Grosser Rat - beim Kanton Aargau

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Art. 1656
2. Dezember 2003
119. Sitzung
2. Dezember 2003, 10.00 Uhr
Vorsitzende:
Barbara Roth, Erlinsbach
Protokollführer:
Urs Meier, Staatsschreiber-Stellvertreter
Tonaufnahme/Redaktion:
Norbert Schüler
Präsenz:
Anwesend 187 Mitglieder
Abwesend mit Entschuldigung 12 Mitglieder, ohne Entschuldigung 1 Mitglieder
Entschuldigt abwesend: Giezendanner Benjamin, Rothrist; Guignard Marcel, Dr., Aarau;
Heller Daniel, Dr., Erlinsbach; Kunz Markus, Frick; Schenkel Fabian, Bergdietikon;
Siegrist-Keller Regula, Meisterschwanden; Suter Heinz, Dr., Gränichen; Suter Peter,
Murgenthal; Weiersmüller-Scheuzger Susanne, Buchs; Werthmüller Ernst, Holziken;
Zollinger-Keller Ursula, Untersiggenthal; Zubler Peter, Aarau
Unentschuldigt abwesend: Fischer-Taeschler Doris, Seengen
Vorsitzende: Ich begrüsse Sie ganz herzlich zur 119.
Ratssitzung der laufenden Legislaturperiode.
1656 Mitteilungen
Vorsitzende: Letzte Woche habe ich das Rücktrittsschreiben
von Herrn Hans-Peter Widmer als Grossratsberichterstatter
erhalten. Herr Widmer teilt uns mit, dass er per 30.
November 2003 in seinen vorzeitig verdienten Ruhestand
getreten ist, einen Monat vor Vollendung des 40.
Dienstjahres als Redaktor und Grossratsberichterstatter der
Aargauer Zeitung bzw. ihrer Vorgänger-Blätter.
Herr Hans-Peter Widmer war auch während rund 20 Jahren
selber als Grossrat tätig.
Ich danke an dieser Stelle Herrn Hans-Peter Widmer ganz
herzlich für seine langjährige journalistische Begleitung
unserer Arbeit. Ich wünsche ihm für seine Zukunft alles
Gute, Glück und Zufriedenheit! (Grosser Beifall!)
Mitteilung der Staatskanzlei: Im Zusammenhang mit der
Botschaft (03.19) Hochwasserschutz an der Wyna, gebe ich
Ihnen von folgendem Sachverhalt Kenntnis:
"Nach Genehmigung des Vorprojekts für Hochwasserschutz
und Renaturierung mit Kreditantrag, Kostenteiler und
Richtplananpassung an der Wyna am 6. Mai 2003 durch den
Grossen Rat wurde die Staatskanzlei bei den Arbeiten zur
Drucklegung in der Aargauischen Gesetzessammlung AGS
darauf aufmerksam, dass vergessen wurde, den Grossen Rat
feststellen zu lassen, dass die Genehmigung dieser
Änderung dem fakultativen Referendum gemäss § 63 Abs. 1
lit.
b
der
Kantonsverfassung
unterliegt.
Das
Anhörungsverfahren gemäss § 66 Abs. 2 der
Kantonsverfassung
wurde
demgegenüber
korrekt
durchgeführt.
Diese Feststellung ist rein deklaratorischer Natur. Immerhin
legt die Staatskanzlei Wert darauf, das vorliegende Geschäft
auch formell richtig abwickeln zu können. Sie wird daher
diese Feststellung im Grossratsprotokoll noch nachtragen.
Die Staatskanzlei hat mich als Grossratspräsidentin über
diesen Kanzleifehler informiert und vorgeschlagen, es
angesichts des rein formalen Versehens bei dieser
Mitteilung bewenden zu lassen und damit von einer erneuten
Beratung des Geschäfts abzusehen. Die Staatskanzlei wird
die Referendumspublikation im Amtsblatt nachholen. Mit
der Projektumsetzung ist noch nicht begonnen worden; diese
ruht, bis die Referendumsfrist unbenutzt abgelaufen ist."
Des Weiteren informiere ich Sie über die eingereichte
Resolution der Aargauischen Staatspersonalverbände
anlässlich der Grosskundgebung von letzten Dienstag. Diese
wurde mir am Ende der Grosskundgebung letzten Dienstag
zuhanden des Grossen Rates und des Regierungsrates
überreicht. Ich lese Ihnen diese hier vor:
"Resolution vom 25. November 2003: Gegen den
Kahlschlag im Kanton Aargau. 787 Mio. Franken will der
Regierungsrat in den nächsten 3 Jahren einsparen. Dieses
Sparprogramm betrifft alle Einwohner und Einwohnerinnen,
denn es gefährdet wichtige Grundbedingungen des Lebens
in unserem Kanton: die öffentliche Sicherheit, die Bildung,
das Gesundheitswesen, das Sozialwesen, die Wirtschaft und
als Folge von allem auch den sozialen Frieden. Mit diesem
sog. "Entlastungsprogramm" verzichtet der Kanton auf die
Erfüllung von wichtigen, ihm von Verfassung und Gesetz
vorgegebenen Aufgaben.
Wir protestieren gegen dieses Vorgehen! Wir verlangen von
Regierung und Parlament den Verzicht auf dieses rigorose
Sparpaket zugunsten eines lebenswerten, sozialen und
solidarischen Kantons Aargau. Kein Abbau bei den Schulen,
kein Abbau im Gesundheitswesen, kein Abbau im
Sozialbereich, kein Abbau bei der öffentlichen Sicherheit,
kein Abbau beim öffentlichen Verkehr, kein Abbau bei den
Dienstleistungen der Verwaltung! Verabschiedet von den
Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Grosskundgebung
vor dem Grossratsgebäude in Aarau vom 25. November
2003."
Sie haben als Mitglieder des Grossen Rates den Text dieser
Resolution nun zur Kenntnis genommen. Ich übergebe sie da sie auch an den Regierungsrat gerichtet ist - hiermit dem
Herrn Landammann zuhanden des Regierungsrates.
2576
119. Grossratssitzung vom 2. Dezember 2003 (Vormittag) / 1. Entwurfexemplar vom 14. Januar 2004
Im Übrigen weise ich nochmals darauf hin, dass Sie bei den
Saaleingängen zwei Kisten vorfinden, in die zahlreiche
Bürgern eingereicht wurden. Ich denke, es ist interessant,
diese einzusehen!
Regierungsrätliche Vernehmlassungen an Bundesbehörden:
1. Vom 19. November 2003 an das Eidg. Justiz- und
Polizeidepartement,
Bern,
zum
Beitritt
zum
Strafrechtsübereinkommen und zum Zusatzprotokoll des
Europarats gegen die Korruption sowie Änderung des
Strafgesetzbuchs (StPO) und des Bundesgesetzes gegen den
unlauteren Wettbewerb (UWG).
2. Vom 26. November 2003 an Bundesrat Moritz
Leuenberger, Vorsteher des Departements für Umwelt,
Verkehr, Energie und Kommunikation, Bern, zur Änderung
der Artikel 17 ff. der Lärmschutz-Verordnung (LSV).
3. Vom 26. November 2003 an das Bundesamt für Justiz,
Bern, zum Entwurf über ein Bundesgesetz über die
Ombudsstelle des Bundes.
Die Staatskanzlei stellt auf Verlangen die Vernehmlassung
samt den Unterlagen des Bundes zur Verfügung. Die
Vernehmlassung kann auch im Internet (www.ag.ch)
abgerufen werden.
Verordnungen zum Vollzug von Bundesrecht im Sinne von
§ 91 Abs. 2bis KV: Die Staatskanzlei teilt mit, dass der
Regierungsrat mit Beschluss vom 19. November 2003
folgende Verordnung verabschiedet hat:
- Vollziehungsverordnung zum Bundesgesetz über den
Konsumkredit (VV KKG) vom 19. November 2003 (SAR
953.311) [wird in der AGS vom 19. Dezember 2003
publiziert]
Die Geschäftsprüfungskommission wird mit dem Wortlaut
dieser Verordnung separat bedient.
1657 Paul Fischer, Grüne, Dottikon; Rücktritt als
Mitglied des Grossen Rates
Vorsitzende: Mit Schreiben vom 25. November 2003 teilt
uns Herr Paul Fischer Folgendes mit: "Sehr geehrte Frau
Grossratspräsidentin, jedes Amt hat mal ein Ende. Nach 13jähriger Tätigkeit als Mitglied des Grossen Rates erkläre ich
mit diesem Schreiben meinen Rücktritt aus dem Grossen Rat
auf Ende der Ratssitzung vom 2. Dezember 2003.
Unterschriftensammlungen von besorgten Bürgerinnen und
Unser Kollege Paul Fischer trat am 1. Mai 1989 für die
Fraktion der LdU in den Grossen Rat ein; hier hatte er
Einsitz bis zum 31. März 1997. Zum zweiten Mal trat er am
5. Januar 1999 für die Fraktion der Grünen in den Grossen
Rat ein, wo er bis zum heutigen Tag, also dem 2. Dezember
2003 wirkte.
Herr Paul Fischer arbeitete in folgenden ständigen
Kommission mit: 1999-2001 Begnadigungskommission;
2001-2003 Bau- und Planungskommission; 2001-2003
Petitionenkommission. Nichtständige Kommissionen: 19992003
Personalvorlagen;
1999
Funkanlagen
der
Kantonspolizei; 1999-2001 GAL, Gesetz über die
Anstellung
von
Lehrpersonen;
1999-2003
Demokratiereform;
2001
Standesinitiative
Bankkundengeheimnis; 2001-2003 WOV.
Wie Sie anhand der reichhaltigen Liste seiner Tätigkeit
sehen, war unser Kollege Paul Fischer stets aktiv an der
Kommissionsarbeit beteiligt. Im Plenum fiel Paul Fischer
sicher nicht mit grossen Worten auf. Aber er war mit
Sicherheit ein Mitglied unseres Grossen Rates, der äusserst
engagiert an den Rats- und Kommissionssitzungen teilnahm
und sich auch insbesondere immer die Zeit nahm, anlässlich
vieler Anlässe rund um die Ratsarbeit den Kontakt zur
Bevölkerung, zu Vereinen und Verbänden zu pflegen.
Lieber Herr Fischer, ich wünsche Ihnen im beruflichen und
privaten Leben für die Zukunft alles Gute, gute Gesundheit
und viel Zufriedenheit! (Beifall).
1658 Motion Albert Fischer, CVP, Merenschwand,
betreffend methodische Prioritäteneinstufung im
Strassenbau; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Albert Fischer, CVP, Merenschwand, und 20
mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende Motion
eingereicht:
Text:
Die Planung und Projektierung der Ortsumfahrung
Birri/Aristau, als Zubringer zur A4 mit Anschluss Affoltern
a.A., ist parallel zur Zürcher Regionalen-Netzstrategie in der
Prioritäteneinstufung ganz nach vorne zu stellen.
Begründung:
Während meiner Grossratsmitgliedschaft erlebte ich viel
Erfreuliches, aber auch Unerfreuliches. Die Grossratsarbeit
hat viel zu meiner persönlichen Horizonterweiterung
beigetragen. Ich lernte viele Personen kennen. Das
Besondere während meiner Ratskarriere ist, dass ich gleich
in zwei kleine Fraktionen Einsitz nehmen konnte. Ich
möchte nun mein Amt einer anderen Person zur Verfügung
stellen, damit wieder neue Ideen in den Grossen Rat
einfliessen können.
An
der
Delegiertenversammlung
der
Zürcher
Planungsgruppe Knonaueramt ZPK vom 12. November
2003 in Affoltern a.A. hat der verantwortliche
Gebietsingenieur des kantonalen Tiefbauamts Zürich, Herr
Othmar Martin, bekannt gegeben, dass das Bundesamt für
Strassenbau bereit ist, sich an den Aufwendungen für eine
kostengünstige Umfahrung der beiden Dörfer Ottenbach und
Obfelden finanziell zu beteiligen.
Die Zukunft sehe ich mit einem weinenden und einem
lachenden Auge. Weinend, weil ich auf viel Schönes
verzichten muss, lachend, weil etlicher Stress wegfällt und
ich wieder mehr Zeit für andere Bedürfnisse zur Verfügung
haben werde! Paul Fischer, Grossrat, Dottikon."
Die über den ganzen Bezirk Affoltern a.A. geplante
Netzstrategie bezweckt, den Verkehr möglichst schnell auf
die Autobahn zu lenken und somit die umliegenden Dörfer
zu entlasten. Die Umfahrungsstrasse Ottenbach und
Obfelden Bickwil hat darin 1. Priorität (Projektierungsphase
2004/2005, Realisierungsphase 2007).
2577
Art. 1656
2. Dezember 2003
Meine Interpellation 00.370 vom 24. Oktober 2000
betreffend Folgemassnahmen A4 der Region Oberes Freiamt
hatte die gleiche Zielrichtung. Der Regierungsrat hat mit
Datum vom 17. Januar 2001 auf die Frage der
planungen im Gang mit einem Kostenrahmen von 10 bis 55
Mio. Franken. Der Bundesrat hat eine Kostenbeteiligung
bereits seit längerem abgelehnt. Konkrete Aussagen sind im
Moment nicht möglich.
Verkehrsanlagen im Bereich Birri-Ottenbach wie folgt
geantwortet: In Ottenbach und Obfelden Bickwil sind
Umfahrungsund
Lärmschutz-
Mit der Zusicherung der finanziellen Beteiligung an der
Umfahrung von Ottenbach und Obfelden durch das
Bundesamt für Strassenbau hat sich die Ausgangslage auch
für den Kanton Aargau grundlegend geändert. Wenn man
bedenkt, dass die Landausscheidung schon vor vielen Jahren
erfolgt ist, kann die Planung und Projektierung problemlos
in die Prioritätenstufe 1 eingeteilt werden.
Deshalb sollen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden,
damit Kinder und Jugendliche ausgebildet werden können.
Dass die Möglichkeiten grösser sind, beweisen andere
Kantone. Die Regierung soll mindestens diese Standards
erfüllen. Dies ist nicht nur ein humaner Akt, er ist auch
rechtlich auf nationaler und internationaler Ebene
abgestützt. So macht z.B. die auch im Aargau gültige
Bundesverfassung deutlich:
Warum sollen Steuerzahlerinnen/Steuerzahler junge Leute
finanzieren, die zwar gerne eine Lehre absolvieren würden,
jedoch von der Fremdenpolizei daran gehindert werden?
Eine lost-lost-Situation.
Art. 8 Rechtsgleichheit
1659 Postulat der Fraktion der Grünen betreffend
Ausbildung von Kindern von Migrantinnen/Migranten
aller Kategorien; Einreichung und schriftliche
Begründung
Von der Fraktion der Grünen wird folgendes Postulat
eingereicht:
Text:
Der Regierungsrat wird eingeladen, allen Kindern und
jungen Menschen im Aargau die Möglichkeit zu lassen, sich
sowohl an staatlichen Schulen zu bilden, als auch Lehren
absolvieren zu dürfen.
Begründung:
Kinder von Migrierenden können in aller Regel selten
bestimmen, wie und wo sie ihre Ausbildung machen dürfen.
Sie folgen ihren Eltern ins Ausland oder werden später
nachgezogen. Dieser Umstand ist für viele Kinder und
jugendliche oft belastend. Sie können dafür nicht
verantwortlich gemacht werden.
Umso schlimmer ist es für sie, wenn sie in der Schweiz
weder zum Schulbesuch zugelassen werden, noch eine
Berufslehre absolvieren dürfen. Die Fremdenpolizei des
Kantons Aargau wendet in diesem Zusammenhang harte
Bestimmungen an und pocht auf Bundesgesetze. Diese
Bestimmungen wiederum werden in anderen Kantonen
wesentlich liberaler und pragmatischer angewendet. So hat
die Aargauer Fremdenpolizei, wie in der Interpellation 03.67
bekannt gemacht, einer lernbereiten jungen Frau gleich zwei
Lehren verboten. Weitere Fälle sind vor allem den
Gemeindebehörden bekannt. Nicht nur das. Drei jungen
Türken hat sie die Bewilligung C nicht verlängert und sie in
die Türkei geschickt, obwohl sie eine Ausbildung an
höheren Schulen hätten machen können, nachdem alle drei
die gesamte Volksschule in der Schweiz absolviert hatten.
Zudem will die Fremdenpolizei einem jungen initiativen
Mann zeigen, wer der Meister ist. Er soll zurück in seine
Heimat, weil er dies aber nicht wollte (und nicht konnte),
wird er zum Nichtstun verurteilt. Auch er hätte eine
Lehrstelle bereits gehabt.
Nichtstun ist für die jugendlichen eine grosse Belastung,
deren mögliche Folgen wie Depression, Wut, Angst auch
vom Staat zu weitergehender Betreuung führen kann.
2578
1
Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
2
Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht
wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters,
der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der
religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung
oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen
Behinderung.
Auch die ebenfalls für den Aargau geltende UNOKinderkonvention legt fest (unter dem Begriff "Kinder"
versteht die UNO bis und mit 18jährige Menschen!):
Art. 2 Diskriminierungsverbot
Die Vertragsstaaten achten die in diesem Übereinkommen
festgelegten Rechte und gewährleisten sie jedem ihrer
Hoheitsgewalt
unterstehenden
Kind
ohne
jede
Diskriminierung unabhängig von der Rasse, der Hautfarbe,
dem Geschlecht, der Sprache, der Religion, der politischen
und sonstigen Anschauung, der nationalen, ethnischen oder
sozialen Herkunft, des Vermögens, einer Behinderung, der
Geburt oder des sonstigen Status des Kindes, seiner Eltern
oder seines Vormunds.
Art. 3 Schutz und Fürsorge für Kinder
Bei allen Massnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel ob
sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der
sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder
Gesetz-gebungsorganen getroffen werden, ist das Wohl des
Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen
ist. Die Vertragsstaaten verpflichten sich, dem Kind unter
Berücksichtigung der Rechte und Pflichten seiner Eltern,
seines Vormunds oder anderer für das Kind gesetzlich
verantwortlicher Personen den Schutz und die Fürsorge zu
gewährleisten, die zu seinem Wohlergehen notwendig sind;
zu diesem Zweck treffen sie alle geeigneten Gesetzgebungsund Verwaltungsmassnahmen.
Art. 9 Trennungsverbot
Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass ein Kind nicht gegen
den Willen seiner Eltern von diesen getrennt wird, es sei
denn, dass die zuständigen Behörden in einer gerichtlich
nachprüfbaren Entscheidung nach den anzuwendenden
Rechtsvorschriften und Verfahren bestimmen, dass diese
Trennung zum Wohl des Kindes notwendig ist. Eine solche
Entscheidung kann im Einzelfall notwendig werden, wie
2. Dezember 2003
Art. 1657-1658
etwa wenn das Kind durch die Eltern misshandelt oder
vernachlässigt wird oder wenn bei getrennt lebenden Eltern
Art. 10 Wohlwollende, humane und beschleunigte
Bearbeitung
eine Entscheidung über den Aufenthaltsort des Kindes zu
treffen ist.
Von der SP-Fraktion wird folgende Interpellation
eingereicht:
Entsprechend der Verpflichtung der Vertragsstaaten nach
Artikel 9 werden von einem Kind oder seinen Eltern zwecks
Familienzusammenführung gestellte Anträge auf Einreise in
einen Vertragsstaat oder Ausreise aus einem Vertragsstaat
von den Vertragsstaaten wohlwollend, human und
beschleunigt bearbeitet. Die Vertragsstaaten stellen ferner
sicher, dass die Stellung eines solchen Antrages keine
nachteiligen Folgen für die Antragsteller und deren
Familienangehörige hat. Artikel 9 und 10 betreffen Thema
"Familiennachzug nur dann, wenn Eltern genug verdienen!"
