1. Deponie Freyburg/Zeuchfeld

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Bericht
des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
des Landtages von Sachsen-Anhalt
Teil A:
Teil B:
Teil C:
3
15
215
2
3
Teil A
Einsetzung, Auftrag und Verfahren des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses
INHALTSVERZEICHNIS
Seite
1. Vorgeschichte ................................................................................................................ 5
2. Untersuchungsauftrag .................................................................................................... 5
3. Rechtsgrundlagen der Tätigkeit des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses ................................................................................................. 6
4. Zusammensetzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses ........... 6
4.1 Abgeordnete........................................................................................................... 7
4.2 Vorsitzende und Stellvertreter ................................................................................ 8
4.3 Juristische Berater ................................................................................................. 8
4.4 Vertreter der Landesregierung ............................................................................... 9
5. Ablauf des Untersuchungsverfahrens ............................................................................ 9
5.1 Konstituierung ........................................................................................................ 9
5.2 Verfahrensfragen ................................................................................................. 10
5.3 Sitzungen ............................................................................................................. 10
5.4 Zeugenbeistand ................................................................................................... 11
5.5 Beweiserhebung .................................................................................................. 11
5.5.1 Beweiserhebung durch Vorlage von Akten und sonstiger Unterlagen ......... 11
5.5.2 Beweiserhebung durch Zeugenvernehmungen ............................................ 11
5.5.3 Abschluss der Beweisaufnahme ................................................................... 13
6. Einsichtsbegehren ......................................................................................................... 13
7. Ordnungsgeld................................................................................................................ 14
4
5
Teil A
1.
Vorgeschichte
In den Medien wurde im März 2008 der Verdacht auf illegale Müllablagerung in den
Tongruben Vehlitz und Möckern geäußert. Das Land Sachsen-Anhalt hatte daraufhin eine
Überprüfung von zahlreichen Abfallgruben und Abfallfirmen veranlasst. Nachdem sich der
Landtag von Sachsen-Anhalt auf Antrag der Fraktion der FDP1 in seiner 37. Sitzung am 17.
April 20082 und der Ausschuss für Umwelt des Landtages von Sachsen-Anhalt in seinen
nichtöffentlichen Sitzungen am 19.3 und am 25. März 20104 sowie am 4. Juni 20105 mit
diesem Thema befasst hatten, kamen die Oppositionsfraktionen zu dem Schluss, dass zur
Klärung der komplexen Vorgänge und der politischen Verantwortung ein
Untersuchungsausschuss nötig sein wird.
Mehrere Abgeordnete stellten daraufhin am 21. Mai 2008 einen Antrag zur Einsetzung
eines Untersuchungsausschusses.6 Er soll untersuchen, ob die Ministerien für Wirtschaft
und Arbeit sowie für Landwirtschaft und Umwelt und die von ihr zu beaufsichtigenden
Behörden das Erforderliche getan haben, um eine ordnungsgemäße Verbringung und
Lagerung von Abfällen in den Gruben, Deponien und Tagebauen in Sachsen-Anhalt
gewährleisten können.
Begründet wurde der Antrag unter anderem damit, dass die Erklärungen der Ministerien für
Wirtschaft und Arbeit sowie für Landwirtschaft und Umwelt zum amtlichen Vorgehen
gegenüber betroffenen Abfallunternehmen sowie die Bewertung der durchgeführten
Kontrollen durch die Landesregierung das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit an der
vollständigen Aufklärung der Sachverhalte nicht befriedigen konnte.
Dem Einsetzungsbegehren stimmte der Landtag in seiner 39. Sitzung am 29. Mai 2008 mit
Stimmenthaltungen7 zu.
2.
Untersuchungsauftrag
Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat in seiner 39. Sitzung am 29. Mai 2008 den Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschuss eingesetzt.8 Der Untersuchungsausschuss
erhielt den Auftrag:
1
Drucksache 5/1205
Plenarprotokoll 5/37 vom 17.04.2010
3
Niederschrift über die 24. Sitzung des Ausschusses für Umwelt am 19.03.2010
4
Niederschrift über die 25. Sitzung des Ausschusses für Umwelt am 25.03.2010
5
Niederschrift über die 26. Sitzung des Ausschusses für Umwelt am 04.06.2010
6
Drucksache 5/1260
7
Plenarprotokoll 5/39 vom 29.05.2010
8
ebenda
2
6
„I.
Der Ausschuss soll untersuchen und klären, ob und in welchem Umfang durch Tun oder
Unterlassen der für Wirtschaft und Arbeit sowie für Landwirtschaft und Umwelt zuständigen
Ministerien und der ihrer Aufsicht unterstehenden Behörden vor allem im Zeitraum von
Januar 2004 bis April 2008 die Verbringung und Lagerung von Abfall insbesondere in den
Tongruben Möckern, Vehlitz und Wansleben-Süd und in den Gruben bzw. Deponien in
Freyburg-Zeuchfeld, in den Tagebauen Uchtdorf-Steinberg, Klieken-Südfeld und Teuchern
sowie der Abfallentsorgungsanlagen in Rietzel, Riestedt, Krumpa und Zeuchfeld entgegen
den geltenden Rechtsvorschriften ermöglicht wurde. Es wird vor allem zu prüfen sein, ob
die erforderlichen Erlaubnisse und Genehmigungen rechtmäßig erteilt wurden, ob es
rechtlich geboten oder zweckmäßig war, einmal erteilte Erlaubnisse und Genehmigungen
zurückzunehmen oder zu widerrufen und ob die Gruben, Deponien, Tagebaue und
Abfallentsorgungsanlagen bzw. deren Betreiber sowie die zur Verwertung und Beseitigung
von Abfällen Verpflichteten und deren Beauftragte hinreichend beaufsichtigt wurden.
II.
Der Untersuchungsausschuss hat zwölf Mitglieder und zwölf stellvertretende Mitglieder.“9
3.
Rechtsgrundlagen der Tätigkeit des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
Die Beratungen des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses fanden auf der
Grundlage des Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen (Untersuchungsausschussgesetz – UAG) vom 29. Oktober 1992
(GVBl. LSA S. 757), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. Februar 2008 (GVBl. LSA S.
58), statt.
Die Aufgaben der Geschäftsstelle des Untersuchungsausschusses wurden durch die
Landtagsverwaltung wahrgenommen. Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des
Landtages von Sachsen-Anhalt beriet die Vorsitzende in rechtlichen Fragen und stand dem
Ausschuss in seinen Sitzungen beratend zur Seite.
4.
Zusammensetzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
Der Elfte Parlamentarische Untersuchungsausschuss bestand entsprechend dem oben
genannten Einsetzungsbeschluss des Landtages aus 12 Mitgliedern und 12
stellvertretenden Mitgliedern.10 Ein interfraktioneller Antrag zur Besetzung des
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses11 lag dem Landtag von Sachsen-Anhalt in
9
Drucksache 5/39/1260 B
ebenda
11
Drucksache 5/1277
10
7
seiner 39. Sitzung am 29. Mai 201012 zur Abstimmung vor. Entsprechend des nach der
Geschäftsordnung
des
Landtages
von
Sachsen-Anhalt
anzuwendenden
Höchstzahlverfahrens fielen je nach Fraktionsstärke die Anzahl auf die
Fraktion der CDU:
Fraktion DIE LINKE:
Fraktion der SPD:
Fraktion der FDP:
5 ordentliche Mitglieder und 5 stellvertretende Mitglieder
3 ordentliche Mitglieder und 3 stellvertretende Mitglieder
3 ordentliche Mitglieder und 3 stellvertretende Mitglieder
1 ordentliches Mitglied und 1 stellvertretendes Mitglied.
Mit der Einsetzung des Untersuchungsausschusses wurde auch die namentliche
Besetzung der ordentlichen Mitglieder und deren Stellvertreter durch Beschluss bestätigt13.
4.1
Abgeordnete
Der Ausschuss setzte sich wie folgt zusammen:
Ordentliche Mitglieder:
Fraktion der CDU:
Herr Markus Kurze
Herr Hans-Jürgen Poser
Herr Steffen Rosmeisl
Herr Jürgen Stadelmann
Frau Frauke Weiß
Fraktion DIE LINKE:
Frau Angelika Hunger
Herr André Lüderitz
Frau Edeltraud Rogée
Fraktion der SPD:
Herr Ralf Bergmann
Herr Matthias Graner
Herr Gerhardt Miesterfeld
Fraktion der FDP:
Herr Gerry Kley
Stellvertretende Mitglieder:
Fraktion der CDU:
Herr Detlef Radke
Herr Deltlef Gürth
Herr Jens Kolze
Herr Kurt Brumme
Herr Ralf Geisthardt
Fraktion DIE LINKE:
Herr Dr. Frank Thiel
Herr Harry Czeke
Frau Sabine Dirlich
12
13
Plenarprotokoll 5/39 vom 29.05.2010
Drucksache 5/39/1277 B
8
Fraktion der SPD:
Herr Jürgen Barth
Frau Nadine Hampel
Herr Tilman Tögel
Fraktion der FDP:
Herr Dr. Uwe Schrader
Durch das Ausscheiden von Herrn Jürgen Stadelmann aus dem Landtag von SachsenAnhalt wurde die Benennung eines neuen ordentlichen Mitglieds im Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschuss erforderlich. Einem entsprechenden Antrag
der Fraktion der CDU14, in dem Frau Gabriele Brakebusch als ordentliches Mitglied
benannt wurde, stimmte der Landtag von Sachsen-Anhalt in seiner 66. Sitzung am 12.
November 200915 zu.
4.2
Vorsitzende und Stellvertreter
Mit dem Beschluss zur personellen Zusammensetzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses16 bestätigte der Landtag von Sachsen-Anhalt in seiner 39.
Sitzung am 29. Mai 2008
Frau Abg. Angelika Hunger
als Vorsitzende des Untersuchungsausschusses. Als ihr Vertreter wurde
Abg. Herr Markus Kurze
bestätigt.17
4.3
Juristische Berater
Jede Fraktion kann gemäß § 4 Abs. 3 des UAG einen juristischen Berater benennen, der
die Befähigung zum Richteramt haben muss und dem Landtag nicht anzugehören braucht.
Als juristische Berater der Fraktionen wurden tätig:
Herr Christian Lisec für die Fraktion der CDU
Herr Ulf Karpe für die Fraktion DIE LINKE
Herr Prof. Dr. Ludger-Anselm Versteyl für die Fraktion der SPD
Herr Marius Bill für die Fraktion der FDP
Herr Bill und Herr Karpe wurden am 13. Juni 2008 vom Präsidenten des Landtages von
Sachsen-Anhalt nach dem Verfahren des Gesetzes über die förmliche Verpflichtung
14
Drucksache 5/2262
Plenarprotokoll 5/66 vom 12.12.2009
16
Drucksache 5/1277 B
17
Plenarprotokoll 5/39 vom 29.05.2008
15
9
nichtbeamteter Personen vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 547, geändert durch § 1 Nr. 4 des
Gesetzes vom 15. August 1974 (BGBl. I S. 1942) zur Verschwiegenheit verpflichtet.
Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit nach dieser Vorschrift bei Herrn Lisec erfolgte am
8. Juli 2008 und bei Herrn Prof. Versteyl am 26. September 2008.
Mit Schreiben vom 19. Januar 2010 benannte die Fraktion der FDP dem Präsidenten des
Landtages von Sachsen-Anhalt Herrn Christian Otto Kepp als juristischen Berater. Herr
Marius Bill nahm diese Aufgaben seit dem nicht mehr wahr.
Herr Kepp wurde am 22. Januar 2010 vom Präsidenten des Landtages nach dem
Verfahren des Gesetzes über die förmliche Verpflichtung nichtbeamteter Personen zur
Verschwiegenheit verpflichtet.
4.4
Vertreter der Landesregierung
Als Beauftragte der Landesregierung benannte das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit
des Landes Sachsen-Anhalt
Frau Dr. Liane Radespiel
und das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt
Frau Britta Kling.
5.
Ablauf des Untersuchungsverfahrens
5.1
Konstituierung
Der Untersuchungsausschuss konstituierte sich am 13. Juni 2008.
Der Präsident des Landtages von Sachsen-Anhalt, Herr Dieter Steinecke, hob in der
konstituierenden Sitzung das Recht des Landtages hervor, gemäß Artikel 54 Abs. 1 der
Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt (Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt vom 16.
Juli 1992 (GVBl. LSA S. 600), geändert durch Gesetz vom 27. Januar 2005 (GVBl. LSA S.
44)), Untersuchungsausschüsse einzusetzen. Auf Antrag von mindestens einem Viertel
seiner Mitglieder ist der Landtag hierzu verpflichtet.
Er verwies auf das öffentliche Interesse dieses Untersuchungsausschusses und bat die
Ausschussmitglieder, sich darauf einzustellen.
In der konstituierenden Sitzung erfolgte darüber hinaus eine Abstimmung der Arbeits- und
Vorgehensweise. Es wurden der Sitzungsrhythmus und die ersten Sitzungstermine, der
Verteiler für die Niederschriften über die Sitzungen sowie der Umgang und die
10
Zugangsberechtigung zu eingehenden Akten und Unterlagen festgelegt. Einem ersten
Aktenvorlageverlangen wurde zugestimmt.18
5.2
Verfahrensfragen
Verfahrensfragen ergaben sich insbesondere im Hinblick auf den Umgang mit eingehenden
Akten und Unterlagen, die der Untersuchungsausschuss anforderte.
Es wurde festgelegt, dass die eingehenden Akten und Unterlagen von der Geschäftsstelle
des
Untersuchungsausschusses
entgegengenommen
und
in
einem
dem
Untersuchungsausschuss zugewiesenen Raum in einem Schrank verschlossen gelagert
werden.19 Die Bediensteten des Objektschutzes des Hauses stellten sicher, dass nur
diejenigen Personen, die durch das Ausschusssekretariat des Untersuchungsausschusses
benannt waren, Zugang zu den Akten und Unterlagen hatten.
Nach Klärung der organisatorischen Voraussetzungen für die Arbeit des Untersuchungsausschusses verständigten sich dessen Mitglieder über die Verteilung der
Protokolle dahin gehend, dass den Ausschussmitgliedern und deren Stellvertretern, den
juristischen Beratern der Fraktionen, den die Arbeit des Untersuchungsausschusses
begleitenden Vertretern des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes sowie den
Beauftragten der Landesregierung je ein Exemplar der Niederschrift ausgehändigt wurde.
Es wurde darüber hinaus vereinbart, das Original der Niederschriften in der Geschäftsstelle
zu belassen.20
5.3
Sitzungen
Der Untersuchungsausschuss führte insgesamt 23 Sitzungen durch.
Die Zeugenvernehmungen erfolgten in 18 Sitzungen und wurden in öffentlicher Sitzung
durchgeführt. Zur Erörterung von Verfahrensfragen wurden die öffentlichen Sitzungen
gelegentlich unterbrochen und die Nichtöffentlichkeit wurde hergestellt.
Eine Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses fand nach § 8 UAG
auf Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD außerhalb des Landtagsgebäudes statt,
um zunächst die Tongruben Möckern und Vehlitz sowie die Deponie Freyburg-Zeuchfeld in
Augenschein nehmen zu können. Ziel dieser auswärtigen Sitzung war, zumindest die drei
hauptsächlich betroffenen Standorte in Augenschein zu nehmen und sich anzusehen, wie
dort in der Praxis mit dem Material umgegangen wird.21
Niederschrift über die 1. – nichtöffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13.06.2008
19
ebenda
20
ebenda
21
Niederschriften über die 2. - nichtöffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
11.07.2008, S. 7 und über die 3. – nichtöffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 05.09.2008, S. 9
18
11
5.4
Zeugenbeistand
Nach § 23 Satz 1 UAG können sich die Zeugen eines Zeugenbeistands bedienen, ohne
dass an diesen besondere Qualifikationen gestellt sind. Der Elfte Parlamentarische
Untersuchungsausschuss ließ in allen Fällen den von den Zeugen benannten
Zeugenbeistand zu.
5.5
Beweiserhebung
5.5.1 Beweiserhebung durch Vorlage von Akten und sonstiger Unterlagen
Um entsprechend des Untersuchungsauftrages die Frage, ob und in welchem Umfang
durch Tun oder Unterlassen des für Landwirtschaft und Umwelt zuständigen Ministeriums
und der ihrer Aufsicht unterstehenden Behörden vor allem im Zeitraum von Januar 2004 bis
April 2008 die Verbringung und Lagerung von Abfall insbesondere in der Deponie in
Freyburg-Zeuchfeld entgegen den geltenden Rechtsvorschriften ermöglicht wurde,
untersuchen zu können, wurden die Landesregierung sowie betroffene Kreistage gebeten,
die in den insgesamt 14 vorgelegten Aktenvorlageverlangen benannten Akten vorzulegen.
Sowohl die Landesregierung als auch die Landkreise kamen dieser Aufforderung innerhalb
der angegebenen Frist nach.
5.5.2 Beweiserhebung durch Zeugenvernehmungen
In den nachfolgend aufgeführten 23 Beweisanträgen wurden die Vernehmungen von
Zeugen zum Zwecke der Beweiserhebung beantragt und beschlossen:
Deponie Freyburg-Zeuchfeld:
Beweisbeschluss Nr. U11/222
Beweisbeschluss Nr. U11/323
Beweisbeschluss Nr. U11/524
Beweisbeschluss Nr. U11/725
Beweisbeschluss Nr. U11/1026
Beweisbeschluss Nr. U11/1227
Beweisbeschluss Nr. U11/1428
Beweisbeschluss Nr. U11/1729
Beweisbeschluss Nr. U11/2030
Beweisbeschluss Nr. U11/2131
Beweisbeschluss Nr. U11/2232
22
Anlage 1
Anlage 2
24
Anlage 3
25
Anlage 4
26
Anlage 5
27
Anlage 6
28
Anlage 7
29
Anlage 8
30
Anlage 9
31
Anlage 10
32
Anlage 11
23
12
Beweisbeschluss Nr. U11/2333
Tongruben Vehlitz und Möckern
Beweisbeschluss Nr. U11/134
Beweisbeschluss Nr. U11/435
Beweisbeschluss Nr. U11/636
Beweisbeschluss Nr. U11/837
Beweisbeschluss Nr. U11/938
Beweisbeschluss Nr. U11/1139
Beweisbeschluss Nr. U11/1540
Beweisbeschluss Nr. U11/1841
Beweisbeschluss Nr. U11/2042
Beweisbeschluss Nr. U11/2143
Beweisbeschluss Nr. U11/2244
Beweisbeschluss Nr. U11/2345
Anlage in Riestedt
Beweisbeschluss Nr. U11/1346
Beweisbeschluss Nr. U11/1647
Beweisbeschluss Nr. U11/1948
Beweisbeschluss Nr. U11/2049
Beweisbeschluss Nr. U11/2150
Beweisbeschluss Nr. U11/2251
Beweisbeschluss Nr. U11/2352
Die in den Beweisbeschlüssen benannten Zeugen wurden durch den Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschuss geladen und in öffentlicher Sitzung
vernommen.
Insgesamt hat der Elfte Parlamentarische Untersuchungsausschuss 62 Zeugen benannt;
davon wurden 59 Zeugen vernommen.53
Auf die Zeugenvernehmung von zwei im Beweisbeschluss U11/14 (ADrs. U11/5/29)54 und
einem im Beweisbeschluss U11/6 (ADrs. U11/5/6)55 benannten Zeugen wurde im
nachhinein verzichtet.
33
Anlage 12
Anlage 13
35
Anlage 14
36
Anlage 15
37
Anlage 16
38
Anlage 17
39
Anlage 18
40
Anlage 19
41
Anlage 20
42
Anlage 9
43
Anlage 10
44
Anlage 11
45
Anlage 12
46
Anlage 21
47
Anlage 22
48
Anlage 23
49
Anlage 9
50
Anlage 10
51
Anlage 11
52
Anlage 12
53
ebenda
34
13
Sechs Zeugen wurden mehrfach benannt; davon wurden fünf Zeugen zur erneuten
Vernehmung geladen. Ein im Beweisbeschluss U11/4 (ADrs. U11/5/4) benannter Zeuge
erschien wegen Krankheit nicht zur erneuten Vernehmung. Der Untersuchungsausschuss
verzichtete daraufhin auf eine nochmalige Ladung.56
Für die geladenen Zeugen wurden die erforderlichen Aussagegenehmigungen jeweils für
die einzelnen Beweisbeschlüsse erteilt.
5.5.3 Abschluss der Beweisaufnahme
In der 22. Sitzung am 3. September 2010 beschloss der Elfte Parlamentarische
Untersuchungsausschuss, die Vernehmungen der Zeugen zu beenden. 57
6.
Einsichtsbegehren
An den Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschuss wandten sich 4 Bürger mit der
Bitte, in Niederschriften über die öffentlichen Sitzungen des Untersuchungsausschusses
Einsicht nehmen zu können.
Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 UAG entscheidet der Untersuchungsausschuss über die
Weitergabe der Niederschriften und über die Einsichtgewährung.
Die Einsichtsbegehren wurden in allen 4 Fällen abgelehnt. Es wurde nach dem Grundsatz
verfahren, Akteneinsicht so lange nicht zu erteilen, bis der Untersuchungsausschuss seinen
Bericht vorgelegt hat.
Die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord wandte sich an den Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschuss und bat, die Niederschriften über die öffentlichen
Zeugenvernehmungen des Untersuchungsausschusses und möglicherweise schriftlich
erfolgte Einlassungen der in dem Schreiben genannten Beschuldigten zu übermitteln.
Weiter sollte mitgeteilt werden, an welchen Sitzungsterminen die benannten Beschuldigten
vor dem Untersuchungsausschuss ausgesagt haben.
Der Untersuchungsausschuss beschloss, der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord
mitzuteilen, dass der Bitte zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht entsprochen werden kann,
die angeforderten Niederschriften und Unterlagen aber nach dem Abschluss der
Vernehmungen zur Verfügung gestellt werden könnten.58
54
Niederschrift über die 13. - nichtöffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
05.06.2009, S. 11
55
Niederschrift über die 8. - nichtöffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
06.01.2009, S. 5
56
Niederschrift über die 6. - nichtöffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
07.11.2008, S. 3
57
Niederschrift über die 22. - nichtöffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
03.09.2010, S. 3
58
Niederschrift über die 14. - nichtöffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28.08.2010, S. 5
14
Die Staatsanwaltschaft Stendal bat um die Übersendung von Ablichtungen der Protokolle
zu den im Untersuchungsausschuss durchgeführten Zeugenvernehmungen von in den
Schreiben benannten Mitarbeitern des Landkreises Jerichower Land und des Landesamtes
für Geologie und Bergwesen.
Entsprechend des § 14 Abs. 3 UAG übergab die Vorsitzende der Staatsanwaltschaft
Stendal die angeforderten Protokolle, weil zum einen die Frist, in der eventuelle
Änderungen zu den Niederschriften durch die jeweiligen Zeugen angezeigt werden konnte,
verstrichen war und zum anderen nicht davon auszugehen war, dass diese Zeugen ein
weiteres Mal vernommen werden. 59
Die Staatsanwaltschaft Stendal bat darüber hinaus, gemäß §§ 94, 95 Strafprozessordnung
um Herausgabe der für die bei ihr anhängigen Ermittlungsverfahren beweiserheblichen
Unterlagen. Einer Herausgabe der Unterlagen konnte zwar nicht zugestimmt werden,
jedoch wurde der Staatsanwaltschaft Stendal angeboten, die Unterlagen in den Räumen
des Landtages einsehen zu können. Dieses Angebot nahm die Staatsanwaltschaft an.60
7.
Ordnungsgeld
Der Rechtsanwalt eines Zeugen informierte den Untersuchungsausschuss im Vorfeld
seiner Sitzung, dass ein vom Untersuchungsausschuss benannter Zeuge von seinem
Aussageverweigerungsrecht Gebrauch macht und daher zur Sitzung nicht erscheinen wird.
Trotz eines Schreibens der Vorsitzenden des Untersuchungsausschuss kam der Zeuge
seiner Ladung nicht nach. Daraufhin wurde ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 Euro
verhängt.61 Dagegen hat der Rechtsbeistand Beschwerde eingelegt und eine
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeugen vorgelegt.
Nach Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und aufgrund der Tatsache, dass der
Zeuge der zweiten Ladung gefolgt ist, sah der Untersuchungsausschuss von dem
Ordnungsgeld ab und erließ einen Abhilfebescheid.62
59
Niederschrift über die 22. - nichtöffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
03.09.2010, S. 7 ff
60
Niederschrift über die 23. - nichtöffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
05.11.2010, S???????????????????
61
Niederschrift über die 19. - nichtöffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
12.03.2010, S. 5, 9
62
Niederschrift über die 21. - nichtöffentliche - Sitzung a des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses m
04.06.2010, S. 5
15
TEIL B
Sachverhalt und Darstellung des Verlaufs der Untersuchungen
INHALTSVERZEICHNIS
Seite
I. Komplex Freyburg-Zeuchfeld ........................................................................................ 19
1. Die Deponie Freyburg-Zeuchfeld, Plangenehmigung .............................................. 19
2. Der Betreiber ........................................................................................................... 24
a. Der Zweckverband Abfallwirtschaft Sachsen-Anhalt Süd ................................... 24
aa. Verbandsvorsitzender, Verbandsversammlung .......................................... 24
bb. Zusammenarbeit mit dem Burgenlandkreis ................................................ 26
cc. Geschäftsführer .......................................................................................... 26
b. Die Deponie und Recycling GmbH ..................................................................... 28
3. Abfälle einbringende Unternehmen ......................................................................... 32
a. LBR Logistik Beratung Rohstoffe GmbH und LBR EBS Ersatzbrennstoffe
GmbH 32
aa. Unternehmensorganisation, handelnde Personen ..................................... 32
bb. Unternehmenstätigkeit................................................................................ 34
cc. Die Durchführung von Eigenkontrollen ....................................................... 36
b. CORTEC GmbH ................................................................................................. 38
c. SVG Recycling und BMG Recycling ................................................................... 38
d. Die Westsächsische Entsorgungs- und Verwertungs- GmbH ............................ 41
4. Die Überwachung durch den Betreiber .................................................................... 41
a. Die Durchführung der Überwachung .................................................................. 41
b. Die Verhängung von Annahmestopps ................................................................ 42
c. Zur Kontrolle der Transportscheine .................................................................... 45
d. Die Weitergabe von Informationen ..................................................................... 46
e. Die Reaktion des Landesverwaltungsamtes ....................................................... 47
5. Die Überwachung .................................................................................................... 47
a. Die Zuständigkeit für die Überwachung .............................................................. 48
b. Die Verwaltungsorganisation der Überwachungsbehörden ................................ 49
aa. Landesverwaltungsamt............................................................................... 49
bb. Burgenlandkreis ......................................................................................... 51
cc. Zusammenarbeit zwischen Burgenlandkreis und Landesverwaltungsamt . 51
dd. Dienstberatungen ....................................................................................... 53
ee. Weiterbildungen ......................................................................................... 54
c. Die Durchführung der Überwachung .................................................................. 55
aa. Die Überwachung durch das Landesverwaltungsamt................................. 55
bb. Die Überwachung durch den Landkreis...................................................... 62
Häufigkeit der Kontrollen ............................................................................... 62
Schwerpunkte der Kontrollen ........................................................................ 63
Ablauf der Kontrollen ..................................................................................... 63
Die Prüfung von Transportscheinen .............................................................. 65
Der Vorwurf der Fälschung von Analyseergebnissen ................................... 65
Beanstandungen ........................................................................................... 67
Weiterleitung von Erkenntnissen ................................................................... 68
6. Das Entdecken der rechtswidrigen Einlagerungen .................................................. 69
a. Das Bestehen erster Verdachtsmomente ........................................................... 69
16
aa. Landesverwaltungsamt............................................................................... 69
bb. Burgenlandkreis ......................................................................................... 72
b. Bestand ein Vertrauensvorschuss zugunsten des Betreibers? .......................... 73
c. Feststellungen durch die untere Abfallbehörde beim Landkreis Saalekreis ....... 75
d. Zusammenarbeit zwischen dem Landesverwaltungsamt und dem Ministerium
für Landwirtschaft und Umwelt ................................................................................. 78
e. Schreiben des Zeugen Beckmann vom 16. September 2008 ............................ 79
f. Die Einlagerung von Klärschlamm...................................................................... 82
g. Die Einlagerung von Abfällen aus Italien ............................................................ 83
h. Die Waage .......................................................................................................... 89
7. Folgeentwicklungen ................................................................................................. 90
a. Der Annahmestopp............................................................................................. 90
b. Die Aufrechterhaltung der Plangenehmigung ..................................................... 91
c. Die Beprobung durch das Landesverwaltungsamt ............................................. 93
d. Gefährdungsanalyse, Mengenermittlung, Kostenermittlung ............................... 94
e. Sanktionen, Konsequenzen ................................................................................ 99
aa. Änderungen in der Behördenorganisation .................................................. 99
bb. Änderungen bei der Aufsichtstätigkeit, Zusammenarbeit der Behörden ... 100
cc. Die Verfolgung von Übertretungen ........................................................... 101
dd. Vollzugsprobleme ..................................................................................... 103
ee. Handlungsbedarf des Gesetzgebers ........................................................ 103
II. Komplex Vehlitz und Möckern ..................................................................................... 106
1. Die Tongruben ....................................................................................................... 106
a. Betriebszeiten ................................................................................................... 106
b. Haupt- und Sonderbetriebspläne ...................................................................... 106
aa. Die Zulassung des Sonderbetriebsplanes „Verfüllung für den Tontagebau
Möckern“ ........................................................................................................ 108
bb. Die Umstellungsbescheide vom 14. November und 12. Dezember 2002. 109
cc. Die Zulassung des Sonderbetriebsplanes „Verfüllung, Rekultivierung,
Teilfeld 2“ für Vehlitz ...................................................................................... 110
Verfahren .................................................................................................... 110
Befristung .................................................................................................... 112
Inhalt ........................................................................................................... 112
2. Sporkenbach Ziegelei GmbH Möckern und HRH Recycling GmbH ....................... 115
a. Zu den Unternehmen........................................................................................ 115
b. Die Durchführung von Eigenkontrollen ............................................................. 117
3. Die Verpflichtung zur Verfüllung der Tongruben .................................................... 118
4. Überwachung ......................................................................................................... 120
a. Überwachung der Tagebaue ............................................................................ 120
aa. Zuständigkeit ............................................................................................ 120
Die im Ministerium für Wirtschaft und Arbeit herrschende Rechtsauffassung
.................................................................................................................... 121
Die im LAGB herrschende Rechtsauffassung ............................................. 123
Die in der unteren Abfallbehörde herrschende Rechtsauffassung .............. 124
Die im Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt herrschende
Rechtsauffassung ....................................................................................... 125
bb. Häufigkeit, Zielstellung von Befahrungen durch das LAGB ...................... 126
b. Überwachung der Stoffströme .......................................................................... 127
aa. Zuständigkeit ............................................................................................ 127
bb. Durchführung ............................................................................................ 128
c. Finanzielle und personelle Grenzen für die Probennahmen/ Kontrollen ........... 130
17
d. Dienstberatungen, Weiterbildungen ................................................................. 131
aa. Jerichower Land ....................................................................................... 131
bb. LAGB ........................................................................................................ 132
e. Zusammenarbeit zwischen den Behörden ....................................................... 133
aa. Landkreis Jerichower Land und LAGB ..................................................... 133
bb. Zusammenarbeit mit den obersten Landesbehörden, Informationsfluss
innerhalb der Behörden ................................................................................. 133
5. Das so genannte Tongrubenurteil .......................................................................... 136
6. Verdacht auf unrechtmäßiges Handeln.................................................................. 138
a. Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt ...................................................... 138
b. Ministerium für Wirtschaft und Arbeit ................................................................ 139
c. Landkreis Jerichower Land ............................................................................... 142
7. Hinweise Dritter, Durchführung von Kontrollen, Schlussfolgerungen, Reaktionen . 143
a. Zum Tontagebau Vehlitz .................................................................................. 143
aa. Hinweise Dritter ........................................................................................ 143
bb. Die Probennahmen am 16. August 2007.................................................. 146
Ausgangslage und Amtshilfeersuchen ........................................................ 146
Strategie ...................................................................................................... 146
Durchführung .............................................................................................. 147
Ergebnisse .................................................................................................. 148
Folgeentwicklung ........................................................................................ 149
Die versuchte Einflussnahme durch den Zeugen Finzelberg ...................... 151
cc. Die teilweise Rücknahme der Zulassung zum Sonderbetriebsplan .......... 153
Rücknahmeentscheidung, Verantwortung .................................................. 153
Verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, Folgerungen .............................. 154
b. Zum Tontagebau Möckern ............................................................................... 157
aa. Hinweise zu Geruchsbelästigungen ......................................................... 157
bb. Die Anzeige vom 5. Oktober 2007, Reaktionen ........................................ 158
cc. Die Messungen vom 2. bis 6. Februar und 19. März 2008 ....................... 159
dd. Handlungen der Bürgerinitiative ............................................................... 162
c. Maßnahmen hinsichtlich der BImSch-Anlagen ................................................. 164
d. Sonderkontrollprogramm .................................................................................. 165
e. Gasmessungen und Wassermessungen - Bericht 2008................................... 166
8. Schlussfolgerungen, Maßnahmen, Kosten, Problemstellungen für Vehlitz und
Möckern ...................................................................................................................... 170
a. Untersuchungsprogramm/ Aufarbeitung ........................................................... 170
b. Kontrollenverstärkung/ Sofort- und Tiefenkontrollen......................................... 170
c. Gefahrenabwehr- und Sicherungsmaßnahmen ................................................ 173
aa. Ausgangslage/ Informationen durch die Staatsanwaltschaft .................... 173
bb. Konkrete Gefahrenabwehr- und Sicherungsmaßnahmen ........................ 174
cc. Amtshilfevereinbarung mit der Landesanstalt für Altlastenfreistellung ..... 176
d. Sicherungs- und Sanierungskonzept ................................................................ 177
e. Organisatorische Veränderungen bei den Behörden........................................ 178
aa. Zusammenarbeit, Besprechungen, Verwaltungsoptimierung ................... 178
bb. Transparenz ............................................................................................. 179
cc. Personal/ Umstrukturierung/ Schulungen ................................................. 180
dd. Konsequenzen/ Kabinettsbeschlüsse ....................................................... 181
f. Landesübergreifende Maßnahmen................................................................... 183
g. Weitere Maßnahmen/ Problemstellungen ........................................................ 185
III. Komplex Abfallbehandlungs- und Recyclinganlage in Riestedt................................... 186
1. Genehmigungen .................................................................................................... 186
18
2. Betrieb durch die LTE ............................................................................................ 188
3. Der Betrieb durch die Langbein Service GmbH und die Langbein KG .................. 190
4. Zusammenarbeit von Landesverwaltungsamt und Landkreis nach der Ersten
Funktionalreform ......................................................................................................... 192
5. Der Betrieb durch die RPR .................................................................................... 195
a. Betreiberwechsel .............................................................................................. 195
b. Die Frage des Fortbestehens der Genehmigung ............................................. 196
c. Die Frage der Änderung der Genehmigung ..................................................... 197
d. Die Frage der Anordnung einer Sicherheitsleistung ......................................... 200
e. Annahmestopp, Stilllegungs- und Beräumungsverfügung ................................ 201
f. Die Entwicklung bis zur Stilllegungs- und Beräumungsanordnung vom
23. Oktober 2007 ................................................................................................... 202
g. Die Entwicklung bis zur Stilllegungsanordnung vom 22. April 2008 ................. 204
h. Die Entwicklung nach dem 22. April 2008 ........................................................ 210
i. Das Auftreten von Bränden .............................................................................. 211
j. Veräußerung der RPR, weiteres behördliches Vorgehen ................................. 213
6. Folgeentwicklungen, Schlussfolgerungen .............................................................. 214
a. Disziplinarrechtliche Ermittlungen..................................................................... 214
b. Erforderliche Maßnahmen, Kosten ................................................................... 214
c. Die Bildung einer Sonderkommission ............................................................... 215
d. Schlussfolgerungen .......................................................................................... 216
Abkürzungsverzeichnis ..................................................................................................... 218
19
Teil B
I.
Komplex Freyburg-Zeuchfeld
Der Untersuchungsausschuss befasste sich in einem ersten Komplex gemäß der Nummer
1 des Untersuchungsauftrages63 damit, ob und in welchem Umfang durch Tun oder
Unterlassen der für Wirtschaft und Arbeit sowie für Landwirtschaft und Umwelt zuständigen
Ministerien und der ihrer Aufsicht unterstehenden Behörden vor allem im Zeitraum von
Januar 2004 bis April 2008 die Verbringung und Lagerung von Abfall, insbesondere in der
Deponie in Freyburg-Zeuchfeld und der Abfallentsorgungsanlagen in Zeuchfeld, entgegen
den geltenden Rechtsvorschriften ermöglicht wurde. Es wurde vor allem geprüft, ob die
erforderlichen Erlaubnisse und Genehmigungen rechtmäßig erteilt wurden, ob es rechtlich
geboten oder zweckmäßig war, einmal erteilte Erlaubnisse und Genehmigungen
zurückzunehmen oder zu widerrufen und ob die Deponie oder die Abfallentsorgungsanlage
bzw. deren Betreiber sowie die zur Verwertung und Beseitigung von Abfällen Verpflichteten
und deren Beauftragte hinreichend beaufsichtigt wurden.
Zur Untersuchung wurden die Beweisbeschlüsse U11/2, U11/3, U11/5, U11/7, U11/10,
U11/12, U11/14, U11/17, U 11/20, U 11/21, U 11/22, U11/23 (Anlage 1 bis 12) gefasst.
1.
Die Deponie Freyburg-Zeuchfeld, Plangenehmigung
Der Zeuge Hans-Heiner Hoffmann, Referatsleiter Abfallwirtschaft, Bodenschutz im
Landesverwaltungsamt, erklärte, bei der Deponie Freyburg-Zeuchfeld handele es sich um
eine Altanlage, die seit 1988 betrieben wurde. Sie habe eine Größe von 11 ha und gehöre
zu den mittelgroßen Anlagen in Sachsen-Anhalt.64 Die Grube ist insgesamt 80 ha groß.65
Auf dem Gelände der Deponie befinden sich insgesamt fünf Anlagen. Es gebe die
eigentliche Deponie, eine Abfallumladestation, wo Abfälle von Kleinanlieferern
angenommen, umgeladen und dann zur Verbrennung gebracht werden, ein
Kompostierungsplatz, an dem Kompostierungsarbeiten durchgeführt werden, ein
Abfallzwischenlager, in dem Abfälle angenommen, bearbeitet und auch balliert und
zwischengelagert werden und eine Gasverwertungsanlage. Darüber hinaus betreibe man
einen Sand- und Kiesabbau und in gewissem Umfang die Aufbereitung von Bauschutt.66
Eigentümer der gesamten Flächen mit Ausnahme des Deponiekörpers, der Zuwegungen
und der Waage ist die Naumburger Bauunion GmbH & Co KG.67 Die Flächen rund um die
63
Drs. 5/39/1260 B
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2. Oktober
2008, S. 6 f. (Hoffmann), vgl. auch S. 44 (Breuer)
65
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 17. April
2009, S. 40 ff. (Vorsitzende Hunger/ Kürbs)
66
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 66 f. (Abgeordneter Kley/ Beckmann), S. 59 f. (Abgeordnete Rogée/ Beckmann), vgl. auch S. 74
ff. (Kley/ Beckmann) zu Deponie/ Abfallzwischenlager/ Sortieranlage, vgl. auch S. 93 (Dr. Dube)
67
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 17. April
2009, S. 40 ff. (Vorsitzende Hunger/ Kürbs)
64
20
Deponie seien Privatstraßen.68 Die Fläche, auf dem sich der Deponiekörper befände, sei
Eigentum des Zweckverband Abfallwirtschaft Sachsen-Anhalt Süd (ZAW). Die Flächen der
Naumburger Bauunion, die Zufahrtswege etc. seien per Vertrag dem ZAW, später der
Deponie und Recycling Sachsen-Anhalt Süd GmbH (DEREC), zur Verfügung gestellt
worden. Hierfür würde die Naumburger Bauunion ein Pachtentgelt erhalten.
Die Deponie ist nach Bekunden des Zeugen Hoffmann bis zum 31. Mai 2005 mit einer
Ausnahmegenehmigung nach TA Siedlungsabfall als Deponie der Klasse II für
unbehandelte Abfälle betrieben worden. Danach sei sie gemäß dem Antrag des
Betreibers69 auf der Grundlage eines Bescheides vom 17. November 2004, der sog.
Plangenehmigung der Klasse I, vom 1. Juni 2005 bis zum 15. Juli 2009 als Deponie der
Klasse I weiterbetrieben worden.70 Mit Ablauf dieser Genehmigung sollte der
Deponiebetrieb enden.
Der Zeuge Hoffmann sagte des Weiteren aus, es habe entgegen anderslautenden
Darstellungen keinen zweiten Genehmigungsbescheid gegeben. Zur Information des
Burgenlandkreises, der um die abermalige Übersendung der Plangenehmigung ersucht
hätte, sei diesem ein Bescheid mit Datum „17. Dezember 2004“ irrtümlich übersandt
worden. Das Datum „17. Dezember 2004“ sei rechentechnisch eingefügt worden.
Grundlage dieses „Bescheides“ sei ein vor dem 17. November 2004 erstellter Entwurf zur
Plangenehmigung gewesen. Der Entwurf sei nahezu inhaltsgleich mit dem Bescheid vom
17. November 2004. Es gäbe aber einen Unterschied: Die Positivliste der Abfälle enthalte
nicht die Spalte „Verwertung und Deklarationsanalysen“.71
Der Zeuge Dr. Albert Engel, Referent für Rechtsangelegenheiten und Fördermittel im
Referat Abfallwirtschaft, Bodenschutz des Landesverwaltungsamtes, erklärte hinsichtlich
der Beteiligung an der Genehmigungserteilung, einer seiner Mitarbeiter habe im Zuge der
Prüfung eines frühen Entscheidungsentwurfes festgestellt, dass nicht alle Voraussetzungen
für den Weiterbetrieb nach der Ausnahmeregelung des § 6 Abs. 2 Nr. 2
Abfallablagerungsverordnung (AbfAblV) vorgelegen hätten. Es habe noch eine Darstellung
im Hinblick auf § 6 Abs. 3 Nr. 2 AbfAblV hinsichtlich der Nichtzumutbarkeit der Nutzung
anderer zugelassener Anlagen gefehlt. Der Betreiber sei aufgefordert worden, sich zur
Frage der Zumutbarkeit zu äußern, was auch erfolgt sei. Diese Ausführungen seien auch
Gegenstand der endgültigen Plangenehmigung geworden, und man habe ihnen inhaltlich
folgen können.72 Es hätten keine durchgreifenden Gründe entgegengestanden.73
68
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 17. April
2009, S. 49 (Abgeordneter Kley/ Kürbs)
69
Vgl. dazu auch Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschus
ses am 5. Dezember 2008, S. 22 (Abendroth)
70
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2. Oktober
2008, S. 7 (Hoffmann), S. 44 (Breuer), S. 86 (Dr. Dube)
71
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2. Oktober
2008, S. 8, 33 (Hoffmann)
72
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 5, 6 f. (Vorsitzende Hunger/ Dr. Engel), S. 13 (Abgeordneter Kley/ Dr. Engel); Niederschrift
über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13. Februar 2009, S. 7
(Vorsitzende Hunger/ Wegener)
73
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 7 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Engel), vgl. auch S. 23 (Vorsitzende Hunger/ Abendroth); Nie
derschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13. Februar
2009, S. 7 (Vorsitzende Hunger/ Wegener)
21
Die Zeugin Cornelia Abendroth, Sachbearbeiterin für Siedlungsabfallanlagen im
Landesverwaltungsamt,74 sagte aus, im Rahmen der Plangenehmigung sei das Landesamt
für Geologie und Bergwesen (LAGB) als oberste geologische Fachkompetenz eingebunden
gewesen und habe eine schriftliche Stellungnahme abgegeben.75
Der Zeuge Falko Breuer, Sachgebietsleiter im Bereich Abfallwirtschaft der unteren
Abfallbehörde und Bodenschutzbehörde beim Burgenlandkreis,76 führte zur geologischen
Sicherheit der Deponie aus, die Deponie sei eine alte Kiesgrube und es werde heute
teilweise auch noch Kies gefördert. Das seien somit geologisch nicht die besten
Voraussetzungen. Nach heutigem Stand sei ein solcher Standort nicht genehmigungsfähig,
wenn dort nicht eine intensive Basisabdichtung aufgebracht werde.77
Der Zeuge Rainer Helms, bis 30. Juni 2007 Leiter des Umweltamtes (untere Naturschutz-,
Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzbehörde) des Alt-Burgenlandkreises, danach Leiter
des Amtes für Natur- und Gewässerschutz,78 gab zu der Frage des Inhalts der
Stellungnahme Umweltamtes zur Betriebsverlängerung für die Deponie Freyburg-Zeuchfeld
an, er wisse, dass sie als Träger öffentlicher Belange beteiligt gewesen seien. Er bündle die
Stellungnahmen der einzelnen Sachbereiche meistens nur, lese sie noch mal und
überprüfe sie. Aber die eigentliche Sacharbeit werde in der Naturschutz-, Abfall- und in der
Bodenschutzbehörde geleistet. Ob ein Wunsch des Abfallzweckverbandes auf
Verlängerung der Deponieklasse II (DK II) über 2005 hinaus an den Kreis herangetragen
worden sei, das könne er heute nicht mehr sagen.79
Gefragt nach den Beweggründen der Genehmigung und weshalb auf eine
Sickerwassererfassung verzichtet worden sei, legte die Zeugin Abendroth dar, es habe vom
Antragsteller einen Antrag auf Weiterbetrieb gegeben. Die Kenntnisse zur Deponie, zur
Geologie der Deponie und die Ergebnisse der Überwachungen der vorangegangenen
Jahre hätten gezeigt, dass, obwohl die Deponie keine Basisabdichtung habe, von der
Deponie, insbesondere in Richtung des Grundwassers, keine erkennbaren Gefährdungen
ausgegangen seien. Sie hätten Grundwasserzusammensetzungen, die dies gestatten. Auf
eine Sickerwassererfassung sei wegen der technischen Unmöglichkeit ihrer Errichtung
verzichtet worden. Bei einer Deponie, die 80 % oder 90 % ihres Anlagenlebens hinter sich
habe, könne in aller Regel keine nachträgliche Sickerwassererfassung mehr errichtet
werden. Sie könnten nur Oberflächenwasser, aber nicht Sickerwasser nachträglich
abfassen. Dazu müsste die ganze Deponiebasis aufgeschlossen werden. Hierzu sei der
Zeugin kein Fall bekannt.80
74
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 21 (Abendroth)
75
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 23 f. (Abgeordneter Kley/ Abendroth)
76
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2. Oktober
2008, S. 43 (Breuer)
77
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2. Oktober
2008, S. 46 f. (Abgeordneter Kley/ Breuer)
78
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 17. April
2009, S. 15 f. (Vorsitzende Hunger/ Helms)
79
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 17. April
2009, S. 17 f. (Abgeordnete Kley/ Helms), S. 18 (Abgeordneter Lüderitz/ Helms)
80
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 24 f. (Abgeordneter Kley/ Abendroth)
22
Die Zeugin Gerburg Völzke, Mitarbeiterin im Bereich Abfallwirtschaft, Bodenschutz und
Immissionsschutz im Burgenlandkreis,81 bekundete zur Genehmigung, die Betreiber seien
an einem möglichst umfangreichen Abfallartenkatalog interessiert gewesen, um auf
Abfallströme reagieren zu können. Sie als Mitarbeiterin der Abfallbehörde betrachte es so,
dass Verwertung Vorrang vor Beseitigung habe. Eine Deponie sei eine Beseitigungsanlage.
Es seien zum Beispiel Abfallarten, die getrennt gesammelt worden seien, und die dann
eigentlich durch die Getrennthaltung auch gut hätten verwertet werden können, mit
beantragt worden. Solche Sachen habe sie gestrichen.82
Auf die Frage nach Konfliktpunkten in der Genehmigungsphase zwischen
Landesverwaltungsamt, ZAW und den Landkreisen erklärte der Zeuge Dr. Jürgen Dube,
Geschäftsführer des ZAW bis zum 31. Mai 2005,83 er könne sich nur an ein
„Durchbruchsgespräch“ mit dem Zeugen Hoffmann vom Landesverwaltungsamt erinnern, in
dem er ihm klargemachte habe: „Führen Sie bitte den Nachweis, dass das Schutzgut
Boden durch die Deponie so nicht gefährdet wird, dass Sie sicherstellen können, dass
durch die Deponie keine Sickerwässer eindringen und dass der Boden und damit das
Wasser gefährdet wird.“ Sie hätten das damals ein Ingenieurbüro berechnen lassen und
dann sei die Deponie der Klasse I genehmigt worden. An Konflikte mit dem
Landesverwaltungsamt oder mit dem Regierungspräsidium, die das unmöglich gemacht
hätten, könne er sich nicht entsinnen. Er könnte jetzt sagen, dass sie mit dem
Regierungspräsidium, mit dem Landesverwaltungsamt, prinzipiell Probleme gehabt haben,
aber der Nachweis sei schwierig.
Der Zeuge Dr. Dube erklärte weiter, am Standort Zeuchfeld habe der Zweckverband nur
Schwierigkeiten mit der Nachbargemeinde Zeuchfeld gehabt. Er sei zwei-, dreimal in der
Gemeinde gewesen und habe die Bedenken entkräftet. Es sei mehr um die Nebenanlagen
gegangen. Die Gemeinde wollte ihnen (dem Zweckverband) keinen Kompostplatz am
Standort genehmigen. Das sei dann aber alles mehr oder weniger gütlich geregelt
worden.84
Der Zeuge Thomas Leimbach, Präsident des Landesverwaltungsamtes,85 legte zur
Schließung bzw. zum Weiterbetrieb von Deponien dar, er glaube, sich daran erinnern zu
können, dass das nicht diskutiert worden sei, weil es keinen Plan oder keine Strategie des
Landes gegeben habe - außer der generellen Schließungsabsicht -, an einzelnen
Standorten einen Weiterbetrieb vorzusehen. Das sei eher Betreiberinteresse und nicht
landesgelenkt gewesen. Es habe keine räumliche, regionale Dislozierung von
Offenhaltungsstrategien gegeben, sondern die Ausnahme von dem Standardprogramm
Schließung einer Deponie zum Halbjahr 2005 sei eher eine Frage gewesen, die die
einzelnen Deponiebetreiber für sich zu klären gehabt hätten. Es habe zu keinem Zeitpunkt
81
Vgl. Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Juni 2009, S. 51 (Völzke)
82
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 61 (Vorsitzende Hunger/ Völzke)
83
Vgl. Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 86 (Dr. Dube)
84
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2. Oktober
2008, S. 86, 87 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Dube)
85
Vgl. Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Juni 2009, S. 5 (Leimbach)
23
Diskussionen darüber gegeben, welche Gründe, außer denen, die das Gesetz für den
Weiterbetrieb einer Deponie vorsehe, sinnvoll sein könnten.86
86
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 9 (Abgeordneter Kley/ Leimbach)
24
2.
Der Betreiber
a.
Der Zweckverband Abfallwirtschaft Sachsen-Anhalt Süd
aa.
Verbandsvorsitzender, Verbandsversammlung
Der Zeuge Rüdiger Erben, Staatssekretär im Ministerium des Innern87, erklärte, dass dem
ZAW alle Aufgaben der ursprünglich entsorgungspflichtigen Körperschaft und des
öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers übertragen worden seien. Es habe dann Abfälle
gegeben, die die Körperschaft Zweckverband zu entsorgen gehabt habe und nicht der
Landkreis Weißenfels oder der alte Burgenlandkreis.88 Er, Erben, sei seit 2001 Landrat des
Landkreises Weißenfels, von Frühherbst 2001 bis Anfang 2005 ehrenamtlicher
Verbandsvorsitzender des Zweckverbandes gewesen.89 Danach sei er stellvertretender
Vorsitzender der Verbandsversammlung gewesen.90
Zu den Aufgaben des Verbandsvorsitzenden hätten die Leitung der Verbandsversammlung,
die Vertretung des Verbandes in verschiedenen Gremien, unter anderem in den
Gesellschaften, an denen der ZAW beteiligt gewesen sei, und auch
Repräsentationsaufgaben gehört.91
Mitglieder der Verbandsversammlung waren nach Aussage des Zeugen Erben
ausschließlich Mitglieder der beiden Kreistage.92 Der Zeuge Harri Reiche, seit 2001 Landrat
im Burgenlandkreis93 und Verwaltungsratsvorsitzender der Abfallwirtschaft Sachsen-Anhalt
Süd AöR, brachte zum Ausdruck, er habe immer den Eindruck gehabt, es seien qualifizierte
Kollegen in der Verbandsversammlung oder dann im Verwaltungsrat, die ihn unterstützt
haben und auf die er sich habe verlassen können. Es seien Leute aus allen Fraktionen
gewesen, z. B. Frau Krößmann von der LINKEN, Martin Bertling von der FDP, Konrad
Keller als Minister a. D. von der SPD, Siegfried Hanke als ehemaliger Technischer Leiter
von der SPD, Dr. Dube als ehemaliger Verbandsgeschäftsführer von der CDU.94
87
Vgl. Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Juni 2009, S. 29 (Erben)
88
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 33 (Abgeordneter Kley/ Erben), S. 34 (Abgeordneter Lüderitz/ Erben); vgl. dazu auch Niederschrift über die
16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 30. Oktober 2009, S. 21 f. (Ab
geordneter Kley/ Zender), S. 56 f. (Vorsitzende Hunger/ Reiche)
89
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 29 f. (Vorsitzende Hunger/ Erben)
90
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 36 (Abgeordneter Lüderitz/ Erben)
91
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 30 (Vorsitzende Hunger/ Erben)
92
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 34 (Abgeordneter Lüderitz/ Erben), S. 44 (Abgeordneter Graner/ Erben) zur Qualifikation der Kreistagsmit
glieder in der Verbandsversammlung, S. 42 f. (Abgeordneter Kley/ Erben) zur Entschädigung der Mitglieder der Ver
bandsversammlung
93
Vgl. Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 55 (Reiche)
94
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 56 f. (Vorsitzende Hunger/ Reiche), S. 74 f. (Abgeordneter Dr. Thiel/ Reiche)
25
Zur Zusammenarbeit mit dem Kreistag legte der Zeuge Erben dar, es sei im Herbst 2001
ein so genannter Wesentlichkeitskatalog für den Zweckverband beschlossen worden. Dies
sei aufgrund von Kritik in den beiden Kreistagen daran erfolgt, dass die
Verbandsversammlung
ohne
Rückkopplung
zu
den
jeweiligen
Kreistagen
Strukturentscheidungen getroffen habe. Somit habe es den - wenn auch rechtlich nicht
relevanten, aber für die politische Meinungsbildung sehr wohl wichtigen Wesentlichkeitsbeschluss gegeben, den das Gesetz nicht vorschreibe. Es sei beschlossen
worden, dass die Verbandsversammlung des Zweckverbandes und die dorthin entsandten
Vertreter bestimmte Beschlüsse nur fassen können, nachdem zuvor der Kreistag damit
befasst wurde. Über diesen habe eine Einbeziehung stattgefunden.95
In Bezug auf die Deponien gab es laut dem Zeugen Erben immer wieder sehr umfängliche
Vorträge in der Verbandsversammlung. Es sei, insbesondere in wirtschaftlichen Belangen,
jeder Beschluss vorher bei ihm im Haus geprüft worden 96. Seine Verwaltung sei aber
selbstverständlich nicht ernsthaft in der Lage gewesen zu sagen, ob der Marktpreis pro
Tonne angenommener Abfall besonders niedrig oder hoch sei. Das sei nicht eine Frage
eines am ZAW beteiligten Landkreises gewesen, zumal die Deponie Zeuchfeld nicht im
Landkreis Weißenfels gelegen sei.97
Viele Diskussionen in der Verbandsversammlung hätten sich nach Aussage des Zeugen
Erben auf die Frage der Beteiligungssteuerung an dem ZAW bezogen. Ob das Umweltamt
des Landkreises Weißenfels zu dem Beschluss zu dem Genehmigungsverfahren zur
Endgestalt der Deponie Stellung genommen habe, könne er nicht mehr sagen. Er habe
darauf vertraut, dass die Genehmigungsbehörde prüfe, ob der Antrag genehmigt werden
könne.98 Zu einem Antrag des ZAW an das Landesverwaltungsamt, bis 2025 die Deponie
als Klasse II weiter zu betreiben, der im Rahmen der Verbandsversammlung behandelt
worden sei, könne er heute nichts mehr sagen.99
Der Zeuge Erben erläuterte auf die Frage hin, ob er in der Zeit, als er in der
Verbandsversammlung tätig gewesen sei, auch über Abfallmengen, die nach Zeuchfeld
bzw. Nißma verbracht wurden, Informationen erhalten habe, dass die Deponie Zeuchfeld
ursprünglich unmittelbar dem Verband zugeordnet gewesen sei. Die Zahlen, wahrscheinlich
nicht in Tonnen oder Kubikmetern, aber die Einnahmen und Ausgaben, die dort getätigt
wurden, hätten im Wirtschaftsplan des Verbandes gestanden.100
95
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. S. 29 ff. (Vorsitzende Hunger/ Erben), S. 31 ff (Abgeordneter Kley/ Erben), S. 34 (Abgeordneter Lüderitz/
Erben)
96
Vgl. auch Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 5. Juni 2009, S. 48 (Abgeordneter Lüderitz/ Erben)
97
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 31 ff. (Abgeordneter Kley/ Erben)
98
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 31 ff. (Abgeordneter Kley/ Erben)
99
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 35 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Erben)
100
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 38 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Erben)
26
bb.
Zusammenarbeit mit dem Burgenlandkreis
Der Zeuge Reiche gab an, Verwaltungsratssitzungen seien, wenn nötig, in der Verwaltung
vorbereitet worden. Dies sei aber nur in begrenztem Maße erfolgt. Seine Kämmerin, Frau
Bieber, habe wirtschaftliche Sachen für ihn geprüft101, und bei umweltrechtlichen Aspekten
habe sie diese mit Sicherheit mit dem Zeugen Helms besprochen. Der Schwerpunkt habe
aber nicht bei der Kreisverwaltung gelegen. Der Burgenlandkreis habe die Abfallwirtschaft
auf die Abfallwirtschaft Sachsen-Anhalt Süd AöR und vorher auf den ZAW übertragen.
Dieser habe Wirtschaftsprüfer und einen Vorstand gehabt.102 Fach- und Aufsichtsbehörde
sei das Landesverwaltungsamt gewesen.
Hinsichtlich der Zusammenarbeit mit dem ZAW äußerte die Zeugin Völzke, es habe
gewisse Berührungspunkte gegeben. Probleme, wie etwa die sogenannten § 11-Abfälle,
habe man relativ gut klären können. Der Kontakt sei aber eingeschlafen. Nach dem
Wechsel in der Führungsspitze des ZAW habe es so gut wie keine Kontakte mehr
gegeben.103 Der Zeuge Helms bestätigte, dass seine Behörde in die Tätigkeit des
Abfallzweckverbandes nicht einbezogen worden sei. Er sei vom Landrat in den ganzen
Jahren in keiner Weise zu einer Sitzung, irgendeiner Beratung oder irgendeiner fachlichen
Diskussion einbezogen worden. Der Zweckverband habe einen eigenen Vollzug gehabt. 104
Auch der Zeuge Gundram Mock, seit 1. Oktober 2009 Vorstand der Abfallwirtschaft
Sachsen-Anhalt Süd AöR, bis dahin Dezernatsleiter und Erster Beigeordneter des
Burgenlandkreises,105 erklärte, als Dezernent überhaupt keinen Kontakt zur
Verbandsversammlung gehabt zu haben.106
cc.
Geschäftsführer
Die Position des Geschäftsführers des ZAW, die bis zum 31. Mai 2005 mit dem Zeugen
Dr. Dube besetzt war, wurde nach Aussage des Zeugen Erben öffentlich ausgeschrieben.
Der Vorschlag des Zeugen Dr. Dube, wonach der neue und der alte Geschäftsführer über
ein viertel oder ein halbes Jahr lang parallel tätig sein sollten, sei von der
Verbandsversammlung abgelehnt worden. Der Zeuge Dr. Dube habe, so der Zeuge Erben,
damals über seine Regelaltersgrenze von 65 hinaus etwas länger arbeiten wollen.107
101
Vgl. auch Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 30. Oktober 2009, S. 77 (Abgeordneter Dr. Thiel/ Reiche)
102
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 56 f., 58 (Vorsitzende Hunger/ Reiche), S. 68 f. (Abgeordneter Kley/ Reiche) ), S. 74 f. (Abge
ordneter Dr. Thiel/ Reiche)
103
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 62 f. (Vorsitzende Hunger/ Völzke)
104
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
17. April 2009, S. 20 (Abgeordneter Lüderitz/ Helms), S. 22 f. (Abgeordnete Rogée/ Helms), vgl. auch S. 24 (Abge
ordneter Graner/ Helms) Recht, an Angelegenheiten des Abfallzweckverbandes beteiligt zu werden
105
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 31 (Vorsitzende Hunger/ Mock), S. 41 (Abgeordnete Rogée/ Mock)
106
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 33 f. (Vorsitzende Hunger/ Mock)
107
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 36 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Erben); vgl. auch Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2. Oktober 2008, S. 89 (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Dube)
27
In der Verbandsversammlung seien mehr als fünf Bewerber angehört worden. Am Ende sei
die Entscheidung in der Verbandsversammlung für den Zeugen Beckmann gefallen. Dieser
sei bei der Entscheidung nicht sein Favorit gewesen.108 Der Zeuge Leimbach verneinte
einen Einfluss auf die Besetzung des Geschäftsführers.109
Auf den Vorhalt aus einem Schreiben des Zeugen Beckmann vom 16. September 2008 an
den Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (Anlage 24)
„Ich habe weder eine Ausbildung in der Abfallwirtschaft genossen, noch habe ich vor
meiner Wahl entsprechende Kenntnisse praktisch erwerben können.“
erklärte der Zeuge Erben, der Zeuge Beckmann habe die formellen Voraussetzungen der
Ausschreibung erfüllt. In seiner Vorstellungsrede habe Beckmann sehr stark hinsichtlich
seiner abfallwirtschaftlichen Kompetenzen geworben. Er sei sich sehr sicher, dass der
Zeuge Beckmann sehr stark auf seine langjährige Mitgliedschaft in der
Verbandsversammlung des ZAW und in diversen Gesellschafterversammlungen von
Tochtergesellschaften des ZAW gebaut habe.110 Verwunderung über die ihm ebenfalls
vorgehaltene Passage des Schreibens brachte auch der Zeuge Reiche, zum Ausdruck.
Wer den Zeugen Beckmann kenne, der habe solche Worte wie „mangelndes
Selbstbewusstsein“ nicht erlebt. Der Zeuge Beckmann habe einerseits die Plattform
Abfallkolloquium genutzt, und andererseits bei dem, was er nicht gewusst habe, auch in
Gesellschafterversammlungen, sich des Sachverstandes Externer bedient. Unfähigkeiten
oder Unzulänglichkeiten des Zeugen Beckmann seien ihm nicht bekannt geworden.111 Im
Nachhinein habe er erfahren, dass nach dem 10. Juni 2008, nachdem der Zeuge
Beckmann auf Beschluss des Verwaltungsrates beurlaubt worden sei, Frau Bieber und
Herr Ellenberg im Tresor ein Schreiben des Landesverwaltungsamtes von der Zeugin
Abendroth gefunden haben, worin man sich bei dem Vorstand der Anstalt öffentlichen
Rechts über den Geschäftsführer der DEREC beschwert habe. Beides sei mit dem Zeugen
Beckmann die gleiche Person gewesen.112
Der Zeuge Reiche erklärte weiter, er habe zum Zeitpunkt der Besetzung der Position des
Geschäftsführers zu dem Zeugen Beckmann gestanden, weil er zu dem Zeitpunkt ein
hohes Maß an Vertrauen in diesen gehabt habe. Beckmann habe in seiner
kommunalpolitischen Tätigkeit einerseits bewiesen, dass er verlässlich sei, andererseits
habe er sich seit 1994 in der Verbandsversammlung ein Wissen erarbeitet, um diesen
Erfordernissen gerecht zu werden. Zudem sei er viele Jahre Kreistagsvorsitzender
gewesen. Von den letzten drei Kandidaten habe er, Reiche, persönlich das größte
Vertrauen in den Zeugen Beckmann gehabt. In der Abstimmung der
108
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 36 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Erben)
109
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 13 (Abgeordnete Rogée/ Leimbach)
110
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 45 ff. (Abgeordneter Rogée/ Erben)
111
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 60 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Reiche)
112
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 61 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Reiche), vgl. dazu auch Niederschrift über die 11. - öffentliche Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 17. April 2009, S. 49 f. (Abgeordnete Rogée/
Kürbs)
28
Verbandsversammlung habe nach seiner Erinnerung keiner der anderen Mitglieder gegen
den Zeugen Beckmann gestimmt.113
Zu seiner Tätigkeit führte der Zeuge Wolfgang Beckmann, ehemals Vorstand der
Abfallwirtschaft Sachsen-Anhalt Süd, öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger im
Burgenlandkreis, und Geschäftsführer in diversen Beteiligungsgesellschaften dieses
Unternehmens,114 aus, er sei als Geschäftsführer mehr in den administrativen Teil
eingebunden gewesen, das heiße in die Aufgaben der Führung und der Leitung des
Unternehmens. Insofern sei die Kontrolltätigkeit als solche auf der Deponie nicht sein
arbeitstägliches Geschäft gewesen.115 Welche konkreten Vorschriften es zur
Abfallannahme und was es für einzelne Arbeitsanweisungen gegeben habe und ob diese
schriftlich vorgelegen haben, entziehe sich seiner Kenntnis. 116
b.
Die Deponie und Recycling GmbH
Der Zeuge Rüdiger Kürbs, Geschäftsführer der Naumburger Bauunion,117 berichtete, die
Deponie sei ursprünglich durch die Firma Blank geführt worden. Nach deren Insolvenz
habe er im Jahre 2002 als Geschäftsführer der Naumburger Bauunion GmbH & Co KG vom
Insolvenzverwalter die gesamte Kiesgrube Freyburg gekauft und auch die Deponie und den
Deponievertrag übernommen. Bis Mitte 2005 habe man den Einbau auf der Deponie
vorgenommen.
Mitte des Jahres sei die Entscheidung zur Gründung der DEREC als 51-prozentige Tochter
des ZAW gefallen. Sie sei zum 1. Januar 2006 gegründet worden118. Hauptgrund für die
Gründung der DEREC sei gewesen, dass der Deponiebetrieb auf der Deponie Zeuchfeld
habe zu Ende gebracht werden müssen. Es habe damals einen größeren Katalog von
Gründen und Abwägungen gegeben, der in der Verbandsversammlung diskutiert worden
sei.119 Der Zeuge Erben erwähnte in diesem Zusammenhang den Konkurs einer Firma, der
die Waage und die Zufahrtsstraße gehört habe.120
Die Naumburger Bauunion sei Mitgesellschafterin der DEREC.121 Der Zeuge Kürbs sei in
der Gesellschaft Prokurist, nehme aber tatsächlich keine Aufgaben wahr. 122
113
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 59 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Reiche)
114
Vgl. Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2.
Oktober 2008, S. 57 (Beckmann)
115
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2. Okto
ber 2008, S. 58 (Beckmann)
116
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2. Okto
ber 2008, S. 59 (Abgeordnete Rogée/ Beckmann), S. 89 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Dube)
117
Vgl. Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
17. April 2009, S. 39 (Kürbs)
118
Vgl. auch Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 30. Oktober 2009, S. 42 (Abgeordnete Rogée/ Mock)
119
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 66 (Abgeordneter Kley/ Beckmann)
120
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
17. April 2009, S. 41 f. (Vorsitzende Hunger/ Kürbs)
121
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
17. April 2009, S. 39 (Vorsitzende Hunger/ Kürbs)
122
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
17. April 2009, S. 41 (Vorsitzende Hunger/ Kürbs)
29
Hinsichtlich der Position des Geschäftsführers erfolgte nach Aussage des Zeugen
Beckmann keine Ausschreibung.123 Es sei die Philosophie des Zweckverbandes gewesen,
dass derjenige, der Geschäftsführer des ZAW sei, auch der Geschäftsführer in den
Beteiligungsgesellschaften werde. Der Zeuge Kürbs erklärte, die Naumburger Bauunion
habe mit einem Gesellschaftsanteil von 49 % keinen Einfluss auf die Besetzung der
Position des Geschäftsführers gehabt.124
Zu der Frage, ob es in dem Geschäftsführungsvertrag vom 17. Januar 2006, den er mit
dem ZAW abgeschlossen habe, keine Informationspflicht seitens des ZAW ihm gegenüber,
gegenüber der DEREC oder gegenüber dem Geschäftsführer Herrn Hehr gegeben habe,
legte der Zeuge Kürbs dar, es habe sogar einen Geschäftsverteilungsplan gegeben. Dann
habe es zusätzlich einen Dienstleistungsvertrag gegeben, ein Organigramm, worin
festgelegt worden sei, wer auf der Deponie wofür verantwortlich sei. Das sei in das
Qualitätsmanagementsystem eingeflossen, welches zusammen mit den Bilanzen geprüft
worden sei. Die KPMG habe das geprüft und es sei als ordnungsgemäß festgestellt
worden. Er habe seinerseits keinen Anlass zu zweifeln gehabt.125
Der Zeuge Kürbs führte weiter aus, er sei im Jahr vier-, fünfmal draußen gewesen, aber
nicht auf der Deponie, sondern zu Beratungen. Dabei sei es etwa um den Ballenlagerplatz
und dessen Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)
gegangen. Im Übrigen habe er von Vorgängen oftmals keinerlei Kenntnis erlangt. Einerseits
sei das Problem gewesen, dass viele Schreiben an den ZAW und nicht an die DEREC
gerichtet gewesen seien.126 Andererseits habe sein Geschäftsführer Herr Hehr den
normalen Ablauf in der Kiesgrube betreut. Er lasse sich nur nach dem Jahresabschluss die
Bilanz vorlegen.127
Zum Auftrag der DEREC führte der Zeuge Beckmann aus, es sei Sinn eines jeden
Gewerbebetriebes, Gewinne zu erwirtschaften. Das sei bei allen Gesellschaften so, die der
ZAW betrieben habe, so auch bei der DEREC. Sie hätten, außer bei der
Abfallumladestation, keine hoheitlichen Aufgaben wahrzunehmen. Bei allem anderen seien
sie praktisch gewerblich tätig gewesen. Insofern sei das erklärtes Ziel gewesen, mit der
DEREC Gewinne zu erwirtschaften, die dann über die Ausschüttung einerseits und über
entsprechende Verträge an die Abfallwirtschaft und an den ZAW andererseits abgeführt
worden seien.128 Nach Aussage des Zeugen Mario Horn, Technischer Leiter in der
Abfallwirtschaft Sachsen-Anhalt Süd,129 sei es seine Aufgabe gewesen, genügend Abfälle
123
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 58 f. (Abgeordnete Rogée/ Beckmann)
124
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
17. April 2009, S. 49 (Abgeordneter Kley/ Kürbs)
125
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
17. April 2009, S. 50 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Kürbs)
126
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
17. April 2009, S. 49 f. (Abgeordnete Rogée/ Kürbs); vgl. auch Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des
Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 30. Oktober 2009, S. 61 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Reiche)
zum unübersichtlichen Firmengeflecht
127
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
17. April 2009, S. 44 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Kürbs)
128
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 78 f. (Abgeordnete Kley/ Beckmann)
129
Vgl. Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 30.
Oktober 2009, S. 66 ff. (Abgeordneter Lüderitz/ Reiche) zur Abmahnung und Kündigung
30
für Freyburg-Zeuchfeld zu akquirieren. Es sei aber nicht darum gegangen, die
Genehmigung so weit wie möglich auszureizen.130
Hinsichtlich der Gewinnerzielungsabsicht der DEREC bekundete der Zeuge Erben, es sei
bei verschiedenen Gesellschaften des ZAW unter anderem darum gegangen, dass Erträge
oder Gewinne letztlich zur Gebührenminderung verwendet wurden. Er könne nur sagen,
dass er keinen ausdrücklichen Auftrag erteilt habe, gewinnmaximierend in Zeuchfeld
irgendwelche Aktivitäten zu unternehmen.131
Hinsichtlich des im Deponiebetrieb angestellten Personals habe es nach Gründung der
DEREC keine Veränderungen gegeben. Das Personal sei nach 2005 in der DEREC
angestellt worden.132 Auf die Frage nach den neben dem Zeugen handelnden oder
verantwortlichen Personen führte der Zeuge Beckmann aus, es habe für die DEREC kein
eigenes Personal für den administrativen, den kaufmännischen Teil gegeben. Dies sei
vollständig über die Abfallwirtschaft beziehungsweise den ZAW erfolgt. Es habe Mitarbeiter
gegeben, die beauftragt gewesen seien, sich um den operativen Teil vor Ort zu kümmern.
Es habe bei der DEREC einen Betriebsleiter, einen Technischen Leiter und ein Sachgebiet
Stoffstrommanagement gegeben. Das seien ihm vorgeschaltete Mitarbeiter gewesen, die
auf der Arbeitsebene tätig gewesen seien.133
Auf die Frage zur Personalausstattung, die in den Kontrollberichten des
Landesverwaltungsamtes als mangelhaft bezeichnet worden sei, bekundete der Zeuge
Beckmann, es sei im Nachgang der Berichte im August 2007 versucht worden, das zu
optimieren und mit dem Personal einen Schichtbetrieb einzuführen.134
Zur Ausbildung der Mitarbeiter sagte der Zeuge Horn135, er sei Diplom- Agraringenieur für
Tierproduktion. Die Mitarbeiterin im Stoffstrommanagement, Frau Schulze, sei IngenieurÖkonom. Die Ausbildung der Deponieleute sei ihm im Einzelnen nicht bekannt. Er wisse,
dass die Kompaktorfahrer im Wesentlichen Kfz-Mechaniker oder Schlosser seien. Die
Ausbildung des Personals an der Waage sei ihm nicht bekannt.136
Hinsichtlich der Schulung des Deponiepersonals erklärte die Zeugin Barbara Wegener,
Sachgebietsleiterin für den Bereich Deponien im Landesverwaltungsamt,137 dass für die
Schulung seines Personals der Deponieleiter verantwortlich sei. Dies ergebe sich aus dem
130
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 67 (Abgeordneter Kley/ Horn)
131
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 37 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Erben)
132
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 59 (Beckmann); S. 89 f. (Dr. Dube);vgl. dazu auch Niederschrift über die 11. - öffentliche – Sit
zung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 17. April 2009, S. 53 f. (Kürbs)
133
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 70 f. (Abgeordnete Rogée/ Beckmann), vgl. auch Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung
des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 30. Oktober 2009, S. 43 (Abgeordnete Rogée/ Mock) zum
Personal der DEREC
134
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 79 f. (Vorsitzende Hunger/ Beckmann), vgl. auch S. 81 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Beckmann), S.
62 (Abgeordnete Rogée/ Horn)
135
Vgl. Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 30.
Oktober 2009, S. 66 ff. (Abgeordneter Lüderitz/ Reiche) zur Abmahnung und Kündigung
136
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 66 (Abgeordneter Miesterfeldt/ Horn)
137
Vgl. Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
Februar 2009, S. 6 (Wegener)
31
Abfallgesetz. Ihre Behörde hätte Nachweise gefordert, was aus den Akten ersichtlich sei.138
Hierzu führte der Zeuge Horn aus, nach der Deponieverordnung sei sowohl das
Deponiepersonal als auch das leitende Personal zweijährlich zu qualifizieren gewesen.
Diese Qualifizierung hätten sie für das Leitungspersonal auf alle Fälle durchgeführt. Beim
Deponiepersonal habe es ein kleines Problem gegeben, weil das Personal von der
Baufirma am Ort übernommen worden sei und der Kenntnisstand des Personals anfänglich
nicht den Erfordernissen entsprochen habe. Diese Schulung habe dann nachfolgend
stattgefunden. Die Schulungen hätten sie nicht selber durchgeführt, sondern sich an den
TÜV Rheinland oder an Fremdanbieter gewandt.139
Auf die Frage, wie oft Probleme und Unregelmäßigkeiten im Deponiebetrieb im
Verwaltungsrat in den Jahren 2005 bis 2008 besprochen worden seien, erklärte der Zeuge
Dr. Dube, sie hätten keinerlei Hinweise erhalten. Sie seien erst im März 2008 auf Probleme
hingewiesen worden.140 Der Verwaltungsrat habe sich nicht mit den operativen Dingen, wie
dem Einbau auf der Deponie, beschäftigt. Dies sei auch nicht die Aufgabe eines
Verwaltungsrates. Der Zeuge Beckmann habe den Verwaltungsrat über die Entwicklung
der Abfallmengen und die finanzielle Entwicklung in Kenntnis gesetzt. Für die operativen
Dinge sei Kontrollbehörde das Landesverwaltungsamt.141
Der Zeuge Beckmann gab an, Fotos aus den Jahren 2006 und 2007, die dargestellt hätten,
dass Dinge nicht in Ordnung seien, wären ihm nicht bekannt und seien im Verwaltungsrat
nicht erörtert worden.142
Auf die Frage, in welcher Höhe der ZAW Rückstellungen eingebracht habe, antwortete der
Zeuge Kürbs, die DEREC habe bei null angefangen. Auf Vorhalt, aus einem Papier des
ZAW ergebe sich, dass zum Zeitpunkt 31. Dezember 2005 Rückstellungen in Höhe von
17,2 Millionen Euro vorhanden sein mussten, sagte der Zeuge, die Rückstellungen seien
beim ZAW gebildet worden.143
Zum Thema Sicherheitsleistungen für das Abfallzwischenlager legte der Zeuge Beckmann
dar, dieses sei über die Konzernbürgschaften der Unternehmen abgesichert gewesen.
Dieses Vorgehen sei so mit dem Landesverwaltungsamt vorbesprochen worden. Die die
Abfälle anliefernden Unternehmen seien ja auch Eigentümer des dort zwischengelagerten
Abfalls geblieben.144
138
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 14 f. (Abgeordnete Rogée/ Wegener), vgl. auch S. 22 (Abgeordneter Graner/ Wegener); Nieder
schrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 17. April 2009,
S. 37 (Abgeordnete Rogée/ Helms); vgl. dazu auch Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni 2009, S. 14 f. (Abgeordnete Rogée/ Leimbach)
139
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 67 (Abgeordneter Kley/ Horn)
140
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 91 f. (Vorsitzende Hunger/ Dr. Dube)
141
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 93 (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Dube)
142
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 71 (Abgeordnete Rogée/ Beckmann)
143
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
17. April 2009, S. 51 (Abgeordneter Lüderitz/ Kürbs
144
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 79 (Abgeordneter Kley/ Beckmann)
32
Der Zeuge Helms sagte aus, zu den Themen Sicherheitsleistungen und Rückstellungen
hinsichtlich der Deponien Freyburg-Zeuchfeld und Nißma nicht beteiligt worden zu sein.145
3.
Abfälle einbringende Unternehmen
a.
LBR Logistik Beratung Rohstoffe GmbH und LBR EBS Ersatzbrennstoffe
GmbH
aa.
Unternehmensorganisation, handelnde Personen
Nach Darstellung des Zeugen Dieter Bufé, Geschäftsführer der Logistik Beratung Rohstoffe
GmbH (LBR),146 verarbeite sein Unternehmen hauptsächlich Gewerbeabfälle und jegliche
Art von Altreifen und Gummiabfällen147. Die LBR EBS Ersatzbrennstoffe GmbH (LBR EBS)
verarbeite hauptsächlich DSD-Fraktionen und produziere Kunststoffe zur werkstofflichen
Verwertung sowie Ersatzbrennstoffe.148
Der Zeuge Bufé legte dar, er habe die LBR am 1. April 1995 als Alleingesellschafter und
ausschließlich als Makler gegründet. Im Jahr 2000 habe er sich entschieden, eine
Behandlungsanlage von Abfällen - Reifen etc. - in Braunsbedra zu bauen. Bereits Ende
2004 hätten sie mit den ersten Vorplanungen begonnen, und es sei eine Strategie
entwickelt worden, eine Anlage entsprechend den Vorgaben der TASi aufzubauen, um
dann ab dem 1. Juni 2005 eine erste Behandlungsanlage in Betrieb nehmen zu können, die
nach der 4. BImSchV genehmigt wurde. Kernpunkt der von ihm aufgebauten Anlage sei
sein konsequent betriebenes Boxensystem mit einer Schredderanlage und der Siebanlage
sowie weiterer unterstützender Anlagen, also eine Anlagenkonfiguration zur mechanischen
Aufbereitung mittels Trenn- und Siebprozessen zur Behandlung der Abfallströme. Er, Bufé,
habe darüber hinaus seinen Betrieb räumlich erweitert und auf dem Nachbargrundstück
eine weitere Schredderanlage zur Behandlung der Altabfälle aufgebaut.
Um eine konstante Qualität an Ersatzbrennstoffen für die Zementindustrie und andere
Abnehmer produzieren zu können149, hätten sie die LBR EBS gegründet und eine spezielle
Aufbereitungsanlage am 3. September 2007 in Betrieb genommen. Von April 2000 bis
Ende 2009 hätten sie mit Hilfe von Banken und des Landes Sachsen-Anhalt, das sie mit
Fördermitteln und Investitionszulagen unterstützt hätte, ca. 25 Millionen Euro in diesen
Standort investiert. Sie hätten in 2007 und 2008 bis zu 85 Mitarbeiter beschäftigt und in den
145
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
17. April 2009, S. 29 (Abgeordneter Lüderitz/ Helms)
146
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 41 (Bufé)
147
Vgl. dazu auch Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 12. März 2010, S. 7 (Vorsitzende Hunger/ Hunger)
148
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 42 f. (Bufé); vgl. auch Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 12. März 2010, S. 9 (Abgeordneter Lüderitz/ Hunger), S. 38, 40 (Abgeordneter Lüde
ritz/ Deppenmeier)
149
Vgl. auch Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 12. März 2010, S. 21 (Abgeordneter Graner/ Hunger) zu der Frage, was vertrieben worden sei
33
letzten Jahren Körperschafts- und Gewerbesteuer in Höhe von 1,6 Millionen Euro bezahlt.
Am 27. Januar 2010 hätten sie Insolvenz angemeldet.150
Der Zeuge Raik Hunger, seit 1. Januar 2010 Leiter Vertrieb bei der Westsächsischen
Entsorgungs- und Verwertungsgesellschaft,151 legte dar, er sei von November 2004 bis 31.
Dezember 2009 bei der LBR beschäftigt gewesen. Dort sei er auch für den Vertrieb, für den
Input und Output verantwortlich gewesen.152 Seit 2006 sei seine Aufgabe die Entwicklung
des Geschäftsbereiches Ersatzbrennstoffe gewesen. Ab November 2007, als die Anlage
gelaufen sei, sei er im technologischen Ablauf der EBS-Anlage und weniger in der Akquise
und im Vertrieb der Ersatzbrennstoffe bzw. Reststoffe tätig gewesen. Die Akquise habe
nicht nur in seiner Verantwortung gestanden. Es habe zwar an seinem Büro „Leiter“ oder
„Vertriebsleiter“ gestanden, aber letztlich sei es immer eine Zusammenarbeit zwischen dem
Zeugen Bufé, dem Zeugen Deppenmeier, zeitweilig dem Herrn Wohlfahrt und ihm
gewesen.153 Kenntnisse im Fachbereich Abfallwirtschaft habe er sich angeeignet, so der
Zeuge Hunger weiter, indem er Lehrgänge zum Entsorgungsfachbetrieb besucht und in
regelmäßigen Abständen eine Auffrischung durchgeführt habe. Nach der
Entsorgungsfachbetriebeverordnung (EfbV) habe er an Schulungen beim TÜV
teilgenommen. Ansonsten habe er sich Kenntnisse im Selbststudium angeeignet.154
Der Zeuge Udo Deppenmeier erläuterte, er sei seit 1. November 2009 Geschäftsführer der
LBR EBS. Er sei von Mai 2005 bis zum 1. Januar 2008 bei seiner eigenen Firma
beschäftigt gewesen und habe seit Mai 2005 die EDV-Anlage und die elektrischen Anlagen
für die LBR mit aufgebaut und installiert155. Er sei lange Zeit in dem Unternehmen als
Selbstständiger tätig gewesen und habe für seine Dienstleistungen in der LBR eine
monatliche Rechnung geschrieben. Seit dem 1. Januar 2008 sei er bei der LBR im Bereich
Logistik tätig gewesen, d. h. er habe Spediteure beauftragt, Ladungen zu fahren,
Reparaturen und Wartungen von Maschinen in Auftrag gegeben und dies alles kontrolliert
und beaufsichtigt. Daneben sei er auch für das Personal zuständig gewesen und dafür, was
mit dem Personalwesen zusammenhänge156. Er sei weder in irgendeiner Weise mit
Vertrieb oder Akquise beauftragt gewesen, noch habe er Geschäftsführungstätigkeiten
nach innen oder nach außen ausgeübt.157
Auf die Frage, weshalb er bereits im Jahr 2006 einen Kurs des TÜV zum Abfallrecht
besucht habe, erklärte der Zeuge Deppenmeier, er habe gern wissen wollen, wie das
Ganze zusammenhänge. Unter diesen einzelnen verschiedenen Abfallschlüsselnummern
gebe es verschiedene Sparten, die direkt in der EDV, in der Software, hinterlegt seien.
Wenn man von der Materie keine Ahnung habe, könne das nicht richtig verknüpft werden.
150
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 46 f. (Bufé)
151
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 12.
März 2010, S. 7 (Vorsitzende Hunger/ Hunger), S. 7 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Hunger)
152
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 12.
März 2010, S. 7 f. (Vorsitzende Hunger/ Hunger)
153
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 12.
März 2010, S. 9 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Hunger), vgl. S. 27 f. (Deppenmeier)
154
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 12.
März 2010, S. 8 (Abgeordneter Lüderitz/ Hunger), vgl. auch S. 11 (Abgeordneter Lüderitz/ Hunger)
155
Vgl. auch Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 12. März 2010, S. 49 f. (Abgeordneter Bergmann/ Deppenmeier)
156
Vgl. Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 12.
März 2010, S. 49 f. (Abgeordneter Bergmann/ Deppenmeier)
157
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
12. März 2010, S. 27 f. (Vorsitzende Hunger/ Deppenmeier), anders S. 9 (Hunger)
34
Sein Unternehmen, die Top-Fernseh-Dienst und Handels GmbH sei von der LBR
beauftragt worden, bei der LBR die EDV aufzubauen. Er habe vorgeschlagen, den Kurs zu
machen, um dieses besser verknüpfen zu können. Daraufhin habe die LBR den Kurs
bezahlt.158 Er habe die Lehrgänge besucht, die die Abfallbranche vorschreibt und vom TÜV
angeboten werden und alle zwei Jahre erneuert werden müssen, zuletzt sei er 2008 in
Erfurt gewesen.159
Der Zeuge Deppenmeier erklärte weiter, er habe sich nur so peu à peu in die Arbeit
begeben, die er dann ab 1. Januar 2008 aufgenommen habe. Das heiße, es könne
durchaus sein, dass er 2007 schon einmal irgendwelche Fahrzeuge disponiert habe. 160 Es
könne ebenfalls sein, dass er die untere Abfallbehörde bereits im Jahre 2007 bei den
verschiedensten Kontrollen begleitet habe. Seine Aufgaben seien dabei gewesen,
gemeinsam mit dem Abfallbeauftragten der LBR zu schauen, was die Abfallbehörde
unternommen und wie sie kontrolliert habe.161 Auf Vorhalt, es lege ein
Überwachungsprotokoll der Kreisverwaltung Merseburg-Querfurt von November 2006 vor,
worin er, Deppenmeier, als Betriebsleiter der LBR bezeichnet worden sei, äußerte der
Zeuge, das wolle er nicht abstreiten.162 Auf die Fragen über die Preisfindung für das Inputund Outputmaterial, was das bevorzugte Outputmaterial des Unternehmens sei, ob es
hauptsächlich aus Ersatzbrennstoff bestehe oder ob die mineralische Fraktion bevorzugt
werde und ob er damit etwas zu tun habe, erklärte der Zeuge, er habe lediglich die
Kalkulation für die Frachten gemacht.163 Befragt nach dem Grund, sich ab 1. Januar 2008
fest anstellen zu lassen, hat der Zeuge Deppenmeier geantwortet, er habe Spaß daran
gehabt.164
bb.
Unternehmenstätigkeit
Der Zeuge Bufé führte aus, er habe das Gelände nebst Gleisanlagen erworben, saniert und
durch den Bau eines Railports erweitert. Dies sei auch ein konkreter Beitrag, die
angefallenen Mengenströme von den Lkw, also von der Straße, auf die Bahn zu verlagern.
Damit sei er in der Lage gewesen, die Produktionsabläufe in seinen beiden Betrieben zu
verbessern und zu stabilisieren.165 Der Zeuge Hunger erklärte dazu, die Bahnverladung sei
ein Teil des von ihnen entwickelten Logistikkonzeptes gewesen, um Abfälle kostengünstig
158
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
12. März 2010, S. 34 f. (Abgeordneter Graner/ Deppenmeier)
159
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
12. März 2010, S. 29 f. (Vorsitzende Hunger/ Deppenmeier)
160
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
12. März 2010, S. 27 f. (Vorsitzende Hunger/ Deppenmeier), S. 28 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Deppenmeier), vgl. auch
S. 30 (Abgeordneter Kley/ Deppenmeier)
161
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
12. März 2010, S. 29 (Abgeordneter Lüderitz/ Deppenmeier)
162
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
12. März 2010, S. 30 (Abgeordneter Kley/ Deppenmeier)
163
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 12.
März 2010, S. 33 (Abgeordneter Kley/ Deppenmeier)
164
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 12.
März 2010, S. 47 (Abgeordnete Rogée/ Deppenmeier)
165
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 42 f. (Bufé)
35
über weite Strecken transportieren zu können und anderen Unternehmen die Möglichkeit
zu bieten, sie als Umschlagstation zu nutzen.166
Mit ca. 4,5 km eigenem Gleisnetz und einer eigenen Diesellok, so der Zeuge Bufé, seien
sie in der Lage, zwei Ganzzüge, das heiße, zwei Züge mit jeweils 36 Waggons mit einer
Zuladung von 800 bis 1 200 t pro Zug auf einmal zu be- bzw. zu entladen oder auf ihrer
Gleisharfe mehrere Ganzzüge gleichzeitig zu parken. Ihr Maschinenpark erlaube es,
Schüttgut, Container oder ganze Trailer von Lkw zu bewegen, sodass sie auf die
Bedürfnisse des Marktes sehr konkret reagieren könnten. Durch ihre selbst konstruierte
Verladerampe seien sie in der Lage, Waggons in Minutenschnelle zu beladen.167
Auf die Fragen nach den drei Betriebsbereichen Bahnverladung LBR, Logistik und LBR
EBS sowie zu den Beziehungen in den Abläufen der Sortierung und der Verladung
innerhalb der drei Betriebsbereiche antwortete der Zeuge Hunger, die Logistik sei ein
großer Teilbereich gewesen, für den der Zeuge Deppenmeier zuständig gewesen sei168. Er
habe darauf keinen Einfluss gehabt. Die LBR EBS habe die Brennstoffe produziert und in
der LBR seien Reifen behandelt worden. Die Behandlung der Reifen habe auf dem
Altreifenplatz stattgefunden, in der neuen Anlage hätten die Altreifen geschreddert werden
können. Das sei natürlich nicht an dem Platz gewesen, der ursprünglich genehmigt
gewesen sei. Mit einer weiteren Genehmigung habe die Möglichkeit bestanden, andere
Abfälle zu behandeln. So habe man für die LBR die Möglichkeit gehabt, mit der neuen
Schredderanlage Abfälle zu behandeln, zu sieben, zu schreddern und Metall
abzuscheiden.169
Auf die Frage nach dem Zusammenwirken der LBR und der LBR EBS auf dem Gelände in
Braunsbedra, insbesondere in Bezug auf die Waage und die Gleiswaage, bekundete der
Zeuge Deppenmeier die LBR EBS verfüge über eine eigene Waage. Die Waage sei aber
zurzeit nicht in Betrieb. Alle vier Waagen seien miteinander vernetzt. Jede Waage könne für
jedes einzelne Unternehmen eine Wiegung durchführen. Wenn ein Fahrzeug für die LBR
EBS gewogen werde, werde ein Wiegeschein speziell für die LBR EBS gedruckt. Werde
ein Fahrzeug für die LBR gewogen, werde ein Wiegeschein mit Kopf „LBR Logistik“
erstellt.170
Zu der Frage, wohin sie ihren Abfall geliefert hätten, führte der Zeuge Hunger aus, ihr Ziel
sei es gewesen, mit den Zementwerken und mit EBS-Kraftwerken zu arbeiten. Die in
unmittelbarer Nähe befindlichen Müllverbrennungsanlagen hätten sehr hohe Preise gehabt.
Die Absiebung sei zum ZAW oder zu Deponien wie Nißma oder Zeuchfeld geliefert worden.
Sie hätten versucht, den Transportanteil so gering wie möglich zu halten und nach
Lösungen in der Nähe gesucht.171 Auf den Vorhalt, er habe erklärt, dass er nicht genau
wisse, wie die Anlage in Rietzel funktioniere, er habe aber als Abfallerzeuger die Pflicht, auf
166
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 12.
März 2010, S. 6 (Vorsitzende Hunger/ Hunger)
167
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 42 f. (Bufé)
168
Vgl. auch Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 12. März 2010, S. 28 (Vorsitzende Hunger/ Deppenmeier)
169
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
12. März 2010, S. 9 (Abgeordneter Lüderitz/ Hunger)
170
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
12. März 2010, S. 36 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Deppenmeier), vgl. auch S. 23 (Abgeordneter Lüderitz/ Hunger)
171
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
12. März 2010, S. 18 (Abgeordneter Kley/ Hunger)
36
die ordnungsgemäße Entsorgung zu achten, hat der Zeuge Hunger geäußert, er habe die
Anlage ansatzweise gesehen, dass sie geschreddert, gesiebt und gesichtet haben und
habe gewusst, dass es eine Riesentongrube sei. Er habe sich damals nicht das Recht
herausgenommen, bei denen durchzugehen, und alles genau anzusehen.172 Von Rietzel
habe er nur eine Anlagengenehmigung vorliegen gehabt. Aber der Kontakt sei von dem
Zeugen Bufé betreut worden.173
Zu den Mengenströmen, strukturiert nach Abfallschlüsseln erklärte der Zeuge Bufé, keine
Angaben machen zu können, da die Unterlagen bei der Staatsanwaltschaft lägen.174 Der
Zeuge Hunger äußerte, er könne nicht hundertprozentig sagen, ob irgendwelche
Lieferströme zu verzeichnen gewesen seien. Er könne ebenso wenig bestätigen, dass im
Jahre 2007 in der LBR EBS 34 000 t des Materials 19 12 09 angenommen worden seien.175
Der Bemerkung des Abgeordneten Kley, offensichtlich sei die Erzeugung des Materials
19 12 09 der Hauptgeschäftszweig der LBR EBS, stimmte der Zeuge Bufé zu. Die DSDAbfälle hätten sie ziemlich neu, seit 2007/ 2008, so der Zeuge Bufé. Wenn das Material so
beschaffen sei, könnten sie es auch nicht verändern. Sie hätten es dann nur entsprechend
bearbeitet und getrennt. Deshalb habe er darum gebeten, etwas über seine Firma zu
erzählen, über Siebtechnik, Trenntechnik und Schreddern. Das sei eben ihre Bearbeitung.
Es gäbe Material, aus dem viel Ersatzbrennstoff und Material, aus dem weniger
Ersatzbrennstoff herauszuholen sei. Das läge an dem Material, an den verschiedenen
Fraktionen.176 Die Zeugen Bufé177 und Hunger178 erklärten, sie hätten gezielt Materialien
eingekauft, um Ersatzbrennstoff herzustellen.
Auf die Frage, ob es in seinem Unternehmen ein Qualitätsmanagementsystem oder
Qualitätssicherungssystem gebe, erklärte der Zeuge Bufé, sie hätten eine
Abfallbeauftragte. Diese sei jedoch nicht für die Frage des Produktionsprozesses
zuständig. Sie seien eine so kleine Firma, dass sie auch keine Handbücher dafür hätten.
Sie würden das aus der Lamäng machen. Die Bemerkung des Abgeordneten Kley, dann
sei also der Geschäftsführer dafür verantwortlich, bejahte der Zeuge.179
cc.
172
Die Durchführung von Eigenkontrollen
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
12. März 2010, S. 19 f. (Abgeordneter Kley/ Hunger)
173
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
12. März 2010, S. 22 (Abgeordneter Graner/ Hunger)
174
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 46 f. (Bufé), S. 60 (Abgeordneten Kley/ Bufé)
175
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
12. März 2010, S. 10 ff. (Abgeordneter Lüderitz/ Hunger)
176
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 53 (Abgeordneter Kley/ Bufé); vgl. auch Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 12. März 2010, S. 24 (Abgeordneter Kley/ Hunger)
177
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 59 (Abgeordneter Kley/ Bufé)
178
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
12. März 2010, S. 17 (Abgeordneter Kley/ Hunger)
179
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 55 f. (Abgeordneter Kley/ Bufé)
37
Zu der Frage, wie Eigenkontrollen durchgeführt worden seien, wer beprobt habe und wer
dann die Abfallschlüsselnummer vergeben habe, gab der Zeuge Hunger an, es sei
angewiesen worden, in einer Box X für eine Laboranalyse Proben zu nehmen. Entweder
hätten sie die Labore zu sich geholt und diese hätten dann Probennahmen durchgeführt
und analysiert, oder sie hätten die Proben genommen, in Absprache mit dem Labor
Mischproben hergestellt und diese ins Labor geschickt.180 Folgende Labore seien für sie
tätig gewesen: die damals in Naumburg ansässige Lucon, ein Labor aus Magdeburg, aus
Baden-Württemberg, das damals in der Nähe des Standortes der ursprünglichen LBR
angesiedelt gewesen sei.181 Die Analyseergebnisse seien dahingehend ausgewertet
worden, ob sie für den Einsatzzweck verwendbar seien. Dann sei das Material abgesteuert
worden. Metalle seien ja klar, so der Zeuge Hunger, alles, was gebrannt habe, auch. Das
Absieb sei als 19 12 09 angesehen worden. In der Anlage hätten sie in erster Linie auf
Sicht kontrolliert.182
Zur Vornahme von Eigenkontrollen äußerte der Zeuge Deppenmeier, das Material sei
darauf hin angeschaut worden, ob die Abfallschlüsselnummer und die Bezeichnung korrekt
seien. Spätestens wenn das Fahrzeug abgeladen wurde, hätten sie gesehen, um was für
ein Material es sich handle. Wenn es nicht das richtige gewesen sei, sei es aufgeladen und
wieder weggefahren oder zurückgewiesen oder nicht angenommen worden. Wie oft dies
vorgekommen sei, könne er nicht sagen.183
Grundsätzlich, so der Zeuge Bufé, sei jeder neue Kunde von ihm augenscheinlich
kontrolliert worden. Dann hätten sie selbstverständlich über die Analysen der Kunden bzw.
durch Eigenanalysen überprüft, dass der TOC-Wert der gelieferten Stoffe dem 19 12 09
entsprochen habe und deswegen ablagerungsfähig gewesen sei.184
Der Abgeordnete Kley hielt dem Zeugen Bufé vor, er habe die Transportscheine eines
einzelnen Lkw nachverfolgt und dabei sei auffällig gewesen, dass das Annahmegewicht bei
einem einzelnen Lkw, der eigentlich 27 t habe aufnehmen können, zwischenzeitlich bis auf
20 t oder 18 t abgesunken sei. Er ginge davon aus, dass die Lkw voll gewesen seien und
offensichtlich eine Dichte im Material erreicht worden sei, die weit von mineralischen
Abfällen entfernt sei. Der Zeuge vermutete, es könne daran liegen, dass der Lkw entweder
nicht ganz voll oder schlecht beladen gewesen sei, was wiederum auf die Fähigkeit des
Beladers zurückgeführt werden könne. Der Abgeordnete Kley erwiderte, es habe sich bei
dem Transportgut um Schüttgut gehandelt und deshalb könne es hier nur einen
Qualitätsunterschied im Material geben. Auf die Frage, wie der Zeuge sicherstelle, dass
19 12 09 noch Mineralik enthalte und nicht nur aus Schredderabfällen bestehe, sagte der
Zeuge Bufé, dies sei durch Analysen und die Einschätzung der Menschen geschehen, die
mit dem Material arbeiten.185
180
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
12. März 2010, S. 13 (Vorsitzende Hunger/ Hunger)
181
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
12. März 2010, S. 24 (Vorsitzende Hunger/ Hunger)
182
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
12. März 2010, S. 11 ff. (Abgeordneter Lüderitz/ Hunger), vgl. auch S. 16 (Abgeordnete Brakebusch/ Abgeordneter
Lüderitz)
183
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
12. März 2010, S. 37 (Abgeordneter Lüderitz/ Deppenmeier)
184
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 58 (Abgeordneter Graner/ Bufé)
185
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 54 (Abgeordneter Kley/ Bufé)
38
Auf die Frage, welche Ursache es habe, dass sie Unterschiede von 50 % in der Beladung
der Fahrzeuge gehabt hätten, antwortete der Zeuge Deppenmeier, dass er es nicht wisse.
