurfsfassung bereits ab dem 1. Juli 2011 gelten sollten.
Das „Gesetz zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden"
wurde ebenfalls vom Bundesrat gestoppt. Durch das Gesetz sollten Sanierungsmaßnahmen begünstigt
werden, die dazu führen, dass der Jahresprimärenergiebedarf sowie der Transmissionswärmeverlust bei
Wohngebäuden gemäß der Energieeinsparverordnung bestimmte Werte134 nicht überschreiten. Gefördert
werden sollten Herstellungskosten für entsprechende Baumaßnahmen an vermieteten Wohnungen sowie an
zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden oder Eigentumswohnungen. Auch bei diesem
Gesetzgebungsverfahren
haben
Bundestag
bzw.
Bundesregierung
die
Möglichkeit,
den
Vermittlungsausschuss anzurufen.
In beiden Gesetzgebungsverfahren ist mit einer Entscheidung erst nach der parlamentarischen
Sommerpause zu rechnen. Sobald die Gesetze verabschiedet sind, werden die Einzelheiten in der nächsten
Steuerinfo dargestellt.
84
Spruch des Monats August 2011
„Eine glückliche Ehe ist eine,
in der sie ein bisschen blind
und er ein bisschen taub ist.“
Loriot (*1923 - 2011)
eigtl. Vicco von Bülow
dt. Cartoonist, Autor, Regisseur u. Schauspieler
entnommen aus: http://www.zitate.de
85
Abzug von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung
Außergewöhnliche Belastungen sind zwangsläufig entstandene größere Aufwendungen, die über die Kosten
hinausgehen, die bei der überwiegenden Mehrheit anderer Personen mit gleichen Einkommens- und
Vermögensverhältnissen und gleichen Familienstandes anfallen. Sie können nach Berücksichtigung einer
zumutbaren Belastung steuermindernd bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens abgezogen
werden (vgl. § 33 EStG).
Die Kosten eines Ehescheidungsprozesses können danach als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht
werden.135 Demgegenüber hatte der Bundesfinanzhof 136 z. B. die Kosten für eine
Vermögensauseinandersetzung anlässlich einer Scheidung nicht zum Abzug zugelassen, weil es an der
„Zwangsläufigkeit" fehle. Inzwischen hat das Gericht seine strenge Rechtsprechung geändert und die
Berücksichtigung von Zivilprozesskosten - unabhängig vom Prozessgegenstand - als außergewöhnliche
Belastung zugelassen.137 Voraussetzung für den Abzug ist allerdings, dass der Prozess eine hinreichende
134
Siehe dazu § 7e Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG i. d. F. des Gesetzentwurfs (Bundesrats-Drucksache 339/11 und 339/1/11).
Vgl. H 33.1 - 33.4 „Scheidung" EStH.
136
Urteil vom 30. Juni 2005 III R 36/03 (BStBI 2006 II S. 491).
137
BFH-Urteil vom 12. Mai 2011 VI R42/10.
135
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Aussicht auf Erfolg (Wahrscheinlichkeit mindestens 50 %) verspricht und nicht mutwillig angestrengt
wird. Die Kosten sind auch nur insoweit zu berücksichtigen, als sie notwendig und angemessen sind.
Erstattungen z. B. aus einer Rechtsschutzversicherung sind gegenzurechnen. Soweit die
Zivilprozesskosten mit steuerpflichtigen Einnahmen im Zusammenhang stehen, kommt vorrangig der Abzug
als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten bei der Ermittlung dieser Einkünfte in Betracht.
86
Verbilligte Vermietung an Angehörige
Häufig steht bei Mietverträgen mit Angehörigen (z. B. bei Ehegatten, Lebenspartnerschaften, Kindern,
Eltern) die vereinbarte Miete in einem Missverhältnis zur ortsüblichen Miete, wobei sich dann die Frage
stellt, ob das Mietverhältnis überhaupt steuerlich anzuerkennen ist. 138 Nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs139 ist bei Vermietung an Angehörige das Mietverhältnis grundsätzlich auch dann
steuerlich wirksam, wenn die vereinbarte Miete unter der ortsüblichen Miete (Mietpreisspanne,
Mietspiegel) liegt.
Liegt die vereinbarte Wohnungsmiete unterhalb der ortsüblichen Miete (einschließlich der umlagefähigen
Kosten), gilt Folgendes: 140
•
•
•
Beträgt die Miete mindestens 75 % der ortsüblichen Miete, sind die Werbungskosten
grundsätzlich in voller Höhe zu berücksichtigen.
Bei einer Miete von weniger als 75 %‚ aber mindestens 56 % der Marktmiete (siehe § 21 Abs. 2
EStG) wird der Werbungskostenabzug von der Prüfung der Einkunftserzielungsabsicht abhängig
gemacht; nur bei einer positiven Überschussprognose ist eine ungekürzte Berücksichtigung der
Werbungskosten möglich.
Bei negativer Überschussprognose - oder bei einer vereinbarten Miete unterhalb von 56 % - wird
der Werbungskostenabzug anteilig gekürzt: Beträgt die Miete z. B. ein Viertel der Marktmiete,
kann dann auch nur ein Viertel der Werbungskosten geltend gemacht werden, wobei die
Mieteinnahmen in der tatsächlichen Höhe anzusetzen sind.
Die Finanzverwaltung141 nimmt eine (anteilige) Kürzung der Werbungskosten auch dann vor, wenn es aus
rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist, die vereinbarte Miete zu erhöhen, um die oben
genannten Grenzen einzuhalten. Es ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des Entwurfs zum
Steuervereinfachungsgesetz 2011 vorgesehen ist, die Grenze für die Anerkennung der Vermietung an
Angehörige auf einen einheitlichen Wert von 66 % festzulegen.
Beispiel:
Vater vermietet seiner Tochter eine Eigentumswohnung für eine monatlich Miete von
a) 350 €
b) 250 €
Die ortsübliche Miete beträgt 500 €.
Im Fall a) liegt die gezahlte Miete mit 70% über der Grenze von 66% der Vergleichsmiete; ein
Werbungskostenabzug kommt ungekürzt in voller Höhe in betracht. Auf eine positive Überschussprognose
komme es nicht mehr an.
Im Fall b) liegt eine teilentgeltliche Vermietung vor, wobei die Werbungskosten lediglich im Verhältnis
des gezahlten Miete zur Vergleichsmiete, also zu 250€/500€ = 50% berücksichtigungsfähig sind.
138
Zur grundsätzlichen steuerrechtlichen Anerkennung von Mietverträgen mit Angehörigen siehe H 21.4 EStH.
Urteil vom 30. November 1993 IX R 99/91 (BFH/NV 1994S. 776).
140 Siehe dazu BMF-Schreiben vom 8. Oktober 2004 - IV C 3 - S 2253— 91/04 (BStBI 2004 1 S. 933), Rz. 11 ff.
141 Siehe OFD Münster, Verfügung vom 13. Februar 2004 - S 2253 —60— St 22— 31.
139
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Die neue Regelung soll bereits ab dem 1. Januar 2012 für alle Mietverhältnisse gelten. Betroffen sind
insbesondere Verträge, in denen die gezahlte Miete derzeit zwischen 56 % und 66 % der Vergleichsmiete
liegt.
Das Steuervereinfachungsgesetz ist bislang noch nicht verabschiedet worden. Es ist allerdings zu prüfen,
ob bestehende Mietverträge angepasst werden können, damit ein ungekürzter Werbungskostenabzug
nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung gewährleistet ist.
87
Kindergeld und Bundesfreiwilligendienst
Im Zuge der Abschaffung der gesetzlichen Wehrpflicht und des Wegfalls des Zivildienstes ab dem 1. Juli
2011 ist ein neuer Bundesfreiwilligendienst geschaffen worden. Das bisherige Freiwillige Soziale Jahr
(FSJ) und das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) bleiben weiterhin bestehen. Für Kinder bis zum 25.
Lebensjahr, die ein FSJ oder FÖJ leisten, können derzeit regelmäßig die steuerlichen
Kindervergünstigungen (Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag) in Anspruch genommen werden. Nach einer
Information der Finanzverwaltung 142 ist vorgesehen, auch den Bundesfreiwilligendienst in den „KindergeldKatalog" aufzunehmen. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die entsprechende gesetzliche Regelung
noch nicht verabschiedet worden ist. Diesbezügliche Kindergeldanträge können bis dahin nicht
bearbeitet und das Kindergeld auch noch nicht ausgezahlt werden. Mit der Verabschiedung des
Gesetzes ist voraussichtlich erst Ende des Jahres zu rechnen. Das Kindergeld soll dann - bei Vorliegen der
übrigen Voraussetzungen - rückwirkend nachgezahlt werden.
88
„Gemischte Aufwendungen“ bei Gesellschafter-Geschäftsführern
Aufgrund eines Beschlusses des Bundesfinanzhofs 143 ist die steuerliche Behandlung sog. gemischter Aufwendungen, d. h. Aufwendungen, die sowohl die berufliche Tätigkeit als auch die private Lebensführung
betreffen neu geregelt worden. Grundsätzlich ist danach ein Betriebsausgaben- oder
Werbungskostenabzug entsprechender Kosten auch dann (anteilig) möglich, wenn die private
Mitveranlassung nicht unerheblich ist. Der abzugsfähige Anteil kann sich z. B. nach dem Verhältnis der
Anzahl der Geschäftsfreunde zu den privaten Gästen auf einer Feier oder nach der Anzahl der
Kongresstage auf einer Reise richten. 144 Diese Grundsätze sind ebenfalls anzuwenden, wenn eine GmbH
Kosten für den Gesellschafter-Geschäftsführer trägt. Eine Besonderheit besteht hier darin, dass in Höhe
des nichtabzugsfähigen Anteils der Aufwendungen regelmäßig eine verdeckte Gewinnausschüttung an den
Gesellschafter-Geschäftsführer angenommen wird, die dieser als Kapitaleinkünfte zu versteuern hat.
Es ist darauf hinzuweisen, dass z. B. bei Veranstaltungen, die ein Gesellschafter-Geschäftsführer aus
persönlichem Anlass ausrichtet, wie bisher ein Betriebausgabenabzug generell nicht in Betracht kommt.
Hierzu gehören Veranstaltungen aufgrund eines privaten Ereignisses, wie z. B. Geburtstagsfeiern,
Trauerfeiern. Das Abzugsverbot gilt regelmäßig selbst dann, wenn nahezu ausschließlich Gäste aus dem
betrieblichen Bereich (Mitarbeiter oder Geschäftsfreunde) an der Feier teilnehmen. 145
Liegt dagegen der Anlass für die Veranstaltung im betrieblichen Bereich (z. B. Firmenjubiläum) und werden
auch private Gäste (z. B. die Gesellschafter und ihre Familien) bewirtet, sind die Aufwendungen in der
Regel insgesamt abzugsfähig; auch eine (teilweise) verdeckte Gewinnausschüttung kommt nicht in
Betracht. Das gilt zumindest dann, wenn der Anteil der privaten Mitveranlassung untergeordnet ist, d. h.,
wenn der auf die privaten Gäste entfallende Anteil weniger als 10 % beträgt.146
142
Bundeszentralamt für Steuern vom 24. Juni 2011 - St II 2 - S 2282— PB/11/00001 (BStBl. 2011 I S. 579).
Vom 21. September 2009 GrS 1/06 (BStBl. 2010 II S. 672).
144 Siehe BMF-Schreiben vom 6. Juli 2010 - IV C 3 - S 2227/07/10003 (BStBl. 2010 I S. 614).
145 Siehe dazu auch BFH-Urteil vom 14. Juli 2004 I R 57/03 (BStBl. 2011 II S. 285).
146 Vgl. FinMin Schleswig-Holstein vorn 1. November 2010 – VI 3011 —S2742— 121.
143
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89
Solidaritätszuschlag bis zum Jahr 2007 nicht verfassungswidrig
Ohne Unterbrechung seit 1995 wird ein Solidaritätszuschlag zur Deckung des besonderen Finanzierungsbedarfs des Bundes im Zusammenhang mit der Wiederherstellung der deutschen Einheit erhoben. Der
Zuschlag beträgt derzeit 5,5 % der Einkommen- bzw. Lohnsteuer, der Körperschaftsteuer sowie der
Kapitalertragsteuer. Insbesondere aufgrund der zeitlich unbegrenzten Erhebung sind regelmäßig Zweifel
an der Verfassungsmäßigkeit dieser Ergänzungsabgabe geäußert worden. Der Bundesfinanzhof147 hat jetzt
entschieden, dass die Festsetzung des Solidaritätszuschlags für die Jahre bis 2007 verfassungsgemäß
war. Nach Auffassung der Richter musste der Zuschlag nicht zeitlich begrenzt werden. Auch eine genaue
Bezeichnung der zu finanzierenden Aufgaben oder eine Zweckbindung der Einnahmen sei nicht
erforderlich. Eine Laufzeit von (bis 2007) 13 Jahren diene noch dem Finanzierungsbedarf im
Zusammenhang mit dem Aufbau Ost. Das Gericht weist aber auch darauf hin, dass der
Solidaritätszuschlag nicht „zu einem dauerhaften Instrument der Steuerumverteilung« werden dürfe. Der
Zuschlag könne im Übrigen dann verfassungswidrig werden, wenn der mit der Einführung verfolgte Zweck
erreicht sei. Dies sei zumindest bis zum Jahr 2007 jedoch nicht der Fall gewesen.
90
Besteuerung von Erwerbsminderungsrenten rechtmäßig
Ab 2005 ist das System der Besteuerung von Altersrenten - insbesondere denen aus der gesetzlichen
Rentenversicherung - grundlegend geändert worden. Korrespondierend zu der in Stufen eingeführten
vollen Abzugsfähigkeit der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, von Beiträgen in ein
Versorgungswerk oder für bestimmte Versicherungen zur Altersvorsorge sind Renten aus diesen
Versicherungen voll zu versteuern. Auch dieses Besteuerungsverfahren wird in Stufen eingeführt. Die
volle Versteuerung gilt erst bei Renten, die im Jahr 2040 beginnen. Bei Renten, deren Laufzeit 2005 oder
früher begonnen hat, beträgt der Besteuerungsanteil über die gesamte Laufzeit 50 %. Gegenüber der
früheren Rentenbesteuerung bedeutet das eine deutlich höhere Belastung. Für gesetzliche Altersrenten
hatte der Bundesfinanzhof148 bereits entschieden, dass die Neuregelung verfassungsgemäß ist.
