Beginn um 9

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Wiener Landtag
18. Wahlperiode
9. Sitzung vom 30. März 2007
Wörtliches Protokoll
Inhaltsverzeichnis
1. Entschuldigte Abgeordnete
2. Fragestunde
1. Anfrage
(FSP - 01412-2007/0001 - KFP/LM)
2. Anfrage
(FSP - 01410-2007/0001 - KGR/LM)
3. Anfrage
(FSP - 00270-2007/0001 - KVP/LM)
4. Anfrage
(FSP - 01406-2007/0001 - KSP/LM)
5. Anfrage
(FSP - 01411-2007/0001 - KFP/LM)
S. 3
S. 3
S. 5
S. 7
S. 10
S. 16
S. 17
S. 18
S. 19
S. 20
S. 21
S. 22
S. 23
4. Mitteilung des Einlaufs
S. 24
5. Umstellung der Tagesordnung
S. 24
7. LG – 03799-2006/0001; P 4: Entwurf eines
Gesetzes, mit dem die Wiener Landarbeitsordnung 1990 geändert wird (Beilage
Nr 4/2007)
Berichterstatterin: Amtsf StRin Mag Ulli Sima
Redner:
StR Johann Herzog
Abg Ingrid Puller
Abg Christian Hursky
Abg Mag Rüdiger Maresch
Abg Erich VALENTIN (tatsächliche
Berichtigung)
Abg Mag Rüdiger Maresch (tatsächliche
Berichtigung)
Abstimmung
8. 00011-2007/0001-MDSALTG; P 2: Bericht
S. 29 u. 35
S. 29
S. 30
S. 32
S. 33
S. 34
S. 35
S. 36
S. 12
3. AST – 01472-2007/0002-KVP/AL: Aktuelle
Stunde zum Thema "Für den Schutz der
Wiener Nahversorgung vor dem EKZWildwuchs auf der grünen Wiese – eine Reform der Wiener Bauordnung ist notwendig!"
Redner:
Abg Dr Matthias Tschirf
Abg Veronika Matiasek
Abg Dipl-Ing Sabine Gretner
Abg Friedrich Strobl
Abg Dr Herbert Madejski
Abg Heidemarie Cammerlander
Abg Dkfm Dr Fritz Aichinger
Abg Nurten Yilmaz
6. 01510-2007/0001-MDSALTG; P 5: Wahl
eines Mitgliedes und eines Ersatzmitgliedes
des Bundesrates
des Kuratoriums der Museen der Stadt Wien
über das Jahr 2005 (Beilage Nr 2/2007)
Berichterstatter: Amtsf StR Dr Andreas
Mailath-Pokorny
Redner:
Abg Mag Harald STEFAN
Abg Mag Marie Ringler
Abg Ing Mag Bernhard Dworak
Abg Jürgen Wutzlhofer
Abg Dr Franz Ferdinand Wolf
Abg Mag Johann Gudenus, MAIS
Abstimmung
9. LG – 00183-2007/0001; P 1: Entwurf eines
Gesetzes, mit dem die Besoldungsordnung 1994 und die Vertragsbedienstetenordnung 1995 geändert werden (Beilage
Nr 3/2007)
Berichterstatterin: Amtsf StRin Sandra
Frauenberger
Abstimmung
10. LG – 03612-2006/0001; P 3: Entwurf eines
Gesetzes, mit dem die Wiener land- und
forstwirtschaftliche Berufsausbildungsordnung 1992 geändert wird (Beilage Nr 1/2007)
Berichterstatterin: Amtsf StRin Mag Ulli Sima
Rednerin:
Abg Mag Sybille Straubinger
Abstimmung
11. PGL - 01498-2007/0001 - KGR/MDLF: Dringliche Anfrage der Abgen Mag Rüdiger
Maresch und Dipl-Ing Martin Margulies,
betreffend Parkabgabegesetz
S. 24
Begründung durch Abg Mag Rüdiger
Maresch
Beantwortung von LhptmStin Mag Renate
Brauner
Redner:
Abg Mag Rüdiger Maresch
S. 24 u. 28
Abg Anton Mahdalik
Abg Mag Wolfgang Gerstl
S. 24
Abg Johann Hatzl (tatsächliche Berichtigung)
S. 26
Abg Siegi Lindenmayr
S. 26
Abg Mag Dietbert Kowarik
S. 27
Abg Dipl-Ing Martin Margulies
Abg Dr Kurt Stürzenbecher
S. 27
12. PGL - 01497-2007/0001 - KFP/MDLF: DringS. 28
liche Anfrage der Abgen DDr Eduard Schock
S. 28
und Veronika Matiasek, betreffend generelles
Bettelverbot
Begründung durch Abg DDr Eduard Schock
S. 37
S. 37
S. 37
S. 37
S. 38
S. 38
S. 39
S. 41
S. 43
S. 45
S. 47
S. 47
S. 49
S. 51
S. 52
S. 53
Beantwortung von Amtsf StRin Sandra
Frauenberger
Redner:
Abg Veronika Matiasek
StR David Ellensohn
S. 56
S. 58
S. 61
Abg Dr Wolfgang Aigner
Abg Godwin Schuster
StR Johann Herzog
Abg Mag Wolfgang Jung
Abg Dr Kurt Stürzenbecher
S. 64
S. 65
S. 67
S. 70
S. 73
Landtag, 18. WP
30. März 2007
(Beginn um 9.01 Uhr)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Schönen guten Morgen, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Ich darf Sie recht herzlich begrüßen und bitte
Sie, zur 9. Sitzung des Wiener Landtages, die ich hiermit
eröffne, Platz zu nehmen.
Entschuldigt sind heute eine Reihe von Abgeordneten: Herr Abg Dr Aigner bis zirka 14 Uhr aus dienstlichen
Gründen, Frau Abg Martina Ludwig ab 17.30 Uhr, Herr
Abg Dr Mayer zwischen 10 Uhr und 12 Uhr wegen eines
Begräbnisses, Herr Abg Vettermann ab 12 Uhr dienstlich, Herr Abg Woller zwischen 12 Uhr und 14.30 Uhr,
Frau Abg Mag Korun wegen einer Dienstreise, Herr
Abg Parzer ist im Ausland, Frau Abg Schubert ist beim
Arzt, und Herr Abg Dr Ulm ist krank gemeldet.
Wir kommen zur Fragestunde.
Die 1. Anfrage (FSP - 01412-2007/0001 - KFP/LM)
wurde von Frau Abg Veronika Matiasek gestellt und ist
an die Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz
und Personal gerichtet. (Wie viele Asylwerberinnen, die
als Prostituierte in Wien arbeiten, bekommen Leistungen
aus der Grundversorgung?)
Ich bitte um Beantwortung, und ich bitte auch um ein
bisschen mehr Ruhe im Saal, so dass wir hören können,
was Frau StRin Frauenberger zu sagen hat.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Danke schön.
Schönen guten Morgen, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Abgeordnete!
Das Land Wien hat sich, wie auch der Bund und alle
anderen Länder, im Rahmen der Grundversorgungsvereinbarung gemäß Art 15a B-VG im Jahr 2004 zur Gewährung der vorübergehenden Grundversorgung für
hilfs- und schutzbedürftige Fremde, welche ihren Hauptwohnsitz beziehungsweise ihren Aufenthalt in Wien
haben, verpflichtet. Zur Umsetzung dieser Vereinbarung
wurde das Wiener Grundversorgungsgesetz erlassen.
Dieses setzt für die Gewährung von Leistungen der
Grundversorgung neben der genau definierten Schutzbedürftigkeit die Hilfsbedürftigkeit der Fremden voraus.
Hilfsbedürftig ist, wer seinen Lebensbedarf nicht oder
nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann, konkret, wer über kein ausreichendes
Einkommen zur Bestreitung seines Lebensunterhalts
verfügt. Leistungen aus der Grundversorgung, welche
unter anderem Unterbringung, Verpflegung, die Gewährung eines Taschengeldes, medizinische Betreuung und
Krankenversorgung umfassen, werden auf Grund eines
Beschlusses
des
Gemeinderates
vom
19. Dezember 2003 zuständigkeitshalber vom Fonds
Soziales Wien erbracht, und vom Fonds Soziales Wien
werden auch die Anspruchsvoraussetzungen wie die
Hilfsbedürftigkeit überprüft und allfällige Einkommen,
welche der Deckung des Lebensbedarfes dienen können, erhoben. Zu diesem Zwecke haben die Antragstellerinnen und Antragsteller entsprechende Angaben zu
machen und Unterlagen vorzulegen, wie zum Beispiel
eine Bestätigung über eventuell zu Ende gegangene
Arbeitsverhältnisse, einen Nachweis der Dauer der Ar-
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beitsverhältnisse und der Höhe der Einkünfte, Bestätigungen über eventuell beendete Leistungen der öffentlichen Hand, Bestätigungen über Einkommen von nicht
Zielgruppen angehörigen EhepartnerInnen beziehungsweise unterhaltsverpflichteten Personen oder auch Bestätigungen über eine zu Ende gegangene Unterstützung
durch Privatpersonen.
Die Hilfsbedürftigkeit wird weiters geprüft an Hand
von Anfragen an die Datenbank des Hauptverbandes der
Sozialversicherungsträger im Zusammenhang mit der
Wiener Gebietskrankenkasse und der MA 15 sowie an
Hand von Informationen durch das Arbeitsmarktservice.
Sobald der Fonds Soziales Wien davon Kenntnis erlangt, dass Personen, die Leistungen aus der Grundversorgung beziehen, Prostitution ausüben und ihren Lebensbedarf aus dieser Tätigkeit bestreiten, werden die
betreffenden Personen über den Wegfall der Anspruchsvoraussetzung informiert, und erforderlichenfalls werden
die Leistungen der Grundversorgung eingestellt. Damit
wird das dem Fonds Soziales Wien Mögliche getan,
damit keine Leistungen aus der Grundversorgung zu
Unrecht bezogen werden.
Illegale Prostitution ist jedoch nicht vom Magistrat der
Stadt Wien und auch nicht vom Fonds Soziales Wien,
sondern von der Polizei zu bekämpfen. Außerdem ändert
sich an der Zahl der illegal Prostituierten ständig etwas,
sodass keine konkrete Zahl zur Frage einer etwaigen
Überschneidung von Grundversorgung und Prostitutionsausübung benannt werden kann.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke für die Beantwortung.
Wir kommen zur 1. Zusatzfrage: Frau Abg Matiasek.
Abg Veronika Matiasek (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Stadträtin! Wir entnehmen es
unseren Akten über Subventionen an Vereine, die sich
um die Betreuung von Prostituierten kümmern, immer
wieder, und diese Zahl sowie die Angaben der Polizei
sind sicherlich glaubhaft: Mit leichten Veränderungen
haben wir jetzt in Wien von der Gesamtzahl her ein Drittel legale und zwei Drittel illegale Prostituierte. Das ist mit
allen möglichen Problemen verbunden, von Gesundheitsproblemen angefangen bis hin zu den sozialen
Problemen, aber auch den Problemen für das Umfeld, in
denen die Straßenprostitution begangen wird.
Ich stelle daher meine erste Anfrage: Es kann nicht
im Sinne der Frauenpolitik, aber auch der Politik insgesamt sein, die sich über weitere Bereiche bis hin zur
Sicherheit erstreckt, dass wir diese hohe Anzahl an Prostituierten in Wien haben und weiterhin haben werden.
Wenngleich das Vorgehen gegen illegale Prostitution in
den Händen der Polizei liegt, würde ich gerne wissen,
welche Intentionen Sie haben, Frau Stadträtin, und welche Maßnahmen getroffen werden könnten, um diese
doch recht hohe Anzahl von illegal Prostituierten abzubauen, die meiner Meinung nach natürlich auch deswegen so hoch ist, weil man etwa auch Asylwerbern die
Prostitution möglich macht. Wie könnte man diese hohe
Zahl abbauen? Gibt es da auch von Ihrer Seite Intentionen und Vorschläge?
Landtag, 18. WP
30. März 2007
Präsidentin Erika Stubenvoll: Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Zuerst möchte
ich etwas zur Situation von Prostituierten sagen, denn
wir haben dazu gerade wieder eine sehr aktuelle Diskussion. Mir ist es sehr wichtig, dass wir die Lebenssituation
der Prostituierten beachten, die letztlich von Ausgrenzung, Isolation und natürlich auch von Stigmatisierung
und Gewalterfahrungen gekennzeichnet ist. Oftmals sind
vor allem ältere Prostituierte auch mit Armut und Obdachlosigkeit konfrontiert.
Im Hinblick darauf meine ich, wenn Forderungen in
diesem Zusammenhang gestellt werden, dass diese
äußerst sensibel zu diskutieren sind. Gerade im Zusammenhang mit illegaler Prostitutionsausübung bringt der
Ruf nach mehr Polizei letztendlich gewiss nicht viel.
Ganz im Gegenteil: Ich würde es für sehr problematisch
halten, weil wir damit letztlich einen Verdrängungsprozess einleiten würden und gewissermaßen nach dem
Florianiprinzip vorgehen müssten.
Aber lassen Sie mich sagen, dass wir uns gerade
jetzt in der Stadt gut überlegt haben, wie wir ein sehr
niedrigschwelliges Angebot für Prostituierte formulieren
können, um ihnen gerade betreffend Gesundheit und
Sicherheit ein entsprechendes Angebot machen zu können. Die Gesetzgebungskompetenz des Wiener Landtags im Bereich der Anbahnung und Ausübung von Prostitution beruht ja ausschließlich auf dem Kompetenztatbestand der Sittlichkeitspolizei. Die gesundheitlichen
Gefahren, vor denen zu schützen ist, sowie die gewerbeund zivilrechtlichen, aber auch die arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Aspekte fallen in den Bereich des
Sicherheits- und Fremdenpolizeigesetzes und sind nicht
in Landeskompetenz. Das heißt, wenn wir hier Probleme
angehen wollen, dann geht es in erster Linie darum,
welche Angebote wir in der Stadt formulieren können,
und da sind wir auch als Stadt sehr gut aufgestellt.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön.
Wir kommen zur 2. Zusatzfrage: Frau Abg Mag Antonov, bitte.
Abg Mag Waltraut Antonov (Grüner Klub im Rathaus): Ich möchte vorweg darauf aufmerksam machen,
dass wir ein bisschen vorsichtiger mit den Begriffen sein
müssen. Man kann nicht einfach von „legalen“ und „illegalen“ Prostituierten sprechen. Prostitution ist nicht verboten, daher kann es keine illegalen Prostituierten geben, sondern es kann nur illegalisierte Frauen geben.
Die Situation der Frauen in der Sexarbeit ist natürlich
schwierig, und wenn es um Begriffe wie „legal“ und „illegal“ geht, ist auch noch anzumerken, dass – wie Kollegin
Matiasek auch gesagt hat – für Asylwerberinnen die
legale Prostitution die einzige Möglichkeit ist, legal Geld
zu verdienen. – Das ist an sich schon eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, die dringend abgestellt
werden müsste, allerdings nicht in die Richtung, dass
man den Asylwerberinnen auch noch das verbietet,
sondern dass man Asylwerberinnen Arbeit genehmigt
und Arbeitsbewilligungen gibt.
Frau Stadträtin! Sie haben gesagt, Polizeieinsatz und
Florianiprinzip sind keine wirklichen Lösungsansätze. –
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Es freut mich, dass Sie das sagen, denn wir haben im
15. Bezirk genau diese Lösungsansätze erlebt und gesehen, dass sie zu nichts führen!
Sie haben auch gesagt, dass niedrigschwellige Beratungseinrichtungen notwendig sind, und ich entnehmen
dem, dass Sie die Absicht haben, die Beratungseinrichtungen in Zukunft stärker zu stützen. Deshalb meine
Frage: Wie beurteilen Sie die Notwendigkeit, langfristig
finanzierte niedrigschwellige Beratungseinrichtungen zu
unterstützen und zusätzlich einzurichten?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Frau Stadträtin, bitte.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Sie sprechen da
etwas an, was mir ganz wichtig ist. Wenn wir sagen,
dass wir ein niedrigschwelliges Angebot machen möchten, dann geht es jetzt eigentlich nur mehr um die Umsetzung, und diese gehe ich auch an. Wir haben bereits
die STD-Ambulatorien, die auch von der Szene sehr gut
angenommen werden, wo viele Gesundheitsaspekte
berücksichtigt werden und wo wir damit, dass wir auf die
Frauen zugehen, sehr gute Erfahrungen gemacht haben.
Darüber hinaus muss es noch ein begleitendes Angebot mit rechtlicher Beratung, Unterstützung bei der
gesundheitlichen Betreuung sowie Hilfe und Unterstützung bei der Motivation, aus diesem Geschäft herauszukommen, eine andere Beschäftigung zu finden und ein
selbst bestimmtes Leben führen zu können, geben.
Es hat das sehr erfolgreiche Equal-Projekt „Sofie“
gegeben, und die Erfahrungen, die wir dabei gemacht
haben, haben uns sehr beeindruckt. Deshalb haben wir
uns auch vorgenommen, dass wir mit 11. Mai mit der
Magistratsabteilung 57 in unseren Ausschuss gehen, um
die Weiterführung dieser niedrigschwelligen Beratungsangebote zu garantieren. Dabei geht es um psychosoziale Beratung und um Unterstützung und Begleitung in
verschiedenen Sprachen, etwa um Beratung bei Schulden, bei Fragen zur Versicherung, zur Registrierung,
zum Aufenthalt, zum Arbeitsmarktzugang, zur Gewalt,
zur Gesundheit, zur Sexualität, zum Wohnen und
schließlich auch zum Umstieg und zur beruflichen Neuorientierung.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön.
Wir kommen zur 3. Zusatzfrage: Frau Abg Mag Ekici.
Abg Mag Sirvan Ekici (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Ich möchte beim Thema Frauen bleiben, es betrifft
aber nicht Prostituierte.
Meine Frage lautet wie folgt: Wie sieht in Wien die Situation von alleinstehenden asylwerbenden Frauen mit
Kind oder Kindern aus, die im Rahmen der Grundversorgung sind? Gibt es genug Wohnmöglichkeiten für diese
Personengruppen?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Wir sind in der
Grundversorgung mit unseren Angeboten und mit der
Kooperation mit dem Fond Soziales Wien sehr gut aufgestellt. Ich habe zwar eine sehr vielfältige Geschäftsgruppe, aber der Unterschied zwischen Vielfältigkeit und
Kraut und Rüben liegt in der Qualität. Insofern möchte
ich sagen, dass eine qualitätsvolle Antwort von der ande-
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30. März 2007
ren Geschäftsgruppe kommen müsste. Ich weiß aber,
was Sie hier ansprechen, und ich kann Ihnen garantieren: Ein humaner Zugang und Umgang ist uns ganz
wichtig, wir gehen auf die Bedürfnisse ein und achten
darauf, dass wir unserer Verpflichtung und Verantwortung entsprechend nachkommen. Das kann ich Ihnen
zusagen. Genaueres bitte an der richtigen Adresse!
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. 4 Zusatzfrage: Frau Abg Matiasek.
Abg Veronika Matiasek (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Betreuung und Beratung sind selbstverständlich eine
Schiene, um Frauen auch zum Ausstieg zu bewegen.
Übrigens möchte ich anmerken, dass es selbstverständlich legale und illegale Prostituierte gibt. Die einen
lassen sich registrieren und üben dann das Gewerbe
aus, und die anderen tun das eben nicht. Ich glaube, das
muss man schon so festhalten. Und es kann nur unser
Bestreben sein, die Zahl dieser illegal arbeitenden Prostituierten mit dem gesamten negativen Umfeld bis hin zur
Kriminalität zu überwachen, denn diese Frauen arbeiten
ja nicht allein, dahinter steht immer beziehungsweise
oftmals eine ganze Organisation. Es müsste daher nicht
nur unser Bestreben sein, die involvierten Frauen zu
beraten und zu betreuen, sondern auch die große Anzahl
an nicht registrierten Prostituierten, die nachweislich den
größeren Teil darstellen, zu minimieren. Und da muss
man natürlich auch auf einer anderen Schiene ansetzen.
Sie haben mir leider nicht beantwortet, was Sie sich
außer dem Angebot für die Frauen selbst noch vorstellen
könnten, um diesen illegalen Strich beziehungsweise die
illegale Prostitution zu dezimieren.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Ich habe das aus
meiner Sicht sehr wohl getan. Ich glaube aber, dass es
einen unterschiedlichen politischen Zugang zu dieser
Frage gibt. Insofern werden wir bei der Beantwortung
letztlich nie zusammenkommen!
Mein politischer Zugang ist, dass es rechtliche Rahmenbedingungen gibt, nach welchen sich alle zu richten
haben, egal, ob sie seit Generationen hier leben oder ob
sie zugewandert sind, ob sie asylberechtigt sind oder
nicht. Wir haben auch betreffend Prostitution viele Regelungen in dieser Stadt festgelegt. Dafür, dass das eingehalten wird, ist von beiden Seiten zu sorgen, es ist aber
auch dafür zu sorgen, dass es Perspektiven für diese
Frauen gibt. Und im Hinblick darauf bin ich der Meinung,
dass wir mit mehr Polizei, mit Schutzzonen und Prostitutionsverboten gar nichts erreichen werden. Auf diese
Weise würden wir dieses Problem nur weiter in die Illegalität schieben, wo wir noch weniger Zugriff haben.
Daher soll es auf der einen Seite den Zugang geben,
dass wir schützen, kontrollieren und dafür sorgen, dass
die Regeln eingehalten werden. Parallel dazu soll es
aber den humanen Zugang in meinem Sinn geben, indem wir dafür sorgen, dass die Frauen gut versorgt und
nicht von Gewalt bedroht sind und wir ihnen letztlich
Beratung und Perspektiven anbieten.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. Damit
9. Sitzung / 5
ist die 1.Frage erledigt.
Wir kommen nur zur 2. Anfrage (FSP - 014102007/0001 - KGR/LM). Sie wurde von Frau Abg Dr Sigrid
Pilz gestellt und ist an die Frau amtsführende Stadträtin
der Geschäftsgruppe Gesundheit und Soziales gerichtet.
(Sehr geehrte Frau Stadträtin: Mit der Novelle der
Dienst- und Besoldungsordnung 2002 [LGBl 15/2002]
wurde ein neues Gehaltsschema für bei der Gemeinde
Wien angestellte ÄrztInnen eingeführt. Eine deutliche
Gehaltserhöhung für das medizinische Personal wurde
mit Rationalisierungsmaßnahmen im Krankenhausbetrieb auf der anderen Seite junktimiert. Welche konkreten Auswirkungen hatte nun die oben genannte Gesetzesnovelle auf den Krankenhausbetrieb?]
Ich ersuche Sie um Beantwortung.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Sehr geehrte Frau
Abgeordnete!
Sie fragen mich, welche konkreten Auswirkungen die
Gesetzesnovelle, mit der das neue Gehaltsschema eingeführt wurde, auf den Krankenhausbetrieb gehabt hat.
Vorher führen Sie in der Frage aus, dass diese Gehaltserhöhung für das medizinische Personal mit Rationalisierungsmaßnahmen im Krankenhausbetrieb junktimiert
wurde. – Es wurde nicht nur damit, sondern zum Beispiel
auch mit der Abschaffung der so genannten AZVArbeitszeitverkürzungstage junktimiert, die abgeschafft
wurden, was rund 5 Millionen EUR eingebracht hat, und
mit der Anhebung des Infrastrukturbeitrages.
Es sind aber auch ganz konkrete Auswirkungen auf
den Krankenhausbetrieb zu nennen. Mit der Zustimmung
der Personalvertretung ist es gelungen, in einigen Bereichen verschobene Dienste und flexible Arbeitszeiten
einzuführen. Beispiele dafür sind die Orthopädie im OttoWagner-Spital und im Donauspital, die Augenabteilung in
der Rudolfstiftung, die Anästhesie und die Herzchirurgie
im Krankenhaus Hietzing, die plastische Chirurgie und
die Anästhesie in der Rudolfstiftung, die Chirurgie im
Kaiserin-Elisabeth-Spital, die Neurochirurgie im Donauspital und in der Rudolfstiftung, die Kinderchirurgie im
Donauspital und die Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde im Preyer´schen Kinderspital.
Darüber hinaus ist es bereits in einigen Bereichen
gelungen, Wochenkliniken zu installieren. Ich bin der
Meinung, dass das weiter offensiv ausgebaut werden
muss, und es ist in der nächsten Zeit mit einigen weiteren Wochenkliniken zu rechnen.
Vor eine Problematik wurden wir durch die bundesgesetzliche Änderung des Ärztegesetzes gestellt,
wodurch die ärztliche Anwesenheit von 8 bis 13 Uhr und
die Nachtdienste vor allem betreffend die Turnusärzte
festgelegt werden. Es gab damals, wie Sie wissen, von
allen Bundesländern Kritik daran, weil das die Flexibilität
einschränkt. Nichtsdestotrotz hat der Bundesgesetzgeber so entschieden. Ich bin mit dieser Regelung gar nicht
glücklich, und ich hoffe, dass man da vielleicht etwas
anderes machen kann, denn das schränkt uns natürlich
sehr in dem Wunsch nach Flexibilisierung ein, hinter dem
ich zu 100 Prozent stehe.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. Wir
Landtag, 18. WP
30. März 2007
kommen zur 1. Zusatzfrage: Bitte, Frau Dr Pilz.
Abg Dr Sigrid Pilz (Grüner Klub im Rathaus): Frau
Präsidentin! Frau Stadträtin!
Wir sind im Anliegen offensichtlich einer Meinung, mir
geht es allerdings zu langsam. Immerhin haben wir bereits 2001 all diese Vorhaben tatsächlich in eine verdiente und von mir in keiner Weise in Frage gestellte Lohnzubuße für die Ärzteschaft umgesetzt. Es war in Summe
ein Gehaltsplus von 12,78 Prozent, wobei die Abteilungsund Institutsvorstände mit 15,24 Prozent noch besser
abschneiden. Man hat also viel investiert, das schlägt
sich auch in den Pensionszahlungen nieder, die Gemeinde Wien lässt sich das also etwas kosten.
Ich finde aber, Sie müssten auf den Tisch hauen und
die andere Seite der Zusage besser einfordern. Sie haben mir nämlich auf eine schriftliche Anfrage geantwortet, dass nur 5,2 Prozent der Patienten und Patientinnen
in den Gemeindespitälern Sonderklassepatienten sind.
Die Idee war aber, genau diese nicht vom eigenen Personal nach draußen abzuwerben, sondern im Haus zu
betreuen, damit die Gemeinde Wien auch finanziell etwas davon für die Spitäler hat. Warum, Frau Stadträtin,
verzichten Sie auf geeignete strenge Maßnahmen, um
diesen Anteil, der ständig gleich bleibt, auszubauen?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Es ist jetzt ein
bisschen schwierig, freundlich zu bleiben. Ich bin nun
genau zwei Monate im Amt. Zu dem Zeitpunkt, als dieses Abkommen geschlossen wurde, nämlich im Jahr
2000, war ich gerade Gemeinderätin hier im Haus. Sie
können sich aber sicher sein, dass ich diese Sache mit
großer Vehemenz verfolgen werde!
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. Wir
kommen zur 2. Zusatzfrage: Bitte, Frau Abg Korosec.
Abg Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Präsidentin! Frau Stadträtin!
Sie waren auch im Gesundheitsausschuss, daher
kennen Sie das Problem, dass man gerade in Wien bei
Operationen oft sehr lange Wartezeiten hat, weil es – um
das im Fachjargon zu sagen – zu wenig lange Tische
gibt. Jetzt gibt es den Kontrollamtsbericht vom Jahr
2006, in dem auch sehr kritisch vermerkt ist, dass die
Arbeitszeitmodelle bei den einzelnen Dienstgruppen im
OP-Bereich überhaupt nicht aufeinander abgestimmt
sind und es auch deswegen zu diesen langen Wartezeiten kommt.
Jetzt möchte ich Sie fragen: Was wurde, bereits bevor Sie Stadträtin wurden, unternommen beziehungsweise was werden Sie unternehmen, um das abzustellen?
Wenn das nämlich gelänge, könnten die Wartezeiten
deutlich verkürzt werden.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Zunächst ist zur
Frage der langen Wartezeiten zu sagen, dass natürlich
das Bessere immer der größte Feind des Guten ist. Wir
liegen sowohl im österreichischen als auch im europäischen Vergleich sehr gut. Wir müssen aber noch besser
werden, und ich denke, dass insbesondere eine Erweiterung der Flexibilisierung der Arbeitszeit der Ärztinnen
9. Sitzung / 6
und Ärzte sehr wichtig wäre, denn wir haben in jenen
Bereichen, die ich vorher aufgezählt habe, in denen es
bereits eine Flexibilisierung gibt, gesehen, dass zum
Beispiel die OPs viel besser ausgenützt werden können.
Natürlich besteht hier auch die Problematik der Arbeitszeiten der unterschiedlichen Berufsgruppen. Das ist nicht
leicht zu verändern, aber wir sehen in den Bereichen, wo
das gelungen ist, dass viel mehr Operationen durchgeführt werden können, und ich glaube daher, dass wir
diesen Weg weitergehen werden müssen und auch
weitergehen werden.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. Wir
kommen zur 3. Zusatzfrage: Frau Abg Dr Laschan, bitte.
Abg Dr Claudia Laschan (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr
geehrte Frau Stadträtin!
Ich habe diese Diskussion, die bereits einige Jahre
geführt wird, und die diesbezüglichen Bemühungen, die
es schon seit einigen Jahren gibt, sehr genau verfolgt.
Mir ist bewusst, dass man die medizinischen Fächer
nicht über einen Kamm scheren kann. Es gibt, wie wir
wissen, unterschiedliche Fachrichtungen, die immer
spezialisierter und differenzierter werden. Deswegen
sind natürlich auch die Lösungen differenziert zu gestalten. Dabei muss man sich auch überlegen, welche die
Ziele einer Flexibilisierung sind und wem sie dienen
sollen. Soll es zu einer Effizienzsteigerung bei den Operationen kommen, indem man sozusagen rund um die
Uhr operiert? – Das wird in einigen Bereichen gut sein, in
anderen wieder nicht, denn man muss in erster Linie,
und zwar vor der Effizienz, das Wohl der Patienten im
Kopf haben, und da gibt es zwischen den verschiedenen
Abteilungen und den verschiedenen Fächern Unterschiede. Sie haben jetzt gerade angeführt, in welchen
Bereichen es zu einer Flexibilisierung gekommen ist.
Es sind das jetzt schon viele Bereiche, vor allem operative Fächer, und ich möchte daher fragen: Welchen
Vorteil haben die bisher durchgeführten Flexibilisierungen für die Patienten und Patientinnen gebracht?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Bitte, Frau Stadträtin!
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Frau Abgeordnete!
Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie den Punkt erwähnt
haben, um den es nämlich eigentlich geht: Es geht um
die perfekte Versorgung der Patientinnen und Patienten,
und die Effizienz, allerdings im Sinne der Patienten und
Patientinnen, ist ein ganz wichtiger Punkt.
Die Flexibilisierung der Arbeitszeit führt einerseits
dazu, dass Routineeingriffe länger vorgenommen werden können. Es können daher mehr Eingriffe in hoher
Qualität vorgenommen werden. Durch eine flexiblere
Arbeitszeit der Ärztinnen und Ärzte kann man auch im
Aufnahme- und Entlassungsmanagement sehr flexibel
auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten eingehen. Außerdem besteht vermehrt die Möglichkeit,
Personalkapazitäten vom Vormittag in den Nachmittag
zu verlegen, was meines Erachtens neben der Verbesserung der Patientinnen- und Patientenversorgung auch
eine Verlängerung der Ansprechbarkeit von kompetentem Personal für Angehörige bewirkt, und das dient
Landtag, 18. WP
30. März 2007
wiederum den Patientinnen und Patienten.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. Wir
kommen zur 4. Zusatzfrage: Bitte, Herr Abg Mag Ebinger.
Abg Mag Gerald Ebinger (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Wenn in der Frage von „Auswirkungen auf den Krankenhausbetrieb" gesprochen wird, dann sollte das auch
bedeuten, dass Ärzte nach dem Nachtdienst nach Hause
gehen können und nicht noch länger bleiben müssen,
weil unter Umständen zu wenige da sind. In diesem
Zusammenhang wurde uns von Ihrer Vorgängerin einmal
als Antwort gegeben, dass es im Donauspital zur Dienstplanerstellung und Abrechnung das elektronische
Dienstplanprogramm ESF gibt, das insbesondere die
Kontrolle der Einhaltung der Arbeitszeit im Hinblick auf
die Höchstgrenzen gemäß Krankenanstaltenarbeitszeitgesetz 1997 gewährleisten soll. Damals wurde uns gesagt, dass es in ausgewählten Abteilungen eine Ist-ZeitErfassung mittels Stechuhr und elektronischer Auswertung geben wird. Das sollte im Sommer letzten Jahres in
Probebetrieb gehen, und jetzt sollten eigentlich bereits
Ergebnisse vorliegen, inwiefern die Dienstzeiten auf
Grund dieser Maßnahmen eingehalten werden beziehungsweise welche Adaptierungsmaßnahmen notwendig
sind. Können Sie mir darauf eine Antwort geben?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Grundsätzlich ist
es so, dass die maximale Wochenarbeitszeit für Ärzte
bei 73 Stunden liegt und wir einen Schnitt von
58 Stunden haben. Darüber bin ich sehr froh, und ich
würde sofort Maßnahmen setzen, wenn es nicht so wäre.
Diese Daten verstehen sich inklusive Nachtdienst plus
Schlaferlaubnis, und es gibt keine Beanstandungen des
Arbeitsinspektorats. Der Nachtdienst beginnt hier um
13 Uhr, und wir sind diesbezüglich im Gegensatz zu
anderen Bundesländern sehr gut unterwegs. Da es natürlich auch darum geht, eine entsprechende Qualität
aufrechtzuerhalten, müssen die maximalen Dienstzeiten
eingehalten werden.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. Wir
kommen zur 5. Zusatzfrage: Frau Abg Dr Pilz.
Abg Dr Sigrid Pilz (Grüner Klub im Rathaus): Frau
Vorsitzende! Frau Stadträtin!
Vielleicht ist das auch ein Teil des Problems: Ich bin
noch nicht übertrieben lang hier im Haus, aber ich habe
schon zwei Gesundheitsstadträtinnen gehen und jetzt mit
dir die Dritte kommen sehen. Es ist also vielleicht auch
die Schwierigkeit, dass man sozusagen nicht auf eine
politische Handschrift setzen kann, weil da so häufig ein
Wechsel stattfindet. (Zwischenruf bei der SPÖ.)
Jetzt aber zu einer Frage, die die Gesundheitsstadträtin in dem Ausmaß beschäftigen müsste wie mich: Das
AKH – und damit die Gemeinde Wien – leistet sich als
einziges Universitätsspital Österreichs den Verzicht auf
einen Infrastrukturbeitrag. Ich brauche jetzt nicht die
Antwort, die wir beide kennen, dass es da um Bundesbedienstete geht und es daher keine Gehaltsreform gibt.