Text und Begründung:
Art. 28 Recht auf Bildung
Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf
Bildung an; um die Verwirklichung dieses Rechts auf der
Grundlage der Chancengleichheit fortschreitend zu
erreichen, werden sie insbesondere
a) den Besuch der Grundschule für alle zur Pflicht und
unentgeltlich machen;
b) die Entwicklung verschiedener Formen der
weiterführenden Schulen allgemein bildender und
berufsbildender Art fördern, sie allen Kindern verfügbar und
zugänglich machen und geeignete Massnahmen wie die
Einführung der Unentgeltlichkeit und die Bereitstellung
finanzieller Unterstützung bei Bedürftigkeit treffen;
c) allen entsprechend ihren Fähigkeiten den Zugang zu den
Hochschulen mit allen geeigneten Mitteln ermöglichen;
d) Bildungs- und Berufsberatung allen Kindern verfügbar
und zugänglich machen;
e) Massnahmen treffen, die den regelmässigen Schulbesuch
fördern und den Anteil derjenigen, welche die Schule
vorzeitig verlassen, verringern.
(2) Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Massnahmen,
um sicherzustellen, dass die Disziplin in der Schule in einer
Weise gewahrt wird, die der Menschenwürde des Kindes
entspricht und im Einklang mit diesem Übereinkommen
steht.
Die
Vertragsstaaten
fördern
die
internationale
Zusammenarbeit im Bildungswesen, insbesondere um zur
Beseitigung von Unwissenheit und Analphabetentum in der
Welt beizutragen und den Zugang zu wissenschaftlichen und
technischen
Kenntnissen
und
modernen
Unterrichtsmethoden zu erleichtern. Dabei sind die
Bedürfnisse der Entwicklungsländer besonders zu
berücksichtigen.
Siehe auch: www.kinderlobby.ch =>Publikationen
1660 Interpellation
der
SP-Fraktion
betreffend
aargauische Daten in Ergänzung zum dritten Bericht zur
Gleichstellung von Frau und Mann in der Schweiz und
zu sich daraus aufdrängenden Anstrengungen;
Einreichung und schriftliche Begründung
2577
Am 27. November 2003 hat das Bundesamt für Statistik,
nach 1993 und 1996, den dritten statistischen Bericht zur
Gleichstellung von Frau und Mann in der Schweiz
herausgegeben. Hier wird - statistisch untermauert - gezeigt,
wie wenig bei uns die seit gut zwanzig Jahren
verfassungsmässig garantierte Gleichberechtigung der
Geschlechter in den verschiedenen Lebensbereichen
verwirklicht ist. Nach eindeutigen Verbesserungen der
Situation von Frauen im Vergleich zu derjenigen von
Männern in den neunziger Jahren ist in der Entwicklung
eine Verlangsamung bzw. ein Stillstand zu verzeichnen. Im
Bereich der Lohnunterschiede und der politischen
Vertretung, aber auch bei der Aufteilung der Haus- und
Familienarbeit, bei der Erwerbssituation und sogar im
Bildungsbereich scheint sich kaum noch etwas zu bewegen.
Im Bildungsbereich verfügen Frauen häufiger als Männer
über keine nachobligatorische Bildung (23 vs. 14 Prozent)
und höhere Abschlüsse werden mehrheitlich von Männern
erworben.
Obwohl
der
Frauenanteil
bei
den
Studienanfängerinnen und -anfängern zugenommen hat,
blieb der Abstand der Abschlussquoten, 16 Prozent, seit
1991 gleich. Die Berufs- und Studienfächerwahl ist nach
wie vor stark von geschlechtlich fixierten Zuschreibungen
geprägt.
In der Erwerbsarbeit sind Frauen öfter von atypischen und
prekären Arbeitsbedingungen - wie kurze Vertragsdauer
oder Minimalarbeit - betroffen als Männer. Zwar ist die
Erwerbsquote der Frauen gestiegen (74 vs. 88 Prozent),
doch arbeitet mehr als die Hälfte der Frauen Teilzeit. 7 von
10 Frauen sind Angestellte ohne Führungsfunktion, bei den
Männern sind es 5 von 10.
Die Lohnunterschiede verharren seit 1998 auf demselben
Niveau und betragen in der Privatwirtschaft 21, in der
öffentlichen Verwaltung 11 Prozent. Trotz gleicher
Ausbildung, gleicher beruflicher Stellung oder gleich langer
Betriebszugehörigkeit bleiben sie bestehen. Bei den
Niedriglohnbezügerinnen/-bezüger ist der Anteil Frauen viel
höher als derjenige der Männer (11 vs. 2 Prozent mit einem
Einkommen bis 3'000 Franken netto monatlich).
In Familienhaushalten ist die Erwerbs- und Familienarbeit
sehr ungleich verteilt, was eine starke Abhängigkeit der
Familienfrauen bezüglich sozialer Sicherheit zur Folge hat.
Frauen leisten nach wie vor einen Grossteil der Haus- und
Familienarbeit (durchschnittlich 31 vs. 17 Stunden pro
Woche) sowie der häuslichen und ausserhäuslichen
Betreuungsarbeit, beispielsweise von älteren Personen oder
Kranken.
Eine direkte Folge der misslichen Lohnsituation und der
Arbeitsverteilung ist die Lage der Rentenbezügerinnen in
der Schweiz. Nicht verheiratete Frauen und Frauen, die
Kinder aufzogen, erhalten seltener die AHV-Maximalrente
und kommen weniger oder gar nicht in den Genuss von
Renten der beruflichen Vorsorge.
Art. 1659
2. Dezember 2003
Auf politischer Ebene hat sich die Frauenvertretung nur
gering verbessert: Im Nationalrat sind 26 Prozent, im
Ständerat 24 Prozent Frauen. Ihr Anteil in den kantonalen
Parlamenten liegt bei 24 Prozent, in den kantonalen
Regierungen bei 22 Prozent.
Zusätzlich zu den in den hier aufgeführten Lebensbereichen
sind Frauen öfter mehrfach benachteiligt und von
schwierigen Lebenssituationen stärker betroffen als Männer.
Einige
von
der
Regierung
vorgeschlagene
Entlastungsmassnahmen 2003 treffen vorwiegend Frauen
(TW- und Primarlehrerinnen sowie das weibliche
Pflegepersonal). Die in diesen Erwerbsbereichen bis anhin
mögliche
Teilzeitarbeit
und
familienfreundliche
Arbeitsmodelle werden durch die Sparmassnahmen stark
gefährdet, wenn nicht verunmöglicht.
Von
Erika
Müller,
CVP,
Lengnau,
und
13
mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende
Interpellation eingereicht:
Da der Gleichstellungsartikel in der Bundesverfassung nicht
nur das Verbot von geschlechtsbedingter Diskriminierung
beinhaltet, sondern Bund, Kantone und Gemeinden
verpflichtet, für die rechtliche und tatsächliche
Gleichstellung zu sorgen, sind dringend zusätzliche,
gleichstellungsfördernde Massnahmen nötig.
1. Erachtet der Regierungsrat eine Verlängerung der S5 von
Niederweningen in den Knoten Tiefenwaag als machbar?
Gleichstellung umfasst alle Lebensbereiche. Angesichts der
heute ernüchternden Lage bittet die SP-Fraktion die
Regierung um Beantwortung folgender Fragen:
3. Welche Auswirkungen hat eine attraktivere S5 auf den
Verkehrsknoten Baden?
Text:
Ich bitte den Regierungsrat um die Beantwortung folgender
Fragen:
2. Ist der Regierungsrat bereit, mit dem Kanton Zürich
Verhandlungen betreffend Verlängerung der S5 von
Niederweningen ins Gebiet Tiefenwaag aufzunehmen?
1.
Welche
Haltung
nimmt
die
Regierung
Gleichstellungsanliegen gegenüber grundsätzlich ein?
4. Ist der Regierungsrat bereit, dieses Thema in den
Richtplan aufzunehmen und allseits die entsprechenden
baulichen und betrieblichen Massnahmen einzuleiten?
2. Welche Schlüsse zieht die Regierung aus den publizierten
statistischen Daten? Welche für unsern Kanton?
5. Wie beurteilt der Regierungsrat die Realisierungschancen
in Bezug auf den Gewässerschutz (Surb)?
3. Gibt es für die vorstehend erwähnten Lebensbereiche
Daten, aus denen ersichtlich ist, wie sich die Lage der
Frauen im Kanton Aargau darstellt?
Begründung:
4. Sofern diese Unterlagen für einzelne Bereiche nicht
vorliegen: Ist die Regierung bereit, diese zu erheben und zu
veröffentlichen?
5. Welche Möglichkeiten hat der Aargau, um den
Verfassungsauftrag zu erfüllen und für bessere,
gleichstellungsfördernde Rahmenbedingungen zu sorgen?
6. Ist die Regierung nicht ebenfalls der Meinung, dass sich
angesichts der hier vorliegenden Daten eine Stärkung der
Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern
im Kanton aufdrängt, da diese ihren Auftrag erst dann erfüllt
haben wird, wenn wirkliche Chancengleichheit im Kanton
hergestellt ist, wenn die Frauen in der Politik sowie in
Führungspositionen in Verwaltung und Unternehmen
angemessen vertreten sind und Frauen und Männer bei der
partnerschaftlichen
Teilung
von
Familienund
Erwerbsarbeit nicht mehr auf zahlreiche Stolpersteine
stossen.
7. Gibt es eine Übersicht, aus der ersichtlich ist, in welchen
Bereichen und in welchem Ausmass Frauen von den
Entlastungsmassnahmen 2003 und ihren Auswirkungen
direkt und indirekt betroffen sind? Was tut der
Regierungsrat, um diese Auswirkungen auf Frauen
abzufedern bzw. möglichst zu vermeiden?
1661 Interpellation Erika Müller, CVP, Lengnau,
betreffend Verlängerung der Eisenbahnstrecke S5 von
Niederweningen in den Knoten Tiefenwaag; Einreichung
und schriftliche Begründung
Im Zurzibiet stagniert die Einwohnerzahl. Es werden
Arbeitsplätze abgebaut (Holzindustrie) und neue entstehen
kaum. Im Raum Baden werden ebenfalls kaum neue
Arbeitsplätze geschaffen. Hingegen findet im Raum ZürichNord (Oerlikon) ein starkes Wachstum statt. Für das
Zurzibiet ist es daher sehr wichtig, auf einfachem Weg in
diesen Raum zu gelangen. Mit der kommenden direkten
Buslinie Döttingen-Niederweningen verbessert sich die
Situation. Doch der entscheidende Schritt wäre die Bus- und
Bahnschnittstelle in der Tiefenwaage (Gemeinde
Unterehrendingen). Es würde die ganze Situation rund um
den öffentlichen Verkehr entscheidend verbessern.
1662 Zur Traktandenliste
Vorsitzende: Seitens der Ratsleitung habe ich Ihnen
Folgendes mitzuteilen: Traktandum 17: - (03.209) Postulat
Lilian Studer, Wettingen, vom 26. August 2003 betreffend
Erhöhung
des
kantonalen
Betrages
für
die
Ausbildungskosten
der
Ergotherapiestudenten
und
Ergotherapiestudentinnen aus dem Kanton Aargau in
Zürich. - Dieses Postulat wurde zuerst dem BKS zur
Beantwortung zugewiesen. Dann wurde unter den
Departementen vereinbart, dass die Beantwortung durch das
Gesundheitsdepartement zu erfolgen habe. Heute hat das
Gesundheitsdepartement beantragt, die Beantwortung dieses
Vorstosses noch hinauszuschieben. Daher wird dieses
Traktandum von der heutigen Traktandenliste abgesetzt. Wir
werden es zu einem späteren Zeitpunkt beraten!
2578
2. Dezember 2003
Art. 1660
1663 Stefan Keller, Grüne, Baden; Inpflichtnahme als
Mitglied des Grossen Rates
Anstelle des zurückgetretenen Geri Müller, Baden, tritt neu
in den Rat ein: Stefan Keller, Baden.
Herr Stefan Keller wird in Pflicht genommen.
1664 Dekret über das Verfahren gemäss
Spitalgesetz
(VD-SpiG);
Genehmigung
Beschlussfassung
§
18
bzw.
(Vorlage vom 24. September 2003 des Regierungsrates samt
Änderungsanträgen vom 3. November 2003 der
Gesundheitskommission,
denen
der
Regierungsrat
zustimmt)
Rudolf Keller, SVP, Oberflachs, Präsident der
Gesundheitskommission: Der zu beratende Dekretsentwurf
ist eine Ergänzung von § 18 Spitalgesetz (SpiG) vom 25.
Februar 2003. Der § 18 SpiG regelt den Rechtsschutz. Um
bei Streitigkeiten über Inhalt und Modalitäten des
Leistungsvertrages möglichst rasch zu einer Einigung zu
kommen, wurde bei der Beratung des SpiG die Einsetzung
eines Schiedsgerichtes vorgeschlagen. Dieser Vorschlag
stiess auf erheblichen Widerstand und so wurde in der
zweiten
Beratung
beschlossen,
anstelle
eines
Schiedsgerichtes die ordentlichen staatlichen Gerichte zur
Beurteilung solcher Streitigkeiten einzusetzen. Mit dem
Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG) besteht
ein Erlass, der über weite Teile auch für das
Verfahrensdekret gemäss §18 SpiG genügt. Im vorliegenden
Dekret sollen nur noch solche Punkte geregelt werden, die
für dieses spezielle Verfahren entweder abweichend oder
ergänzend zum Verwaltungsrechtspflegegesetz (VRPG)
Anwendung finden (vgl. § 1 Dekretsentwurf). Die
besonderen Verfahrensbestimmungen dieses Dekrets haben
auch zum Ziel, der Beschleunigung und der Vereinfachung
des Verfahrens zu dienen.
Die Gesundheitskommission hat den Dekretsentwurf beraten
und ist einstimmig der Meinung, dass in § 8 des Dekrets das
Nichteinhalten der gesetzlichen Frist (2 Monate) zu
begründen sei. Der Regierungsrat stimmt dieser Ergänzung
zu.
Mit 15:0 Stimmen, bei 1 Absenz, hat die Kommission dem
Dekret, mit Ergänzung von § 8 einstimmig zugestimmt. Ich
bitte Sie, dem Dekret, wie es die Kommission beraten hat,
zuzustimmen!
Vorsitzende: Stillschweigendes Eintreten haben die FDP-,
SVP-, EVP-, SP-, SD/FP- Fraktion sowie die Fraktion der
Grünen erklärt.
Dr. Theo Vögtli, CVP, Kleindöttingen: Ich spreche im
Namen der CVP-Fraktion. Wenn zwei sich streiten,
schlichtet der Dritte! Streitigkeiten auf hohem Niveau
benötigen klare Spielregeln, die ja das vorliegende Dekret
auch machen will! Auch wir treten einstimmig ein,
allerdings mit einem Vorbehalt, den ich hier begründen will.
Ich freue mich auf die Antworten der Herrn
Regierungsrates.
2579
Der Vorbehalt hängt an am Spitalgesetz, wo es heisst: "Eine
Überprüfung des Ermessens des Regierungsrates ist
ausgeschlossen", - das ist für uns ein "Pferdefuss"! Nicht
zuletzt auch, weil bei mir Exponenten der Regionalspitäler
vorstellig wurden, die gesagt haben, dass im Vorfeld der
Abstimmungen zum Spitalgesetz den Regionalspitälern
unternehmerische und organisatorische Freiheit versprochen
wurde. Hier deckt möglicherweise der Dekretsentwurf
genau das Gegenteil auf! Das Gesundheitsdepartement (GD)
schreibt im Leistungsvertrag den Häusern vor, welche
Leistungen zu welchem Preis sie zu erbringen haben.
Der Regierungsrat erhält somit faktisch alle Kompetenzen,
den Preis zu diktieren. Mit dem Ausschliessen des
Ermessens wird - nach Meinung gewisser Exponenten der
Regionalspitäler - das Beschwerderecht zur Farce!
Meine Fragen: Sind das noch Rahmenbedingungen für echte
Verhandlungen? Sind die unternehmerischen Freiheiten der
Spitäler sichergestellt? Sollen die Angebote nicht über Preis
und den Markt - und nicht über die Planwirtschaft des
Gesundheitsdepartements geregelt werden?
Es gibt Forderungen, ob bestehende Angebote, die teilweise
mit grossen Investitionen getätigt wurden, gesichert bleiben
sollen. Die Kriterien für die Festlegung der Fallpreise
müssen offengelegt werden! Für den gleichen
Leistungsauftrag sind gleiche Fallpreise zu garantieren! Das
System Chefarzt oder Belegarzt-System darf keinen Einfluss
auf die Preisgestaltung haben! Und: die gesetzlichen
Mehraufwendungen wie beispielsweise das Arbeitsrecht,
Gesamtarbeitsverträge, müssen miteingerechnet werden!
Die Einseitigkeit des Dekrets muss zugunsten der
Regionalspitäler korrigiert werden! Ich bin auf die Antwort
des Gesundheitsdirektors gespannt!
Vorsitzende: Es liegen keine Wortmeldungen vor. Die
Diskussion ist geschlossen.
Regierungsrat Ernst Hasler, SVP: Ich danke vorerst der
Kommission und dem Präsidenten für die Beratung des
vorliegenden Dekretes "Spitalgesetz"! Sie, meine Damen
und Herren, mögen sich erinnern, wie intensiv wir die Frage
dieses Rechtsverfahrens diskutiert haben. Wir haben
verschiedene Varianten abgewogen und befunden, dass es
richtig
ist,
kein
Schiedsgericht,
sondern
das
Verwaltungsgericht hier einzusetzen; dass wir aber im
Dekret das Verfahren innert zweier Monate definieren
müssen! Das haben wir auch in § 8 getan: dieser Ergänzung
stimmt der Regierungsrat zu.
Zu den Punkten, die Herr Dr. Vögtli hier aufgeführt hat:
Hinter der Frage des Leistungsauftrages stehen gemäss
Spitalgesetz ganz verschiedene Rahmenbedingungen: die
Wirtschaftlichkeit, die Berücksichtigung der Transparenz
der Vergleichbarkeit in § 3, der Anspruch der Spitäler auf
einen Leistungsauftrag bzw. daraus den Leistungsvertrag
unter wettbewerblichen Bedingungen gemäss § 5,
Abgeltung der Leistung im Rahmen der bewilligten Mittel §
16 und schliesslich auch die Rahmenbedingungen des
Finanzplanes § 17 sind einzuhalten!
Art. 1661-1663
2. Dezember 2003
Die unternehmerische Freiheit - so gesehen - ist natürlich
nicht absolut! Wir sind dem KVG und der Verfassung
verpflichtet, der Versorgungsauftrag muss erfüllt werden!
Deshalb gibt es zahlreiche Rahmenbedingungen, die hier
beachtet werden müssen. Ein System der reinen
Marktwirtschaft ist im Gesundheitswesen nicht möglich!
Dass dafür nicht das Dekret zu § 18 verantwortlich ist,
sondern
dass
das
Spitalgesetz
selber
diese
Rahmenbedingungen setzt, ist richtig. Wir gehen auch
davon aus, dass das Verwaltungsgericht - selbst wenn es
keine Ermessenskontrolle hat - diesen durch das Spitalgesetz
bestehenden Rahmen bei der Beurteilung des einzelnen
Falles beachten muss! Es wäre daher falsch, das
Beschwerderecht als "Farce" zu bezeichnen! Die
Differenzen beim Leistungsvertrag sind anhand der
Bestimmungen,
der
Rechtsbegriffe
und
der
Rahmenbedingungen der Spitalgesetzgebung zu beurteilen!
Dies zum allgemeinen Votum von Herrn Dr. Vögtli.
1. Das Angebot wird letztlich im politischen Prozess
bestimmt, nämlich durch die gesundheitspolitische
Gesamtplanung einerseits und andererseits mit der
Spitalkonzeption dort, wo die einzelnen Leistungsaufträge
für jedes Spital definiert sind.
Das Dekret wird, wie es aus den Beratungen
hervorgegangen ist, mit grosser Mehrheit zum Beschluss
erhoben.
