Grundlagen / Spiel in Cittadellarte, Kuverum 2, 2004

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KUVERUM
KUVERUM Lehrgang Kulturvermittlung/Museumspädagogik
Postfach, 8000 Zürich, www.kuverum.ch
Economy-Spiel Cittadellarte
mit Francesco Barnabei, notiert von Barbara Redmann, 2004
Prinzipien einer neuen Moral Economy
- Die Erde, die Natur, der Mensch sind begrenzt. Innerhalb eines begrenzten Universums
kann ein Prinzip des unendlichen Wachstums nur zerstörerisch sein. Eine neue Moral
Economy muss innerhalb dieser Grenzen entwickelt werden.
- Auch unsere menschlichen Bedürfnisse sind nicht unbegrenzt. Sie sind innerhalb dieser
Moral Economy zu befriedigen.
- Das bedeutet, dass wir von einem anderen Begriff des "guten Lebens" ausgehen. Das "gute
Leben" wird nicht mehr identifiziert mit der Produktion und dem Konsum von immer mehr
Waren, sondern mit befriedigenden Beziehungen zu uns selbst, zur Mit-Natur, zu den MitMenschen.
- Eine neue Moral Economy wird von einem anderen Arbeitsbegriff ausgehen. Dieser
Arbeitsbegriff wird "Arbeit als Last" wieder mit der "Arbeit aus Lust" verbinden. Das bedeutet
eine Überwindung der Spaltung zwischen "Arbeit" und "Leben", "Arbeit" und "Freizeit",
"Arbeit" und "Glück".
- Zu einem neuen Arbeitsbegriff gehört auch, dass menschliche Arbeit wieder sinnvoll erlebt
würde.
- In einer neuen Moral Economy wird es eine neue Ökonomie der Zeit geben müssen, die das
menschliche Leben nicht mehr aufspaltet in entfremdete Arbeitszeit und (entfremdete)
Freizeit. Zu einer neuen Zeitökonomie müsste der Respekt vor den natürlichen Zyklen
gehören.
- Ausserdem würde dazugehören, dass die Arbeit uns wieder in direkte Interaktion mit der
Natur bringt. (Diese Berührung mit der Natur findet heute häufig nur im Sport statt.)
- Schliesslich müsste eine neue Moral Economy Produktion und Konsum wieder näher
zusammen führen. Das heisst, dass diese Ökonomie das Prinzip der Regionalität beachten
müsste.
- Damit ist auch gesagt, dass eine solche Moral Economy weitgehend auf dem Prinzip der
Selbstversorgung beruhen müsste, vorallem in der Versorgung der Grundbedürfnisse. Das
würde eine drastische Reduktion des Fernhandels bedeuten und damit auch einen Wandel
der ausbeuterischen internationalen Wirtschaftsordnung.
- Eine solche Moral Economy müsste von einer Veränderung der bestehenden patriarchalen
Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern führen. Die Männer müssten sich genauso
verantwortlich für die unbezahlte Arbeit mit Kindern, im Haushalt, mit Alten und so weiter
fühlen, wie die Frauen.
- Vor allem müsste die Trennung zwischen Moral und Ökonomie, wie sie zu Beginn des
Kapitalismus durchgesetzt wurde, aufgehoben werden. Ethische Prinzipien müssten wieder
ein Teil des wirtschaftlichen Alltagshandelns werden, sowohl der Produktion wie des
Konsums oder der Verteilung. Das heisst nichts anderes, als das der Mechanismus von
Angebot und Nachfrage durch ethische Überlegungen ersetzt würde. Zum Beispiel dürften in
einer neuen Moral Economy keine Spielzeugwaffen mehr produziert werden. Das Was
(Qualität) einer Produktion würde eine viel wichtigere Rolle spielen als das Wieviel
(Quantität).
Eine Verwirklichung dieser Prinzipien erforderte:
- gegenseitige Hilfe (Gegenseitigkeit, Reziprozität satt Konkurrenz)
- Altruismus, Freundschaft, Gastfreundschaft, Grosszügigkeit anstatt Eigeninteresse
- Achtsamkeit und Pflege anstatt bedenkenloser Verbrauch
- Gemeinschaftlichkeit anstatt Isolation
- Liebe, Freundlichkeit, Zärtlichkeit statt Aggression und Kampf
- Subsistenzorientierung anstatt immer mehr haben wollen (Sein statt Haben)
- Gemeineigentum statt Privateigentum
- Nutzungsrechte statt Eigentumsrechte
Die Durchsetzung dieser Prinzipien würden Konsum und Produktion verändern, das "gute
Leben" würde neu definiert werden müssen. Daraus folgt ein Lernziel: dass Menschen so früh
wie möglich erfahren sollten, dass das gemeinsame Haus der Natur ihrem eigenen Denken
und Handeln anvertraut ist. In den Curricula der allgemeinbildenden Schulen müsste
demnach das ökonomische Denken und Handeln unter dem Gesichtspunkt der ökologischen
Verantwortung des einzelnen für die Gesamtheit der Lebenszusammenhänge koedukativ
vermittelt werden.
Fürsorge als Vorsorge im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit des Wirtschaftens müsste
sich in einer höheren Lebensqualität in Form von kreativer Gestaltungskraft und Zufriedenheit
aller ausdrücken. Erforderlich dazu ist aber der schnellstmögliche Transfer wissenschaftlicher
Erkenntnisse, um die elementare Aufgabe der nachhaltigen Vorsorge sichern zu können
(vgl.Mies 94, 69-71).
Zu einer anderen Definition des guten Lebens gehört auch eine andere Theorie unserer
Bedürnisse. Manfred Max-Neef, ein chilenischer Ökonom, hat eine solche Theorie entwickelt:
- Subsistenz (Gesundheit, Nahrung, Kleidung, Wohnung)
- Schutz (Pflege, Solidarität, Arbeit)
- Zuneigung (Selbstachtung, Liebe, Sorge, Solidarität)
- Verstehen/Wissen ( Studium, Lernen, Analyse)
- Teilnahme (Arbeit, Spiel, Entspannung, Spass)
- Kreativität (Intuition, Imagination, arbeit, neugier)
- Identität (Zugehörigkeit, Unterschiedlichkeit, Differenz, Selbstachtung)
- Freiheit (Autonomie, Selbstachtung, Selbstbestimmung, Gleichheit)
DA von barbara redmann, solothurn 1996
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