Es funktioniert nämlich auch in Graz und Innsbruck: Dort
9. Sitzung / 7
wird ein Infrastrukturbeitrag eingehoben. Warum verzichten Sie auf Geld, das Ihnen zusteht?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Die Antwort, die du
nicht hören willst, ist aber die Antwort, die Relevanz hat,
nämlich, dass es da um Bundesbedienstete geht. Die
Situation im AKH ist nicht glücklich, gar keine Frage. Es
ist vergangenes Jahr festgelegt worden, dass an der
Etablierung einer Betriebsgesellschaft gearbeitet wird,
und bezüglich dieser Betriebsgesellschaft sind noch sehr
viele Dinge zu klären, weil wir ja nur ein Partner sind und
den Bund als Partner brauchen. Ich gehe aber davon
aus, dass dieses Problem, wenn es diese Betriebsgesellschaft geben wird, gelöst werden kann.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. Damit
ist die 2. Anfrage erledigt.
Wir kommen zur 3. Frage (FSP - 00270-2007/0001 KVP/LM). Sie wurde von Herrn Abg Dipl-Ing Roman
Stiftner gestellt und ist an die Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Umwelt gerichtet. (Wann
werden Sie den Gremien des Wiener Landtages das
überfällige Bodenschutzgesetz zur Begutachtung und
Beschlussfassung vorlegen?)
Ich bitte um Beantwortung.
Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Sehr geehrter Herr Abgeordneter!
Ihre Frage beschäftigt sich mit einem Bodenschutzgesetz. Wie Sie möglicherweise wissen, hat die Europäische Union sich im 6. Umweltaktionsprogramm im Jahr
2002 dazu entschieden, eine thematische Strategie zum
Thema Bodenschutz zu erstellen. Seither wird auf EUEbene unter Einbeziehung der Mitgliedsstaaten ein Konzept für eine derartige thematische Bodenschutzstrategie
erstellt. Die Ziele dieser Strategie, nämlich die Vermeidung von Bodenbelastungen, die Erhaltung der Bodenfunktionen und die Sicherung nachhaltiger Bodennutzung, sollen dann durch die Erlassung einer Bodenrahmenrichtlinie, gezielte Forschung, Integration in andere
Politikbereiche, Bewusstseinsbildung und so weiter erreicht werden. Diese Bodenrahmenrichtlinie soll Vorgaben und Maßnahmen für verschiedene Bodenbelastungen wie Erosion, Versiegelung und so weiter enthalten,
und an diesem Vorhaben wird auf Ebene der Europäischen Union derzeit sehr intensiv gearbeitet.
Ich sage Ihnen ganz ehrlich, dass ich es in diesem
Zusammenhang für sinnvoll halte, die Ergebnisse dieser
Arbeiten abzuwarten, dass ich es hingegen nicht für
sinnvoll halte, ein eigenes Wiener Bodenschutzgesetz zu
machen, wenn wir wissen, dass gleichzeitig auf Ebene
der Europäischen Union an europaweiten Vorgaben
gearbeitet wird und die Erlassung einer solchen Richtlinie in Kürze zu erwarten ist.
Auch die Landesagrarreferentenkonferenz hat bereits
eine Stellungnahme zu dieser Richtlinie abgegeben, sie
ist also schon in einem relativ konkreten Stadium, und
daher halte ich es, wie gesagt, nicht für sinnvoll, vorher
schon auf Wiener Ebene ein Bodenschutzgesetz zu
erlassen, das wir relativ kurzfristig wieder auf das abändern müssten, was die Europäische Union uns vorgibt.
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30. März 2007
Ich möchte Sie aber auch darüber informieren, dass
es auch in den anderen Bundesländern nicht wirklich
Bodenschutzgesetze gibt. Es gibt teilweise Gesetze, die
so heißen, sie beschäftigten sich aber ausschließlich mit
den landwirtschaftlichen Flächen. Ich glaube, dass das,
was von der Europäischen Union vorgelegt wird, wesentlich weiter greifen und wesentlich umfassender sein wird.
Es gibt in Wien aber selbstverständlich auch schon
jetzt Rechtsvorschriften, die den Bodenschutz zum Inhalt
haben, und zwar eine ganze Reihe von Gesetzen, unter
anderem das Abfallwirtschaftsgesetz, die Gewerbeordnung, das Wasserrechtsgesetz, das Forstgesetz, das
Naturschutzgesetz, und auch in der Bauordnung gibt es
entsprechende Regelungen. Ferner gibt es das Gesetz
über das Ausbringen von Klärschlamm, das übrigens
einen ganz speziellen Bodenschutz beinhaltet und das
es nur in Wien und sonst nirgends in Österreich gibt.
Abgesehen davon ist Wien das einzige Bundesland,
das auf freiwilliger Basis alle drei Jahre einen Bodenbericht erstellt, den wir regelmäßig auch sehr emotional
diskutieren. Seit 1992 gewährt dieser Bodenbericht Einblick in die Qualität der Wiener Böden. Dabei werden
jeweils 286 über ganz Wien verteilte Standorte analysiert, und seit 2003 erweitern wir dieses Spektrum. Und
es ist deswegen so wichtig, das regelmäßig zu machen,
weil man dadurch sehen kann, wie die Entwicklung der
Bodenqualität verläuft, wo es Zunahmen, Abnahmen
oder Veränderungen gibt. Das ist also ein sehr wichtiges
Monitoring-Instrument.
Die letzten beiden Bodenberichte, nämlich 2000 und
2002, können Sie auch im Internet auf der Homepage
der MA 22 abrufen. Der Bodenbericht 2003 ist derzeit in
Erstellung, und parallel dazu haben wir uns 2004 auch
die Kinderspielplätze angeschaut, wobei ich hier auch
gleich betonen möchte, dass die Ergebnisse auf keinem
Spielplatz einen Maßnahmenschwellenwert überschritten
haben.
Kurz noch zum letzten Bodenbericht, der der Stadt
Wien beziehungsweise unserem Boden an sich ein recht
gutes Zeugnis ausstellt. Ich möchte Ihnen ein paar Qualifizierungen zur Kenntnis bringen. – Ich zitiere aus dem
Bodenberichtsergebnis: „Verglichen mit den europaweit
anerkannten nutzungs- und schutzbezogenen Orientierungswerten für Schadstoffe in Böden zeigt die vorliegende Untersuchung insgesamt keine auffallenden
Schwermetall- beziehungsweise PAK-Konzentrationen
im Wiener Boden. Auch im Bereich der stark befahrenen
Straßen kann weitestgehend von einer Abnahme der
Bleikonzentration im Boden gesprochen werden. Infolge
des Verbots von Blei in Kfz-Treibstoffen ist anzunehmen,
dass sich diese Abnahme in den nächsten Jahren auch
noch fortsetzt.“
Weiter heißt es, dass auch in Parkanlagen, in denen
sich Kinderspielplätze befinden, die Pb2-Werte, das sind
die Prüfwerte, nicht überschritten werden. – Wörtlich: „Es
konnten durch diese Untersuchung keine Quellen für
irgendeine aktuelle Belastung des Wiener Bodens mit
Schwermetallen beziehungsweise mit PAK 5 festgestellt
werden.“
9. Sitzung / 8
Ich glaube, dass wir im Bodenbereich auf einem sehr
guten Weg sind. Der Bodenbericht ist für uns ein wichtiges Instrument, und sobald diese EU-Richtlinie vorliegt
und uns der Bund die entsprechenden Vorgaben gegeben hat, werden wir daran gehen, das auch auf landesgesetzlicher Ebene umzusetzen.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. Wir
kommen zur 1. Zusatzfrage: Bitte, Herr Abg Dipl-Ing
Stiftner.
Abg Dipl-Ing Roman Stiftner (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Präsidentin! Frau Stadträtin!
Ihre Antwort enttäuscht und überrascht mich insofern,
als Sie uns heute erklären, dass ein lokal so wichtiges
und auch beeinflussbares Thema wie die Entsiegelung
von Böden jetzt offensichtlich auf europäischer Ebene
gelöst werden soll. Ich denke, da sollte man schon ein
bisschen die Kirche im Dorf lassen und darauf achten,
dass jene Probleme, die auch in einer Kommune selbst
gelöst werden können, nicht nach Brüssel abgeschoben
werden und hier ein entsprechendes Richtlinienwerk
abgewartet wird, was auch immer das aussagen soll.
Ihre Antwort hat mich jetzt deswegen ein bisschen
überrascht, weil Sie ja selbst sagen, dass es Berichte
betreffend Versiegelung gibt, die besagen, dass man
etwa ein Hektar Land in Wien pro Jahr verliert. Natürlich
gibt es einen Grünraumkonsum, das ist ganz logisch in
einer Großstadt. Auf der anderen Seite gibt es aber auch
sehr gute Beispiele für entsprechende Lösungsmethoden.
Dazu auch meine Frage an Sie, Frau Landesrätin:
Planen Sie, in Hinkunft durch Kampagnen oder auch
Fördermittel Bürger, Unternehmer oder auch Verwaltungskörper dazu zu motivieren, betreffend Freiflächen,
die heute zubetoniert beziehungsweise versiegelt sind,
entsprechenden Entsiegelungsmaßnahmen zu setzen
und Begrünungen vorzunehmen?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Sehr geehrter Herr Abgeordneter!
Betreffend Europäische Union liegt, glaube ich, ein
krasses Missverständnis vor! Ich habe keineswegs vor,
dieses Problem abzuschieben. Möglicherweise ist Ihnen
nicht ganz bewusst, wie das System der Europäischen
Union funktioniert, daher möchte ich das kurz erläutern:
Die Europäische Union regelt bestimmte Bereiche. Wenn
diese von der Europäischen Union geregelt sind, dann
sind die Vorgaben durch Bund und Länder umzusetzen.
Deswegen macht es aus meiner Sicht keinen Sinn, wenn
die Europäische Union gerade dabei ist, einen Bereich
zu regeln, diesen vorher schon auf Länderebene zu
regeln, um die Regelungen schon kurze Zeit später wiederum in Richtung der Vorgaben der Europäischen Union umzuarbeiten. Ich glaube, das ist eine einleuchtende
Begründung, die zeigt, dass ich da nichts abschieben
will.
Es ist ganz klar, dass wir diese Richtlinie, wenn sie
kommt, umsetzen werden. Ich meine aber, es ist wirklich
nicht besonders intelligent, wenn man fünf Minuten vor
Erstellung einer Richtlinie selber ein Gesetz macht, wenn
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30. März 2007
man weiß, was auf einen zukommt. Ich glaube, wir gehen im Hinblick auf den üblichen Ablauf im Rahmen der
Europäischen Union durchaus sinnvoll vor.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. Wir
kommen zur 2. Zusatzfrage: Frau Abg Mag (FH) Wehsely, bitte.
Abg Mag (FH) Tanja Wehsely (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates):
Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Der Bodenschutz bezieht sich vorwiegend auf unversiegelte Flächen. Dazu meine Frage: Wie hoch ist der
Anteil dieser unversiegelten Flächen in der Stadt Wien?
Was wird jetzt schon getan, um diese auch zu schützen,
zu hegen und zu pflegen?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Frau Stadträtin, bitte.
Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Sehr geehrte Frau Abgeordnete!
70 Prozent der Flächen Wiens sind unversiegelt,
50 Prozent der Flächen Wiens sind Grünflächen im klassischen Sinn, das heißt, Wald, Park, Acker, Wiesen und
so weiter. 30 Prozent der Wiener Landesflächen sind
Schutzgebiete, also Sww- und Spk-Flächen, Landschaftsschutzgebiet, Naturschutzgebiete, Nationalparks
und so weiter. Für all diese Flächen und daher auch den
Boden dieser Flächen gibt es spezielle Bestimmungen.
12 000 ha, also zirka 30 Prozent der Stadtfläche, sind
Sww-Flächen, wo Bautätigkeiten oder sonstige Versiegelungen ausgeschlossen sind, besondere Bewilligungspflichten bestehen und so weiter.
Wir haben natürlich auch Waldflächen, die einen
speziellen Bodenschutz durch das Forstgesetz genießen, es befinden sich allein 1 500 ha Naturwaldreservate
im Besitz der Stadt. Wir haben 2 500 ha Nationalpark
innerhalb der Stadtgrenze, was weltweit vermutlich einzigartig ist. Der Nationalpark wurde von uns im Übrigen
gerade um 17 ha erweitert.
Weiters verfügen wir über fast 10 000 ha Biosphärenpark innerhalb von Wien. Man darf nicht vergessen,
dass auch die Landschaftsschutzgebiete in den letzten
Jahren massiv erweitert wurden, etwa im Bereich des
Wienerwaldes, aber auch darüber hinaus. Teile von
Favoriten und Floridsdorf sind gerade in Vorbereitung für
diese Unterschutzstellung. Wir haben also wirklich einen
sehr breiten Fächer von Schutzgebieten, die sich über
die Stadt ausbreiten.
Außerdem gibt es auch die geschützten Landschaftsteile sowie die unter besonderem Schutz stehenden
Natura-2000-Gebiete, also den Lainzer Tiergarten, den
Bisamberg, das Landschaftsschutzgebiet Liesing und so
weiter.
Ich meine, wir können in diesem Zusammenhang als
Großstadt wirklich eine sehr gute Bilanz vorweisen!
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. Wir
kommen zur 3. Zusatzfrage: Herr Abg Blind, bitte.
Abg Kurth-Bodo Blind (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Stadtrat!
Es gefällt mir überhaupt nicht, dass Sie die EU und
vor allem auch den Bund in dieser Frage als absolut
federführend erwähnen!
9. Sitzung / 9
Sie wissen genau, dass es die EU-Richtlinie
86/278/EWG gibt, in der steht, dass eine Regelung zur
Verwendung von Klärschlämmen so getroffen werden
soll, dass eine Verwendung von Klärschlamm nicht verhindert wird. – Bitte setzen Sie in Anbetracht dessen also
nicht gar so viel Hoffnung auf die EU! Hoffen Sie nicht
auf die EU und auf den Bund! Ansonsten müssten wir
annehmen, dass Sie Ihre Kompetenzen nicht genügend
ernst nehmen!
Das Salzburger Bodenschutzgesetz, das Sie kennen
werden, gibt es seit 2001. Daher meine Frage: In welchen gravierenden Punkten glauben Sie vom Salzburger
Bodenschutzgesetz derart abweichen zu müssen, dass
Sie diese zum Beispiel nicht eins zu eins übernehmen
könnten? Dass es sinnlos ist, das Ganze auf die EU oder
den Bund abzuschieben, sehen Sie – wie gesagt – am
Beispiel Klärschlamm.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Frau Stadträtin, bitte.
Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Wir haben nicht vor, beim
Klärschlamm eine Änderung der derzeitigen Wiener
Rechtslage einzuführen. Ich will auch auf die EU nichts
abschieben. Herr Abgeordneter, und ich erkläre Ihnen
das gerne noch einmal.
Es macht für mich einfach keinen Sinn, jetzt sehenden Auges ein Wiener Bodenschutzgesetz zu machen,
wenn ich weiß, dass in Kürze Vorgaben von der Europäischen Union kommen, an die wir unsere Bestimmungen
dann wieder angleichen müssen. Tut mir leid! Wir sind
Mitglied der Europäischen Union und müssen ganz einfach akzeptieren, dass aus Brüssel zu gewissen Themen
inhaltliche Vorgaben kommen, die wir dann umzusetzen
haben.
Warum habe ich den Bund erwähnt? – In den meisten Fällen haben wir als Land nicht unmittelbar umzusetzen, sondern es gibt, wie zum Beispiel auch beim IG-L,
eine Bundesvorgabe, die dann auf Länderebene umgesetzt wird.
Ich kann das leider nicht ändern, auch wenn Ihnen
das nicht passt, so funktioniert das System der Europäischen Union nun einmal! Wir müssen uns an diese Spielregeln halten, und ich glaube, es ist relativ logisch, dass
wir zum jetzigen Zeitpunkt, so kurz vor Abschluss der
Bodenschutzrichtlinie, nicht noch eine landesgesetzliche
Reglegung treffen, die wir kurz danach wieder ändern
müssten.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. Wir
kommen zur 4. Zusatzfrage: Herr Abg Mag Maresch,
bitte.
Abg Mag Rüdiger Maresch (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Es macht jetzt natürlich wenig Sinn, ein eigenes Wiener Bodenschutzgesetz zu machen. Ich möchte Sie nur
daran erinnern, dass wir im Jahr 2002 einen Antrag auf
ein Wiener Bodenschutzgesetz gestellt haben, dem die
SPÖ zugestimmt hat. Am 25. September 2002 hat uns
die damalige Frau Stadträtin erklärt, welche Grundzüge
dieses Gesetz haben wird. Es hat eine Zeitlang gedauert, mittlerweile ist die ÖVP auch darauf gekommen,
dass wir das schon einmal gefragt haben. Wahrschein-
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lich gibt es da eine Liste, die langsam abgearbeitet wird,
und jetzt sind Sie beim Jahr 2002. Vielleicht holen Sie
irgendwann einmal auf, aber im Moment sind Sie beim
Jahr 2002!
Jetzt zu der Sache: In Grundzügen wurde uns einmal
im Naturschutzbeirat, aber auch im Umweltausschuss
erklärt, welche Punkte das Wiener Bodenschutzgesetz
hätte haben sollen. In einem interessanten Punkt ist es
um die Versiegelung gegangen, und unter anderem
wurde auch eine so genannte Versiegelungsabgabe
angesprochen, eine Art Lenkungsinstrument, wie man
Versieglung in einer Großstadt, in der es natürlich viel
Versiegelung gibt, im Wildwuchs verhindern könnte.
Deswegen meine Frage: Wie stehen Sie zu einer
Versiegelungsabgabe als Lenkungsinstrument?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Frau Stadträtin, bitte.
Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Sehr geehrter Herr Abgeordneter!
Ich bin froh, dass wir uns zumindest über die Vorgaben der Europäischen Union und die entsprechende
Vorgangsweise einig sind!
Betreffend eine Versiegelungsabgabe möchte ich
mich hier noch nicht festlegen. Wir werden ja sehen, was
es an möglichen Vorgaben gibt. Ich möchte nur zu bedenken geben, dass wir zum Beispiel mit dem STEP
durchaus ein Instrument in der Hand haben, mit dem im
Rahmen der Stadtplanung festgelegt wird, in welchen
Bereichen wir Versiegelung, dass heißt, Bebauung,
zulassen wollen und in welchen wir wollen, dass sie
weiterhin Grünland bleiben. Das läuft nicht völlig unkontrolliert ab, sondern da gibt es ein breit angelegtes Konzept inklusive der diversen Schutzgebiete, die ich jetzt
nicht noch einmal aufzählen möchte. Mir ist also nicht
ganz klar, was eine solche Abgabe zusätzlich noch bringen soll!
Meines Wissens ist es auch möglich, im Rahmen der
Bauordnung oder einer anderen Bestimmung – ich kann
das jetzt nicht genau sagen – gerade bei großen Gebäuden gewisse Grünanteile wie etwa Dächerbegrünungen
vorzusehen, und das zielt genau in diese Richtung ab,
nämlich Versiegelung hintanzuhalten beziehungsweise
gewisse Rückzugsgebiete zu schaffen.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. Wir
kommen zur 4. Zusatzfrage: Herr Abg Stiftner, bitte.
Abg Dipl-Ing Roman Stiftner (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Ich bin direkt erleichtert, Frau
Stadträtin, dass Sie heute keine neue Belastungswelle
ankündigen, wie sie die GRÜNEN fordern, die, wie wir
wissen, nachdem wir das gestern intensiv auf anderen
Gebieten diskutiert haben, alles andere als umweltverträglich sind.
Zurück zum Thema: Ich glaube, dass es sehr wohl
wichtig ist, dass man ein Thema, das man lokal lösen
kann, nicht durch bürokratische Argumente in Richtung
Europäische Union abschieben sollte.
Es ist richtig, dass die Europäische Union Regulative
treffen kann. Genauso richtig ist aber, dass man als
gesetzgebende Körperschaft auch Maßnahmen setzen
und verschärfen kann und in seinem eigenen Bereich
9. Sitzung / 10
auch vorzeitig handeln kann, um frühzeitig beziehungsweise früher als die Europäische Union mit all ihren
staatlichen und zwischenstaatlichen Elementen zu einem
Ergebnis zu kommen.
Meine Frage an Sie, Frau Stadträtin: Denken Sie
nicht, dass auch die Versiegelung eine Ursache dafür ist,
dass es immer wieder zu Überschwemmungen kommt,
weil die Kanalsysteme überfordert sind, weil das Wasser
nur durch diese abfließen kann? Dadurch entstehen
auch Schäden und Mehrkosten. Wäre es in Wirklichkeit
wirtschaftlich und volkswirtschaftlich nicht günstiger für
die Stadt Wien, Maßnahmen zu setzen, wie ich sie vorher vorgeschlagen habe und Sie sie leider abgelehnt
haben, nämlich eine Entsiegelungskampagne in Wien zu
starten?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Frau Stadträtin, bitte.
Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Sehr geehrter Herr Abgeordneter!
Meine Argumentation zur Europäischen Union werde
ich jetzt nicht noch ein drittes Mal ausführen, weil ich den
Eindruck habe, Sie wollen mich in diesem Zusammenhang ganz einfach nicht verstehen!
Ihre letzten Ausführungen zur Überlastung des Kanalssystems kann ich, ehrlich gesagt, nicht ganz nachvollziehen. Unser Kanalsystem ist nicht überlastet, weil
wir es permanent ausbauen und sehr viel in dieses investieren. Welche Vorteile Sie in diesem Zusammenhang aus einer Entsiegelung zur Vermeidung von Überschwemmungen ableiten, konnte ich Ihrer Ausführung
jetzt nicht wirklich entnehmen. Wie bereits vorher erwähnt, gibt es in Wien durch den Stadtentwicklungsplan
und STEP durchaus vorgegebene Konzepte, welche
Bereiche verbaut und versiegelt werden dürfen und welche nicht. Ich glaube, dass das eine gute Ausrichtung ist!
Das, was Sie zu den GRÜNEN gesagt haben, habe
ich ganz interessant gefunden: Einerseits treten Sie hier
ganz strikt gegen die Versiegelung auf. Wenn es aber
darum geht, irgendwelche Lenkungsinstrumente, für die
ich nicht unbedingt bin, einzufügen, dann wird das gleich
zur Belastungswelle gemacht. Das finde ich von der
Argumentation her interessant! Jedenfalls ist das Anliegen auf Ihrer Seite offensichtlich nicht groß, denn sonst
würden Sie dem vielleicht auch offener gegenüber stehen, wie ich jetzt einmal mutmaße.
Aber ich kann Sie wirklich beruhigen: Unser Kanalsystem ist in einem sehr guten Zustand. Wir haben auch
im Bereich des Hochwasserschutzes durch rechtzeitige
Investitionen und weise Voraussicht vor vielen Jahren
hier glücklicherweise keine Probleme!
Ich werde auf die europäische Perspektive jetzt nicht
noch einmal eingehen. Ich glaube, dass es sinnvoll sein
wird, die Vorgaben der Europäischen Union, wenn diese
vorliegen, mit der Bodenschutzrichtlinie in Wien umzusetzen.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. Damit
ist die 3. Frage erledigt.
Wir kommen zur 4. Anfrage (FSP - 01406-2007/0001
- KSP/LM). Sie wurde von Herrn Abg Jürgen Wutzlhofer
gestellt und ist an den Herrn amtsführenden Stadtrat der
Landtag, 18. WP
30. März 2007
Geschäftsgruppe Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung gerichtet. (Wie steht Wien zu den Erklärungen von
Finanzminister Mag Wilhelm Molterer, dass Wohnbauförderungsgelder ausschließlich für Klimaschutzmaßnahmen verwendet werden sollen?)
Herr Stadtrat! Ich bitte um Beantwortung.
Amtsf StR Dr Michael Ludwig: Sehr geehrte Frau
Präsidentin! Werter Landtag!
Das Land Wien setzt gerade im Bereich des Klimaschutzprogramms zahlreiche Maßnahmen, um die Mittel
der Wohnbauförderung auch zum Schutz des Klimas
einzusetzen. Dennoch ist die Erklärung von Finanzminister Molterer, dass die Wohnbauförderungsgelder ausschließlich für Klimaschutzmaßnahmen zu verwenden
seien, zu kurz gegriffen, denn gerade wir im Bundesland
Wien zeigen, dass der Einsatz der Wohnbauförderungsmittel auch dazu angetan ist, leistbares Wohnen in unserer Stadt zu ermöglichen. Die 100-prozentige Verwendung der Wohnbauförderungsmittel für Klimaschutzmaßnahmen, wie sie Finanzminister Molterer vorgeschlagen
hat, lässt die soziale Funktion dieser Wohnbauförderungsmittel völlig außer Acht, denn man muss sehen,
dass der Einsatz dieser Mittel im Wesentlichen in drei
großen Bereichen erfolgt: Erstens sind das die Mittel im
Einsatz zur Neuerrichtung von Wohnraum, zweitens
dienen diese Mittel zur Sanierung bestehender Altbauten, und drittens – und das ist auch ein ganz wichtiges
Element im Bereich der Wohnbauförderung – ist die
individuelle Unterstützung, das heißt, die Förderung von
Einzelpersonen, aber auch von Familien, damit sie sich
leistbaren Wohnraum in einer Großstadt zu vernünftigen
Preisen verschaffen können, ein ganz wesentliches
soziales Element, das durch die Wohnbauförderung
ermöglicht wird.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. Wir
kommen zur 1. Zusatzfrage: Herr Dr Madejski, bitte. –
Sie verzichten auf die Zusatzfrage. 2. Zusatzfrage: Herr
Abg Mag Maresch, bitte.
Abg Mag Rüdiger Maresch (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Die Stadt Wien bietet über WIENGAS auch Erdgas
zum Heizen an. Es gibt zahlreiche Gasetagenheizungen,
die lange Zeit von der Stadt nicht gefördert, aber auch
nicht verhindert wurden. Deswegen meine Frage: Welche Förderungsmöglichkeiten sehen Sie, um diese
Gasetagenheizungen auf alternative Energie umzustellen?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Herr Stadtrat, bitte.
Amtsf StR Dr Michael Ludwig: An und für sich bemühen wir uns mit einem sehr hohen Mitteleinsatz, alternative Energieträger zu unterstützen. Wir setzen im Jahr
in etwa 8 Millionen EUR ein, um beispielsweise auch im
Bereich des Eigenheims oder der Kleingärten, wo es oft
auch auf die individuellen Entscheidungen der Wohnungs- und Hausnutzer ankommt, den Umstieg auf alternative Energieformen zu erleichtern und zu ermöglichen. Wir unterstützen nicht nur Anschlüsse etwa an die
Fernwärme, sondern auch den unterstützenden Einbau
von Solaranlagen oder den Umstieg auf Biomasse. Wir
9. Sitzung / 11
unterstützen beispielsweise Wärmepumpen, aber auch
Brennwertgeräte.
Sie haben recht: Es ist wichtig, darüber nachzudenken. Wir versuchen, das über die Wohnbauforschung
auszutesten und zu evaluieren und setzen, wie gesagt,
allein 8 Millionen EUR für die Unterstützung im Bereich
des Eigenheims und der Kleingartenwohnhausanlagen
ein. Darüber hinaus forcieren wir das natürlich auch im
Bereich der städtischen Wohnhausanlagen.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. Wir
kommen zur 3. Frage: Herr Abg Kenesei, bitte.
Abg Günter Kenesei (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Ich glaube, dass die Stadt Wien – und da
sind Sie als neuer Ressortleiter gefordert – noch sehr
viel vor allem im Bereich der erneuerbaren Energien im
verdichteten Flachbau tun kann, der zusehends in den
Randbezirken vorangetrieben wird. Reihenhaussiedlungen sind ein beliebtes Wohnmodell bei den Wienerinnen
und Wienern. Leider muss man aber in letzter Zeit sagen, dass zwar immer mehr dieser Anlagen für Niedrigenergie konzipiert sind, man aber auf den Dächern Solaranlagen und Fotovoltaikanlagen schmerzlich vermisst.
Jüngstes Beispiel: Im 23. Bezirk wurde eine große
Anlage mit über 160 Häusern errichtet, wo sich Niedrigenergiehäuser eigentlich angeboten hätten, aber es gibt
keine Solaranlage und keine Fotovoltaikanlage. Auf
diese Weise könnte man jedoch mit den Geldern der
Wohnbauförderung einen wesentlichen Beitrag dazu
leisten, um das Thema Klimaschutz als Ganzes, vor
allem aber auch den Bereich der erneuerbaren Energien
einmal nachhaltig und neu in Wien anzugehen.
Ich frage Sie daher, ob Sie die Fehler beziehungsweise die Versäumnisse der letzten Jahre gegenüber
den Bauträgern ausgleichen wollen, indem Sie Maßnahmen setzten, um das Augenmerk verstärkt auf den
Bereich der Solaranlagen und Fotovoltaikanlagen zu
lenken.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Herr Stadtrat, bitte.
Amtsf StR Dr Michael Ludwig: Ja, wir sind mit den
Bauträgern im Gespräch, um die Unterstützung von
Solaranlagen voranzutreiben. Es ist richtig, dass es
durchaus Potenziale gibt. Allerdings ist es in manchen
Bereichen auch eine Kostenfrage, und deshalb wollen
wir diese Unterstützungsmaßnahmen, die ich auch in der
Beantwortung der vorhergehenden Zusatzfrage angesprochen habe, ausweiten und nach Möglichkeiten suchen, dass man mit den Architektinnen und Architekten
der Bauträger zeitgerecht auch schon bei der Ausgestaltung der Bauteile so zu Rande kommt, dass wir insbesondere den Einbau von Solaranlagen in Zukunft noch
stärker unterstützen können.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. Wir
kommen zur 4. Zusatzfrage. Herr Abg Wutzlhofer.
Abg Jürgen Wutzlhofer (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr
geehrter Herr Stadtrat!
Wir haben bei den letzten zwei Fragen einiges über
den Einsatz erneuerbarer Energien gehört. Was mich
jetzt noch interessieren würde, wäre, welche weiteren
Landtag, 18. WP
30. März 2007
Maßnahmen zum Klimaschutz seitens Ihrer Geschäftsgruppe schon bisher gesetzt wurden.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Bitte schön, Herr
Stadtrat.
Amtsf StR Dr Michael Ludwig: Die vorhergehenden
Fragen, insbesondere von Kollegen Maresch und von
Kollegen Kenesei, haben sich sehr stark mit dem Bereich
des Neubaus beschäftigt. Mit Ihrer Frage kann ich jetzt
vielleicht auch noch einen Bezug zur Sanierung schaffen: Auch diesbezüglich hat das Land Wien bereits in der
Vergangenheit Maßnahmen im Bereich der so genannten THEWOSAN-Sanierung, das heißt, in der thermisch
energetischen Wohnhaussanierung gesetzt, und das ist
ein ganz wesentlicher und wichtiger Beitrag zum Klimaschutz, denn es ist uns mit dieser THEWOSANSanierung gelungen, die Energieaufwendungen um die
Hälfte zu reduzieren. Das heißt, ein Gebäude, das nach
der THEWOSAN-Sanierung gedämmt ist, verwendet nur
die Hälfte der Energie eines nicht sanierten Hauses in
diesem Bereich. Durch diese Maßnahmen ist es allein im
vorigen Jahr gelungen, über 184 000 t CO2-Emissionen
einzusparen. Das ist ein Zeichen dafür, dass im Bereich
des Neubaus, aber auch im Bereich der Sanierung, sehr
viel möglich ist.
Betreffend die Vorschläge auch von Seiten des Bundesministers Pröll, dass es in Österreich bis zum Jahr
2015 einen allgemeinen Niedrigenergiehausstandard
geben soll, möchte ich betonen, dass wir in Wien bereits
seit dem Jahr 1998 erreicht haben, dass alle Wohnhausanlagen im Standard des Niedrigenergiehauses errichtet
werden. Wir gehen jetzt schon den nächsten Schritt und
bauen seit insgesamt drei Jahren im mehrgeschoßigen
Wohnbau bereits nach dem Passivhausmodell und weiten diesen Bereich in Abstimmung mit den potenziellen
Mieterinnen und Mietern auch aus. Das ist ein Zeichen
dafür, dass wir im Bereich des Neubaus, aber auch bei
der Sanierung die Wohnbauförderungsmittel, wie ich
meine, sehr effizient und gut einsetzen.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Damit ist die
4. Anfrage erledigt.
Wir kommen zur 5. Anfrage (FSP - 01411-2007/0001
- KFP/LM). Sie wurde von Frau Abg Veronika Matiasek
gestellt und ist an die Frau amtsführende Stadträtin der
Geschäftsgruppe Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal gerichtet. (Das Meldewesen,
das im März 2002 von der Bundespolizei in die Kompetenz der Magistrate übergegangen ist, weist Schwachstellen auf, die es möglich machen, ohne Berechtigung
zu einem Meldezettel zu kommen. Es besteht derzeit
keine Legitimationspflicht für Österreicher, keine Überprüfung der Unterschrift, was Fälschungen ermöglicht, es
gibt keine amtliche Mitteilung an den Unterkunftgeber
[Eigentümer, Hauptmieter] über An- oder Abmeldungen.
Die Adressen werden nicht auf ihre Richtigkeit überprüft
und es sind beliebig viele Anmeldungen möglich. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass entsprechende Änderungen im Meldegesetz umgesetzt werden, um den
Missbrauch zu beenden?)
Ich ersuche um Beantwortung.
9. Sitzung / 12
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Sehr geehrte
Frau Abgeordnete!
Sie sprechen acht Aspekte in Ihrer Anfrage an. Daher
werde ich jetzt versuchen, diese schnell zu beantworten.
Zu Beginn möchte ich die Behauptung, die Meldebehörde nehme völlig ungeprüfte Meldevorgänge in Wien
vor, richtig stellen. Bei jedem Meldevorgang hat die meldepflichtige Person alle Daten, die durch die Meldebehörde in das Zentrale und Lokale Melderegister einzutragen sind, durch öffentliche Urkunden, amtlicher Lichtbildausweis für ÖsterreicherInnen und Reisedokumente
für AusländerInnen, nachzuweisen. Diese Vorschrift wird
in der Praxis von den Wiener Meldeservicestellen selbstverständlich auch vollzogen. Ihre Behauptung, dass für
ÖsterreicherInnen keine Legitimationspflicht bestehe,
entspricht daher nicht der geltenden Rechtslage und der
Praxis unseres Wiener Meldeservices.
Weiters wurden alle MitarbeiterInnen der Meldeservicestellen auf Initiative der MA 62 durch die Bundespolizeidirektion Wien genau geschult. Gefälschte oder verfälschte Reisedokumente, die bei Anmeldevorgängen
ebenfalls verwendet werden, sollen sie so erkennen und
bei der Polizei anzeigen.
Die Behauptung in Ihrer Anfrage, dass Meldeadressen bei Anmeldungen von der Meldebehörde nicht überprüft werden, ist ebenfalls nicht richtig. Die Meldebehörde hat bei Anmeldung zwingend eine vom Zentralen
Melderegister vorgegebene Adressenauswahl zu verwenden. Damit ist gewährleistet, dass keine fiktiven oder
falschen Adressen bei den Anmeldevorgängen verwendet werden können.