2. Müssen die Kriterien für die Festlegung der Fallpreise
müssen offengelegt werden? Hier werden wir mit der
Verordnung
zum
Spitalgesetz
bezüglich
der
Leistungsfinanzierung aufzeigen, wie das gehandhabt wird.
1665 Dekret
über
den
Anspruch
auf
Prämienverbilligung (DAP); Änderung; Genehmigung
bzw. Beschlussfassung
3. Für den gleichen Leistungsauftrag sind gleiche Fallpreise
zu garantieren? - Der Leistungsauftrag allein ist natürlich
nicht das Kriterium, sondern es kommt darauf an, wie der
Faktor "Menge" - eine grössere Menge sollte einen
günstigeren Preis ergeben oder die Schwere der Fälle. Hier
haben wir durchaus Kriterien, die man nicht einfach
einheitlich anwenden kann.
(Vorlage vom 22. Oktober des Regierungsrates)
4. Das System "Chefarzt" oder "Belegarzt" sollte keinen
Einfluss auf die Preisgestaltung haben. Das ist richtig, die
Berechnung der Spitäler ist unabhängig der Systeme, was
sie machen im Spital (?).
5. Gesetzlich verordnete Mehraufwendungen müssen
miteingerechnet werden. Das ist wieder unternehmerisch.
Der Unternehmer muss sagen, welche Kosten ihm anfallen.
Die muss er in die Fallpauschalen einrechnen.
Die Einseitigkeit des Dekretes wird moniert. Ich habe
gesagt, das Dekret § 18 hat nichts zu tun mit dem Rahmen,
der das Spitalgesetz umschreibt. Hier geht es nur um den
Vollzug dieser Bestimmungen vor Verwaltungsgericht.
Etwas anderes können wir nicht in dieses Dekret
aufnehmen.
Daher danke ich Ihnen, wenn Sie auf das Dekret eintreten
und es verabschieden!
Vorsitzende: Eintreten auf das Dekret ist unbestritten. Sie
sind somit darauf eingetreten.
Detailberatung
Vorsitzende: Wir nehmen die Detailberatung anhand der
gelben Synopse vor.
Titel, Ingress, §§ 1 - § 9
Zu den Fragen: Bestehende Angebote mit entsprechend
schon finanzierten Investitionen müssen gesichert werden? Diese Frage ist auch nicht sehr "unternehmerisch", ich
werde sie aber trotzdem beantworten:
Rudolf Keller, SVP, Oberflachs, Präsident der
Gesundheitskommission:
Nach
§
11
des
Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über die
Krankenversicherung gewährt der Kanton Einwohnerinnen
und Einwohnern in bescheidenen wirtschaftlichen
Verhältnissen Prämienverbilligung. Für die Berechnung des
Anspruchs auf Prämienverbilligung sind die vom
Regierungsrat festgelegten Richtprämien massgebend. Der
Grosse Rat legt durch Dekret den massgebenden Prozentsatz
im Rahmen von 10% - 16% fest. Weil der Kanton bis 2002
die gesetzlich festgelegte Mindestauszahlung von 50% des
Bundesbeitrages nicht erreichen konnte, hat der Grosse Rat
am 27. Mai 2001 den Prozentsatz auf 9% herabgesetzt. In
den Jahren 2003 und 2004 wird die vom Bund geforderte
Mindestauszahlung von 50% übertroffen. Die Richtprämie
beträgt z.Z. Fr. 2'500.--. Das hatte zur Folge, dass sich viele
Anspruchsberechtigte gemeldet haben, die vorher darauf
verzichtet hatten.
Nicht zu unterschätzen ist die Aargauerlösung für die
Ergänzungsleistungsbezüger.
Sobald
jemand
auf
Ergänzungsleistungen angewiesen ist, hat er Anrecht auf die
volle Prämienverbilligung.
Der Kanton Aargau will das Sozialziel erreichen, d.h. etwa
ein Drittel der Bevölkerung soll in den Genuss der
Prämienverbilligung kommen. Zudem soll an der
Mindestauszahlung von 50% der Bundesgelder festgehalten
werden. Damit diese Limite nicht unbeschränkt ansteigt,
muss das Dekret, wie es vorliegt, geändert werden. Die
Einschränkung der Anspruchsberechtigung ist auf 11%
festzulegen.
Zustimmung
Die Gesundheitskommission stimmt dem Antrag des
Regierungsrates mit 11:2 Stimmen und 2 Enthaltungen zu.
Vorsitzende: Wir kommen zur Schlussabstimmung: Sie
finden den Antrag auf S. 6 der Botschaft.
Vorsitzende: Stillschweigendes Eintreten haben die EVP-,
FDP- sowie die SD/FP-Fraktionen erklärt.
Schlussabstimmung:
Dr. Theo Vögtli, CVP, Kleindöttigen: Durch die Erhöhung
des massgebenden Prozentsatzes auf 11% muss auch die
Richtprämie erhöht und somit den effektiven Prämien
angenähert werden, damit die finanzpolitischen Ziele erfüllt
2580
2. Dezember 2003
werden können. Jetzt kommt der "Pferdefuss": d.h. auch die
Prämienverbilligungsberechtigten erhalten höhere Beiträge,
was angesichts der steigenden Krankenkassenprämien
begrüssenswert ist. Aber gewisse Personen, die bis anhin
Anspruch auf Prämienverbilligung hatten, verlieren diesen
aufgrund des höheren Prozentsatzes. Trotzdem ist die CVPFraktion grossmehrheitlich für dieses Dekret!
Fritz Baumgartner, SP, Rothrist: Namens der einstimmigen
SP-Fraktion
ersuche
ich
Sie,
die
vorliegende
Dekretsänderung abzulehnen! Begründung: Vor rund einem
Jahr, am 19. November 2002 haben wir in diesem Saal eine
Motion meiner Fraktion behandelt, welche eine
Herabsetzung des Prozentsatzes von 9% auf 8% forderte.
Dieser Vorstoss wurde damals leider abgelehnt. Auch ein
Jahr
später,
trotz
Sparmassnahmen
und
Entlastungsprogrammen ist die SP nach wie vor der
von zusätzlichen Bezugsberechtigten kaum auf die hohe
Kante gelegt, sondern 1:1 wieder investiert. Davon
wiederum würde zum grössten Teil wieder die Aargauer
Wirtschaft profitieren, denn es ist davon auszugehen, dass
unsere Bevölkerung die Produkte des täglichen Bedarfs hier
im Kanton Aargau einkauft.
Ferner finden wir es störend, dass mit der Dekretsänderung
bisherige Bezügerinnen und Bezüger nicht mehr in den
Genuss von Prämienverbilligungen kommen. Ebenso ist es
nicht akzeptabel, dass stets die finanzpolitischen Ziele als
oberste Priorität aufgeführt werden! Hier wie in vielen
weiteren Bereichen ist wirklich am falschen Ort gespart und
wir werden seitens der SP nicht müde, dies hier an dieser
Stelle und bei weiterer Gelegenheit immer wieder
anzumahnen! Ich ersuche Sie dringend, den Prozentsatz auf
9% zu belassen und folglich die Dekretsänderung
abzulehnen!
Sylvia Flückiger-Bäni, SVP, Schöftland: Ich spreche im
Namen der SVP Fraktion. Die SVP Fraktion ist für Eintreten
auf diese Vorlage und stimmt der Dekretsänderung
einstimmig
zu.
Das
Dekret
der
Krankenkassenprämienverbilligung muss an die veränderte
Situation angepasst werden. Der Bund legt jeweils die
Prämienverbilligungsbeiträge pro Kanton jährlich fest.
Mindestens 50% des Bundesbeitrages müssen die Kantone
auszahlen.
Der Kanton Aargau hatte in den Jahren bis 2002 die
gesetzlich festgelegte und angestrebte Mindestauszahlung
für Prämienverbilligungen von 50% nicht erreicht.
Deshalb wurden aufgrund der Intervention des Bundesamtes
für Sozialversicherungen Massnahmen ergriffen, um die
gesetzlichen Erfordernisse zu erfüllen. Auf das Jahr 2002
wurden die Kinderabzüge erhöht, die Richtprämie angepasst
und der massgebende Prozentsatz von 10% auf 9% gesenkt.
So konnte die Personengruppe, die Anspruch auf
Prämienverbilligung hatte, erhöht werden. Voraussichtlich
werden im Jahre 2003 und 2004 die vom Bund geforderte
Mindestzahlung von 50% übertroffen. Per 2005 soll die
Limite,
die
zum
Bezug
der
Krankenkassenprämienverbilligung
berechtigt,
erhöht
werden. Die heute zu tiefe Richtprämie von Fr. 2'500.--, das gewogene Mittel der Jahresprämie liegt bei Fr. 2'911.08
-, soll an die effektiven Prämien angepasst und angehoben
werden.
2581
Art. 1664
Meinung, dass sich der Kanton Aargau eine grosszügigere
Handhabung der Prämienrückerstattung leisten kann. Es hat
sich nichts geändert. Der Aargau steht im Vergleich mit
anderen Kantonen immer noch am Schluss der Rangliste.
Nach wie vor ist man seitens der Regierung nicht bereit,
mehr als die gesetzlich vorgeschriebenen 50%
auszuschütten. Wenn wir den heutigen Satz von 9%
beibehalten, würden im Jahr 2005 schätzungsweise 40 Mio.
Franken mehr Prämien zurückerstattet als heute! Von
diesem Betrag müsste der Aargau rund 14 Mio. Franken
übernehmen, der Rest könnte beim Bund geltend gemacht
werden, - Geld notabene, das in Bern zur Verfügung steht,
auf das unsere Bevölkerung grundsätzlich Anrecht hat.
Diese Mittel kämen wirklich jenem Personenkreis zugute,
welcher bereits heute dringend darauf angewiesen wäre!
Dieses
Geld
würde
Weil sich die jetzt anstehende Dekretsänderung erst auf die
Auszahlungen des Jahres 2005 auswirkt, muss der
voraussichtliche Prämienaufschlag für das Jahr 2005
miteinbezogen werden. Erfolgt die Erhöhung analog der
letzten Jahre, wird das gewogene Mittel für das Jahr 2005
rund Fr. 3'100.-- betragen.
Mit diesen Massnahmen werden weniger Personen Beiträge
erhalten, diese fallen jedoch höher aus. Das Sozialziel wird
mit der Erhöhung des massgebenden Prozentsatzes
weiterhin erreicht. Vollzogen wird dies damit, dass der für
den Bezug massgebende Prozentsatz an Einkommen und
Vermögen von 9% auf 11% angehoben wird. Damit wird
erreicht, dass im Kanton Aargau weiterhin nur die minimal
vorgeschriebenen
50%
der
möglichen
Prämienverbilligungsbeiträge ausbezahlt werden.
Die Erhöhung der Richtprämie liegt in der Kompetenz des
Regierungsrates und kann deshalb später erfolgen. Die
Anpassung des Dekretes liegt in der Kompetenz des Grossen
Rates und muss aus zeitlichen Gründen bereits jetzt
erfolgen, damit die Wirksamkeit für das Jahr 2005
gewährleistet wird. Diese Anpassung steht auch im
Zusammenhang mit der Revision des KVG, die erhebliche
Auswirkungen auf die Mindestauszahlungen haben wird.
Alle Wünsche können wir leider aufgrund der
finanzpolitischen Aussicht unseres Kantons nicht erfüllen.
In diesem Sinne bitte ich Sie um Ihre Zustimmung zur
Änderung des Dekretes!
Vorsitzende: Die Diskussion ist geschlossen.
Regierungsrat Ernst Hasler, SVP: Zu Herrn Vögtli: Es ist
richtig, dass gewisse Personen mit der Erhöhung von 9% auf
11%-Schwelle zum Erhalten der Prämienverbilligung dazu
führt, Ansprüche verlieren. Die anspruchsberechtigten
Personen hier haben jedoch nur sehr kleine Beträge zugut.
Zu Herrn Baumgartner: 1. Die eingeleiteten Massnahmen
haben gegriffen. Seit wir diese Massnahmen umsetzen,
errreichen wir die Minimalziele des Bundes sehr gut. Der
Hinweis auf den NK2 von 15 Mio. Franken, der Ihnen
beantragt wird, zeigt diese Wirkung sehr gut.
2. Das Einführungsgesetz zeigt, sofern wir die
Bundesvorgaben nicht erreichen, dürfen wir auf 9% gehen,
andernfalls müssen wir zwischen 10% und 16% die
Schwelle festlegen. Hier sind wir gebunden, wir können
nicht senken, es sei denn, wir würden eine
Gesetzesänderung vornehmen.
Art. 1665
2. Dezember 2003
3. Sie sagten, wir seien am Schluss der Rangliste. Ungefähr
die Hälfte aller Kantone machen Rabatte zwischen 20% und
50%. Andere Kantone reduzieren bis 50%. Wir sind heute
bei ungefähr 55%. Von Seiten des Grossen Rates wollen wir
diese Rabattierung benützen.
Vorsitzende:
beschlossen.
4. Das Sozialziel, das mit dem KVG zu diesem Paragraphen
damals formuliert wurde, dass etwa ein Drittel der
Bevölkerung Anspruch auf Prämienverbilligung haben
sollte, haben wir erreicht. Im Moment sind wir bei 32% oder
33% im Kanton. Ferner stellen wir mit unserem System
sicher, dass diejenigen Verbilligung bekommen, die es
wirklich auch nötig haben.
Zustimmung
Zu Frau Flückiger: Sie haben die Vorlage befürwortet. Ich
gehe davon aus, dass am 15. Dezember die
Einigungskonferenz zum KVG in Bern über das weitere
Vorgehen bezüglich Prämienverbilligung beschliessen wird,
dann werden wir unsere Richtprämie definitiv festlegen
können. Ich danke Ihnen allen für die Unterstützung in
diesem Sinne!
Dagegen: 46 Stimmen.
Schlussabstimmung:
Die Dekretsänderung wird, wie sie aus den Beratungen
hervorgegangen ist, mit grosser Mehrheit gegen 42 Stimmen
zum Beschluss erhoben.
Vorsitzende: Ich danke der Kommission und ihrem
Präsidenten herzlich für die vorbereitende Arbeit zu diesen
zwei Geschäften!
1666 Postulat Ursula Brun, FDP, Rheinfelden, vom
3. Juni 2003 betreffend Sicherstellung der Leistungen
der stationären und abstinenzorientierten Suchthilfe im
Kanton Aargau; Ablehnung
(vgl. Art. 1365 hievor)
Antrag des Regierungsrats vom 24. September 2003:
Der Regierungsrat lehnt das Postulat mit folgender
Begründung ab:
Allgemeine
Situation der stationären
SuchthilfeInstitutionen:
Die
Situation
der
stationären
Suchtmittelrehabilitationseinrichtungen im Bereich der
illegalen Drogen ist gesamtschweizerisch äusserst schwierig.
Bereits im Planungsbericht IV Suchthilfe hat das
Gesundheitsdepartement im Kapitel 7.6 Stationäre
Suchtmitteltherapie auf die Problematik hingewiesen ("Die
stationären Rehabilitationsangebote im Suchtbereich stehen
- im Aargau sowie in der ganzen Schweiz - in einer der
schwierigsten Phase ihrer rund 20-jährigen Geschichte.
Viele kämpfen um nichts weniger als um ihr
Fortbestehen.").
Die Konstellation im Kanton Aargau präsentiert sich
aufgrund gewachsener Strukturen speziell schwierig: Ein
Teil
der
zur
Verfügung stehenden
stationären
Behandlungsplätze (ca. 21, d.h. rund die Hälfte der
Kapazität der Suchtklinik Hasel) untersteht der Finanzierung
Eintreten
ist
unbestritten
und
somit
Detailberatung
Titel, I.
§1
Abstimmung:
Für den Antrag von Regierungsrat und Kommission: Klare
Mehrheit.
II.
Zustimmung
über das Krankenversicherungsgesetz (KVG). Die
Krankenkasse bezahlt also ca. Fr. 100.-- pro Tag an die
Behandlung, und dank der Unterstellung unter das
Spitalgesetz beteiligen sich der Kanton mit 60% und die
Gemeinden mit 40% am Aufwandüberschuss der Institution.
Das bedeutet, dass die Suchttherapie in der Klinik Hasel für
Patienten/Kostenträger im Vergleich zur Behandlung in
einer Institution, die über Beiträge des Bundesamts für
Sozialversicherungen (BSV) mitfinanziert ist, günstig
ausfällt und deshalb sehr gesucht und beliebt ist.
Im Gegensatz dazu unterstehen die übrigen 50
Behandlungsplätze
im
Kanton
(Therapeutische
Wohngemeinschaft Kaisten [TWGK] 12 sowie die
Einrichtungen der Stiftung Institut für Sozialtherapie [SIS]
in Egliswil 24 und Niederlenz 14) der Finanzierung über die
Invalidenversicherung (IV). Für Behandlungen in diesen
Institutionen kommen Patienten/Kostenträger für sämtliche
Kosten einer Behandlung (abzüglich maximal Fr. 130.--/Tag
an BSV-Beiträgen) auf, d.h. bisher ca. Fr. 200.--, nach neuer
Praxis des BSV ab spätestens 2004 ca. Fr.300.--/Tag.
Nach einer Änderung der Finanzierungspraxis (1998) des
BSV wurde die Auszahlung von Beiträgen des Bundes
zunehmend restriktiv gehandhabt. Um das Überleben der
stationären Institutionen zu sichern, sprach das Bundesamt
für Gesundheit (BAG) deshalb bis 2002 jährliche
Überbrückungskredite, von denen auch die SIS profitierte.
Die
Problematik
der
unterschiedlichen
Finanzierungsgrundlagen ist nicht neu. Im Rahmen der
Baubotschaft Effingerhort wurde deshalb eingehend geprüft,
ob eine Umbildung der stationären Suchthilfe im Aargau
möglich ist. Man verfolgte die Idee, die Suchtklinik Hasel
ausschliesslich für Abhängige legaler Suchtmittel zu
betreiben. Die Vorstellung des Gesundheitsdepartements
ging dabei von der Annahme aus, dass dadurch das Angebot
des Effingerhorts von der Suchtklinik Hasel übernommen
werden könnte und die kostspielige Sanierung der
Liegenschaften in Holderbank umgangen werden könnte.
Die für das Vorhaben notwendigen Investitionen in
Gontenschwil wären weit geringer ausgefallen. Innerhalb
des Kantons Aargau wären damit keine Suchttherapien (im
Bereich der illegalen Suchtmittel) mehr auf der Basis der
2582
2. Dezember 2003
KVG-Finanzierungsgrundlage möglich, was einer Erfüllung
der Forderung des Postulats entsprochen hätte.
Als Entscheidungsgrundlage liess man einerseits ein
Gutachten (Dr. med. R. Gloor, Oktober 2002) erstellen,
welches Auskunft darüber geben sollte, inwieweit eine dazu
notwendige "Verlagerung" des Klientels des Hasels (im
illegalen Bereich) auf die andern Einrichtungen im Aargau
möglich wäre. Der Gutachter kommt zum Schluss, dass die
Patienten/innen des Hasels nicht von den übrigen 3
Einrichtungen aufgefangen/übernommen werden könnten.
Dazu
fehle
die
medizinisch-psychiatrische
Versorgungsstruktur. Zudem sei es aus fachlicher Sicht nicht
wünschenswert, die bestehende Behandlungsvielfalt im
Aargau einzuschränken.
In der Folge hat der Grosse Rat mit der Gutheissung der
Baubotschaft Effingerhort am 4. März 2003 die bestehende
Struktur bestätigt.
Auslastung der Institutionen/Bedarf an Behandlungsplätzen
im Aargau: Im gesamtschweizerischen Kontext weisen die
aargauischen
Institutionen
gute
bis
sehr
gute
Auslastungszahlen auf. In stationären therapeutischen
Einrichtungen für Süchtige kommt es naturgemäss immer
wieder zu Therapieabbrüchen, teilweise mit anschliessenden
(nach einem erneuten Entzug) Wiedereintritten. Es kann
die Westschweiz 91.7%, für den Kanton Bern 57.6% und für
den Kanton Zürich 82.51%.