Er sei nicht für die Verladung zuständig gewesen, sondern habe lediglich Fahrzeuge für die
Verladung besorgt.186
b.
CORTEC GmbH
Der Zeuge Gregor Schnur, Geschäftsführer der CORTEC GmbH,187 sagte aus, sein
Unternehmen sei als Entsorgungsfachbetrieb zertifiziert.188 Es habe eine
Abfallsortieranlage und seit Ende 2005 eine EBS-Anlage zugeschaltet. Sie betreibe an dem
Standort eine Bauschuttaufbereitungsanlage und einen Containerdienst.189 Das Material
würden sie aus allen Bundesländern bekommen.190 Die genehmigte Menge, die in der
Abfallsortieranlage pro Jahr verarbeitet werde, betrage 130 000 t, die tatsächlich
verarbeitete Menge schwanke zwischen 90 000 und 120 000 t. Dabei würden nach der
Sortierung hauptsächlich folgende Abfallarten anfallen: 17 09 04, gemischte Bau- und
Abbruchabfälle, 19 12 12191 aus Vorbehandlungsanlagen. Da sie eine Sortieranlage seien,
gehe ihr Input-Material durch ihre komplette Sortierschiene. Sie zögen die Wertstoffe
heraus und der Rest gelange zum Beispiel in Müllverbrennungs-192 oder
Verwertungsanlagen. In den letzten Jahren seien pro Jahr zwischen 70 000 und 90 000 t in
die Deponie Zeuchfeld gegangen; dabei handele es sich im Wesentlichen um das Material
19 12 09, zumindest nach der Deklaration. Zwischen 3 000 und 5 000 t des Abfallstoffes
hätten sie alle zwei bis drei Monate durch das Analytiklabor Pfeiffer oder das Labor von
Professor Siegel für ihre Unterlagen analysieren lassen. Die Analytik sei passend gewesen,
so der Zeuge Schnur.193
c.
SVG Recycling und BMG Recycling
Der Zeuge Andreas Böhme, Geschäftsführer der Unternehmen SVG Recycling und BMG
Recycling mit Sitz in Naundorf,194 erklärte, die BMG Recycling gebe es seit 1995, die SVG
186
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
12. März 2010, S. 31 ff. (Abgeordneter Kley/ Deppenmeier)
187
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 91 (Schnur)
188
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 94 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Schnur)
189
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 91 f. (Schnur)
190
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 92 (Vorsitzende Hunger/ Schnur), vgl. auch S. 96 (Abgeordneter Lüderitz/ Schnur)
191
Vgl. dazu auch Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschus
ses am 5. Dezember 2008, S. 99 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Schnur)
192
Vgl. dazu auch Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschus
ses am 5. Dezember 2008, S. 97 (Abgeordneter Lüderitz/ Schnur), S. 97 (Abgeordneter Miesterfeldt/ Schnur) zum
Anteil des Materials, das in Verbrennungsanlagen geht
193
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 92 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Schnur)
194
Vgl. Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 55 (Böhme)
39
Recycling seit 1998.195 Zwischen den Unternehmen bestehe seit 1999 eine normale
Geschäftsbeziehung. Bis zum Inkrafttreten der TASi sei die Deponie Zeuchfeld ihre
andienungspflichtige Deponie gewesen. Sie hätten alle Sortierreste, welche bei ihnen
produziert wurden, dorthin liefern müssen. Zur Deponie hätten sie Sortierreste, resultierend
aus Gewerbeabfall und Baustellenmischabfall gebracht. Das seien insgesamt 50 000 bis
70 000 t pro Jahr gewesen.196
Der Zeuge führte weiter aus, Sortierreste hätten sie von 1999 bis Mai 2005 regulär zur
Deponie Zeuchfeld bringen dürfen. Nach 2005 hätten sie Bauschutt und mineralische
Fraktionen aus der Sortierung gebracht, Erden, Aushübe und auch das Material 19 12 09.
Er habe durchgängig angeliefert, so, wie die Abfälle angefallen seien. Auf die Frage, es
seien einige größere Phasen aus den Transportscheinen bekannt, wo nur 17 01 07
angeliefert wurde, also kein 19 12 09, führte der Zeuge Böhme aus, dass sie grundsätzlich
auch andere Stoffe geliefert hätten, zum Beispiel Bauschutt und Bodenaushübe. Vom
1. Juni 2005 bis Sommer des Jahres 2008 haben sie mehrere Fraktionen geliefert, und
zwar die sogenannten Absiebungen, die Erstabsiebungen, dann Boden und Steine
generell, Bauschutt, also alles, was nach Deponieklasse I(DK I) genehmigungsmäßig
erlaubt gewesen sei.197
Auf die Frage, weshalb er gerade nach Freyburg-Zeuchfeld geliefert habe, erklärte der
Zeuge Böhme, sie hätten alles, was dort genehmigt gewesen sei, exakt dort hingeliefert,
und all das, was die DK II betroffen habe, zu anderen Deponien geliefert. Auf den Vorhalt,
wie es dann sein könne, dass sie 19 12 09 über einen längeren Zeitraum nicht nach
Freyburg-Zeuchfeld geliefert hätten, obwohl es in der Sortieranlage doch regelmäßig
angefallen sei, erwiderte der Zeuge, dass es darauf ankomme, was man im Input habe.
Was sie produzieren konnten für die Deponie, das haben sie auch dorthin geliefert, wenn
sie kein Produkt gehabt hätten, hätten sie nicht liefern können.198
Von der Westsächsischen Entsorgungs- und Verwertungs- GmbH (WEV) Cröbern, so der
Zeuge Böhme, hätten sie ein vor- oder erstaufbereitetes vorbehandeltes199 Produkt
übernommen, welches noch in seinem Urzustand gewesen sei. Es sei nur vorzerkleinert,
aber nicht abgesiebt gewesen. Sie hätten das nachbereitet und die mineralische Fraktion
und auch die Inertfraktion entzogen. Die mineralische Fraktion, sofern sie nach der Analytik
ablagerungsfähig gewesen sei, hätten sie nach Zeuchfeld gebracht und die Inertfraktion sei
in die mechanisch-biologische Anlage zur WEV nach Cröbern gegangen. 106 000 t sei der
Gesamtinput gewesen. Daraus resultierte dann die mineralische Fraktion von
29 803,82 t.200 Diese seien ablagerungsfähig nach DK I gewesen und seien nach der
Beprobung dann nach Zeuchfeld gegangen. Der Abgeordnete Lüderitz erwiderte, nach der
ihm vorliegenden Beantwortung einer mündlichen Anfrage durch die Ministerin seien es
29 400 t Schlüssel 19 12 12, energetische Verwertung, 28 600 t Abfälle 19 12 09, Deponie
195
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 56 (Vorsitzende Hunger/ Böhme)
196
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 56 (Vorsitzende Hunger/ Böhme)
197
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 57 f. (Abgeordneter Kley/ Böhme)
198
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 58 f. (Abgeordneter Kley/ Böhme)
199
Vgl. hierzu Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 13. Februar 2009, S. 60 f. (Abgeordneter Kley/ Böhme)
200
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 60 (Vorsitzende Hunger/ Böhme)
40
Freyburg-Zeuchfeld,
28 700 t
Abfälle
Schlüssel
Entsorgungsgesellschaft, zurück nach Cröbern.201
201
19 12 09,
Westsächsische
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 60 (Abgeordneter Lüderitz/ Böhme)
41
d.
Die Westsächsische Entsorgungs- und Verwertungs- GmbH
Der Zeuge Günter Lohmann, Geschäftsführer der Westsächsischen Entsorgungs- und
Verwertungs- GmbH bis zum 31. Januar 2009202, stellte die WEV wie folgt vor:
Die WEV sei ein relativ großes Entsorgungsunternehmen mit Sitz in Cröbern, ungefähr
20 km südlich von Leipzig. Das Unternehmen habe ungefähr 130 Beschäftigte und betreibe
eine relativ große Deponie mit einem Verfüllungsvolumen von 10,5 Millionen t. Die Deponie
sei berechtigt, Abfälle der DK II und III abzulagern. Die WEV betreibe Deutschlands größte
mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlage mit einer Verwertungskapazität von
300 000 t pro Jahr.
Die Gesellschafter der WEV seien einerseits der Zweckverband Abfallwirtschaft
Westsachsen zu 51 %. Der Zweckverband setze sich aus der Stadt Leipzig und dem
Landkreis Sachsen zusammen. Andererseits habe die WEV als Minderheitsgesellschafter
zu 49 % die SITA Deutschland GmbH. Das sei ein 100-prozentiges Unternehmen der
SUEZ mit Sitz in Paris. Die SITA Deutschland GmbH agiere im mitteldeutschen Raum
ebenfalls, insbesondere in den Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.203
4.
Die Überwachung durch den Betreiber
a.
Die Durchführung der Überwachung
Nach der AbfAblV sei der Betreiber verpflichtet, einmal jährlich den Kunden zu
kontrollieren. Hausintern, so der Zeuge Horn, sei aber abgestimmt worden, eine häufigere
Beprobung der Kunden vorzunehmen. Die Federführung für die Durchführung der
Beprobungen, die Auswahl der Kunden, die Sichtung der Analysen und deren Auswertung
liege im Sachgebiet Stoffstrommanagement204, das er leite.205
Der Zeuge Horn führte weiter aus, vor der Vergabe des Auftrags für die Beprobung vor Ort
habe es eine Angebotsabfrage zwischen regionalen Anbietern gegeben. Nach
Angebotsauswertung habe das wirtschaftlichste Unternehmen den Zuschlag erhalten. In
den ersten Jahren sei es die Firma Lucon aus Naumburg und dann der Rechtsnachfolger
von Lucon aus Jena gewesen. Seit Anfang 2007 sei das Labor Pfeiffer aus Naumburg mit
diesen Untersuchungen beauftragt gewesen. Der Laborwechsel sei ausschließlich
fiskalischen Gesichtspunkten geschuldet gewesen.206
202
Vgl. Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 69 (Lohmann)
203
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 69 f. (Vorsitzende Hunger/ Lohmann)
204
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 57 (Abgeordneter Lüderitz/ Horn)
205
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 60 (Vorsitzende Hunger/ Horn)
206
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 57, 69 (Abgeordneter Lüderitz/ Horn)
42
Auf Vorhalt eines Absatzes aus dem Antwortschreiben an Herrn Hoffmann im
Zusammenhang mit der ZDF-Reportage (in der Akte Anlagenüberwachung 08 auf S. 29.):
„Wir schließen nicht generell aus, dass im Einzelfall ohne unsere Kenntnis auch
Abfall auf der Deponie Freyburg-Zeuchfeld abgelagert worden sein könnte, der den
Grenzwerten der Abfallablagerungsverordnung für Deponien der Klasse I nicht in
allen Parametern entsprochen hat. Diese Vorgänge sind trotz einer regelmäßigen
visuellen Begutachtung der Deponie durch unser Haus und trotz umfangreicher
labortechnischer Abfallanalysen nicht mit Gewissheit auszuschließen, da die
angelieferten
Abfälle
vom
Deponiebetreiber zwar
ausnahmslos
einer
augenscheinlichen Prüfung unterzogen werden, eine labortechnische Untersuchung
aller angelieferten Abfälle aber praktisch unmöglich ist.“
äußerte der Zeuge Beckmann, er würde jetzt vielleicht nicht mehr hinter jedem Wort stehen
wollen. Sie hätten ausnahmslos das getan, was die AbfAblV vorschreibt, sie hätten die
Sichtkontrolle durchgeführt.207
Auf Vorhalt einer innerdienstlichen Mitteilung des Burgenlandkreises (Akte
Burgenlandkreis, Deponie Freyburg-Zeuchfeld II, Blatt 43 bis 45), worin es um die Prüfung
der von der ZAW vorgelegten Deklarationsanalysen gehe und der Bearbeiter deutliche
Kritik an der Probenahme geäußert habe:
„Nach unserer Auffassung besteht Klärungsbedarf, wie die ZAW die Vorgaben der
Abfallablagerungsverordnung erfüllt. Sie sollte sich zur Probennahme und
Untersuchung unbedingt eines unabhängigen und zugelassenen Labors bedienen.“,
hat der Zeuge Beckmann bekundet, diese sei ihm nicht bekannt. Sie hätten ausschließlich
zur Durchführung von Kontrollanalysen jeweils akkreditierte Büros genommen, die selbst
auch die Proben genommen haben, und er gehe davon aus, dass diese das ordentlich
gemacht haben.208
b.
Die Verhängung von Annahmestopps
Der Zeuge Beckmann sagte aus, dass sie Kunden bei Auffälligkeiten auch von der
Anlieferung ausgeschlossen hätten. Es hätte sechs bis acht Kunden gegeben, bei denen es
zweimal aufgetreten sei. Beim zweiten Mal habe es hausintern die Festlegung gegeben,
dass der Kunde nicht mehr anliefern dürfe und dauerhaft ausgeschlossen werde.209
Zu der Verhängung von Annahmestopps bekundete der Zeuge Horn, dass dieser
unbefristet schriftlich ausgesprochen worden sei. Das Unternehmen werde im
elektronischen System als gesperrt hinterlegt, sodass auch das Personal an der Waage in
207
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 76 ff. (Abgeordneter Lüderitz/ Beckmann)
208
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 83 (Vorsitzende Hunger/ Beckmann)
209
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 66, 74 (Abgeordneter Kley/ Beckmann), S. 80 f. (Abgeordnete Rogée/ Beckmann) zu Anlieferungsstopp/ wirtschaftlicher Ausfall, S. 83 (Abgeordneter Kley/ Beckmann) zu Anlieferungsstopp/ Gespräch seitens
Verwaltungsratsmitglieder
43
der Lage sei dies zu erkennen.210 Es sei nicht möglich gewesen, dass Anlieferungen
erfolgen, ohne dass eine Eingangskontrolle durchgeführt werde.211 Wenn die Kunden ihnen
nachgewiesen hätten, dass sie zukünftig Abfälle bringen, die ablagerungsfähig seien, habe
natürlich die Möglichkeit bestanden, den Annahmestopp wieder aufzuheben.212 Einen
generellen Ausschluss, eine Vertragskündigung gegenüber einem Kunden habe es
während seiner Verantwortungszeit nicht gegeben.213 Nach der Beobachtung des Zeugen
Hoffmann hätten die Annahmestopps lediglich kurze Zeit gedauert und seien durch den
Deponiebetreiber letztlich aufgehoben worden.214
Auf die Frage, warum die CORTEC GmbH, die in der Zeit von 2006 bis 2008 in insgesamt
zwölf Fällen mit falsch deklariertem Abfall auffällig geworden sei, nicht dauerhaft
ausgeschlossen worden sei, erwiderte der Zeuge Horn, die Anzahl der Überschreitungen
sei ihm nicht bekannt.215 Hinsichtlich der LBR wisse er nur, dass Abfälle angeliefert wurden,
die nicht nach Freyburg-Zeuchfeld gehörten. Es seien auch wiederholt Annahmestopps
ausgesprochen worden. Dass nach dem Annahmestopp Abfälle angeliefert worden sein
sollen, sei ihm nicht bekannt.216
Ein Ausbau eingebauter Abfälle, die nicht der Plangenehmigung entsprochen hätten, sei
nicht veranlasst worden. Es habe schon an der Kenntnis darüber gefehlt, dass da Abfälle
liegen, die da nicht hingehörten. Wissentlich seien dort natürlich keine Abfälle liegen
geblieben, die dort nicht hingehörten.217 Ihm, Horn, sei ein Schriftvorgang aus dem August
2007 bekannt, als das Landesverwaltungsamt Halle eine Kontrolle auf der Deponie
durchgeführt habe und im Ergebnis dessen ein Protokoll der Begehung an sie geschickt
habe - mit Fragestellungen zu den Abfällen, die auf der Deponie lägen: Unter welcher
Schlüsselnummer angenommen worden sei, welche Qualitäten sie aufweisen usw. Dieses
Anschreiben hätten sie beantwortet. Es habe sich um die Abfälle 19 12 09 gehandelt. Aber
dann sei der Schriftverkehr erschöpft gewesen und es habe keine weiteren Anweisungen
gegeben. Auf die Frage, ob er an dieser Stelle nicht selbst gehandelt habe, führte der
Zeuge Horn aus, das Handeln selber habe ihm nicht oblegen. Das Thema sei in der
Geschäftsleitung thematisiert worden und insofern müsse er natürlich auf den Vorstand
vertrauen, dass er die Aktivitäten entwickle, die zu entwickeln seien, wenn sie so etwas
feststellen.218
Auch bereits angedienten oder angelieferten Abfall, der schon auf die Deponie gelangt sei,
habe man wieder zurückgewiesen. Das Deponiepersonal sei angehalten gewesen, die
210
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 72 (Vorsitzende Hunger/ Horn)
211
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 70 (Abgeordneter Lüderitz/ Horn)
212
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 58 (Abgeordneter Lüderitz/ Horn)
213
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 75 (Vorsitzende Hunger/ Horn)
214
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 8 (Hoffmann)
215
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 59 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Horn)
216
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 72 (Vorsitzende Hunger/ Horn)
217
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 60 (Abgeordneter Kley/ Horn)
218
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 60 f. (Abgeordneter Kley/ Horn)
44
visuelle Abfallkontrolle durchzuführen. Insbesondere die Kompaktorfahrer hätten angerufen
und gesagt, hier stehe ein Lkw, dessen Abfälle sie optisch nicht einschätzen können. Dann
sei entweder ein Mitarbeiter des Sachgebiets Stoffstrommanagement oder er selbst zur
Deponie gefahren, habe die Begutachtung vorgenommen und das Fahrzeug der Deponie
verwiesen. Die Häufigkeiten insgesamt könne er nicht einschätzen.219
Wenn ein Kunde Abfall zur Deponie gebracht habe, der nicht in die Deponie gehörte, habe
es nur die Maßgabe gegeben, den Abfall ohne Umwege zurückzuschicken, ohne etwas
zwischenzulagern.220 Wenn der Kunde über die Waage gefahren sei und erst vom
Deponiepersonal abgewiesen werde, würde er über die Waage zurück fahren und als
Ausgang registriert. Ob nach der Volleinwiegung eine Vollauswiegung erfolge oder ob nach
dem Feststellen, dass er nicht nach Freyburg kommen dürfe, die Eingangswiegung
storniert und keine Ausgangswiegung gemacht werde, diese Details kenne er nicht. Er
wisse aber, dass praktisch dieser Abfall dann nicht zur Ablagerung gekommen sei. Details
kenne das Sachgebiet Stoffstrommanagement, dessen Chef er sei.221
Zu der Verhängung von Annahmestopps führte der Zeuge Böhme aus, sei es möglich, dass
es zwischendurch mal einen Lieferstopp auf der Deponie Zeuchfeld gegeben habe. Das
wisse er nicht mehr.222 Sie seien mit dem Annahmestopp ganz gut umgegangen. Vor
Lieferung sei eine Analytik erfolgt und auf der Deponie sei immer eine Probennahme
gemacht worden. Darauf haben sie als Anlieferer keinen Einfluss. Es sei vorgekommen,
dass sie auch schon einmal eine Fuhre wieder mit zurücknehmen mussten.223 Die
Zurückweisungen seien damit begründet worden, dass das Produkt nicht
konfigurationsgerecht gewesen sei.224
Der Zeuge Bufé bekundete, sie hätten hin und wieder Reklamationen gehabt. Es sei auch
vorgekommen, dass die Materialqualität nicht gestimmt habe, aber diese Materialien seien
dann in die Verbrennung gebracht worden.225 Wenn ein Lkw zurückgewiesen worden sei,
so der Zeuge Deppenmeier, dann sei das Material bei ihnen wieder abgeladen worden und
sie hätten den Frachtführer bezahlt. Das sei seine Aufgabe gewesen. Es seien neue
Entsorgungswege gesucht worden, dafür sei er nicht zuständig gewesen.226 Ende 2007
seien die Lieferungen an die Anlage Zeuchfeld eingestellt worden, da sie die erforderlichen
219
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 58 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Horn)
220
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 63 f. (Abgeordneter Stadelmann/ Horn)
221
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 72 ff. (Abgeordneter Stadelmann/ Horn), S. 74 (Vorsitzende Hunger/ Horn)
222
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 56 f. (Vorsitzende Hunger/ Böhme)
223
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 59 (Abgeordneter Kley/ Böhme)
224
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 59 (Abgeordneter Lüderitz/ Böhme)
225
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 57 f. (Abgeordneter Graner/ Bufé)
226
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
12. März 2010, S. 33 f. (Abgeordneter Kley/ Vorsitzende Hunger/ Deppenmeier)
45
Qualitätsmerkmale nicht einhalten konnten227. Das mineralische Material sei dann unter
anderem mehr nach Rietzel geliefert worden.228
Nach dem Zeugen Schnur habe es einige Rückweisungen von ihren Fahrzeugen von der
Deponie Freyburg-Zeuchfeld auf analytische Werte hin gegeben. Seines Wissens seien
ihnen keine analytischen Protokolle zugegangen. Es sei ihnen nicht dargelegt worden, dass
die Werte nicht stimmen. Sie haben natürlich gleich ihren Sortierprozess auf etwaige Fehler
oder ihre Siebtechnik kontrolliert. Von ihrer Seite sei eigentlich immer alles in Ordnung
gewesen.229 Auf die Frage, wie es ihnen gelungen sei, die Anlieferungsstopps nach relativ
kurzer Zeit immer wieder aufheben zu lassen, hat der Zeuge Schnur ausgesagt, sie hätten
durch ihr Labor alles noch einmal beproben lassen und nachgewiesen, dass das Material
den Anforderungen entspreche230.
c.
Zur Kontrolle der Transportscheine
Auf die Frage, wie die dem Ausschuss vorliegenden Transportscheine zu lesen seien, die
an die DEREC gegangen seien, antwortete der Zeuge Beckmann, alles das, was den
verwaltungstechnischen Teil der DEREC betroffen habe, also die gesamte Betriebsführung
der DEREC, sei über den ZAW, später über die Abfallwirtschaft abgewickelt worden. Die
DEREC als solche habe keine Geschäftsräume gehabt. Dort gebe es eine Waage, dort
würden Wiegescheine produziert. Diese würden unter dem Briefkopf der DEREC
produziert. Die Annahmescheine und alles andere würden in der Abfallwirtschaft bzw. im
Zweckverband bearbeitet. Aus dem Schein müsste hervorgehen, so der Zeuge Beckmann,
welche Anlage angefahren worden sei.231
Auf eine Frage zu einem Transportschein Datum 17. Juni bzw. 19. Juni 2006, Abfallart:
gemischte Siedlungsabfälle, 13,38 t, Erzeuger: ZAW Sachsen-Anhalt Süd, Beförderer:
EGSAS im Auftrag des ZAW Sachsen-Anhalt Süd, Annehmer: DEREC, antwortete der
Zeuge Beckmann, er behaupte, dies sei zweifelsfrei nicht auf die Deponie gekommen. Es
sei auf die Umladestation oder zum Zwischenlager gegangen. Die Unterlagen, die
Transportscheine über den Ausgang dieser Siedlungsabfälle aus dem Raum der Deponie
seien auch in der DEREC.232
Zu einem Transportschein, Erzeuger: Meta-Plast GmbH Metall- und Kunststoffrecycling,
welcher 25 t Mineralien, Sand und Steine erzeuge, und der Frage, ob jemand nachgeprüft
habe, weshalb ein Unternehmen, das Metall und Kunststoff recycelt, 25 t Sand und Steine
227
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
12. März 2010, S. 18 f., 20 (Abgeordneter Kley/ Hunger); Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16. April 2010, S. 46 f., vgl. auch S. 56 (Bufé) zu Analysen
228
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
12. März 2010, S. 19 (Abgeordneter Kley/ Hunger), S. 22 (Abgeordneter Graner/ Hunger)
229
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 93 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Schnur), S. 94 (Abgeordneter zu Überschreitungen
230
Vgl. zum Anlieferungsstopp auch Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 5. Dezember 2008, S. 98 f. (Abgeordnete Rogée/ Schnur),
231
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2.
Oktober 2008, S. 67 f. (Abgeordneter Kley/ Beckmann)
232
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2.
Oktober 2008, S. 72 (Abgeordneter Graner/ Beckmann)
46
anliefern könne, erklärte der Zeuge Beckmann, aus der Firmenbezeichnung abzuleiten,
was für ein Abfall komme, das hätten sie ganz gewiss nicht geprüft.233
d.
Die Weitergabe von Informationen
Der Zeuge Horn sagte, er habe über sämtliche Überschreitungen auf der Deponie bzw.
über Aktivitäten, die sie veranlasst hätten, den Vorstand informiert.234 Der Weg in den
Verwaltungsrat habe nicht in seiner Zuständigkeit gelegen. Er sei zu
Verwaltungsratssitzungen geladen worden, falls fachliche Rückfragen zu irgendwelchen
Sachverhalten zu beantworten gewesen seien.235
Im Zusammenhang mit Auffälligkeiten bei Anlieferungen wurde dem Landkreis als
Aufsichtsbehörde
nicht
Meldung
erstattet.236
Ebenso
wenig
wurde
die
Überwachungsbehörde vor Ort informiert, wenn ein Anlieferer aus einem anderen
Landkreis Abfälle angeboten habe, die nicht der Deklaration entsprochen haben, also
offensichtlich falsche Abfallschlüsselnummern hatten.237
Auf Vorhalt eines Schreiben vom 16. April 2008 von dem Zeugen Horn an die Zeugin
Lindemann, Landesverwaltungsamt, in dem er zu der Problematik Anlieferungskontrolle
erklärt habe, dass für die Einstufung der Abfälle in die AVV-Schlüsselnummern der
Abfallbesitzer verantwortlich sei, das Deponiepersonal daher nicht in der Lage sei,
Fehldeklarationen zu erkennen (Seite 92 Akte Burgenlandkreis Freyburg-Zeuchfeld),
erklärte der Zeuge Horn, das Personal sei in der Lage gewesen, zu erkennen, welcher
Abfall kommen soll. Es habe auf seinem PC die Angaben des VEN, welcher Abfall unter
welcher Schlüsselnummer von welchem Kunden angeliefert werden soll, hinterlegt gehabt.
Dann haben sie gewusst: Jetzt kommt die Firma XY, die darf nach dem PC-Bild 19 12 09
bringen. Es habe nachher natürlich optisch abgeglichen werden müssen, ob der
angelieferte Abfall mit der hinterlegten Schlüsselnummer übereinstimme. Er habe nur
sagen wollen, dass es schwierig sei, aufgrund der Schlüsselnummern die Abfallausprägung
zu begutachten, dann habe man natürlich ein persönliches optisches Empfinden, das sich
bei Waagen- und Deponiepersonal unterscheiden könne. Wenn erhebliche
Überschreitungen vorliegen, müsse man diese natürlich erkennen.238
233
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2.
Oktober 2008, S. 76 (Abgeordneter Graner, Vorsitzende Hunger/ Beckmann)
234
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 59 (Abgeordneter Lüderitz/ Horn)
235
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 66 (Abgeordneter Kley/ Horn); S. 67 f. (Abgeordnete Rogée/ Horn) zu Herantreten an den
Verwaltungsrat
236
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2.
Oktober 2008, S. 66, 74 (Abgeordneter Kley/ Beckmann), S. 80 f. (Abgeordnete Rogée/ Beckmann) zu
Anlieferungsstopp/ wirtschaftlicher Ausfall, S. 83 (Abgeordneter Kley/ Beckmann) zu Anlieferungsstopp/ Gespräch
seitens Verwaltungsratsmitglieder
237
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 68 (Abgeordneter Kley/ Horn), vgl. auch S. 75 (Vorsitzende Hunger/ Horn) zu Meldung an
Gewerbeaufsicht
238
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 64 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Horn)
47
e.
Die Reaktion des Landesverwaltungsamtes
Die Zeugin Abendroth teilte mit, es sei das Recht des Deponiebetreibers, die Annahme von
Lieferungen zu verweigern. Ebenso läge es in seiner Zuständigkeit, festzulegen, wann
frühestens wieder angeliefert werden dürfe. Absprachen mit dem Landesverwaltungsamt
habe es hierzu nicht gegeben. 239 In der Regel würde das Landesverwaltungsamt davon
erst im Rahmen der Jahresberichterstattung zur Deponie erfahren, also spätestens bis zum
31. März des Folgejahres.240
Auf die Frage, aus welchem Grund in diesen Fällen keine Sanktionen gegen die
einliefernden Unternehmen verhängt wurden, führte die Zeugin Abendroth aus, man müsse
genau wissen, über welche Zusammensetzung die Abfälle verfügten, um Sanktionen
rechtskonform begründen zu können. Es sei aus dem visuellen Eindruck bei einer
Anlagenüberwachung, die nur einen Zeitraum von ein paar Stunden innerhalb eines Jahres
darstelle, lediglich festzustellen, dass die Abfälle einen vergleichsweise deutlich sichtbaren
Plastikanteil haben. Wie hoch der sei und wie hoch die Überschreitungen der
Einlagerungskriterien tatsächlich seien, lasse sich nur analytisch belegen. Es gebe Abfälle,
die scheinbar einen hohen Plastikanteil haben, aber trotzdem noch innerhalb der Kriterien
lägen. Dazu hätten sie dann die Untersuchungsergebnisse des Anlagenbetreibers
abgefordert.241
Die Zeugin erklärte ferner, dass nicht jede Überschreitung oder Nichteinhaltung einzelner
Bescheidbestandteile automatisch das Erlassen von Sanktionen nach sich ziehe. Es müsse
immer erst gewählt oder entschieden werden, was das am besten geeignete Mittel sei. In
der Regel werde mit dem mildesten Mittel angefangen, es werde noch einmal auf die
Pflichten der Betreiber, auf die Pflichten zur Einhaltung der Einlagerungskriterien
hingewiesen. Solange sie, Abendroth, das beurteilen könne, sei es darüber hinaus zu
nichts weiterem gekommen, weil keine Gefährdung erkennbar gewesen sei.242 Dass die
Schutzgutgefährdung nicht nachweisbar war und Sanktionen gegen den Betreiber
unverhältnismäßig erschienen, führten auch die Zeugin Lindemann243 und der Zeuge
Zender244 aus.
5.
239
Die Überwachung
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 53 (Vorsitzende Hunger/ Abendroth)
240
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 38 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Abendroth), S. 46 f., vgl. S. 49 f. (Vorsitzende Hunger/
Abendroth), S. 51 (Abgeordneter Lüderitz/ Abendroth) zu Jahresbilanzen /Prüfung von Einzelfällen
241
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 32 f. (Abgeordneter Kley/ Abendroth), S. 46 zum visuellen Eindruck des Abfalls und S. 50
(Vorsitzende Hunger/ Abendroth)
242
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 44 f. (Abgeordneter Kley/ Abendroth)
243
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 47 f. (Abgeordneter Kley/ Lindemann), vgl. auch S. 52 (Abgeordneter Graner/ Lindemann)
244
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 9 ff. (Abgeordneter Kley/ Zender); vgl. auch Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des
Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13. Februar 2009, S. 15 f. (Abgeordneter Kley/ Wegener)
48
a.
Die Zuständigkeit für die Überwachung
Die durch den Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschuss vernommenen Zeugen
bekundeten einhellig, dass die Aufsicht über die Deponie Freyburg-Zeuchfeld einschließlich
der Schredder- und Siebanlage in die Überwachungs- und Genehmigungszuständigkeit des
Landesverwaltungsamtes falle. Die Aufsichtskompetenz des Landkreises als untere
Abfallbehörde erstrecke sich dagegen auf die Überwachung der Stoffströme bis zum
Eingang der Deponie, einen kleinen Zwischenlagerplatz.245
Auf die Frage, ob eine gemeinsame Zuständigkeit des Landesverwaltungsamtes und der
unteren Abfallbehörde für die Kontrolle der Deponie sinnvoller gewesen wäre, erklärte der
Zeuge Leimbach, es sei spekulativ, ob die Teilnahme der unteren Abfallbehörde des
Burgenlandkreises zu einem Erkenntnisgewinn seiner Sachbearbeiterin geführt hätte.
Diese Einschätzung wurde durch den Zeugen Gert Zender, Abteilungsleiter für
Landwirtschaft und Umwelt im Landesverwaltungsamt,246 geteilt. Entscheidender, so der
Zeuge Zender, sei, ob der gegenseitige Informationsfluss zwischen Burgenlandkreis und
Landesverwaltungsamt gewährleistet gewesen sei.247 Er, Zender, habe diesbezüglich keine
Defizite festgestellt.248
Nach Einschätzung des Zeugen Leimbach könne aus der Tatsache, dass die
Untersuchungen nicht gemeinsam durchgeführt wurden, nicht geschlossen werden, dass
automatisch ein anderer Zustand zu besseren Erkenntnissen geführt hätte. Er meine, dass
sich dann alle gegenseitig die Verantwortung für die Ergebnisse dieser Überprüfung
zuweisen. Man verlasse sich sehr schnell in so einem Kollektiv auf die Expertise anderer,
ohne die eigene Verantwortung auch für die Erkenntnisgewinnung voll zu nutzen. Der
Behauptung, dass nur durch gemeinsame Kontrollen ein effizienterer Erkenntnisgewinn
möglich sei, würde er widersprechen. Er glaube, dass manchmal sogar dann, wenn es
öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger seien, die Teilnahme der unteren Behörden nicht
angezeigt sei.249 Auf eine Nachfrage führte der Zeuge Leimbach aus, im Normalfall sei die
untere Behörde vollständig zuständig - sowohl von der Erzeugerseite als auch von der
Ablagerungsseite her. Nur in den Fällen, in denen die zuständige Behörde gleichzeitig die
Deponie betreibe, sei das Landesverwaltungsamt als Aufsicht vorgesehen. Der
Gesetzgeber oder Verordnungsgeber habe das seiner Meinung nach auch klug
entschieden, weil die Alleinverantwortung mit den wirtschaftlichen Interessen gelegentlich
zu Kollisionen führen könnte. Daher sei es angeraten, eine andere Behörde als Aufsicht
einzuschalten. Freyburg-Zeuchfeld sei ein interessantes Beispiel dafür, wie notwendig
245
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 7, 26 (Hoffmann), S. 44 (Breuer); Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Dezember 2008, S. 35, 42 f. (Abendroth); Niederschrift über die
8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16. Januar 2009, S. 15 (Knopf);
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 9 (Wegener); Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 17. April 2009, S. 23 (Helms); Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des
Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni 2009, S. 52 (Völzke)
246
Vgl. Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 5 (Zender)
247
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 15 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Zender )
248
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 16 (Vorsitzende Hunger/ Zender), S. 27 (Vorsitzende Hunger/ Zender)
249
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 13 f. (Leimbach); vgl. auch Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 5. Dezember 2008, S. 42 f. (Abendroth)
49
diese Differenzierung sei. Wenn dann die untere Behörde an den Terminen zur
Beaufsichtigung teilnehme, dann würde wieder diese Kette hergestellt werden, die der
Verordnungsgeber gerade habe vermeiden wollen.250
b.
Die Verwaltungsorganisation der Überwachungsbehörden
aa.
Landesverwaltungsamt
Das Landesverwaltungsamt ist nach Aussage des Zeugen Leimbach insgesamt für 120
Deponien der Klassen I und II zuständig. Neun Deponien seien in Betrieb, 83 in Stilllegung
begriffen
und
28
im
Nachsorgezustand.
Hinzu
kämen
insgesamt
250 Abfallbehandlungsanlagen. Hinzu kämen kleine Schrottbehandlungsanlagen, Anlagen
zur Industrieabfallbehandlung, Zwischenlager oder Sortieranlagen. Vor diesem Hintergrund
könne es keinen Zustand geben, außer jeder Mitarbeiter stünde ganztägig am Tor, der es
ausschließt, dass bei kollusivem Zusammenwirken von Betreiber und Dritten einer Aufsicht
etwas verheimlicht werden kann.251
Der Zeuge Hoffmann sagte aus, das Referat Abfallwirtschaft, Bodenschutz im
Landesverwaltungsamt bestehe aus vier Referentenbereichen. Ein Referentenbereich sei
der Bereich Deponien. Dort seien Genehmigungen und Überwachungen angesiedelt.
Dieser Bereich sei in drei Sachgebiete unterteilt, mit drei Sachgebietsleitern und den
entsprechenden Sachbearbeitern.252 Das Referat sei bis auf einige Vakanzen vollständig
besetzt. Die Angaben im Organigramm, Stand 13. Mai 2008, richteten sich nach dem
Beweisbeschluss. Das heiße, es seien die Mitarbeiter angegeben worden, die für dieses
Verfahren eine Bedeutung haben.253
Die Zeugin Martina Lindemann, Referentin im Bereich Abfallwirtschaftsplanung und
Deponien im Landesverwaltungsamt,254 legte dar, in das Sachgebiet 1 würden die Betriebsund Sonderabfalldeponien fallen. Das Sachgebiet 2 für Siedlungsabfalldeponien/
Abfallwirtschaftsplanung sei Sachgebiet der Zeugin Wegener. Das Sachgebiet 3 heiße
„Altdeponien“. Es stünden insgesamt 19 Stellen zur Verfügung, wovon drei Mitarbeiter im
letzten Jahr im Rahmen der Altersteilzeit gegangen seien.255 Im Sachgebiet 2, so die
Zeugin Wegener, hätten ihr von 2004 bis 2006 sechs, seit 2007 fünf Sachbearbeiter zur
Verfügung gestanden.256
250
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 15 f. (Leimbach)
251
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 12 (Abgeordneter Lüderitz/ Leimbach)
252
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 10 f. (Hoffmann), S. 17 (Abgeordneter Graner/ Hoffmann)
253
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 13, 14 (Abgeordnete Rogée/ Hoffmann), S. 14 (Abgeordneter Stadelmann/ Hoffmann),
S. 17 (Abgeordneter Graner/ Hoffmann)
254
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 31 (Lindemann)
255
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 31 f. (Lindemann)
256
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 6 (Vorsitzende Hunger/ Wegener)
50
Neben anderen Aufgaben, so die Zeugin Lindemann, werde im Referat die Aufgabe der
Baufachverwaltung wahrgenommen, die dem Landesverwaltungsamt nach § 44 LHO
zukommt. Die Fördermittel, die sie von der EU erhalten, seien nicht unerheblich im
Deponiebereich. Die Wahrnehmung dieser Aufgabe habe sowohl aus der Sicht der
Hausleitung, als auch aus ihrer eigenen Sicht oberste Priorität, damit dem Land kein
finanzieller Schaden entstehe. Insbesondere zum Jahresende sei das Referat immer sehr
eingebunden.257
Die Zeugin Wegener erklärte, die Wahrnehmung der Aufgabe der Baufachverwaltung habe
nicht dazu geführt, dass sie ihre Verantwortung für den Bereich Deponien/ Überwachung
nicht ausreichend habe wahrnehmen können. Es sei überwacht worden, wie es nach dem
Erlass erforderlich gewesen sei. Es sei möglich, dass sie eventuell intensiver hätte
kontrollieren können, wenn sie nicht die anderen Aufgaben gehabt hätte. Dazu könne sie
im Nachhinein nichts sagen. Sie habe anhand der Informationen nicht gesehen, dass jetzt
ein unbedingter Handlungsbedarf da sei.258
Auf die Frage, ob er die Organisation in seinem Haus für optimal halte, um der
Verpflichtung nachzukommen, eine ordnungsgemäße Kontrolle auszuüben, führte der
Zeuge Leimbach aus, er glaube nicht, dass es eine Organisation gebe, die so optimal sei,
dass sie nicht mehr verbesserungswürdig sei. Er meine, dass mit mehr
Weiterbildungsmitteln,
mit
mehr
Fortbildungsmöglichkeiten
auch
bessere
Fortbildungsergebnisse erzielt werden könnten. Sie hätten aber versucht, mit den ihnen zur
Verfügung stehenden Möglichkeiten das Optimale zu erzielen. Es sei denkbar, dies noch zu
verbessern, das sei aber unter den objektiven Gegebenheiten nicht realistisch. Die
Organisation des Landesverwaltungsamtes entspreche nicht nur insgesamt der üblichen
Organisation von Verwaltungen in Deutschland, sondern sei sogar sehr stark auf Effizienz
und möglichst gute Aufgabenwahrnehmung ausgerichtet. Die Mitarbeiter würden über
langjährige Erfahrungen verfügen. Sie würden gleichzeitig versuchen, die normalen,
verwaltungswissenschaftlich anerkannten Methoden des Personaleinsatzes und der
Personalbewirtschaftung zu nutzen, um Mitarbeiter mit ihren Möglichkeiten optimal für die
Aufgabe zu nutzen, und sie würden zusätzlich versuchen, ihnen sowohl die im Hause
möglichen als auch externe Weiterbildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten zu gewähren,
die sie organisieren können. Da gebe es eine ganze Reihe, und sie seien ganz zufrieden
mit dem, was ihnen - beschränkt auf die vom Haushaltsgesetzgeber gewährten Mittel gelinge.259 Die Organisation sei jedenfalls nicht Gegenstand eines Problems geworden. Es
könne selbstverständlich passieren, dass ein Mitarbeiter eine Situation beurteile, die sie im
Nachhinein anders beurteilen würden. Aber er stehe zu der Beurteilungsaufgabe von
Mitarbeitern, und auch zu der Konsequenz, dass diese Beurteilungen gelegentlich falsch
sein können. Möglicherweise hätte eine andere Beurteilung einer Sachbearbeiterin dazu
geführt, dass sie bei Freyburg-Zeuchfeld zu anderen Schlussfolgerungen gelangt wären.260
In der ganz überwiegenden Zahl von Fällen, so der Zeuge Leimbach weiter, habe die
Organisation und Durchführung der Aufsicht dafür gesorgt, dass keinerlei illegales
Verhalten vorgekommen sei. Insoweit sei die Aufsicht gut und wirkungsvoll gewesen.
257
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 35 f. (Abgeordneter Kley/ Lindemann)
258
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 26 (Abgeordnete Rogée/ Wegener)
259
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 7 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Kley/ Leimbach)
260
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 8 f. (Abgeordneter Kley/ Leimbach)
51
Freyburg-Zeuchfeld sei für den Aufsichtsbereich des Landesverwaltungsamts der Einzelfall;
seine Behörde sei in keinem anderen Fall für seine Deponieüberwachung kritisiert worden.
Der Fall Freyburg-Zeuchfeld beruhe nicht auf einem „Vorschub leisten“, wie der
Abgeordnete Kley das bezeichnet habe, oder quasi auf der Aufforderung, illegal zu
handeln. Derartige Unterstellungen wolle er, Leimbach, in aller Form zurückweisen. Es
beruhe vielmehr darauf, dass der Deponiebetreiber die ihm obliegenden Aufgaben und die
Sorgfalt und die Einhaltung von Recht und Gesetz missachtet habe. Es liege auch daran,
dass dies im Rahmen des ansonsten üblichen, auch in Deutschland üblichen
Aufsichtsregimes zu spät entdeckt worden sei. Die Auffassung des Abgeordneten Kley, die
anderen Deponiebetreiber hätten ordentlich gearbeitet und sich von sich aus an Recht und
Gesetz gehalten, bestätigte der Zeuge.261
Auf die Frage, ob seine Behörde bezüglich der Struktur der Umweltverwaltung in den
Landkreisen kommunalaufsichtsrechtlich tätig geworden sei, entgegnete der Zeuge
Leimbach, das Landesverwaltungsamt oder seine Vorgängerbehörden - in diesem Fall das
Regierungspräsidium
Halle - hätten als Kommunalaufsicht
einen Teil der
Verwaltungsneuorganisation im jetzigen Burgenlandkreis kommunalaufsichtlich begleitet.
Teilweise seien Neugründungen angezeigt worden. Teilweise seien bei diesen Anzeigen
auch Hinweise gegeben worden, die sich aber eher auf kommunalrechtliche Fragen
bezogen hätten. Klarstellend führte der Zeuge aus, dass die Organisationsverantwortung
der Landkreis selbst tragen würde. Die Kommunalaufsicht greife erst dann ein, wenn die
gewählte Organisationsform dem Gesetz nicht entspreche oder die dauernde
Leistungsfähigkeit des Landkreises in der Form bedrohe, dass eine unwirtschaftliche
Organisation auch auf die finanzielle Handlungsfähigkeit des Landkreises durchschlage.
Die Fachaufsicht des Ministeriums gebe ihrerseits ebenso wenig vor, in welcher
Organisation die Landkreise ihre Aufgaben im Bereich der Abfallwirtschaft erfüllen.262
bb.
Burgenlandkreis
Der Zeuge Reiche führte zur Organisation der Überwachung im Burgenlandkreis aus, er
habe Beigeordnete, Dezernenten oder Amtsleiter, die sich darum kümmern. Er habe keinen
Hinweis darauf, dass sein Dezernent und sein Amtsleiter in den beiden kreislichen
Entsorgungsbereichen, im Weißenfelser Raum, Deuben, Weißenfels, CORTEC und SVG,
nicht tätig geworden seien. Verbesserungswürdig sei vieles, so der Zeuge Reiche. Er sei
aber dem Grunde nach mit der vorhandenen Struktur nicht ganz unzufrieden. Das heiße
nicht, dass man nicht das eine oder andere noch besser machen könne.263
cc.
Zusammenarbeit zwischen Burgenlandkreis und Landesverwaltungsamt
Über die Zusammenarbeit des Burgenlandkreises mit dem Landesverwaltungsamt
berichtete der Zeuge Helms, eine solche habe konkret bei der Firma Böhme bestanden, da
261
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 20 f. (Abgeordneter Kley/ Leimbach)
262
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 10 f. (Abgeordneter Kley/ Leimbach)
263
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 72 ff. (Abgeordneter Kley/ Reiche)
52
dort eine Anlage sowohl nach Spalte 1 als auch nach Spalte 2 vorhanden gewesen sei. Es
seien gemeinsame Begehungen durchgeführt worden, man habe sich abgestimmt. Die
Zusammenarbeit sei aber aufgrund der Tatsache erfolgt, weil sich die Dinge auf dem
Betriebsgrundstück teilweise überlagert hätten.264
Die Zeugin Völzke sagte aus, ihre Behörde sei bis 2005 vom Landesverwaltungsamt in die
Überwachung der Deponie Freyburg-Zeuchfeld eingebunden worden.265 Bis dahin habe der
Burgenlandkreis vom Landesverwaltungsamt von diesen Kontrollen auch Protokolle zur
Kenntnis erhalten.266 Diese Darstellung wurde durch den Zeugen Breuer bestätigt. Es
habe im
Oktober
2005
die
letzte
gemeinsame
Überwachung
mit
dem
Landesverwaltungsamt gegeben. Weitere Einladungen seien nicht erfolgt. Auf Nachfrage,
ob er denn nicht daran interessiert gewesen sei, das eventuell weiter zu betreiben,
antwortete der Zeuge Breuer, seine Behörde sei in dem Moment nicht zuständig gewesen
und hätte vielschichtige andere Aufgaben übertragen bekommen. Erst nach dem 5. Mai
2008 sei seine Behörde erneut in die so genannte Eigenüberwachung eingebunden
worden.267
Sowohl der Zeuge Helms268, als auch der Zeuge Breuer269 äußerten, sie könnten sich nicht
erinnern, hinsichtlich festgestellter Unregelmäßigkeiten bei der Anlagenüberwachung durch
das Landesverwaltungsamt informiert worden zu sein.
Die Zeugin Wegener erklärte hierzu, über Unternehmen, die nach ihrer Feststellung
Einlagerungen vornahmen, die offensichtlich nicht den Einlagerungsbestimmungen
entsprochen hätten, nicht selbst mit der für das Unternehmen zuständigen
Überwachungsbehörde gesprochen zu haben. Sie habe entsprechende Informationen an
ihre Vorgesetzte weitergegeben. Sie sei nur für die Deponien und nicht für die
Abfallbehandlungsanlagen zuständig. Sie nehme an, dass es auf der Referenten-/
Referatsleiterebene Thema gewesen sei.270 Ihr, Wegener, sei ihrerseits nicht erinnerlich,
dass Mitarbeiter der Landkreise im Rahmen gemeinsamer Dienstberatungen über
Unregelmäßigkeiten berichtet hätten.271
Kontakte, so der Zeuge Helms, habe es über Dienstberatungen auf Einladung des
Landesverwaltungsamtes gegeben. Dort seien bestimmte Themen diskutiert worden. Nicht
er selbst, sondern die Sachgebietsleiter hätten an den meisten Beratungen teilgenommen.
Darüber gebe es Protokolle. Kontakte hinsichtlich Anlagen, die in beider Verantwortung
264
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
17. April 2009, S. 20 (Abgeordneter Lüderitz/ Helms)
265
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 52 (Vorsitzende Hunger/ Völzke), S. 54 (Abgeordneter Lüderitz/ Völzke), S. 63 (Abgeordneter Graner/
Völzke)
266
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 54, 62 (Vorsitzende Hunger/ Völzke)
267
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 44 (Vorsitzende Hunger/ Breuer), S. 47 f. (Abgeordnete Rogée), vgl. auch S. 49 (Abgeordneter
Miesterfeldt/ Breuer), S. 52 (Abgeordnete Rogée/ Breuer)
268
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
17. April 2009, S. 20 (Abgeordneter Lüderitz/ Helms)
269
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 54 (Vorsitzende Hunger/ Breuer)
270
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 22 f. (Abgeordneter Kley/ Wegener)
271
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
Februar 2009, S. 22 f. (Abgeordneter Kley/ Wegener)
53
gestanden hätten, seien auf die Sachbearbeiter- oder Sachgebietsleiterebene begrenzt
gewesen. Er, Helms, habe sich durch das Landesverwaltungsamt in seiner Arbeit
ausreichend fachlich betreut gesehen. Über Probleme habe er mit dem
Landesverwaltungsamt sprechen können.272 Auch der Zeuge Breuer meinte, dass ein sehr
guter Kontakt zum Landesverwaltungsamt bestehe.273
dd.
Dienstberatungen
Der Zeuge Hoffmann bekundete, es gebe Dienstberatungen organisatorischer Art, die also
für die Leitung des Referats von Bedeutung seien und Beratungen, die sich auf einzelne
Verfahren bezogen hätten. Ferner habe es Dienstberatungen zu Erlassen des
Umweltministeriums zum Abfall gegeben.
In den Dienstberatungen, das könne er, Hoffmann, nicht ausschließen, habe er zu
deponiespezifischen Belangen eher weniger ausgeführt.274 Im Rahmen der
Dienstbesprechungen oder seiner sonstigen Pflichten als Referatsleiter bekomme er
ohnehin nur die Vorgänge zur Kenntnis, die einer besonderen Bedeutung unterlägen.275
Vorgänge, die eine besondere Bedeutung hätten, seien zum Beispiel die Einleitung von
Strafverfahren und die Abgabe an die Staatsanwaltschaft, planerische Gesichtspunkte wie
die Stilllegung oder die Errichtung einer Deponie, also die ganz grundsätzlichen Fragen.
Von dem normalen Deponiebetrieb nehme er nur insofern Kenntnis, als er als Referatsleiter
die Aufgaben seiner Mitarbeiter überwachen und kontrollieren müsse.276
Die Zeugin Abendroth erklärte, sie hätten mehr oder weniger ständig über die
Feststellungen aus den Anlagenüberwachungen auf Sachbearbeiterebene diskutiert. Auch
in Dienstberatungen mit der Zeugin Wegener sei über die Feststellungen der einzelnen
Kollegen aus den einzelnen Überwachungen gesprochen worden.277
Die Zeugin Wegener legte demgegenüber dar, dass sie Dienstberatungen nicht durchführe.
Dienstberatungen fänden auf Referentenebene statt. Sie führe mit ihren Sachbearbeitern
Arbeitsgespräche durch. Anfang jeden Jahres erörtere sie die Schwerpunkte des
Sachgebiets. Regelmäßige Arbeitsgespräche gebe es nicht. Es habe sehr viele bilaterale
Gespräche bezogen auf den Einzelfall, Deponie Freyburg-Zeuchfeld, mit der Bearbeiterin
oder eventuell mit der Referentin gegeben.278
Zu Dienstberatungen in der Verwaltung des Burgenlandkreises führte der Zeuge Mock aus,
dass der Landrat in den Dienstberatungen darüber gesprochen habe, wenn im Kreistag
272
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
17. April 2009, S. 32 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Helms)
273
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 51 (Abgeordnete Rogée/ Breuer)
274
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 31 f. (Abgeordneter Kley/ Hoffmann)
275
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 10 f. (Hoffmann)
276
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 11 (Vorsitzende Hunger/ Hoffmann)
277
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 36 f. (Abgeordnete Rogée/ Abendroth)
278
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
Februar 2009, S. 11 f. (Abgeordneter Kley/ Wegener)
54
über den Zweckverband oder über die Anstalt Beschlüsse zu fassen gewesen seien. Dort
sei es aber nicht um die Problematik einer Müllablagerung oder Ähnliches gegangen. Seit
April 2008 sei er, Mock, konsequent einbezogen worden. Der Landrat habe ihn gebeten,
diese Aufgabe wahrzunehmen, um einigermaßen vernünftige Arbeitsverhältnisse zu
erreichen. Es sei der Landesrechnungshof, die Staatsanwaltschaft, das Finanzamt und ihr
Rechnungsprüfungsamt tätig gewesen. Es habe einen konsequenten und intensiven
Kontakt mit dem Landrat gegeben, sodass er ihn ab dieser Zeit in der Problematik der
gesamten Abfallwirtschaft beraten und unterstützt habe.279
ee.
Weiterbildungen
Der Zeuge Stefan Behrend, Referent im Referat 36, Bereich Sonderabfall, im Ministerium
für Landwirtschaft und Umwelt,280 erklärte, in Sachsen-Anhalt seien behördeninterne
Veranstaltungen und Schulungsveranstaltungen mit den unteren und mit den oberen
Abfallbehörden durchgeführt worden, nachdem die Grundstrukturen für das neue
Nachweisrecht gestanden hätten. Sie hätten Schulungsveranstaltungen beim IWU belegt,
ihrem damaligen Landesinstitut in der Hauptmann-Straße. Diese Workshops und
Informationsveranstaltungen seien nicht abgeschlossen, weil die elektronische
Nachweisführung noch bevorstehe. Seitens seiner Behörde sei nicht überprüft worden,
inwieweit das, was in den Veranstaltungen vermittelt wurde, bei den unteren Behörden oder
beim Landesverwaltungsamt umgesetzt worden sei, dafür sei der Erlass da. Der Erlass sei
umzusetzen und aus sich heraus erklärbar. Wenn es da Probleme gegeben hätte, hätte er
erwartet, dass die zuständigen Behörden das auch entsprechend an sein Ministerium
weitertragen. Das werde im Einzelfall besprochen.281
Zur Weiterbildungsplanung für die Mitarbeiter des Landesverwaltungsamtes sagte die
Zeugin Wegener, das Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft biete Fortbildungen an;
außerdem gebe es verwaltungsrechtliche Lehrgänge über das Ministerium des Innern.
Jeder Mitarbeiter habe jederzeit die Möglichkeit, einen Antrag zu stellen. Die Teilnahme an
Fachtagungen sei sehr eingeschränkt, weil damit finanzielle Belastungen verbunden seien.
Intern würden Schulungen im Rahmen der Arbeitsgespräche durch sie oder die Referentin
durchgeführt, wenn es Gesetzesänderungen gebe. Überdies würden - wie mit jedem
Sachbearbeiter - jedes Jahr Fortbildungsgespräche geführt. In diesem Rahmen könne jeder
Beschäftigte darlegen, welche Weiterbildungsmaßnahmen er für sich für erforderlich halte.
Das werde durch die Vorgesetzten geprüft, und dann habe jeder Bearbeiter eigenständig
die Anträge zu stellen und an den Maßnahmen teilzunehmen. Sie könne aber nicht sagen,
wer an welchen Maßnahmen teilgenommen habe. Abgefordert werden könne es beim
Referatsleiter oder im Personalbereich.282 Diese Darstellung wurde durch die Zeugin
Lindemann im Wesentlichen bestätigt.283
279
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 30.
Oktober 2009, S. 49 f. (Abgeordneter Dr. Thiel/ Mock)
280
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 79 (Behrend)
281
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 90 f. (Abgeordneter Graner/ Behrend)
282
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 10 f. (Abgeordneter Kley/ Wegener), S. 22 (Abgeordneter Graner/ Wegener), S. 24 (Abgeordneter
Kley/ Wegener)
283
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
55
Der Zeuge Zender bekundete, sie hätten sich im Rahmen der zur Verfügung stehenden
Fortbildungsmittel Gedanken darüber gemacht, zusammen mit Sachsen und Thüringen
Fortbildungsmaßnahmen zentral zu organisieren. Die Voraussetzungen für Sachsen-Anhalt
seien nicht schlecht, da das Umweltbundesamt hier beheimatet sei.284
Der Zeuge Helms äußerte, Weiterbildung habe es nur in begrenztem Umfang gegeben,
soweit
es
kostengünstige
Angebote
gegeben
habe.285
Genutzt
würden
Weiterbildungsveranstaltungen in der Wasserbehörde und Veranstaltungen der Industrie.
Hilfestellung würden außerdem Dienstberatungen mit der Naturschutzbehörde oder
Abfallbehörde liefern. Seine Behörde habe mittlerweile sehr gute Kontakte zu den
Fachleuten, bei denen man Ratschlag einhole. Aufgrund der Tatsache, dass die Mitarbeiter
teilweise schon 10 bis 15 Jahre in den Sachbereichen tätig seien, haben sie eigenes
Wissen und auch die Möglichkeit, die Dinge über Selbststudium praktisch zu machen.286
Alles, was an neuen Rechtsvorschriften komme, werde an die entsprechenden Mitarbeiter
über juris verteilt. Es sei ferner ein kleines Budget für Bücher vorhanden. Er, Helms, habe
darauf geachtet, dass bestimmte Kommentare oder Erläuterungen sowie Lose-BlattSammlungen in die Ämter gekommen seien.287
Der Zeuge Reiche sagte, er sei der Auffassung gewesen, dass es hinsichtlich der
Weiterbildungsmaßnahmen keine größeren Probleme gebe. Das habe ihm zumindest der
zuständige Dezernent nie in der Form vorgetragen. Er gehe davon aus, dass er in seinen
Mitarbeitern langjährige, erfahrene Leute in der Abfallwirtschaft habe, die mindestens seit
15 Jahren in diesem Bereich tätig seien. Er habe als Resümee in den Haushalt 2010 etwas
mehr Mittel eingestellt. 288
c.
Die Durchführung der Überwachung
aa.
Die Überwachung durch das Landesverwaltungsamt
Der Zeuge Hoffmann schilderte, die Deponie sei erlasskonform überwacht worden289. Im
Jahr 2005 habe es vier Überwachungen, 2006 und 2007 je drei Überwachungen gegeben,
und nach dem hier zu betrachtenden Zeitraum habe sich die Anzahl der Überwachungen
drastisch erhöht; zurzeit seien es 19 Überwachungen. Die regelmäßigen Vor-Ort-Kontrollen
erfassten die Überprüfung der Abfälle, die also im Betriebstagebuch und in ähnlichen
13. Februar 2009, S. 34 f. (Abgeordneter Kley/ Lindemann); so auch Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des
Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 30. Oktober 2009, S. 25 f. (Abgeordneter Graner/ Zender)
284
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 25 f. (Abgeordneter Graner/ Zender)
285
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
17. April 2009, S. 31 f. (Abgeordneter Kley/ Helms)
286
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
17. April 2009, S. 33 f. (Abgeordneter Bergmann/ Helms)
287
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
17. April 2009, S. 31 f. (Abgeordneter Kley/ Helms)
288
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 69 f. (Abgeordneter Kley/ Reiche)
289
Vgl. auch Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 30. Oktober 2009, S. 15 (Abgeordneter Lüderitz/ Zender )
56
Unterlagen dargelegt seien und den Betrieb der Deponie.290 Zur Überwachung gehöre auch
die stichprobenartige Kontrolle der Begleitscheine.291
Auf die Frage nach der Dokumentation von Kontrollen und Anordnungen, sagte der Zeuge
Hoffmann aus, im Ergebnis einer Überwachung gebe es ein Protokoll. Dann sei durch den
zuständigen Sachgebietsleiter und Referenten zu entscheiden, ob daraus Konsequenzen
zu ziehen seien. Diese könnten in einem solchen Verfahren sein: Protokollarische
Festlegungen und Hinweise an den Betreiber, nachträgliche Anordnungen,
Ordnungswidrigkeitsverfahren sowie Strafanzeigen. Abgesehen davon gebe es die Mittel
des Verwaltungszwanges und ähnliches. Am 12. Dezember 2006 sei eine unangemeldete
Kontrolle erfolgt. Im Ergebnis dessen sei am 9. August 2007 eine nachträgliche Anordnung
mit Datum vom 13. August 2007 dem Betreiber zugestellt worden.292
Die Zeugin Abendroth legte zur Überwachung293 dar, eine solche erfolgte in der Regel
durch den zuständigen Bearbeiter, also durch sie. Es sei nicht unüblich gewesen, dass in
unregelmäßigen Abständen sowohl ihre Sachgebietsleiterin als auch ihre Referentin
mitgefahren seien oder dass sie zusammen mit Kollegen aus dem Bereich der Emissionen
gefahren sei, die sich für andere Schwerpunkte, für Nebenanlagen, zum Beispiel die
Gasfassungsanlagen bzw. das Blockheizkraftwerk, das zur Gasfassung gehöre,
interessierten. Überwachungsgrundlage bilde der Runderlass zur Überwachung von
Abfallentsorgungsanlagen;
zusammen
mit
den
konkreten
Festlegungen,
Nebenbestimmungen der jeweiligen Bescheide.294
Die Zeugin erklärte weiter, sie habe bei der Feststellung von Problemen im Rahmen der
Überwachung es sich als Erstes notiert und vor Ort sofort gegenüber dem zuständigen
Personal des Betreibers mitgeteilt, was sie festgestellt habe und dass hier Abhilfe zu
schaffen sei. Sie habe es mit der Sachgebietsleiterin besprochen und einen
Entscheidungsvorschlag unterbreitet295. Die letztendliche Entscheidung, wie weiter
vorgegangen werde, sei in aller Regel abgestimmt gewesen. Wann hinsichtlich FreyburgZeuchfeld aufgrund der von ihr festgestellten Probleme, im Zusammenhang mit
Kunststoffanteilen und Ähnlichem, das erste Mal eine Entscheidung hätte getroffen werden
müssen, könne sie nicht sagen.296
Die Zeugin Wegener legte dar, wenn sie ein Protokoll ihrer Mitarbeiterin gesehen habe,
habe sie es abgezeichnet. Sie haben dann ein entsprechendes Gespräch geführt, wie
290
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 8 (Hoffmann), vgl. auch S. 19 (Hoffmann), vgl. auch S. 39 (Abgeordnete Rogée/ Trebs)
291
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 27 (Abgeordneter Graner/ Hoffmann)
292
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 20 ff. (Abgeordneter Lüderitz/ Hoffmann)
293
Vgl. Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Juni 2009, S. 53 f. (Vorsitzende Hunger/ Völzke) zum Ablauf einer Überwachung
294
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 28 (Abgeordneter Lüderitz/ Abendroth), S. 39 (Abgeordneter Miesterfeldt/ Abendroth) zum
Handeln nach dem Überwachungserlass, S. 41 f. (Vorsitzende Hunger/ Abendroth) zum normalen Ablauf einer
Überwachung
295
Vgl. dazu auch Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 13. Februar 2009, S. 8, 14 (Abgeordnete Rogée/ Wegener), S. 17 (Vorsitzende Hunger/
Wegener) Beispiel einer Anordnung
296
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 29 (Abgeordneter Lüderitz/ Abendroth), vgl. S. 35 f. (Abgeordnete Rogée/ Abendroth) zu
Protokollen/ Sachstandsberichten
57
weiter zu verfahren sei.297 Auf den Vorhalt der Abgeordneten Rogée, die ihr vorliegenden
Protokolle von der Zeugin Abendroth seien nicht von ihr (Zeugin Wegener) abgezeichnet,
äußerte die Zeugin Wegener, das lasse den Schluss zu, dass sie diese nicht gesehen
habe. Sie zeichne grundsätzlich ab. Auf den Vorhalt, wenn sie (die Zeugin Wegener) die
Protokolle nicht gesehen habe, könne sie auch nicht handeln, antwortete die Zeugin
Wegener, sie reden auch miteinander und sie sei dann informiert worden.298
Die Zeugin Lindemann sagte aus, sie habe nur für das erste Sachgebiet, bei den Sonderund Betriebsdeponien, verfügt, dass ihr alles vorgelegt werde, auch alle Protokolle.
Hinsichtlich des Bereiches der Zeugin Wegener - das seien die DK I und DK II - habe sie
das nicht getan. Da sei die Absprache gewesen, dass ihr das vorgelegt werde, was eine
gewisse Brisanz aufweise, dass sie sie informiere, sobald etwas von dem abweiche, was
man als normal bezeichnen könne. Die Zeugin Wegener sei eine sehr zuverlässige und
kompetente Sachgebietsleiterin.299
Auf Vorhalt, dass die Zeugin Abendroth in den Jahren 2005/ 2006 in Protokollen immer
wieder darauf aufmerksam gemacht habe, dass da Materialien liegen, die dort nicht
hingehören wie: „Deponiekörper ist teilweise nicht zufriedenstellend“ und warum das nicht
von ihr (Zeugin Lindemann) beachtet worden sei, bekundete die Zeugin Lindemann, sie
nehme an, dass die Zeugin Abendroth das als Einzelfall angesehen habe und ihr die
Tragweite nicht klar gewesen sei. Ansonsten hätte sie es (Protokoll) auf den Dienstweg
gegeben. Davon gehe sie aus. Bei ihr sei es nicht angekommen.300
Auf Vorhalt eines Protokolls vom 9. August 2007 zu einer außerordentlichen Kontrolle301
(AÜ 07 Seite 4), dort habe sie (die Zeugin Abendroth) festgestellt:
„Es liegt die Vermutung nahe, dass die Abfälle weder die bauphysikalischen
Festigkeitskriterien noch die chemischen Einlagerungskriterien für die DK I erfüllen,
siehe Foto 04/06/07/09.“,
erklärte die Zeugin Abendroth, welche Festlegungen getroffen wurden, lasse sich an den
Mitzeichnungen der jeweiligen auf den Sachverhalt erfolgten Reaktionen nachvollziehen.
Nach diesen Feststellungen sei ein Schreiben an den Zweckverband mit dem dargestellten
Sachverhalt geschickt worden. Ihm sei die Möglichkeit gegeben worden, sich zum
Sachverhalt zu äußern und er sei aufgefordert worden, die festgestellten Mängel zu
beseitigen. Solche Entscheidungen würden vom Sachgebietsleiter und von der Referentin
mitgetragen.302 Der Zweckverband habe die entsprechenden Unterlagen - mit
Nachforderungen - vorgelegt, die sie ausgewertet habe. Dies mache sie als
Sachbearbeiterin nicht allein; das sei immer abgestimmt gewesen - auch die untere
297
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 14 (Abgeordnete Rogée/ Wegener)
298
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 25 (Abgeordnete Rogée/ Wegener)
299
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 32 f. (Vorsitzende Hunger/ Lindemann)
300
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 49, 50 (Abgeordnete Rogée/ Lindemann)
301
Vgl. auch Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 35 (Abgeordnete Rogée/ Abendroth) zur außerplanmäßigen Kontrolle
302
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 29 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Abendroth)
58
Abfallbehörde der zuständigen Erzeugerbehörden seien informiert worden303, dass von den
Abfällen, die in der Kritik stehen, ein Großteil aus ihrem Einzugsgebiet und damit auch aus
ihrem Verantwortungsbereich kommen. Ergebnis sei die Feststellung gewesen, dass die
Abfälle der Schlüsselnummer 19 12 09 - nur um diese sei es gegangen - die
Einlagerungskriterien für die DK I für die Parameter Glühverlust und TOC und auch
lipophile Stoffe, nicht einhalten und überschreiten. Neben diesen Überschreitungen habe es
geringfügige Überschreitungen für einzelne Schwermetallparameter gegeben.304
Hinsichtlich eines Schreibens der Zeugin Lindemann an das Ministerium für Landwirtschaft
und Umwelt - Postausgang 10. August 2007 -, worin es heißt:
„Eine unangemeldete Kontrolle am 09.08.2007 ergab keine Auffälligkeiten im
Rahmen der Nachweisführung. Es wurde eine zusätzliche Kontrolle der auf der
Deponie vorgefundenen Abfälle veranlasst.“
erklärte die Zeugin Abendroth, sie hätten einen sehr hohen Plastikanteil festgestellt, der die
Vermutung nahelegt habe, dass die Einlagerungskriterien nicht eingehalten wurden. Ein
Verstoß gegen die Plangenehmigung lasse sich daraus noch nicht ableiten. Dazu habe es
weiterer Untersuchungen bedurft, die dann auch vorgenommen worden seien. Zum
Beispiel habe sich der Betreiber erst mal positionieren müssen, unter welcher
Abfallschlüsselnummer das gekommen sei. Und nachdem er sich zur 19 12 09 bekannt
habe, habe erst die Äußerung getroffen werden können, dass das keine seien. Das sei der
Beginn einer Reihe von Untersuchungen und Überprüfungen gewesen, die erst gegen
Ende des Jahres abgeschlossen worden seien.305
In diesem Sinne führte auch die Zeugin Wegener aus, sie würden dem Betreiber immer die
Möglichkeit geben, ihnen erst mal selbst darzulegen, inwieweit er für seine Deponie die
Zuordnungswerte eingehalten habe. Das haben sie auch in Freyburg-Zeuchfeld so
gehandhabt. Erst, wenn sie mit dem Umfang oder mit der Durchführung nicht
einverstanden seien, würden sie den Schritt gehen und selbst Beprobungen initiieren.306
Auf die Frage, weshalb die Behörde nicht selbst eine eigene Beprobung angeordnet habe,
sagte die Zeugin Abendroth aus, das sei nicht die Praxis und vom Überwachungserlass
nicht gefordert gewesen.307 Die Zeugin erklärte weiter, sie sei wohl nicht berechtigt, eine
Analyse zu beantragen. Eine solche Situation habe sie aber noch nicht gehabt. Mit der
Beantragung einer Analyse würden immer Mittel zusammen hängen und darüber verfüge
sie nicht als Sachbearbeiter. Sie hätte also niemals allein diesen Schritt gehen können.308
Zu dem immer wieder in Überwachungsprotokollen befindlichen Vermerk „vermehrt
Kunststoff, höhere Anteile Kunststoff vor Ort vorgefunden“ führte die Zeugin Wegener aus,
303
Vgl. Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 45 (Abgeordneter Kley/ Abendroth) zur Information der Erzeugerbehörden
304
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 38 (Abgeordneter Lüderitz/ Abendroth)
305
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 30 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Abendroth), S. 32 f. (Abgeordneter Kley/ Abendroth)
306
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 18 f. (Abgeordnete Rogée/ Wegener)
307
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 32 f. (Abgeordneter Kley/ Abendroth)
308
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 36 (Abgeordnete Rogée/ Abendroth)
59
Kunststoffabfälle vor 2005 seien anders zu betrachten als die nach 2005. Ab dem 1. Juni
2005 durften nur noch behandelte Abfälle angenommen werden. 2006 haben sie alle
Deponien noch einmal kontrolliert, ob sie diese Gesetzesänderung einhalten. Da seien
viele der vorher abgelagerten Abfälle noch nicht komplett abgedeckt gewesen. Zu
Freyburg-Zeuchfeld könne sie sich erinnern, dass die Zeugin Abendroth in einem Protokoll
vermerkt habe „70 bis 80 % seien abgedeckt mit Mineralik.“ Da habe die Zeugin Abendroth
natürlich auch „Kunststoffabfälle sind noch zu sehen“ angeführt. Die besondere Auffälligkeit
von Kunststoffabfällen habe sich erst im August 2007 bei einer Kontrolle herausgestellt.309
Hinsichtlich eines Protokolls der Zeugin Abendroth vom 19. Dezember 2007, worin es
heißt:
„Das bei der vorangegangenen Überwachung festgestellte Fremdmaterial war über
weite Strecken jedoch nicht vollständig abgedeckt.“
„Überschoben wurde es mit Abfällen, deren mineralischer Anteil zwar bedeutend
höher war, welches jedoch nach wie vor Kunststoffanteile enthielt.“
stellte die Zeugin Wegener dar, die Zeugin Abendroth habe die Frage, ob das neue Abfälle
seien, verneint und erklärt, dass seien die Abfälle, die sie auch gesehen habe, dass es jetzt
nur planiert worden sei. Der Betreiber habe ihnen in seinen Unterlagen versichert, dass
keine Abfälle von diesen Firmen mehr angenommen worden seien, die sie gesperrt
hätten.310
Die Zeugin Wegener bekundete außerdem, dass sie erst im Nachhinein festgestellt haben,
dass ihnen der Betreiber nicht alle Unterlagen vorgelegt habe. Die Prüfung der
Wiegelieferscheine sei stichprobenweise für den Tag erfolgt.311
Die Zeugin Lindemann erklärte zu den Vorgängen im Zusammenhang mit der
Deponieüberwachung am 9. August 2007312, dass die Überwachung vom 9. August 2007
außerplanmäßig gewesen sei und auf der Anzeige des BVSE von Anfang August (2007)
beruhte. Es sei dabei nicht nur um Freyburg-Zeuchfeld gegangen, sondern es seien viele
Anlagen gewesen. Zu den überprüften Deponien hätten vier Deponien in Sachsen-Anhalt
gehört, darunter Freyburg-Zeuchfeld.
Bei einer Deponien, die in der Zuständigkeit des Landkreises gelegen habe und für die nur
eine Zuständigkeit als Fachaufsichtsbehörde bestand, habe sich nichts bestätigt, es sei, so
die Zeugin Lindemann, vollkommen aus der Luft gegriffen gewesen.
Bei den anderen drei Deponien, die sich im Zuständigkeitsbereich des
Landesverwaltungsamtes befunden hätten, darunter auch Freyburg-Zeuchfeld, wurde am
8. und 9. August 2007 mit entsprechenden Kontrollen begonnen. Ebenso wie bei den
anderen beiden Deponien, wo sich keine Auffälligkeiten zeigten, sei auch in FreyburgZeuchfeld im Zusammenhang mit den Vorwürfen nichts zu sehen gewesen. Die Zeugin
309
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 8 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Wegener)
310
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 14 f. (Abgeordnete Rogée/ Wegener), S. 16 (Abgeordneter Kley/ Wegener)
311
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 16 f. (Abgeordneter Kley/ Wegener)
312
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 36 (Abgeordneter Lüderitz)
60
Abendroth sei wieder gekommen und habe gesagt, sie habe Plasteabfälle gesehen. Das
gehe auch aus dem Protokoll hervor. Sie, die Zeugin Lindemann, habe daraufhin die Frage
gestellt: In welchem Umfang? In welchen Ausmaßen? Ist es illegal oder ist es noch
19 12 09 oder ist es eine andere Schlüsselnummer? - Das habe die Zeugin Abendroth ihr
damals nicht beantworten können. Das habe sie nachvollziehen können, da ihnen jegliche
konkrete Daten fehlten.
Weiter erklärte die Zeugin Lindemann, sie habe aufgrund des Umstandes, dass sich die
Anschuldigungen bei den anderen Deponien als nicht richtig erwiesen hätten, eine gesunde
Skepsis gehabt313 und sei dann mit der Hausleitung so verblieben, dass sie dem
Ministerium keine Verdächtigungen oder irgendwelche Mutmaßungen übermitteln, sondern
nur das, was an Fakten vorliege und was sie nachweisen können.
Daraufhin habe sie festgelegt, dass sie unmittelbar darauf - am 13. August 2007 - eine
Anordnung an den Betreiber schicken mit der Festlegung, dass er ihnen alle erforderlichen
Daten und Unterlagen schicke, um eine fundierte Aussage treffen zu können. So sei sie
auch mit dem Ministerium verblieben.314
Auf den Vorhalt, sie habe an das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, Herrn Bauer,
geschrieben (Ordner Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, Überwachung allgemein,
Seite 295):
„Deponie Freyburg-Zeuchfeld ist seit dem 31. Mai 2005 geschlossen.“
erklärte die Zeugin Lindemann, sie könne sich nicht erinnern, dass da „geschlossen“ stehe.
Die Deponie sei ja in Betrieb.315 Das mit dem „geschlossen“ könne sich nur auf die DK II
beziehen. Sie habe mit Herrn Bauer besprochen, dass sie nichts Konkretes wissen, dass
sie auch keine Illegalität bestätigen können, da ihnen jegliche Daten in dem Augenblick
gefehlt haben. Am 10. August 2007 sei dieser Bericht an das Ministerium für Landwirtschaft
und Umwelt gegangen. Sie seien so verblieben, dass sie versuchen, das aufzuklären.316
Terminstellungen seitens des Ministeriums habe es nicht gegeben. Das Ministerium sei
ständig über die Entwicklung auf dem Laufenden gehalten worden. 317 Der Kontakt zum
Ministerium bestehe ausschließlich über den Referatsleiter, außer im Vertretungsfall. Es sei
ein ständiger Kontakt.318
Auf die Fragen, weshalb sie keine eigene Analytik angestrebt haben, sondern wieder auf
den Betreiber zugegangen seien und Unterlagen angefordert haben und ob nicht ein
schnelleres Handeln erforderlich gewesen wäre, antwortete die Zeugin Lindemann, die
BVSE- Meldung sei Anfang August 2007 gekommen, am 9. August 2007 sei die Kontrolle,
am 13. die Anordnung erfolgt. Sie halte das für relativ schnell, schneller könne man kaum
313
Vgl. dazu auch Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 13. Februar 2009, S. 43 f. (Abgeordneter Kley/ Lindemann)
314
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 36 f. (Lindemann)
315
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 37 (Abgeordneter Lüderitz/ Lindemann)
316
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 38 f. (Abgeordneter Stadelmann/ Lindemann), S. 39 f. (Vorsitzende Hunger/ Lindemann)
317
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 39 (Abgeordneter Stadelmann/ Lindemann)
318
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 39 (Vorsitzende Hunger/ Lindemann)
61
reagieren. Der Betreiber habe ihnen dann seine Analysen geschickt, alles was sie
abgefordert haben. Das habe sich hingezogen. Es seien auch vier Schreiben dabei
gewesen, darin habe der Betreiber von sich aus, ehe sie überhaupt tätig geworden seien,
Abfälle aus vier Anlagen aufgrund erhöhter Werte hinsichtlich 19 12 09, die er selbst
festgestellt habe, zurückgewiesen319. Das sei für sie ein Zeichen gewesen, dass der
Betreiber seiner Verantwortung gerecht werde320. Sie hätten dann auch dem Saalekreis
mitgeteilt, um welche Firmen es gehe und diesem gleichzeitig auch die Kopien
mitgeschickt, die ihnen der Deponiebetreiber zu den Schließungen übergeben habe, damit
der Saalekreis im Rahmen seiner Erzeugerpflicht als Erzeugerbehörde tätig werden konnte.
Die Zeugin Abendroth habe dann beim Abgleich mit dem Jahresbericht festgestellt, so die
Zeugin Lindemann weiter, dass wesentliche Mengen gefehlt haben321. Es seien Berge von
Papier durchzuwühlen gewesen, was ein bisschen Zeit gekostet habe. Sie haben das dann
nachgefordert. Ende Oktober 2007 habe sie zusammen mit der Zeugin Wegener und der
Zeugin Abendroth entschieden, wie sie damit weiter umgehen. Sie finde das zeitlich nicht
zu weit auseinander.322
Die Zeugin Lindemann sagte ferner aus, seitens ihrer Behörde habe man keinen Grund
gesehen, die Analysen nicht über den Betreiber machen zu lassen. Es sei eine Kette, erst
über den Betreiber und erst in einem zweiten oder in einem dritten Schritt über das
Landesverwaltungsamt Proben zu nehmen323. In 2008 habe sich die Situation geändert und
es seien durch das Landesverwaltungsamt Analysen in Auftrag gegeben worden.324
Die Frage, ob bei den Analysen, die vom ZAW zur Deponie Freyburg-Zeuchfeld zugestellt
worden seien, nicht aufgefallen sei, dass es immer ein Büro gewesen sei und die
Grenzwerte immer millimeterscharf unterschritten gewesen seien, bejahte die Zeugin
Lindemann und führte aus, das sei ihnen durchaus aufgefallen, aber das sei erst im Jahre
2008 gewesen. Deswegen wurden dann eigene Analysen gemacht. Zudem habe es sich
um kein zertifiziertes Probennahmelabor gehandelt. Der Landkreis sei erst mal selbst tätig
geworden. Er habe mit ihnen zusammen Probennahmen veranlasst. Sie haben dann auf
eigene Veranlassung hin noch ein drittes Mal Proben genommen.325
Der Zeuge Zender bekundete, hinsichtlich der Überwachungen könne man durchaus
erkennen, dass die zuständige Mitarbeiterin, die die Vor-Ort-Kontrollen gemacht habe,
möglicherweise nicht die Sensibilität gehabt habe, um zu erkennen, was später vielleicht an
Dimensionen herausgekommen sei. Er beziehe sich auf die zuständige Sachbearbeiterin,
319
Vgl. dazu auch Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 13. Februar 2009, S. 41 f. (Vorsitzende Hunger/ Lindemann) zu Kontrolle des
Lieferstopps
320
Vgl. dazu auch Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 13. Februar 2009, S. 40 (Abgeordneter Lüderitz/ Lindemann)
321
Vgl. auch Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 41 (Vorsitzende Hunger/ Lindemann) schmälern fehlende Unterlagen das Vertrauen in ein
Unternehmen
322
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 37 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Lindemann)
323
Vgl. dazu auch Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 13. Februar 2009, S. 42 f. (Abgeordneter Graner/ Lindemann) zur Pflicht des Betreibers
Daten zu übergeben
324
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 40 (Abgeordneter Lüderitz/ Lindemann), S. 49 f. (Abgeordnete Rogée/ Lindemann)
325
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 40 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Lindemann)
62
die sich vor Ort tatsächlich die Abfälle und die Deponiezustände angesehen habe, die
Zeugin Abendroth.326
Der Zeuge Mock sagte aus, als der Landrat von seinem Kuraufenthalt zurückgekehrt sei
und die Geschäfte im April 2008 dann weiter geführt habe, sei festgelegt worden, dass sie
als untere Abfallbehörde ab sofort auch die kreiseigenen Deponien, für die sie nicht
zuständig gewesen seien, im Rahmen der Überwachung mit kontrollieren sollten. Das sei
so erfolgt. Aber das sei dann zu dem Zeitpunkt gewesen, als für die Deponie in FreyburgZeuchfeld ein Annahmestopp durch das Landesverwaltungsamt verhängt wurde, sodass zu
der Zeit ihrer Überwachung keine weiteren Anlieferungen erfolgt seien.327
bb.
Die Überwachung durch den Landkreis
Häufigkeit der Kontrollen
Im Rahmen der Befragung der Zeugen durch den Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschuss gaben die Vertreter der Unternehmen eine höhere Zahl von
Kontrollen durch Mitarbeiter des Burgenlandkreises an, als diese Kontrollen durchgeführt
haben wollen. So gaben die Zeugen Steffi Knopf, als Kreisinspektor in der unteren
Abfallbehörde im Landkreis Saalekreis tätig 328, Dietrich Trebs, Amtsleiter des Amtes für
Immissionsschutz und Abfallwirtschaft im Burgenlandkreis, und Breuer329 an, zweimal im
Jahr Kontrollen durchgeführt zu haben. Die Zeugin Knopf meinte, aus gegebenem Anlass
seien Kontrollen in verschiedenen Anlagen öfter durchgeführt worden. 330 So habe es nach
Aussage des Zeugen Breuer mehrere Brandvorfälle auf den Anlagen gegeben, weswegen
sie intensiver hätten kontrollieren müssen. Beginnend ab Mitte 2005 seien die Anlagen
wesentlich überfrachtet gewesen und sie hätten ordnungsrechtlich einschreiten müssen.331
Demgegenüber erklärte der Zeuge Schnur, es habe mehr als acht unangekündigte
Kontrollen gegeben.332 Der Zeuge Böhme sprach von regelmäßigen, mindestens einmal im
Quartal erfolgten Kontrollen.333
326
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 7 (Vorsitzende Hunger/ Zender), S. 25 (Abgeordneter Graner/ Zender) Ursache für nicht
ausreichende Sensibilität
327
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 32 (Vorsitzende Hunger/ Mock)
328
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 64 (Knopf)
329
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 37 (Abgeordneter Lüderitz/ Trebs), S. 52 (Abgeordneter Kley/ Breuer) Kontrollen zweimal im Jahr
330
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 64 (Knopf)
331
So auch Helms, Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 17. April 2009, S. 18 (Abgeordneter Kley/ Helms), S. 25, 26 (Abgeordneter Lüderitz/
Helms), S. 29 f. (Abgeordnete Rogée/ Helms) Überfrachtung; Vgl. dazu auch Niederschrift über die 13. - öffentliche Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni 2009, S. 57 (Abgeordneter Kley/ Völzke)
332
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 95 (Abgeordneter Kley/ Schnur)
333
Vgl. dazu Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 66 f. (Abgeordneter Graner/ Böhme) zu unangemeldet und von unterschiedlichen Personen
63
Schwerpunkte der Kontrollen
Der Zeuge Trebs führte aus, die Jahre 2005 und 2006 seien eine Übergangszeit gewesen.
Das
Hauptaugenmerk
sei
zunächst
darauf
gerichtet
gewesen,
einen
genehmigungskonformen Betrieb mit einer entsprechenden Lagerordnung zu
gewährleisten.334
Die Zeugen Mock335, Breuer und Trebs336 bekundeten, im Zuge der Überwachung der
Stoffströme seien die Papiere mit den Schlüsselnummern oder den Bezeichnungen der
Abfallströme, also Input und Output, kontrolliert worden. Es habe aber keinen Zweifel an
den Materialien bestanden. Der Landkreis habe auch nicht in der Verantwortung
gestanden, Proben von den Abfällen zu nehmen, die rechtskonform auf den
Betriebsflächen der Unternehmen lagerten, (die Abfall an die Deponie Freyburg-Zeuchfeld
lieferten).337
Ablauf der Kontrollen
Zum Ablauf einer Kontrolle führte die Zeugin Knopf aus:
Begehungen würden im Normalfall von zwei Personen vorgenommen. Im Fall der LBR
habe sie Amtshilfe von der Polizei erhalten, weil immer erst diskutiert worden sei, dass sie
nicht auf die Anlage dürfen. Gegebenenfalls hätten weitere Personen teilgenommen.338 Der
Betriebsleiter der Anlage nehme an der Begehung regelmäßig teil. Soweit dies erforderlich
sei, seien bei der Durchsicht der Betriebsbücher noch Mitarbeiter zugegen, um Fragen zu
beantworten. Zu einer Begehung sei es nicht erforderlich, den Geschäftsbetrieb
einzustellen339, um gerade auch der Behörde zu zeigen, wie gearbeitet werde, welche
Probleme anfallen und wie Abfälle aufbereitet werden.340
Entweder führe sie zuerst die Betriebsbegehung in den Anlagen durch und anschließend
nehme sie Einsicht in die Betriebstagebücher oder umgekehrt. Das hänge von der Situation
Vorort ab. Sie bereite Fragen vor, die sie als Abfallbehörde betreffen. 341 Bei der Begehung
habe man immer den Genehmigungsbescheid und den Lageplan dabei, der gesplittet sei
334
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 37 (Abgeordneter Lüderitz/ Trebs)
335
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 33 f. (Vorsitzende Hunger/ Mock), S. 35 (Abgeordneter Lüderitz/ Mock)
336
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 37 (Abgeordneter Lüderitz/ Trebs), S. 52 (Abgeordneter Kley/ Breuer)
337
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 37 (Abgeordneter Lüderitz/ Trebs), S. 52 (Abgeordneter Kley/ Breuer); Niederschrift über die 16. öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 30. Oktober 2009, S. 33 f.
(Vorsitzende Hunger/ Mock), S. 35 (Abgeordneter Lüderitz/ Mock)
338
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 64 (Vorsitzende Hunger/ Knopf)
339
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 65 (Abgeordnete Rogée/ Knopf), vgl. auch S. 67 (Abgeordneter Graner/ Knopf)
340
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 65 (Abgeordnete Rogée/ Knopf)
341
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 63 (Knopf)
64
nach Lagermengen und Abfallschlüsselnummern. Damit werde geprüft, ob die
Abfallschlüsselnummern tatsächlich optisch dem Abfallschlüssel entsprechen und die
Mengen eingehalten werden.
Seit vergangenem Jahr würde sie zunehmend versuchen, Analysen von den Abfällen zu
nehmen. Entweder werde dies mit dem Anlagenbetreiber abgestimmt oder er erhalte die
Auflage, Analysen zu nehmen. Analysen zu veranlassen sei aber nicht üblich, weil es
Kosten für den Anlagenbetreiber verursache. So hätten die Kosten der letzten Analyse bei
2 500 Euro gelegen. Es seien aber mehrere Boxen beprobt worden. Um die Kosten für den
Anlagenüberwacher gering zu halten, hätten sie auf ihre Kosten jemanden mitgenommen,
der sich mit der Hot - Spot - Beprobung auskenne. Mittels eines Infrarotgerätes hätten sie
überprüft, ob die Abfälle Schwermetalle enthalten. Nur wenn das Gerät Überschreitungen
angezeigt habe, hätten sie eine ordentliche PN - Analytik mit dem Labor vorgenommen.342
Für seriöse Anlagenbetreiber seien Analysen völlig unproblematisch. In den anderen
Fällen, beispielsweise bei der LBR, hätte sie im vergangenen Jahr verstärkt Analysen
genommen und auch entsprechende Anordnungen getroffen.343
Zum Ablauf einer Kontrolle erklärte der Zeuge Bufé, zunächst würden sich die Damen und
Herren ordnungsgemäß anmelden, anschließend würde in einer Besprechung erläutert,
worum es gehe. Dann gehe man zusammen mit dem Zeugen Deppenmeier und einem
weiteren Mitarbeiter auf den Hof zur Probennahme aus den verschiedenen Boxen. Die
Kontrolle dauere meist einen halben Tag. In dieser Zeit seien sie nicht betriebsfähig. Er
selbst habe an solchen Kontrollen nicht teilgenommen.344
Anders als der Zeuge Bufé bekundete der Zeuge Hunger, er könne sich nicht erinnern,
dass der Betrieb durch Behördenbegehungen behindert worden sei.345 Demgegenüber
bejahte der Zeuge Deppenmeier eine Behinderung der Tätigkeit des Betriebes. Er führte
aus, die Behörde sei grundsätzlich nicht so zu den Kontrollen angetreten, wie es nach
Arbeitsschutzmaßnahmen hätte sein müssen. Sie haben den Betrieb einstellen müssen.
Wenn man weder mit Helm noch mit Arbeitsschutzschuhen etc. ankomme, müsse der
Betrieb eingestellt werden, damit keine Personen zu Schaden kämen. 346 Entsprechend
äußerte sich der Zeuge Bufé.347
Zu dem Vorwurf der Verwendung vorschriftswidriger Kleidung befragt, versicherte die
Zeugin Knopf, aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit arbeitsschutzrechtlich ausgestattet zu
sein. Zur Ausstattung gehörten Arbeitsschutzjacken, - helme und - schuhe. Sie selbst habe
alte Schuhe als Arbeitsschutzschuhe, da Arbeitsschutzschuhe für sie, wegen ihrer kleinen
Schuhgröße, 350 Euro gekostet hätten.348 Auf die Anmerkung des Abgeordneten Graner,
dass es offensichtlich keine Regelungen gebe, die festlegen, wie die Personen
342
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 67 f. (Abgeordneter Graner/ Knopf)
343
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 68 (Abgeordneter Graner/ Knopf)
344
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 51 f. (Vorsitzende Hunger/ Bufé)
345
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 12.
März 2010, S. 25 (Vorsitzende Hunger/ Hunger)
346
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 12.
März 2010, S. 46 (Vorsitzende Hunger/ Deppenmeier)
347
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 41 (Bufé)
348
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 66 (Abgeordnete Rosmeisl/ Knopf), S. 67 (Abgeordneter Graner/ Knopf)
65
auszustatten seien, die Kontrollen in Sortieranlagen durchführen, antwortete die Zeugin, sie
kenne keine.349
Die Prüfung von Transportscheinen
Zu den Transportscheinen erklärte die Zeugin Abendroth, aus den Transportscheinen seien
sowohl die dem Gesetz entsprechenden Abfallschlüsselnummern, zum Beispiel 19 12 09,
und immer auch spezifische Kennziffern des Anlagenbetreibers zu ersehen gewesen. Die
Kennziffern würden der Preisbildung dienen. Bei bestimmten Artikeln, wie Steinen oder
Erden, gebe es noch einmal Abstufungen je nach Reinheitsgrad usw. Die
Schlüsselnummern beinhalten ein Kürzel, aus dem man erkenne, wohin die Lieferungen
gehen. Zum Beispiel gehen alle mit „U“ deklarierten Lieferungen auf die Umladestation; die
mit „KA“ in die Kompostierung, also auf den Grünschnittplatz, und die mit „D“ auf die
Deponie.350
Auf die Frage nach der Prüfung von Lieferscheinen, Begleitscheinen und
Übernahmescheinen bekundete der Zeuge Breuer, Transportscheine seien durch seine
Behörde erst ab dem 5. Mai 2008 geprüft worden. Ab diesem Datum habe sie der
stellvertretende Landrat aufgefordert, sporadisch Überwachungen, unangekündigt auf den
Deponien Nißma und Freyburg-Zeuchfeld durchzuführen. Bei diesen Kontrollen seien die
Transportscheine hinterfragt und auch die dazugehörigen Deklarationsanalysen von der
Abfallwirtschaft abgefordert worden. Vor dieser Zeit sei der Burgenlandkreis nicht zuständig
gewesen, die Transportscheine zu überprüfen. Sie hätten lediglich hin und wieder Scheine
von den Abfallerzeugern abgefordert, um zu hinterfragen, wo werde das Material entsorgt,
wie ist die Qualität.351
Nach Aussage des Zeugen Hoffmann ist die Falschdeklaration von Abfällen letztlich nur
prüfbar, wenn der Überwachende gerade in dem Augenblick am Betriebstor sei, wenn der
Lkw einfahre und dieser die Abfälle und den entsprechenden Transportschein sehe. Die
Möglichkeiten des Überwachenden würden zusätzlich dadurch eingeschränkt, dass
Anlieferer für Abfälle, die nicht dem gefährlichen Bereich angehören, aufgrund der
vereinfachten Nachweisverordnung seit dem 1. Januar 2002 keine weiteren Unterlagen
mehr mit sich führen müssen.352
Der Vorwurf der Fälschung von Analyseergebnissen
Der Zeuge Bufé warf den Mitarbeitern der unteren Abfallbehörde des Burgenlandkreises
vor, diese hätten Analysen gefälscht. Dabei sei es darum gegangen, sich weitere Auftritte
für Untersuchungen mit mindestens zwei bis drei Personen in Uniform zu verschaffen und
349
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 66 f. (Abgeordneter Graner/ Knopf)
350
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 47 (Abgeordneter Kley/ Abendroth, vgl. auch S. 63 f. (Abgeordneter Stadelmann/ Horn)
351
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 49 (Abgeordneter Graner/ Breuer)
352
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 9 f. (Hoffmann)
66
eine Anordnung erlassen zu können, die ihnen auferlegt habe, die nächsten sechs Monate
monatlich aus bis zu acht Lagerboxen Analysen nach deren Vorgaben zu nehmen.