Bei Erwerbsminderungsrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung 149 bedeutete die Umstellung der
Rentenbesteuerung in der Regel eine noch gravierendere Verschlechterung als bei anderen Renten. Hier
ergaben sich bis 2004 häufig steuerpflichtige Ertragsanteile von weniger als 10 %‚ während ab 2005
ebenfalls mindestens 50 % dieser Renten besteuert werden. Der Bundesfinanzhof 150 hat jetzt aber
entschieden, dass die Neuregelung der Rentenbesteuerung auch für Erwerbsminderungsrenten rechtmäßig
ist.
91
Abgabefrist für Antragsveranlagung 4 Jahre
Bei Arbeitnehmern wird die Einkommensteuer durch den Lohnsteuerabzug erhoben. Eine sog. Pflichtveranlagung zur Einkommensteuer wird bei Arbeitnehmern nur durchgeführt, wenn besondere Umstände 151
vorliegen, z. B. wenn
•
der Arbeitnehmer andere Einkünfte (z. B. aus Vermietung und Verpachtung) bezogen hat, deren
positive Summe größer als 410 Euro im Kalenderjahr war,
147
Urteile vom 21. Juli 201111 R 50/09 und II R 52/10.
U. a. Urteil vom 26. November 2008 X R 15/07 (BStBl. 2009 II S.710).
149 Berufsunfähigkeits- und Erwerbsminderungsrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung bleiben gemäß § 3 Nr. 1
Buchst. a EStG wie bisher steuerfrei.
150 Urteil vom 13. April 2011 X R 54/09.
151 Vgl. dazu und zu weiteren Voraussetzungen § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG.
148
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•
•
•
dem Progressionsvorbehalt unterliegende Leistungen (z. B. Arbeitslosengeld, Kurzarbeitergeld,
Krankengeld) von mehr als 410 Euro im Kalenderjahr bezogen wurden,
der Arbeitnehmer nach Lohnsteuerklasse V oder VI zu besteuern war,
auf der Lohnsteuerkarte ein Freibetrag (z. B. für Werbungskosten) eintragen worden ist.
Darüber hinaus ist auch eine Einkommensteuerveranlagung auf Antrag möglich (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG),
um z. B. Werbungskosten, Sonderausgaben bzw. außergewöhnliche Belastungen steuermindernd geltend zu
machen. Nachdem die frühere 2-jährige Antragsfrist wegen Verfassungswidrigkeit gestrichen wurde,
bestand Unklarheit über die Frist zur Abgabe der sog. Antragsveranlagung. Der Bundesfinanzhof152 hat
jetzt entschieden, dass der Antrag auf Einkommensteuerveranlagung innerhalb von 4 Jahren nach Ablauf
des betreffenden Veranlagungsjahres zu stellen ist. 153 Eine Verlängerung der Frist auf 7 Jahre154 kommt
nicht in Betracht.
92
Eigene Wohnung kein schädliches Vermögen des Unterhaltsempfängers
Aufwendungen zur Unterstützung bedürftiger unterhaltsberechtigter oder gleichgestellter Angehöriger
können unter bestimmten Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Zu
den Angehörigen im Sinne dieser Regelung gehören z. B. Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft,
die Eltern oder Kinder, für die Kindergeld bzw. ein Kinderfreibetrag nicht mehr in Betracht kommt. Dabei
dürfen diese Personen kein oder nur ein geringes Vermögen besitzen (vgl. § 33a Abs. 1 EStG). Die Aufwendungen sind bis zur Höhe von 8.004 Euro jährlich berücksichtigungsfähig, wobei sich der Höchstbetrag um
eventuelle Einkünfte oder Bezüge des Unterhaltsempfängers vermindert.
Beispiel:
Sohn unterstützt seinen Vater mit monatlich 700,00€ (8.400 € p.a.). Vater aht keine eigenen Einkünfte
sowie kein Vermögen von mehr als 15.500€155. Er lebt in einer eigenen Eigentumswohnung (ETW).
Vater ist bedürftig i.S. des § 33a (1) EStG, die ETW ist nicht schädlich, da es sich um ein angemessenes
Hausgrundstück handelt. Die von S getragenen Aufwendungen sind grundsätzlich bis zur Höhe von 8.004 €
jährlich berücksichtigungsfähig. 156
Nach der Verwaltungsregelung157 bleibt neben einem Vermögen bis zur Höhe von 15.500 Euro ein „angemessenes" Hausgrundstück generell unberücksichtigt, d. h. der Unterhaltsempfänger gilt unabhängig davon
als „bedürftig" im Sinne der Vorschrift. Der Bundesfinanzhof 158 hat zwar in einem Urteil entschieden,
dass ein eigengenutztes Wohnhaus als Vermögen zu berücksichtigen ist; die Finanzverwaltung 159 hat aber
klargestellt, dass die steuerzahlerfreundliche Regelung vorerst weiter angewendet werden soll.
152
Urteil vom 14. April 2011 VI R 53/10.
D. h. innerhalb der 4-jährigen Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Nr.2 Abgabenordnung.
154 Sog. Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 Abgabenordnung.
153
155
Siehe R 33a.1 Abs. 2 EStR.
Beim Unterstützenden ist ggf. die sog. Opfergrenze zu beachten; siehe BMF-Schreiben vom 7. Juni 2010 - IV C 4 - S
2285/ 07/0006 (BStBl. 2010 I S. 582), Rz. 11.
157 Siehe H 33a.1 „Geringes Vermögen« EStH.
158 Vom 30. Juni 2010 VI R 35/09 (BStBl. 2011 II S. 267).
159 OFD Münster vom 20. April 2011.
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93
Spruch des Monats September 2011
Ein schlechtes Gewissen
ist der schmerzlichste Beweis
für ein gutes Gedächtnis...
(Spruch des Tages vom Sonntag, dem 11. September 2011)
Selma Lagerlöf
eig. Selma Ottilia Lovisa Lagerlöf
schwed. Schriftstellerin, ('Nils Holgersson'),
1909 Nobelpreis für Literatur,
1858 - 1940
entnommen aus: http://www.zitate-datenbank
94
Ehegattensplitting - Kein Ehegattensplitting bei Mehrehe (Zweitfrau)
Voraussetzung für das Ehegattensplitting ist verheiratet, unbeschränkt steuerpflichtig zu sein und man
darf von seinem Ehegatten nicht dauernd getrennt leben. Eigentlich ganz klare Voraussetzungen, die in der
Praxis keine Probleme nach sich ziehen sollten. Der zugrundeliegende Sachverhalt beim Finanzgerichts
(FG) Köln160 zeigt jedoch, dass dies nicht immer so einfach ist. Gegenstand des Finanzgerichtsstreites ist
hier, ob die Voraussetzung des nicht dauernd Getrenntlebens bzw. des Zusammenlebens erfüllt ist. Dazu
führen die Kölner Richter aus, dass die zum Zusammenleben nötige Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft
sehr wohl noch Bestand haben kann, wenn die Ehegatten aufgrund zwingender äußerer Umstände für einen
noch nicht absehbaren Zeitraum räumlich voneinander getrennt sind. Solche Fallkonstellationen treten in
der Praxis häufig auf, wenn ein Ehegatte eine Haftstrafe verbüßt oder aufgrund schwerer Krankheit kein
Zusammenleben im üblichen Sinne stattfinden kann. Voraussetzung ist dabei jedoch, dass die Ehegatten
gewillt sind, ihre Ehegemeinschaft im jeweils möglichen Rahmen aufrecht zu erhalten. Noch wichtiger ist
jedoch, dass die Eheleute vor allem nach Wegfall des individuellen Hindernisses ein normales eheliches
Zusammenleben wieder aufnehmen wollen. Entscheidend zur Erfüllung der vorgenannten Voraussetzung ist
daher, das individuelle und höchstpersönliche Verhältnis der Eheleute untereinander. In dem mit Urteil
des FG Köln ging es um einen Ehemann, der die Zusammenveranlagung mit seiner im Koma liegenden Gattin
beantragt hatte. Das Finanzamt und auch das Finanzgericht verwehrten jedoch den Splittingtarif der
Zusammenveranlagung. Der Grund: Zur Führung des Haushalts und zur Versorgung der ehelichen Kinder
hatte der Ehemann eine Frau gegen Kost und Logis eingestellt, mit der er mittlerweile selber ein Kind
hatte. Die Richter sahen spätestens in der Tatsache, dass der Ehemann mit der "Hausdame" ein Kind zur
Welt gebracht hat, die Voraussetzungen der Zusammenveranlagung als erloschen. Durch die Geburt des
Kindes sei die Lebensgemeinschaft mit der Ehefrau nicht mehr vorhanden. Dafür spreche auch das, aus
Artikel 6 des Grundgesetzes abgeleitete Gebot, dass nur eine Ehe möglich ist. Revision beim BFH ist aber
zugelassen, da es bisher nicht höchstrichterlich geklärt sei, ob besondere Lebensumstände (wie die des
Urteilsfalles) eine Rechtfertigung von zwei Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaften nebeneinander
hervorbringen können.
160
FG Köln Urteil vom 16.06.2011 (Az: 10 K 4736/07)
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95
Zahlungen zur Ablösung eines Erbbaurechts können Werbungskosten sein
In einem vom Bundesfinanzhof 161 entschiedenen Fall erzielten die Steuerpflichtigen Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, das teilweise mit Erbbaurechten belastet war.
Um höhere Erbbauzinsen zu erhalten, lösten die Steuerpflichtigen die Erbbaurechte vorzeitig ab, zahlten
an die Erbbauberechtigten eine Abfindung in Höhe von 70.000 EUR und schlossen am gleichen Tag mit
einer Immobilien-Projektentwicklungsgesellschaft einen neuen Erbbauvertrag. Fraglich war nun, ob die
Ablösungszahlung zu nachträglichen Anschaffungskosten auf den Grund und Boden oder zu sofort
abzugsfähigen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führt. Der
Bundesfinanzhof hat sich für sofort abzugsfähige Werbungskosten ausgesprochen und dabei u.a. wie folgt
differenziert:
Anschaffungskosten liegen vor, wenn der Eigentümer das Erbbaurecht ablöst, um die
insoweit bestehende Beschränkung seiner Eigentümerbefugnis zu beseitigen.
Hingegen führen die Ablösungszahlungen zu sofort abziehbaren Werbungskosten, wenn die
Abstandszahlungen dem Abschluss eines neuen Erbbauvertrags mit höheren Erbbauzinsen
und
damit
höheren Vermietungseinkünften dienen.
Entsprechendes gilt auch für die Abfindung, die der Eigentümer für die Räumung der Wohnung zahlt, um
sie anschließend an einen anderen Mieter zu einem höheren Mietzins vermieten zu können.
96
Steuerminderung beim Schulbesuch eines hochbegabten Kindes
In einem aktuellen Urteil hat der BFH 162 klargestellt, dass Aufwendungen für den Besuch der Schule
eines hochbegabten Kindes als außergewöhnliche Belastung steuermindernd abziehbar sein können.
Voraussetzung ist, dass der Schulbesuch der Hochbegabtenschule auch medizinisch angezeigt ist.
Wiederholt stellt der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung ebenso klar, dass der Nachweis der
medizinischen Indikation nicht zwangsläufig durch ein zuvor eingeholtes amtsärztliches Attest oder
Gutachten stattfinden muss. Diese von der Finanzverwaltung kreierte Voraussetzung hatte der
Bundesfinanzhof nun schon mehrfach in Urteilen als nicht notwendig eingestuft, allerdings plant der
Gesetzgeber die Voraussetzung eines amts- oder vertrauensärztlichen Attests durch das
Steuervereinfachungsgesetz 2011 gesetzlich zu verankern. Im Sachverhalt ging es um den Sohn der
Kläger, der aufgrund eines Intelligenzquotienten von 133 von der zweiten in die vierte Grundschulklasse
wechselte. In späteren Jahren zeigte der Sohn jedoch leider deutliche Verhaltensauffälligkeiten.
Beispielsweise verhielt er sich anderen Schülern gegenüber feindselig und aggressiv oder er verweigerte
den Schulbesuch komplett.
Der Allgemeine Sozialdienst und auch die Hausärztin des Kindes führten dies auf die Altersdifferenz
zwischen ihm und seiner Mitschüler hin und empfahlen daher den Besuch einer speziellen Schule für
hochbegabte Kinder seiner Altersgruppe um der möglichen Fehlentwicklung des Kindes entgegen zu wirken
und bleibende seelische und soziale Schäden zu verhindern. In Frage kam hier eine Hochbegabtenschule in
Schottland. In der Bundesrepublik hingegen war eine geeignete Schule nicht verfügbar. Die Kosten für die
Hochbegabtenschule bezifferten sich in den Streitjahren auf rund 26.000 Euro und rund 23.000 Euro.
Diese Kosten wollten die Eltern als außergewöhnliche Belastung zum Abzug bringen und ließen daher die
Diagnose des allgemeinen Sozialdienstes und der Hausärztin von einem Amtsarzt anschließend bestätigen.
Während das Finanzamt und auch das erstinstanzlich angerufene Finanzgericht den Abzug der Kosten als
außergewöhnliche Belastung verneinten, setzte der Bundesfinanzhof seine erfreuliche Rechtsprechung zu
diesem Thema fort. Wie schon eingangs erwähnt, sieht der Bundesfinanzhof das erst nachträglich
eingeholte amtsärztliche Attest nicht als schädlich an.
161
162
BFH-Urteil vom 26.1.2011, Az. IX R 24/10
BFH-Urteil vom 12.05.2011, Az: VI R 37/10
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- 60 -
Darüber hinaus stellte der BFH auch klar, dass die Kosten für die auswärtige Internatsunterbringung
derart im Zeichen der Krankheitsbehandlung des Kindes stehen, dass diese Aufwendungen auch dann als
außergewöhnliche Belastung angesetzt werden können, wenn diese zugleich der schulischen Ausbildung
dienen. Unter dem Strich bleibt der Bundesfinanzhof daher bei seiner Linie, dass eine Krankheit und
deren Folgen regelmäßig eventuelle nebenher auftretende Vorteile überlagern, so dass diese aus
steuerlicher Sicht unbeachtlich werden.
97
Wichtiges zum Jahresende 2011
Selbständige, Vermieter, Rentenbezieher oder Arbeitnehmer, die zur Abgabe von EinkommensteuerErklärungen verpflichtet sind, haben ihre Steuererklärungen für 2010 in der Regel spätestens bis zum
31.Dezember 2011 abzugeben; diese Frist kann nicht ohne Angabe besonderer Gründe verlängert werden.
Bei Überschreiten der Abgabefrist können Verspätungszuschläge festgesetzt werden. Für die Einhaltung
der Frist ist es erforderlich, dass alle notwendigen Unterlagen, Belege etc. rechtzeitig vorliegen.