Es muss Ihnen aber auch klar sein, dass die Wiener
Meldeservicestellen bei zirka 2 Millionen Datensätzen
und 600 000 jährlichen Meldevorgängen in Wien keine
lückenlose Aktualität des ZMR garantieren können. Mit
gutem Grund sieht der § 15 des Meldegesetzes daher
vor, dass die Meldebehörden dann amtliche Berichtigungen des ZMR vornehmen dürfen, wenn diese von melderechtlich unrichtigen Zuständen ausdrücklich Kenntnis
erhalten. Nach dieser Bestimmung werden Verwaltungsverfahren mit Rückscheinbriefen an die betroffenen Personen, allfälligen Erhebungen und vor Ort öffentlichen
Bekanntmachungen geführt. In Wien werden diese
amstwegigen Berichtigungen und Abmeldungen im
Ausmaß von zirka 40 000 Fällen im Jahr von der Fachabteilung, unserer MA 62, erledigt. Selbstverständlich
überprüft die MA 62 nicht standardmäßig, nicht ohne
Anlass, Meldedaten von BürgerInnen, da im Rahmen
unseres Verfahrens der Feststellung des zumindest
fallweisen Bewohnens oder Nächtigens in der Unterkunft
die Privatsphäre der Betroffenen sicherlich berührt wird.
Wenn aber auf Grund amtlicher Anzeigen, zum Beispiel
von der Wiener Polizei, vom Erhebungsdienst der Stadt
Wien, von sonstigen Behörden oder auch privaten Personen ein begründeter Verdacht angezeigt wird, dass
jemand an einer Adresse aufrecht gemeldet ist, dort aber
nicht tatsächlich fallweise nächtigt oder wohnt, ist die
MA 62 gesetzlich verpflichtet, ein amtliches Berichtigungsverfahren einzuleiten.
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30. März 2007
Weiters führt die MA 62 seit der Übernahme des
Meldewesens erster Instanz von der Bundespolizeidirektion Wien im März 2002 gemeinsam mit der MD-KS und
der Fremdenpolizei zahlreiche Überprüfungen von Unterkünften vor Ort und in den späten Nacht- oder den
frühen Morgenstunden durch. Ich habe mich bei meinem
Dienststellenbesuch in der MA 62 von einer Kollegin und
einem Kollegen, die das machen, ein bisschen darüber
aufklären lassen, wie das funktioniert. Die haben damit
gute Erfahrungen und haben auch einen sehr guten
Zugang zu dieser Geschichte, also nicht im Sinne von
Law and Order, sondern wirklich im Sinne von Service,
aber Kontrolle und darauf zu schauen.
Damit wurde und wird das Zentrale Melderegister betreffend Quartiere, wo AusländerInnen oft gegen hohe
Entgelte auf kleinstem Raum wohnen müssen und von
Hauseigentümern ausgebeutet werden, amtlich richtig
gestellt. Auf Grund dieser Maßnahmen werden Massenquartiere mit unzulässigen Vermietungen durch unseriöse VermieterInnen erfolgreich bekämpft und im Anlassfall
Objekte durch die MD-KS auch geräumt. Von solchen
Überprüfungen kennen wir schon einige Beispiele, unter
anderem auch das Beispiel von einem FPÖ-Mandatar im
15. Bezirk. Ich möchte nur noch einmal darauf hinweisen, wir binden da extra auch den Fonds Soziales Wien
ein und versuchen wirklich festzustellen, wenn es
Scheinmeldungen gibt, dass wir da auch vorgehen und
schauen, ob diese Unterkünfte in der Grundversorgungsleistung drinnen sind. Wenn ja, stellen wir diese Leistungen auch aus.
Zu Ihrem Einwand, dass nach dem Meldegesetz 1991 beliebig viele Anmeldungen möglich sind,
kann ich Folgendes anmerken: Seit 1. Jänner 1995 hat
man sich am Mittelpunkt der Lebensbeziehungen mit
Hauptwohnsitz anzumelden, wobei seit diesem Zeitpunkt
in Wien nur mehr ein Hauptwohnsitz möglich ist. Zusätzlich zum Hauptwohnsitz hat sich nach dem Meldegesetz 1991 eine Person, die in einer weiteren Wohnung
Unterkunft nimmt, innerhalb von drei Tagen bei der Meldebehörde bei sonstiger Verwaltungsstrafe anzumelden.
Diese Verpflichtung besteht für jede weitere Unterkunft,
die man länger als drei Tage tatsächlich bewohnt oder in
der man länger als drei Tage nächtigt. Die Meldebehörde
kann daher, ohne weitere Anhaltspunkte, nicht verhindern, dass sich eine Person trotz mehrerer im ZMR bereits bestehender Nebenwohnsitze in einer weiteren
Unterkunft mit Nebenwohnsitz anmeldet. Aus polizeibehördlicher Sicht ist es auch zweckmäßig, alle Wohnsitze
einer Person im ZMR zu finden, denn wenn es darum
geht, diese Person zu finden, dann muss man sie auch
erreichen und da sind diese Adressen wiederum sehr
relevant. Eine kostenintensive Überprüfung durch den
Erhebungsdienst der Stadt Wien vor Ort, ob die Person
tatsächlich in der anzumeldenden Wohnung Unterkunft
genommen hat, darf nur bei berechtigtem Zweifel im
Anlassfall mit ausreichender Begründung der Meldebehörde erfolgen. Das ist unsere Situation in dem Zusammenhang.
Zu Ihren Ausführungen betreffend die leichte Fäl-
9. Sitzung / 13
schung der Unterschrift der UnterkunftsgeberIn auf dem
Meldezettel hat mir die MA 62 mitgeteilt, dass die Meldebehörde eine Anmeldung im ZMR ohne weitere Beweiserhebung zu verdaten hat, wenn ein Meldepflichtiger der
Behörde einen vollständig ausgefüllten Meldezettel vorlegt. Die Echtheit der Unterschrift der UnterkunftsgeberIn
ist nach den melderechtlichen Bestimmungen nicht zu
prüfen und nur bei berechtigtem Zweifel im Anlassfall mit
ausreichender Begründung zu hinterfragen. Bei zirka
600 000 Meldefällen in Wien pro Jahr wäre aber die
Stadt Wien auch gar nicht in der Lage, in jedem Meldefall
ein Verwaltungsverfahren mit Beweiserhebung betreffend die Echtheit der Unterschrift von UnterkunftsgeberInnen durchzuführen. Ein solches Verfahren in jedem
Meldefall wäre auch den BürgerInnen nicht zumutbar,
weil damit ein empfindlicher Eingriff in die Privatsphäre
verbunden wäre und die Kosten in keiner vertretbaren
Relation zum gewünschten Erfolg stünden. Auch die
UnterkunftsgeberIn würde durch den geforderten Nachweis der Echtheit ihrer Unterschrift, verbunden mit einem
persönlichen Erscheinen vor der Behörde beziehungsweise einer Beglaubigung der Echtheit der Unterschrift
auf dem Meldezettel durch die Gerichte oder Notare,
unzumutbar belastet werden. Darüber hinaus kann die
Meldebehörde nicht bei jeder MeldekundIn von vornherein davon ausgehen, und ich glaube, es ist auch ein
wichtiger Aspekt, das zu sehen, dass eine Scheinmeldung ohne tatsächliche Unterkunftsnahme beabsichtigt
wird, weil einfach der Zugang im Meldeservice, und da
steckt schon der Name Service drinnen, der ist, einmal
grundsätzlich davon auszugehen, die Menschen zu
servicieren und nicht davon auszugehen, dass sozusagen jemand, auf Wienerisch, die Meldebehörde legt.
Um diese Situation aber trotzdem zu verbessern, weil
uns das auch bewusst ist, hat die MA 62 in der Vergangenheit bereits mehrfach mit dem Leiter der zuständigen
Rechtsabteilung im Innenministerium gesprochen und
am 7. März 2006 haben wir ein ausführlich begründetes
schriftliches Ersuchen um Änderung des Strafgesetzbuches und des Meldegesetzes 1991 an den zuständigen
Sektionsleiter des Innenministeriums gerichtet. In diesem
Schreiben wurde problematisiert, dass es sich bei einem
unrichtig ausgefüllten Meldezettel im Gegensatz zur
Rechtslage vor dem 1.3.2002 nicht mehr um eine Urkundenfälschung handelt. Der Meldezettel ist nämlich nur
mehr ein Anmeldeformular, das im ausgefüllten Zustand
bei Vorlage an die Meldebehörde zu einem Meldevorgang im Zentralen Melderegister führt. Bei Feststellung
der Identität des Anmeldepflichtigen mit jeweils gebotener Verlässlichkeit hat die Meldebehörde eine entsprechende Bestätigung der Meldung an diesen Meldepflichtigen zu übergeben. Erst dieser Ausdruck über den Meldevorgang im ZMR ist nach Fertigung durch die Meldebehörde die öffentliche Urkunde, die dem Meldezettel vor
der am 1.3.2002 in Kraft getretenen Meldenovelle entspricht. Die MA 62 hat daher die Einführung der gerichtlichen Strafbarkeit der Fälschung des Meldezettelformulars verlangt. Diesem Verlangen wurde seitens des Bundes bisher nicht nachgekommen.
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Weiters wurde vom Innenministerium bisher ergebnislos verlangt, dass nachgewiesene Fälle von Scheinmeldungen mit gefälschten Unterschriften der UnterkunftgeberIn bei der entsprechenden Adresse im ZMR
und betreffend die ZMR-Zahl der FälscherIn angemerkt
werden können, um so weitere Scheinmeldungen an
derselben Adresse beziehungsweise Scheinmeldungen
durch immer wieder dieselbe Person, zum Beispiel an
einer anderen Adresse, gezielt finden, ermitteln und im
Anlassfall eine solche Meldung verhindern zu können.
Das Bundesministerium hat der MA 62 schriftlich geantwortet, dass dieser Vorschlag einer Novelle zum Meldegesetz vorbehalten ist. Der Zeithorizont ist aber in dem
Fall noch ein bedauerlicherweise unbekannter.
Sie sehen also, dass wir im Sinne eines Meldeservices sehr wohl versuchen, alle unsere Aufgaben mit
bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen, dass es aber
natürlich auch von unserer Seite her Verbesserungsvorschläge gibt, die nicht in unserer Kompetenz liegen und
die wir schon im Jahr 2006 ans Ministerium weitergegeben haben. Ich hoffe, dass wir da mit unserer Initiative
noch Glück haben werden.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. - Wir
kommen zur 1. Zusatzfrage. Frau Abg Matiasek, bitte.
Abg Veronika Matiasek (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Stadträtin!
Danke für diese sehr ausführliche Auskunft. Es würden sich jetzt natürlich noch eine Reihe von Fragen und
Bemerkungen ergeben. Ich werde es darauf beschränken, dass es natürlich durch die Anonymität einer Großstadt wesentlich attraktiver ist und daher vor allem eine
Wiener Intention sein muss, und, wie ich jetzt gehört
habe, offensichtlich auch ist, Verbesserungen zu erreichen, dass nicht das passiert - ich erinnere jetzt nur an
den Zeitungsartikel -: „Plötzlich stand der Exekutor in der
Wohnung", dass eben unbescholtene Personen in die
Situation kommen, einen stillen Untermieter zu haben.
Allein, wenn man diesen Vorgang schon macht, ist oft
abzusehen, dass es auch um weitere kriminelle Handlungen im Umfeld dieser Personen geht, bis dann eventuell einmal die Tür aufgebrochen wird oder die Polizei in
der Wohnung steht und das unter Umständen zu schweren psychischen oder auch physischen Erscheinungen
bei den Betroffenen, die überhaupt nichts dafür können,
führt, dass irgendwer in ihrer Wohnung gemeldet ist.
Frau Stadträtin, ich freue mich, wenn es Verbesserungen auf diesem Sektor gibt, denn vor allem war schon
klar, dass Personen auf Grund von falschen Rechnungen oder einem Besuch des Exekutors und weiteren
unangenehmen Dingen draufgekommen sind, aber viele
wissen es überhaupt nicht, dass sie sozusagen einen
stillen, nämlich einen illegalen Untermieter haben. Die
Leute haben dann große Schwierigkeiten gehabt, diesen
wieder loszuwerden, denn da hat die Behörde oft durchaus sehr zögerlich reagiert. Es war schwierig, es mussten mehrere Anläufe gemacht werden und es hat bis zu
einem halben Jahr oder Jahr gedauert, einen nicht vorhandenen Untermieter wieder loszuwerden.
Daher meine Frage: Wird es vor allem in dem Be-
9. Sitzung / 14
reich, wenn definitiv nachweisbar ist, dass diese Meldung nicht zu Recht besteht, für die betroffenen Bürger
schneller gehen, diesen ungebetenen Gast wieder loszuwerden?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Frau Stadträtin, bitte.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Frau Abgeordnete!
Es gibt einen standardisierten Vorgang, den wir auf
Grund der rechtlichen Lage einhalten müssen, aber ich
kann Ihnen garantieren, dass unsere MitarbeiterInnen
mit der gebotenen Sensibilität genau diese Fälle aufgreifen. Ich habe vorhin in meiner Darstellung auch beschrieben, von wo wir überall Informationen darüber
bekommen müssen, damit wir einmal tätig werden können. Wenn wir das dann sind, dann haben wir wirklich
mit einer ausreichenden MitarbeiterInnenzahl mit der
entsprechenden Schulung die einzelnen Schritte zu
durchgehen. Wenn wir uns jetzt melden und diese Person meldet sich bei uns, dann müssen wir den nächsten
Schritt setzen. Wenn sich niemand meldet, müssen wir
den nächsten Schritt setzen. Aber Tatsache ist, wir können nicht einfach auf Hopp oder Tropp jemanden abmelden, weil irgendjemand sagt, das ist bei ihm sozusagen
ein stiller Untermieter. Das muss dementsprechend
geprüft werden. Aber ich glaube, ich habe es gut dargestellt, dass wir in der Frage, wo wir als MA 62 aktiv sein
können, wirklich aktiv sind und mit größter Sorgfalt und
Sensibilität vorgehen. Das kann ich Ihnen versichern.
Die MitarbeiterInnen der MA 62 haben mir unterschiedlichste Fälle erzählt, mit denen sie konfrontiert
sind. Da hat man auch gemerkt, das sind nicht Menschen, die einfach mit Zahlen, Daten und Fakten arbeiten müssen, sondern das sind Menschen, die sehr wohl
auch sehen, dass hinter der Meldepflicht auch Personen
stehen, mit denen sie in Kontakt und in Kommunikation
treten. Ich glaube, das läuft wirklich sehr gut.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Wir kommen zur
2. Zusatzfrage. Frau Abg Puller, bitte.
Abg Ingrid Puller (Grüner Klub im Rathaus): Sehr
geehrte Frau Stadträtin!
In aller Kürze: MigrantInnenberatungsstellen gegenüber wird immer wieder auf Fälle hingewiesen, wo AusländerInnen nach nur einmaliger schriftlicher Kontaktierung durch die Fremdenpolizei abgemeldet werden,
wenn sie auf das Schreiben der Fremdenpolizei nicht
reagiert haben.
Meine Frage: Wissen Sie von dieser Vorgehensweise
in Wien und was werden Sie dagegen tun?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Frau Stadträtin, bitte.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Frau Abgeordnete!
Auch hier bewegen wir uns von Seiten der MA 62
ganz sicher in einem korrekten rechtlichen Rahmen,
gehen vor, so wie es uns das Recht letztendlich auch
vorgibt, haben aber, das habe ich vorhin schon gesagt,
hier einen sehr menschlichen, humanen Zugang.
Wenn Sie mit einer solchen Situation konfrontiert
sind, sagen Sie mir Name und Adresse und ich kann das
in der MA 62 prüfen lassen.
Landtag, 18. WP
30. März 2007
Präsidentin Erika Stubenvoll: Wir kommen zur
3. Zusatzfrage. Herr Abg Mag Gerstl.
Abg Mag Wolfgang Gerstl (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Im Meldegesetz ist es immer ganz wichtig, dass man
auch im Bereich der Wahlen darauf achtet, dass diejenigen, die wahlberechtigt sind, entsprechend gemeldet
sind. Umgekehrt gibt es da manchmal ein besonderes
Spannungsverhältnis, wenn man vor den Wahlen die
Aushänge in den jeweiligen Häusern hat, wer wahlberechtigt ist und wer nicht. Immer wieder gibt es Auffälligkeiten, dass da manche Personen aufscheinen, die in
dem Haus anscheinend gar nicht wohnen.
Da stellt sich einfach die Frage: Welche Absichten
haben Sie, diese Überprüfungen konkret durchzuführen?
Denn wir haben immer wieder gehört, dass manchmal,
wenn es um die Wahlberechtigung geht, die Wahlbehörde darauf verweist, dass es eigentlich Sache der Meldebehörde und nicht ihre Angelegenheit sei. Wie versuchen
Sie das zu verquicken, dass wir in Zukunft sicher sein
können, dass diejenigen, die wahlberechtigt sind, auch
wirklich wahlberechtigt sind und dass diejenigen, die
gemeldet sind, auch wirklich dort tätig und echt gemeldet
sind?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Frau Stadträtin, bitte.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Herr Abgeordneter!
In aller Kürze: Ich habe zuerst gesagt,
2 Millionen Datensätze, 600 000 Meldevorgänge im Jahr.
Da ist es gut so, dass sowohl das Meldewesen als auch
die Wahlen in der MA 62 durchgeführt werden.
Gerade durch diese Aushänge bekommen wir dann
oft die entsprechenden Rückmeldungen, die wir brauchen, um letztendlich dem, was die Abg Matiasek hier
eingefordert hat, auch nachgehen zu können. Weil da
ruft uns dann jemand an und sagt, in seiner Wohnung
sind nur zwei Leute wahlberechtigt und nicht drei. Wenn
wir den Hinweis bekommen, können wir in der MA 62
sofort aktiv werden und schauen, wer da noch gemeldet
ist et cetera. Da arbeiten wir auch ganz toll mit den
Hauseigentümern zusammen, die sich anschauen können, wer eigentlich aller bei ihnen gemeldet ist.
Ich sehe das in dem Sinn eher als einen Vorteil, dass
hier eine Abgleichung, ein Erkennen und ein Aktivwerden
für uns möglich ist. Und das tun wir auch.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Wir kommen zur
4. Zusatzfrage. Frau Abg Matiasek.
Abg Veronika Matiasek (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Stadträtin!
Der Meldezettel ist sozusagen ein kleines Dokument.
Man kann einiges damit machen, so etwa ein Auto mieten, ein Bankkonto eröffnen und so weiter. Umso mehr
ist es natürlich schon wichtig, dass man hier vorsichtig
umgeht.
Sie sagen selbst, es sind sehr viele Datensätze. Das
hat natürlich aber auch zur Folge, dass es dadurch interessanter ist, in der eben weniger überprüfbaren anonymen Großstadt Scheinmeldungen durchzuführen, als
etwa im kleinen Dorf, wo jeder jeden kennt, oder auch in
9. Sitzung / 15
der Kleinstadt, wo man einfach weiß, wer wo wohnt und
so weiter. Das ist klar. Deswegen sind wir in Wien, auch
wenn das Gesetz natürlich beim Innenminister liegt,
glaube ich, besonders gefordert, uns darum zu kümmern, dass es zu keinen Unschärfen kommt.
Etwas anderes noch im Zusammenhang mit den
Meldungen, Frau Stadträtin, und da würde ich gerne
wissen, wie Sie dazu stehen. Es ist immer wieder dazu
gekommen oder ist nach wie vor aufrecht, dass etwa in
der Zollergasse 15 im Verein der Frau Ute Bock auf
wenigen Quadratmetern und ohne Wohnmöglichkeit
Hunderte gemeldet waren beziehungsweise fällt mir
auch noch ein Verein am Hernalser Gürtel ein, wo wir
wissen, dass es eine riesige Anzahl an Meldungen gibt,
wo weder eine Wohnmöglichkeit noch außer einigen
kleinen Büroräumlichkeiten Aufenthaltsmöglichkeiten
vorhanden sind.
Wie stehen Sie dazu, dass diese Massenmeldungen
im Bereich der Flüchtlings- und Zuwandererbetreuung so
stattfinden können, weil letztlich hier dem Meldegesetz
nicht Genüge getan wird, da derjenige, der dort einen
Meldezettel besitzt, sich dann nach einiger Zeit oft in die
Anonymität verzieht, aber ausgestattet mit diesem Dokument weiterhin in der Lage ist, etwa ein Konto zu eröffnen, ein Auto anzumieten, also das Dokument wohl
behält, aber das durch diese Massenabwicklung gar
nicht kontrollierbar ist? Wollen Sie das aufrechterhalten?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Frau Abgeordnete!
Ich möchte dazu Folgendes sagen und wirklich einen
politischen Blick darauf werfen, weil das hat für mich
einen sehr sozialen Aspekt: Ich möchte nicht immer
automatisch Menschen, die zum Beispiel obdachlos sind,
und da sieht das Meldegesetz ganz konkret vor, wie man
sich zu verhalten hat, auch kriminalisieren. Es geht darum, dass das Meldegesetz sich genau überlegt hat, was
wir mit obdachlosen Menschen machen und wie wir die
gemeldet bekommen können. Ich finde es toll, wenn wir
bestrebt sind, so viele Menschen wie möglich dafür zu
gewinnen, dass sie sich melden. Wenn sie sich melden,
dann wissen wir, wo sie sind, dann können wir sie versorgen, aber dann können wir auch darauf schauen,
dass sie sich letztendlich an die Spielregeln unserer
Gesellschaft halten. Das ist mir ganz wichtig.
Das, was Sie zum Beispiel mit Ute Bock beschreiben,
ist rechtlich möglich. Das ist auch gut so, weil nur so
haben wir letztendlich einen Überblick und können der
Verantwortung in dieser Stadt in dieser Frage auch gerecht werden.
Ich möchte Ihnen abschließend, auch wenn wir mit
der Zeit schon sehr fortgeschritten sind, noch sagen,
sämtliche Aspekte des Meldewesens sind eigentlich
auch Aspekte, die der Gemeinde übertragen sind und
Punkte wären, die eher im Gemeinderat als im Landtag
zu besprechen wären, aber wir können uns gerne noch
einmal darüber unterhalten, wie wir mit unseren Obdachlosen und mit der Meldung der Obdachlosen in dieser
Stadt umgehen, weil da ist der Meldezettel an sich, glau-
Landtag, 18. WP
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be ich, das geringste Problem, wiewohl er in der Frage,
was die rechtlichen Aspekte betrifft, einzuhalten ist. Ich
bin aber froh, wenn wir Menschen finden, die in der Stadt
leben. Dann können wir sie auch versorgen. Dann können wir mit ihnen auch dementsprechend umgehen.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Herzlichen Dank, Frau
Stadträtin, für die ausführliche Beantwortung. Damit ist
die Fragestunde beendet.
Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde. Der ÖVPKlub der Bundeshauptstadt Wien hat eine Aktuelle Stunde mit dem Thema „Für den Schutz der Wiener Nahversorgung vor dem EKZ-Wildwuchs auf der grünen Wiese eine Reform der Wiener Bauordnung ist notwendig!"
verlangt.
Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs 2 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt.
Ich bitte den Erstredner, Herrn Abg Dr Tschirf, die
Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass
seine Redezeit mit zehn Minuten begrenzt ist. Bitte sehr,
Herr Abgeordneter.
Abg Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten
Damen und Herren!
In den letzten Wochen und Monaten war eines der
dringlichsten Themen, das auch in diesem Hause immer
wieder diskutiert worden ist, die Situation der Nahversorgung, damit auch der rechtlichen Auswirkungen, die der
Grund für diese Aktuelle Stunde sind. Nahversorgung
heißt Lebensqualität. Nahversorgung heißt auch, dass
man möglichst angenehm einfach barrierefrei einkaufen
kann. Wir stellen nun fest, dass es in den letzten Wochen in dieser Stadt Entwicklungen gibt, die genau in die
umgekehrte Richtung gehen.
Wir stellen fest, dass auf der grünen Wiese in Rothneusiedl 120 000 m² Einkaufsfläche ohne eine entsprechende Anbindung an den öffentlichen Verkehr gewidmet werden sollen. Es wird zumindest zehn Jahre dauern, bis die U1 dort hinfährt. Das heißt, das Verkehrsaufkommen mit Individualverkehr wird durch diese Maßnahme stärker werden. Auf der anderen Seite schließt
man einen Markt nach dem anderen. Mit der Landstraßer
Markthalle soll der nächste Streich noch in diesem Jahr
erfolgen. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ein
Anschlag auf die Konsumentinnen und Konsumenten
dieser Stadt! Das ist ein Anschlag auf die Nahversorgung
und nicht nachvollziehbar! Man hat fast den Eindruck im
Zusammenhang mit der Landstraßer Markthalle, dass
hier nicht nur seit Jahren, eigentlich seit dem Bau dieser
neuen Markthalle, die SPÖ-verwaltete Stadt Wien alles
daran gesetzt hat, dass diese Markthalle zuerst verkommt und damit dann einen Grund hat, sie schließen zu
können. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist
ein Skandal, der nicht genug aufgezeigt werden kann,
weil es einfach unglaublich ist, wie hier mit den Konsumentinnen und Konsumenten umgegangen wird und wie
hier auch mit den Unternehmerinnen und Unternehmern
umgegangen wird! (Beifall bei der ÖVP.)
An dieser Stelle gibt es seit 1865 Märkte, gerade für
9. Sitzung / 16
den Bereich Fleisch, für Gemüse, für Obst. Nunmehr
wird diese Markthalle geschlossen. Die Argumente, die
von Seiten der SPÖ, sowohl hier im Gemeinderat, vom
Bürgermeister, von GemeinderätInnen als auch von
Bezirksvorstehern, gebracht werden, sind nicht nachvollziehbar. Aber es geht darum, es wird zugesperrt, es wird
abgedreht, es werden einfach die Lichter ausgemacht.
Das ist das Verständnis der Wiener SPÖ zur Nahversorgung! Das ist das Verständnis zu den Märkten! Mein
Kollege Fritz Aichinger wird noch auf andere Beispiele in
dieser Stadt eingehen. Das, was Märkte sind, nämlich
Vielfalt, Möglichkeiten zum Auswählen, zum Gustieren,
zum Aussuchen des Besten, soll einfach wegfallen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Hinweis, dass es eh den Rochusmarkt gibt, kann in diesem
Zusammenhang nur ein schlechter Scherz sein, weil
wenn man heute schon den Rochusmarkt im Vergleich
zum Landstraßer Markt sieht, ist es so, dass dort teilweise Ketten sind und dass es zum Beispiel im Fleischbereich keine Vielfalt gibt. Das heißt, dass diese Vielfalt
verloren geht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das
wirklich im Sinne der Konsumentinnen und Konsumenten, weil auf den Bahnhöfen prinzipiell nur mehr ein
Großer ist? Da könnten Sie sich auch andere Bahnhöfe
ansehen, beispielsweise vor Kurzem in Leipzig, wo
selbstverständlich eine Vielfalt an Angeboten in der Nahversorgung besteht. Bei uns ist es so, dass ein Bahnhof
offensichtlich einem Großen gegeben wird, wie es überhaupt in dieser Stadt von Seiten der SPÖ so sein dürfte,
dass die Großen alles bekommen und die Kleinen, die
vor allem auch die Wirtschaftskraft und die Arbeitskräfte
dieser Stadt sicherstellen, vernachlässigt werden. Das ist
nicht unser Verständnis! (Beifall bei der ÖVP.)
Die Beispiele Rothneusiedl und Landstraßer Markt
können hier entsprechend herangezogen werden. Es ist
heute noch nicht zu spät, für den Landstraßer Markt
etwas zu tun, noch sind nicht alle Lichter ausgeschaltet,
noch sind nicht alle Rollbalken heruntergelassen, noch
gibt es die Möglichkeit umzudenken. Nur deshalb, weil
offensichtlich klammheimlich etwas mit irgendwelchen
Großkonzernen hinten abgeschlossen worden ist, darf
doch das kein Grund sein, dass die Stadt zu Lasten der
Konsumentinnen und Konsumenten und der Unternehmer hier resigniert beziehungsweise diese verkauft, weil
anders kann ich das nicht interpretieren, was sich hier in
den letzten Wochen und klammheimlich offensichtlich
schon vorher abgespielt hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das, was
die SPÖ-Wien hier tut, ist, einen Beitrag zur Politikverdrossenheit zu leisten! Aus den vielen Gesprächen, die
ich gerade immer wieder auf dem Landstraßer Markt in
den letzten Wochen erlebe, ist das Schlimmste die
Ohnmacht, die die Bürger hier erleben, die Ohnmacht
gegenüber einer übermächtigen Stadtverwaltung, gegenüber mächtigen Konzernen und die Ohnmacht, noch
etwas gestalten zu können. Dann ist es kein Wunder,
wenn die Wahlbeteiligung, die in Wien nicht weit über
50 Prozent liegt, auf diese Art und Weise noch weiter
Landtag, 18. WP
30. März 2007
hinuntergesetzt wird. Meine sehr geehrten Damen und
Herren, dafür haben Sie von der SPÖ, von der Wiener
SPÖ, von der Landstraßer SPÖ die Verantwortung zu
tragen! (Beifall bei der ÖVP.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wäre
gut, hier von Ihrer Seite noch einmal umzudenken, nicht
jeden einzelnen Standler, der vielleicht wirtschaftlich
gewisse Probleme hat, zu bearbeiten, sagen wir es höflich, sehr salopp, man könnte auch andere Ausdrücke
verwenden, sondern nachzudenken, wie man diesen
Markt erhält, wie man diese Einkaufsmöglichkeit weiterbestehen lässt. Weil jeden Einzelnen herauszubrechen
und zu schauen, dass möglichst wenig übrigbleiben, ist
das das Verständnis, das die SPÖ von Nahversorgung
hat, das die SPÖ vom Umgang mit Unternehmerinnen
und Unternehmern beziehungsweise mit Konsumentinnen und Konsumenten hat? Dazu können wir als Wiener
Volkspartei nur Nein sagen! (Beifall bei der ÖVP.)
Wichtig wäre es und es gibt da auch einen Ansatz
der ÖVP auf der Bezirksvertretungsebene. Ich stehe gar
nicht an, auch den GRÜNEN und anderen Parteien,
denn ich glaube, auch die Freiheitlichen sind mittlerweile
darauf eingeschwenkt, dafür Danke zu sagen, dass man
gemeinsame Anstrengungen für die Bewohnerinnen und
Bewohner der Landstraße und eigentlich von ganz Wien
unternimmt, weil wenn man dort unterwegs ist, merkt
man, dass sehr wohl aus allen Teilen von Wien Konsumentinnen und Konsumenten dort sind, weil der Markt
eben mit U-Bahn und mit Schnellbahn so gut erreichbar
ist, um die man sich sorgen sollte.
Es gibt hier eine breite Bürgerbewegung, nur der
Stadt, der Stadtverwaltung und der SPÖ ist das vollkommen gleichgültig. Man könnte sagen, es ist der Wiener SPÖ einfach wurscht, wie es hier weitergeht. Die
letzte Markthalle dieser Stadt, und Markthallen sind typisch für europäische Kultur, wird geschlossen. Ich finde
es wirklich bedauerlich, dass die SPÖ in diesem Hause
zuschaut, wie Lämmer zuschauen - das wird zugesperrt,
eigentlich völlig wurscht -, und nicht überlegt, dass es
bisher 6 000 Unterschriften gibt und noch weit mehr
kommen werden, dass es viele Unternehmen gibt, die
gerne weitermachen wollen! Das alles ist der SPÖ
wurscht! Es geht darum, hier offensichtlich irgendwelchen anderen Interessen, aber nicht denen der Konsumentinnen und Konsumenten, nicht denen der Unternehmerinnen und Unternehmer, Folge zu leisten!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist der
falsche Weg hinsichtlich der Nahversorgung! Das ist der
falsche Weg, den die SPÖ in dieser Stadt einschlägt! Wir
müssen hier aufzeigen, dass sie sich von diesem Weg
wegbewegen muss, sonst steht es schlecht um diese
Stadt, vor allem aber um die Nahversorgung in dieser
Stadt! (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Heinz Hufnagl: Für weitere Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung, dass sich die Damen und
Herren Abgeordneten nur einmal zum Wort melden dürfen und ihre Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist.
Als nächste Rednerin hat sich Frau Abg Matiasek
zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.
9. Sitzung / 17
Abg Veronika Matiasek (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Damen
und Herren!
Ich würde vorschlagen, wenn man definitiv wieder
über die Landstraßer Markthalle sprechen will, und das
ist jedem sein gutes Recht, ein Thema einzubringen, das
ihm wichtig erscheint, dann soll man nicht irgendeinen
Schutztitel wie eben den „EKZ-Wildwuchs auf der grünen
Wiese" und die „Reform der Wiener Bauordnung" nehmen, die eigentlich mit dem Thema, das Sie ansprechen
wollen, nicht unmittelbar zu tun haben! (Beifall bei der
FPÖ. - Abg Dr Matthias Tschirf: Das kommt schon noch!
Sie kennen die Geschäftsordnung nicht!)
Nichtsdestotrotz würde ich sagen, ist das Thema der
Wiener Nahversorgung natürlich ein wichtiges. Ich glaube, das kann man auch in allen seinen Facetten so ansprechen. Es ist nicht nur so, dass wir Probleme im Bereich der Märkte haben, und auf den Spezialfall der
Landstraßer Markthalle wird mein Kollege Madejski in
Folge noch zu sprechen kommen, sondern dass wir
natürlich, wenn wir unsere Geschäftsstraßen in Wien
anschauen, auch dort Probleme haben. Das letzte Beispiel war die Thaliastraße, wo das die Geschäftsleute,
aber natürlich auch die verantwortlichen Politiker des
Bezirks plötzlich erkannt haben oder erkennen mussten.
Das ist keine Entwicklung der letzten Wochen. Ich wohne
dort in der Nähe und gehe auch auf die Thaliastraße,
nachdem meine Hernalser Hauptstraße schon vor Jahren gestorben ist. Das sind halt Entwicklungen, die man
anstehen hat lassen, mit den strukturellen Maßnahmen,
die in dieser Stadt nicht gesetzt wurden.
Sehr geehrte Damen und Herren, dass wir heute
Plätze mit Geschäften oder Geschäftsstraßen, die den
Branchenmix, den sie uns vor 10 oder 15 Jahren noch
geboten haben, einen konsumentenfreundlichen Branchenmix, der der Nahversorgung dienlich ist, der Arbeitsplätze schafft, der letztlich aber auch für die Sicherheit im Grätzel zuständig ist, nicht mehr haben, ist schon
hausgemacht. Da gibt es einmal die Streichung von
Förderungen, wenn ich etwa daran erinnere, dass vor
einigen Jahren die Förderungen der Geschäftsstraßen
eingefroren oder gestrichen worden sind oder dass die
Nahversorgungsförderung um ein Drittel gekürzt wurde.