Auf die Frage, ob der Zeuge belegen könne, dass Analysen gefälscht worden seien, führte
der Zeuge Bufé aus, bei ihnen seien Analysen gezogen und deren Ergebnisse in Form
einer Excel-Tabelle vorgelegt worden. Da sei zum Beispiel belegt, dass sie in der Box 8 bis
1 einen PCB-Gehalt von 2 138 mg gehabt hätten. Das sei katastrophal. Sie hätten aber
Gegenproben zu der Sache genommen. Er habe zu drei von den Gegenproben die
Analysen vorliegen. Der Zeuge hat die Prüfberichte der Vorsitzenden des Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses in der 20. Sitzung des Ausschusses in
Kopie übergeben. Da sei der höchste PCB - Gehalt 5,3 mg und nicht 2 500 mg. Die
Nachfrage, ob die Gegenproben zum gleichen Zeitpunkt durch den gleichen Probennehmer
genommen worden seien, bejahte der Zeuge.353 Der Zeuge bestätigte, die von ihm in
Bezug genommenen und vorgelegten Analysen betreffen das Jahr 2009 und nicht das Jahr
2007. Zu der Analyse von 2007, die durch die untere Abfallbehörde genommen worden sei,
wolle er keine Aussage treffen.354 Die von ihm vorgelegten Analyseergebnisse seien von
der unteren Abfallbehörde genommen worden.355 Der Zeuge bestätigte, dass die untere
Abfallbehörde den Probennehmer uec Berlin gehabt habe und er die Proben von diesem
Probennehmer erhalten habe.356 Die Vorsitzende Hunger hat dazu ausgeführt, damit werde
nicht klar, dass das wirklich die gleiche Probe sei, die auch von der unteren Abfallbehörde
untersucht worden sei.357
Auf den Vorwurf der Analysenfälschung angesprochen, erklärte die Zeugin Knopf, der
Zeuge Bufé spreche immer von Gegenanalysen. Sie kenne aber keine und er habe noch
nie eine vorgelegt. Zu den vom Zeugen Bufé an den Ausschuss übergebenen Prüfberichten
zu der Analyse der unteren Abfallbehörde sagte die Zeugin, diese seien ihr nicht
bekannt.358 Die Analytik werde durch die LBR ständig angezweifelt. Sie könne versichern,
dass die Fachleute die Analysen ordnungsgemäß vornehmen. Die PN 98 schreibe
entsprechende Maßnahmen vor.359
Auf Nachfrage äußerte der Zeuge Bufé, es habe sich bei dem Analyseergebnis
möglicherweise auch nur um einen Fehler gehandelt. Vorsätzlich wolle er es nicht
nennen.360
353
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 47 f. (Vorsitzende Hunger/ Bufé), S. 49 (Bufé)
354
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 60 (Abgeordneter Graner/ Bufé)
355
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 60 (Abgeordneter Kley/ Bufé)
356
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 60 (Abgeordneter Kley/ Bufé)
357
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 60 (Vorsitzende Hunger/ Bufé)
358
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 73 (Vorsitzende Hunger/ Knopf)
359
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 72 (Knopf)
360
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 50 f., 58 (Bufé)
67
Beanstandungen
Die Beanstandungen bezogen sich insbesondere auf die Überfrachtung der Anlagen.361
Hinsichtlich der SVG Recycling sagte der Zeuge Mock aus, dass die Lagerung auf dem
Gelände nicht der Genehmigung nach dem BImSchG entsprechend erfolgt sei.
Insbesondere die dort abgelagerten Mengen hätten nicht den Genehmigungen
entsprochen.362 Hierzu sagte der Zeuge Böhme, es sei um eine unwesentliche
Überfrachtung im Input-Bereich gegangen.363 Der Zeuge Schnur erklärte, es seien
geringfügige Überschreitungen der Lagermenge, die Nichteinhaltung der Lagerordnung und
ähnliches festgestellt worden. Man habe versucht, dies im letzten Jahr abzustellen. 364 Zu
Überfrachtungen bekundete der Zeuge Deppenmeier, daran könne er sich gar nicht
erinnern, wenn überhaupt seien es kurzfristig geringe Mengen gewesen. Diese seien dann
verkauft worden, aber wie, wisse er nicht mehr. Darauf habe er auch keinen Einfluss
gehabt. Zu der Frage, wie mit dort abgelagerten Stoffen oder Abfällen verfahren worden
sei, die dort nicht hingehörten, bekundete er, das sei nicht der Fall gewesen. Ihm sei nur
eine Sache aus dem Jahr 2008 bekannt, als die Firma MUEG über ihren Bahngleis
kontaminierte Schlämme umgeschlagen habe.365
Der Zeuge Breuer führte außerdem aus, bei Kontrolle der Abfallströme sei ihnen
aufgefallen, dass so genannte mineralische Abfälle in Größenordnungen auf die ZAWDeponien gelangt seien. Sie hätten dann die Unternehmen aufgefordert, diese Abfallströme
darzulegen, und hätten selbst in der Überwachung die Bücher kontrolliert und feststellen
müssen, dass ca. 3 000 bis 4 000 t im Monat auf die Deponie gegangen seien. Die
Feststellung sei Mitte 2006 getroffen worden und sie hätten als untere Abfallbehörde im
Rahmen des Dienstweges den Amtsleiter über die Geschehnisse informiert. Dieser habe
festgelegt, dass ein Gespräch mit dem Zweckverband zu führen sei. Das Gespräch habe
dann zwischen dem Amtsleiter, Herrn Beckmann und dessen Kollegen, der die
Anlagenüberwachung dort durchführe, stattgefunden. Im Rahmen des Gesprächs sei
dargelegt worden, dass alles seine Richtigkeit habe, die Analysen nachvollziehbar seien
und es keine Beanstandung gebe. Aus dem Grunde sei er, Breuer, nicht mehr gehalten
gewesen, hier weiter zu recherchieren.366 Das sei ihm durch seinen Vorgesetzten, den
Zeugen Helms, so vorgegeben worden.367
361
So auch Helms, Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 17. April 2009, S. 18 (Abgeordneter Kley/ Helms), S. 25, 26 (Abgeordneter Lüderitz/
Helms), S. 29 f. (Abgeordnete Rogée/ Helms) Überfrachtung; vgl. dazu auch Niederschrift über die 13. - öffentliche Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni 2009, S. 57 (Abgeordneter Kley/ Völzke)
362
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 33 (Vorsitzende Hunger/ Mock)
363
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 63 (Vorsitzende Hunger/ Böhme)
364
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 95 (Abgeordneter Kley/ Schnur)
365
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 12.
März 2010, S. 48 (Abgeordneter Lüderitz/ Deppenmeier)
366
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 45 (Abgeordneter Kley/ Breuer), vgl. auch S. 53; so auch Helms, Niederschrift über die 11. öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 17. April 2009, S. 18 f., 20
(Abgeordneter Kley, Abgeordneter Lüderitz/ Helms)
367
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 45 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Breuer)
68
Hierzu sagte der Zeuge Helms, im Jahre 2006 sei festgestellt worden, dass erhebliche
Mengen Bauschutt auf die Deponie Freyburg-Zeuchfeld gegangen seien. Daraufhin habe
es ein Gespräch mit dem Technischen Leiter, mit dem Bearbeiter und mit dem
Geschäftsführer des Zweckverbandes gegeben. Es sei ihnen noch einmal ausdrücklich
versichert worden, dass die Eigenüberwachung keinerlei Unregelmäßigkeiten aufweise,
dass es sich nur um mineralische Reststoffe handle und die Mengen stimmen. Über das
Gespräch müsste auch ein Protokoll vorliegen.368 Die Frage, ob er seinen Vorgesetzten,
den Landrat, der gleichzeitig Verwaltungsratsvorsitzender des Zweckverbandes gewesen
sei, über das Gespräch in Kenntnis gesetzt habe, verneinte der Zeuge. 369
Weiterleitung von Erkenntnissen
Die Zeugin Knopf gab an, Feststellungen zu belasteten Materialien nicht an die
privatwirtschaftlich tätigen Empfänger der Materialien weitergeben zu dürfen. Sie setze sich
mit den entsprechenden Abfallbehörden, wo die Haupt - Outputwege seien, in Verbindung.
Das sei ihre Pflicht, damit die Behörden vor Ort überprüfen, ob dort eine ordnungsgemäße
und schadlose Verwertung erfolge.370
Über den Ausschluss von Unternehmen von einer weiteren Anlieferung habe es keine
Rückkopplung zwischen dem damaligen Zweckverband und dem Burgenlandkreis
gegeben.371 Ob und inwieweit es aufgrund der Überwachung von Stoffströmen
Abstimmungen mit benachbarten Landkreisen gegeben habe, könne er, der Zeuge Mock,
nicht sagen. Er setze das aber voraus. Dort, wo es Ungereimtheiten gegeben habe, die
nicht in ihrem Landkreis zu klären gewesen seien, sei das seines Wissens sicherlich erfolgt.
Seine ihm unterstehenden Amtsleiter hätten eigenständig gehandelt. Es habe klare
Festlegungen gegeben, womit er konfrontiert werde.372
Der Zeuge Erben führte aus, er habe in seiner Funktion als Landrat weder versucht, das
Abfallaufkommen in dem Landkreis mit den in die Deponie verbrachten Mengen zu
vergleichen, noch mit seinem Umweltamt hinsichtlich der Stoffströme Rücksprache
gehalten.373 Die Stoffstromkontrolle sei ihm gegenüber, wenn überhaupt, so maximal
routinemäßig dargestellt worden. Es sei kein regelmäßiger Tagesordnungspunkt einer
Dienstberatung eines Landrates, sich über Stoffströme berichten zu lassen. Er könne nicht
ausschließen, dass mal über Stoffströme berichtet worden sei. 374 Etwas Auffälliges sei ihm
aber nicht in Erinnerung geblieben. Von Überflugkontrollen habe er zum ersten Mal im
368
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
17. April 2009, S. 28 (Abgeordneter Graner/ Helms)
369
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
17. April 2009, S. 20 (Abgeordneter Lüderitz/ Helms)
370
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 73 f. (Abgeordnete Brakebusch/ Knopf), S. 74 (Abgeordneter Graner/ Knopf)
371
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 34 (Abgeordneter Lüderitz/ Mock)
372
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 34 (Abgeordneter Lüderitz/ Mock)
373
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 39 (Abgeordneter Lüderitz/ Erben)
374
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 39 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Erben)
69
Jahre 2008 im Zusammenhang mit den Ereignissen erfahren, die zur Bildung des
Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses beigetragen haben.375
6.
Das Entdecken der rechtswidrigen Einlagerungen
a.
Das Bestehen erster Verdachtsmomente
Der Elfte Parlamentarische Untersuchungsausschuss wandte sich auch der Frage zu, ab
welchem Zeitpunkt die Behörden erste Anhaltspunkte vom wahren Ausmaß der
unrechtmäßigen Einlagerungen in die Deponie Freyburg-Zeuchfeld besaßen.
aa.
Landesverwaltungsamt
Der Zeuge Hoffmann bekundete, die Prüfung des Ablagerungsgeschehens habe ergeben,
dass es nach dem 1. Juni 2005 zur Ablagerung von nicht genehmigten Abfällen gekommen
sein müsse. Das sei zweifelsfrei.376 Eine Reaktion hierauf sei 2007 erfolgt. Allerdings sei
der Umfang der illegalen Ablagerung seiner Behörde bis zum Frühjahr 2008 so nicht
bekannt gewesen. Man sei dabei von Fehlanlieferungen ausgegangen, nicht von einer
systematischen Anlieferung dieser Abfälle.377
Der Zeuge Dr. Engel antwortete auf die Frage, wann er das erste Mal Kenntnis von
Unregelmäßigkeiten gehabt habe, das müsse Mitte bis Ende März 2008 gewesen sein.378
Die Zeugin Wegener sagte aus, im August 2007 sei ihnen erstmalig im Rahmen der
Untersuchung der Deponie Freyburg-Zeuchfeld bekannt geworden, dass dort eventuell
Stoffe abgelagert sein könnten, die nicht den Einlagerungsbedingungen entsprechen. Es
habe nur einen Teil der Deponie betroffen, wie sie auf Fotos habe erkennen können. 379 Sie
habe anhand der Fotos von der Überwachung gesehen, dass es wohl Abfall sei, der nicht
auf die Deponie dürfe. Vorher sei es ihr von der Sachbearbeiterin nicht so dargestellt
worden, als wenn es solche Abfälle seien wie in 2007. Fotos habe sie in der Akte auch
keine gefunden.380 Im Anschluss an die Untersuchung im August 2007 seien dann
vertiefende Kontrollen der Nachweise in Gang gekommen. Ob hinsichtlich der ersten
Abstimmungen im Landesverwaltungsamt das Rechtsreferat eingebunden gewesen sei,
könne sie nicht sagen.381
375
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 42 (Abgeordneter Kley/ Erben)
376
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 8 (Hoffmann)
377
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 29 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Hoffmann)
378
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 15 (Vorsitzende Hunger/ Dr. Engel)
379
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 12 (Abgeordneter Kley/ Wegener), S. 13 f. (Abgeordnete Rogée/ Wegener)
380
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 27 (Abgeordneter Graner/ Wegener)
381
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 26 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Wegener)
70
Zu der Frage, ob das Landesverwaltungsamt nicht im September 2007 nach der Kontrolle
im August 2007 zu der Entscheidung hätte kommen müssen, endlich Schürfungen oder
Bohrungen durchzuführen, erklärte die Zeugin Wegener, dass man bei Bohrungen
sicherlich nicht genau die Lieferungen mit den erhöhten Werten getroffen hätte. Dies umso
mehr, da der Betreiber eine bestimmte Einbautechnologie verwende und so einbaue, dass
einzelne Lieferungen nicht sofort gefunden werden. 382 Zwar müsse der Betreiber einen
Ablagerungsplan führen. Aber nur bei gefährlichen Abfällen sei es so, dass der
Ablagerungsort einzelner Lieferungen bekannt sei. Für ungefährliche Abfälle sei das nicht
üblich.383 Diese Darstellung wurde durch die Zeugen Mock384 und Lindemann385 bestätigt.
Auf Vorhalt einer Aussage der Zeugin Knopf:
„Ich habe dann auch die Analysenergebnisse weitergereicht. Die Mitarbeiterin hat
mir damals gesagt, die dürfen das nicht annehmen. Ich hatte aufgrund der
Analysenergebnisse eigentlich erwartet, dass vonseiten des Landesverwaltungsamts
gleich gehandelt wird.“
gab die Zeugin Wegener an, sie erinnere sich daran, dass die Zeugin Abendroth
dahingehend auch Gespräche mit der Zeugin Knopf geführt habe. Schriftlich sei ihr aber
nichts bekannt, dass da in irgendeiner Form Analysen gekommen seien. Die Zeugin Knopf
habe sicherlich gesagt: „Aus unserer Untersuchung in der Anlage dürften die nicht auf die
Deponie“. Dies sei aber ein Problem der Stoffstromüberwachung, für die bis zum Tor der
Deponie die Zeugin Knopf (der Landkreis) zuständig gewesen sei.386
Die Zeugin Lindemann bekundete, sie habe erst mit der Anzeige des BVSE zur Kenntnis
genommen, dass auf der Deponie Freyburg-Zeuchfeld irgendetwas nicht so laufe, wie es
laufen sollte. Das sei im August 2007 gewesen.387
Der Zeuge Leimbach sagte aus, er habe von der Problematik Freyburg-Zeuchfeld durch
Berichterstattungen im Fernsehen erfahren. Die Detektei Bakiner habe dem
Umweltministerium Material zur Verfügung gestellt. Aus diesem Material habe sich
ebenfalls die Vermutung ergeben, dass in Freyburg-Zeuchfeld Anlass gegeben sei,
intensivere Nachforschungen anzustellen. Er habe sich in der zuständigen Abteilung des
Landesverwaltungsamtes erkundigt. Es habe keine Antwort gegeben, die darauf hätte
schließen lassen, dass es ein quasi kriminelles oder jedenfalls schwerwiegend
ordnungswidriges Verhalten gegeben hätte. Er würde die Geschehnisse auf das erste
Vierteljahr 2008 datieren.388
382
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 19 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Wegener)
383
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 20 (Abgeordneter Kley/ Wegener)
384
Vgl. dazu auch Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 30. Oktober 2009, S. 44 (Abgeordneter Lüderitz/ Mock)
385
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 47 f. (Abgeordneter Kley/ Lindemann), vgl. auch S. 52 (Abgeordneter Graner/ Lindemann)
386
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 20 f. (Abgeordneter Graner/ Wegener), S. 23 (Abgeordneter Kley/ Wegener); vgl. Niederschrift
über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16. Januar 2009, S. 7
(Knopf)
387
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 33 (Vorsitzende Hunger/ Lindemann)
388
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 7 (Vorsitzende Hunger/ Leimbach)
71
72
bb.
Burgenlandkreis
Die Zeugin Völzke teilte mit, sie habe bereits bei einer Kontrolle im Oktober 2005 zwei
Fuhren geschredderte Kunststoffe gesehen. Die zuständige Bearbeiterin habe dann auch
Maßnahmen dagegen ergriffen. Sie habe es im eigenen Hause in der Dienstberatung
angesprochen.389
Der Zeuge Trebs bekundete, es habe 2006 im Zusammenhang mit den Abfällen, die nach
Tschechien verbracht worden seien, einmal einen Hinweis vom Landesverwaltungsamt
gegeben, bei CORTEC intensiv zu kontrollieren nach Transportscheinen oder nach
Material. Das hätten seine Kollegen auch getan. Ein Transportschein sei auffällig gewesen,
das hätten sie dem Landesverwaltungsamt mitgeteilt. Er wisse aber nicht, was insgesamt
daraus geworden sei.390
Die Zeugin Cornelia Wittig, Sachbearbeiterin u. a. für Abfallerzeugerüberwachung in der
unteren Abfallbehörde im Burgenlandkreis,391 erläuterte, die Polizeidirektion Merseburg
habe in regelmäßigen Abständen Kontrollflüge durchgeführt. Ihre Behörde habe in Auftrag
gegeben, Fotos von den Grundstücken Abfall liefernder Unternehmen, z. B. der SVG, und
von den Deponien zu machen. Die übergebenden Fotos seien dann ausgewertet worden.
Während einer Dienstberatung hätten sie auch Bilder der Deponie Freyburg-Zeuchfeld
gehabt. Die Bilder hätten gezeigt, wie von einem großen Lkw blaue Säcke abgeladen
worden seien. Dahinter habe ein Bagger gestanden, der das alles eingebaggert habe. Das
sei ihnen suspekt vorgekommen, so die Zeugin Wittig. Diese Fotos seien an das
Landesverwaltungsamt abgegeben worden. Sie habe im Nachhinein mitbekommen, dass
man seitens des Burgenlandkreises in der Deponie, bei dem öffentlichen
Entsorgungsträger, nachgefragt habe. Sie denke, das sei in 2006 gewesen.392
Der Zeuge Mock sagte aus, er sei mit der Problematik das erste Mal im April 2008
konfrontiert worden, als „Frontal 21“ zu ihm gekommen sei. Der Landrat sei
krankheitsbedingt zur Kur gewesen und er habe zu dieser Zeit als Erster Beigeordneter und
Stellvertreter des Landrates die Geschäfte im Haus übernommen.393 Auf Vorhalt, dass der
Zeuge Mock in dieser Situation ein Schreiben vom 15. April 2008 an das
Landesverwaltungsamt übersandt habe, worin er erklärt habe, dass die Kriterien der DK I
vollumfänglich eingehalten worden seien, während die Aussage der Zeugin Völzke aus
dem Burgenlandkreis und Unterlagen vom 14. April 2008 deutlich machten, dass die Werte
Glühverlust, TOC, DOC usw. erheblich überschritten wurden, erklärte der Zeuge Mock,
dass er nach der Vernehmung der Zeugin Völzke, die das auch nicht habe beantworten
können, dies zum Anlass genommen habe, in seinem Haus nach diesem Schreiben zu
recherchieren. Das Schreiben sei dabei nicht gefunden worden. Das Schreiben sei ihm im
Übrigen auch nicht bekannt. Er könne sich vorstellen, dass er übermittelt habe, dass nach
389
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 52 (Vorsitzende Hunger/ Völzke), S. 55 (Abgeordneter Lüderitz/ Völzke), S. 60 (Graner/ Völzke)
390
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 40 (Vorsitzende Hunger/ Trebs), vgl. auch S. 53 (Abgeordneter Graner/ Breuer)
391
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am17. April
2009, S. 5 (Vorsitzende Hunger/ Wittig)
392
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am17. April
2009, S. 8 (Abgeordneter Kley/ Wittig)
393
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 32 (Vorsitzende Hunger/ Mock)
73
Mitteilung des Vorstandes der Abfallwirtschaft die Werte nicht überschritten seien. Aber
keinesfalls habe er zu diesem Zeitpunkt seine Meinung zu diesen Werten geäußert.394
Der Zeuge Reiche bekundete, er sei nach dem Bericht im ZDF im April 2008 von seinem
Stellvertreter, dem Zeugen Mock, angerufen worden und darüber informiert worden. Er
habe aber während seines Kuraufenthaltes zuvor hin und wieder das eine oder andere der
Presse entnommen. Am 14. April 2008 habe er, Reiche, eine Kontrollgruppe mit dem
Zeugen Mock, seinen Mitarbeitern und der Leiterin Rechnungsprüfungsamt zur Recherche
eingesetzt. Am 16. April 2008 habe er den Wirtschafts- und Landwirtschaftsausschuss
direkt in der Abfallwirtschaft gehabt. Dort habe er den Zeugen Beckmann befragt und
dieser habe nach wie vor bestritten. Er habe am 28. bzw. 29. Mai 2008 offiziell vom
Landesverwaltungsamt Kenntnis darüber erhalten, dass Misstrauen hinsichtlich der
Tauglichkeit des Vorstandes Beckmann bestehe.395 Kurz vorher oder kurz nachdem er das
Schreiben vom Landesverwaltungsamt erhalten habe, habe er im Rahmen des
Verwaltungsrates, auch auf Nachfrage bei dem Zeugen Dr. Dube und Herrn Hanke,
keinerlei Hinweis darüber bekommen, dass etwas nicht stimme.396 Auf die Frage, ob der
Zeuge Horn ihnen bereits im August 2008 erste Informationen zu Falschdeklarationen oder
Umdeklarationen in Freyburg-Zeuchfeld zukommen lassen habe, erklärte der Zeuge, Frau
Bieber und Herr Ellenberg hätten den Zeugen Horn eingeladen, er sei dazu gekommen, der
Zeuge Horn habe gesagt, was er dazu wisse und die für sich getätigten Aufzeichnungen,
vier oder fünf Protokolle, an Frau Bieber übergeben. Es sei u. a. auch um Klärschlamm
gegangen.397
b.
Bestand ein Vertrauensvorschuss zugunsten des Betreibers?
Der Elfte Parlamentarische Untersuchungsausschuss wandte sich auch der Frage zu,
welche Ursachen für die späte Erkenntnis der Aufsichtsbehörden von den wahren
Zuständen in Freyburg-Zeuchfeld bestanden. Dabei wurde die Frage, ob ein
Vertrauensvorschuss gegenüber dem Betreiber die aufsichtsrechtliche Tätigkeit
beeinträchtigt habe, von den hierzu vernommenen Zeugen unterschiedlich beantwortet.
Der Zeuge Hoffmann führte aus, ein Zweckverband beziehungsweise eine Anstalt
öffentlichen Rechts sei als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger in besonderem Maße
dem Gesetz verpflichtet; denn er/ sie erfülle Verwaltungsaufgaben im Bereich der
Daseinsvorsorge. Es gebe eine besondere Verantwortung. Diese erhöhte Verantwortung
des Betreibers ermögliche einen gewissen Vertrauensvorschuss. Außerdem unterliege der
Betreiber mehrfachen Kontrollinstrumenten, zum Beispiel dem Verwaltungsrat oder auch
kommunalaufsichtlichen Kontrollen.398
394
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 48 f. (Vorsitzende Hunger/ Mock); vgl. Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des
Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni 2009, S. 55 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Völzke)
395
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 57 f. (Vorsitzende Hunger/ Reiche)
396
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 75 f. (Abgeordneter Dr. Thiel/ Reiche)
397
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 63 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Reiche)
398
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 10 (Hoffmann), vgl. auch S. 25, vgl. auch S. 28 (Abgeordneter Miesterfeldt/ Hoffmann)
74
Einen gewissen Vertrauensbonus für den Zweckverband bejahte auch der Zeuge Helms.
399 Die Mitarbeiter, die dort tätig gewesen seien, seien früher in der unteren Abfallbehörde
tätig gewesen.400 Der Technische Leiter und die Mitarbeiter in dem Zweckverband seien
Mitarbeiter der ehemaligen Kreise und aus den unteren Abfallbehörden gewesen und seien
in den Jahren 1994, 1995 in den Zweckverband übernommen oder übergeleitet worden.401
Der Zeuge Zender erklärte, einen Vertrauensvorschuss habe es seiner Meinung nach nicht
gegeben.402
Der Zeuge Leimbach argumentierte, es sei wahr, dass man bei mit Verpflichtungserklärung
oder Diensteid auf Einhaltung der Gesetze verpflichteten öffentlichen Körperschaften
darauf vertrauen müsse - und davon gehe unsere Gesellschaft per se aus -, dass diese
Körperschaften die Gesetze und Regeln einhalten. Selbstverständlich unterscheiden sie
dann auch in ihrer Perspektive die, von denen sie alle annehmen, dass sie Recht und
Gesetz von sich aus befolgen, die sogar geschworen haben, das zu tun, und die, die
vielleicht unter extremem wirtschaftlichen Druck und Existenzangst geneigt seien, die
Regeln zu übertreten. Er halte es für normal, dass man öffentlich-rechtliche
Entsorgungsträger anders betrachte als private. Das sei Teil ihres gesellschaftlichen
Systems. Er halte das für richtig und möchte auch nicht, dass ein Verursacher einer
solchen massiven Fehleinlagerung, der öffentlich-rechtlich organisiert sei, behandelt werde
wie ein privater, sondern hinzu komme, das dringende Anmahnen der
unmissverständlichen öffentlichen Verantwortung. Er, Leimbach, halte es für richtig, dass
sie bei denen, die geschworen haben, Recht und Gesetz einzuhalten, zunächst darauf
vertrauen, dass sie das auch tun.403 Ähnlich äußerte sich die Zeugin Lindemann.404
Der Zeuge Leimbach fügte hinzu, er sei nicht der Auffassung, dass an die Deponiebetreiber
öffentlich-rechtlicher Natur andere Maßstäbe angelegt werden, sondern er habe lediglich
von der Erwartungshaltung der überwachenden Behörde gesprochen. Auf die Anmerkung
des Abgeordneten Graner, wenn er, Graner, die Erwartungshaltung habe, dass der
öffentlich-rechtliche Betreiber mit der Materie gesetzeskonformer umgehe als der private,
dann erwarte er, dass in einer Behörde für die Überwachung der öffentlich-rechtlichen
Betreiber weniger Personal eingesetzt werde, bekundete der Zeuge Leimbach, er teile
diese Konsequenz nicht. Dies sei im Übrigen auch nicht Gegenstand der
Ressourcenverteilung im Landesverwaltungsamt gewesen.405
399
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
17. April 2009, S. 19 (Helms), S. 19 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Helms), S. 26, 35 (Abgeordneter Kley/ Helms), S. 27
(Abgeordneter Kley/ Helm)
400
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
17. April 2009, S. 19 (Helms), S. 19 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Helms), S. 26, 35 (Abgeordneter Kley/ Helms), S. 27
(Abgeordneter Kley/ Helm)
401
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
17. April 2009, S. 24 (Abgeordneter Kley/ Helms)
402
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 17 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Zender)
403
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 16 f. (Abgeordneter Kley/ Leimbach)
404
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 44 (Abgeordneter Kley/ Lindemann)
405
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 18 f. (Abgeordneter Graner/ Leimbach)
75
Der Zeuge Dr. Hermann Onko Aeikens, Minister für Landwirtschaft und Umwelt406,
antwortete auf die Frage nach dem Vertrauensvorschuss für öffentliche Träger von
Einrichtungen, er würde so kontrollieren wie in anderen Fällen auch. Er wisse nicht, woraus
sich die Formulierung „Vertrauensvorschuss“ ergebe. Man könne bei einer Einrichtung mit
öffentlicher Beteiligung oder der öffentlichen Hand aufgrund der besonderen Rechtsstellung
möglicherweise andere Erwartungen haben. Das wolle er nicht ausschließen. Er sei nicht
darüber informiert, inwieweit eine Aufarbeitung durch das Fachreferat erfolgt sei, ob es
spezifische Gründe gegeben habe.407
c.
Feststellungen durch die untere Abfallbehörde beim Landkreis Saalekreis
Der Ablauf der Ereignisse im Sommer des Jahres 2007 stellte die Zeugin Knopf wie folgt
dar:
Die untere Abfallbehörde des Landkreises Saalekreis habe im Sommer 2007 Schreiben
nebst Bildern von der Polizei, der Bundesbahn bzw. der Autobahnüberwachung, von den
speziellen Überwachungsbehörden erhalten und sei gebeten worden, die Zuordnung der
Abfallschlüsselnummern zu überprüfen.408 Sie habe dann im Unternehmen (LBR) mehrfach
angerufen und nachgefragt, wohin ihr EBS geliefert werde. Sie habe keine Antwort
erhalten. Nach 14 Tagen habe sie sich dorthin begeben und die Unterlagen eingesehen.
Sie hätten ihr die Übersicht zum 31. Juli oder 31. August 2007 zusammengestellt. Es sei
daraus offensichtlich geworden, dass im Output zu 80 % nur noch 19 12 09 erzeugt worden
sei. EBS sei nicht mehr produziert und entsprechenden Output- Wegen zugeführt
worden.409 Bei der Anlagenüberwachung sei aufgefallen, dass die Abfallschlüsselnummer
19 12 09, die per Gesetz klar definiert sei - Steine und Erde - plötzlich ganz anders
ausgesehen habe. Sie hätten Kunststoff, viel Organik vorgefunden. 410 Daraus hätte sich
dringender Handlungsbedarf abgeleitet, die Outputwege zu prüfen. Hauptabnehmer im
Sommer 2007 seien die Deponie Zeuchfeld und Deponien des Jerichower Landes
gewesen. Aus den Begleitscheinen seien Rietzel, Vehlitz und Sporkenbach als
Hauptabnehmer zu ersehen gewesen.411
Aufgrund dieses Erscheinungsbildes hätten sie Untersuchungen vorgenommen, hätten
TOC und Glühverlust geprüft und auch den Heizwert kontrollieren lassen. Sie seien mit den
Proben von verschiedenen Anlagen zu den Verbrennern gegangen und hätten gefragt, ob
es denn technisch nicht auch die Möglichkeit gäbe, diese Abfälle zu verbrennen. Fazit sei
gewesen, es müsse auf die Deponie. Die Verbrenner hätten ihnen mit ihren Analysen
406
Vgl. Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Juni 2010, S. 41 (Dr. Aeikens)
407
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 51 f. (Abgeordneter Kley/ Dr. Aeikens), S. 53, 60 (Abgeordneter Graner/ Dr. Aeikens)
408
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 68 f., 70 (Abgeordneter Graner/ Knopf)
409
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 68 f. (Abgeordneter Graner/ Knopf)
410
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 6 (Knopf); Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 16. April 2010, S. 68 f. (Abgeordneter Graner/ Knopf)
411
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 7 (Knopf)
76
Recht gegeben, dass es sich um eine 19 12 12 handle, die eigentlich klassisch in die
Müllverbrennung gehöre.412
Die Abfallbehörde beim Landkreis Saalekreis habe sich mit der zuständigen Behörde, dem
Landesverwaltungsamt Halle, sofort in Verbindung gesetzt und die Analysenergebnisse
übermittelt. Die Mitarbeiterin habe ihr damals gesagt, die dürfen das nicht annehmen. Sie
habe
aufgrund
der
Analysenergebnisse
erwartet,
dass
vonseiten
des
Landesverwaltungsamts gleich gehandelt werde. Es sei auch gehandelt worden. Parallel
dazu sei sie in kürzester Zeit dreimal in der Anlage gewesen.413 Ihr Handeln sei für das
Unternehmen sofort Anlass gewesen, eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen sie
einzulegen. In dem Zusammenhang sei das Unternehmen zu den inzwischen vorliegenden
Analysen zur Rede gestellt worden. Es habe versichert, es sei ein Versehen gewesen und
sie würden das umgehend ändern.414
Der Landkreis Saalekreis habe dann Anfang September 2007 - ohne zuständig zu sein den Entsorgungsweg Zeuchfeld verboten. Das sei auch gleich eingehalten worden. Nach
Zeuchfeld sei nichts mehr geliefert worden, jedoch verstärkt ins Jerichower Land.415 Auf
Nachfrage des Abgeordneten Graner, ob die Materialien ins Jerichower Land in die
Tongruben Vehlitz und/ oder Ladeburg oder auch noch mal in die Sortieranlage in Rietzel
gegangen seien, antwortete die Zeugin, auch in die Sortieranlage Rietzel.416
Am 19. September 2007 habe sie den Landkreis Jerichower Land angeschrieben und um
Prüfung gebeten, wie die Abfälle dort ankommen und ob die Anlage selber diese verwerten
könne. Sie habe permanent beim Landkreis Jerichower Land angerufen und nachgefragt,
weshalb sie keine Antwort bekomme. Die Kollegen hätten ihr geantwortet: „Na ja, es ist so
eine Sache. Ich kann dort nicht jede Woche hinfahren zum Kontrollieren. Wir waren erst
dort, und es ist alles in bester Ordnung.“ Nach mehrmaligem Fragen habe sie im November
2007 eine Antwort vom Landkreis Jerichower Land erhalten. Ihre Bedenken seien aus ihrer
Sicht nicht weiter berücksichtigt worden.417 Es sei ihr geantwortet worden, dass dort überall
erst Kontrollen gewesen seien, dass das zugelassen sei und dass es keine
Beanstandungen von ihrer Seite gebe, also für die 19 12 12 und für die 19 12 09. Es habe
weiter geheißen, dass die Entsorgungsnachweise, die es gebe, alle völlig in Ordnung seien.
Es sei auf das mit der Prüfung befasste Bergamt verwiesen worden. Bei Handlungsbedarf
wollte der Landkreis Jerichower Land sie darüber informieren.418 Nach der schriftlichen
Antwort habe es keinen Kontakt mehr gegeben.419
412
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 6 (Knopf)
413
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 7 (Knopf)
414
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 7 (Knopf)
415
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 7 (Knopf)
416
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 25 (Abgeordneter Graner/ Knopf)
417
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 7 (Knopf)
418
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 23 (Knopf)
419
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 23 (Abgeordneter Bergmann /Knopf)
77
Der Abfallerzeuger aus ihrem Landkreis habe sich auf sein Betriebsgeheimnis bezogen und
die Auskunft über die weitere Verwertung verweigert mit der Begründung, es handele sich
um vertrauenswürdige, schützenswerte Daten, die er ihr nicht nennen müsse. So sei es
natürlich nicht, so die Zeugin Knopf.420
Im Rahmen der Prüfung der Outputwege sei sie zu der Erkenntnis gelangt, dass das
Unternehmen (LBR) neue Entsorgungswege in Brandenburg, in Mecklenburg-Vorpommern,
insbesondere auf Usedom und in Peenemünde sowie in Sachsen gesucht habe.
Brandenburg hatte bereits Maßnahmen eingeleitet und eine Hausdurchsuchung
durchgeführt. 421
Obwohl das Unternehmen (LBR) beteuert habe, dass es nur ein Versehen gewesen sei,
seien die Verhältnisse im Zeitraum von September 2007 bis Dezember 2007 immer
drastischer geworden. Im Januar 2008 habe sie eine Verfügung erlassen, die die Auflage
enthielt, vor Weitergabe der Abfälle zur Entsorgung Analysen vorzulegen und mitzuteilen,
wohin die Abfälle gingen. Daraufhin habe es diese Abfälle bei (der LBR) nicht mehr
gegeben.422
Parallel dazu hätten sie Anfang Januar 2008 Strafanzeige erhoben, wohl wissentlich, dass
der Straftatbestand nicht unbedingt gegeben sei.423 Ihrer Ansicht nach musste von einer
Umdeklarierung im Hinblick auf die LBR ausgegangen werden.424 Sie bekundete, es gebe
vier nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigte Anlagen am Standort. Nur eine
Anlage dürfe auch umschlagen. Weil die Abfallbilanz, In- und Output, aber nicht gleich
gewesen seien, sei dringender Handlungsbedarf gegeben gewesen. Anhand der Zahlen sei
ersichtlich gewesen, dass das nicht stimmen könne.425
Mit den Mitarbeitern des Landesverwaltungsamtes habe sie nahezu täglich telefonisch in
Kontakt gestanden und gemeinsam Vorgehensweisen abgestimmt. Sie hätten zusammen
recherchiert. Herr Passek und Frau Ohme vom Landesverwaltungsamt seien die
Ansprechpartner gewesen. Im Ergebnis dessen sei letztlich eine Verfügung hinsichtlich der
Kontrolle von 19 12 09 erlassen worden.426 Dazu hätte es ab Februar 2008 ständig Kontakt
und auch kurzfristige Beratungen mit dem Landesverwaltungsamt gegeben.427
Hinsichtlich der Deponie Freyburg-Zeuchfeld habe sie im August 2007 mit der Zeugin
Abendroth Kontakt gehabt. Sie habe auf Bitte der Zeugin Abendroth die Daten
zusammengestellt, wie viel Abfälle von der Firma LBR nach Freyburg-Zeuchfeld gegangen
420
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 7 (Knopf)
421
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 8 (Knopf)
422
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 8 (Knopf)
423
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 8 (Knopf)
424
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 21 (Abgeordneter Rosmeisl/ Knopf)
425
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 21 (Knopf)
426
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 11 (Knopf)
427
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 12, 20 (Knopf)
78
seien.428 Diese Daten habe sie von der LBR erhalten.429 Sie habe außerdem in
unregelmäßigen Abständen mit dem Zeugen Behrend vom Ministerium für Landwirtschaft
und Umwelt telefonischen Kontakt gehalten, insbesondere wegen der Ahndung von
Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit Falschdeklarierungen und wegen der
verschärften Nachweisanordnung.430 Außerdem habe sie mit dem Landkreis Jerichower
Land, mit der Zeugin Osse, in ständigem Kontakt gestanden. Bevor sie ein Schreiben an
den Anlagenbetreiber geschickt habe, hätte sie die Zeugin Osse gebeten, das zu
kontrollieren.431 Mit dem LAGB habe sie nicht in Kontakt gestanden.432
d.
Zusammenarbeit zwischen dem Landesverwaltungsamt und dem Ministerium
für Landwirtschaft und Umwelt
Nach Kenntnisnahme der Vorgänge im März 2008 sei die Zusammenarbeit mit dem
Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt wie immer sehr eng und vertrauensvoll
gewesen. Es habe, so der Zeuge Leimbach, ständige Kontakte auf Arbeitsebene gegeben.
Dies sei ohnehin Standard. Die Referatsleiter des Ministeriums korrespondieren eng und oft
mit den Referatsleitern seines Hauses, die Abteilungsleiter des Ministeriums mit den
Abteilungsleitern seines Hauses und er selbst habe einen sehr engen und vertrauensvollen,
ständig gepflegten Kontakt zu Staatssekretär, Abteilungsleitern und der Ministerin. In dieser
Krise haben sie telefoniert. Er und der Zeuge Zender als sein Abteilungsleiter haben mit
dem Umweltministerium Kontakt aufgenommen und ihre Haltung dazu abgestimmt. Das
Ministerium habe sie gebeten, unverzüglich die Kontrollintensität nachhaltig zu erhöhen, um
Klarheit zu bekommen, wo bei ihnen das Problem liege.433
Zur Zusammenarbeit zwischen Landesverwaltungsamt und dem Ministerium für
Landwirtschaft und Umwelt erläuterte der Zeuge Zender, es habe im Jahre 2008 mit den
Kollegen im Ministerium auf der Ebene der Abteilungsleiter, insbesondere mit dem Zeugen
Dörffel, tägliche Abstimmungen, entweder durch Besprechungen oder durch Telefonate,
gegeben. Sie hätten in der ersten Zeit zu Beginn des Tages abgeglichen, wie die
derzeitigen Aufarbeitungen seien. Er habe mit dem Ministerium auch Gespräche geführt,
wenn es übergeordnete Themen gegeben habe. Gespräche über das Thema FreyburgZeuchfeld seien aber nicht erfolgt. Auf Abteilungsleiterebene fänden Abstimmungen statt,
die mehr über Einzelfallregelungen hinausgehen.434
Zur Zusammenarbeit gab der Zeuge Dr. Engel an, die Kontakte haben sich auf
verschiedenen Ebenen der Hierarchie vollzogen, zum Teil beim Präsidenten selbst, beim
Abteilungsleiter, am häufigsten auf Referatsleiterebene, seltener auf Referentenebene. In
428
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 12 (Knopf)
429
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 13 (Knopf)
430
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 25 (Knopf)
431
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 19 (Knopf)
432
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 19 (Knopf)
433
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 26 f. (Vorsitzende Hunger/ Leimbach)
434
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 30.
Oktober 2009, S. 28 (Vorsitzende Hunger/ Zender)
79
aller Regel habe das Ministerium seine Fachaufsicht in der Weise ausgeübt, dass es sein
aufsichtliches Unterrichtungsrecht eingefordert habe. Es habe sich regelmäßig
fernmündlich berichten und sich Unterlagen vorlegen lassen und habe schriftliche Berichte
angefordert. Im Zusammenhang mit dem Vorgehen des Landesverwaltungsamtes zur
Stilllegung der Deponie Freyburg-Zeuchfeld seien weitere Aufsichtsmittel des Ministeriums
für Landwirtschaft und Umwelt, zum Beispiel konkrete Weisungen, nach Kenntnis des
Zeugen nie schriftlich ergangen. Man habe immer die Haltung gemeinsam abgestimmt, und
das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt habe letztlich die Vorgehensweise immer
mitgetragen und gebilligt. Das gelte auch für die anstehende Rekultivierungs- und
Stilllegungsentscheidung, über die das Ministerium unterrichtet sein werde, wenn sie
ergehe.435 Er wisse von den Beteiligten, dass zum Teil täglich Kontakt bestanden habe,
oder immer, wenn sich etwas Neues ergeben habe.436
e.
Schreiben des Zeugen Beckmann vom 16. September 2008
Der Zeuge Beckmann legte dem Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschuss sein
Schreiben vom 16. September 2008 (Anlage 24) vor, um damit seine Auffassung zu der
Thematik zum Ausdruck zu bringen. Er habe, so der Zeuge Beckmann, als persönlich
Betroffener von dieser Angelegenheit den Eindruck gehabt, dass ein falsches Bild,
insbesondere zu seiner Person entstanden sei.437 Zu seinem, dem Ausschuss vorgelegten
Schreiben, machte der Zeuge Beckmann folgende Angaben:
Im August 2007 habe es eine Kontrolle des Landesverwaltungsamtes gegeben, in dem
optische Auffälligkeiten beim Abfall festgestellt worden seien. Sie seien nicht vor Ort
gewesen. Die zuständigen Bearbeiter hätten ihnen dann Fotos zugesandt. So sei die
Bemerkung zu verstehen, dass es dort aus dieser Kontrolle heraus keine klaren
Handlungsanleitungen gegeben habe, wie sie hinsichtlich dieser Auffälligkeiten bei den
Abfällen weiter zu verfahren haben. Es sei ihnen im Übrigen auch nicht mehr möglich
gewesen sei, durch Kontrollanalysen zu beweisen, dass diese Abfälle möglicherweise nicht
verordnungskonform abgelagert worden seien, weil es auf den Lieferanten bezogen nicht
mehr möglich gewesen sei.438 Zur Sichtkontrolle sagte der Zeuge, es gebe klare
Vorschriften nach § 5 AbfAblV, wie Abfälle, Verwertungsabfälle zu kontrollieren seien, dass
hätten seine Mitarbeiter auch getan. Es sei unter Fachleuten anerkannt, dass bei den
Abfällen, die hier in Rede stehen - 19 12 09 und nicht 19 12 12 -, mögliche
Glühverlustanteile oder der TOC für Mitarbeiter optisch nicht erkennbar seien.439
Zur Verwertung hat der Zeuge Beckmann dargelegt, sie hätten eine Plangenehmigung zum
Betreiben der Deponie erhalten und danach sei 19 12 09 vorrangig zu verwerten. Vor
diesem Hintergrund hätten sie die Verwertung als solche vorgenommen. Verwerten heiße
auch: alle Deponiebaumaßnahmen. Das bedeute letztlich auch, ein zügiges Verfüllen zu
435
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 79 (Dr. Engel)
436
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 80 (Vorsitzende Hunger/ Dr. Engel)
437
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2.
Oktober 2008, S. 58 f. (Beckmann)
438
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2.
Oktober 2008, S. 60 (Abgeordneter Lüderitz/ Beckmann)
439
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2.
Oktober 2008, S. 61 (Abgeordneter Lüderitz/ Beckmann)
80
garantieren. Ausgegangen werden müsse vom Jahr 2005. Die Genehmigung ende am
15. Juli 2009. Sie hätten zu dem Zeitpunkt ein Loch von ungefähr 1,5 Millionen t gehabt und
das habe verfüllt werden müssen. Die Verwertungsabfälle als solche seien auch dazu
geeignet gewesen, diese Verfüllung vorzunehmen, neben den klassischen
Deponiebaumaßnahmen, die jetzt im Sinne der Deponieverwertungsverordnung dort
anfallen, also temporäre Abdeckung, Straßenbau, Dämme, Zwischenabdeckung usw. Er
verstehe unter dem Begriff Verwertung auch die Verfüllung der Deponie laut
Plangenehmigungsbescheid.440
Auf die Frage nach der Zustimmung der unteren Abfallbehörde zu den über die
Plangenehmigung hinausgehenden Baumaßnahmen sagte der Zeuge, sie hätten die
Plangenehmigung vom 17. November 2004 so nicht interpretiert. Das Verwerten als
solches sei nicht anzeigepflichtig. Das Verwerten sei mit dieser Plangenehmigung so
vorgegeben worden, und nur für den Fall, dass sie ablagern wollten im Sinne von
beseitigen wollen, sei die Zustimmung der unteren Abfallbehörde erforderlich gewesen. Die
hätten sie in der Tat nicht eingeholt.441 Zum Inhalt der Plangenehmigung und auf die Frage,
weshalb im Abfallkatalog der Genehmigung hinsichtlich 19 12 09 das „V“ für „vorrangig zu
verwerten“ nicht in ein „D“ für „Deklarationsanalysen“ abgeändert worden sei, führte die
Zeugin Abendroth aus, die Spalte mit „V“ und „D“ habe ein bisschen für Irritation gesorgt.
Es stehe lediglich da: V - Verwertung. Das heiße, alles, was am Tor der Deponie FreyburgZeuchfeld ankommt, ist zur Beseitigung, also zur Deponierung vorgesehen. Dieses „V“
bilde lediglich den Hinweis darauf, dass durch den Deponiebetreiber in Zusammenarbeit
mit der unteren Abfallbehörde, die für die Verwertung zuständig sei, vorrangig zu prüfen
sei, ob eine Verwertung möglich sei. Es sei als Hinweis gedacht gewesen, dass man darauf
zu achten habe, dass dieser Weg vorweg, außerhalb ihrer Zuständigkeit zu beschreiten
sei.442 Auf den Vorhalt des Abgeordneten Kley, sowohl der Deponiebetreiber als auch die
untere Abfallbehörde seien der Meinung gewesen, dass das alles Verwertung sei, auch
wenn es dort nicht für Wegebau und Ähnliches genutzt worden sei und auf die Frage, ob es
diesbezüglich mit ihnen eine Rücksprache gegeben habe, antwortete die Zeugin, daran
könne sie sich nicht erinnern. Zur Deklarationsanalyse erklärte sie, mit der Neufassung der
AbfAblV Anfang 2007 sei der gesamte Nachweisbereich mit der grundlegenden
Charakteristik der Abfälle neu gefasst worden, wozu auch eine Deklarationsanalyse
gehöre.443
Auf Vorhalt eines Satzes aus dem Schreiben:
„Man hätte eventuell die Überwachung der Abfallannahme auch noch durch weitere
Maßnahmen verschärfen können, um eine Einhaltung der Zuordnungswerte des
Anhangs 1 der Abfallablagerungsverordnung weitestgehend zu ermöglichen. Dies
wäre allerdings auch mit erheblichen betriebswirtschaftlich negativen Auswirkungen
verbunden und für ein Massengeschäft, wie sie der Deponiebetrieb nun mal darstellt,
völlig ungeeignet.“,
440
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2.
Oktober 2008, S. 61 (Abgeordneter Lüderitz/ Beckmann)
441
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2.
Oktober 2008, S. 61 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Beckmann)
442
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 25 (Abgeordneter Kley/ Abendroth)
443
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 25 (Abgeordneter Kley/ Abendroth)
81
erklärte der Zeuge Beckmann, nach der Genehmigung zum Verwerten der Abfälle sei eine
eigene Kontrollanalyse über die Sichtkontrolle hinaus nicht erforderlich gewesen. Insofern
hätten sie es nicht für notwendig erachtet. Jeder erhöhte Kontrollaufwand habe natürlich
auch betriebswirtschaftlich negative Auswirkungen.444 Letzteres sei nicht Gegenstand der
Verwaltungsratssitzungen mit dem Mehrheitseigner gewesen.445
Zu dem Vorhalt, er habe in seinem Schreiben darauf hingewiesen, dass es sich bei den
zutage geförderten Abfällen oftmals um Abfälle von vor dem 31. Mai 2005 handle, legte der
Zeuge Beckmann dar, das ergebe sich aus der Tatsache, dass er zu dem Zeitpunkt der
Rammkernsondierungen Mitte Mai 2008 erstens vor Ort gewesen sei, zweitens das
Ergebnis, den Kontrollbericht, kenne und daraus wisse, dass in Tiefen
Rammkernsondierungen durchgeführt worden seien, die den Zeitraum bis Juni 2007
betreffen.446 Das sei der Zeitraum gewesen, als auf der Deponie umfangreiche
Gasbrunnenarbeiten durchgeführt worden seien. Es seien 13 neue Gasbrunnen abgeteuft
worden. Dies sei in offener Bauweise erfolgt. „Offene Bauweise“ bedeute, es sei mit einem
Aushubgerät ausgebaggert und Schüttkegel aufgesetzt worden. Die vorhandenen
14 Brunnen seien ebenfalls teilweise gezogen, also auch in offener Bauweise angefasst
worden. Die ganze Deponie sei innerhalb eines Zeitraumes von Mitte 2006 bis Mitte 2007
durcheinander gebracht worden und es sei zweifelsfrei auch der Müllkörper aus dem
Zeitraum vor dem 1. Juni 2005 angeschnitten worden.447 Der Abgeordnete Lüderitz
entgegnete, wenn dem Zeugen die Bilder im Zusammenhang mit den
Rammkernbohrungen bekannt seien, dann sei dem Zeugen doch bewusst gewesen, dass
Abfälle vor dem 31. Mai 2005 nicht in geschredderter Form vorgelegen haben. Die Bilder
würden eindeutig belegen, dass die Abfälle alle geschreddert gewesen seien und damit
nach dem 1. Juni 2005 in die Deponie gekommen seien. Darauf reagierte der Zeuge
Beckmann, er könne dazu jetzt nichts sagen, so im Detail kenne er natürlich diese
Bewertung nicht.448
Der Zeuge Beckmann sagte weiter aus, dass er nicht nachvollziehen könne, warum
19 12 09 zur Gasbildung neige. Sie hätten ein Brunnensystem und recht vernünftige
Gaserträge. Er gehe davon aus, dass es sich um Gas insbesondere aus dem Altmüllteil
handle, der vor dem 1. Juni 2005 aufgebracht worden sei. Deswegen seien die Brunnen so
tief angelegt worden, damit sie den alten Müllteil erreichen.449
Auf Nachfrage zur Deponiegasfassung und zu der Größenordnung, die das Deponiegut in
diesem Zusammenhang bewegt worden sei, führte der Zeuge zunächst zum Brunnenbau
aus, es seien Tiefbrunnen, das heißt größere Röhren, die nach unten eingebaut worden
seien. Das seien geschlitzte Rohre, durch die Schlitze gelange das Gas. Es werde mit dem
Bagger ein tiefes Loch gegraben. Das sei teilweise bis zu 14 m tief. Dann werde das Rohr
444
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2.
Oktober 2008, S. 61 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Beckmann), vgl. auch S. 80 (Abgeordnete Rogée /Beckmann) zu
Kontrollen/ Wirtschaftlichkeit
445
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2.
Oktober 2008, S. 63 (Abgeordneter Lüderitz/ Beckmann)
446
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2.
Oktober 2008, S. 63 (Abgeordneter Lüderitz/ Beckmann)
447
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2.
Oktober 2008, S. 63 (Abgeordneter Lüderitz/ Beckmann), S. 62 (Abgeordnete Rogée)
448
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2.
Oktober 2008, S. 63 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Beckmann)
449
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2.
Oktober 2008, S. 64 (Abgeordneter Lüderitz/ Beckmann)
82
gesetzt und die Rohre würden untereinander verbunden, wiederum auch mit Rohren.
Welche Menge Deponiegut dort bewegt worden sei, könne er nicht sagen. Es gebe dazu
eine umfangreiche Dokumentation. Sie hätten das durch ein Ingenieurbüro, SEF Seifert aus
Zwickau, begleiten lassen. Aus dieser Dokumentation müsse seines Erachtens ersichtlich
sein, welche Mengen zumindest überschlägig dort bewegt worden seien.450
Der Abgeordnete Graner nahm darauf Bezug, dass der Zeuge in dem Schreiben ausgeführt
habe, die Deponie bestehe seit 1988 und bis 2005 seien etwa 3 Millionen t insbesondere
Hausmüll und hausmüllähnliche Gewerbeabfälle eingebaut worden, das hieße pro Jahr
ungefähr 180 000 t. 2005 sei die TASi in Kraft getreten, was deutschlandweit dafür gesorgt
habe, dass das Volumen in den Deponien massiv zurückgegangen sei. Seit 2005 bis heute
seien auf der Deponie Freyburg-Zeuchfeld ca. 900 000 t Abfälle eingebaut worden, rund
300 000 t pro Jahr, das bedeute eine Steigerung nach Inkrafttreten der TASi um 60 %. Auf
die Frage, ob dem Zeugen dies nicht merkwürdig vorgekommen sei, antwortete dieser, die
Zahl 3 Millionen t vor dem Zeitraum 1. Juni 2005 sei für ihn eine statistische Zahl, die der
Abgeordnete Graner jetzt arithmetisch verteilt habe. Das sei nicht ganz korrekt und
entspreche auch nicht dem tatsächlichen Verlauf. Es sei ein Zeitraum, in dem er auf diesem
Gebiet noch nicht tätig gewesen sei, aber er sei der Auffassung, dass es in den Jahren
2003 bis 2005 dort deutlich mehr Abfälle gegeben habe als zu Beginn der Deponie.
Insbesondere im zweiten Halbjahr 2005 am 31. Mai 2005 hätten die Lkw an der Schranke
zur Waage bis abends 24 Uhr Schlange gestanden und ab dem 1. Juni 2005 seien
vergleichsweise wenige Abfälle angeliefert worden. Sie hätten daraufhin ein Sachgebiet
Stoffstrommanagement eingerichtet, weil sie bis Mitte 2009 entsprechend Abfälle einbauen
wollten und hätten eine große Akquisition betrieben. Insofern führe er das letztlich auch auf
den Erfolg der Arbeit dieses Sachgebiets zurück, dass es ihnen gelungen sei, diese Abfälle
zu bekommen.451
f.
Die Einlagerung von Klärschlamm
Der Zeuge H.-K. Becker, beschäftigt bei E.ON, sagte aus, vom 1. Januar 2009 bis 20. März
2009 Vorstand der Abfallwirtschaft Sachsen-Anhalt Süd AöR gewesen zu sein.452 Nach
seinem Kenntnisstand seien 2006/ 2007 19 000 t industrieller Klärschlamm von der Firma
Resa für Geld eingelagert worden. Da gebe es auch einen Vertrag. Der Klärschlamm habe
vor der Deponie am Waldrand gelegen. Aus einem Schreiben, das ihm der Zeuge Kürbs
zur Verfügung gestellt habe, sei zu ersehen gewesen, dass der Klärschlamm nur den
Kriterien Z2 und Z3 genüge. Die Deponie Zeuchfeld sei aber eine Z1 Deponie.453
Der Zeuge Zender erklärte, dass seines Wissens ein Ordnungswidrigkeitsverfahren
eingeleitet worden sei. Ob die Klärschlämme herausgenommen werden müssen oder nicht,
das könne er zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht sagen.454
450
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2.
Oktober 2008, S. 68 f. (Abgeordneter Stadelmann/ Beckmann)
451
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2.
Oktober 2008, S. 71 f. (Abgeordneter Graner/ Beckmann)
452
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 52 (Vorsitzende Hunger/ H.-K. Becker)
453
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 83 f. (Abgeordneter Graner/ H.-K. Becker)
454
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 14 (Abgeordneter Lüderitz/ Zender)
83
Der Zeuge Mock äußerte, dass es sich nicht um industriellen Klärschlamm handle. Dies sei
Bestandteil der Erweiterung der Gefahrenanalyse gewesen, die durch den Zeugen Dr.
Palm erstellt worden sei. Im Ergebnis sei festgestellt worden, dass es kommunaler
Kompost, Klärschlammkompost sei.455
g.
Die Einlagerung von Abfällen aus Italien
Soweit sich der Ausschuss mit der Entsorgung italienischen Mülls in Sachsen-Anhalt
befasste, liegt dem der Umstand zu Grunde, dass seit 2007 Abfälle aus der Region
Kampanien deutschen thermischen Behandlungsanlagen zur Entsorgung zugeführt werden
sollten. Ungefähr 150 000 t dieses Mülls wurden in den Zuständigkeitsbereich des
Zweckverbandes Abfallwirtschaft Westsachsen verbracht, um dort durch die WEV auf der
Deponie Cröbern entsorgt zu werden. Hiervon gelangten ca. 106 000 t ohne die
erforderliche Notifizierung nach Sachsen-Anhalt.
Der Zeuge Lohmann erklärte, sein Unternehmen habe modifizierten Abfall aus Italien
angenommen und diesen auch an Firmen in Sachsen-Anhalt, beispielsweise an die SVG,
weitergegeben. Dies seien insbesondere Abfälle der Abfallart 19 05 01 gewesen, d. h. nicht
kompostierbare Abfälle aus Siedlungsabfällen oder ähnlichen Abfällen, des Weiteren
Abfälle der Abfallart 20 03 01, gemischte Siedlungsabfälle. Sie hätten Verträge mit dem
dafür zuständigen italienischen Vertragspartner, die beinhalten, dass sie sich zur
Verwertung der übernommenen Abfälle Dritter bedienen dürfen.456 Sein Unternehmen habe
sich einen entsprechenden Vertragspartner gesucht, die SVG, mit der sie vorher bereits
zusammengearbeitet hätten. Die SVG habe ihnen bestätigt, dass sie über die
erforderlichen Genehmigungen verfüge. Sie hätten sich über den Genehmigungsstatus
Klarheit verschafft, dass die SVG in Naundorf Entsorgungsfachbetrieb sei. Sie haben sich
die Anlage der SVG angesehen, die nach ihrem Kenntnisstand eine moderne
Abfallverwertungsanlage sei. Die Lieferung der Abfälle sei im Zeitraum vom Juli 2007 bis
März 2008 erfolgt.457 Auf die Frage, ob sie vorher andere Abfälle an die SVG geliefert
hätten, erklärte der Zeuge, darüber sei er nicht im Detail informiert.458
Die Abfälle seien bei ihnen in der WEV entgegengenommen worden. Dann seien die
gesamten Gewichtsüberprüfungen durchgeführt und die Richtigkeit der Begleitpapiere
überprüft worden. Kopien der italienischen Begleitpapiere seien teilweise an die SVG
übergeben worden. Entsprechend der Entsorgungsnachweisverordnung seien neue
Papiere bei ihnen ausgestellt worden. Der Geschäftsführer der SVG habe anhand der
Formblätter der Nachweisverordnung nicht sehen können, wer der ursprüngliche Erzeuger
455
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 44 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Mock)
456
Vgl. auch Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009 und S. 76 (Vorsitzende Hunger/ Lohmann), S. 76 f. (Abgeordneter Kley/ Lohmann) zum
Notifizierungsverfahren und Einleitung eines solchen Verfahrens
457
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 70 f. (Vorsitzende Hunger/ Lohmann)
458
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 71 (Vorsitzende Hunger/ Lohmann)
84
des Materials gewesen sei, er sei aber informiert gewesen, dass es Abfälle italienischer
Herkunft seien.459
Die WEV habe diese Abfälle behandelt. Die Abfälle seien über ihre mechanisch-biologische
Abfallbehandlungsanlage, maßgeblich die 20 03 01, gegangen. In Teilmengen hätten sie
die 19 05 01 über eine entsprechende Schredder - Sieb -Kombination behandelt.460 Die
20 03 01 sei kein vorbehandeltes Material. Das seien gemischte Siedlungsabfälle. Aber die
19 05 01 könne zum Beispiel aus der Vorbehandlung von solchen Abfällen entstehen.461 Es
sei eine Trennung der Abfälle erfolgt, in die entsprechenden verwertbaren Anteile, die
sogenannte heizwertreiche Fraktion und das Inertmaterial. Letzteres sei dahingehend
analysiert worden, welchen Zustand das Material habe, um es dann nach den Richtwerten
der Abfallablagerungsverordnung entweder weiterzubehandeln oder abzulagern. Auf die
Frage, was die Analytik, die beim WEV teilweise durchgeführt worden sei, ergeben habe,
erklärte der Zeuge, dazu habe er keine Daten verfügbar.
An die SVG sei die komplette 19 05 01 geliefert worden. Die gleichen technologischen
Prozesse, die er genannt habe, seien auch bei der SVG durchgeführt worden. Die SVG
habe über eine Schredder - Sieb - Kombination dieses Material separiert. Es seien Mengen
an heizwertreicher Fraktion entstanden, die nach ihren Informationen an das
Müllheizkraftwerk Rothensee geliefert worden seien. Des Weiteren sei eine Inertfraktion
entstanden, die entsprechend dem analytischen Zustand entweder noch behandelt werden
musste oder aber nach den Analysewerten direkt abgelagert werden konnte.
Teilmengen, die sie zur SVG geliefert haben, seien auch wieder zur WEV zurückgeliefert
worden.462 Befragt dazu, dass es verwunderlich sei, dass aus den 106 000 t, die unter
anderem in Deuben behandelt worden seien, auf einmal 29 000 t des hochkalorischen
Stoffes 19 12 12 entstehen, äußerte der Zeuge, das sei vorbehandeltes Material gewesen,
das bereits über eine Sortieranlage gegangen sei und wo bestimmte Bestandteile,
heizwertreiche Anteile, bereits heraussortiert worden seien. Es stelle sich immer die Frage:
Was ist der Ursprung des Gesamten und welche Verhältnisse zwischen Mineralik und
heizwertreichen Bestandteilen sind darin? Das seien aber Zahlen, gerade auch die Menge,
die ihnen durch die SVG mitgeteilt worden seien. Die sei heraussortiert worden und nach
Rothensee ins Müllkraftwerk gegangen. Das hätten sie auch schriftlich vorliegen.463
Zu der Frage, ob es nicht sinnvoller gewesen wäre, das Material aus Italien entweder direkt
zur SVG zu liefern oder durch die WEV behandeln zu lassen und anschließend direkt nach
Zeuchfeld zu verbringen, bekannte der Zeuge, einem Außenstehenden erscheine das
unlogisch. Das gewählte Verfahren sei auch mit entsprechenden Kosten verbunden
gewesen. Sie hätten diese Arbeitsteilung in der Phase nur gewählt, weil sie in dieser Phase
entsprechenden Kapazitätsbedarf gehabt hätten.464
459
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 74 f. (Abgeordneter Graner/ Lohmann)
460
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 70 f. (Vorsitzende Hunger/ Lohmann), vgl. auch S. 74 (Abgeordneter Lüderitz/ Lohmann)
461
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 74 (Vorsitzende Hunger/ Lohmann)
462
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 72 f. (Vorsitzende Hunger/ Lohmann)
463
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 73 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Lohmann)
464
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 74 f. (Abgeordneter Graner/ Lohmann)
85
Der Zeuge Lohmann bekundete, dass sie zu keinem Zeitpunkt die Deponie oder das
Ballierungslager in Zeuchfeld direkt beliefert hätten. Die Frage, ob gefährlicher Abfall, den
die Firma WEV angenommen habe, der auch im Sächsischen Landtag bereits in Rede
gestanden habe, auch nach Sachsen-Anhalt geliefert worden sei, verneinte der Zeuge.465
Der Zeuge Böhme führte aus, dass er seit dem Jahre 2004 Lieferbeziehungen mit der WEV
unterhalten habe. Seit 2004 habe er direkt von dort Abfall bezogen, seit 2007 sei auch
italienischer dabei gewesen. Bei den in Rede stehenden 106 000 t habe es sich um
hausmüllähnlichen Gewerbeabfall gehandelt.466 Die Lieferung sei zu ihm in die Anlage
erfolgt.467
Es habe, so Böhme weiter, keine Lieferungen direkt auf das Zwischenlager nach Freyburg,
d. h. das Ballenlager des ZAW, gegeben. In dem Zwischenlager habe es eine
Schredderballierungsanlage gegeben. Er, Böhme, habe die Anlage als Unterauftragnehmer
für den ZAW betrieben, sie stehe im Moment. Annehmender und Einliefernder sei der ZAW,
er sei nur der Ausführende vor Ort gewesen und habe die Produkte für den ZAW
aufbereitet und in Ballen veredelt. Es seien auch Reststoffe angefallen, ein Produkt mit
Inertanteil, und dafür habe es eine Lieferbeziehung mit der WEV gegeben und dies sei in
die mechanisch-biologische Anlage der WEV nach Cröbern gegangen.468
Der Zeuge Böhme vertrat die Auffassung, eine Notifizierung verliere ihren Charakter, wenn
ein Produkt aus irgendeinem Land, zum Beispiel Italien, die Landesgrenze überschreite
und in eine genehmigte Anlage gehe, zu der die Notifizierung genehmigt worden sei. Mit
Eingang in diese Anlage und mit der Erstbehandlung verliere das Produkt die
Charaktereigenschaft. Demzufolge sei er als genannter und registrierter Nachunternehmer
nicht verpflichtet gewesen, eine Behörde davon in Kenntnis zu setzen, wenn er aus einer
Anlage ein vorbehandeltes Produkt übernehme und in einer seiner Anlagen dem
Endbehandlungsstatus unterziehe und es in einzelne Fraktionen aufteile.469
Der Deponie war nach Aussage des Zeugen Böhme nicht bekannt, dass der mineralische
Anteil, den er nach Zeuchfeld geliefert habe, aus der Italien-Charge stamme.470
Zu der Verbringung von Abfällen italienischer Herkunft in Deponien in Sachsen-Anhalt
verwies der Zeuge Stefan Behrend auf eine Kleine Anfrage sowie die Behandlung der
Thematik in der Sitzung des Umweltausschusses am 25. Februar 2009, wo die
Landesregierung Gelegenheit habe, den Sachverhalt darzustellen. Aus seiner Sicht stelle
es sich so dar, dass hier ein Informationsverlust seitens der zuständigen Unternehmen
gegenüber den Behörden vorzuwerfen sei, sodass sich daraus ein quasi illegaler Vorgang
entwickelt habe. Nach neueren Erkenntnissen würde sich der Sachverhalt etwas anders
465
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 77 (Vorsitzende Hunger/ Lohmann)
466
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 62 (Abgeordneter Lüderitz/ Böhme)
467
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 64 (Vorsitzende Hunger/ Böhme)
468
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 64 f., 67 (Vorsitzende Hunger/ Böhme)
469
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 61 (Abgeordneter Kley/ Böhme)
470
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 66 (Abgeordneter Kley/ Böhme)
86
darstellen, als er seitens seines Hauses bislang kommuniziert wurde. So seien noch nähere
Untersuchungen der Register bei den betroffenen Unternehmen, insbesondere der SVG,
vorgenommen worden. Die Untersuchungen seien nunmehr weitestgehend abgeschlossen,
sodass sie die Zahlen jetzt etwas besser beleuchten können.471
Die ersten Erkenntnisse resultierten aus einem Bericht des MDR, der Ende 2008
ausgestrahlt wurde. Zuvor habe lediglich Kontakt mit sächsischen Behörden in anderen
Angelegenheiten bestanden, obwohl das Thema der italienischen Abfälle in anderen
Bereichen als tägliches Geschäft zu bearbeiten sei, insbesondere im Rahmen der
Notfallkonzept-Verbrennung der TREA. Infolge des Berichtes habe es dann eine Befragung
der sächsischen Kollegen gegeben. Diese hätten ihnen bestätigt, dass es nur um die in
dem Bericht erwähnten Sachen gehe und dass keine Anhaltspunkte bestünden, dass illegal
Abfälle von Italien über Sachsen nach Sachsen-Anhalt gebracht würden.472
Die Zeugin Wegener erklärte zur Frage der Einlagerung von Abfällen italienischer Herkunft,
dass es hierzu einer Notifizierung bedurft hätte. Es sei ihr nicht bekannt, dass es eine
Notifizierung zur Deponie Freyburg-Zeuchfeld gegeben habe. Im April, sie wisse nicht
genau, ob es 2008 gewesen sei, habe das Landesverwaltungsamt die Transportscheine
kontrolliert. Ihnen sei dazu nichts aufgefallen.473
Zum Notifizierungsverfahren legte der Zeuge Behrend dar, das Verfahren sei
europarechtlich, namentlich durch die EG-Abfallverbringungsverordnung (EG-AbfVerbrV),
geprägt. Diese Verordnung werde durch das Abfallverbringungsgesetz (AbfVerbrG)
umgesetzt.
Das Notifizierungsverfahren sehe so aus, dass der Erzeuger, der in der Regel auch die
notifizierende Person sei, formalisierte Anträge ausfülle. Dafür gebe es einen
Notifizierungsbogen, in dem er Angaben zur Art und Menge des Abfalls, zu den betroffenen
Personen, allen Beförderern, der Entsorgungsanlage, Technologien mache, d. h. Angaben,
die zu einem normalen Entsorgungsvorgang gehören. In der Notifizierung seien alle
Entsorgungsschritte anzugeben bis zur abschließenden Entsorgung. Die Unterlagen
würden an alle zuständigen Behörden versandt. Es gebe eine Bearbeitungsfrist bei der
zuständigen Behörde, die in der Regel bei 30 Tagen liege. Jede beteiligte Behörde, die
Exportbehörde, die Importbehörde und alle Transitbehörden, hätten dann die Möglichkeit,
zuzustimmen oder den ganzen Vorgang gegenüber der notifizierten Person abzulehnen.474
Bei der tatsächlichen Verbringung, so der Zeuge Behrend weiter, müsse für jeden
einzelnen Transport vom Erzeuger bis hin zur Anlage ein Begleitformular geführt werden, in
dem alle Angaben aus der Notifizierung ersichtlich seien, einschließlich der Daten für die
konkrete Verbringung, die konkrete Abfallmenge, Datum der Verbringung, wer verbringt es,
über welche Zollstellen usw. Diese Begleitformulare bilden mit der Notifizierung oder mit
der Genehmigung oder Zustimmung zur Notifizierung eine Einheit. Diese Daten seien in
den Betriebstagebüchern, in den Nachweisbüchern der jeweiligen Unternehmen zu
registrieren. Sie seien bei der Überwachung durch die jeweils zuständige Behörde dieser
471
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 80 (Vorsitzende Hunger/ Behrend)
472
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 80 f. (Vorsitzende Hunger/ Behrend)
473
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 24 (Vorsitzende Hunger/ Wegener)
474
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 81 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Behrend)
87
auf Verlangen vorzulegen. Im Übrigen würden die Notifizierungsbögen und
Begleitformulare an alle zuständigen Behörden gehen, und dies bereits vor
Transportbeginn. Es handle sich nicht nur eine Kontrolle im Nachgang in Form der
Betriebstagebücher, sondern auch um eine konkrete Kontrolle der Verbringungen zum
jeweiligen Zeitpunkt.475
Zuständig für den Vollzug der grenzüberschreitenden Verbringung sei das
Landesverwaltungsamt, sowohl für Importe als auch für Exporte. Sie, das Ministerium,
koordinieren den Vollzug, indem sie insbesondere die Auslegung der EG-AbfVerbrV und
des AbfVerbrG vornehmen. Dafür gebe es einschlägige Vollzugshilfen. Die gebe es für die
neue EG-AbfVerbrV in Form einer Vollzugshilfe. Das sei eine Laga- Mitteilung, die in
Sachsen-Anhalt per Erlass eingeführt worden sei.476
Auf den Vorhalt, der Zeuge Lohmann habe erklärt, dass er ordnungsgemäß bei der
Landesdirektion in Dresden die SVG in Naundorf/ Deuben als Drittbetrieb angemeldet
habe, führte der Zeuge Behrend aus, dass die Kollegen vom sächsischen
Umweltministerium ihnen eindeutig bestätigt hätten, dass Gegenstand der Anzeige lediglich
ein alternativer Transportweg gewesen sei, nicht aber die Nutzung einer alternativen
Entsorgungsmöglichkeit von der WEV. Das heißt, es sei um die Nutzung eines weiteren
Transportweges über den Bahnhof Teuchern gegangen. Diese Anzeigen und die
entsprechenden Genehmigungen dazu würden dem Ministerium für Landwirtschaft und
Umwelt vorliegen. Insofern könne man davon ausgehen, so der Zeuge Behrend, dass auch
die Landesdirektion in Dresden keine Kenntnis gehabt habe, dass abweichend zu der
WEV-Behandlungstechnologie andere Entsorgungswege vorgesehen gewesen seien.477
Auf Vorhalt der Aussage des Zeugen Lohmann, die Notifizierung sei mündlich durch den
italienischen Kommissar geschehen, bekundete der Zeuge Behrend, in dem Vorgang der
grenzüberschreitenden Verbringung trete die Firma Ecolog als notifizierende Person, als
Quasi-Abfallerzeuger auf.
Er, Behrend, sei der Ansicht, die Notifizierung mündlich abzusprechen sei nicht möglich,
weil sämtliche Entsorgungsschritte einer vorgesehenen und einer dann schließlich
durchgeführten Entsorgung - einschließlich aller Teilbereiche der Verbringung, schriftlich
genehmigt werden müssten. Damit gehe er davon aus, dass auch Änderungen zu
notifizieren seien. In der alten EG-AbfVerbrV habe es einen entsprechenden Passus
gegeben, wonach bei erheblichen Änderungen zu einer bestehenden Notifizierung eine
neue Notifizierung erfolgen müsse. Dieser Passus sei genauso Gegenstand der neuen EGAbfVerbrV. Mündliche Absprachen würde er für Sachsen-Anhalt ausschließen.
Die Frage, ob alle Länder beteiligt werden müssen, wenn der Entsorgungsweg in mehreren
Ländern stattfinde, verneinte der Zeuge Behrend. Es sei die Behörde in Sachsen-Anhalt
zuständig - bezogen auf die alte EG-AbfVerbrV Nr. 259/93 -, in der die abschließende
475
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 81 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Behrend)
476
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 82 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Behrend)
477
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 85 f. (Vorsitzende Hunger/ Behrend)
88
Behandlung vorgesehen sei. Das sei nach ihren Unterlagen die WEV gewesen. Dort habe
die Behandlung stattfinden sollen. Anlagen in Sachsen-Anhalt seien nicht aufgetaucht.478
Ist zu dem Zeitpunkt der Notifizierung nicht bekannt, wo man das Material verbrenne, dann
werde die Behandlungsanlage eingetragen. Es sei übliche abfallwirtschaftliche Praxis, dass
bei der Annahme eines Abfalls in einem Zwischenlager, zum Beispiel als logistisches
Bindeglied zwischen dem Erzeuger und dem Entsorger, nicht in jedem Falle bekannt sei, in
welche der vorgesehenen Anlagen dieser Abfall gehen solle. Ein solches Zwischenlager
oder auch eine Behandlungsanlage habe - je nach Marktbedingungen - oft mehrere
Ausgänge für ein und denselben Abfallschlüssel, die sie dann nach Marktlage bedienen.
Wenn das zum Zeitpunkt nicht feststehe, in welche Anlage das gehen solle, ende die
Notifizierung an der Stelle, wo die Behandlung durchgeführt werde.479
Zu der Anmerkung, wenn ein Entsorger clever sei und sage, er nehme es in seine
Sortieranlage, und alles andere wisse er noch nicht, dann sei das Notifizierungsverfahren
abgeschlossen, und keiner habe die Chance, dort in irgendeiner Weise aufsichtlich
einzugreifen, um ein Verbringen von zweifelhaften Müllstrukturen zu verhindern,
entgegnete der Zeuge Behrend, für die nachfolgenden Entsorgungswege greife nicht der
luftleere Raum, sondern die nationalen Vorschriften für die Entsorgung der Abfälle. Hinzu
komme, dass diese „Gesetzeslücke“ mit der neuen EG-AbfVerbrV geschlossen worden sei.
Es sei ein Artikel 15 eingeführt worden, der regle, dass eine Entsorgung auch über
vorläufige Verfahren stattfinden könne, das seien insbesondere Sortieranlagen und
Zwischenlager, und dass die Notifizierung dort nicht ende, sondern, dass die Notifizierung
auch alle weiteren Schritte bis zur abschließenden Entsorgung umfassen müsse, was zum
Beispiel auch die thermische Behandlung oder Ablagerung sein könne.480
Wenn die beteiligten Unternehmen vorsehen, die Behandlung, wie sie nach entsprechender
Genehmigung vorgesehen gewesen sei, zu ändern, dann hätte die WEV die
Informationspflicht gehabt. Sie hätte anzeigen müssen, dass es eine wesentliche Änderung
zu der bestehenden genehmigten Notifizierung gibt, und es hätte eine erneute Notifizierung
erfolgen müssen. Es sei nicht nur die WEV hier in der Pflicht, sondern es gebe eine
ungeschriebene Sorgfaltspflicht, die alle Beteiligten betreffe. Auch die SVG hätte, wenn sie
Kenntnis davon gehabt habe, dass diese Abfälle aus Italien stammen, darüber informieren
müssen, zumindest das Landesverwaltungsamt.481
Auf die Fragen, ob Müll auch für die nachfolgenden Entsorger als solcher erkennbar sein
müsse und wie dieser nachverfolgt werden könne, wenn der Müll zwischendurch nicht mehr
existiere, antwortete der Zeuge Behrend, das sei das große Problem nach der alten EGAbfVerbrV 259/93 gewesen, weswegen die Praxis, das bis zur abschließenden Entsorgung
zu notifizieren, üblicherweise oder überwiegend nicht stattgefunden habe. Das sei erst nach
der neuen EG-Abfallverbringungsverordnung mit dem Passus richtig möglich, die weiteren
Entsorgungsschritte über die vorläufigen Verfahren anzugehen. Zu der Frage, ob der Müll
spätestens ab Juli 2007 bis zum Schluss erkennbar hätte sein müsse, bekundete der
478
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 83 (Abgeordneter Kley/ Behrend) , S. 83 f. (Abgeordneter Kley/ Behrend), (Abgeordneter
Lüderitz/ Behrend) zu abschließender Behandlung
479
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 84 (Abgeordneter Kley/ Behrend)
480
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 84 f. (Abgeordneter Kley/ Behrend), (Abgeordneter Lüderitz/ Behrend)
481
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 86 (Abgeordneter Lüderitz/ Behrend)
89
Zeuge, es handele sich um eine Genehmigung zu einer Notifizierung nach altem Recht. Da
habe es Übergangsregelungen gegeben. Die habe weiter gegolten.482
Wenn die beiden Unternehmen den endgültigen Entsorgungsweg oder das endgültige Ziel
der Entsorgung oder Verwertung angegeben hätten, wäre es vom Grundsatz her durchaus
eine genehmigungsfähige Angelegenheit gewesen. Wenn, wie es sich bei ihnen darstelle,
diese Verbringung der Abfälle zur SVG mit Außerbetriebnahme des Schredders bei der
WEV zeitlich in Übereinstimmung stehe, dann sei es durchaus üblich, dass die
Behandlungsmaßnahmen an andere beteiligte Unternehmen am Abfallwirtschaftsmarkt
abgegeben werden.
Dass die Verbringung „quasi illegal“ erfolgt sei, meine er, Behrend, insofern, dass nach EGAbfVerbrV 259/93 eine Verbringung illegal sei, wenn sie ohne entsprechende Notifizierung
oder ohne entsprechende Zustimmung einer zuständigen Behörde stattgefunden habe. Ihm
fehle aus heutiger Sicht die Zustimmung des Landesverwaltungsamtes. Damit werde diese
Verbringung eigentlich formal illegal, nach damals und heute geltendem Recht.483
Das Landesverwaltungsamt war nach Auskunft des Zeugen Leimbach in die
staatsanwaltlichen Ermittlungen hinsichtlich des so genannten Italien-Mülls involviert
gewesen. Sie seien für den Abfall, der direkt nach Sachsen-Anhalt gekommen sei, die
zertifizierende Behörde. Sie seien auch nach dem Bekanntwerden des Skandals in vielen
Fällen in die Aufklärung der Frage involviert gewesen, aber sie seien nicht in die
Vorbereitung dieser sächsischen Mülltransporte und die Verbringung nach Sachsen-Anhalt
involviert gewesen. Von den Dresdner Kollegen sei das Landesverwaltungsamt nicht
einbezogen worden.484
Zur Klärung des Verbleibs des Abfalls italienischer Herkunft führte der Zeuge Dr. Engel
aus, er habe gegenüber dem Zeugen Zender von einem Baggereinsatz abgeraten. Es sei
unverhältnismäßig, auf einer Deponie dieser Größe undifferenziert zu suchen, zumal man
selbst bei Auffinden von fraglichen Abfällen diesen die Herkunft aus Italien nicht angesehen
hätte. Aus diesem Grund habe er davon abgeraten, dort zu baggern.485
h.
Die Waage
Der Abgeordnete Lüderitz zitierte aus dem Untersuchungsprotokoll des Mitarbeiters des
Landesamtes für Umweltschutz (LAU), Lüttich, zu einer umfänglichen Überprüfung auf dem
Betriebsgelände der LBR vom 9. April 2008:
„Im Rahmen der Sicherstellung habe ich von beiden Mitarbeitern des Bereichs
Eingangswaage - abgetrennter Bereich mit verschlossenen Türen - alle
Wiegescheine aus dem Jahre 2007 gefordert. Die Mitarbeiterin ist in den Nebenraum
gegangen, um nach den geforderten Unterlagen zu sehen. Nach Rückkehr erhielt ich
482
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 87 (Abgeordneter Kley/ Behrend)
483
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 88 (Abgeordneter Stadelmann/ Behrend)
484
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 17 f. (Abgeordneter Kley/ Leimbach)
485
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 10, 10 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Engel)
90
die Auskunft, es wären keine Wiegescheine aus dem Jahre 2007 vorhanden; diese
wären alle im Archiv. Nachdem ich verlangt hatte, mich selber davon zu überzeugen,
gewährte sie mir den Zutritt zum Waagebereich, und ich habe entgegen ihrer
Aussage ca. acht Ordner mit Wiegescheinen aus dem Jahr 2007 vorgefunden. Auch
im Vorraum befanden sich mehrere Ordner aus dem gleichen Jahr. Im Archiv konnte
ich dann weitere Ordner mit Wiegescheinen vorfinden, die für das Jahr 2007
sichergestellt wurden. Weiterhin habe ich in der Buchhaltung - zweite Etage mehrere Ordner mit Stornierungen vorgefunden und sichergestellt. Hier hatte ich den
Eindruck, dass diese Ordner auf keinen Fall mitgenommen werden sollten. Verstärkt
wurde dieser Eindruck, nachdem ich gegen 14 Uhr feststellte, dass drei der
Stornierungsordner wieder auf ihrem Platz im Regal standen. Nach einem Hinweis
an die Kollegen des FK 3 wurden diese Ordner ebenso eingezogen.“
Zu dem Vorhalt, die Wägung, die über das EDV-System laufe, sei nachträglich manuell
korrigiert worden, und dann zum Teil sogar mit der Kennzeichnung „PT“ versehen worden,
um insbesondere Output-Vorgänge neu einzuordnen und Abfallschlüsselnummern
nachträglich zu korrigieren, äußerte der Zeuge Deppenmeier, wenn ein Wiegeschein
erstellt worden sei, sei es ein Dokument. Es sei überhaupt nicht machbar, einen
Wiegeschein, der ausgedruckt sei, nachträglich zu manipulieren. Zu Wiegescheinen, die
mit der Kennzeichnung „PT“ versehen seien, sagte der Zeuge Deppenmeier, dabei handle
es sich um einen per Hand eingegebenen Wiegeschein.486 Die Frage, ob es
Wiegevorgänge gebe, bei denen nicht automatisch ein Wiegeschein ausgedruckt werde,
wurde durch den Zeugen Deppenmeier verneint.487
Auf den Vorhalt, dass auf einigen sichergestellten Abwicklungsvorgängen vermerkt sei,
dass bei Eintreffen spezieller Lkw der Geschäftsführer der LBR sofort zu unterrichten sei,
bekundete der Zeuge, das hänge mit der Eingangskontrolle zusammen. Wenn der
Geschäftsführer mit dem Kunden selbst verhandelt habe, wollte er sich vielleicht persönlich
davon überzeugen, dass es das Material auch sei.488
Auf den gesamten Vorgang angesprochen, äußerte der Zeuge Bufé, Druck erzeuge
Gegendruck.489
7.
Folgeentwicklungen
a.
Der Annahmestopp
Mit Bescheid vom 9. Mai 2008 sei nach Bekunden des Zeugen Hoffmann der
Annahmestopp der Deponie verfügt worden.490 Bis zu diesem Zeitpunkt habe es lediglich
486
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 12.
März 2010, S. 44 (Abgeordneter Lüderitz /Deppenmeier), S. 47 Abgeordnete (Rogée/ Deppenmeier), vgl. auch S. 45
(Abgeordneter Graner/ Deppenmeier) Gründe für nachträglich manuell erstellte Wiegescheine
487
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 12.
März 2010, S. 44 (Abgeordneter Graner /Deppenmeier)
488
Niederschrift über die 19. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 12.
März 2010, S. 44 (Abgeordneter Lüderitz /Deppenmeier)
489
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 52 (Vorsitzende Hunger/ Bufé)
91
fachtechnische Belange zu regeln gegeben.491 Der Annahmestopp vom 9. Mai 2008
besteht fort.492 Der Zeuge Dr. Engel erläuterte, der Annahmestopp sei für sofort vollziehbar
erklärt worden und im Augenblick noch Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen
Klageverfahrens, welches aber ruhe. Insbesondere habe der Betreiber nicht um
einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht, weil sie sich auch um eine einvernehmliche
Aufklärung der Situation mit der Überwachungsbehörde bemühe.493
b.
Die Aufrechterhaltung der Plangenehmigung
Der Elfte Parlamentarische Untersuchungsausschuss ging auch der Frage nach, inwieweit
es erforderlich gewesen sei, die Plangenehmigung für die Deponie Freyburg-Zeuchfeld, die
aufgrund eines entsprechenden Antrages des Betreibers, der DEREC, und eines
Bescheides vom 17. November 2004 als Deponie der Klasse I weiter betrieben wurde,
aufrechtzuerhalten.
Der Zeuge Dr. Engel sagte aus, dass es weder rechtlich geboten oder zweckmäßig
gewesen sei, die Plangenehmigung aufzuheben oder zu ändern. Er führte dazu aus, dass
sich die Frage der rechtlichen Gebotenheit nach den §§ 48 und 49 VwVfG bestimme. Da es
sich um sog. Ermessensnormen handle, sei es rechtlich nicht zwingend geboten, einen
Verwaltungsakt zurückzunehmen, wenn er missbräuchlich ausgenutzt werde. Hinsichtlich
der Zweckmäßigkeit der Rücknahme sei zu berücksichtigen gewesen, dass im Frühjahr
2008 ein Annahmestopp im Fall von Freyburg-Zeuchfeld verkündet worden sei. Der
Annahmestopp sei durchgehalten worden bis die Deponie terminiert quasi außer Betrieb
gegangen sei. Folglich sei sie nicht mehr in die Betriebsphase gegangen. Wenn man sich
überlege, dass eine Deponie an sich als Abfallbeseitigungsanlage keinen Anlagenoutput,
sondern nur einen Input besitze, und der Input durch den Annahmestopp lahmgelegt
gewesen sei, dann werde klar, dass mit einem Ausnutzen der Plangenehmigung rein
faktisch schon nicht mehr zu rechnen gewesen sei. Damit wäre es unter diesem
Gesichtspunkt nicht zweckmäßig gewesen, noch zusätzlich ein Verfahren zu führen, um die
Plangenehmigung vom 17. April 2004 aufzuheben. Das wäre auch unter einem anderen
Gesichtspunkt nicht zweckmäßig gewesen, nämlich unter der Frage, wie dann weiter damit
umgegangen worden wäre. Man hätte dann auf jeden Fall das Stilllegungs- und
Rekultivierungsverfahren für die Deponie nach § 36 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz
(KrW-/ AbfG) führen müssen, so, wie es auch geschehen sei. Die für die Deponie erfolgte
Gefährdungsabschätzung habe im Ergebnis festgestellt, dass die Abfälle liegen bleiben
können, und eventuelle Sonderanforderungen an die Rekultivierung durch den Stilllegungsund Rekultivierungsbescheid geregelt werden. Der Deponiebetreiber habe solche
490
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 8, 33 (Hoffmann)
491
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 8 (Hoffmann)
492
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 20 (Abgeordnete Rogée/ Hoffmann); Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Dezember 2008, S. 17 (Abgeordnete Rogée/ Dr. Engel) zu
Annahmestopp/ kein einseitiges Aufheben vom Betreiber; Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13. Februar 2009, S. 29 (Vorsitzende Hunger/ Wegener), S. 52
(Abgeordneter Kurze/ Lindemann)
493
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 17 (Abgeordnete Rogée/ Dr. Engel), S. 20 (Vorsitzende Hunger/ Dr. Engel) zu Annahmestopp/
Kontakt zum Umweltministerium
92
Unterlagen zur Rekultivierung im Frühjahr dieses Jahres (2010) vorgelegt. Mit einer
entsprechenden Entscheidung sei voraussichtlich im Mai (2010) zu rechnen. Somit bestehe
erst recht kein Anlass mehr, über die Plangenehmigung nachzudenken. Unter den gleichen
Gesichtspunkten sei es nicht erforderlich, darüber nachzudenken, ob diese Erlaubnis hätte
geändert werden müssen. Da damals die Plangenehmigung auf der Basis eines
Ausnahmetatbestandes des § 6 AbfAblV erteilt worden sei, der ausdrücklich nur den
Weiterbetrieb vorgesehen habe, wenn Abfälle der Zuordnungskategorie der DK I auf der
Deponie eingesetzt wurden, hätte jede Abänderung des Abfallartenkatalogs hinsichtlich der
realen Verhältnisse einen Schritt rechtlich vom Wege bedeutet.494
Zu der Frage, weshalb der Weiterbetrieb der Deponie ermöglicht worden sei, führte der
Zeuge Hoffmann aus, dass bei einer solchen Entscheidung zunächst der Wille des
Antragstellers im Rahmen der Gesetze zu berücksichtigen sei. Für die Deponie FreyburgZeuchfeld seien die hydrogeologischen Verhältnisse durchaus nicht unkompliziert gewesen
und es sei geprüft worden, ob ein solcher Weiterbetrieb sinnvoll und gerechtfertigt sei, aber
der südliche Raum verfügte zu der Zeit und auch heute nur über die Deponien Nißma und
Freyburg-Zeuchfeld. Die Darstellung der Abfallmengen hätte den Weiterbetrieb der
Deponie für einen befristeten Zeitraum bis 2009 gerechtfertigt.495 Des Weiteren sei zu
prüfen gewesen, ob der Weiterbetrieb gefahrerhöhend sein werde. Durch eine vergrößerte
Abfallmenge hätte per se eine Gefahrerhöhung angenommen werden können. Weil aber
der Betrieb als Deponie Klasse I weitererfolgen sollte und man mit geringeren
Belastungsparametern zu rechnen gehabt habe, sei diese Frage dann nicht mehr so
kritisch zu bewerten gewesen. Es seien in dem Bescheid vom 17. November 2004 klare
Regelungen getroffen, welche Abfälle auf der Deponie abgelagert werden dürfen, für
welche Abfälle eine Deklarationsanalyse, d. h. eine Analyse von Belastungsparametern
entsprechend DK I, vorzulegen sei und welche Abfälle auf der Deponie verwertet496 werden
können.497
Auf eine weitere Nachfrage zum Weiterbetrieb bekundete der Zeuge Hoffmann, es sei sehr
wohl Gegenstand der Überprüfung gewesen, inwieweit die Deponie eine Gefährdung für
das Gebiet darstelle. Ein Weiterbetrieb als Deponie Klasse II sei nicht in Betracht zu ziehen
gewesen. Eine Stilllegung der Deponie hätte auch zum damaligen Zeitpunkt die Herstellung
einer Kontur für die Deponie notwendig gemacht. Man hätte die Deponie profilieren
müssen, um sie einerseits in das Landschaftsbild einzugliedern und um andererseits die
Niederschlagswässer kontrolliert abzuleiten und ein Durchsickern der Deponie zu
verhindern. Dazu hätten noch erhebliche Massen auf die Deponie gebracht werden
müssen. Diese Profilierungsmaßnahmen können in der Regel mit Abfällen durchgeführt
werden. Sonst müssten sie mit Baustoffen, also mit Kies oder Schotter erfolgen. Diese
Baustoffe können im Rahmen der Verwertung durch Abfälle - wenn sie geeignet sind ersetzt werden. Es sei abzuwägen gewesen, inwieweit sich dann ein
494
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 78 f. (Dr. Engel)
495
Vgl. dazu auch Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 5. Dezember 2008, S. 32 (Abgeordneter Kley/ Abendroth)
496
Zum Thema „Verwertung“ vgl. Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 2. Oktober 2008, S. 19 f. (Abgeordnete Rogée/ Hoffmann) und S. 28 f. (Abgeordneter
Kley/ Hoffmann)
497
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 16 f. (Abgeordneter Kley/ Hoffmann)
93
Belastungsunterschied zur DK I ergibt. Insofern sei der reguläre Weiterbetrieb als Deponie
Klasse I nicht als gefahrerhöhend für diesen Standort zu betrachten gewesen.498
Die Zeugin Wegener erklärte, der Betreiber habe sich halt entschieden, dass er die
Deponie Freyburg-Zeuchfeld weiter betreiben wolle, um die höherwertige Deponie Nißma,
die DK II sei, nicht mit mineralischen Abfällen voll zu belasten, sondern dorthin die Abfälle
mit höherem organischen Gehalt zu bringen.499 Zur Frage der ausreichenden Mineralik, um
die Deponie in die Stilllegungsphase überleiten zu können, antwortete die Zeugin Wegener,
die Landkreise haben ihre jährlichen Abfallbilanzen. Sie denke, dass sich der Betreiber
darauf gestützt habe.500
Der Zeuge Zender sagte aus, die Genehmigung sei von ihm intensiv geprüft worden und er
habe rückschließen können, dass in 2004 die Entscheidung, die Deponie als Deponie der
Klasse I weiterzubetreiben, abfallrechtlich rechtmäßig gewesen sei.501
Befragt nach dem Grund des Weiterbetriebes erklärte der Zeuge Zender, ob die
Genehmigungsbehörde etwas beabsichtige, sei nicht Gegenstand der Prüfung bei
Anträgen auf Weiterbetrieb. Es habe zwei Deponien gegeben. Eine sei Nißma mit der DK II
gewesen. Für Freyburg-Zeuchfeld sei der Antrag auf Weiterbetrieb als Deponie der Klasse I
gestellt worden. Danach gebe es nur die Möglichkeit, anhand der rechtlichen Vorschriften
zu prüfen, ob derartige Genehmigungen zu erteilen seien oder ob es aus
Ermessenserwägungen heraus Gesichtspunkte gebe, die eine Versagung nach sich
ziehen. Die dargelegten Gründe haben sie die Genehmigung erteilen lassen; er hätte
damals auch nicht anders entschieden.502 Es sei auch geprüft worden, ob ausreichend
Behandlungsanlagen zur Verfügung stehen. Das könne er nicht sagen, ob beispielsweise
das Müllkraftwerk Zorbau, Rothensee schon in Betrieb gewesen sei, und, ob zumutbare
Wege zu einer anderen Deponierung bestehen. Jedenfalls sei man zu der Erkenntnis
gelangt, dass es hinreichend begründet und aus der Sicht der Abfallentsorgung im
Burgenlandkreis nicht zumutbar gewesen sei, die Deponie Freyburg-Zeuchfeld nicht als
Deponie der Klasse I weiterzubetreiben, sondern generell zu schließen und damit alle
Abfälle in die Deponie nach Nißma zu lenken, die auch von der Kapazität her begrenzt
gewesen sei, sodass aus abfallwirtschaftlicher Sicht keine Versagungsgründe bestanden
hätten.503
c.
498
Die Beprobung durch das Landesverwaltungsamt
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 23 ff. (Abgeordneter Kley/ Hoffmann)
499
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 7 f. (Vorsitzende Hunger/ Wegener)
500
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 8 (Abgeordneter Lüderitz/ Wegener), vgl. auch S. 21 (Abgeordneter Graner/ Wegener), vgl. auch
S. 27 f. (Abgeordneter Kley/ Wegener)
501
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 7 (Vorsitzende Hunger/ Zender), S. 11 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Zender)
502
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 7 f. (Abgeordneter Kley/ Zender)
503
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 8 (Abgeordneter Kley/ Zender)
94
Seitens des Landesverwaltungsamtes kam es nach Aussage des Zeugen Hoffmann im
Jahre 2008 zu drei Beprobungsmaßnahmen mit insgesamt 72 Analysen. Von diesen
72 Analysen hätten eine Vielzahl der Untersuchungen eine erhebliche, bis zu 15-fache,
Überschreitung der Zuordnungswerte der DK I gezeigt.504 Die Ergebnisse seien hinreichend
aussagefähig, da die 72 Bohrpunkte über die Deponie verteilt worden seien. Die
Ergebnisse würden sich auch nicht durch angebliche Baumaßnahmen auf der Deponie, die
im Zusammenhang mit der Errichtung des Gassammelsystems stattgefunden haben,
erklären. Sie hätten diese Analysen so angelegt, dass sie genau in den Schichten liegen,
die nach 2005 aufgebracht worden seien.505 Auszugehen sei von einer mittleren Erhöhung
zwischen 4 und 5 m. Das schwanke ein wenig, weil die Deponie nicht völlig eben sei. Die
Proben seien unterschiedlichen Schichten bis zu einer Tiefe von 3 m entnommen, um dem
Vorwurf zu entgehen, dass sie Proben aus dem Altkörper von vor 2005 entnehmen.506 Im
Ergebnis der Analysen könne er sagen, dass die illegalen Materialien flächig auf der
Deponie verteilt wurden.507
d.
Gefährdungsanalyse, Mengenermittlung, Kostenermittlung
Der Zeuge Dr. Friedrich Albrecht Palm, geschäftsführender Gesellschafter der UP
Umweltprojekt Ingenieurgesellschaft mit Sitz in Stendal, sagte aus, er habe Ende August
2008 einen Auftrag von der Abfallwirtschaft Sachsen-Anhalt Süd, Anstalt öffentlichen
Rechts, zur Anfertigung einer Gefährdungsabschätzung bzw. zur technischen
abfallwirtschaftlichen Begleitung dieses Gesamtvorhabens erhalten. Sein Unternehmen
erarbeite für den Standort Deponie Zeuchfeld eine so genannte Gefährdungsabschätzung.