Darüber hinaus sind kurz vor dem Ende eines Kalenderjahres regelmäßig mehr steuerliche Termine zu beachten als im Laufe des Jahres. Dem Jahreswechsel kommt auch im Hinblick auf steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten eine besondere Bedeutung zu. Soll ein bestimmtes steuerliches Ergebnis noch für das Jahr
2011 erreicht werden, sind die entsprechenden Dispositionen bald zu treffen. In der Nr. 10 zur
Steuerinfo Oktober sind die wichtigsten bis Ende Dezember dieses Jahres zu beachtenden Termine und
entsprechende Hinweise - auch im Hinblick auf den 1. Januar 2012 - zusammengestellt.
98
Steuerklassenwahl – legal oder Gestaltungsmissbrauch
Dieses Urteil wird wohl hoffentlich ein Einzelfall bleiben, den der Sachverhalt und auch die Steuerbürger
sind wohl sehr „speziell“.
Allgemeines dazu: Grundsätzlich können Ehegatten ihre Steuerklassen frei wählen, ohne dass sie des
Gestaltungsmissbrauchs bezichtigt werden. Folgende Kombinationen sind dabei für Ehegatten denkbar.
Entweder beide Ehegatten haben die Steuerklasse IV. Diese Kombination empfiehlt sich, wenn beide
Eheleute etwa gleich viel verdienen. Ist dies nicht der Fall kommt die Steuerklassenkombination III/ V
in Betracht. Diese empfiehlt sich regelmäßig wenn ein Ehegatte deutlich weniger verdient als der
Partner. Der, der mehr auf seiner Lohnabrechnung stehen hat, sollte daher in diesem Fall die
Steuerklasse III wählen. In einem aktuellen Urteil zu einem Fall hat das Finanzgericht BadenWürttemberg 163 die Wahl der Steuerklassen als einen Missbrauch steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten
(§ 42 AO) gesehen. Hintergrund ist hier allerdings ein Ehepaar , welches wohl schon in "betrügerischer
Art und Weise" im Steuerrecht vorging.
Kurz zum Hintergrund: Beide Eheleute waren angestellt. Die Frau verdiente deutlich weniger als ihr Mann,
weshalb er die Steuerklasse III wählte, während seine Gattin in der Steuerklasse V zur Besteuerung
herangezogen wurde. Bei Abgabe der Steuererklärungen wählten sie aber dann die getrennte Veranlagung,
was im Grunde noch nicht rechtsmissbräuchlich ist. Unter dem Strich führt dies dazu, dass die Ehefrau
durch die Besteuerung nach Steuerklasse V regelmäßig eine hohe Erstattung erhielt, während die
Einkommensteuererklärung des Ehemannes zu einer deutlichen Nachzahlung führte. Tatsächlich war der
Ehemann jedoch bereits so verschuldet, dass das Finanzamt regelmäßig auf der ausstehenden Steuer
sitzen blieb, während es gezwungen war, der Ehefrau die Erstattung zukommen zu lassen. Um diesem
"betrügerischen Treiben" der Eheleute ein Ende zu bereiten, urteilte das Gericht schließlich: Die Wahl
der Steuerklassen V/ III und der Antrag auf getrennte Veranlagung stellen einen Gestaltungsmissbrauch
dar, wenn die Kombination der Wahlrechte erkennbar den Zweck verfolgt, einerseits eine
Steuererstattung bei dem einen Ehegatten zu erreichen, andererseits aber die Durchsetzung der damit
163
Urteil FG Baden-Württemberg vom 21.04.2011, Az: 2 K 4920/08
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
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verbundenen Steuernachforderung bei dem anderen Ehegatten zu vereiteln. Wird daher auf diese Weise
durch die Wahl der Steuerklassen und dem Antrag auf getrennte Veranlagung eine unangemessene
Gestaltung gewählt, die im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht
vorgesehen Vorteil führt, ist die Zusammenveranlagung den wirtschaftlichen Vorgängen angemessen und
die beantragte getrennte Veranlagung abzulehnen.
99
„Nachträgliche" Geltendmachung des Investitionsabzugsbetrags
Die steuerliche Wirkung der Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen
Wirtschaftsguts des betrieblichen Anlagevermögens (z. B. eines PKW) kann zeitlich vorgezogen werden,
wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dabei kann im Rahmen der Gewinnermittlung bzw.
Steuererklärung ein Abzugsbetrag in Höhe von 40 % der voraussichtlichen Investitionskosten
gewinnmindernd geltend gemacht werden. Hierfür ist es erforderlich, dass das Wirtschaftsgut, das
voraussichtlich erworben werden soll, seiner Funktion nach benannt und die Höhe der voraussichtlichen
Anschaffungskosten angegeben werden164. Der Investitionsabzugsbetrag wird allerdings rückwirkend
aufgehoben, wenn die Investition nicht innerhalb der nächsten drei Wirtschaftsjahre tatsächlich
durchgeführt wird (§ 7g Abs. 1ff. EStG).
Zu der Frage, bis zu welchem Zeitpunkt der Investitionsabzugsbetrag beantragt werden muss, um noch
berücksichtigt zu werden, hat der Bundesfinanzhof 165 Stellung genommen. Danach wird das Wahlrecht zur
Geltendmachung des Abzugsbetrags grundsätzlich in der Steuererklärung des Abzugsjahres ausgeübt. Der
Abzugsbetrag kann nach Auffassung des Gerichts auch dann noch anerkannt werden, wenn die Steuererklärung verspätet abgegeben wird, ggf sogar, wenn die Erklärung erst im Einspruchsverfahren gegen
einen Schätzungsbescheid eingereicht wird.
Wenn bei Abgabe der Steuererklärung die Investitionsabsicht noch nicht ausreichend dokumentiert war,
können die Unterlagen nachträglich ergänzt werden, wie das Gericht ebenfalls entschied. Im Streitfall
erfolgte die Einreichung weiterer Unterlagen erst im Klageverfahren.
100
Abgabe von Speisen an Imbissständen: 7 % Umsatzsteuer
Der Handel von Lebensmitteln unterliegt grundsätzlich dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7%. Dies
gilt nicht nur für rohe, unverarbeitete Waren, sondern auch für verzehrfertig zubereitete Lebensmittel.
Werden jedoch neben der Abgabe von Speisen Dienstleistungen angeboten, wie in Gaststätten oder
Restaurants, unterliegt die gesamte Leistung (einschließlich der „gelieferten" Lebensmittel) dem
Regelsteuersatz von 19 %. Aber auch bei Imbiss- oder Verkaufsständen z. B. auf Wochenmärkten, bei
Festen oder bei sonstigen Veranstaltungen kann der höhere Steuersatz in Betracht kommen, wenn im
Zusammenhang mit der Abgabe der Speisen Verzehreinrichtungen (z. B. Tische und Stühle, Geschirr)
bereitgestellt werden. In diesem Fall sind die Umsätze aufzuteilen nach Umsätzen zum ermäßigten
Steuersatz (Speisen „zum Mitnehmen") und Umsätzen zum normalen Steuersatz (Speisen zum Verzehr an
Ort und Stelle).
Der Bundesfinanzhof 166 hat jetzt die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs 167 bestätigt,
wonach lediglich behelfsmäßige Verzehreinrichtungen (z. B. Theken oder Ablagebretter an einem
Wurststand ohne Sitzgelegenheit) „unschädlich" sind. Werden einfache Speisen wie Bratwürste oder
Pommes Frites angeboten und stehen dem Kunden nur derartige Vorrichtungen zur Einnahme der Speisen
zur Verfügung, unterliegen die Umsätze insgesamt dem ermäßigten Steuersatz.
164
Vgl. BMF-Schreiben vom 8. Mai 2009 - IV C 6 - S 2139 – b/07/10002 (BStBl 2009 I S. 633), Rz. 18.
Urteil vom 8. Juni 2011 I R 90/10.
165
166
167
Urteil vom 30. Juni 2011 V R 35/08.
Urteil vom 10. März 2011 Rs. C-497/09, C-499/09, C-501/09 und C-502/09.
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
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In einem anderen Urteil hat der Bundesfinanzhof 168 seine bisherige Rechtsprechung geändert und
entschieden, dass Mobiliar wie Tische und Sitzgelegenheiten dann nicht zu berücksichtigen sind, wenn
dieses nicht vom Imbissbetreiber selbst bereitgestellt wird, auch wenn das Mobiliar von den Imbisskunden
tatsächlich zum Verzehr der Speisen genutzt wird. Im Streitfall befand sich unmittelbar vor dem Stand
eine städtische Sitzbank. Nach Auffassung des Gerichts konnten die Umsätze ungeachtet des
Vorhandenseins dieser Sitzgelegenheit mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert werden. Entsprechendes
gilt, wenn Kunden z. B. Tische oder Bänke eines Standnachbarn nutzen; auch dieses hat keine schädliche
Auswirkung auf den Umsatzsteuersatz.
Aktuelle Anfrage an die Frittenbude: Wird die Currywurst jetzt 12% billiger ?????
101
Wichtig: Regelmäßige Arbeitsstätte bei Arbeitnehmern
Der Bundesfinanzhof 169hat - unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung - entschieden, dass ein
Arbeitnehmer nicht mehr als eine regelmäßige Arbeitsstätte haben kann. Dabei wurde die Auffassung aufgegeben, dass ein Arbeitnehmer, der an mehreren Einrichtungen des Arbeitgebers (regelmäßig) tätig ist,
mehrere regelmäßige Arbeitsstätten haben könne (z. B. ein Bezirksleiter einer Einzelhandelskette). In
diesen Fällen ist jetzt zu prüfen, wo sich der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit
befindet, d. h., es ist festzustellen, ob und welcher betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers der
Arbeitnehmer zugeordnet ist, welche Tätigkeiten er an den verschiedenen Arbeitsstätten im Einzelnen
wahrnimmt oder wahrzunehmen hat und welches Gewicht diesen Tätigkeiten zukommt. Der Umstand, dass
ein Arbeitnehmer den Betriebssitz seines Arbeitgebers in regelmäßigen Abständen (z. B. zu
Kontrollzwecken) aufsucht, reicht allein nicht aus, um eine regelmäßige Arbeitsstätte zu begründen. Das
kann dazu führen, dass dieser Arbeitnehmer jetzt gar keine regelmäßige Arbeitsstätte hat. Die neue
Rechtsprechung hat weitreichende Konsequenzen. Wenn keine regelmäßige Arbeitsstätte existiert,
können die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und dem jeweiligen Einsatzort nach Reisekostengrundsätzen angesetzt werden, d. h. bei Benutzung eines PKW pauschal mit 0,30 Euro für den
gefahrenen Kilometer bzw. mit den nachgewiesenen tatsächlichen Kosten. Wird für diese Fahrten ein vom
Arbeitgeber überlassener PKW verwendet, entfällt bei der Bewertung des Sachbezugs der Zuschlag für
Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte; in diesem Fall kann der Arbeitnehmer die
Entfernungspauschale allerdings nicht als Werbungskosten geltend machen. Außerdem können ggf.
Verpflegungspauschalen vom Arbeitnehmer als Werbungskosten abgezogen oder vom Arbeitgeber lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei gezahlt werden 170, weil mangels regelmäßiger Arbeitsstätte jede
Tätigkeit als Auswärtstätigkeit anzusehen ist.
102
Steuerabkommen Deutschland/Schweiz
Deutschland und die Schweiz haben Einigung darüber erzielt, wie Kapitalerträge und Vermögen deutscher
Bürger in der Schweiz in Zukunft steuerlich behandelt werden sollen. Ungeachtet der weiterhin
bestehenden Möglichkeit, eine strafbefreiende Selbstanzeige abzugeben, soll künftig eine pauschale
Besteuerung von Kapitalerträgen und Vermögen eingeführt werden; dabei soll die Anonymität der
Bankkunden grundsätzlich gewahrt bleiben.
Insbesondere folgende Maßnahmen sind vorgesehen:
168
169
Vom 30. Juni 2011V R 18/10.
Urteile vom 9. Juni 2011 VI R 58/09, VI R 36/10 und VI R 55/10.
170
Darüber hinaus besteht noch zusätzlich die Möglichkeit der Lohnsteuer-Pauschalierung nach § 40 Abs. 2 Nr. 4 EStG.
68621258 – Michael Schneider - Dipl. Finw. (FH)
- 63 -
•
Abgeltungsteuer
Für künftige Kapitalerträge soll eine Abgeltungsteuer in Höhe von 26,375 % (entspricht der derzeitigen
Abgeltungsteuerbelastung von Kapitalerträgen mit Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag in Deutschland) eingeführt werden. Mit dem Abzug dieser Quellensteuer durch schweizerische Banken ist die
Steuerpflicht gegenüber dem Wohnsitzstaat (Deutschland) erfüllt.
•
Altvermögen
Bislang nicht versteuertes Vermögen auf Schweizer Bankkonten soll durch einen einmaligen pauschalen
Steuerbetrag in Höhe von 19 % bis 34 % des Vermögensbestandes nachversteuert und damit quasi
rückwirkend „legalisiert" werden. Die Höhe des Steuersatzes richtet sich danach, wie lange das Vermögen
innerhalb der letzten 10 Jahre dort schon liegt und wie es sich seitdem entwickelt hat. Die Zahlungen aus
den Nachversteuerungen erfolgen ebenfalls anonym; weitere Sanktionen aus diesen Vorgängen erfolgen
nicht.
Statt der rückwirkenden Versteuerung kann der Kontoinhaber die Offenlegung seiner Konten wählen. Zu
beachten ist in diesem Zusammenhang, dass bei einer strafbefreienden Selbstanzeige regelmäßig auch
(Hinterziehungs-)Zinsen zu entrichten sind; daher ist im Einzelfall genau zu prüfen, welche Methode
vorteilhaft ist.
Ein Inkrafttreten der Regelungen ist für 2013 vorgesehen. Dem Abkommen müssen allerdings noch in beiden Ländern die gesetzgebenden Organe (in Deutschland der Bundestag und der Bundesrat) zustimmen. Es
ist daher zurzeit offen, ob diese Regelungen so von den Ländern als Gesetz verabschiedet werden.
103
Anlage mit Hinweisen zum Jahresende 2011:
Termine zum Jahresende 2011
Bis zum 30. November 2011 können Arbeitnehmer einen Antrag auf Ergänzung der Lohnsteuerkarte für
2011 beim Finanzamt wegen Änderung der Steuerklasse und/oder der Zahl der Kinderfreibeträge stellen
(§ 39 Abs. 5 EStG).
