Dr - Kölner Revision

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Dr. Michael Stöffler, Kölner Revision (8. September 2003)
Das deutsche Steuer-, Bilanz- und Aufsichtsrecht als Hemmschuh für ART.
Welche Modelle sind in Deutschland praktikabel?
1. Warum beschäftigen wir uns mit diesem Thema? Risikotransfer hat doch
primär mit Risiken und deren Bewältigung, also mit Risikomanagement zu
tun. Schauen wir, was die Presse, die Analysten und letztlich auch die
Vorstände der VU bewegt, in der FAZ vom 30. August 2003: Swiss Re
überflügelt Münchener Rück. Das Ergebnis des ersten Halbjahres 2003
der Swiss Re beträgt +442 Millionen EURO, das der Münchener Rück war
am Tag vorher mit –748 Millionen EURO gemeldet worden. Beide
Konzerne sind aber im großen und ganze den gleichen Risiken
ausgesetzt und übernehmen diese zu vergleichbaren Preisen. Die
Unterschiede liegen in:
a. Einer völlig anderen Steuerbelastung (Problem der strittigen
Anerkennung von Abschreibungen auf Aktienfonds)
b. Unterschiedlicher Rechnungslegung (obwohl beide auf IAS sind)
c. Anderem Aufsichtsrecht (in der Schweiz wesentlich liberaler)
Die Münchener Rück hatte im ersten Halbjahr 2003 eine
steuersystematisch sicher unakzeptable Steuerbelastung von 1,5 Mrd.
EURO zu verkraften, die sie auch nicht durch Bilanzpolitik oder
Rückversicherungslösungen vermeiden/ vermindern konnte (oder wollte?)
Das Beispiel zeigt jedenfalls, dass steuerliche, bilanzielle und
aufsichtsrechtliche Einflussfaktoren die Ergebnisse der VU in der Regel
stark beeinflussen und bei Verträgen, die bilanzpolitische Bedeutung
haben, immer mit berücksichtigt werden müssen.
2. Was würden die meisten VN am liebsten tun? In schadenarmen Jahren
würden sie gerne Rückstellungen bilden, die dann in Zukunft zum
Ausgleich eintretender (nicht versicherter) Schäden dient. Dies lässt
jedoch weder das Bilanzrecht noch das Steuerrecht zu. Also liegt es nahe,
Risiken auf VU zu übertragen, die genau dies durch Bildung von
Schwankungsrückstellungen in Deutschland und einigen anderen Ländern
bilanziell und steuerlich dürfen (nach festgelegten Regeln). Es muss aber
klar festgestellt werden, dass sehr hohe nicht versicherbare Risiken auch
nicht durch irgendeine Art der Selbstversicherung abgefangen werden
können, da der Umfang der finanziell möglichen Sparprozesse bei jedem
Konzern Grenzen hat.
3. Wenn es aber Risiken gibt, die niemand nehmen will oder die nur zu sehr
hohen Preisen platzierbar sind, bieten sich Captive oder Finanzierungs-/
Funding Lösungen an:
a. Captives bieten neben dem konzernweiten Risikomanagement den
Vorteil, dass sie Schwankungsrückstellungen bilden dürfen. Im
HGB- Abschluss der Muttergesellschaft, die für die
Dividendenbemessung und die Besteuerung maßgeblich ist, wird
die Captive bei vernünftiger Konstruktion anerkannt. Allerdings ist
sie im Konzernabschluss auch nach HGB, soweit sie überwiegend
Konzernrisiken versichert, voll zu konsolidieren (Control Konzept)
und de Schwankungsrückstellung aufzulösen. Dies kann vermieden
werden, indem man eine Mehrmütter- Captive einsetzt. Hier kann
allerdings eine Quotenkonsolidierung erforderlich sein mit der
Konsequenz, dass die anteilige Schwankungsrückstellung
aufzulösen ist. Rent a Captive Modelle vermeiden zwar die
„Konsolidierung“ im Konzernabschluss, sind aber nach den
Kriterien von Finanzierungsverträgen (s.u.) ebenfalls auf
Bilanzierungsfolgen zu beurteilen.
b. Finanzierungsverträge oder Finanzierungskomponenten in
traditionellen Verträgen werden mittlerweile von allen Seiten kritisch
betrachtet, obwohl sie bei entsprechender Gestaltung an sich nicht
angreifbar und seit langer Zeit und in vielen Branchen üblich sind.