Darüber hinaus stünden sie der Abfallwirtschaft Sachsen-Anhalt Süd zur Beratung zur
Verfügung, wenn es um Belange der Deponie Zeuchfeld gehe.508
Zur Gefährdungsabschätzung legte der Zeuge Zender dar, es gebe mehrere
Verfahrensschritte. Zum einen müsste festgestellt werden, ob die eingebrachten Abfälle
gefährlichkeitsgeeignet seien. Dies müsse geprüft werden, um die strafrechtliche Seite zu
beleuchten, weil die Staatsanwaltschaft weiterverfolgen müsse, ob der Straftatbestand des
§ 326 StGB gegeben sei. Weiterhin seien Gefährdungsabschätzungen im weitesten Sinne
erforderlich, um zu entscheiden, ob die Abfälle liegen bleiben können oder entfernt werden
müssen. Schließlich sei die Frage nach der Gefährdung erforderlich, um festzustellen, wie
künftig die Deponie abgeschlossen, stillgelegt, gesichert und rekultiviert werden könne.509
Zur Gefährdungsanalyse erörterte der Zeuge Leimbach, dass dadurch relativ klar und
unmissverständlich Rückschluss auf die Art der eingebrachten Materialien zu ziehen sei. Es
sei auch relativ klar, dass durch die rechtswidrige Einbringung die laut der
504
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 9 (Hoffmann), vgl. S. 22 f. (Abgeordneter Stadelmann /Hoffmann)
505
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 9 (Hoffmann), vgl. auch S. 18 f. (Abgeordneter Graner/ Hoffmann)
506
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 25 (Abgeordnete Rogée/ Hoffmann)
507
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 22 f. (Abgeordneter Stadelmann/ Hoffmann)
508
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 77 f. (Vorsitzende Hunger/ Dr. Palm)
509
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 13 (Abgeordneter Lüderitz/ Zender), vgl. auch S. 19 f. (Abgeordnete Rogée/ Zender)
95
Betriebsgenehmigung zulässigen Parameter deutlich überschritten wurden. Die
Beurteilung, ob das Material verbleiben könne oder aus der Deponie entsorgt werden
müsse, sei noch nicht gezogen. Das Verfahren sei insoweit nicht abgeschlossen. Die
Experten würden raten, das Material an dem Standort zu belassen. Es werde darum gehen,
inwieweit durch geeignete Maßnahmen die daraus resultierenden Gefahren gemindert oder
gar abgewendet werden können. Dabei gehe es nicht unmittelbar um Gefahren für
Menschen, sondern um Gefahren für andere Schutzgüter. Diese Gefahren werde der
Betreiber abzuwenden haben. Aber das werde den Betreiber zunächst belasten, und da es
eine öffentlich-rechtliche Verantwortlichkeit gebe, sei nicht damit zu rechnen, dass es das
Land betreffe, sondern der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger verantwortlich sein
werde.510
Zu den Einzelheiten der Untersuchung führte der Zeuge Dr. Palm aus:
Grundlage der Aufklärung seien die am Deponiekörper erfolgten Inventaruntersuchungen.
Davon habe es insgesamt drei gegeben, im Mai, Juni und September 2008. Die
Untersuchung im September hätten sie begleitet. Sie haben Rückstellproben genommen
und an den Rückstellproben auch eigene Untersuchungen vorgenommen. Die
vorhandenen Untersuchungen würden nunmehr ausgewertet. Momentan seien sie damit
beschäftigt, ein so genanntes digitales Geländemodell zu erstellen, um auf der Grundlage
der Anlieferdokumente und der Mengenszenarien zuordnen zu können, welche
Abfallschlüsselnummern wann in welchen Bereichen auf der Deponie eingebaut worden
seien. Dazu stünden ihnen die Vermessungsunterlagen aus den Jahren 2005 bis 2008 zur
Verfügung. Im Gegensatz zu anderen Arbeiten, die in dieser Frage schon gelaufen seien
von der Firma Arkades, die nicht offiziell sei, aber auch von der ICL für die
Staatsanwaltschaft, hätten sie die Setzungen mit berücksichtigt. Bei einem solchen
Deponiekörper sei das sehr wichtig, um das Mengenszenario zu ermitteln. Über die genaue
Höhe der Mengen könne er noch keine Aussagen treffen, weil diese Untersuchungen noch
laufen. Sie würden - das könne er schon sagen - das Mengenszenario bestätigen, das im
Raum stehe. Es werden mehr als 200 000 t sein. Es sei relativ sicher, dass die 400 000 t
nicht überschritten werden.
Es gebe, so der Zeuge Dr. Palm, deutliche Überschreitungen von Parametern,
insbesondere
Organikgehalt,
in
Einzelfällen
auch
Schwermetalle511.
Aus
fachgutachterlicher Sicht bewerte er die Überschreitung bei den Schwermetallen als nicht
so dramatisch, denn das könne auch bei regulär abgelagerten Abfällen passieren. Sehr
bedenklich seien die zum Teil sehr hohen Überschreitungen bei den Organikanteilen, weil
die ein gewisses Gefährdungspotenzial darstellten.512
Zu der Frage der geologischen Situation der Deponie Zeuchfeld bekundete der Zeuge Dr.
Palm, die Schwierigkeiten oder die Differenziertheit der Geologie bringe es mit sich, dass
man an der einen oder anderen Stelle keine klaren Aussagen treffen könne. Aber das, was
man wisse, lasse den Schluss zu, dass es sich unter Betrachtung des Gesamtstandortes
um einen Standort handle, der für derartige Ablagerungszwecke geeignet sei. Er
entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben, weil die sich nach dem Jahr 1990 und nach
510
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 12 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Leimbach)
511
Vgl. auch Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 87 (Vorsitzende Hunger/ Dr. Palm) zu Schwermetallwerten
512
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 78 f. (Vorsitzende Hunger/ Dr. Palm)
96
dem Jahr 2005 noch einmal geändert hätten. Aber im Großen und Ganzen könne man
sagen, dass, wenn man den Gesamtstandort betrachte, die Gefährdungssituation für
Schutzgüter überschaubar sei.513
Ob die Betreiber und auch die Kontrollbehörden hätten erkennen müssen, was er jetzt
erkannt habe oder dabei sei, zu erkennen, liege außerhalb dessen, was er untersucht
habe. Er könne sagen, dass im Wesentlichen Abfallschlüsselnummern aus dem Bereich
der 19er- bzw. 17er-Abfälle eingebaut worden seien, also vorzugsweise mineralische
Materialien. Das, was sie bei den Untersuchungen der Rückstellproben gefunden und auch
ausgewertet haben, seien Materialien, die eigentlich nicht typisch für mineralische
Zusammensetzungen seien. Es handle sich wohl um Sortierreste von irgendwelchen
Abfällen. Das könnten Hausmüll oder gewerbliche Abfälle sein. Folienreste sprächen aber
eher für Hausmüll. Ob man das erkennen könne, wenn es eingebaut werde, hänge davon
ab, wie eingebaut und wie angeliefert werde und wer einbaue. Wenn man jeden Tag mit
Müll zu tun habe, dann kann man den Organikanteil nicht unbedingt heraussehen. Man
sehe nicht, ob es sich um 3 oder 5 %, aber man sehe, ob es sich um 3 %, 50 % oder 60 %
Organikanteil handle. Das merke man auch an dem Einbauverhalten. Im Rahmen
behördlicher Überprüfungen sei es relativ schwierig, das zu erkennen.514 Vor dem
Hintergrund, dass das Landesverwaltungsamt immer wieder sehr hohe Kunststoffanteile
moniert habe, hätte man sicherlich das eine oder andere merken müssen, es sei intern
auch was passiert - zumindest nach dem, was er aus dem Aktenstudium entnommen
habe -, aber dass man veranlasse, dass die zuständige Aufsichtsbehörde dort noch einmal
Proben nimmt, das würde er verneinen.515
Zum Weiterbetrieb der Deponie im Jahre 2005 könne er sagen, dass es aufgrund der
naturräumlichen Ausstattung des Standorts und des noch vorhandenen Restloches eine
richtige Entscheidung gewesen sei, den Standort als DK I-Anlage weiterzubetreiben, weil
Sie durch den Einbau von Abfallstoffen eine deutlich höhere Sicherheit an diesem Standort
hätten erzielen können und auch erzielt haben. Der Gesetzgeber habe genau diesen Punkt
zugelassen, nämlich, Deponien von 2005 bis zum 15. Juli 2009 weiter betreiben zu dürfen,
auch wenn sie nicht dem Stand der Technik entsprochen hätten. Und das sei an bestimmte
naturräumliche Gegebenheiten gekoppelt gewesen, wie zum Beispiel gutes
Rückhaltevermögen des Untergrundes, eine entsprechende Entfernung des Grundwassers
etc.
Die gegenwärtige Situation stelle sich so dar, dass man die Endkubatur des
Deponiekörpers noch nicht erreicht habe. Wenn kein regulärer Abfalleinbau mehr erfolge,
wenn eine temporäre Oberflächenabdeckung aufgebracht sei, müsse in den nächsten
Jahren hier und da noch Material eingebaut werden. Der Deponiekörper müsse erst mal zur
Ruhe kommen. Die Setzungen würden dadurch erfolgen, dass organisches Material, das in
diesem Körper drin sei - das auch in dem Körper drin sei, der insbesondere vor 2005
aufgefahren wurde -, biologisch abgebaut werde. Das heiße, das Material werde
verstoffwechselt, in Deponiegas516 umgewandelt. Das sei mit Substanzverzehr verbunden
und dann sacke so ein Körper nach. Vom Deponiekörperverhalten werde diese Anlage
513
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 79 f. (Abgeordneter Kley/ Dr. Palm)
514
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 80 (Abgeordneter Miesterfeldt/ Dr. Palm)
515
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 80 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Palm)
516
Vgl. Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 87 f. (Abgeordneter Poser/ Dr. Palm) zur Verwendung von Deponiegas
97
dadurch gekennzeichnet sein, dass sie über viele Jahre noch einen Massenauftrag
benötige, pro Jahr vielleicht noch 10 000 t. Aber der sei notwendig, um das Planum für
einen kontrollierten Oberflächenwasserabfluss zu schaffen.517
Zur Gefahr des betrachteten Abfalls für die Bevölkerung und die Umwelt schilderte der
Zeuge, man müsse dies auf zwei Ebenen betrachten. Die erste Ebene sei die
Gefährdungsgeeignetheit dieser Abfälle im strafrechtlichen Sinne bzw. ohne
Berücksichtigung der konkreten Standortverhältnisse. Man habe eine gewisse Menge Abfall
eingebaut, der hohe Organikanteile aufweise. Man habe AT4-Untersuchungen
durchgeführt, die zu keinem plausiblen Ergebnis geführt hätten. Das bedeute, dass die im
Abfallkörper befindlichen organischen Materialien, schwer bis mittelschwer abbaubar seien.
Diese Materialien würden also über sehr lange Zeiträume unter anaeroben Verhältnissen
biologisch abgebaut, und dabei werde es einen gewissen Deponiegasanfall geben.
Deponiegas sei per se eine Gefährdung, wenngleich man noch nichts über die anfallenden
Konzentrationen aussagen könne. Die zweite Ebene sei, dass im Zuge dieses Abbaus eine
Versauerung dieses Körpers stattfinde. Wasser ströme hindurch und in diesem sauren
Milieu - insbesondere bei pH-Werten kleiner 5 - gebe es eine erhöhte Eluierung von
Schwermetallen und anderer Schadstoffe. Das sei auch ein Problem, es trete nur dann auf,
wenn die Abfallmenge singulär, für sich allein, betrachtet werde.
Im Hinblick auf die Bevölkerung stelle sich die Schutzgutdiskussion. Man müsse sich den
gesamten Standort ansehen. Es gebe zwar differenzierte geologische Verhältnisse, diese
seien aber durchaus geeignet, einen gewissen Schadstoffrückhalt darzustellen. Im Moment
hätten sie im Untergrund keinen Sickerwasseranfall. Das könne daraus geschlussfolgert
werden, dass dieser Körper aktiv entgast werde und bei diesen biologischen
Abbauvorgängen finde eher ein Wasserverbrauch statt. Von der geografischen Zuordnung
sei der Standort Freyburg-Zeuchfeld ein eher trockener Standort. Daher habe man bisher
bei den Grundwasseranalysen zwar gewisse Auffälligkeiten gefunden, aber es sei immer
schwierig, das auf geogene Inhalte bzw. auf das Vorhandensein eines Deponiekörpers
zuzuordnen. Weil die hydrogeologischen Verhältnisse so differenziert seien, könne es
schon mal schwierig sein, die Messungen ordentlich zu interpretieren.
Der Deponiekörper verfüge über ein Entgasungssystem, das nach einer gewissen
Stilllegungsphase nunmehr auch wieder betrieben werde. Deshalb gebe es nach der
Einschätzung des Zeugen Dr. Palm für die Bevölkerung überhaupt keine Gefahr. Der
Körper sei begehbar und habe einen deponietypischen Geruch. Eine weitere Gefährdung
gebe es nicht. Es werde, wenn die Entgasungsanlage nicht ordnungsgemäß arbeite, hier
und da Deponiegasaustritte geben. Aufgrund der geografischen Lage und der Lage am
Waldrand und der Hanglage komme es durch Fall- und aufsteigende Winde zu einer
Durchmischung, sodass auch das kein zusätzliches Gefährdungsmoment darstelle. In
Bezug auf die Schutzgüter sei das zumindest für die Menschen, für Tiere und Pflanzen
eher weniger gefährlich.518
Das Land Sachsen-Anhalt habe eine besondere Art von Oberflächenabdeckung entwickelt,
eine so genannte Methanoxidationsschicht, die geeignet sei, die restlichen Spurengase
zusätzlich abzubauen in einer Bodenschicht, die mit organischem Material, also mit
Kompost oder Ähnlichem, angereichert sei, wo dieses Methan verstoffwechselt werde.
517
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 81 f. (Abgeordneter Kley/ Dr. Palm)
518
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 82 f. (Abgeordnete Rogée/ Dr. Palm)
98
Daher könne für die Luft die Gefährdung ausgeschlossen werden. Die Deponie könne mit
einem angemessenen technischen Aufwand auch quasi umweltverträglich stillgelegt,
geschlossen werden. Der Sickerwasserpfad werde sich etwas anders verhalten. In den
nächsten acht bis zwölf Jahren werde Sickerwasser flächendeckend an der Basis nicht
austreten, weil diese Menge verstoffwechselt werde oder benötigt werde zur Sicherstellung
des Stoffwechsels zur Entgasung. Ein technisches Konzept sehe vor, dass man die
temporäre Oberflächenabdeckung durch eine endgültige ersetzt. Das heißt, es werde eine
Oberflächenabdeckung darauf kommen, wo die Restinfiltration, das, was an
Grundwasserneubildung in diesem Körper noch entstehen könne, entsprechend gering sei.
Zu den durch die rechtswidrige Einbringung zu erwartenden Kosten erklärte der Zeuge:
Hinsichtlich der Kosten, die die illegale Deponierung dadurch verursache, dass die
eingelagerten Stoffe wieder herausgeführt werden müssten oder die Entgasung oder
Ähnliches intensiviert werden müsste, gebe es noch keine Übersicht. Er sei der Auffassung,
dass dort nicht eine Tonne Abfall wieder ausgebaut werden müsse. Aufgrund der Tatsache,
dass sie ein Deponieentgasungssystem haben, könne der Deponiekörper so lange entgast
werden, bis das Gefährdungspotenzial weitestgehend abgebaut sei.
Wenn man dann die Gesamtsituation am Standort hinnehme, den Altkörper, das
Rückhaltevermögen etc., dann sei es so, dass man mit angemessenen technischen Mitteln,
aber mit einem Mehraufwand, als wenn man die illegal eingelagerten 400 000 t nicht
eingebaut hätte, diesen Standort stilllegen könne. Der Mehraufwand ergebe sich daraus,
dass man gegebenenfalls zusätzliche Gasbrunnen benötige bzw. Gasbrunnen, die
vorhanden seien, über längere Zeiträume ertüchtigen, also wieder bis zur Oberfläche
hochziehen, müsse. Zudem werde man sicherlich etwas höheren Aufwand bei der
temporären Oberflächenabdeckung haben. Denn sie müsse so bemessen werden, dass sie
eine ausreichende Restdurchlässigkeit für Wasser und Gas habe. Die Mehrkosten, die in
der Stilllegungsphase daraus entstehen würden, hätten sie berechnet. Diese Zahlen habe
er nicht im Kopf. Es sei aber mehr als 1 Million, so viel könne er sagen.519 Hierzu sagte der
Zeuge Mock aus, der Gutachter habe Mehraufwendungen von 10 Euro pro Quadratmeter
eingeplant. Das seien bei 11 ha Fläche 1,1 Millionen Euro. Die Gasbrunnen habe er mit
weiteren rund 350 000 Euro veranschlagt.520
Auf die Frage, ob die vorgenommenen Probennahmen als repräsentativ, sinnvoll und
ausreichend zu betrachten seien, äußerte der Zeuge Dr. Palm die Auffassung, man könne
noch weiter untersuchen, das sei jedoch wirtschaftlich nicht sinnvoll und bringe auch keinen
zusätzlichen Kenntniszuwachs. Er halte die Untersuchungen, die man durchgeführt habe,
das seien drei Messprogramme oder drei Untersuchungsprogramme gewesen, für
vollständig geeignet, die Situation an dem Körper, sprich der Abfälle, die nach Sommer
2005 dort abgelagert worden seien, zu beschreiben.521
Zu der Behauptung des Zeugen Beckmann, die Untersuchungen würden nicht die wahren
Zustände nach 2005 widerspiegeln, sagte der Zeuge, bei den durchgeführten
Untersuchungen habe man Abfälle aus den Jahren 2008, 2007 und punktuell aus 2006
519
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 84 f. (Abgeordneter Miesterfeldt/ Dr. Palm)
520
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 38 (Mock)
521
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 85 (Abgeordneter Kley/ Dr. Palm)
99
erbohrt und angetroffen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass der eine oder andere
Bohrpunkt eventuell einen gewissen Anteil an Abfallmaterial enthalten habe, der vor
Sommer 2005 abgelagert wurde. Selbst wenn das so wäre, werde als Methode der
Probennahme die Herstellung der Mischprobe angewandt.522
Zu der rechtswidrig eingebrachten Menge sagte der Zeuge Hoffmann, klar sei, dass auf der
Deponie im fraglichen Zeitraum ca. 1,1 Millionen t Abfälle abgelagert worden seien. Von
diesen 1,1 Millionen t seien ca. 40 % als illegal zu betrachten. Das heiße, 40 % dieser
Abfälle würden die Parameter erheblich überschreiten.523
Zum weiteren Verfahren führte der Zeuge Mock aus, dass das Landesverwaltungsamt
entscheide, in welcher Form die Stilllegung und Rekultivierung durchzuführen sei. Derzeit
befinden sie sich in der Planung dieser Stilllegungs- und Rekultivierungsmaßnahme. Der
Bescheid sei vom Landesverwaltungsamt zugestellt worden, sodass sie jetzt wissen, wie
die Sanierung zu erfolgen habe. Jetzt sei es Aufgabe des Planers einzuschätzen, welcher
Mehraufwand nun tatsächlich aufgrund der Forderung des Landesverwaltungsamtes und
aufgrund der Mehrablagerung erforderlich sei. Nach Auffassung des Zeugen seien die im
Gutachten geschätzten 1,8 Millionen Euro viel zu hoch angesetzt, weil auch die
Gasbrunnen keinesfalls mit 350 000 Euro zu Buche schlagen würden.524 Er ergänzte, er
werde zwar Rekultivierungsaufwendungen haben, diese aber durch anderweitige
Einnahmen reduzieren können. So habe er Anfragen hinsichtlich mehrerer Millionen
Tonnen Materialien, die im Zusammenhang mit dem Bau von Tunneln für ICE-Strecken im
Bohr- oder Sprengverfahren abgebaut werden. Das seien Materialien, die der
Schlüsselnummer entsprechen, d. h. die er im Rahmen der Rekultivierung annehmen dürfe.
Derzeit lägen ihm Angebote zwischen 7 und 10 Euro pro Tonne vor. Er halte die Annahme
derartiger Abfälle für eine geeignete Maßnahme, um die Rekultivierungsaufwendungen in
Freyburg-Zeuchfeld zu reduzieren.525
Der Zeuge Mock bekundete, er gehe davon aus, dass die bei den Deponien FreyburgZeuchfeld und Nißma vorhandenen Rückstellungen für die Deckung der
Rekultivierungskosten ausreichend seien werden.526 Diese Einschätzung wurde für die
Deponie Freyburg-Zeuchfeld durch den Zeugen Kürbs geteilt.527
e.
Sanktionen, Konsequenzen
aa.
Änderungen in der Behördenorganisation
522
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 86 (Abgeordneter Kley/ Dr. Palm)
523
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 9 (Hoffmann)
524
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 38 f. (Abgeordneter Kley/ Mock), S. 47 (Abgeordneter Lüderitz/ Mock)
525
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 46 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Mock)
526
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 39 (Abgeordneter Kley/ Mock)
527
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
17. April 2009, S. 51 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Kürbs)
100
Zu den Veränderungen in der Struktur seiner Behörde legte der Zeuge Leimbach dar, dass
es, sowohl was die Aufgabenwahrnehmung im Referat, als auch, was die personelle
Ausstattung anbelange, Veränderungen gegeben habe. Man habe das Gefühl gehabt, dass
die Sensitivität der Mitarbeiterin, die mit der konkreten Überwachung der Deponie befasst
gewesen sei, nicht so gut gewesen sei. Man habe ihr andere Aufgaben übertragen und
andere Mitarbeiter, von denen sie das erwarten konnten, mit der Überwachung von
Freyburg-Zeuchfeld beauftragt. Zudem sei vom Ministerium für die Überwachung von
Deponien zusätzliches Personal bereitgestellt worden.528
Der Zeuge Reiche erklärte, bei Sitzungen des Verwaltungsrates der Abfallwirtschaft
Sachsen-Anhalt Süd stets seinen Ersten Beigeordneten mitzunehmen. Des Weiteren habe
er die Schlussfolgerung getroffen, die Befreiung, wonach Vorstand und Geschäftsführer
Rechtsgeschäfte vornehmen könnten, ohne dass sie davon wissen, nicht mehr so
großzügig anzuwenden529. Er handle nur noch nach dem Vieraugenprinzip und ziehe einen
zweiten Vorstand hinzu.530
Innerhalb der Kreisverwaltung habe es die Trennung in die beiden Ämter Wasser- und
Naturschutz einerseits und Abfall- und Immissionsschutz andererseits gegeben, so der
Zeuge Helms.531
Der Zeuge Becker532 sei Vorstand der Abfallwirtschaft Sachsen-Anhalt Süd bis zum
20. März 2009 gewesen. Vom 1. bis 31. Januar 2009 habe es parallel zu dem Zeugen
Becker einen Interimsvorstand gegeben, der den Zeugen Becker für einen Monat
eingearbeitet habe. Vom 20. März 2009 bis zum 30. September 2009 sei der Zeuge Mock
vom Verwaltungsrat gebeten worden, diese Aufgabe als Interimsvorstand mit
wahrzunehmen. Seit dem 1. Oktober 2009 nehme dieser die Aufgaben als Vorstand der
Abfallwirtschaft Sachsen-Anhalt Süd wahr.533
Der Zeuge Mock hat ausgeführt, er sei in die Position des Zeugen Beckmann eingetreten,
aber nur für die Abfallwirtschaft Sachsen-Anhalt Süd und nicht als Geschäftsführer der
anderen fünf Gesellschaften.534
bb.
Änderungen bei der Aufsichtstätigkeit, Zusammenarbeit der Behörden
Die Zeugin Knopf bekundete, sie habe einen Kontakt über den kurzen Dienstweg zum
Landesverwaltungsamt. Frau Dr. Hagel sei nun ihre Ansprechpartnerin.535
528
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 12 (Abgeordneter Lüderitz/ Leimbach)
529
Vgl. auch Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 30. Oktober 2009, S. 77 (Abgeordneter Dr. Thiel/ Reiche)
530
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 71 f. (Abgeordneter Kley/ Reiche), S. 75, 78 (Abgeordneter Thiel/ Reiche), S. 78 (Vorsitzende
Hunger/ Reiche), S. 79 (Abgeordneter Graner/ Reiche) zur Struktur des ZAW und der Beteiligungsgesellschaften
531
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 17.
April 2009, S. 36 (Abgeordneter Lüderitz/ Helms)
532
Vgl. dazu auch Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 30. Oktober 2009, S. 63 ff. (Reiche)
533
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 30.
Oktober 2009, S. 51 f. (Abgeordnete Graner/ Mock) und S. 31 (Mock)
534
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 42 (Abgeordnete Rogée/ Mock)
101
Bei den Kontrollen auf den Anlagen sei zum einen der Rhythmus verändert worden, zum
anderen werde eine gewisse Risikoabschätzung vorgenommen. Risikobehaftete Anlagen
würden häufiger kontrolliert.536 Die Überwachungsmaßnahmen werden seit den letzten drei
Jahren alle unangemeldet durchgeführt.537 Zudem würden die Mitarbeiter der
Kreisverwaltung bei den Kontrollen der Deponien wieder mitgenommen.538
Die Zusammenarbeit mit den sächsischen Behörden ist nach Bekunden des Zeugen
Zender inzwischen gängige Praxis; mit der Direktion in Leipzig hinsichtlich der Deponieund Anlagenüberwachung und mit der Direktion Dresden für internationale Transporte.539
Der Zeuge Mock sagte zur Einbeziehung der Mitarbeiter der Kreisverwaltung in die Dinge,
die den Zweckverband bzw. die Anstalt öffentlichen Rechts beträfen, aus, dies sei nach
Bekanntwerden der Situation intensiviert worden.540
cc.
Die Verfolgung von Übertretungen
Auf die Frage, ob jeder Verfehlung nachgegangen werden sollte, antwortete der Zeuge
Zender, man müsse unterscheiden zwischen dem verwaltungsrechtlichen Handeln in Form
einer Anordnung und der Ahndung von Tatbeständen aus der Vergangenheit. Wenn bei
einem Betreiber ein Missstand festgestellt werde, und von diesem erklärt werde, dass
dieser Missstand behoben werde, dann bleibe für die Behörde - wenn der Betreiber
tatsächlich entsprechend tätig werde - kein Raum für eine verwaltungsrechtliche
Anordnung. Das heiße aber nicht, dass nicht für die Vergangenheit strafrechtlich oder
ordnungswidrigkeitsrechtlich geahndet werden könne.541
Bislang seien, so der Zeuge Hoffmann, zwei Sachverhaltskomplexe unter
Sanktionsgesichtspunkten betrachtet worden. Die illegale Ablagerung von Abfällen, die zu
einem Ordnungswidrigkeitsverfahren geführt habe, und die illegale Ablagerung, die
Abfallschlüsselnummer 19 12 09 usw. betreffend. Das sei Gegenstand von
staatsanwaltlichen Ermittlungen.542
Im Zusammenhang mit der SVG wurden nach Aussage des Zeugen Zender
Ordnungswidrigkeitsverfahren durch den Landkreis eingeleitet. Diese befänden sich im
535
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 70 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Knopf), S. 75 (Vorsitzende Hunger/ Knopf)
536
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 14 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Zender), S. 23 f. (Abgeordneter Graner/ Zender)
537
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 26 (Abgeordnete Rogée/ Zender)
538
Vgl. auch Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 30. Oktober 2009, S. 77 (Abgeordneter Dr. Thiel/ Reiche)
539
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 22 (Abgeordneter Kley/ Zender)
540
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 30.
Oktober 2009, S. 50 (Abgeordneter Dr. Thiel/ Mock)
541
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 20 f. (Abgeordnete Rogée/ Zender)
542
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 10 (Hoffmann)
102
Einspruchsverfahren. Das heiße, diese Sachverhalte seien schon geahndet worden.543
Darüber hinaus, so die Zeugin Lindemann, seien alle Betreiber angeschrieben worden.
Man habe darauf hingewiesen, dass es entsprechende Registerpflichten und
Nachweispflichten gebe. Ebenfalls sei angekündigt worden, dass sich künftige Kontrollen
verstärkt auf die Analytik sowie die Festlegungen des neuen Deponierechtes von 2007
beziehen würden.544 Die LBR sei nunmehr verpflichtet, jeden Monat die In- und
Outputbestände zu übermitteln.545 Seit dem Überwachungserlass des Ministeriums von
2009, würden die Kontrollen in den Anlagen vom Landesverwaltungsamt in der Regel
unangemeldet erfolgen. Das sei früher nicht immer so gehandhabt worden, weil oft die
Anlagenbetreiber nicht vor Ort gewesen seien.
Der
Zeuge
Leimbach
führte
zu
der
Frage,
ob
die
Drohung
mit
Ordnungswidrigkeitsverfahren,
Auslagerungen
oder
Gefährdungsabschätzungen
wirkungsvoll sei, aus, es handle sich um den normalen Mechanismus, den das Abfallgesetz
des Landes Sachsen-Anhalt (AbfG LSA) vorsehe. Zusätzlich gebe es strafbewehrtes
Verhalten, bei dessen Aufarbeitung das Landesverwaltungsamt die Staatsanwaltschaft
unterstütze. Wenn im Einzelfall entschieden werde, dass eine Fehlanlieferung, die bereits
auf der Deponie vorhanden und nicht separiert sei, eher abzudecken sei als zu entsorgen,
dann sei das eine Frage der verwaltungsrechtlichen Verhältnismäßigkeit546. Es gehe nicht
darum, das aus Prinzip wieder auszulagern, um den Betreiber sozusagen ermahnend auf
die Einhaltung seiner Verpflichtungen hinzuweisen, sondern darum, dass dieser konkrete
Sachverhalt unter den üblichen Regularien beurteilt werde. Dann sei - abhängig vom
Material - die Abdeckung durchaus eine verhältnismäßige Entscheidung, wenn sie mit der
Prüfung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens kombiniert werde. Wenn dann gesagt werde,
da habe der Mechanismus versagt, den er beschrieben habe, dann müsse er sagen, der
Mechanismus, sich an Recht und Gesetz zu halten, habe in Freyburg-Zeuchfeld seines
Erachtens versagt.547
Der Zeuge bekundete ferner, das Landesverwaltungsamt habe noch keinerlei Prüfung
angestellt, ob die Gesellschafter der DEREC für den Fall haften müssten, dass die DEREC
für die Verantwortlichkeiten nicht einstehen könnte.548 Das sei erst die zweite Stufe des
Verfahrens. Zunächst würden die Gewinne bei der Gesellschaft im Rahmen des
Ordnungswidrigkeitsverfahrens abgeschöpft. Das müsse erst positiv vor Gericht bestanden
werden. Danach werde geprüft werden, wenn sich die Gesellschaft nicht als leistungsfähig
genug erweise, ob die Gesellschafter so dominanten Einfluss nach GmbH-Recht ausgeübt
haben, dass sie quasi unmittelbar haften als Gesellschafter der DEREC. Darüber bestehe
543
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 22 f. (Abgeordneter Kley/ Zender)
544
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 48 f. (Abgeordneter Kley/ Lindemann)
545
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 70 (Knopf)
546
Vgl. dazu auch Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 5. Juni 2009, S. 19 (Abgeordneter Graner/ Leimbach), S. 20 (Abgeordneter Lüderitz/
Leimbach)
547
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S.16 f. (Abgeordneter Kley/ Leimbach), S. 24 (Abgeordneter Graner/ Leimbach) Abschöpfen illegal erlangten
Gewinns
548
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 26 (Abgeordneter Graner/ Leimbach)
103
bei den Gesellschaftern eine große Besorgnis. Aber das werde erst geprüft, nachdem
feststellt worden sei, dass man seine Rückforderungen nicht durchsetzen könne.549
dd.
Vollzugsprobleme
Wenn die Behörde bemüht ist, die Outputwege wirklich sehr sorgfältig zu prüfen, stellt sich
ihr als größtes Problem dar, so die Zeugin Knopf, dass der Anlagenbetreiber dem
Landkreis ständig mehr oder weniger drohe, er müsse Arbeitskräfte entlassen, er müsse
die Anlage schließen, wenn er so kontrolliert werde.550 Das sei der Nachteil, wenn der
Landkreis Überwachungsbehörde ist. Einerseits sei er für eine solche Anlage verantwortlich
und müsse gegebenenfalls über einen Annahmestopp entscheiden, andererseits betreffe
es die ihm wichtigen Arbeitsplätze.551
Des Weiteren sei es für die Kontrolleure persönlich schwierig, so seien gegen die Zeugin im
letzten Jahr eine große Anzahl Dienstaufsichtsbeschwerden erhoben worden. Mit jeder
Anordnung, die sie vornehme, entstünde für sie Druck von außen. Sie seien bemüht, eine
zusätzliche Nachweisordnung zu erarbeiten und erstmalig ein Instrument zu haben, damit
sie die Outputwege und die Inputwege wirklich prüfen könnten.552
Ein weiteres Problem bei der Arbeit sei, dass 19 12 12 aus so vielen Anlagen im Input und
im Output komme, dass nicht mehr nachvollziehbar sei, woher die ursprünglichen Abfälle
kämen. Das sei aber vom Gesetzgeber so geregelt. Sie habe wenige Möglichkeiten, das
einzuschränken. Es sei für sie eine Sisyphusarbeit, das nachzuvollziehen. Genau dem
wolle sie mit ihrer Anordnung entgegenwirken, aber es sei eigentlich unmöglich zu sagen,
woher der Abfall komme bzw. woher er ursprünglich gekommen sei.553
ee.
Handlungsbedarf des Gesetzgebers
Die Zeugin Knopf führte aus, dass es problematisch sei, dass in Deutschland die
Umwelthierarchien in jedem Bundesland anders seien. In Norddeutschland seien es zum
Beispiel die Gewerbeaufsichtsämter und in Brandenburg das Landesumweltamt, die die
abfallrechtlichen Überwachungen vornehme.554 Außerdem sei die Umdeklarierung von
Abfällen nicht als Ordnungswidrigkeitstatbestand im Kreislaufwirtschaftsgesetz geregelt. Es
549
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 26 (Vorsitzende Hunger/ Leimbach)
550
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 9 (Knopf)
551
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 25 (Knopf)
552
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 9 (Knopf)
553
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 14 (Knopf)
554
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 73 f. (Abgeordnete Brakebusch/ Knopf)
104
sei deshalb schwierig, abfallrechtlich zu versuchen, jemanden für eine Falschdeklarierung
oder Umdeklarierung zur Verantwortung zu ziehen.555
Befragt nach der Geeignetheit des Zertifikats Entsorgungsfachbetrieb bekundete der Zeuge
Zender, er sehe sich außerstande, sich hierzu umfänglich zu äußern. Dies umso mehr, weil
es sich um eine Bundesregelung handle. Er habe aber Zweifel, ob eine Änderung eine
Verbesserung nach sich ziehen würde. Er wisse nicht, ob mehr Staat und mehr Kontrolle
nicht doch denjenigen, die illegal handeln wollen, auch weiter Möglichkeiten böten. Er halte
die rechtlichen Rahmenbedingungen für ausreichend.556
Auf die Frage, ob der Zeuge Dr. Engel in Auswertung seiner eigenen Vorgänge Ideen habe,
die Organisationsverteilung zu verbessern, antwortete dieser, es sei eine tradierte
Vorgehensweise, die Trennung von Rechtsbereich und technischem Bereich,
Überwachung auf der einen Seite, Begleitung auf der anderen Seite, die er nicht als Mangel
empfinde.557
Zu dem zum 1. Februar 2007 novellierten Nachweisrecht 558 führte der Zeuge Behrend aus,
er sehe ein Problem darin, wie die Registerpflichten von den beteiligten Unternehmen
umgesetzt worden seien. Die seien nach heutiger Sicht nicht so in den Unternehmen
umgesetzt worden, wie es die Nachweisverordnung vorschreibe. Man hätte darauf Einfluss
nehmen können, indem - auch in diesem Bereich gebe es Vollzugshilfen - diese konkret
umgesetzt werden und indem in den Unternehmen nach den Unterlagen im Register bei
der abfallrechtlichen Überwachung nachgeschaut werde, die dafür vorgeschrieben seien.
Die Überwachungsbehörde hätte bei der abfallrechtlichen Überwachung diese Themen
prüfen müssen. Register seien keine Unterlagen, die an die zuständigen Behörden in
jedem Falle zu übersenden seien, sondern diese seien von den in der Abfallwirtschaft
tätigen Unternehmen für sich selbst vorzuhalten, aufzubewahren - mindestens drei Jahre
und den zuständigen Behörden auf Verlangen vorzulegen.
555
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 9 (Knopf)
556
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 30.
Oktober 2009, S. 18 f. (Abgeordnete Lüderitz/ Zender)
557
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
Dezember 2008, S. 18 f. (Abgeordneter Miesterfeldt/ Dr. Engel)
558
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
Februar 2009, S. 89 f. (Vorsitzende Hunger/ Behrend)
105
106
II.
Komplex Vehlitz und Möckern
Der Untersuchungsausschuss befasste sich in einem zweiten Komplex gemäß der Nummer
1 des Untersuchungsauftrages559 damit, ob und in welchem Umfang durch Tun oder
Unterlassen der für Wirtschaft und Arbeit sowie für Landwirtschaft und Umwelt zuständigen
Ministerien und der ihrer Aufsicht unterstehenden Behörden vor allem im Zeitraum von
Januar 2004 bis April 2008 die Verbringung und Lagerung von Abfall, insbesondere in den
Tongruben Vehlitz und Möckern und der Abfallentsorgungsanlage in Rietzel, entgegen den
geltenden Rechtsvorschriften ermöglicht wurde. Es wurde vor allem geprüft, ob die
erforderlichen Erlaubnisse und Genehmigungen rechtmäßig erteilt wurden, ob es rechtlich
geboten oder zweckmäßig war, einmal erteilte Erlaubnisse und Genehmigungen
zurückzunehmen oder zu widerrufen und ob die Gruben und Abfallentsorgungsanlagen
bzw. deren Betreiber sowie die zur Verwertung und Beseitigung von Abfällen Verpflichteten
und deren Beauftragte hinreichend beaufsichtigt wurden.
Zur Untersuchung der Tongruben Vehlitz und Möckern wurden die Beweisbeschlüsse
U11/1, U11/4, U11/6, U11/8, U11/9, U11/11, U11/15, U11/18, U11/20, U11/21, U11/22,
U11/23 (Anlagen 9 bis 20) gefasst.
1.
Die Tongruben
a.
Betriebszeiten
Der Zeuge Dr. Reiner Haseloff, Minister für Wirtschaft und Arbeit, sagte aus, der
Erdaufschluss für den Tagebau Vehlitz sei im Jahr 1987 erfolgt. Im gleichen Jahr begann
der Abbau. Ein erster Hauptbetriebsplan trat 1993 in Kraft. Die Verfüllung des Tagebaus
begann im Jahr 1998 und vollzog sich bis 2008. Der Aufschluss der Tongrube Möckern
geschah im Jahre 1993, der Abbau fand von 1993 bis 2006 statt. Verfüllt wurde von 2002
bis 2006.560
b.
Haupt- und Sonderbetriebspläne
Der Zeuge Uwe Berthold, Dezernent im Dezernat 41 Steine und Erdenbergbau im
Landesamt für Geologie und Bergwesen,561 bekundete, gemäß § 51 Bundesberggesetz
(BBergG) dürften Aufsuchungsbetriebe, Gewinnungsbetriebe und Betriebe zur Aufbereitung
nur aufgrund von Betriebsplänen errichtet, geführt und eingestellt werden. Das
Zulassungsverfahren richte sich nach den Bestimmungen des BBergG. Liegen die
Zulassungsvoraussetzungen vor, bestehe ein Rechtsanspruch auf Zulassung.562
559
Drs. 5/39/1260 B
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Juni 2010, S. 4, 5 (Dr. Haseloff)
561
Vgl. Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 50 (Berthold)
562
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 52 (Berthold)
560
107
Der Zeuge Christian Sladek, stellvertretender Abteilungsleiter und Referatsleiter des
Referates Bergbau im Ministerium für Wirtschaft und Arbeit,563 erläuterte, das BBergG
kenne zwei Arten von Betriebsplänen, den Hauptbetriebsplan und den Sonderbetriebsplan.
Der Hauptbetriebsplan sei das wesentliche Genehmigungsinstrument, um einen Betrieb
führen zu können. Er werde für einen in der Regel zwei Jahre nicht überschreitenden
Zeitraum aufgestellt.564 Bestehe Regelungsbedarf für Teile des Betriebes oder für
bestimmte Vorhaben, erfolge dies per Sonderbetriebsplan. Die Befristung des
Sonderbetriebsplanes richte sich meistens nach der Dauer des Vorhabens.565 Unabhängig
von der im Zulassungsbescheid enthaltenen Befristung hätten Haupt- und
Sonderbetriebspläne einen abgeschlossenen Charakter. Ihre Befristung ergebe sich allein
schon aus der Dauer des Vorhabens.566
Grundlage für die Neuzulassungen und Änderungen der bestehenden Betriebspläne sei
nach Aussage des Zeugen Berthold eine technische Verfügung des Präsidenten des
LAGB. Gegenwärtig sei die LAGA 2004 in Geltung; von 1997 bis 2004 galt die LAGA 97. 567
Bei Genehmigungen seien nach Darstellung des Zeugen Frank Esters, amtierender
Präsident des LAGB,568 alle Besonderheiten hinsichtlich der Betriebssicherheit, des
Arbeitsschutzes und der betrieblichen Notwendigkeiten anzusehen. Jede Tongrube sei ein
Einzelfall. Darin begründe sich auch das flexible Zulassungsverfahren mit Betriebsplänen,
die dann ständig der Situation angepasst werden müssten. Es gebe Betriebsbefahrungen,
Kontrollen und auch die Anzeigepflicht des Unternehmers, die bergrechtlich begründet
sei.569
Mehrere Zeugen bekundeten, der Inhalt eines Betriebsplanes sei der Fachaufsicht nur in
Einzelfällen bekannt.570 Der Zeuge Dr. Theodor Lühr, Abteilungsleiter der Abteilung
Wirtschaftsordnung, Energie und Bergbau im Ministerium für Wirtschaft und Arbeit,571 teilte
mit, dass es eine Regelung gebe, wonach das LAGB in Einzelfällen, die politisch brisant
und mit einer großen Gefahrenproblematik versehen seien, dem Ministerium für Wirtschaft
563
Vgl. Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 81 (Sladek)
564
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 86, 96 (Sladek); ebenso Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7. November 2008, S. 69 (Berthold)
565
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 86, 96 (Sladek)
566
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
März 2009, S. 41 f. (Dr. Klamser)
567
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 63 (Berthold)
568
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 82; Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 25. September 2009, S. 33 (Esters)
569
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
25.September 2009, S. 46 (Vorsitzende Hunger/ Esters)
570
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 83 (Sladek); Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 4. Dezember 2009, S. 24 (Dr. Lühr)
571
Vgl. Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4.
Dezember 2009, S. 23 (Dr. Lühr)
108
und Arbeit Bericht erstatte, ansonsten sei das normale Genehmigungsverfahren nicht
Bestandteil der Fachaufsicht.572
aa.
Die Zulassung des Sonderbetriebsplanes „Verfüllung für den Tontagebau
Möckern“
Mit Schreiben vom 28. Oktober 1999 beantragte die Sporkenbach Recycling GmbH
Möckern (SZ) beim Bergamt Staßfurt die Zulassung des Sonderbetriebsplanes „Verfüllung
für den Tontagebau Möckern“.573 Die Zulassung wurde mit Bescheid vom 14. Dezember
2001 erteilt.574 Nach dem Zeugen Dr. Peter Klamser, tätig in der Koordinierung
Energiepolitik im Ministerium für Wirtschaft und Arbeit, früher Bergamtsleiter,575 erfolgte die
Zulassung auf der Grundlage der LAGA 97.576
Die Zulassung sieht eine Verfüllung mit den folgenden Abfallarten vor:
17 01 01
17 01 02
17 01 03
17 01 04
17 07 01
17 05 01
20 02 02
Beton
Ziegel
Fliesen, Keramik
Baustoffe auf Gipsbasis
gemischte Bau- und Abbruchabfälle
Erde und Steine
Erde und Steine
Nach Ziffer 8 der Nebenbestimmungen sind folgende Parameter der Verfüllmaterialien
einzuhalten:
- Kornband 0 bis 250 mm
- nicht mineralischer Fremdstoffanteil von maximal 5 Vol.-%
- Glühverlust maximal 5 Masse-%.“577
Die LAGA-Mitteilung M 20 habe, so der Zeuge Dr. Klamser, damals in der Ziffer 1.4.1. für
Bauschutt eine entsprechende Regelung vorgesehen:
„Hinweis: Bauschutt mit einem Anteil von nichtmineralischen Stoffen über 5 Vol.-%,
der zum Beispiel als Gemisch von mineralischen und nichtmineralischen
Bestandteilen anfällt, wenn Bauwerke nicht kontrolliert zurückgebaut werden, darf in
dieser Zusammensetzung nicht verwendet werden.“578
572
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4.
Dezember 2009, S. 24 (Dr. Lühr)
573
Ordner SBP Verfüllung Tontagebau Möckern 1, S. 1 ff.
574
Ordner SBP Verfüllung Tontagebau Möckern 1, S. 134 ff.
575
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
März 2009, S. 23 (Dr. Klamser)
576
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
März 2009, S. 24 (Dr. Klamser)
577
Ordner SBP Verfüllung Tontagebau Möckern 1, S. 134 ff.; vgl. auch Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung
des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13. März 2009, S. 24 (Dr. Klamser)
578
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
März 2009, S. 25 (Dr. Klamser)
109
Der Bescheid enthält die folgende Befristung:
„Die Gültigkeit dieses Bescheides ist unabhängig von der jeweiligen Hauptbetriebsbzw. Abschlussbetriebsplanzulassung. Sie endet jedoch endgültig mit Beendigung der
Bergaufsicht gemäß § 69 Abs. 2 BBergG.“579
bb.
Die Umstellungsbescheide vom 14. November und 12. Dezember 2002
Nach der Umstellung der zugelassenen Abfallarten vom EAK auf das seit 1. Januar 2002
geltende europäische Abfallverzeichnis wurden die unteren Abfallbehörden durch das
LAGB mit Schreiben vom 20. Februar 2002 aufgefordert, die Umstellung der in
bergbaulichen Anlagen zugelassenen Abfallarten einvernehmlich mit dem Landesamt
vorzunehmen“.580
Der Zeuge Dr. Klamser sagte aus, bei einer solchen Umschlüsselung unterbreite die
Abfallbehörde einen Vorschlag, anschließend müsse das Einvernehmen mit dem LAGB
hergestellt werden. Das LAGB prüfe, ob bergrechtliche Belange berührt seien - das sei in
der Regel nicht der Fall -, und stimme ihm zu.581
Mit Bescheid vom 14. November 2002 sei diesbezüglich ein Bescheid des Landkreises
Jerichower Land an die SZ ergangen. In diesem Bescheid sei ein Eluat-Grenzwert
enthalten:
„Z 2 Laga-Tabelle 20 II 1,4-5 und 1.4-6 ohne Sulfatbegrenzung, Kornband von 0 bis
60 mm, nichtmineralischer Fremdstoffanteil von 5 Vol.-%, Glühverlust von maximal
5 Masse-%, Einhaltung von PAK von 75 mg/kg.“582
Der Bescheid des Landkreises Jerichower Land an die SZ vom 12. Dezember 2002 enthält
eine Liste von Abfallschlüsselnummern, so u. a. auch 19 12 12:
„19 12 12
Sonstige Abfälle einschließlich Materialmischungen)
aus der mechanischen Behandlung von Abfällen mit
Ausnahme derjenigen, die unter 19 12 11 fallen
(Vorabsiebung aus der 1. Siebstufe von 17 09 04 aus
Sortieranlagen und/ oder Recyclinganlagen“ 583
Einen Eluat-Grenzwert enthält der Bescheid vom 14. Dezember 2002 nicht. Für eine
derartige Festlegung habe nach Aussage des Zeugen Dr. Klamser auch keine
Veranlassung bestanden. Ein solcher Grenzwert sei bereits im Sonderbetriebsplan vom
579
Ordner SBP Verfüllung Tontagebau Möckern 1, S. 134 ff.; vgl. auch Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung
des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13. März 2009, S. 41 (Dr. Klamser)
580
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
März 2009, S. 40 (Abgeordneter Lüderitz); Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25. September 2009, S. 61 (Abgeordneter Lüderitz)
581
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. März 2009, S. 55, 41 (Dr. Klamser)
582
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. März 2009, S. 25 f (Dr. Klamser)
583
Ordner SBP Verfüllung Tontagebau Möckern 1, S. 272 ff.; vgl. auch Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung
des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13. März 2009, S. 25 (Dr. Klamser)
110
14. Dezember 2001 enthalten gewesen. Eine vergleichbare Festlegung aber habe für
Vehlitz nicht existiert.584
Nach Aussage der Zeugen Dr. Klamser und Forker wurde ein Einvernehmen mit dem
LAGB nicht hergestellt.585 Hierzu heißt es in einem Schreiben des Zeugen Esters an das
Ministerium für Wirtschaft und Arbeit:
„Einige Landkreise, darunter der Landkreis Jerichower Land, haben in den Verfahren
zur Umschlüsselung der Abfallnummern das LAGB überhaupt nicht beteiligt. Die von
der unteren Abfallbehörde vergebenen AVV-Nummern für die Tongruben Möckern
und Vehlitz der SZ wurden von dem LAGB vom Betrieb selbst bekannt gegeben. So
gelangte beispielsweise die AVV-Nummer 19 12 12 durch die vom Landkreis
Jerichower Land am 12. Dezember 2002 vorgenommene Umstellung erstmalig in die
Zulassung für den Tagebau Möckern.“586
cc.
Die Zulassung des Sonderbetriebsplanes „Verfüllung, Rekultivierung,
Teilfeld 2“ für Vehlitz
Verfahren
Mit Schreiben vom 26. April 2006 beantragte die SZ beim LAGB die Zulassung des
Sonderbetriebsplanes „Verfüllung, Rekultivierung, Teilfeld 2“ für den Tagebau Vehlitz.587
Unter den Materialien, deren Zulassung für eine Verfüllung des Tontagebaus beantragt
werden, findet sich auch der Eintrag:
„19 12 12
sonstige Abfälle (einschließlich Materialmischungen)
aus der mechanischen Behandlung von Abfällen mit
Ausnahme derjenigen, die unter 19 12 11 fallen.“588
Hierzu erklärte der Zeuge Berthold, dass nicht entscheidend wäre, ob der Abfallschlüssel
19 12 12 zugelassen werde, sondern welches 19 12 12 zugelassen werde.589 Mit dem
Versuch 19 12 12 genauer zu definieren, nämlich 19 12 12 -mineralisches Material 1 %
TOC -, sei das LAGB vor Gericht gescheitert.590
584
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. März 2009, S. 26 (Dr. Klamser)
585
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 61 (Abgeordneter Lüderitz/ Forker); Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13. März 2009, S. 48 (Dr. Klamser)
586
Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. September 2008, S. 38 (Osse)
587
Ordner Tontagebau Vehlitz, SBP Verfüllung Teilfeld II, Band 1, S. 1ff.
588
Ordner Tontagebau Vehlitz, SBP Verfüllung Teilfeld II, Band 1, S. 16.
589
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 67 (Berthold)
590
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 75 (Berthold)
111
Aus dem eingereichten Betriebsplan gehe hervor, so der Zeuge Berthold, dass die SZ unter
dem Abfallschlüssel 19 12 12 ausschließlich mineralisches Material definiert habe, was bei
einer Vorabsiebung von Baustellenabfällen bei einem Trennschnitt von 40 mm anfalle. Dies
sei folgerichtig auch deshalb so gewesen, weil eine Verfüllung der Tongrube mit zur
Verfüllung geeignetem Material beabsichtigt gewesen sei. Unter Auslegung des
eingereichten Betriebsplanes und des Zulassungsbescheides sei damit für ihn klar
gewesen, dass mit sonstigen Abfällen nicht hausmüllähnlicher Gewerbe- oder
Siedlungsabfall habe gemeint sein können, der einen hohen organischen Anteil enthalte
und auch ausgase.591
Der Begriff „mineralische Abfälle“ stamme aus der LAGA 97, auf die der
Sonderbetriebsplan Bezug nehme. Der Begriff sei in der oben genannten LAGA aber nicht
definiert worden. Er werde aber, was sich aus dem Sinnzusammenhang ergebe, als
Synonym für anorganische Abfälle benutzt. Mit der Zulassung vom 5. März 2004 seien
antragsgemäß ausschließlich mineralische, das heißt anorganische Abfälle für die
Verfüllung zugelassen worden. Mineralisch anorganisch bedeute, wenn dieser Begriff ohne
Einschränkung benutzt werden würde, dass die Abfälle grundsätzlich keinerlei organische
Inhaltsstoffe ausweisen dürfen. Dies sei gleichzusetzen mit einem Zuordnungswert von
TOC gleich null. Das sei aber realitätsfremd, weil den meisten mineralischen
anorganischen Abfällen zumindest geringe Bestandteile organischer Materie anhaften
würden.592
Auch die oben genannten technischen Regeln der LAGA gehen nicht davon aus, dass es
zu einer derart absoluten Auslegung des Begriffes „mineralisch anorganisch“ komme.
Anderenfalls hätten die Zuordnungswerte für sämtliche organische Schadstoffe,
einschließlich zum Beispiel des Parameters Phenol, auf null gesetzt werden müssen. Auch
bei anorganischem Material sei immer ein bisschen Organik mit dabei. Aber sie seien, so
der Zeuge Berthold, davon ausgegangen, dass im Betriebsplan beantragt wurde,
mineralisches Material einzubringen, und haben auch deshalb keine Beschränkung des
TOC für erforderlich gehalten.593
Ebenso wie der Zeuge Berthold erklärte auch der Zeuge Dr. Klamser, er habe bei
Durchsicht der Unterlagen nicht erkennen können, dass die Antragstellerin etwas anderes
als einen mineralischen Verfüllstoff beantragt habe.594
Der Sonderbetriebsplan wurde am 13. Mai 2003 dem Landkreis Jerichower Land zur
Stellungnahme übersandt.595 In der Stellungnahme des Landkreises vom 20. Juni 2003
wird unter den genehmigungsfähigen Abfällen auch 19 12 12 aufgeführt:
„19 12 12
591
Sonstige Abfälle einschließlich Mineralmischungen
aus der mechanischen Behandlung von Abfällen
(Vorabsiebungen aus Sortieranlagen 1. Stufe)“.596
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 67 (Berthold)
592
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 67 (Berthold)
593
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 67 (Berthold)
594
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
März 2009, S. 26f. (Dr. Klamser)
595
Ordner Tontagebau Vehlitz, SBP Verfüllung Teilfeld II, Band 1, S. 59
596
Ordner Tontagebau Vehlitz, SBP Verfüllung Teilfeld II, Band 1, S. 65 f.
112
In die Stellungnahme des Landkreises sei eine Stellungnahme der oberen Abfallbehörde,
des Regierungspräsidiums Magdeburg, einbezogen worden. In dieser Stellungnahme heißt
es ebenso wie in der späteren Stellungnahme des Landkreises:
[…] eine Genehmigungsfähigkeit für die AVV-Schlüssel […] 19 12 12 Sonstige Abfälle
einschließlich Mineralmischungen aus der mechanischen Behandlung von Abfällen
[Vorabsiebungen aus Sortieranlagen 1. Stufe] […] wird gesehen.“597
Eine Vorgabe zu Festlegungen von TOC und Glühverlust enthielten die Stellungnahmen
nicht.598 Der Zeuge Berthold bekundete, dass dem LAGB auch die Stellungnahme der
oberen Abfallbehörde bekannt gewesen sei.599
Das LAGB erteilte die Zulassung des Sonderbetriebsplanes mit Bescheid vom 5. April
2004.600
Befristung
Zur Geltungsdauer erklärte der Zeuge Berthold, Sonderbetriebspläne für die Verfüllung
seien in seiner Behörde in der Regel unbefristet zugelassen. Dies gilt auch für den in Rede
stehenden Sonderbetriebsplan.601 Die Betriebsplanzulassung regelt für das Teilfeld II in III
2:
„Die Betriebsplanzulassung ist unbefristet.“602
Bei der Befristung handle es sich, so der Zeuge Dr. Klamser, um einen belastenden
Verwaltungsakt, der nicht ohne Grund ergehen dürfe. Auf die Frage, warum die
Genehmigung seinerzeit unbefristet erteilt worden sei, legte der Zeuge Armin Forker, vom
1. Januar 2002 bis zum 12. März 2008 Präsident des LAGB und seit dem 13. März 2008
abgeordnet an das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit,603 dar, es hätten zu dem Zeitpunkt
keine Zweifel, auch im Hinblick auf die Anwendung der Rechtsnormen und LAGA-Kriterien,
bestanden.604
Inhalt
597
Ordner Tontagebau Vehlitz, SBP Verfüllung Teilfeld II, Band 1, S. 62 f.
Vgl. auch Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 4. Mai 2009, S. 10 (Finzelberg)
599
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 52 (Berthold)
600
Ordner Tontagebau Vehlitz, SBP Verfüllung Teilfeld II, Band 1, S. 71 ff.
601
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 69 (Berthold)
602
Ordner Tontagebau Vehlitz, SBP Verfüllung Teilfeld II, Band 1, S. 72
603
Vgl. Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 51 (Forker)
604
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 59f. (Vorsitzende Hunger/ Forker)
598
113
Der Zeuge Berthold legte dar, der Sonderbetriebsplan habe sich überwiegend an den
Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Abfällen, technische Regel,
LAGA M 20, Stand 1997, orientiert. Es sei ein umfangreiches Spektrum an Abfallstoffen
zugelassen worden.605 Der AVV-Schlüssel 19 12 12 ist in dem Bescheid ebenso enthalten
wie der Zusatz, der sich bereits in den Stellungnahmen des Regierungspräsidiums und des
Landkreises findet.606
Auf die Frage, weshalb die vom Landkreis vorgegebenen stofflichen Parameter vom LAGB
1:1 übernommen worden seien, legte der Zeuge Thomas Pleye, Staatssekretär im
Ministerium für Wirtschaft und Arbeit,607 dar, der Landkreis, die Abfallbehörde, sei die
federführende Behörde, die auch die abfallrechtliche Kompetenz besitze. Deswegen habe
das Bergamt damals offenbar angenommen, dass die zuständige Fachbehörde das
Abfallrecht in zutreffender Weise angewandt habe.608
In den Auflagen heißt es unter Ziffer 3:
„Das zu verfüllende Material darf die Zuordnungswerte Z 2 im Eluat gemäß den
Anforderungen an die Stoffliche Verwertung von mineralischen Reststoffen/ Abfällen Technische
Regeln - LAGA
20 Länderarbeitsgemeinschaft
Abfall
nicht
überschreiten. Der Parameter Sulfat stellt aufgrund der geogenen Bedingungen keine
Begrenzung dar.“609
Einschränkende Festlegungen zum TOC und Glühverlust enthielt die Zulassung nicht.610
Nach Bekunden des Zeugen Dr. Klamser habe man auf eine Regelung in der Zulassung
des Sonderbetriebsplanes verzichtet, da entsprechende Maßgaben bereits in dem
Bescheid des Landkreises Jerichower Land enthalten gewesen seien. Bei diesem Bescheid
habe es sich um einen bestandskräftigen Verwaltungsakt gehandelt, der durch das
Zulassungsverfahren nicht angefasst werden sollte. Seiner Auffassung nach habe für die
SZ die Verpflichtung aus dem Bescheid vom 14. November 2002 trotz der späteren
Erteilung der Zulassung zum Sonderbetriebsplan unverändert fortbestanden.611
Der Zeuge Eberhard Neumann, seit Juni 2007 Sachgebietsleiter Immissionsschutz im
Landkreis Jerichower Land,612 erklärte hierzu, seine Behörde habe sich nicht zu der
Genehmigung geäußert.613 Es habe niemand gewagt, die Rechtmäßigkeit des Bescheides
605
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 52 (Berthold)
606
Ordner Tontagebau Vehlitz, SBP Verfüllung Teilfeld II, Band 1, S. 71 ff.
607
Vgl. Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 85 (Pleye)
608
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 100 (Abgeordneter Graner/ Pleye)
609
Ordner Tontagebau Vehlitz, SBP Verfüllung Teilfeld II, Band 1, S. 73
610
Vgl. auch Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 4. Mai 2009, S. 10 (Finzelberg)
611
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. März 2009, S. 26 (Dr. Klamser)
612
Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. September 2008, S. 43 (Neumann)
613
Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. September 2008, S. 50 (Neumann)
114
des Bergamtes infrage zu stellen.614 In diesem Sinne äußerte auch die Zeugin Karin Osse,
Sachgebietsleiterin im Fachbereich 7 für das Sachgebiet Abfallwirtschaft/ Bodenschutz im
Landkreis Jerichower Land,615 der Sonderbetriebsplan sei von der unteren Abfallbehörde
als zu vollziehender Verwaltungsakt angesehen worden, ohne dass Veränderungen
notwendig gewesen seien.616
614
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 26 (Neumann)
615
Vgl. Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 19 (Osse)
616
Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. September 2008, S. 24 (Osse)
115
2.
Sporkenbach Ziegelei GmbH Möckern und HRH Recycling GmbH
a.
Zu den Unternehmen
Der Zeuge Matthias Redeker, Vertriebsleiter bei der Veolia Umweltservice West GmbH &
Co. KG,617 führte zur SZ aus, diese habe zwei Tontagebaue in Vehlitz und Möckern
betrieben. Sie verfüge über 30 ha Bergwerkseigentum, zusätzlich 400 ha Bewilligungsfeld.
Mit einer Fläche von 7 ha sei dort Bergwerkseigentum in der Vergangenheit aktiviert
worden.618
Neben den Tontagebauen habe die SZ auch eine BImSch-Anlage in Vehlitz betrieben, in
der Abfallstoffe konditioniert worden seien. Diese Anlage habe schon vor dem Jahre 2005
bestanden und sei von 2006 bis 2008 erweitert worden.619 Es habe dazu eine BImSchGenehmigung gegeben, gesehen habe er sie jedoch nicht. Er, Redeker, wisse nicht, ob die
Genehmigung befristet oder unbefristet gewesen sei.620
Die HRH Recycling GmbH (HRH) sei nach der Darstellung des Zeugen Dr. Thorsten Grenz,
Vorsitzender der Geschäftsführung der Veolia Umweltservice GmbH, 621 zunächst als Firma
Endert in Rietzel gegründet worden. Eine ursprünglich bestehende Genehmigung für den
Betrieb einer Bauschuttaufbereitungsanlage sei 1998 um Baustellenmischabfälle ergänzt
und erweitert worden. Im Jahre 2003 fand ein Betreiberwechsel auf die SZ statt.
Im
Jahre
2005
habe
die
SZ
eine
Verwaltungsgesellschaft
namens
einhundertsechsunddreißigste Alster mbH gegründet. Noch im gleichen Jahr sei diese in
HRH umbenannt und der Sitz nach Rietzel verlegt worden. Im Dezember 2005 hätte dann
die Vorgängergesellschaft der Veolia Propreté, die SULO West GmbH und Co. KG, 50,2 %
der HRH erworben.622
Zwischen der SZ und der HRH gebe es einen Betriebsführungsvertrag, einen Liefervertrag
über Versatzmaterial, nach dem die HRH Versatzmaterial an die SZ liefere, und einen
Pachtvertrag über das Grundstück und die Anlage in Rietzel.623 So habe die SZ am
Standort Rietzel ab dem 1. Januar 2006 im Auftrag der HRH die Sortieranlage für
Baustellenmischabfälle und die Anlage zur Aufbereitung von Bauschutt geführt. Die Abfälle
seien dort getrennt aufbereitet und in den Stoffkreislauf zurückgeführt worden. An dem
Standort Rietzel seien zwei leistungsstarke Aufbereitungs- und Sortieranlagen mit hohen
Sortier- und Verwertungsquoten betrieben worden. Die HRH habe definierte Materialien
617
Vgl. Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Mai 2009, S. 40 (Redeker)
618
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 42 (Redeker)
619
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 54 (Vorsitzende Hunger/ Redeker)
620
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 54 f. (Abgeordneter Kley/ Redeker)
621
Vgl. Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. März 2009, S. 5 (Dr. Grenz)
622
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. März 2009, S. 8 (Dr. Grenz)
623
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. März 2009, S. 8 (Dr. Grenz); vgl. auch Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai 2009, S. 42 f. (Redeker)
116
hergestellt, welche die SZ zur Verfüllung und Rekultivierung der Tontagebaue eingesetzt
habe.624 Die SULO habe sich verpflichtet, eine gewisse Menge Material zum Input des
gesamten Materials zu liefern.625
Im Juli 2007 habe die Veolia Propreté die SULO übernommen. Durch die Übernahme
entstand folgende Gesellschaftsstruktur: Die von dem Zeugen Dr. Grenz geführte Veolia
Umweltservice GmbH in Deutschland sei Tochtergesellschaft der Veolia Propreté.626 Der
Veolia Umweltservice GmbH unterstünden Beteiligungsgesellschaften, d. h. operative
Gesellschaften in Deutschland, die regional gegliedert seien, u. a. die Veolia Umweltservice
- VUS abgekürzt - West GmbH & Co. KG. Diese wiederum habe eine 50,2-prozentige
Beteiligung der Gesellschaft HRH inne. Der verbleibende Anteil am Kapital der Gesellschaft
liege bei der SZ, die auch die Betriebsführung für dieses Gemeinschaftsunternehmen
innehabe.627
Zur Stoffstrommenge gaben die Zeugen an, es habe sich im Zeitraum vom 1. Januar 2006
bis zum 13. März 2008 um ein Gesamtvolumen von 651 000 t gehandelt.628 Es seien
Materialien der Abfallarten 19 12 12, also nicht gefährliche Abfälle aus mechanischer
Aufbereitung, und 19 12 09, d. h. Mineralstoffe wie Sand und Steine, wie sie üblicherweise
aus Bauten gewonnen werden, gewesen.629
Die 651 000 t Input hätten vier Output-Wege gefunden. 57 000 t seien in die Tongrube
Möckern gegangen, 278 000 t in die Tongrube Vehlitz, 264 000 t in die
Aufbereitungsanlage der SZ in Vehlitz und 52 000 t hätten andere Verwertungswege
gefunden. Dabei habe es sich zum Beispiel um Wertstoffe wie Schrott gehandelt. Es gebe
weitere Mengenströme außerhalb ihres Einflussbereiches, so der Zeuge Dr. Grenz.630
Im März 2008 habe die HRH den Betrieb in Rietzel auf freiwilliger Basis eingestellt. Auf die
Frage, weshalb der Betrieb eingestellt worden sei, antwortete der Zeuge Redeker, es sei
der SZ untersagt worden, weiter Material einzulagern, und es habe einen erheblichen
Presserummel gegeben. Die Gesellschafter hätten entschieden, den Geschäftsbetrieb so
lange ruhen zu lassen, bis eine Klärung herbeigeführt sei.631 Auf die Fragen, ob dem
Zeugen Redeker ein Schreiben vom 13. März 2008 mit dem Titel „Außerordentliche
Geschäftsprüfung in der Sortieranlage Rietzel“ bekannt sei, worin es den Hinweis gebe,
dass der Zeuge Girke und Frau Bischoff im Vorfeld die Weisung zur Fertigung von
Stilllegungsanordnungen durchgesprochen haben und ob dieses Schreiben die Ursache für
624
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 41, 44 (Redeker)
625
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 51 (Abgeordneter Kley/ Redeker)
626
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. März 2009, S. 7 (Dr. Grenz)
627
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. März 2009, S. 7 (Dr. Grenz)
628
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 42 (Redeker).
629
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. März 2009, S. 9 (Dr. Grenz); vgl. auch Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai 2009, S. 42 (Redeker)
630
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. März 2009, S. 9 (Dr. Grenz); vgl. auch Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai 2009, S. 42 (Redeker) und S. 49 f. (Abgeordneter Graner)
631
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 49 (Abgeordneter Kley/ Redeker), S. 53 (Redeker)
117
die Stilllegung der HRH Rietzel gewesen sei, erklärte der Zeuge, ihm sei kein
Schriftwechsel zwischen der Behörde und der HRH bekannt.632
Im Juli 2008 sei ein erneuter Betreiberwechsel von der HRH auf die SZ erfolgt. Der Betrieb
vor Ort werde durch die Mitarbeiter und Geschäftsführer der SZ geführt.
Auf die Frage, ob es nicht auffällig gewesen sei, dass die HRH mit normalen Vorgängen
der Verfüllung ein gutes Betriebsergebnis erzielt habe, erklärte der Zeuge Dr. Grenz, dass
die Betriebsführung der HRH durch die SZ erfolgt sei und sie den kaufmännischen
Geschäftsführer gestellt hätten. Sie hätten regelmäßig Begehungen von verschiedenen
Behörden gehabt und regelmäßig beprobt. Er könne keinen offensichtlichen Anschein
erkennen, dass diese Beteiligungsgesellschaft nicht anständig geführt worden sei.633
Die Frage, ob der im ersten Jahr des Bestehens erzielte erhebliche Jahresüberschuss, der
in Höhe von 2,8 Millionen Euro an die Gesellschafter abgeflossen sei, bei solchen nicht
überdimensionalen Sortierbetrieben üblich sei, beantwortete der Zeuge Redeker
dahingehend, dass, bezogen auf den Umsatz, die Ausschüttung einem Ergebnis von knapp
15 % entsprochen habe. Das sei für Anlagen dieses Typs ein durchaus normales
Ergebnis.634
b.
Die Durchführung von Eigenkontrollen
Die HRH habe eine Beprobung des Ausgangsmaterials je 1 000 t vornehmen lassen. Die
Beprobung habe das Institut LUS GmbH, Labor für Umweltschutz und chemische Analytik
in Magdeburg (LUS GmbH), vorgenommen.635 Das bei der HRH behandelte Material sei
hinsichtlich des Parameters TOC-Wert nicht und hinsichtlich des Parameters Glühverlust
teilweise beprobt worden. Die Zeugen wiesen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass
nach der maßgeblichen Zulassung des Sonderbetriebsplanes Vehlitz vom 5. März 2004
eine Beschränkung durch diese beiden Parameter nicht vorgesehen gewesen und daher
eine Beprobung nicht erforderlich gewesen sei.636
Auf Rückfrage bei dem Qualitätsmanagementbeauftragten der HRH habe der Zeuge
Redeker im März 2008 folgende Antwort erhalten:637
„In Abhängigkeit von den Werten wurden Abfälle entweder direkt zur Rekultivierung
versetzt oder der Verfestigung zugeführt, die nachgewiesene Inhaltsstoffe reduziert
632
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 52 (Abgeordnete Rogée/ Redeker)
633
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. März 2009, S. 14 (Abgeordneter Kley/ Dr. Grenz)
634
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 47 (Abgeordneter Lüderitz/ Redeker)
635
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
März 2009, S. 11 (Dr. Grenz); Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 4. Mai 2009, S. 45 (Redeker)
636
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
März 2009, S. 11 (Dr. Grenz); Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 4. Mai 2009, S. 45 (Redeker)
637
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 45 f. (Redeker); vgl. auch Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 13. März 2009, S. 11 (Dr. Grenz)
118
oder bindet, oder der Behandlung in einer bundesimmissionsschutzrechtlich
genehmigten Anlage im Rahmen der Konditionierung zugeführt oder nachweislich an
eine andere geeignete Verwertungsanlage übergeben.“638
Hinsichtlich des Begriffes „ablagern“ im Zusammenhang mit der Verbringung von Abfällen
in die Tongruben führten die Zeugen Dr. Grenz und Redeker aus, dieser Begriff passe hier
nicht. Der Begriff „Ablagerung“ werde verwendet für die Beseitigung von Abfällen auf
Deponien. Bei der bergrechtlichen Verfüllung von Tagebauen mit Versatzstoffen handle es
sich allerdings nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung um eine Maßnahme der
Verwertung, weil hier Primärrohstoffe geschont und durch entsprechend geeignete Stoffe
ersetzt werden.639 Zu einer Überschreitung des Zuordnungswerts Z 2 sagte der Zeuge
Dr. Grenz, dass er auf diese Frage im Moment noch keine Antwort habe. Die
abfallrechtliche Begutachtung, die sie veranlasst hätten, sei noch nicht abgeschlossen.640
Der Zeuge Redeker schilderte, dass die HRH regelmäßig behördlich überwacht worden sei.
Die Begehungsprotokolle der zuständigen Überwachungsbehörde des Landes SachsenAnhalt seien ihm durch die technische Geschäftsführung regelmäßig in Kopie zur
Verfügung gestellt worden. Der HRH sei regelmäßig das Zertifikat im Sinne der EfbV erteilt
worden, auch noch im Jahre 2008, kurz bevor der Geschäftsbetrieb im März eingestellt
worden sei. Sämtliche ihm bekannten Protokolle und Prüfberichte würden den
ordnungsgemäßen Betriebsablauf der HRH bestätigen. Für ihn sei jedes Protokoll, jeder
Audit-Bericht und auch jedes Zertifikat ein Beleg für die Zuverlässigkeit seines technischen
Geschäftsführerkollegen.641
3.
Die Verpflichtung zur Verfüllung der Tongruben
Der Elfte Parlamentarische Untersuchungsausschuss ging im Rahmen seiner
Beweiserhebung auch der Frage nach, ob eine Verpflichtung der SZ zur Verfüllung der
Tongruben Vehlitz und Möckern bestand.
Nach Ansicht des Zeugen Berthold sei die SZ mit der Verfüllung des Tagebaus ihrer
bergrechtlichen Pflicht zur Wiedernutzbarmachung nachgekommen. Nach § 55 BBergG
habe der Unternehmer die Wiedernutzbarmachung der vom Betrieb in Anspruch
genommenen Flächen sicherzustellen.642 Mit dem Recht, Gewinnung zu betreiben,
korrespondiere die Pflicht, spätestens nach Einstellung der Gewinnungsarbeiten die
Oberfläche entsprechend den örtlichen Gegebenheiten und planerischen Vorgaben wieder
herzurichten und einer Folgenutzung zuzuführen. Die Art der Folgenutzung und damit die
Art der Wiedernutzbarmachung hätten sich daher an diesen Gegebenheiten zu orientieren.
Der Tagebau könne somit vom Unternehmer in der Regel nicht als bloßes Loch
638
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 45 f. (Redeker)
639
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
März 2009, S. 10 (Dr. Grenz); Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 4. Mai 2009, S. 44 (Redeker)
640
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
März 2009, S. 10 (Vorsitzende Hunger/ Dr. Grenz)
641
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 44, 48 (Redeker)
642
Vgl. auch Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 4. Mai 2009, S. 44 (Redeker)
119
hinterlassen werden. Hinsichtlich des Tagebaus Vehlitz sei es so, dass sich dieser in einem
Gebiet befinde, welches im regionalen Entwicklungsprogramm der Planungsregion
Magdeburg als Vorbehaltsgebiet für Landwirtschaft ausgewiesen sei, wobei die Flächen vor
der bergbaulichen Inanspruchnahme auch schon landwirtschaftlich genutzt worden seien.
Nach § 15 LwG LSA, so der Zeuge Berthold weiter, solle landwirtschaftlicher Boden nur in
begründeten Ausnahmefällen der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen werden. Es
entspreche daher am ehesten einer ordnungsgemäßen Wiedernutzbarmachung, wenn der
Tagebau wieder verfüllt und die entstandene Fläche der Landwirtschaft wieder
zurückgegeben werde. Eine Verfüllung von Tagebauen diene weiterhin der optimalen
Ausnutzung von Lagerstätten. Ist es vorgesehen, einen Tagebau wieder zu verfüllen,
könnten die nicht bleibenden Böschungen steiler gestaltet werden. Der Tagebau könne so
in größeren Teufen erschlossen werden. So werde der Verbrauch an Flächen insgesamt
minimiert. Mit diesen Regelungen werde auch einer Forderung des § 1 Satz 1 Nr. 1
BBergG nach einem sparsamen und schonenden Umgang mit Grund und Boden Rechnung
getragen. Die Verfüllung von Lockergesteinstagebauen im Aufsichtsbereich des LAGB sei
nicht selten, sondern eine häufige Art der Wiedernutzbarmachung. Mangels anderer
natürlicher Ressourcen sei die Nutzung von Abfallstoffen für die Verfüllung die Regel.643
Zur Frage der Verpflichtung zur Verfüllung äußerte der Zeuge Dr. Klamser, in der so
genannten Bergbauschutzgebietsverordnung würde bezüglich Vehlitz geregelt, dass als
Folge des Bergbaus ein offenes Restloch übrig bleibe:
„Begründung: Die Lagerstätte bildet die Rohstoffgrundlage für die erweiterte
Produktion des Ziegelwerks. Auf lange Sicht soll von hier der Rohstoffbedarf eines
vorgesehenen Großwerkes gedeckt werden. Aus diesen Gründen ist der Schutz der
Lagerstätte vor unvertretbaren Blockierungen durch Festsetzung eines
Bergbauschutzgebietes notwendig.
Auflage: Die Maßnahmen der Wiedernutzbarmachung sind auf der Grundlage der
bestätigten Wiedernutzbarmachungskonzeption jährlich mit dem Büro für
Territorialplanung abzustimmen.“
Das BBergG selbst sehe vor, dass die Wiedernutzbarmachung nach dem gebotenen Maß
zu erfolgen habe. Das heiße, wenn eine Verfüllung stattfände, die umweltverträglich sei, die
schadlos erfolge und durch die als Folgenutzung eine landwirtschaftliche Nutzfläche
entstehe, sei nach Auffassung des Zeugen Dr. Klamser bergrechtlich nichts dagegen
einzuwenden.644
Der Zeuge Lothar Finzelberg, Landrat im Landkreis Jerichower Land,645 führte aus, dass
der Landkreis Jerichower Land keine Zuständigkeit habe. Die Entscheidung zur
Notwendigkeit und Verpflichtung, die Tongruben zu verfüllen, obliege allein der zuständigen
Genehmigungsbehörde, dem LAGB. Es sei allgemeine Praxis, die rohstofflich
ausgebeuteten Flächen danach in der Regel der Landwirtschaft wieder zur Nutzung zur
Verfügung zu stellen.646
643
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 56, 70 (Berthold)
644
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
März 2009, S. 30 f. (Dr. Klamser)
645
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 7 f. (Finzelberg)
646
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 9 (Finzelberg)
120
Der Zeuge Forker legte dar, dass Grundlage des Handelns für das Bergamt die
Betriebsplanzulassung aus dem Jahre 2004 gewesen sei. Darin sei auch die Frage der
Wiedernutzbarmachung von Tagebauen geregelt worden, die eine originäre Aufgabe des
Bergbaus darstelle. Es bestehe nicht von vornherein eine Verpflichtung, die Verfüllung
vorzunehmen. Die Folgenutzung für diesen Tagebau sei nach § 52 BBergG bestimmt
worden. Es sei überwiegend landwirtschaftliche Nachnutzung vorgesehen, was in der
praktischen Durchführung bestimmte Anforderungen an die künftige Stabilität des
Untergrundes stelle. Dabei habe der Unternehmer eine eigene Verantwortung, dies
herzustellen, weil er sonst das Wiedernutzbarmachungsziel nicht erreichen könne. Es gebe
dann keine Beendigung der Bergaufsicht, die § 39 Abs. 2 BBergG bestimme. Das BBergG
regle aber nicht den Einbau bergbaufremder Stoffe, sondern dann seien andere
Rechtsgebiete wie das Abfallrecht, Bodenschutzrecht und Wasserrecht heranzuziehen.647
Eine grundsätzliche Verpflichtung zur Verfüllung eines Tagebaus in Form der
Wiedernutzbarmachung ergebe sich, so der Zeuge Sladek, aus dem BBergG. Die jeweilige
konkrete Verpflichtung hänge von der jeweiligen Betriebsplanzulassung ab. Nach § 55
Abs. 1 Nr. 7 BBergG sei die Zulassung eines Betriebsplanes dann zu erteilen, wenn die
erforderliche Vorsorge zur Wiedernutzbarmachung der Oberfläche in dem nach den
Umständen
gebotenen
Ausmaß
getroffen
ist.
Die
Vorsorgepflicht
zur
Wiedernutzbarmachung sei somit eine Zulassungsvoraussetzung für den Betriebsplan.
Wiedernutzbarmachung sei nach § 4 Abs. 4 BBergG die ordnungsgemäße Gestaltung der
vom Bergbau in Anspruch genommenen Oberflächen unter Beachtung des öffentlichen
Interesses. Das heiße, zur ordnungsgemäßen Gestaltung der Oberfläche gehöre das
Herrichten der vom Bergbau in Anspruch genommenen Fläche als Voraussetzung für eine
künftige anderweitige Nutzung. Allerdings hänge die erforderliche Vorsorge zur
Wiedernutzbarmachung von den konkreten durchzuführenden Verfahren und von den
geologischen und bergbaulichen Gegebenheiten ab. Zudem sei § 1 BBergG zu
beachten.648
4.
Überwachung
a.
Überwachung der Tagebaue
aa.
Zuständigkeit
Der Elfte Parlamentarische Untersuchungsausschuss ging auch der zentralen Frage nach,
welche Behörde für die Überwachung der Einlagerungen in die Tagebaue Vehlitz und
Möckern zuständig ist.
647
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 56 (Forker)
648
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 86 f. (Sladek)
121
Die im Ministerium für Wirtschaft und Arbeit herrschende Rechtsauffassung
Die Zeugen Sladek und Pleye verwiesen hinsichtlich der Zuständigkeit in abfallrechtlichen
Fragestellungen auf § 32 Abs. 3 AbfG LSA. In dieser Bestimmung werde die Zuständigkeit
geregelt, wenn Abfälle im Bereich von Anlagen, die der Bergaufsicht unterliegen, entsorgt
werden. Als Entsorgung in diesem Sinne seien nach § 3 Abs. 7 KrW-/ AbfG sowohl die
Beseitigung als auch die Verwertung zu verstehen.
Nach § 32 Abs. 3 AbfG LSA obliegen die Entscheidungen und anderen Maßnahmen
aufgrund des KrW-/ AbfG, des AbfVerbr, des AbfG LSA sowie die aufgrund dieser Gesetze
erlassenen Verordnungen der unteren Abfallbehörde. Bei übertägigen Anlagen wie den
Tongruben Möckern und Vehlitz müsse die untere Abfallbehörde im Einvernehmen mit der
sonst zuständigen Bergbehörde handeln. Damit gehöre die gesamte abfallrechtliche
Überwachung der Verwertung von Abfällen im Rahmen der Verfüllung von Tagebauen zum
Aufgabenbereich der unteren Abfallbehörde, hier des Landkreises Jerichower Land.649
Demgegenüber sei das LAGB, so der Zeuge Sladek weiter, für die Bergaufsicht nach § 69
BBergG zuständig. Daneben sei es nach Aussage des Zeugen Dr. Klamser zuständig für
den Arbeitsschutz, Umweltschutz, Naturschutz und für den Immissionsschutz.650
Nach § 69 BBergG habe die für die Bergaufsicht zuständige Behörde insbesondere darüber
zu wachen, dass die Vorschriften des Bundesberggesetzes und die aufgrund dieses
Gesetzes erlassenen Verordnungen und die von der Bergbehörde erlassenen
Anordnungen eingehalten werden. Durch § 32 AbfG LSA sollten die anlagenbezogenen
bergrechtlichen, bergtechnischen und arbeitsschutzrechtlichen Zuständigkeiten der
Bergaufsicht unberührt bleiben.651 Wille des Gesetzgebers sei es gewesen, den
abfallwirtschaftlichen Zweckmäßigkeiten besser Rechnung zu tragen, um eine am
Aufgabenschwerpunkt orientierte Kompetenzverteilung von Verfahrensabläufen sowie eine
Bündelung im abfallrechtlichen Vollzug zu bewirken. Bis zu der Änderung der
Zuständigkeiten durch § 32 AbfG LSA seien generell die Bergämter für die Entsorgung von
Abfällen in den der Bergaufsicht unterliegenden Anlagen zuständig gewesen, die im
Einvernehmen mit den sonst zuständigen Abfallbehörden zu handeln gehabt hätten. Der
Gesetzgeber habe mit der Neuregelung festgelegt, dass immer die jeweils kompetenteste
Behörde für die jeweilige Entscheidung zuständig sein solle.652
Dieser Zuständigkeitsverteilung stehe, so der Zeuge Sladek, auch nicht entgegen, dass die
entsprechenden
stofflichen
Anforderungen
der Abfälle zur Verwertung in
Sonderbetriebsplänen geregelt seien. Denn vor dem Hintergrund des Fehlens eines
eigenen
abfallrechtlichen
Zulassungsverfahrens
sei
das
bergrechtliche
Betriebsplanverfahren nach § 48 BBergG zu Hilfe genommen worden. Die jeweiligen
649
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 84 (Sladek); Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 16. April 2010, S. 87 (Pleye)
650
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. März 2009, S. 56 (Dr. Klamser)
651
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 84 (Sladek); Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 16. April 2010, S. 87 (Pleye)
652
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 85 (Sladek); vgl. auch Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16. April 2010, S. 101 (Abgeordneter Lüderitz/ Pleye)
122
stofflichen Parameter seien von der unteren Abfallbehörde vorgegeben worden, die vom
LAGB 1:1 in die Zulassung umgesetzt worden seien.653
Zum Verfahrensablauf schilderte der Zeuge Dr. Lühr, dass die Abfallbehörde auf einen
entsprechenden Antrag eines Betriebes, bestimmte Dinge in die Grube zu verbringen,
prüfe, ob die Verbringung den rechtlichen Regelungen entspreche. Anschließend würden
diese Werte über den Bescheid, den das LAGB als zuständige Bergbehörde ausstelle, im
Hauptbetriebsplan oder Sonderbetriebsplan rechtswirksam. Das LAGB habe nicht die
Möglichkeit sich gegenüber der unteren Abfallbehörde durchzusetzen, wenn es feststelle,
dass bestimmte Parameter nicht zusammenpassen würden. Normalerweise sei die
Rechtslage so, dass es 1 : 1 übernommen werden müsse. Denn für Abfall sei nach dem
Abfallgesetz die Abfallbehörde zuständig. Wenn die Abfallbehörde sage, das entspreche
den rechtlichen Rahmenbedingungen, die laut Abfallregelung der Bundesrepublik für
Tongruben oder Ähnliches gelten, dann müsse das LAGB dies so in den Betriebsplan
aufnehmen.654 Diese Darstellung wurde durch den Zeugen Dr. Klamser bestätigt.655
Der Zeuge Sladek trug ergänzend vor, das gesamte einschlägige abfallrechtliche
Eingriffsinstrumentarium, zum Beispiel § 21 KrW-/ AbfG, würde nur der Abfallbehörde und
nicht der Bergbehörde zur Verfügung stehen.656
Zu der Rundverfügung des Landesverwaltungsamtes von 2007 äußerte der Zeuge Sladek,
möglicherweise sei diese hinsichtlich der Zuständigkeitsfrage unscharf gewesen. Die
Zuständigkeit sei indes ganz eindeutig in § 32 AbfG LSA geregelt. Es sei die Intention des
Gesetzgebers gewesen, die Bergverwaltung, der man in den 1990er-Jahren bestimmte
Dinge nachgesagt habe, herauszuhalten. Aus seiner Sicht sei es schlüssig gewesen, denn
die unteren Abfallbehörden seien fachnäher. Die Bergbehörde sei im Übrigen personell in
dem Bereich auch gar nicht so gut aufgestellt.657 Diese Einschätzung wurde durch den
Zeugen Dr. Lühr geteilt.658
Auf den Vorhalt, weshalb sich das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit nach
Öffentlichwerden der Probleme lange gewehrt habe, eigene Kontrollen, Tiefenbohrungen
durchzuführen, legte der Zeuge Dr. Lühr dar, nicht das Ministerium, sondern das LAGB sei
die zuständige Behörde. Wenn sie Hinweise bekomme und dann feststelle, dass dort
solche Dinge eingelagert seien, dann müsse sie das überprüfen. Das LAGB müsse im
konkreten Fall einschätzen können, ob sie eine Tiefenbohrung, eine verschärfte Kontrolle
oder eine Befahrung vor Ort vornehmen müsse.659
653
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 85 (Sladek)
654
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 33 (Abgeordneter Graner/ Dr. Lühr)
655
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. März 2009, S. 47 f. (Dr. Klamser); vgl. auch Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai 2010, S. 30 (Abgeordneter Graner)
656
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 85 (Vorsitzende Hunger/ Sladek)
657
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 91 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Sladek)
658
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 30 f., 40 (Dr. Lühr)
659
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 43 f. (Abgeordnete Rogée/ Dr. Lühr)
123
Die im LAGB herrschende Rechtsauffassung
Die Zeugen Forker und Berthold verwiesen im Rahmen ihrer Vernehmungen jeweils auf die
Vollzugskompetenz der unteren Abfallbehörde.
Für die abfallrechtlichen Kontrollen, so der Zeuge Forker, sei die untere Abfallbehörde, der
Landkreis, zuständig.660 Er meine aber, im Einzelfall, bei entsprechendem Anlass hätte
man tatsächlich auch Proben ziehen können.661
Der Zeuge Berthold verwies auf die uneingeschränkte Anordnungsbefugnis der unteren
Abfallbehörde nach § 21 KrW-/ AbfG. Diese könne im Einzelfall die erforderlichen
Anordnungen zur Durchführung der einschlägigen abfallrechtlichen Vorschriften im
Einvernehmen mit dem LAGB selbst treffen. Die untere Immissionsschutzbehörde beim
Landkreis Jerichower Land sei zuständig für die Genehmigung und Überwachung der
Abfallbehandlungsanlage in der Tongrube Vehlitz. Damit besitze sie alle Möglichkeiten, die
Eingangs- und Abfallströme hinsichtlich der abfallrechtlichen Qualitätsanforderungen
festzulegen und deren Einhaltung zu kontrollieren.662
Der Zeuge Berthold antwortete auf die Frage, ob zum Aufgabenbereich seines Dezernates
„die Überwachung der Einhaltung der sonstigen in die Zuständigkeit der Bergbehörde
fallenden gesetzlichen Bestimmungen in den Betrieben des Aufgabenbereiches und
Tätigwerden als Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft bei der Erforschung von Straftaten“663
gehöre, sie würden genehmigen und überwachen; erforderlichenfalls werde man auch mit
Untersuchungen von Vorgängen betraut. Sein Dezernat würde Betriebskontrollen vor Ort
durchführen und prüfen, ob der Betriebsplan und die Zulassung eingehalten werden. Das
sei Bergaufsicht nach § 61 BBergG.664
Ihm, Berthold, sei nicht bekannt, ob die Stoffströme zwischen der HRH Rietzel und den
Tongruben Vehlitz und Möckern analysiert worden seien. Dies liege auch nicht im
Zuständigkeitsbereich des LAGB.665 Auf Vorhalt der vorgenannten Aussage erklärte der
Zeuge Dr. Klamser, wenn die Abfallbehörde eine Regelung in einem Bescheid treffe, könne
man natürlich der Auffassung sein, dass dann auch die Abfallbehörde mit in der
Verantwortung stehe zu überwachen. Er betone ausdrücklich: mit in der Verantwortung.666
Auf die Frage, weshalb das LAGB nicht versucht habe, den Landkreis enger einzubinden,
insbesondere hinsichtlich Vehlitz, wo es einerseits die Tongrube und andererseits die
BImSch-Anlage gegeben habe, entgegnete der Zeuge Forker, seine Mitarbeiter hätten ihm
gegenüber geäußert, dass sie zunehmend gemeinsam raus fahren würden. Im Jahr würden
660
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 76 (Forker)
661
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 63 (Forker)
662
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 57 (Berthold) und vgl. auch S. 10 (Neumann) und S. 36 (Girke)
663
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 76 (Abgeordneter Miesterfeldt)
664
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 76 f. (Berthold), S. 91 (Esters)
665
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 57 (Berthold)
666
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
März 2009, S. 35 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Klamser)
124
vier gemeinsame Befahrungen durchgeführt. Der Landkreis nehme insgesamt zehn
Befahrungen vor. Er sei am Ende auch gemeinsam mit dem Landrat raus gefahren, um
deutlich zu machen, sie müssten die Dinge dort vor Ort künftig gemeinsam angehen. Der
Abgeordnete Lüderitz hat darauf verwiesen, dass ihm aus dem Protokoll lediglich folgende
Befahrungen zum Tontagebau Vehlitz bekannt seien: 2. Juni 2005, 19. Juli 2006,
14. November 2006, 11. Mai 2007, 6. Juni 2007, 11. Oktober 2007.667
Der Zeuge Forker vertrat die Auffassung, dass das Bereitstellungslager dem Abfallrecht
unterliege.668 Warum das LAGB in den Haufwerken dann Analysen genommen habe,
könne er nicht sagen.669
Die in der unteren Abfallbehörde herrschende Rechtsauffassung
Der Zeuge Finzelberg führte aus, die abfallrechtliche Überwachung der angelieferten und
eingelagerten Abfälle in den Tongruben selbst sei nicht durch die untere Abfallbehörde
beim Landkreis Jerichower Land erfolgt. Aus der Überwachungspraxis seiner Behörde
könne nur eine Aussage über die ordnungsgemäße und schadlose Entsorgung von
Abfällen aus Anlagen in Zuständigkeit des Landkreises Jerichower Land getroffen werden,
die die Abfälle nach Möckern oder Vehlitz entsorgt haben.670 Es habe die Rechtsauffassung
bestanden, dass für die Überwachung der ordnungsgemäßen Einlagerung der Abfälle die
Behörde zuständig sei, in deren Zuständigkeit sich die Anlage befinde. Zuständig sei also
das LAGB gewesen. Diese Rechtsauffassung sei auch tatsächlich praktiziert worden.
Einvernehmen zwischen den Behörden sei nicht hergestellt worden. 671 Der Zeuge Bernd
Girke, tätig im Bereich Bau und Umwelt im Landkreis Jerichower Land672,673 habe diese
Darstellung im Wesentlichen bestätigt.
Auf den Vorhalt, der Zeuge Dr. Klamser habe ausgesagt, jede Behörde sei für die
Bescheide zuständig, die sie selber erstellt habe, antwortete der Zeuge Finzelberg, der
Zeuge Dr. Klamser hätte dies in den Jahren 2004 bis 2006 praktizieren können.
Offensichtlich habe dieser es in diesem Zeitraum, so er in der Verantwortung gestanden
habe, aber akzeptiert, dass seine, Finzelbergs, Rechtsauffassung bestanden habe.674
Entsprechend der Darstellung des Zeugen Finzelberg äußerte der Zeuge Jürgen
Bruelheide, seit 2003 Leiter des Fachbereichs Umwelt, Naturschutz und Landwirtschaft im
667
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 65 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Forker)
668
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 75 (Abgeordneter Stadelmann/ Forker)
669
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 78 (Abgeordneter Lüderitz/ Forker)
670
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 9 (Finzelberg)
671
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 9, 25 (Finzelberg); zitiert in der Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 4. Dezember 2009, S. 32 (Abgeordneter Graner)
672
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 35 (Girke)
673
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 37 f., S. 39 (Girke)
674
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 25 (Abgeordneter Graner/ Finzelberg)
125
Landkreis Jerichower Land,675 die Transporte von Material in die Tongruben seien nicht
„ihre Baustelle“ gewesen. Dafür sei das LAGB zuständig. Dieses hätte die Genehmigung
erteilt und sei damit auch die zuständige Kontrollbehörde.676 Eine andere Rechtsauffassung
vertrat der Zeuge Girke. Nach seinen Worten würden die Zuständigkeiten für die Grube
beim LAGB, die für flankierende Anlagen beim Landkreis liegen.677
Die im Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt herrschende Rechtsauffassung
Auf den Vorhalt, die Zeugen Pleye, Sladek und andere hätten die Auffassung vertreten,
dass die untere Abfallbehörde die Verantwortung für den Abfall trage, der nach Vehlitz und
Möckern verbracht wurde, während der Zeuge Finzelberg und die untere Abfallbehörde des
Landkreises Jerichower Land dies anders gesehen hätten, führte der Zeuge Michael
Dörffel,
Abteilungsleiter
der
Abteilung
Klimaschutz,
erneuerbare
Energien,
Kreislaufwirtschaft, Technischer Umweltschutz im Ministerium für Landwirtschaft und
Umwelt,678 aus, es sei aus seiner Sicht ein sehr wohl abgewogenes Zusammenspiel
unterschiedlicher Rechtsbereiche: Bergrecht, Bodenschutzrecht und Abfallrecht. Insoweit
haben sie es auch mit unterschiedlichen Zuständigkeiten zu tun. Es bestehe die
Zuständigkeit des LAGB für den Vollzug des Bergrechts und die Zuständigkeit des LAGB
für
den
Vollzug
des
Bodenschutzrechts;
denn
das
LAGB
sei
eine
Sonderbodenschutzbehörde.
Nach den §§ 17 und 18 BodSchAG LSA liege die Zuständigkeit für den Bodenschutz bei
derartigen Anlagen beim LAGB und die Fachaufsicht beim Ministerium für Wirtschaft und
Arbeit. Es bestehe die abfallrechtliche Zuständigkeit der unteren Abfallbehörde, des
Landkreises gemäß § 32 Abs. 3 AbfG LSA. Diese handele im Einvernehmen mit der
zuständigen Bergbehörde. Die Zulassung der Wiedernutzbarmachung eines Tagebaus sei
in den Betriebsplänen geregelt, die vom LAGB zu erlassen seien. Diese Betriebspläne
hätten sowohl die bergrechtlichen Aspekte zu beachten, aber - das sei das, was im Vollzug
des Bergrechts in den letzten Jahren neu sei - sie hätten sich auch materiell, wenn sie denn
Verfüllungen zum Inhalt haben, auf das geltende Bodenschutzrecht zu stützen. Insoweit
würden sich die Regelungen eines solchen Sonderbetriebsplanes nach den Vorschriften
des Bodenschutzrechts bemessen und seien insoweit in diesem festgelegt.
Ziel des konkreten Betriebsplanes sei die Wiedernutzbarmachung der Oberfläche, insoweit
ein bergrechtliches Ziel, unter Zugrundelegung der bodenschutzrechtlichen Anforderungen.
Für diese Art der Verfüllung gebe es dann auch nur diese eine Genehmigung. Diese sei
auch von der Behörde zu überwachen, die sie erlassen habe. Das bedeute, dass sie von
dieser Behörde auch durchzusetzen sei. Das entsprechende Instrumentarium stehe dieser
Behörde zur Verfügung, sowohl bergrechtlich als auch bodenschutzrechtlich.
Das bedeute im Gegenschluss aber nicht, dass nicht auch Abfallrecht einschlägig sei.
Insoweit sei auch die Abfallbehörde gehalten, die Einhaltung der abfallrechtlichen
675
Vgl. Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 27 (Bruelheide)
676
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. Januar 2009, S. 36 (Bruelheide)
677
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 37 (Girke)
678
Vgl. Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 108 (Dörffel)
126
Vorschriften zu überwachen und gegebenenfalls durchzusetzen. Primär sei
Bodenschutzrecht, materiell, in der Zuständigkeit des LAGB, daneben sei aber auch
Abfallrecht anwendbar. Durch ein abgestimmtes Zusammenwirken dieser beiden Behörden
sei es sehr wohl möglich, auch in dieser Konstellation der Zuständigkeitsregelungen zu
sachgerechten Ergebnissen der Überwachung zu gelangen. Schnittstellen seien immer
problematisch, deshalb könne es durchaus eine Überlegung sein, Schnittstellen zu
minimieren.679
Gefragt nach dem Zusammenfassen der Bearbeitung von Immissionsschutz- und
Abfallrecht, legte der Zeuge Dörffel dar, dass das aus seiner Sicht Gebotene bereits getan
worden sei, dass sowohl der immissionsschutzrechtliche als auch der abfallrechtliche
Vollzug in der Hand einer Behörde liegen sollen. Im Landesverwaltungsamt sei die
Abstimmung zwischen den Kollegen im Immissionsschutz- und Abfallreferat, die beide in
einer Abteilung seien, sehr eng. Ebenso seien auch im Bereich der Landkreise die
Zuständigkeiten
im
Immissionsschutzund
Abfallrecht
in
einer
Behörde
680
zusammengefasst.
bb.