Art. 1665
vorkommen, dass mehrere Patienten/innen gleichzeitig die
Institution verlassen, was sich sofort sehr negativ auf die
Auslastungsziffer auswirkt (vgl. Niederlenz 1999, Kaisten
2001).
Die Schweizerische Koordinationsstelle für stationäre
Therapieangebote im Drogenbereich (KOSTE) gibt in ihrer
letzten Stichtagserhebung (September 2002) einen
Belegungsdurchschnitt für die ganze Schweiz von 81.9% an,
für
diesen Zahlen ein Wert von 80% ermittelt (damit sollen
Abbrüche/Wiedereintritte berücksichtigt werden).
Betrachtet man den Anteil der aargauischen Patienten/innen
in Institutionen innerhalb des Kantons, so kann ein klarer
Trend zur "Kantonalisierung" festgestellt werden:
Gesamthaft gesehen nehmen die Eintritte in AGInstitutionen tendenziell ab. Diese Feststellung deckt sich
mit der gesamtschweizerischen Entwicklung (s.a. Abschnitt
Bedarf).
Dieser statistische Gesamtüberblick vermittelt ein positives
Bild der aargauischen stationären Suchthilfe. Im Vergleich
zu der landesweiten Therapielandschaft stimmt dieser
Eindruck, er trägt aber - da rückblickend - der aktuellen
Situation (2003) und der nahen Zukunft keine Rechnung.
Einerseits sagen diese Daten nichts darüber aus, dass es
zunehmend schwieriger wird, zufrieden stellende Auslastungszahlen zu erreichen. Der zunehmende Kostendruck bei
den Gemeinden behindert die Realisierung von
Kostengutsprachen,
und
mit
über
16'000
Methadonprogrammen (AG: 800) und über 1'350 Plätzen
(AG: 30) in den Programmen der heroingestützten
Behandlung fallen zahlreiche potentielle Patienten/innen
ausser Betracht.
Das Angebot an Behandlungsplätzen im Aargau deckt sich
in etwa mit den gesamthaften Patienteneintritten von
AargauerInnen. Um einen ungefähren Wert des Platzbedarfs
für aargauische Patienten/innen zu erhalten, wurde von
2583
Anderseits scheint die Finanzierung der Einrichtungen in
Egliswil und Niederlenz unsicherer denn je. Seit dem
laufenden Jahr zahlt der Bund keine Überbrückungskredite
mehr, und das auf das Jahr 2000 angekündigte neue
Finanzierungsmodell des Bundes (FiSu) ist aus Sicht der
Art. 1666
Kantone noch nicht einsatzbereit. Es wurde zwar von der
ehemaligen Bundesrätin Dreifuss per 1. Januar 2003 - gegen
den Willen der Kantone - in Kraft gesetzt, bis heute aber ist
noch kein Kanton beigetreten.
Im vorgesehenen Modell FiSu würden die stationären
Institutionen der Suchthilfe (Ausnahme: KVG-finanzierte
Einrichtungen) anstelle von Tagespauschalen neu
Behandlungspauschalen in Rechnung stellen. Die
Finanzierung soll gegenwartsbezogen sein im Gegensatz zur
langjährig angewandten Finanzierung über das BSV, das
zwar Akonto-Zahlungen gewährte, definitive Abrechnungen
aber meistens mehr als 2 Jahre im Nachhinein vornahm.
Kostete bis anhin ein Therapietag ca. Fr. 200.-- (exkl. max.
Fr. 130.-- Beitrag des BSV), bewegt sich eine
Behandlungspauschale gemäss FiSu um rund Fr. 150'000.--,
je nach Art des Angebots, was einen Tagessatz von ca. 450.- bis 500.-- ergibt (je nach Dauer der Therapie). Den
Berechnungen
liegen
breit
abgestützte
Vollkostenerhebungen der FiSu-Projektleitung zugrunde.
Aufgrund des zeitlichen Verzugs des BSV schien bereits
2003 für die Einrichtungen des SIS ein sehr kritisches Jahr
zu werden (Wegfall der Überbrückungskredite). Die SIS hat
in der Folge in Absprache mit dem Gesundheitsdepartement
beschlossen, die Preise in einem ersten Schritt per 1. Juli
2003 um Fr. 50.-- (von rund Fr. 200.-- auf Fr. 250.--) zu
erhöhen. Per 1. Januar 2004 soll der Tagespreis nochmals,
auf Fr. 300.--, gesteigert werden.
Bedarf an Behandlungsplätzen: Über den künftigen
Gesamtbedarf an Therapieplätzen in der Schweiz kann keine
verlässliche Aussage gemacht werden, ausser, dass die
Nachfrage kurzfristig sicher nicht zunehmen wird. Nur ein
Bruchteil derjenigen Patienten, die sich in Methadon- und
Heroinbehandlungen befinden, wird kurz- oder mittelfristig
in eine stationäre Therapie wechseln. Konsumformen haben
sich verändert, der Kostendruck ist gewachsen und es ist
immer schwieriger, Kostengutsprachen zu erwirken.
Auf der anderen Seite ist davon auszugehen, dass wir am
Beginn eines Institutionensterbens stehen, welches
vorwiegend finanzpolitisch motiviert ist. So haben kürzlich
2 renommierte Institutionen Ihre Schliessung bekannt geben
müssen: Klinik Sonnenbühl, Brütten (KVG-finanzierte
Institution mit über 90% Auslastung und Qualitätszertifikat;
Schliessungsentscheid durch den Kanton Zürich),
Cugnanello
(bestbekannte,
altbewährte
stationäre
Einrichtung
der
Pro
Juventute
in
Italien;
Schliessungsentscheid: Trägerschaft, da niemand die
Ausfälle des Bundes decken will). Es ist zu befürchten, dass
weitere Institutionen geschlossen werden müssen. Das
bedeutet, dass die (noch) bestehenden Angebote wieder
besser genutzt werden.
FiSu: Ob das neue Finanzierungsmodell des Bundes, das
den Institutionen massgebliche Vorteile bringen sollte (u.a.
Gegenwartsfinanzierung zu Vollkosten), kommt oder nicht,
kann noch nicht abgeschätzt werden. Alle Kantone warten mit sinkendem Goodwill - ab. Seitens des Bundes sind noch
nicht alle Fragen und Unklarheiten aus der Welt geschafft.
Verlässliche Unterlagen (in definitiver Form) existieren
noch nicht.
Der Kanton Aargau stand FiSu immer sehr kritisch
gegenüber. Inhaltlich (gleicher Preis für gleiche Leistung,
Kos-tentransparenz) macht der Modell-Ansatz Sinn. Jedoch
2. Dezember 2003
Position der aargauischen Einrichtungen auf dem nationalen
Markt: Allein die Auslastungszahlen geben einen deutlichen
Hinweis auf den Stellenwert der aargauischen
Einrichtungen. Sie geniessen gesamtschweizerisch einen
ausgezeichneten Ruf, der auf einem guten Preis/Leistungsverhältnis basiert.
Im
Umfeld
der
Abklärungen
zum
neuen
Finanzierungsmodell des Bundes (FiSu) haben die
Nordwestschweizer
Kantone
eine
einheitliche
Vollkostenerhebung
durchgeführt.
Die
ermittelte
Preisspanne reicht von knapp Fr. 200.-- bis über Fr. 450.-/Tag, je nach Konzept und Ausrichtung des Programms
(Personalintensität). Die aargauischen Institutionen, als
traditionelle psychotherapeutische Einrichtungen, weisen
Kosten in der Höhe zwischen Fr. 200.-- und Fr. 300. -- auf.
Die Qualität der Dienstleistungen bewegt sich auf hohem
Niveau und ist in den Einrichtungen in Niederlenz und
Egliswil seit 2002 QuaTheDa-zertifiziert (speziell
entwickeltes Qualtitätsmanagementsystem des Bundesamts
für Gesundheit für die stationäre Suchthilfe). Die
Zertifizierung der TWGK mit QuaTheDa ist für dieses Jahr
vorgesehen. Die Einrichtungen der Von Effinger Stiftung
haben ein anderes QM-System eingeführt, welches die BSVIV-Normen erfüllt.
sind Projektplanung und -führung sowie die überstürzte
Inkraftsetzung per 1. Januar 2003 (gegen den Willen der
Kantone
und
der
am
Pilotbetrieb
beteiligten
Sachverständigen) bis heute unverständlich. Es bestehen
immer noch offene Fragen (Indikation, Abbrüche,
Umplatzierungen u.a.), die Instrumente sind noch nicht
fertig entwickelt und ganze Angebotskategorien (AussenWG's, Familienplatzierungen, teilstat. Angebote) sind noch
nicht tarifiert. Insgesamt hat der Bund mit diesem Projekt,
dessen Umsetzung 1998 auf den 1. Januar 2000 angekündigt
wurde, die Kantone mehr verärgert, als dass ihnen - wie
angekündigt - unter Wahrung der Kostenneutralität ein
effizientes Steuerungsinstrument zur Verfügung gestellt
worden wäre.
Sollte FiSu scheitern, würde dies nicht zwingend nur
Nachteile für die aargauischen Einrichtungen mit sich
bringen. Dank ihrer günstigen Kostenstruktur und ihrem
ausgezeichneten Ruf über die Kantonsgrenzen hinaus,
bestehen für sie auch in einem "nicht-subventionierten"
Markt durchaus Überlebenschancen.
Die
Problematik
der
verschiedenen
Finanzierungsgrundlagen im Aargau besteht unabhängig
von FiSu.
Finanzielle
Rahmenbedingungen:
Das
Gesundheitsdepartement hat mit der SIS einen
Leistungsvertrag ausgehandelt und unterzeichnet. Unter
Punkt 8.2 ist zur Finanzierung festgehalten:
Der Kanton kann sich mit einmaligen Investitionsbeiträgen,
Starthilfen oder Darlehen sowie im Rahmen des
Sozialhilfegesetzes an den Kosten der Einrichtungen
beteiligen. Die Finanzierung des Betriebs erfolgt nach
separater Regelung mit den Kostenträgern (Gemeinden,
Kanton, Justiz, Private) und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen.
2584
2. Dezember 2003
Art. 1666
Diese
Formulierung
ist
seit
der
ersten
Leistungsvereinbarung (1996) unverändert und gab auch in
den Verhandlungen zu den aktuellen Verträgen (2002/05)
keinen Anlass zu Diskussionen. Eine direkte, patientenunabhängige Subventionierung des Betriebs seitens des
Kantons hat es nie gegeben und war nie vorgesehen.
Die politische Diskussion über eine direkte Beteilung des
Kantons an den Betriebskosten der SIS-Einrichtungen wurde
erstmals 2002 geführt. Im Rahmen der Behandlung des
Planungsberichts IV Suchthilfe hat das Parlament, resp. die
grossrätliche Gesundheitskommission GGK Vorstösse
deutlich abgelehnt (GGK vom 21. Juni 2002, Antrag
Widmer-Zobrist sowie GR vom 3. September 2002, Antrag
Baumgartner), die eine Sicherung der Finanzierung der
stationären Suchthilfe verlangten. Auch im Rahmen der
Budgetdebatte 2003 am 21. Januar 2003 fand ein
Beitragsgesuch der SIS über Fr. 790'000.-- keine
Unterstützung.
Seit der Eröffnung der Einrichtungen in Egliswil und
Niederlenz (2. Hälfte der 80er Jahre) hat die SIS nie
Anstrengungen unternommen, ihre Finanzierungsgrundlagen
zu verändern. Bis weit in die 90er Jahre boomte das
Geschäft mit der Drogentherapie, und die Gelder von
Kostenträgern und dem BSV flossen reichlich. Die
Abrechnungen der Trägerschaften gegenüber dem Bund
waren einfach und das Beitragswesen grosszügig. Dies hatte
auch zur Folge, dass viele Institutionen neu entstanden (in
andern Kantonen noch mehr als im Aargau).
Als Folge eines markanten Nachfrageeinbruchs (1997/98)
musste sich 1999 die Trägerschaft Drogenforum Aargau
- Medizinisch/psychiatrisch indizierte Therapien müssten
zwangsweise ausserkantonal durchgeführt werden.
- Der Entscheid, eine Institution von der Spitalliste zu
streichen, ist beschwerdefähig. Die VES würde mit
Sicherheit von diesem Rechtsmittel Gebrauch machen. Zeit,
personelle Ressourcen, finanzielle Mittel und auch
Vertrauen würden verbraucht.
- Dem Kanton würden bedeutende zusätzliche Kosten im
Rahmen der ausserkantonalen Hospitalisation anfallen.
Das
Gutachten
Gloor
(Beibehaltung
medizinisch/psychiatrischen Behandlungsplätze).
der
2. Die Einrichtungen der SIS (Egliswil und Niederlenz)
werden konzeptionell umgebildet und kommen auf die
Spitalliste.
Dagegen sprechen:
- Die Notwendigkeit des Umbaus der Einrichtungen
(Konzept, ärztliche Leitung).
- Die Dienstleistung als solches würde verteuert.
- Die Angebotsvielfalt innerhalb des Kantons ginge
verloren.
- Die finanzielle Belastung des Kantons würde steigen
(Sockelbeiträge).
- Die Krankenversicherer würden sich vehement wehren.
- Das Gutachten Gloor (Beibehaltung der Angebotsvielfalt,
fraglicher Bedarf).
2585
durchringen, ihre Einrichtungen in Elfingen und Aarau mit
rund 20 Plätzen zu schliessen. Seither sind
gesamtschweizerisch über 30 Einrichtungen eingegangen.
Wie das stationäre Suchttherapie-Angebot in der Schweiz in
3 Jahren aussehen wird, kann heute nicht eingeschätzt
werden. Zu viele Fragen sind offen:
- Wird FiSu eingeführt (wann, flächendeckend)?
Wie
entwickeln
sich
zahlenmässig
die
Methadonprogramme, resp. die Plätze der heroingestützten
Behandlung?
- Werden weitere bestehende Institutionen geschlossen?
- Wird es Kantone geben, die für ausfallende Beiträge des
BSV aufkommen?
- Kommt es zu interkantonalen Kooperationsformen?
Schlussfolgerungen: Der Vorstoss fordert, dass für alle
Institutionen die gleichen oder zumindest vergleichbare
Bedingungen geschaffen werden.
Um diesem Anspruch zu genügen, stehen dem Kanton 4
Strategien offen:
1. Die Suchtklinik Hasel kommt für den Bereich der
illegalen Suchtmittel von der Spitalliste weg.
Dagegen sprechen:
- Eine kostengünstige Behandlungsmöglichkeit innerhalb
des Kantons fällt weg.
3. Der Kanton engagiert sich finanziell am Betrieb der SISEinrichtungen in Niederlenz und Egliswil.
Dagegen spricht:
- Die finanzielle Situation des Staatshaushaltes.
4. Neue Kooperationsform beider Trägerschaften.
Als "Gedankenmodell" hat das Gesundheitsdepartement
beiden
Trägerschaften
auch
eine
intensivierte
Zusammenarbeit
vorgeschlagen.
Im
Sinne
einer
Ideensammlung wurden auch Überlegungen angestellt, die
sich
mit
den
Auswirkungen
eines
möglichen
Zusammenschlusses befassten.
Objektiv betrachtet lassen sich einige gewichtige Vorteile
erkennen.
Nebst
der
Nutzung
eines
grossen
Synergiepotentials (Administration/Verwaltung) würden die
Klienten allein aufgrund einer fachlichen Indikation und
nicht aufgrund finanzieller Interessen der richtigen
Institution zugeführt (Triage). Das "Gärtchen-Denken" fällt
weg und ein beträchtliches Know how kann
zusammengeführt werden. Hingegen dürfte es aus Sicht des
Gesundheitsdepartements schwierig sein, die zwei
unterschiedlichen Betriebskulturen zusammenzuführen.
Die aufgenommenen Gespräche zu diesem Thema sollen
weitergeführt werden.
Die ersten drei aufgeführten Möglichkeiten kommen
aufgrund der aufgeführten Argumente nicht in Frage. Eine
Weiterverfolgung der 4. Strategie "neue Kooperationsform"
liegt ausserhalb des Entscheidungsbereichs des Kantons,
stellt aber aus Sicht des Gesundheitsdepartements eine
positive Stossrichtung dar. Es bietet deshalb seine guten
Art. 1666
Dienste an und ist bereit, einen entsprechenden Prozess
konstruktiv zu unterstützen.
Die ursprüngliche Strategie des Gesundheitsdepartements,
auf die Sanierung des Effingerhorts zu verzichten und das
betreffende Klientel auch in der Suchtklinik Hasel (mit
entsprechenden Um-/Ausbaumassnahmen) zu therapieren
und dafür auf die Behandlung Abhängiger von illegalen
Suchtmitteln zu verzichten, musste fallengelassen werden.
Sie hätte eine klare Trennung des Klientels (legale/illegale
Suchtmittel)
sowie
der
Finanzierungsgrundlagen
(KVG/BSV) bewirkt. Das speziell in Auftrag gegebene
Gutachten (Gloor) legte aber dem Gesundheitsdepartement
nahe, die bestehende Versorgungsstruktur beizubehalten, da
nur so alle vorhandenen Bedürfnisse gedeckt und somit
grössere Aufwendungen (ausserkantonale Platzierungen)
vermieden werden können.
Bei der herrschenden Ausgangslage muss das Postulat
abgelehnt werden. Der Regierungsrat hat mit dieser
umfangreichen Beantwortung aufgezeigt, warum er an der
bisherigen Struktur im Bereich der stationären Suchthilfe im
Kanton festhalten will. Er geht davon aus, dass die
Einrichtungen der SIS in Egliswil und Niederlenz dank ihrer
qualitativ ausgezeichneten Arbeit und ihres im
gesamtschweizerischen
Vergleich
kostengünstigen
Angebots auch in Zukunft auf dem Markt bestehen können,
solange der Bedarf nach dieser Dienstleistung nicht
drastisch einbricht.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 4'431.--.
Ursula Brun, FDP, Rheinfelden: Für die umfangreiche
Antwort möchte ich mich bedanken. Schade, dass die
transparenz aller Institutionen und eine Vorgabe, die
eigentlich selbstverständlich ist.
Analog der Forderung im Gutachten Gloor heisst dies auch,
gleichlange Spiesse für die Patientinnen und Patienten.
Nicht die Finanzen sollen ausschlaggebend sein bei der
Auswahl der Institution, sondern die optimale Therapieform
für den Patienten. Die Finanzierung aller Institutionen im
illegalen Bereich würde also gleich sein. Nicht zuletzt würde
diese konsequente Haltung dem Kanton Kosten sparen!
Der Ansatz einer neuen Kooperationsform beider
Trägerschaften, wie sie in der Postulatsantwort aufgeführt,
ist muss auf jeden Fall im Interesse der Sache weiterverfolgt
werden. Ich bin aber klar der Meinung, dass es nicht genügt,
wenn der Kanton für Gespräche seine guten Dienste
anbietet. Um in Zukunft zu neuen Kooperationsformen zu
kommen und die übergeordneten Interessen wahrzunehmen,
muss das GD die Verhandlungsführung übernehmen! Ich
gehe eigentlich davon aus, dass Kostenoptimierung,
Bedarfsplanung sowie die Einleitung notwendiger
Korrekturen eine der Hauptaufgaben der Fachstelle für
Suchtfragen ist. Da die Forderung des Vorstosses nicht
erfüllt ist, beantrage ich die Überweisung des Postulates und
bitte um Ihre Unterstützung!
Fritz Baumgartner, SP, Rothrist: Die SP-Fraktion ist für
Überweisung des Postulats von Frau Brun und dies mit
folgender Begründung: Bereits vor einem Jahr bei der
Beratung des Planungsberichts 4 "Suchthilfe" wurde diese
Problematik in der GGK und hier im Plenum diskutiert.
