Heike Kammer

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Heike Kammer
Menschenrechte im Alltag
Seit ich mit pbi arbeite gehört die Beschäftigung mit dem Thema Menschenrechte zu
meinem Alltag.
In Deutschland arbeite ich mit pbi im Bildungsprojekt „Menschenrechte lernen und
leben, pbi macht Schule“.
Menschenrechte nur in fernen Ländern? Tagtäglich erreichen uns Nachrichten über
internationale Konflikte, Krisen und Kriege – medial aufbereitet mit Bildern. Aber die
Konflikte sind weit entfernt, weit weg von unserem Alltag in Deutschland. Was also
hat das mit uns zu tun. Das Bildungsprogramm von pbi versucht, SchülerInnen für
die Auseinandersetzung mit dem Thema Menschenrechte zu sensibilisieren, dass
sowohl sie selbst als auch andere Menschen Rechte haben und dass es notwendig
ist, diese zu thematisieren und sich für sie einzusetzen. Besonders spannend ist es
für die Jugendlichen, aber auch für Erwachsene, für die wir öffentliche
Lichtbildervorträge
anbieten,
von
unseren
Erfahrungen
im
internationalen
Friedensdienst zu hören.
In Schulen arbeiten wir mit Vorträgen, Planspielen, Rollenspiel und Theater. Damit
ermöglichen wir den Jugendlichen sich selbst in die Rollen von Opfern und Tätern zu
versetzen. Kommentare von Jugendlichen sind zum Beispiel wie neulich in der
Oberstufe einer Sonderschule für Seh- und Körperbehinderte in Tangerhütte:
„Kolumbien ist so weit weg, wir haben hier unsere eigenen Probleme.
Aber
zumindest können wir mal beim Einkauf darauf achten woher unsere Produkte
kommen. Wir haben jetzt erfahren das Menschenrechte verletzt werden zum Anbau
von Ölpalmen... wir können wenigstens den Konsum von Produkten vermeiden die
mit Palmöl produziert werden, oder im Transport viel Treibstoff verbrauchen.“ Ein fast
blindes Mädchen sagte „Wir SchülerInnen können vielleicht nicht soviel tun, aber wir
können es unseren Eltern erzählen, und die können auch weiter erzählen, so dass
viele Menschen davon erfahren und etwas tun“.
Oft hören wir aber auch Sätze wie: „Da können wir sowieso nichts ändern“, oder eher
selten „ist uns egal was auf der Welt passiert, Hauptsache uns geht’s gut“.
Das auch in Deutschland Menschenrechte verletzt werden, ist den Jugendlichen
selten bewusst, und noch weniger der Mut und die Hoffnung, sich für die Umsetzung
der Menschenrechte einzusetzen. Darüber sprechen wir mehr in öffentlichen
Vorträgen, denn dort treffe ich diejenigen, die sich auch in Deutschland für
Menschenrechte einsetzen. Wenn ich davon berichte, wie MigrantInnen aus Mexiko
und Mittelamerika an der Grenze zur USA oft jämmerlich verdursten oder ertrinken,
dann erfahre ich, wie MigrantInnen aus Afrika im Mittelmeer ertrinken. Wer ihnen hilft
läuft Gefahr vor Gericht verurteilt zu werden. Die Gründe für Migration liegen in
derselben internationalen Wirtschaftspolitik. Sowohl in Amerika als auch in Europa
gibt es mutige Menschen die den Armen helfen, denen Nächstenliebe wichtiger ist
als persönliche Sicherheit.
Wieder anders ist die Arbeit mit Kindern in Grundschulen und Kindergärten. Für sie
habe ich Rositas Puppenbühne, das Friedenstheater aus Mexiko. Die Kinder helfen
zum Beispiel den Hasen Rodolfo und Mateo nach einem heftigen Streit sich zu
vertragen und in Frieden zu leben. Sogar die Maus lernt zu teilen. Kleine Kinder sind
mit dem Puppentheater zu begeistern und wir reflektieren dabei auch eigenes
Konfliktverhalten und wie wohl auch Kinder im eigenen Umfeld Frieden schaffen und
damit wichtige Menschenrechte umsetzen.
Die Achtung der Menschenrechte ist in vielen Ländern keine Selbstverständlichkeit.
Männer und Frauen, die sich gewaltfrei für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen,
begeben sich damit oft in Lebensgefahr.
peace brigades international ist eine von den Vereinten Nationen anerkannte
Nichtregierungsorganisation (NRO), die 1981 gegründet wurde und sich seit 1983 in
Krisengebieten erfolgreich für Menschenrechte und gewaltfreie Konfliktbearbeitung
einsetzt.
Ich selbst habe pbi 1986 in Guatemala kennen gelernt. Dort traf ich Frauen, deren
Söhne, Töchter oder Ehemänner gewaltsam entführt worden waren und nicht mehr
zurück kamen. Für diese Frauen sind Menschenrechtsverletzungen trauriger Alltag.
Sie versuchen das Recht auf Leben durchzusetzen, indem sie auf die Strasse gehen
und demonstrieren. Sie suchen nach geheimen Massengräbern und versuchen die
Toten zu identifizieren. Sie führen Prozesse gegen immer noch einflussreiche
Militärs. Sie unterstützen sich gegenseitig,
um auch den psychischen Druck zu
bewältigen, dem sie und ihre Familien durch anonyme Drohungen ausgesetzt sind.
Dies bringt auch ihr Leben immer wieder in Gefahr.
Internationale
Organisationen.
Freiwilligen-Teams
Die
Präsenz
Menschenrechtsverletzungen,
begleiten
solch
internationaler
denn
gefährdete
Personen
AugenzeugInnen
Gewaltakteure
scheuen
das
und
verhindert
Licht
der
Öffentlichkeit. Begleitschutz durch pbi hilft auf diese Weise den lokalen AkteurInnen,
ihre Arbeit für Menschenrechte und Frieden fortzusetzen.
Der Mut dieser armen Frauen in Guatemala überzeugte mich genauso wie die
Möglichkeit durch internationale Begleitung zu schützen. Deshalb engagierte ich
mich seit dieser Zeit in El Salvador, Guatemala, Kolumbien und Mexiko.
Ich lernte dabei aber auch,
wie wichtig es ist, sich täglich über Medien und
Interviews zu informieren, Menschenrechtsverletzungen und deren Hintergründe,
Akteure und Interessen zu analysieren, sich gemeinsam in der Gruppe darüber
auszutauschen.
Die pbi- Teams erreichen die abschreckende Wirkung der unbewaffneten
Schutzbegleitung durch den Aufbau und die Pflege eines weitläufigen Kontaktnetzes.
Beziehungen zu allen legalen Konfliktparteien, Regierungsstellen, Botschaften,
internationalen und nationalen Organisationen sind sehr wichtig für die Wirksamkeit
der Gewaltprävention. Gleichzeitig ermöglichen die vielfältigen Kontakte eine
objektive Sicht und eine unparteiische Berichterstattung.
Menschenrechtsverletzungen, aber auch im positiven Sinne, die Arbeit für die
Verteidigung und Umsetzung von Menschenrechten ist sowohl für einfache Bauern
und Bäuerinnen in mexikanischen Dörfern, als auch für UmweltschützerInnen in
Guatemala und RechtsanwältInnen in Kolumbien Teil ihres täglichen Lebens. Alltag
auch für uns, wenn wir dort Menschen begleiten und hier darüber berichten.
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