Bis zum 30. November 2011 kann beim Finanzamt ein Antrag auf Eintragung eines Steuerfreibetrags auf
der Lohnsteuerkarte für 2011 gestellt werden. Die Summe der zu berücksichtigenden Beträge muss dabei
mehr als 600 Euro betragen (Antragsgrenze), wobei Werbungskosten allerdings nur in diese Summe
einbezogen werden, soweit sie 920 Euro171 übersteigen (§ 39a Abs. 2 EStG).
Bis zum 31.Dezember 2011 172 können Arbeitnehmer, die nicht veranlagungspflichtig sind, eine
Einkommensteuer-Veranlagung 2007 beantragen (sog. Antragsveranlagung).
Ab dem 1. Januar 2012 beträgt der Grundfreibetrag weiterhin 8.004 Euro (bei Ehegatten 16.009 Euro).
Bedeutung hat die Höhe des Grundfreibetrags z. B bei der Prüfung, ob statt einer geringfügigen
Beschäftigung mit Pauschalbesteuerung eine Beschäftigung mit Lohnsteuerkarte in Betracht kommt, da
bis zu folgenden Monatslöhnen keine Lohnsteuer anfällt: 173
Steuerklasse
Monatslohn
I
897€
II
1.028€
III
1.698€
IV
897€
V
95€
Auch für Privatpersonen gilt eine neue Aufbewahrungspflicht (vgl. § 147a Abgabenordnung - AO), wenn
die Summe der positiven Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung
und Verpachtung usw. im vorangegangenen Kalenderjahr größer als 500.000 Euro war. Dann müssen die
Aufzeichnungen und Unterlagen über die Einnahmen und Werbungskosten, die mit diesen Einkünften im
Zusammenhang stehen, grundsätzlich 6 Jahre lang aufbewahrt werden. Die Aufbewahrungspflicht gilt 171
Im Rahmen des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 ist eine Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags auf 1.000 Euro bereits ab
2011 vorgesehen.
172
Zur 4-jährigen Abgabefrist für die Antragsveranlagung siehe auch Steuerinfo September 2011
173
Zu beachten ist, dass es im Rahmen der Einkommensteuer-Veranlagung zu Steuernachzahlungen kommen kann (z. B. bei der
Lohnsteuerklassenkombination III/V oder wenn andere Einkünfte vorliegen).
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- 64 -
wie im betrieblichen Bereich (siehe dazu unten) - auch für elektronische Daten. Bei Ehegatten wird die
Grenze von 500.000 Euro für jeden Ehegatten gesondert geprüft. Verluste werden dabei nicht
berücksichtigt. Die Aufbewahrungspflicht gilt erstmals für Aufzeichnungen und Unterlagen aus dem Jahr
2010, wenn die Einkunftsgrenze im Jahr 2009 überschritten wurde 174. Die Aufbewahrungspflicht gilt
erstmals wenn die Einkunftsgrenze von 500.000 €uro 5 Jahre in Folge nicht überschritten wurde. Somit
sind auch entsprechende Unterlagen aus dem Jahr 2011 aufzubewahren, wenn im Jahr 2009 oder 2010 die
Grenze überschritten wurde.
Haushaltsnahe Dienstleistungen:
Für Ausgaben in Privathaushalten, z. B. für Putzhilfen, Gärtner, Fensterputzer, aber auch für Pflege- und
Betreuungsleistungen, kann eine Steuerermäßigung in Höhe von 20 % der Kosten, höchstens bis zu 4.000
Euro, beantragt werden; für (Arbeitslohn-)Kosten bei Handwerkerleistungen (Renovierungs- und
Reparaturarbeiten, Gartengestaltung etc.) gilt daneben ein Ermäßigungshöchstbetrag von 1.200 Euro (§
35a Abs. 2 und 3 EStG). Soll noch für 2011 eine Steuerermäßigung geltend gemacht werden, muss die
Bezahlung der Rechnung bis zum 31. Dezember 2011 auf das Konto des Leistungserbringers erfolgen.
Verrechnung von Verlusten aus Aktienverkäufen:
Seit 2009 werden Kapitalerträge grundsätzlich durch einen - in der Regel von der Bank vorgenommenen Steuerabzug von 25 % (zuzüglich Solidaritätszuschlag) besteuert; Verluste z. B. aus Aktiengeschäften
werden von der Bank verrechnet bzw. vorgetragen. Sollen nicht verrechnete Verluste im Rahmen der
Einkommensteuer-Erklärung 2011 geltend gemacht werden, muss ein Antrag auf Verlustbescheinigung
spätestens bis zum 15. Dezember des laufenden Jahres bei der betroffenen Bank gestellt werden (§
43a Abs. 3 Satz 5 EStG).
Für Unternehmer:
Für Buchführungsunterlagen gelten bestimmte Aufbewahrungsfristen (vgl. § 147 AO). Im
Jahresabschluss kann ggf. für die zukünftigen Kosten der Aufbewahrung dieser Unterlagen eine
Rückstellung gebildet werden175. Mit Ablauf dieser Fristen können nach dem 31. Dezember 2011
regelmäßig folgende Unterlagen vernichtet werden 176:
Zehnjährige Aufbewahrungsfrist:
•
Bücher, Journale, Konten, Aufzeichnungen usw., in denen die letzte Eintragung 2001 und
früher erfolgt ist
•
Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, Eröffnungsbilanzen, die 2001 oder früher
aufgestellt wurden, sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen
•
Buchungsbelege (z. B. Rechnungen, Bescheide, Zahlungsanweisungen, Reisekostenabrechnungen, Bewirtungsbelege, Kontoauszüge 177, Lohn- bzw. Gehaltslisten) aus dem
Jahr 2001
Sechsjährige Aufbewahrungsfrist:
•
Lohnkonten und Unterlagen (Bescheinigungen) zum Lohnkonto mit Eintragungen aus 2005
oder
früher 178
•
Sonstige für die Besteuerung bedeutsame Dokumente (z. B. Ausfuhr- bzw. Einfuhr unterlagen,
Aufträge, Versand- und Frachtunterlagen, Darlehensunterlagen, Mietver
träge, Versicherungspolicen)
sowie Geschäftsbriefe aus dem Jahr 2005 oder früher
174
Vgl. § 5 Steuerhinterziehungsbekämpfungsverordnung.
BFH-Urteil vom 19. August 2002 VIII R 30/01 (BStBl 2003 II S. 131); siehe dazu auch Steuerinfo Juni 2011 Nr. 6.
176
Bei der Entscheidung über die Vernichtung von Buchhaltungsunterlagen sollte auch überlegt werden, ob und welche Unterlagen evtl.
als Beweise für eine spätere Betriebsprüfung bzw. für ein ggf. noch zu führendes Rechtsmittel - trotz der offiziellen
Vernichtungsmöglichkeit - weiterhin aufbewahrt werden sollten.
177
Ausdrucke elektronischer Kontoauszüge (Onlinebanking) genügen den gesetzlichen Aufbewahrungspflichten derzeit i. d. R. nicht;
hier sind (wie bisher) die Kontoauszüge bzw. Monatssammelkontoauszüge der Kreditinstitute in Papierform zu archivieren.
178
Siehe § 41 Abs. 1 Satz 9 EStG.
175
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- 65 -
Die Aufbewahrungsfristen gelten auch für die steuerlich und sozialversicherungsrechtlich relevanten
Daten der betrieblichen EDV (Finanz-, Anlagen- und Lohnbuchhaltung). Während des
Aufbewahrungszeitraums muss der Zugriff auf diese Daten möglich sein179. Bei einem Systemwechsel der
betrieblichen EDV ist darauf zu achten, dass die bisherigen Daten in das neue System übernommen oder
die bisher verwendeten Programme für den Zugriff auf die alten Daten weiter vorgehalten werden.
Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung in das
Buch gemacht, das Inventar, die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt,
der Handels- oder Geschäftsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg
entstanden ist, ferner die Aufzeichnung vorgenommen worden ist oder die sonstigen Unterlagen entstanden sind. Die Vernichtung von Unterlagen ist allerdings dann nicht zulässig, wenn die Frist für die
Steuerfestsetzung noch nicht abgelaufen ist (vgl. §§ 169, 170 AO).
Sonderabschreibungen bei kleinen und mittleren Betrieben:
Bei Anschaffung und Herstellung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens von
Gewerbetreibenden und Freiberuflern können neben der normalen Abschreibung bis zu 20 % der
Aufwendungen gesondert abgeschrieben werden (vgl. § 7g EStG). Die Sonderabschreibung kommt bei
Anschaffung bzw. Herstellung bis zum Jahresende in vollem Umfang für das Jahr 2011 in Betracht. Bei
geplanten Investitionen kann durch Berücksichtigung eines Investitionsabzugsbetrags in Höhe von 40 %
der voraussichtlichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten - maximal bis zu einem Betrag von 200.000
Euro - die steuerliche Wirkung der Abschreibungen vorgezogen werden; die Sonderabschreibung kann
dann im Zeitpunkt der Investition (wenn diese innerhalb von drei Jahren erfolgt) zusätzlich geltend
gemacht werden. Voraussetzung ist, dass das Wirtschaftsgut mindestens bis zum Ende des auf die
Investition folgenden Wirtschaftsjahres im Inland (fast) ausschließlich betrieblich genutzt wird. Der
Investitionsabzugsbetrag kann für 2011 nur dann in Anspruch genommen werden, wenn folgende
Größenmerkmale erfüllt sind: Bei Bilanzierenden darf das Betriebsvermögen am Schluss des
Wirtschaftsjahres 235.000 Euro, bei Land- und Forstwirten der Wirtschaftswert 125.000 Euro nicht
überschreiten; für Freiberufler und Selbständige , die den Gewinn durch Einnahmen-ÜberschussRechnung ermitteln, gilt eine Gewinngrenze von 100.000 Euro. Zu beachten ist, dass im Hinblick auf die
Geltendmachung von Sonderabschreibungen die Größengrenzen für das Jahr gelten, das der Anschaffung
des Wirtschaftsguts vorangeht 180.
Geringwertige Wirtschaftsgüter:
Abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter, die bis zum 31. Dezember 2011 angeschafft werden, können
in 2011 in voller Höhe abgeschrieben werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten 410 Euro
181
nicht übersteigen. Für Wirtschaftsgüter bis 1.000 Euro 182 ist bei Gewinneinkünften (wahlweise) die
Bildung eines mit 20 % jährlich abzuschreibenden Sammelpostens möglich; in diesem Fall ist für alle
anderen in diesem Jahr angeschafften Wirtschaftsgüter eine Sofortabschreibung nur bei Anschaffungsbzw. Herstellungskosten bis zur Höhe von 150 Euro zulässig 183. Für Überschusseinkünfte (z. B.
nichtselbständige Arbeit, Vermietung und Verpachtung) gilt ausschließlich die 410 Euro-Regelung.
Begünstigung nicht entnommener Gewinne:
Bilanzierende Gewerbetreibende, Selbständige oder Land- und Forstwirte können für ihren nicht
entnommenen Gewinn 2011 beantragen, dass dieser (lediglich) mit einem Einkommensteuersatz von 28,25
% besteuert wird. Der Antrag kann für jeden Betrieb oder Mitunternehmer gesondert gestellt werden,
bei Gesellschaftern von Personengesellschaften bei mehr als 10 % Gewinnbeteiligung oder einem
179
Siehe § 147 Abs. 5 und 6 AO; § 9 Abs. 5 Beitragsverfahrensverordnung.
§ 7g Abs. 6 Nr. 1 EStG.
181
Maßgebend ist der reine Warenpreis ohne Vorsteuer; dies gilt auch, wenn die Vorsteuer nicht abziehbar ist (siehe R 9b Abs. 2
Satz 1 und 2 EStR).
182
Maßgebend ist der reine Warenpreis ohne Vorsteuer; dies gilt auch, wenn die Vorsteuer nicht abziehbar ist (siehe R 9b Abs. 2
Satz 1 und 2 EStR).
183
Zu der Neuregelung im Einzelnen siehe Steuerinfo Februar 2010 Nr.4.
180
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Gewinnanteil von über 10.000 Euro. Wird der nach Abzug der Steuern verbliebene Gewinn später
entnommen, erfolgt eine Nachversteuerung mit 25% (§ 34a EStG)
Gewillkürtes Betriebsvermögen:
Wirtschaftsgüter, die nicht überwiegend betrieblich genutzt werden, aber in einem gewissen objektiven
Zusammenhang mit dem Betrieb stehen, können dem Betriebsvermögen zugeordnet werden, wenn die
betriebliche Nutzung mindestens 10 %‚ aber höchstens 50 % beträgt (sog. gewillkürtes
Betriebsvermögen). Dies gilt unabhängig von der Gewinnermittlungsart, d. h. sowohl für Bilanzierende als
auch für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln (z. B.
Freiberufler - siehe R 4.2 Abs. 1 EStR). Die Zuordnung zum Betriebs- oder Privatvermögen muss dabei
zeitnah durch eine Einlage oder Entnahme in der laufenden Buchführung erfolgen. Insbesondere zum
Jahresende ist zu prüfen, ob ein Wirtschaftsgut weiterhin als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt
werden soll; ist dies nicht der Fall, ist eine entsprechende Entnahme im Rahmen der laufenden
Buchführung z. B. für den Monat Dezember zu buchen.
Geschenke für Geschäftsfreunde/ Bewirtungen
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Zuwendenden sind, dürfen
insgesamt 35 Euro184 pro Empfänger im Wirtschaftsjahr nicht übersteigen, sofern sie als
Betriebsausgaben berücksichtigt werden sollen. Nicht zu den Geschenken gehören z. B. Preise anlässlich
eines Preisausschreibens oder sog. Zugaben, d. h. Gegenstände von geringem Wert, die Kunden beim
Einkauf kostenlos zusätzlich erhalten 185. Ungeachtet dieser Regelung kann der zuwendende Unternehmer
Sachgeschenke an Geschäftsfreunde im Rahmen des § 37b EStG pauschal mit 30 % versteuern; diese
Besteuerung muss aber für alle im Wirtschaftsjahr gewährten Geschenke vorgenommen werden. Der
Empfänger braucht die Sachzuwendungen dann nicht der Einkommensteuer zu unterwerfen 186. Kosten für
die Bewirtung von Geschäftspartnern, Kunden etc. (auch soweit eigene Arbeitnehmer teilnehmen) sind nur
in Höhe von 70 % steuerlich berücksichtigungsfähig; dabei müssen bestimmte Nachweispflichten erfüllt
sein187. Voraussetzung für den Betriebsausgabenabzug von Geschenken und Bewirtungsaufwendungen ist
außerdem, dass die Aufwendungen einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben
aufgezeichnet werden (§ 4 Abs. 7 EStG).