Häufigkeit, Zielstellung von Befahrungen durch das LAGB
Der Zeuge Dr. Haseloff bekundete, es sei nach der vorliegenden Protokolllage regelmäßig
eine Befahrung vorgenommen worden. Für die 160 in Sachsen-Anhalt zu kontrollierenden
Gewinnungsbetriebe unter Bergaufsicht seien sechs Sachbearbeiter vorgesehen. Die
Befahrung sei zweimal jährlich durchgeführt worden.681 Die Häufigkeit der Kontrollen wurde
durch die Zeugen Pleye682 und Berthold bestätigt.683 Für den Tagebau Vehlitz nannte der
Zeuge Berthold Befahrungen am 2. Juni 2005, am 19. Juli und 14. November 2006, am
11. Mai, am 6. Juni und am 11. Oktober 2007 sowie am 10. März 2008. Nach dem 10. März
2008 habe es dutzende Befahrungen gegeben.684
Der Zeuge Berthold wies den Vorwurf zurück, dass durch die unzureichende
Überwachungs- und Kontrolltätigkeit seitens des LAGB unrechtmäßige Zustände geduldet
und begünstigt worden seien. Es seien weder aufsichtsrechtliche Pflichten verletzt noch
Maßnahmen unterlassen worden, die in Anbetracht der jeweils objektiv gegebenen
Sachlage hätten getroffen werden müssen oder können.685
679
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 117 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dörffel)
680
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 123 f. (Abgeordneter Kley/ Dörffel)
681
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 7 (Dr. Haseloff)
682
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 101 (Pleye)
683
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 72 (Berthold), vgl. auch S. 10 (Neumann); vgl. auch Niederschrift über die 10. - öffentliche Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13. März 2009, S. 37 (Dr. Klamser); Niederschrift
über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16. April 2010, S. 86
(Pleye)
684
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 53 (Berthold)
685
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 51 (Berthold)
127
Im Rahmen von Befahrungen werde im Allgemeinen geprüft, so der Zeuge Berthold,
inwieweit die tatsächlich durchgeführten Arbeiten vor Ort mit den vorgelegten
Betriebsplänen und deren Zulassungen übereinstimmen. Die Prüfung beziehe sich auf alle
Bereiche, Arbeitsschutz, bergbauliche Sicherheit, Gesundheitsschutz usw. Dabei sei es
üblich, dass sich die Situation vor Ort angeschaut werde und die entsprechenden
Dokumente, die der Unternehmer vor Ort haben muss, geprüft werden. Der Sachbearbeiter
habe nach der Rückkehr einen Befahrungsvermerk, auch mit Fotos, zu fertigen.686
Der Zeuge Berthold sagte weiter aus, dass hinsichtlich der Verfüllung in der Regel wie folgt
kontrolliert werde: Für die einzelnen Abfälle habe der Unternehmer Analysen vom Erzeuger
zu verlangen, die die Einhaltung der Parameter der Betriebsplanzulassung nachweisen.
Diese seien beim Unternehmer aufzubewahren und im Rahmen der Befahrung einzusehen.
Zudem würden im Rahmen der Befahrungen organoleptische Sichtkontrollen des
Verfüllmaterials erfolgen.687 Im Rahmen solcher normalen Befahrungen sei es bisher nicht
üblich gewesen, Proben zu nehmen. Sofern im Rahmen der Befahrung aber begründete
Verdachtsmomente auftreten, würden durch das LAGB veranlasste Proben stattfinden.688
b.
Überwachung der Stoffströme
aa.
Zuständigkeit
Die Überwachung der Stoffströme zwischen der HRH Rietzel und den Tongruben Vehlitz
und Möckern sei nach Bekunden des Zeugen Forker alleinige Aufgabe der Abfallbehörden.
Er könne dazu verantwortlich gar nichts sagen.689
Die Kontrolle der Stoffströme würde nach Aussage des Zeugen Neumann der unteren
Abfallbehörde obliegen.690 Zu dieser Aufgabe gehöre nach § 40 KrW-/ AbfG in Verbindung
mit § 32 AbfG LSA die umfassende allgemeine Überwachung und damit auch die
Überprüfung der seit dem 1. Februar 2007 geltenden Registerpflichten nach § 42 KrW-/
AbfG. Aus diesen Registern müssten nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 KrW-/ AbfG zumindest Menge,
Art und Ursprung der in der Tongrube Vehlitz nach dem 1. Februar 2007 entsorgten Abfälle
hervorgehen.691
686
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 53 (Berthold)
687
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 53 (Berthold)
688
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 53 (Berthold)
689
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 58 (Forker)
690
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 10 (Neumann)
691
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 57 (Berthold)
128
Nach Aussage des Zeugen Dr. Klamser habe es solche Analysen der Stoffströme gegeben,
und die belegten eindeutig, dass ein Großteil der Stoffe, nämlich 97,68 %, aus Rietzel
gekommen sei.692
Der Zeuge Finzelberg führte aus, dass Stoffströme 2006 und 2007 analysiert worden seien.
Dabei sei festgestellt worden, dass der Entsorgungsweg nur auf die Verfüllung des eigenen
Tontagebaus gerichtet gewesen sei. Gegen die Zulässigkeit der Ablagerungen im
Tontagebau habe es aus abfall- und bodenschutzrechtlicher Sicht Bedenken gegeben,
zumindest ab dem Zeitpunkt des Erlasses des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt
vom 24. März 2006 zur Einhaltung der Anforderungen für die Verfüllung unterhalb der
durchwurzelbaren Bodenschicht. Da der Erlass aber im Geschäftsbereich des Ministeriums
für Wirtschaft und Arbeit nicht eingeführt worden sei, habe die bestehende
Genehmigungssituation des Sonderbetriebsplanes mit der Zulassung der mineralischen
Abfälle, darunter auch AVV 19 12 12, gegolten. Eine abfallrechtliche Unterbindung des
Entsorgungsweges aus der Anlage Rietzel in die Tongrube Vehlitz sei formalrechtlich durch
die Genehmigung des Sonderbetriebsplanes nicht durchsetzbar gewesen. Der Zeuge
Finzelberg hat diesbezüglich auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom
25. September 2008 (Az.: VG 1 B 295/08 MD, Seite 9) verwiesen.693
bb.
Durchführung
Nach Bekunden des Zeugen Girke habe es Kontrollen der Anlagen in unterschiedlicher
Anzahl und Intensität gegeben.694 Hierzu erklärte der Zeuge Bruelheide, dass Kontrollen
einmal jährlich durchgeführt werden sollten. Er, Bruelheide, könne aber nicht ausschließen,
dass die eine oder andere Kontrolle wegen Umstrukturierungen und Erkrankungen von
Mitarbeitern nicht durchgeführt worden sei.695
Üblicherweise, so der Zeuge weiter, seien die Kontrollen angemeldet durchgeführt
worden.696 Er sei sich aber nicht ganz sicher, ob die anlassbezogenen Kontrollen, die
aufgrund von erhaltenen Informationen durchgeführt worden seien, unangemeldet
stattgefunden haben.697 Die Zeugin Osse erklärte hierzu, dass alle Überwachungen
angemeldet durchgeführt worden seien, weil es notwendig gewesen sei, dass
Betriebspersonal vor Ort sei und auskunftsfähige Unterlagen bereitgehalten wurden.698
Die Zeugin Sylvana Juhr gab an, im Sachgebiet Abfallwirtschaft des Landkreises
Jerichower Land für die Nachweisprüfung der Abfallbehandlungsanlage und die
692
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
März 2009, S. 33, 29 (Dr. Klamser)
693
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 11 (Finzelberg)
694
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 38 f. (Abgeordneter Kley), S. 39 (Girke)
695
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 31, 38 (Bruelheide)
696
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 39 (Abgeordneter Gürth/ Bruelheide)
697
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 39 (Bruelheide)
698
Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 33 (Abgeordnete Rogée/ Osse)
129
Stoffstromüberwachung in Rietzel seit 2002 zuständig zu sein.699 Sie erklärte, weder
Kontrollen vor Ort vorzunehmen, noch den Output und den Input der Anlagen zu beurteilen.
Sie
kontrolliere
vielmehr
die
monatlichen
Meldungen
der
einzelnen
Abfallbehandlungsanlagen darüber, welche Abfälle bei ihnen in die Anlagen gehen und
wohin diese Abfälle verbracht werden. Anhand der Genehmigungsbescheide stelle sie fest,
ob das, was in die Anlage gebracht werde, für diese Anlage zugelassen sei. 700 Auf die
Frage, ob sie eine Plausibilitätsprüfung durchführe, das heißt, ob die Mengen Input und
Output in ihrer Qualität mit der anderer Sortieranlagen in Deutschland übereinstimme,
sagte die Zeugin Juhr aus, da sie nur vom Schreibtisch aus handle, könne sie nicht sagen,
wie die Zusammensetzung letztendlich vor Ort ausgesehen habe.701
Die Zeugin Osse gab an, ihre Behörde habe die Stoffströme aus den Anlagen, die im
Landkreis Jerichower Land zugelassene Abfälle für die Verfüllung herstellen, kontrolliert.702
Sie bekundete, im Jahre 2007 eine Überwachung des Stoffflusses des Unternehmens HRH
an Hand der Entsorgungsnachweise selbstständig ausgeführt zu haben. Es sei eine
Papierprüfung, keine Augenscheinprüfung, gewesen.703 Sie habe bis Anfang 2007 keine
Veranlassung gehabt, verstärkt Prüfungen oder unangemeldete Kontrollen zu veranlassen.704 Die von Frau Baudach durchgeführten Überwachungen hätten eine
Inaugenscheinnahme des Abfalls beinhaltet. Sowohl in der Sortieranlage in Rietzel, als
auch im Tontagebau Vehlitz sei der für 19 12 12 typische, hausmüllähnliche Geruch,
wahrgenommen worden. Der Geruch habe aber in Vehlitz auch von einer anderen Anlage
ausgehen können, in der gleichen Abfallarten lagern würden.705 Die vom Unternehmen
vorgelegten Untersuchungsergebnisse habe sie zur Kenntnis genommen, aber keine
eigenen Untersuchungen zum Organikanteil veranlasst. Sie habe sich von ihren Kollegen
Belege zeigen lassen, dass die LUS GmbH als beauftragtes Labor die erforderlichen
Untersuchungen durchgeführt habe.706
Auf die Frage, weshalb der Zeuge Bruelheide aufgrund der Hinweise Dritter die Stoffströme
der in seiner Zuständigkeit liegenden Anlage nie habe analysieren lassen, antwortete der
Zeuge, dieses Thema höre er zum ersten Mal. Er könne sich nicht daran erinnern, ob sie
regelmäßig standardmäßige Kontrollen durchgeführt haben, und wenn, in welchen
zeitlichen Abständen. Als sie von außen Informationen bekommen haben, habe er die
entsprechende Prüfung veranlasst. Es sei ihm nie gesagt worden, dass da irgendetwas
habe analysiert werden müssen oder sollen.707
699
Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 5 f. (Juhr)
700
Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 6 f. (Vorsitzende Hunger/ Juhr)
701
Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 9 (Abgeordneter Kley/ Juhr), vgl. auch S. 15 (Abgeordneter Lüderitz/ Juhr)
702
Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 20 (Osse).
703
Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 20 f. (Vorsitzende Hunger/ Osse)
704
Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 24 (Vorsitzende Hunger/ Osse)
705
Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 29 (Abgeordneter Stadelmann/ Osse)
706
Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 27 (Abgeordneter Kley/ Osse)
707
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 30 (Abgeordneter Lüderitz/ Bruelheide), S. 40 (Bruelheide)
130
Auf die Nachfrage, ob er dies als Fachbereichsleiter hätte selbst veranlassen müssen,
antwortete der Zeuge Bruelheide, er wisse nicht, was mit dieser Stoffstromanalyse konkret
gemeint sei. Sollten Stoffproben genommen werden? Müssten dann die entsprechenden
Untersuchungen durch sie oder möglicherweise durch Dritte veranlasst werden? Wenn
dem so sein sollte, gehe er davon aus, dass die Mitarbeiter, wenn sie draußen vor Ort
seien, auch optische Kontrollen durchführen und sich nicht darauf beschränken, die
Papiere anzusehen. Wenn sich dann aufgrund des optischen Eindrucks konkrete
Anhaltspunkte dafür böten, weiterhin tätig zu werden und weitere Kontrollen durchzuführen,
gehe er davon aus, dass das auch entsprechend veranlasst werde. Für den Fall, dass mit
der Zusammensetzung des Materials etwas nicht gestimmt habe, hätten sie weitere
Untersuchungen veranlasst. Solche Informationen habe er aber nie bekommen.708
Auf Vorhalt eines Antwortschreibens des Landkreises Jerichower Land auf ein Schreiben
der Zeugin Knopf vom 19. September 2007, in dem es heißt:
„Die im Sommer dieses Jahres im Rahmen der immissionsschutz- und
abfallrechtlichen Überwachung durchgeführten Anlagenkontrollen ergaben keine
Beanstandungen.“,
und die Frage, ob dieser Antwort eine standardmäßige Untersuchung oder eine erneute
Beprobung zugrunde gelegen habe,709 antwortete der Zeuge Bruelheide, er könne sich
nicht erinnern, ob aufgrund dieses Schreibens eine extra Kontrolle stattgefunden habe. Er
gehe davon aus, dass es so gewesen sei.710
Die Frage, ob der Landkreis Feststellungen getroffen habe, ob das Verfüllmaterial die
bodenschutzrechtlichen Vorsorgewerte gemäß Anhang 2 Nr. 4 Bundes-Bodenschutz- und
Altlastenverordnung (BBodSchV) überschreitet, verneinte der Zeuge Finzelberg. Er führte
aus, Maßstab in der Bewertung für die Zulässigkeit der Entsorgung seien die Bedingungen
der Genehmigung der Endentsorgungsanlage und somit nach LAGA 20 die Einhaltung </ =
Z 2.711
c.
Finanzielle und personelle Grenzen für die Probennahmen/ Kontrollen
Ein tiefgründiges Kontrollsystem, so die Aussage des Zeugen Berthold, sei aus Kostenund Personalgründen bisher nicht möglich gewesen.712 Das LAGB sei weder personell
noch technisch so ausgerüstet, um derartige Untersuchungen durchführen zu können.
Hinzu komme, dass eine solche Probennahme als Eingriff in die bergbauliche Tätigkeit
verhältnismäßig sein müsse.713 In diesem Zusammenhang sei zu erwähnen, dass die SZ
708
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 30 (Vorsitzende Hunger/ Bruelheide), S. 39 (Bruelheide)
709
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 31 (Abgeordneter Bergmann)
710
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 32 (Bruelheide)
711
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 10 (Finzelberg)
712
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 53 (Berthold)
713
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 53 (Berthold)
131
als Entsorgungsfachbetrieb zertifiziert sei.714 Auf die Frage, ob er die vorstehenden
Aussagen des Zeugen Berthold bestätigen könne, antwortete der Zeuge Forker, er bejahe
dies zu großen Teilen.715
Der Darstellung, Behörden hätten aus Kostengründen chemische Analysen nicht
durchgeführt, ist der Zeuge Dr. Klamser entgegengetreten. Für ihn hätten Kosten bei
solchen Sachen keine Rolle gespielt. Als er Bergamtsleiter gewesen sei, wüsste er nicht,
dass sie aus Kostengründen Amtsermittlungen nicht durchgeführt hätten. 716 Der Zeuge
ergänzte, dass für eine Ausweitung der Kontrollen mehr Personal notwendig sei. So wären
zum Beispiel im Bergamt Staßfurt seit 1990 34 % Personalabgänge erfolgt, die nicht
kompensiert worden seien.717
Der Zeuge Girke erklärte, er könne nicht bestätigen, dass der Landkreis kein Geld für
Beprobungen hätte und dass die Durchführung von Kontrollen im Haushalt nicht
vorgesehen sei.718 In allen Haushaltstiteln, die den Umweltbereich betreffen, ob es nun
Wasser, Abfall oder Naturschutz sei, würde ein Kostenanteil vorgehalten, der sich
„Gutachten“ oder „Gefahrenabwehr“ nenne.719
d.
Dienstberatungen, Weiterbildungen
aa.
Jerichower Land
Die Zeugin Juhr erklärte, es habe in ihrem Hause keine Besprechungen über aktuelle
Gesetzeslagen, über Entscheidungen oder über Schreiben der verschiedenen Behörden
gegeben. Wenn sie Probleme mit ihrer Arbeit habe, habe sie diese vorher mit ihrer Chefin
besprochen. Schulungen zu Vehlitz habe es nicht gegeben, wobei dieser Tontagebau nicht
in ihrer sachlichen Zuständigkeit gelegen habe.720
Hierzu erklärte der Zeuge Bruelheide, er könne eine solche Äußerung nicht nachvollziehen.
So sei beispielsweise die Personalausstattung ein ständiger Gegenstand von
Besprechungen gewesen, die man mit den Sachgebietsleitungen geführt habe, nicht zuletzt
auch wegen Umstrukturierungen.721 Die Frage, ob es zwischen 2006 und seiner
Erkrankung eine Dienstberatung zum Thema Abfall gegeben habe, an der der Zeuge
714
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 53, 80 (Berthold)
715
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 64 (Abgeordneter Lüderitz/ Forker)
716
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
März 2009, S. 59 (Abgeordnete Rogée/ Dr. Klamser)
717
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
März 2009, S. 66 (Dr. Klamser)
718
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 47 (Abgeordneter Kley)
719
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 47 (Girke)
720
Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 11 (Abgeordneter Kley/ Juhr)
721
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 29 (Abgeordneter Lüderitz/ Bruelheide); vgl. dazu Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des
Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. September 2008, S. 27 f. (Abgeordneter Kley/ Osse)
132
Bruelheide und der Zeuge Finzelberg teilgenommen hätten, verneinte der Zeuge.722 Es
seien in seinem Fachbereich nicht unbedingt regelmäßige Dienstberatungen durchgeführt
worden. Zu den Dienstberatungen seien Protokolle erstellt worden.723
Auf die Frage, wie die Landkreise nach 2005 über das Ministerium für Landwirtschaft und
Umwelt beziehungsweise das Landesverwaltungsamt befähigt wurden, die in dieser Zeit
neu hinzugekommenen Aufgaben durchzuführen, sagte der Zeuge Dr. Aeikens aus, es sei
zunächst Aufgabe der Landkreise, für die Aufgaben, die sie haben oder übernommen
haben, adäquates Personal vorzuhalten. Die Qualifikation oder die Weiterbildung erfolge in
Regie des Dienstherrn, in diesem Fall der Landkreise. Sie seien dabei behilflich und hätten
jüngst in ihrem Fortbildungsprogramm noch einmal einen Schwerpunkt gesetzt. Das
betreffe auch den Bereich der Probennahmeschulung.724
Der Zeuge Finzelberg legte dar, dass es eine Weiterbildungsplanung gebe. Darüber hinaus
bestünde für die übertragenen Aufgaben eine ständige enge Zusammenarbeit zwischen
unterer, oberer und oberster Behörde.725 Dass Mitarbeiter sich nicht ausreichend
ausgebildet fühlten, sei ihm bisher nicht bekannt geworden.726 Zu dem Weiterbildungsplan
führte der Zeuge Bruelheide aus, dass ihm von einem solchen Plan für seine Mitarbeiter
nichts bekannt sei. Schulungen lägen grundsätzlich in der Verantwortung eines jeden
selbst.727
Nach Einschätzung des Zeugen Girke gebe es Weiterbildungsmöglichkeiten aus dem
Bereich der Ministerien, des Landesverwaltungsamtes und Externer, es bestehe aber
durchaus Nachholbedarf.728
Die Zeugin Osse erklärte, ihre Mitarbeiter hätten Schulungen des Landesumweltamtes und
im Institut für Wirtschaft und Umwelt wahrgenommen.729
bb.
LAGB
Der Zeuge Forker sagte aus, es habe nachweislich der Protokolle in seiner Zeit als
Präsident des LAGB große Dienstberatungen gegeben. Daran hätten er, der Zeuge Esters,
sein Stellvertreter und alle Dezernats- und Gruppenleiter des Amtes teilgenommen. Zum
Beispiel habe er in einer Beratung am 4. Juni 2007 auf Themen der Tagebaue hingewiesen
und es sei ihm aus den Dezernatsgruppen berichtet worden, dass die Verfüllung der Stein722
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 38 (Abgeordneter Miesterfeldt/ Bruelheide)
723
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 43 (Abgeordneter Miesterfeldt/ Bruelheide)
724
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 47 (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Aeikens)
725
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 17 (Finzelberg)
726
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 17 (Abgeordneter Kley/ Finzelberg)
727
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 42 (Bruelheide)
728
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 38 (Girke)
729
Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 27 (Abgeordneter Kley/ Osse)
133
und Erdentagebaue ein besonderer Schwerpunkt sei. Es seien von ihm entsprechende
Maßnahmen eingeleitet worden und es hätten Besprechungen im Ministerium für
Landwirtschaft und Umwelt stattgefunden. Eine Dienstberatung habe im September 2007
stattgefunden. Gegenstand sei ausweislich des Protokolls beispielsweise der Umgang mit
Proben in Vehlitz gewesen. Er habe, so der Zeuge Forker weiter, Wert darauf gelegt, dass
ihm Genehmigungsdefizite und Problemfälle vorgetragen werden.730
e.
Zusammenarbeit zwischen den Behörden
aa.
Landkreis Jerichower Land und LAGB
Die Zeugin Osse legte dar, dass es mit dem LAGB eine sporadische Zusammenarbeit zur
Abstimmung von Vorgängen gegeben habe. Sie hätten im Zusammenhang mit der
Anwendung der neuen LAGA 20 die erteilten Bescheide diskutiert und in ihren
Stellungnahmen Veränderungen vorgenommen, indem das Bundesbodenschutzgesetz
Anwendung finden sollte. Zu den vom LAGB durchgeführten Kontrollen seien sie nicht
hinzugezogen worden.731
Nach Aussage des Zeugen Bernd Girke habe es eine Zusammenarbeit hinsichtlich der
Gruben in Vehlitz und Möckern gegeben. Die Kontakte seien aber in seinem
Zuständigkeitsbereich nicht sehr intensiv gewesen.732 Mit Blick auf die Ereignisse hätte er
sich eine intensivere Zusammenarbeit insgesamt gewünscht.733
Zu der Frage, warum im Zusammenhang mit den sehr zeitig erfolgten Anzeigen von
Bürgern zu den beiden Tongruben Kontrollen nicht gemeinsam mit dem Landkreis
durchgeführt worden seien, bekundete der Zeuge Forker, dass die Anzahl der
gemeinsamen Kontrollen sukzessive zugenommen habe. Ihm sei vorgetragen worden,
dass Maßnahmen von dem Unternehmen eingeleitet worden seien und dass dem Anliegen
der Bürger so entsprochen worden sei. Hinsichtlich der Geruchsbelästigung hätten die
Verwaltungsgemeinschaft, der Landkreis und seine Behörde schon auch versucht
zusammenzuarbeiten, vielleicht nicht mit aller Konsequenz. Das sei zumindest das Bild,
das er dazu habe.734
bb.
Zusammenarbeit mit den obersten Landesbehörden, Informationsfluss
innerhalb der Behörden
Der Zeuge Dr. Klamser führte aus, es habe eine sehr gute Zusammenarbeit mit dem
Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, insbesondere mit dem Zeugen Dörffel und dem
730
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 53 f. (Forker)
731
Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 28 (Osse)
732
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 36 (Girke)
733
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 37 (Girke)
734
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 60 (Vorsitzende Hunger/ Forker)
134
Bereich Abfall gegeben. Es hätten regelmäßige Besprechungen im Rahmen der
interministeriellen Arbeitsgruppe stattgefunden, an denen auch das LAU teilgenommen
habe.735
Der Zeuge Dörffel bekundete, die Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Wirtschaft und
Arbeit würde er als sachgerecht bezeichnen. Es habe immer die Abstimmung gegeben,
gerade bei Dingen, die sowohl die Bereiche des Abfallrechts als auch die des Bodenschutzund des Bergrechts beträfen. Insoweit seien auch die von ihnen auf den Weg gebrachten
Erlasse immer auch mit dem Ministerium für Wirtschaft und Arbeit besprochen und zur
Verfügung gestellt worden. So sei dies auch bei der Überarbeitung der LAGA M 20 im
Jahre 2006 geschehen. Spätestens 2007 habe es noch einmal intensive Abstimmungen
gegeben, da sie ihren Erlass noch einmal verschärft und konkretisiert hätten.736
Der Zeuge Dr. Lühr gab an, dass Kontakte zum Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt
grundsätzlich auf der Fachebene abgelaufen seien. Im Nachgang zu dem Fernsehbericht
im Jahre 2008 hätte er mit seinen Referatsleitern gesprochen, zum Beispiel über die
Anpassungen der Genehmigungen infolge des Tongrubenurteils. Dazu habe es Gespräche
mit dem Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt gegeben. Er selbst sei nicht zugegen
gewesen.737
Auf die Frage, weshalb seine Behörde nicht dafür gesorgt habe, dass es ein Mindestmaß
an Zusammenarbeit mit der unteren Abfallbehörde hinsichtlich der Verfüllung gegeben
habe, antwortete der Zeuge Sladek, die Verwaltung sei an Recht und Gesetz gebunden
und müsse ihre eigenen Zuständigkeiten wahrnehmen. Als Fachbehörde könne er davon
ausgehen, dass die Zusammenarbeit zwischen den Landkreisen und den einzelnen
Behörden nicht schlecht sei, solange ihm nicht das Gegenteil berichtet werde.738
Zur Zusammenarbeit zwischen seinem Ministerium und dem LAGB äußerte der Zeuge
Pleye, bei besonderen Ereignissen würde eine Information per E-Mail bzw. per Telefon
erfolgen. Darüber hinaus gebe es Abstimmungsrunden des für die Aufsicht zuständigen
Referats mit dem LAGB. Die Aufsicht sei auch dahingehend intensiviert worden, dass der
zuständige Referatsleiter, der Zeuge Sladek, in einer hohen Frequenz auch tageweise im
LAGB präsent sei.739
Der Zeuge Dr. Haseloff bekundete, es habe eine gute Kommunikation mit der Kollegin
Wernicke gegeben. Viele Dinge, auch der Bergbau und dessen Schnittstellen, seien
miteinander besprochen worden. Das hier gegenständliche Thema sei ihnen aber nicht
präsent gewesen, sodass sie es, bevor es zur Eskalationsphase durch die Medien
gekommen sei, hätten aufnehmen können. Zur Umsetzung der LAGA M 20 führte der
Zeuge Dr. Haseloff aus, es sei ein Prozess, der damals gelaufen sei und der bis heute
fortgesetzt werde, dass nach LAGA M 20 entsprechend in Genehmigungs- bzw.
Betriebspläne einzumünden habe und dass alles andere auch konsequent umgestellt
735
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
März 2009, S. 51 ff. (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Klamser)
736
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 114 f. (Dörffel)
737
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4.
Dezember 2009, S. 25 (Dr. Lühr)
738
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 92 (Abgeordneter Lüderitz/ Sladek)
739
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 102 f. (Abgeordnete Rogée/ Pleye)
135
werden müsse, dass Vertrauensschutz für Unternehmen existiere und es sicherlich auch
Interessensausgleiche und wirtschaftliche Bewertungen geben müsse.740
Auf die Frage, ob es einen Rücklauf oder Rückinformationen zu Rundverfügungen gegeben
habe, die die unteren Abfallbehörden anleiten sollten, legte der Zeuge Dörffel dar, dass die
Reaktionen, die sie erhalten, sehr unterschiedlich seien. Sie würden sich über die
Umsetzung der Erlasse berichten lassen. Das erfolge zum einen schriftlich, zum anderen
auch im Rahmen von Dienstbesprechungen. Letzteres erfolge über das
Landesverwaltungsamt. Dieses würde sich von den Landkreisen und kreisfreien Städten
berichten lassen und berichte dann zusammengefasst dem Ministerium. In Einzelfällen sei
nicht ausgeschlossen, dass sie gemeinsam mit dem Landesverwaltungsamt einladen.741
Zum Informationsfluss von der LAGA an ihn und von brisanten Informationen an die
Hausspitze bekundete der Zeuge Dörffel, er halte es wie jeder verantwortungsvolle
Abteilungsleiter und informiere die Hausleitung in der Regel auch schriftlich über
problematische Vorfälle, wenn sie nach seiner Auffassung gravierend und für die
Hausleitung von Belang seien. Er informiere auch über Ergebnisse aus LAGA-Sitzungen
und Ähnlichem, insbesondere dann, wenn er meine, dass dies für die Ministerkonferenzen,
die auf die Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaften folgen, von Belang sei. Es gebe kein
festgelegtes Schema, es gehöre ein gewisses Fingerspitzengefühl dazu, zu wissen, was für
eine Hausleitung wichtig sei und was nicht. Wann er die Hausspitze das erste Mal über die
möglichen Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Müllskandal in Kenntnis gesetzt
habe, müsse sich aus den Akten ergeben, er meine aber spätestens 2007, im
Zusammenhang mit der entscheidenden Besprechung im November 2007 mit dem
Ministerium für Wirtschaft und Arbeit, es könne auch im August gewesen sein, als ihm zum
ersten Mal deutlich geworden sei, dass etwas im Argen liege.742
Der Zeuge Dr. Aeikens bekundete, es habe ein gutes Einvernehmen und eine gute
Arbeitskooperation mit dem Wirtschaftsministerium sowohl vor März 2008 als auch nach
2008 bestanden, auch auf Arbeitsebene und auf der Ebene der Staatssekretäre und
Minister.743
Auf Vorhalt einer Aussage der Ministerin
Agrarausschusssitzung vom 12. März 2008:
Wernicke
aus
dem
Protokoll
der
„Ich nehme jetzt bezüglich der gegenseitigen Information kein Blatt mehr vor den
Mund. Im September 2007 haben wir den zuständigen Abteilungsleiter im
Wirtschaftsministerium angeschrieben und ihn dringend darauf aufmerksam gemacht,
dass hier anscheinend Handlungsbedarf besteht. Nach Vorliegen des Ergebnisses
vom LAU im Oktober oder Anfang November wurde der gleiche Abteilungsleiter
wieder angeschrieben und aufgefordert zu handeln. Daraufhin gab es keine Antwort.“
740
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 13 f. (Abgeordneter Lüderitz / Dr. Haseloff)
741
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 116 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dörffel)
742
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 128 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dörffel)
743
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 45 (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Aeikens)
136
äußerte der Zeuge Dr. Aeikens, ein gutes Einvernehmen im Grundsätzlichen schließe nie
aus, dass es im Detail Kritik auch an einem anderen Haus oder an der Arbeitsweise von
Mitarbeitern eines anderen Hauses geben könne.744
5.
Das so genannte Tongrubenurteil
Die durch den Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschuss vernommenen Zeugen
bekundeten übereinstimmend, dass es in Folge des so genannten Tongrubenurteils des
Bundesverwaltungsgerichts vom 14. April 2005745 zu intensiven Diskussionen über die
Konsequenzen der Entscheidung gekommen sei. Die Diskussionen betrafen dabei sowohl
das generelle Vorgehen, als auch die konkrete Situation bezüglich der Tontagebaue Vehlitz
und Möckern.
Zum Inhalt der Entscheidung führte der Zeuge Sladek aus, das Gericht habe sich zum
ersten Mal mit der Frage der Verfüllung beschäftigt, nämlich mit der Verfüllung einer
Tongrube im Rahmen der bergrechtlich geforderten Wiedernutzbarmachung. Das
Bundesverwaltungsgericht habe deutlich gemacht, dass die materiellen Maßstäbe des
Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) und der BBodSchV inhaltlich voll anwendbar
seien; denn das BBergG und die Bergverordnung enthalten keine entsprechenden
Anforderungen an die Verwendung bergbaufremder Abfälle, durch die schädliche
Einwirkungen auf den Boden hervorgerufen werden könnten.
Im Rahmen der Prüfung des § 48 Abs. 2 BBergG seien nach dem
Bundesverwaltungsgericht die Vorsorgemaßstäbe des BBodSchG anzulegen. Allerdings
seien die in der LAGA- Mitteilung 20 enthaltenen Anforderungen an die stoffliche
Verwertung von mineralischen Reststoffen und Abfällen - Stand November 1997 - nur als
Empfehlungen eines sachkundigen Gremiums zu werten und hätten deshalb weder für die
Behörde noch für das Gericht verbindliche Geltung. Das habe letztlich das
Oberverwaltungsgericht Magdeburg in seiner Beschwerdeentscheidung über das vorläufige
Rechtsschutzverfahren bestätigt.746
Der Zeuge Berthold führte aus, dass sich die Lage nach dem oben genannten Urteil durch
ein Regel- und Vollzugschaos nebst unterschiedlicher Standpunkte der Umwelt- und
Wirtschaftsministerkonferenz ausgezeichnet habe, welches nach seiner Kenntnis bis zum
heutigen Tag andauere. Eine rechtssichere Vollzugspraxis sei angesichts fehlender
rechtsverbindlicher Vorgaben, insbesondere einer bundeseinheitlichen Regelung, schier
unmöglich gewesen.747
Diese Darstellung wurde durch den Zeugen Forker bestätigt. Er betonte, in den
Bergbehörden, nicht nur in Sachsen-Anhalt, habe Unsicherheit bestanden, wie mit den
bergrechtlichen Betriebsplanzulassungen umzugehen sei. Zur länderübergreifenden
744
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 45 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Aeikens)
745
BVerwG, Urt. v. 14. April 2005, Az.: 7 C 26/03, BVerwGE 123, 247 ff.
746
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 87 f. (Sladek)
747
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 57 (Berthold)
137
Abstimmung dieser Frage habe er unter anderem die mitteldeutschen Bergbehörden im
Jahre 2006 zu einem Fachgespräch eingeladen.748
Ein wesentliches Problem sei gewesen, dass eine Anpassung der Betriebspläne nur für
Neuzulassungen, Verlängerungen oder Änderungen der entsprechenden Betriebspläne
unproblematisch sei. Für vor diesem Zeitraum zugelassene Betriebspläne greife der
Bestandsschutz. Demnach seien Abänderungen der Zulassungen von Betriebsplänen enge
Grenzen gesetzt.749 Die Aufnahme einer Klausel, die es erlaube, Sonderbetriebspläne bei
veränderten Rechtsbedingungen anzupassen, sei, so der Zeuge Berthold, im Abfallrecht
nicht üblich.750
Am 1. Februar 2007 habe der Zeuge Forker eine technische Verfügung des Amtes unter
Berücksichtigung der Erlasslage erlassen. Es sei geregelt worden, unter welchen
Voraussetzungen künftig die Verfüllarbeiten durchgeführt werden könnten. Es sei im
Grunde genommen um die Anwendung der LAGA M 20 gegangen. Auf die Frage, weshalb
es fast zwei Jahre gedauert habe, die andere LAGA anzuwenden, erklärte der Zeuge, es
habe auch eine Reihe von Beschlüssen der Umwelt- und der Wirtschaftsministerkonferenz
gegeben. Die beiden Beschlusslagen seien nicht konform gewesen. Das habe auf ihrer
Ebene beim Verwaltungsvollzug Fragen aufgeworfen.751
Auf die Frage zur Dauer, bis Teil 2 und 3 sowie der Anhang der LAGA M 20 wirksam
geworden seien, erklärte der Zeuge Dörffel die Diskussion sowohl zur LAGA M 20 in der
ursprünglichen, wie auch in der überarbeiteten Fassung sei keine ganz einfache gewesen.
Auch das Thema Umsetzung in den Ländern habe sich schwierig gestaltet. Sie hätten sich
die Auseinandersetzung damit nicht leicht gemacht. Sachsen-Anhalt sei aber, so auch der
Zeuge Dr. Aeikens eines der ersten Länder gewesen, in dem eine Umsetzung erfolgt sei.752
Mit Datum vom 3. April seien Rundschreiben an die Betriebe gegangen, worin angekündigt
worden sei, dass bei Betriebsplanumstellungen entsprechende Anpassungen erfolgen
würden. Der Zeuge Forker merkte dazu an, dass die meisten Betriebspläne befristet
gewesen seien und somit Gelegenheit bestanden habe, umzustellen.753
Auf die Frage zur Arbeitsgruppe Bergbauliche Hohlräume und Abfallentsorgung und zu
dem Beschluss, ein weiterer Versatz von 19 12 12 solle nicht mehr erfolgen, legte der
Zeuge Dr. Klamser dar, dass es Besprechungen im LAGB gegeben habe und die Frage
nach der Umstellung der Bescheide erörtert worden sei.754
748
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 54 f. (Forker); vgl. auch Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13. März 2009, S. 38 (Dr. Klamser).
749
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 57 f. (Berthold)
750
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 69 (Abgeordneter Lüderitz/ Berthold)
751
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 59 (Vorsitzende Hunger/ Forker)
752
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 115 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dörffel)
753
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 54 (Forker)
754
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
März 2009, S. 51-53(Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Klamser)
138
Am 26. November 2007 habe das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt in einem
Gespräch mit dem Ministerium für Wirtschaft und Arbeit sowie dem Landesverwaltungsamt
auf die zügige Anpassung der Bescheide gedrängt. Das LAGB habe dann
absprachegemäß am 18. Dezember 2007 eine Übersicht parallel an beide Ministerien
geschickt, worin die Prioritätenliste der Anpassungsmaßnahmen dargestellt gewesen sei.
Beispielsweise habe die Tongrube Vehlitz die oberste Priorität gehabt, weil deren
Betriebsplanzulassung aus dem Jahre 2004 unbefristet gewesen sei.755
Zur Einbeziehung der unteren Abfallbehörde führte die Zeugin Osse aus, ihre Behörde
habe sich alle Anlagen noch einmal angesehen und dann die Veränderungen der
zuständigen Genehmigungsbehörde mitgeteilt, die dann einen Bescheid erlassen habe. Sie
hätten im Jahre 2007 damit begonnen und die Bescheide im Jahre 2008 termingerecht
vorgelegt. Sie hätten die Terminkette sehr ausgeschöpft, um eine mögliche
Ungleichbehandlung zu Nachbarländern zu verhindern.756
Demgegenüber erklärte der Zeuge Bruelheide er könne sich an Runderlasse des
Landesverwaltungsamtes und des Ministeriums nicht erinnern, in denen die Anpassung der
Bescheide verlangt wurde.757 Kommunikation mit dem LAGB habe es auf seiner Ebene
nicht gegeben.758
6.
Verdacht auf unrechtmäßiges Handeln
Der Elfte Parlamentarische Untersuchungsausschuss wandte sich auch der Frage zu, ab
welchem Zeitpunkt die Behörden erste Anhaltspunkte von unrechtmäßigen Einlagerungen
in die Tagebaue Vehlitz und Möckern besaßen.
a.
Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt
Im Rahmen der Vernehmung der Zeugin Vera Gäde-Butzlaff, Staatssekräterin für Umwelt
und Landwirtschaft von Juli 2001 bis Mai 2002,759 wurde diese zu einer Aussage des
Zeugen Dr. Jochen Zeiger, Mitarbeiter der Industrie- und Handelskammer, befragt. Der
Zeugin wurde vorgehalten, der Zeuge Dr. Zeiger habe im Rahmen einer öffentlichen
Anhörung des Landtages erklärt, ihr, der Zeugin Gäde-Butzlaff, frühzeitig Nachricht über
Unregelmäßigkeiten bei der Verfüllung der Gruben Vehlitz und Möckern gegeben zu haben,
ohne dass das Ministerium gehandelt habe. Hierzu legte die Zeugin dar, sie könne es
ausschließen, jemals mit dem Zeugen Dr. Zeiger über solche Themen gesprochen zu
haben. Zu ihr persönlich habe es keinen Kontakt gegeben. Sie habe auch nicht in
Erinnerung, dass es dazu im Ministerium Vorgänge gegeben habe. Sie habe lediglich die
755
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 55 (Forker)
756
Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. September 2008, S. 32 f. (Abgeordneter Kley/ Osse)
757
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 33 (Abgeordneter Kley) S. 34 (Bruelheide)
758
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 33 (Bruelheide)
759
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 3 (Gäde-Butzlaff)
139
allgemeine Diskussion darüber in Erinnerung, ob es sinnvoll sei, dass Gruben von den für
das Bergrecht zuständigen Behörden geführt werden, die dann auch Abfallrecht anwenden
sollten. Sie könne sich nur absolut nicht erinnern, dass es Gespräche mit Behörden zu
diesen hier genannten Gruben gegeben habe, sie wisse nur von Gesprächen zu
Teutschenthal.760
Auf den Vorhalt, er habe im Umweltausschuss erklärt, dass er etwa ab dem Jahr 2000
Mitarbeiter des Umweltministeriums von Unregelmäßigkeiten unterrichtet und gesagt habe,
wenn man seinen Hinweisen nachgegangen wäre, dann hätte vieles verhindert werden
können, erklärte der Zeuge Dr. Zeiger, das habe er seiner Meinung nach nicht geäußert.
Das stehe nicht im Protokoll. Er habe gesagt, er habe Kenntnis seit Anfang der 2000erJahre, dass es Probleme auf der Deponie gäbe und dass sich das Umweltministerium in
Person der damaligen Staatssekretärin Frau Gäde-Butzlaff darum gekümmert habe. Er
habe keine Hinweise gegeben, dass man sich dort darum kümmern solle. Von einem
Rechtsanwalt, Vertreter der damaligen Bürgerbeschwerden, sei er informiert worden, dass
dieser, in Vertretung einer Bürgerbeschwerde in Sachen Vehlitz, an das Ministerium, an die
Staatssekretärin, herangetreten sei. Die Frage, ob er persönlich mit jemandem im
Ministerium Kontakt gehabt habe, verneinte der Zeuge Dr. Zeiger. Auf die Nachfrage, ob
der Anwalt einen Brief an die Staatssekretärin geschrieben oder ob es ein persönliches
Gespräch gegeben habe, sagte der Zeuge, das wisse er nicht.761
Der Zeuge Dr. Zeiger führte weiter aus, er habe sich zwei Monate vor der
Fernsehveröffentlichung mit dem Präsidenten des LAGB, dem Zeugen Forker, unterhalten.
Dieser habe geäußert, es sei alles in Ordnung, die Genehmigungen seien okay, alles sei
okay. Man sei auf der sicheren Seite.762
Der Zeuge Dörffel erklärte, dass er den ersten begründeten Verdacht, hier laufe etwas
schief, im August des Jahres 2007 gehabt habe und der Problemkreis illegale
Abfallentsorgung bei ihm auf die höchste Prioritätenstufe gerückt sei, allerdings zu Lasten
anderer Bereiche der Abteilung.763
Der Zeuge Dr. Aeikens sagte aus, dass davon auszugehen sei, dass er spätestens im
Detail Informationen erbeten habe, als die Presse detaillierte Anfragen gestellt habe.
Inwieweit es vorher noch Detailinformationen gegeben habe, vermag er nicht mehr zu
rekonstruieren.764
b.
760
Ministerium für Wirtschaft und Arbeit
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 3 ff. (Abgeordneter Kley/ Gäde-Butzlaff)
761
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 11 (Abgeordneter Kley/ Abgeordnete Brakebusch/ Abgeordneter Graner/ Dr. Zeiger)
762
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 10, 16 (Dr. Zeiger)
763
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 110 (Dörffel)
764
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 47 f. (Vorsitzende Hunger/ Dr. Aeikens)
140
Der Zeuge Dr. Lühr gab an, dass er das erste Mal unmittelbar von der Problematik Vehlitz/
Möckern durch einen Fernsehbericht im März 2008 erfahren habe.765 Auf die Bemerkung
des Abgeordneten Lüderitz, dass es ihn wundere, dass der Zeuge Dr. Lühr erst zu diesem
Zeitpunkt von den Ereignissen erfahren habe, da aus Unterlagen aus dem Ministerium für
Wirtschaft und Arbeit ersichtlich sei, dass er (der Zeuge Dr. Lühr) im Sommer 2007
Schreiben über erste Untersuchungen in Vehlitz zur Kenntnis bekommen habe. Die Frage,
ob es bereits im Dezember 2007 Besprechungen zu Vehlitz und Möckern gegeben habe,
verneinte der Zeuge.766
Auf die Frage, ob es in seinem Hause mit anderen Bundesländern nicht schon vorher
Gespräche diesbezüglich illegaler Abfallverbringungen gegeben habe, antwortete der
Zeuge Dr. Lühr, hinsichtlich der fachlichen Dinge werde es Gespräche gegeben haben, er
wisse es aber nicht. Er werde in Einzelthemen erst eingebunden, wenn seine Referatsleiter
der Auffassung sind, dass dies erforderlich sei.767 Er erklärte weiter, ihm seien Beratungen
zu zwei Tagungen auf Bundesebene768, die im Juli und August 2007 stattfanden und in
denen Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Brandenburg als mögliche Betroffene benannt
wurden, nicht zur Kenntnis gelangt.769
Weiter verneinte der Zeuge die Frage, ob ihm im Rahmen der Aufsicht über die Industrie
und Handelskammer die im Arbeitskreis Umwelt der IHK Magdeburg um die Jahreswende
2007/ 2008 geäußerte erhebliche Skepsis gegenüber der Situation der Tongruben des
Landes bekannt geworden sei. Er führte aus, er habe mit der IHK, mit den
Handwerkskammern nur über rechtliche Fragen fachliche Gespräche geführt.770
Der Zeuge Pleye sagte aus, dass ihm im März 2008 bekannt geworden sei, dass es sich
um ein sensibles Thema handle. Kenntnis erlangt habe er von dem Vorgang am 6. März
2008 bei einem Gespräch, das auf Veranlassung des Zeugen Finzelberg stattgefunden
habe. Nach Bekanntwerden der Thematik habe er eine ausdrückliche Verfügung
herausgegeben, dass bei jeder eventuell denkbar größeren Bedeutung des Vorgangs eine
Information an ihn zu erfolgen habe.771
Auf die Frage, ob der Zeuge Pleye erst im Nachhinein, ab März 2008, Informationen über
die Tagungen des Länderausschusses Bergbau und des Arbeitskreises Rechtsfragen
innerhalb des Bergbaus sowie die Arbeitsgruppe bergbauliche Hohlräume und
Abfallentsorgung erhalten habe, wo beispielsweise im Sommer 2007 in Leipzig und in
Wiesbaden
insbesondere
Sachsen-Anhalt
angesprochen
und
illegale
765
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4.
Dezember 2009, S. 25 (Dr. Lühr)
766
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4.
Dezember 2009, S. 26 (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Lühr)
767
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4.
Dezember 2009, S. 25 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Lühr)
768
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 95 (Sladek)
769
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4.
Dezember 2009, S. 26 (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Lühr)
770
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 41 f. (Abgeordneter Graner/ Dr. Lühr)
771
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 94-96 (Vorsitzende Hunger/ Pleye), S. 95 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Pleye)
141
Müllentsorgungsplätze benannt worden seien, bekundete der Zeuge, das könne er so
bestätigen, das sei so gewesen.772
Auf die Frage, wann er das erste Mal von den Vorgängen erfahren habe, sagte der Zeuge
Dr. Haseloff aus, er sei Anfang März 2008 auf einer Fahrt von Magdeburg nach Berlin von
dem Zeugen Finzelberg angerufen worden. Dieser habe um ein Gespräch gebeten, weil ein
Unternehmen ein wirtschaftliches Problem habe.773 Im Nachgang habe er erfahren, dass es
Bürgerbeschwerden usw. gegeben habe, die ihm nicht zur Kenntnis gegeben worden
seien, weil die zuständigen Führungskräfte diesen Vorgang einfach völlig falsch eingestuft
bzw. die Brisanz dieses Vorgangs und den Schwierigkeitsgrad nicht erkannt hätten.774
Auf den Vorhalt, dass der Bund Deutscher Entsorger auf den Verdacht hingewiesen habe,
dass in Deutschland, gerade in den östlichen Bundesländern, größere Mengen Abfall nicht
regulär den Verbrennungsanlagen zugeleitet werden, äußerte der Zeuge Dr. Haseloff, dass
sie als Wirtschaftsministerium keine Müllverwertung bzw. -ablagerung als
Geschäftstätigkeit in den Vordergrund gestellt hätten, sondern das Thema Tonabbau, die
Gewinnung eines Rohstoffs. Die Gewinnung eines Rohstoffs erzeuge im konkreten Fall
eine übertägige Grube, die entweder zum Biotop werde, mit Wasser volllaufe oder in
anderer Weise befüllt werde. Letztgenannte Befüllung sei eine nachgeschaltete
wirtschaftliche Tätigkeit für eine Rohstoffförderung. Natürlich, so der Zeuge Dr. Haseloff
weiter, seien ihm diese Informationen, gerade nach 2005 und nach Inkrafttreten der TASi,
bekannt gewesen.775
Es seien auch bezüglich der Stoffströme, bis auf das nach dem Einsteigen von Veolia sehr
deutliche Ansteigen der Tagesumsätze von 50 t pro Tag auf 400 t pro Tag an diesem
Standort, ansonsten keine Auffälligkeiten bekannt geworden.776 Im Zusammenhang mit
wiederholten Berichten über Aktionen der Staatsanwaltschaft in Brandenburg und Sachsen
im Jahre 2007 habe er mit den Staatssekretären und mit den Fachleuten darüber
gesprochen, inwieweit solche Themen auch in Sachsen-Anhalt eine Rolle spielen könnten.
Es sei ihm (dem Zeugen Dr. Haseloff) in keiner Weise angezeigt worden, dass sich das
vergleichbar gestalte bzw. ein ähnliches Problem auftun könnte. Eine Sonderprüfung habe
er nicht angeordnet, weil er gewusst habe, dass es die routinemäßigen Prüfungen gebe.777
772
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 101 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Pleye)
773
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 8 f. (Vorsitzende Hunger/ Dr. Haseloff), S. 22 f. (Abgeordneter Dr. Thiel/ Dr. Haseloff)
774
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 9 f. (Vorsitzende Hunger/ Dr. Haseloff), vgl. zur Informationsrückkopplung S. 10f (Abgeordneter Lüderitz/
Dr. Haseloff) Positionspapier des Bundesverbandes der Entsorgungswirtschaft von Juni 2007, Arbeitskreis
Bergbauliche Hohlräume und Abfallentsorgung, S. 12 (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Haseloff), S. 19 (Abgeordneter
Kley/ Dr. Haseloff), S. 22 ff. (Abgeordneter Dr. Thiel/ Dr. Haseloff); vgl. auch Niederschrift über die 20. - öffentliche
- Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16. April 2010, S. 128 f. (Abgeordneter
Lüderitz/ Dörffel)
775
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 19 f. (Abgeordneter Kley/ Dr. Haseloff)
776
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 19 ff. (Abgeordneter Kley/ Dr. Haseloff)
777
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 21 f. (Abgeordneter Kley/ Dr. Haseloff), vgl. auch S. 31 f. (Abgeordneter Graner/ Dr. Haseloff)
142
c.
Landkreis Jerichower Land
Der Zeuge Girke sagte aus, sie seien über die Vorgänge zu den sie betreffenden Anlagen
von den Fachbereichsleitern informiert worden. Zu dieser Thematik habe es bis zu diesem
Zeitpunkt keine über den normalen Dienstbetrieb hinausgehenden Aktivitäten gegeben.778
In Berührung seien sie mit der Thematik erstmalig durch die Medienberichte in der
Sendung „Frontal“ seit März 2008 gekommen.779
Der Abgeordnete Lüderitz wies den Zeugen Girke in dem Zusammenhang auf zwei von
diesem unterschriebene Schreiben hin, in denen zum Tontagebau Vehlitz Anfragen,
Stellungnahmen, Befahrungsvermerke ab dem Jahr 2005 enthalten seien. Die Schreiben
würden nach Auffassung des Abgeordneten Lüderitz deutlich machen, dass das Problem
der Einlagerung in Vehlitz auch in unmittelbarer Verbindung mit den Anlagen stehe, für die
der Zeuge die Verantwortung getragen habe. Der Zeuge Girke sei darin unter anderem
darauf eingegangen, dass es Probleme hinsichtlich des Abfallschlüssels 19 12 12 in
Verbindung mit der HRH Rietzel und der Sortieranlage Vehlitz gebe und er um eine
Analytik durch das LAGB gebeten habe. Ein Schreiben sei am 8. März 2007 und damit vor
März 2008 versendet worden.780 Der Zeuge Girke äußerte daraufhin, dass er nicht denke,
dass man aus dem Schreiben ablesen könne, dass sie Vermutungen gehabt hätten, dass
in Tongruben oder Kiesgruben etwas unberechtigt eingelagert worden sei. Hier hätten sie
einfach in einer Aufgabenteilung mit dem LAGB um eine Zusammenarbeit bzw. eine
Zuarbeit gebeten.781
Auf den Vorhalt, der Zeuge Girke habe ausgesagt, er habe von den illegalen Entsorgungen
erst Anfang des Jahres 2008 erfahren, sagte der Zeuge Bruelheide aus, es könne nicht
sein, dass dieser erst 2008 Kenntnis davon genommen habe.782 Er könne sich an einen
Vorfall in der Tongrube im Zeitraum August bis November 2007 erinnern. Er habe damals
den Zeugen Girke darüber informiert. Dort seien wohl Flüssigkeiten ausgetreten und ein
Fahrzeug ihres Gefahrstoffzuges, das Messfahrzeug, sei zum Einsatz gekommen. Der
Zeuge Girke habe darüber schon Bescheid gewusst.783
Der Zeuge Bruelheide führte weiter aus, soweit es die Materialien aus der Recyclinganlage
oder Sortieranlage in Rietzel betreffe, hätten sie keine Erkenntnisse darüber gehabt, dass
es möglicherweise nicht genehmigungskonform gewesen sein könnte. Die Input- und
Outputmengen seien stimmig und schlüssig gewesen. Sie hätten keinen Anlass gesehen,
da weiter zu überprüfen.784
778
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 38, 39 (Girke)
779
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 36, 45 (Girke)
780
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 44, 45 (Abgeordneter Lüderitz), vgl. dazu S. 29 und 120 im Ordner des LAGB
781
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 45 (Girke)
782
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 34 f. (Abgeordnete Rogée/ Bruelheide)
783
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 35 (Bruelheide)
784
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 36 (Bruelheide)
143
7.
Hinweise Dritter, Durchführung von Kontrollen, Schlussfolgerungen,
Reaktionen
a.
Zum Tontagebau Vehlitz
Auffälligkeiten oder Anhaltspunkte für Verstöße gegen die Sonderbetriebsplanzulassung
habe es nach Auskunft des Zeugen Berthold bei den Befahrungen des LAGB bis zum 6.
Juni 2007 nicht gegeben. Auch auf den Fotos der Befahrungen seien keine Auffälligkeiten
zu erkennen gewesen.785 Der Zeuge berichtete indessen von zahlreichen entsprechenden
Hinweisen anderer Behörden, von Bürgern und Bürgerinitiativen.
aa.
Hinweise Dritter
Zum generellen Umgang mit solchen Hinweisen äußerte der Zeuge Girke, der Landkreis
Jerichower Land habe alle Hinweise, Anregungen oder Beschwerden nicht selbst
bearbeitet, sondern sofort an das LAGB weitergereicht. Diese seien dort angenommen und
bearbeitet worden. Der Landkreis sei teilweise auch über das Ergebnis informiert
worden.786 Sie hätten das LAGB auch angemahnt, damit sie die Antworten geben, weil es
teilweise um Messergebnisse, Analysen oder Ähnliches gegangen sei, die bei ihnen nicht
vorgelegen hätten.787
Demgegenüber legte der Zeuge Finzelberg dar, dass mit anderen Behörden und Ämtern
kein Kontakt aufgenommen worden sei. Man habe auf die Hinweise Dritter geantwortet und
die Zulässigkeit der Verbringung der AVV 19 12 12 im Rahmen der Verfüllung des
Tontagebaus bestätigt. Erst im August des Jahres 2007 sei die Zusammenarbeit mit dem
LAGB im Zusammenhang mit der Beprobung von Vorabsiebungen AVV 19 12 12 im
Tontagebau begonnen worden.788
Zum generellen Umgang mit Hinweisen Dritter im LAGB führte der Zeuge Forker aus, dass
das Fachdezernat 41 selbständig gehandelt habe. Persönlich habe er darauf geachtet,
dass innerhalb der Behörde bei Verdacht von Straftaten das Dezernat D1 eingeschaltet
wurde, um gegebenenfalls die Staatsanwaltschaft einzubeziehen. Dies sei beispielsweise
im November 2007 im Zusammenhang mit der Verwaltungsgemeinschaft Möckern-LoburgFläming so gehandhabt worden. Soweit ihm die Ergebnisse vorgelegt worden seien, seien
auch Konsequenzen gezogen worden.789
Der Ausschuss befragte die Zeugin Juhr zu einem Hinweis vom 10. Juni 2003. An diesem
Tag habe es vom Landkreis Aschersleben/ Staßfurt den Hinweis gegeben, dass erhöhte
Mengen 19 12 12 - auch mit erhöhten Organikanteilen - in den Bereich des Landkreises
785
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 53 f. (Berthold)
786
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 39 (Girke)
787
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 42 (Girke)
788
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 11 (Finzelberg)
789
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 57 f. (Forker)
144
Jerichower Land verbracht wurden. Dazu habe es eine handschriftliche Anmerkung der
Zeugin gegeben, wonach ca. 4 000 t des Materials 19 12 12 plötzlich weg gewesen seien.
Es gebe auch ein Protokoll der Zeugin, dass sie am 18. Juni 2003 einen Vor-Ort-Termin
gehabt habe, zu dem festgestellt worden sei, dass es 3 548 t gewesen seien, die nicht
genau zugeordnet werden konnten. Die Zeugin Juhr erklärte hierzu, sie könne sich an
diesen Sachverhalt nicht erinnern.790
Der Zeuge Berthold sagte aus, dass ihm Hinweise Dritter erst seit dem Jahr 2006 bekannt
seien.791 Begonnen habe es mit einer Anfrage des Landkreises Jerichower Land vom
17. November 2006, ob Abfälle mit der Schlüsselnummer 19 03 07 in den Tagebau Vehlitz
hätten verbracht werden dürfen. Dazu habe das LAGB am 1. Dezember 2006 geantwortet,
dass dafür gegenwärtig keine Zulassung existiere.792
Der Zeuge Berthold bekundete, mit Schreiben vom 30. November 2006 sei eine Anfrage
des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes Hannover eingegangen.793 Es habe sich um einen
Hinweis auf Abfälle des Materials 19 12 12 gehandelt, die von der HRH in Rietzel nach
Aufarbeitung zur Tongrube Möckern gegangen seien. Hierzu hätten sie am 6. Dezember
2006 das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Hannover um Mitteilung weiterer Informationen
gebeten. Diese hätten sie dann am 7. Dezember 2006 erhalten. Mit Schreiben des LAGB
an das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Hannover vom 13. Dezember 2006 hätten sie
mitgeteilt, dass das LAGB für die HRH nicht zuständig sei und es sei nochmals um weitere
Informationen gebeten worden.794 Erst im Juni 2007, ein halbes Jahr später, hätten sie die
Analyse veranlasst, nachdem ihnen mehrere Hinweise vorgelegen und sie dies vor Ort
gesehen hätten.795
Zur diesem Vorgang äußerte der Zeuge Bruelheide, er wisse nicht mehr genau, ob die
Informationen aus Niedersachsen oder aus Nordrhein-Westfalen gekommen seien.
Jedenfalls habe es von einem Regierungspräsidium Informationen gegeben, die den
Schluss hätten zulassen können, dass dort gegebenenfalls nicht korrekte Abfallströme
laufen. Der Zeuge Bruelheide bekundete weiter, sie hätten daraufhin die Unterlagen der
Anlage überprüft. Aus diesen hätte sich aber ergeben, dass die Stoffströme aus ihrer Sicht
nachvollziehbar ordnungsgemäß durchgeführt worden seien.796
Der Zeuge Berthold berichtete von einer weiteren Anfrage des Landkreises Jerichower
Land vom 27. Februar 2007. Diese gab eine Meldung der Gemeinde Vehlitz über massive
nächtliche Transporte von der Sortieranlage Rietzel in den Tontagebau Vehlitz weiter. Es
sei erklärt worden, dass das Material biologisch aktiv wäre, da Wasserdampf ausgetreten
sei. Die Antwort des LAGB datiere vom 2. März 2007: Dafür habe eine weitere Klärung
erfolgen müssen, ob die Transporte tatsächlich in den Tagebau oder in die BImSch-Anlage
790
Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 10 (Abgeordneter Lüderitz/ Juhr)
791
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 58 f. (Berthold)
792
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 59 (Berthold)
793
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 59 (Berthold)
794
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 59 (Berthold)
795
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 65 (Berthold)
796
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 28 (Bruelheide)
145
gegangen seien. Sie hätten den Hinweis gegeben, dass kein biologisch aktives Material in
den Tagebau eingebracht werden dürfe und hätten um Mitteilung gebeten, wann weitere
Transporte erfolgen sollten, damit sie das genauer nachprüfen könnten.797
Zu Hinweisen auf nächtliche Transporte sagte der Zeuge Bruelheide aus, es seien 2006
oder 2007, er könne das zeitlich nicht mehr genau einordnen, Hinweise zu Transporten, die
zu außergewöhnlichen Zeiten in die Gruben Vehlitz und Möckern geführt hätten, gegeben
worden. Weil diese Tongruben dem Bergrecht unterlägen und nicht in ihre Zuständigkeit
gefallen seien, gehe er davon aus, dass sie die dafür zuständige Behörde, das LAGB,
darüber informiert hätten, davon ausgehend, dass die in eigener Zuständigkeit dort tätig
werden würden.798
Zum gleichen Gegenstand äußerte die Zeugin Osse, ihr seien keine Beschwerden zu
Nachtanlieferungen erinnerlich.799 Es habe Anfragen aus Niedersachsen und Hessen zur
ordnungsgemäßen Entsorgung in dem Tontagebau gegeben, die sie alle entsprechend
dem vorliegenden Sonderbetriebsplan beantwortet hätten, dass die Ablagerungen der dort
benannten Abfallarten gemäß Sonderbetriebsplan zulässig seien. Alle eingegangenen
Beschwerden seien zwischen dem Sachgebietsleiter und dem Fachbereichsleiter diskutiert
worden. Der zuständige Sachbearbeiter nehme daran nicht immer teil.800
Am 28. Februar 2007 informierte die Stadt Gommern über Geruchsbelästigungen bei
Transporten aus Richtung Tagebau. Das LAGB, so der Zeuge Berthold, habe eine
Überprüfung zugesagt und um schnelle Mitteilung gebeten, wann es zu
Geruchsbelästigungen gekommen sei.801 Daraus habe sich nach Aussage des Zeugen
aber nichts weiter ergeben.802
Am 8. März 2007, fuhr der Zeuge fort, habe es ein weiteres Schreiben des Landkreises
Jerichower Land gegeben. Darin sei gebeten worden, die Analytik für 19 12 12 für Februar
2007 vorzulegen. Sie hätten das an den Unternehmer weitergeleitet, damit er ihnen das
erst einmal sage, und um die Tonnage gebeten, die im Februar 2007 in die Grube
verbracht worden sei. Anhand des Eingangsbuches sei ihnen sozusagen nachgewiesen
worden, dass im Februar kein 19 12 12 in den Tagebau verbracht worden sei. Das Material,
was da beschrieben wurde, sei ausschließlich in die BImSch-Anlage verbracht worden, die
an den Tagebau anschließe. Das hätten sie dem Landkreis dann so mitgeteilt.803
797
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 59 (Berthold)
798
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 28 (Bruelheide)
799
Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 22 (Abgeordneter Lüderitz/ Osse)
800
Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 22 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Osse), S. 31 (Abgeordneter Graner/ Osse), S. 33 (Abgeordnete
Rogée/ Osse)
801
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 59 (Berthold)
802
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 60 (Berthold)
803
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 59 (Berthold)
146
bb.
Die Probennahmen am 16. August 2007
Ausgangslage und Amtshilfeersuchen
Gründe für die Veranlassung einer amtlichen Untersuchung und Probennahme durch das
LAGB am 12. Juni 2007 seien einerseits gehäuft auftretende Anfragen zu den Transporten
seit November 2006 gewesen. Andererseits habe es Erkenntnisse aus einer Befahrung am
6. Juni 2007 gegeben, so der Zeuge Berthold. So seien im Rahmen der Befahrung am
6. Juni 2007 - im Zusammenhang mit einer Unfallaufnahme wegen eines umgekippten Lkw
- im Tagebau gut sichtbare Plastikfetzen im Bereich der Unfallstelle vorgefunden worden.804
Der Zeuge Dr. Haseloff führte diesbezüglich aus, dass der zuständige Mitarbeiter des
LAGB in dem Protokoll einer routinemäßigen Befahrung vom Mai 2007 umfänglich von
einem ordentlichen, sauberen Zustand spreche und keine Auffälligkeiten deklariert habe.
Diese Befahrungen seien, weil es sich um ein privates Betriebsgelände handle, immer
angekündigt worden. Es sei davon auszugehen, dass man sich dort gezielt auf die
Befahrungen vorbereitet habe. Denn bei einer außerordentlichen Kontrolle im Folgemonat
sei der Mitarbeiterin aufgefallen, dass sich die Konsistenz des Materials, das dort
wahrscheinlich auf dem Lkw gewesen sei, völlig von dem abgehoben habe, was bisher in
den Protokollen vermerkt worden sei. Dann sei von ihr veranlasst worden, dass zu
beproben sei und das LAU sei eingeschaltet worden.805
Das LAU sei nach Bekunden des Zeugen Klaus Thiede vom LAU, Fachgebiet
Entsorgungstechnik,806 per Amtshilfeersuchen des LAGB gebeten worden, Probennahmen
und Analysen von Abfällen durchzuführen, die im Tontagebau Vehlitz eingelagert wurden
und noch eingelagert werden.807 Mit Schreiben des LAU vom 27. Juni 2007 sei ein
gemeinsamer Probennahmetermin angekündigt worden, der am 16. August 2007
stattgefunden habe.808
Strategie
Zur Strategie bei der Probennahme erläuterte der Zeuge Thiede:
Der Sonderbetriebsplan habe nach Auffassung des Zeugen Thiede nicht viel hergegeben:
Z 2-Werte, LAGA M 20. Das sei ein weites Feld. Sie hätten sich entschieden, als
Bewertungsparameter die Parameter aus der Tabelle LAGA-Merkblatt von 1997, M 20,
804
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 53 f. (Berthold)
805
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 6 f. (Dr. Haseloff), S. 17 f. (Abgeordneter Kley/ Dr. Haseloff)
806
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 5 (Thiede)
807
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 6 (Thiede)
808
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 54 (Berthold); vgl. auch Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16. April 2010, S. 85 (Pleye)
147
Bauschutt und Recyclingbaustoffe zu nehmen. Die einzuhaltenden Werte hätten damit,
zugunsten des Unternehmens, nicht so niedrig gelegen.809
In diesen Tabellen würden in erster Linie nur Schwermetalle bestimmt, sowohl im Feststoff
als auch im Eluat. Sie wollten sich auch über die Gasbildung, den Heizwert und die
organische Zusammensetzung dieser Abfälle informieren. Aufgrund der Tabelle 2 der
Anlage 3 der Deponieverordnung hätten sie noch zusätzliche Parameter untersuchen
lassen.810
Der Zeuge Thiede legte weiter dar, dass in der Zulassung des Sonderbetriebsplanes für
den gesamten organischen Kohlenstoff - abgekürzt TOC - und für den Glühverlust keine
Festlegungen getroffen worden seien. Sie hätten in ihrem Parameterumfang diese beiden
Werte bestimmt. Als Bewertungsmaßstab hätten sie die Deponieverordnung
herangezogen, weil es in dem LAGA-Merkblatt M 20 dafür keinen Parameter gebe. Da
gebe es den Wert für die Deponieklasse I, der bei 1 Masse-% bei TOC liege. Für die DK II
liege er bei 3 Masse-%. Dann dürfe man die Abfälle auf eine Deponie bringen. Diese
Deponie sei durch eine Basisabdichtung geschützt und werde später durch eine
Oberflächenabdichtung geschützt und sie würde eine Sickerwasserfassung besitzen. Das
heiße, für eine Deponie der Klasse I 1 Masse-%. Alles andere sei nicht zulässig gewesen;
das hätte man dann auf eine Deponie der Klasse II und letztendlich auf eine Deponie der
Klasse III bringen müssen.811
Ort der Probennahme sei das Bereitstellungslager der SZ gewesen, nicht der
Deponiekörper, weil es sich nicht um Boden handle. Es habe sich um unvermischtes
Material gehandelt, so wie es im LAGA-Merkblatt M 20 gefordert werde: Das Material sei
vor der Vermischung zu beproben und nicht hinterher, weil es hinterher
Verdünnungseffekte gebe.812
Durchführung
Der Zeuge Berthold sagte aus, das LAU habe zu Beginn des Termins mitgeteilt, dass eine
repräsentative Probennahme nur mit einem sehr hohen Aufwand durchgeführt werden
könne, was durch das LAU personell und analytisch nicht leistbar sei. Es seien daher vier
Stichproben aus gelagertem Material entnommen worden, die sowohl durch das LAU als
auch durch das vom Unternehmen beauftragte Labor, der LUS GmbH, untersucht werden
sollte. Das MLU und das Landesverwaltungsamt seien vom LAU über den Sachstand
informiert worden.813
809
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 6 f. (Thiede)
810
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 7 (Thiede)
811
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 8 (Thiede)
812
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 12 f. (Abgeordneter Stadelmann/ Thiede)
813
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 54 (Berthold); vgl. auch Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16. April 2010, S. 85 (Pleye)
148
Der Zeuge Thiede erklärte, am 16. August 2007 habe es zunächst eine einführende
Beratung gegeben, auch hinsichtlich des Parameterumfanges, in der mit Zustimmung des
Anlagenbetreibers und des Fremdüberwachers, die LUS GmbH, die Werte noch einmal
durchgegangen worden seien. Sie hätten dann an demselben Tag aus vier Haufwerken
gemäß ihrer Probenahmevorschrift PN 98 Proben gezogen. Die Mischprobe hätten sie
dann geteilt. Einen Teil hätten sie ihrem Labor übergeben, den anderen Teil habe die LUS
GmbH untersucht.814
Ergebnisse
Nach Aussage des Zeugen Thiede seien die Analyseergebnisse des LAU mit den
Ergebnissen der LUS GmbH weitgehend identisch gewesen. Es habe einige Differenzen
gegeben, was aber normal sei. Es habe anschließend noch eine Diskussion mit der LUS
GmbH gegeben, die nicht ganz mit der Interpretation der Ergebnisse einverstanden
gewesen sei.815
Der Zeuge Berthold sagte aus, dass im Ergebnisbericht vom 1. Oktober 2007 das LAU in
zwei von vier Stichproben einen hohen Organikanteil in Abfällen festgestellt habe. Bei fünf
Parametern seien Überschreitungen der durch die Sonderbetriebsplanzulassung
festgelegten Werte festgestellt worden. Die Ergebnisse der Untersuchung seien dem LAGB
mit Schreiben vom 9. Oktober 2007 übersandt worden. In diesem Schreiben heißt es u. a.:
„Die Proben 1, 2 und 4 erfüllen die Anforderungen der Betriebsplanzulassung nicht.
Glühverlust und TOC sind bei allen Proben überschritten. Die beprobten Abfälle sind
zur Verfüllung der Abgrabung nicht geeignet.“
Der Zeuge Thiede erläuterte, sie hätten festgestellt, dass der Abfallschlüssel 19 12 12 ein
Gasbildungspotenzial, einen oberen Heizwert über 7 000 kJ/kg besitze und die Parameter
Nickel, Zink und Chlor im Eluat überschreite sowie PCB im Feststoff.816 Die TOC-Werte
seien bei fast allen Proben überschritten worden, ebenso die Werte bei Glühverlust. Sie
hätten die Ergebnisse der Prüfung in ihrem Bericht vom 1. Oktober 2007 deutlich
gemacht.817
Der Zeuge Forker äußerte hierzu, die Untersuchungsergebnisse hätten sich eine ganze
Weile hingezogen, denn sie hätten im Landesumweltamt gelegen. Als die Ergebnisse
vorgelegen hätten, sei das für ihn ein Grund gewesen dafür zu sorgen, dass sie die
Betriebsplanänderung durchführen.818
Zur Überschreitung der Z 2-Werte erklärte der Zeuge Esters, die Frage der Überschreitung
von Zuordnungswerten sei nicht das allein Entscheidende. Entscheidend sei vielmehr, ob
814
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 7 (Thiede), S. 11 f. (Abgeordneter Stadelmann/ Thiede)
815
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 7 (Thiede), S. 11 f. (Abgeordneter Stadelmann/ Thiede)
816
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 9 (Thiede)
817
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 8 (Thiede)
818
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 57 (Forker)
149
durch eine Überschreitung der Zuordnungswerte, in diesem Fall von Z 2, ein Schaden
eintrete. Eine Grundaussage habe das Oberverwaltungsgericht in Rheinland-Pfalz in einem
Urteil getroffen. Das Gericht habe entschieden, dass die Zuordnungswerte Z 2
überschritten sein dürften, wenn die Schadlosigkeit der Stoffe in der Verwertung für eine
Verfüllung in eine Grube garantiert sei.819
Die Zuordnungswerte Z 0, Z 1.1, Z 1.2 und Z 2 hätten primär die Funktion, dass die Abfälle
in der Abfalldeklaration in diese Zuordnungsklassen eingeordnet werden, sodass klar sei,
dass diese Abfälle nach der Deklarationsanalyse Z 0 seien und damit auch für ganz
sensible
Bereiche
verwendet
werden
könnten,
ebenso,
mit
technischen
Sicherheitsmaßnahmen, Z 1.1, Z 1.2 und Z 2. Nach der Feststellung der Überschreitung
dieser Z 2-Werte, die durch genaue Nachprüfungen durch das Büro Wessling festgestellt
worden seien, seien sie der Frage nachgegangen, was zu leisten sei, damit hier trotzdem
die Schadlosigkeit gewährleistet bleibe. Sie hätten in Vehlitz und in Möckern dadurch, dass
sich die Tonlagerstätte nach unten über sehr viele Meter fortsetze, keine direkte
Grundwasserproblematik gehabt. Daher hätte das, was über den Luftpfad an Geruch oder
durch das Ausgasen ausgetragen wurde, zu Schäden führen können. Sie hätten
veranlasst, dem zu begegnen.820
Nachrichtliche Informationen des Berichts vom 1. Oktober 2007 seien an das Ministerium
für Landwirtschaft und Umwelt und das Landesverwaltungsamt gegangen.821
Folgeentwicklung
Mit Schreiben vom 9. November 2007 habe das LAGB der SZ die Ergebnisse der
Abfallprobennahme und -untersuchung übermittelt und sie gleichzeitig zur Stellungnahme
bis zum 25. November 2007 aufgefordert. Es habe angefragt, wie durch geeignete
Maßnahmen im Betriebsgeschehen, insbesondere der Annahmekontrolle, sichergestellt
werden könne, dass eine Überschreitung der genehmigten Zuordnungswerte zukünftig
vermieden werden könne. Auf die Einhaltung von 1 Masse -% TOC sei gedrungen worden.
Entsprechende Auflagen zur Sonderbetriebsplanzulassung seien angekündigt worden. Das
Landesverwaltungsamt, das LAU und der Landkreis Jerichower Land seien nachrichtlich
informiert worden.822
In der Stellungnahme des Landkreises Jerichower Land vom 5. Dezember 2007 an das
LAGB zu den Sonderbetriebsplänen „Verfüllung der Tontagebaue Möckern und Vehlitz“
seien gegenüber dem LAGB die Einhaltung des Erlasses des Ministeriums für
Landwirtschaft und Umwelt vom 24. März 2006 zur Einhaltung der Anforderungen für die
Verfüllung unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht nach dem Kreislaufwirtschaftsund Abfallgesetz in Verbindung mit der LAGA 20 (TR Boden) eingefordert und die
bisherigen Stellungnahmen zu den Sonderbetriebsplänen als nicht rechtmäßig
819
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 91 (Esters)
820
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 91 (Esters)
821
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 54 (Berthold); Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 16. April 2010, S. 85 f. (Pleye)
822
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 54 (Berthold)
150
zurückgezogen worden. In der Stellungnahme vom 11. Dezember 2007 zum
Hauptbetriebsplan vom 30. Oktober 2007 für den Tontagebau Vehlitz werde auf die
Umsetzung des geltenden Bodenschutzrechts hingewiesen.823
Der Zeuge Bruelheide äußerte zu dem Umstand, dass in dem Schreiben vom 5. Dezember
2007 von der bis zu diesem Zeitpunkt vertretenen Auffassung abgewichen würde, dies
habe möglicherweise mit dem Erlass zusammengehangen. Die Zeugin Osse hätte ihn
angesprochen und gesagt, dass die bisherige Stellungnahme unter Berücksichtigung
dessen, was sich zwischenzeitlich ergeben habe, nicht aufrechterhalten werden könne.824
In einer Stellungnahme der HRH vom 6. Dezember 2007 sei dargelegt worden, dass TOC
kein geeigneter Parameter zur Charakterisierung der organischen Bestandteile sei.
Stattdessen wurde im Hinblick auf den mikrobiellen Abbau, der zu Gasbildung und
Setzungserscheinungen führe, ein anderer Parameter, die Atmungsaktivität, als
begrenzender Parameter vorgeschlagen. Außerdem habe die SZ auf Unterschiede in den
Analyseergebnissen hingewiesen. Die vom LAU festgestellten Überschreitungen bei fünf
Parametern seien von der LUS GmbH nur in einem Fall bestätigt worden.825
Im Dezember 2007 habe nach Aussage des Zeugen Berthold ein Erfahrungsaustausch mit
den Kollegen in Brandenburg stattgefunden. Dort seien im Jahre 2007 Fälle illegaler
Verkippung festgestellt worden. In Auswertung dieser Vorfälle habe das LAGB geplant, ein
Untersuchungsprogramm aufzulegen, um sämtliche Tagebaue, in denen Verfüllungen
zugelassen seien, zu untersuchen, und zwar in der Art, dass Baggerschürfe angelegt
werden sollten, um unter die Oberfläche zu schauen. Beim Auftreten von Verdachtsfällen
hätten tiefgründige Untersuchungen folgen sollen. Haushaltsmittel, zumindest erst einmal
für die Bereitstellung von Technik, falls der Unternehmer seine eigene Technik nicht zur
Verfügung stellt, seien eingeplant gewesen. Das Programm hätte Ende April 2008
beginnen sollen. Durch die Ereignisse in Vehlitz sei diese Planung nicht realisiert
worden.826
Mit Schreiben vom 4. Januar 2008 habe das LAU zu den Ausführungen der LUS GmbH
Stellung genommen. Unter Aufrechterhaltung des bisherigen fachlichen Standpunktes sei
zudem vorgeschlagen worden, bei der Verfüllung des Tontagebaus die Hohlräume als
Standort für den Betrieb einer Deponie Klasse I zu nutzen. Dies habe der Antragstellung
beim Landesverwaltungsamt bedurft. Nur unter diesem Gesichtspunkt - Vorliegen einer
abfallrechtlichen Genehmigung - sei eine weitere Verfüllung der Hohlräume am Standort
Vehlitz mit diesem Abfallschlüssel möglich gewesen.827
Der SZ sei mit Schreiben des LAGB vom 25. Januar 2008 Gelegenheit gegeben worden,
sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen hinsichtlich einer Anpassung der
823
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 11 (Finzelberg)
824
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 34 (Vorsitzende Hunger/ Bruelheide)
825
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 54 (Berthold)
826
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 55 (Berthold); vgl. Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 4. Mai 2009, S. 37 (Abgeordneter Lüderitz/ Finzelberg) zur Zusammenarbeit mit
Brandenburg
827
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 54 f. (Berthold)
151
Zulassung des Sonderbetriebsplanes für die Verfüllung im Tontagebau Vehlitz zu äußern.
Daraufhin habe diese um ein klärendes Gespräch gebeten, welches am 6. Februar 2008 im
LAGB stattgefunden habe. Im Ergebnis dieses Gesprächs sei eine weitere Frist zur
Stellungnahme unter genauer Bezeichnung der beabsichtigten Regelungen bis zum
29. Februar 2008 gewährt worden.828
Mit Schreiben vom 29. Februar 2008 habe sich die SZ geäußert.829 Innerhalb der Behörde,
so der Zeuge Forker, sei unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
diskutiert worden, einen Stopp zu verfügen. Sie seien dabei gewesen, den Bescheid
umzustellen und der veränderten Rechtslage anzupassen.830
Auf die Frage, weshalb er auf die Einschaltung der Staatsanwaltschaft in diesem klaren Fall
von rechtswidriger Abfallentsorgung verzichtet habe, reagierte der Zeuge Forker, dazu
könne er nichts sagen. Er meine, das sei im Amt geprüft worden. Zu dem konkreten Fall
„Prüfung Staatsanwaltschaft“ könne und wolle er auch insofern nichts sagen, falls er unter
Umständen eine Falschaussage tätigen würde.831 Auf Nachfrage, ob er sich hinsichtlich
solcher Sachverhalte bei seiner obersten Behörde rückversichert habe, antwortete der
Zeuge, er habe in den meisten Fällen dem Ministerium berichtet, und sie hätten auch über
das Vorgehen bezüglich der Tongruben gesprochen.832
Die versuchte Einflussnahme durch den Zeugen Finzelberg
Am 12. Februar 2008 habe der Landkreis Jerichower Land zu der geplanten Änderung der
Betriebsplanzulassung gegenüber dem LAGB Stellung genommen. In diesem Schreiben
heißt es:
„Weiterhin bekunde ich das ausdrückliche (Interesse) des Landkreises am Erhalt des
Unternehmens und bitte Sie, sich dafür einzusetzen, dass die Entscheidungen Ihres
Amtes Lösungsmöglichkeiten ermöglichen.“
Der Zeuge Finzelberg erklärte hierzu, dass sie eine solche Anlage/ Firma im Landkreis mit
157 Arbeitsplätzen haben, das sei ihm erst bekannt geworden, als diese Themen
hochgekommen seien. Er wies darauf hin, dass diese Firma zu keinem Zeitpunkt an
irgendeiner Stelle den Landkreis oder möglicherweise den Sport irgendwo unterstützt habe.
Er sage dies, da man ihm vorwerfe, er habe als Kreissportbund-Vorsitzender irgendwann
Mal Sponsoring oder so etwas bekommen.833 Der Zeuge Redeker erklärte hinsichtlich der
828
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 55 (Berthold)
829
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 55 (Berthold)
830
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 69 (Forker)
831
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 71 f. (Abgeordneter Graner/ Forker)
832
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 72 f. (Abgeordneter Kley/ Forker)
833
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 35 (Abgeordneter Graner) S. 35 f. (Finzelberg).
152
HRH, diese sei mit lediglich zwei beschäftigten Mitarbeitern ein kleiner Arbeitgeber und
habe sich nicht an Sponsoring beteiligt.834
Im Vorfeld eines Gesprächs zwischen den Zeugen Pleye, Finzelberg, Forker, Neumann
und Herrn Möller-Lindenhof am 6. März 2008 habe sich der Zeuge Finzelberg an das LAGB
gewandt, wegen der Gewässerverunreinigung der SZ im Landkreis Jerichower Land, und
habe um das Gespräch gebeten. In Vorbereitung dieses Gesprächs sei eine Information
vom 5. März 2008 an den Zeugen Pleye gegangen, in der stehe:
„Die Überprüfung des Tontagebaus Vehlitz hat ergeben, dass gegenwärtig keine
Anhaltspunkte bestehen, die einen Verdacht erhärten könnten, dass gegen die
bestehende Sonderbetriebsplanzulassung verstoßen worden sei.“
Auf die Frage, wer in der Regel diese Überprüfungen durchführe, bevor solche Gespräche
stattfänden, erläuterte der Zeuge Forker, dass seitens des Landkreises dargelegt worden
sei, dass hinsichtlich des Entsorgungsnachweises keine Bedenken und keine
Überschreitungen bestehen.835
Zu einem Schreiben vom 5. März 2008, von Frau Erasmi (Ministerium für Wirtschaft und
Arbeit) erstellt und dem Zeugen Dr. Lühr unterzeichnet, gerichtet an den Zeugen Pleye:
„Der Verdacht auf illegale Entsorgung von Abfällen in den Tongruben konnte sich nicht
bestätigen.“
erklärte der Zeuge Dr. Lühr, es handle sich um ein Schreiben zur Vorbereitung eines
Gespräches mit dem Landrat Finzelberg im Ministerium für Wirtschaft und Arbeit. Dort sei
es um die Grube in Vehlitz und die anstehende Umstellung der Bescheide gegangen.
Soweit der Zeuge Dr. Lühr die Informationen im Nachgang bekommen habe, er selbst sei
bei dem Gespräch nicht anwesend gewesen, sei festzustellen gewesen, dass der Landrat
sein Interesse für diesen wirtschaftlichen Faktor, für dieses Unternehmen gegenüber dem
Staatssekretär und dem zuständigen Präsidenten des Landesamtes zum Ausdruck
gebracht habe nach dem Motto, dass man die Umstellungen auch ordentlich im Interesse
des Unternehmens betrachte.836
Im Rahmen des Gespräches sei besprochen worden, dass man einen bestimmten Teil
herausnehmen
könne.
Dazu
sei
ein
entsprechendes
abfallrechtliches
Planfeststellungsverfahren zu führen gewesen. Der Unternehmer hätte einen Antrag
stellen, einen Plan einreichen und dies durchführen müssen. Damit wäre dies aus der
Bergaufsicht heraus und zuständige Behörde wäre dann der Landkreis gewesen. Nach den
Ereignissen und der Sendung „Frontal 21“ habe das Thema jedoch nicht mehr auf der
Agenda gestanden.837
834
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 51 (Abgeordneter Kley/ Redeker)
835
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 67 f. (Abgeordneter Stadelmann/ Forker)
836
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4.
Dezember 2009, S. 43 ff. (Abgeordnete Rogée/ Dr. Lühr)
837
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 67 f. (Abgeordneter Stadelmann/ Forker); Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des
Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16. April 2010, S. 96 (Pleye); Niederschrift über die 17. öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Dezember 2009, S. 43 ff.
(Abgeordnete Rogée/ Dr. Lühr)
153
cc.
Die teilweise Rücknahme der Zulassung zum Sonderbetriebsplan
Rücknahmeentscheidung, Verantwortung
Mit Bescheid vom 11. März 2008 nahm das LAGB die Sonderbetriebsplanzulassung der SZ
vom 5. März 2004 mit Wirkung für die Zukunft teilweise zurück.838 Am 12. März 2008 sei die
Anordnung der sofortigen Vollziehung ergangen.839
Der Zeuge Forker vertrat die Auffassung, man hätte zwar vielleicht dieses und jenes etwas
eher durchführen können. Entscheidend aber sei, dass man im Bereich des Vollzugs am
Ende auch tätig geworden sei.840 Er führte weiter aus, es habe unter anderem wegen des
Bestandsschutzes
Bedenken
gegeben,
den
unbefristeten
Sonderbetriebsplan
zurückzunehmen oder teilweise zurückzunehmen. Sie hätten es trotzdem durchgeführt.
Das Verfahren habe beispielgebend für die anderen unbefristeten Umstellungen
durchgezogen werden sollen.841
Auf die Frage, in wessen Verantwortung abgewogen worden sei, ob die Rücknahme des
Betriebsplanes oder die Änderung des Betriebsplanes nach § 56 BBergG erfolgen sollte,
antwortete der Zeuge Pleye, das sei eine Entscheidung des LAGB gewesen. Nachdem die
Ergebnisse vom LAU von der Probennahme 2007 vorgelegen haben, sei ein Bescheid
erstellt und eine Anhörung durchgeführt worden. Das LAGB habe die
Tatbestandsanforderungen in § 56 BBergG gesehen und dass die wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit des Unternehmens berücksichtigt werden müsse, und habe das als
Risiko eingeschätzt. Das LAGB habe daraufhin die Entscheidung getroffen, dass eine
Rücknahme nach § 48 VwVfG erfolge.842
Der Zeuge Esters legte dar, dass sie in ihrer ersten Entscheidung unter dem Druck und der
Erwartung der Öffentlichkeit über das Fernsehen zum schärfsten Mittel gegriffen hätten. Sie
hätten die Sonderbetriebsplanzulassung von 2003 in Teilen für rechtswidrig erklärt. Das sei
nach seiner Auffassung das schärfste Mittel, zu dem ein verantwortliches Amt habe greifen
können.843
Auf Vorhalt einer Bewertung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Magdeburg durch
das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, worin eingeschätzt werde, dass der Weg
über § 56 BBergG deutlich vielversprechender gewesen wäre, antwortete der Zeuge Dr.
Lühr, er sei in die rechtliche Entscheidung nicht eingebunden gewesen. Zunächst sei dafür
838
Vgl. auch Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 4. Juni 2010, S. 37 (Vorsitzende Hunger/ Dr. Haseloff)
839
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 86 (Pleye)
840
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 70 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Forker)
841
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 58 (Forker)
842
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 99 (Vorsitzende Hunger/ Pleye)
843
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 86 (Esters)
154
die unmittelbar handelnde Behörde zuständig gewesen, gegebenenfalls in Absprache mit
der Fachaufsicht.844 Zur unterlassenen Beteiligung des Ministeriums für Landwirtschaft und
Umwelt sagte der Zeuge, wenn es darum gehe, kurzfristig weitere Einlagerungen zu
verhindern, müsse die handelnde Behörde tätig werden, und das sei das LAGB. Im
Nachgang hätten sie den interministeriellen Arbeitskreis eingeführt, in dem all diese Sachen
kontinuierlich mit dem Umweltressort gemeinsam begleitet werden. Aber in besagtem Fall
habe schnell gehandelt werden müssen.845
Verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, Folgerungen
Der Zeuge Pleye legte hinsichtlich der erteilten Erlaubnisse und der Rücknahme der
Genehmigung dar, dass das Verwaltungsgericht Magdeburg den Bescheid des LAGB mit
seinem Beschluss vom 9. April 2008 aufgehoben habe, mit der Begründung, dass die
Zulassung des Sonderbetriebsplanes zur Verfüllung des Tontagebaus Vehlitz nicht
rechtswidrig
gewesen
sei,
dass
eine
Verletzung
von
Vorschriften
des
Bundesbodenschutzgesetzes und der Bundesbodenschutzverordnung nicht vorliege, und
dass insbesondere § 12 BBodSchV nur Anforderungen an die Herstellung einer
durchwurzelbaren Bodenschicht stelle, keine Regelungen für das Verfüllmaterial unterhalb
einer durchwurzelbaren Bodenschicht enthalte und zudem technische Regeln der LAGA
nach
dem
Stand
6. November
2003
keine
normenkonkretisierenden
Verwaltungsvorschriften darstellen, sondern lediglich Sachverständigenempfehlungen
enthalten.
Das Oberverwaltungsgericht sei dann in seinem Beschluss darauf eingegangen, dass § 56
BBergG die speziellere Regelung sei und dass die Teilrücknahme oder die Rücknahme, die
erklärt worden sei, in dem Umfang doch recht erheblich gewesen sei und deswegen
möglicherweise nach § 56 BBergG begründet werden könne. Es verweise darauf, dass die
genannten Voraussetzungen zu betrachten seien, insbesondere die wirtschaftliche
Vertretbarkeit und die Erfüllbarkeit nach den Regeln der Technik.846
Zum Bestandsschutz führte der Zeuge Sladek aus, nach der Rechtsprechung des
Verwaltungsgerichtes Magdeburg hätten sie im Falle einer Änderung des Betriebsplanes §
56 Abs. 3 BBergG zu beachten. Danach sei eine nachträgliche Änderung eines
Betriebsplanes nur dann zulässig, wenn sie für den Unternehmer und für Einrichtungen der
von ihm betriebenen Art wirtschaftlich vertretbar sei. Es sei aber zu unterscheiden zwischen
dem, was betriebsplanmäßig zugelassen und dem, was tatsächlich in die Tagebaue
gelangt sei. Die letzte Sonderbetriebsplanzulassung für die Verfüllung des Tontagebaus
Möckern habe eine Begrenzung von 5 % TOC festgeschrieben. Nach heutigen
Erkenntnissen sei es höchst zweifelhaft, ob diese Begrenzung eingehalten worden sei.
Für den Tontagebau Vehlitz gelte Ähnliches. Auch wenn der Sonderbetriebsplan keine
ausdrückliche TOC-Begrenzung enthalten habe und das Verwaltungsgericht im
Eilverfahren in seiner Entscheidung vom 18. April 2008 noch eine weitere Begrenzung für
844
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4.
Dezember 2009, S. 39 (Vorsitzende Hunger/ Dr. Lühr)
845
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4.
Dezember 2009, S. 39 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Lühr)
846
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 88 (Pleye), vgl. auch S. 97 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Pleye)
155
unzulässig erklärt habe, so sei doch darauf hinzuweisen, dass der Unternehmer
mineralische Stoffe beantragt habe. Die entsprechende Zulassung schließe eine
Verbringung von hochorganischen Stoffen aus. Die Hauptsacheverfahren würden noch
ausstehen.847
Die Zeugen Becker und Berthold äußerten, dass die Entscheidung des
Verwaltungsgerichtes Magdeburg zeige, dass die Genehmigung des Sonderbetriebsplanes
für den Tontagebau Vehlitz rechtmäßig sei.848 Das Verwaltungsgericht Magdeburg sei in
seinem Beschluss zu der Auffassung gelangt, dass die Zulassung des
Sonderbetriebsplanes vom 5. März 2004 zur Verfüllung des Tontagebaues Vehlitz nicht
rechtswidrig sei und eine Verletzung von Rechtsvorschriften des BBodSchG und der
BBodSchV nicht vorliege.849 Die von dem LAGB eingelegte Beschwerde hätte das
Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 18. August 2008 zurückgewiesen und somit die
Auffassung des Verwaltungsgerichtes Magdeburg bestätigt. Es sei festgestellt worden,
dass insbesondere die LAGA keine rechtsverbindliche Geltung besitze und es dem
Oberverwaltungsgericht zweifelhaft erscheine, ob die Einhaltung der LAGA-Mitteilung M 20
zur Einhaltung der in § 55 BBergG geregelten gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen
erforderlich sei.850
Nach Aussage des Zeugen Dr. Klamser treffe das BBodSchG Regelungen für die
durchwurzelbare Bodenschicht. Auch das Tongrubenurteil ziele darauf ab, dass die
Vorsorgegrenzwerte in der durchwurzelbaren Bodenschicht im unmittelbar betroffenen
Bergbaugrundstück einzuhalten seien. Es gebe aber den Referentenentwurf des
Bundesumweltministeriums vom 14. November 2007. Darin heiße es eindeutig:
„Explizite Regelungen für das Einbringen von Materialien außerhalb oder unterhalb
durchwurzelbarer Bodenschicht fehlen jedoch derzeit.“851
Es sei heute so, dass höher belastete Materialien eingebracht werden können. Nach dem
Referentenentwurf soll dies auch weiterhin möglich sein:
„Unbeschadet dessen bleibt aber auch der Einbau höher belasteter Materialien […]
weiterhin möglich […] bedarf allerdings auf den jeweiligen Einzelfall zugeschnitten
entweder der vorherigen wasserrechtlichen Genehmigung oder aber entsprechender
technischer Sicherungsmaßnahmen in Absprache mit der jeweils für die
Verfüllüberwachung zuständigen Behörde nach Berg- oder Abgrabungsrecht der
Länder.“852
847
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 89 f. (Sladek)
848
Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. September 2008, S. 56 (Becker); Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 7. November 2008, S. 51 (Berthold)
849
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 51 (Berthold)
850
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 53 (Berthold)
851
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
März 2009, S. 31 f. (Dr. Klamser)
852
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
März 2009, S. 32 (Dr. Klamser)
156
Es sei die Frage, ob diese Vorsorgewerte unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht
unmittelbar geltendes Recht seien. Dazu hätten sich nach seiner, des Zeugen Dr.
Klamsers, Auffassung die Verwaltungsgerichte in zwei Instanzen in Sachsen-Anhalt
geäußert.853
Der Zeuge Pleye erklärte zu der Frage, ob eine Übergangslösung in Sachsen-Anhalt in
Betracht gezogen worden sei, da nicht zu erwarten sei, dass ein § 12a BBodSchV und eine
Ersatzbaustoffverordnung in diesem Jahr vom Bund beschlossen werden würden, es gebe
seit Februar 2007 eine Regelung des LAGB und diese Verfügung definiere die
Verwaltungspraxis.854 Es sei, so setzte der Zeuge Pleye fort, eine Regelung des
Verwaltungshandelns, im Sinne einer Selbstbindung der Verwaltung. Das
Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht hätten in ihren Beschlüssen
festgehalten, dass die LAGA M 20 keine ausreichende Rechtsqualität habe und dass es
keine Regelung für den Bereich unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht gebe. Für
die durchwurzelbare Bodenschicht gelte § 12 BBodSchV. Für den Bereich darunter gebe es
im Entwurf eine Regelung für einen § 12a Bundesbodenschutzverordnung. Das
Bundesbodenschutzgesetz
enthalte
eine
Verordnungsermächtigung.
Der
Bundesgesetzgeber könne also durch Verordnung regeln, dass in bestimmten Bereichen
bestimmte Anforderungen definiert werden. Das habe er mit § 12 BBodSchV für die
durchwurzelbare Bodenschicht getan. Für die Schicht darunter noch nicht. Der
Bundesgesetzgeber habe einen Entwurf erstellt und somit deutlich gemacht, dass er an
einer Regelung für diesen Bereich arbeite. Deshalb sehe er hier jetzt in diesem
Zusammenhang keine Regelungskompetenz des Landes.855
853
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
März 2009, S. 32 (Dr. Klamser)
854
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 97 (Abgeordneter Lüderitz/ Pleye)
855
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 98 (Abgeordneter Lüderitz/ Pleye)
157
b.
Zum Tontagebau Möckern
aa.