Damals wurden entsprechende Anträge unserer Partei
2. Dezember 2003
Problematik
zwar
umfassend
dargelegt
wird,
Lösungsansätze werden jedoch keine aufgezeigt. Nach wie
vor haben wir in der stationären, abstinenzorientierten
Suchttherapie eine unterschiedliche Finanzierung der
Institutionen.
Die Klinik Hasel und die Therapiestation Kaisten stehen auf
der Spitalliste. Verschiedene Kostenträger sind vorhanden:
die Krankenkasse bezahlt 100.-- pro Tag und Patient,
Gemeinden und Kanton teilen sich 40% bzw. 60% des
Aufwandüberschusses. In den Institutionen der SIS werden
seit dem Wegfall der Bundessubventionen die
Therapiekosten zulasten der Patienten bzw. der Gemeinden
über das SPG verrechnet. Dadurch ist ein Vergleich der
Tagespauschale kaum möglich.
Ich möchte nicht die Institutionen gegeneinander ausspielen,
denn das mehrmals zitierte Gutachten Gloor zeigt klar auf,
dass es im Aargau diese Institutionen braucht und sie einen
ausgezeichneten Ruf geniessen und seriöse Arbeit leisten.
Ich teile die Meinung des Regierungsrates, dass die
Krankenkassen kaum tolerieren würden, wenn die SIS auf
die Spitalliste käme. Ich möchte aber einen anderen
Lösungsansatz in Diskussion bringen: Die Klinik Hasel
erhält einen Leistungsauftrag für die Therapie von
Alkoholkranken, bleibt auf der Spitalliste und wird, wie
jetzt, über das KVG - sowie durch Kantons- und
Gemeindebeiträge finanziert.
Der Bereich illegale Suchtmittel aber wird zukünftig in allen
Institutionen gemäss SPG über Beiträge der Gemeinden,
analog SIS abgerechnet. Über klare Leistungsaufträge kann
der Kanton dies steuern. Dies würde heissen: gleichlange
Spiesse für gleiche Leistungen im Kanton, volle Kosteneingebracht; sie fanden zum damaligen Zeitpunkt leider
keine Mehrheit! Wir haben keine Mühe damit, dass dieser
Vorstoss nun aus einem anderen politischen Lager kommt.
Die Stossrichtung des Postulats ist richtig und daher
unterstützt die Fraktion der SP die Überweisung. Die
heutige
Situation
mit
den
unterschiedlichen
Finanzierungsformen ist nicht tragbar und kaum
verständlich. Das Postulat von Frau Brun lässt der
Regierung und dem Gesundheitsdepartement offen, welche
Massnahmen zu einer Veränderung bzw. zu einer
Verbesserung der Situation führt. Vorläufig zeigt der
Regierungsrat 4 Strategien auf, wobei eine davon ausserhalb
des Entscheidungsbereichs des Kantons liegt. Mit der
Überweisung des Postulats und einem entsprechenden
Druck können allenfalls weitere Strategien und Modelle
entwickelt und aufgezeigt werden. Ich ersuche Sie daher,
das Postulat Brun zu überweisen!
Sylvia Flückiger-Bäni, SVP, Schöftland: Ich spreche im
Namen der SVP Fraktion. Praktisch einstimmig lehnt die
SVP das Postulat ab. Wir schliessen uns der Meinung des
Regierungsrates an und sind überzeugt, dass die
Einrichtungen für stationäre Suchthilfe im Kanton Aargau
dank guter Qualität und tiefen Kosten weitergeführt werden
können, solange die Nachfrage besteht.
Die 4 geprüften Strategien lassen nur die Variante
Kooperation der Trägerschaften zu, alle anderen unter Punkt
1-3 aufgeführten Argumente bringen zu viele Nachteile und
zusätzliche Kosten. Die derzeit schlechte Finanzlage des
Kantons lassen keine Mitfinanzierung der Leistungen seitens
des Kantons an die Stiftung Institut für Sozialtherapie zu. Es
2586
2. Dezember 2003
ist unserer Fraktion auch daran gelegen, keinesfalls neue
Kantonsaufgaben zu schaffen.
Das Gesundheitsdepartement hat mit der SIS einen
Leistungsvertrag ausgehandelt und unterzeichnet. Darin ist
festgehalten: Der Kanton kann sich mit einmaligen
Investitionsbeiträgen, Starthilfen oder Darlehen sowie im
Rahmen des Sozialhilfegesetzes an den Kosten der
Einrichtungen beteiligen.
Die Finanzierung des Betriebes erfolgt nach separater
Regelung mit den Kostenträgern, d.h. Gemeinden, Kanton,
Justiz,
Private
und
dem
Bundesamt
für
Sozialversicherungen. Diese Formulierung ist seit der ersten
Leistungsvereinbarung unverändert und wurde auch in den
Verhandlungen zu den aktuellen Verträgen 2002/2005 nicht
diskutiert.
Eine
direkte,
patientenunabhängige
Subventionierung des Betriebes seitens des Kantons hat es
nie gegeben und war auch nie vorgesehen.
Vorstösse, die eine Sicherung der Finanzierung der
stationären Suchthilfe verlangten, (siehe Seite 7 der
Antwort) wurden deutlich abgelehnt. In diesem Sinne bitte
ich um Ablehnung des Postulats!
Rolf Urech, FP, Hallwil: Wir unterstützen den
Regierungsrat bei der Ablehnung dieses Postulats und sind
aus folgenden Gründen gleicher Meinung: Wir kennen die
Problematik vom Sozialinstitut in Egliswil, wir kennen die
Probleme finanzieller Natur. Wir können hier etwas offener
sprechen als eigentlich vom Leistungsauftrag, den wir
haben. Es geht doch hier in erster Linie ums Geld! Das SIS
ist dem Kanton aktuell etwa 2 Mio. Franken schuldig an
Darlehen, die sie bezogen haben! Wir haben es in der
Antwort des Regierungsrats gelesen, letztes Jahr wurden
wieder 700'000 Franken beantragt, damit der Betrieb
sichergestellt werden könne. So kann es doch nicht
NFA
ist
jedoch
vorgesehen,
dass
sich
die
Invalidenversicherung aus dem Bereich der Finanzierung
von Suchttherapien zurückziehen wird." - Der Regierung ist
also bekannt, dass diese Institution finanzielle Probleme
bekommt. Wie bereits mein Vorsprecher sagte, hat der
Kanton zinslose Darlehen - d.h. für mich, dass sich die
Regierung nicht abmelden darf von dieser Stiftung, sondern
im Interesse dieses Kapitals nach wie vor für diese Stiftung
das Interesse haben muss! In der Beantwortung der
Regierung wird mehrmals das Gutachten Gloor zitiert. Dazu
möchte ich sagen, dass das Gutachten aus der Sicht der
Klinik im Hasel erarbeitet wurde und nicht eigentlich
wieweit ist es möglich, die Klientel von der Stiftung
Egliswil in andere bestehende Kliniken zu überführen! Ich
glaube, obwohl damals dieses Gutachten über 50'000
Franken gekostet hat, dass die Regierung gut daran tut,
nochmals zu überlegen: wie sieht es aus der Sicht der
Institution Egliswil mit dieser Aufgabenstellung aus?
Regierungsrat Ernst Hasler, SVP: Ich möchte gleich zum
Zentrum dieses Themas kommen: Wir können erstens davon
ausgehen, dass wir hier durchaus auch Lösungsansätze
aufzeigen, z.B. dass wir bei den Therapiestationen im
Kanton Aargau ein sehr gutes abgestuftes Angebot haben
und dass es darum geht, eine gute Triage zu machen. Das
heisst, dass man die Leute am richtigen Ort therapiert und
dadurch eine gute Effizienz erreicht! Dass wir hier noch
etwas mehr Druck machen können, das nehme ich gerne zur
Kenntnis, Frau Brun! Immerhin möchte ich darauf
2587
Art. 1666
weitergehen! Meine Damen und Herren, wenn die Stiftung
finanziell nicht mithalten kann, weil das BSV nach langen
Jahren der Zahlungsfreudigkeit die Zahlungen eingestellt hat
- übrigens mit Voranmeldung, man hatte Zeit, sich neu zu
orientieren - und jetzt sagt man, man müsse das Ganze
ändern, damit SIS überleben kann! Der Regierungsrat hat es
gut geschrieben, es geht in erster Linie ums Überleben der
SIS! Wir sind der Meinung, man muss hier einen Schnitt
machen! Wir haben genug Therapieplätze im Kanton
Aargau! SIS muss seinen Auftrag aufgeben, d.h. die
Gebäulichkeiten müssten eigentlich an den Kanton fallen,
damit die Darlehen getilgt werden können! Wir können hier
ganz offen sprechen, diese fast 2 Millionen Franken
zinsfreien Darlehen, die diese Stiftung erhalten hat, die
können wir heute schon abschreiben, die werden wir nicht
mehr zurückbekommen. Es ist nicht anzunehmen, dass unter
den finanziellen und den gesundheitlichen Bedingungen
diese Stiftung wieder Gewinn erarbeiten wird! Machen wir
also einen Tauschhandel: die Stiftung hört auf mit ihrem
Auftrag - sehr seriös - Ende Jahr oder Ende nächstes Jahr
und übergibt die Gebäulichkeiten zur Tilgung ihrer
Schulden dem Kanton Aargau und unser Kanton kann dann
entscheiden, ob da eine andere Institution Einzug hält oder
ob man die Gebäulichkeiten verkauft, um etwas von dem
Geld zurückzubekommen. Mir geht es nur darum: ich
zweifle nicht an den fachlichen Fähigkeiten dieser Stiftung,
bin jedoch auch nicht davon überzeugt. Ich bitte Sie, dieses
Postulat abzulehnen!
Manfred Breitschmid, CVP, Hermetschwil-Staffeln: Ich
spreche im Namen der CVP. Wir sind für Ablehnung des
Postulats. Ich habe dazu noch zwei persönliche
Bemerkungen: Ich habe im Jahre 2002 eine Interpellation
eingereicht, die der Regierungsrat unter Frage 5 wie folgt
beantwortet hat, ich zitiere: "Im Rahmen des neuen
Finanzausgleiches
hinweisen, dass wir ja immer von Selbständigkeit und
Eigenständigkeit von den Institutionen sprechen; dass dies
auf irgendeine Art geschehen muss, dass man den Willen
beidseitig merkt, - es nützt nichts, wenn man nur von einer
Seite hier eine Willenskundgebung macht!
Zweitens, geschätzte Damen und Herren, jetzt bitte ich Sie
schon, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir diese Diskussion
schon zweimal geführt haben. Einmal haben wir sie geführt
mit dem Budget 2003, als der Antrag von SP-Seite
eingebracht wurde, man solle 700'000 Franken ins Budget
2003
aufnehmen,
um
diese
Ausfälle
von
Überbrückungsfinanzierung vom Bund her durch den
Kanton auszugleichen. Der Grosse Rat hat mit
überwiegender Mehrheit diese Finanzierung abgelehnt. Also
hat er dem Weg des Regierungsrates zugestimmt, das zweite
Mal war es mit der Bau-Botschaft "Effingerhort"!
Geschätzte Damen und Herren, ich war der Erste, der gesagt
hat, nachdem ich den Effingerhort zum ersten Mal gesehen
hatte, das ist ja nicht möglich, dass ein Kanton eine
Liegenschaft dermassen verkommen lässt! Daher lag der
Schluss nahe, nicht im Effingerhort zu bauen, sondern im
Hasel, weil der Hasel der Ersatzbau für den Effingerhort ist!
Das wissen Sie vielleicht noch, weil damals ja der
Kalkabbau für die Zementfabrikation dort vorgesehen war.
Man hat dann den Effingerhort weiterhin gebraucht, aber
trotzdem den Hasel gebaut. Wir standen dann vor dem
Entscheid, was machen wir jetzt? Wir haben die
landwirtschaftliche Schule Muri geprüft und festgestellt,
Art. 1666
dass dies keineswegs als Ersatz für den Effingerhort ideal
ist. Aber vor allem - hier komme ich zum Kern der Aussage
und der Vorstoss von Frau Brun wurde jetzt so interpretiert weshalb ich dies jetzt folgendermassen sagen muss: dass Sie
davon ausgehen, dass wir jetzt im Hasel ausschliesslich nur
noch Alkoholabhängige betreuen sollen! Das war Ihre
Aussage vorhin. Die Illegalen sollen wir in den übrigen
Stationen therapieren! Das wollte ich ja tun: alle
Alkoholabhängigen im Hasel betreuen! Aber dann haben
beide Gutachten, auch das Gutachten Gloor, das von Herrn
Breitschmid zitiert wurde, ganz klar gesagt: im illegalen
Bereich gibt es nötige Therapien, die stärker medizinisch
betreut werden müssten wie es im Hasel geschieht und
andere, die mehr therapeutisch behandelt werden müssen,
wie dies im SIS der Fall ist. Er hat also bestätigt, dass das
abgestufte Angebot, das wir haben, im Aargau sehr gut
passt, um diese Therapieformen bestens durchzuführen. Das
ist der erste Punkt, der aus diesem Gutachten hervorging.
Auf der anderen Seite hat man berechnet: wenn wir die
Patienten vom Effingerhort in den Hasel unterbringen, so
müssten wir zusätzliche Kapazitäten schaffen im illegalen
Bereich oder wir müssten die Leute ausserkantonal
unterbringen! Da hat man ausgerechnet, dass dies viel teurer
käme als wenn wir den Effingerhort umbauen würden. Das
war dann die Basis. Der Grosse Rat wusste das, wir hatten
das in der Botschaft sehr klar und detailliert ausgeführt. So
hat der Grosse Rat der Baubotschaft "Effingerhort"
zugestimmt. Insofern bitte ich Sie, noch auf den Wortlaut
des Postulats hinzuweisen! Wenn man hier von der
"Sicherstellung der Therapieformen" spricht, dann dürfen
wir das Postulat nicht überweisen, denn das würde allen
Beschlüssen, die wir bisher hier im Grossen Rat gefasst
haben, widersprechen!
Herr Baumgartner, selbstverständlich haben Sie Recht! Ihre
Anliegen wurden hier im Grossen Rat abgelehnt. Aber wir
können ja nicht auf abgelehnte Anträge hier wieder
Betreuung. Es wäre nicht glaubwürdig, wenn wir jetzt Hasel
von der Spitalliste nähmen, das wäre kein guter Schritt!
Daher bin ich der Meinung, dass wir das Postulat von Frau
Brun ablehnen müssen! Wir haben versucht, dies möglichst
gut zu begründen. Selbstverständlich kann man nicht immer
alle Anliegen erfüllen, Frau Brun. Aber ich möchte mich
hier dafür aussprechen, dass wir noch verstärkt mit diesen
Institutionen ins Gespräch kommen müssen, um diese
Lösungen im Interesse des Kantons noch besser zu erfüllen!
2. Dezember 2003
zurückkommen und eine andere Haltung einnehmen! Frau
Flückiger hat der Ablehnung zugestimmt, Herr Urech
äussert sich zum SIS in gewohnter kritischer Manier, wir
haben auch nichts anderes erwartet. Sie müssen sehen, Herr
Urech, die Auslastung aller Institutionen ist im Aargau sehr
gut, also das Angebot wird offensichtlich benötigt! Dass wir
genau beobachten, wie sich das Darlehen entwickeln wird,
ist doch selbstverständlich! Herr Breitschmid unterstützt die
Ablehnung des Postulats; er hat darauf hingewiesen - das ist
eine
wichtige
Aussage
dass
nach
der
Überbrückungsfinanzierung,
welche
Frau
Dreifuss
zurückgezogen hat, jetzt auf 2007 oder 2008 auch die IV
sich zurückziehen will!
Wir haben dann über das Projekt FiSu (Finanzierung für
Sucht-Therapie) intensiv über Jahre diskutiert! Der heutige
Stand ist so: wenn bis zum 10. Dezember nicht Kantone in
der Grössenordnung von 1 Million Einwohner sich mit dem
FiSu melden, dann wird das Projekt gestorben sein! Das
heisst mit anderen Worten - und das ist das, was wir
anstreben - dass im SIS und in Kaisten die
Vollkostenrechnung eingeführt werden muss, ohne Wenn
und Aber! Die Gemeinden haben das akzeptiert, die erste
Stufe wurde sehr gut aufgenommen. Wir gehen davon aus,
dass auch die auf Ende Jahr eintretende zweite Stufe
akzeptiert wird. Entscheidend ist für mich - das kann ich im
Vergleich nach den Diskussionen mit den umliegenden
Kantonen sagen - dass wir in unseren Institutionen gute
Qualität zu günstigen Preisen anbieten. Ich bin überzeugt,
das wird - wenn ich die Preise vergleiche - im Aargau sehr
gut erfüllt. Insofern glaube ich, dass wir in dieser
abgestuften Therapieform, wie wir sie im Aargau kennen,
ein gutes Leistungsangebot haben und dies vorderhand auch
so brauchen! Auch wenn wir unterschiedliche
Finanzierungsmodelle haben, das ist zuzugeben, können wir
ja nicht davon ausgehen, dass wir SIS auf die Spitalliste
bekommen, - das ist eine Illusion, weil der medizinische
Teil fehlt. Im Hasel hingegen haben wir die medizinische
Gemeinden die Problematik, die Sie für SIS wegen der
Kostenfolgen aufzeigen, genau gleich nochmals im Hasel
erklären müssten! Für mich ist es nicht nachvollziehbar und
auch nicht sinnvoll, dass wir eine Institution, die wegen der
medizinischen Betreuung auf der Spitalliste ist, zu ändern.
Das wäre nicht sinnvoll, weil es auf diese Art den
Gemeinden neue Belastungen brächte! Dieses Konzept ist
meines Erachtens nicht realisierbar!
Abstimmung:
Ursula Brun, FDP, Rheinfelden: Vielleicht wurde ich etwas
falsch verstanden. Es gibt die Möglichkeit, wie es der Herr
Regierungsrat gesagt hat, dass wir im Hasel nur noch
Alkoholabhängige behandeln. Es könnte aber auch sein,
dass der Regierungsrat den Leistungsauftrag anders erteilt:
dass für die legalen Suchtmittel wie bis jetzt auch weiterhin
die Finanzierung über die Krankenkasse besteht, dass aber
alle illegalen Suchttherapien - also abstinenzorientierten
Suchttherapien - nachher genau wie jetzt beim SIS einfach
über das SPG bzw. die Privaten finanziert würden, wie das
jetzt schon ist. Der Kanton könnte dann nämlich sparen! Ich
wurde vielleicht nicht ganz verstanden. - Ich bin keineswegs
gegen die Kostentransparenz und Kostenwahrheit, ich halte
dies für sehr wichtig!
Für Überweisung des Postulats Brun: 56 Stimmen.
Dagegen: Klare Mehrheit.
Regierungsrat Ernst Hasler, SVP: Gut, dann haben wir
einen neuen Konflikt, weil Sie dann, Frau Brun, den
Der Regierungsrat ist bereit, die Motion mit folgender
Erklärung entgegenzunehmen:
1667 Motion Lilian Studer, EVP, Wettingen, vom
20. Mai
2003
betreffend
Ausweitung
der
Werbeeinschränkungen für Alkohol und Tabak; Beginn
der Beratung
(vgl. Art. 1357 hievor)
Antrag des Regierungsrats vom 15. Oktober 2003:
2588
2. Dezember 2003
Art. 1666
1. Ausgangslage: Der Kanton Genf erliess im Jahr 2000 ein
Tabak- und Alkoholwerbeverbot für alle Plakatwerbung, die
von öffentlichem Grund aus einsehbar ist. Dagegen wurde
beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht. Das Urteil des
Bundesgerichts vom März 2002 bestätigt, dass die Kantone
zum Erlass von entsprechenden Verboten zuständig sind,
solange sie der Bundesgesetzgebung nicht widersprechen.
Ein kantonales Verbot verletze im konkreten Fall auch nicht
die Grundrechte der Meinungsäusserungsfreiheit, der
Wirtschaftsfreiheit und der Eigentumsfreiheit. Rechtlich
sind daher kantonale Einschränkungen möglich.