Sachzuwendungen an Mitarbeiter
Aufwendungen für Sachzuwendungen oder Geschenke an eigene Mitarbeiter können regelmäßig als
Betriebsausgaben geltend gemacht werden; sie sind allerdings grundsätzlich lohnsteuer- und
sozialversicherungspflichtig. Eine Ausnahme bilden übliche Aufmerksamkeiten aus besonderem Anlass (z.
B. Blumen, Pralinen oder ein Buch zum Geburtstag oder zur Hochzeit), wenn der Wert des Geschenks 40
Euro je Anlass nicht überschreitet 188. Begünstigt sind auch Zuwendungen in Form von (Waren)Gutscheinen (z. B. zur Einlösung in Tankstellen, Supermärkten oder Feinkostgeschäften), wenn die Auszahlung von Bargeld ausgeschlossen ist. Derartige Zuwendungen bleiben steuerfrei, wenn der Wert des
Gutscheins - ggf. zusammen mit anderen Sachbezügen - die Freigrenze von 44 Euro monatlich nicht
übersteigt (§ 8 Abs. 2 Satz 9 EStG) 189. Für teurere Sachzuwendungen kann der Arbeitgeber die
Lohnsteuer pauschal mit 30 % übernehmen (vgl. § 37b EStG).
184
Bei vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern ohne Umsatzsteuer (vgl. R 9b Abs. 2 Satz 3 EStR).
Siehe auch R4.10 Abs. 2-4 EStR.
Siehe auch BMF-Schreiben vom 29. April 2008 - IV B 2 —S 2297-b/07/0001 (BStBl 2008 i S. 566).
187
Siehe dazu § 4 Abs. 5 Nr.2 EStG, R 4.10 EStR, H 4.10 (5-9) EStH.
185
186
188
Vgl. R 19.6 LStR; erfolgen die Zuwendungen im Rahmen von Betriebsveranstaltungen, gelten ggf. Besonderheiten
(siehe R 19.5 LStR).
189
Zur neuen Rechtsprechung siehe Steuerinfo April 2011 Nr. 1.
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Vorabaufwendungen für 2012
Nicht regelmäßig wiederkehrende Aufwendungen, die beispielsweise im Januar 2012 fällig werden, können
von nichtbilanzierenden Steuerpflichtigen bereits 2011 geleistet werden, wenn eine Steuerminderung noch
in diesem Jahr beabsichtigt ist. Werden in diesen Fällen offene Lieferantenrechnungen noch 2011
bezahlt, mindert dies ebenfalls den steuerlichen Gewinn im Jahr 2011. Lediglich bei Gegenständen des
Anlagevermögens ist es für den Beginn der Inanspruchnahme der Absetzungen unerheblich, ob das
Anlagegut bereits bezahlt ist. Entscheidend ist hier der Anschaffungs- oder Fertigstellungszeitpunkt.
104
Spruch des Monats Oktober 2011
Im Alter bereut man vor allem die Sünden,
die man nicht begangen hat.
William Somerset Maugham
25.01.1874 - 16.12.1965
Englischer Schriftsteller
entnommen aus: http://zitate.net/
105
Sonderausgaben 2011
Bestimmte Aufwendungen, die weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten bei den einzelnen Einkunftsarten sind, können als Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Sie können
zum Teil unbegrenzt, meistens jedoch nur begrenzt geltend gemacht werden (siehe Nr. 8).
Sonderausgaben, die für das Kalenderjahr 2011 berücksichtigt werden sollen, sind bis spätestens 31.
Dezember 2011 zu leisten (§ 11 EStG gilt). Eine Scheckzahlung ist z.B. dann erfolgt, wenn der Scheck dem
Empfänger übergeben bzw. bei der Post aufgegeben wird; bei einer Überweisung ist der Zeitpunkt
maßgebend, in dem die Bank den Überweisungsauftrag erhält 190.
106
Die Lohnsteuerkarte fällt endgültig weg
Die bis 2010 ausgestellten Lohnsteuerkarten hatten ihre Bedeutung für den Lohnsteuerabzug behalten,
auch wenn neue Lohnsteuerkarten schon seit Beginn 2011 nicht mehr ausgestellt werden. Die „Karte" fällt
nun endgültig weg. Ab 2012 muss der Arbeitnehmer einem neuen Arbeitgeber nur sein Geburtsdatum und
die steuerliche Identifikations-Nr. mitteilen sowie darüber informieren, ob es sich ggf um ein
Nebenarbeitsverhältnis
handelt.
Die
Merkmale
für
den
Lohnsteuerabzug
(Steuerklasse,
Kirchensteuerpflicht usw.) hat der Arbeitgeber dann online von Servern der Finanzverwaltung abzurufen
(ELStAM-Verfahren). Das gilt auch für einen etwaigen Freibetrag, der beim Lohnsteuerabzug zu
berücksichtigen ist. Dieser ist - wie bisher - vom Arbeitnehmer beim Finanzamt zu beantragen.
190
vgl. H 11 EStH
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107
Lohnsteuer-Ermäßigung
Freibetrag beim Lohnsteuerabzug
Insbesondere erhöhte Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen können bei
Arbeitnehmern bereits beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt werden. Die steuermindernde Wirkung ist
dann sofort bei der monatlichen Lohn-/Gehaltszahlung und nicht erst im Rahmen der EinkommensteuerVeranlagung gegeben. Der Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung ist mit amtlichem Vordruck beim Finanzamt
zu stellen. Ab 2012 erhält der Arbeitgeber die Information über den Freibetrag im Rahmen des elektronischen Datenabrufs (ELStAM). Ein Lohnsteuerfreibetrag ist jedes Jahr erneut beim Finanzamt zu
beantragen, auch wenn sich dieser im Vergleich zum Vorjahr nicht ändert. Der Freibetrag für 2011 gilt
nicht automatisch auch für 2012. Bis zum 30. November 2011 kann noch ein Antrag auf LohnsteuerErmäßigung für 2011 gestellt werden, damit ein Freibetrag z. B. noch bei Ermittlung der Lohnsteuer für
Dezember berücksichtigt wird.
Berücksichtigungsfähige Aufwendungen
Werbungskosten werden nur insoweit berücksichtigt, als sie den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von (ab
2011) 1.000 Euro übersteigen; bei Versorgungsbezügen beträgt der Pauschbetrag nur 102 Euro. Ein
Freibetrag insbesondere für Werbungskosten und Sonderausgaben ist aber nur möglich, wenn die Summe
der zu berücksichtigenden Aufwendungen insgesamt die Antragsgrenze von 600 Euro übersteigt. Nach §
39a EStG kommen insbesondere folgende Aufwendungen in Betracht:
•
Werbungskosten (Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, doppelte Haushaltsführung,
Reisekosten usw.),
•
Sonderausgaben (Ausbildungskosten, Unterhalt an den geschiedenen oder getrennt lebenden
Ehegatten, Spenden usw. sowie Kinderbetreuungskosten),
•
außergewöhnliche Belastungen (ggf. nach Abzug einer zumutbaren Eigenbelastung).
Folgende Beträge sind auch dann zu berücksichtigen, wenn die Antragsgrenze von 600 Euro insgesamt
nicht überschritten wird:
•
Pauschbeträge für Behinderte und Hinterbliebene (§ 33b EStG),
•
Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungen und Dienstleistungen. Als Freibetrag
wird
das Vierfache der nach § 35a EStG maßgebenden Beträge berücksichtigt.
•
Verluste aus anderen Einkunftsarten (z. B. aus Vermietung und Verpachtung).
Eine Verpflichtung zur Änderung des Freibetrags besteht nicht, wenn sich die Verhältnisse im Laufe des
Jahres ändern und Aufwendungen sich z. B. verringern. Zu wenig erhobene Lohnsteuer wird im Veranlagungsverfahren nacherhoben.
Faktorverfahren bei Ehegatten
Berufstätige Ehegatten können beantragen, dass beim Lohnsteuerabzug das sog. Faktorverfahren berücksichtigt wird (§ 39f EStG). Dieser Antrag ist umso sinnvoller, je unterschiedlicher die Arbeitslöhne bei
jeweils berufstätigen Ehegatten sind. Die Lohnsteuer nach Lohnsteuerklasse IV wird dann durch einen
Faktor verringert, der sich an der voraussichtlichen Jahreseinkommensteuer orientiert.
108
Besteuerung von Erstattungszinsen zulässig ?
Müssen insbesondere im Zusammenhang mit einer Betriebsprüfung Steuern, wie z. B. Einkommen-, Körperschaft- oder Gewerbesteuer, nachgezahlt werden, sind zusätzlich zu den entsprechenden Steuerbeträgen
Zinsen in Höhe von 0,5 % pro Monat an das Finanzamt zu entrichten, wenn seit Entstehung der Steuern
mehr als 15 Monate vergangen sind (§§ 233a, 238 Abgabenordnung). Dies gilt entsprechend, wenn - z. B.
nach einem erfolgreichen Einspruch gegen einen Steuerbescheid - Steuererstattungen vom Finanzamt
gezahlt werden. Nach derzeitiger Rechtslage sind die Nachzahlungszinsen regelmäßig nicht abzugsfähig
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(§ 12 Nr. 3 EStG), die Erstattungszinsen jedoch als „Kapitalerträge" steuerpflichtig (§ 20 Abs. 1 Nr. 7
Satz 3 EStG).
Gegen die Besteuerung von Erstattungszinsen hatte sich bereits der Bundesfinanzhof in einem Urteil 191
gewendet. Auch ein Finanzgericht 192 hat in einem aktuellen Beschluss Zweifel an der Rechtmäßigkeit der
Besteuerung von Erstattungszinsen geäußert. Es ist darauf hinzuweisen, dass inzwischen zwei weitere Verfahren zu dieser Frage vor dem Bundesfinanzhof 193 anhängig sind. Unter Hinweis auf diese Fälle kann Einspruch gegen betroffene Steuerbescheide eingelegt und das Ruhen des Verfahrens beantragt werden.
109
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bei PKW-Nutzung: Keine
Einzelbewertung bei Gewinneinkünften
Nutzt ein Arbeitnehmer einen ihm vom Arbeitgeber überlassenen PKW auch privat, wird der lohnsteuerpflichtige Nutzungsanteil regelmäßig nach der 1 %-Methode ermittelt. Für Fahrten zwischen Wohnung
und Arbeitsstätte erfolgt dann ein Zuschlag in Höhe von monatlich pauschal 0,03 % des Listenpreises je
Entfernungskilometer.
Nach neuer Rechtsprechung braucht diese Pauschalregelung nicht angewendet zu werden, wenn der PKW
nur unregelmäßig für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt wird. In diesem Fall kann
eine Einzelbewertung der Fahrten in Höhe von 0,002 % des Listenpreises je Entfernungskilometer
vorgenommen werden194. Dabei werden allerdings nur die Arbeitstage berücksichtigt, an denen der PKW
tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte verwendet wird.
Bei Unternehmern und Selbständigen besteht eine entsprechende Regelung zur Ermittlung der nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben für Fahrten mit dem betrieblichen PKW zwischen Wohnung und Betriebsstätte. Der Nutzungsanteil wird hier ebenfalls mit 0,03 % des Listenpreises je Entfernungskilometer
monatlich ermittelt; als Betriebsausgaben abzugsfähig bleibt lediglich die Entfernungspauschale (siehe § 4
Abs. 5 Nr. 6 EStG).
Die Finanzverwaltung195 hat jetzt darauf hingewiesen, dass eine Einzelbewertung des Nutzungsanteils bei
der Ermittlung der nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben nicht für die Fahrten des Unternehmers zur
Betriebsstätte gilt. Das heißt, auch bei einer geringeren Nutzung des PKW für Fahrten zur Betriebsstätte
ist die pauschale 0,03 % - Regelung anzuwenden.
110
Steuervereinfachungsgesetz 2011 jetzt beschlossen
Nachdem das Steuervereinfachungsgesetz 2011 einige Zeit umstritten war, haben Bundestag und
Bundesrat das Gesetz nun verabschiedet. Die ursprünglich im Entwurf vorgesehene Einführung einer
Einkommensteuer-Erklärung für 2 Jahre wurde gestrichen. Im Folgenden werden die wichtigsten regelmäßig zum 1. Januar 2012 in Kraft tretenden - Änderungen dargestellt:
•
Kinder
Derzeit besteht nur dann ein Anspruch auf Kindergeld bzw. auf einen Kinderfreibetrag für volljährige
Kinder in der Ausbildung usw. bis zum 25. Lebensjahr, wenn diese mit ihren Einkünften unterhalb des
Jahresgrenzbetrages von 8.004 Euro liegen. Diese Einkunftsgrenze fällt weg. Künftig gibt es eine
Einschränkung nur bei Kindern, die eine erste Berufsausbildung bzw. ein Erststudium bereits
abgeschlossen haben. In diesen Fällen werden die Kindervergünstigungen nur noch gewährt, wenn das Kind
keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Unschädlich sind allerdings Tätigkeiten mit bis zu 20 Stunden
wöchentlich, Ausbildungsdienstverhältnisse und geringfügige Beschäftigungen. Somit können künftig die
191
Vom 15. Juni 2010 VIII R 33/07 (BStBl 2011 II S. 503).
FG Düsseldorf, Beschluss vom 5. September 2011 1V 2325/11 A(E).
193
Aktenzeichen: VIII R36/10 und VIII R 1/11.
194
Siehe dazu auch Steuerinfo Juni 2011 Nr. 2.
195
OFD Niedersachsen vom 11. Juli 2011 - S 2227 - 98 - St 221/St 222.
192
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Vergünstigungen auch für Kinder in Betracht kommen, die z. B. Kapitalerträge oder Vermietungseinkünfte
über dem bisherigen Jahresgrenzbetrag erzielen.
Die Anerkennung von Kinderbetreuungskosten wird vereinfacht. Entsprechende Aufwendungen können
nunmehr unabhängig von Erwerbstätigkeit, Krankheit oder Behinderung der Eltern als Sonderausgaben
geltend gemacht werden; begünstigt sind (wie bisher) 2/3 der Kosten, höchstens 4.000 Euro pro Kind,
wenn dieses das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder körperlich, geistig oder seelisch behindert
ist.

Vermietung an Angehörige
Die (verbilligte) Vermietung an Angehörige usw. wird bislang nur dann in vollem Umfang anerkannt, wenn
die vereinbarte Miete mindestens 75 % - bei einer positiven Überschussprognose mindestens 56 % - der
ortsüblichen Miete beträgt. Durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 wird diese Grenze künftig auf
einen einheitlichen Wert von 66% festgelegt. Auf eine (positive) Überschussprognose kommt es nicht
mehr an.