Hinweise zu Geruchsbelästigungen
Die Zeugin Schmied-Hoboy, Mitglied der Bürgerinitiative, erklärte, Ende 2006/ Anfang 2007
seien von Einwohnern der Stadt Möckern erstmals Gerüche und Geruchsbelästigungen
wahrgenommen worden.856
Der Zeuge Berthold bekundete, der erste Hinweis zum Tontagebau Möckern erfolgte von
einem Herrn Hillmann am 2. Mai 2007. Dieser habe angegeben, dass ein eigenartiger
Geruch an der Straße Möckern - Ladeburg aufgetreten sei. Ein zweiter Hinweis von Herrn
Hillmann sei am 21. Mai 2007 eingegangen. Am 16. Mai hätte es stark, aber nicht
definierbar gerochen, nicht nach Gülle, nicht nach Teichschlamm, nicht natürlich,
gegebenenfalls wie Müll.857 Der Unternehmer sei daraufhin vom LAGB darüber informiert
worden. Am 22. Mai 2007 habe sie der Unternehmer angerufen und ihnen mitgeteilt, dass
er am 21. Mai 2007 keinen Geruch festgestellt hätte, währenddessen am 22. Mai wieder
ein Geruch festzustellen gewesen sei.858
Am 23. Mai 2007 habe sie eine Mitarbeiterin des Landkreises, Frau Bischoff, über die
Meldung einer Bürgerin über Gestank informiert.859
Am 3. Juli 2007 habe Herr Hillmann sich wieder gemeldet. Er sei am 27. Juni 2007 auf der
alten Deponie hinter dem Tagebau gewesen, Wind sei aus Richtung der Straße bzw. des
Tagebaus gekommen und er habe Gerüche festgestellt, die wiederum nicht nach Gülle,
nicht nach Fäkalien gerochen hätten; es wäre kein natürlicher Geruch gewesen.860
Im Rahmen der Befahrungen des Sachbearbeiters des LAGB vom 11. Mai 2007 und 6. Juni
2007 hätten lediglich am 6. Juni 2007 Gerüche wahrgenommen werden können. Eine
genaue Ortung sei nicht möglich gewesen. Es habe zunächst die Vermutung bestanden,
dass die Ursache auf einer außerhalb des Tagebaugeländes befindlichen Altdeponie oder
bei dem in der Nähe befindlichen Teichbiotop zu finden sei. Es sei jedoch veranlasst
worden, dass das Unternehmen messtechnisch untersucht und eine Ursachenforschung
herbeigeführt werde. Auf telefonische Nachfrage habe der Unternehmer erklärt, dass er
registrieren wolle, an welchem Tag, zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Bedingungen
die Gerüche auftreten. Außerdem würden bereits Gespräche mit einem Ingenieurbüro
geführt, welches erste Untersuchungen durchführen würde. Nach Vorlage der Ergebnisse
würde dem LAGB berichtet werden.861
856
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 48 (Schmied-Hoboy)
857
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 60 (Berthold)
858
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 60 (Berthold)
859
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 61 (Berthold)
860
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 61 (Berthold)
861
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 61 (Berthold)
158
Der Zeuge Neumann, angesprochen auf die starke Geruchsbelästigung in der Tongrube
Möckern, teilte mit, er habe an der Tongrube in Möckern nichts gerochen.862
bb.
Die Anzeige vom 5. Oktober 2007, Reaktionen
Nach Aussage der Zeugin Schmied-Hoboy habe es im Oktober 2007 von ihnen die ersten
Anzeigen bezüglich der Tongrube in Möckern gegeben. Sie hätten dort Austritte von
Wässern gesehen, die über den Vorfluter in Richtung Ziepra abflossen seien und die eine
bestimmte Färbung sowie einen tongrubenähnlichen Geruch aufgezeigt hätten.863
Zu diesem Vorgang erklärte der Zeuge Berthold, es sei wegen der Anzeige wegen
Gewässerverunreinigung am 5. Oktober 2007 eine Befahrung erfolgt. Die Polizei hätte nach
der Ursache des Eintritts einer milchigen Flüssigkeit in einem Graben suchend einen
fauligen Geruch auf dem Gelände des Tagebaus festgestellt. Ein Gefahrstoffzug des
Landkreises Jerichower Land hätte Messungen vorgenommen und Wasserproben
genommen. Es sei eine erhöhte Konzentration an Methan und Schwefelwasserstoff
festgestellt worden. Im Rahmen der Gefahrenabwehr sei ein Sofortmaßnahmenkatalog,
Sicherungsmaßnahmen, Warnband, Zaun, Abschaltung der Stromversorgung,
Kennzeichnung des Absperrbereichs und Belehrung des Personals, erfolgt und vom
Unternehmer Messungen und ein Maßnahmenplan gefordert worden.864
Am 11. Oktober 2007 sei nach Aussage des Zeugen Berthold eine weitere Befahrung
durchgeführt worden. Es habe keine milchige Flüssigkeit, keine milchige Verunreinigung
des Wassers an der Einleitstelle mehr festgestellt werden können. Mit dem Unternehmer
sei das weitere Vorgehen festgelegt worden. Aus den Berichten und Messungen eines
beauftragten Labors vom Oktober 2007 sei hervorgegangen, dass keine Gefährdung der
Schutzgüter durch das Wasser und die Ausgasung bestanden habe. Das Unternehmen sei
beauftragt worden, bis zum 30. November 2007 einen Bericht zu den Ursachen und zu
mittel- und langfristig geplanten Maßnahmen zu erstellen.865
Am 25. Oktober 2007 sei dazu eine Rastermessung durch ein Fachlabor über die gesamte
Fläche des Tagebaus erfolgt. Vorher sei am 15. Oktober durch die Polizei eine nochmalige
Messung des Wassers und der Ausgasung mit einem Großaufgebot von 17 Personen in
Anwesenheit des Staatsanwalts durchgeführt worden. Über den Einsatz sei keine
Information an das LAGB erfolgt. Die Ergebnisse seien dem LAGB nicht mitgeteilt
worden.866
Das Unternehmen habe dann, am 20. Dezember 2007, einen Untersuchungsbericht der
LUS GmbH, eines vielfach auch von der Staatsanwaltschaft beauftragten Labors,
vorgelegt, der Ursachen und eingeleitete Maßnahmen beinhaltet habe. Beigefügt sei des
862
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 48, 49, 50 (Schmied-Hoboy)
863
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 48 (Schmied-Hoboy)
864
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 61 (Berthold)
865
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 61 (Berthold)
866
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 61 (Berthold)
159
Weiteren ein Gutachten der Gesellschaft für Umweltmeßtechnik, Meßtechnik und Analytik
mbH (GUMA GmbH) Schwedt gewesen.867
Durch die SZ sei nach Aufforderung durch das LAGB ein über sofortige
Gefahrenabwehrmaßnahmen hinausgehender Mess- und Maßnahmenplan, der zur
Ursachenfindung und -abstellung führen sollte, aufgestellt und beigefügt worden. Die
Maßnahmen - so seien sich die Fachleute der LUS GmbH, der Öko Control und der GUMA
GmbH einig gewesen - seien geeignet, die vorgefundenen Immissionen zu minimieren und
die Ausgasungsproblematik in den Griff zu bekommen, so der Zeuge Berthold. Als Ursache
der Ausgasungen seien organische Inhaltstoffe im abgeschlossenen Verfüllbereich
gesehen worden, deren Einbringen ebenso wie in Vehlitz von dem Sonderbetriebsplan
nicht umfasst gewesen sei.868
Die Einschätzung zum Maßnahmenplan sei vom LAGB geteilt worden. Insbesondere ein
Betreten Unbefugter sei durch die Einfriedung des Tagebaus, den vorhandenen
eingezäunten, abgesperrten Eingangsbereich und die zusätzlich abgesperrten und
gekennzeichneten Bereiche aus Sicht des LAGB nicht zu befürchten gewesen. 869
Ende 2007 seien im Kreistag Jerichower Land Anfragen von Bürgern gestellt worden,
weitere am 22. Januar 2008. Es seien kontinuierlich Anfragen aus der Bürgerschaft an den
Kreistag gerichtet worden. Nach Bekunden der Zeugin Schmied-Hoboy seien ihre auf drei
nacheinander folgenden Kreistagen gestellten Fragen bezüglich der Tongruben immer mit
dem Hinweis unbeantwortet geblieben, dafür sei der Kreistag nicht zuständig.870
Die Zeugin Schmied-Hoboy berichtete weiter, es habe am 10. Januar 2008 eine
Einwohnerversammlung stattgefunden, die vom Bürgermeister der Gemeinde Ladeburg
einberufen worden sei. Hintergrund sei der Unmut in den umliegenden Gemeinden über
den erhöhten Lkw-Verkehr, auch nachts, und deswegen stark verschmutzter Straßen und
Hauswände, über kaputtes und schmutziges Mauerwerk gewesen. Diese
Einwohnerversammlung sei, so führte die Zeugin Schmied-Hoboy aus, Ursprung des
Ärgernisses der gesamten Bevölkerung gewesen. Der damalige Geschäftsführer Stefan
Strohm habe Erläuterungen zu den Vorhaben der Ziegeleibetreiber betreffend die
Bewilligungsfelder 1 und 2 zwischen Vehlitz und Ladeburg gegeben. Daraufhin habe es mit
dem Gemeinderat und Herrn Strohm eine Vor-Ort-Begehung gegeben. Von ihm sei
geäußert worden: Wenn das so ist, dann ist das jetzt eben so, und darauf könne man keine
Rücksicht nehmen.871
cc.
867
Die Messungen vom 2. bis 6. Februar und 19. März 2008
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 62 (Berthold)
868
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 62 (Berthold), auch zu Details des Mess- und Maßnahmenplanes
869
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 62 (Berthold)
870
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 52 (Schmied-Hoboy)
871
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 50 (Schmied-Hoboy)
160
Am 2. Februar 2008, so der Zeuge Berthold, habe es wiederum einen Einsatz von Polizei
und Landkreis gegeben. Das LAGB sei über diesen Einsatz im Vorfeld erneut nicht
informiert worden. Hier sei die Messung an einem anderen Kontrollschacht und an einer
Entwässerungsleitung vorgenommen worden. Es seien verschiedene Messwerte registriert
worden, zum einen Schwefelwasserstoffe und zum anderen Blausäure.872
Am 4. Februar 2008 sei das LAGB von der zuständigen Staatanwaltschaft mündlich über
die Ergebnisse der Messungen informiert worden, ohne dass Genaueres habe bekannt
gegeben werden können; weitere Informationen wären von der Polizei oder vom Landkreis
zu erhalten. Trotz intensiver Bemühungen des Zeugen Berthold habe er am 4. Februar
2008 keine aussagekräftigen Ansprechpartner erreichen können.873
Am 5. Februar 2008 sei das LAGB vom Landkreis Jerichower Land über den Sachverhalt
informiert worden. Am 6. Februar 2008 sei auf Initiative des LAGB ein Vororttermin erfolgt.
An diesem habe der zuständige Staatsanwalt, die Polizei, Vertreter des Landkreises, des
LAGB, der Gemeinde und der SZ teilgenommen. Ziel sei es gewesen, vor allem
aufgetretene Informationsdefizite zu beseitigen, um die Zusammenarbeit effektiver zu
gestalten. Außerdem sei durch die anwesende Polizei der Einsatz vom 2. Februar 2008
erläutert worden.874
Nachmessungen des Unternehmers vom 6. Februar 2008 hätten keine Bestätigung des
Verdachts des Auftretens von Blausäurekonzentrationen ergeben, während für Methan und
Schwefelwasserstoff Konzentrationen in bekannten Größen festgestellt worden seien. Alle
durchgeführten Gasmessungen außerhalb des Tagebaugeländes unmittelbar an der
Landstraße im Bereich des Werktores hätten ergeben, dass keine Gefährdung von
Schutzgütern zu besorgen sei. Das Mess- und Maßnahmenprogramm sei weiterhin als
ausreichend erachtet worden, um diesbezügliche Gefahren auszuschließen.875
Zu den Vorgängen vom 2. bis 6. Februar 2006 machte die Zeugin Schmied-Hoboy folgende
Angaben:
Am 2. Februar 2008 habe sie an der Tongrube Möckern eine Kontaminierung des
Fließgewässers wahrgenommen, woraufhin sie die Polizei schon das zweite Mal informiert
habe. Die Polizei habe noch am Nachmittag den Gefahrenabwehrzug angefordert. Die
Feuerwehrleute hätten gezielt an auf der Tongrube befindlichen Messstutzen Proben
genommen und Protokolle geschrieben und am 3. Februar 2008 die Messungen in
ähnlicher Art und Weise mit denselben Messgeräten wiederholt.
Eine weitere Messung auf der Tongrube sei am 6. Februar 2008 erfolgt. Hier sei die Zeugin
selbst nicht zugegen gewesen. Im Rahmen der Amtshilfe hätten zwei Mitarbeiter des LAGB
872
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 62 (Berthold)
873
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 62 (Berthold)
874
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 62 f. (Berthold)
875
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 63 (Berthold)
161
um Unterstützung gebeten. Deren Messungen hätten anscheinend nichts gebracht,
weswegen dann wiederum die Feuerwehr die Messungen vorgenommen habe.876
Die Zeugin berichtete weiter von einer Messung am 19. März 2008. Dazu bezog sich die
Zeugin auf eine E-Mail von Herrn Halbach, einem Mitarbeiter des ZDF-Frontal-Teams:
„Das eigentlich Skandalöse aber ist, dass das wichtige Messprotokoll der Feuerwehr
vom 19.03.2008 nach wie vor vom Landrat Finzelberg unterdrückt wird. Wir haben
schriftliche Mitteilungen vom Wirtschafts- und vom Innenministerium, dass selbst
ihnen dieses Messprotokoll vom Landrat leider nicht herausgegeben wurde. Dieses
Messprotokoll könnte sehr wohl geeignet sein, den von der Feuerwehr gemessenen
Wert von 30 ppm Blausäure zu bestätigen; denn die Feuerwehr hat schon bei ihrer
Messung am 2. Februar 2008 mit zwei verschiedenen Dräger-Messgeräten die
Blausäure festgestellt [...].“
Auf die Frage des Frontal-Teams, was denn drin gestanden habe, zitierte die Zeugin
Schmied-Hoboy die Begründung des Landrates:
„Die Beantwortung Ihrer Frage kommt meiner Übersendung des Messprotokolls
gleich. Aus bekannten Gründen können wir Ihnen diese Fragen nicht beantworten.“
Auffällig sei gewesen, so die Zeugin, dass die ersten beiden Messungen noch im Zuge der
vorhandenen Messpunkte auf der Tongrube vollzogen worden seien, dass aber zum 19.
März 2008 diese Messpunkte schon entfernt gewesen seien. Auf ihre Frage an den Zeugen
Esters auf einer Veranstaltung, ob er wisse, dass es diese Messpunkte nicht mehr gebe,
habe er geantwortet, sie seien auf sein Geheiß entfernt worden, weil er sie für zu gefährlich
empfunden habe.877 Sie habe daraufhin bei der Kriminalpolizei nachgefragt, sie habe aber
keine Antwort bekommen.878
Am 9. März 2008 sei eine Anzeige wegen Gewässerverunreinigung durch den Verein für
die Erhaltung der Umwelt und der Lebensqualität e. V. aus Möckern gegen Unbekannt
erfolgt.879
Der Ortschaftsrat Ladeburg habe sich am 12. März 2008 erstmalig mit Anfragen der
Bürgerschaft auseinandersetzen müssen: Wie geht die Gemeinde mit der aktuellen
Situation um die Tongruben um? Der stellvertretende Bürgermeister, Herr Hobohm, habe
eine Stellungnahme des Gemeinderates verlesen, welche bereits vor zehn Jahren
abgegeben worden sei, in der sich der Gemeinderat ausdrücklich gegen die Vorhaben der
SZ ausgesprochen habe.880
876
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 53 f. (Schmied-Hoboy), vgl. auch S. 58 (Abgeordnete Rogée/ Schmied-Hoboy) und S. 60
(Abgeordneter Rosmeisl/ Schmied-Hoboy)
877
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 54 (Schmied-Hoboy)
878
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 50 (Schmied-Hoboy)
879
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 52 (Schmied-Hoboy)
880
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 51 (Schmied-Hoboy)
162
Am 12. März 2008 wurde von der Zeugin Schmied-Hoboy eine Anzeige wegen Beleidigung
gegen den Landrat Herrn Finzelberg erhoben. Hierzu führte die Zeugin Schmied-Hoboy
aus, er habe in der öffentlichen Sitzung des Kreistages gesagt, diese Person (die Zeugin)
sei ihm bekannt. Er habe dann ihren Namen dreimal genannt und vor versammelter
Mannschaft erklärt, dass es mittlerweile ihr persönliches Hobby sei, ständig die Feuerwehr
herauszurufen und die Einsatzkräfte in Alarmbereitschaft zu halten. Auf ihre eigentliche
Frage sei nicht geantwortet worden.881
dd.
Handlungen der Bürgerinitiative
Am 10. April 2008, so die Zeugin Schmied-Hoboy, habe sich die „Bürgerinitiative Ladeburg
für den Erhalt unserer Lebensqualität und Lebensgrundlagen gegen als Tongruben
getarnte Mülldeponien“ gegründet. Es sei die Gründung der Bürgerinitiative in Vehlitz, einer
Bürgerinitiative der Stadt Möckern und einer Vehlitzer Umweltinitiative gefolgt. Weitere
Bürgerinitiativen befänden sich in Gründung, ihres Wissens in Wallwitz und in Prödel.882
Die Zeugin Osse legte dar, dass Anfragen der Bürgerinitiative vom Landkreis Jerichower
Land sehr ernst genommen worden seien. Sie hätten zum Beispiel der Bürgerinitiative
Ladeburg im Mai 2008 Akteneinsicht gewährt, mit den Mitgliedern der Bürgerinitiative das
Gespräch gesucht, um einen Informationsaustausch vorzunehmen. Direkten Kontakt habe
sie persönlich nur zu dieser Bürgerinitiative gehabt und nicht zu anderen, die Beschwerden
eingereicht haben.883
Die Bürgerinitiative sei nach Aussage des Zeugen Girke tätig geworden, indem Sie
entweder direkt mit schriftlichen Fragen an den Landkreis Jerichower Land herangetreten
sei oder die Möglichkeiten des Kreistages genutzt habe. Der Landkreis Jerichower Land
habe diese Fragen entweder schriftlich oder mündlich im Kreistag insoweit beantwortet, als
sie dazu in der Lage gewesen seien. Sie hätten an einer Veranstaltung, die das Bergamt in
Möckern für die Bürgerinitiativen getätigt habe, teilgenommen.884 Des Weiteren seien sie
auch bei einer Informationsveranstaltung in der Gemeinde Vehlitz anwesend gewesen, auf
der aber das Bergamt primär seine Zuständigkeiten und seine Rechtsauffassung dargestellt
habe. Der Landkreis Jerichower Land habe der Bürgerinitiative Akteneinsicht in seine Akten
gewährt.885
Bereits am 3. April 2008 habe die Bürgerinitiative gemeinsam mit Frau Undine Kurth einen
Brief an den Zeugen Dr. Haseloff verfasst. Es sei das Ergebnis einer Informationsrunde mit
881
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 55 (Schmied-Hoboy)
882
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 49 (Schmied-Hoboy)
883
Niederschrift über die 3. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. September 2008, S. 21 f. (Vorsitzende Hunger/ Osse), zum Zeitpunkt der Akteneinsicht vergleiche S. 25
(Abgeordnete Rogée/ Osse)
884
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 37 (Girke)
885
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 37, 42 (Girke)
163
den Bürgerinitiativen gewesen. In dem Schreiben sei die Bitte um Berücksichtigung der von
den Betroffenen eingebrachten Einwände und Hinweise formuliert worden.886
Am 29. April 2008 habe es eine Bürgerinformationsveranstaltung mit dem Ministerium für
Wirtschaft und Arbeit und dem Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt sowie dem
Zeugen Esters vom LAGB im Feuerwehrgerätehaus in Vehlitz gegeben. Es seien
Ausführungen zu den ersten Einsätzen in den Tongruben erfolgt und erklärt worden, was
man dort vorfinde und wie man damit umgehen wolle.887
Am 6. Mai 2008 sei der Bürgerinitiative Unterlageneinsicht in Genthin durch den Landkreis
Jerichower Land angeboten worden. Diese sei im Beisein des Landrates erfolgt.888
Am 23. September 2008 sei eine Strafanzeige durch Herrn Unger bei der Polizeidirektion
Nord wegen Insolvenzverschleppung erhoben worden.889 Dieser, so die Zeugin SchmiedHoboy, habe nach einer Stadtratssitzung am 23. September 2008 in Möckern mit zwei
anderen Stadträten auf dem Treppenabsatz gestanden, als der Bürgermeister von
Möckern, Herr von Holly, die Bemerkung gemacht habe: „Ihr mit eurem Müll! Im Oktober ist
sowieso alles erledigt!“890 Wenige Wochen später habe die SZ Insolvenz angemeldet. Für
die Bürgerinitiative habe sich die Frage gestellt, wie man damals schon habe wissen
können, was eigentlich erst 14 Tage später geschehen sei.
Am 2. Januar 2009 habe es eine Strafanzeige durch Herrn Unger gegen den Zeugen
Finzelberg wegen verleumderischer Beleidigung, unter anderem auf dem Kreistag
Jerichower Land am 17. Dezember 2008, gegeben; im Juli 2009 eine Anzeige gegen den
Zeugen Finzelberg und den Zeugen Girke wegen falscher uneidlicher Aussage.891
Am 4. Juni 2009 habe die Freie Fraktion zum Stadtrat einen Antrag zur SZ gestellt. Dieser
sei an das LAGB weitergeleitet und am 5. August 2009 beantwortet worden. Der Stadtrat
selbst habe die Fragen nicht beantwortet.892
Am 3. August 2009 habe sich die Bürgerinitiative in einem offenen Brief an den
Ministerpräsidenten gewandt. Darin sei die Bitte um eine Regierungserklärung zum Stand
der Untersuchungen zum Müllskandal und zu den Perspektiven ihrer Region erfolgt.893
Der Zeuge Berthold bekundete, dass Anfragen von der Bürgerinitiative ihm selbst nicht
vorgelegen hätten, sondern nur über den Landkreis erfolgt seien.894 Zur Kooperation mit
886
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 53 (Schmied-Hoboy)
887
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 50 (Schmied-Hoboy)
888
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 50 f. (Schmied-Hoboy)
889
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 52 (Schmied-Hoboy)
890
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 55 (Schmied-Hoboy)
891
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 52 f. (Schmied-Hoboy)
892
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 51 f. (Schmied-Hoboy)
893
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 53 (Schmied-Hoboy)
164
dem LAGB führte die Zeugin Schmied-Hoboy aus, es habe seitens des LAGB die
Bereitschaft bestanden, Gespräche mit den Bürgerinitiativen zu führen. Es habe
Gesprächsrunden in Vehlitz und Möckern gegeben. Es sei ihnen der aktuelle Stand aus
Sicht des LAGB mitgeteilt worden. Über Maßnahmen zur Gefahrenabwehr würden sie
vorab nicht informiert werden. Sie habe aber das Angebot des Zeugen Esters
angenommen und an einer öffentlichen Arbeitsbegehung teilgenommen, die auf den
Tongruben in Vehlitz und Möckern mittwochs stattfinden. Die Anrufe bei der Hotline (des
LAGB) hätten nicht gut funktioniert.895
Hinsichtlich der Erledigung der Anzeigen durch die Polizei schilderte die Zeugin SchmiedHoboy, sie habe schon ein wenig hartnäckig bleiben müssen, damit die Kollegen vor Ort
kommen.896 Die Staatsanwaltschaft habe nicht mit ihnen gesprochen.897
c.
Maßnahmen hinsichtlich der BImSch-Anlagen
Zu der Mischanlage in Vehlitz führte der Zeuge Neumann aus, dass der Abfall 19 12 12
ursprünglich nicht Bestandteil der Genehmigung gewesen sei.898 Im Nachgang sei über
eine entsprechende Anzeige der Betreiberin nach § 15 BImSchG - damals noch durch die
BHT - beantragt worden, ihn in die Anlage aufzunehmen und zu behandeln.899 Es sei dann
so gestaltet worden, dass der Abfall 19 12 12 für die Mischanlage nur dann zugelassen
werde, wenn der Betreiber in seiner Anzeige erkläre, nur 19 12 12 anzunehmen, der die
Werte 1 % TOC, 5 % Glühverlust und 75 mg PAK einhalte.900
Der Zeuge Berthold sagte aus, dass aus seiner Sicht der Verdacht bestehe, dass es in den
BImSch-Anlagen in Vehlitz und Rietzel entgegen der bestehenden Genehmigungsklausel
zu einer unzulässigen Vermischung bzw. Herstellung eines Verfüllguts aus geschredderten
hausmüllähnlichen Siedlungs- und Gewerbeabfällen mit einem hohen Organikanteil
gekommen sei, welches dann in den Tagebau eingebracht, bzw. dass aus anderen Lagern
Material mit hohem organischem Anteil angeliefert worden sei, das im Tontagebau
angenommen und eingebaut worden sei.901
Der Zeuge Finzelberg legte dar, er habe im Jahre 2008 auf Weisung des
Landesverwaltungsamtes die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen in Rietzel
(Sortieranlage
und
Bauschuttrecyclinganlage)
und
Vehlitz
(Mischund
894
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 78 (Berthold)
895
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 56 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Schmied-Hoboy), S. 60 (Abgeordneter Rosmeisl/ SchmiedHoboy), vgl. auch S. 59 (Abgeordneter Rosmeisl/ Schmied-Hoboy) zur Hotline
896
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 58 (Abgeordnete Rogée/ Schmied-Hoboy)
897
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
4. Dezember 2009, S. 61 f. (Abgeordnete Rogée/ Schmied-Hoboy)
898
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 21 (Neumann), S. 64 (Berthold)
899
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 21 (Neumann)
900
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7. November 2008, S. 22 f. (Neumann)
901
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 55 (Berthold)
165
Verfestigungsanlage) hinsichtlich der Definition zur Abgrenzung von AVV AS 19 12 09 und
19 12 12 mit nachträglichen Anordnungen geändert. Zu den Anordnungen sei Widerspruch
eingelegt
worden.
Im
Rahmen
der
Widerspruchsbearbeitung
habe
das
Landesverwaltungsamt für die Anlagengenehmigungen Widerspruchsbescheide erlassen,
zu denen Klage eingereicht worden sei.902
Der Zeuge Pleye berichtete, im Herbst des Jahres 2008 sei die Beschlagnahme der
BImSch-Anlage seitens der Staatsanwaltschaft erfolgt, womit eine Sperrung des
Betriebsgeländes verbunden gewesen sei. Ab Frühjahr des Jahres 2009 seien durch die
Staatsanwaltschaft Bohrungen vorgenommen worden. Die letzten beiden Bohrungen in
Vehlitz seien nach Kenntnis des Zeugen in der 13. Kalenderwoche des Jahres 2010
durchgeführt worden. Die Auswertung sei somit noch nicht abgeschlossen. Es könne indes
davon ausgegangen werden, dass insgesamt etwa 1 Million t Material in den beiden
Gruben eingelagert worden seien.903
d.
Sonderkontrollprogramm
Der Zeuge Dörffel bekundete, dass die ihm heute zur Verfügung stehenden Erkenntnisse
für seinen Bereich im Wesentlichen auf ein Sonderkontrollprogramm gestützt seien. Anlass
für das Sonderkontrollprogramm seien Hinweise aus anderen Bundesländern und aus der
Wirtschaft sowie Presseinformationen und in besonderem Maße eigene Erkenntnisse der
Überwachungsbehörden.904
Das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt habe Anfang 2007 eine Kontrolle aller Kiesund Sandgruben zum Stand der Einhaltung der aktuellen Rechtslage und deren Umsetzung
in Sachsen-Anhalt mit Erlass vom 24. März 2006 angewiesen. Im Ergebnis dieser
Kontrollen sei ein ergänzender Erlass des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt
ergangen. Er habe die Anpassung der Genehmigungen zur Verfüllung von Abgrabungen an
die aktuelle Rechtslage, die dieser noch nicht entsprochen haben, gefordert. In diesem
Zusammenhang sei mit der Bergverwaltung vereinbart worden, analog in ihrem
Zuständigkeitsbereich zu verfahren.
Im Auftrag des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt haben im Rahmen dieses
Sonderkontrollprogramms das Landesverwaltungsamt und die Landkreise mit
Unterstützung des LAU von insgesamt ca. 1 200 Anlagen im Zeitraum März/ April 2008
zusätzlich zur Regelüberwachung schwerpunktmäßig 330 Abfallbehandlungsanlagen,
Gruben und Deponien, auffällige Anlagen in der Folge mehrfach, zum Teil mehr als 20-mal,
überprüft.
Als wesentliches Auswahlkriterium für die Anlagen habe, neben den konkreten Hinweisen,
die Behandlung oder Ablagerung solcher Abfallarten, die vorrangig mit der illegalen
902
Niederschrift über die 12. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Mai
2009, S. 12 (Finzelberg)
903
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 86 (Pleye)
904
Vgl. dazu auch Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 4. Juni 2010, S. 55 (Abgeordneter Dr. Thiel/ Dr. Aeikens), (Vorsitzende Hunger/
Dr. Aeikens) zu der Frage, ob durch die Medien ein Handeln oder Kontrollen veranlasst wurden
166
Entsorgung in Zusammenhang gebracht wurden, die Abfallschlüssel 19 12 09 und
19 12 12, gedient.905
Diese enorme Kontrolldichte habe einen hohen und konzentrierten Personalaufwand
erfordert. Zur Verarbeitung der Kontrollergebnisse seien dem Landesverwaltungsamt
zusätzlich fünf Bedienstete befristet zur Verfügung gestellt worden.
In zehn Fällen habe sich der Verdacht bestätigt und es sei illegales Handeln nachgewiesen
worden. Die Mehrzahl der Bescheide sei noch nicht bestandskräftig. Bei den Ermittlungen
sei auch ein Fall illegaler grenzüberschreitender Abfallverbringung aus Italien via Sachsen
festgestellt und verfolgt worden.
Im Rahmen des Sonderkontrollprogramms für 2005 bis 2007 seien in drei Fällen illegale
Ablagerungen nachgewiesen worden, woran sieben Abfallbehandlungsanlagen beteiligt
gewesen seien. Es seien die erforderlichen Verfügungen erlassen worden,
Ordnungswidrigkeitsverfahren durchgeführt oder bei Verdacht auf strafbare Delikte an die
zuständige Staatsanwaltschaft abgegeben worden.906
Der Zeuge Dr. Aeikens legte dar, sie hätten daraufhin ihre Erlasslage geprüft, die nach
Einschätzung ihrer Fachleute ohnehin stringenter sei als in anderen Bundesländern. Sein
Ministerium habe die Fachaufsicht weiter intensiviert. 907
e.
Gasmessungen und Wassermessungen - Bericht 2008
Der Zeuge Thiede stellte dem Ausschuss einen Bericht über Gas- und Wassermessungen
vom 16. Dezember 2008 für die beiden in Rede stehenden Tagebaue vor. 908 Die
Messungen seien auf Anforderung der Staatsanwaltschaft bzw. der Polizeidirektion Nord
vorgenommen worden.909 Sie hätten zu der Erkenntnis geführt, dass es sich bei den
eingebrachten Abfällen nicht um Abfälle mineralischer Art handeln könne. Mineralische
Abfälle besäßen nämlich kein Gasbildungspotenzial; es sei denn, es handle sich um
Hausmüllverbrennungsschlacken, die in größeren Mengen durchaus Wasserstoff bilden
könnten. Eine wesentliche Schlussfolgerung des Berichtes sei, dass das Material nicht in
eine Abgrabung, auf eine Deponie, gehöre.910
Auf die Bemerkung des Abgeordneten Lüderitz, aus dem Bericht vom 16. Dezember 2008
ginge hervor, dass die gemessenen Ergebnisse für Siedlungsabfalldeponien
charakteristisch seien und hinsichtlich Möckern eine recht hohe H2S-Konzentration
905
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 110 (Dörffel)
906
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 110 f. (Dörffel); Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 4. Juni 2010, S. 42 (Dr. Aeikens), S. 50 f. (Abgeordneter Lüderitz/
Dr. Aeikens)
907
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 42 (Dr. Aeikens), S. 51 (Abgeordneter Kley/ Dr. Aeikens) zur Wahrnehmung der Fachaufsicht
908
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 9 f. (Vorsitzende Hunger/ Thiede)
909
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 13 (Abgeordneter Lüderitz/ Thiede)
910
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 10 (Vorsitzende Hunger/ Thiede)
167
festgestellt worden sei911 entgegnete der Zeuge Thiede, der erhöhte H2S-Gehalt könne von
sulfathaltigen Bestandteilen - Bauschutt, Braunkohlenfilteraschen oder eingelagerten
Klärschlämmen - herrühren.912 Die gleiche Situation gebe es in Vehlitz.913
Die unterschiedliche Tiefe der Bohrungen in Vehlitz und Möckern sei darauf
zurückzuführen, dass sie erstens die Höhe der darüber liegenden Tonschicht nicht gekannt
hätten. Zweitens reiche das Bohrgerät bei guten Bedingungen maximal 8 m tief. Gelange
man in den Abfall, werde das Bohren aber sehr erschwert. Drittens genüge es meistens,
durch die Oberflächenabdichtung oder -abdeckung hindurchzustoßen und ein Filterrohr
darunter zu platzieren, weil es einen Gasdruck gäbe, der unterhalb der Tonschicht anstehe.
Sie hätten in bestimmten Bereichen einen sehr hohen Überdruck an diesem besonderen
Standort in Möckern festgestellt. Dort habe es genügt, bis unterhalb der Tonschicht zu
bohren.914
Auf die Frage zu der Gasfassung des Tontagebaues Möckern schilderte der Zeuge Thiede,
der Betreiber habe diese Notlösung initiiert, nachdem dieser festgestellt habe, dass mit Gas
zu rechnen sei, um dieses abzufackeln.915
Zu dem Bericht vom 16. Dezember 2008, in dem es hinsichtlich Vehlitz heißt,
„dass in den meisten Fällen […] eine direkte Gasgefährdung im atmosphärischen
Umgebungsbereich ausgeschlossen werden kann“916
und zu der Frage, ob es einen dreimonatigen Gasabsaugungsversuch geben müsse und
gegeben habe, um die Entwicklung des Gasbildungspotentials in Vehlitz vernünftig
nachweisen zu können, erklärte der Zeuge, darüber sei ihm nichts bekannt. In der
Deponietechnik, der Gasbehandlung und Gasverwertung sei bei Deponien ein so
genannter Gasabsaugversuch üblich, der über ein Vierteljahr laufen müsse. Vehlitz sei
keine Deponie und habe auch nicht den Status einer Deponie.917 Der Zeuge ergänzte, auch
wenn die abgesaugte Gasmenge gering sei, könne man nach einem Absaugversuch
zumindest eine Späterbehandlung ausschließen oder feststellen, dass eine Fackelanlage
aufgebaut werden müsse. Ein Gasabsaugversuch sage etwas über die in Zukunft zu
erwartenden Gasvolumina aus.918
Auf die Frage, ob ein dringender Handlungsbedarf bestehe, um einen Gasaustritt zu
verhindern, erklärte der Zeuge Thiede, es läge hier ein so genannter gewichteter
Konzentrationsmittelwert von 198 ppm vor. Der Richtwert, der für Sachsen-Anhalt
911
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 14 (Abgeordneter Lüderitz)
912
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 14 (Abgeordneter Lüderitz/ Thiede und Vorsitzende Hunger/ Thiede)
913
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 16 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Thiede), vgl. auch S. 25 (Abgeordneter Graner / Thiede)
914
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 14 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Thiede)
915
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 15 (Abgeordneter Lüderitz/ Thiede)
916
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 17 (Abgeordneter Lüderitz)
917
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 17 (Abgeordneter Lüderitz), S. 18 (Thiede)
918
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 18 (Abgeordneter Lüderitz/ Thiede)
168
festgelegt sei, betrage 10 ppm. Dabei hätten sie sich schon aus dem Fenster gelehnt.
Bundesweit gebe es keine Werte. Bei anderen bereits stillgelegten oder noch
stillzulegenden Deponien gebe es Werte von 30 bis 40 ppm. In Sachsen-Anhalt werde,
wenn der Wert kleiner als 10 ppm sei, geprüft, ob die Deponie in die Nachsorge oder aus
der Nachsorge entlassen werden könne. Bei jeder Deponie würde ein Riesenaufwand
betrieben, eine riesige Oberflächenabdichtung durchgeführt und Millionen Euro
aufgewendet, um zum Beispiel den Wert von 40ppm auf 10ppm zu reduzieren. Der hier
vorliegende Wert von 198 ppm sei, verglichen mit anderen Deponien, hoch, da müsse
eigentlich etwas unternommen werden.919
Auf die Frage, wer die im so genannten südlichen Teil des Abbaufeldes II nur notdürftig mit
mineralischem Material vorgenommene Abdeckung veranlasst habe, gab der Zeuge an,
hierzu keine Auskunft geben zu können.920
Nach dem Kenntnisstand des Zeugen Thiede sei auf der Wasser- und auf der Gasseite im
Tontagebau Vehlitz derzeit keine unmittelbare Gefahr im Verzug. Solange Wässer in eine
Hohlform strömen, gebe es einen Wassergradienten. Wenn es im Hohlraum ansteigen
würde und die Wässer miteinander kommunizierten und Stoffe aus dem Abfall austragen
würden, dann sei etwas zu unternehmen.921
Zu einer Textstelle eines Berichtes vom 4. Juni 2009, in dem es hinsichtlich Vehlitz heißt:
„Diese gasförmigen, hochbrennbaren Monomere mit sehr niedrigen Flamm- und
Zündpunkten füllen die Poren und Hohlräume des Abfallkörpers im Umfeld des
verdeckten Brandes und können sehr rasch entflammen, wenn Zündquellen und
Sauerstoff vorhanden sind.“922
erläuterte der Zeuge Thiede, sie hätten an zwei oder drei Messstellen Kohlenmonoxid
gemessen. Kohlenmonoxid entstehe sicherlich in geringen Konzentrationen im
Deponiekörper. Erfahrungen bei Bränden auf Deponien zeigten, dass bestimmte
Kohlenmonoxidkonzentrationen an thermische Vorgänge gekoppelt seien. Es gebe an
manchen Stellen - nicht überall, aber dort, wo sie gemessen hätten - kleine lokale Nester,
die vor sich hindämmern, glimmen. Diese Nester könnten sich vergrößern, wenn man die
Stellen aufbuddelt oder Wasser hinein gebe. Ein Glimmbrand könne gelöscht werden,
indem Sauerstoff entzogen, Erde darüber geschüttet werde.923
Auf die Frage, ob abgedeckt werden müsse, antwortete der Zeuge Thiede, es müsse
entweder abgedeckt werden oder es müsse unter Anwesenheit der Feuerwehr auseinander
gerissen werden. Letzteres sei in Riestedt erfolgt, wo eine wesentlich höhere Konzentration
als in Vehlitz gemessen worden sei.924
919
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 18 (Abgeordneter Lüderitz), S. 19 (Thiede)
920
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 18 (Abgeordneter Lüderitz/ Thiede)
921
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 20 (Thiede)
922
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 22 (Abgeordnete Rogée)
923
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 22 f. (Thiede)
924
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 23 (Vorsitzende Hunger/ Thiede)
169
170
8.
Schlussfolgerungen, Maßnahmen, Kosten, Problemstellungen für Vehlitz und
Möckern
a.
Untersuchungsprogramm/ Aufarbeitung
Nach Aussage des Zeugen Dr. Klamser sei nach den Ereignissen im Februar/ März 2008
ein sehr umfangreiches Untersuchungsprogramm aufgelegt worden.925 Auf Nachfrage,
weshalb damit nicht früher begonnen worden sei, antwortete der Zeuge Dr. Klamser, die
Untersuchungen seien finanziell sehr aufwendig. Letztlich sei die Frage nach der Anzahl
der Kontrollen eine politische.926
Der Zeuge Sladek teilte mit, dass aufgrund einer überaus personal- und kostenintensiven
Beprobung beider Tagebaue, die sowohl die Staatsanwaltschaft als auch das LAGB
veranlasst und auch durchgeführt hätten, und zwar auch unter Inanspruchnahme Externer,
sie heute, im Jahr 2009, wüssten, dass in den beiden Tongruben hauptsächlich
hochorganischer Abfall eingebracht worden sei. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft
seien die Beprobungen aber noch nicht abgeschlossen. Folglich liege noch keine
Auswertung vor. Erst nach deren Vorliegen könnten Sie genaue Auskünfte geben. Für sie
sei jetzt schon erkennbar, dass der bergrechtlich verantwortliche Unternehmer beider
Tongruben, die sich in Insolvenz befindliche SZ, beide Tagebaue mit überaus hoher
Intensität genutzt habe, um dort nicht wie beantragt mineralische, sondern hochorganische
Abfälle zu verbringen.927
Auf die Frage, ob das LAGB analysiert habe, wie es dazu gekommen sei, dass derartig
große Mengen eingelagert werden konnten, die nicht den rechtlichen Vorgaben
entsprochen haben, reagierte der Zeuge Esters, die Frage der Aufarbeitung sei zur Zeit
nicht seine Funktion. Er gehe davon aus, dass die vorgesetzte Behörde die Ergebnisse des
Untersuchungsausschusses und die sonstigen Ermittlungen erst einmal zur Kenntnis
nehme und das sei erstmal nicht das, womit er besonders beauftragt sei.928
b.
Kontrollenverstärkung/ Sofort- und Tiefenkontrollen
Es gebe im Umweltbereich die Schlussfolgerungen, so der Zeuge Girke, dass die
Kontrolldichte erhöht und die Kontrollen intensiviert werden müssen, zum Beispiel bei den
dem Landkreis Jerichower Land zugeordneten Kiesgruben. Dazu sei eine zusätzliche Stelle
geschaffen und eine Fachfrau eingestellt worden. Es seien Kontrollpläne, -rahmen und
-richtlinien aufgestellt worden bzw. sollen noch aufgestellt werden, um die Kontrollen zu
intensivieren.929
925
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
März 2009, S. 44 (Dr. Klamser)
926
Niederschrift über die 10. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
März 2009, S. 44 (Abgeordneter Graner), S. 45 (Dr. Klamser)
927
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 83 f. (Sladek)
928
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 42 (Abgeordneter Kley/ Esters/ Abgeordneter Miesterfeldt)
929
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 37 (Girke)
171
172
Der Zeuge Esters führte aus, sie hätten als Konsequenz umgesetzt, dass die Kontrollen
verstärkt und Tiefenkontrollen durchgeführt worden seien.930 Das widerrechtliche Vorgehen,
das widerrechtliche Ausnutzen von Zulassungen, von Genehmigungen unterschiedlicher
Behörden sei einzig von diesem Unternehmen in Vehlitz und Möckern durchgeführt
worden. Vehlitz und Möckern stünden unter der Aufsicht eines Fachdezernates und die
entsprechenden Untersuchungen seien noch nicht abgeschlossen. Der entsprechende
Sachbearbeiter, der als Inspektor für diese Anlage zuständig gewesen sei, sei immer noch
im Krankenstand.931
Sie hätten die Fachabteilung verstärkt durch eine interne Eigenkontrolle, von der
Bodenkunde seien Kollegen herangezogen worden und durch Fremdaufträge. Das heiße,
so der Zeuge Esters, für die Dinge, die sie nicht selbst erledigen können, weil das Gerät
dazu fehle, hätten sie ein Unternehmen beauftragt. Zudem seien in zwei Durchgängen
nahezu alle Betriebe beprobt worden. Das befinde sich nun in der Auswertung. Im nächsten
Jahr würden sie entscheiden, wie weit sie das fortsetzen. Sie hätten im Einvernehmen mit
dem Landesverwaltungsamt die Braunkohle mit einbezogen. Es seien nach seiner Kenntnis
insgesamt sechs von 76 Gruben auffällig geworden, wobei Vehlitz und Möckern enthalten
seien.932
Der Zeuge Pleye führte aus, im Jahr 2008 seien alle 76 Standorte tiefenbeprobt worden, bis
auf den Grund der Verfüllung. Im Jahr 2009 seien es 20 Prüfungen gewesen. Im Jahr 2010
seien etwa 20 bis 30 Beprobungen vorgesehen.
In den Jahren 2008 und 2009 seien für diese externen Prüfungen etwa 250 000 Euro
aufgewendet worden. Im Jahr 2010 sei mit Kosten von 80 000 bis 100 000 Euro zu
rechnen.933
Auf die Frage, ob der Landkreis als untere Abfallbehörde mit der Aufgabe überfordert
gewesen sei, diese Einrichtungen und Anlagen zu überwachen, insbesondere vor dem
Hintergrund, dass der Landkreis auch Interesse an der Aufrechterhaltung der Arbeitsplätze
habe, sagte der Zeuge Dr. Haseloff aus, es habe in den letzten Jahren bundesweit eine
Tendenz gegeben, nach dem Subsidiaritätsprinzip vieles dezentral und weitestgehend nach
unten zu geben. Bei dem Thema gebe es klar auch Kreise, für die es überhaupt kein
Problem sei und die überschaubare Zahl von Kreisen, die ihre partiellen Schwierigkeiten
haben. Es sei ein dauerhaft notwendiger Diskussionsprozess, den sie führen müssten. Es
sei die Frage zu stellen, ob die Fachkompetenz in dieser Ausgeprägtheit zur Kontrolle von
BImSch-Anlagen in die Zuständigkeit des Strangs über das Ministerium für Landwirtschaft
und Umwelt und das Landesverwaltungsamt auf den Landkreis in jedem Fall gesichert sei.
Zumindest müsse man den Eindruck haben, dass nicht jeder Kreis dazu in der Lage
930
Vgl. dazu auch Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 4. Dezember 2009, S. 28 (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Lühr); Niederschrift über die 20.
- öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16. April 2010, S. 89 f. (Pleye), S.
104 f. (Abgeordnete Rogée/ Pleye)
931
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 42 f. (Esters)
932
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 47(Esters)
933
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 90 (Pleye)
173
gewesen sei. Nun sei es die Frage, ob das eine Nachschulungsproblematik oder eine
Grundsatzfrage sei.934
Der Zeuge Pleye führte aus, dass trotz der vor Ort durchgeführten Kontrollen durch die
Bergaufsicht Verstöße gegen die bergrechtlichen Zulassungen und die Problematik der
bodenmechanischen Ungeeignetheit des Verfüllmaterials nicht erkannt worden seien. Als
Umstände, die zur Begünstigung der Verfüllung der Tagebaue und bodenmechanisch
ungeeigneten und unzulässigen Abfälle beigetragen haben, seien zu nennen, dass die
abfallrechtlichen
und
immissionsschutzrechtlichen
Genehmigungen
für
die
Abfallbehandlungsanlagen ein Aspekt seien, dass diese mit einer sehr hohen Zahl von
Abfallschlüsseln - allein 62 AVV-Schlüssel für die Rezeptur 19 02 03 - versehen gewesen
seien, und dass dies für die Kontrolle nicht erleichternd wirke.
Hinzu komme, dass die Genehmigung der Steigerung der Durchsatzleistung von 50 000 t
auf 400 000 t pro Jahr für die Abfallbehandlungsanlage in Vehlitz im Jahr 2006 und die
Erweiterung des Outputs um Abfälle zur Befestigung von Verkehrsflächen erfolgt sei und
dass dies auch eine gewisse Wirkung gehabt habe.935
Bei der Firma SZ handle es sich um einen zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb. Die
Zertifizierung sei im Februar 2005 erfolgt. Das habe nach Auffassung des Zeugen Pleye
sicherlich auch dazu beigetragen, dass zunächst die Kontrolle im Rahmen des Üblichen
erfolgt sei.936 Auf die Frage, ob es Bestrebungen gebe, mit den Erfahrungen, die in
Sachsen-Anhalt gemacht wurden, die Zertifizierungsverordnung zu überarbeiten, erklärte
der Zeuge Pleye, das sei bisher noch nicht erfolgt, es sei aber zu prüfen. Es sei natürlich
von Bedeutung, dass die Betriebe, die so zertifiziert seien, auch eine entsprechende
Qualität aufweisen. Dies zu verfolgen, dass das auch gewährleistet sei, sei ein Thema.937
c.
Gefahrenabwehr- und Sicherungsmaßnahmen
aa.
Ausgangslage/ Informationen durch die Staatsanwaltschaft
Der Zeuge Esters berichtete, sie hätten 2008 wegen der abschlägigen Gerichtsurteile keine
eigenen Handlungsermächtigungen mehr gehabt. Die Verwaltungsgerichtsurteile hätten die
Unternehmerseite insoweit gestärkt, als es ihnen untersagt worden sei, im Sommer in der
Tongrube Möckern eigene Bohrungen zur Untersuchung der Inhaltsstoffe durchzuführen.
Das in Betrieb genommene Bohrgerät habe wieder zurückgerufen werden müssen.938 Als
Amt seien sie am 10. März 2009 von der Staatsanwaltschaft in einer
Behördenveranstaltung über die von ihr festgestellten Ergebnisse hinsichtlich der
934
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 28 ff. (Abgeordneter Graner/ Dr. Haseloff)
935
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 87 (Pleye)
936
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 87 f. (Pleye); vgl. auch Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 4. Juni 2010, S. 14 f. (Dr. Haseloff)
937
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 98 (Abgeordneter Lüderitz/ Pleye)
938
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 34 (Esters)
174
Gefährdungen für die Tongrube Möckern informiert worden. Bis dahin hätten sie keine
genaue Kenntnis darüber gehabt. Die Grube in Möckern sei von November 2008 bis zu
diesem Zeitpunkt beschlagnahmt gewesen. Seit 10. März 2009 seien sie mit der
Gefahrenabwehr in der Tongrube Möckern beschäftigt gewesen. Das Gleiche gelte
zeitversetzt für die Tongrube Vehlitz.
Ausgangslage sei, so der Zeuge Esters, dass das Sickerwasser dem einer
Siedlungsabfalldeponie entspreche und in höchstem Maße kontaminiert sei. In Möckern
unterlägen die organischen Stoffe einem älteren Verrottungsprozess; deswegen gebe es
seit dem letzten Jahr Methan und Schwefelwasserstoff. Letzteres sei geruchlich stark
wahrnehmbar und führe im direkten Arbeitsbereich zu Gesundheitsgefahren
beziehungsweise könne dazu führen. Entsprechend seien Abwehrmaßnahmen getroffen
worden.
In Vehlitz sei die Situation dergestalt, dass es sich um jüngere Abfälle handle.
Voraussichtlich im nächsten Jahr werde eine Verschlechterung der Situation hinsichtlich
der Gasentwicklung eintreten.939
bb.
Konkrete Gefahrenabwehr- und Sicherungsmaßnahmen
Der Zeuge Esters sagte aus, sie hätten folgende Gefahrenabwehrmaßnahmen veranlasst:
Für die Tongrube Möckern seien sofort geotechnische Stabilisierungsmaßnahmen für den
Norddamm, der zwei Teilbereiche der Grube abtrennt, durchgeführt worden. In dem Südteil
der Tongrube, der mit Abfällen gefüllt sei, sei dieser mit einer Tonschicht, mit
Gasabsauganlagen und Gasfackel, abgedeckt worden. Im Nordteil gebe es ein Abbaufeld,
auf dem der Unternehmer die Abfallablagerung fortsetzen wollte. Es sei vom Ton
weitestgehend ausgeräumt, aber er habe es tiefer ausbauen wollen und dazwischen einen
natürlichen Damm stehen lassen. Dort habe eine Durchbruchgefahr bestanden. Sie hätten
diese inzwischen abgeschlossene Maßnahme als Gefahrenabwehrmaßnahme
durchgeführt und die Stabilität hergestellt.940
Als weitere Gefahrenabwehrmaßnahme werde in diesem Jahr mit dem Bau einer
Dichtwand oder Bohrpfahlwand begonnen, um eine Kapselung für beide Gruben zu
erreichen. Damit werde verhindert, dass Sickerwasser austreten und insbesondere Wasser
von außen zutreten könne.941
Die Gefahrenabwehr beziehe sich in Möckern ebenso auf die Gasentwicklung. 942
Problematisch seien Kiesgerinne, die oberflächennah und regional beschränkt seien und
die Wirkung hätten, dass der Einzugsbereich über Niederschläge, die den beiden
Tongruben zulaufen können, größer sei als die Betriebsfläche.943
939
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
25.September 2009, S. 34 f. (Esters)
940
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
25.September 2009, S. 34 f. (Esters)
941
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
25.September 2009, S. 35 (Esters)
942
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
25.September 2009, S. 36 (Esters)
175
Es wirkten verschiedene Dinge zusammen. In der Tongrube Vehlitz gebe es
Drainagesysteme, die durch die Landwirtschaft angelegt worden seien, und
Entwässerungsgräben, die zerschnitten und auch nicht wirksam genug umgeleitet worden
seien. Das heiße - und das sei die große Gefahr -, dass Hochwasser oder vermehrte
Wasserzuflüsse im Frühjahr dazu führen, dass Sickerwasser in höherem Maße zulaufen
könne. Es sei absolut zu vermeiden, dass es so hoch steige und quartäre Kiesrinnen, die
im oberen Teil liegen, erreicht werden.944 Für die Maßnahmen, hat der Zeuge Esters
bekundet, seien in diesem Jahr Mittel von über 7 Millionen Euro für beide Gruben bewilligt
worden.945
In Vehlitz sei es komplizierter. Dort seien drei Teilbereiche oder Teilfelder in den Fokus der
Gefahrenabwehr gerückt. Als erstes sei es zu unterbinden, dass über die Kleiteiche
Oberflächenwasser in das Teilfeld I fließe. Dazu würden Dichtwände hergestellt. Zweitens
sei festgestellt worden, dass von dem Teilfeld I das Wasser im Wesentlichen zum
nördlichen Teil des Teilfeldes II übertrete, wo die problematischen Abfälle lägen. Dort seien
Dichtungsmaßnahmen durchzuführen. Drittens betreffe es den südlichen Teil der Teilfläche
II. Dort sei die Südböschung geotechnisch zu stabilisieren gewesen und ein Stützdamm
errichtet worden. Diese Maßnahme sei als erster Schritt Mitte August 2009 abgeschlossen
worden. Es seien dort aber weitere Gefahrenabwehrmaßnahmen erforderlich, es müsse
weiter angestützt werden.946
Zur Gasentwicklung: Es sei zu befürchten, dass bereits im nächsten Jahr durch den
mikrobiologischen Umsetzungs- oder Verrottungsprozess gefährliche Ausgasungsprodukte
entstehen. Deswegen seien sie dabei, flächenhaft eine Gasdrainage und eine
Gasabdichtung aufzutragen.
In einem zweiten Schritt würden dort Gasbrunnen angelegt. Ziel sei es, dass die Gase nicht
unkontrolliert an irgendwelchen Schwachstellen dieses ganzen Systems nach außen treten,
sondern sich gezielt in der Flächendrainageschicht sammeln und dort abgesaugt werden
können und anschließend schadlos über Fackeln in die Umwelt gegeben werden. Die
Fackelanlagen seien nach Auskunft des Zeugen Esters BImSch-genehmigte Anlagen.947
Die quartären Sandrinnen, die es in Möckern, wie auch in Vehlitz gebe, seien über
Geoelektrik, also geophysikalische Methoden, genau zu erfassen und würden dann gezielt
gedichtet werden. Diese Maßnahmen seien in der Fertigstellung allesamt bis März 2010
projiziert.948 Die Planungen reichten bis 2011. Es seien schätzungsweise 19 Millionen Euro
erforderlich.949
943
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
25.September 2009, S. 36 (Esters)
944
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
25.September 2009, S. 36 (Esters)
945
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
25.September 2009, S. 36 (Esters)
946
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
25.September 2009, S. 37 f. (Esters)
947
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
25.September 2009, S. 38 (Esters)
948
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
25.September 2009, S. 38 (Esters)
949
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
25.September 2009, S. 44 (Esters)
176
Der Zeuge Dr. Lühr schilderte, dass das LAGB derzeit reine Sicherungsmaßnahmen zur so
genannten Gefahrenabwehr durchführe. Das LAGB müsse im Moment die Maßnahmen
vorfinanzieren, weil der Unternehmer in Insolvenz sei. Sie seien mit dem Insolvenzverwalter
in Kontakt. Mit ihm würden derzeit Fragen der Bezahlung und des dauerhaften
Verschließens der Grube erörtert werden. Die staatsanwaltschaftliche Untersuchung sei
noch nicht abgeschlossen. Das LAGB sei im Moment nur berechtigt, die unmittelbare
Gefahrenabwehr durchzuführen. Jede andere Tätigkeit würde in die Kompetenz und
Zuständigkeit des Insolvenzverwalters eingreifen.950
cc.
Amtshilfevereinbarung mit der Landesanstalt für Altlastenfreistellung
Zu den gegenwärtigen und geplanten Gefahrenabwehr- und Sicherungsmaßnahmen in den
beiden Tontagebauen führte der Zeuge Pleye aus, dass das LAGB am 25. Februar 2010
eine Amtshilfevereinbarung mit der LAF durchgeführt habe. Die LAF übernehme im
Rahmen dieser Verwaltungsvereinbarung das Controlling und die Projektsteuerung über
die weiteren Sicherungsmaßnahmen. Es sei auch ein externer Projektmanager beauftragt
worden. Das LAGB werde auch noch weiter unterstützt. Aufgaben seien die
Maßnahmensteuerung, also zum Beispiel der Variantenvergleich und die Sicherstellung der
Wahl der angemessenen Variante im Hinblick auf den Umgang mit dem Verfüllmaterial in
den beiden Tongruben, der Aspekt der Termin- und Kostenplanung und der
Mittelabflusskontrolle sowie die Organisation der Projektstruktur und die Feststellung des
Maßnahmenerfolges.
Die LAF gebe dem LAGB auf der Grundlage der vorliegenden Ergebnisse der bereits
durchgeführten Gefahrenabwehrmaßnahmen, geotechnischer Standsicherheit und
Gefahrenerforschung, konkrete Erfahrungen für die weitere Projektabwicklung. Derzeit
würden wöchentlich Gespräche zwischen dem LAGB und der LAF zur Optimierung der
Gefahrenabwehrmaßnahmen und des Managements durchgeführt.
Für den Tagebau Vehlitz seien die Erstsicherungsmaßnahmen zur Stabilisierung des
Böschungssystems im Wesentlichen abgeschlossen. Hinsichtlich der Südböschung im
Teilfeld II sei es nicht auszuschließen, dass weitere Maßnahmen zur Herstellung der
dauerhaften Standsicherheit erforderlich werden.
Die Gefahrenbeurteilung, die gemeinsam mit der LAF durchgeführt werde, solle für den
Standort Vehlitz bis Ende Juni 2010 vorliegen. Das anschließend zu erstellende
Sicherungskonzept werde bis Ende August oder bis September 2010 erwartet.
Für Vehlitz seien für Gefahrenabwehr- und Sicherungsmaßnahmen bis zum Stichtag
1. März 2010 3,17 Millionen Euro vertraglich gebunden. Rechnungen liegen in einem
Umfang von 2,08 Millionen Euro vor.
Im Jahr 2010 gehe es vor allem um Maßnahmen zur Herstellung der dauerhaften
Standsicherheit der Südböschung und um Maßnahmen zur Gasfassung im Teilfeld II. Mit
diesen Maßnahmen sei begonnen worden. Die Firma Haase werde voraussichtlich ab Mai
2010 die Gasfassungsanlage am Standort Vehlitz betreiben. Hierzu würden weitere
Gasbrunnen an die Anlage angeschlossen werden. Die derzeit noch betriebene Anlage der
950
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4.
Dezember 2009, S. 37 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Lühr)
177
GUMA werde dann zurückgebaut. Außerdem sollen das Monitoring der Gas- und
Sickerwasser und die Beauftragung der Firma ECOSOIL mit den Maßnahmen zur
Wasserhaltung im Hinblick auf die Gräben und das Restloch erfolgen.
Im Jahr 2011 seien neben den planerischen und gutachterlichen Leistungen die Sicherung
des Verfüllkörpers mit der Herstellung der Oberflächenabdichtung und die
Oberflächensicherung vorgesehen.
Zum Tagebau Möckern: Die geotechnischen Erstsicherungsmaßnahmen zur Stabilisierung
des Böschungssystems seien abgeschlossen, insbesondere bezogen auf die
Nordböschung. Die Erkundung der geologisch-hydrogeologischen Standortbedingungen sei
beendet. Die Gasfassungsmaßnahmen würden in den nächsten Wochen optimiert werden.
Die Ergebnisse zur Gefahrenbeurteilung werden im Mai 2010 erwartet. Das
Sicherungskonzept solle bis Juni 2010 fertig gestellt werden.
Vertraglich gebunden seien für den Standort Möckern - bis zum Stichtag 1. März 2010 2,78 Millionen Euro. Rechnungen liegen für Beträge von 2,21 Millionen Euro vor.
2010 sei die Einleitung von weiteren Maßnahmen zur Verringerung der Geruchsemissionen
durch Optimierung der Gasfassung und Beseitigung der Gasaustritte vorgesehen: Hier
würden sie die aktuellen Ergebnisse der Flammenionisierungsdetektor-Begehung erwarten.
Dieses Verfahren sei vom LAU am 13. April 2010 realisiert worden.
Im Jahr 2011 sollen neben planerischen Maßnahmen die Sicherung des Verfüllkörpers und
die Oberflächensicherung erfolgen, so der Zeuge Pleye.951
d.
Sicherungs- und Sanierungskonzept
Der Zeuge Esters erklärte, als nächstes sei ein Sicherungs- und Sanierungskonzept zu
erarbeiten, um langfristige Sicherungsmaßnahmen zu treffen.952
Auf die Frage, ob bei der Erstellung des Sicherungs- und Sanierungskonzeptes die
Deponieverordnung oder das Bergrecht angewendet werde, legte der Zeuge Esters dar,
dass rechtlich beides möglich sei, das habe er nicht zu entscheiden. Sie seien derzeit im
Rahmen der Gefahrenabwehr auf der Grundlage des Gesetzes über die öffentliche
Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt tätig.953 Zu der weiteren Frage, was
mit der bergrechtlichen Genehmigung des weiteren Tonabbaus in Vehlitz über die
genehmigten Teilfelder hinaus passiere, antwortete der Zeuge Esters, dazu hätten sie
keine Anträge vorliegen.954
951
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 92 f. (Pleye)
952
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
25.September 2009, S. 38 (Esters)
953
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
25.September 2009, S. 39 (Abgeordneter Lüderitz/ Esters)
954
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
25.September 2009, S. 40 (Abgeordneter Lüderitz/ Esters)
178
e.
Organisatorische Veränderungen bei den Behörden
aa.
Zusammenarbeit, Besprechungen, Verwaltungsoptimierung
Der Zeuge Pleye sagte aus, des Weiteren gehe es um die Einbindung des Landkreises
Jerichower Land in den Zuständigkeitsbereich der BImSch-Anlage Vehlitz.955
Die Zeugen Pleye und Dr. Lühr führten aus, es seien verstärkt Befahrungen gemeinsam mit
Abfallbehörden durchgeführt worden. Im LAGB seien Projektgruppen gebildet worden. Es
habe den Erfahrungsaustausch mit Abfall- und Bodenschutzbehörden des Landes
gegeben. Auf der Ebene der obersten Landesbehörden habe sich seit März 2008 die
Durchführung der regelmäßig einberufenen Besprechungen im Rahmen der
interministeriellen Arbeitsgruppe zwischen den Ministerien für Landwirtschaft und Umwelt
und Wirtschaft und Arbeit unter Teilnahme von Vertretern der nachgeordneten Behörden
als sehr zielführend erwiesen.956 Es gebe, so der Zeuge Pleye, außerdem die gemeinsame
Fortbildung mit den Abfall- und Bodenschutzbehörden des Landes.957
Der Zeuge Pleye legte dar, die Zusammenarbeit mit den unteren Abfallbehörden der
Landkreise sei durch die verstärkte, gemeinsam durchgeführte Befahrung der
Verfüllbetriebe verbessert worden. Ungefähr die Hälfte der im Jahr 2009 durchgeführten
Betriebskontrollen sei gemeinsam mit Vertretern der Fachämter der Landkreise erfolgt.
Auch würden Beanstandungen oder Verdachtsmomente, die durch die Bergbehörde im
Zuständigkeitsbereich der Abfallbehörde festgestellt werden, unmittelbar weitergeleitet,
wenn die untere Abfallbehörde nicht an der Befahrung teilnimmt. In einigen Landkreisen
erfolgten nunmehr eigenständige Vor-Ort-Kontrollen durch die untere Abfallbehörde.958
Der Zeuge Dörffel bekundete, im Zusammenhang mit den im Zuständigkeitsbereich der
Bergbehörde liegenden Fällen erfolge eine enge Abstimmung zwischen Vollzugsbehörden
und Ministerien mit dem Ziel eines einheitlichen Vorgehens unter Unterstützung der
Bergbehörden durch die Umweltbehörden. Es sei als Erstes eine Einvernehmensregelung
LAGB/ Landesverwaltungsamt eingeführt worden, wo das Bergamt Entscheidungen, auch
gestützt auf Bodenschutzrecht, treffe. Als Zweites sei die Amtshilfe zu nennen, die das LAU
und auch die LAF für das LAGB leiste und als Drittes die interministerielle Arbeitsgruppe.959
955
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 93 f. (Pleye)
956
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 90, 91 f. (Pleye); Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 4. Dezember 2009, S. 28 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Lühr), S. 31 f.
(Dr. Lühr), S. 40 zur IMA (Dr. Lühr); vgl. auch Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni 2010, S. 42 (Dr. Aeikens)
957
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 90 (Pleye)
958
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 91 f. (Pleye)
959
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 111 f. (Dörffel)
179
Der Zeuge Dr. Lühr stellte dar, sie hätten die Fachaufsicht für das LAGB in einem Referat,
im Bergreferat, konzentriert. Es sei auch ein Bergingenieur dort hinein genommen worden,
der als Techniker die technischen Dinge begutachten könne.960
Der Zeuge Pleye führte aus, dass sein Ministerium die Organisation des LAGB verändert
habe. Anstelle der bisherigen fünf Dezernatsgruppen seien zwei Abteilungen gebildet
worden, eine Bergbau- und eine Geologieabteilung. Die Aufgaben der Geologiereferate
seien
stärker
so
definiert
worden,
dass
Unterstützungsmaßnahmen
und
Unterstützungsaufgaben für die Bergbauaufgaben durchgeführt werden können. Er habe
vor einigen Monaten den Organisationsreferenten aus seinem Haus für mehrere Monate
ins LAGB abgeordnet, um die Neuorganisation des LAGB vorzubereiten, damit eine
Optimierung im Sinne einer effektiven Bergbauverwaltung stattfinden könne.961
Der Zeuge Girke plädierte dafür, dass sich die Zuständigkeiten derjenigen, die eine Anlage
zu genehmigen und zu kontrollieren haben, in einer Hand befänden und es klare Strukturen
gebe. Für Letzteres sei sicher eine Verbesserung möglich und nötig.962
Auf die Frage, ob es nicht, ähnlich wie in Sachsen, eine zwingende Konsequenz sei, das
LAGB und das LAU zusammenzulegen, antwortete der Zeuge Sladek, die
Verwaltungsstrukturen der Länder seien höchst unterschiedlich. Den Freistaat Sachsen
kenne er etwas besser. Dort gebe es ein sächsisches Oberbergamt, aber es gebe auch das
sächsische Landesamt für Umwelt und Geologie.963
bb.
Transparenz
Der Zeuge Pleye legte dar, es würden regelmäßige Besprechungen mit den beteiligten
Behörden und mit den Bürgermeistern der betroffenen Orte erfolgen. Es sei vorgesehen,
dass Informationsgespräche auch für die Bürger vor Ort erfolgen sollen. Sie würden dafür
allerdings auf die Vorlage der Sicherungskonzepte warten. Das Sicherungskonzept für
Möckern werde im Mai bzw. Juni vorgelegt werden, sodass Gespräche im Juni 2010
stattfinden könnten. Das Sicherungskonzept für den Standort Vehlitz werde etwas später
folgen.964
Die Zeugen Dr. Lühr und Pleye sagten aus, für die Öffentlichkeit sei eine 24-StundenHotline für die Anzeige von Umweltgefährdungen eingerichtet worden. Sie hätten wegen
der Transparenz nach außen die Veröffentlichung von Beprobungs- und
Befahrungsergebnissen im Internet veranlasst.965 Der Zeuge Pleye nannte darüber hinaus
960
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4.
Dezember 2009, S. 28 (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Lühr)
961
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 103 f. (Abgeordnete Rogée/ Pleye)
962
Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 43 (Girke)
963
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 97 (Abgeordneter Lüderitz/ Sladek)
964
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 94 (Pleye)
965
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4.
Dezember 2009, S. 28 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Lühr); Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des
Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16. April 2010, S. 91 f. (Pleye)
180
die Teilnahme an Bürgerversammlungen und kommunalen Veranstaltungen, wie zum
Beispiel auch Ratssitzungen.966
cc.
Personal/ Umstrukturierung/ Schulungen
Der Zeuge Dr. Lühr bekundete, es sei Personal von verschiedenen Bereichen
zusammengeführt worden, um die zusätzlichen Aufgaben so schnell wie möglich
umzusetzen. Es habe Zuführungen von Fachleuten über externe Stellenausschreibungen
gegeben.967
Es seien für das Aufgabengebiet Vehlitz/ Möckern, so der Zeuge Pleye, seit 2008 zehn
unbefristete und sieben befristete Mitarbeiter eingestellt worden.968
Auf die Frage, ob sein Bereich personell verstärkt worden sei, antwortete der Zeuge Esters:
„Jetzt, ja.“969
Zu den vom Zeugen Dr. Haseloff im Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit im März 2008
angesprochenen Personalmaßnahmen führte der Zeuge Pleye aus, die Abordnung des
Präsidenten des LAGB, des Zeugen Forker, und das Bilden einer Projektgruppe zu dem
Thema Vehlitz und Möckern seien dort erörtert worden. 970 Zu dem Grund der Abordnung
erklärte der Zeuge Pleye, es sei erheblicher Handlungsbedarf zu der Thematik Vehlitz und
Möckern erkennbar gewesen. Diese Aufgabe sollte für die Folgezeit von einer anderen
Person wahrgenommen werden. Die Zeit sollte genutzt werden, um die Abläufe genau
aufzuarbeiten und zu bewerten.971 Der Zeuge Dr. Haseloff sagte aus, es sei noch keine
abschließende Entscheidung getroffen worden, er wisse aber nach der aktuellen
Informationslage, dass es richtig gewesen sei, diese konkrete Maßnahme zu tätigen, auch
im Sinne dessen - das in der damaligen Phase psychologischer Druck auf dem im Amt
befindlichen Präsidenten gelegen habe und dass es eine Fürsorge des Dienstherren
gegeben habe - an dieser Stelle sofort wieder die Handlungsfähigkeit, auch mental,
herzustellen.972
Der Zeuge Pleye führte zu Disziplinarverfahren in seinem Verantwortungsbereich aus, es
habe die Prüfung im Hinblick auf Disziplinarmaßnahmen gegeben, die noch andauere. Es
966
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 91 f. (Pleye)
967
Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4.
Dezember 2009, S. 28 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Lühr), S. 42 zusätzliches Personal (Dr. Lühr); Niederschrift über
die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16. April 2010, S. 89 f.
(Pleye)
968
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 90 (Pleye)
969
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 48 (Abgeordneter Lüderitz/ Esters)
970
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 103 (Abgeordnete Rogée/ Pleye)
971
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 106 (Abgeordneter Dr. Schrader/ Pleye); dazu auch Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des
Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni 2010, S. 15 (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Haseloff)
972
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 15 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Haseloff), S. 22 (Abgeordneter Kley/ Dr. Haseloff)
181
würden dabei die Erkenntnisse, die die Prüfungen und Aufarbeitungen dieses Themas
ergeben, berücksichtigt. Es gehe dabei um eine einstellige Zahl von Personen.973
Der Zeuge Dörffel erklärte, dass es in seinem Bereich keine Disziplinarmaßnahmen
gegeben habe.974
Eine Schlussfolgerung, so der Zeuge Dörffel, würden die bisherigen Prüfungen bereits
zulassen. Die, sowohl quantitativ als auch qualitativ, adäquate personelle Ausstattung im
Rahmen der Organisations- und Personalhoheit der Landkreise sei unverzichtbar.975
Der Zeuge Dr. Haseloff bekundete, der Finanzminister habe für den bergbaulich zu
verantwortenden Bereich die Möglichkeit eingeräumt, für unangemeldete, spontane und
nicht erwartbare Kontrollen, welche über das normale Regularium der Kontrollen hinaus
gehen würden, Personal aufzustocken. Das heiße, dass Einstellungsmöglichkeiten, die für
die Zukunft geplant gewesen seien, vorgezogen werden könnten.976 Der Zeuge Dr. Aeikens
legte dar, dass sie Neueinstellungen in diesem Bereich vorziehen, zulasten anderer
Bereiche, über die noch zu entscheiden sein werde. Insoweit würden sie im
Landesverwaltungsamt erweitert handlungsfähig werden. Zwei neue Kräfte seien bereits
eingestellt worden. Sie hätten die Möglichkeit für Neueinstellungen für sechs weitere Kräfte
und eine Laborkraft im Landesamt für Umweltschutz geschaffen.977
Der Zeuge Dr. Aeikens bekundete, sie hätten sich darüber hinaus auch in diesem Jahr
weitere Schulungen vorgenommen, insbesondere im Bereich der Probennahme.978
dd.
Konsequenzen/ Kabinettsbeschlüsse
Der Zeuge Pleye legte dar, dass die Landesregierung mit dem Kabinettsbeschluss vom
27. Januar 2009 Regelungen zur Optimierung und Vereinheitlichung der Vollzugspraxis bei
der Genehmigung und Überwachung der Verwertung von Abfällen in Tagebauen und
Abgrabungen beschlossen habe.979 Kernstück seien zwei Konzepte: Erstens das Konzept
zur Berücksichtigung der Belange des Bodenschutzes und der Abfallverwertung in
Tagebauen und Abgrabungen und zweitens das Konzept zur Verbesserung des Vollzuges
der Anlagen- und Stoffstromüberwachung.980 Außerdem gebe es den Beschluss, dass das
973
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 106 f. (Vorsitzende Hunger/ Pleye); dazu auch Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des
Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni 2010, S. 15 (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Haseloff)
974
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 129 (Vorsitzende Hunger/ Dörffel)
975
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 113 (Dörffel)
976
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 7 (Dr. Haseloff), S. 26 f. (Abgeordneter Dr. Thiel/ Dr. Haseloff), S. 30 (Abgeordneter Graner/ Dr. Haseloff)
Neigung zum Missbrauch Anlass für mehr Kontrollen
977
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 43 (Dr. Aeikens), S. 48 (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Aeikens)
978
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 43 (Dr. Aeikens)
979
Vgl. dazu auch Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 4. Juni 2010, S. 24 ff. (Abgeordneter Dr. Thiel/ Dr. Haseloff)
980
Vgl. Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4.
Dezember 2009, S. 29 (Abgeordneter Lüderitz / Vorsitzende Hunger/ Dr. Lühr) Frage nach der Umsetzung der in
182
LAGB - unbeschadet der in den Fällen des § 32 AbfG LSA bestehenden Zuständigkeiten
der unteren Abfallbehörde - zur sachgerechten Wahrnehmung seiner Zuständigkeit nach
§ 18 Abs. 3 BodSchAG LSA im Innenverhältnis die fachliche Kompetenz des
Landesverwaltungsamtes als obere Bodenschutzbehörde in Anspruch nehme, indem es mit
diesem das Einvernehmen herstelle.981
Diese Einvernehmensregelung beruhe auf der bereits mit Kabinettsbeschluss vom 15. April
2008 getroffenen Regelung, nach der zur Wahrung der Belange des Bodenschutz- und
Abfallrechts bei der Zulassung bergrechtlicher Abfallverwertungsvorhaben bereits das
Einvernehmen mit dem Landesverwaltungsamt herzustellen gewesen sei. Damit werde
regelmäßig das Landesverwaltungsamt bei der Zulassung von Betriebsplänen beteiligt,
wenn bei einem Vorhaben bodenschutzrechtliche Belange betroffen sind und somit die
fachliche Kompetenz des Landesverwaltungsamtes in Anspruch zu nehmen ist.
Gegenwärtig sei das LAGB bemüht, das Einvernehmen des Landesverwaltungsamtes zu
den Änderungsbescheiden im Hinblick auf die neuen Regelungen zu erhalten 982
Die Inhalte des Kabinettsbeschlusses seien den nachgeordneten Vollzugsbehörden mit
dem gemeinsamen Runderlass des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt und des
Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom 19. Mai 2009 bekannt gemacht und - soweit
noch nicht geschehen - mit sofortiger Wirkung in den Vollzug eingeführt worden.
Das Bodenschutzkonzept enthalte die technischen Anforderungen für eine
ordnungsgemäße und schadlose Verwertung von Abfällen zur Verfüllung auf der Grundlage
der technischen Regeln der LAGA M 20.
Das LAGB lasse neue Betriebspläne, die eine Verwertung von Abfällen zur Verfüllung von
Tagebauen vorsehen, bereits seit Februar 2007 nach diesem Maßstab auf der Grundlage
der technischen Verfügung des LAGB zu.
Bereits zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Technischen Verfügung sei vorgesehen
gewesen, so der Zeuge Pleye, bestehende Betriebsplanzulassungen unter Beachtung des
Bestandsschutzes auf eine Anpassung an das neuere Regelwerk zu überprüfen. Rechtlich
problematisch habe sich dabei das Fehlen einer bundeseinheitlichen materiellrechtlichen
Regelung mit Außenwirkung erwiesen, auf die dieser Eingriff hätte gestützt werden können.
Mit der nunmehr für den Vollzug im Land Sachsen-Anhalt einheitlich eingeführten Regelung
hat das LAGB sämtliche bisher noch nicht angepasste Verfüllbetriebe - das sind 54 von
76 - angehört und sei gegenwärtig dabei, die Änderungsbescheide unter Berücksichtigung
der Äußerungen der Unternehmer für jeden Einzelfall zu erstellen.983
Hierzu bekundete der Zeuge Esters, sie würden derzeit die Bescheide umstellen, die die
Verfüllung mit Fremdabfällen in Tagebauen zulassen. Hierzu fände in der nächsten Woche
Drucksache 5/1804 erwähnten zwei Konzepte zur Berücksichtigung der Belange des Bodenschutzes bei der
Abfallverwertung in Tagebauen und Abgrabungen und zur Verbesserung des Vollzugs der Anlagen- und
Stoffstromüberwachung bejaht
981
Vgl. auch Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 4. Juni 2010, S. 42 f. (Dr. Aeikens)
982
Vgl. auch Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 4. Juni 2010, S. 52 f. (Abgeordneter Kley/ Dr. Aeikens), so auch Niederschrift über die 17. - öffentliche - Sitzung
des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Dezember 2009, S. 28 (Abgeordneter Lüderitz/ Dr.
Lühr)
983
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 89 f. (Pleye), S. 104 f. (Abgeordnete Rogée/ Pleye)
183
der erste und vielleicht einer der wichtigsten Gerichtstermine beim Verwaltungsgericht in
Halle statt. Es werde exemplarisch eine Verhandlung angesetzt.984
Als Schlussfolgerungen nannte der Zeuge Dörffel die Konkretisierung der gemeinsamen
Konzeption der Ministerien für Wirtschaft und Arbeit, Landwirtschaft und Umwelt sowie
Landesentwicklung und Verkehr zur Berücksichtigung der Belange des Bodenschutzes in
der Abfallverwertung, in Tagebauen und Abgrabungen. Der Zeuge Dörffel wies ferner auf
die Verschärfung der Anlagenüberwachung und Nachweisverfahren für Abfallströme durch
den neuen gemeinsamen Runderlass der genannten Ministerien sowie auf den
gemeinsamen Runderlass des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt und des
Ministeriums des Innern zur Überwachung von Abfalltransporten hin. Diese Maßnahmen
seien umgesetzt und Teil einer vom Kabinett bestätigten Konzeption zur Verbesserung des
Vollzugs der Anlagen- und Stoffstromüberwachung.985
Der Zeuge Dr. Haseloff sagte aus, sie seien, auch im Sinne der Optimierung der
entsprechenden Verwaltungsabläufe, der Schnittstellenproblematik usw., auf der Ebene der
Hausspitze tätig geworden. In diesen Bereichen gebe es immer auch Möglichkeiten zur
Optimierung. Sie wüssten heute aber auch, dass, selbst wenn es Fortschreibungs- und
immer wieder auch Verbesserungsbedarf gebe, dieser konkrete Fall durch keine
Vorkehrung bzw. veränderte Gesamtstruktur hätte vermieden werden können.986
f.
Landesübergreifende Maßnahmen
Die Zeugen Dörffel und Dr. Aeikens wiesen auf eine Bundesratsinitiative hin, durch die das
Land Sachsen-Anhalt die Änderung des BImSchG erreicht habe. Damit, so die Zeugen,
werde es zukünftig möglich sein, eine verbesserte Kontrolle der Abfallströme schon über
das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren zu erreichen.987
Aufgrund der bestehenden Rechtsunsicherheit habe die Landesregierung Ende April 2008
im Wege einer Entschließung im Bundesrat versucht, die Bundesregierung aufzufordern,
das laufende Rechtsetzungsverfahren zur Verordnung über den Einbau von mineralischen
Ersatzbaustoffen in technischen Bauwerken und zur Änderung der BBodSchV beschleunigt
durchzuführen.988
Der Zeuge Dr. Aeikens stellte dar, dass die internen Regelungen ihnen nicht ausgereicht
hätten, weil sie im Rahmen der interministeriellen Arbeitsgruppe letztlich zu dem Ergebnis
gekommen seien, dass sie zu einer Optimierung auch des Vollzugs verbesserte
bundesrechtliche Regelungen benötigten. Das habe das Land veranlasst, sowohl über den
984
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 43, 48 (Esters)
985
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 112 f. (Dörffel)
986
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 7 (Dr. Haseloff)
987
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 113 (Dörffel), Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 4. Juni 2010, S. 43 (Dr. Aeikens)
988
Niederschrift über die 15. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 87 f., 94 (Sladek); vgl. auch Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16. April 2010, S. 88 f. (Pleye)
184
Bundesrat als auch im Rahmen der Umweltministerkonferenz aktiv zu werden, um
verbesserte rechtliche Rahmenregelungen anzumahnen, sowohl hinsichtlich der
Nachvollziehbarkeit
der
Abfallströme,
der
Sicherheitsleistungen
und
der
Ersatzbauverordnung.989
Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes bzw. Oberverwaltungsgerichtes
Magdeburg bezüglich des Tontagebaues Vehlitz sei festzuhalten, dass es an Regelungen
unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht fehle, so der Zeuge Pleye. Erforderlich sei
eine Verordnung des Bundes zur Regelung des Einbaus von mineralischen
Ersatzbaustoffen in technischen Bauwerken und zur Änderung der BBodSchV.
Einen ersten Entwurf habe das Bundesumweltministerium am 13. November 2007
vorgelegt. Im Rahmen der Wirtschaftministerkonferenz am 9. und 10. Juni 2008 habe der
Zeuge Dr. Haseloff in einem Tagesordnungspunkt, der von Sachsen-Anhalt beantragt
worden sei, vor dem Hintergrund der ergangenen Gerichtsentscheidungen auf die
Dringlichkeit der Thematik hingewiesen. Bei der Konferenz hätten in einer
Protokollerklärung die Länder Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt990
darauf hingewiesen, dass sie die Bundesregierung bitten, das laufende
Rechtssetzungsverfahren zur Verordnung über den Einbau von mineralischen
Ersatzbaustoffen in technischen Bauwerken und zur Änderung der BBodSchV beschleunigt
durchzuführen. An dieser Verordnung werde im Bundesumweltministerium allerdings noch
gearbeitet.991
Der Zeuge Dr. Haseloff bekundete, in Rahmen der nächsten Wirtschaftsministerkonferenz
noch einmal die Regelung zur Problematik der Bereiche unterhalb der durchwurzelbaren
Bodenschicht anzumahnen.992
Der
Zeuge
Dörffel
äußerte,
es
stünden
verschärfte
Regelungen
für
993
Entsorgungsfachbetriebe
aus.
Hierzu
erläuterte
er,
dass
das
Thema
Zertifizierungsverfahren
für
Entsorgungsfachbetriebe
in
der
Bund-LänderArbeitsgemeinschaft Abfall eine wichtige Rolle spiele. Dazu gebe es Diskussionen, die
noch nicht abgeschlossen seien. Eine Änderung werde nur im Rahmen der Novellierung
des KrW-/ AbfG möglich sein, die im Moment laufe. Im Gespräch sei unter anderem ein
direkter Durchgriff der Behörden in dem Land, in dem das Unternehmen seinen Sitz habe.
Der direkte Durchgriff würde sich auch auf die Zertifizierung beziehen, denn Zertifikate
hätten in den Ländern eine sehr unterschiedliche Qualität. Erforderlich sei ein vereinfachtes
Verfahren, um den Titel Entsorgungsfachbetrieb entziehen zu können.994
989
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 43 (Dr. Aeikens), vgl. auch S. 59 f. (Abgeordneter Graner/ Dr. Aeikens) zu Sicherheitsleistungen
990
vgl. hierzu auch Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 16. April 2010, S. 99 (Abgeordneter Graner/ Pleye)
991
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 88 f. (Pleye); vgl dazu auch Niederschrift über die 6. - öffentliche - Sitzung des Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7. November 2008, S. 84 f. (Esters), Niederschrift über die 20. öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16. April 2010, S. 113 (Dörffel)
992
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S.13 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Haseloff), S. 34 (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Haseloff)
993
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 113 (Dörffel)
994
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 114 (Abgeordneter Lüderitz/ Dörffel), vgl. auch S. 121 (Abgeordneter Graner/ Dörffel), S. 123
(Abgeordneter Kley); vgl. Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 4. Juni 2010, S. 50 (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Aeikens)
185
g.
Weitere Maßnahmen/ Problemstellungen
Der Zeuge Pleye legte dar, welche weiteren Maßnahmen noch vorgesehen seien: Dabei
gehe es um die Inanspruchnahme des Insolvenzverwalters durch Anordnung nach
Bodenschutzrecht. Ein solcher Bescheid sei bereits ergangen.995
Der Zeuge Pleye bekundete, der Kontakt mit der Firma Veolia solle weiter intensiviert
werden. Der Zeuge Haseloff habe den Vorstandsvorsitzenden von Veolia angeschrieben
und Antwort erhalten. Es seien Gespräche geplant.996 Der Zeuge Dr. Haseloff sagte aus,
dass er mit dem Zeugen Pleye am Montag vor der Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses bei der Konzernspitze von Veolia in Paris gewesen sei.997
Auf die Frage nach der Verbringung von Abfall über Ländergrenzen hinweg, auch
europaweit, führte der Zeuge Dörffel aus, das sei eine Folge der Liberalisierung auch des
Abfallmarktes. Nicht gefährliche Abfälle könnten in Europa verbracht und gehandelt werden
wie andere Produkte auch. Insoweit bestehe sozusagen keine Genehmigungspflicht.
Insoweit suche sich der Abfall immer den Weg, wo er am günstigsten entsorgt werden
könne. Daher sei es wichtig, sehr stringent darauf zu achten, dass die
Rahmenbedingungen eingehalten werden.
Es sei schwierig, daran etwas zu ändern, denn es betreffe Europarecht. Im Einzelfall könne
allerdings sehr wohl reagiert werden, wenn gesehen werde, dass in Anlagen nicht nach den
Vorgaben gearbeitet werde. Dort werde gemäß dem aktuellen Überwachungserlass die
Nachweispflicht im Einzelnen erhöht, bis hin zu den Anforderungen, die ansonsten nur an
gefährliche Abfälle gestellt werden. Allerdings stellten die Gerichte durchaus bestimmte
Anforderungen daran.998
Der Vollständigkeit halber wolle er darauf hinweisen, dass die illegale Abfallentsorgung
nicht nur ein Problem der Entsorgungsländer sei, sondern bereits am Standort der
Erzeugung beginne, unter Umständen durch falsche Deklaration. Das heiße, die
Erzeugerbehörden müssten ebenso ihre Verantwortung wahrnehmen.999
995
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 93 f. (Pleye)
996
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 93 f. (Pleye)
997
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 6 f. (Dr. Haseloff)
998
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 119 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dörffel)
999
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 113 (Dörffel)
186
III.
Komplex Abfallbehandlungs- und Recyclinganlage in Riestedt
Der Untersuchungsausschuss befasste sich in einem zweiten Komplex gemäß der Nummer
1 des Untersuchungsauftrages1000 damit, ob und in welchem Umfang durch Tun oder
Unterlassen der für Wirtschaft und Arbeit sowie für Landwirtschaft und Umwelt zuständigen
Ministerien und der ihrer Aufsicht unterstehenden Behörden vor allem im Zeitraum von
Januar 2004 bis April 2008 die Verbringung und Lagerung von Abfall, insbesondere in der
Abfallentsorgungsanlage in Riestedt, entgegen den geltenden Rechtsvorschriften
ermöglicht wurde. Es wurde vor allem geprüft, ob die erforderlichen Erlaubnisse und
Genehmigungen rechtmäßig erteilt wurden, ob es rechtlich geboten oder zweckmäßig war,
einmal erteilte Erlaubnisse und Genehmigungen zurückzunehmen oder zu widerrufen und
ob die Abfallentsorgungsanlage bzw. deren Betreiber sowie die zur Verwertung und
Beseitigung von Abfällen Verpflichteten und deren Beauftragte hinreichend beaufsichtigt
wurden.
Zur Untersuchung wurden die Beweisbeschlüsse U11/13, U11/16, U11/19, U 11/20,
U11/21, U11/22, U11/23 (Anlagen 9 bis 12 und 21 bis 23) gefasst.
1.
Genehmigungen
Der Zeuge Dirk Schatz, Landrat im Landkreis Mansfeld-Südharz, sagte aus, am 3. Februar
1994 sei der LTE-Service, Langbein Transport- und Entsorgungs-GmbH (LTE), durch den
Altkreis Sangerhausen eine Baugenehmigung für die Errichtung einer Bauschuttdeponie
erteilt worden. Auf der Deponie sei die Annahme und Lagerung von Beton, Ziegeln,
Fliesen, Gips, gemischten Bau- und Abbruchabfällen und Altholz der Kategorien A I bis A III
zulässig gewesen. Eine Mengenbegrenzung sei nicht festgelegt worden. Die
Baugenehmigung für die Bauschuttdeponie sei vom Bauordnungsamt des Landkreises
Sangerhausen in ein „Zwischenlager“ abgeändert worden.1001 Der LTE sei am 7. November
1995 vom Staatlichen Amt für Umwelt (StAU) außerdem eine Genehmigung für eine
Abfallsortieranlage, eine Brecher- und Siebanlage sowie eine Holzschredderanlage erteilt
worden. Geschäftsführer der LTE sei Herr Günter Langbein gewesen.1002
Der Zeuge Harald Koch, ehemaliger Dezernent für Umwelt beim Landkreis
Sangerhausen,1003 bekundete, dass für die Genehmigung der ersten Anlage das StAU bzw.
das Regierungspräsidium zuständig gewesen sei. Sie als Landkreis hätten Zuarbeiten
geleistet und Stellungnahmen vom Umweltamt, von der Naturschutzbehörde und vom
Bauordnungsamt vorgelegt.1004
Der Zeuge Koch vertrat die Auffassung, bei der Bearbeitung der Baugenehmigung sei ein
Fehler unterlaufen. Es sei vergessen worden, die Höhe des Zwischenlagers
1000
Drs. 5/39/1260 B
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 18 (Schatz)
1002
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 18 (Schatz)
1003
Vgl. Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 6 f. (Vorsitzende Hunger/ Koch)
1004
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 10 (Vorsitzende Hunger/ Koch)
1001
187
festzulegen.1005 Sie hätten versucht, diesen Umstand zu bereinigen, dies sei formaljuristisch jedoch nicht möglich gewesen. Keiner habe zugeben wollen, dass dieser Fehler
begangen worden sei, was dazu geführt habe, dass sich das Zwischenlager zu einem
Müllberg entwickelt habe. Der Kern dieses Müllberges habe vorwiegend aus mineralischen
und typischen Baustellenabfällen, wenig Plastik bzw. anderen Abfällen bestanden.1006
Der Zeuge erklärte weiter, in der vom StAU erteilten Genehmigung von 1995 habe es noch
weitere Mängel gegeben. So sei nicht festgelegt worden, wie lange welche Stoffe dort
gelagert werden dürfen. Die Beschaffenheit des Materials sei aber vorgegeben, klassifiziert
worden.1007
Der Zeuge Steffen Hooper, seit dem 1. Juli 2007 Amtsleiter des Umweltamtes im Landkreis
Mansfeld-Südharz,1008 bestätigte die Auffassung des Zeugen Koch und ergänzte, dass es
keine Genehmigung gegeben habe, die in irgendeiner Form die Sortierreste, zum Beispiel
die 19er- und 20er-Sachen betreffend, enthalten habe.1009
Der Zeuge Gerhard Damaschke, seit 2008 im Vorruhestand, bis zum 31. Dezember 2004
im Landesverwaltungsamt mit der Überwachung der immissionsschutzrechtlich
genehmigungspflichtigen Anlagen als zuständiger Referent betraut,1010 trat im Rahmen
seiner Vernehmung Ausführungen entgegen, wonach die Genehmigungen lückenhaft
gewesen seien. Er legte dar, beim Genehmigungsbescheid müssten die Antragsunterlagen,
die entsprechenden Zeichnungen und die Beschreibungen zugrunde gelegt werden. Ein
Genehmigungsbescheid nehme immer Bezug auf die Antragsunterlagen und in dem
Bescheid werde nur das geregelt, was offen sei. Die Genehmigungsanträge seien in der
Genehmigung nicht wiederholt worden. Die Auflagen seien von der abfallrechtlichen
Fachbehörde zugearbeitet worden.1011
Es habe Formulierungen gegeben, so der Zeuge Damaschke weiter, dass eine Vorhaltung
von Abfällen im Rahmen eines 14-tägigen Produktionsumfanges statthaft sei. Die Anlagen
hätten eine bestimmte Leistungsfähigkeit. Eine Bauschuttrecyclinganlage bringe 75 t pro
Stunde und dann werde von einem achtstündigen Betrieb ausgegangen. Solche
Formulierungen könnten in den Genehmigungsbescheiden durchaus typischerweise
gefunden werden. Sie hätten sich teilweise als unkonkret erwiesen und seien im
Nachhinein durch Verfügungen oder protokollarisch durch Ergänzung der
Betriebsunterlagen spezifiziert worden. Das sei auch dann erforderlich gewesen, wenn sich
1005
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 7 f. (Vorsitzende Hunger/ Koch), vgl. auch S. 24 (Abgeordneter Kley/ Koch)
1006
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 8 (Vorsitzende Hunger/ Koch)
1007
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 24 (Abgeordneter Kley/ Koch), vgl. auch S. 41 (Abgeordnete Rogée/ Hooper)
1008
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 31 (Hooper)
1009
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 34 (Vorsitzende Hunger/ Hooper)
1010
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 5 (Damaschke)
1011
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 5 (Abgeordneter Lüderitz/ Damaschke)
188
die Rechtslage geändert habe, wenn sich die Anlagendefinitionen geändert haben. Er habe
aber die konkreten Formulierungen aus dem Bescheid nicht in Erinnerung.1012
Der Zeuge Dr. Hans-Jürgen Discher, Referatsleiter des Referates Immissionsschutz,
Chemikaliensicherheit,
Gentechnik,
Umweltverträglichkeitsprüfung
im
Landesverwaltungsamt,1013 bestätigte die Darstellung des Zeugen Damaschke. Auch er
halte die Genehmigung nicht für lückenhaft. Der Genehmigungsbescheid aus dem Jahre
1995 oder 1996 enthalte auch ein Verzeichnis der Antragsunterlagen, in dem unter
anderem eine Nachforderung zu den Lagerflächen und den entsprechenden Größen und
Höhen aufgemacht worden sei. Die Lagerfläche sei auf 2 500 m³ und die Schütthöhe auf
3 m bis 3,50 m begrenzt, sodass durchaus hinreichend bestimmbar gewesen sei, in
welcher Menge Abfall dort habe lagern können.1014 Es sei klar, dass eine Genehmigung,
die im Jahr 2009, 13 Jahre später, geschrieben werde, von der Form und vom Inhalt her
anders aussehe als eine aus dem Jahr 1996. Die in Rede stehende Genehmigung enthalte
die Auflistung aller Antragsunterlagen und die entsprechenden Nebenbestimmungen. Das
sei damals gängige Verwaltungspraxis gewesen.1015
2.
Betrieb durch die LTE
Bereits im September 1996, so der Zeuge Schatz, sei es zu Protesten aus der Bevölkerung
gekommen, weil Abfälle in Größenordnungen auf dem Gelände abgelagert worden seien,
dass dort wachsende Pappeln bereits beträchtlich durch den Abfallberg überragt wurden.
Die in der Genehmigung geforderte Sortieranlage habe noch nicht existiert. 1016 Der Zeuge
Koch bestätigte, dass es immer Probleme hinsichtlich der ordnungsgemäßen Führung der
Anlage gegeben habe.1017 Herr Langbein sei dafür bekannt gewesen, in seinem
Betriebsregime unordentlich zu arbeiten.1018
Er ergänzte, vor dem Jahre 2005 habe es ausweislich der Aktenlage in regelmäßigen
Abständen Kontrollen gegeben. Diese seien, so der Zeuge, durch das StAU bzw. durch das
Landesverwaltungsamt durchgeführt worden. An den Kontrollen hätten auch Mitarbeiter
des Landkreises teilgenommen.1019 Er fügte hinzu, ihm sei bei Durchsicht der Protokolle der
Kontrollen aufgefallen, dass die Anlagen des Landkreises grundsätzlich sehr penibel
beurteilt worden seien. Dagegen sei die Anlage von Herrn Langbein „recht softig“
1012
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 10 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Damaschke), S. 22 f. (Abgeordneter Rosmeisl/ Damaschke)
Genehmigungsakte nicht lückenhaft
1013
Vgl. Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 27 (Dr. Discher)
1014
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 33 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Discher)
1015
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 35 (Abgeordneter Rosmeisl/ Dr. Discher)
1016
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 18 (Schatz)
1017
Vgl. dazu auch Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 28. August 2009, S. 32 (Vorsitzende Hunger/ Hooper); Niederschrift über die 20. öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16. April 2010, S. 18 (Schatz)
1018
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 7 (Vorsitzende Hunger/ Koch)
1019
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 11, 8 f. (Vorsitzende Hunger/ Koch), vgl. auch S. 15 (Abgeordneter Lüderitz)
189
weggekommen. Das hätte sich recht gut gelesen. Viele Mitarbeiter hätten sich gefragt,
welche Kontakte Herr Langbein nach Halle habe. Natürlich sei auch dieses Zwischenlager
aufgeführt gewesen, dass es sich aufblähte und Bestandteile enthalten habe, die nicht
Gegenstand der Genehmigung gewesen seien. Sie hätten darauf aufmerksam gemacht,
das durchzusetzen. Das Landesverwaltungsamt habe sich auch bemüht. Es habe
zahlreiche Gespräche gegeben. Herr Langbein sei kooperativ gewesen, in der
Durchsetzung aber recht mangelhaft.1020
Der Zeuge Schatz führte weiter aus, nach dem im Oktober 1996 von der LTE vorgelegten
Maßnahmeplan sollten die zur Sortierung eingelagerten Abfälle bis zum 30. Juni 1998 völlig
abgebaut werden. Im November 1997 sei die Sortieranlage in Betrieb genommen worden.
In der Folge sei es jedoch zu einer weiteren Vergrößerung des Müllberges gekommen.
Ende Dezember 1999 habe die LTE Insolvenz angemeldet.
Mit Verfügung vom 21. Februar 2000 habe das noch zuständige StAU Halle der LTE die
weitere Annahme von Baustellenabfällen und Bauschutt untersagt, bis die Lagerung der
aussortierten Abfälle aus der Sortieranlage auf die Größe einer Transporteinheit sowie die
gelagerten Bauschuttmassen auf eine Menge von 2 500 t zurückgeführt seien.
