Hauptversammlung der Allianz 2014

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Sehr geehrte Damen und Herren von Vorstand und Aufsichtsrat der Allianz,
werte Aktionäre und Aktionärinnen,
meine Name ist Dr. Barbara Happe und ich spreche hier heute für die Umwelt- und
Menschenrechtsorganisation urgewald und den Dachverband der Kritischen
Aktionärinnen und Aktionäre.
Herr Diekmann, im letzten Jahr haben Sie auf die vielen Anforderungen von NichtRegierungsorganisationen etwas genervt/angestrengt reagiert, so nach dem Motto:
wir können uns hier ja nicht gleichzeitig und sofort um alle Umwelt- und
Sozialthemen dieser Welt kümmern. Umso erfreulicher ist es, dass die Allianz sich in
den letzten Monaten aufgemacht hat, die Umwelt- und Sozialverträglichkeit
bestimmter sensitiver Geschäftsbereiche zu hinterfragen und erste Prüfprozesse im
eigenen Haus einzuführen.
Zu den 13 sensiblen Sektoren, bei denen die Allianz inzwischen zumindest kritischer
nachprüft und -fragt, gehört auch der Waffen- und Rüstungssektor. Und vielleicht ist
dies auch der bisher einzige Sektor, wo Sie schon mal bereit waren, bestimmte
Unternehmen aus ihrem Investmentuniversum auszuschließen.
So hat sich die Allianz vor drei Jahren verpflichtet, Streumunitionshersteller aus den
von ihr in Europa gemanagten Fonds auszuschließen. Darüber hinaus legt die
interne Richtlinie fest, nicht in Hersteller anderer, besonders kontroverser
Waffengattungen (hier explizit: Landminen, biologische und chemische Waffen) zu
investieren. Tabu sollen für die Allianz ferner Unternehmen sein, die gegen
internationale Abkommen verstoßen oder Waffenlieferungen in Krisengebiete tätigen.
Das sind schon mal löbliche Bekenntnisse, die in die richtige Richtung weisen. Und
doch, wenn man genauer hinschaut, fallen in diesem Bereich noch gravierende
Schlupflöcher auf, die dringend gestopft werden müssen.
SCHLUPFLOCH 1: ATOMWAFFEN
Anders als andere Finanzinstitute fehlt auf der Liste der kontroversen Waffen eine
Waffengattung und zwar die mit den gravierendsten Auswirkungen, die Atomwaffen.
Ganz explizit und proaktiv verteidigt die Allianz bisher ihr Investment in
Atomwaffenhersteller. Aktuelle Recherchen der NRO ICAN-Pax Christi belegen, dass
die Allianz weiter selbst bzw. im Rahmen der Vermögensverwaltung in
Atomwaffenhersteller investiert ist.
Die Allianz verteidigt ihr Engagement in diesem Sektor damit, dass Atomwaffen „ein
politisch
gewollter
und
mehrheitlich
akzeptierter
Bestandteil
der
Verteidigungsstrategie des westlichen Bündnisses sind“ oder sie sagt, man dürfe
weiter in Atomwaffenhersteller investieren, da dies ja nicht explizit gesetzlich
verboten sei.
Hier hinkt die Allianz ausnahmslos hinter anderen deutschen wie internationalen FDL
wie Deutscher Bank, Commerzbank, UnicreditGroup hinterher, die allesamt
Atomwaffen als „kontroverse“ Waffengattung anerkennen.
Herr Diekmann, Sie haben im letzten Jahr gesagt, Sie würden sich nicht an einer
Polarisierung der Debatte um das Thema „Atomwaffen“ beteiligen wollen. Aber, mit
Verlaub, warum bitte sollen Streumunition und Landminen aus ihrem
Investitionsuniversum verschwinden, Atomwaffen aber drin bleiben dürfen?
Ist es nicht ein Widerspruch, wenn fast alle Staaten dieser Welt - inkl. Deutschland
und den USA übrigens - das Ziel „GLOBAL ZERO“ - also die totale Abschaffung von
Atomwaffen - öffentlich proklamieren und gleichzeitig weiter in die Hersteller dieser
völkerrechtswidrigen Waffen investiert wird? Es ist ein Widerspruch, den auch die
Allianz nicht ignorieren sollte.
Bekennen Sie sich, ähnlich wie beim Thema „Streumunition“, auch bei den
„Atomwaffen“ zu Ihrer gesellschaftlichen Verantwortung und steigen Sie aus. Ziehen
Sie sich nicht länger auf die, wie ein Bundestagsabgeordneter es umschrieb,
„armselige Position“ zurück, dass man all das tun darf, was gesetzlich nicht explizit
verboten ist.