Aufgrund
dieses
Bundesgerichtsurteils
und
der
Konsumentwicklung der legalen Suchtmittel Alkohol und
Tabak, insbesondere bei Jugendlichen, sind in verschiedenen
Kantonen politische Vorstösse zur Einschränkung der
Werbung eingereicht und grossmehrheitlich überwiesen
worden:
Kanton
SO, VS
AR, BE, BL,
GR, NE, SG,
TG, VD, ZH
Stand
Parlamentarischer Vorstoss abgelehnt
Parlamentarischer Vorstoss überwiesen.
In diesen Kantonen werden momentan
gesetzliche
Grundlagen
für
Werbeeinschränkungen erarbeitet. Diese
müssen von den Kantonsparlamenten
angenommen werden. Allenfalls werden
Volksabstimmungen erforderlich sein.
Parlamentarischer Vorstoss hängig
AG, SZ, TI
Werbung für Alkohol und Tabak ist bereits heute nur
eingeschränkt möglich. Die Eidgenössische Gesetzgebung
(Lebensmittelrecht, Alkoholgesetz sowie Radio- und
Fernsehgesetz)
legt
Einschränkungen
fest.
Das
Hauptgewicht liegt dabei beim Jugendschutz. Zahlreiche
Gemeinden in der Schweiz beschränken zudem die
Wöchentl. Alk.konsum von 11- bis 16-jährigen
Schülern/innen (in %)
50.0
40.0
30.0
20.0
10.0
0.0
11/12 13/14 15/16 11/12 13/14 15/16
1994
6.4
9.2
31.8
2.3
5.8
16.0
1998
5.6
10.4
29.3
0.9
6.3
16.8
2002
4.4
14.4
40.5
1.4
7.0
25.8
Nicht nur der regelmässige Alkoholkonsum, auch die
Rauscherfahrungen von Jugendlichen nehmen deutlich zu.
Insbesondere 15- und 16-jährige Jugendliche haben immer
häufiger einen Rausch. Dies ist deshalb besorgniserregend,
da Trunkenheit ein Risikoverhalten darstellt, welches über
kurz oder lang zu negativen Folgen für die Schülerinnen und
Schüler führen kann.
40.0
30.0
20.0
10.0
0.0
11/12
13/14
15/16
11/12
13/14
Jungen
Seither
wurden
im
Lebensmittelrecht
gewisse
Einschränkungen zugunsten des Jugendschutzes verankert.
Im Eidgenössischen Parlament sind zurzeit zwei Vorstösse
zum Thema hängig (Motion Wyss "Verbot von
Tabakwerbung auch in der Schweiz", 02.3784;
Parlamentarische
Initiative
Grobet
"Verbot
der
Tabakwerbung", 02.466).
Mit Schreiben vom 28. März 2003 empfiehlt die
Schweizerische Sanitätsdirektorenkonferenz (SDK) den
Vorsteherinnen
und
Vorstehern
der
kantonalen
Gesundheitsdepartemente, gestützt auf das erwähnte
Bundesgerichtsurteil, ein Verbot der von öffentlichem
Grund aus sichtbaren Plakatwerbung für Tabak anzustreben.
2. Konsum von Alkohol: Der Konsum von Alkohol hat sich
mengenmässig in den letzten Jahren nicht stark verändert.
Hingegen trinken Jugendliche deutlich mehr.
(1996/97)
durch
die
Unterstellung
unter
die
Spirituosengesetzgebung schlagartig gebrochen werden
konnte, musste 2001 ein erneuter starker Anstieg des
Verbrauchs alkoholischer Süssgetränke festgestellt werden.
Der Verkauf stieg innert 2 Jahren um das 20-fache (2000:
1.65 Mio. Flaschen, 2001: 28.271 Mio., 2002: 34.491 Mio.).
Weil der Alkohol vom Zucker geschmacklich überdeckt
wird, gelten Alcopops die Einstiegsgetränke für einen
missbräuchlichen Alkoholkonsum.
Wie alle andern Spirituosen auch, dürf(t)en Alcopops nicht
an Jugendliche unter 18 Jahren verkauft werden. Trotzdem
konsumieren gemäss den Ergebnissen der Schülerbefragung
20% der 15- und 16-jährigen wöchentlich mindestens
einmal Alcopops. Dies bedeutet, dass mindestens ein Viertel
der verkauften Alcopops von unter 18-Jährigen konsumiert
wird.
15/16
Mädchen
1994
4.5
6.9
33.5
0.9
4.2
19.6
1998
1.6
7.9
34.5
0.5
6.0
22.0
2002
2.8
10.1
41.9
0.6
5.6
25.4
Mit grossen Werbeanstrengungen werden Alcopops als
Trendprodukte angepriesen. Nachdem die erste Welle
2589
Werbebeschränkungen für Genussmittel (legale Suchtmittel)
wurden in der Schweiz auch schon diskutiert. Zehn Jahre
nach der Ablehnung einer Initiative der Guttempler wurde
1989 die so genannte Zwillingsinitiative eingereicht. Sie
verlangte ein Werbeverbot für alkoholische Getränke und
Tabakwaren. Der Bundesrat empfahl Volk und Ständen die
Ablehnung der Initiative und unterbreitete seinerseits einen
abgeschwächten Gegenvorschlag. Das Volk lehnte die
Initiative ab, der Gegenvorschlag wurde von National- und
Ständerat verworfen.
Die gesellschaftlichen, alkoholbedingten sozialen Kosten in
der Schweiz betragen heute mindestens 3 Mia. Franken. Die
Einnahmen aus Alkoholsondersteuern belaufen sich zurzeit
auf 400 Mio. Franken. Für den Kauf alkoholischer Getränke
gibt die Schweizer Bevölkerung jährlich ungefähr 8 Mia.
Franken aus.
Mind. zweimalige Trunkenheit von 11- bis 16-jährigen
Schüler/innen (in %)
50.0
Werbung über das Plakatmonopol, das ihnen als
Eigentümerinnen des öffentlichen Grundes zukommt. Eine
besondere Situation besteht in den beiden Stadtkantonen
Basel-Stadt und Genf. Diese haben formell auf kantonaler
Ebene Verbote eingeführt, die sich in der örtlichen
Auswirkung mit kommunalen Regelungen vergleichen
lassen.
3. Konsum von Tabak: Laut Produktionsstatistiken ist der
inländische Zigarettenkonsum pro Kopf seit den 70er Jahren
leicht gesunken, verbleibt jedoch auf einem hohen Niveau.
Im Europäischen Vergleich steht die Schweiz zusammen mit
Polen, Ungarn, Griechenland und Zypern mit 8 und mehr
Art. 1667
2. Dezember 2003
Zigaretten täglich an der Spitze. Der Anteil der rauchenden
Bevölkerung hat sich von 1992 bis 1998 von 30.1 auf 33.2%
erhöht.
wünschenswerten Seiten des Konsums vorgeführt werden,
gehen die präventiven Botschaften zu den Risiken leicht
unter.
Gemäss Untersuchungen der Schweizerischen Fachstelle für
Alkohol- und andere Drogenprobleme, Lausanne SFA
(Schülerbefragung) ist der Anteil der mindestens
wöchentlich Rauchenden bei den 13- bis 16-jährigen
deutlich gestiegen. Mehr als jeder sechste Jugendliche
zwischen 15 und 16 Jahren raucht täglich.
Eine soeben in Deutschland veröffentlichte Studie leistet
einen wertvollen Diskussionsbeitrag zu dieser Debatte: In
Ländern, in denen totale Werbeverbote für Tabakprodukte
existieren, rauchen Jugendliche zwischen 14 und 37%
weniger als in Ländern mit unbegrenzter Werbung für den
blauen Dunst. Nachweisen konnten die deutschen Forscher
dieses Ergebnis an epidemiologischen Langzeitdaten zum
Tabakkonsum der Jugendlichen aus werbefreien Ländern
wie Norwegen, Finnland und Neuseeland, die sie mit
diesbezüglichen Informationen aus den werbefreundlichen
Nationen Deutschland und Frankreich verglichen. Das
Ergebnis zeigte: Je weniger Tabakwerbung, desto geringer
die Raucherquoten bei Jugendlichen. Zwar ist eine strikte
kausale Beweisführung bei der Vielzahl der auf das
Rauchverhalten einwirkenden Faktoren kaum möglich, doch
zeigen sich über den untersuchten Zeitraum von 26 Jahren
gerade in den Phasen, in denen Werbeverbote eingeführt
worden sind, deutliche Rückgänge des Tabakkonsums.
Besonders
interessant
präsentiert
sich
die
Konsumentwicklung bei Jugendlichen im Alter von 16 bis
17 Jahren. Bei den zu diesem Zeitpunkt nicht-Rauchenden
besteht zu 80% die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch 3
Jahre später noch Nichtraucherinnen und Nichtraucher sind.
Rauchen die 16/17-Jährigen jedoch täglich, so werden sie in
3 Jahren mit 83% Wahrscheinlichkeit immer noch täglich
rauchen. Die gelegentlich rauchenden Jugendlichen
entwickeln sich in den 3 Jahren zu je einem Drittel zu
Nichtraucherinnen und Nichtrauchern, zu täglich
rauchenden oder verbleiben beim ursprünglichen
Konsummuster. Diese letzte Gruppe, in der die grössten
Verhaltensänderungen passieren, bietet sich speziell als
Zielgruppe für die Tabakprävention an.
Gemäss Angaben der SFA betragen die direkten und
indirekten tabakbedingten Kosten des Rauchens nach
neuesten Berechnungen über 5 Mia. Franken pro Jahr.
Diesem
Betrag
stehen
Einnahmen
durch
die
Tabaksondersteuer von 1.33 Mia. Franken gegenüber.
Ein Drittel der Raucherinnen und Raucher beginnt vor dem
16. Altersjahr mit dem Rauchen, gut zwei Drittel vor dem
18. Danach wird die Chance der Werbung kleiner, Personen
zum Rauchen zu bringen. Daher spricht Werbung auch
junge Menschen an. Die Lifestyle-Werbung im
Alkoholbereich richtet sich auch an junges Publikum,
obwohl die Vertreiber der Getränke behaupten, die Reklame
richte sich an 18-Jährige und Ältere.
4. Werbung/Werbebeschränkungen: Kinder und Jugendliche
sind
besonders
empfänglich
für
Genussund
Suchtmittelwerbung. Studien belegen, dass in Ländern mit
Werbeverboten der Einstieg in den Alkohol- und
Tabakkonsum später erfolgt und insgesamt weniger
konsumiert wird. Wenn Kindern und Jugendlichen im
Umfeld attraktiver Genussmittelwerbung vorwiegend die
sich inländische Produzenten derart teure Kampagnen gar
nicht leisten können.
Im Bereich des Alkohols liegen keine genauen Zahlen über
Werbeausgaben vor. Die Alkoholwerbung scheint aber
generell etwas weniger stark aufzutreten als die
Tabakwerbung. Meistens wird für ausländische Produkte im
Bereich der Alcopops geworben. Dabei kann vermutet
werden,
dass
Im Tabakbereich werden in der Schweiz pro Jahr rund 39
Mio. Franken für Sponsoring und 71 Mio. Franken für
direkte Werbung ausgegeben. Ein (teilweiser) Wegfall
dieser Werbeausgaben scheint für die gesamte
Werbebranche verkraftbar, bedeutet der Betrag für
Tabakwerbung von 71 Mio. Franken letztlich 1.51% des
gesamten Werbeumsatzes in der ganzen Schweiz von 4.72
Mia. Franken.
Der Regierungsrat versteht die Einschränkung von
Suchtmittelwerbung als strukturorientierte Suchtprävention
im Sinne des geltenden Planungsberichtes IV Suchthilfe. Sie
unterstützt in positiver Weise die Anstrengungen der in der
Suchtprävention im Kanton tätigen Stellen, die im Jahr 2002
"Jugend und Alkohol" als Jahresschwerpunkt wählten.
5. Fazit: Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass mit
neuen gesetzlichen Bestimmungen die Eigenverantwortung
der Bevölkerung geschmälert wird und dem Staat
zusätzliche Regulierungsaufgaben übertragen werden. Es ist
auch anzuerkennen, dass aus Sicht der Tabak- und
Alkoholindus-trie und der Werbebranche ein Werbeverbot
eine Einschränkung der Freiheit bedeutet und einen Ausfall
an Einnahmen nach sich zieht. Allerdings kann diese im
Verhältnis zum gesamten Werbevolumen als gering
bezeichnet werden.
Der Kanton muss aber - unabhängig von den Bestrebungen
auf Bundesebene - in seiner Verantwortung im Sinne einer
Gesamtbeurteilung alle vorhandenen Interessen in Betracht
ziehen. Die grösste Aufmerksamkeit des Regierungsrats gilt
dabei dem besonderen Schutz der Jugend, deren Gesundheit
er als eines der wichtigsten Güter betrachtet.
Der Regierungsrat befürwortet eine Überweisung der
Motion und bewertet den volksgesundheitlichen Nutzen
sowie die suchtpräventive Wirkung höher als den Verlust
von
Werbeaufträgen.
Der
Kanton
hat
gemäss
Gesundheitsgesetz § 47 Abs. 1 auch einen gesetzlichen
Auftrag, Massnahmen zu treffen, die insbesondere der
Gesundheitsförderung und Gesundheitserziehung, der
Eindämmung von Suchtmitteln und Suchtmittelreklamen,
der Verhütung von Krankheiten und Unfällen sowie der
Früherkennung
von
Krankheiten
und
Gesundheitsgefährdungen durch Umwelteinflüsse dienen.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 2'969.--.
Vorsitzende: Der Regierungsrat hat sich bereit erklärt, die
Motion entgegenzunehmen. Es liegt jedoch ein Antrag auf
Nichtüberweisung vor.
2590
2. Dezember 2003
Dr. Theo Vögtli, CVP, Kleindöttingen: "Alkohol und
Nikotin rafft die halbe Menschheit hin", hier hat natürlich
Frau Lilian Studer völlig Recht! Das Problem bei dieser
Motion ist, dass der Motionstext hundertprozentig
verbindlich ist, aber erst in der Begründung von einem
Werbeverbot für Alkohol mit mehr als 15Volumenprozenten gesprochen wird! Aus diesem Grunde,
meine Damen und Herren, können wir die Motion in dieser
Form nicht überweisen, auch wenn ich völlig mit der
Beurteilung des Regierungsrates einverstanden bin, dass der
volksgesundheitliche Nutzen sowie die suchtpräventive
Wirkung höher zu werten sind als der Verlust von
Werbeaufträgen, dass ein Werbeverbot eine effiziente
Massnahme des Jugendschutzes ist und dass dem Ruf nach
Prävention auch Taten folgen müssen! Meine Damen und
Herren, hier muss etwas geschehen, weil der Ruf nach
Selbstverantwortung und Selbsteinschränkungen zwar gut
tönt, aber in der Praxis in der Regel nicht befolgt wird:
sehen Sie all die dicken Leute, sehen Sie die rauchenden
jungen Schülerinnen, sehen Sie die rauschtrinkenden
Pubertierenden, sehen Sie die testosteroninduzierten und
hirnamputierten Autoraser, sehen Sie den Barregg-Stau statt
den
ÖV
und
sehen
Sie
die
wirkungslosen
Präventionskampagnen bei Jugendlichen! Darum ist die
Motion nicht einfach in den Papierkorb zu werfen, sondern
als Postulat zu überweisen!
Dr. Rainer Klöti, FDP, Auenstein: Die FDP-Fraktion lehnt
die Überweisung der Motion Lilian Studer betreffend
Ausweitung der Werbeeinschränkungen mehrheitlich ab.
Die Hauptargumente gegen die Überweisung der Motion
sind: 1. Die Motion führt zu einer relevanten Einschränkung
der Freiheit, u.a. der Werbefreiheit. Ein Werbeverbot steht
im Widerspruch zur Möglichkeit, ein Produkt legal zu
erwerben und zu konsumieren. 2. Werbeverbote fördern den
Reiz des Verbotenen oder haben sich nicht immer als
wirksam erwiesen, wie Beispiele aus dem EU-Raum, u. a.
aus Italien deutlich aufzeigen, wo im Verlaufe der letzten 20
bis 30 Jahren trotz Werbeverbot massive Zunahmen von
Nikotin-Abusus aufgetreten sind. 3. Es bestehen bereits
zahlreiche Bundesvorschriften zur Einschränkung von
ven Massnahmen erreicht werden! Ganz klar setzt sich die
SVP dafür ein, dass Eltern und Vorbildern der Jugend
vermehrt klar gemacht werden muss, was für eine
Verantwortung sie auch hier tragen!
Denn wo Eltern rauchen, qualmen auch die Jungen, und
wenn im Elternhaus getrunken wird, saufen auch die
Jungen! Zudem müssen der verbotene Verkauf und Konsum
von Alkohol, Tabak und anderen Suchtmitteln die nötigen
Folgen haben.
In Bünzen, einer Nachbargemeinde meines Wohnortes,
wurde in diesen Tagen amtlich veröffentlicht, dass
Gemeinderat
und
Schulpflege
beschliessen,
die
Schulhausordnung zu ergänzen: Ich zitiere hier
auszugsweise: "Auf dem Schulareal ist Schülern und
Jugendlichen das Rauchen und der Konsum von
alkoholischen Getränken untersagt. Die Behördemitglieder
werden vermehrt Kontrollen vornehmen. Jugendliche,
welche gegen die Regeln verstossen, werden der
zuständigen Stelle gemeldet, die dann für die Beurteilung
von Straffällen zuständig ist."
Geschätzte Damen und Herren, die grosse Mehrheit der SVP
sieht das Heil nicht in der weiteren Beschneidung der
2591
Art. 1667
Werbung und Erwerb dieser legalen Produkte. Wir
bemängeln diesbezüglich den konsequenten Vollzug der
bestehenden Vorschriften und Möglichkeiten!
Eine Minderheit der FDP-Fraktion, zu der ich mich als Arzt
ebenfalls zähle, unterstützt demgegenüber die Motion von
Lilian Studer. Die durch Alkohol und Tabak entstehenden
gesundheitlichen Schäden und Folgekosten werden als
derart gravierend beurteilt, dass sie die damit verbundenen
Einschränkungen einzelner Freiheiten als vertretbar
erscheinen lassen!
Alois Hildbrand, SVP, Boswil: "Zwei Herzen schlagen ach
in unsrer Brust!" Das kleinere für das direkte Anliegen
dieser Motion, das entschieden grössere gegen eine weitere
Beschneidung der Gewerbefreiheit! Ich spreche im Auftrag
der SVP, die diese Motion - wie auch eine Umwandlung in
ein Postulat - grossmehrheitlich ablehnt.
Es handelt sich hier um eine Erweiterung eines bereits
bestehenden Verbotes. 1989 hat das Volk eine Initiative für
ein Werbeverbot auf Alkohol und Tabak auf Bundesebene
abgelehnt. Der abgeschwächte Gegenvorschlag des
Bundesrates haben National- und Ständerat abgelehnt. Eine
Motion Wyss im Nationalrat wird im Nationalrat bekämpft,
der Bundesrat will sie in ein Postulat umwandeln.
Diese Werbe-Einschränkung ist in vielen Kantonen ein
kontroverses Thema. Die Hauptfrage ist: Was geht vor?
Verstärkter Schutz der Jugend und im Hinblick auf
Dämpfung der Gesundheitskosten Einsetzen aller Mittel
gegen den Alkohol- und Tabakmissbrauch? Oder: Keine
weiteren Einschränkungen oder Massnahmen gegen die
Gewerbefreiheit,
keine
Bevormundung
von
Bevölkerungsgruppen
und
die
Hochhaltung
der
Eigenverantwortung?
Tatsache ist: Die Leistungen von Versicherungen im
Alkohol- und Raucherunwesen sind zu verheerenden
Grössen angewachsen. Die vielen Gelder jedoch, die in den
letzten Jahren in die Prävention geflossen sind, stehen in
keinem Verhältnis zu den zu schwachen Erfolgen, die mit
präventiGewerbefreiheit. Sie will keine neuen Verbote. Sie
unterstützt die Anstrengungen, um der Jugend und dem
Elternhaus die Eigenverantwortung im richtigen Umgang
oder Verzicht bei Alkohol und Tabak klar darzulegen.