Bei allem war sich die SPÖ-Stadtregierung mit der Wirtschaftskammer aber immer durchaus einig. Das ist letztlich dokumentiert mit dem gemeinsamen Hinaustragen
des Tisches und der Sesseln zum ersten Schanigarten
durch den Herrn Bürgermeister und den jeweiligen Vorsitzenden der Wiener Wirtschaftskammer aus dem
Spektrum der ÖVP, natürlich bis hin zu der gemeinsamen Bootsfahrt, die man immer auf der Alten Donau
macht. Das zeigt ja die Zusammenarbeit. Ich glaube, da
kann man sich nicht so ausklinken. Ich kann mich auch
daran erinnern, wenn jeweils ein Geschäftszentrum
eröffnet wurde, dann sind auch immer alle dagestanden
und haben sich gerne für die Zeitung abbilden lassen,
ganz egal, ob es sich um ein kleineres oder größeres
Einkaufszentrum am Rande unserer Stadt gehandelt hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir
Landtag, 18. WP
30. März 2007
heute Geschäftsstraßen haben, die einen Branchenmix
aus Spiel- und Wettsalons, aus Telefonshops, aus
Fetzenläden, aus Kebap-Buden und so weiter aufweisen,
ist hausgemacht. (Abg Kurt Wagner: Vielfalt!) Da können
wir die Wirtschaftskammer genauso wie die SPÖStadtregierung nicht aus der Verantwortung nehmen.
Statt öffentliche und halböffentliche Einrichtungen genau
in den betroffenen Gebieten und Bezirken, wo ein sukzessives Abwandern oder Veröden der Nahversorgung
ablesbar war, zu erhalten, hat man gerade in diesen
Bezirken zum Beispiel öffentliche Einrichtungen zusammengelegt, was natürlich einen finanziellen und wirtschaftlichen Hintergrund hat. Man hat aber nichts Neues
angesiedelt, das etwa als Frequenzbringer, und das ist
ein ganz wichtiger Punkt, anzusehen wäre. Man hat
ausgedünnt und steht dann vor Geschäftsstraßen wie
etwa jetzt der Thaliastraße und ist einigermaßen hilflos,
denn es liegt nicht nur an den Mitteln allein, sondern es
liegt natürlich auch an den strukturellen Problemen. Es
liegt auch an der Ansiedlung der Bevölkerung, denn wir
können schon erleben, wo sich kaufkräftige Bevölkerung
angesiedelt hat, sind die Probleme entsprechend geringer.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es bedarf
Anstrengungen aller Seiten, es bedarf aber auch einer
anderen Bewilligungspolitik und einer anderen Genehmigungspolitik, um die Nahversorgung zu erhalten, wo
nicht nur wichtig ist, dass ich die Einkaufsgelegenheit
möglichst in meinem Umfeld und somit auch einen umweltpolitischen Aspekt habe, sondern dass ich eine Nahversorgung aus dem Bereich von Handel, Gewerbe und
Dienstleistungen im Grätzel behalte. Das ist auch ein
Aspekt der Arbeitsplätze für die Wienerinnen und Wiener
und hat auch eine soziale Komponente, die leider nach
und nach ins Negative abdriftet, wenn man etwa sieht,
wie es mit dem Sicherheitsaspekt in diesen Vierteln
ausschaut, wo ich den von mir vorhin angeführten Branchenmix habe, der nach und nach zunimmt, von eher
dubiosen und minderwertigen Geschäften anstatt der
althergebrachten Nahversorgung im Bereich von Lebensmittel, von Kleidung und dergleichen.
Präsident Heinz Hufnagl (unterbrechend): Bitte zum
Schluss zu kommen.
Abg Veronika Matiasek (fortsetzend): Meine sehr
geehrten Damen und Herren, ich möchte daher den
Appell richten: Widmen wir uns auch dem Beleuchten
der strukturellen Probleme! Fassen wir das verstärkt ins
Auge! Hier sind natürlich vor allem die politisch Verantwortlichen von der Stadtregierung bis hin zu den Bezirken angesprochen. Fassen wir es verstärkt ins Auge,
auch Frequenzbringer gezielt anzusiedeln, um unseren
Geschäftsstraßen, unserer Nahversorgung wieder Leben
einzuhauchen! (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl: Als nächste Rednerin hat
sich Frau Abg Dipl-Ing Gretner zum Wort gemeldet. Ich
erteile es ihr.
Abg Dipl-Ing Sabine Gretner (Grüner Klub im Rathaus): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich finde es doch einigermaßen traurig, dass zu die-
9. Sitzung / 18
sem spannenden Thema die Einleitung eigentlich nur ein
Lamentieren war, wie furchtbar alles ist. Von den bösen
Großkonzernen aus Ihrem Mund zu hören, finde ich auch
relativ witzig. Es mangelt mir da auch, Frau Kollegin
Matiasek hat es angesprochen, an konkreten Reformvorschlägen. Wie die Situation ist, haben wir schon oft
genug besprochen, da sind wir uns als Oppositionsparteien relativ einig. Aber was können wir konkret tun? Ich
glaube, das ist die Frage, die wir heute debattieren sollten.
Über die Reform der Wiener Bauordnung hinaus gibt
es weit wichtigere Maßnahmen, beispielsweise, dass es
eine ernsthafte Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern gibt. Da wäre auch Ihr Landeshauptmann gefragt, da eine Achse Häupl/Pröll, die sich vielleicht das
eine oder andere ausmachen, da zu wenig ist, dass es
zu einer verbindlichen Zusammenarbeit kommt und man
sich, wie beispielsweise in Deutschland, einigt. Dort gibt
es sehr vernünftige Modelle, dass man sich als Region
begreift und dass man sagt, wenn ein IKEA kommt und
sich in einer Gemeinde ansiedeln will, wo rundherum alle
feststellen, dass das nachteilige Folgen hätte, man setzt
sich zusammen und sucht einfach den besten Ort für die
Region und das gilt dann auch.
So wie es bei uns derzeit gemacht wird, bestes Beispiel Rothneusiedl, wo der Bürgermeister hier gestanden
ist und gesagt hat, was wir wollen, weil sonst machen
halt die Niederösterreicher, ist kindisch! So kann es nicht
weitergehen, weil sonst wird die Grenze bald von beiden
Seiten mit Einkaufszentren zugepflastert sein und das
wird unserer Nahversorgung wenig nützen.
Es gibt noch andere internationale Beispiele, beispielsweise in Großbritannien die so genannte Planning
Policy Guidance. Da wäre ich sehr neugierig, was die
ÖVP dazu sagen würde, wenn wir das hier ernsthaft
diskutieren würden. Es handelt sich um eine gesetzliche
Bestimmung, welche der örtlichen Stadtverwaltung erlaubt, periphere Einkaufs- und Fachmarktzentren in die
Finanzierung vom gesamtstädtischen Town Centre Marketing einzubinden. Das heißt, wenn am Stadtrand ein
großes Einkaufszentrum entsteht, müssten die eine
gewisse Abgabe leisten, um eben in die Nahversorgung
im Zentrum zu investieren.
Beispielsweise gibt es in Bayern, was schon angesprochen wurde, sogar die Parteistellung von Nachbarstädten. Da könnte man zum Beispiel das Problem, das
wir jetzt in Vösendorf mit diesem Bürohochhaus haben,
ganz anders lösen. Da müsste nicht unser Stadtrat über
die Medien den Niederösterreichern sagen, was er davon hält, sondern man könnte das ordentlich ausverhandeln.
Was aber am Notwendigsten und am Dringendsten
gefragt wäre, wäre der Mut der Wiener Stadtplanung, zu
unverträglichen Projekten Nein zu sagen. Wieder Beispiel Rothneusiedl, wir wissen, dass derzeit rund
350 000 m² Einkaufszentrumsfläche für Wien gewidmet
sind. Wir wissen, dass die Kaufkraft nicht so steigt wie
diese Quadratmeterflächen. Wir wissen die Leerstandsdaten von unseren Geschäftsstraßen. Beispielsweise
Landtag, 18. WP
30. März 2007
gleich um die Ecke, Lerchenfelder Straße, steht bei
27 Prozent.
Ich denke, es ist dringend an der Zeit, Nein zu unverträglichen Projekten zu sagen. Es hat überhaupt keinen
Sinn, hier über die Nahversorgung zu jammern und sie
bricht uns zusammen, sondern wir müssen bei Einkaufszentren am Stadtrand auch einmal riskieren, Leute sozusagen zu verschrecken und ihnen zu sagen, wir hätten
im Zentrum die und die Fläche, wo wir uns das in der
und der Größe besser vorstellen könnten und sich dann
auch verbindlich daran zu halten.
Was die Markthalle betrifft, nur eine Bemerkung: Ich
kann mich noch erinnern, beim Wettbewerb wurde ausdrücklich formuliert, dass diese Halle zu integrieren ist.
Scheinbar hat sich da die Wiener SPÖ den Wünschen
der WAI gebeugt, weil natürlich Einzelhandelsfläche
teurer zu vermieten sind, als die Marktstandler derzeit
bezahlen können.
Also ein ernsthafter Aufruf, auch an die ÖVP, nicht
nur populistisch den Zustand zu beschreiben, sondern
wirklich einmal Vorschläge auf den Tisch zu legen und
diese ernsthaft mit uns zu diskutieren, um eine Lösung
zu finden. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Heinz Hufnagl: Als nächster Redner hat
sich Herr Abg Fritz Strobl zum Wort gemeldet. Ich bitte
ihn, das Wort zu ergreifen.
Abg Friedrich Strobl (Sozialdemokratische Fraktion
des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und
Herren!
Ich gehe gleich zu Beginn auf meine Vorrednerin ein
und indirekt natürlich auch auf den Klubobmann Tschirf,
der in seiner Einleitung gesagt hat, Nahversorgung heißt
Lebensqualität. Sie, Kollegin Gretner, haben darauf
hingewiesen, dass es eigentlich eine Einigkeit zwischen
den Oppositionsfraktionen, die Nahversorgung betreffend, gibt und dass es sehr viele internationale Beispiele,
die Nahversorgung und die Lebensqualität betreffend,
gibt.
Lassen Sie mich eingangs feststellen, im internationalen Wettbewerb liegt die Stadt Wien bei der Lebensqualität vor all den genannten Städten und Ländern, die
Sie genannt haben, im Spitzenfeld. Die sind bei der
Lebensqualität alle hinter uns und Lebensqualität bedeutet Nahversorgung. Also heißt das, die Nahversorgung in
Wien ist immer noch eine der besten in Europa! (Beifall
bei der SPÖ.)
Wenn der Kollege Tschirf darauf hinweist, dass Märkte geschlossen wurden und wenn immer wieder der
Hinweis kommt, welche Probleme einzelne Einkaufsstraßen haben, so möchte ich das gar nicht in Abrede
stellen, dass es hier Probleme gibt. Nur sollte man sich
schon auch mit den Ursachen auseinandersetzen. Da
frage ich schon, meine sehr geehrten Damen und Herren
von der ÖVP, lieber Kollege Tschirf, lieber Fritz Aichinger, wo war denn die ÖVP in den vergangenen Jahren,
in den 70er Jahren, in den 80er Jahren, Anfang der 90er
Jahre, als eine große Filiale nach der anderen in einem
Häuserblock eröffnet wurde und ein Nahversorger nach
9. Sitzung / 19
dem anderen nach dieser Eröffnung zum Sterben verurteilt war? Wo war die ÖVP da? Ich kann es Ihnen sagen,
wo Sie waren. Sie sind in der ersten Reihe fußfrei gesessen oder gestanden und haben darauf geschaut,
dass Sie bei der Eröffnung gut im Bild sind, aber nicht
auf Seite der Nahversorger, die in Gefahr waren! Dort
sind Sie gestanden und haben Ihre Interessen vertreten!
(Beifall bei der SPÖ.)
Deswegen kann ich Ihnen auch sagen, diese Vorgangsweise der ÖVP ist wirklich sehr leicht durchschaubar. Sie stehen immer auf der Seite, wenn etwas eröffnet
wird. Sie sind dafür, wenn gewidmet wird. Ich sage nur,
weil es geheißen hat, es kommt zu den Flächenwidmungen vom Kollegen Aichinger noch eine Aussage, da
möchte ich zwischendurch erwähnen, wenn du dann
diese Aussage machst, nenne bitte auch diese Zahlen.
Falls du es nicht tust, nenne ich sie sicherheitshalber. Unter der Ära Görg wurden in Wien insgesamt
537 700 m² neue EKZ-Widmungen vorgenommen. (Abg
Nurten Yilmaz: Das ist ein Skandal!) Unter der Ära Schicker seit 2001 bis jetzt 428 000 m². Da fehlen immer
noch 100 000 m²! (Abg Dr Matthias Tschirf: Das ist aber
schon zuviel!) Das ist wiederum typisch ÖVP. Zuerst wird
gewidmet, dann wird kritisiert. Sie stellen sich im Nachhinein hin und kritisieren dann das, was Sie im Vorhinein
geplant und unterstützt haben! Das ist leicht durchschaubar und das verstehen auch die betroffenen Menschen in unserer Stadt! (Beifall bei der SPÖ.)
Lassen Sie mich noch in ein paar Sätzen eines erwähnen, es geht sich leider zeitmäßig nicht alles aus.
Was eine Bedrohung für die Nahversorgung ist, haben
wir in den letzten Jahren erlebt, nämlich für Nahversorgungsbetriebe, für Unternehmerinnen und für Unternehmer. Eine Bedrohung für Nahversorgungsbetriebe ist
zum Beispiel die Abschaffung des Entgeltfortzahlungsfonds gewesen. Eine Bedrohung für Nahversorgungsbetriebe ist zum Beispiel die Abschaffung des Investitionsfreibetrags gewesen. (Abg Franz Ekkamp: Eine Schwächung der Kaufkraft!) Eine Bedrohung für Nahversorgungsbetriebe ist die unmögliche Mietsituation, wo es
horrende Mieten in Einkaufsstraßen gibt, die sich Nahversorgungsbetriebe ganz einfach nicht leisten können
und wo sich die ÖVP nicht bewegt. Eine Gefahr für Nahversorgungsbetriebe ist eine einseitige Unterstützung
seitens der ÖVP, seitens des Wirtschaftsministers Bartenstein im Besonderen, für Industriebetriebe, für große
Betriebe und nicht für die kleinen Betriebe. Ich könnte
diese Liste fortsetzen, möchte aber zum Schluss kommen.
Ich möchte zum Abschluss betonen, wie wichtig es
ist, dass in dieser Stadt die SPÖ für die Wirtschaftspolitik
verantwortlich ist und nicht die ÖVP! Wir sehen, wir haben bei der Lebensqualität, bei der Nahversorgung die
besten Werte. Die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt
sind damit hoch zufrieden. Ich kann die Studien, die es
hier gibt, gar nicht alle nennen. Die Wirtschaftspolitik der
SPÖ trägt eben dazu bei, dass es in dieser Stadt mehr
Sicherheit für Nahversorger gibt und dass es auch dementsprechend eine hervorragende Lebensqualität gibt
Landtag, 18. WP
30. März 2007
(Abg Dr Matthias Tschirf: Trotz der SPÖ!), auf die wir
stolz sein können! - Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl: Als nächster Redner hat
sich Herr Abg Dr Madejski zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
Abg Dr Herbert Madejski (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Nach dieser wirklich schönen Wahlrede für die
nächste Kammerwahl, Kollege (Abg Friedrich Strobl:
Danke!), kehren wir wieder zur Realität zurück. (Abg Dr
Kurt Stürzenbecher: Man muss nur rechtzeitig damit
anfangen!) Es war wirklich ausgezeichnet. (Abg Dipl-Ing
Omar Al-Rawi: Das waren nur Fakten!) Wir sind eh alle
glücklich, dass wir dich haben. (Abg Friedrich Strobl:
Man tut sich leicht, wenn man von der Wahrheit spricht!)
Damit können wir ja auch eine ordentliche Oppositionspolitik betreiben, weil so fehlerlos seid ihr in Wien wirklich
nicht! (Abg Friedrich Strobl: Das habe ich auch nicht
gesagt!)
Eingehend möchte ich mich jetzt schon mit dem
Landstraßer Markt beschäftigen, weil er eigentlich auch
das Thema für diese Aktuelle Stunde gewesen wäre.
Selbstverständlich hat die FPÖ immer Ja zu Märkten,
immer Ja zu den Standlern, immer Ja für die Zukunft der
Märkte gesagt, das ist überhaupt keine Frage, aber Nein
zu dieser Halle. Ich glaube, da wird immer ein bisschen
unterschieden oder nicht unterschieden seitens der ÖVP
und der GRÜNEN. Es kommt immer darauf an, wo ich
einen Markt regional positioniere, welche Nahversorgungsfunktion der Markt hat. Daher Ja zu den Standlern,
die aktiv weitermachen wollen, das ist auch eine Voraussetzung, aber Nein zu dieser desaströsen Halle, wobei
der Vorwurf der SPÖ natürlich nicht erspart werden
kann, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ich weiß selbst, vor vier bis fünf Jahren hat es eine
Initiative der Standler gegeben. Auch damals waren es
nicht alle, sondern zirka nur 60 Prozent, die ein kleines
Sanierungskonzept vorgelegt haben. Das habe ich der
damaligen zuständigen Stadträtin Wehsely auch übergeben. Wir haben Gespräche geführt, es ist leider nicht
sehr viel passiert. Ob diese Halle jetzt bewusst oder
unbewusst praktisch zur Ruine geworden ist, wage ich
nicht zu beurteilen, aber der Eindruck in der Öffentlichkeit entsteht schon, dass hier ein bisschen bewusst
agiert wurde. Es ist natürlich leicht für die SPÖ und die
MA 59 gewesen, weil die Standler, und das ist in der
heutigen Situation genauso, nie einig waren, nie an einem Strang gezogen haben.
Es gibt selbstverständlich die verschiedensten Interessen. Es gibt die Interessen derjenigen, die aufhören
wollen. Es gibt die Interessen derjenigen, die Abfindungen haben wollen, weil sie älter sind. Es gibt Interessen
von jungen Aktiven. die weitermachen wollen. Da gibt es
verschiedenste Interessen. Auch in der Halle ist es derzeit so, dass knapp über 30 weitermachen wollen, was
erfreulich ist, aber durchaus ein nicht unerheblicher Teil
aus Altersgründen, weil sie keinen Nachfolger haben
oder weil sie nicht das Geld für Neuinvestitionen haben,
9. Sitzung / 20
nicht weitermachen will.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Realität
darf man nicht vergessen. Ich kenne die Märkte in Wien
sehr gut, weil ich früher Marktsprecher war. Die Realität
war, auf diesem Markt ist die Kundenfrequenz in den
letzten Jahren massiv gesunken, wobei ausschlaggebend war, das haben mir die Marktstandler dort persönlich erzählt, dass sehr viele große und kleine Firmen mit
ihren Mitarbeitern und Dienstnehmern abgesiedelt wurden, insbesondere die Bank Austria, die im Vis-à-visBereich die ganze Häuserzone und Fluchten von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen gehabt hat, die natürlich zu
Mittag für den Abend eingekauft, ihr Gemüse, ihr Fleisch
mit nach Hause genommen haben. Hier sind Hunderte
weggefallen. Die gibt es einfach nicht mehr. Das ist die
Realität.
Es gibt keine einheitlichen Öffnungszeiten mehr. Es
gibt keine einheitlichen Schließtage mehr. Die hat es
schon damals nicht mehr gegeben. Manche sperren
eben nur diese drei, vier Stunden auf, die sie brauchen,
um den Stand für ihr Privatlager rechtlich überhaupt zu
halten. Dies ist übrigens das Problem auf sehr vielen
Märkten, auf das man auch einmal eingehen könnte. Ich
könnte da sehr viel erzählen, vom Branchenmix und so
weiter.
Das heißt aber, die SPÖ nicht aus der Pflicht zu
nehmen. Darum haben wir voriges Mal hier einen gemeinsamen Antrag in diesem Bereich eingebracht. Dass
es sehr wohl im neuen Einkaufszentrum, im neuen
Bahnhof räumlich die Möglichkeit geben soll, und zwar
getrennt, davon gehe ich nicht ab. Man kann hier durchaus einen neuen Denkansatz pflegen, den ich ersuche,
vielleicht in Ihre Überlegungen einzubinden. Man könnte
mit dem zukünftigen Betreiber beziehungsweise Projektanten Gespräche seitens der Stadt und der zuständigen
Dienstbehörden aufnehmen, damit die Stadt Wien, die
MA 59, dort eigene Flächen erhält und sie zu Marktkonditionen an die Willigen und Aktiven, die man dort wirklich nicht vertreiben soll, anbietet. Das kann nur ein Defizit werden, ist überhaupt keine Frage. Ein Markt ist nun
einmal ein Defizit, gehört aber zu den ureigensten Aufgaben einer Infrastruktur einer Stadt. Infrastruktur ist
Nahversorgung, ist Lebensqualität, genauso wie Sicherheit, Gesundheit oder Verkehr, und das ist die Aufgabe
der Kommune. Deswegen kann man nur das eine oder
andere Mal im Sinne der Bevölkerung durchaus auch
Defizite einfahren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hoffe,
dass diese Anregung unsererseits aufgenommen wird.
Führen Sie rasch Gespräche mit den Standlern, um die
Unsicherheit zu nehmen! Nehmen Sie Gespräche mit
den Projektbetreibern auf! Schauen Sie, dass Sie dort
Flächen bekommen! Sehr viel wird es nicht sein. So wie
der Kollege Tschirf heute schon ein bisschen umgedacht
hat, denn er hat nicht mehr von der Halle, sondern von
den ÖBB-Bahnhöfen international gesprochen, wo eine
Vielfalt von Produkten und Geschäften zum Anbieten
sind, das Gleiche könnte in Wien auch passieren!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, noch zum
Landtag, 18. WP
30. März 2007
Abschluss, es tut mir leid, ob es jetzt bewusst ist oder
nicht, dass die ÖVP und die GRÜNEN ein bisschen
etwas versprechen und den Leuten Hoffnungen geben,
die nicht einzuhalten sind. Es ist schade. Man sollte
gemeinsam für den neuen Markt in einem neuen Projekt
etwas tun. Da fällt mir zum Abschluss noch ein Spruch
ein: Diese Parteien schauen in diesem einen Fall nicht in
die Zukunft, sondern leider in die Vergangenheit! Aber,
meine Damen und Herren, Kollege Tschirf und Kollegin
Gretner, auch die GRÜNEN, die massiv hinter dieser
Kampagne stecken, Tradition heißt nicht, die Asche zu
bewachen, sondern das Feuer neu zum Lodern zu bringen! - Danke. (Beifall bei der FPÖ)
Präsident Heinz Hufnagl: Eine kleine tatsächliche
Berichtigung, Herr Kollege Dr Madejski: Die Standortpolitik der Bank Austria ist keine wesentliche Ursache für
den Kundenrückgang am Landstraßer Markt. Das ehemalige Hauptgebäude der Zentralsparkasse, Vordere
Zollamtsstraße, ist unverändert vollbesiedelt. (Abg Mag
Wolfgang Jung: Eine tatsächliche Berichtigung ist nicht
die Aufgabe des Präsidenten!) Allein ein kleiner Teil der
Bahnhofsfläche, spiegelbildlich auf der anderen Seite
des Landstraßer Marktes, ist auf Grund der schlechten
baulichen Substanz und damit nicht mehr zumutbaren
Arbeitsbedingungen von der Bank Austria reduziert worden. (Abg Mag Wolfgang Jung: Hört, hört!) Also der
Landstraßer Markt hat allgemein und generell Kunden
verloren. (Abg Mag Wolfgang Jung: Der Präsident redet
über die Bank Austria! Das darf doch nicht wahr sein!) Es
wäre ungerecht, das an der Standortpolitik einer einzelnen Firma festzumachen. (Abg Dr Herbert Madejski: Gibt
es bei dir einen Schalter? Das habe ich doch gar nicht
gesagt! - Abg Man Wolfgang Jung: Das ist unerhört! So
etwas vom Präsidenten!) Ich kann das gerne noch mit
Zahlen belegen, Kollege Jung.
Wir setzen fort mit der Frau Abg Cammerlander. Ich
erteile ihr das Wort. (Abg Dr Herbert Madejski: Das ist
unglaublich und vollkommen unnötig! Du provozierst
mich!) Am Wort ist die Kollegin Cammerlander.
Abg Heidemarie Cammerlander (Grüner Klub im
Rathaus): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte
Damen und Herren!
Zur Zeit läuft im Künstlerhaus ein Theaterstück, das
heißt: „Mir samma mir. Mir samma mehr“. Als ich das
gelesen habe, habe ich spontan an die Wiener SPÖ
gedacht. Das scheint der Slogan, der Leitspruch, der
Wiener SPÖ zu sein. Diese „Mir samma mir"-Fraktion
erklärt der Wiener Bevölkerung, was sie unter Nahversorgung versteht. Nahversorgung ist für die SPÖ Einkaufszentrum, Einkaufszentrum, Einkaufszentrum, Einkaufszentrum, in jedem denselben Konzernmix und das
war es. (Abg Dr Matthias Tschirf: Leider!) Argumentiert
hat man das dann immer mit den so tollen und reichen
Investoren, die Geld bringen, dass man da doch einfach
gar nicht Nein sagen kann und dass alles ausfinanziert
ist.
Es ist wirklich kein Wunder, wenn man sich nur mehr
mit den großen Konzernen beschäftigt und nur mehr
damit beschäftig ist, große Konzerne zu füttern, dass
9. Sitzung / 21
man die Interessen der Bevölkerung, der Klein- und
Mittelbetriebe nicht mehr sieht. Nahversorgung für die
Bevölkerung ist mehr als ein Einkaufszentrum, meine
Damen und Herren, oder eine Shopping-Meile. Es benötigt eine kulturelle, eine soziale, ein kommunikative und
eine integrative Nahversorgung, wenn sie den Bedürfnissen der Menschen entsprechen soll. Ein Ort, wo diese
Nahversorgung noch funktioniert, ist noch die Landstraßer Markthalle. Sie ist Kommunikationsraum und sie ist
ein gelebtes Integrationsprojekt. Obwohl Sie in den letzten Jahren wirklich alles getan haben, um diese Halle
verwahrlosen zu lassen – sie ist wirklich grindig –, ist das
vielfältige Angebot nach wie vor hervorragend, und auch
Stammkunden sind ihrer Halle treu geblieben.
Eine renovierte Halle mit demselben Angebot würde
auch wesentlich mehr neue KundInnen bringen, und
dass Markthallen gewinnbringend arbeiten können, erweist sich am Beispiel der Innsbrucker Markthalle. Sie
arbeitet mit Gewinn. Und wie ich bereits das letzte Mal
gesagt habe, wo Sie dann gelacht haben, können umgebaute schöne Markthallen auch eine Touristenattraktion
sein. Schauen Sie sich einmal die Markthalle in Budapest an, in Florenz, in Barcelona oder in Dresden! Alle
diese Markthallen finden Sie auch in jedem Reiseführer.
Und noch ein Aspekt, der nicht unbeachtet bleiben
darf. Es handelt sich hier immerhin um 60 kleine Handelsbetriebe, 300 Arbeitsplätze, ein frisches und buntes
Angebot, und das alles in einer Halle, die vor Wind und
Wetter geschützt ist. Das ist auch im gut versorgten
Wien eine Rarität. Täglich steigen hier 180 000 PendlerInnen um und können sich schnell, einfach und günstig
und viel lebendiger als in jedem Supermarkt mit Köstlichkeiten eindecken.
Der Landstraßer Markt kann wie kein anderer Markt
das Prädikat Klimaschutzmarkt beanspruchen, denn dort
braucht Mann/Frau wirklich kein Auto. Der Landstraßer
Markt ist gelebte Integration. Beim Essen und bei bunten
Marktstandln kommen Menschen aus aller Welt zusammen. Da ist immer Zeit für ein Plauscherl.
In Zeitschriften und auf Plakaten wirbt die SPÖ für
Klimaschutz, gegen Feinstaub durch den Autoverkehr
und für gelebte Integration. Es hat sich ein überparteiliches Komitee zur Rettung der Markthalle gegründet, und
alle vier Oppositionsparteien des Bezirkes haben gemeinsam mit diesem Komitee eine Koalition mit der
Bevölkerung gebildet. Und Herr Dr Tschirf hat sich geirrt,
er hat nicht genaueste Zahlen. Es sind mittlerweile bereits 8 000 Unterschriften (Abg Dr Matthias Tschirf: Umso besser!) – 8 000! –, und ich bin überzeugt davon, es
werden doppelt so viele. Dann können Sie sich entscheiden, was Ihnen wichtiger ist: das Wohlwollen der Bauträger Austria Immobilien oder doch die Anliegen der Bevölkerung.
Mit einem so massiven Widerstand haben Sie wahrscheinlich nicht gerechnet, obwohl es eine altbewährte
SPÖ-Strategie ist, Tatsachen zu schaffen, möglichst
bevor eine Reflektion seitens der BürgerInnen stattfindet.
Überlegen Sie es sich! Reagieren Sie nicht mit einer
Torschlusspanik, Herr Bürgermeister! – Danke. (Beifall
Landtag, 18. WP
30. März 2007
bei den GRÜNEN.)
Präsident Heinz Hufnagl: Als nächster Redner hat
sich Herr Abg Dkfm Dr Aichinger zu Wort gemeldet. Ich
erteile es ihm.
Abg Dkfm Dr Fritz Aichinger (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Präsident!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Vielleicht ganz kurz eine Replik an den Kollegen Fritz
Strobl. Also, lieber Fritz, erstens einmal ist es wirklich ein
starkes Stück, sich hier herauszustellen und über das
Mietrecht zu diskutieren, wenn wir genau wissen, dass
diese Mietrechtsänderung unter einem sozialdemokratischen Bundeskanzler und Justizminister eingeführt worden ist. Dann können wir darüber diskutieren, wie die
Mietsituation ausschaut. Da, glaube ich, würde ich einmal als Erstes überlegen, wer das Mietrecht eingeführt
hat. (Abg Christian Oxonitsch: Können wir es jetzt ändern?) Es ist ja eine Koalition, Herr Kollege Oxonitsch.
Wer das Gesetz eingeführt hat, darüber könnten wir
debattieren. (Abg Friedrich Strobl: Na, können wir es
jetzt ändern?) Wir werden darüber reden!
Punkt 2: zum Beispiel Entgeltfortzahlung. Lieber
Fritz, du weißt ganz genau, das gibt es jetzt von der
Allgemeinen Unfallversicherung. Das heißt, das gibt es
wieder. (Abg Friedrich Strobl: Das stimmt ja nicht!) Na,
selbstverständlich.
Und vielleicht als Punkt 3 – auch das sollten wir sehen, und es sind ja schon einige Tatsachen hier immer
wieder genannt worden – zu viele Flächen. Die Kaufkraft
steigt nicht, die Umsätze haben in den letzten fünf Jahren fast stagniert, aber eines ist auch wieder völlig richtig: Natürlich gibt es einen extremen Filialisierungsgrad in
Österreich, und gerade das haben die Wirtschaftskammer und ich persönlich immer wieder als eine der Ursachen herausgestrichen.
Aber wieso ist es denn so passiert? Weil Mitte der
90er Jahre auf Grund der Misswirtschaft ein „Konsum“
Pleite gegangen ist und damit auf einmal so viele Standorte frei waren, die sich dann natürlich die eine oder
andere große Kette genommen hat. (Abg Friedrich
Strobl: Da musst du aber selber schmunzeln!) Also der
Filialisierungsgrad beginnt ja erst ab Mitte der 90er Jahre, wo ganz einfach so Große gekommen sind.
Aber wir sollten ganz einfach doch ein bisschen in die
Zukunft schauen, und man sollte sich das überlegen,
weil die Gemeinde Wien kein klares Bekenntnis, meine
Damen und Herren, zur Nahversorgung, zu den Märkten
gegeben hat. (Zwischenruf von Abg Nurten Yilmaz!)
Warten wir ein bisschen, Frau Kollegin. Was ist mit der
Nußdorfer Halle passiert? Die Nußdorfer Halle wurde
genauso relativ lang überhaupt nicht repariert, saniert,
bis man sie dann saniert hat, und zwar, ich behaupte, zu
Tode saniert hat, so teuer, dass man sie wieder einem
großen Konzern verkaufen musste. (Abg Siegi Lindenmayr: Das stimmt ja alles nicht!) Ähnlich passiert es jetzt
anscheinend bei der Landstraßer Markthalle. Und warten
wir ab, was am Brunnenmarkt passiert, meine Damen
und Herren, wie sich das ausgeht, wo man auch relativ
lange gewartet hat und wo jetzt sehr, sehr gut und teuer
9. Sitzung / 22
saniert wird. Man wird sehen, ob sich das dann alle
Standler leisten können.
Ich möchte aber eines noch dazusagen, denn auch
das wird immer wieder von uns behauptet: Wir sind nicht
strikte gegen Einkaufszentren, aber wir haben immer
eines gesagt, und da gibt es jetzt Beweise dafür: Einkaufszentren können Geschäftsstraßen beleben und
sollen nicht auf der grünen Wiese gebaut werden. Da
gibt es jetzt relativ genaue Zahlen, dass diese Einkaufszentren, meine Damen und Herren, auch wesentlich
effektiver sind, bessere Zahlen schreiben als die anderen. Ich darf Ihnen nur zwei, drei Zahlen nennen, wie das
so ausschaut bei Einkaufszentren in der Stadt. Zum
Beispiel Galeria auf der Landstraße: Umsatz pro Quadratmeter 5 000 EUR, Gerngroß: 6 000 EUR, Donauzentrum: 4 700 EUR, Ringstraßengalerien: 4 500 EUR, Millennium: 6 000 EUR. Und wenn Sie es am Stadtrand
haben, auch dazu zwei, drei Beispiele: Shopping City
Nord: 3 300 EUR, Auhof: 3 000 EUR, vom Gasometer
rede ich gar nicht, da sind es 1 900 EUR pro Quadratmeter, Trillerpark: 2 000 EUR.
Immer wieder beweisen diese Zahlen, meine Damen
und Herren, dass da die Wirtschaftskammer schon sehr
recht gehabt hat, dass das in den Einkaufsstraßen wesentlich besser angesiedelt ist.
Aber, meine Damen und Herren, Nahversorgung
braucht auf der einen Seite Förderungen – sie bekommt
auch Förderungen, das wissen wir, sie sind zwar sehr
mickrig mit 2,7 Millionen, und zwar 1,7 Millionen für Geschäftsstraßen, 1 Million für Nahversorgung –, aber viel
wesentlicher ist (Abg Friedrich Strobl: Aber wir reden
schon von Euro!) – warte ein bisschen –, wir brauchen
bei der Nahversorgung auch Rahmenbedingungen, und
da ist die Gemeinde Wien, da ist der Landeshauptmann
säumig. Der Rechnungshof hat jetzt festgestellt, dass die
Landeshauptleute seit dem Jahr 2000 eine Verordnung
herausgeben müssen, womit ein Rahmen festgelegt
werden soll, wo EKZ zu bauen sind.
Jetzt weiß ich schon um die Besonderheit von Wien,
das Land und Gemeinde in einem ist, aber wenn ich
schon keine formale Verordnung herausgebe, dann
muss ich endlich ein Konzept machen, dann muss ich
mir endlich einen Plan überlegen, wo denn noch ein
Bedarf an Flächen ist, nach welchen Branchen noch ein
Bedarf ist. Es ist ganz genau festgehalten, wir müssen
auch branchenspezifisch feststellen: Wo gibt es Lücken
in der Versorgung, wo ist Nachholbedarf, wo ist das
übererfüllt im Großen und Ganzen? Und das ist das
Entscheidende, meine Damen und Herren.