Die neue Regelung gilt ab dem 1. Januar 2012 für alle Mietverhältnisse. Bestehende Mietverträge sollten
ggf angepasst werden; betroffen sind insbesondere Verträge, in denen die gezahlte Miete derzeit
zwischen 56 % und 66 % der Vergleichsmiete liegt.
•
Arbeitnehmer-Pauschbetrag
Der jährliche Arbeitnehmer-Pauschbetrag wird von 920 Euro auf 1.000 Euro angehoben. Wirksam wird
dies bereits ab 2011: Der höhere Pauschbetrag wird zu diesem Zweck bei nach dem 30. November 2011
gezahlten Arbeitslöhnen (d. h. regelmäßig mit der Gehaltsabrechnung im Dezember 2011) berücksichtigt.
•
Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen
Die Anerkennung von Aufwendungen im Zusammenhang mit der Heilung und Linderung von Krankheiten oder
bestimmten vorbeugenden Maßnahmen (z. B. Bade- oder Heilkuren, psychotherapeutische Behandlungen,
Frischzellenkuren o. Ä.) unterliegen strengen Voraussetzungen. Entsprechende Kosten können nur dann
berücksichtigt werden, wenn die Notwendigkeit z. B. durch ein vor Beginn der Maßnahme ausgestelltes
amtsärztliches Gutachten belegt wird (siehe R 33.4 Abs. 1 EStR). Der Bundesfinanzhof hat diese
Anforderungen der Finanzverwaltung für unzulässig erklärt196. Der Gesetzgeber schreibt die bisherigen
Regelungen jetzt aber gesetzlich fest (siehe § 64 EStDV n. F.). Somit bleibt es im Wesentlichen bei der
bislang üblichen Praxis.
•
Gebühren für verbindliche Auskunft
Unter bestimmten Voraussetzungen erteilt die Finanzbehörde auf Antrag im Vorhinein eine verbindliche
Auskunft im Hinblick auf die steuerliche Beurteilung eines Sachverhalts; das Finanzamt ist dann im Veranlagungsverfahren an diese Beurteilung gebunden (siehe § 89 Abs. 2 Abgabenordnung). Künftig wird bis zu
einem Gegenstandswert von 10.000 Euro keine Gebühr erhoben; Entsprechendes gilt, wenn eine
Zeitgebühr zugrunde zu legen ist und die Bearbeitungszeit weniger als 2 Stunden beträgt. Diese Änderung
wird mit Verkündung des Gesetzes (voraussichtlich im November 2011) wirksam.

Anerkennung elektronischer Rechnungen
Rechnungen werden zunehmend in elektronischen Formaten, z. B. per E-Mail (ggf. mit PDF- oder
Textdateianhang), per Computer-Telefax oder Fax-Server, übermittelt. Bislang wurde eine elektronische
Rechnung für umsatzsteuerliche Zwecke - d. h. zur Geltendmachung der Vorsteuerbeträge - insbesondere
nur dann anerkannt, wenn die „Echtheit" durch eine sog. qualifizierte elektronische Signatur gewährleistet
war.
Rückwirkend ab dem 1. Juli 2011 wird die elektronische Rechnung der Papierrechnung gleichgestellt. Zwar
muss wie bisher die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre
196
Siehe BFH-Urteile vom 11. November 2010 VI R 17/09 und VI R 16/09 sowie Steuerinfo März 2011 Nr. 1.
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Lesbarkeit gewährleistet sein. Ein bestimmtes technisches Übermittlungsverfahren wird aber nicht mehr
vorgeschrieben; die bisherigen Verfahren können weiter verwendet werden. Der Unternehmer kann selbst
festlegen, in welcher Weise er die genannten Anforderungen erfüllen will. Dies kann durch jegliches innerbetriebliches Kontrollverfahren, das einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung
schafft, erreicht werden.
111
Kein Betriebsausgabenabzug für Luxus-Oldtimer
Ein Finanzgericht197 hat den Betriebsausgabenabzug der Abschreibungen für einen Jaguar E-Type
(Baujahr 1973) abgelehnt. Nach Auffassung des Gerichts fallen die Aufwendungen für den Oldtimer unter
das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 4 EStG, weil sie bereits ihrer Art nach - ähnlich wie bei
Segeljachten - als unangemessener Repräsentationsaufwand anzusehen seien. Im Streitfall diente das mit
einem sog. Oldtimer-Kennzeichen versehene Fahrzeug der Darstellung des Unternehmens in der
Öffentlichkeit, d. h. zu Werbezwecken; dabei betrug die betriebliche Fahrstrecke in zwei Jahren weniger
als 600 km. Es bleibt abzuwarten, ob der Bundesfinanzhof 198 das Urteil bestätigen wird.
112
Anlage Sonderausgaben:
8.1.
Unbegrenzt abziehbare Sonderausgaben
1.
Versorgungsleistungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG):
Wiederkehrende Zahlungen, die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhen, können bei ab 2008 geschlossenen Verträgen in voller Höhe als Sonderausgaben geltend gemacht werden; Leistungen im Zusammenhang mit einer vorweggenommenen Erbfolge sind nur begünstigt, wenn Betriebsvermögen oder ein mindestens 50%iger GmbH-Anteil übertragen wird.
2.
Kirchensteuern, Kirchenbeiträge (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG):
Abzugsfähig sind die im Kalenderjahr 2011 gezahlten Kirchensteuern bzw. entsprechenden Beiträge
abzüglich etwaiger Erstattungen. Für welches Kalenderjahr die Kirchensteuer geleistet wird, ist ohne
Bedeutung, da es allein auf den Zahlungszeitpunkt ankommt.
Ein Sonderausgabenabzug kommt jedoch nicht in Betracht für Kirchensteuer, die auf die seit 2009
geltende Abgeltungsteuer für private Kapitalerträge erhoben wurde.
8.2.
Begrenzt abziehbare Sonderausgaben
1.
Unterhaltsleistungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG):
Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten, der im Inland
seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, können auf Antrag bis zu 13.805 Euro - ggf erhöht
um für den Ehegatten geleistete Beiträge zur Kranken-/ Pflegeversicherung - abgezogen werden.
Voraussetzung ist, dass der Empfänger der Unterhaltsleistungen dem Antrag zustimmt, weil als Folge des
Abzugs beim Zahlenden eine Versteuerung beim Empfänger vorgenommen wird. Die Zustimmung gilt für
den jeweiligen Veranlagungszeitraum und für zukünftige Jahre; sie kann nur vor Beginn eines Jahres
zurückgenommen werden.
2.
Kinderbetreuungskosten (§ 9c Abs. 2 EStG):
Nicht erwerbsbedingte Aufwendungen für die Betreuung von Kindern (z. B. durch Kindergarten, Kinderhort
oder Tagesmutter) können als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Begünstigt sind 2/3 der Kosten,
höchstens 4.000 Euro pro Kind jährlich; es muss eine Rechnung vorliegen und die Zahlung muss auf das
Konto des Erbringers der Leistung erfolgen. Betroffen sind Alleinverdiener-Eltern und nichterwerbstätige
197
198
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. Februar 2011 - 6 K 2473/09 (EFG 2011 S. 1508); Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.
Aktenzeichen des BFH: 1 B 42/11.
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Alleinerziehende bzw. Ehegatten mit Kindern zwischen 3 und 6 Jahren. Bei Alleinstehenden, die krank bzw.
behindert sind oder sich in einer Ausbildung befinden, oder bei Eltern, die beide die genannten
Voraussetzungen erfüllen oder bei denen ein Elternteil erwerbstätig und der andere krank bzw. behindert
ist oder in einer Ausbildung steht, gilt dies für Kinder bis zum 14. Lebensjahr.
3.
Berufsausbildungskosten (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG):
Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung bzw. für ein Erststudium (Fahrtkosten, Lernmittel,
Studiengebühren usw.) können zurzeit lediglich bis zu einer Höhe von 4.000 Euro (für jeden Ehegatten)
jährlich geltend gemacht werden. Ein (unbeschränkter) Werbungskostenabzug für eine erstmalige
Ausbildung ist nach derzeitigem Recht nur bei Maßnahmen im Rahmen eines (Ausbildungs)Dienstverhältnisses möglich; diese Regelung hat der Bundesfinanzhof allerdings beanstandet.
4.
Schulgeld (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG):
30 % des Schulgeldes für die schulische Ausbildung der eigenen Kinder in anerkannten (Privat-) Schulen in
EU-/EWR-Staaten und in Deutschen Auslandsschulen bis zu einem Höchstbetrag von 5.000€ je Kind und
Elternpaar können als Sonderausgaben abgezogen werden; Aufwendungen für die Beherbergung, Betreuung
und Verpflegung sind allerdings nicht begünstigt.
5.
Zuwendungen zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke (§ 10 b Abs. 1 EStG):
Spenden an gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Institutionen in EU-/EWR Staaten können bis zur
Höhe von 20 % des Gesamtbetrags der Einkünfte oder 4 0/00 der Summe aus Umsätzen sowie Löhnen und
Gehältern als Sonderausgaben abgezogen werden. Begünstigt sind auch Mitgliedsbeiträge an
Einrichtungen, wenn diese nicht den Sport; die Heimatkunde, die Tierzucht oder sonstige Freizeitgestaltungen fördern. Zuwendungen, die diese Grenzen übersteigen, können im Rahmen der Höchstbeträge
in den Folgejahren geltend gemacht werden. Spenden in den Vermögensstock einer begünstigten Stiftung
können darüber hinaus bis zu einem Gesamtbetrag von 1 Mio. Euro innerhalb eines Zehnjahreszeitraums
abgezogen werden (siehe § l0 b Abs. 1a EStG). Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug ist die
Vorlage einer Zuwendungsbestätigung. Bei „Kleinspenden" bis zu 200 Euro oder bei Spenden für Katastrophenfälle reicht i. d. R. ein Einzahlungs- oder Überweisungsbeleg aus. Bei Direktspenden z. B. an
Sportvereine muss der Überweisungsträger etc. einen Hinweis - auf den Zweck der Spende enthalten (§
50 Abs. 2 EStDV).
6.
Mitgliedsbeiträge und Spenden an politische Parteien (§ 34g EStG, § l0b Abs. 2 EStG):
Zuwendungen an politische Parteien werden mit 50 % der Ausgaben direkt von der Einkommensteuer
abgezogen; dies gilt jedoch nur für Zuwendungen bis zu 1.650 Euro (bei Ehegatten: 3.300 Euro) im
Kalenderjahr. Darüber hinausgehende Beträge können wiederum bis höchstens 1.650 Euro (bei Ehegatten:
3.300 Euro) als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Für Mitgliedsbeiträge und Spenden an
unabhängige Wählervereinigungen gilt ein entsprechender Abzug von der Einkommensteuer; ein
Sonderausgabenabzug für darüber hinausgehende Beträge ist hier allerdings ausgeschlossen.
113
Spruch des Monats November 2011
"Was Wachstum schafft,
darf sehr wohl mit Schulden finanziert werden."
Helmut Schmidt (*1918)
dt. Politiker (SPD), 1974-82 Bundeskanzler
Quelle: DER SPIEGEL
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114
Inventur am Ende des Wirtschaftsjahres
Die Verpflichtung zur Inventur199 ergibt sich aus den § 240 und 241a HGB sowie aus den §§
140 und 141 Abgabenordnung (AO). Nach diesen Vorschriften sind Jahresabschlüsse
aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen zu erstellen. Eine Inventur ist danach nur erforderlich,
wenn bilanziert wird. Die ordnungsgemäße Inventur ist eine Voraussetzung für die
Ordnungsmäßigkeit der Buchführung (GOB). Bei nicht ordnungsmäßiger Buchführung kann
das Finanzamt den Gewinn teilweise oder vollständig schätzen (§ 160 AO).
Das Inventar muss die Überprüfung der Mengen und der angesetzten Werte ermöglichen. Es
ist daher notwendig, dass über jeden Posten im Inventar folgende Angaben enthalten sind:
die Menge (Maß,Zahl,Gewicht)
die verständliche Bezeichnung der Vermögensgegenstände (Art, Größe, ArtikelNummer)
der Wert der Maßeinheit
Zur Unterstützung der Inventurarbeiten sind Hinweise in der beigefügten Anlage Nr. 12
zusammengefasst.
115
Kindervergünstigung: Grenzbetrag für eigene Einkünfte und Bezüge noch dieses Jahr
prüfen
Kindergeld bzw. Kinderfreibeträge können auch für Kinder gewährt werden, die das 18., aber
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, wenn sie z. B. für einen Beruf ausgebildet
werden; Voraussetzung ist dabei allerdings, dass die eigenen Einkünfte (Arbeitslohn wird
dabei mindestens um den bereits für 2011 geltenden Arbeitnehmer-Pauschbetrag in Höhe
von 1.000 Euro gekürzt) und Bezüge des Kindes die Grenze von 8.004 Euro im Kalenderjahr
nicht überschreiten. Zur Ermittlung dieser Grenze können besondere Ausbildungskosten von
den eigenen Einkünften und Bezügen abgezogen werden, weil sie zur Bestreitung des
Lebensunterhalts des Kindes nicht zur Verfügung stehen. Dazu gehören Aufwendungen für
Fahrten zur Ausbildungsstätte, Studiengebühren usw.200 Das Überschreiten der Grenze von
8.004 Euro um lediglich 1 Euro führt bereits zum vollständigen Verlust des Kindergeldes bzw.
der Freibeträge (sog. Fallbeileffekt). Sofern die Gefahr besteht, dass die Grenze nur knapp
überschritten wird, sollte zum Jahresende geprüft werden, ob die Kindervergünstigungen
durch Vorziehen von Aufwendungen - z. B. Anschaffung von Fachbüchern oder
Arbeitsmitteln - im Jahr 2011 noch „gerettet" werden können.
Ab 2012 ist die Höhe der Einkünfte in diesen Fällen für Kindergeld und -freibetrag
unbeachtlich, wenn es sich um die erste Ausbildung handelt. Das gilt auch bei einer weiteren
Ausbildung, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden
nachgeht; Ausbildungsdienstverhältnisse und geringfügige Beschäftigungen sind dabei
unschädlich. Das bedeutet insbesondere, dass Kindervergünstigungen ab 2012 generell auch
für Kinder in Betracht kommen, die Kapitalerträge oder Vermietungseinkünfte über dem
bisherigen Jahresgrenzbetrag erzielen.