Eine Annahme der Motion und daraus ableitend ein totales
Verbot von Aussenwerbung - und darauf geht diese Motion
hinaus - ist mit der Gewerbefreiheit nicht vereinbar. Ein
Weinbauer könnte nicht mehr auf seine Degustation mit
einer Tafel am Wegrand hinweisen! Meine Damen und
Herren, das kann der Weg nicht sein! Das entspricht nicht
den Grundprinzipien der SVP. Sie lehnt daher die
Überweisung der Motion wie auch deren Umwandlung in
ein Postulat ab. Stimmen auch Sie gegen weitere
tiefgreifende Einschränkungen der Gewerbefreiheit!
Roland Stöckli, SP, Boswil: "Lieber den Spatz in der Hand
als die Taube auf dem Dach!"
Die von Lilian Studer in ihrer Motion geforderten
Werbeeinschränkungen werden die Welt bzw. den Aargau
nicht grundlegend verändern, es wird trotzdem
Alkoholsüchtige und Nikotinsüchtige geben. Aber wenn es
den Tod eines einzigen Menschen oder eine wegen Alkohol
Art. 1667
zerrüttete Familie verhindert, so ist es eine Massnahme, die
unbedingt unterstützt werden muss!
Die Tabak- und Alkohol-Wirtschaft zielt mit ihrer Werbung
bewusst auf die Jugendlichen, weil sie bei diesen am
meisten Wirkung erzielen kann. Diese fiese Art, die
Gesundheit von Menschen auf's Spiel zu setzen, muss man
wo immer möglich verhindern!
Man müsste im Gegenteil noch viel mehr in diese Richtung
unternehmen, vielleicht hätte heute sogar ein totales
Werbeverbot auf Bundesebene Chancen! Beträgt doch die
Belastung des Gesundheitswesens wegen des Tabak- und
Alkoholkonsums in der Schweiz 8 Milliarden Franken pro
Jahr. Und diese Zahl wird noch steigen, wenn man
betrachtet, dass eine furchterregende Steigerung im Tabak
und Alkoholkonsum bei Jugendlichen stattgefunden hat.
Für mich und unsere Fraktion ist es keine Frage, die
Gesundheit und das Wohl unserer Bevölkerung und unserer
Jugend ist uns wichtiger als ein paar Arbeitsplätze, die die
Werbebranche damit verlieren könnte. Bitte, unterstützen
Sie die Überweisung dieser Motion!
Lilian Studer, EVP, Wettingen: Ich spreche im Namen der
EVP-Fraktion. Vor genau einem Jahr wurde die Broschüre
"Gesundheit im Wandel" vom Gesundheitsdepartement des
Kantons Aargau, Kantonsärztlicher Dienst, veröffentlicht,
die
die
geplante
Weiterentwicklung
zur
Gesundheitsförderung bis zum Jahre 2006 aufzeigt und
vorsieht. Dabei werden 6 Bereiche von den 21 Zielen für das
21. Jahrhundert, die die Weltgesundheitsorganisation
(WHO) herausgegeben hat, von der Regierung fokusiert. Ein
Bereich der 6 besteht darin, die durch Alkohol, Drogen und
Tabak verursachten Schäden zu verringern.
Schadenverringerung, wie sie in der Broschüre erwähnt
wurde, und auf die nun Aktivitäten seitens des Kantons
ausgesetzt ist und wird, (?) damit sind nicht nur die
betroffenen Menschen gemeint, die wegen Drogen und
Alkohol nun unter Gesundheitsschäden leiden. Nein, auch
die persönlichen Schäden bei den Familienangehörigen,
Freunden, Bekannten sowie auch die Schäden in der
Gesundheitskasse darf man dabei nicht vergessen!
Beispielsweise die Folgen des Tabakkonsums gemäss
bis 16 Jahren (1994: 33,5) mindestens schon zweimal
betrunken waren. Bei den Mädchen liegt der prozentuale
Anteil bei 25,4% (1994: 19,6%), bei wöchentlichem
Alkoholkonsum liegt der Anteil bei den Knaben zwischen
15 und 16 Jahren bei 40,5% (1994: 31,8%) und bei den
Mädchen bei 25,8% (1994: 16%). Ich könnte hier noch mehr
aufzählen.
Dass gegen diese Tendenz etwas getan werden muss, ist der
Regierung ersichtlich, und ich hoffe, auch Ihnen, meine
Damen und Herrn! Somit sollte auch nicht eine
Interessensabwägung stattfinden, sondern die Sachpolitik,
also die Gesundheitspolitik im Vordergrund stehen! Also
unsere Verantwortung gegenüber unseren speziell jüngeren
Bürgern, sei es als Prävention, eventuell diese
zukunftsbetroffenen Menschen/Angehörige zu schützen,
sowie um Gesundheitskosten zu senken!
Dass Tabak- und Alkoholwerbung einen Einfluss auf den
Konsum hat, sollte einleuchtend sein und ist gerade bei den
Tabakwerbungen auch erwiesen. Und zwar nicht nur aus
dem Grund der Markenwahl, wie häufig behauptet wird,
2. Dezember 2003
Bundesamt für Gesundheit verursachen jährliche Kosten in
Milliardenhöhe. Beim Alkoholmissbrauch entstehen
jährliche Schäden von 3 Mrd. Franken, was übrigens von
uns allen mitfinanziert wird. Übrigens diese in
Milliardenhöhe Summe schränkt unseren Kanton erheblich
mehr
ein
als
die
gesamtschweizerische
Mindererwerbseinnahmen von 80 Mio. Franken, die durch
Alkohol- und Tabakwerbung gewonnen werden.
Besorgniserregend ist es schon, wenn man vor zwei Wochen
in den Überschriften von den verschiedensten Zeitungen
lesen konnte: "Mädchen trinken regelmässig," Überschrift
vom 20.11.03 der Zeitung "20 Minuten", "Jugend trinkt und
pafft häufiger," Überschrift der AZ vom 20.11.03 usw. Die
Studie "Smash 2002" (die von Instituten der Universitäten
Lausanne und Bern sowie dem Tessiner Gesundheitsdienst
erstellt wurde) ergab, dass psychische Schwierigkeiten bei
den Jungen häufiger auftreten und sich häufig im Konsum
legaler und illegaler Drogen niederschlägt.
Auch andere Untersuchungen haben Folgendes ergeben:
dass das durchschnittliche Einstiegsalter beim Tabakkonsum
um die 16 Jahre liegt, dass die Zahl der regelmässig
rauchenden Fünfzehnjährigen von 15% im Jahr 1986 bis
1998 auf über 25% angestiegen ist - Tendenz weiterhin
steigend -, dass jährlich 8000 Menschen in der Schweiz an
den Folgen des Rauchens sterben, das sind 13% aller
Todesfälle, dass Tabakkonsum die wichtigste Ursache für
vorzeitige Sterblichkeit ist, dass bei einer Umfrage 1997/98
42% der Männer sowie 39% der Frauen rauchten, dass ein
Mensch in jungen Jahren eher mit Rauchen anfängt als
später als Erwachsener.
Beim Alkohol ist Folgendes erwiesen, dass der Alkohol in
unserer Gesellschaft das grösste sozialmedizinische Problem
darstellt, dass jährlich 2'500-3'500 Menschen an den Folgen
des Alkoholmissbrauchs sterben, dass im Detailhandel der
Umsatz von Alcopops letztes Jahr von 7 auf 20 Millionen
gestiegen ist, (was besonders erschreckend ist, da der
Alkoholgehalt durch die Versüsslichung getäuscht wird und
darum bei den Jugendlichen speziell beliebt ist), dass man
der Statistik auf S.3 in der Botschaft des Regierungsrats
entnehmen kann, dass 41.9% der Knaben im Alter von 15
sondern des Umsatzes wegen. Warum würde sonst die
Alkohol- und Tabakindustrie x-tausende von Franken in
Plakatwerbung investieren? Wie ein Kollege von mir einmal
so schön formuliert hat: "Wohl kaum zur Verschönerung der
Strasse." Gerade junge Menschen mit ihren Sehnsüchten
werden mit diesen Werbebotschaften speziell angesprochen:
"Cool sein, Freiheit, Abenteuer, Männlichkeit, Erfolg beim
anderen Geschlecht!" Wer möchte das schon nicht sein,
haben, erleben? Im Gegensatz zu den Erwachsenen können
sie den Verlockungen dieser Werbekampagnen viel weniger
widerstehen. Ein Beispiel dazu: Bevor das Plakat mit der
Cartoon-Figur "Joe Camel" lanciert wurde, rauchten in den
Vereinigten Staaten noch fast keine Jugendlichen diese
Marke. Vier Jahre nach der Einführung der herzigen
Tierchen rauchten bereits 25 Prozent der Jugendlichen in
Amerika "Camel". Zudem können über 90% der
sechsjährigen Kinder in den Vereinigten Staaten die ComicFigur "Joe Camel" richtig erkennen und der
Zigarettenwerbung zuordnen.
Junge Menschen sind die Raucher von morgen, diejenigen,
die Alkohol konsumieren von morgen. Also, der Umsatz
2592
2. Dezember 2003
von morgen. Provokativ gesagt, aber wahr: von irgendwo
müssen die Einnahmen ja auch wieder herkommen, bei so
vielen Toten jedes Jahr, die bis anhin die Alkohol- und die
Tabakindustrie finanziell unterstützt haben.
Apropos finanzielle Unterstützung: Die Alkohol- und
Tabakwerbung richtet sich nicht, wie immer behauptet wird,
gegen die persönliche Freiheit.
Eine Studie der Weltbank belegt, dass sich durch ein
Werbeverbot die Raucherzahlen bis zu 7% senken lassen.
Ein Vergleich dazu aus Norwegen, wo Werbeplakate von
Alkohol und Tabak seit 1973 verboten ist: 1973 rauchten
noch 45% der Männer zwischen 16 und 24 Jahren, bei den
Frauen waren es ca. 43%. Schon 1974 ging der Anteil bei
beiden Geschlechtern um 2% nach unten. 1977 waren es
noch bei den jungen Männern zwischen 16 und 24 Jahren
39%, bei den Frauen ca. 38%. Das ging dann so weiter bis
Ende der achtziger Jahre. Dann stagnierte der prozentuale
Anteil bis heute zwischen 26-30%.
Nicht nur in Norwegen, sondern allgemein verringerte sich
der pro Kopf Verbrauch an Zigaretten in Ländern mit einem
umfassenden Werbeverbot deutlicher als in Staaten, in
denen es kein Werbeverbot für Tabakprodukte gab. (Vorsitzende: Frau Studer, Ihre Redezeit ist abgelaufen, - ich
bitte Sie, zum Schluss zu kommen!) - Ich möchte nur noch
einen Satz zitieren von einem Freisinnigen namens
Gutzwiler. Er schrieb letztes Jahr im "Tagesanzeiger" zur
Selbsteinschränkung der Tabakindustrie: "Meinte es die
Tabakindustrie mit ihrem Jugendschutz ernst, würde sie jene
Massnahmen mittragen, die von Fachleuten schon lange
gefordert werden." - Das Plakatwerbeverbot ist ein erster
Schritt dazu. Ich bin Ihnen dankbar, wenn Sie hierbei
mithelfen!
Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg, SVP, Windisch: Die Lungenliga
Aargau leistet grossartige Arbeit! Ihre Sorge um die
Volksgesundheit ist verständlich. Wenn diese Institution uns
allen geschrieben hat: "Bei Menschen mit Lungenkrebs ist
das Rauchen Ursache Nr. 1", so ist dieses Faktum erneut zur
Kenntnis zu nehmen! Die Motion, die uns vorliegt, verlangt
nun - und zwar noch vor dem Verbot der Werbung für den
zweifellos gesundheitsschädigenden Tabak - auch ein
Verbot für die Alkoholwerbung. Zugegeben: Selbst der
Genuss der hervorragenden Aargauer Weine ist eine Frage
des Masses!
ressen bzw. vor der Handels- und Gewerbefreiheit, - in all
diesen Eigenschaften, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe
Gewerbepolitiker von der SVP, liebe Ordnungspolitiker aus
meiner Fraktion, appelliere ich eindringlich an Sie, das
Wohl unserer Jugend in den Vordergrund zu stellen und die
Motion zu überweisen, deren Auswirkungen nicht so
dramatisch sind, wie sie Jürg Stüssi soeben dargestellt hat!
Der Einwand, wir würden damit "den Reiz des Verbotenen"
fördern und den Konsum eher anheizen, ist an den Haaren
herbeigezogen! Es geht ja nicht um ein Konsumverbot,
sondern lediglich um die Schliessung einer Lücke bei einem
bereits bestehenden Werbeverbot. Durch den Wegfall der
zur Diskussion stehenden Werbung fällt lediglich deren
unerwünschter Effekt auf die leicht beeinflussbare
heranwachsende Jugend weg und sonst gar nichts. Ich bitte
Sie, die Motion zu überweisen!
Thierry Burkart, FDP, Baden: Einmal mehr läuft die
Gefahr, dass die Politik dem pavlow'schen Effekt erliegt!
2593
Art. 1667
Diese Tatsachen - dass Tabak immer und Alkohol im
Übermass schädlich sind - der jungen Generation zu
vermitteln, ist sicher die Aufgabe der Eltern, vielleicht auch
etwas die Aufgabe der Schule. Das alles ist nun aber kein
Grund, ins Privateigentum einzugreifen und die
Meinungsäusserungsfreiheit, die auch in der Werbung ihren
Ausdruck findet und finden darf, durch neue und zusätzliche
Verbote einzuschränken. Wenn zum Beispiel eine Wirtin
oder ein Wirt auf dem Firmenschild den Namen des im
Hause ausgeschenkten Biers kundtut, ist dies keine
Gefährdung der Volksgesundheit. Ganz generell wird in
einem freiheitlichen Staatswesen zu gelten haben: Wer tun
will, was erlaubt ist, soll dies auch weiterhin tun dürfen.
Wer auf eigenem Grund und Boden für Erlaubtes werben
will, soll dies auch in Zukunft tun dürfen. Dies um so mehr,
als eine blosse Ahnung von den Inhalten, die von den durch
diese Motion zu schützenden Jugendlichen täglich im
Internet ohne sichtbare Schäden konsumiert werden, die
Erkenntnis heranreifen lässt, dass wir der Jugend des
Aargaus ohne Weiteres zutrauen dürfen, dass sie mit ihrer
persönlichen Freiheit umgehen kann.
Fazit: Wir haben in diesem Land, in diesem Kanton kaum zu
wenig Verbote, sondern eher bereits zu viele! Verzichten
wir auf eine weitere Bevormundung des Publikums und
vertrauen wir auf die Einsicht der kritischen jungen
Generation, dass unmässiger Konsum von Alkohol, dass der
Tabak generell, entschieden nicht "cool" sind!
Dr. Kaspar Schild, FDP, Wohlen: Als Arzt, der täglich mit
gravierenden Folgen übermässigen Alkohol- und
Nikotinkonsums und entsprechenden Einzelschicksalen
konfrontiert ist,
- als Steuer- und Prämienzahler, der die horrenden
jährlichen Folgekosten in zweistelliger Milliardenhöhe
mitfinanzieren muss und das entsprechende Sparpotential
sieht,
- als Grossvater, der nicht will, dass seine Enkel als
Jugendliche dereinst im öffentlichen oder öffentlich
einsehbaren Bereich mit Werbung eingedeckt werden, die
Alcopops und Zigaretten als "cool" darstellt und
verharmlost,
- als Freisinniger, der einsieht, dass in diesem Fall der
Jugendschutz Vorrang haben muss vor wirtschaftlichen InteEinmal mehr wollen wir ein Problem mit gesetzlichen
Verboten lösen, einmal mehr sehen wir ein Problem und
rufen nach dem Staat, der es dann schon richten soll! Was
auf den ersten Blick plausibel tönt, verfehlt bei näherer
Betrachtung die angestrebte Wirkung, es wurde bereits
darauf hingewiesen. Im Übrigen handelt es sich hier auch
um eine Zwängerei! Was das schweizerische Volk bereits
verschiedene Male abgelehnt hat, wird nun auf kantonaler
Hintertüre wieder in die Parlamente und somit in die
Gesetzgebung
hineingetragen.
Befürworter
von
Werbeverboten gehen von der irrigen Meinung aus, dass
damit automatisch eine Reduktion des Konsums verbunden
sei, - dem ist aber nicht so! In zahlreichen Ländern entgegen der Aussage von Frau Lilian Studer - hat die
Bevölkerung
nachweislich
nach
Einführung
des
Werbeverbotes gleich stark oder noch heftiger geraucht. Das
neueste Beispiel stammt aus dem Jahre 2000, wo im
September in Polen ein Rauchwerbungsverbot eingeführt
wurde und nachher das Rauchen massiv angestiegen ist.
Art. 1667
Damit ist natürlich nicht gesagt, dass Werbung unnütz sei, natürlich nicht, das soll sie ja! Aber die Werbung hat vor
allem den Zweck, dass die Marktanteile zwischen den
Teilnehmern verschoben werden.
Wir müssen uns auch bewusst sein - und da richte ich den
Appell vor allem an die bürgerlichen Parlamentarierinnen
und Parlamentarier - mit Werbeverboten verletzen wir
Grundrechte! Es wird nicht das Produkt an sich, sondern
dessen Werbung verboten. Über das eigentliche Verbot
sollten wir aber reden. Das wäre ehrlich, ob es noch legal
und frei erhältlich sein soll - ich bin dagegen, aber das wäre
wenigstens eine ehrliche Politik! Wenn ein Produkt frei
erhältlich ist, dann soll der Anbieter das auch mitteilen
dürfen! Dazu gehört, dass die Produktinnovation auch
mitgeteilt werden kann. Das sind die Regeln der
Marktwirtschaft, der Handels- und Gewerbefreiheit und der
Meinungsäusserungsfreiheit!
Auf Grund der Werbeverbote von Tabak und Alkohol
würden wir eine grosse Auswirkung auf sportliche und
kulturelle Anlässe unterstützen. Heute werden diese Anlässe
von Tabak- und Alkoholwerbern unterstützt und zwar nicht
unwesentlich! Die Folge von einem Verbot - dessen müssen
wir uns bewusst sein - wäre, dass gewisse kulturelle und
sportliche Anlässe nicht mehr stattfinden könnten oder die
Preise hierfür erheblich höher wären! Ich erinnere an Popund Rock-Konzerte, aber auch an ein Jazz-Konzert in
Montreux, ich erinnere an Fussballspiele und auch an den
Kinoeintritt, der erheblich ansteigen würde! Ich bitte Sie
deshalb, meine Damen und Herren, die Überweisung der
Motion Studer abzulehnen, weil das Werbeverbot nichts
nützt, weil Grundrechte eingeschränkt werden, weil die
Folgen für sportliche und kulturelle Anlässe gross sind und
weil wir an die Eigenverantwortung und an den mündigen
Bürger glauben sollten!
Thomas Leitch, SP, Hermetschwil-Staffeln: Rauchen Sie?
Trinken Sie Alkohol? Tun Sie das massvoll oder tun Sie es
masslos? Konsumieren Sie legale oder illegale Drogen?
Haben Sie ein anderes Suchtproblem oder kennen Sie
jemanden, der ein solches hat? Die meisten von Ihnen
werden die eine oder andere Frage mit Ja beantworten
können und deshalb greift es zu kurz, das Anliegen der
Motion
Studer
einfach
unter
wirtschaftlichen
Gesichtspunkten
der
Zigaretten-,
Werbeund
Alkoholindustrie abzutun. Zu
gross ist unsere
hat und der am 20. November 2003 erschienen ist. Der Titel
hat mich gepackt, der Titel: "Jugend trinkt und pafft
häufiger"! In diesem wurden die Resultate der Studie mit
dem Namen "Smash 2002" veröffentlicht. Sie besagt, dass
sich die grosse Mehrheit der Jugendlichen zwischen 16 und
20 Jahren fit fühle. Allerdings klagen mehr Teens als noch
vor zehn Jahren über psychische Schwierigkeiten und
Suchtprobleme. Diese psychischen Probleme finden im
Konsum legaler und illegaler Drogen ihren Niederschlag.