Wie ernst man es – jetzt moralisch oder innerlich –
mit der Nahversorgung meint, zeigt ja jetzt eigentlich
zum Beispiel auch die Parkscheinverteuerung. Das
heißt, in den inneren Bezirken werden jetzt die Parkplätze verteuert, und auf der grünen Wiese sind die Parkplätze sozusagen gratis. Das heißt, wir treiben auch da
die Leute wieder hinaus zum Einkaufen. (Abg Friedrich
Strobl: Aber geh, das ist doch lächerlich!) Na, selbstverständlich! Selbstverständlich muss man ganz einfach
hinausfahren im Großen und Ganzen, wenn es in der
Landtag, 18. WP
30. März 2007
Stadt herinnen teuer wird, während ich auf der grünen
Wiese irgendwo ein Einkaufszentrum habe, wo ich für
den Parkplatz gar nichts zahle.
Das heißt, eines steht fest: Die Gemeinde Wien ist
gefordert, der Landeshauptmann ist gefordert, einen
Plan, ein Konzept zu erstellen, wo wir in Zukunft noch
Flächen brauchen, und nicht aus einem Anlass heraus
wo immer ein Einkaufszentrum hinzubauen. Bleiben wir
bei dem Stichwort Rothneusiedl, meine Damen und
Herren!
Wir müssen gemeinsam dieses Problem lösen. –
Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Heinz Hufnagl: Als nächste und letzte
Rednerin hat sich Frau Abg Yilmaz zu Wort gemeldet.
Ich erteile es ihr.
Abg Nurten Yilmaz (Sozialdemokratische Fraktion
des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Werte Gäste auf der Galerie! Ich möchte alle sehr herzlich begrüßen.
Herr Kollege Aichinger! Falls Wien kein Konzept haben sollte, was ja nicht stimmt, wären wir bei diesen
Rankings, die Kollege Strobl schon erwähnt hat, nicht
führend. Glauben Sie, das passiert nur zufällig, gottgegeben? Es gibt ein Konzept. (Abg Dkfm Dr Fritz Aichinger: Das passiert trotzdem!) Na, wissen Sie, was wirklich
gut ist? Dass die Zusammenarbeit der Politik, der Wirtschaft und der MitarbeiterInnen in Wien hervorragend
klappt. Das müssen Sie als ÖVP auch zur Kenntnis
nehmen.
Ich möchte weiters feststellen, dass die Nahversorgung in dieser Stadt klappt. In Wien gibt es mehr als
20 permanente Märkte, die den Wienerinnen und Wienern tagtäglich Frischprodukte anbieten, und zwar von
Montag bis Freitag von 6 Uhr bis 19.30 Uhr und am
Samstag von 6 Uhr bis 17 Uhr. Diese ausgeweiteten
Öffnungszeiten sind ein Teil der Wiener Marktordnung,
die wir vergangenen Sommer beschlossen haben, und
laut der Präsidentin der Wiener Wirtschaftskammer,
Brigitte Jank, ist diese Marktordnung eine – ich zitiere –
„gute Basis für eine erfolgreiche Zukunft dieser wichtigen
Wiener Institution".
Neben der Ausweitung der Öffnungszeiten gibt es
seither auch mehr wirtschaftliche Gerechtigkeit. Die
Marktstandler zahlen seither weit weniger Gebühren als
die Gastrobetriebe in den Märkten. Handelsbetriebe der
wirtschaftlich schwächsten Kategorie C zahlen seit dem
Jahr 1997 dieselbe Gebühr.
Weil auch internationale Vergleiche erwähnt wurden:
Sehr geehrte Damen und Herren, in München, das ja
von der Größenordnung her mit Wien vergleichbar wäre,
gibt es zehn Märkte. Einer davon heißt übrigens „Wiener
Markt". Dort steht eine Statue namens „Ludwig, der Löwe vom Wiener Markt".
Was den Landstraßer Markt betrifft: Erstens gibt es
Gespräche mit den MarktstandlerInnen, zweitens liegen
die notwendigen Sanierungskosten bei 20 Millionen EUR, drittens ist die Erhaltung des Landstraßer
Marktes mit derzeit 1,4 Millionen EUR pro Jahr den Wie-
9. Sitzung / 23
nerInnen nicht zumutbar, und viertens ist der nächste
Markt, der Rochusmarkt, 400 m entfernt. Und ich frage
Sie: Wollen Sie diese Kosten ... (Abg Dr Matthias Tschirf:
Sie sind völlig ahnungslos!) Was heißt, völlig ahnungslos? (Abg Dr Matthias Tschirf: Das stimmt!) Sie wollen
mir doch nicht sagen, dass der Rochusmarkt 5 km weit
entfernt ist? (Abg Dr Matthias Tschirf: Sie kennen den
Rochusmarkt nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der
ÖVP.) Na gut. Ich habe schon eine Ahnung. Es sind
400 m, sollen es 500 sein (Abg Dr Matthias Tschirf: Das
stimmt nicht!), auf jeden Fall zwei Busstationen. Und ich
frage Sie, Herr Dr Tschirf: Wollen Sie diese Kosten von
1,4 Millionen EUR pro Jahr den Wienerinnen und Wienern aufbürden? (Abg Heidemarie Cammerlander: Was
soll das heißen?) Wollen Sie, dass jedes Salatblattl, Frau
Kollegin Cammerlander, des Landstraßer Marktes zusätzlich von den SteuerzahlerInnen subventioniert wird?
(Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) Oder liegt nicht auch
Ihnen an einem sorgsamen Umgang mit dem Geld der
SteuerzahlerInnen? Dann sagen Sie ganz offen: Ja, wir
wollen 20 Millionen EUR dafür ausgeben (Abg Heidemarie Cammerlander: Ja!), leider müssen wir aber bei der
Wohnbeihilfe sparen oder bei der Sozialhilfe oder bei
Förderung der Privatschulen, denn von irgendwo muss ja
das Geld herkommen. (Anhaltende Zwischenrufe bei den
GRÜNEN.)
Letztes Jahr, sehr geehrte Damen und Herren, hat
die Stadt 195 Klein- und Kleinstbetriebe im Zuge der
Nahversorgung mit 1,2 Millionen EUR gefördert. Das
klingt angesichts der 20 Millionen für den Landstraßer
Markt nicht sehr viel, aber diese Förderung brauchen die
Kleinstbetriebe sehr und sie kommt ihnen zugute.
Darüber hinaus unterstützt die Stadt über den Wirtschaftsförderungsfonds die Wiener Einkaufsstraßen – ich
mache jetzt weiter, denn der Herr Kollege Aigner hat fast
20 Minuten geredet – jährlich mit 1,7 Millionen EUR.
(Abg Dkfm Dr Fritz Aichinger: Ich heiße Aichinger und
nicht Aigner! – Abg Dr Matthias Tschirf: Aichinger nicht
Aigner!) Entschuldigen Sie. (Abg Dkfm Dr Fritz Aichinger:
Bitte sehr!) Aber Sie haben sich gleich betroffen gefühlt.
(Abg Dr Matthias Tschirf: Das ist so ungenau wie beim
Rochusmarkt!)
Sehr geehrte Damen und Herren! Was die ÖVP hier
betreibt, ist eine Verhinderungspolitik gegen die Nahversorgung in Wien (Beifall bei der SPÖ) – mit dem Effekt,
dass genau das passiert, was wir vermeiden wollen:
Dass sich Einkaufszentren nicht in Wien, sondern vor
den Toren Wiens ansiedeln. Ihre ÖVP in der Landstraße
möchte zum Beispiel auch ein Einkaufszentrum im ehemaligen Jugendgefangenenhaus Rüdengasse verhindern. (Abg Dkfm Dr Fritz Aichinger: Das stimmt nicht!)
Seit wann? Seit heute?
Die Rüdengasse, sehr geehrte Damen und Herren,
ist eigentlich ein sehr dicht bebautes Gebiet. Dort sind
lauter Gemeindebauten mit potenziellen Kundinnen und
Kunden. Ich frage Sie: Wäre das keine Nahversorgung,
wenn die Leute vor dem Haus Geschäfte hätten? Also
stellen Sie sich nicht hierher und sagen Sie nicht, Sie
machen sich Sorgen. Machen Sie sich keine Sorgen!
Landtag, 18. WP
30. März 2007
Solange die SPÖ die politische Verantwortung und die
wirtschaftliche Verantwortung hat, muss man sich um die
Nahversorgung in Wien keine Sorgen machen. – Vielen
Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl: Die Aktuelle Stunde ist
damit beendet.
Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen,
gebe ich gemäß § 15 Abs 2 im Zusammenhang mit § 31
Abs 1 der Geschäftsordnung bekannt, dass je eine
schriftliche Anfrage von Abgeordneten des Grünen Klubs
im Rathaus und des ÖVP-Klubs der Bundeshauptstadt
Wien eingelangt sind.
Von den Abgen Mag Rüdiger Maresch und DiplIng Martin Margulies wurde eine Anfrage an die Frau
amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Finanzen,
Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke betreffend
Parkabgabegesetz gerichtet. Das Verlangen auf dringliche Behandlung dieser Anfrage wurde von der notwendigen Anzahl von Abgeordneten unterzeichnet.
Eine weitere Anfrage wurde von den Abgen
DDr Eduard Schock und Veronika Matiasek an die Frau
amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Integration, Frauenfragen, Konsumentenschutz und Personal
betreffend generelles Bettelverbot gerichtet. Das Verlangen auf dringliche Behandlung dieser Anfrage wurde
ebenfalls von der notwendigen Anzahl von Abgeordneten
unterzeichnet.
Gemäß § 36 Abs 5 der GO wird die Beantwortung
der Dringlichen Anfrage vor Schluss der öffentlichen
Sitzung erfolgen. Ist diese um 16 Uhr noch nicht beendet, wird die Landtagssitzung zur tagesordnungsmäßigen Behandlung der Dringlichen Anfrage unterbrochen.
Die Beantwortung der zweiten Dringlichen Anfrage
hat vor Schluss der öffentlichen Sitzung zu erfolgen.
Entsprechend der Fraktionsvereinbarung vom
29. März 2006 hat jener Klub das Recht auf Behandlung
einer dringlichen Initiative um 16 Uhr, welcher am längsten keine derartige dringliche Initiative gestellt hat. Infolgedessen wird um 16 Uhr die Dringliche Anfrage vom
Grünen Klub im Rathaus abgehandelt.
Vor Sitzungsbeginn sind je ein Antrag der Landtagsabgeordneten des Grünen Klubs im Rathaus und des
ÖVP-Klubs der Bundeshauptstadt Wien eingelangt. Den
Fraktionen wurden die beiden Anträge schriftlich bekanntgegeben. Die Zuweisungen erfolgen wie beantragt.
Abg Dr Aigner hat gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend entschlossenes
Vorgehen gegen die Auswüchse der organisierten Bettelei in Wien eingebracht. Diesen Antrag weise ich dem
Ausschuss für Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal zu.
Nach Beratung in der Präsidialkonferenz nehme ich
folgende Umstellung der Tagesordnung vor: Die Postnummern 5, 4, 2, 1, 3 werden in dieser genannten Reihenfolge verhandelt. Gegen diese Umreihung wurde kein
Einwand erhoben. Ich werde daher so vorgehen.
Bevor wir nun die unter der Post 5 vorgesehene Wahl
vornehmen, ist über die Art der Abstimmung zu entscheiden. Gemäß § 28 Abs 4 der Geschäftsordnung für
9. Sitzung / 24
den Wiener Landtag sind Wahlen mittels Stimmzettel
vorzunehmen, soweit der Landtag nicht mit Zweidrittelmehrheit anderes beschließt.
Nach einvernehmlichem Beratungsergebnis in der
Präsidialkonferenz schlage ich jetzt vor, die Wahl durch
Erheben der Hand vorzunehmen, und ich bitte jene Damen und Herren des Landtages, die mit meinem Vorschlag der Handwahl einverstanden sind, um ein Zeichen mit der Hand. – Ich stelle sohin die einstimmige
Zustimmung zu diesem Vorschlag fest.
Das an dritter Stelle gereihte Mitglied des Bundesrates Roswitha Bachner und das an gleicher Stelle gereihte Ersatzmitglied Abg Martina Ludwig haben ihr Mandat
im Bundesrat am 29. März 2007 zurückgelegt.
Die Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates schlägt als neues Mitglied für
die dritte Stelle Frau Monika Kemperle und als an gleicher Stelle gereihtes Ersatzmitglied Frau Abg Martina
Ludwig zur Wahl vor.
Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der Hand. – Ich darf die einstimmige Zustimmung feststellen und danke für dieses Quorum. (Beifall
bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Somit ist
Frau Monika Kemperle als das an dritter Stelle gereihte
Mitglied und Frau Abg Martina Ludwig als das an gleicher Stelle gereihte Ersatzmitglied des Bundesrates
gewählt.
Ich darf zur neuen Aufgabenstellung in der Länderkammer viel Glück und Erfolg wünschen.
Gleichzeitig darf ich auch der ausgeschiedenen Frau
Bundesrätin Roswitha Bachner für ihre fast siebenjährige
Tätigkeit in der Länderkammer im Interesse der Bundeshauptstadt ein herzliches Dankeschön aussprechen.
(Beifall bei der SPÖ.)
Postnummer 4 betrifft die erste Lesung der Vorlage
eines Gesetzes, mit dem die Wiener Landarbeitsordnung
1990 geändert wird.
Berichterstatterin hiezu ist Frau Amtsf StRin Mag Sima. Ich bitte sie, die Verhandlung einzuleiten und das
Wort zu nehmen.
Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Meine
sehr geehrten Damen und Herren! Ich ersuche um Diskussion und Beschlussfassung zum vorliegenden Poststück.
Präsident Heinz Hufnagl: Ich danke schön. - Gemäß
§ 30c Abs 10 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die
General- und die Spezialdebatte zusammenzulegen.
Wird gegen diese Zusammenlegung ein Einwand erhoben. – Ich erblicke keinen Einwand. Das ist nicht der
Fall. Ich werde daher so vorgehen.
Die Debatte ist eröffnet. Zu Wort gemeldet ist Herr
StR Herzog. Ich erteile es ihm.
StR Johann Herzog: Meine sehr geehrten Damen
und Herren! Herr Präsident!
Der vorliegende Tagesordnungspunkt betrifft die
Wiener Landarbeitsordnung 1990, die geändert wird, ein
durchaus, würde ich meinen, sehr, sehr trockenes Thema, das im Allgemeinen nicht die größte Aufmerksamkeit
Landtag, 18. WP
30. März 2007
und Debattenbeiträge hervorruft. Es ist in weiten Strecken ein Nachvollzug von EU-Richtlinien beziehungsweise Bundesgesetzen und im Großen und Ganzen daher
ein klarer Fall, allerdings gibt es bei dem einen oder
anderen Punkt deutliche Differenzen und Fragen, die
daher doch eine Debatte notwendig machen.
Die EU-Richtlinie, um die es hier geht, ist die Richtlinie 2003/72/EG aus 2003, die von Österreich mit
18. August 2006 umzusetzen gewesen ist und die durch
den Bundesgesetzgeber in Form eines Bundesgesetzes
auch erlassen worden ist.
Des Weiteren ist ein interessanter Punkt das Urteil
des Europäischen Gerichtshofes vom 6. April 2006, wo
eine Vertragsverletzungsklage gegen die Republik Österreich in diesem Punkt festgesetzt wurde und worin verlangt wurde, festzustellen, dass österreichisches Recht
nicht hinreichend umgesetzt worden sei. Der Bundesgesetzgeber hat nun eben mit dem Bundesgesetz die erforderlichen Maßnahmen in dem Ausmaß, das notwendig gewesen ist, vollzogen und das entsprechend umgesetzt.
Als dritten Schritt gibt es nunmehr die Umsetzung
durch die Anpassung der Wiener Landarbeitsordnung für
das Land Wien, das einige Punkte enthält, von denen ich
den Entfall der Bestimmungen über Kündigungsbeschränkungen für den Dienstgeber hervorheben möchte.
Das ist ein wesentlicher Punkt, der hier zur Debatte
steht, und das ist einer der Punkte, warum wir der Meinung sind, eine Zustimmung hierzu nicht geben zu können.
Weitere Punkte sind – ich nenne nur einige –: die
Schaffung einer Wahlmöglichkeit hinsichtlich eines Beitragszeitraumes für Abfertigungsbeiträge aus geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen; Änderungen im passiven Wahlrecht zum Betriebsrat und eben die Umsetzung
des EuGH-Urteils vom 6. April 2006, die Umsetzung der
Richtlinie 2003/72/EG, in der es um die Gründung einer
Europäischen Genossenschaft geht und hier die entsprechenden beteiligten juristischen Personen einer
Definition bedürfen; des Weiteren Mitbestimmungsfragen
sowie eine Definition des Rechtes auf Mitbestimmung
kraft Gesetzes.
Im Begutachtungsverfahren hat es Zustimmungen
und Ablehnungen gegeben. Die Landwirtschaftskammer
hat zugestimmt, die Gewerkschaft Metall, Textil und
Nahrung hat in einer Stellungnahme vom 6. Dezember
2006 allerdings klare Einwendungen gegen den § 29 des
Entwurfes vorgebracht, in dem es um den Entfall der
Kündigungsbeschränkung geht, während die Kündigungsbeschränkung im allgemeinen Bereich des § 30
nicht in Frage gestellt wird.
Interessant ist, dass eine Feststellung Wiens sich mit
formalen Begründungen begnügt. Es wird angemerkt,
dass der kritisierte Wegfall der Kündigungsbeschränkung
für den Dienstnehmer im Bund im Grundsatzgesetz
enthalten ist, es somit keinen Änderungsbedarf gibt und
der Kritik nicht gefolgt werden kann.
Allerdings darf ich darauf hinweisen, dass zwar der
Art 10 Bundes-Verfassungsgesetz feststellt, dass hin-
9. Sitzung / 25
sichtlich des Arbeitsrechtes der Bund zuständig ist, gemäß Art 12 B-VG ist der Bund jedoch für die Grundsatzgesetzgebung zuständig, die Länder hingegen zur Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung. Das heißt, dass
selbstverständlich, wie ich glaube, gewisse Gestaltungsrechte gegeben sind, diese aber nicht ausgenützt wurden.
Interessant ist die massive Kritik der Kammer für Arbeiter und Angestellte, die hier massive Einwendungen
erhoben hat. Ich darf sie kurz aufzählen. Das eine ist die
Feststellung, dass die Ausdehnung des Geltungsbereiches der neuen Landesarbeitsordnung verfassungswidrig sei. Es wird also festgestellt, dass die betroffenen
Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nun nicht mehr
Mitglieder der Arbeiterkammern sind, sondern Mitglieder
der neuen Landarbeitskammern werden, allerdings sind
diese in Wien und im Burgenland gar nicht vorhanden,
womit sich nunmehr die Situation ergibt, dass die sozusagen, was kammermäßige Zugehörigkeit betrifft, in
einem luftleeren Raum stehen.
Hier ist allerdings ein Gesetzprüfungsverfahren beim
VfGH, beim Verfassungsgerichtshof, anhängig, und der
Forderung der Arbeiterkammer, diesen § 1 Abs 5 zurückzustellen, ist auch nachgekommen worden. Dieser
Punkt wurde im Entwurf nicht aufrechterhalten, er wurde
gestrichen. Sollte das Gesetzprüfungsverfahren nicht zu
einer Aufhebung dieses Paragraphen führen, dann wird
in der nächsten Novellierung das neu ausgeführt werden.
Diese Regelung ist positiv zu betrachten und ist daher zu
begrüßen.
Weiters – und da kommen wir schon in andere
Schwierigkeiten – ist natürlich noch einmal der § 29 der
Wiener Landarbeitsordnung zu überdenken, wogegen
die Arbeiterkammer ganz massive Einwendungen hat.
Sie hat zwar keinen Einwand gegen den § 30 im Fall der
Kündigungsbeschränkung des Arbeitnehmers, aber der
besondere Kündigungsschutz im Bereich der landwirtschaftlich Tätigen, nämlich ein Kündigungsverbot des
Arbeitgebers zwischen Ende der Erntearbeit und dem
Jahresende, sollte aufrechterhalten werden, weil so eine
Berufsschicht, die zahlenmäßig ja sowieso nicht sehr
groß ist, in der Luft hängt.
Es sind diese Arbeitsverhältnisse zum Großteil befristet abgeschlossen, sodass damit ein massiver Unsicherheitsfaktor für die Betroffenen gegeben ist. Man darf ja
nicht vergessen, dass die Löhne in diesem Bereich sowieso niedrig sind, was sich erstens aus der Gegebenheit der Branche ergibt, aber auf der anderen Seite
selbstverständlich auch durch die vielleicht in Wien nicht
so stark, aber in anderen Bundesländern massiv spürbare Konkurrenz ausländischer, also nichtösterreichischer
Saisoniers.
Wir glauben daher, dass dies eine Sache wäre, die
das Land Wien selbst regeln könnte. Hier ist auch die
Arbeiterkammer dieser Ansicht.
Die Stellungnahme Wiens ist natürlich wieder eine
rein formale und beruft sich auf den Bundesgesetzgeber,
der das vorgegeben hätte. Hier können wir uns in keiner
Weise dieser Meinung anschließen.
Landtag, 18. WP
30. März 2007
Ein weiterer Punkt ist § 39d des Entwurfes, in dem
die Regelungen betreffend die Haftungserleichterung
und Haftungsbefreiung des Veräußerers bei einem Betriebsübergang festgelegt werden. Hiezu ist festzustellen,
dass die bundesgesetzliche Regelung erst vor Kurzem
erlassen wurde, dass aber in der Zwischenzeit zwei
Höchstgerichtsurteile ergangen sind und diese Höchstgerichtsurteile diese Dinge wieder in Frage gestellt haben. Daher ist das als offene Frage zu betrachten, und
ich glaube, auch hier wäre in der Sache selbst durch das
Land zu entscheiden und nicht die formale Ablenkung
und Abbiegung in Richtung Bundesgesetzgeber hervorzuheben.
Ein weiterer Einwand seitens der Arbeiterkammer
bezieht sich darauf, dass die Aufnahmevoraussetzung
der körperlichen und geistigen Eignung von Lehrstellenwerbern nicht stattfinden sollte, sie stünde im Gegensatz
zur Antidiskriminierungsrichtlinie der EU. Dieser Meinung
können wir uns keinesfalls anschließen. Ich glaube, es
sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass Berufswerber, in welcher Position auch immer, natürlich körperliche
und geistige Eignung mitbringen müssen. Alles andere
wäre Humbug. Solche Aufnahmevoraussetzungen EGrechtlich oder EU-rechtlich regeln zu wollen, ist einfach
eine Groteske, und man kann jetzt schon sagen, dass
solche völlig lebensfremden Bestimmungen jenseits der
Wirtschaft stattfinden. Und es ist auch gut so, dass sie
nicht verwirklicht werden.
Wir können daher klar und eindeutig feststellen, wir
können, obwohl das großteils formale Übernahmen des
EU-Rechtes und des Bundesrechtes sind, wegen dieser
genannten Unklarheiten diesem Entwurf nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl: Zum Wort gemeldet ist
Frau Abg Puller. Ich erteile es ihr.
Abg Ingrid Puller (Grüner Klub im Rathaus): Sehr
geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Berichterstatterin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Wir beziehen uns auch auf den Wegfall des § 29,
was ja schon ein bisschen eine Geschichte hat, denn in
der Landesregierung haben wir dagegen gestimmt, im
Umweltausschuss haben wir dagegen gestimmt. So weit
ich informiert bin, hat die FPÖ im Umweltausschuss plus
gestimmt (StR Johann Herzog: Wir haben unsere Meinung geändert!), und ich bedanke mich, dass Sie sich
anders entscheiden. Ich habe das auch heftig kritisiert,
dann ist sofort ein Reinwaschungs-OTS gekommen
seitens der ÖVP, die meinte, nicht selbst bei einer Sitzung anwesend zu sein, aber danach alles zu kritisieren,
ist keine sonderlich seriöse politische Vorgangsweise.
Und der Vorsitzende vom Umweltausschuss meinte
auch, der Kündigungsschutz bleibt natürlich bestehen.
Ich denke – und da schieße ich schon zurück –, man
kann in einem Ausschuss anwesend sein, aber sich
dennoch nicht ganz auskennen, denn Sie sprechen von
einem Kündigungsschutz, der aufrechterhalten bleibt,
aber wir sprechen von dem besonderen Kündigungsschutz, der wegfallen soll und dem Sie als Sozialdemokratische Partei zugestimmt haben. Das haben Sie ir-
9. Sitzung / 26
gendwie verwechselt, aber das sind zwei Paar Schuhe.
Sie beziehen sich bei der Anpassung des LandarbeiterInnengesetzes natürlich wie immer darauf, das sei
eben aus verfassungsrechtlichen Gründen und bundesgesetzlichen Notwendigkeiten in das Landesgesetz eingearbeitet worden. Wir sind der Meinung, die rechtliche
Begründung, dass auf Grund der Änderung im entsprechenden Grundsatzgesetz des Bundeslandarbeitsgesetzes der Kündigungsschutz im vorliegenden Ausführungsgesetz aufgehoben werden muss, ist nicht haltbar.
Auch die ExpertInnen der Arbeiterkammer vertreten die
Rechtsauffassung, dass das Land diese Angelegenheit
frei regeln kann. Die Arbeiterkammer meint in ihrer Stellungnahme, es bleibt dem Landesgesetzgeber nach
Einschätzung der Arbeiterkammer Wien unbenommen,
die Regelungen des Bundesgesetzgebers in diesem
sozial benachteiligenden Fall nicht zu übernehmen. Da
das Landarbeitsgesetz kein Verbot eines Kündigungsschutzes statuiert, kann das Land Wien diese Angelegenheiten frei regeln. Artikel 15 Abs 6 B-VG.
Darüber hinaus möchte ich ein kleines Beispiel anführen, wo solche Gesetze wie die Landarbeitsordnung
hinführen. Und zwar scheinen keine Personalkosten
mehr auf, sondern einfach nur mehr Sachaufwand. Auf
Deutsch: Menschen werden zur Sache.
Ein Beispiel von einem Kollegen, dessen Sohn
Schlosser ist. (Abg Erich VALENTIN: Wovon reden Sie?)
Genau von demselben. Er hat eine fertige Lehre als
Schlosser und ist seit dem vorigen Jahr arbeitslos. Ich
habe mit dem Herrn Schuster schon einmal darüber
gesprochen. Der kriegt Arbeitslose, kann jederzeit anfangen – aber als Leiharbeiter! Und genau dieser Trend
zeichnet sich auch ab, wenn wir dieser Landarbeitsordnung zustimmen, und ich bin wirklich erstaunt, dass die
verlängerten Arme der Gewerkschaften nichts dagegen
unternehmen, diesem Entwurf, dieser Novellierung der
Landarbeitsordnung zustimmen.
Aber Sie könnten vielleicht noch ein bisschen was
gutmachen und unserem Abänderungsantrag zustimmen, in dem es heißt:
„Der Wiener Landtag wolle beschließen: Der vorliegende Entwurf eines Gesetzes, mit dem die Wiener
Landarbeitsordnung 1990 geändert wird, wird wie folgt
geändert:
‚4. § 30 samt Überschrift entfällt.’" - Danke. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Präsident Heinz Hufnagl: Zu Wort gemeldet ist Herr
Abg Hursky. Ich erteile es ihm.
Abg Christian Hursky (Sozialdemokratische Fraktion
des Wiener Landtages und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Stadträtin! Hohes Haus!
Warum wir dieses Gesetz hier diskutieren, das hat
eigentlich der Herr StR Herzog mehr als perfekt ausgeführt. Es ist nichts anderes, als dass wir hier EUrechtliche Bestimmungen umsetzen, es ist nichts anderes, als dass wir bundesrechtliche Bestimmungen nachvollziehen im Zuge des EU-Gesetzes und anderer Dinge.
Die Schwierigkeit bei dieser Gesetzesregelung ist –
weil das der Herr StR Herzog auch so angesprochen hat,
Landtag, 18. WP
30. März 2007
dass wir als Land die Möglichkeit gehabt hätten, hier
etwas Spielraum zu nehmen; das stimmt ganz einfach so
nicht –, dass wir in einem Bundesrahmen eigentlich dazu
verpflichtet sind, die Gesetze hier eins zu eins nachzuvollziehen. Wenn in dem Gesetz bei einer Bestimmung
drinnen steht, sie hat zu entfallen, wenn der Bund das so
vorgibt, dann haben wir das auf der Landesseite ganz
einfach nachzuvollziehen, und wir haben hier nicht die
Möglichkeit, einen Spielraum zu nützen. Das Ganze ist
natürlich eine furchtbar trockene Materie, aber auch
dann, wenn wir Sozialdemokraten für verlängerten Kündigungsschutz und andere Dinge sind, so haben wir hier
leider nicht die Möglichkeit, als Land Wien entsprechend
einzugreifen.
Ich glaube auch – das war dann auch die Argumentationen speziell im Umweltausschuss, wo es dann Richtung Behinderte gegangen ist, und von Seiten der GRÜNEN gesagt wurde, dass man hier mehr machen hätte
sollen und mehr hätte machen können –, das sind ganz
einfach Schwierigkeiten, dass wir eigentlich nicht Behinderte hier in politische Geiselhaft nehmen sollten, weil
wir Gesetze auf Landesebene im Endeffekt nicht so
umsetzen können, wie wir es vielleicht gerne wollten,
weil wir hier einen Rahmen vorgegeben haben.
Was wir als Sozialdemokraten einfach auch umsetzen wollen, das sind unsere Gesetze, das sind Dinge, wo
wir selbst Gesetze initiieren und diese positiv für die
Bürger umsetzen können. Aber hier in diesem Fall bei
der Landarbeitsordnung haben wir keine entsprechende
Chance gehabt. Es ist irgendwie immer wieder grüne
Linie, dass bei derartigen Gesetzen es dahin geht, dass
man versucht, in der Öffentlichkeit schlicht und einfach
gegen etwas aufzutreten, gegen ein Gesetz aufzutreten,
nur um in irgendwelchen Medien in irgendeiner Form ein
paar Schlagzeilen zu erhaschen. Grün ist in dem Fall
nicht mehr die Farbe der Hoffnung, Grün ist hoffnungslose Schwarzmalerei bei vielen Dingen in dieser Richtung.
(Abg Mag Rüdiger Maresch: Ha, ha! Du warst schon
witziger!) – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl: Als Nächster hat sich Herr
Abg Mag Maresch zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
Abg Mag Rüdiger Maresch (Grüner Klub im Rathaus): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Ursprünglich habe ich eigentlich vorgehabt, mich
nicht zu melden und mich streichen zu lassen. Aber es
ist gekommen, wie es immer kommen muss. Der Kollege
Hursky war in einer anderen Sitzung als ich.
Ich habe es interessant gefunden, denn die Debatte
ging dort im Umweltausschuss eigentlich gar nicht so
sehr um diesen Behindertenteil, also um Menschen mit
Behinderungen, sondern es ist eigentlich um etwas ganz
anderes gegangen. Wenn ich mich nicht täusche, hat es
zu Beginn der Sitzung eine Besprechung gegeben, und
bei der Besprechung ging es darum, dass die Fraktionschefs im Umweltausschuss vom Herrn Vorsitzenden um
eine rasche Klärung gebeten wurden, was denn da mit
diesem Gesetz ist, denn ich habe im Vorfeld verlangt,
und zwar hier herinnen, dass dieser Passus – da ging es
konkret um den speziellen Kündigungsschutz, den auch
9. Sitzung / 27
die AK bemängelt hat – herauskommt aus dem Gesetz.
Dann wurde mir ein Mail zugeschickt mit einer Erklärung
aus der MA 58 – die Autorin sitzt hier. Die Autorin war
auch geladen im Umweltausschuss, und dort wurde mir
vom Vorsitzenden des Umweltausschusses erklärt: Du
kannst beruhigt zustimmen, denn dieser Passus kommt
nicht vor, der ist herausgenommen worden.
Ich habe das Gesetz oder diesen Antrag gelesen,
und es ist sehr wohl drinnen gewesen. Was mich besonders verwundert hat: Die SPÖ hat dort gesagt, sie kann
jetzt beruhigt zustimmen, denn es ist nicht drinnen. Dann
wurde seitens der MA 58 erklärt, der Passus ist drinnen
geblieben, und die SPÖ hat trotzdem zugestimmt. Das
ist eigentlich eine Wendung um 180 Grad. Erst heißt es,
wir haben den Kündigungsschutz erhalten, auf einmal ist
der Kündigungsschutz draußen, und es wird trotzdem
zugestimmt.
Der Kollege von der SPÖ hat das ja wunderbar erklärt, nur sei zu ihm noch einmal gesagt: Das, was Sie
hier gesagt haben, das heißt ganz einfach Behindertenfeindlichkeit. So etwas hier heraußen zu sagen, das kann
nicht sein. Da gibt es Gesetze in Österreich, die Menschen mit Behinderungen am Arbeitsplatz schützen. Das
ist uns ganz, ganz wichtig. Und wenn das in einem Gesetz nicht drinnen steht, dann ist das ein zweiter Grund,
dem nicht zuzustimmen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Der dritte Grund war: Wenn jetzt aus der Gewerkschaft Kritik kommt und vor allem aus der AK Kritik
kommt – ein Braintrust, der vor allem nicht unbedingt
gerade in der Nähe der GRÜNEN steht, sondern durchaus von der SPÖ-Fraktion massiv dominiert wird –, dass
dieser Passus eigentlich aus dem Landesgesetz – ich
weiß schon, dass Landesgesetze den Bundesgesetzen
folgen müssen – herauskommen kann, weil das Land
eben die Möglichkeit hat, diesen Spielraum zu nützen,
und wenn dann in braver Folgsamkeit – wer weiß, warum
auch immer – von der SPÖ-Fraktion zunächst im Umweltausschuss und dann hier zugestimmt wird, dann
habe ich dafür überhaupt null Verständnis.
Denn was bedeutet das? Es gibt natürlich in Wien
nur wenige Landarbeiterinnen und Landarbeiter, aber in
diesem besonders sensiblen Bereich zu sagen, der Kündigungsschutz nach der Ernte, das ist Willkür, und Sie
öffnen dem wider besseren Wissens und entgegen der
Empfehlung der AK Tür und Tor.
Da können wir nicht zustimmen. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Präsident Heinz Hufnagl: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abg Valentin zu Wort gemeldet. Ich
darf betonen, dass er dafür drei Minuten Redezeit hat.
Ich gebe ihm das Wort.
Abg Erich Valentin (Sozialdemokratische Fraktion
des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Weil der Kollege Maresch eine Besprechung der Faktionsvorsitzenden im Umweltausschuss angesprochen
hat, dazu noch einmal replizierend, was tatsächlich vorgefallen ist.
Im Zuge der Vorbereitung der Behandlung dieser
Landtag, 18. WP
30. März 2007
Gesetzesmaterie im Ausschuss hat es einige Interpretationsdivergenzen zwischen den Fraktionen gegeben.
Daraufhin habe ich um eine Besprechung gebeten und
einmal mehr ausgeführt – wie auch Kollege Herzog richtig die Genesis des Gesetzes festgestellt hat –, dass es
Passi gibt, die die Arbeiterkammer beeinsprucht hat, die
gerade einer höchstgerichtlichen Beurteilung unterworfen
werden.