116
Umsatzsteuer: Grenzen für die sog. Ist-Versteuerung bei der Umsatzsteuer gelten
weiter
Grundsätzlich ist die Umsatzsteuer bereits dann anzumelden und an das Finanzamt
abzuführen, wenn die Leistung an den Kunden erbracht wurde. Fällig wird die Umsatzsteuer
199
In der Regel findet die Inventur „am" 31. Dezember statt. Für Unternehmen, die ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr
haben, gelten die Ausführungen sinngemäß für den abweichenden Bilanzstichtag.
200
Siehe dazu auch H 32.10 EStH.
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nach Ablauf des Umsatzsteuer-Voranmeldungszeitraums (regelmäßig am 10. des
Folgemonats), unabhängig davon, ob der Kunde zu diesem Zeitpunkt schon gezahlt hat.
Da diese Regelung zu Liquiditätsengpässen führen kann, sieht das Gesetz eine Ausnahme
insbesondere für kleinere Unternehmen vor: Hat der Gesamtumsatz im vorangegangenen
Kalenderjahr den Betrag von 500.000 Euro nicht überschritten, kann der Unternehmer die sog.
Ist-Versteuerung wählen; in diesem Fall braucht die Umsatzsteuer erst dann abgeführt zu
werden, wenn der Kunde die Rechnung beglichen hat.201 Die Umsatzgrenze von 500.000 Euro
wird nicht - wie ursprünglich vorgesehen - mit Ablauf des Jahres wieder auf den bis Mitte 2009
in den alten Bundesländern geltenden Betrag von 250.000 Euro herabgesetzt, sondern gilt
unverändert über das Jahr 2011 hinaus weiter.202
117
Vorsteuerabzug: Zeitpunkt der Zuordnungsentscheidung bei gemischt
genutzten Gegenständen
Ein Vorsteuerabzug ist nur im Zusammenhang mit Lieferungen und sonstigen Leistungen
möglich, die ein Unternehmer für sein Unternehmen bezieht. Dies gilt auch für sog. gemischt
genutzte Gegenstände, d.h. Gegenstände, die sowohl für unternehmerische als auch für
nichtunter-nehmerische Zwecke verwendet werden. Der Unternehmer hat dabei ein
Wahlrecht; er kann den Gegenstand
•
insgesamt seinem Unternehmen zuordnen,
•
insgesamt in seinem Privatvermögen belassen oder
•
im Umfang der unternehmerischen Verwendung seinem Unternehmensvermögen
zuordnen.
Voraussetzung für die Zuordnung zum Unternehmen ist eine unternehmerische Nutzung von
mindestens 10%.203
In dem Umfang, in dem die Zuordnung zum Unternehmen erfolgt, ist der Vorsteuerabzug
grundsätzlich möglich204. Die vollständige Behandlung als Unternehmensvermögen führt
allerdings grundsätzlich dazu, dass die private Verwendung des Gegenstands als
unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer unterliegt.
Die Zuordnungsentscheidung wird üblicherweise durch die Vornahme des Vorsteuerabzugs
dokumentiert.205 Die Dokumentation muss „zeitnah" erfolgen, d. h. nach Auffassung des
Bundesfinanzhofs206 spätestens in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung, die bis zum 31. Mai des
Folgejahres einzureichen ist. Wird die Umsatzsteuer-Jahreserklärung erst später angefertigt,
sollte in den Fällen, in denen der Vorsteuerabzug nicht bereits im Rahmen der UmsatzsteuerVoranmeldungen vorgenommen wurde, rechtzeitig (d. h. bis zum 31. Mai des Folgejahres)
eine entsprechende gesonderte schriftliche Erklärung an das Finanzamt übermittelt werden.
118
Aufwendungen für Heimunterbringung
Aufwendungen für die krankheits- oder behinderungsbedingte Unterbringung in einem
Alten/Pflegeheim gehören zu den nach § 33 EStG abzugsfähigen außergewöhnlichen
Belastungen207. Das gilt grundsätzlich auch, wenn derartige Aufwendungen für nahe
201
Das Wahlrecht zur Ist-Versteuerung gilt - unabhängig von Umsatzgrenzen - auch für Freiberufler und nicht buchführungspflichtige
Unternehmer (siehe § 20 Abs. 1 UStG).
202
Siehe Bundestags-Drucksache 17/7020.
Vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG.
204
Zu den Einschränkungen des Vorsteuerabzugs vgl. § 15 Abs. 1a bis 4 UStG; zum Vorsteuerabzugsverbot bei zu eigenen
Wohnzwecken genutzten Gebäudeteilen vgl. auch Steuerinfo Juli 2010 Nr. 5.
205
Die Dokumentation kann auch durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Finanzamt erfolgen (vgl. Abschn. 15.2 Abs. 21 Buchst. b
UStAE).
206
Urteil vom 7. Juli 2011 V R 42/09.
207
Ein Abzug ist nur möglich, soweit die einkommensabhängige zumutbare Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) überschritten wird.
203
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- 75 -
Angehörige übernommen werden, weil deren eigene Mittel nicht ausreichen. Als
Krankheitskosten abziehbar sind dann neben den Pflegekosten auch die Kosten für
Unterbringung und Verpflegung, soweit es sich hierbei um gegenüber der normalen
Lebensführung entstehende Mehrkosten handelt; d. h., die Gesamtkosten für die
krankheitsbedingte Heimunterbringung sind um die sog. Haushaltsersparnis zu kürzen.208
Ist die pflegebedürftige Person nicht in der Lage, die Kosten der normalen Lebensführung
selbst zu tragen, können darüber hinaus die von den Angehörigen gewährten
Unterhaltsleistungen (das wäre die bei den Kosten für die Heimunterbringung abgezogene
Haushaltsersparnis) grundsätzlich bis zum Höchstbetrag von 8.004 Euro im Rahmen des § 33a
Abs. 1 EStG ebenfalls als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden. Nach einer
Entscheidung des Bundesfinanzhofs209 besteht kein Wahlrecht zwischen den beiden
Abzugsmöglichkeiten. Das bedeutet, dass für die Übernahme der Kosten der normalen
Lebensführung nur ein Abzug als Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG in Frage kommt,
während die krankheitsbedingten (Mehr-) Kosten für die Heimunterbringung nur im Rahmen
des § 33 EStG berücksichtigt werden können.
119
Finanzgericht: Schuldzinsen auch nach Verkauf einer vermieteten Immobilie
abzugsfähig!
Schuldzinsen, die im Zusammenhang mit der Anschaffung einer privaten Mietimmobilie
anfallen, können derzeit nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Immobilie verkauft
wurde und der Erlös nicht zur Tilgung des Darlehens ausgereicht hat.210 Nachdem der
Bundesfinanzhof211 den Schuldzinsenabzug nach dem Verkauf einer zum Privatvermögen
gehörenden Kapitalbeteiligung (GmbH) anerkannt hatte, stellte sich die Frage, ob diese
Rechtsprechung auch auf den Bereich Vermietung und Verpachtung übertragen werden
kann.
Das Finanzgericht Düsseldorf212 hat jetzt diese Frage bejaht. Das Gericht ist der Auffassung,
dass Schuldzinsen nach Verkauf des Grundstücks zumindest dann als nachträgliche
Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden
können, wenn die Veräußerung steuerbar ist, weil sie innerhalb der 10-jährigen
„Spekulationsfrist" (siehe § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG) erfolgt ist. In diesem Fall - so das Gericht - sei
eine unterschiedliche Behandlung zu den betrieblichen Einkünften (bei denen ein Abzug als
nachträgliche Betriebsausgaben regelmäßig möglich ist) nicht zu rechtfertigen.
Zu beachten ist, dass zu dieser Frage ein weiteres Verfahren vor dem Bundesfinanzhof213
anhängig ist; die endgültige Entscheidung hierzu steht somit noch aus.
120
Anhebung der Mindestaltersgrenze bei Altersvorsorgeverträgen
Seit 2005 gilt für Altersvorsorgeverträge eine sog. nachgelagerte Besteuerung (Kohortenbesteuerung). Das bedeutet, dass entsprechende Beiträge im Zeitpunkt der Zahlung
steuerlich begünstigt sind, während die Versorgungsleistungen, Rentenzahlungen etc. später
mit einem höheren Anteil - z. T. in voller Höhe - einkommensteuerpflichtig sind. Dies gilt für
•
private
Altersvorsorgeverträge,
die
mittels
Zulage
Sonderausgabenabzug gefördert werden (sog. Riester-Rente);
208
Vgl. BMF-Schreiben vom 2. Dezember 2002 - IV C 4- S 2284-108/02 (BStBl 2002I S. 1389).
Urteil vom 30. Juni 2011 VI R 14/10.
210
Siehe H 24.2 (Nachträgliche Werbungskosten/Betriebsausgaben) EStH.
211
Urteil vom 16. März 2010 VIII R 20/08 (BStBl 2010 II S. 787).
212
Aussetzungsbeschluss vom 18. Juli 2011 11 V 1620/11 (EFG 2011 S. 1771).
213
Aktenzeichen: LX R 67/10.
209
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- 76 -
oder
erhöhtem
•
•
Basisrentenverträge, z. B. für Selbständige und nicht Rentenversicherungspflichtige
(sog. Rürup-Rente);
die betriebliche Altersversorgung (insbesondere in Form der Entgeltumwandlung
gemäß § 3 Nr. 63 EStG für Pensionsfonds, Pensionskassen, Direktversicherungen).
Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung bei diesen Formen der Altersversorgung ist u.
a., dass die späteren Rentenzahlungen bzw. Versorgungsleistungen nicht vor Vollendung des
60. Lebensjahres erfolgen.214
Wie die Finanzverwaltung215 mitteilt, wird die Mindestaltersgrenze von 60 auf 62 Jahre
angehoben. Dies gilt allerdings nicht für laufende Verträge, sondern erst für Verträge, die
nach dem 31. Dezember 2011 abgeschlossen werden, bzw. bei Versorgungszusagen, die
nach diesem Zeitpunkt erteilt werden.
121
Private PKW-Nutzung: 1 %-Regelung rechtmäßig?
Wird ein betrieblicher PKW privat genutzt (z. B. von Arbeitnehmern), ist grundsätzlich ein
steuerpflichtiger
Nutzungsanteil
zu
ermitteln.
Hierfür
wird
regelmäßig
eine
Vereinfachungsmethode angewendet, wobei 1 % des PKW-Bruttolistenneupreises im
Zeitpunkt der Erstzulassung monatlich zugrunde gelegt wird.216 Umstritten ist, ob der
Bruttolistenpreis den geeigneten Maßstab zur Erfassung des geldwerten Vorteils für die
Privatnutzung von Firmenwagen darstellt. Begründet werden die Zweifel insbesondere mit
den in der Praxis z. T. hohen Rabatten, die Kfz-Händler bei Erwerb eines neuen Fahrzeugs
einräumen.
Dem Bundesfinanzhof217 ist jetzt die Frage zur Klärung vorgelegt worden, ob die
Bruttolistenneupreismethode evtl. zu einem zu hohen Nutzungsanteil führt und ob daher ggf.
ein pauschaler Abschlag vom Listenpreis vorzunehmen ist. Betroffen sind sowohl
Arbeitnehmer (bei PKW-Gestellung) als auch Unternehmer, die einen betrieblichen PKW
privat nutzen. Bis zu einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs empfiehlt es sich ggf.,
betroffene Steuerveranlagungen offenzuhalten und ein Ruhen des Verfahrens zu beantragen.
122
Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber
Der Arbeitgeber kann mit der Dezember-Abrechnung den Lohnsteuer-Jahresausgleich für
seine im Kalenderjahr 2011 ununterbrochen lohnsteuerpflichtig beschäftigten Arbeitnehmer
durchführen. Eine Verpflichtung zur Durchführung des Ausgleichs besteht dann, wenn am 31.
Dezember 2011 mindestens 10 Arbeitnehmer beschäftigt sind.
Beim Jahresausgleich wird die Lohnsteuer für den gesamten Jahresarbeitslohn (ggf
einschließlich des Arbeitslohns aus vorangegangenen Dienstverhältnissen) ermittelt und mit
der bisher einbehaltenen Lohnsteuer verglichen. Dabei wird auch der bereits ab 2011 auf
1.000 Euro angehobene Arbeitnehmer-Pauschbetrag berücksichtigt.218 Die Differenz wird bei
der Dezember-Abrechnung einbehalten. Die Dezember-Lohnsteuer kann daher im Verhältnis
zur Lohnsteuer der Vormonate geringer sein. Damit wird ein Teil der möglichen
Steuererstattung
bei
einer
Einkommensteuer-Veranlagung
des
Arbeitnehmers
vorweggenommen.
Achtung: Ein Lohnsteuer-Jahresausgleich darf insbesondere in folgenden Fällen nicht
durchgeführt werden:219
214
Vgl. hierzu § 82 EStG, § 1 Abs. 1 Nr. 2 Altersvorsorge-Zertifizierungsgesetz sowie § 10 Abs. 1 Nr. 2 b EStG.
Zu den Einzelheiten siehe BMF-Schreiben vom 17. Oktober 2011 - IV C 3—S2220/11/10002.
216
Siehe § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG bzw. § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG.
217
Aktenzeichen: VI R 51/11.
218
Siehe § 52 Abs. 51 Satz 2 EStG i. d. F. des Steuervereinfachungsgesetzes 2011.
219
Siehe dazu im Einzelnen § 42b Abs. 1 Satz 4 EStG.
215
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•
•
•
•
•
der Arbeitnehmer wünscht keinen Lohnsteuer-Jahresausgleich (weil er z. B. aufgrund
anderer Einkünfte sonst mit einer Einkommensteuer-Nachzahlung rechnen muss),
es wurde bzw. wird nach der Steuerklasse V oder VI oder infolge Steuerklassenwechsels
für einen Teil des Jahres nach den Steuerklassen II, III oder IV abgerechnet,
bei der Lohnsteuerberechnung war ein Freibetrag, ein Hinzurechnungsbetrag oder das
Faktorverfahren220 zu berücksichtigen,
es wurden Kurzarbeiter-, Winterausfallgeld oder andere Leistungen nach § 42b Abs. 1
Nr. 4 EStG oder steuerfreie ausländische Lohneinkünfte bezogen,
der Arbeitnehmer ist beschränkt steuerpflichtig.
Gleichzeitig mit dem Lohnsteuer-Jahresausgleich ist auch der Jahresausgleich für den
Solidaritätszuschlag221 und ggf. für die Kirchensteuer durchzuführen.
123
Neues Abzugsverbot für Berufsausbildungskosten
Der Bundesfinanzhof222 hatte entschieden, dass auch Kosten für die erste Berufsausbildung
bzw. für ein Erststudium grundsätzlich als (vorweggenommene) Werbungskosten abgezogen
werden können.