Vor allem der Alkoholkonsum der Mädchen durch
Alkopops und Cocktails hat stark zugenommen.
Welche Wirkung hat denn nun die Werbung? Kritiker
behaupten, dass die Werbung nicht zum Konsum verführe,
sondern, dass man lediglich die eine oder andere Marke auf
Grund der Werbung bevorzuge. In Tat und Wahrheit ist es
doch aber so, dass uns die Werbung Idealbilder vorführt.
Alle Frauen sind gross und schlank, die Männer braun
gebrannt und muskulös - und alle - sitzen abends gemeinsam
2. Dezember 2003
gesundheitspolitische Verantwortung! Eigentlich haben alle
Fraktionssprecher, angefangen mit Theo Vögtli, Apotheker,
der sich in der Gesundheitspolitik auskennt, nur Argumente
"pro" gebracht! Rainer Klöti von der FDP-Fraktion sagt
zwar, dass sie diese Motion grösstenteils ablehnt, wegen der
Einschränkung der Werbefreiheit, er und auch Kaspar Schild
sagen uns als Ärzte, was wir tun sollten. Hören Sie doch auf
Ihre Leute! Herr Hildebrand von der SVP sagt, "bei uns
schlagen zwei Herzen", hören Sie doch einmal auf das linke
Herz, denn es ist das rechte! (Heiterkeit). Herr Stüssi, ich habe gut zugehört. Wenn Sie sagen, die
Jugendlichen hätten genug Selbstverantwortung zu
entscheiden, dann muss ich Ihnen sagen: wenn das nicht
einmal Erwachsene können, leider, leider! Wenn wir ein
solches Suchtpotential und so viele Süchtigen haben, wie
sollen das Jugendliche können?
Wir müssen uns wirklich fragen, welche Prioritäten wir
setzen wollen! Ich frage Ärzte, Lehrkräfte, Eltern, auch alle
gesundheitspolitisch Engagierten hier in diesem Saal, denen
die Gesundheit unserer Menschen am Herzen liegt, wie wir
verantworten können, diese Motion abzulehnen! Was für ein
Signal würden wir damit setzen? Selbstverständlich, Herr
Burkart, gibt es zahlreiche Gründe, weshalb jemand mit
Rauchen beginnt oder weshalb Suchtmittelmissbrauch
betrieben wird, warum Suchtmittelkonsum nicht in den Griff
zu kriegen ist! Aber diese Suchtmittelwerbung, die die
Konsumenten nachweislich beeinflusst, auch beeinflussen
will, die trägt dazu bei, dass solche Karrieren erst gestartet
werden können. Das kann man nicht von der Hand weisen!
Das Werbeverbot ist ein Mosaikstein im ganzen Bild der
Prävention und Sie können kein vollständiges Bild machen,
wenn Sie jetzt einzelne Steine herausbrechen!
Die Gegner der Motion müssen auch zugeben, dass die
volkswirtschaftlichen Kosten - auch das haben wir gehört weit höher ausfallen als die Steuererträge der Werbebranche
oder der Tabak- und Alkoholindustrie!
Es gibt nur eine ehrliche Position und diese ist: die
Prioritäten richtig zu setzen, auf Ihre Fachleute in Ihren
Fraktionen zu hören, auf den Regierungsrat zu hören, der
diese ehrliche Position auch vertritt, und dieser moderaten,
aber wirksamen Motion zuzustimmen!
Vreni Friker-Kaspar, SVP, Oberentfelden: Auch ich habe
ihn gelesen, den Zeitungsartikel, den Lilian Studer erwähnt
in der Bar, sind fröhlich und trinken Alkohol und rauchen
genüsslich einen Glimmstengel.
Auch bei den so beliebten Mischgetränken genügt ein Blick
in die Werbung, um zu realisieren, dass Jugendliche das
Konsumverhalten der Erwachsenen imitieren. Die LifestyleWerbung im Alkoholbereich richtet sich an das jungendliche
Publikum, obwohl die Vertreiber der Getränke behaupten,
die Reklame richte sich an 18-Jährige und Ältere. Meinem
Kollegen Thierry Burkart möchte ich empfehlen, wenn er
das nächste Mal an einem Konzert ist, die Augen zu öffnen!
Es gibt da sehr viele Sponsoren für Süsswassergetränke und
Milch. Der Absatz von Milch war riesengross an den
Openair-Konzerten in Gampel!
Der Regierungsrat versteht die Einschränkung von
Suchtmittelwerbung als strukturorientierte Suchtprävention
im Sinne des geltenden Planungsberichtes IV "Suchthilfe".
Diesen Bericht hat dieses Plenum am 3. September 2002 zur
2594
2. Dezember 2003
Kenntnis genommen und somit auch den § 47 des
Gesundheitsgesetzes, der auf Seite 47 des SuchthilfeBerichtes festgehalten wurde, der besagt, dass der Kanton
Massnahmen in der Gesundheitsvorsorge trifft. Diese dienen
insbesondere
der
Gesundheitsförderung
und
Gesundheitserziehung, der Eindämmung von Suchtmitteln
und Suchtmittelreklamen.
Die Beiträge an die AHV aus der Tabaksteuer wiegen die
Verluste durch verfrühte nikotinbedingte Todes- und
Invaliditätsfälle in keiner Weise auf - von den Kosten im
Gesundheitswesen ganz zu schweigen. Daher stimmen
einige Mitglieder der SVP-Fraktion im Sinne des
Jugendschutzes der Entgegennahme zu!
Claudia Hofmann, SVP, Buchs: Der Schaden des Tabakund Alkoholwerbeverbotes ist für die betroffenen Firmen
beträchtlich. Bedenkt man, wie viele Sportvereine und
sonstige Anlässe durch Tabak- und Alkoholwerbung
gesponsert werden. Durch so einen Sponsoring ist es
möglich, diverse Veranstaltungen ohne die Angst eines
Defizites durchzuführen. Sollten wir also diese Motion
überweisen, so schaden wir den Vereinen und den
Investoren. Weiter appelliere ich an die Eigenverantwortung
eines jeden! So ist es nicht die Werbung, welche die
Jugendlichen zum Konsum verleitet, sondern das soziale
Umfeld. Durch Werbung wird nicht der Entscheid zum
Konsum animiert, sondern lediglich die Markenwahl. In
diesem Sinne bitte ich Sie, diese Motion nicht zu
überweisen!
Walter Deppeler, SVP, Tegerfelden: Mit dieser Motion wird
verlangt, Alkohol- und Tabakwerbung im Kanton Aargau
auf öffentlichen und privatem Grund zu verbieten. Meiner
Ansicht nach verstösst diese Motion gegen die
Gewerbefreiheit. Werbeverbote reduzieren den Konsum
nicht. Für Jugendliche wird es doch erst interessant, wenn
etwas verboten ist. Die bestehenden Vorschriften des
Bundes und die Möglichkeiten der Gemeinden zur
Einschränkung der Werbung für Alkohol und Tabak sind
ausreichend. Das Jugendschutzgesetz schreibt uns heute
schon vor:
- Abgabe von Alcopops, Spirituosen und Aperitife an unter
18-Jährige ist verboten.
- Abgabe von Wein und Bier und gegorener Most an unter
16-Jährige ist verboten.
Werbung ist nicht wirkungslos, es geht aber wohl eher
darum, den Konsumenten die verschiedenen Marken zu
präsentieren und vielleicht zum Wechseln der
Zigarettenmarke zu bewegen oder einfach um allgemein zu
informieren, um präsent zu sein, das gilt ja für jedes
Produkt.
Abgesehen davon gibt es noch verschiedene andere
Produkte, die ungesund oder schädlich sein könnten ausser
Tabak und Alkohol: Süsswaren, fetthaltige Nahrungsmittel
oder schnelle Autos z.B. Es wäre also zu befürchten, dass
weitere Werbeverbote auch für diese Produkte folgen
werden.
Werbeverbote verletzen Grundrechte. Werbung ist Teil der
volkswirtschaftlichen
Produktivität.
Wird
diese
eingeschränkt, wirkt sich das auch negativ auf die
Volkswirtschaft aus. In der heutigen kritischen
2595
Art. 1667
- Das Personal darf einen Personenausweis verlangen.
Die Jugendlichen sind überrascht, dass plötzlich ein
Ausweis verlangt wird.
Dieses Schild muss gut sichtbar in Restaurants oder an
Verkaufstellen von alkoholischen Getränken oder
Degustationsständen aufgehängt werden. Dies wird auch
durch die Lebensmittelkontrolle überprüft.
Was bedeutet dieses Verbot in wirtschaftlicher Sicht? Dieses
Jahr haben wir 200 Jahre Kanton Aargau gefeiert. Frau
Studer, haben Sie schon vergessen, dass an diesem grossen
Anlass namhafte Betriebe sehr viel Geld gespendet haben? Feldschlösschen - Rivella - Aarg. Weinbauverband Thurella - usw.
Alle diese Betriebe verkaufen Alkohol, Spirituosen oder die
neuen Modegetränke, mit oder ohne Alkohol.
Grössere Anlässe können heute ohne Sponsoren nicht mehr
kostendeckend durchgeführt werden. Jeder Sponsor will
aber eine Gegenleistung. Meistens werden an solchen
Anlässen im Festgelände eine Werbewand oder Werbebande
errichtet. Dies wollen Sie nun für Alkohol- und
Tabakanbieter verbieten! Ich meine, dass das Elternhaus und
die Jugendlichen selber auch die Eigenverantwortung für
Rauchen und Trinken übernehmen müssen. Wir brauchen
kein neues kantonales Gesetz. Ich bitte Sie, dieser Motion
für Entgegennahme mit Erklärung nicht zuzustimmen
Sylvia Flückiger-Bäni, SVP, Schöftland: Wenn ich davon
überzeugt wäre, dass ein Werbeverbot unsere Kinder und
Jugendlichen vom Alkohol und von den Zigaretten abhalten
würde, hätte ich mich für eine Überweisung der Motion
ausgesprochen, denn das macht auch mir sehr grosse
Sorgen!
Die Befürworter von Werbeverboten gehen davon aus, dass
das Verbot automatisch eine Reduktion des Konsums nach
sich zieht. Verschiedene wissenschaftliche Studien belegen
jedoch das Gegenteil!
Werbung ist jedoch nie oder kaum der Auslöser für den
Konsum von Alkohol und Tabak. In den häufigsten Fällen
führen sozialer Druck, eine gewisse Gruppendynamik oder
Gewohnheiten im familiären Umfeld dazu, dass Kinder und
Jugendliche zur Zigarette oder zu alkoholischen Getränken
greifen. Erziehung, verbunden mit entsprechender
Eigenverantwortung sind die griffigeren Massnahmen!
Wirtschaftsphase sollte alles unternommen werden, um
Arbeitsplätze zu erhalten, in diesem Falle eben auch bei der
Werbe-, der grafischen und der Druckindustrie! Zu
erwähnen ist auch das heute keineswegs mehr
selbstverständliche Sponsoring vor allem im Sportbereich.
Auch hier profitieren ja die Jugendlichen auf den
Fussballplätzen und überall. Hier müssten bei
Werbeeinschränkungen massive finanzielle Ausfälle in Kauf
genommen werden.
Die bestehenden Vorschriften des Bundes und die
Möglichkeit der Gemeinden zur Einschränkung der
Werbung für Alkohol und Tabak sind ausreichend. Wir
brauchen keine weiteren Vorschriften, sondern nur ein
konsequenter Vollzug der bestehenden Vorschriften und
Möglichkeiten. In diesem Sinne bitte ich Sie, diese Motion
abzulehnen!
Art. 1667
2. Dezember 2003
Franz Nietlispach, FDP, Zeiningen: Ich gebe zu, wenn ich
heute beim Mittagessen ein Glas Wein trinke, dann hat nicht
die Werbung auf mich Einfluss, sondern eher meine
Kollegen, weil ich sonst der einzige am Tisch wäre, der kein
Glas mittrinken würde! Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir alle hier drin können selber entscheiden, wir wissen, was
wir uns antun mit ständigem Tabak- und Alkoholkonsum.
Aber ich frage Sie, wissen das auch unsere Kinder? Können
unsere Kinder selber entscheiden, wenn sie mit 15, 14, 13
Jahren oder noch jünger anfangen zu rauchen? Können Sie
selber die Konsequenzen abschätzen? Ich spreche hier nicht
als Fraktionssprecher, sondern als Familienvater. Als Vater
eines Dreizehnjährigen, der auch schon Zigaretten
ausprobiert hat. Ich versuche meinen Sohn zu beeinflussen,
ich versuche, mit gutem Beispiel voranzugehen. Ich
versuche, ihn auch zum Sport zu animieren, aber stehe hier
in direkter Konkurrenz mit der Tabakwerbung, die ihm das
Blaue vom Himmel herunter verspricht. Ich komme aus der
Werbebranche und kenne die Botschaften, die diese
Werbung aussendet. Das Interessenfeld dieser Botschaften
kann ich eindeutig zuordnen, sie zielt eindeutig auf die
Jugendlichen! Glauben Sie wirklich, die Tabakkonzerne
würden Millionen ausgeben, nur um die Raucher
anzusprechen? Die Tabakindustrie braucht mindestens so
viele Neueinsteiger wie sie Aussteiger hat! Sie wissen sicher
auch, was ich mit "Aussteiger" meine!
Zur Gesundheit: Sie haben es gehört, die Zahlen sprechen
für sich. Wenn Sie bedenken, dass 80% der
Nikotinsüchtigen an Krebs erkranken und deswegen
frühzeitig sterben, dass 400 Personen pro Jahr der
Passivraucher an Krebs erkranken! Das ist die
gesundheitspolitische Komponente, 8'000 Tabaktote pro
Jahr, das ist 1/8 aller Todesfälle in der Schweiz!
Rund 40% der Raucher hören nämlich unfreiwillig auf zu
rauchen, weil sie vorzeitig sterben! - Die Tabakwerbung
sucht sich immer jüngere Kunden, die nicht 18-jährig und
älter sind; bereits die 13-Jährigen sind im Visier von Philipp
Morris! Bei 13-Jährigen können wir nicht alles unter
"Eigenverantwortung" abbuchen und einfach zusehen! Als
Politiker sind wir mitverantwortlich und deshalb bitte ich
Sie, die Motion zu überweisen!
Was Sie von der SVP gesagt haben, dass es ein relevanter
Anteil sei, worum es jetzt geht, dem ist zu widersprechen
mit klaren statistischen Erhebungen: es geht in der
Werbewirtschaft ungefähr um 1%! Wir müssen hier die
Verhältnismässigkeit wahren! Das ist hier in diesem Sinne
Kostenwahrheit oder Kostentransparenz!
Ich habe noch ein Wort zum Sponsoring, das zweimal
angesprochen wurde: Ich arbeite in einer grossen PharmaFirma in Basel, wo ich für das Sport-Sponsoring zuständig
bin. Wir gehen keine Sponsoring-Engagements ein, wenn
Partner der Tabak- oder Alkoholindustrie involviert sind!
Ich bitte Sie, die Motion zu überweisen!
Die gesellschaftspolitische Komponente: Welche Freiheiten
wollen wir? Es ist kein Werbeverbot, sondern lediglich eine
marginale Einschränkung kontra Jugendschutz! Also
Werbefreiheit kontra Jugendschutz!
Die finanzpolitische Diskussion: Ein Krebskranker kostet
pro Tag 4'000 Franken! 8'000 Krebstote haben wir pro Jahr
durch Tabak! Generiert zwischen 5-10 Milliarden pro Jahr.
Im Durchschnitt lebt ein Krebskranker 4 Jahre, man rechne!
Das ist Finanzpolitik!
Wirtschaftspolitische Diskussion: Unter Wirtschaft verstehe
ich Wertschöpfung. Wir sehen aber, dass der Ertrag mit dem
Aufwand
überhaupt
nicht
übereinstimmt!
Die
Volkswirtschaft bezahlt zwischen 5 und 10 Milliarden pro
Jahr gegenüber einem Ertrag von 1,33 Milliarden beim
Tabak! Beim Alkohol ist der Unterschied noch viel grösser:
3 Milliarden für die Volkswirtschaft, zirka 400 Millionen
Ertrag. Man rechne!
Als Entgegnung zu Claudia Hofmann: die Produzenten und
die Werbewirtschaft zahlen nichts ein für die
Volksgesundheit! Sie müssen lernen, die Kosten
mitzutragen!
Selbstverantwortung heisst auch für mich persönlich, dass
ich zukünftig die Kosten, die ich durch mein Fehlverhalten
der Gesellschaft gegenüber verursache, selber übernehmen
möchte. Tun Sie das als Alkohol- und Nikotinkonsument!
Martin Bhend, EVP, Oftringen: Es scheint, dass wir uns die
politische Prioritätenfrage stellen müssen! Welche
politischen Prioritäten setzen wir? Was hat für uns den
höchsten Anteil an Herzblut? Ich denke, das Hauptgewicht
liegt bei der Gesundheit. Wenn ich frage, was ist der
wichtigste Wert? Ich denke, Sie alle sagen dann, die
Gesundheit! Die zweite Priorität ist m. E. die
gesellschaftspolitische Komponente, dann kommt die
Wirtschafts- oder allenfalls die Finanzpolitik.
Beat Unternährer, SVP, Unterentfelden: Es stimmt, die
Folgen von Alkohol- und Nikotinmissbrauch sind
alarmierend! Hier sind wir gefordert, vor allem in der
Prävention! Es ist jedoch zu einfach, einen
Wirkungszusammenhang zwischen universell präsenter
Werbung
und
dem
Auftreten
von gesundheitlichem Fehlverhalten zu konstruieren! Es
könnte hinreichend begründet werden, dass die
Wahrscheinlichkeit, mit dem Rauchen oder dem Trinken zu
beginnen, von anderen Rahmenbedingungen entscheidender
beeinflusst wird, z.B. positive Bewertung typischer
Verhaltensweisen wie Genuss, keine Schwäche zeigen,
erwachsen aussehen, Zigaretten- und Alkoholkonsum der
Eltern, starke Bindung an eine rauchende und
alkoholtrinkende Clique, die gleichzeitigen Defizite in der
Qualität der Eltern-Kindbeziehung usw. Thierry Burkart hat
Klarheit über den Zusammenhang in der Werbung gegeben.
Die Werbung kann innerhalb eines wachsenden oder eines
schrumpfenden Marktes Anteile verschieben, nicht mehr
und nicht weniger! Für den Anbieter eines bestimmten
Produktes ist es aber enorm wichtig, auf Kosten der
Konkurrenz seine Stellung innerhalb des gegebenen Marktes
zu halten oder wenn möglich auszubauen! Genau dafür
macht er nämlich Werbung. Herr Philipp Morris oder Herr
Camel oder Frau Parisienne möchten doch einfach ihre
Stellung halten bzw. ausbauen. D.h. die Leute, die rauchen,
dazu zu bringen, vielleicht auch einmal ein Päckchen Camel
statt Marlboro zu kaufen.
Sie sehen, eine Einschränkung wie von der Motionärin
gefordert, ergibt in keiner Art und Weise einen Sinn, zumal
sie Freiheitsrechte untergräbt! Ich bitte Sie, sich der
Entgegennahme der Motion zu widersetzen!
2596
2. Dezember 2003
Vorsitzende: Wir haben noch weitere Wortmeldungen,
(Schluss der Sitzung um 12.30 Uhr.)
unterbrechen jedoch hier die Beratung dieses Geschäftes.
Ich wünsche Ihnen einen guten Appetit. Die Sitzung ist
geschlossen.
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2597
Art. 1667
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