Es sei die Beräumung sowie die Vorlage eines Ablaufplanes zur Beseitigung angeordnet
und insgesamt ein Zwangsgeld in Höhe von 10 000 DM angedroht worden. Mit Bescheid
vom 26. Mai 2000 sei zunächst ein Zwangsgeld in Höhe von 1 000 DM wegen Nichtvorlage
des Ablaufplanes festgesetzt worden.1021
Im Juli 2000 habe das Amtsgericht Halle-Saalkreis das Insolvenzverfahren der LTE
mangels Masse abgewiesen.1022
Der Zeuge Schatz fuhr fort, im August des Jahres 2000 sei bei einer Anlagenbegehung
durch das StAU Halle festgestellt worden, dass sich die Lagerhöhe der Baustellenabfälle im
Vergleich zu 1999 erhöht habe und die aussortierten Stoffe in nicht wesentlich veränderter
Menge am gleichen Ort lagerten. Daraufhin habe am 25. Oktober 2000 mit Vertretern des
StAU Halle, des Landkreises und der Gemeinde eine Beratung zur weiteren
Vorgehensweise, insbesondere zur Erfüllung der Verfügung vom Februar 2000,
stattgefunden. Der LTE sei aufgegeben worden, bis zum 31. Januar 2001 ein Konzept zur
Weiterführung der Recyclinganlage vorzulegen.1023
Im Dezember 2000 seien aus der Bevölkerung Hinweise an den Landkreis erfolgt, dass auf
das Gelände der LTE weiterhin Abfälle verbracht worden seien.
Mit Verfügung vom 20. Dezember 2000 sei der Anlagenbetreiber durch das StAU Halle
aufgefordert worden, ein prüffähiges wirtschaftliches Konzept zur Weiterführung des
Betriebes vorzulegen.
1020
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 11 f. (Vorsitzende Hunger/ Koch)
1021
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 18 (Schatz)
1022
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 19 (Schatz)
1023
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 19 (Schatz)
190
Im Januar 2001 habe sich das Regierungspräsidium Halle eingeschaltet und das StAU um
Vor-Ort-Kontrolle und Berichterstattung gebeten. Der ebenfalls angeschriebene und um
Bericht gebetene Landkreis Sangerhausen habe auf die Zuständigkeit des StAU Halle
verwiesen.
Die LTE habe bis zum 31. Januar 2001 das vom StAU geforderte Konzept nicht vorgelegt.
Das StAU habe daraufhin mit Verfügung vom 5. März 2001 das aus der Verfügung vom
21. Februar 2000 gegen die in Liquidation befindliche LTE angeordnete Zwangsgeld in
Höhe von 9 000 DM festgesetzt. Ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 25 000 DM sei
angedroht worden.1024
3.
Der Betrieb durch die Langbein Service GmbH und die Langbein KG
Am 6. März 2001, so der Zeuge Schatz, habe der Landkreis das StAU darüber informiert,
dass sich auf der Anlage die Langbein Service GmbH eingemietet habe, die laut
Gewerbeanmeldung unter anderem auch Bauschuttrecycling und den Handel mit
Schüttgütern ausüben wolle. Die Langbein Service GmbH sei am 22. November 1999 mit
Sitz in Brücken gegründet worden.
Im April 2001 habe das StAU beabsichtigt, gegenüber der LTE die Genehmigung vom
7. November 1995 zu widerrufen. Im Rahmen des Anhörungsverfahrens habe die Langbein
Service GmbH dem StAU jedoch glaubhaft gemacht, dass es sich bei ihnen um einen
neuen Betreiber handle, der bereits einige Tausend Tonnen Bauschutt abgefahren habe
und zudem einen Maßnahmeplan über das künftige Betriebskonzept vorlegen werde. Das
StAU habe somit keine rechtliche Grundlage mehr gesehen, die Betriebsgenehmigung zu
widerrufen.1025 Da kein Betriebskonzept vorgelegt worden sei, habe nochmals beim StAU
Halle eine Anhörung vor dem beabsichtigten Widerruf der Genehmigung stattgefunden. Der
erschienene Günter Langbein habe mitgeteilt, dass die bisherige Geschäftsführerin
abgelöst und nunmehr sein Sohn Hannes Geschäftsführer der Langbein Service GmbH sei
und dieser im Rahmen der bestehenden Genehmigung den gelagerten Abfall entsorgen
könne. Die Liquidation der LTE sei abgeschlossen. Die Langbein Service GmbH werde
jedoch nicht die Anlage übernehmen, weil sie die in der Anlage lagernden Abfälle nicht
übernehmen wolle.1026
Angesichts dessen sei das StAU zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Widerruf der
Genehmigung wegen der anstehenden Löschung der LTE im Handelsregister nicht mehr
infrage komme und eine Beseitigungsverfügung mangels eines neuen Betreibers noch
nicht möglich sei.
In einer Beratung mit Vertretern des Landkreises, der Verwaltungsgemeinschaft und der
Gemeinde habe das StAU nunmehr die Auffassung geäußert, dass das StAU nach dem
1024
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 19 (Schatz); Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 5. Februar 2010, S. 36 (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Discher)
1025
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 19 (Schatz)
1026
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 20 (Schatz)
191
BImSchG nicht mehr handeln könne und daher abfallrechtliche Maßnahmen in die
Zuständigkeit des Landkreises Sangerhausen fallen würden und zu prüfen seien.1027
Der Zeuge Schatz berichtete von einem weiteren Besprechungstermin im September 2001,
wo das StAU nochmals seine Rechtsauffassung bestätigt habe, dass die Genehmigung für
den Betrieb der Recyclinganlage mit der Löschung der LTE erloschen sei, kein neuer
Betreiber im Sinne des BImSchG vorhanden sei und daher weder Rücknahme noch
Widerruf möglich sei. Der Landkreis Sangerhausen habe bauordnungs- und abfallrechtlich
prüfen und die Gefahrenabwehrbehörde gegen die Grundstückseigentümer vorgehen
sollen.1028
Zu einem Protokoll des Referates 402 (Immissionsschutz, Chemikaliensicherheit,
Gentechnik, Umweltverträglichkeitsprüfung) im Landesverwaltungsamt aus dem Jahre
2001, in dem erhebliche Zweifel über das Fortbestehen des Genehmigungsbescheides
geäußert worden seien, sagte der Zeuge Damaschke aus, dieses Protokoll sei rechtlich
nicht haltbar. Darin werde die Auffassung vertreten, dass die Genehmigung aufgrund der
Insolvenz der LTE erloschen sei. Die Genehmigung sei aber eine Realgenehmigung und
keine Personalkonzession und gelte als solche fort. Der Rechtsbeistand des Betreibers
habe lückenlos dokumentiert, dass die Anlage auf der Grundlage dieses
Genehmigungsbescheides betrieben worden sei. Zum Erlöschen der Genehmigung hätte
es eines Stillstandes der Anlage über mindestens drei Jahre bedurft, und der sei nicht
gegeben gewesen.1029
Nachdem die zuständige Verwaltungsgemeinschaft dem Umweltamt des Landkreises
mitgeteilt habe, dass wieder Herr Günter Langbein Geschäftsführer der Langbein Service
GmbH sei, habe das Umweltamt am 20. August 2003 eine Ortsbesichtigung durchgeführt.
Diese habe, so der Zeuge Schatz, neben den noch immer gelagerten Altablagerungen
einen geordneten und aufgeräumten Eindruck des Grundstücks ergeben. Die Sortieranlage
sei nach Auskunft des Geschäftsführers vorwiegend mit mineralischen Abfällen aus der
noch vorhandenen Altablagerung beschickt worden. Altholz sei noch angenommen,
geschreddert und in das Holzheizkraftwerk Mansfelder Land nach Helbra geliefert worden.
Für die gelagerten Folien aus der Altablagerung habe es noch keine Lösung gegeben.1030
Mit Schreiben vom 25. August 2003 habe der Landkreis dem Regierungspräsidium Halle
mitgeteilt, dass Herr Günter Langbein laut Eintragung im Handelsregister vom 30. Juni
2003 seinen Sohn Hannes Langbein als Geschäftsführer der Langbein Service GmbH
abgelöst habe. Weiterhin habe man nochmals daran erinnert, dass die Anlage illegal
betrieben würde. Gleichzeitig sei um Klärung der weiteren Vorgehensweise gebeten
worden.1031
Am 14. Oktober 2003 habe es einen Ortstermin mit Vertretern des Regierungspräsidiums,
des Landkreises, der Verwaltungsgemeinschaft, dem stellvertretenden Bürgermeister und
1027
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 20 (Schatz)
1028
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 20 (Schatz)
1029
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 11 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Damaschke), so auch S. 28 (Vorsitzende Hunger/ Dr. Discher)
1030
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 20 (Schatz)
1031
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 20 (Schatz)
192
Herrn Langbein sowie einer Mitarbeiterin des Unternehmens gegeben. Es sei festgestellt
worden, dass der Betrieb ohne Genehmigung geführt werde.1032
Am 16. März 2004 sei eine Gewerbeanmeldung durch Herrn Günter Langbein für die
Langbein KG mit unter anderem den Gewerben Containerdienst, Bauschuttrecycling und
Verkauf von Recyclingmaterial erfolgt. Eine identische Gewerbeanmeldung sei durch den
Enkel, Herrn Nico Langbein, erfolgt.
Am 28. Juni 2004 habe die Langbein KG beim Regierungspräsidium Halle einen Antrag zur
Genehmigung einer Bauschuttsortieranlage einschließlich Brecher- und Siebanlage sowie
einer Holzschredderanlage eingereicht. Nur einen Tag später habe die Langbein Service
GmbH Insolvenz angemeldet.1033
Am 4. Juli 2004 habe der Landkreis nochmals das Landesverwaltungsamt über den
ungenehmigten Anlagenbetrieb informiert, welches am 9. August 2004 eine
Ortsbesichtigung vorgenommen habe.
Im November 2004 habe das Landesverwaltungsamt beabsichtigt, gegen die Langbein KG
eine Beseitigungsverfügung hinsichtlich der gelagerten Abfälle und einen Annahmestopp
für weitere Abfälle zu erlassen. Weiterhin sei der Langbein KG Ende November 2004
Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden, bevor ihr Antrag auf Genehmigung einer
Bauschuttsortieranlage abgelehnt werden sollte.1034
Nach einer Beratung am 25. November 2004 habe die Langbein KG ihren Antrag
zurückgenommen und angekündigt, einen Antrag auf Genehmigung der Lagerung von
Abfällen zu stellen, um den Betrieb fortzusetzen und eine Beräumung der Anlage
vornehmen zu können.1035
4.
Zusammenarbeit von Landesverwaltungsamt und Landkreis nach der Ersten
Funktionalreform
Der Zeuge Dr. Discher legte dar, die immissionsschutzrechtlichen Zuständigkeiten seien im
Zuge der Ersten Funktionalreform zum 1. Januar 2005 an den Landkreis gegangen. Die
abfallrechtlichen Zuständigkeiten hätten demgegenüber schon immer beim Landkreis
gelegen.1036 Dieser hätte ab dem 1. Januar 2005 immissionsschutzrechtlich und
abfallrechtlich tätig werden können.1037
1032
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 20 (Schatz)
1033
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 21 (Schatz).
1034
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 21 (Schatz)
1035
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 21 (Schatz)
1036
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 30 (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Discher); vgl. auch Niederschrift über die 18. - öffentliche Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Februar 2010, S. 22 (Damaschke)
1037
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 35 f. (Abgeordneter Rosmeisl/ Dr. Discher)
193
Im Mai 2005 habe der Landkreis das Landesverwaltungsamt informiert, dass die insolvente
Langbein Service GmbH Abfallcontainer veräußere, die zum Teil noch mit Abfällen gefüllt
seien. Zu diesem Zeitpunkt sei auf der Grundlage des Ersten Funktionalreformgesetzes die
Zuständigkeit für die Recyclinganlage in Riestedt auf den Landkreis übergegangen; dem
Landkreis seien jedoch keine Genehmigungs- und Überwachungsunterlagen durch das
Landesverwaltungsamt vorgelegt worden, so der Zeuge Schatz. Mit Verfügung vom
8. August 2005 habe der Landkreis Herrn Günter Langbein die Lagerung von Abfällen und
insbesondere das weitere Entleeren von mit Abfall gefüllten Containern untersagt.1038
Auf die Frage, weshalb es bis Mitte 2006 gedauert habe, bis der Landkreis den
Genehmigungsbescheid von 1995 erhalten habe, obwohl bereits am 1. Januar 2005 die
Übertragung der Pflichten der unteren Abfallbehörde auf den Landkreis erfolgt sei, 1039 sagte
der Zeuge Koch aus, in Artikel 13 des Gesetzes über die Verwaltungsstrukturreform sei
geregelt, dass nur Anlagen und Unterlagen übergeben werden, bei denen ein
Abarbeitungsstand zu verzeichnen sei, bei denen keine Widersprüche etc. vorliegen. Bei
dieser Anlage sei noch ein Widerspruchsverfahren anhängig gewesen, sodass es auch
nicht zu einer früheren Übergabe der Unterlagen habe kommen können. Bis Februar oder
März 2007 habe die Zuständigkeit beim Landesverwaltungsamt gelegen.1040
Der Zeuge Hooper legte dazu dar, dass es zu dieser Übertragung erst im März 2007
gekommen sei, nachdem im Oktober die RPR dort einen Betreiberwechsel angezeigt
gehabt habe und der Landkreis Sangerhausen der Auffassung gewesen sei, dass die
ursprüngliche Genehmigung von 1995 keinen Bestand mehr haben könne. Bis zu diesem
Zeitpunkt seien dem Landkreis Sangerhausen noch keinerlei Unterlagen zur Verfügung
gestellt worden, trotz mehrfacher Aufforderung des Landkreises. Dies sei erst erfolgt, als im
März 2007 die abschließende Wertung der oberen Immissionsschutzbehörde vorgelegen
habe, mit der Folge, dass diese Altgenehmigung Bestand habe. Im Anschluss daran seien
die Unterlagen an den Landkreis übergeben worden, sodass erst ab diesem Zeitpunkt eine
ordnungsgemäße Wahrnehmung der Aufgaben möglich gewesen sei.1041
Zur Dauer der Bearbeitung des Widerspruchs - das endgültige Gespräch habe am
12. Dezember 2007 stattgefunden, der Widerspruch sei am 29. November 2004 beim
Landesverwaltungsamt eingegangen, führte der Zeuge Koch aus, sie hätten oft erlebt, dass
das Landesverwaltungsamt selbst dringlichste Vorgänge sehr, sehr lange bearbeite,1042
dass Unterlagen verloren gegangen seien.1043
Der Darstellung der Zeugen Schatz, Hooper und Koch ist der Zeuge Damaschke
entgegengetreten. Dieser sagte aus, offene, nicht abgeschlossene Vorgänge seien im Zuge
der Ersten Funktionalreform vom Landesverwaltungsamt zu Ende bearbeitet und dann
übergeben worden. Das habe die Genehmigungsverfahren betroffen. Offene eingreifende
1038
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 21 (Schatz)
1039
Vgl. auch Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 28. August 2009, S. 20 (Abgeordneter Kley/ Koch) Zuständigkeit des Landkreises, so auch Hooper S. 32
1040
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 13 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Koch), vgl. auch S. 36 (Abgeordneter Lüderitz/ Hooper)
1041
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 32 (Vorsitzende Hunger/ Hooper), vgl. auch S. 53 f. (Vorsitzende Hunger/ Beyer)
1042
Vgl. dazu auch Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 28. August 2009, S. 19 (Abgeordneter Graner/ Koch)
1043
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 14 (Abgeordneter Lüderitz/ Koch), vgl. auch S. 15 (Abgeordneter Lüderitz)
194
Verwaltungsakte zu Riestedt kenne er nicht, weil die Anlage nicht in seinem Bereich
gelegen habe. Er müsse aber klarstellen, dass keine offenen Verwaltungsvorgänge
vorgelegen hätten, die ein Tätigwerden oder ein weiteres Tätigwerden des
Landesverwaltungsamtes aufgrund der Zuständigkeitsänderungen oder der dort
gegebenen Maßgaben hätten begründen können. Es habe keine Rechtsgrundlage für ein
Handeln des Landesverwaltungsamtes in eigener Zuständigkeit gegeben. Es sei veranlasst
worden, dass der Landkreis handelt.1044
Der Zeuge erklärte weiter, die Anlage sei eine so genannte Spalte-2-Anlage nach der
4. BImSchV, eine Abfallbehandlungsanlage, Bauschuttrecycling- bzw. BaustellenRestabfallsortieranlage, die seinem Bereich nicht zugeordnet gewesen sei. 1045 Die
Genehmigung sei den Immissionsschutzbehörden übertragen worden, mit der
immissionsschutzrechtlichen Kontrolle aus der Genehmigung heraus. Die abfallrechtliche
Überwachung habe bei den Abfallbehörden gelegen.
Deshalb sei es nicht richtig, sich auf diese Unterlagen zu beziehen, weil die Unterlagen aus
der abfallrechtlichen Überwachung und andere Unterlagen beim Landkreis gelegen hätten.
Die Landkreise seien immer in den Genehmigungsverfahren beteiligt gewesen und die
Unterlagen des Genehmigungsverfahrens seien ihnen zugestellt worden, weil nur auf
Grundlage
dieser
Unterlagen
die
Überwachungsmaßnahmen
aus
dem
Genehmigungsbescheid heraus hätten durchgeführt werden können. Tatsächlich sei es so
gewesen, dass das letzte Archivexemplar aus dem Genehmigungsverfahren aus den
90er-Jahren dem Landkreis erst auf Nachfrage 2007 übergeben worden sei.1046
Der Zeuge Dörffel sagte zum Bereich Riestedt aus, er sei in diesem Einzelfall nicht bis ins
Detail informiert. Ihm seien zumindest keine Tatsachen bekannt, die gegen einen Übergang
der Zuständigkeiten sprechen, wie er gesetzlich oder zum 1. Januar 2005 geregelt worden
sei. Insoweit sei eine Zuständigkeit des Landkreises ab 1. Januar 2005 gegeben gewesen.
Was die Übergabe der Akten und die Möglichkeit des Landkreises zu handeln angehe,
liege dem Zeugen Dörffel zumindest die Information vor, dass der Genehmigungsbescheid
schon rechtzeitig im Landkreis vorhanden gewesen sei. Dass es unterschiedliche
Auffassungen gegeben habe, insbesondere zwischen dem vormaligen StAU, dem
Regierungspräsidium und dem Landkreis, sei ihm aus dem Bericht deutlich geworden.1047
Auf die Frage, ob der Landkreis mit der Problembewältigung dieser Deponie im
Wesentlichen allein gelassen wurde, antwortete der Zeuge Dr. Aeikens, der Landkreis habe
Zuständigkeiten im Rahmen der Funktionalreform übertragen bekommen, und er gehe
davon aus, dass, wenn Landkreise Zuständigkeiten übernehmen, sie auch in der Lage
seien, diese Zuständigkeiten wahrzunehmen. Dass von vorgesetzten Behörden
Hilfestellung im Rahmen der Fachaufsicht gegeben werde, sei in Sachsen-Anhalt übliche
Praxis. Wie intensiv das in diesem Fall stattgefunden habe, entziehe sich seiner Kenntnis.
1044
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 12 ff., 17 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Damaschke)
1045
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 5 (Vorsitzende Hunger/ Damaschke)
1046
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 7 f. (Vorsitzende Hunger/ Damaschke), S. 11 (Abgeordneter Lüderitz/ Damaschke),
S. 23 (Abgeordneter Rosmeisl/ Damaschke), S. 22 f. (Abgeordnete Rosmeisl/ Damaschke) Genehmigungsakte
vollständig beim Landkreis, S. 23 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Damaschke) zur Hallenser Regelung
1047
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 125, 127 (Abgeordneter Kley/ Dörffel)
195
Das sei ein Thema, das in erster Linie seitens des Landesverwaltungsamtes und des
Kreises diskutiert werden müsse.1048
5.
Der Betrieb durch die RPR
a.
Betreiberwechsel
Der Zeuge Schatz brachte vor, dass die RPR Recycling Park Riestedt GmbH (RPR), in
Gründung, dem Landkreis Sangerhausen am 10. Oktober 2006 den Betreiberwechsel
angezeigt habe. Als Geschäftsführer seien Herr Karsten Hanusa und als Prokurist und
Betriebsleiter Herr Bernd Cäsar benannt worden.1049
Der Landkreis habe das Landesverwaltungsamt am 11. Oktober 2006 über den
Betreiberwechsel und deren Bestreben, in die Altgenehmigung von 1995 einzusteigen,
informiert. Weiterhin sei darauf verwiesen worden, dass dem Landkreis im Rahmen des
Zuständigkeitswechsels ab dem 1. Januar 2005 nach wie vor keine Verfahrensakten vom
Landesverwaltungsamt übergeben werden, und man habe um Prüfung des Sachverhaltes
und der weiteren Verfahrensweise gebeten.1050
Zu diesem Vorgang meinte der Zeuge Koch, er habe Herrn Cäsar damals abgeraten und
ihn in einem Gespräch darauf hingewiesen, wenn er die Betreibung übernehmen sollte,
müsse er diese Sortieranlage mit einem sehr stabilen Zaun zu dem Zwischenlager baulich
abgrenzen. Er habe verhindern wollen, dass dieser in den Nachtstunden illegal
Bewegungen auf dem Gelände vornehme. Herr Cäsar habe mit dem
Landesverwaltungsamt verhandelt und habe sich ein halbes Jahr später bei ihnen als neuer
Betreiber angemeldet. Im Rahmen einer Behördenkonferenz Ende des Jahres 2006 habe
er versucht, das Landesverwaltungsamt zu überzeugen, Herrn Cäsar die Mitteilung zu
geben, dass die Genehmigung nicht übertragbar sei, auch wenn dies rechtlich nicht ganz
sauber gewesen wäre.1051
Der Zeuge Schatz erklärte, am 12. Dezember 2006 habe die RPR dem Landkreis mitgeteilt,
dass am 20. Dezember 2006 der Probebetrieb aufgenommen werde und ab dem
22. Januar 2007 der Regelbetrieb geplant sei. Über diesen Sachverhalt sei das
Landesverwaltungsamt am 14. Dezember 2006 informiert worden. Der RPR sei seitens des
Landkreises am 18. Dezember 2006 mitgeteilt worden, dass man von dem Erlöschen der
Altgenehmigung ausgehe und die Inbetriebnahme als einen Betrieb ohne Genehmigung
ansehe und dementsprechende Maßnahmen einleiten werde.1052
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2006 sei das Landesverwaltungsamt nochmals über die
illegale Inbetriebnahme informiert, die beabsichtigte Stilllegung mitgeteilt und wiederholt um
1048
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 57 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Aeikens)
1049
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 19 (Schatz)
1050
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 21 (Schatz)
1051
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 8 (Vorsitzende Hunger/ Koch)
1052
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 22 (Schatz)
196
Übersendung der Genehmigungs- und Überwachungsunterlagen gebeten worden. Die
RPR habe gegen das Schreiben vom 18. Dezember 2006 Einspruch eingelegt und habe
sich unter Darstellung der Sachlage mit Schreiben vom 17. Januar 2007 an den damaligen
Landrat gewandt.1053
Mit dem Betreiberwechsel, so der Zeuge Koch, seien sie daran interessiert gewesen, die
Altlast sukzessive zu beseitigen. Herr Cäsar habe sich mit seinem Konzept angeboten und
eine gute fachliche Begleitung mitgebracht. Es habe sich aber schnell gezeigt, dass er in
der Realisierung seiner Versprechungen nicht zuverlässig sei. Bei jeder Verfügung habe er
mit einer gewissen Kooperationsfähigkeit reagiert und dann habe die Verwaltung ihm
Gelegenheit geben müssen, die Maßnahmen abzuarbeiten. Aber jedes Mal, wenn die Frist
abgelaufen gewesen sei, hätten sie wieder vor demselben Problem gestanden.1054
b.
Die Frage des Fortbestehens der Genehmigung
Der Zeuge Schatz sprach davon, dass am 12. Februar 2007 beim Landesverwaltungsamt
eine Beratung zur Übernahme der Anlage mit Vertretern des Landesverwaltungsamtes, des
Landkreises Sangerhausen und der RPR stattgefunden habe. Das Landesverwaltungsamt
habe zugesagt, anhand der Aktenlage den Status des Genehmigungsbescheides vom
6. November 1995 zu prüfen und alle Beteiligten zu informieren.1055
Mit Schreiben vom 16. März 2007 habe das Landesverwaltungsamt mitgeteilt, dass die
1995 erteilte Genehmigung fortbestehe. Zur Begründung sei ausgeführt worden, dass die
Dreijahresfrist, die zum Erlöschen einer Genehmigung wegen Nichtbetreibens führe, nicht
eingetreten sei, weil nach Erlöschen der LTE die neu angemeldeten Firmen den
Betriebszweck - wenn auch ordnungswidrig - weiter verfolgt hätten. Mit diesem Schreiben
seien auch die Genehmigungs- und Überwachungsunterlagen zur Recyclinganlage an den
Landkreis übersandt worden.1056
Zu dem Vorgang bekundete der Zeuge Dr. Discher, die RPR und der Landkreis
Sangerhausen hätten zur Gültigkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung aus
dem Jahr 19951057 angefragt. Der Geschäftsführer der RPR habe angerufen und gesagt, er
habe eine Anzeige zum Betreiberwechsel an den Landkreis geschickt und im Dezember
2006 die Mitteilung bekommen, dass nach Auffassung des Landkreises die Genehmigung
erloschen sei. Auf Bitte der RPR und des Landkreises habe es eine Besprechung am
12. Februar 2007 im Landesverwaltungsamt in Halle gegeben.1058 Als Ergebnis der
1053
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 22 (Schatz)
1054
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 8 f. (Vorsitzende Hunger/ Koch), vgl. auch S. 15 (Koch)
1055
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 22 (Schatz)
1056
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 22 (Schatz)
1057
Vgl. dazu Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 5. Februar 2010, S. 30 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Discher) „Selbstanzeige“ der Zusammenstellung der RPR im
Zusammenhang mit der Frage nach der Gültigkeit der Genehmigung, vgl. dazu S. 13 f. (Abgeordneter Lüderitz
/Damaschke)
1058
Vgl. dazu auch Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 5. Februar 2010, S. 31 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Discher) und S. 36 f. (Vorsitzende
Hunger/ Dr. Discher) zur Zeitspanne der Anfrage der RPR und der Reaktion des Landkreises
197
Besprechung habe es Anfang März 2007 ein Schreiben an den Landkreis mit dem Inhalt
gegeben, dass das Landesverwaltungsamt der Auffassung sei, dass die Genehmigung aus
dem Jahre 1995 nicht erloschen sei.1059
Der Streit, ob die Genehmigung erloschen sei, so der Zeuge Dr. Discher, habe seit dem
Jahr 1996 oder 2000 getobt. Der Landkreis habe das StAU immer gebeten, die
Genehmigung zu widerrufen. Es könne jedoch nur eine bestehende Genehmigung
widerrufen werden. Das StAU habe lange die Meinung vertreten, dass die Genehmigung
erloschen sei. Es hätte auch niemals eine Klärung zwischen StAU und Landkreis
herbeigeführt werden können, weil die Staatlichen Ämter für Umweltschutz keinerlei
fachaufsichtlichen Aufgaben gegenüber den Landkreisen gehabt hätten. Bei einer nicht
möglichen Einigung hätte das Regierungspräsidium die Entscheidung treffen müssen, ob
die Genehmigung erloschen sei oder nicht. Das hätten sie, nachdem ihnen das Problem
wieder angetragen worden sei, letztendlich getan.1060
Der Zeuge Dörffel sagte aus, das Landesverwaltungsamt sei sehr deutlich und rechtlich
zutreffend davon ausgegangen, dass die Genehmigung nicht erloschen sei, dass die
Anlage insoweit nach wie vor in Betrieb gewesen und demzufolge auch entsprechend vom
Landkreis zu überwachen gewesen sei. Insoweit habe es hier wohl Probleme in der
Kommunikation gegeben.1061 Es habe wiederholt Verstöße gegen die Genehmigung
gegeben, worauf die Behörden reagiert hätten. Es sei aber nicht gerechtfertigt gewesen,
eine Anordnung nach § 20 BImSchG - Betriebseinstellung - zu treffen.1062
Zum gleichen Vorgang befragt antwortete der Zeuge Koch, er habe im Jahre 2005 mit der
Unterstützung eines Rechtsanwaltes versucht, das Landesverwaltungsamt davon zu
überzeugen, die Genehmigung außer Kraft zu setzen. Er habe ein entsprechendes
Schreiben an das Landesverwaltungsamt geschickt. Das Landesverwaltungsamt habe
darauf erst auf Nachfrage reagiert und es habe Gespräche dazu gegeben. Dem Vorschlag
sei das Landesverwaltungsamt nicht gefolgt. Der Zeuge Koch merkte an, dass er dieses
Schreiben nicht gefunden habe, als er vor einem Jahr im Rahmen des
Disziplinarverfahrens gegen ihn unter Aufsicht alle Unterlagen, alle Ordner zu dieser
Anlage eingesehen habe. Mindestens zwei Mitarbeiter, u. a. Frau Hund, könnten aber
bezeugen, dass dieses Schreiben von ihm unterschrieben und abgeschickt worden sei.1063
c.
Die Frage der Änderung der Genehmigung
Auf die Frage nach den Möglichkeiten, die in seinen Augen fehlerhafte Genehmigung
nachzubessern, sagte der Zeuge Hooper aus, eine Rücknahme sei nicht ohne Weiteres
möglich gewesen. Die Genehmigung sei hinsichtlich der Mengenbegrenzung insoweit nicht
mehr heilbar gewesen, denn es hätten zu dem Zeitpunkt, als der Landkreis Sangerhausen
1059
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 27 f. (Vorsitzende Hunger/ Dr. Discher)
1060
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 37 (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Discher)
1061
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 125 f. (Abgeordneter Kley /Dörffel), S. 127 (Abgeordneter Rosmeisl/ Dörffel)
1062
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 128 (Abgeordneter Kley /Dörffel)
1063
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 14 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Koch)
198
2007 die Unterlagen vom LAU bzw. vom Landesverwaltungsamt übertragen bekommen
habe, 100 000 t Abfall gelegen. Da habe es wenig Sinn gemacht, diesbezüglich zu
konkretisieren. Wichtig sei es gewesen, erst einmal wieder einen Zustand herzustellen, der
einen ordnungsgemäßen Anlagenbetrieb ermögliche. Das sei mit der Beräumung
beabsichtigt gewesen. Sie hätten, wenn diese Beräumung nach ihren Vorstellungen erfolgt
wäre, sukzessive über die nachträgliche Anordnung alles nachgebessert, was in der
Genehmigung offen oder nicht ausreichend definiert gewesen sei.1064
Zur
Möglichkeit
der
Änderung
des
Genehmigungsbescheides
durch
das
Landesverwaltungsamt antwortete der Zeuge, eine solche Änderung wäre erforderlich
gewesen.1065 Einer Änderung der Genehmigung als solche hätte es nicht bedurft, aber
bestimmte
Punkte hätten modifiziert
werden müssen,
zum
Bespiel die
Lagermengenbegrenzung oder eine Auflage, die Herstellung eines Feuerlöschteiches.
Diese sei bis zu dem Zeitpunkt nicht erfüllt gewesen, obwohl sie auch Gegenstand der
Genehmigung gewesen sei.1066
Zur gleichen Frage führte der Zeuge Dr. Discher aus, die Langbein KG habe im Jahre 1994
begonnen, ein immissionsschutzrechtliches Verfahren zu führen, um andere
Geschäftszwecke oder einen anderen Zweck auf der Anlage verfolgen zu können. Dieser
Genehmigungsantrag sei aber im November 2004 zurückgezogen worden. Er meine, wenn
man etwas anderes hätte verfolgen wollen, als in dem Genehmigungsbescheid stehe, dann
hätte man eine andere Genehmigung gebraucht. Sie hätten die Auffassung vertreten, dass
die Genehmigung aus dem Jahre 1995 noch gelte, dass aber Dinge, die auf dem Gelände
stattfanden, nicht durch den Genehmigungsinhalt gedeckt seien.1067
Auf Vorhalt eines Vermerkes vom 1. April 2008 zum Verwaltungsverfahren RPR:
„Hinterlassen wurden geschätzt 100 000 t Bauabrissabfälle der Firma LTE.“
sagte der Zeuge Damaschke aus, hier würden Sachen mit hineingetragen, die auf die
80er-Jahre zurückgingen. Dieser Bauschuttberg habe schon in den 80er-Jahren da
gelegen. Das sei faktisch schon eine Deponie gewesen. Nach Auflassung dieses Geländes
habe sich eine Abfallentsorgungsfirma etabliert und auf diesem Gelände liege noch diese
Bauschuttdeponie. Diese Mengen werden hier immer in einem Atemzug genannt. Für einen
solchen Bauschuttberg, der sich wie eine Deponie darstelle und der seit 30 Jahren Bestand
habe, gebe das Land kein Geld aus, um einen solchen Zustand zu beräumen. Wenn auf
diesem Gelände schon seit vor dem Jahr 1990 angehäufter Bauschutt liege, hindere das
aber nicht daran, irgendwelche Tätigkeiten auf diesem Gelände vorzunehmen oder eine
Genehmigung für andere Betriebszwecke zu erteilen. Dass der in Rede stehende Vermerk
von ihm, dem Zeugen Damaschke, unterzeichnet sei, bestritt der Zeuge. 1068 Auf weiteren
Vorhalt aus dem Vermerk:
1064
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 42 (Abgeordneter Graner/ Hooper)
1065
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 43 (Abgeordneter Lüderitz/ Hooper)
1066
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 46 f. (Vorsitzende Hunger/ Hooper)
1067
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 30 (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Discher)
1068
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 15 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Damaschke)
199
„in der Stoffe aus in Haushaltungen anfallenden oder hausmüllähnlichen Abfällen, auf
die die Vorschriften des KrW-/ AbfG Anwendung finden, durch Sortieren für den
Wirtschaftskreislauf zurückgewonnen werden.“
und dass selbst die AVV 20 03 01 - Gewerbliche Siedlungsabfälle - durch die Zulassung
aus dem Jahr 1995 gedeckt sei, äußerte der Zeuge Damaschke, dass sie im Zeitraum ab
1993 bis zu dem fraglichen Zeitraum erhebliche Rechtsänderungen gehabt hätten. Diese
vorgehaltene Formulierung sei die konkrete, komplette Übernahme aus der Formulierung
der 4. BImSchV. Das sei die Interpretation. Hier gehe es nicht um Bauabbruchabfälle, die in
der Anlage behandelt worden seien, sondern um Baustellenabfälle. Diese Abfallarten seien
nicht ausgeschlossen gewesen. Es ginge hier nicht um Steine, Beton oder Ähnliches, was
recycelt worden sei, sondern es seien auch Mischabfallchargen dabei gewesen. Das
Problem habe darin bestanden, dass der Anteil dieser Abfälle nicht der Genehmigung
entsprochen habe. Im Jahr 2007 habe offensichtlich eine Verschiebung der Abfallströme in
der Anlage stattgefunden und es seien maßgeblich die Plastikabfälle zum Tragen
gekommen. Diese Verschiebung sei von der Ursprungsgenehmigung nicht mehr gedeckt
gewesen.1069
Auf die Frage, ob es 2007, als er die Anlage in Augenschein genommen habe, nicht
angebracht gewesen wäre, dem Landkreis eine Weisung zu erteilen, um eine Änderung der
Genehmigung herbeizuführen, sagte der Zeuge Damaschke aus, er könne auf das
Prüfproblem und darauf hinweisen, dass es Handlungsbedarf gebe, er könne das
Ermessen des Landkreises aber nicht so weit einschränken, dass er konkrete Anweisungen
gebe. Das würde vor Gericht nicht standhalten.1070
Der Zeuge ergänzte, er habe die Anlage in Riestedt 2005 oder 20061071 im Zusammenhang
mit einer anderen Anlage das erste Mal von außen gesehen. Die Anlage sei verschlossen
gewesen. Sie sei zumindest in geringem Umfang mit mehr Abfällen belegt gewesen, als
nach Genehmigung zulässig gewesen sei. Dieses Problem würde sich ständig bei
Abfallentsorgungsanlagen durch das Wechselspiel zwischen Annahme, Entsorgung,
Engpässen und Ähnlichem stellen. Das sei für die Branche nicht immer untypisch.1072
Er kenne nachfolgend nur die Mitte 2007 gefertigten Luftaufnahmen. 1073 Auf die
Feststellung hin, er habe bei seiner Kontrolle immissionsschutzrechtlich keine
Beanstandungen gehabt und daraus auch keinen Handlungsbedarf für die Anlage gesehen,
äußerte der Zeuge, im Anfangsstadium nicht. Der rechtliche Handlungsbedarf sei dann in
einem Schriftsatz an den Landkreis erläutert worden.1074
1069
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 16 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Damaschke)
1070
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 18 f. (Vorsitzende Hunger/ Damaschke)
1071
Vgl. Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 19 (Vorsitzende Hunger/ Damaschke) zum Termin der Vorortbegehung
1072
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 7 (Vorsitzende Hunger/ Damaschke)
1073
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 7 f. (Vorsitzende Hunger/ Damaschke)
1074
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 9 (Vorsitzende Hunger/ Damaschke), S. 21 (Abgeordneter Rosmeisl/ Damaschke)
200
d.
Die Frage der Anordnung einer Sicherheitsleistung
Der Zeuge Koch sagte aus, es sei darüber diskutiert worden, ob im Nachgang der
Anlagengenehmigung eine Sicherheitsleistung festgelegt werden könne. Eine
entsprechende Festlegung hätte erfolgen können, aber bis 2007 habe das
Landesverwaltungsamt nicht gehandelt. Es habe dann Verhandlungen mit dem
Anlagenbetreiber über die ordnungsgemäße Führung des Anlagenbetriebes gegeben. In
einer solchen Situation habe man eine derartige Verschärfung über eine Nebenbestimmung
nicht vornehmen wollen. Die Sicherheitsleistung wäre von enormer Höhe gewesen. Der
Betreiber hätte sie sofort auf einem Konto hinterlegen müssen. Das hätte dessen faktisches
Aus bedeutet. Bei einer neuen Genehmigung wäre das so erfolgt und werde in der
Kreisverwaltung Mansfeld-Südharz auch so gehandhabt.1075
Zur Sicherheitsleistung, so der Zeuge Dr. Discher, gebe es eine Handlungsempfehlung
vom Landesverwaltungsamt, die allen Landkreisen zur Verfügung gestellt worden sei. Es
sei geregelt, dass von einer Sicherheitsleistung abgesehen werden könne, wenn es sich
zum Beispiel um einen öffentlichen Rechtsträger handle oder wenn die Abfälle einen
positiven Marktwert haben. Weshalb es vorliegend die Empfehlung gegeben haben soll,
dass eine Sicherheitsleistung nicht erforderlich sei, könne er nicht sagen, da dies nicht sein
Bereich sei. Es habe die Regelung gegeben, dass über die Höhe und das Erfordernis der
Sicherheitsleistung der Abfallbereich entscheide.1076
Auf Vorhalt eines Zitates aus einem Schriftwechsel von Frau Kussmann mit dem
Landesverwaltungsamt:
„Zumindest im Fall Riestedt dürfte sich die Berechnung der Höhe der
Sicherheitsleistung wegen mangelhaften Vorgaben des Genehmigungsbescheides
jedoch schwierig gestalten. Von einem Widerspruch und anschließender Klage mit
hohem Prozessrisiko für den Landkreis, ebenso die Stilllegungsverfügung betreffend,
muss ausgegangen werden. Beklagt ist bereits die Verfügung vom 22.04.“
legte der Zeuge Dr. Discher dar, dass es durchaus üblich sei, die Abfallentsorgungsanlagen
zu besichern. Es gebe immer den Vorwurf, dass in dem Genehmigungsbescheid
Lagerflächen und Lagermengen nicht ordnungsgemäß angegeben worden seien. Das sei
aus seiner Sicht so nicht richtig. Die Lagermengen würden sich auf den Umfang des
Genehmigungsbescheides beziehen. Die Sicherheitsleistungen würden nicht dafür
erhoben, was sich tatsächlich in der Anlage befindet, es sei denn, die Anlage sei
überfrachtet, sondern es werde darauf abgestellt, was man dort entsprechend der
Genehmigung hätte lagern dürfen.1077
Der Zeuge ergänzte, Sicherheitsleistungen für die Abfallentsorgungsanlagen seien erst
später ins Gesetz gekommen. Es habe eine Übergangsfrist bis zum 30. Oktober 2007
gegeben. Zu der Zeit, als das Landesverwaltungsamt immissionsschutzrechtlich zuständig
gewesen sei, sei die Anlage nicht dermaßen überfrachtet gewesen. Auf seinen, aus dem
grafischen Informationssystem des Landes mitgebrachten, Luftbildern von Ende 2005
1075
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 16 ff. (Abgeordneter Lüderitz/ Koch), vgl. auch S. 38 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Hooper)
1076
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 33 (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Discher)
1077
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 34 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Discher)
201
könne man erkennen, dass sich die Abfallberge, die später, offensichtlich erst nach März
2007, durch die RPR angehäuft worden seien, auf dem Gelände damals nicht befunden
hätten und das Gelände ziemlich aufgeräumt gewesen sei. Es habe im Jahr 2004 eine
Anlagenkontrolle durch ihre Mitarbeiter im Zusammenhang mit dem angefangenen
Genehmigungsverfahren gegeben. In dem Protokoll stehe, dass das Gelände einen
lockeren und insgesamt aufgeräumten Eindruck mache. Demgegenüber seien auf anderen
Bildern aus dem Jahr 2008 die geschätzten 100 000 t zu sehen.1078
e.
Annahmestopp, Stilllegungs- und Beräumungsverfügung
Der Zeuge Schatz führte aus, dass der Landkreis am 17. Februar 2007 durch einen Bürger
über die Anlieferung einer größeren Anzahl gepresster Ballen mit Kunststoffabfällen
informiert worden sei. Hierüber sei umgehend das Landesverwaltungsamt in Kenntnis
gesetzt worden. Bei einer Kontrolle am 1. März 2007 sei die Lagerung von 800 bis 1 000 t
gemischter Siedlungsabfälle sowie Kunststoff und Gummi festgestellt worden, die durch die
Genehmigung nicht gedeckt gewesen sei. Es sei gegenüber dem Anlagenbetreiber durch
den Landkreis mündlich ein sofortiger Annahmestopp ausgesprochen worden. Mit
Schreiben vom 2. März 2007 sei die RPR wegen des ungenehmigten Anlagenbetriebes vor
Erlass einer Verfügung zur Stilllegung angehört worden. Das Landesverwaltungsamt sei
informiert und gebeten worden, das Ergebnis der in der Beratung am 12. Februar 2007
zugesagten Prüfung zum Bestand der Altgenehmigung mitzuteilen sowie die Unterlagen bis
spätestens zum 19. März 2007 zu übergeben.1079
In dem Mitte März 2007 gefertigten Schreiben des Landesverwaltungsamtes zur
Fortgeltung der Genehmigung sei nach Darstellung des Zeugen Dr. Discher ausgeführt
worden, dass insbesondere die Ablagerung von Plastikabfällen und Ähnlichem auf dem
Gelände in Riestedt durch die Genehmigung nicht gedeckt sei und dass nach ihrer
Auffassung ein Einschreiten des Landkreises nach dem BImSchG gerechtfertigt sei. Das
sei dann eine Woche oder 14 Tage später durch den Landkreis erfolgt. Er habe eine
Stilllegungsverfügung erlassen und in dieser Stilllegungsverfügung die Menge der zu
beräumenden Abfälle auf ca. 800 bis 1 000 t geschätzt.1080
Die Reaktion des Landkreises auf das Prüfergebnis des Landesverwaltungsamtes bestand
nach Bekunden des Zeugen Schatz darin, dass am 20. März 2007 mit der RPR, deren
Bevollmächtigtem und Vertretern des Umweltamtes die Anhörung zur beabsichtigten
Stilllegung durchgeführt worden sei. Anschließend sei mit Bescheid unter gleichem Datum
der RPR die Annahme, Einlagerung und die Behandlung von gemischten Siedlungsabfällen
sowie von Kunststoff und Gummi untersagt worden. Weiterhin sei verfügt worden, bis
spätestens 25. Juni 2007 den ursprünglich genehmigten Zustand des Betriebsgeländes
durch Beräumung und ordnungsgemäße Entsorgung aller bereits eingelagerten gemischten
Siedlungsabfälle sowie Kunststoffe und Gummi wiederherzustellen. Betroffen von dieser
Beräumungsanordnung seien lediglich die illegalen Abfälle gewesen, welche erst neu
hinzugekommen gewesen seien, und nicht die illegalen Abfälle, die sich bereits in der
1078
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 33 (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Discher)
1079
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 22 (Schatz)
1080
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 27 f. (Vorsitzende Hunger/ Dr. Discher)
202
„Althalde Langbein“ befunden hätten. Außerdem sei eine Ordnungswidrigkeitsanzeige
wegen der ungenehmigten Betriebsänderung erstattet worden.1081
Gegen die Stilllegungs- und Beräumungsverfügung vom 20. März 2007 habe die RPR
Widerspruch eingelegt. Der Widerspruch sei am 18. Juni 2007 an das
Landesverwaltungsamt zur Entscheidung abgegeben worden.1082
Mit Schreiben vom 25. Juni 2007 habe die RPR um Fristverlängerung zur Beräumung von
270 t DSD-Ballen bis zum 17. Juli 2007 gebeten. Bis zu diesem Termin habe sie auch 250 t
geschredderte Abfälle beräumen wollen. Diesem Begehren sei der Landkreis
nachgekommen, so der Zeuge Schatz. Bei diversen Kontrollen - 2. April, 27. April, 24. Mai,
20. Juni, 24. Juli 2007 - sei daraufhin eine Abnahme der ungenehmigten Müllablagerungen
festgestellt worden.1083
Der Zeuge Koch legte zu der Kontrolle am 24. Juli 2007, bei der anders als bei den vorher
stattgefundenen Kontrollen nichts bemängelt worden sei, dar, dass die Auflagen von dem
Betreiber erfüllt worden seien. Es sei von ihnen anhand der Geländelage nichts zu
erkennen gewesen. Die generelle Unübersichtlichkeit des Geländes sei allerdings
katastrophal gewesen.1084
Mit Schreiben vom 27. September 2007 habe dem Landesverwaltungsamt mitgeteilt
werden können, dass dem Bescheid über Stilllegung und Beräumung aller eingelagerten
gemischten Siedlungsabfälle sowie Kunststoffe und Gummi vom 20. März 2007
nachgekommen worden sei. Obwohl sich die Anordnung dadurch erledigt gehabt habe, sei
das Widerspruchsverfahren durch das Landesverwaltungsamt bis heute nicht
abgeschlossen worden.1085
Zur Vornahme weiterer Kontrollen führte der Zeuge Hooper aus, nachdem im Juli
festgestellt worden sei, dass die erste Verfügung ordnungsgemäß erfüllt gewesen sei, habe
erst einmal kein Anlass bestanden, bis September nun regelmäßig in der Anlage
vorzusprechen.1086
f.
Die Entwicklung bis zur Stilllegungs- und Beräumungsanordnung vom
23. Oktober 2007
Bei einer Kontrolle im September 2007 sei nach Auskunft des Zeugen Schatz festgestellt
worden, dass die Anlage nicht entsprechend der Altgenehmigung betrieben worden sei. So
sei eine Halle zur Lagerung und Behandlung von Abfällen genutzt worden, die laut
1081
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 23 (Schatz)
1082
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 23 (Schatz)
1083
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 23 (Schatz)
1084
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 15 (Abgeordneter Lüderitz/ Koch)
1085
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 23 (Schatz)
1086
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 42 f. (Abgeordneter Graner/ Hooper)
203
bestätigtem Lageplan als Werkstatt zu nutzen gewesen sei. Eine Freifläche im nördlichen
Bereich sei zur Abfalllagerung genutzt worden, obwohl diese Fläche laut Lageplan als
Lagerfläche für Kfz-Teile und Pkw-Karossen vorgesehen gewesen sei.1087
Der Zeuge Hooper führte zu der Feststellung erneuter Unregelmäßigkeiten aus, von
diesem Zeitpunkt an sei die Überwachung in einem Rhythmus vorgenommen worden, der
für normal laufende Anlagen so nicht erfolgt sei.1088
Der Landkreis habe als Reaktion auf die Ergebnisse der September-Kontrolle der RPR mit
Schreiben vom 27. September 2007 Gelegenheit zur Äußerung vor der beabsichtigten
Teilstilllegung wegen ungenehmigten Anlagenbetriebs gegeben. Die RPR habe daraufhin
versichert, den Forderungen nachkommen zu wollen und die Altabfälle bis zum 30. Juni
2008 zu beräumen und habe nach § 15 Abs. 1 BImSchG eine Änderung zum
Anlagenbetrieb angezeigt.1089
Die Zeugen Schatz und Hooper gaben übereinstimmend an, dass bei einem Vor-OrtTermin am 17. Oktober 2007 gegenüber der Kontrolle im Juli 2007 augenscheinlich ein
deutlicher Mengenanstieg zu verzeichnen gewesen sei. 1090 Auch im nördlichen Bereich der
Anlage hätten vorhandene Abfälle in Größenordnungen gelagert. Es habe sich, so der
Zeuge Hooper, um Plastikabfälle in Form von Sortierresten gehandelt, also möglicherweise
um Abfälle, die schon aus der Sortierung stammten. Dem Anlagenbetreiber sei mitgeteilt
worden, dass die eingereichte Anzeige nach § 15 Abs. 1 BImSchG nicht ausreichend sei,
um den gesamten Anlagenbetrieb abschließend zu betrachten, sondern es bedürfe
umgehend einer Anzeige für die Inbetriebnahme des Schredders, um die erneut illegal auf
dem Anlagengelände abgelagerten Abfallmengen abzubauen.1091
Herr Cäsar, der damals noch als Prokurist der RPR tätig gewesen sei, habe diese illegale
Annahme seinem Geschäftsführer, Herrn Hanusa, angelastet und habe diesen
entlassen.1092
Am 23. Oktober 2007 sei gegen die RPR eine Anordnung zur Stilllegung und Beräumung
für sonstige Abfälle aus der mechanischen Behandlung von Abfällen ergangen. Die Frist
zur Beräumung sei auf den 31. März 2008 festgesetzt worden. Es sei die sofortige
Vollziehung angeordnet und für den Fall der Nichterfüllung ein Zwangsgeld angedroht
worden. Parallel dazu sei dem Ordnungsamt aufgrund der Feststellungen vom 17. Oktober
2007 eine entsprechende Ordnungswidrigkeit angezeigt worden. Der Betreiber habe gegen
1087
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 23 f. (Schatz); Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 28. August 2009, S. 36 (Abgeordneter Lüderitz/ Hooper)
1088
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 42 f. (Abgeordneter Graner/ Hooper)
1089
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 23 (Schatz)
1090
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 23 (Schatz); Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 28. August 2009, S. 32 (Vorsitzende Hunger/ Hooper)
1091
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 24 (Schatz)
1092
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 24 (Schatz); Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 28. August 2009, S. 31 f. (Vorsitzende Hunger/ Hooper)
204
den Bescheid keinen Rechtsbehelf eingelegt und ihn somit bestandskräftig werden
lassen.1093
Zur Anordnung vom 23. Oktober 2007 bekundete der Zeuge Hooper, der Abfallberg habe
nicht ausschließlich aus Abfall des Materials 19 12 12 bestanden. In überwiegendem
Umfang habe es sich um gemischte Bau- und Abbruchabfälle gehandelt, die durchaus für
die Sortierung vorgesehen gewesen seien. Da das im Rahmen der Genehmigung erfolgt
sei, hätten sie kein Problem damit gehabt, dass die Sortierung dieser Altbestände
weitergeführt wurde.1094
Gefragt nach der Möglichkeit, die Anlage schon zu diesem Zeitpunkt stillzulegen,
antwortete der Zeuge Hooper, dass dies eine Variante gewesen sei. Wenn ein
wirtschaftliches Unternehmen jedoch keinerlei Einnahmen erzielen könne, sei ein
wirtschaftliches Betreiben nicht mehr möglich. Ein Verkauf dieser aufbereiteten Abfälle sei
durchaus erfolgt, soweit es dafür einen positiven Marktwert gegeben habe. Aber die Anlage
Riestedt habe in der Branche nicht den besten Ruf gehabt, mit der Folge, dass die
Angebote nicht angenommen worden seien. Auf die Nachfrage, ob der Zeuge meine, dass
ein früheres, rigideres Eingreifen nicht viel geändert hätte, erklärte der Zeuge Hooper, man
müsse sehen, dass sie zum damaligen Zeitpunkt der Auffassung gewesen seien, dass es
die richtige Entscheidung gewesen sei. Sicherlich wäre aus heutiger Sicht ein anderes
Eingreifen durchaus sinnvoll und erforderlich gewesen.1095
Zur Möglichkeit eines härteren Vorgehens führte der Zeuge Koch aus, dass sich für
kommunale Gebietskörperschaften immer das Problem stelle, was mit dem
Übriggebliebenen werde und wer dafür verantwortlich sei, wenn eine Anlage stillgelegt
werde. Letztlich führe die Stilllegung zum wirtschaftlichen Niedergang des Unternehmers.
Das seien Dimensionen, die der Landkreis vor dem Steuerzahler nicht hätte verantworten
können. Es habe dort von Wasserbehörden Messungen gegeben, die keine Belastung der
umliegenden Grundstücke und für die Umwelt ergeben hätten. Vor diesem Hintergrund
hätte eine Behörde im Rahmen der Gefahrenabwehr keine Handhabe, in dem Maße
vorzugehen. Sie hätten immer die Hoffnung gehabt, dass es ihnen gelinge, mit dem
Unternehmer gemeinsam eine Lösung zu finden.1096
g.
Die Entwicklung bis zur Stilllegungsanordnung vom 22. April 2008
Eine Kontrolle am 8. November 2007 habe einen Rückbau der Abfallmengen ergeben. Ein
weiterer Rückbau habe bei einer Kontrolle am 20. Dezember 2007 festgestellt werden
können.1097
1093
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 32 (Vorsitzende Hunger/ Hooper); Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16. April 2010, S. 24 (Schatz)
1094
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 37 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Hooper)
1095
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 40 (Vorsitzende Hunger/ Hooper)
1096
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 12 f. (Vorsitzende Hunger/ Koch)
1097
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 24 (Schatz)
205
Im Zusammenhang mit einem Überwachungsprotokoll vom 20. Dezember 2007 für den
Monat November 2007, worin es heiße:
„Zunächst bedurfte es der Klärung der von Herrn Cäsar beigebrachten Auflistung der
Stoffströme für den Monat November 2007. Der Abfall mit der AVV 19 12 09 ist nicht
Bestandteil der Altgenehmigung, ist aber als Input in der Novemberliste aufgeführt.
Herr Cäsar räumte hier Fehler beim Erstellen der Liste ein und versprach, eine
entsprechend überarbeitete Liste der UIB kurzfristig vorzulegen.“
ist die Frage an den Zeugen Koch gerichtet worden, ob es üblich sei, wenn festgestellt
werde, dass jemand falsch eingelagert habe und es an der Liste festgemacht werde, dass
dann die Liste geändert werde. Diese Frage bejahte der Zeuge Koch und führte aus, wenn
Herr Cäsar oder der Anlagenbetreiber einräume, einen Fehler begangen zu haben und ihn
korrigieren wolle, dann könne er nicht zwangsläufig unterstellen, dass er irgendetwas
Kriminelles vorhabe. Im Ordnungsbereich sei es so, dass bei einer Person, die Einsicht
zeige, oftmals andere Maßnahmen eingeleitet werden, als bei einer nicht kooperativen
Person.1098 Bei der Kontrolle sofort zu verlangen, dass er diesen Abfall zu entfernen habe,
sei nicht gleich möglich, weil nicht ausgeschlossen werde könne, dass die Mitarbeiter der
Behörde diesen Abfall nicht sachgerecht deklarieren. Der Anlagenbetreiber habe die
Gelegenheit, mit Fachleuten zu überprüfen, ob das tatsächlich eine Falschdeklaration sei
oder nicht. Wenn es feststehe, dann nütze auch eine Änderung der Liste nichts. Dann
müsse der Abfall beseitigt werden.1099
Mit Bescheid vom 8. Januar 2008 sei gegenüber der RPR festgestellt worden, dass die
nach § 15 BImSchG angezeigte, bis 31. März 2008 befristete Änderung keine wesentliche
Änderung darstelle und somit einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht
bedürfe.
Am 4. Februar 2008 habe die RPR Unterlagen über die Vorstellungen eines weiteren
Anlagenbetriebes in Vorbereitung einer wesentlichen Änderung des Anlagenbetriebes nach
§ 16 BImSchG vorgelegt.1100
Bei einer weiteren Begehung am 8. Februar 2008, die aufgrund eines Hinweises des
Ortsbürgermeisters stattgefunden habe, sei festgestellt worden, das die RPR auf den
Altablagerungen eine Schicht mit einem Erd-/ Abfallgemisch aufgebracht habe. Herr Cäsar
habe eingeräumt, dass Abfallmengen, die entsprechend der Verfügung vom 23. Oktober
2007 zu beräumen gewesen seien, auf die Altablagerung verlagert worden seien. Er sei
aufgefordert worden, die Abdeckung der Altablagerung sofort einzustellen und das bisher
aufgebrachte Material umgehend zu entfernen.1101
Eine weitere Kontrolle am 13. Februar 2008 habe einen nur unwesentlichen Abbau der
aufgetragenen Schicht ergeben. In einer Beratung der RPR und Mitarbeitern des
Umweltamtes am 19. Februar 2008 habe Herr Cäsar seine Absicht mitgeteilt, in der Anlage
ein Gemisch aus zerkleinerten Kunststoffen und Mineralik für die Kalihaldenrekultivierung
1098
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 21 (Abgeordnete Rogée/ Koch)
1099
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 21 (Vorsitzende Hunger/ Koch), vgl. dazu S. 46 (Abgeordnete Rogée/ Hooper)
1100
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 24 (Schatz)
1101
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 24 (Schatz)
206
des Freistaates Thüringen in Bleicherode und Sondershausen herzustellen. Hierzu habe
am 28. Februar 2008 mit den Beteiligten ein Beratungstermin vor Ort stattgefunden. 1102 In
einem weiteren Beratungstermin am 7. März 2008 habe Herr Cäsar eine Bescheinigung der
Firma KBH Sondershausen vorgelegt, wonach diese die Abfälle mit den Schlüsselnummern
19 12 09 und 19 12 12 habe annehmen dürfen. Für die Firma NDH Bleicherode habe die
Genehmigung des LAGB noch ausgestanden.1103
Angesichts der vorgelegten Annahmebestätigung habe der Landkreis sein Einverständnis
zum Start der BImSch-Genehmigungsplanung gegeben. Für die Übergangszeit sei
beabsichtigt gewesen, eine befristete Genehmigung zur Überbrückung zu erstellen, in der
auch eine Regelung der Annahme der Abfälle mit der Schlüsselnummer 19 12 12 nach
dem 1. April 2008 habe erfolgen sollen.1104
Für die Entsorgung der auf dem Anlagengelände lagernden verschweißten Ballen habe
Herr Cäsar eine konkrete Zeitschiene zugesagt und versichert, dass kein weiteres
Verschweißen erfolgen werde. Durch Herrn Cäsar sei die Hinterlegung einer
Sicherheitsleistung für die Übergangszeit ab dem 1. April 2008 in der Höhe von
50 000 Euro in Form einer Bankbürgschaft zugesagt worden. Erst nach dem Nachweis der
Sicherheitsleistung habe der Landkreis die Genehmigung für die Übergangszeit erteilen
wollen. Auf Nachfrage erklärte der Zeuge Schatz, die Sicherheitsleistung sei in der Folge
nicht erbracht worden.1105
Am 11. März 2008 sei eine Kontrolle der Anlage durch den Landkreis erfolgt und am
12. März 2008 habe das Landesverwaltungsamt aufgrund einer Beschwerde über die RPR
eine Betriebskontrolle im Rahmen der Fachaufsicht durchgeführt.1106
Hinsichtlich der Beschwerden von Bürgern sagte der Zeuge Koch aus, bei einem Gespräch
im Jahre 2008 u. a. mit Vertretern des Rates von Riestedt, der Bürgerinitiative und der
örtlich zuständigen Stadtverwaltung Sangerhausen, sei er das erste Mal damit konfrontiert
worden, dass sich einige Bürger schon vor Monaten - teilweise vor Jahren - mit Hinweisen
an das Amt gewandt hätten. Er könne versichern, dass seine Mitarbeiter solchen Dingen
ständig nachgegangen seien. Inwieweit das Problem gelöst worden sei, sei eine ganz
andere Sache.1107
Zu der Kontrolle vom 12. März 2008 führte die Zeugin Karin Stroisch, Sachbearbeiterin im
Referat Abfallwirtschaft, Bodenschutz im Landesverwaltungsamt Halle, 1108 aus, sie habe
mit dem Landkreis am 12. März 2008 eine Vor-Ort-Kontrolle durchgeführt und protokolliert.
Im Vorfeld habe sie Kontakt mit dem Landkreis aufgenommen, um u. a. zu erfahren, um
was für eine Anlage es sich handle. Auf die Frage, warum die Zeugin nicht im eigenen
1102
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 24 (Schatz)
1103
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 24 f. (Schatz)
1104
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 25 (Schatz)
1105
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 25, 32 (Schatz)
1106
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 25 (Schatz)
1107
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 22 (Abgeordnete Rogée/ Koch)
1108
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 5 (Stroisch)
207
Haus nachgefragt habe, erklärte die Zeugin, die Anlage sei als RPR bei ihr nicht bekannt
gewesen. Die vorherige Anlage von der Firma Langbein sei im elektronischen Verzeichnis
bei ihnen im ASYS seit 2001 nicht mehr vorhanden; sie sei nach einer entsprechenden
Mitteilung des LAU als stillgelegt gestrichen gewesen. Somit sei es nicht möglich gewesen,
festzustellen, wie die Genehmigung 2007 erfolgt sei. Vor dieser Zeit sei sie mit der Anlage
nicht befasst gewesen.1109
Zum grundsätzlichen Ablauf einer Kontrolle führte die Zeugin aus, sie würden vorher mit
dem Betreiber besprechen, weswegen sie gekommen seien. Dann würden, wenn
vorhanden, die Übernahmescheine/ Übergabescheine kontrolliert. Anschließend finde eine
Begehung der Anlage statt. Im Anschluss an die Begehung werde das Ergebnis mit dem
Anlagenbetreiber besprochen.1110
Bei der Ortsbegehung (Sichtkontrolle)1111 habe sie festgestellt, dass die vom
Beschwerdeführer vorgebrachten Tatsachen vorhanden gewesen seien, nämlich dass dort
ein großer Müllberg in Form von verschiedenen Abfallarten wie Siedlungsabfall,
Kunststoffe, Gemische von Abfällen gelegen habe. Man habe das in die 19 12 12
- gemischte Abfälle oder Restabfälle - oder in die 20 03 01 - gewerbliche Siedlungsabfälle einordnen können. Sie hätten die Empfehlung gegeben, dass der Abfallberg abgebaut
werden müsse, weil eine erhöhte Brandlast gegeben gewesen sei. 1112 Es seien außer
diesem Sichtvermerk von ihnen keine weiteren Analysen vorgenommen worden.1113
Das Protokoll habe sie an ihren Vorgesetzten weitergegeben. Darüber, was weiter zu
veranlassen gewesen sei, habe sie nicht allein entscheiden können. Es sei zu risikoreich
gewesen, bei dem was dort abgelagert gewesen sei.1114 Auf die Frage nach der Antwort an
den Beschwerdeführer, der mitgeteilt habe, dass er keine bekommen habe, antwortete die
Zeugin, das tue ihr leid, die Bearbeitung dieser Beschwerde sei zuständigkeitshalber an
das federführende Referat 402 weitergegeben worden. Was aus der Beantwortung
geworden sei, könne sie nicht sagen.1115
Auf den Vorhalt, aus einer Verfügung vom 9. August 2007,1116 in der es unter anderem um
die AVV 19 12 12 gegangen sei, gehe sie, die Zeugin Stroisch, als Bearbeiterin hervor,
erklärte die Zeugin, im Rahmen eines an den Landkreis gerichteten Widerspruchs habe sie
1109
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 8 f. (Abgeordneter Kley/ Stroisch), S. 9 (Abgeordneter Lüderitz/ Stroisch), vgl. S. 5 f. (Vorsitzende
Hunger/ Stroisch) Beschwerde, S. 11 (Abgeordnete Rogée/ Stroisch)
1110
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 6 f. (Vorsitzende Hunger/ Stroisch)
1111
Vgl. Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 10 (Abgeordneter Rosmeisl/ Stroisch) zur Sichtkontrolle
1112
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 5 f. (Vorsitzende Hunger/ Stroisch), S. 9 f. (Abgeordneter Kley/ Stroisch), vgl. auch S. 8 f.
(Abgeordneter Kley/ Stroisch) Kontakt zum Landkreis und Anlage stillgelegt/ gestrichen, vgl. auch S. 13 (Vorsitzende
Hunger/ Stroisch)
1113
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 10 (Abgeordneter Rosmeisl/ Stroisch)
1114
Vgl. Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 10 f. (Abgeordneter Graner/ Stroisch) Frage nach dem Einbeziehen der Staatsanwaltschaft; vgl. auch
S. 12 (Abgeordnete Rogée/ Stroisch) Protokoll weitergegeben, S. 14 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Stroisch) u. a. zur
Abstimmung mit Landkreis oder innerhalb Landesverwaltungsamt
1115
Vgl. Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 13, 15 (Vorsitzende Hunger/ Stroisch)
1116
Nachzulesen im Ordner 4, Landesverwaltungsamt, Seite 20
208
Abfallarten einzuordnen gehabt und damit eine Zuarbeit für den Bescheid geleistet.1117 Sie
erklärte, sie könne nicht mehr genau sagen, mit welcher Begründung sie in der Zuarbeit
empfohlen habe, dass im Nachhinein der Abfallstoff 19 12 12 für die Anlage Riestedt
genehmigt werde.1118
Zur Anzahl der Kontrollen bekundete die Zeugin Stroisch, die abfallrechtlichen Anlagen
seien
zweimal
jährlich
zu
überwachen.
Das
Gleiche
treffe
für
die
immissionsschutzrechtlichen Überwachungen zu. Leider sei es aus verschiedenen
Gründen nicht immer so umzusetzen.1119 Sie fügte hinzu, sie habe Kontakte zu den
Landkreisen, einen sehr guten zu dem Landkreis Mansfeld-Südharz. Im Rahmen des
Beschwerdeverfahrens hätten sie sich ausgetauscht, sie habe auch die entsprechenden
Informationen erhalten. Das sei, nach ihrer Auffassung, recht gut gelaufen.1120
Am 17. März 2008 sei das StAU Sondershausen vom Landkreis informiert worden, dass die
RPR Abfälle an die Firma KBH in Sondershausen liefere, welche nach einer
entsprechenden Behandlung als Material für die Rekultivierung von Kalihalden dienen solle.
Nach Auffassung des Landesverwaltungsamtes sei aber das Material für einen Einbau zur
Haldenrekultivierung nicht geeignet gewesen; vielmehr hätten die dazu verwandten Abfälle
in Verbrennungsanlagen entsorgt werden müssen. Das StAU Sondershausen habe diese
Auffassung nicht bestätigt und eine Prüfung angekündigt.1121
Am 19. März 2008 habe das Landesverwaltungsamt den Landkreis angewiesen,
gegenüber der RPR unverzüglich ein Verfahren zur Untersagung der Herstellung von
Feinfraktionen unter Vermischung mit Ton zur stofflichen Verwertung einzuleiten und
durchzuführen. Nach Einleitung des Anhörungsverfahrens habe die RPR nochmals eine
Verlängerung der Frist aus dem Bescheid vom 23. Oktober 2007 zur Beräumung und
Wiederherstellung des genehmigten Zustandes der Anlage bis zum 15. Mai 2008
beantragt. Gleichzeitig habe sie gebeten, den bis 31. März 2008 befristet zugelassenen
Einsatz von mobiler Technik bis zum 15. Mai 2008 fortsetzen zu dürfen. Über ihren Anwalt
habe die RPR versichern lassen, bis zum Eingang ihrer Stellungnahme im
Anhörungsverfahren - spätestens bis zum 16. April 2008 - keine Abfälle aus
Behandlungsanlagen anzunehmen und keine Abfallgemische, bestehend aus
geschredderten Plastikabfällen und mineralischen Abfällen, herzustellen.1122
Die von der RPR beantragte Fristverlängerung bis zum 15. Mai 2008 sei aufgrund einer
Weisung des Landesverwaltungsamtes abgelehnt worden. Gleichzeitig sei unter
Bezugnahme auf den Bescheid vom 23. Oktober 2007 mit Bescheid vom 2. April 2008 das
angedrohte Zwangsgeld gegen die RPR festgesetzt sowie ein weiteres Zwangsgeld
1117
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 7 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Stroisch)
1118
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 8 (Abgeordneter Lüderitz/ Stroisch)
1119
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 12 (Abgeordnete Rogée/ Stroisch)
1120
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010 S. 15 (Abgeordnete Rogée/ Stroisch), vgl. auch S. 8 (Abgeordneter Kley/ Stroisch)
1121
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 25 (Schatz)
1122
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 25 (Schatz)
209
angedroht worden.1123 Als Frist für die Beräumung sei der 30. Juni 2008 festgesetzt
worden. Während dieser Zeit hätten wiederholt Kontrollen durch den Landkreis statt
gefunden, so am 27. März, 28. März, 1. April.1124
Zur Höhe der Zwangsgeldandrohung sagte der Zeuge Koch aus, die erste
Zwangsgeldandrohung über 1 Million DM müsse vom Regierungspräsidium gewesen sein.
Das sei das höchste gewesen, was damals möglich gewesen sei. Das sei unrealistisch
gewesen, denn das hätte den wirtschaftlichen Ruin für den Anlagenbetreiber bedeutet. Die
Höhe, die sie im Jahr 2007 auf 6 000 Euro bzw. 4 000 Euro, bei dem zweiten
Stilllegungsbescheid im März 2008 auf 2 000 Euro, 1 000 Euro, 1 000 Euro und einmal
250 Euro festgelegt hätten,1125 das müsse er heute kritisch sagen, sei auch unrealistisch,
die hätte höher sein müssen. Aber das alles sei im Haus, auch mit dem Landrat und mit
dem Landesverwaltungsamt, abgestimmt gewesen.1126
Der Zeuge Hooper bestätigte die Aussage des Zeugen Koch, wonach sie mit der Höhe des
Zwangsgeldes die Wirtschaftlichkeit der Firma nicht mehr als erforderlich beeinflussen
wollten. Sie hätten vordergründig gewollt, dass die Firma die Abfälle beseitigt und ihr eine
Chance geben wollen, zumal der Betreiber den Eindruck erweckt habe, er werde alles
unternehmen, damit die Anlage wieder genehmigungskonform betrieben werde.1127 Es
habe im April zwei Verfügungen gegeben. Die eine sei die Vollstreckung von Oktober 2007
gewesen, wo ein entsprechend höheres Zwangsgeld angesetzt worden sei. Die andere sei
eine weitere Stilllegung hinsichtlich der Abfallmischung gewesen, wo sie aufgrund der
dortigen Größenverhältnisse natürlich von geringeren Zwangsgeldern Gebrauch gemacht
hätten.1128
Mit Bescheid vom 3. April 2008 sei die Herstellung von Feinfraktionen unter Vermischung
mit Mineralik untersagt worden. Mit sofortiger Wirkung sei zudem die Annahme aller Abfälle
aus dem Kapitel 19 der Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis untersagt
worden. Bis zum 9. Mai 2008 sollten die in der Anlage gelagerten Feinfraktionen und bis
zum 30. Juni 2008 die im Zeitraum von Januar bis März 2008 unter dem Abfallschlüssel
19 12 12 illegal angenommenen Abfälle in Höhe von 1 218 t in einer dafür zugelassenen
Entsorgungsanlage entsorgt werden.1129
Mit einem gesonderten Schreiben sei gestattet worden, bis zum 30. Juni 2008 den
Walzenzerkleinerer, den Schredder und die Siebmaschine zum Rückbau der
Abfallbestände einzusetzen. Im April hätten nahezu täglich Kontrollen auf dem Gelände der
1123
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 26 (Schatz); Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 28. August 2009, S. 32 (Vorsitzende Hunger/ Hooper)
1124
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 26 (Schatz)
1125
Vgl. Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 16 (Abgeordneter Lüderitz) zur Höhe der Zwangsgeldandrohungen
1126
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 16 (Abgeordneter Lüderitz/ Koch)
1127
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 34 f. (Vorsitzende Hunger/ Hooper)
1128
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 38 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Hooper)
1129
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 26 (Schatz)
210
RPR stattgefunden.1130 Solche Kontrollen, so der Zeuge Hooper, würden durch den
immissionsschutzrechtlichen und den abfallrechtlichen Bearbeiter ihrer Abfallbehörde
wahrgenommen. Diese hätten auch die Kontrolle der Stoffströme vorgenommen.1131
Am 22. April 2008 (mit mündlicher Verfügung am 18. April 2008) sei die vollständige
Stilllegung der Anlage angeordnet worden. Der Anordnung sei die Feststellung erneuter
illegaler Lieferungen vorausgegangen. Nach Erlass der Anordnung sei kein richtiger
Anlagenbetrieb mehr erfolgt.1132
h.
Die Entwicklung nach dem 22. April 2008
Die RPR habe gegen die Bescheide Widerspruch eingelegt. Nachfolgend habe der
Bevollmächtigte der RPR einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen der RPR, dem
Landkreis und dem Landesverwaltungsamt über die Beräumung der Altabfälle und die
Fortsetzung des Betriebes durch RPR vorgeschlagen.
In einer Beratung am 2. Mai 2008 beim Landesverwaltungsamt mit der RPR, deren
Bevollmächtigten sowie Vertretern des Landkreises sei festgelegt worden, dass alle
Verfügungen des Landkreises bestehen bleiben und der Betreiber bis zum 13. Mai 2008 ein
Konzept über den zukünftigen Anlagenbetrieb vorlegen werde.
Der Beratungstermin vom 2. Mai 2008 sei am 13. Mai 2008 fortgesetzt worden. Der
Vertragsentwurf sei diskutiert worden, und es sei festgelegt worden, dass die oberhalb des
Bauschutts gelagerten Mengen unter Teilnahme des Landkreises ermittelt und die Tabellen
der Dichten durch das Landesverwaltungsamt per E-Mail übergeben werden. Das
Landesverwaltungsamt habe angekündigt, seine Moderatorenrolle in dieser Angelegenheit
nicht weiter fortzusetzen.1133
Der Zeuge Dr. Discher, der die besagten Gespräche in zeitlicher Hinsicht dem Monat April
2008 zuordnete, führte zur Aufgabe der Moderatorenrolle des Landesverwaltungsamtes
aus, die RPR habe dem Landkreis den Vorschlag unterbreitet, sie würde sich an der
Beräumung beteiligen, wenn sie zunächst wieder Abfall annehmen dürfe. Er, Dr. Discher,
habe daraufhin erklärt, dass das für ihn eine Art Déjà-vu-Erlebnis sei, weil die RPR bisher
immer gesagt habe, sie könne nur Abfälle entsorgen, wenn sie zunächst welche annehme,
um Geld zu verdienen, um das in die Entsorgung zu stecken. Das sei Unfug gewesen, so
der Zeuge. Sie hätten am Ende des hitzig vonstatten gehenden Gespräches geäußert,
dass sie sich nicht mehr für die RPR verwenden würden, um solche Dinge gegenüber dem
Landkreis zu befördern. Der Zeuge stellte klar, dass sich die vorherigen Äußerungen nur
1130
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 26 (Schatz)
1131
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 35 f. (Vorsitzende Hunger/ Hooper)
1132
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 32 f. (Vorsitzende Hunger/ Hooper); Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16. April 2010, S. 26 (Schatz)
1133
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 26 (Schatz)
211
auf die RPR bezogen hätten. Mit dem Landkreis hätten sie jederzeit entsprechende Dinge
beraten.1134
Am 9. und am 13. Mai 2008 sei das Umweltamt des Landkreises gemeinsam mit der
Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd anonymen Hinweisen nachgegangen, wonach auf
dem Anlagengelände Fässer unbekannten Inhaltes vergraben worden seien. Die
Suchschachtungen auf dem Anlagengelände seien ohne Erfolg geblieben.1135
i.
Das Auftreten von Bränden
Am 4. Juli 2008 sei es erstmals zu einem Brandereignis auf dem Gelände der Anlage
gekommen. Mit dem Brandereignis habe der Zeuge Schatz als Landrat erstmalig Kenntnis
von den Vorgängen in Riestedt erhalten.1136
Sie hätten, so der Zeuge Schatz, umgehend Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft erstattet.
Weiterhin hätten sie versucht, Unterlagen zu beschlagnahmen. Dies sei jedoch nicht
gelungen, weil der zuständige Staatsanwalt keinen Handlungsbedarf gesehen habe. Sie
hätten erst später im Rahmen eines Brandes in dem Bürogebäude Zugriff auf die noch
verbliebenen Akten erhalten und im Rahmen der Sonderkommission die Akten umgehend
ausgewertet. Schließlich hätten sie versucht, Firmen in Anspruch zu nehmen.1137
Der Zeuge Koch erklärte, ihm sei am 4. Juli 2008 das erste Mal bewusst geworden, dass
möglicherweise die eingelagerten Mengen und die Lieferscheine nicht ganz
übereinstimmen könnten, als er mit der Feuerwehr auf das Gelände gegangen und dabei
an Stellen gelangt sei, an die er vorher noch nicht gekommen sei. Die Feuerwehr habe mit
Radladern Breschen geschlagen, um an die Glutherde heranzukommen. Er sei bis dahin
der Meinung gewesen, dass es sich um maximal 50 000 t handeln könnte. Am 3. Juli 2008,
als dieser erste Brand gewesen sei, habe man von 90 000 t bis 100 000 t gesprochen.1138
Nach dem Brand, so der Zeuge Dr. Discher, sei eine fachaufsichtliche Weisung an den
Landkreis erteilt worden. Dabei sei es um die vom Betreiber so genannte „Feinfraktion“, die
aus Ton und geschreddertem Plastikmüll hergestellt worden sei, gegangen.1139
Der Zeuge Dr. Discher bekundete, sie hätten sich über den Fortgang der Beräumung,
welche der Landkreis nach dem Brand im Rahmen der Ersatzvornahme vorgenommen
habe, berichten lassen. Es sei 14-tägig mitgeteilt worden, wie viele Tonnen es gewesen
seien und wohin sie verbracht worden seien. Zum Ende seien es nach seiner Erinnerung
wohl 26 000 t gewesen. Es habe Gespräche gegeben, in denen sie sich mit dem Landkreis
1134
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010 S. 32 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Discher)
1135
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 48 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Hooper)
1136
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 26 (Schatz)
1137
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010, S. 29 f. (Vorsitzende Hunger/ Schatz)
1138
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 25 (Abgeordneter Graner/ Koch), (Vorsitzende Hunger/ Koch)
1139
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 28 f. (Vorsitzende Hunger/ Dr. Discher)
212
über die Möglichkeiten unterhalten hätten, um die dort befindlichen Abfälle zu eliminieren.
Das heiße, es sei die Rückführung an die Anlieferer ein Gesprächsthema gewesen, soweit
sich definitiv habe nachweisen lassen, wer diese Abfälle zum Gelände nach Riestedt
verbracht habe. Des Weiteren seien die Fragen der Inanspruchnahme der
Grundstückseigentümer und der Ersatzvornahme diskutiert worden. Das seien die Themen,
an denen er im Wesentlichen beteiligt gewesen sei.1140
Der Zeuge Koch erklärte, im Rahmen einer Ersatzvornahme hätten bestimmte Mengen
entsorgt werden müssen, die gebrannt hätten und durch Löschwasser verunreinigt
gewesen seien. Diese seien abgefahren worden, wodurch Freiflächen entstanden seien.
Sie hätten inzwischen im Kern des noch unter Herrn Langbein entstandenen Abfallbergs
einen Bagger und Asbestrohre gefunden. Zuvor habe man dies nicht feststellen können.1141
Das Herausnehmen des Materials habe der Landkreis bezahlt.1142
Von Anfang August bis Anfang September 2008 sei es dann auf dem Anlagengelände
wiederholt zu Brandereignissen gekommen, die sofortige Teilberäumungen erforderlich
gemacht hätten.1143
Hinsichtlich des zweiten Brandes am 3. August 2008 schilderte der Zeuge Koch, er habe
ein Gespräch mit seinem Landrat in dieser Anlage geführt. Er habe dem Landrat einige
Tage später ein Schreiben überreicht, wonach der Landkreis Insolvenzantrag stelle, weil er
Betroffener sei und Zahlungen von dieser Firma ausgestanden hätten. Über den
Insolvenzverwalter hätten sie einen verbindlichen Ansprechpartner gehabt. Von ihm hätten
sie Unterlagen, Kontoauszüge, Transportunterlagen etc. abverlangen können, an denen
man eventuell bestimmte Stoffströme - Herkunft, Weg, Endlagerung - hätte feststellen
können. Der Landrat habe das im Rahmen einer Beratung um den 4./5. August 2008 mit
dem Landesverwaltungsamt besprochen, an der auch der Zeuge Leimbach teilgenommen
habe. Dieser sei dem Vorschlag nicht gefolgt, ein Insolvenzverfahren einzuleiten.1144
Ein paar Tage später seien Bewegungen im Objekt erkennbar gewesen. Herr Cäsar habe
in Begleitung einer weiteren Person Unterlagen abtransportiert.1145 Die Staatsanwaltschaft
habe erklärt, dass sie mangels Anzeige nicht eingreifen könne.1146
1140
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 26 f. (Vorsitzende Hunger/ Dr. Discher), S. 29 (Abgeordneter Graner/ Dr. Discher)
1141
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 22 (Abgeordnete Rogée/ Koch)
1142
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 23 (Abgeordneter Graner/ Koch)
1143
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 27 (Schatz)
1144
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 9 f. (Abgeordneter Graner/ Koch)
1145
Vgl. dazu auch Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 28. August 2009, S. 19 (Abgeordneter Graner/ Koch), vgl. S. 48 (Vorsitzende Hunger/
Hooper)
1146
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 9 f. (Vorsitzende Hunger/ Koch), vgl. S. 39 (Abgeordneter Lüderitz/ Hooper) die Frage eines
Insolvenzantrages halte Hooper für juristisches Problem, das er jetzt nicht beurteilen könne
213
j.
Veräußerung der RPR, weiteres behördliches Vorgehen
Über die RPR äußerte der Zeuge Schatz, diese sei am 29. Juni 2008 verkauft worden.
Nachprüfungen hätten ergeben, dass mit Beschluss vom 23. Juni 2008 die RPR zu einem
Kaufpreis von 1 000 Euro an den Magdeburger Unternehmer Dr. Bernd Paepke veräußert
worden sei. Gesellschaftssitz sei nunmehr Magdeburg, Niegripper Straße 21. Herr
Dr. Paepke sei alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH. Die Liquidation
der Gesellschaft sei aufgehoben worden und Herr Cäsar sei als Liquidator abberufen
worden.1147
Am 11. Juli 2008 sei es erstmalig und auch bislang einmalig zu einer gemeinsamen
Anlagenbegehung mit Herrn Dr. Paepke gekommen. Während der Anlagenbegehung habe
Dr. Paepke erklärt, dass er ein Konzept zum Weiterbetrieb vorlegen werde.1148
Unter Bezugnahme auf die Bescheide vom 23. Oktober 2007, 2. April 2008 und 3. April
2008 habe der Landkreis mit Bescheid vom 8. Juli 2008 gegenüber der RPR - jetzt unter
der neuen Geschäftsführung - die angedrohten Zwangsgelder festgesetzt und für den Fall,
dass nicht innerhalb von drei Wochen nach Zustellung des Bescheides mit der Beräumung
begonnen würde, die Ersatzvornahme angedroht.1149
Am 3. August 2008 habe der Zeuge Schatz nach Auskunft des Zeugen Koch diesen im
Rahmen einer Beratung mit dem Landesverwaltungsamt damit konfrontiert, dass anhand
von Luftbildaufnahmen 100-prozentig nachzuweisen gewesen sei, dass dieser Zuwachs an
Mengen dort ab Ende 2006 erfolgt sei. Sie hätten auch Aufnahmen gehabt, diese würden
das nicht so eindeutig darstellen. Die Umweltpolizei führe regelmäßig Kontrollflüge mit
bestimmten Schwerpunkten durch. Sie könnten Wünsche äußern, dass bestimmte Anlagen
mit beflogen und fotografiert werden. Für die Riestedter Anlage hätten sie selbst solche
Befliegungen veranlasst. Wann das gewesen sei, wisse er nicht mehr genau, es sei
jedenfalls vor der Zeit gewesen.1150
Mit Schreiben vom 6. August 2008, so der Zeuge Schatz, habe der Landkreis bei der
Staatsanwaltschaft
Halle
Anzeige
wegen
eventueller
Umweltstraftaten,
Brandstiftungsdelikte sowie Steuer- und Wirtschaftsstrafdelikte erstattet. Das Verfahren sei
noch nicht abgeschlossen.
Der Zeuge fuhr fort, am 15. August 2008 seien in den Büroräumen der RPR verbliebene
Akten sichergestellt und einer zwischenzeitlich gebildeten Sonderkommission zur
Auswertung übergeben worden. In den anschließenden Monaten sei aus den Anordnungen
vollstreckt worden und es seien Abfälle in einer Gesamtmenge von ca. 27 000 t entsorgt
worden.1151
1147
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 27 (Schatz)
1148
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 27 (Schatz)
1149
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 27 (Schatz)
1150
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 25 f. (Vorsitzende Hunger/ Koch)
1151
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 27 (Schatz)
214
6.
Folgeentwicklungen, Schlussfolgerungen
a.
Disziplinarrechtliche Ermittlungen
Der Zeuge Schatz führte aus, die Frage der Mitverantwortung des Zeugen Koch als
zuständiger Fachbereichsleiter 2 werde durch den Landkreis Mansfeld-Südharz im Rahmen
von stattfindenden disziplinarischen Ermittlungen geklärt.1152
b.
Erforderliche Maßnahmen, Kosten
Der Zeuge Koch bekundete, es bestehe aus der Sicht des Landkreises weder die
zwingende Notwendigkeit noch eine rechtliche Grundlage dafür, den Zustand von 1990
wiederherzustellen. Im Wege der Ersatzvornahme gehe es um die Verhinderung weiterer
Brände. Hierzu würden gezielt Wärmemessungen durchgeführt.
Sie hätten dazu Technik von der Feuerwehr. Mit dieser könne man bis zu 20 m in
bestimmte Stoffe hineingehen und gezielt Wärmenester entdecken, welche gezielt
gegraben und freigelegt würden. Entsprechende Maßnahmen hätten bisher
2,5 Millionen Euro gekostet. Eine weitere Gefahr gehe von dieser Liegenschaft seines
Erachtens nicht aus. Selbst das normal eindringende Regenwasser, das letztlich diese
Stoffe durchwasche und dann über ein bestimmtes Kanalsystem beziehungsweise
natürliches Gewässer abfließe, habe der Fischzucht, die sich in dem Teich unterhalb der
Anlage befunden habe, nicht geschadet. Erst das Löschwasser, das in enormen Mengen
angefallen sei, habe zu einem Anstieg des pH-Wertes geführt, sodass die Fische gestorben
seien.1153
Die Ausführungen des Zeugen Koch zu der von der Anlage ausgehenden Gefahr wurde
durch den Zeugen Hooper bestätigt. Er ergänzte, durch die Zersetzungsprozesse des
Abfallhaufens würden normale Deponiegase anfallen. Die Gutachter seien aufgrund des
Verdünnungsaspekts bei Austritt in die Atmosphäre zu dem Ergebnis gelangt, dass an sich
eine Gefährdung für die Einwohner oder die Anwohner von Riestedt nicht bestehe. Das
Gleiche gelte für die Schimmelpilz- und Bakterienkonzentration. Diese weise im Umfeld
- wie auf jeder Deponie - eine erhöhte Anzahl auf, aber 200 m von diesem Abfallberg
entfernt sei nichts mehr festzustellen.1154
Kosten, so der Zeuge weiter, würden dem Landkreis momentan ausschließlich für die
Beseitigung entstehen. Sie hätten verschiedene Unternehmen ermitteln können, die
nachweislich Abfälle, die dort nicht hingehörten, geliefert hätten. Einige dieser
Unternehmen hätten sie bereits in Anspruch genommen. Ein Unternehmen habe ihren
Abfall freiwillig wieder abgeholt. Ein größeres Verfahren laufe im Moment. Dort seien sie in
der Ersatzvornahme und müssten die Kosten erst einmal vorausleisten. Weitere
Abfalllieferanten würden sie sukzessive abarbeiten und müssten parallel dazu die Kosten
1152
Niederschrift über die 20. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16. April 2010 S. 28 (Schatz)
1153
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 23 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Koch)
1154
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 44 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Hooper)
215
verauslagen. Er, Hooper, halte mindestens 1 Million Euro für notwendig, um die
Gefährdung zu beseitigen.1155 Die personelle Belastung sei von der Dienststelle ein wenig
abgefangen worden, indem eine Sonderkommission gebildet worden sei.1156
Die Zeugin Christiane Beyer, seit 2002 Leiterin des Ordnungsamtes des Landkreises
Mansfeld- Südharz,1157 sagte aus, dass die RPR wahrscheinlich in Insolvenz gehen werde.
Sie selbst hätten den Insolvenzantrag gestellt und vermuten, dass dort nicht viel zu holen
sei. Darüber hinaus hätten sie 14 Unternehmen gefunden, bei denen sie Ansprüche geltend
machen werden. Das sei aber letztlich eine geringe Summe von nicht ganz 6 000 Euro.1158
c.
Die Bildung einer Sonderkommission
Die Zeugin Beyer bekundete, nach den Brandvorfällen in Riestedt sei am 15. August 2008
eine Sonderkommission eingesetzt worden, die sie leite. Diese bestehe aus Mitarbeitern
des Umweltamtes, aus den Bereichen Immissionsschutz und Abfallrecht, zwei Bearbeitern
zur juristischen Unterstützung und einem Mitarbeiter aus der Kasse. Ihre Aufgabe sei die
„Koordinierung in Bezug auf den weiteren Umgang mit den illegalen Müllablagerungen“.
Es seien ihnen insbesondere folgende Aufgaben übertragen worden:
„die ordnungsgemäße Beseitigung der Abfälle durch die Inanspruchnahme der
Anlagenbetreiberin (Geschäftsführer, Prokuristen, Gesellschafter), der Mülllieferanten,
der ehemaligen Abfallbesitzer und -erzeuger sowie der Grundstückseigentümer
gegebenenfalls auch durch Verwaltungszwang und Ersatzvornahme voranzutreiben“,
„die Erstellung von Kostenrechnungen an die oben genannten Erstattungspflichtigen,
Prüfung
der
Erstattungspflicht,
Festsetzung
und
Vollstreckung“,
die „Prüfung der Unterlagen in Bezug auf mögliche Schadenersatzansprüche in alle
Richtungen“, wobei eingeschränkt worden sei: „nicht gegen eigene Bedienstete im
Haus“ und
„weitere aus der Sicht der Arbeitsgruppe notwendige zu veranlassende Maßnahmen“.
Sie sollten wöchentlich die Verwaltungsleitung im Rahmen ihrer wöchentlichen Sitzung
über den Sachstand informieren.
Hinsichtlich der am 15. August 2008 sichergestellten Akten merkte die Zeugin an, aus
diesen seien nur wenige Anlieferer hervorgegangen. Diese Anlieferer und die jeweils
zuständigen Umweltämter seien angeschrieben worden. So hätten sie versucht, Mengen
herauszufinden und nachzuweisen, um dann Ansprüche geltend zu machen, in erster Linie
1155
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 45 (Abgeordneter Lüderitz/ Hooper)
1156
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 45 (Abgeordnete Rogée/ Hooper), vgl. auch S. 47 f. (Vorsitzende Hunger/ Hooper)
1157
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 52 (Beyer)
1158
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 57 (Abgeordneter Lüderitz/ Beyer), S. 59 f. (Abgeordneter Graner/ Beyer) Liste über die Namen
der Firmen
216
auf Abholung dieser Abfälle. Die Sonderkommission würde nach wie vor weiterarbeiten. Sie
erhalte nunmehr Unterstützung durch das Umweltamt. Die Sonderkommission arbeite
jedoch nicht wie am Anfang in der großen Form, da im Augenblick kein Material vorhanden
sei, das sie untersuchen könnten. Zwei Mitarbeiter der Sonderkommission wären ohnehin
im Umweltamt mit der Tätigkeit beschäftigt.1159
d.
Schlussfolgerungen
Der Zeuge Koch äußerte die Auffassung, dass die Verwaltung des Landkreises
Sangerhausen bzw. des Landkreises Mansfeld-Südharz, insbesondere mit dem Zeugen
Hooper als Amtsleiter, das Mögliche getan habe. Insgesamt hätte das Geschehene nicht
verhindert werden können.1160 Er sei davon überzeugt, dass in der Zeit von 2004 bis 2008,
100%-ig aber ab 2007, sie, die Kreisverwaltung, die ihr zur Verfügung stehenden
Kontrollmöglichkeiten und Durchgriffsmöglichkeiten ausgeschöpft habe.1161
Der Zeuge befand Regelungen für erforderlich, damit kein übermäßiges Gewinnstreben in
der Abfallwirtschaft möglich sei. Zudem hielt er das System von Zertifikaten für
überdenkenswert. So müsste zum Beispiel gesetzlich festgelegt werden, dass sich an
Ausschreibungen nur Unternehmen beteiligen dürften, die die entsprechenden Zertifikate
besäßen. Des Weiteren dürfe jemand, der beim Betreiben von Anlagen schon einmal
negativ - formal-juristisch rechtskräftig - in Erscheinung getreten sei, nicht die Gelegenheit
haben, innerhalb kurzer Zeit woanders wieder ähnliche Anlagen zu betreiben. 1162 So sei es
gewerberechtlich möglich, die Genehmigung zu verweigern.1163
Auf Vorhalt der vorstehenden Aussage des Zeugen Koch äußerte der Zeuge Hooper sich
zweifelnd. Er führte aus, im Rahmen ihrer Ermittlungen hätten sie hinsichtlich
Unternehmen, die in Riestedt auch angeliefert hätten, festgestellt, dass sehr viele
zertifizierte Entsorgungsfachbetriebe dabei gewesen seien. Diese hätten nicht die
erforderliche Sorgfalt walten lassen, um nach Entsorgungswegen zu suchen.1164
Der Zeuge Hooper schlussfolgerte aus den Ereignissen, dass es wichtig sei, dass
eindeutige Genehmigungen ohne Spielraum erteilt werden, um ordnungsgemäße
Überwachungen durchführen zu können.1165 Er halte die Möglichkeit, in der Genehmigung
1159
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 54 f. (Vorsitzende Hunger/ Beyer), S. 58 (Abgeordneter Lüderitz/ Beyer) zu den Reaktionen der
Umweltämter
1160
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 26 (Vorsitzende Hunger/ Koch)
1161
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 27 (Abgeordneter Graner/ Koch)
1162
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 26 f. (Vorsitzende Hunger/ Koch)
1163
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 27 (Abgeordneter Graner/ Koch), vgl. dazu auch S. 58 (Abgeordneter Lüderitz/ Beyer)
1164
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 41 (Abgeordnete Rogée/ Hooper)
1165
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 41 (Abgeordnete Rogée/ Hooper, S. 44 (Lüderitz/ Hooper)
217
die Bindungsfrist an einen Betreiber und nicht nur an den Standort zu richten, für eine
wichtige Überlegung, die in der Zukunft angestellt werden sollte.1166
Zu den Möglichkeiten, derartige Geschehnisse zukünftig zu verhindern, sagte die Zeugin
Beyer aus, der erste Schritt sei bereits getan, indem man die näheren kommunalen
Behörden mit den Aufgaben betraut habe, da diese am ehesten merken würden, wenn
etwas aus dem Ruder laufe.1167
1166
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 43 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Hooper)
1167
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 59 (Vorsitzende Hunger/ Beyer)
218
Abkürzungsverzeichnis
AbfAblV
Abfallablagerungsverordnung
AbfG LSA
Abfallgesetz des Landes Sachsen-Anhalt
AbfVerbrG
Abfallverbringungsgesetz
AöR
Anstalt öffentlichen Rechts
ASYS
Abfallüberwachungssystem
AT4-Untersuchungen
Atmungsaktivität eines Abfalls innerhalb von 4 Tagen
AVV
Abfallverzeichnis-Verordnung
BBergG
Bundesberggesetz
BBodSchG
Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und
zur Sanierung von Altlasten (Bundes-Bodenschutzgesetz)
BBodSchV
Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung
BImSch-Anlage
Anlage nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz
BImSchG
Bundes-Immissionsschutzgesetz
BImSchV
Bundes-Immissionsschutzverordnung
4. BImSchV
Vierte Verordnung zur Durchführung des BundesImmissionsschutzgesetzes
BMU
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
BodSchAG LSA
Ausführungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt zum BundesBodenschutzgesetz (Bodenschutz-Ausführungsgesetz SachsenAnhalt)
BVSE
Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V.