SCHLUPFLOCH 2: Fehlende Reichweite der Rüstungsrichtlinie
Nach aktuellen NRO-Recherchen sind es v.a. Allianz-Töchter in den USA, die entweder mit Eigenanlagen oder treuhänderisch - in Atomwaffenhersteller und/oder
Streumunitionshersteller investiert sind. Noch Ende 2012 stellte die Allianz-Tochter
PIMCO explizit fest, keine Firmen oder Sektoren prinzipiell ausschließen zu wollen.
Ferner wolle man Umwelt- und Sozialthemen v.a. dann berücksichtigen, wenn damit
ein finanzielles Risiko für den Konzern verbunden sein könnte. Derartige ESGStellungnahmen sind wirklich ein Armutszeugnis, denn gerade im Rüstungsbereich
sind die Kurswerte von Konzernen ja umso höher, je mehr bewaffnete Konflikte oder
Kriege auf der Welt toben. Für die in den Krisenregionen lebenden Menschen sind
Investitionen in dort aktive Unternehmen allerdings definitiv nicht verträglich, sondern
eher tödlich.
Um der eigenen Glaubwürdigkeit Ihres Gesamtkonzerns willen, ist es dringend
notwendig, dass Sie auch sämtliche Töchterunternehmen auf neue ESG-Vorgaben
und auf ihre Rüstungsrichtlinie verpflichten.
FRAGE: Noch immer investieren Allianz-Töchter in den USA in Hersteller von
Streumunition, allerdings erfreulicherweise in abnehmendem Umfang. Inwieweit gilt
das Verbot, in Streumunitionshersteller zu investieren, inzwischen auch für sämtliche
Töchter der Allianz-Gruppe (inkl. Pimco)? Inwiefern beraten Sie international im
Rahmen
Ihrer
Vermögensverwaltung
gegen
Investitionen
in
Streumunitionshersteller?
FRAGE: Inwieweit wird ihre gesamte Rüstungs“richtlinie“ inzwischen auch von
sämtlichen Töchtern ihres Unternehmens angewendet? Gibt es Ausnahmen?
FRAGE: Inwiefern halten Sie es als Versicherungskonzern für wichtig und geboten,
in Zeiten der Abrüstung weiter in Unternehmen zu investieren, die an der Herstellung
der ultimativen Massenvernichtungswaffen, den Atomwaffen, mitwirken?
FRAGE: Wie viele Konzerne schließen Sie aktuell aus ihrem Investitionsportfolio aus,
weil sie gegen internationale Abkommen verstoßen oder Waffenlieferungen in
Krisengebiete tätigen? Haben Sie das überhaupt schon jemals gemacht?
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
ÜBRIG GEBLEIBENE VERSATZSTÜCKE
Andere Finanzdienstleister, wie die Rabobank, der Norwegische Pensionsfonds und
der Niederländische Pensionsfonds PGGM – haben die Problematik erkannt und
schließen Atomwaffenhersteller kategorisch aus ihrem Investitionsuniversum aus.
Mit einer solchen Aussage hinkt die Allianz anderen Finanzdienstleistern wie der
Rabobank oder dem Norwegischen Pensionsfonds und dem niederländischen
Pensionsfonds PGGM meilenweit hinterher, die Atomwaffenhersteller kategorisch
aus ihrem Investitionsuniversum ausschließen.
Jeder Einsatz von Atomwaffen ist völkerrechtswidrig. Denn der internationale
Gerichtshof hat in seinem Grundsatzpapier 1996 festgelegt, dass die Bedrohung mit
oder Nutzung von Atomwaffen grundsätzlich die Regeln des humanitären
Völkerrechts verletzt. Durch die – direkte wie indirekte - Investition in Hersteller von
Atomwaffen erleichtert die Allianz den Aufbau nuklearer Streitkräfte. Dieses
unterminiert alle Bemühungen um eine atomwaffenfreie Welt und erhöht das Risiko,
dass diese ultimativen Massenvernichtungswaffen künftig noch einmal eingesetzt
werden.
Bedenken Sie:
Der Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NVV engl. NPT) fordert in
Anbetracht der Verwüstung, die ein Atomkrieg über die gesamte Menschheit bringen
würde, alle Anstrengungen zur Abwendung der Gefahr eines solchen Krieges zu
unternehmen.
Die NVV-Vertragsstaaten stimmen überein, dass die Verbreitung von Kernwaffen die
Gefahr eines Atomkrieges ernstlich erhöhen würde und dass deshalb frühestmöglich
wirksame Maßnahmen zur nuklearen Abrüstung ergriffen werden müssen. NVVArtikel VI verpflichtet jede Vertragspartei, zur allgemeinen und vollständigen
nuklearen Abrüstung beizutragen.
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