2. Sonntag nach Weihnachten - Diözese Bozen

Werbung
Predigt zum 2. Sonntag nach Weihnachten (4. Jänner 2009)
Christoph Schweigl
Wurden Sie schon einmal direkt nach dem gefragt, was der „Sinn“ Ihres Lebens ist?
Wenn nicht, dann frage ich Sie? Was oder welcher, oder wer ist der Sinn Ihres
Lebens? Ich kann mir annähernd vorstellen, was oder welcher oder wer der Sinn
Ihres Lebens sein könnte? Ein lieber Mensch vielleicht; Ihre Familie; der Beruf; Zeit
für Gemeinschaft; das Hobby; Gesundheit; Zufriedenheit; Gott … Vielleicht ist es mir
gelungen, das eine oder andere anzusprechen, was zutrifft auf das, was Sie unter
dem Sinn Ihres Lebens verstehen? Die authentische, richtige Antwort für Ihr Leben
können aber nur Sie selbst geben; ebenso trifft das auf mich zu. Und Priorität hat
sicherlich die Tatsache, dass zuerst, bevor wir sie anderen geben können, wir uns
selbst die Antwort geben müssen, oder besser, zu geben versuchen, was, welcher
oder wer der Sinn unseres Lebens, Ihres Lebens, deines und meines Lebens ist.
Was, welcher oder wer ist nun der Sinn meines Lebens? Ich bin mir selbst bewusst:
eine ganz direkte, zugespitzte, herausfordernde Frage. Eine Frage, die uns jemand
direkt stellen kann: ganz einfach, weil es diesen jemand interessiert; oder, weil er
oder sie durch unsere Lebensentscheidung, unsere Lebenshaltung neugierig darauf
wird, was da wohl dahinter steckt; vielleicht aber auch, weil ein oft vorschneller
Eindruck entstehen kann, jemand, vielleicht auch ich, „lebt einfach so dahin“,
scheinbar nicht „für“ etwas und nicht „auf“ etwas hin. Es mag viele äußere
Erscheinungen, klar feststellbare Lebensentscheidungen, zweifellose Annahmen für
das geben, was jemand als Sinn seines Lebens versteht und vielleicht gefunden hat.
Für einen Menschen, der in sozialen Einrichtungen arbeitet, wird Nächstenliebe
Antrieb, Motor und Sinn des Lebens und Tun sein. Vielleicht durch das Evangelium
motiviert; vielleicht auch unabhängig vom Evangelium und vom christlichen Glauben,
einfach angerührt von der Not eines Menschen oder geprägt vom Grundrecht, das
jedem Menschen das Leben zugesteht. Bei einem Priester, einer Ordensfrau oder
Ordensmann, um nur einige Beispiele zu nennen, kann man wohl, auf jeden Fall der
äußerlich erkennbaren Lebensentscheidung zufolge fest annehmen, dass der
Glaube an Gott der Sinn des Lebens ist. Abgesehen davon, dass in bestimmten
Fällen
äußerlich
sichtbare
und
feststellbare
Lebenshaltungen,
Lebensentscheidungen auf den Sinn des Lebens, den ein Mensch für sich gefunden
hat schließen lassen, müssen wir uns wohl zugestehen, dass uns letztlich die
Klarheit darüber, was, welcher oder wer nun für einen Menschen der Sinn des
Lebens ist, entzogen bleibt … ja dass, um nur ein Beispiel zu nennen, ein Mensch,
der in den Augen und Vorstellungen der Öffentlichkeit nur „so dahinlebt“ mitunter für
sich die Antwort auf die Frage nach dem Sinn seines, ihres Lebens, für das, was ihm,
ihr hilft, das Leben im Auf und Ab, in der Vielfalt der Angebote und Probleme zu
bewältigen, bereits gefunden hat. Ob es eine Antwort ist, die „Stille“, „Allein“ und „Für
Sich“ sein heißt, ob es der Glaube ist, oder ob es etwas, das für uns total nicht
einsichtig ist, sei dahingestellt. Es geht letztlich um die Frage, die sich jede und jeder
von uns zu stellen hat und auf die nur jede und jeder von uns selbst eine Antwort
finden und geben kann und sollte, in Freiheit und nicht minder in Verantwortung, für
das eigene Leben und das der anderen: Was oder welcher oder wer ist der Sinn
meines Lebens? Was hilft mir leben und Leben zu bewältigen? Die Texte des
heutigen Sonntags sprechen Gott als großartiges Sinnangebot für das Leben an, so
sehr, dass Gott selbst als der Sinn des Lebens von Welt, Mensch, ja der ganzen
Schöpfung verkündet wird. „Im Anfang war das Wort“. Im Anfang war der „logos“, der
„Sinn“, wie es im Urtext heißt und wie wir es im Evangelium gehört haben. Und der
„Sinn“ war bei Gott und der „Sinn“ war Gott, ja ist Gott. Alles ist durch diesen „Sinn“
geworden und ohne den „Sinn“ wurde nichts von dem, was geworden ist. Und das
Wort, und der „Sinn“ ist Fleisch geworden. In Jesus hat Welt, Mensch, ja alles Leben
„Sinn“ erfahren, „Sinn“ zugesagt bekommen. Ja, in Jesus ist alles Leben vom
Ursprung her bestimmt, diesen „Sinn des Lebens“ zu suchen und in Gott zu finden,
wie es in der Lesung aus dem Epheserbrief geheißen hat: „Denn in ihm hat er uns
erwählt und im Voraus dazu bestimmt, seine Söhne zu werden durch Jesus Christus
und zu ihm zu gelangen“. Was dieser von Gott her angebotene und geschenkte Sinn
des Lebens, Jesus, alles sein kann, sei jetzt nur kurz, von den Schrifttexten des
heutigen Tages her, angesprochen: „das wahre Licht, das jeden Menschen
erleuchtet“, „die herrliche Gnade Gottes“, „vor der Zeit, am Anfang und bis in
Ewigkeit unvergänglich“. Liebe Brüder und Schwestern! Was, welcher oder wer ist
der Sinn unseres Lebens, Ihres Lebens, deines und meines Lebens? Ich wünsche
uns, dass wir ihn in diesem lebendigen, Fleisch gewordenen, ja Welt und Mensch
gewordenen Gott finden. Bleiben wir ruhig Fragende und Suchende, aber lassen wir
all unser Fragen und Suchen von diesem Sinnangebot Gottes her leiten … und
vielleicht geht uns gerade dadurch immer wieder auf, was, welcher oder wer „Sinn“
oder Unsinn unseres Lebens ist. Amen.
Herunterladen