DEREC
Deponie und Recycling Sachsen-Anhalt Süd GmbH
DK I
Deponieklasse I
DK II
Deponieklasse II
DOC
dissolved organic carbon = Summe des im Wasser gelösten
organischen Kohlenstoffs
DSD
Duales System Deutschland (Grüner Punkt)
EBS
Ersatzbrennstoff
EDV
Elektronische Datenverarbeitung
EfbV
Entsorgungsfachbetriebeverordnung
EG-AbfVerbrV
EG-Abfallverbringungsverordnung
219
Eluat
durch Elution herausgelöster Stoff
GUMA GmbH
Gesellschaft für Umweltmeßtechnik, Meßtechnik und
Analytik mbH
H2S
Chemische Formel für Schwefelwasserstoff
HRH
HRH Recycling GmbH
KBH Sondershausen
Kyffhäuser Bodensubstrat-Herstellung GmbH Sondershausen
KrW-/ AbfG
Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz
LAF
Landesanstalt für Altlastenfreistellung
LAGA
Bund/ Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall
LAGA M20
Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen
Abfällen
LAGB
Landesamt für Geologie und Bergwesen
LAU
Landesamt für Umweltschutz
LBR
Logistik Beratung Rohstoffe GmbH
LBR EBS
LBR EBS Ersatzbrennstoffe GmbH
LHO
Landeshaushaltsordnung des Landes Sachsen-Anhalt
LTE
Langbein Transport- und Entsorgungs- GmbH Riestedt
LUS GmbH
Labor für Umweltschutz und chemische Analytik
LwG LSA
Landwirtschaftsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt
MUEG
Mitteldeutsche Umwelt- und Entsorgung GmbH
PCB
Polychlorierte Biphenyle (chemische Chlorverbindungen)
ph-Wert
Maß für die saure oder alkalische Reaktion einer wässrigen
Lösung
PN - Analytik
Analyse nach der PN 98
PN 98
Richtlinie für das Vorgehen bei physikalischen, chemischen und
biologischen Untersuchungen im Zusammenhang mit der
Verwertung/ Beseitigung von Abfällen
RPR
Recycling Park Riestedt GmbH
StAU
Staatliches Amt für Umweltschutz
StGB
Strafgesetzbuch
SZ
Sporkenbach Recycling GmbH Möckern
TA Siedlungsabfall
Technische Anleitung Siedlungsabfall
TASi
Technische Anleitung Siedlungsabfall
TOC
total organic carbon = gesamter organischer Kohlenstoff
220
TR Boden
Technische Regeln „Boden“
TREA
Thermische Reststoffbehandlungs- und Energieverwertungsanlage
TÜV
Technischer Überwachungs-Verein
VwVfG
Verwaltungsverfahrensgesetz
WEV
Westsächsischen Entsorgungs- und Verwertungs- GmbH
ZAW
Zweckverband Abfallwirtschaft Sachsen-Anhalt Süd
17 01 07
Gemische aus Beton, Ziegeln, Fliesen und Keramik, die keine
gefährlichen Stoffe enthalten
17 09 04
Baustellenabfälle
19 02 03
vorgemischte Abfälle, die ausschließlich aus nicht gefährlichen
Abfällen bestehen
19 05 01
nicht kompostierte Fraktion von Siedlungs- und ähnlichen
Abfällen
19 12 09
Mineralien (z.B. Sand, Steine)
19 12 12
gemischte Abfälle oder Restabfälle
20 03 01
gewerbliche Siedlungsabfälle
221
222
Teil C
Ergebnisse des Verlaufs der Untersuchungen
INHALTSVERZEICHNIS
Seite
I. Kam es im Zeitraum von Januar 2004 bis April 2008 in den Tongruben Möckern und
Vehlitz, der Deponie Freyburg/Zeuchfeld, den Abfallbehandlungsanlagen in Rietzel,
Riestedt und Krumpa zur illegalen Verbringung und Lagerung von Abfall? ...................... 224
1. Deponie Freyburg/Zeuchfeld ................................................................................. 224
2. Anlagen in Vehlitz und Möckern ............................................................................ 226
3. Anlage in Riestedt .................................................................................................. 227
II. Verantwortung des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit als oberste Bergbehörde für
die dem Bergrecht unterliegenden ehemaligen Tontagebaue in Vehlitz und Möckern ..... 229
1. Rechtswidrige Erteilung der Genehmigung ............................................................ 229
2. Ermöglichung der illegalen Abfallablagerung auf sonstige Weise .......................... 229
a) Zuständigkeitskonflikte zwischen LAGB und Landkreis Jerichower Land ........ 229
b) durch die Genehmigung ................................................................................... 232
c) unzureichende Anlagenüberwachung .............................................................. 235
d) Qualität der Überwachungsmaßnahmen .......................................................... 235
aa) angemeldete Überwachungen .................................................................. 236
bb) Häufigkeit der Anlagenüberwachung ........................................................ 237
cc) mangelnde Kenntnisse, keine Probenahmen ........................................... 238
dd) Überwachungsmaßnahmen des Landkeises Jerichower Land ................ 240
III. Verantwortlichkeit des Ministeriums für Umwelt und Landwirtschaft und seiner
nachgeordneten Behörden für die illegalen Abfallablagerungen in Freyburg/Zeuchfeld ... 243
1. Rechtswidrige Erteilung der Genehmigung ............................................................ 243
2. Ermöglichung der illegalen Abfallablagerung auf sonstige Weise .......................... 244
a) durch unzureichende Überwachungsmaßnahmen ........................................... 244
b) durch fehlende Kommunikation zwischen den Behörden und behördeninterne
Kommunikation ...................................................................................................... 246
c) durch unzureichende Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter und
Geschäftsführer ..................................................................................................... 247
d) undurchsichtige Unternehmensstruktur ............................................................ 248
IV. Verantwortlichkeit des Ministeriums für Umwelt und Landwirtschaft und seiner
nachgeordneten Behörden für die illegalen Abfallablagerungen der
Abfallbehandlungsanlage Riestedt ................................................................................... 249
1. Rechtswidrige Genehmigungserteilung ................................................................. 249
2. Ermöglichung der illegalen Abfallablagerung in sonstiger Weise ........................... 251
a) durch Zuständigkeitsprobleme ......................................................................... 251
b) durch fehlende Sicherheitsleistung ................................................................... 251
c) durch unzureichende Anlagenüberwachung seitens der Behörden ................. 252
223
224
Teil C
Ergebnisse des Verlaufs der Untersuchungen
Die
Ergebnisse
der
Untersuchungen
des
Elften
Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses
werden
nachfolgend
entsprechend
des
Untersuchungsauftrages gegliedert nach den untersuchten Anlagen und Behörden
dargestellt.
I.
Kam es im Zeitraum von Januar 2004 bis April 2008 in den Tongruben Möckern
und Vehlitz, der Deponie Freyburg/Zeuchfeld, den Abfallbehandlungsanlagen
in Rietzel, Riestedt und Krumpa zur illegalen Verbringung und Lagerung von
Abfall?
1.
Deponie Freyburg/Zeuchfeld
Nach den durch die Untersuchungen gewonnen Erkenntnissen geht der
Untersuchungsausschuss als feststehend davon aus, dass es in der Deponie
Freyburg/Zeuchfeld zu illegalen Abfallablagerungen gekommen ist.
Die Rechtswidrigkeit der bekannt gewordenen Abfallablagerungen betrifft dabei den
Zeitraum nach dem 01.06.2005, dem Inkrafttreten der Abfallablagerungsverordnung. Ab
diesem Zeitpunkt wurden an die auf Deponien abzulagernden Abfälle bestimmte
Anforderungen gestellt, welche offenbar systematisch vom Deponiebetreiber und seinen
Zulieferern nachhaltig und zielgerichtet hintergangen worden sind.
Der Bewertung des Untersuchungsausschusses liegen das umfangreiche Aktenmaterial
einschließlich
chemischer
Analysen
des
Burgenlandkreises
und
des
Landesverwaltungsamtes sowie übereinstimmende Zeugenaussagen zum Thema
zugrunde.
Auf der Deponie Freyburg / Zeuchfeld wurden nach Schätzungen des Zeugen Herrn Dr.
Palm zwischen 200.000 und 400.000 t Abfälle abgelagert1168, die nicht die notwendigen
Parameter einer Deponie der Klasse I der Deponieverordnung einhielten.
Insbesondere wurde bei Beprobungen angelieferter Abfälle mehrfach ein Glühverlust von
30 - 50 %, in Spitzenwerten bis zu 85 % festgestellt1169, was auf einen hohen organischen
Anteil hinweist.
1168
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 5. Dezember 2008, S. 78 (Vorsitzende Hunger/ Dr. Palm)
1169
Nur beispielhaft: Schreiben Zweckverband Abfallwirtschaft Sachsen-Anhalt Süd an LBR Logistik Beratung
Rohstoffe GmbH vom 23.05.2007, Akte Freyburg Abfallanalysen 2007 DK I Ordner 1, S. 167; Prüfbericht Nr. AUA
2678/1.1-07 der EUROFINS-AUA GmbH vom 23.02.2007, Akte Freyburg Abfallanalysen 2007 DK I Ordner 1, S.
177; Prüfbericht Nr. AUA 15838/1.1-07 der EUROFINS-AUA GmbH vom 27.11.2007, Akte Freyburg Abfallanalysen
2007 DK I Ordner 1, S. 233; Analysebericht ANALYTIKLABOR PFEIFFER GmbH, Projekt-Nr. 0709-59 vom
25.09.2007, Akte Freyburg Abfallanalysen 2007 DK I Ordner 1, S. 239, 240
225
Der Zeuge Herr Hoffmann vom Landesverwaltungsamt hat bekundet, dass es nach dem
01.06.2005 zur Ablagerung von nicht genehmigten Abfällen gekommen ist und das diese
Tatsache als zweifelsfrei anzusehen ist.1170 Der Zeuge Herr Hoffmann stützte seine
Aussage auf die Ergebnisse von Rammkernsondierungen.
Der Zeuge Herr Dr. Engel vom Landesverwaltungsamt sagte aus, dass er erst seit März
2008 Kenntnisse von illegalen Abfallablagerungen auf der Deponie Freyburg/Zeuchfeld
gehabt habe.1171
Die Deponie Freyburg / Zeuchfeld wurde vom Landesverwaltungsamt und dort vor allem
von der Zeugin Frau Abendroth überwacht. Die Zeugin Frau Wegener wie auch Frau
Abendroth vom Landesverwaltungsamt haben bereits seit August 2007 festgestellt, dass
auf der Deponie Freyburg/Zeuchfeld Stoffe abgelagert sein könnten, die nicht den
Einlagerungsbedingungen entsprechen. Derartige Hinweise finden sich sogar in den
Überwachungsprotokollen der Zeugin Frau Abendroth seit Mitte 2005. Gleichwohl wurden
keine weiteren Maßnahmen zur Aufklärung dieser Verdachtsmomente ergriffen.1172
Die Zeugin Frau Lindemann gab an, erst nach einer Anzeige des BVSE wahrgenommen zu
haben, dass auf der Deponie Probleme bestehen könnten1173. Auch nach dieser Anzeige
erfolgte keine tiefergehende Prüfung, etwa durch Bohrungen.
Begründet wurde die fehlende Feststellung des hohen organischen Anteils damit, dass bei
Abfällen der Anteil organischer Stoffe nicht zweifelsfrei durch Sichtkontrollen feststellbar
sei1174.
Der Zeuge Herr Leimbach als Präsident des Landesverwaltungsamts führte aus, dass die
in der Deponie eingelagerten Materialien eindeutig nicht mit der Betriebsgenehmigung
kompatibel waren. Er verwies darauf, dass ein kollusives Zusammenwirken von
Anlagenbetreiber und Dritten der Aufsichtsbehörde auch bei erheblichem Personalaufwand
verheimlicht werden könne.1175
Die Zeugin Frau Völzke vom Burgenlandkreis berichtete davon, dass sie bereits im Oktober
2005 zwei Fuhren geschredderte Kunststoffe gesehen habe, die auf die Deponie verbracht
wurden.1176 Kunststoffe durften wegen ihres hohen Organikgehaltes zu diesem Zeitpunkt
nicht mehr auf die Deponie verbracht werden. Der Umstand, dass gleich LKW-weise illegal
Abfälle zur Deponie Freyburg/Zeuchfeld verbracht wurden, spricht für ein systematisch
Niederschrift über die 4. – öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 02.
Oktober 2008, S. 8 (Hoffmann)
1171
Niederschrift über die 4. – öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 02.
Oktober 2008, S. 8 (Hoffmann)
1172
Niederschrift über die 9. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
Februar 2009, S. 12 (Abgeordneter Kley/Wegener), S. 13 f. (Abgeordnete Rogée / Wegener)
1173
Niederschrift über die 9. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
13. Februar 2009, S. 33 (Vorsitzende Hunger/ Lindemann)
1174
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 32 f. (Abgeordneter Kley/ Abendroth), S. 46 zum visuellen Eindruck des Abfalls und S. 50
(Vorsitzende Hunger/ Abendroth)
1175
Niederschrift über die 13. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 12 (Abgeordneter Lüderitz/ Leimbach)
1176
Niederschrift über die 13. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 52 (Vorsitzende Hunger/Völzke), S. 55 (Abgeordneter Lüderitz/Völzke), S. 60 (Graner/Völzke)
Niederschrift über die 13. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5. Juni
2009, S. 12 (Abgeordneter Lüderitz/ Leimbach)
1170
226
rechtswidriges Vorgehen der Deponiebetreiber. Der sachverständige Zeuge Herr Dr. Palm
schätzte nach Auswertung der Rammkernsondierungen und der ihm vorliegenden
Vermessungsunterlagen die Menge der rechtswidrig eingebauten Abfälle zwischen 200.000
und 400.000 Tonnen ein.1177
Aus den vorliegenden Akten ist bekannt, dass eine LKW-Ladung ca. 18 – 20 Tonnen
Abfälle umfasste. Aus der Darstellung des Sachverständigen Herrn Dr. Palm folgt, dass
mindestens 10.000 LKW-Ladungen rechtswidrig auf die Deponie verbracht worden sein
müssen.
Bei der systematischen illegalen Ablagerung von Abfällen auf dieser Deponie ging es nach
den vorliegenden Erkenntnissen regelmäßig um solche Abfälle, bei denen der Organikanteil
deutlich die erlaubten Grenzwerte überschritten hatte.
Auch die Zeugin Frau Knopf vom Landkreis Saalekreis bestätigte, dass durch einzelne
Betreiber von Abfallbehandlungsanlagen gezielt Abfälle mit einem hohen Organikanteil
unter der unzutreffenden Abfallschlüsselnummer 19 12 09 (Steine und Erden) zur Deponie
Freyburg/Zeuchfeld verbracht worden sind.
Nach dem Akteninhalt und den zahlreichen übereinstimmenden Zeugenaussagen steht für
den Untersuchungsausschuss fest, dass vom Betreiber der Deponie Freyburg/Zeuchfeld
systematisch Abfälle auf die Deponie Freyburg/Zeuchfeld verbracht wurden, die nach dem
01.06.2005 dort nach dem geänderten Abfallrecht nicht mehr eingebaut werden durften.
Die Deponie wurde zu wesentlichen Teilen durch die Firmen LBR GmbH aus Braunsbedra,
CORTEC GmbH aus Weißenfels und SVG GmbH aus Naunhof beliefert.
An der Glaubwürdigkeit der Zeugen besteht kein Zweifel, zumal Zeugen der
verschiedensten Behörden unabhängig voneinander übereinstimmende Beobachtungen
bekundet haben und diese auch mit dem sonstigen Akteninhalt im Einklang stehen.
2.
Anlagen in Vehlitz und Möckern
In den Tongruben Vehlitz und Möckern wurden durch das Landesamt für Umweltschutz und
die LuS GmbH im Juli 2007 Proben von den dort eingebrachten Abfälle analysiert. Diese
hatten übereinstimmend zum Ergebnis, dass die abgelagerten Abfälle einen sehr hohen
Organikanteil aufweisen. Bei fünf weiteren Schadstoffparametern wurde die Überschreitung
der im Sonderbetriebsplan zugelassenen Grenzwerte festgestellt. Das betrifft neben dem
durchgängig hohen Organikanteil die Parameter für Nickel, Zink, Chlor im Eluat sowie PCB
im Feststoff.1178
Der Zeuge Herr Esters vom LAGB teilte mit, dass nach den Feststellungen des Amtes aus
dem Frühjahr 2010 das Sickerwasser in den beiden Tongruben dem einer
Siedlungsabfalldeponie entspreche und im höchsten Maßen kontaminiert sei. In Möckern
1177
vgl. auch Niederschrift über die 7. - öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 5. Dezember 2008, S. 87 (Vorsitzende Hunger/Dr. Palm) zu Schwermetallwerten
1178
Niederschrift über die 15. – öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 34 (Esters)
227
wie auch in Vehlitz gast Methan und Schwefelwasserstoff aus, was zu starken
Geruchsbelästigungen und auch zu Gesundheitsgefahren führen kann.1179
Nach Aussage der Zeugin Frau Knopf vom Saalekreis wurden ausweislich der
festgestellten Begleitscheine die als „Steine und Erden“ falsch deklarierten organischen
Abfälle unter anderem auch in die Sortieranlage in Rietzel sowie die Tongruben in Vehlitz
und Möckern verbracht.1180
Das bestätigen auch die Begleitpapiere, welche als Teil des Akteninhalts dem
Untersuchungsausschuss vorliegen.
Der Zeuge Herr Pleye führte aus, dass in den beiden Tongruben in Vehlitz und Möckern ca.
eine Million Tonnen illegale bzw. zur Verfüllung der Gruben ungeeignete Abfälle eingebaut
wurden.1181
Damit steht auch für den Untersuchungsausschuß fest, dass von rechtswidrigen
Abfallablagerungen in den Tongruben in Vehlitz und Möckern ausgegangen werden muß.
3.
Anlage in Riestedt
Bei dieser Anlage konnte anhand von Luftbildaufnahmen nachgewiesen werden, dass im
Zeitraum nach 2005, insbesondere nach März 2007, durch den Anlagenbetreiber
erhebliche Abfallmengen angehäuft worden sind. Es handelt sich dabei um ca. 100.000
Tonnen.1182
Eine Begrenzung der Lagerkapazität wurde nach Aussage des Zeugen Herrn Schatz nicht
ausgesprochen.1183 Der Zeuge Herr Dr. Discher vom Landesverwaltungsamt wiederum
sagte aus, dass die Lagermenge durch die im Jahr 1995 erteilte Genehmigung sehr wohl
bestimmbar gewesen sei. Die Genehmigung habe der damals gängigen Verwaltungspraxis
entsprochen.1184
Die Genehmigungslage war für das Landesverwaltungsamt nicht eindeutig. Ob und welche
Genehmigung für diese Anlage überhaupt existiert, war Gegenstand langwieriger
rechtlicher Untersuchungen, die bis zur Abgabe des Vorgangs an den Landkreis MansfeldSüdharz nicht restlos aufgeklärt werden konnten.
Niederschrift über die 15. – öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 02.
Oktober 2008, S. 8 (Hoffmann)
1180
Niederschrift über die 08. – öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 7 (Knopf)
Niederschrift über die 15. – öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 02.
Oktober 2008, S. 8 (Hoffmann)
1181
Niederschrift über die 20. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 86 (Pleye)
1182
Niederschrift über die 18. – öffentliche- Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 05.
Februar 2010, S 33 (Abgeordneter Lüderitz / Dr. Discher)
1183
Niederschrift über die 20. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 18 (Schatz)
1184
Niederschrift über die 18. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
05.Februar 2010, S. 10, 22 (Abgeordneter Herr Lüderitz / Dr. Discher)
1179
228
Diese unterschiedlichen Auffassungen beim Alt-Landkreis Sangerhausen, dem STAU Halle
und dem Landesverwaltungsamt zum Genehmigungsstand haben zu einer gewissen
„Paralysierung“ des Verwaltungshandelns geführt.
Auch in dessen Folge kann der Untersuchungsausschuss illegale Verbringung und
Ablagerung von Abfall nicht ausschließen.
229
II.
Verantwortung des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit als oberste
Bergbehörde für die dem Bergrecht unterliegenden ehemaligen Tontagebaue
in Vehlitz und Möckern
Als Fachbehörde war dafür das dem Ministerium für Wirtschaft und Arbeit direkt
unterstehende Landesamt für Geologie und Bergwesen (LAGB) zuständig. Nach dem
Verlauf der Untersuchungen hat sich erwiesen, dass das Ministerium für Wirtschaft und
Arbeit sowie die ihm unterstellte Behörde durch verschiedenartiges Fehlverhalten die
rechtswidrigen Abfallablagerungen mitursächlich ermöglicht haben.
1.
Rechtswidrige Erteilung der Genehmigung
Der Betreiber der Tongruben in Vehlitz und Möckern hat neben zahlreichen anderen
Genehmigungen im hier interessierenden Zusammenhang durch die Sonderbetriebspläne
zur Verfüllung für den Tontagebau in Möckern sowie zur Verfüllung und Rekultivierung des
Teilfeldes 2 für den Tontagebau Vehlitz die Erlaubnis erhalten, die Tongruben nach
Beendigung des Tonabbaus mit Abfällen zu verfüllen. Von ihrem tatsächlichen (nicht
rechtlichen) Erscheinungsbild näherten sich die Tongruben denen von Abfalldeponien an.
Hinsichtlich des Sonderbetriebsplans zur Verfüllung der Tongrube Vehlitz mit Abfällen ist
nach den vorliegenden Entscheidungen des VG Magdeburg und des OVG Sachsen-Anhalt
davon auszugehen, dass der Sonderbetriebsplan nicht rechtswidrig war. Das LAGB hatte
zuvor mit Bescheid vom 11.03.2008 den Sonderbetriebsplan mit Wirkung für die Zukunft
teilweise zurückgenommen. Die Rücknahmeentscheidung begründete das LAGB damit,
dass der Sonderbetriebsplan vom 05.03.2004 rechtswidrig sei. Dadurch sei der Weg zur
Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts gem. § 48 VwVfG eröffnet. Die Behörde
ordnete die sofortige Vollziehung an.
Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bestätigten sowohl das VG Magdeburg als auch
das OVG Sachsen-Anhalt die Rechtmäßigkeit des Sonderbetriebsplanes, wobei es auf
diese Frage entscheidungserheblich ankam. Für den Untersuchungsausschuss ist damit
geklärt, dass das LAGB bei der Erteilung der Erlaubnis der Verfüllung der Tongrube Vehlitz
mit Abfällen durch den Sonderbetriebsplan vom 05.03.2004 zumindest nicht rechtswidrig
gehandelt hat. Mit dem Oberverwaltungsgericht LSA ist festzustellen, dass § 56 BBergG als
speziellere Norm dem § 48 VwVfG vorgeht. Der vom LAGB eingeschlagene Weg der
Rücknahme des Sonderbetriebsplans nach § 48 VwVfG war danach rechtswidrig.
2.
Ermöglichung der illegalen Abfallablagerung auf sonstige Weise
a)
Zuständigkeitskonflikte zwischen LAGB und Landkreis Jerichower Land
Für eine effektive Überwachung der in den Tongruben Vehlitz und Möckern erlaubten
Verfüllung mit Abfällen war es unabdingbar, dass die beteiligten Behörden wissen, dass
und wofür sie selbst zuständig sind. Gleichzeitig sollten sie für eine zweckorientierte
Abstimmung auch wissen, wofür die jeweils andere beteiligte Behörde zuständig ist.
230
Die Untersuchungen des Ausschusses haben ergeben, dass die grundlegende Frage der
eigenen Zuständigkeit von den beteiligten Behörden unterschiedlich betrachtet wird und
teilweise Unklarheiten bestehen, wie weit die eigene Zuständigkeit reicht.
Im Ministerium für Wirtschaft und Arbeit wurde durch die Zeugen Herr Sladek und Herr
Pleye die Zuständigkeitsfrage nach § 32 III AbfGLSA beantwortet. Danach gehöre die
gesamte abfallrechtliche Überwachung der Verwertung von Abfällen im Rahmen der
Verfüllung der Tontagebaue in Vehlitz und Möckern zum Aufgabenbereich der unteren
Abfallbehörde, hier des Landkreises Jerichower Land.1185
Gleichzeitig war das LAGB gem. § 69 BBergG für die Bergaufsicht in den Tontagebauen
zuständig.
Die anlagenbezogene bergtechnische, bergrechtliche und arbeitsschutzrechtliche
Zuständigkeit der Bergaufsicht sollte durch § 32 AbfGLSA unberührt bleiben.1186
In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass das gesamte abfallrechtliche
Eingriffsinstrumentarium z. B. des § 21 KrW/AbfG nur der unteren Abfallbehörde und nicht
der Bergbehörde zur Verfügung stünde. 1187
Beim LAGB wurde die Auffassung vertreten, dass die untere Abfallbehörde des
Landkreises Jerichower Land die so genannte Vollzugskompetenz träfe. Danach sei für die
abfallrechtlichen Kontrollen die Untere Abfallbehörde des Landkreises zuständig.1188
Gleichzeitig sei anlassbezogen auch das LAGB zuständig.1189
Nach Auffassung des Zeugen Herrn Berthold vom LAGB habe der Landkreis als untere
Abfallbehörde eine uneingeschränkte Anordnungsbefugnis. Gemäß § 21 KrW/AbfG könne
diese im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen treffen, benötige dafür jedoch das
Einvernehmen des LAGB. Außerdem gab es in der Tongrube in Vehlitz eine
Abfallbehandlungsanlage, für welche der Landkreis Jerichower Land als untere
Emissionsschutzbehörde zuständig war. Damit habe der Landkreis alle Möglichkeiten
besessen, die Eingangs- und Abfallströme hinsichtlich der abfallrechtlichen
Qualitätsanforderungen festzulegen und deren Einhaltung zu kontrollieren.1190
Die Analyse der Stoffströme zwischen der HRH Rietzel und den Tongruben in Vehlitz und
Möckern lag nicht im Zuständigkeitsbereich des LAGB.1191
1185
Niederschrift über die 15. öffentliche Sitzung vom 25. September des 11. Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses Seite 84 (Sladek); Niederschrift über die 20.öffentliche Sitzung vom 16. April 2010
Seite 87 ( Pleye)
1186
Niederschrift über die 15. öffentliche Sitzung des 11. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.September
2009 Seite 84 (Sladek) ; Niederschrift über die 20. öffentliche Sitzung vom 14. April 2009 Seite 87 (Pleye)
1187
Niederschrift über die 15. öffentliche Sitzung vom 25. September des 11. Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses Seite 84 (Sladek)
Niederschrift über die 6. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
07.11.2008, S. 50 (Berthold)
1188
Niederschrift über die 15. öffentliche Sitzung des 11. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vom 25.
September 2009 Seite 76 (Forker)
1189
Niederschrift über die 15. öffentliche Sitzung des 11. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vom 25.
September 2009 Seite 63 (Forker)
1190
Niederschrift über die 6. öffentliche Sitzung des 11. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vom 07.11.
Seite 57 (Berthold)
1191
Niederschrift über die 6. öffentliche Sitzung des 11. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vom 07.11.
Seite 57 (Berthold)
231
Nach der Auffassung des Zeugen Herrn Dr. Klamser war die untere Abfallbehörde mit in
der Verantwortung, weil sie als Abfallbehörde eine Regelung in einem Bescheid getroffen
habe. Dann sei die Abfallbehörde auch für die Überwachung des Bescheids mit
verantwortlich. 1192
In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass ausweislich des Akteninhalts und der
sonstigen Zeugenaussagen die Erlaubnis zur Verfüllung der Tongruben in Vehlitz und
Möckern mit Abfällen gerade nicht von der Unteren Abfallbehörde, sondern eben vom
Bergamt erteilt worden ist. Die Auffassung des Herrn Dr. Klamser würde dann zu der
Konsequenz führen, dass das LAGB wegen der Erteilung der Erlaubnis zur Verfüllung der
Tongruben mit Abfällen gleichzeitig auch für deren Überwachung zuständig ist, mindestens
jedoch einen Mitverantwortung trage.
Der Zeuge Herr Forker vom LAGB vertrat die Auffassung, dass die BImSchG-Anlage auf
der Tongrube in Vehlitz dem Abfallrecht und somit der unteren Abfallbehörde des
Landkreises unterliege.1193 Trotz der dann fehlenden Zuständigkeit habe das LAGB in den
dortigen Haufwerken Analysen vorgenommen. Das Handeln außerhalb des
Zuständigkeitsbereiches vermochte der Zeuge nicht zu erklären.1194
Beim Landkreis Jerichower Land bestand die Auffassung, dass das LAGB für die
abfallrechtliche Überwachung der Tongruben in Vehlitz und Möckern zuständig gewesen
sei, weil sich die gesamte Anlage in der bergrechtlichen Zuständigkeit des LAGB befinde.
Daher wurden vom Landkreis Jerichower Land die angelieferten und eingelagerten Abfälle
in den Tongruben mangels Zuständigkeit nicht durch die untere Abfallbehörde überwacht.
1195
Entsprechend dieser Rechtsaufassung der fehlenden Zuständigkeit wurde tatsächlich
gehandelt. Ein Einvernehmen mit dem Bergamt über die Durchführung des Ob und Wie der
abfallrechtlichen Überwachung wurde nicht hergestellt.1196
Nach Aussagen des Zeugen Herrn Bruelheide vom Landkreis Jerichower Land sei die
Überwachung der abfallrechtlichen Stoffströme in die Tongruben nicht Sache des
Landkreises gewesen. Das LAGB sei dafür zuständig, weil es für die Verfüllung der
Tongruben mit Abfällen auch die Genehmigung erteilt habe. Wer die Genehmigung erteilt,
sei automatisch zuständige Kontrollbehörde. 1197
1192
Niederschrift über 10. öffentliche Sitzung des 11. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vom 13.03.2009
Seite 35 (Dr. Klamser)
1193
Niederschrift über die 15. öffentliche Sitzung des 11. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vom 25.
September Seite 75 (Forker)
1194
Niederschrift über die 15. öffentliche Sitzung des 11. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vom 25.
September Seite 78 (Forker)
1195
Niederschrift über die 12. öffentliche Sitzung des 11. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vom 04. Mai
2009 Seite 9 (Finzelberg)
1196
Niederschrift über die 12 öffentliche Sitzung des 11. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vom 04. Mai
2009 Seite 9 und Seite 25 (Finzelberg); Niederschrift über die 17. öffentliche Sitzung des 11. Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses vom 04. Dezember 2009 Seite 32 (Abgeordneter Graner); Niederschrift über die 6. Sitzung
des 11. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vom 7. November 2008, Seite 35 (Girke), Seite 35, Seite 37 und
Seite 39 (Girke)
1197
Niederschrift über die 8. öffentliche Sitzung des 11. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vom 16. Januar
2009 Seite 36 (Bruelheide)
232
Nach der Auffassung des Zeugen Herrn Dörffel, Abteilungsleiter der Abteilung Klimaschutz,
erneuerbare Energien, Kreislaufwirtschaft, technischer Umweltschutz im Ministerium für
Landwirtschaft und Umwelt war primär das LAGB als Sonderbodenschutzbehörde für den
Vollzug des Bergrechts und der bodenschutzrechtlichen Belange zuständig. Dies folge aus
den §§ 17 und 18 BodSchAG LSA welche der zuständigen Bergbehörde die
bodenschutzrechtliche Zuständigkeit zuweise. Die Zulassung der Widernutzbarmachung
eines Tagebaus sei in den Betriebsplänen geregelt, welche vom LAGB zu erlassen seien.
Diese Betriebspläne hätten sowohl die bergrechtlichen Aspekte als auch das geltende
Bodenschutzrecht zu beachten. 1198
Sekundär sei allerdings auch die Abfallbehörde gehalten, die Einhaltung der
abfallrechtlichen Vorschriften zu überwachen und ggf. durchzusetzen. Primär sei also das
Bodenschutzrecht in der Zuständigkeit des LAGB einschlägig, sekundär auch das
Abfallrecht in der Zuständigkeit des Landkreises als untere Abfallbehörde. Die Behörden
müssten dementsprechend zusammenwirken, was aus Sicht des Zeugen Herrn Dörffel
auch ohne weiteres möglich sei.1199
Nach der Überzeugung des Untersuchungsausschusses ist den Ausführungen des Zeugen
Herrn Dörffel zuzustimmen. Die Zuständigkeit des LAGB folgte aus der gesetzlichen
Regelung in der Eigenschaft als Bergbehörde und Bodenschutzbehörde sowie aus der
Verantwortung der genehmigungserteilenden Behörde hinsichtlich des Sonderbetriebsplans
für die Verfüllung der Tontagebaue mit Abfällen.
Das im Laufe der Untersuchungen festgestellte Wirrwar der Zuständigkeiten und die bei
den Behörden darüber aufgekommene Unsicherheit über die Grenzen der eigenen
Zuständigkeit haben begünstigend für die illegalen Abfallablagerungen gewirkt. Eine
effektive und tiefgründige Kontrolle der Anlagen setzt als selbstverständlich voraus, dass
die Behörde die eigene Zuständigkeit kennt. Wer jedoch wie hier die Behörden des Landes
Sachsen-Anhalt gar nicht weiß, wo genau die eigene Zuständigkeit beginnt und wo sie
endet, kann objektiv den Anforderungen an die Überwachung der Anlagen nicht
entsprechen. Wenn die Behörden die eigene Zuständigkeit nicht kennen, wissen sie auch
nicht, was sie ihrer Prüfung zu unterziehen haben.
b)
durch die Genehmigung
Die Untersuchungen haben im Ergebnis deutlich offengelegt, dass der Sonderbetriebsplan
vom 05.03.2004 inhaltliche Mängel aufweist, welche letztlich das illegale Vorgehen des
Anlagenbetreibers erheblich begünstigt haben. So wurde es insbesondere versäumt, die an
den Abfall zu stellenden Kriterien hinreichend genau festzulegen. Der Sonderbetriebsplan
enthält im Wesentlichen nur Aussagen zu den zugelassenen Abfallarten nach der
Abfallverzeichnisverordnung sowie von Zuordnungswerten der ohnehin nicht
rechtsverbindlichen LAGA. Es wurde also nicht festgelegt, welche konkreten biologischen,
chemischen und physikalischen Eigenschaften die einzulagernden Abfälle aufzuweisen
haben.
1198
Niederschrift über die 20. öffentliche Sitzung des 11. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vom 16. April
2010 Seite 108 (Dörffel)
1199
Niederschrift über die 20. öffentliche Sitzung des 11. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vom 16. April
2010 Seite 108 (Dörffel), Seite 117, Seite 123 (Dörffel)
233
Das war besonders bedeutsam im Hinblick auf den Organikgehalt der Abfälle. Dieser war
entgegen branchenweiter Gepflogenheiten der Abfallbehörden nicht näher definiert. Damit
hat das LAGB dem Anlagenbetreiber im Ergebnis ermöglicht, Abfälle in der Tongrube
abzulagern, welche die insoweit strengen Anforderungen der Abfallablagerungsverordnung
hinsichtlich organischer Anteile (Glühverlust, TOC) nicht erfüllen mussten.
Zur Verbringung organischer Abfälle in den Tontagebau Vehlitz meinte der Zeuge Herr
Sladek1200 dass der Sonderbetriebsplan die Verbringung hochorganischer Stoffe
ausschließe. Wörtlich lautet der Antrag zum Abfallschlüssel 19 12 12:
„Unter dem Material der AVV – Schlüsselnummer 19 12 12 versteht der Antragsteller
ausschließlich Material aus der Vorabsiebung von Baustellenabfällen bei einem
Trennschnitt von ≤ 40 mm“1201.
Zieht man in Betracht, dass Baustellenabfälle nicht mit mineralischen Abfällen
gleichzusetzen sind und durchaus einen höheren Anteil organischer Bestandteile enthalten
können (z.B. Holzabfälle wie Balken, Latten und Bretter oder Kunststoffabfälle von
Verpackungen), kann aus dem Antrag entgegen der Auffassung des Zeugen Herrn Sladek
jedenfalls keine Beschränkung auf mineralische Abfälle herausgelesen werden.
Durch diese im Ergebnis unvollkommene Genehmigung des LAGB zur Ablagerung von
Abfällen hat der Anlagenbetreiber eine Sonderstellung erhalten, die möglicherweise
bundesweit einmalig war. Während mit Inkrafttreten der Abfallablagerungsverordnung am
01.06.2005 sämtliche Deponien und Abfälle mit einem oberhalb der Grenzwerte gelegenen
Organikanteil nicht mehr annehmen durften, konnte und durfte der Betreiber der Anlage in
Vehlitz dies gleichermaßen tun.
Gerade wegen der langen Übergangsfrist der TA Siedlungsabfall dürfte es im Jahr 2004 in
der Abfallbranche als allgemein bekannt gegolten haben, dass Abfälle mit hohem
Organikanteil nicht mehr wie bislang auf Deponien abgelagert werden dürfen. In dieser
Situation erscheint es als unverständlich, dass das LAGB mit Betriebsplan vom 05.03.2004
die Ablagerung von Abfällen erlaubt hat, ohne Regelungen zum Organikgehalt der Abfälle
zu treffen. Verschärft wurde die Situation dadurch, dass der Sonderbetriebsplan keine
zeitliche Befristung und auch keinen Änderungsvorbehalt enthielt. Die Aufnahme eines
Änderungsvorbehaltes entspricht ausweislich der Behördenakten allgemeiner Praxis bei
der Erteilung von Anlagengenehmigungen. Daher fällt die Abweichung an dieser Stelle
besonders auf.
Mit der Zulassung des Sonderbetriebsplans zur Verfüllung des ehemaligen Tontagebaus in
Vehlitz mit Abfällen hat das LAGB dem Anlagenbetreiber genehmigungsrechtlich die
Möglichkeit eröffnet, systematisch Abfälle auf seiner Anlage abzulagern, welche mit
Inkrafttreten der Abfallablagerungsverordnung am 01.06.2005 auf Deponien bundesweit
nicht mehr abgelagert werden durften. Wenn derartige Abfälle nicht einmal mehr auf dafür
eingerichteten Deponien abgelagert werden durften, musste ein Einbau dieser Abfälle zur
Verfüllung der Tongrube erst recht ausscheiden. Diese Problematik hat das LAGB
ersichtlich nicht erkannt.
Niederschrift über die 15. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
25.September 2009, S. 84 (Sladek)
1200
1201
Ordner Tontagebau Vehlitz, SBP Verfüllung Teilfeld II, Band 1, S. 17
234
Der Verlauf der Untersuchungen hat ergeben, dass die fragwürdige Entscheidung des
LAGB durch Zuständigkeitskonflikte der Behörden untereinander und unzureichende
personelle Qualifikationen der Mitarbeiter stark begünstigt und folglich mitverursacht wurde.
Nach der Aussage des Zeugen Herrn Pleye, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft
und Arbeit, hat das LAGB den Sonderbetriebsplan ohne die erforderlichen abfallrechtlichen
Kenntnisse und Kompetenzen zugelassen. Über diese verfügte hingegen der Landkreis
Jerichower Land als zuständige abfallrechtliche Fachbehörde. Das LAGB hat sich bei
Erteilung seiner Genehmigung also darauf verlassen, dass die untere Abfallbehörde das
Abfallrecht in zutreffender Weise angewandt habe.1202
Der Zeuge Herr Berthold vom LAGB erklärte, dass ihm im Abfallrecht die grundlegenden
Kenntnisse fehlen. Von der Ausbildung her ist er Diplomingenieur für Bergbau/Tiefbau1203
Die abfallrechtliche Kompetenz hatte nach Aussage des Zeugen Herrn Berthold die untere
Abfallbehörde des Landkreises Jerichower Land, welche auch die uneingeschränkte
Anordnungsbefugnis nach § 21 Kreislaufwirtschaftsgesetz inne gehabt habe. Sie habe alle
Möglichkeiten besessen, die Eingangs- und Abfallströme hinsichtlich der abfallrechtlichen
Qualitätsanforderungen festzulegen und deren Einhaltung zu kontrollieren.1204
Demgegenüber schilderte der Zeuge Herr Eberhard Neumann vom Landkreis Jerichower
Land, dass seine Behörde sich zur Genehmigung des LAGB nicht geäußert habe. Beim
Landkreis habe es niemand gewagt, die Rechtmäßigkeit des Bescheides des
Landesbergamts in Frage zu stellen.1205
Die Zeugin Frau Osse vom Landkreis Jerichower Land bestätigte die Aussage des Zeugen
Herrn Neumann mit dem ergänzenden Hinweis, der Sonderbetriebsplan sei von der
unteren Abfallbehörde lediglich als zu vollziehender Verwaltungsakt angesehen worden,
ohne dass Veränderungen daran in eigener Kompetenz in Betracht gezogen worden
wären.1206
Nach diesen Zeugenaussagen steht fest, dass das dem Ministerium für Wirtschaft und
Arbeit direkt unterstellte LAGB mit dem Sonderbetriebsplan für den Tontagebau Vehlitz
Teilfeld 2 vom 05.03.2004 die Ablagerung von Abfällen in der Tongrube zugelassen hat,
obwohl das LAGB nach der Einschätzung des Ministeriums sowie nach eigener
Einschätzung nicht über die erforderliche abfallrechtliche Kompetenz verfügte. Gleichzeitig
Niederschrift über die 20. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
April 2010, S. 100 (Abgeordneter Graner / Pleye)
1203
Niederschrift über die 6. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
07.11.2008, S. 50 (Berthold)
1204
Niederschrift über die 6. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
07.11.2008, S. 56 (Berthold)
Niederschrift über die 20. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
16.01.2010, S. 117 (Dörffel)
1205
Niederschrift über die 3. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008 S. 43 (Neumann)
Niederschrift über die 03. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008 S. 50 (Neumann)
Niederschrift über die 03. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008 S. 26 (Neumann)
1206
Niederschrift über die 03. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008 S. 19 (Osse); Niederschrift über die 03. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 5. September 2008 S. 24 (Osse)
1202
235
hat der Landkreis Jerichower Land als untere Abfallbehörde zwar über die erforderliche
abfallrechtliche Kompetenz verfügt. Dieser hat es jedoch nicht gewagt, den Bescheid des
LAGB als Landesbehörde in Zweifel zu ziehen, sondern sich zum reinen Vollzug berufen
gefühlt. Letztlich haben sich beide Behörden gegenseitig aufeinander verlassen, ohne die
Verlässlichkeit einer Prüfung zu unterziehen. Gleichzeitig belegt diese Situation, dass die
Zuständigkeitsregelungen von den Behörden in der Praxis nicht hinreichend umgesetzt
werden können. Dieses Zuständigkeitswirrwarr einhergehend mit der fehlenden
behördenübergreifenden Abstimmung hat die systematische illegale Abfallablagerung unter
Verstoß gegen die Abfallablagerungsverordnung seitens des Anlagenbetreibers wesentlich
begünstigt.
c)
unzureichende Anlagenüberwachung
Die Tongruben in Vehlitz und Möckern sowie die Sortieranlage in Rietzel wurden nach den
Erkenntnissen des Untersuchungsausschusses von drei Behörden überwacht. Das waren
das LAGB als Bergbehörde, der Landkreis Jerichower Land als untere Abfallbehörde sowie
nochmals der Landkreis Jerichower Land als untere Immissionsschutzbehörde. Die
Befahrungen der Anlage erfolgten seitens des LAGB und des Landreises Jerichower Land
unabhängig voneinander und wurden nicht gemeinsam abgestimmt. Zu den Befahrungen
vom LAGB wurde der Landkreis nicht hinzugezogen. 1207 Andererseits hat der Landkreis
das LAGB an seinen Kontrollen nicht beteiligt.1208
Diese Art der Überwachungstätigkeit der Behörden nebeneinander war nach der
Einschätzung des Ausschusses uneffektiv. Die Tätigkeit von immerhin drei Behörden hätte
bei einem abgestimmten konzentrierten Vorgehen grundsätzlich die Möglichkeit geboten,
die Anlagen voll umfassend unter Berücksichtigung der jeweiligen Fachbereiche zu
überwachen. Eine gemeinsame und untereinander abgestimmte Überwachung der
Behörden vor Ort bietet eine hohe Gewähr für die Vermeidung von Abstimmungsproblemen
und Missverständnissen der Behörden untereinander. Auch bietet eine gemeinsame
abgestimmte Überwachung dreier Behörden vor Ort die Möglichkeit, die zu überwachende
Anlage tiefgründiger zu untersuchen, zumal wenn die personellen und sachlichen
Möglichkeiten der einzelnen Behörde für größere Maßnahmen begrenzt sind. Eine
Bündelung der Kräfte dreier Behörden führt folglich auch zu einer intensiveren
Überwachung mit dem Ergebnis, dass die Qualität der Behördenarbeit deutlich steigt.
Das LAGB und der Landkreis Jerichower Land haben folglich durch die fehlende
Zusammenarbeit bei den Überwachungsmaßnahmen mit dazu beigetragen, dass die
Anlagenbetreiber auf die vom Zeugen Herrn Dr. Haseloff bezeichnete kriminelle Art und
Weise über Jahre hinweg erfolgreich vorgehen konnten.
d)
Qualität der Überwachungsmaßnahmen
Niederschrift über die 3. – öffentliche Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 28 (Osse)
1208
Niederschrift für die 15. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 25.
September 2009, S. 60 (Forker)
1207
236
aa)
angemeldete Überwachungen
Der Landkreis Jerichower Land hat seine Kontrollmaßnahmen üblicherweise beim
Anlagenbetreiber angezeigt. Das geht aus den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen
Herrn Bruelheide und Frau Osse hervor. Dadurch sollte gewährleistet sein, dass bei den
Überwachungsmaßnahmen jeweils Betriebspersonal vor Ort sei und auskunftsfähige
Unterlagen bereit gehalten werden.1209
Das LAGB hat selbst eine anlassbezogene Kontrolle mit Probenahme beim
Anlagenbetreiber ca. drei Wochen vorher angekündigt, als nach einem LKW - Unfall gut
sichtbare Plastikfetzen an der Unfallstelle vorgefunden wurden.1210
Der Zeuge Herr Minister Dr. Haseloff beklagte in seiner Aussage1211, dass die
Kontrollbehörden bei ihren wenigen angekündigten Anlagenbefahrungen stets etwas
anderes vorgezeigt bekamen, als dort üblicherweise als Regime über viele Jahre hinweg
gefahren worden sein muss.
Nach diesen Aussagen steht fest, dass der Anlagenbetreiber die zu verfüllenden
Tongruben jeweils vor den angekündigten Überwachungsmaßnahmen derart gestaltet hat,
dass die Behördenmitarbeiter bei ihren Kontrollgängen die tatsächlich in erheblicher Zahl
vorhandenen Kunststoffabfälle durch bloße Inaugenscheinnahme nicht bemerken konnten.
Die tatsächlich eingebauten Abfälle waren mit einer Schicht aus mineralischen Abfällen
abgedeckt und blieben so den Behördenmitarbeitern bei der lediglich vorgenommenen
visuellen Kontrolle verborgen. Erstmals nach dem Umkippen eines LKW auf der Anlage
erkannten die Mitarbeiter des LAGB die vom umgestürzten LKW „aufgedecken“
Plastikabfälle.1212
Durch diese Behördenpraxis der vorherigen Ankündigung von Kontrollmaßnahmen haben
das dem Ministerium für Wirtschaft und Arbeit direkt unterstehende LAGB sowie die
Behörden des Landkreise Jerichower Land Bedingungen geschaffen, welche es einem
vorsätzlich rechtswidrig handelnden Anlagenbetreiber sehr leicht machen, sein illegales
Handeln vor den Behörden zu verbergen. Gerade der systematisch und vorsätzlich
rechtswidrig handelnde Anlagenbetreiber weiß ja um die Rechtswidrigkeit seines
Vorgehens und wird deshalb seine Anlage bei angekündigten Befahrungen in einen
solchen Zustand versetzen, dass den Behörden die illegalen Abfallablagerungen möglichst
nicht ins Auge fallen. Das entspricht allgemeiner Lebenserfahrung. Anderenfalls würde der
Niederschrift über die 6. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 38 f. (Abgeordneter Kley), S. 39 (Girke)
Niederschrift über die 8. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 31, 38 f. (Bruehlheide)
Niederschrift über die 8. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 39 (Abgeordneter Gürth/Bruehlheide)
Niederschrift über die 6. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 39. (Bruehlheide)
Niederschrift über die 3. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 33 (Abgeordnete Rogée/Osse)
1210
Niederschrift über die 6. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 37 (Berthold)
1211
Niederschrift über die 21. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
04.06.2010, Seite 6 (Dr. Haseloff)
1212
Unfallaufnahme vom 06.06.2007; Niederschrift über die 6. öffentliche Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 07. November 2008, S. 53 (Berthold)
1209
237
Anlagenbetreiber die Einleitung von Ordnungswidrigkeits- und Strafverfahren gegen sich
riskieren und darüber hinaus die Möglichkeit verlieren, durch illegales Handeln
Sondergewinne zu erzielen.
Durch die Schaffung besonders günstiger Umstände für die Vertuschung systematisch
rechtswidriger Abfallablagerungen haben das LAGB wie auch die Behörden des
Landkreises Jerichower Land die illegalen Abfallablagerungen zumindest objektiv
begünstigt. Sie waren insoweit mitursächlich.
Dem steht nicht entgegen, dass die Überwachungsbehörden darauf angewiesen seien,
dass Betriebspersonal vor Ort angetroffen werden könne und auskunftsfähige Unterlagen
bereit gehalten werden.1213
So ist es gar nicht vorstellbar, dass die Behörde bei einer tatsächlich betriebenen Anlage
ohne vorherige Ankündigung kein Personal antrifft. Im Rahmen der Anlagenbesichtigungen
konnte sich der Untersuchungsausschuss davon überzeugen, dass die zahlreichen auf den
Anlagen betriebenen Maschinen jeweils von Personal bedient wurden und nicht etwa
vollautomatisch liefen. Die Gefahr, dass während der üblichen Betriebszeiten kein Personal
angetroffen werden kann, bestand also nicht.
Nicht erforderlich für die Befahrungen war die Anwesenheit der Geschäftsführung. Die
Behörden können den Anlagenbetrieb bereits aufgrund der sich in ihren Händen
befindlichen Genehmigungsunterlagen überwachen, ohne auf Erläuterungen der
Geschäftsführung angewiesen zu sein.
Auch die Bereithaltung von auskunftsfähigen Unterlagen ist davon keineswegs abhängig.
So ist der Anlagenbetreiber ohnehin zur Führung eines Betriebstagebuches verpflichtet.
Auch hat er die abfallrechtlichen Nachweispapiere ordnungsgemäß so in seinem
Unternehmen aufzubewahren, dass sie den Behörden bei Kontrollen vorgelegt werden
können (§ 40 II, III ff. KrW/AbfG).
bb)
Häufigkeit der Anlagenüberwachung
Das LAGB hat im Rahmen der bergaufsichtlichen Tätigkeit den Tontagebau Vehlitz ein- bis
zweimal im Jahr befahren.1214
Beim Landkreis Jerichower Land stand die Anlagenkontrolle einmal jährlich an. Insoweit
kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass die eine oder andere Kontrolle wegen
Umstrukturierungen oder Erkrankung von Mitarbeitern nicht durchgeführt werden
konnte.1215
Die Anzahl der Anlagenkontrollen von ein- bis zweimal im Jahr, manchmal auch von keiner
einzigen Kontrolle im Jahr ist zunächst eine denkbar niedrige Anzahl von
Niederschrift über die 3. – öffentliche- Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 33 (Osse)
1214
Niederschrift über die 6. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
7.11.2008, S. 52 (Berthold)
1215
Niederschrift über die 8. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 31, 38 (Bruelheide)
1213
238
Überwachungsmaßnahmen. Eine derartig geringe Kontrolldichte liegt bereits im
Grenzbereich der Frage, ob von einer effektiven Überwachung der Anlagen im Sinne des
Gesetzes überhaupt noch gesprochen werden kann.
Zwei Anlagenüberwachungen pro Jahr könnten dann ausreichend sein, wenn die
Überwachungen tiefgründig und unangemeldet erfolgen. Spätestens dann, wenn
Verdachtsmomente illegalen Handelns bestehen, erscheint aber eine Überwachung in
kürzeren Abständen dringend geboten.
Gerade letzteres war bei den Anlagenbefahrungen nicht gegeben, da die Behörden wie
unter lit. aa) festgestellt, die Kontrollmaßnahmen stets zuvor gegenüber dem
Anlagenbetreiber angekündigt haben. So war es den Anlagenbetreibern leicht möglich, die
Tongruben in Vehlitz und Möckern bzw. die Sortieranlage in Rietzel extra für die
Kontrollmaßnahme der Behörde „auf Vordermann“ zu bringen.
Der Minister Herr Dr. Haseloff1216 meinte zu den Aktivitäten der Verschleierung der
tatsächlichen Situation, dass man menschliches Fehlverhalten, menschliche
Fehleinschätzungen und vor allen Dingen kriminelle Aktivitäten nie 100%-ig ausschließen
könne.
Diese Auffassung mag abstrakt betrachtet zutreffen. Nach der Überzeugung des
Untersuchungsausschusses haben es die handelnden Behörden den möglicherweise
kriminell agierenden Anlagenbetreibern aber besonders leicht gemacht. Wer wie die
zuständigen Behörden im Falle Vehlitz/Möckern ohnehin so gut wie nie kontrolliert und
diese wenigen Kontrollen auch noch vorher ankündigt, kontrolliert letztlich überhaupt nicht.
Er überlässt das Feld dem Anlagenbetreiber, welcher nahezu frei schalten und walten
kann.
Es stellt sich daher nicht die Frage, ob eine Behörde überhaupt kriminelles Handeln eines
Einzelnen mit Aussicht auf vollständigen Erfolg ausschließen kann. Vielmehr stellt sich die
Frage, ob die Behörde ein derartiges Kontrollregime betreibt, dass der Anlagenbetreiber ein
Risiko eingeht, wenn er sich nicht an die Gesetze hält. Ein derartiges Kontrollregime haben
das dem Ministerium für Wirtschaft und Arbeit direkt unterstellte LAGB sowie die Behörden
des Landkreises Jerichower Land nicht aufrechterhalten. Ihre Behördenpraxis von sehr
seltenen und zudem vorher angekündigten Kontrollmaßnahmen haben es gerade kriminell
agierenden Anlagenbetreibern besonders leicht gemacht, ihre tatsächlichen Aktivitäten
erfolgreich über Jahre hinweg zu verschleiern. Insoweit haben das Ministerium für
Wirtschaft und Arbeit sowie die nachgeordneten Behörden die rechtswidrigen
Abfallablagerungen in den Tongruben Vehlitz und Möckern mit verursacht.
cc)
mangelnde Kenntnisse, keine Probenahmen
Das Manko der besonders seltenen und zuvor angekündigten Kontrollmaßnahmen könnte
dadurch ausgeglichen oder abgeschwächt worden sein, daß die zuständigen Behörden bei
ihren Kontrollmaßnahmen besonders intensiv vorgegangen sind. Die Untersuchungen
haben leider aufgedeckt, dass auch das nicht der Fall war. Auch in qualitativer Hinsicht sind
Niederschrift über die 21. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
04.06.2010, Seite 6 (Dr. Haseloff)
1216
239
die Überwachungsmaßnahmen als mangelhaft zu bezeichnen.
abfallrechtliche Stoffstromkontrolle wurde nicht durchgeführt.
Eine
qualitative
Für das LAGB schilderte der Zeuge Herr Berthold in seiner Aussage vom 07.11.2008 den
Inhalt seiner Überwachungsmaßnahmen. Die Prüfung bezieht sich danach auf „alle
Bereiche“. Das waren Arbeitsschutz, bergbauliche Sicherheit, Gesundheitsschutz und „was
man sich so denken kann“.
Dabei war es üblich, dass sich die Situation vor Ort angeschaut wurde und die
entsprechenden Dokumente überprüft wurden.1217
In diesem Zusammenhang fällt auf, dass der Zeuge Herr Berthold die Prüfung
abfallrechtlicher Belange nicht einmal erwähnt hat. Der Zeuge führte an anderer Stelle aus,
dass ihm im Abfallrecht die grundlegenden Kenntnisse fehlen. Daher habe er die Anlagen
in Vehlitz/Möckern wie sonst auch nur bergrechtlich geprüft.1218
Diese bergrechtliche Kontrolle kann wiederum nicht tiefgründig gewesen sein. Der
Untersuchungsausschuss konnte sich bei einem Besuch der Tongruben vor Ort davon
überzeugen, dass die eingebauten Abfälle nicht hinreichend verdichtet waren. Der Boden
auf den Tongruben gab leicht nach und federte regelrecht. Völlig ungeachtet
abfallrechtlicher Belange musste die Tongrube auch nach dem Bergrecht so verfüllt und
verdichtet werden, dass sich z.B. keine Hohlräume bilden können und die Gefahr von
Setzungen ausgeschlossen ist. Diese Situation hätte dem Zeugen Herrn Berthold als
Bergingenieur auffallen müssen, da sie selbst durch die als Tarnung bzw. Überdeckung
aufgebrachten mineralischen Abfälle spürbar war. Der Zeuge hat sich dann entweder der
Wahrnehmung verschlossen oder aber die Anlage nie zu Fuß begangen.
Der Zeuge Herr Berthold schilderte ferner, dass es sich bei den Tongruben in Vehlitz und
Möckern um die einzigen handelte, welchen vom LAGB die Genehmigung zur Verfüllung
mit Abfällen der AVV 19 12 12 erhalten hatte.1219
Zu besonderen Vorkehrungen in abfallrechtlicher Hinsicht fühlte sich das LAGB nicht
dadurch veranlasst, dass die Tongruben in Vehlitz/Möckern im Vergleich zu allen anderen
bergrechtlichen Anlagen außergewöhnliche Abfälle einlagerten. Auch das für die
Überwachungen vor Ort zuständige Personal verfügte nicht über abfallrechtliche
Grundkenntnisse.1220
Proben zum Zwecke der Erstellung von Analysen wurden durch das LAGB nicht
genommen. Nach den Schilderungen des Zeugen Herrn Berthold war die Entnahme von
Proben zum Zwecke der Analyse im LAGB nicht üblich. Ein tiefgründiges Kontrollsystem
war dem LAGB aus Kosten- und Personalgründen durch das Ministerium nicht ermöglicht
Niederschrift über die 6. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 52 (Berthold)
1218
Niederschrift über die 6. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 79 (Berthold)
1219
Niederschrift über die 6. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 57 (Berthold)
1220
Niederschrift über die 6. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 7.
November 2008, S. 52 (Berthold)
1217
240
worden. Lediglich bei begründeten Verdachtsmomenten habe das LAGB Beprobungen
veranlasst.
Im Fall der Tontagebaue Vehlitz und Möckern geschah dies nicht mangels begründeter
Verdachtsmomente. Insoweit war aus Sicht des Zeugen Herrn Berthold zu erwähnen, dass
der Anlagenbetreiber als Entsorgungsfachbetrieb zertifiziert war. Nochmals betonte der
Zeuge, dass das LAGB weder personell noch technisch ausgestattet war, um derartige
Untersuchungen durchführen zu können. Außerdem stelle eine solche Probenentnahme
einen Eingriff in die bergbauliche Tätigkeit dar, der seinerseits verhältnismäßig sein
muss.1221
Danach hatte der Betreiber der Tongruben seitens des LAGB keine Kontrolle in
abfallrechtlicher Sicht zu befürchten. Abfallrecht stand nicht im Prüfschema des Zeugen
Herrn Berthold. Es fehlte an der personellen und technischen Ausstattung für tiefgreifende
Kontrollen. Dazu kamen dem Zeugen sogar Zweifel auf, ob derartige Überprüfungen dem
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch Stand halten würden. Bei einer derartigen
Herangehensweise des Zeugen war eine tiefgründige Anlagenüberwachung nicht zu
erwarten. Da der Betreiber der Tongruben im Hinblick auf die stets angekündigten
Kontrollmaßnahmen die Anlage jeweils zuvor in einen optisch scheinbar rechtmäßigen
Zustand versetzte, entstand beim Zeugen Herrn Berthold auch nicht der seiner Auffassung
nach erforderliche begründete Verdacht, der ihn unter erheblichen Bedenken zu einer
Tiefenprüfung mit Probenentnahme und Analysen möglicherweise hätte veranlassen
können. Im Ergebnis hat das LAGB die Tongruben in Vehlitz und Möckern abfallrechtlich
nicht geprüft bzw. überwacht. Damit hat es objektiv einen nicht unerheblichen Beitrag dafür
geleistet, dass der Anlagenbetreiber wie geschehen über Jahre hinweg systematisch
rechtswidrig handeln konnte.
Das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit seinerseits hat das LAGB weder personell noch
sachlich so ausgestattet, dass es seinen Überwachungsaufgaben nachkommen konnte.
Damit hat das Ministerium einen wesentlichen Beitrag zum Versagen des LAGB geleistet
und letztlich auf diese Weise die illegale Abfallablagerung objektiv gefördert.
dd)
Überwachungsmaßnahmen des Landkeises Jerichower Land
Im Landkreis Jerichower Land als untere Abfallbehörde war die Zeugin Frau Juhr für die
Nachweisprüfung der Abfallbehandlungsanlage und die Stoffstromüberwachung in Rietzel
seit 2002 zuständig. Die Kontrolle der Zeugin Juhr beschränkte sich deshalb darauf, dass
sie
in
ihrem
Dienstzimmer
die
monatlichen
Meldungen
der
einzelnen
Abfallbehandlungsanlagen geprüft hat, welche Abfälle bei den Anlagen eingegangen sind
und wohin die Ausgänge verbracht wurden. Dabei hat die Zeugin Frau Juhr weder vor Ort
Kontrollen durchgeführt noch den Input oder Output der Anlagen durch eigene
Inaugenscheinnahme beurteilt. Anhand der Genehmigungsbescheide stellte sie dann fest,
ob dasjenige, was nach den schriftlichen Meldungen in die Anlagen gebracht wurde, dafür
auch zulässig war. Eine Plausibilitätsprüfung über die in den Anlagen behandelnden
Abfallmengen wie auch einen Vergleich der Qualität mit der anderer Sortieranlagen führte
die Zeugin nicht aus. Da sie nur vom Schreibtisch aus gehandelt habe, konnte sie keine
241
Kenntnis über die tatsächliche Zusammensetzung der Abfälle vor Ort erlangen. Eine
darüber hinausgehende Aufgabenstellung wurde ihr nie erteilt.1222
Selbst die Rechtmäßigkeit der Abfallströme nach dem Papier kann die Zeugin nicht
tiefgründig geprüft haben. Andernfalls hätte sich ihr die Frage aufdrängen müssen, wie in
Größenordnungen von mehreren hunderttausend Tonnen Abfall aus Kunststoffabfällen mit
der AVV 19 12 12 mineralische Abfälle der AVV 19 12 09 werden konnten. Es erfolgte also
keine Kontrolle auf Schlüssigkeit der Meldungen über die Stoffströme.
Die Zeugin Frau Osse vom Landkreis Jerichower Land gab an, dass sie die Stoffströme
abfallrechtlich geprüft habe. Diese Prüfung sei jedoch eine Papierprüfung und keine
Augenscheinprüfung gewesen.1223
Damit hat auch die Zeugin Frau Osse lediglich überprüft, ob der Anlagenbetreiber die
Papiere „richtig“ ausgefüllt hat. Ob die Darstellung auf den Papieren auch mit der
Wirklichkeit übereinstimmte, kontrollierte auch diese Zeugin nicht.
Eine Inaugenscheinnahme des Tontagebaus in Vehlitz wurde von der Zeugin Frau
Baudach vom Landkreis Jerichower Land durchgeführt. Sie nahm sowohl in der
Sortieranlage in Rietzel als auch im Tontagebau in Vehlitz den für die AVV 19 12 12
typischen hausmüllähnlichen Geruch wahr. Obwohl Hausmüll weder in der
Behandlungsanlage in Rietzel noch im Tontagebau Vehlitz zugelassen war, ließ dies die
Zeugin Frau Baudach nicht aufmerksam werden. Immerhin hätte ja der Geruch auch von
einer anderen Anlage stammen können. Welche andere Anlage dazu in Betracht kam,
erläuterte die Zeugin allerdings nicht.1224
Die Zeugin veranlasste daher keine eigenen Untersuchungen zum Organikanteil der
Abfälle. Von einem Kollegen habe sie sich Belege zeigen lassen, wonach der private
Sachverständige des Anlagenbetreibers derartige Untersuchungen durchgeführt habe.1225
Der Zeuge Herr Bruelheide hat nach seiner Aussage als Dienstvorgesetzter der Frauen
Juhr und Osse nicht einmal in Erwägung gezogen, die Abfälle zu analysieren. Trotz seiner
Ladung als Zeuge zum Termin mit dem der Ladung beigefügten Beweisthema konnte sich
der Zeuge nicht daran erinnern, ob regelmäßig Kontrollen in den Anlagen durchgeführt
wurden und falls ja, in welchem zeitlichen Abstand. Ihm habe auch nie jemand gesagt, dass
er irgendetwas analysieren müsse. Mit der Möglichkeit einer Stoffstromanalyse konnte der
Zeuge Herr Bruelheide nichts anfangen. Er warf in seiner Zeugenaussage für sich Fragen
auf, ob er denn Stoffproben hätte nehmen sollen, ob diese Proben dann zu untersuchen
Niederschrift über die 3. – öffentliche Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 5 f. (Juhr)
Niederschrift über die 3. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 6 f. (Vorsitzende Hunger/Juhr)
Niederschrift über die 3. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 9 (Abgeordneter Kley/Juhr), vgl. auch S. 15 (Abgeordneter Lüderitz/Juhr)
1223
Niederschrift über die 3. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 20 (Osse)
Niederschrift über die 3. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 20 f. (Vorsitzende Hunger/Osse)
1224
Niederschrift über die 3. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 29 (Stadelmann/Osse)
1225
Niederschrift über die 3. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
September 2008, S. 27 (Abgeordneter Kley/Osse)
1222
242
gewesen wären und wenn ja, durch wen. Er meinte auch, dass sich seine Mitarbeiterinnen
(die Zeuginnen Frau Osse und Frau Juhr) die Abfälle vor Ort angesehen und sich nicht auf
eine bloße Papierkontrolle beschränkt hätten.1226
Die Qualität der Überwachungsmaßnahmen des Landkreises Jerichower Land war danach
absolut unzureichend. Die sachlich zuständigen Mitarbeiterinnen Osse und Juhr prüften
stets nur die Lage nach den vom Anlagenbetreiber eingereichten Papieren. Die tatsächlich
bearbeiteten Abfälle wurden nie überprüft, nicht einmal einer optischen Kontrolle
unterzogen. Ihr Dienstvorgesetzter Herr Bruehlheide wusste davon nichts und hatte keine
Vorstellungen darüber, was überhaupt zu prüfen und analysieren war. Diese sachlich nicht
mehr verständliche Oberflächlichkeit der Anlagenüberwachung durch den Landkreis
Jerichower Land konnte den Betreibern der HRH in Rietzel und der Tongruben auf Dauer
nicht verborgen bleiben. Nach der vom Zeugen Herrn Dr. Haseloff beklagten kriminellen
Energie der Anlagebetreiber haben diese auch erkannt, dass seitens des Landkreises wie
auch des LAGB mit tiefgreifenden Kontrollmaßnahmen nicht zu rechnen war. Sie stellten
ihre Handlungsweisen darauf ein. Eine wesentliche Ursache dafür im Sinne einer
Mitursächlichkeit haben die Behörden des Landkreises Jerichower Land gesetzt, indem sie
es den Anlagenbetreibern durch den Ausfall effektiver staatlicher Kontrolle erst
ermöglichten, in ihren Tongruben nach eigenen Vorstellungen und ohne Rücksicht auf die
Rechtslage zu verfahren.
Letztendlich trägt für die Handlungsweise der Behörden des Landkreises der Landrat Herr
Finzelberg die Verantwortung. Er hat es versäumt, in seinem Zuständigkeitsbereich für die
Einhaltung solcher Zustände zu sorgen, die eine Umsetzung von Abfall- und
Imissionschutzrecht sichern und z.B. die effektive Überwachung der HRH Rietzel
garantierten. HRH Rietzel war einer der Hauptlieferanten des Verfüllmaterials für die
Tongrube Vehlitz. Somit trägt der Landrat Mitverantwortung für eine planmäßig und
zielgerichtete illegale Abfallablagerung im Umfang von immerhin ca. einer Million Tonnen
Abfälle.
Niederschrift über die 8. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 30 (Abgeordneter Lüderitz/Bruehlheide), S. 40 (Bruehlheide)
1226
243
III.
Verantwortlichkeit des Ministeriums für Umwelt und Landwirtschaft und seiner
nachgeordneten Behörden für die illegalen Abfallablagerungen in
Freyburg/Zeuchfeld
1.
Rechtswidrige Erteilung der Genehmigung
Die Deponie Freyburg/Zeuchfeld wurde in dem hier interessierenden Zeitraum auf der
Grundlage einer Plangenehmigung vom 17.11.2004 betrieben1227. Im Laufe der
Untersuchungen haben sich keine Hinweise dafür ergeben, dass diese Plangenehmigung
als solche nicht mit dem geltenden Recht im Einklang steht.
Es konnte herausgearbeitet werden, dass sich das Landesverwaltungsamt als zuständige
Behörde für die Plangenehmigung inhaltlich tiefgründig unter anderem mit der Frage
befasst hat, ob und unter welchen Prämissen die Deponie über den 31.05.2005 bis zum
15.07.2009 als Deponie der Klasse I weiter betrieben werden kann1228. Dazu gab es einen
innerbehördlichen Meinungsaustausch, der zu einem vertretbaren Ergebnis führte.
Allerdings ergaben die Untersuchungen auch, dass das Landesverwaltungsamt im Umgang
mit den eigenen Unterlagen nicht stets die erforderliche Sorgfalt angewendet hat. Konkret
hatte sich das Landesverwaltungsamt kein eigenes Exemplar der erteilten
Plangenehmigung vom 17.11.2004 zu den Akten genommen. Vielmehr wurde die
Plangenehmigung nur rechentechnisch abgespeichert. Dabei wurde offensichtlich nicht
hinreichend darauf geachtet, welche der verschiedenen abgespeicherten Versionen die
tatsächlich erteilte Plangenehmigung ist. So kam es, dass der Burgenlandkreis nach der
Bitte um Übersendung der Plangenehmigung vom Landesverwaltungsamt eine
Plangenehmigung erhielt, welche das Datum 17.12.2004 trug und sich inhaltlich vom
Bescheid dadurch unterschieden hat, dass die Positivliste der Abfälle nicht die Spalte
„Verwertung und Deklarationsanalysen“ enthielt.1229
Dieser fahrlässige Umgang mit eigenen Unterlagen lässt mittelbar Rückschlüsse auf die
vom Landesverwaltungsamt angewendete Sorgfalt zu. Immerhin handelt es sich bei der
Plangenehmigung einer Deponie um deren Betriebsgrundlage (§ 31 KrW/AbfG.)
Die Bedeutung der Plangenehmigung geht über die des sonstigen allgemeinen
Postverkehrs deutlich hinaus. Bereits deshalb sieht es der Untersuchungsausschuss als
unverzichtbar an, dass eine derartige wesentliche Grundlage für den Betrieb einer Deponie
Niederschrift über die 4. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2.
Oktober 2008, S 7 ( Hoffmann), S. 44 (Breuer), S. 86 (Dr. Dube)
1228
Niederschrift über die 7. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
Dezember 2008, S. 5, 6 f. (Vorsitzende Hunger/Dr. Engel), S. 13 (Abgeordneter Kley/Dr. Engel); Niederschrift über
die 9. – öffentliche Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13. Februar 2009, S. 7
(Vorsitzender Hunger/Wegener)
Niederschrift über die 7. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 5.
Dezember 2008, S 7 f. (Abgeordneter Lüderitz/Dr. Engel), vgl. auch S. 23 (Vorsitzendes Hunger/Abendroth);
Niederschrift über die 9. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 13.
Februar 2009, S. 7 (Vorsitzende Hunger/Wegener)
1229
Niederschrift über die 4. – öffentliche Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 2.
Oktober 2008, S. 8, 33 (Hoffmann)
1227
244
wie eben die Plangenehmigung in den eigenen Akten der Behörde ordnungsgemäß
gesichert wird.
Dadurch wurde jedoch nach den Feststellungen des Untersuchungsausschusses die
illegale Ablagerung von Abfällen auf der Deponie Freyburg/Zeuchfeld nicht in signifikanter
Weise gefördert oder gar verursacht. So hatte nach dem Inhalt der Akten bis zur Tätigkeit
des Untersuchungsausschusses keiner der Beteiligten das Fehlen einer ordnungsgemäß
dokumentieren Plangenehmigung bemerkt. Insbesondere der Anlagenbetreiber musste als
selbstverständlich davon ausgehen, dass sich in den Behördenunterlagen diejenige
Fassung befindet, welche ihm als verbindlich bekannt gegeben worden ist. Mangels
Kenntnis des Anlagenbetreibers von der unzureichenden Verwahrung der
Plangenehmigung seitens der Behörde konnte dieser daraus keine Vorteile ziehen.
Ferner steht der Betrieb einer Deponie sowie deren wesentliche Änderung unter dem
Erlaubnisvorbehalt der Planfeststellung bzw. Plangenehmigung (§ 31 II, III KrW/AbfG).
Ohne eine derartige Erlaubnis ist der Betrieb einer Deponie illegal und sogar in § 327 II Nr.
3 StGB unter Strafe gestellt. Der Anlagebetreiber selbst hat daher ein erhebliches
Eigeninteresse, die ihm erteilte Plangenehmigung sorgfältig aufzubewahren.
2.
Ermöglichung der illegalen Abfallablagerung auf sonstige Weise
a)
durch unzureichende Überwachungsmaßnahmen
Nach Aussage der Zeugen wurde die Deponie erlasskonform nach dem Runderlass zur
Überwachung von Abfallentsorgungsanlagen überwacht1230. Insbesondere nach
Entdeckung des möglichen Ausmaßes der Einlagerung nicht genehmigungskonformer
Abfälle wurde die Überwachung massiv verstärkt.
Im Nachhinein erwiesen sich sowohl die Eigenüberwachung des öffentlich-rechtlich
organisierten Betreibers als auch die Überwachung durch das Landesverwaltungsamt als
lückenhaft, da anderenfalls die Menge der eingelagerten Abfälle nicht erklärt werden kann.
Die Überwachung wurde durch optische Überprüfung des Deponiegeländes und Einsicht in
die Unterlagen des Deponiebetreibers durchgeführt. Dies hat sich als nicht ausreichend
erwiesen, eine Einlagerung von nicht genehmigten Abfällen zu verhindern.
Insbesondere fiel auf, dass die Zeugin Frau Abendroth der Meinung war, keine eigenen
Analysen in Auftrag geben zu können1231.
Ihre Vorgesetzten sahen eine solche Notwendigkeit auch nach der Anzeige des BVSE
augenscheinlich nicht. Vielmehr wurde zunächst weiterhin der Betreiber zur Überlassung
von Unterlagen und Analyseergebnissen aufgefordert.
Hier setzt ein Problem an, dass mit den Zeugen Herr Hoffman, Herr Helms, HerrLeimbach
und der Zeugin Frau Lindemann in deren Befragungen erläutert wurde.
1230
Vgl. auch Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses am 30. Oktober 2009, S. 15 (Abgeordneter Lüderitz/ Zender )
1231
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 5. Dezember 2008, S. 32 f. (Abgeordneter Kley/ Abendroth)
245
Überwiegend gingen die Zeugen davon aus, dass einem öffentlich-rechtlich organisierten
Betreiber einer Deponie ein gewisser Vertrauensvorschuss entgegengebracht werden
könne, da diese in besonderem Maße der Einhaltung von Recht und Gesetz verpflichtet
gewesen sei1232.
Die Zeugen Herr Zender und Herr Dr. Aeikens gehen davon aus, dass es einen solchen
Vertrauensvorschuss nicht gegeben habe1233. Allenfalls könne man entsprechende
Erwartungen hegen1234.
Trotz dieser Aussagen kann hier nicht ausgeschlossen werden, dass ein solcher
Vertrauensvorschuss bestand. Dies ergibt sich vor allem daraus, dass die Zeugen Herr
Zender und Herr Dr. Aeikens in Positionen waren, in denen eine Wahrnehmung des
Tagesgeschäfts, wenn sie überhaupt geschah, die Ausnahme war. So sagte der Zeuge
Herr Zender aus, er kenne den Vorgang erst seit Anfang 2008 und könne nur aus der Sicht
eines Abteilungsleiters berichten1235.
Zudem kann auch eine Erwartungshaltung zu einem anderen Verhalten bei einer Kontrolle
führen. Hinzuzufügen ist allerdings, dass die konkrete Durchführung einzelner Kontrollen
vom Untersuchungsausschuss nicht mehr vollständig überprüft werden konnte und insoweit
die Aussagen, dass die Kontrollen erlasskonform durchgeführt wurden, heute nicht mehr
zur Gänze verifizierbar sind.
Angesichts der vom Zeugen Herr Dr. Palm festgestellten hohen Organikanteile hätte aber
bei genügender Anstrengung die Möglichkeit bestanden, eine Falschlieferung zu erkennen.
Zwar sagte der Zeuge Herr Dr. Palm aus, dass man nicht sehen könne, ob es sich bei einer
Lieferung um Abfälle mit 3 % Organikanteil oder 5 % Organikanteil handele 1236. Es sei aber
für jemanden, der jeden Tag mit Müll zu tun habe, erkennbar, ob hier 3 % oder 50 %
Organikanteil vorliege, was sich bereits am Einbauverhalten zeigen würde1237.
Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Anlieferung von Abfällen, die nicht der
Abfallschlüsselnummer AVV 19 12 09 entsprachen, in vielen Fällen zu erkennen gewesen
wäre.
1232
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 10 (Hoffmann), vgl. auch S. 25, vgl. auch S. 28 (Abgeordneter Miesterfeldt/ Hoffmann)
Niederschrift über die 13. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Juni 2009, S. 16 f. (Abgeordneter Kley/ Leimbach)
Niederschrift über die 11. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 17. April
2009, S. 19 (Helms), S. 19 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Helms), S. 26, 35 (Abgeordneter Kley/ Helms), S. 27
(Abgeordneter Kley/ Helm)
1233
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 17 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Zender)
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 51 f. (Abgeordneter Kley/ Dr. Aeikens), S. 53, 60 (Abgeordneter Graner/ Dr. Aeikens)
1234
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 51 f. (Abgeordneter Kley/ Dr. Aeikens), S. 53, 60 (Abgeordneter Graner/ Dr. Aeikens)
1235
Niederschrift über die 16. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
30. Oktober 2009, S. 6 (Vorsitzende Hunger/ Zender)
1236
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 5. Dezember 2008, S. 80 (Abgeordneter Miesterfeldt/ Dr. Palm)
1237
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 5. Dezember 2008, S. 80 (Abgeordneter Miesterfeldt/ Dr. Palm)
246
Die Zeugin Frau Knopf sagte aus, dass im Sommer 2007 die von der LBR Logistik
Beratung und Rohstoffe GmbH und der LBR EBS GmbH als Abfälle der Schlüsselnummer
19 12 09 hergestellten Abfälle ein anderes Bild bekommen haben. Seit jener Zeit hatten die
19 12 09 -Abfälle dieser Gesellschaften einen ungewöhnlich hohen organischen Anteil.1238
Abnehmer dieser Abfälle sei im Sommer 2007 u.a. die Deponie Freyburg / Zeuchfeld
gewesen.1239
b)
durch fehlende Kommunikation zwischen den Behörden und behördeninterne
Kommunikation
Die Zusammenarbeit zwischen den Behörden wird im Regelfall nach Bekanntwerden der
hier interessierenden Probleme durch die Medien im März 2008 von den Zeugen als gut
bezeichnet.
Auf den Vorhalt einzelner Vorfälle erwiderte der Zeuge Herr Dr. Aeikens, einzelne Kritik an
der Arbeitsweise eines anderen Hauses oder einzelner Mitarbeiter sei kein Anzeichen, dass
kein gutes Einvernehmen vorliegen würde1240.
Nach Aussage der Zeugin Frau Knopf wusste sie bis März 2008 nicht, dass auch andere an
dem Problem der illegalen Einlagerung arbeiten1241. Dies spricht nicht für eine koordinierte
Zusammenarbeit, ist aber möglicherweise dadurch zu erklären, dass vor März 2008 der
Umfang des Problems und die Vernetzung nicht erkannt wurden.
Bezeichnend für den Fall Freyburg / Zeuchfeld ist, dass eine Kommunikation zwischen dem
ZAW und der unteren Abfallbehörde des Burgenlandkreises gar nicht stattfand.
So wurde die untere Abfallbehörde erst ab Mai 2008 in die Eigenüberwachung des ZAW
eingebunden. Weder der Zeuge Herr Erben als ehemaliger Landrat des Altkreises
Weißenfels noch der Zeuge Herr Reiche als Landrat des Burgenlandkreises haben zur
Vorbereitung ihrer Verwaltungsratssitzungen eine Fachbehörde mit einbezogen. Selbst der
Geschäftsführer Herr Beckmann hat nie fachlichen Rat bei der Behörde des eigenen
Landkreises eingeholt1242, obwohl er in einem Brief an den Untersuchungsausschuss selbst
von nicht vorhandenen Kenntnissen in der Abfallwirtschaft spricht (Anlage 24, S. 2).
Die Kommunikation innerhalb der Behörden war dadurch gekennzeichnet, dass die
Führungsebenen nur dann eingebunden werden, wenn ein Problem von der jeweiligen
unteren Bearbeiterebene als wichtig genug erkannt wird. Wo die Maßstäbe für diese
Beurteilung liegen, war nicht erkennbar. So ist es der Einschätzung des einzelnen
Bearbeiters und somit fast dem Zufall überlassen, ob eine Information an die höheren
Ebenen weitergeleitet wird.
.
1238
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 6 (Vorsitzende Hunger/ Knopf)
1239
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 12 (Abgeordneter Lüderitz/ Knopf)
1240
Niederschrift über die 21. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 4. Juni
2010, S. 45 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Dr. Aeikens)
1241
Niederschrift über die 8. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 16.
Januar 2009, S. 9 (Knopf)
1242
Niederschrift über die 4. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
2. Oktober 2008, S. 44 (Vorsitzende Hunger/ Breuer)
247
Eine effektive Kontrolle über die Weiterleitung bedeutender Informationen gab es aus Sicht
der Verwaltungshierarchie weder von unten nach oben noch von oben nach unten. So
wurde auch der Verwaltungsrat des ZAW nie über die illegalen Ablagerungen auf der
Deponie informiert. Verantwortlich für diesen Zustand der lediglich zufälligen Weitergabe
bedeutsamer Informationen waren der Landrat des Burgenlandkreises Herr Reiche wie
auch der ehemalige Landrat des Altkreises Weißenfels Herr Erben.
c)
durch unzureichende Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter und
Geschäftsführer
Hinsichtlich der auf der Deponie beschäftigten Mitarbeiter haben deren Kenntnisse
anfänglich nicht den Erfordernissen entsprochen. Eine Schulung wurde aber für das
Deponiepersonal und das Leitungspersonal durchgeführt1243.
Die Behörden boten in unterschiedlichem Umfang Weiterbildungsmaßnahmen an. Die
Weiterbildung im Burgenlandkreis wurde nach Kostengesichtspunkten organisiert und nur
wahrgenommen, soweit es kostengünstige Angebote gegeben habe.
So sagte die Zeugin Frau Wittig aus, sie habe sich als Quereinsteigerin meist selbst um
ihre Weiterbildung, z.B. den Besuch von Lehrgängen, gekümmert1244.
Die Zeugin Frau Völzke ging auch von einem kleinen Budget für die Weiterbildung aus,
bezeichnete aber die Weiterbildungsveranstaltungen durch das LAU als gut. Einen
Weiterbildungsplan habe es nicht gegeben1245.
Der Zeuge Herr Helms als Leiter des Umweltamts des Altburgenlandkreises bzw. seit Mitte
Mai 2007 als Leiter des Amts für Natur- und Gewässerschutz des Burgenlandkreises
bestätigte in der Tendenz die Aussage der Zeugin Frau Wegener, dass die Weiterbildung
stets budgetabhängig war. Weiterbildung gab es nach der Aussage des Zeugen Herr
Helms nur in begrenztem bzw. geringem Umfang. Soweit es möglich war und es zudem
kostengünstige Angebote gab, wurden sie auch wahrgenommen.1246
Der Zeuge Herr Beckmann schilderte auf Seite 2 seines Briefes an den
Untersuchungsausschuss vom 16. September 2008, dass er weder eine Ausbildung in der
Abfallwirtschaft genossen habe, noch sich praktische Kenntnisse auf diesem Gebiet
erwerben konnte. 1247
Es ist also davon auszugehen, dass es im Burgenlandkreis Defizite bei der Weiterbildung
der Mitarbeiter gegeben hat.
1243
Niederschrift über die 7. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Dezember 2008, S. 67 (Abgeordneter Kley/ Horn);
1244
Niederschrift über die 11. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vom 17.
April 2009, S. 10 (Abgeordneter Lüderitz/ Wittig)
1245
Niederschrift über die 13. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vom 05.
Juni 2009, S. 58 f. (Abgeordnete Rogée/ Völzke)
1246
Niederschrift über die 11. öffentliche Sitzung am 17. April 2009, Seite 31, (Helms)
1247
Anlage 24 zum Teil B
248
d)
undurchsichtige Unternehmensstruktur
Die größere Zahl der auf dem Deponiegelände tätigen Gesellschaften, die dazu z.T. noch
untereinander verflochten waren, erschwerte für die Behördenmitarbeiter den Überblick
über Verantwortlichkeiten. Auch diese Unübersichtlichkeit der Gesellschafts- und
Betriebsstruktur des teilweise kreiseigenen (!) Deponiebetreibers hat zur Erschwerung der
Anlagenüberwachung nicht unwesentlich beigetragen. Damit wurde letztlich die illegale
Abfallablagerung begünstigt, also mitverursacht.
249
IV.
Verantwortlichkeit des Ministeriums für Umwelt und Landwirtschaft und seiner
nachgeordneten Behörden für die illegalen Abfallablagerungen der
Abfallbehandlungsanlage Riestedt
1.
Rechtswidrige Genehmigungserteilung
In der Abfallbehandlungsanlage Riestedt liegen zwei Problemkomplexe vor. Einmal ist nach
Aussage des Zeugen Herrn Damaschke seit Jahrzehnten eine Bauschuttdeponie
vorhanden1248. Andererseits besteht eine Abfallbehandlungsanlage mit Zwischenlager, in
der auch Baustellenabfälle sowie nicht zugelassene Abfälle gelagert und behandelt
wurden.1249 Die Verbindung zwischen beiden Anlagen besteht darin, dass beide auf
demselben Grundstück liegen und der Betreiber der Abfallbehandlungsanlage Abfälle auf
die Bauschuttdeponie verbrachte, anstatt sie ordnungsgemäß zu entsorgen.
Die Anlage der Bauschuttdeponie begann bereits in den achtziger Jahren 1250 und wurde bis
zur Insolvenz der LTE fortgesetzt.
Ein Problem liegt in der Menge der Abfälle, die auf dem Gelände in Riestedt abgelagert
wurden und in deren Zusammensetzung. Obwohl die Einlagerung von Bauabfällen und
Baumischabfällen auf dem späteren RPR-Grundstück nach der Insolvenz der LTE (1999 2000) im Jahre 2004 bereits bekannt war 1251 (später kamen noch gemischte
Siedlungsabfälle sowie Kunststoff und Gummi hinzu), wurde die wahre Zusammensetzung
der Abfallmengen erst im Jahre 2008 erkannt, als durch die Feuerwehr Brandschneisen in
den Ablagerungen angelegt wurden und dabei ein Querschnitt der Abfälle sichtbar
wurde1252.
Für die Anlage wurde nach Aussage des Zeugen Dirk Schatz, Landrat Landkreis Mansfeld
Südharz, ursprünglich eine Baugenehmigung für eine Bauschuttdeponie erteilt. Auch wurde
ein Zwischenlager für Abfälle genehmigt. Darüber hinaus wurden verschiedene
Genehmigungen zur Behandlung von Abfällen wie eine Abfallsortierung, eine Brecher- und
Siebanlage sowie eine Holzschredderanlage erteilt.
Die Genehmigungslage trug zu einem Teil dazu bei, dass die Handlungen des ab dem
Funktionalreformgesetz auch immissionsschutzrechtlich zuständigen Landkreises behindert
wurden.
Der Zeuge Herr Koch sah die Baugenehmigung aus dem Jahr 1994 als mangelhaft an, weil
dort nicht geregelt worden sei, wie hoch das Zwischenlager zu errichten sei 1253. Dem wurde
von den Zeugen Herrn Dr. Discher und Herrn Damaschke widersprochen, die im Ergebnis
1248
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 15 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Damaschke)
1249
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 15 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Damaschke)
1250
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 5. Februar 2010, S. 15 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Damaschke)
1251
Dienstreisebericht vom 09.08.2004, Akte LK MSH RPR GmbH Riestedt, Verwaltung bis April 2008 ORIGINAL, S.
9 ff.
1252
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 24 (Abgeordneter Graner/ Koch), (Vorsitzende Hunger/ Koch)
1253
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 7 f. (Vorsitzende Hunger/ Koch), vgl. auch S. 24 (Abgeordneter Kley/ Koch)
250
aussagten, dass die maximale Abfallmenge aus dem Genehmigungsbescheid und den
dazugehörigen Antragsunterlagen ablesbar sei1254. So wären die Grundfläche und die
Schütthöhe durch eine Nachforderung im Genehmigungsverfahren begrenzt gewesen.
Diese Art des Aufbaus einer Genehmigung ist für eine Baugenehmigung für eine
Bauschuttdeponie charakteristisch und üblich, so dass hierin nicht die Hauptursache für die
Anhäufung der Abfallberge liegen kann. Der Zeuge Koch gab den zum Zeitpunkt seiner
Vernehmung bekannten Stand mit 90.000 t bis 100.000 t an.1255
Bei der Durchsicht der Genehmigung vom 07.11.1995 zeigte sich, dass die Genehmigung
selbst nur auf die Pläne verweist, nach denen die Anlage errichtet werden soll 1256. Diese
Pläne sind in den dem Ausschuss übergebenen Akten Riestedt nicht vorhanden. Auf einem
Lageplan, der in der Akte nach der Genehmigung eingeordnet ist (wobei unklar ist, ob es
sich um einen Bestandteil der Genehmigung handelt, ein Genehmigungsvermerk ist
jedenfalls nicht erkennbar), ist nur für den Bereich „Bodenlager, min. Schüttgutlager“ eine
Höhenangabe (3,00 m – 3,50m) bei einer Grundfläche von 30 m x 30 m angegeben, als
Obergrenze der Menge 2.500 m³. Andere Lager, wie etwa das Lager Grobfraktion, sind
weder in der Fläche noch in der Höhe genau bestimmt1257.
Da die Unterlagen nicht vollständig sind, kann hier nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass
die Ablagerung der Abfallmenge durch einen Rückgriff auf die Genehmigung zu verhindern
gewesen wäre.
Hinsichtlich der Übernahme des Betriebes durch die RPR stellte sich die Frage nach dem
Fortbestehen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung aus dem Jahr 1995. Dort gab
es unterschiedliche Rechtsauffassungen, einmal auf Seiten des Landkreises und des
STAU, die beide von einem Erlöschen der Genehmigung ausgingen, andererseits des
LVwA, das sich letztendlich für ein Fortbestehen der Genehmigung entschied.
Hier spricht vieles dafür, dass die Genehmigung nicht erloschen war.
Eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erlischt nach § 18 BImSchG dann, wenn
von ihr kein Gebrauch gemacht wird. Dies ist nach der Rechtsprechung des BVerwG dann
der Fall, wenn nicht nur der Wille zur Betriebseinstellung vorliegt, sondern der Betrieb
vollständig eingestellt wird, d.h. keine Betriebshandlungen mehr vorgenommen werden1258.
Die Genehmigung entfällt nicht, wenn der Betreiber noch Handlungen vornimmt, die auf
einen Willen zum Gebrauchmachen von der Genehmigung schließen lassen, es sei denn,
die Handlungen erfolgen offensichtlich nur zu dem Zweck, das Entfallen der Genehmigung
zu verhindern1259. Beides ist hier nicht der Fall, sowohl die LTE als auch ihre Nachfolger
haben zu erkennen gegeben, dass sie von der Genehmigung weiter Gebrauch machen
wollten. Ein Verzicht auf die Genehmigung mit anschließender dreijähriger
Betriebseinstellung liegt jedenfalls nicht vor.
Niederschrift über die 18. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
05.02.2010, S. 5 (Discher)
1255
Niederschrift über die 18. – öffentliche – Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
05.02.2010 (Damaschke)
1256
Genehmigungsbescheid STAU Halle, Aktenzeichen: 5.1 – 44217 – 00658.100/95, Akte LK MSH RPR GmbH
Riestedt Verwaltung bis April 2008 ORIGINAL, Immissionsschutz ab Oktober 2008, Blatt 81-453, hier Blätter 86 ff.
1257
Akte LK MSH RPR GmbH Riestedt Verwaltung bis April 2008 ORIGINAL, Immissionsschutz ab Oktober 2008,
Blatt 81-453, hier Blatt 109
1258
BVerwG, Urt. v. 25.08.2005, Aktenzeichen: 7 C 25.04
1259
BVerwG, Urt. v. 25.08.2005, Aktenzeichen: 7 C 25.04
1254
251
Die Genehmigung ist auch nicht durch die Insolvenz der LTE erloschen. Eine
immissionsschutzrechtliche Genehmigung wird nicht personenbezogen auf einen
bestimmten Betreiber erteilt, sie ist vielmehr auf eine bestimmte Anlage bezogen. Da sich
die Anlage nicht geändert hatte, lediglich eine andere juristische Person als Betreiber
fungierte, wurde der Bestand der Genehmigung nicht berührt.
Das Landesverwaltungsamt hat damit richtig entschieden, als es von einem Fortbestehen
der Genehmigung ausging.
Hinsichtlich der Möglichkeit einer Rücknahme der Genehmigung ist dem Zeugen Herr Koch
nicht zuzustimmen, wenn er meint, nachdem im Jahre 2007 bereits 100.000 t auf dem
Gelände lagerten, sei es nicht mehr darauf angekommen. Solange die Genehmigung in der
derzeitigen mangelhaften Form besteht, besteht auch die Gefahr eines weiteren
Betreiberwechsels und des Ausnutzens der Genehmigung. Wäre die Genehmigung
frühzeitig geändert worden, was aber durch die unterschiedlichen Auffassungen zum
Genehmigungsstand nicht erfolgte, hätte es das Problem höchstwahrscheinlich nicht in
dem Ausmaße gegeben. Nach dem Jahr 2007 hätte zudem die abgelagerte Abfallmenge
als Argument für eine Änderung der Genehmigung herangezogen werden können. Das
befürchtete Prozessrisiko besteht bei jeder Änderung einer Genehmigung.
Das Vorliegen einer rechtsbeständigen Anlagengenehmigung wurde durch das
Landesverwaltungsamt langwierig über mehrere Jahre hinweg überprüft. Das LVerwA kam
dabei zu dem Ergebnis, dass eine rechtmäßige bestandskräftige Genehmigung vorliegt.
Der Untersuchungsausschuss geht daher mit dem LVerwA nicht von einer rechtswidrigen
Erteilung der Genehmigung aus.
2.
Ermöglichung der illegalen Abfallablagerung in sonstiger Weise
a)
durch Zuständigkeitsprobleme
Das Landesverwaltungsamt hat dem LK Mansfeld-Südharz die Unterlagen zur
immissionsschutzrechtlichen Genehmigung und Überwachung erst weit nach dem
01.01.2005 zukommen lassen. Begründet wurde dies mit noch laufenden Vorgängen und
Art. 13 des ersten Funktionalreformgesetzes vom 22.12.2004, der eine Beibehaltung der
Zuständigkeit bei noch nicht abgeschlossenen Vorgängen bestimmt. Diese Zuständigkeit
nach Art. 13 des Funktionalreformgesetzes kann sich aber nur auf einzelne
Verwaltungsvorgänge beziehen, nicht aber eine generelle Verlängerung der Zuständigkeit
bewirken. Damit war der Landkreis bereits ab dem 01.01.2005 zwar generell zuständig für
die immissionsschutzrechtliche Überwachung, in vorliegenden Fall aber nicht im Besitz der
erforderlichen Unterlagen. Das Landesverwaltungsamt wäre verpflichtet gewesen, die
Unterlagen zeitnah zu übergeben und nur die Unterlagen zu behalten, die es für den
Abschluss des offenen Vorganges brauchte. Alternativ wäre es möglich gewesen, die Akten
zu kopieren.
b)
durch fehlende Sicherheitsleistung
252
Die Zuständigkeitsfrage hat auch Auswirkungen auf die Frage der Anordnung einer
Sicherheitsleistung. Nach Aussage des Zeugen Herr Koch wurde das LVerwA hier nicht
tätig. Damit lag auf diesem Gebiet kein noch nicht abgeschlossener Vorgang vor, der eine
Zuständigkeit des Landkreises verhindert hätte. Soweit also eine Sicherheitsleistung nach
dem 01.01.2005 anzuordnen gewesen wäre, hätte dies durch den Landkreis geschehen
müssen. Zu beachten ist aber, dass der Landkreis nach Aussage der Zeugen Herr Koch
und Herr Hooper nicht die notwendigen Akten hatte. Dieser Aussage wurde von Seiten des
Landesverwaltungsamtes widersprochen, so sagte der Zeuge Herr Damaschke aus, dass
die Unterlagen aus der abfallrechtlichen Überwachung immer beim Landkreis gelegen
hätten und der Landkreis auch immer an den Genehmigungsverfahren beteiligt gewesen
sei. Lediglich die letzte Archivakte sei erst auf Nachfrage im Jahr 2007 übergeben
worden1260.
Allerdings spricht die Anforderung der Akten im Zuge der Betriebsübernahme durch die
RPR dafür, dass tatsächlich keine ausreichenden Akten vorhanden waren.
Die Tatsache, dass der Landkreis sich durchaus schon als abfallrechtlich zuständig
betrachtete und handeln konnte, zeigt sich allerdings daran, dass mit Bescheid vom
wurden1261.
Dem Zeugen Herrn Koch ist zuzustimmen, dass bei den im Jahr 2007 bereits abgelagerten
Mengen eine auskömmliche Sicherheitsleistung eine beträchtliche Höhe erreichen
musste1262.
Im Nachhinein nicht verständlich ist jedoch, dass dem Betreiber wegen der Verhandlungen
über die ordnungsgemäße Führung des Anlagenbetriebes keine Sicherheitsleistung
auferlegt wurde.
c)
durch unzureichende Anlagenüberwachung seitens der Behörden
Entschlossene Maßnahmen wurden erst ergriffen, als im März 2007 die Lagerung
gemischter Siedlungsabfälle sowie von Kunststoffen und Gummi festgestellt wurde. Dies
war nicht mehr mit der Genehmigung vom 07.11.1995 vereinbar.
Die Vorgehensweise des Landesverwaltungsamtes und des Landkreises, vor der
Stilllegungsverfügung und der Beräumungsanordnung zunächst eine Anhörung
durchzuführen, war gesetzeskonform. Die Konsequenz in der Umsetzung der Maßnahmen
hat aber gefehlt. Die Behörden haben lediglich Missstände entdeckt und zu deren
Beseitigung aufgefordert, sich von minimalem Erfolgen aber von durchgreifenden
Maßnahmen abhalten lassen. Die in diesem Zusammenhang von den überwachenden
Behörden angedrohten Zwangsgelder hielten dabei nicht immer die Balance zwischen
einem wirksamen Druckmittel und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Betreibers.
Insoweit ist dem Zeugen Herrn Koch zuzustimmen, der eine Zwangsgeldandrohung von
1.000.000,00 DM für zu hoch ansah. Eindeutig zu niedrig waren Zwangsgeldandrohungen
von 250,00 € bis 6.000,00 €.
1260
Niederschrift über die 18. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
5. Februar 2010, S. 7 f. (Vorsitzende Hunger/ Damaschke), S. 11 (Abgeordneter Lüderitz/ Damaschke)
1261
Ordnungsverfügung vom 08.08.2005, Aktenzeichen: 70/2/He, Akte LVwA RPR Riestedt GmbH, Ordner 4, S. 26
1262
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am
28. August 2009, S. 16 ff. (Abgeordneter Lüderitz/ Koch), vgl. auch S. 38 f. (Abgeordneter Lüderitz/ Hooper)
253
Seit September 2007 wurde die Anlage nach Auskunft des Zeugen Herr Hooper verstärkt
kontrolliert1263. Im Nachhinein ergibt sich, dass intensive Kontrollen hier weit eher nötig
gewesen wären.
Auch bei der Anlage in Riestedt zeigte sich im Nachhinein, dass sich mit einer einfachen
Begehung der Anlage die wahren Ausmaße nicht entdecken lassen, so wenn etwa zu
entsorgende Abfälle in extra gegrabenen Vertiefungen verbracht und dann mit
Altablagerungen überschoben werden. Hier wurden Überwachungsbehörden unter
bewusster Ausnutzung der geringen Überwachungshäufigkeit und der Oberflächlichkeit der
Überwachung regelrecht getäuscht.
1263
Niederschrift über die 14. - öffentliche - Sitzung des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses
am 28. August 2009, S. 42 f. (Abgeordneter Graner/ Hooper)
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