Diese Passi der höchstgerichtlichen Beurteilung hat
der Landesgesetzgeber in diesen Gesetzesvoranschlag
nicht hereingenommen. Jene Bereiche, die bereits in
Rechtskraft des Bundesgesetzes erwachsen sind, wo
der Verfassungsgrundsatz einmal mehr Gültigkeit hat,
dass Bundesgesetz, Bundesjudikatur Landesjudikator
„overrult“, weil es einfach die höherwertige Gesetzesmaterie ist, finden wir in der Gesetzesvorlage. Das ist auch
in dem Schreiben der zuständigen Fachabteilung beinhaltet, das haben wir besprochen. Daraufhin gab es ein
unterschiedliches Stimmverhalten im Ausschuss.
Und das ist bis zum heutigen Tage das Faktum: Es
gibt Passi, die beeinsprucht werden von der Arbeiterkammer, die aus gutem Grund, weil es einen Spielraum
bis dahin nicht gegeben hat, nicht in der Gesetzesvorlage vorhanden sind, und es gibt andere, wo es halt nach
der Verfassung keinen Gesetzesspielraum gibt. Die
befinden sind auch in dieser Gesetzesvorlage.
Das wollte ich einmal mehr feststellen. Alles andere
ist heute in der Debatte gesagt worden. Einmal mehr: Es
gibt zwei Rechtsgrundsätze und Rechtsmaterien, die
auch hier bei diesem Gesetz Berücksichtigung gefunden
haben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abg Mag Maresch zu
Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Auch hier gilt die dreiMinuten-Regelung.
Abg Mag Rüdiger Maresch (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte
Frau Stadträtin!
Ich werde die drei Minuten nicht brauchen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass wir uns bei den diversen
Passi, um die es da gegangen ist, einfach der Rechtsmeinung der Bundesarbeitskammer und der Wiener
Landesarbeitskammer angeschlossen haben. Ich denke
mir, fein, wenn im Umweltausschuss die SPÖ-Wien eine
andere Meinung dazu hat. Wir halten es hier mit der
Arbeiterkammer. – Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Heinz Hufnagl: Weitere Wortmeldungen
liegen nicht mehr vor. Ich erkläre die Verhandlung für
geschlossen.
Ich erteile der Frau Berichterstatterin das Schlusswort. – Bitte, Frau Stadträtin.
Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Meine
sehr geehrten Damen und Herren!
Ich möchte vielleicht noch kurz abschließend zur Debatte sagen, dass wir eben den einen Paragraphen, der
vom Kollegen erwähnt worden ist, wo ein Gesetzprüfungsverfahren läuft, bewusst herausgenommen haben.
Da geht es um die Ausweitung des Kreises der Betroffe-
9. Sitzung / 28
nen, weil hier sozusagen eine gewisse höhere Wahrscheinlichkeit besteht, dass dieser Paragraph im Grundgesetz noch geändert wird.
Bei allen anderen angesprochenen Punkten – und
das möchte ich wirklich betonen – ist es einfach ganz
eindeutig so, dass die im Grundgesetz so vorgeschrieben sind. Der von Ihnen angesprochene Spielraum, den
gibt es zum Beispiel im Fall des Kündigungsschutzes
überhaupt nicht, denn da steht im Grundgesetz: „hat zu
entfallen“. Das wird von allen Juristen des Hauses ganz
eindeutig so ausgelegt.
Ich möchte Sie nur auf etwas hinweisen – ich verstehe sozusagen die Haltung dazu, ich bin auch nicht immer
glücklich mit allem, was im Grundgesetz steht –, nur
eines möchte ich schon ganz klar sagen: Wenn wir
Grundgesetze nicht umsetzen, dann ist das verfassungswidrig. Ich habe schon eine so grundsätzlich demokratische Einstellung, dass ich sage, ich bin vielleicht
nicht mit jedem Grundgesetz glücklich, aber wir haben
das umzusetzen, weil das sonst gegen die demokratiepolitischen Spielregeln verstößt, was wir bei anderen
Leuten auch massiv kritisieren. Das möchte ich hier gar
nicht erst einführen. (Beifall bei der SPÖ.)
Aus diesem Grund haben wir uns dazu entschlossen,
auch diese Bereiche des Kündigungsschutzes – und wie
gesagt, wir sind auch nicht immer glücklich mit allen
Dingen, die da vom Bund daherkommen – in der Landarbeitsordnung so umzusetzen, wie es die Juristen des
Hauses für verfassungskonform halten. Ich glaube, das
ist demokratiepolitisch gesehen auch wirklich der richtige
Weg, in dieser Art und Weise vorzugehen. – Danke
schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl: Wir kommen nun zur Abstimmung über die Gesetzesvorlage.
Es liegt ein Abänderungsantrag der Grünen Fraktion,
der bereits einreferiert wurde, vor.
Wer diesem Abänderungsantrag die Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. –
Dies ist nur von der Grünen Fraktion und der Freiheitlichen Fraktion unterstützt. Daher ist dieser Abänderungsantrag abgelehnt.
Ich bitte nun jene Mitglieder des Landtages, die der
Vorlage einschließlich Titel und Eingang zustimmen
wollen, die Hand zu heben. – Dies ist mit den Stimmen
der Sozialdemokratischen Fraktion und der Österreichischen Volkspartei, sohin mehrheitlich, angenommen.
Wenn kein Widerspruch erfolgt, werde ich sogleich
die zweite Lesung vornehmen lassen. – Ich blicke in den
Saal und sehe keinen Widerspruch.
Daher bitte ich nunmehr jene Damen und Herren des
Landtages, die dem Gesetz auch in zweiter Lesung
zustimmen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. – Dieses Gesetz ist in zweiter Lesung mit den Stimmen der
Österreichischen Volkspartei und der Sozialdemokratischen Partei, sohin mehrstimmig, beschlossen.
Die Postnummer 2 der Tagesordnung betrifft den Bericht des Kuratoriums der Museen der Stadt Wien über
das Jahr 2005.
Ich bitte den Berichterstatter, Herrn Amtsf StR Dr
Landtag, 18. WP
30. März 2007
Mailath-Pokorny, die Verhandlung einzuleiten. Er ist am
Wort.
Berichterstatter Amtsf StR Dr Andreas MailathPokorny: Ich bitte um Zustimmung.
Präsident Heinz Hufnagl: Danke schön. - Zu diesem
Tagesordnungspunkt hat sich Herr Abg Mag Stefan zu
Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
Abg Mag Harald Stefan (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr
Stadtrat!
Bei mir steht hier fünf Minuten. Hat das irgendeine
Bedeutung?
Präsident Heinz Hufnagl (unterbrechend): Das
stimmt tatsächlich, aber bekanntlich gibt es bei allgemeinen Debattenbeiträgen im Landtag keine Regelung. Ich
werde versuchen, das zu löschen.
Abg Mag Harald Stefan (fortsetzend): Also das heißt,
ich nehme zur Kenntnis, wann ich beginne, weiß ich
selbst. Jetzt haben wir 4 Minuten 59 Pause. (Heiterkeit. –
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Je länger Sie
nicht anfangen ...) Ich rechne das dann natürlich in Nettozeit, ist ja klar.
Also wir reden jetzt über den Bericht des Kuratoriums
der Museen der Stadt Wien, und das unlimitiert (Abg
Christian Oxonitsch: Ja, ist okay!) – na bitte, dann brauche ich wirklich keine Uhr –, allerdings über das Jahr
2005. Der Bericht ist durchaus positiv. Wir beobachten
ja, dass die Museen der Stadt Wien eine sehr positive
Entwicklung genommen haben, und wir sind da durchaus
auch beeindruckt. Ich stelle es auch jedes Mal wieder
dar. Im Jahr 2004 hat es offenbar finanziell eine schwierigere Situation gegeben, die dann aber durch einen
strikten Sparkurs, laut Bericht, beigelegt werden konnte.
Im Jahr 2005 konnte auch das Figarohaus in der
Domgasse eröffnet werden, eine alte freiheitliche Forderung. Es ist sehr erfreulich, dass auch das gelungen ist.
Hieran sind die Museen der Stadt Wien mit 24 Prozent
beteiligt. Also eine sehr positive Sache.
Das Einzige, was uns hier etwas negativ stimmt, ist
der Umstand, dass wir im Jahr 2007 über das Jahr 2005
debattieren beziehungsweise den Bericht zur Kenntnis
nehmen. Er ist Ende 2006 eingelangt, daher kommt er
heute erst zur Debatte, und das ist schon ein sehr langer
Zeitraum. Wir haben zwar zwischendurch im Ausschuss
einmal die Gelegenheit, nachzufragen, was eigentlich
passiert ist seither, aber schöner wäre es doch, wir könnten in etwa vielleicht innerhalb eines halben Jahres nach
Ablauf des Geschäftsjahres darüber sprechen.
Die ÖVP wird daher einen Antrag stellen, der in diese
Richtung geht, und wir werden ihn auch unterstützen,
weil wir das für sehr sinnvoll halten, dass man eben
früher über derartige Dinge sprechen kann, weil es ja viel
sinnvoller ist, als über eineinhalb Jahre oder noch länger
zurückliegende Dinge zu debattieren. Solange die Entwicklung positiv ist, ist es ja leicht, aber wenn es eine
negative Entwicklung gäbe oder was zu kritisieren wäre,
wäre es natürlich viel problematischer, das dann im
Nachhinein hier aufzurühren, obgleich die Dinge sich
vielleicht schon wieder geändert haben.
9. Sitzung / 29
Wir haben aber auch ein zweites Thema, das wir bei
diesem Tagesordnungspunkt zur Sprache bringen wollen, und zwar die Musikschulen in Wien. Das ist eine
sehr traurige Geschichte, weil gerade in Wien, der Stadt
der Musik, die Musikschulen und das Musikschulangebot
im Argen liegen. Wir wissen, dass beispielsweise in
Oberösterreich, das weniger Einwohner hat als Wien,
bedeutend mehr Musikschulplätze angeboten werden.
55 000 Kinder gehen dort in Musikschulen. Im Vergleich
dazu sind es in Wien 5 300. Also das ist ein Verhältnis
eins zu zehn. (Abg Rosemarie Polkorab: Da wird auch
anderswo noch Musikunterricht angeboten! Das sind
zum Teil Vereine!) Die sind jedenfalls als Musikschulbesucher ausgewiesen. Aber tatsächlich sind es 55 000.
(Abg Rosemarie Polkorab: Das können Sie nicht vergleichen!) Dann können Sie mir nachher gerne erklären, was
die Vergleichszahlen in Österreich sind bei den Vereinen. Wenn Sie jetzt meinen, es handelt sich hier um
Vereine, dann werden Sie ja sagen können, dass in
Wien genauso viele Kinder Musikunterricht haben. Ich
werde mir das nachher dann anhören. (Abg Rosemarie
Polkorab: Darüber haben wir schon oft gesprochen!)
Aber Tatsache ist, dass es unseren Erhebungen
nach und nach den Statistiken, die über die Musikschulen herausgegeben werden, so ausschaut, dass dort
55 Millionen EUR dafür aufgewendet werden, während
es in Wien 14,3 Millionen EUR sind, und dass es in Wien
eben 18 Musikschulen mit 30 Standorten gibt, dass also
nicht einmal alle Bezirke flächendeckend versorgt sind,
dass in Wien in etwa 700 Kinder pro Jahr, die die Aufnahmeprüfung schaffen, abgewiesen werden müssen,
weil sie keine Plätze bekommen. Wobei schon die Frage
besteht, ob es überhaupt sinnvoll ist, bei Musikschulen
Aufnahmeprüfungen zu machen, überhaupt bei kleineren
Kindern, aber das ist die nächste Debatte.
Also hier ist offensichtlich ein Mangel vorhanden, und
das ausgerechnet in Wien, das ja wirklich die Musikstadt
schlechthin ist. (Abg Rosamarie Polkorab: Sie vergessen
die Volkshochschulen!) Also ich bin schon gespannt
darauf, wie Sie das alles entkräften werden, nachdem ich
jetzt lauter Zurufe habe, dass alles bestens wäre in
Wien. Das ist ja, glaube ich, das Traurige dabei, dass
immer wieder behauptet wird, dass in Wien mit dem
Musikschulwesen ohnehin alles klappt und dass überhaupt kein Problem besteht. (Abg Rosamarie Polkorab:
Sie vergessen die Volkshochschulen!) Ich werde das ja
nachher hören. Ich weiß nicht, wer von Ihnen spricht,
aber Sie werden uns ja dann wahrscheinlich mit Zahlen
belegen, wie viele Personen in den Volkshochschulen
Musikunterricht haben. Wenn Sie die Zahlen haben,
werden wir sie hören, und ich nehme an, das wird dem
entsprechen. Dann ist also die Kritik, die wir allerorten
hören von der Musikhochschule, dass kein Nachwuchs
kommt (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Fragen Sie die Frau
Polkorab! Die kennt sich da besser aus!), die Tatsache,
dass bei den diversen Wettbewerben fast keine Österreicher, geschweige denn Wiener, mehr teilnehmen, dass
die Orchester sich beschweren, dass sie keinen Nachwuchs haben, falsch. Ich kann Ihnen durchaus nament-
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30. März 2007
lich sagen, welche Leute hier Kritik geübt haben.
Also so ist es nicht, dass Sie das einfach beiseite
schieben und uns sagen können, dass das nicht wahr
wäre. Der Leiter der Streicherabteilung der Musik-Uni
beispielsweise hat das sehr wohl auch konkret moniert,
dass hier offensichtlich ein Unterangebot besteht, eine
zu mangelhafte Förderung stattfindet und daher der
Nachwuchs zu gering ist. Es gibt jedenfalls von dieser
Seite massive Kritik. Das muss man zur Kenntnis nehmen, und dem sollte man sich auch stellen und nicht
sagen: Es ist eh alles bestens, wir müssen nichts verbessern. Das ist ja immer die schlechteste Einstellung zu
einem Problem.
Wir haben daher als Freiheitliche ein Musikschulnotfallpaket geschnürt. Dazu gehört in erster Linie einmal,
dass es ein Musikschulgesetz gibt in Wien, das all diese
Punkte, die in diesem Zusammenhang zu regeln sind, in
einem Gesetz regelt. Es sind dies:
Sicherstellung der Grundversorgung in allen Bezirken
– an sich eine Selbstverständlichkeit;
ein Musikschulplatz für jedes Kind, zumindest für jedes, das die Aufnahmeprüfung schafft – an sich auch
eine Selbstverständlichkeit;
eine gezielte Talentförderung, also auch in der Form,
dass es auch weiterhin Einzelunterricht geben soll und
dieser nicht, wie man gehört hat, eingeschränkt oder
abgeschafft werden soll, weil nur noch in Gruppen musiziert werden können soll. Also auch das wäre ganz wichtig, dass es aufrechterhalten bleibt, denn es soll ja sehr
wohl gezielte Talentförderung geben. (Abg Rosemarie
Polkorab: Das geschieht ja!)
Bereitstellung von Musikinstrumenten für sozial
schwache Schüler;
Aufstockung der Mittel auf 55 Millionen EUR, also auf
das Niveau von Oberösterreich, und 15 000 neue Musikschulplätze in den nächsten fünf Jahren.
Das sind unsere Forderungen, die wir ganz konkret
haben und die umzusetzen eine Notwendigkeit wäre, um
den Musikstandort Wien auch tatsächlich zu erhalten und
tatsächlich einen eigenen Nachwuchs zu schaffen, der
die Musik dann auch wieder spielen kann.
Wir bringen daher einen Beschlussantrag ein, ein
Musikschulgesetz für Wien zu erlassen. Dieses Landesmusikschulgesetz soll folgende Ziele und Aufgaben
verfolgen:
Die Förderung aktiver musischer Betätigung breiter
Bevölkerungskreise, wobei die Musikschulen als pädagogisch hochwertige Bildungseinrichtungen und Zentren
für eine sinnerfüllte, kreative und gemeinschaftliche
Lebensgestaltung allen Altersstufen offen stehen,
eine künstlerische Basisausbildung, aber auch eine
Förderung und gezielte Vorbereitung besonders begabter Schüler;
Weiterentwickeln der Musikschulen zu einem vielfältigen kulturellen Zentrum.
Um eine gleichmäßige Versorgung für alle, die in eine Musikschule gehen wollen, zu erreichen, hat das
Land Wien eine bedarfsgerechte, möglichst ausgewogene und sinnvoll aufeinander abgestimmte regionale Ver-
9. Sitzung / 30
teilung der unterschiedlichen Größe und Ausbildungsangebote der Musikschulen anzustreben.
Ein Raumordnungsprogramm sollte erarbeitet werden.
Aufstockung der Mittel auf 55 Millionen EUR,
Schaffung von 15 000 Musikschulplätzen in den
nächsten fünf Jahren.
Das ist unsere Forderung. Das ist das, wo wir Sie
von der Mehrheitsfraktion ersuchen, da mitzugehen, das
mitzutragen, das wirklich einmal in die Hand zu nehmen
und nicht vor sich herzuschieben oder wegzuschieben
nach dem Motto: Das Problem besteht nicht oder wir
sind dafür nicht zuständig.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung dieses Antrages an die amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Bildung, Jugend, Soziales, Information und Sport
und an den amtsführenden Stadtrat für Kultur und Wissenschaft beantragt. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl: Weiters zu Wort gemeldet
ist Frau Abg Ringler. – Ich erteile es ihr.
Abg Mag Marie Ringler (Grüner Klub im Rathaus):
Sehr geehrte Damen und Herren!
Lassen Sie mich kurz an meinen Vorredner zum
Thema Musikschulen anschließen. Wir können uns in
diesen Forderungen inhaltlich durchaus wieder finden.
Wir haben selbst in den letzten Jahren auch immer wieder darauf gedrängt, dass das Musikschulwesen in Wien
ausgebaut werden muss. Mein Vorredner hat in sehr
plastischen Worten beschrieben, wie schwierig es ist, in
Wien einen Platz zu bekommen. Da helfen auch die
Beteuerungen der SPÖ, dass es auch private Möglichkeiten zur Musikausübung gibt, gar nichts! Die Zahlen
sprechen eine deutliche Sprache, was die Versorgung
auch im Vergleich zu anderen Bundesländern in Österreich betrifft.
Außerdem geht es nicht nur um die Versorgung,
sondern natürlich auch immer um die Frage der Qualität.
In diesem Punkt unterscheiden wir GRÜNEN uns ein
bisschen von meinen Vorrednern und auch von der ÖVP,
dass wir nämlich nicht der Meinung sind, dass nur der
Einzelunterricht allein das richtige Mittel der Ausbildung
im musikalischen Bereich ist. Wir halten den Weg, der
jetzt eingeschlagen wurde, auch in Gruppen zu unterrichten, nicht grundsätzlich für schlecht. Wir unterscheiden
uns vermutlich aber insofern deutlich von der SPÖ, als
wir glauben, dass es auch eine Erweiterung der musikalischen Formen geben muss, die in diesen Musikschulen
vermittelt werden. Wir alle wissen, dass Gitarre, Klavier
und Geige sozusagen nicht die einzig richtigen Instrumente sind, die ausschließlich gelehrt werden sollten.
Vielmehr glauben wir, dass auch ein Schwerpunkt auf
Musikinstrumente ethnischer Gruppen in Wien gesetzt
werden sollte: Warum nicht auch einmal die Tamburizza
oder auch andere Instrumente?
Nicht zuletzt geht es aber natürlich auch darum, musikalische Formen zu finden, die gerade für junge Menschen attraktiv sind, und es ist klar, dass es sich da auch
um Populärkultur handeln muss. Da muss es sich um
Pop, aber auch um elektronische Musik handeln, also
Landtag, 18. WP
30. März 2007
um jene musikalischen Formen, die heute zum
Mainstream gehören und die Teil der Lebenswelt und
des Ausdrucks der Jugendlichen sind. Da reicht es nicht,
wenn man bedauert, dass Jugendliche sich heute für die
klassischen Instrumente nicht mehr interessieren. Diesbezüglich müssen auch in den Musikschulen entsprechende Angebote geschaffen werden, und klar ist, wie
gesagt, auch, dass es im Hinblick auf die Qualität hier
viel zu wenig Angebote gibt und dass es also nicht nur
um die Anzahl der Plätze geht, sondern auch um die
Qualität und die Breite des Angebots.
Lassen Sie mich jetzt aber doch wieder zum eigentlichen Tagesordnungspunkt zurückkehren, nämlich zum
Bericht des Kuratoriums der Museen der Stadt Wien. Ich
möchte mich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich
und recht herzlich beim Kuratorium bedanken! Dieses
Kuratorium zeigt als eines der Kuratorien eines ausgegliederten Betriebes der Stadt Wien auf sehr vorbildliche
Weise, wie Berichte an den Gemeinderat gehalten werden können, nämlich fair und ausgewogen, ohne aber
kritische Punkte zu unterschlagen. Und ich glaube, dass
auch die öffentliche Debatte, die wir hier führen, zeigt,
dass das überhaupt nicht zum Schaden der Museen ist,
sondern dass das – ganz im Gegenteil – eine sehr offene
Auseinandersetzung über die Museen und deren Entwicklung ermöglicht, wie sie in vielen anderen ausgegliederten Einheiten dieser Stadt nicht mehr möglich ist, was
deutlich zeigt, wie das Demokratieverständnis der SPÖ
hier ist. Jedenfalls zeigt aber das Kuratorium der Museen
der Stadt Wien, dass es auch anders geht.
Natürlich schließen wir uns auch gerne dem Antrag
der ÖVP an, dass dieser Bericht genauere Zahlenmaterialien enthalten sollte. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, und ich glaube auch, dass das notwendig
wäre. Dann würde man sich nämlich nicht in Andeutungen ergehen müssen, und vielleicht könnte das eine oder
andere auch für uns verständlicher dargestellt werden.
Kurz zur Entwicklung der Museen der Stadt Wien:
Wir glauben – und freuen uns sehr darüber –, dass die
Museen in den letzten Jahren aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht sind und dass der nunmehr nicht mehr
ganz so neue Direktor Wolfgang Kos gezeigt hat, was
hier möglich ist. Wir glauben, dass es hier durchaus noch
eine ganze Reihe von Potenzialen gibt, die weiter ausgeschöpft werden sollen. Unserer Meinung nach sollten
Museen noch stärker als bisher auch als Ort der durchaus kontroversiellen Diskussion rund um unsere eigenen
Geschichtsbilder genutzt und ausgebaut werden. Es
sollte also auch Mut zu unterschiedlichen Meinungen
geben, die ganze Bandbreite der Geschichte der Stadt
sollte gezeigt werden, und auf mutige Weise sollten auch
Themen aufgegriffen werden, wie das zum Beispiel im
Fall der Ausstellung „Gastarbajteri“ geschehen ist, die
vielleicht innerhalb der Gesellschaft auch zu Diskussionen führen. Ich möchte die Führung des Museums gerne
dazu ermutigen, diesbezüglich auch weiterhin Mut zu
zeigen und sich solchen Auseinandersetzungen und
Diskussionen weiterhin zu stellen!
Leider – und das spricht das Kuratorium auch sehr
9. Sitzung / 31
klar an – liegt der Schwerpunkt der Museen derzeit bei
den Sonderausstellungen und ganz und gar nicht bei der
bestehenden Dauerausstellung. Alle, die die Dauerausstellung in den letzten Jahren besucht haben, werden
wissen, dass diese in einem bedauerlichen Zustand ist
und ein Bild von Wien vermittelt wird, das der Stadt nicht
würdig ist. Vor allem – und das halten wir für besonders
problematisch – werden auch viele Bereiche völlig ausklammert, etwa die nationalsozialistische Geschichte der
Stadt. Das ist für uns nicht nachvollziehbar, und wir
glauben, dass da ganz dringend etwas geschehen muss!
Es hat unter der neuen Leitung die sehr gute und
auch durchaus lustige und spannende Reihe von Interventionen in der Dauerausstellung gegeben. Das ist
sicherlich ein sehr kreatives Unterfangen und ein Versuch, diese Defizite auszugleichen, aber diese Interventionen können grobe Lücken auch nicht völlig ausgleichen. Daher richte ich einen Appell auch an den Herrn
Stadtrat, dringend die notwendigen Geldmittel zusammenzusammeln! Ich weiß, es ist kein ganz leichtes Unterfangen, diese Dauerausstellung endlich in einen Zustand zu bringen, für den man sich nicht genieren muss,
wenn man etwa ausländischen Gästen erzählen muss,
wieso die Stadt Wien im Historischen Museum der Stadt
Wien in den Jahren 1938 bis 1945 keine Geschichte hat.
Ich glaube, dieser Umstand ist ernst zu nehmen und
sollte dringend angegangen werden. Noch dazu gibt es
in der Stadt kein anderes Museum, das die Aufgabe
übernehmen könnte, BesucherInnen der Stadt, aber
natürlich auch Schülerinnen und Schülern und uns allen
ein Bild davon zu vermitteln, was eigentlich in der Tradition dieser Stadt liegt. Wie wir wissen, ist Geschichte
immer sehr vielschichtig und auch von Brüchen geprägt,
und auch diese sollten in der Dauerausstellung viel deutlicher zur Sprache kommen, als es derzeit der Fall ist.
Das Kuratorium spricht auch die problematische Situation des Depots an. Auch diesbezüglich besteht sicherlich Handlungsbedarf. Auch das muss angegangen
werden, wenn ich auch ehrlich zugebe, dass gerade der
Aspekt der Dauerausstellung Priorität genießen sollte.
Ich möchte schließen mit einem Appell an Sie alle,
das Historische Museum zu besuchen, sich Ihr eigenes
Bild zu machen, aber auch mit uns diese Diskussionen
und Kontroversen, die es, wie ich hoffe, im Museum
auch in den nächsten Jahren geben wird, zu führen und
zu unterstützen. Ich hoffe sehr, dass der eingeschlagene
Weg, das Museum zu einem Diskussionsort werden zu
lassen, weiter fortgeführt wird, und ich möchte mich auch
in dieser Form für die Arbeit bedanken!
Nicht verschweigen möchte ich Ihnen aber auch,
dass es bei aller positiven Anerkennung für die Arbeit
durchaus auch den einen oder anderen Kritikpunkt von
unserer Seite zum Historischen Museum gibt. Wir haben
vor einigen Monaten einen Antrag an das Kontrollamt
eingebracht, in dem wir das Kontrollamt darum gebeten
haben, sich die nicht unproblematische Situation der
MitarbeiterInnen im Museum anzusehen. Es gibt hier
eine Reihe von prekären Beschäftigungsverhältnissen,
von denen wir glauben, dass sie eines Unternehmens
Landtag, 18. WP
30. März 2007
der Stadt Wien – und schlussendlich ist das Museum ein
solches – nicht würdig sind und im Hinblick auf welche
wir hoffen, dass sie einer baldigen Klärung zugeführt
werden. Es kann ja nicht alles, was an Positivem im
Museum geleistet wird, schlussendlich auf dem Rücken
der Mitarbeiter ausgetragen werden!
Insofern hoffen wir, dass diese Kontrollamtsprüfung
auch dazu führt, dass diese Kritikpunkte schnell und
zügig im Sinne der MitarbeiterInnen, aber natürlich auch
im Sinne des Museums bereinigt werden. – Vielen Dank.
(Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Heinz Hufnagl: Zum Wort gelangt Herr
Abg Dworak.
Abg Ing Mag Bernhard Dworak (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Herr Stadtrat!
Meine Damen und Herren!
Beim Bericht des Kuratoriums der Museen der Stadt
Wien für das Jahr 2005 gibt es viel Licht, aber auch viel
Schatten.
Beginnen wir bei den Besucherzahlen. Zum Vergleich möchte ich gleich eine Zahl heranziehen: Im Jahr
2005 gab es 322 622 Besucher. Aufgegliedert nach den
einzelnen Objekten waren es im Haupthaus 144 000, im
Künstlerhaus – man höre! –44 000, in den Musikerwohnungen 50 000, in der Hermesvilla nur 29 000, 19 000 im
Uhrenmuseum und rund 35 000 bei anderen Ausstellungen.
Durch Schließung und Renovierung des Mozarthauses gab es im Jahr 2005 gegenüber dem Jahr 2004
einen Verlust von 62 000 Besuchern, im vorigen Jahr
waren es dann aber mehr als 203 000, und in Anbetracht
dessen muss ich an dieser Stelle wirklich großes Lob an
das Modell des PPP aussprechen. Es hat sich offenbar
gelohnt, dass die Stadt diesfalls mit anderen Instituten
und Institutionen zusammenarbeitet und eine großartige
Sache aus diesem Wiener Mozarthaus gemacht hat.
Zwei Ausstellungsräume machen mir Sorge, nämlich
das Künstlerhaus, das sich nicht im Besitz der Stadt
Wien, sondern im Besitz von rund 600 Künstlerinnen und
Künstlern befindet. Aus Platzgründen wurde es im
Jahr 2004 und 2005 für die Altwien-Ausstellung benutzt.
Im Künstlerhaus wartet man heute noch auf eine Entscheidung, in welcher Art eine Zusammenarbeit mit der
Stadt Wien erfolgen könnte. Die Idee eines Historismus-Museums steht nach wie vor im Raum, und es
könnte einmal eine Entscheidung getroffen werden, wie
in Zukunft mit diesem Historismus-Museum umgegangen
wird. Übrigens wird es im Rahmen der EM 2008 eine
Ausstellung rund um den Fußball im Künstlerhaus geben, die sicherlich interessant sein wird!
Der zweite Ausstellungsraum, bei dem es meines Erachtens Probleme gibt, ist die Hermesvilla im Lainzer
Tiergarten: Nach den Ausstellungen im Jahr 2004 mit
mehr als 47 000 Besuchern und Renovierungsarbeiten
besuchten 2006
nur
mehr
etwas
mehr
als
26 000 Personen die Ausstellungen in der Hermesvilla. –
Ich glaube, hier muss der Standort besser vermarktet
werden! (Beifall bei der ÖVP.)
Dem positiven Echo auf die Wiedereröffnung des
9. Sitzung / 32
lange Zeit ungenützten Stadtbahnpavillons auf dem
Karlsplatz steht die schwierige Vermarktung des Kaiserpavillons in Hietzing gegenüber, der praktisch dauernd
geschlossen ist.
Den von mir bereits im Vorjahr angesprochenen
schlechten finanziellen Verhältnissen des Museums im
Jahr 2004 ist das deutlich positivere Ergebnis 2005, aber
natürlich noch das weitaus bessere Ergebnis 2006 gegenüberzustellen.
Zum Figarohaus habe ich schon gesprochen. Ich
glaube wirklich, dass die Zahl von mehr als
203 000 Besuchern zeigt, wie man auch mit Hilfe des
PPP-Modells zugunsten der Stadt und zugunsten der
Wienerinnen und Wiener mit Ausstellungsorten umgehen
kann.
Ein besonderes Thema ist die Situation des Depots.
Nachdem das Kontrollamt im Bericht von Gefahr in Verzug im Vorjahr spricht, ist es unbedingt notwendig, neben den notwendigen Mitteln der Stadt Wien auch den
Versuch des Sponsorings verstärkt zu nutzen. Am 26.4.
wird das Wien Museum eine eigene Sponsoringveranstaltung anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Im
Wirtshaus – Die Geschichte der Wiener Geselligkeit“
abhalten, die vorrangig zur Unterstützung des Baus des
Depots genutzt wird. Ich darf Ihnen die diesbezüglichen
Folder zeigen. Ich glaube allerdings, dass allein das
Sponsoring nicht reichen wird. Die geschätzten Kosten
von rund 10 Millionen EUR sollten meiner Meinung nach
auch im nächsten Budget der Stadt Wien ihren Niederschlag finden.
Positiv darf ich den Abschluss der Verlassenschaft
nach Anton Peschka junior mit den Teilerben, den Kindern des Bruders, vermerken. Jene 5 Millionen für die
vier Schiele-Bilder, die bereits im Museum als Leihgabe
ausgestellt waren, sind als fairer Preis angesichts des
Schätzpreises von 22 Millionen unter den Bedingungen,
unter welchen diese Erbschaft anzutreten war, anzusehen.
Die Kündigung der vormaligen kaufmännischen Leiterin wegen unüberbrückbarer Differenzen sollte man mit
der Gewährung einer Prämie für die Geschäftsleitung für
das Jahr 2004 sehen: Wenn im Bericht von einer bedrohlichen finanziellen Situation des Museums geschrieben
wird, erscheint mir eine solche Prämie für die Geschäftsleitung als nicht gerechtfertigt!
Den Sponsor Wiener Stadtwerke zu finden, ist vielleicht nicht besonders kreativ, denn dieses Sponsoring
müssen wiederum die Kunden des öffentlichen Personennahverkehrs hier in dieser Stadt zahlen.
Problematisch erscheint mir auch die Situation des
Museums im Zusammenhang mit den Nebenbeschäftigungen der Mitarbeiter. Direktor Kos hat diese Nebenbeschäftigungen hoffentlich restlos aufgeklärt: In besonders
krassen Fällen könnte selbst Untreue vermutet werden.
Abschließend möchte ich sagen: Es haben schon einige meiner Vorredner kritisiert, dass der Bericht erst
15 Monate nach Ende des Jahres 2005 hier im Landtag
diskutiert wird. Wir bringen in diesem Zusammenhang
einen Resolutionsantrag ein, dass diese Frist deutlich
Landtag, 18. WP
30. März 2007
verkürzt wird und dass in diesem Bericht auch wesentlich
mehr Zahlen enthalten sein sollen.
Die FPÖ ist anscheinend aufgewacht und hat die
Ideen der Wiener ÖVP, vor allem von Dr Franz Ferdinand Wolf, kopiert, der sich sehr für die Wiener Musikschulen einsetzt. Wir dürfen einen Antrag betreffend die
Erstellung eines Landesmusikschulgesetzes einbringen.
Wir laden die FPÖ gerne ein, mit uns diese Musikschulen zu stärken. Die GRÜNEN haben auch schon angekündigt, dass sie die Musikschulen deutlich unterstützen
wollen, und ich hoffe, dass die Mehrheitsfraktion SPÖ
hier jetzt manches ermöglichen wird, was bisher nicht
möglich war. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Heinz Hufnagl: Zum Wort gelangt Herr
Abg Wutzlhofer.
Abg Jürgen Wutzlhofer (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr
geehrter Herr Präsident! Herr Stadtrat! Hohes Haus!
Betreffend Musikschulen gebe ich meinen Vorrednerinnen und Vorrednern in einer Sache recht, nämlich
dass wir das jetzt schon seit Jahren diskutieren und dass
das ein leidiges Thema mit immer gleichen Argumenten
ist.
In allen anderen Punkten gebe ich Ihnen allerdings
nicht recht. Unsere Antwort auf das, was wir seit Jahren
diskutieren, ist die gleiche wie seit Jahren: Die einzige
Möglichkeit, auf die Zahlen, die Sie nennen, zu kommen,
ist, das pluralistische System der Wiener Musikausbildung einfach auszublenden und sich nicht anzuschauen,
was die Volksbildung und die außerschulische Jugendarbeit machen. Aber nicht einmal, wenn man nur die
Wiener Musikschulen mit jenen in den Bundesländern
vergleicht, stimmt die Rechnung, denn es sind nicht
5 000, sondern 10 000 Schüler in den Musik- und Singschulen. Jedenfalls lassen wir uns aber nach vielen
Jahren auch heute unser pluralistisches und gutes System der Wiener Musikausbildung nicht madig machen!