Wenn man sieht, wie MLP unter einer unsachlichen Diskussion von
Finanzierungskomponenten in den Rückversicherungsverträgen
gelitten hat, kann man die derzeitige Angst aller Seiten verstehen,
bei dem geringsten Anschein von Falschdarstellung in der
Öffentlichkeit verurteilt zu werden („Enronitis“). Deshalb sollte man
auch als Berater nicht nur die Frage stellen, was rechtlich zulässig
ist, sondern darüber hinaus auch, ob der Kunde sich den kritischen
Fragen zu Optimierungsmaßnahmen stellen will.
Finanzierungsverträge sind leider nach deutschem Recht nicht so
einfach zu beurteilen und zu gestalten wie nach US GAAP (FAS
113 etc.). Nach deutschem Handelsrecht, dem grundsätzlich auch
das Steuerrecht folgen sollte, ist im Rahmen jedes beliebigen
Vertrags zu ermittelt, ob und in welcher Höhe daraus ein
bilanzierungsfähiger Vermögensgegenstand oder eine Schuld
besteht. Auf die Höhe des Risikotransfers kommt es dabei nicht an.
Nicht bilanzierungsfähig sind Aktiva und Passiva, deren entstehen
aufschiebend bedingt ist, wenn die Bedingung am Bilanzstichtag
noch nicht eingetreten ist. Dies sind insbesondere solche Aktiva
und Passiva, die erst aus künftig entstehenden Gewinnen zu
realisieren sind. Das BAFin sieht derzeit sämtliche
Finanzierungsverträge als kritisch an und hat einen von mir
entwickelten Vertrag zur weitgehenden Vermeidung der oben
angesprochenen Steuerbelastung nicht zugelassen.
4. Nachteil der Captive, des Funding und des Risikotransfers durch
Versicherung: Es fällt Versicherungsteuer von 16% an. Diese kann
vermindert werden, indem das effektiv übertragene und damit
steuerpflichtige Risiko vermindert wird. Hier muss der Vertragstext aber
genau an die steuerlichen Regeln angepasst sein. Weitere Optimierungen
sind durch gesellschaftsrechtliche Konstruktionen möglich, da diese nicht
der Versicherungsteuer unterliegen.
5. Das Contingent Capital ist mit dem Aktienrecht schwer in Einklang zu
bringen, zumindest im Sinne von Nennkapital. Hier ist stets die
Hauptversammlung der AG einzubeziehen. Andere Arten von Contingent
Capital sind aktienrechtlich problemloser. Diese Finanzierungsformen sind
steuerrechtlich unkritisch weil sie nicht mit einer GuV Auswirkung
verbunden sind und damit den Fiskus nicht interessieren. In der
Handelsbilanz sind solche bedingten Anspruche erst bei Realisierung zu
erfassen. Ein Ausgleich der GuV des betroffenen Jahres findet durch
Contingent Capital nicht statt. Es geht im Ergebnis um Liquidität und/ oder
Wiederherstellung des Eigenkapitals.
6. Securitisations sind aus der Sicht desjenigen, der Risiko abgibt, unkritisch,
solange es sich, was typisch ist, um einen echten Risikotransfer handelt.
Problematisch wäre es, wenn das aufnehmende SPV ausnahmsweise
Tochter des Abgebenden wäre, da hier zu fragen wäre, ob der Abgebende
wirtschaftlich betrachtet nicht das Risiko immer noch zu tragen hätte.
Nach IAS sind alle Arten von Zweckgesellschaften bei demjenigen
Unternehmen, für das sie errichtet werden und dem sie dienen, zu
konsolidieren.
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