Der Gesetzgeber will diese Rechtsprechung allerdings nicht anwenden und - rückwirkend ab
2004 - ein entsprechendes ausdrückliches Abzugsverbot in das Gesetz aufnehmen.223 Danach
sind Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das
zugleich eine Erstausbildung vermittelt, weder als Betriebsausgaben noch als Werbungskosten
abzugsfähig (ausgenommen sind lediglich Erstausbildungen, die im Rahmen eines
Dienstverhältnisses stattfinden). Aufwendungen für eine Erstausbildung können somit wie
bisher nur in beschränktem Umfang als Sonderausgaben berücksichtigt werden; hier hat der
Gesetzgeber den Höchstbetrag ab 2012 von 4.000 Euro auf 6.000 Euro angehoben.
124
Anlage: Hinweis zur Inventur 31.12.2011
1.
Körperliche Inventur
Voraussetzung für die Aufstellung der Bilanz ist die Aufzeichnung der einzelnen
Vermögensgegen-stände (Inventar). Die Erfassung des Vorratsvermögens (Bilanzpositionen:
Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, unfertige und fertige Erzeugnisse, Waren) erfordert grundsätzlich
eine körperliche Bestandsaufnahme (Inventur).
Das Vorratsvermögen kann auch mit Hilfe anerkannter mathematisch-statistischer Methoden
aufgrund von Stichproben ermittelt werden, wenn das Ergebnis dem einer körperlichen
Bestandsaufnahme gleichkommt (§ 241 Abs. 1 HGB). Als weitere Inventurerleichterungen
kommen die Gruppenbewertung (siehe Tz. 6.1) und der Festwert (siehe Tz. 6.2) in Betracht.
2.
Zeitpunkt der Inventur
2.1 Zeitnahe Inventur: Eine ordnungsgemäße Bestandsaufnahme ist grundsätzlich am
Bilanzstichtag oder innerhalb von 10 Tagen vor oder nach dem Bilanzstichtag durchzuführen.
Bestandsveränderungen zwischen dem Tag der Bestandsaufnahme und dem Bilanzstichtag
sind dabei zu berücksichtigen.
220
Siehe dazu Steuerinfo Juli 2009 Nr. 7.
Zur Ermittlung siehe § 3 Abs. 5 und § 4 SolZG.
222
Urteile vom 28. Juli 2011 VI R 7/10 und VI R 38/10; siehe auch Steuerinfo Oktober 2011.
223
Siehe § 4 Abs. 9 und § 9 Abs. 6 EStG i. d. F. des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (Bundesrats-Drucksache 676/11).
221
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2.2 Zeitverschobene Inventur: Die körperliche Inventur kann an einem Tag innerhalb der
letzten drei Monate vor oder der ersten zwei Monate nach dem Bilanzstichtag durchgeführt
werden, wenn durch ein Fortschreibungs- oder Rückrechnungsverfahren die ordnungsmäßige
Bewertung zum Bilanzstichtag sichergestellt ist. Die Fortschreibung kann nach der folgenden
Methode vorgenommen werden, wenn die Zusammensetzung des Warenbestands am
Bilanzstichtag nicht wesentlich von der Zusammensetzung am Inventurstichtag abweicht:
Körperliche Inventur
30. November
+ Wareneingang
1. bis 31. Dezember
‚./. Wareneinsatz225 1. bis 31. Dezember
Inventur-/Bilanzwert 31. Dezember
224
220.000€
70.000€
- 90.000€
200.000€
Es ist auch zulässig, Teile des Warenbestands am Bilanzstichtag und andere Teile im Wege der
Fortschreibung bzw. Rückrechnung zu erfassen. Das Fortschreibungs- bzw. Rückrechnungsverfahren ist im Allgemeinen nur für solche Wirtschaftsgüter anzuwenden, die lediglich
geringen Preisschwankungen unterliegen, jedoch nicht für Wirtschaftsgüter, die nach dem
Lifo-Verfahren bewertet werden. Vgl. R 5.3 Abs. 2 und 3 EStR.
2.3 Permanente Inventur: Eine körperliche Bestandsaufnahme am Bilanzstichtag kann
unterbleiben, wenn der Bestand für diesen Stichtag nach Art und Menge anhand von
Lagerbüchern (z. B. EDV-unterstützte Lagerverwaltung) festgestellt werden kann. Dabei ist
allerdings mindestens einmal im Wirtschaftsjahr der Buchbestand durch körperliche
Bestandsaufnahme zu überprüfen. Wegen der weiteren Voraussetzungen vgl. H 5.3
„Permanente Inventur" EStH.
3.
Umfang der Inventur
3.1 Inventar: Das Inventar (Bestandsverzeichnis) muss den Nachweis ermöglichen, dass die
Bestände vollständig aufgenommen worden sind. Dazu ist es regelmäßig notwendig, die
Inventur räumlich getrennt vorzunehmen und das Bestandsverzeichnis entsprechend zu
gliedern (Werkstatt, Schaufenster, Vertreterkollektionen usw.).
3.2 Hilfs- und Betriebsstoffe, Verpackung usw.: Auch Hilfs- und Betriebsstoffe sind
aufzunehmen. Hilfsstoff ist z. B. der Leim bei der Möbelherstellung. Betriebsstoffe sind z. B.
Heizmaterial sowie Benzin und Öl für Kraftfahrzeuge. Im Allgemeinen genügt es, wenn sie mit
einem angemessenen geschätzten Wert erfasst werden (vgl. dazu auch Tz. 6).
Eine genaue Bestandsaufnahme ist aber auch für Hilfs- und Betriebsstoffe und
Verpackungsmaterial erforderlich, wenn es sich entweder um erhebliche Werte handelt oder
wenn die Bestände an den Bilanzstichtagen wesentlich schwanken.
3.3 Unfertige und fertige Erzeugnisse: Aus den Inventur-Unterlagen muss erkennbar sein, wie
die Bewertung der unfertigen und fertigen Erzeugnisse erfolgte, d. h., die Ermittlung der
Herstellungskosten ist leicht nachprüfbar und nachweisbar - ggf. durch Hinweise auf
Arbeitszettel oder Kalkulationsunterlagen - zu belegen. Bei den unfertigen Erzeugnissen sollte
der Fertigungsgrad angegeben werden. Vgl. auch R 6.3 EStR.
3.4 „Schwimmende Waren": Sogenannte rollende oder schwimmende Waren sind ebenfalls
bestandsmäßig zu erfassen, wenn sie wirtschaftlich zum Vermögen gehören (z. B. durch Erhalt
224
225
Alle Wertangaben ohne Umsatzsteuer, die grundsätzlich nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten gehört (vgl. 9b EStG).
Der Wareneinsatz kann nach R 5.3 Abs. 2 Satz 9 EStR aus dem Umsatz abzüglich des durchschnittlichen Rohgewinns ermittelt
werden.
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des Konnossements oder des Auslieferungsscheins).226 Lagern eigene Waren in fremden
Räumen (z. B. bei Spediteuren), ist eine Bestandsaufnahme vom Lagerhalter anzufordern.
3.5 Kommissionswaren: Kommissionswaren sind keine eigenen Waren und daher nicht als
Eigenbestand aufzunehmen. Andererseits sind eigene Waren, die den Kunden als
Kommissionswaren überlassen worden sind, als Eigenbestand zu erfassen (Bestandsnachweis
von Kunden anfordern!).
3.6 Minderwertige Waren: Minderwertige und wertlose Waren sind ebenfalls bestandsmäßig
aufzunehmen. Die Bewertung kann dann ggf. mit 0 Euro erfolgen.
4.
Bewegliches Anlagevermögen
4.1 In das Bestandsverzeichnis müssen grundsätzlich sämtliche beweglichen Gegenstände
des Anlagevermögens aufgenommen werden, auch wenn sie bereits abgeschrieben sind. Zu
den Ausnahmen siehe Tz. 4.2 und 6.2.
Auf die körperliche Bestandsaufnahme des beweglichen Anlagevermögens kann verzichtet
werden, wenn ein besonderes Anlagenverzeichnis (Anlagekartei) geführt wird. Darin ist jeder
Zu- und Abgang laufend einzutragen (vgl. R 5.4 Abs. 4 EStR).
4.2 Für sofort abzugsfähige geringwertige Wirtschaftsgüter gelten nur dann weitere
Aufzeichnungspflichten (Erfassung in einem besonderen, laufend zu führenden Verzeichnis
bzw. auf einem besonderen Konto), wenn die Anschaffungs-/Herstellungskosten mehr als 150
Euro227 und nicht mehr als 410 Euro betragen. Für Wirtschaftsgüter zwischen 150 Euro und
1.000 Euro, die in den Sammelposten aufgenommen werden, bestehen - abgesehen von der
Erfassung des Zugangs - keine besonderen Aufzeichnungspflichten; sie müssen auch nicht in
ein Inventar aufgenommen werden.228
4.3 Leasinggegenstände sind im Anlagenverzeichnis zu erfassen, wenn sie dem
Leasingnehmer zuzurechnen sind (z. B. wenn die Grundmietzeit weniger als 40 % oder mehr
als 90 % der Nutzungsdauer beträgt oder bei Leasingverträgen mit Kaufoption).
5.
Forderungen und Verbindlichkeiten
Zur Inventur gehört auch die Aufnahme sämtlicher Forderungen und Verbindlichkeiten, also
die Erstellung von Saldenlisten für Schuldner und Gläubiger. Auch Besitz- und Schuldwechsel
sind einzeln zu erfassen. Die Saldenlisten sind anhand der Kontokorrentkonten getrennt nach
Forderungen und Verbindlichkeiten aufzustellen.
6.
Bewertungsverfahren
6.1 Einzelbewertung— Gruppenbewertung: Grundsätzlich sind bei der Inventur die
Vermögensgegenstände einzeln zu erfassen und entsprechend zu bewerten (§ 240 Abs. 1
HGB). Soweit es den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht, können jedoch
gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens sowie andere gleichartige oder
annähernd gleichartige bewegliche Vermögensgegenstände jeweils zu einer Gruppe
zusammengefasst und mit dem gewogenen Durchschnittswert angesetzt werden
(Gruppenbewertung nach § 240 Abs. 4 HGB, siehe auch R 6.8 Abs. 4 EStR).
6.2 Festwerte: Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens sowie Roh-, Hllfs- und
Betriebsstoffe (ausgenommen die unter Tz. 4.2 genannten Wirtschaftsgüter) können, wenn sie
226
BFH-Urteil vom 3. August 1988 1 R 157/84 (BStB1 1989 II S.21).
Bei allen Grenzbeträgen gilt: Beträge ohne Umsatzsteuer, auch soweit kein Vorsteuerabzug möglich ist.
228
Zu den Änderungen bei geringwertigen Wirtschaftsgütern ab 2010 siehe Steuerinfo Februar 2010 Nr. 4; vgl. auch BMF-Schreiben
vom 30. September 2010—TV C 6—S2180/09/ 10001 (BStBl 2010 I S. 755).
227
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regelmäßig ersetzt werden und ihr Gesamtwert für das Unternehmen von nachrangiger
Bedeutung229 ist, mit einer gleichbleibenden Menge und einem gleichbleibenden Wert
angesetzt werden, sofern ihr Bestand in seiner Größe, seinem Wert und seiner
Zusammensetzung nur geringen Veränderungen unterliegt (Festbewertung nach § 240 Abs. 3
HGB). Diese Art der Bewertung kommt z. B. bei Werkzeugen, Modellen, Flaschen, Fässern,
Verpackungsmaterial in Betracht.
Für die durch Festwerte erfassten Gegenstände entfällt eine jährliche Inventur. Sie sind
regelmäßig nur an jedem dritten Bilanzstichtag aufzunehmen; für Gegenstände des
beweglichen Anlagevermögens ist spätestens an jedem fünften Bilanzstichtag eine
körperliche Bestandsaufnahme vorzunehmen. Wird dabei ein um mehr als 10 % höherer Wert
ermittelt, ist dieser neue Wert maßgebend (vgl. R 5.4 Abs. 3 EStR).
7.
Inventuraufnahme
Bei der körperlichen Inventur werden die vorhandenen Vermögensgegenstände physisch
aufgenommen (körperliche Bestandsaufnahme). Dabei müssen ein Inventurleiter sowie für
die Zählung Gruppen von jeweils einem Ansager und einem Schreiber bestimmt werden.
Für die Bestandsaufnahme gilt insbesondere:
- die Aufnahme der Bestände erfolgt in örtlicher Reihenfolge ihrer Lagerung;
- aufgenommene Bestände sind zu kennzeichnen;
- während der Bestandsaufnahme dürfen keine Materialbewegungen vorgenommen
werden;
- die aufgenommenen Gegenstände müssen eindeutig bezeichnet werden (ggf.
durch Materialnummer oder Kurzbezeichnung). Mengen und Mengeneinheit sind
anzugeben.
Aufnahmelisten müssen durchgehend nummeriert sein und an Ort und Stelle ausgefüllt
werden. Jedes Inventurblatt ist mit dem Ort, dem Datum und der Uhrzeit der Aufnahme zu
versehen und muss vom Ansager und vom Schreiber unterzeichnet werden. Wenn
Reinschriften der Bestandsaufnahme angefertigt werden, sind die Originalaufzeichnungen
mit aufzubewahren.
Die Bewertung muss einwandfrei nachprüfbar sein. Das erfordert eine genaue Bezeichnung
der Ware (Qualität, Größe, Maße usw.). Falls erforderlich, sind Hinweise auf die
Einkaufsrechnungen, die Lieferanten oder die Kalkulationsunterlagen anzubringen, soweit
dies aus der Artikelbezeichnung bzw. der Artikelnummer nicht ohne Weiteres ersichtlich ist.
Wird eine Wertminderung (z. B. Teilwertabschreibung) geltend gemacht, ist der Grund und
die Höhe nachzuweisen.
Bei prüfungspflichtigen Unternehmen empfiehlt sich vor der Inventur rechtzeitige Rücksprache
mit dem Steuerberater/Abschlussprüfer, weil auch die Inventur Gegenstand der
Abschlussprüfung ist.
229
Vgl. dazu BMF-Schreiben vom 8. März 1993—TV B 2— S 2174 a - 1/93 (BStBl 1993 i S. 276).
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Gedanken zum Sonntag, den 4. Dezember 2011
Herzlichsten Dank und nochmals besondere
Glückwünsche
zur geglückten Bombenentschärfung
an die mutigen Männer
vom Kampfmittelräumdienst Rheinland-Pfalz
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Ich wünsche uns allen ein gutes,
glückliches und gesundes neues Jahr 2012
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