(Beifall bei der SPÖ.)
Zum Museumsbericht: Eine positive Bilanz haben
durchaus auch meine Vorrednerinnen und Vorredner
gezogen. Neben den vielen Bauvorhaben und Modernisierungen, die umgesetzt wurden, sind meines Erachtens mit Direktor Kos auch Dynamik und eine neue Kultur eingezogen. In dem Museum sieht man Museales
nicht einfach als etwas Totes und Starres, sondern als
etwas, das sich bewegt, das aus dem Betrachter – wenn
man so sagen will – einen Mittäter macht, ihn zur Interaktion einlädt. Dabei spielen neben verschiedenen inhaltlichen Ideen natürlich auch Medien eine große Rolle. Ich
denke jetzt zum Beispiel nur an das Mozarthaus Vienna,
zu dem das Figarohaus geworden ist, in dem man nicht
nur herumgeht und sich die Stätte des Wirkens Mozarts
anschaut, sondern wo man ihn hören, sehen und erleben
kann.
Ich komme jetzt zum Hauptteil meiner Ausführungen,
nämlich zum Thema Gefahrenpotenzial von Computerspielen. Dazu gab es in den vergangenen Monaten eine
breite Diskussion in Österreich, die immer dann hoch
geschwappt ist, wenn es zu schrecklichen Ereignissen
9. Sitzung / 33
wie etwa dem Amoklauf eines Jugendlichen in einer
Schule in Erfurt gekommen ist. Wie man sich leicht vorstellen kann, wird eine solche Diskussion in einem derartigen Klima nicht immer redlich und seriös geführt. Ganz
im Gegenteil: Vielmehr werden jugendliche Spielerinnen
und Spieler in einem solchen Klima oft pauschal verdächtigt und als Kriminelle bezeichnet. Man folgt der
einfachen Denklinie, nämlich der These, dass, wenn
jugendliche Gewalttäterinnen und Gewalttäter Ballerspiele gespielt haben, offensichtlich das Spielen von Ballerspielen zu jugendlicher Gewalt führt und aus gesunden,
stabilen jungen Menschen Gewalttäter macht. – Das ist
eine ebenso simple wie falsche und entwicklungspsychologisch nicht haltbare Erklärung! Das wäre ungefähr so,
wie wenn man sagt: 90 Prozent der Alkoholiker trinken
Milch, also führt Milch Trinken zu Alkoholismus.
Man bringt es damit aber auch zu Titelseiten von
Hochglanzmagazinen und zu vielen Interviews. Daher
freut es mich ganz besonders, dass wir heute hier einen
Konsens vorstellen können, den wir in Wien auf sehr
breiter Ebene im Rahmen eines ExpertInnengesprächs
gefunden haben, das am 6. März stattgefunden hat, bei
dem VertreterInnen aller Parteien sowie viele Expertinnen und Experten aus dem Handel, aus der Spieleindustrie und aus der Jugendarbeit anwesend waren.
Dieses Gespräch ist in einen gemeinsamen Vierparteienantrag gemündet, den ich heute gemeinsam mit
meinen Kollegen Wolf, Gudenus und Smolik einbringen
darf. Er beinhaltet eine Konkretisierung des Wiener Jugendschutzgesetzes, und zwar im Hinblick auf gefährdende Medien. Momentan ist das im § 10 geregelt, und
zwar im Sinne von Medien, die die Entwicklung gefährden, Aggressionen und Gewalt fördern, kriminelle Handlungen zu menschenverachtender Brutalität verwenden
et cetera. Wir schlagen hier eine Konkretisierung auch im
Einklang mit Bestrebungen auf europäischer Ebene vor.
Es gibt bereits das so genannte PEGI-Rating-System.
Wenn jemand von Ihnen sich schon einmal ein Computerspiel angeschaut hat, dann findet er auf der Vorderseite Zahlenpiktogramme, die eine Altersempfehlung darstellen: „12 +“ bedeutet zum Beispiel, dass es in einem
Spiel auch um kriegerische Handlungen geht: Auf der
Rückseite gibt es Piktogramme, die sozusagen eine
Inhaltsangabe transportieren: So symbolisiert eine Faust
Gewalt im Spiel. Finnland hat eine solche Bestimmung
erst kürzlich in das Jugendmedienschutzrecht aufgenommen, und wir haben das in unserem Antrag in die
Begründung eingebaut.
Ich darf den Antrag jetzt einbringen, möchte aber
auch darauf hinweisen, dass eine solche Konkretisierung
des Jugendschutzgesetzes nur ein Baustein sein kann,
und zwar deshalb, weil Wien ja nicht allein steht. Daher
fordern wir auch neue Bestrebungen betreffend eine
Harmonisierung mit den anderen Bundesländern in Österreich. Diesbezüglich gab es bis jetzt keine großen
Erfolge zu verzeichnen, vielleicht schaffen wir es jetzt in
dem einen Punkt, aber natürlich auch im Einklang mit der
EU, das habe ich erwähnt.
Trotzdem kann die Verschärfung oder Konkretisie-
Landtag, 18. WP
30. März 2007
rung eines Gesetzes immer nur so gut sein wie die Befolgung dieses Gesetzes. Daher möchte ich in aller Deutlichkeit hier auch sagen: Wir müssen den Handel in die
Pflicht nehmen. Gerade wenn man sich andere Punkte
des Jugendschutzgesetzes anschaut, etwa, wenn es um
Softguns oder Komasaufen et cetera geht: Es läuft nicht
so, dass wir in diesem Bereich einfach etwas über ein
Gesetz regeln und das dann eingehalten wird. Vielmehr
müssen wir in Übereinstimmung aller Parteien im Haus
Regelungen finden, um die Unternehmer und den Handel mehr in die Pflicht zu nehmen.
Darüber hinaus wollen wir infolge dieses ExpertInnengesprächs eine breite Diskussion auslösen. Wir haben uns auf einen Schwerpunkttag mit einer Veranstaltung im Rathaus geeinigt, die im Herbst stattfinden soll.
Diese Veranstaltung wendet sich natürlich an Jugendliche, darüber hinaus aber auch an Eltern und Multiplikatoren. Nach einer Fachtagung zum Thema Medien wissen wir jetzt nämlich auch, dass diese simple Diskussion
ihren Ursprung oft auch in der Unwissenheit der Eltern
hat. Daraus entsteht wiederum Angst, und da macht man
es sich halt auch ziemlich leicht mit Erklärungen.
Wir bauen unser Projekt daher auf einem Wiener
Weg auf, der in kurzen Schlagworten wie folgt verlaufen
soll: Keine Kriminalisierung von Jugendlichen, Ernstnehmen des Spieleverhaltens und des Medienverhaltens. Wir wollen die Medienkompetenz stärken. Viele
Einrichtungen in Wien tun das bereits, daher haben wir
immer wieder die Gelegenheit, darüber zu diskutieren.
Ich denke jetzt etwa an das Wiener Bildungsnetz, ans
Netzwerk im „ICE“, an das Medienzentrum, an Büchereien als moderne Cross-Media-Writer, aber auch an die
offenen und komplementären Medienräume wie Okto
und Orange.
Wir verfolgen den Weg der Positivprädikatisierung
des Bundes mit. Im BMGFJ gibt es die BUPP, das ist die
Bundesstelle für Positivprädikatisierung, wo Spiele explizit als positive Beispiele hervorgehoben werden. Wien
beteiligt sich auch daran. Auch die Spielebox ist im Zusammenhang mit Spiele-Empfehlungen wichtig. Natürlich
arbeiten wir auch verstärkt mit Informationen an Eltern.
Wir arbeiten aber auch an der Ernstnahme und dem
Fördern Wiens als Wirtschaftsstandort. Ich denke da jetzt
etwa an das Media Quarter Marx, wo weitere 25 000 m²
in Angriff genommen worden sind.
Es ist schön, dass über den Weg, der eingeschlagen
werden soll, auch im ExpertInnengespräch zwischen uns
große Einigkeit geherrscht hat. Es gab einen konstruktiven, sensiblen, überhaupt nicht populistischen Zugang.
Umso mehr hat es mich und wohl auch die anderen
Teilnehmer gewundert, dass fünf Minuten nach Beendigung des ExpertInnengesprächs in der APA zu lesen
war: „VP Wolf: Durchbruch bei Video-Killer-Spielen“. –
Eigentlich ist das aber ganz egal, denn es war ein Einzelfall. Das Thema ist, glaube ich, zu ernst dafür, dass man
Tausende junge SpielerInnen sozusagen unter einen
Generalverdacht stellt, der letztlich oft auch aus der
Angst vor Neuem resultiert.
Ein kurzes Beispiel zum Schluss: Diese Angst vor
9. Sitzung / 34
Neuem gab es immer, wenn ein neues Medium sich den
Weg in die Welt gebahnt hat. – Zeitungen gibt es seit
Mitte des 19. Jahrhunderts, in Österreich seit 1878. Es
gibt Länder mit einer größeren aufklärerischen Tradition,
aber sagen wir einmal, dass es seit Mitte des 19. Jahrhunderts Zeitungen gibt. Und damals hat sich Charles
Baudelaire Gedanken über die große Gefahr gemacht,
die der schreckliche regelmäßige Zeitungsgenuss bedeuten kann und hat das folgendermaßen formuliert:
„Jede Zeitung ist von der ersten bis zur letzten Zeile ein
einziges Gewebe von Gräueln, Kriegen, Verbrechen,
Diebstählen, Sittlichkeitsverbrechen, Folterungen, Verbrechen der Fürsten, Verbrechen der Völker, Verbrechen
der Einzelnen, ein Rausch von allgemeiner Grässlichkeit.
Und dieses widerliche Gemisch genießt der zivilisierte
Mensch jeden Tag zu seiner Morgenmahlzeit."
Man kann Baudelaire im Hinblick auf die Inhaltsangabe von Zeitungen vielleicht sogar recht geben. Ich
glaube aber, es ist keiner hier im Haus mehr der Ansicht,
dass Zeitungslektüre eine große Gefahr für den Menschen darstellt! (Zwischenruf bei der ÖVP.)
Vielleicht schaffen wir es letztlich gemeinsam, bei der
Beschäftigung mit Computerspielen ein bisschen weniger borniert zu sein! (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl: Zum Wort gelangt Herr
Abg Wolf.
Abg Dr Franz Ferdinand Wolf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren!
Die Elastizität der Geschäftsordnung erlaubt, beim
Thema Museen zwei andere Themen zu diskutieren,
nämlich Musikschulen und Gewalt verherrlichende Computerspiele. Dazu ein paar Bemerkungen.
Es wird einen gemeinsamen Antrag zum Problem der
Gewaltspiele geben, und es wäre schön, wenn es demnächst auch einen gemeinsamen Antrag zur Verbesserung der Situation bei den Musikschulen gäbe! (Beifall
bei der ÖVP.)
Ich sehe zumindest bei den Oppositionsparteien
Übereinstimmung, dass hier Verbesserungsbedarf gegeben und man bereit ist, das – wörtliches Zitat – „leidige
Thema Musikschulen", wie mein Vorredner soeben gesagt hat, endlich anzugehen. Daher frage ich mich, warum man nicht auch in dem Bereich, in dem es um die
musikalische Zukunft dieser Stadt geht, nach breiter
Diskussion und eventuell auch einer Expertendiskussion
versucht, dieses Problem mit einem gemeinsamen Antrag zu lösen.
Genau diesen Weg sind wir bei den Gewalt verherrlichenden Computerspielen gegangen, und ich glaube, es
war ein guter Weg! Nachdem die Diskussion von uns
initiiert wurde, haben sich Vertreter aller Parteien unter
Vorsitz der Frau Vizebürgermeisterin zusammengesetzt
und dieses Problem diskutiert. Es ist das wirklich ein
Problem, auch wenn man sagen muss, dass bloß fünf
Prozent der Computerspiele Gewalt verherrlichenden
Inhalt haben. Jedenfalls wäre es naiv zu glauben, man
könnte Gewalt einfach verbieten. Da ist die Politik gefordert, sich andere Modelle einfallen zu lassen.
Landtag, 18. WP
30. März 2007
Insofern bin ich auch sehr zufrieden, dass jetzt ein
ganzer Maßnahmenkatalog in Vorbereitung ist, der einen
Schwerpunkt in der Alterskennzeichnung von Gewalt
verherrlichenden Spielen und von Computerspielen
insgesamt vorsieht. Dass die Alterskennzeichnung dann
auch präzise kontrolliert werden muss, versteht sich von
selbst, denn die besten Gesetze sind ohne Kontrolle
nichts wert!
Der nächste Punkt, der ganz wesentlich ist, ist die
Stärkung der Medienkompetenz, das heißt, eine Medienerziehung in dem Sinn, dass junge und auch ältere
Leute lernen, mit dem umzugehen, was diese Spiele in
die Köpfe der Leute bringen.
Die Alterskennzeichnung und die Medienerziehung
sind sehr gute Anhaltspunkte für Jugendliche und Erziehungsberechtigte, damit sie besser mit diesen Spielen
umgehen können, denn diese sind Realität. Es wäre
nämlich naiv zu leugnen, dass die Jugendkultur auf derartige Spiele abfährt. Daher soll die Alterskennzeichnung – das PEGI-Modell wurde bereits angesprochen –
europaweit wirklich verpflichtend eingeführt werden. Wir
unterstützen das.
Ein weiterer wesentlicher Punkt des Maßnahmenkatalogs ist die Positivprädikatisierung von empfehlenswerten Spielen. Es soll also nicht nur der Weg gegangen
werden, dass Gewalt verherrlichende und negative Spiele möglichst eingeschränkt werden, sondern es sollen
auch Spiele gekennzeichnet werden, die positiv sind. –
Ich meine, das ist ein guter Weg.
Ein letzter, auch noch ganz wesentlicher Punkt bei all
diesen Überlegungen: Es muss nun darum gehen, dieses Maßnahmenpaket und diese Gesetzesinitiative auch
österreichweit zur Geltung zu bringen. Es kann nicht
sein, dass es in Wien ein Gesetz gibt, das an der Stadtgrenze bereits aufhört. Das heißt, es gilt jetzt, daran zu
arbeiten, dass diese Vorschläge, bei welchen Wien – wie
ich meine – österreichweit eine Vorreiterrolle spielen
wird, auch in ganz Österreich implementiert und durchgesetzt werden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Heinz Hufnagl: Zum Wort gelangt Herr
Abg Gudenus.
Abg Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub der Wiener
Freiheitlichen): Verehrter Herr Präsident! Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Auch ich freue mich sehr über diesen gemeinsam
eingebrachten Beschlussantrag aller Parteien zum Thema Konkretisierung des Jugendschutzgesetzes hinsichtlich Gewalthandlungen in Computerspielen. Es ist sehr
schön zu sehen, dass sachliche Arbeit über die Parteigrenzen hinweg möglich ist! Diese Diskussion sollten wir
auch in Zukunft fortführen, weil das Thema Gewalt ein
sehr vielschichtiges und brisantes Thema ist.
Man hat den Eindruck, dass Gewalt vor allem im Jugendbereich zunimmt, dass die Gewaltbereitschaft steigt
und die Hemmschwelle, Gewalt auszuüben, sinkt. Die
Frage ist nur, ob die Gewalt wirklich zunimmt oder ob nur
dieser Eindruckt entsteht, weil die Medien nun einfach
mehr darüber berichten. – Ich bin der Meinung, dass
9. Sitzung / 35
tatsächlich festzustellen ist, dass Gewalt im Jugendbereich zunimmt.
Das Thema Gewalt ist so alt wie die Menschheit
selbst. Die Gründe dafür sind, wie gesagt, sehr vielschichtig. Und die Gewaltanwendung in Computerspielen
ist vielleicht ein möglicher Grund unter vielen, warum die
Hemmschwelle bei Jugendlichen sinkt. Ich bin nicht ganz
der Meinung von Herrn Prof Dr Rudas, dem ich mich in
vielen anderen Bereichen zwar anschließe, dass kein
Kausalzusammenhang zwischen Computerspielen und
aggressivem Verhalten besteht. Ich glaube, dass die
Hemmschwelle auch deswegen sinkt, weil die Computerspiele immer realistischer werden und der Spieler sich
stark mit der Rolle des Täters identifizieren kann.
Ich finde, dass eine bundesweite Vereinheitlichung
des Jugendschutzgesetzes sowie auch eine Anhebung
auf EU-Niveau vor allem in diesem Bereich wichtig ist.
Das wird natürlich keine sofortige Lösung darstellen,
aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung, und das
sollte auch eine Anregung sein, das Jugendschutzgesetz
bundesweit in allen Bereichen zu vereinheitlichen.
Auf jeden Fall müssen wir das Phänomen der Gewalt
im Jugendbereich weiter beobachten, und ich ersuche
um breite Zustimmung zu diesem Antrag! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl: Ich habe keine weitere
Wortmeldung.
Die Debatte ist daher geschlossen.
Der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort.
Berichterstatter Amtsf StR Dr Andreas MailathPokorny: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen
und Herren!
Herr GR Wolf hat über die Elastizität der Geschäftsordnung gesprochen. – Ich möchte diese nicht überstrapazieren und mich überwiegend zum Hauptgegenstand
unserer Tagesordnung äußern. Zur Qualität der Wiener
Musikschulen sage ich nur so viel: Sie kann nicht ganz
so schlecht sein, weil die vielen Absolventen, die die
Schule besucht haben und auch sehr zufrieden sind,
können bestätigen, dass die Qualität ganz gut ist. Ich
lade Sie gerne ein, das heute mit mir um 17 Uhr zu
überprüfen! Dann werden die Chöre der Wiener Musikschulen und die Singschule Wien das nämlich wieder
einmal beweisen!
Zur Sache selbst, nämlich zum Bericht des Kuratoriums der Museen der Stadt Wien über das Jahr 2005: Ich
freue mich, dass darin viel Positives erwähnt wird und
dass das auch von den Rednerinnen und Rednern der
Opposition anerkannt wurde! Selbstverständlich danke
auch ich dem Museum und dessen Bediensteten – Direktor Kircher ist hier – sowie auch dem Kuratorium für
die geleistete Arbeit.
Offenbar hat die Ausgliederung für das Museum insgesamt in der Tat eine sehr positive Entwicklung gebracht, und zwar nicht nur hinsichtlich der Zahl, der Zufriedenheit der Zuschauer und der Kenntnis der Menschen über das Museum: Das Museum ist heute unbestritten nach dem Kunsthistorischen Museum und der
Albertina im Bewusstsein der Wienerinnen und Wiener
Landtag, 18. WP
30. März 2007
stark verankert. Es gibt eine hohe Präsenz des Museums
in der Öffentlichkeit, was auch nicht immer der Fall war.
Das hat etwas mit inhaltlicher Glaubwürdigkeit, aber
auch mit der Arbeit mit den Besucherinnen und Besuchern zu tun.
Das Museum wurde nicht nur im Berichtszeitraum
2005, sondern auch davor und danach wesentlich ausgeweitet. Es wurden viele infrastrukturelle Maßnahmen
ergriffen. Ich erinnere nur an etwas, was im Bericht steht
und was heute hier noch nicht erwähnt wurde, nämlich
die Wiedereröffnung des Otto-Wagner-Pavillons auf dem
Karlsplatz. Und auch der Beitrag des Museums zur Entwicklung der Marke und auch des Inhalts „Kunstplatz
Karlsplatz“ war ganz wichtig.
Außerdem möchte ich natürlich auch den Beitrag des
Museums und die wirklich hervorragende Zusammenarbeit im Zusammenhang mit der Entwicklung des Mozarthauses erwähnen.
Die Umbaumaßnahmen 2005 im Haupthaus wurden
erfolgreich abgeschlossen, auch das sollte man erwähnen. Es gibt ein neues Foyer und einen sehr interessanten und qualitätsvollen Museumsshop.
Durch die Anmietung im Nebengebäude und den
Umbau und Anbau der Büros konnte im Museum letztlich
viel zusätzlicher Raum, und zwar Ausstellungsraum,
aber auch ein Vortragsraum, geschaffen werden.
Die Inhalte wurden bereits erwähnt. Ich glaube auch,
dass die Ausstellungen, die im Museum im Berichtszeitraum gezeigt wurden, hoch interessant waren und einen
wichtigen Aspekt in diesem Gedenkjahr 2005 gebracht
haben.
Ganz wichtig war und ist mir nach wie vor, dass das
Wien Museum mit Ausnahme des Museums für Angewandte Kunst nach wie vor das einzige Museum ist, das
einmal in der Woche freien Eintritt hat. Ich glaube, das ist
eine ganz wichtige Einrichtung, die sehr gut angenommen wird und die auch zeigt, dass das Museum durchaus auch seiner sozialen Aufgabe nachkommt.
Was nun die Dauerausstellung anbelangt, so würde
ich das nicht ganz so negativ sehen wie Kollegin Ringler.
Ich glaube nicht, dass man sagen kann, dass es eine
unwürdige Dauerausstellung ist. Ich habe sie mir immer
wieder angeschaut, und es ist auch schon einiges geschehen. Es ist aber unbestritten, dass wir gemeinsam
eine Neuaufstellung der Dauerausstellung ins Auge
fassen sollten; diesbezüglich wird bereits an entsprechenden Vorschlägen gearbeitet.
Der heutige Tag ist auch insofern ein besonderer, als
mir Direktor Kircher soeben mitgeteilt hat, dass mit dem
Abschluss des Vertrages über den Ankauf der SchieleBilder beziehungsweise mit den letzten Zahlungen das
Wien Museum mit dem heutigen Tag nunmehr tatsächlich Eigentümer dieser Gemälde geworden ist. Ich möchte bei dieser Gelegenheit daran erinnern, dass es nicht
so selbstverständlich ist, dass das Museum gemeinsam
mit der Stadt wichtige Werke ankauft. Aber wir schaffen
es gemeinsam, in einem sehr kurzem Zeitraum gewissermaßen einzuspringen und eine Lösung zu finden, wie
das Museum für das kulturelle Erbe der Stadt wichtige
9. Sitzung / 36
Kunstwerke erhalten kann.
Dass der Bericht – und damit komme ich zum letzten
Punkt – 15 Monate nach dem Berichtsjahr hier zur Debatte steht, ist nur zum Teil auf eine Zeitverzögerung von
Seiten des Kuratoriums zurückzuführen. Das Kuratorium
hat diesen Bericht im Dezember übermittelt. Dass er erst
jetzt hier im Landtag zur Debatte steht, ist daher nur zu
einem Teil dem Kuratorium zuzuschreiben. Es hat diesen
Bericht rechtzeitig innerhalb Jahresfrist abgeliefert, und
ich meine, es ist ein sehr guter Bericht.
Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich noch
einmal beim Kuratoriumsvorsitzenden Thommy Lachs
bedanken und diesen Dank auch auf seine wirklich sehr
konstruktive und wichtige Rolle beim Ankauf der Schiele-Bilder ausweiten.
Ich glaube, dass die Vorschläge, die hier auch in
Form eines Antrags eingebracht wurden, darüber zu
diskutieren, ob man bei einer Novelle des Museumsgesetzes nicht noch das eine oder andere zu den Inhalten
dieses Berichtes hinzufügen sollte, durchaus diskussionswürdig ist. Darüber kann man sprechen, und ich bin
durchaus offen und bereit, im Ausschuss einmal gewissermaßen eine ausführliche Evaluierung des Museumsgesetzes vorzunehmen und darüber zu sprechen, was in
diesen fünf, sechs Jahren gut gelaufen und was unter
Umständen noch verbesserungswürdig ist.
Ich plädiere daher auch dafür, nicht nur dem Bericht,
sondern auch dem Vorschlag zuzustimmen, im Kulturausschuss über die Form des Berichtes zu diskutieren
und das Ergebnis eventuell auch in einer möglicherweise
anstehenden Novelle zum Museumsgesetz unterzubringen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl: Wir kommen zur Abstimmung.
Ich bitte jene Mitglieder des Landtages, die den vorliegenden Bericht des Kuratoriums der Museen der Stadt
Wien über das Jahr 2005 zur Kenntnis nehmen wollen,
um ein Zeichen mit der Hand. – Ich stelle Einstimmigkeit
fest.
Wir kommen damit zu den Abstimmungen über vier
Anträge, die eingebracht wurden.
Der erste Antrag ist ein Beschlussantrag der FPÖ betreffend ein Wiener Musikschulgesetz. Es wird die Zuweisung an die Geschäftsgruppe Bildung beziehungsweise an die Geschäftsgruppe Kultur beantragt.
Wer diesem Antrag zustimmt, gebe bitte ein Zeichen
mit der Hand. – Das ist mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ
und GRÜNEN nicht die erforderliche Mehrheit.
Die Zuweisung erfolgt daher nicht.
Der zweite Antrag der ÖVP Wien betrifft die Berichtsvorlage des Kuratoriums der Wien Museen an den Wiener Landtag. Hier wird die Zuweisung an die Geschäftsgruppe Kultur verlangt.
Ich bitte jene, die diesem Begehren zustimmen, um
ein Zeichen mit der Hand. – Das ist einstimmig und somit
so beschlossen.
Der dritte Antrag ist von der ÖVP und betrifft die Erstellung eines Landesmusikschulgesetzes. In formeller
Hinsicht ist die sofortige Abstimmung beantragt.
Landtag, 18. WP
30. März 2007
Wer hier die Zustimmung gibt, gebe bitte ein Zeichen
mit der Hand. – Das sind ÖVP, FPÖ und GRÜNE. Der
Antrag erlangt nicht die Mehrheit und ist somit abgelehnt.
Der vierte Antrag ist ein Antrag aller Fraktionen dieses Hauses betreffend die Schaffung eines bundesweit
einheitlichen Gesetzes mit dem Überbegriff Gewalthandlung in Computerspielen. Es wird die sofortige Abstimmung dieses Antrages verlangt.
Ich bitte diejenigen, die dafür sind, um ein Zeichen
mit der Hand. – Das ist einstimmig beschlossen, denn
ich nehme an, dass die drei, die nicht aufgezeigt haben,
auch dafür sind. Sie nicken mit dem Kopf, und das ist
auch ausreichend.
Damit ist dieser Tagesordnungspunkt abgeschlossen.
Postnummer 1 betrifft die erste Lesung der Vorlage
eines Gesetzes, mit dem die Besoldungsordnung 1994
(29. Novelle zur Besoldungsordnung 1994) und die Vertragsbedienstetenordnung 1995 (26. Novelle zur Vertragsbedienstetenordnung 1995) geändert wird.
Berichterstatterin hiezu ist Frau Amtsf StRin Frauenberger. Ich bitte sie, die Verhandlung einzuleiten.
Berichterstatterin Amtsf StRin Sandra Frauenberger:
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und
Herren! Ich bitte um Zustimmung.
Präsident Heinz Hufnagl: Es gibt zu diesem Tagesordnungspunkt keine Wortmeldung. Wir können daher
zur Abstimmung kommen.
Ich bitte jene Mitglieder des Landtags, die der Vorlage einschließlich Titel und Eingang in der von der Frau
Berichterstatterin beantragten Form in erster Lesung ihre
Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen mit der
Hand. – Das wurde somit einstimmig in erster Lesung
angenommen.
Wenn kein Widerspruch erfolgt, werde ich auch die
zweite Lesung sofort vornehmen. – Ein Widerspruch
erfolgt nicht.
Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtages, die
dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein
Zeichen mit der Hand. – Danke. Somit ist dieses Gesetz
auch in zweiter Lesung einstimmig beschlossen worden.
Wir kommen zur Postnummer 3. Sie betrifft die erste
Lesung der Vorlage eines Gesetzes, mit dem die Wiener
land- und forstwirtschaftliche Berufsausbildungsordnung
1992 geändert wird.
Berichterstatterin hiezu ist Frau Amtsf StRin Mag Sima. – Ich bitte, die Verhandlung einzuleiten.
Berichterstatterin Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Meine
sehr geehrten Damen und Herren! Ich ersuche um Zustimmung.
Präsident Heinz Hufnagl: Ich danke für die Einleitung. Da es hier eine Wortmeldung gibt, schlage ich
gemäß § 30c Abs 10 der Geschäftsordnung vor, die
General- und Spezialdebatte zusammenzulegen.
Wird gegen die Zusammenlegung ein Einwand erhoben? – Dies ist nicht der Fall. Ich kann daher so vorgehen.
Die Debatte ist eröffnet. Zu Wort gemeldet ist Frau
Abg Straubinger.
9. Sitzung / 37
Abg Mag Sybille Straubinger (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und
Herren!
Im vorliegenden Gesetzesentwurf geht es um eine
Änderung der land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsordnung.
Ich nütze jetzt auch die Geschäftsordnung und werde
nicht dazu sprechen, sondern das zum Anlass nehmen,
einen Beschluss- und Resolutionsantrag zu einem anderen Berufsfeld einzubringen. Es besteht aber sehr wohl
eine Gemeinsamkeit.
Mit diesem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, ein einheitliches Berufsgesetz für diplomierte
SozialarbeiterInnen zu schaffen. Der österreichische
Berufsverband der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter fordert das bereits seit über zehn Jahren. Hintergrund
ist, dass es mittlerweile auch zahlreiche private Ausbildungsformen in verwandten Bereichen gibt. Dabei handelt es sich um privat organisierte Kurse, Seminare, aber
auch Ausbildungen in – um nur zwei Stichworte zu nennen – Mediation oder auch Lebens- und Sozialberatung.
Die Ausbildung zur Sozialarbeiterin oder zum Sozialarbeiter ist sicherlich die qualitativ hochwertigste, sie ist
nämlich mit einer sechs- bis zehnsemestrigen Fachhochschulausbildung deutlich unterscheidbar von den
vorher genannten Kursen und Ausbildungen. Um sicherzustellen, dass festgelegte Qualitätsstandards die Voraussetzungen für die Berufsausübung für Sozialarbeiterinnen bilden und der hohe Standard, wie wir ihn in Wien
bereits auf freiwilliger Basis haben, erhalten bleibt, erscheint mir ein bundeseinheitliches Berufsgesetz als
sehr sinnvoll.
Das haben auch schon andere Bundesländer erkannt. Es gibt mittlerweile mehrere Beschlüsse von
Landtagen, nämlich des steirischen Landtags, des burgenländischen Landtags und auch des Tiroler Landtags,
und auch die Landeshauptleute Pröll und Pühringer
haben im Sinne dieses Anliegens bereits ihre Unterstützung zugesagt.
Auf Bundesebene gab es auch bereits mehrere Anläufe. Unter anderem wurde eine Petition eingebracht
und im Petitionsausschuss behandelt. Es gab auch bereits Entschließungsanträge im Nationalrat, die leider
abgelehnt wurden, aber da nun eine neue Bundesregierung im Amt ist, die durchaus auch neue Akzente setzen
wird, sind wir zuversichtlich, dass diese Bemühungen
jetzt in absehbarer Zeit auch zum Erfolg führen werden.
Ich stelle daher stellvertretend auch für die Abgen
Vettermann, Stubenvoll, Wehsely und Smolik folgenden
Antrag: Der Wiener Landtag wolle beschließen, dass die
Landesregierung aufgefordert wird, an die Bundesregierung mit der Forderung heranzutreten, dem Nationalrat
rasch einen Entwurf für ein Bundesgesetz für diplomierte
Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter im Sinne der
Antragsbegründung vorzulegen. In formeller Hinsicht
wird die sofortige Abstimmung beantragt.
Ich bitte um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der
SPÖ.)
Landtag, 18. WP
30. März 2007
Präsident Heinz Hufnagl: Mir liegen keine weiteren
Wortmeldungen vor. Daher ist die Diskussion geschlossen. Ich weiß, dass die Frau Berichterstatterin auf das
Schlusswort verzichtet
Daher kommen wir zur Abstimmung über die Gesetzesvorlage.
Ich bitte jene Mitglieder des Wiener Landtages, die
der Vorlage einschließlich Titel und Eingang zustimmen
wollen, die Hand zu heben. – Danke. Somit ist diese
Vorlage in erster Lesung einstimmig angenommen worden.
Es gibt, wie Sie zuvor gehört haben, einen Antrag,
der von der SPÖ und den GRÜNEN eingebracht wurde.
Ich möchte über diesen Beschlussantrag, der sofortige Abstimmung beinhaltet, nunmehr abstimmen.
Ich bitte diejenigen, die für diesen Antrag sind, um
ein Zeichen mit der Hand. – Das sind SPÖ, ÖVP, GRÜNE und FPÖ. Somit ist auch dieser Beschlussantrag
einstimmig angenommen worden.
Ich frage, ob es einen Widerspruch gibt, wenn ich die
zweite Lesung vornehmen lasse. – Diesen Widerspruch
gibt es nicht.
Ich bitte daher jene Mitglieder des Landtages, die
dem Gesetz in zweiter Lesung zustimmen wollen, um ein
Zeichen mit der Hand. – Dieses Gesetz ist somit auch in
zweiter Lesung einstimmig beschlossen worden.
Meine Damen und Herren des Wiener Landtages, wir
kommen nun zu dem Verlangen, dass die von den Abgen Mag Rüdiger Maresch und Dipl-Ing Martin Margulies
eingebrachte, an die Frau amtsführende Stadträtin der
Geschäftsgruppe Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke gerichtete Dringliche Anfrage betreffend
Parkabgabegesetz nunmehr behandelt wird.
Diese wird vom Fragesteller mündlich begründet, und
hierauf wird eine Debatte über den Gegenstand stattfinden.
Ein Verlangen nach Verlesung der Dringlichen Anfrage gibt es nicht.
Für die nun folgende Begründung der Dringlichen Anfrage, zu der wir sofort kommen, sieht die Geschäftsordnung gemäß § 37 Abs 1 eine Redezeit von 20 Minuten
vor.
Ich erteile zur Begründung der Dringlichen Anfrage
nunmehr Herrn Abg Maresch das Wort, wobei ich eine
Minute vor Ablauf der 20 Minuten darauf aufmerksam
machen werde, dass die Redezeit zu Ende geht.
Herr Abg Maresch hat das Wort.
Abg Mag Rüdiger Maresch (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und
Herren!
Wir haben jetzt eine sehr lange Debatte über Gebührerhöhungen und Tariferhöhungen hinter uns. Es ist uns
nur ein wichtiger Punkt abgegangen. Deswegen bringen
wir heute auch diese Dringliche Anfrage ein, und wir sind
schon ganz gespannt, was da als Antwort kommen wird!
Die Parkraumbewirtschaftung oder das Parkraummanagement in Wien werden immer angeführt, wenn
sich die Debatte um eine City-Maut für Wien dreht, und
wenn ein City-Maut angedacht wird, kommt immer auto-
9. Sitzung / 38
matisch die Antwort: Wir haben die Lösung für Wien! Sie
heißt Parkraummanagement. Das Parkpickerl ist die
Lösung. Und für das Parkpickerl gibt es mehrere Regelungen, unter anderem auch die Straßenverkehrsordnung.
Der Masterplan Verkehr war wohl kein Jahrhundertpapier, aber doch immerhin ein richtungsweisendes
Papier der Stadt Wien. Auf Seite 147 werden im Masterplan gesetzliche Instrumente vorgeschlagen, die es auch
möglich machen, dass es in der nächsten Zeit Änderungen gibt. Da werden unter anderem Bundesgesetze
genannt, nämlich etwa die Straßenverkehrsordnung. Es
ist hier eigentlich nicht der Platz, das zu diskutieren, aber
es werden auch Änderungen der Landesgesetze im
Masterplan vorgeschlagen, und die Mehrheit hat das
auch beschlossen, teilweise auch wir. Unter anderem
betrifft das das Garagengesetz und das Parkabgabegesetz. Das ist ein wichtiger Impetus.
Ich möchte jetzt einmal vorlesen, was Sie hier gemeinsam beschlossen haben. Sie werden sich wahrscheinlich noch daran erinnern können und vielleicht
auch heute Ihrem damaligen Begehren, das hineinzuschreiben und zu verabschieden, Folge leisten. – Auf
Seite 148 dieses Masterplans Verkehr aus dem Jahr
2003 heißt es: „Zur Schaffung der Möglichkeit einer
flächigen Parkraumbewirtschaftung über die Bezirke 1
bis 9 und 20 hinaus kann auch ein neues Parkabgabegesetz vom Wiener Landtag beschlossen werden.“ – Wir
sind jetzt im Landtag, Sie können also ruhig beschließen!
Wir werden Ihnen mit einem Antrag die Gelegenheit
geben, das hier im Landtag beschließen zu können!
Weiter heißt es: „Dieses Parkabgabegesetz soll ein
gebührenorientiertes Parkraummanagement ermöglichen, ohne dass eine Straßenverkehrsordnungsnovellierung oder ein vorgelagertes Straßenverkehrsordnungsverfahren erforderlich ist. Kern des Parkabgabegesetzes
ist die Festlegung von Kriterien wie die Ausweisung von
Parkabgabegebieten, die gleichzeitig den Zweck der
Parkraumbewirtschaftung definieren. Im Parkabgabegesetz werden auch die Spielräume für die Bewirtschaftungszonen und die Parkgebühren festgelegt.“
Das ist eine ganz vernünftige Erklärung, die ich vollinhaltlich unterschreiben kann! Deswegen auch unser
späterer Antrag, der in der Debatte dann präsentiert
werden wird, grundgelegt auf der jetzigen Situation, und
das macht ja die Schwierigkeit aus: Parkscheine waren
ewig, nämlich 21 Jahre lang, gleich teuer. Wir haben nun
eine vernünftige Erhöhung bekommen. Gleichzeitig –
und das ist allerdings weniger vernünftig – damit muss
aber natürlich auch das Parkpickerl teurer werden. Es
gab zwar eine Ausdehnung um zwei Stunden. Aber es
gibt ja diese berühmte Rechnung: 110 Tage mal
0,87 Cent mal eine Stunde macht – von Schilling umgerechnet –im 1. Bezirk 95,7 EUR im Jahr aus. Das wurde
gerundet, und es wurde eine Stunde dazugegeben.
Letztendlich waren es 105 EUR plus Verwaltungsabgaben und dergleichen.
Die Schwierigkeit war dann, wie man ausdehnen soll,
wenn man immer diese eigenartige Multiplikation ma-
Landtag, 18. WP
30. März 2007
chen muss, und da habe ich ein wahres Kunststück der
Argumentation in der Parkraummanagement-Kommission erlebt. Auf der einen Seite wollten sehr viele
Bezirke, übrigens auch die ÖVP-dominierten Bezirke, die
Parkraumbewirtschaftung ausdehnen, und zwar zeitlich.
Da sind Punkte gefallen, auf die ich später noch eingehen möchte. Die Finanz einerseits hat gesagt: Wir haben
jetzt eine Lösung gefunden, und zwar eine differenzierte
Form der Behandlung. Andererseits sprach der Vorsitzende des Planungsausschusses von einer Entkoppelung. – Das ist interessant! Ist jetzt entkoppelt worden
oder gibt es nur eine differenzierte Form? Faktum ist, es
ist teurer geworden, wird 135 EUR kosten. Dazu sage
ich, in Wirklichkeit nicht wahnsinnig schlau, aber es wird
die Menschen nicht wirklich umbringen. Aber der Punkt
ist, wir haben nur zwei Stunden und alle anderen Sachen
sind schwierig geworden. Wir glauben, dass die jetzige
Lösung einige Dinge nicht kann, die ein Parkabgabegesetz, wie Sie es auch im Masterplan Verkehr formulieren,
können könnte, wenn man es so nimmt. Es wird schwierig, eine zeitliche Verlängerung, sage ich einmal, über
diese zwei Stunden hinaus unterzubringen, weil da natürlich automatisch immer der Preis steigen muss.
Jetzt sage ich einmal, das Parkpickerl war im internationalen Vergleich, und da gebe ich der SPÖ durchaus in
der Argumentation recht, wirklich ganz billig. Der
schwärzeste Tag im Leben eines Autofahrers, von dem
die ÖVP und die FPÖ immer sprechen, ist wahrscheinlich, wenn er einen Patschen hat und nicht, wenn es
einfach ein bisschen teurer geworden ist. Es ist der
schwärzeste Tag, weil die meisten Leute möglicherweise
nicht mehr wissen, was sie da tun sollen. Aber der
schwärzeste Tag war das nicht. Glauben Sie mir das!
(Abg Dr Kurt Stürzenbecher: ARBÖ anrufen!) - Der
ARBÖ hat ein Problem mit den Finanzen, der hat eher
eine Zeit lang ein Problem mit den nicht schwarzen Zahlen, aber das ist eine andere Geschichte.
Zweites Problem bei der Angelegenheit ist eine bedarfsgerechte Differenzierung des Kurzparktarifs. In
Wien ist es so, dass man im 1. Bezirk, wenn man weit
genug hineinkommt, genauso viel für einen Parkschein
bezahlt, wie wenn man am Stadtrand parkt. In einer
Kurzparkzone gibt es in anderen Städten andere Modelle. Die werden zum Teil von Christdemokraten regiert,
zum Teil von Sozialdemokraten, manchmal von Koalitionen, manchmal mit, manchmal ohne Grüne. Da gibt es
durchaus ein Modell, das Amsterdamer Modell, das
durchaus als Regelungsinstrument vorschlägt, in der
Stadt drinnen mehr zu verlangen als draußen. Wenn
diese Geschichte ein Regelungsinstrument, ein Lenkungsinstrument sein soll, dann muss man durchaus
didaktisch sagen, kann man es nicht zulassen, dass im
Stadtzentrum, wo der Platz sehr teuer ist, etwas gleich
viel kostet wie am Stadtrand. Das ist unvernünftig und
wird im Parkabgabegesetz meines Wissen nach hier
vorgeschlagen. Ich glaube, die ÖVP hat diesem Teil
auch zugestimmt, aber vielleicht haben Sie es nicht
gescheit gelesen, kann sein.
Letzter Punkt noch ist: Man könnte zum Beispiel
9. Sitzung / 39
nach diesem Parkabgabegesetz relativ leicht an neuralgischen Punkten einschreiten. Da haben wir ja einige,
rund um die großen Bahnhöfe, demnächst in Hütteldorf
eine fertiggestellte Park-and-ride-Anlage, eine gibt es in
der Leopoldau. Dort haben wir rund 1 180 Stellplätze
errichtet. Jetzt sage ich, wir haben nicht eine wahnsinnige Freude mit der Finanzkonstruktion gehabt und haben
das Gefühl gehabt, es wird nicht wirklich ausgelastet
sein, also Auslastung bei Gratisparken 240 von 1 180.
Dann wurden meines Wissens nach die 2,70 EUR eingehoben. Jetzt sind nur mehr 10 Prozent Auslastung dort
und um viel Geld wird das hingestellt. Also wo parken die
Menschen? Dort, wo es gratis ist. Es braucht ein Lenkungsinstrument. Das wäre ein Parkabgabegesetz, aber
das gibt es nicht. Aber Sie haben uns versprochen, dass
es kommt. Ich bin schon darauf gespannt.
Allerletzter Punkt bei der Begründung ist, eigentlich
darf man nur drei Stunden parken, und es ist immer eine
Krise, weil früher war es so, nur, Parkscheine hat zumindest bedeutet, es war sozusagen der Scherz, die Menschen tun etwas gegen ihren Herzinfarkt, gehen hinunter, wechseln die Scheine wieder aus, gehen hinauf und
es ist gut, wenn man sich bewegt. Stiegen steigen, nicht
Lift fahren, eine gute Sache. Das fällt jetzt weg, weil jetzt
kann man M-Parking machen und steht auch den ganzen Tag dort, kein Problem. Das einzige Problem bei der
Geschichte ist, dass es illegal ist. Es ist eigentlich ungesetzlich, weil länger als drei Stunden darf man das nicht
machen. (Abg Siegi Lindenmayr: Zwei!)
Zwei, aber Ihr sprecht manchmal auch von drei Stunden. Deswegen habe ich mir diesen kleinen Schnitzer
erlauben können, weil es soll Auskenner in der SPÖ
geben, die plötzlich von drei Stunden sprechen. Also
zwei Stunden, völlig richtig. Es gibt allerdings Parkscheine nur für eineinhalb Stunden und die sind sehr billig,
werden jetzt ein bisschen teurer. Also zwei Stunden,
völlig richtig. Nur das Problem ist, eigentlich müsste man
das Auto bewegen. Das bewegt man nicht, also illegal.
Darum wieder ein Parkabgabegesetz.
Deswegen bin ich schon sehr gespannt, was als
Antwort von der zuständigen Stadträtin kommt. - Danke
schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Johann Hatzl: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat nun die Frau amtsführende Stadträtin
der Geschäftsgruppe Finanzen, Wirtschaftspolitik und
Wiener Stadtwerke das Wort.
LhptmStin Mag Renate Brauner: Herr Präsident!
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr
Landtagsabgeordneter!
Zur Dringlichen Anfrage betreffend eine Umstellung
der Parkraumbewirtschaftung in Wien durch Schaffung
einer neuen gesetzlichen Grundlage ist, bevor ich auf
Ihre einzelnen Fragen eingehe, festzuhalten, dass die
bestehende Form der Parkraumbewirtschaftung, aufbauend auf der Kurzparkzonenregelung der Straßenverkehrsordnung, für die Stadt Wien von wesentlicher Bedeutung ist. Die Stadt Wien bewirtschaftet zirka
126 000 Autoabstellplätze im öffentlichen Gut.
Diese öffentliche Aufgabe ist zum einen von ökono-
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mischer Bedeutung. Gemäß § 7 Parkometerabgabenverordnung ist der Nettoertrag der Parkometerabgabe,
wie Sie wissen, zweckgebunden für Maßnahmen zu
verwenden, die zur Erleichterung des innerstädtischen
Verkehrs dienen. Das Gesetz definiert als solche Maßnahmen die Förderung des Garagenbaus, die Verbesserung von Einrichtungen des öffentlichen Personennahund -regionalverkehrs sowie die Verbesserung der Funktionsaufteilung zwischen Individual- und Massenverkehr.
So konnten, um einen kleinen Rückblick zu machen,
beispielsweise in den Jahren 1993 bis 2002
105 Garagen mit insgesamt 34 292 Stellplätzen und
weitere 18 Wohnsammelgaragen, die berühmten Volksgaragen, mit insgesamt 3 490 Stellplätzen gefördert
werden. Derzeit sind 15 weitere Garagenstandorte mit
weiteren 3 120 Stellplätzen in Entwicklung. Insgesamt
konnten in diesem Zeitraum Einnahmen aus der Parkometerabgabe im Ausmaß von 228 Millionen EUR für
positive Verkehrsentwicklungsmaßnahmen in Wien investiert werden.
Einnahmenseitig ist abgesehen von den Erträgen aus
der Parkometerabgabe auch das Volumen der eingenommen Strafgelder, sei aus Organmandaten oder aus
durchgeführten Strafverfahren, zu berücksichtigen. Diese
wegen Übertretung des Parkometergesetzes eingenommenen Strafgelder sind gemäß § 15 des Verwaltungsstrafgesetzes für Zwecke der Sozialhilfe zu verwenden.
Hierbei handelt es sich derzeit jährlich um eine Größenordnung von zirka 32,6 Millionen EUR.
Zum anderen, sehr geehrte Damen und Herren, kann
durch die Parkraumbewirtschaftung ein nachhaltiger
Lenkungseffekt auf die Verkehrsmittelwahl der Wiener
und Wienerinnen und ihr Verkehrsverhalten erzielt werden. Die Parkraumbewirtschaftung trägt tagsüber zur
deutlichen Entspannung der Parksituation bei und zeigt
weitere Auswirkungen durch den reduzierten Autoverkehr. Luftverschmutzung und Lärm nehmen ab, die Lebensqualität erhöht sich.
Gebührenpflichtige Kurzparkzonen in Wien gibt es
seit 32 Jahren. Die flächendeckende Parkraumbewirtschaftung wurde 1993 zuerst im 1. Bezirk eingeführt. In
den Jahren 1995 bis 2005 erfolgte dann schrittweise die
räumliche Ausweitung auf die angrenzenden Bezirke bis
zum heutigen Stand, die praktisch zeigt, dass ein Limit
der Parkdauer von zwei Stunden gut angenommen wird.
Ab September wird für die flächendeckende Kurzparkzone in den Bezirken 1 bis 9 und in der Brigittenau eine
einheitliche Bewirtschaftungszeit von 9 Uhr bis 22 Uhr
sowie eine maximale Parkdauer von einheitlich zwei
Stunden gelten.
Seit 20 Jahren, sehr geehrte Damen und Herren, wir
diskutierten darüber bereits, wurde der Parkometertarif
nicht angehoben. Im Gegenteil, mit der Einführung der
Euro-Währung, und ich glaube, da waren wir wirklich die
rühmliche Ausnahme im Vergleich mit anderen, wurde im
Jahr 2002 dieser Tarif sogar um 8 Prozent gesenkt. Im
selben Zeitraum sind der Verbraucherpreisindex vergleichsweise um 54 Prozent, der durchschnittliche Garagenstundentarif um das 2,3-Fache oder der Index für
9. Sitzung / 40
Dieselkraftstoff um 53 Prozent gestiegen. Die Parkgebühr ist dadurch in diesem Zeitraum real fast um die
Hälfte billiger und logischerweise damit ihrer Wirkung
entsprechend kleiner geworden.
Der Vergleich zu internationalen Städten wurde
ebenfalls schon angesprochen. Hier ist die Parkgebühr in
Wien ausgesprochen niedrig. München, Berlin: 3 EUR,
das Zentrum von Amsterdam: 4,40 EUR (Abg Mag Wolfgang Jung: Die haben auch viele Grachten!), um hier nur
zwei Zahlen zu erwähnen. Mit der aktuellen Anhebung
der Parkometergebühr wird sich Wien in einer Bandbreite mit der Tarifhöhe von Budapest mit 1,05 EUR und der
Tarifhöhe von Prag mit 1,46 EUR pro Stunde bewegen,
wobei wir alle wissen, dass die Kaufkraft, und wir sind
stolz darauf in Wien, ungleich höher als jene in unseren
genannten Nachbarstädten ist.
Selbstverständlich, sehr verehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Landtagsabgeordnete, ist die Stadt Wien
immer daran interessiert, nach dem alten, aber so wahren Grundsatz „Das Bessere ist der Feind des Guten."
das bestehende Parkraumbewirtschaftungssystem immer wieder kritisch zu hinterfragen, weitere Verbesserungen, vor allem natürlich für unsere Kunden und KundInnen, für die Autofahrer und Autofahrerinnen einzuführen. Ich erinnere an das M-Parking-System, das 2003
implementiert wurde, wodurch die Autofahrer und Autofahrerinnen mit einer einfachen SMS einen elektronischen Parkschein buchen können. Mehr als
140 000 UserInnen nutzen dieses Handyparksystem.
Damit ist das doch ein beträchtliches Ausmaß von
13 Prozent des Gesamtumsatzes, das mit diesem
M-Parking-System bezahlt wird.
Den Kontrollorganen stehen seit der Einführung des
M-Parking-Systems elektronische Handgeräte zur Verfügung, die es ermöglichen, alle an einem Tag erfolgten
Abstellvorgänge eines bestimmten Fahrzeugs lückenlos
abzufragen. Es ist also keine Rede davon, dass hier
nicht kontrolliert werden kann oder gar die Augen vor
unkorrekten Verhaltensweisen zugedrückt werden. Während in der Vergangenheit im Papierscheinsystem die
Nichteinhaltung der höchstzulässigen Abstelldauer
schwer nachgewiesen werden konnte, weil der Autofahrer, die Autofahrerin in der Regel neue Parkscheine
ausfüllt und die alten einfach entfernt, ist mit dem
M-Parking-System sozusagen die Geschichte der Abstellvorgänge feststellbar und es ist den so genannten,
wie wir sie ein bisschen liebevoll hier nennen, Weißkapplern im Wege WAP-fähiger Mobiltelefone so möglich,
geeignete Schritte gegen die Nichteinhaltung der höchstzulässigen Abstelldauer zu setzen.
Bei den Überlegungen, und darum geht uns allen, zur
Optimierung bestehender Systeme ist selbstverständlich
zu berücksichtigen, dass verfassungsrechtliche Grenzen
bestehen, die vom Land und der Gemeinde Wien nicht
beeinflusst werden können. Die Stadt Wien ist somit
grundsätzlich für alle Anregungen zur Optimierung oder
Verbesserung des bestehenden Bewirtschaftungssystems offen, muss allerdings auch dafür Sorge tragen,
dass das funktionierende System der Wiener Parkraum-
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bewirtschaftung, und ich habe gerade versucht, die Bedeutung, gerade aus der Sicht meines Ressorts, deutlich
zu machen, samt seinen für den öffentlichen Nahverkehr
und die Förderung von Abstellplätzen wesentlichen Einnahmen nicht durch verfassungsbedenkliche, unüberlegte Neuregelungen gefährdet wird.
Für die 126 000 bewirtschafteten Wiener Kurzparkplätze im öffentlichen Gut werden pro Monat durchschnittlich 3,5 Millionen Parkscheine in einem Zeitausmaß von monatlich 3 Millionen Parkstunden verkauft.
170 000 bis 190 000 Autofahrer und Autofahrerinnen
frequentieren täglich die Wiener Kurzparkzonen.
70 000 bis 90 000 davon bezahlen ihre Abstellvorgänge
täglich mit Parkscheinen.
Vor diesem Hintergrund des Gesamtzusammenhangs, sowohl aus Sicht des Wirtschaftsressorts, aber
natürlich auch, soweit ich das einfließen lassen kann,
aus Sicht der verkehrspolitischen Maßnahmen und der
umweltpolitischen Maßnahmen, gehe ich jetzt gerne auf
Ihre einzelnen Fragen in concreto ein.
Zur Frage 1: Die Empfehlung im Masterplan Verkehr
hinsichtlich eines Parkabgabegesetzes definiert eindeutig, dass damit ein gebührenorientiertes Parkraummanagement ermöglicht werden soll. Im Verständnis der
Verfasser des Masterplans Verkehr sollten damit in jenen
Bereichen der Stadt, die im Nahebereich publikumsintensiver Einrichtungen und gleichzeitig in Wohngebieten
mit hoher Bevölkerungsdichte situiert sind, Bewirtschaftungsinstrumente geschaffen werden, die mit den Hilfsmitteln der StVO nicht bewirkt werden können.
Eine Aufgabe der Parkraumbewirtschaftung gemäß
StVO ist unter Bedachtnahme auf die Interessen des
Wirtschaftsverkehrs unvorstellbar.
Ein Parkabgabegesetz kann aus dem finanzrechtlichen Begriffsverständnis heraus die straßenverkehrlichen Interessen der einzelnen Straßenbenutzer, also
Anrainer und Wirtschaftsverkehr, nicht unterschiedlich
behandeln, weil ohne Konnex zur StVO dem abgabenrechtlichen Gleichbehandlungsgebot primäre Bedeutung
zukommt. Diesbezügliche Gutachten, sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen, der MD-VD wurden zum Versuch
eines derartigen Gesetzes eingeholt und bestätigen die
angesprochene Verfassungsinhomogenität.
Zum Punkt 2: Gegen den Entwurf sprachen darüber
hinaus insbesondere Bedenken wegen einerseits einer
exzessiven Besteuerung, der Begriff der Erdrosselungsabgabe wurde in diesem Zusammenhang verwendet,
weil Parkometerabgabe und Parkabgabe kumulativ einzuheben wären, zum anderen haben wir es hier mit
Verletzungen des in Abgabensachen besonders streng
gehandelten Gleichheitsgebots zu tun, also die unterschiedliche Behandlung der Anrainer in Kurzparkzonen
beziehungsweise in Parkabgabezonen, insbesondere in
zeitlich und/oder, je nachdem, räumlich überlappenden
Bereichen.
Zum Schluss darf das Überwiegen eines Lenkungseffekts nicht vergessen werden. Hiezu hat der Verfassungsgerichtshof eindeutig festgestellt, dass in einem
Abgabengesetz primär der Zweck der legitimen Einnah-
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menerzielung zu stehen hat, Nebeneffekte aber nur im
untergeordneten Ausmaß zulässig sind. In concreto
bedeutet dies, dass beim Überwiegen des Lenkungseffekts eine ausschließliche Zuständigkeit des Bundes für
die Erlassung eines diesbezüglichen Gesetzes vorliegt.
Art 11 B-VG, Straßenpolizei, von der dieser in der StVO
Gebrauch gemacht hat.
Die Punkte 3, 4 und 5 ergeben sich natürlich schlüssig aus dieser rechtlichen Einschätzung. Ich beantworte
sie deswegen gemeinsam, dass aus den obgenannten
Gründen der Beschluss eines Wiener Parkabgabegesetzes verfassungsrechtlich derart bedenklich ist, dass
davon Abstand genommen wurde und wird.
Ich ersuche, sehr geehrte Damen und Herren, und
deswegen auch der von mir formulierte Hintergrund, um
das notwendige Verständnis dafür, dass es die vordringliche Aufgabe der Stadt Wien ist, auch in Zukunft im
Interesse der Wiener und Wienerinnen die verkehrspolitische Lenkungswirkung und die Finanzierung wichtiger
Maßnahmen zur Verbesserung des innerstädtischen
Verkehrs aufrechtzuerhalten und nicht zu gefährden! Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Johann Hatzl: Wir kommen nun zur Debatte. Ich darf daran erinnern, dass die Dauer der Diskussion maximal 180 Minuten beträgt.
Als Erster zur Debatte über die Beantwortung der
Dringlichen Anfrage hat sich Herr Abg Maresch zum
Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Hier bemerke ich,
dass die Redezeit mit 20 Minuten begrenzt ist und dass
eine Minute vor Ablauf wieder darauf aufmerksam gemacht wird. Sie haben das Wort.
Abg Mag Rüdiger Maresch (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und
Herren!
Den Antrag habe ich schon überreicht.
Ein bisschen überrascht haben mich schon manche
der Anwesenden, die durchaus im Gespräch, wo es um
verkehrliche Angelegenheiten geht, die Meinung haben,
dass ein Parkabgabegesetz notwendig wäre. Da denke
ich mir, denen müssen echt die Hände wehgetan haben.
Recht interessant finde ich, dass bei der Erstellung
des Masterplans diese wichtigen Erkenntnisse, die uns
die Frau Stadträtin mitgeteilt hat, eigentlich unbekannt
waren. Das hat mich ein bisschen überrascht. Ich habe
herausgehört, es gibt natürlich auch immer diese klassischen Debattenbeiträge, die jetzt auch gekommen sind,
in der Richtung, es ist nicht verfassungskonform, es wäre
eine exzessive Besteuerung, das Gleichheitsgebot und
dergleichen Dinge und Lenkungseffekte dürfen nicht so
sein.
Das würde ich mir schon irgendwie überlegen. Eigentlich habe ich den Teil des Masterplans, damit man
sozusagen tatsächlich verkehrliche Lenkungsmaßnahmen in einer Stadt einrichtet, geteilt. Die sind keinesfalls
nicht notwendig, sondern, umgekehrt, sogar sehr notwendig. Da denke ich mir, da habe ich es eigentlich mit
den Autoren des Masterplans durchaus geteilt, was da
drinnen steht. Und nicht nur ich, sondern offensichtlich
auch Sie, verehrte Sozialdemokratinnen und Sozialde-
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mokraten, weil Sie haben, glaube ich, meines Wissens
nach alle zugestimmt und immerhin haben Sie auch dem
Passus zugestimmt. Man kann natürlich immer sagen,
man kann auch gescheiter werden. Die Frage ist, ob ihr
gescheiter geworden seid.
Dir wollte ich nur sagen, Kollege Stürzenbecher, du
hast völlig recht, es sind in Wien zwei Stunden, aber die
StVO, möchte ich noch einmal erklären, sagt, auch drei
Stunden wären möglich. Nicht einmal das habt ihr ausgebessert, sage ich jetzt einmal, sondern es ist weiterhin
so geblieben. Aber gut, soll mir recht sein.
Ich kann mich erinnern, es wurde sogar angedacht,
rund um die Stadthalle, weil das war ja ein Probeversuch. Obwohl man da ursprünglich einen Beschluss im
15. Bezirk hatte, das auf den ganzen Bezirk auszudehnen, gibt es jetzt ein paar Gassen mehr im 14., ein paar
Gassen mehr im 15. und ein paar Gassen mehr im 16.,
meines Wissens von der Koppstraße bis zur Linzer Straße ist das Gebiet, im Westen begrenzt durch Oeverseestraße, Possingergasse beziehungsweise Johnstraße.
Immerhin könnte man sagen, besser als nichts. Nur
der Herr Stadtrat hat uns erklärt, in diesem Jahrzehnt
gibt es keine Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung
mehr. Das finde ich interessant, weil in der Leopoldau ist
dies zum Beispiel diskutiert worden, rund um die Endstelle der U1, rund um die Park-and-ride-Anlage, weil
sich die Bürgerinnen und Bürger beschwert haben, dass
dort jetzt PendlerInnen parken, dass das ein Problem ist,
dass man da eventuell auch eine Art Parkraumbewirtschaftung machen soll versus einem System von Wohnstraßen. In der Debatte haben sich die Bürger meines
Wissens nach für eine Parkraumbewirtschaftung entschlossen. Wie Sie das jetzt hinüberbringen, weiß ich
nicht, aber es gibt wenigstens eine Studie - das begrüße
ich immerhin - für die Ausweitung und für Grenzen in den
Außenbezirken. Das soll es immerhin geben. Dazu sage
ich, besser als gar nichts.
Auf der anderen Seite denke ich mir, eines muss
man schon sagen, wenig mutig, die SPÖ, bei einer absoluten Mehrheit von 55 von 100 Mandaten kommen nur
ein paar Gassen mehr heraus. Wir haben hier gehört,
dass die SPÖ mit unserer Unterstützung im 19. Bezirk
eine Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung will, ich
glaube in Unterdöbling und in Heiligenstadt, wenn ich
mich nicht täusche. Wie das jetzt gehen soll, weiß ich
nicht, weil zuerst hat es geheißen, das kommt, wenn
Evaluation durchgeführt worden ist, rund um die Stadthalle. Die gibt es jetzt, ganz eindeutig. Sie wurde präsentiert und hat Ergebnisse und eine hohe Zufriedenheit bei
den dort Wohnenden gebracht. Und was jetzt? Jetzt
machen wir wieder eine Studie, nur weil sich niemand
traut, das zu machen.
Kollege Stürzenbecher, im 17. Bezirk hat einer von
Ihren Bezirksvorstehern, der Herr Mentschik, obwohl
Bürger dort gesagt haben, sie wollen eine Parkraumbewirtschaftung, nach einer geschlagenen Landtagswahl
stolz verkündet, froh zu sein, keine Parkraumbewirtschaftung zu haben. Jetzt tönt die Frau Kollegin Pfeffer
ganz anders. Im Verein mit den anderen Bezirken ge-
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meinsam hat sie es für sehr richtig gefunden. Nur im
19. Bezirk gibt es einen Antrag, der 18. diskutiert, im 17.
sagt man, gemeinsam mit den anderen, im 16. kommt es
jetzt teilweise, im 15. hat es einen Mehrheitsbeschluss
geben. Wie lange warten wir noch? Bis die nächste Wahl
geschlagen ist, 2009 oder 2010, wann auch immer?
Dann haben wir vielleicht wieder eine absolute Mehrheit
von der SPÖ, ich sage jetzt einmal, hoffentlich keine, und
dann werden wir es neu angehen. Das ist aber ein langer
Prozess.
Warum mich das im Besonderen ärgert, ist, dass jedes Mal, wenn wir das Thema City-Maut ins Spiel gebracht haben, ich mir hier anhören oder schriftlich lesen
muss, von wem auch immer, die Stadt Wien hat das
beste aller Systeme, das Parkraummanagement, das
wunderbar ist, mit dem wir gut auskommen und den
Verkehr im Griff haben. Da denke ich mir: Wenn das eh
so gut ist, warum wird es dann nicht ausgeweitet? Warum diese Zögerlichkeit?
In der Parkraummanagement-Kommission hört man
ganz andere Töne aus den SPÖ-Reihen. Da tritt zum
Beispiel der geschätzte Herr BV Wimmer auf, mit dem
ich durchaus schon manchen Strauß ausgefochten habe.
Manche werden das durchaus wissen, rund um eine
nicht zu errichtende Parkgarage, sage ich. Die Bürger
haben entschieden und haben dem Herrn BV Wimmer
sozusagen einfach nicht einen Sieg beschert, machen
wir es einmal freundlich. Aber immerhin sagt er in der
Parkraummanagement-Kommission, Ausweitung bis
24 Uhr, am Samstag, am Sonntag eventuell. Da denke
ich mir, das sagen andere Bezirksvorsteher innerhalb
des Gürtels genauso. Wir haben dort gehört, dass eigentlich alle unisono im Wesentlichen eine klassische
Position haben. Die ÖVP hat ein bisschen eine eigenartige Position, einerseits Ja, ein bisschen Nein. Nachher,
als dann der Herr Kollege Gerstl aufgetreten ist, waren
sie alle wieder auf Linie. Wahrscheinlich haben sie sich
dann nicht mehr so richtig getraut, aber im Wesentlichen
war es so, dass es einen Zuspruch für eine zeitliche
Ausdehnung und auch einen Zuspruch auf eine räumliche Ausdehnung der Parkraumbewirtschaftung gegeben
hat.
Das heißt, eigentlich wäre es vernünftig, dieses
Parkabgabegesetz zu kriegen. Ich finde es einfach berauschend, wenn ich mir in der ParkraummanagementKommission anschaue, wenn die Planungsgruppe irgendwie ihre Sträuße mit der Finanz ausficht. Das war
letztes Mal wieder so. Frage ich doch gleich am Anfang,
ob es jetzt eine Differenzierung oder eine Entkoppelung
ist, sagt der eine Herr: „Differenzierung" und der andere
sagt: „Entkoppelung". Das sind zwei verschiedene Paar
Schuhe. Es kommt nämlich darauf an, was dann finanziell unter dem Strich herauskommt. Jetzt haben wir gehört, die Finanz hat sich durchgesetzt. Bis um zwei
Stunden wäre es sich gerade noch ausgegangen. Der
Kollege Puchinger hat es mir anders gesagt. Er hat gesagt, er hat sich durchgesetzt. Also wer hat sich jetzt
durchgesetzt, die Finanz oder der Herr Puchinger? Weiß
man nicht, werden wir sehen. Das können wir uns alles
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noch anschauen.
Wir haben also mehrere Probleme. Ich will jetzt gar
nicht so sehr darauf eingehen. Die Frau Stadträtin hat eh
erzählt, was damit alles passieren soll. Der Kollege Schicker hat uns medial ein „Schicker-Programm" mitgeteilt
und da sind auch die Radbügel, die Fahrrad- und Abstellanlagen aller Art und überhaupt all diese Dinge, die es
für Fahrradfahrer gibt, dabei. Das freut uns, war bis jetzt
nämlich nicht so. Bis jetzt war es so, dass zwei Drittel
des ganzen Geldes in die Errichtung von so genannten
Volksgaragen gegangen sind und ein Drittel sozusagen
in den Öffi-Ausbau. Das ist nicht so.
Aber man sieht echt ein Problem. Die Bürger haben
dieses M-Parking angenommen. Immer mehr Menschen
drücken mit dem Handy drauf, nur immer, wie gesagt,
und das habe ich zuerst schon gesagt, es ist in Wirklichkeit illegal. Sie leisten dort einem Gesetzesbruch Vorschub! Ich meine, es war sozusagen schon die Herzinfarktbekämpfung schlimm genug, Hinunterrennen,
Scheinauswechseln, aber selbst das war illegal. Man
musste das Auto ja bewegen, also aus der Parklücke
hinaus und wieder hinein. Das war es sozusagen, wenn
man es nicht illegal betreiben wollte.
Jetzt ist es so, es gibt eine wenig innovative Auskunft
der Frau Stadträtin, würde ich einmal sagen, es bleibt
alles beim Alten, bis auf eine Studie, freut mich, wie
gesagt, und die zwei Stunden freuen mich auch. Aber
darüber hinaus ist jetzt einmal Sendepause, mindestens
die nächsten vier Jahre. Kollege Lindenmayr, wir werden
es vielleicht noch erleben, dass es bis Mitternacht und
am Samstag geht.
Aber das Wichtige dabei ist, die Lebensgewohnheiten haben sich verändert. Das sollte uns allen nicht verborgen geblieben sein. Ich fahre sehr gern mit dem 43er
und bei den Wiener Linien ist die Botschaft noch nicht
angekommen, dass es ganz viel Leute gibt, die im Rathaus arbeiten, die um 9 Uhr beginnen, weil da muss ich
immer wieder erleben, dass am Gürtel durchgesagt wird:
„Diese Straßenbahn wird eingezogen. Bitte aussteigen."
Dann bewegt sich alles heraus und es steht ein ganzer
Straßenbahnzug von Leuten und wartet auf den nächsten, in dem auch Leute sind. Da gibt es immer böse
Meldungen. Ich denke mir, die Wiener Linien werden es
vielleicht noch lernen.
Der Unterschied ist, am Samstag oder wenn Leute
von der Arbeit spät nach Hause kommen, schaut alles
ganz anders aus. Weil was bekommen die Bürger fürs
Parkpickerl? Besetzte Parkplätze innerhalb des Gürtels,
einfach nur zu einer Zeit um 10 Uhr. Bis jetzt war es
einfach nicht so, auch mitternachts ist es nicht so, weil
da wird alles offen sein. Am Samstag, wenn die Menschen zum Einkaufen fahren - leider Gottes immer noch
mit dem Auto -, gibt es im 7. Bezirk, im 6. Bezirk, im
8. Bezirk, im 5. Bezirk ein Problem und in den Außenbezirken gibt es ein noch viel größeres Problem.
Ich meine, Kollege Stürzenbecher, wir können gerne
einmal durch die Veronikagasse lustwandeln und uns
anschauen, welche Autos dort stehen. 50 Prozent ausländische Kennzeichen, dann sehe ich die ganzen Wo-
9. Sitzung / 43
chenpendler aus der Steiermark, die Bauarbeiter in
Wien, zu einem hohen Prozentsatz Feldbacher Nummern, Oberösterreicher, Niederösterreicher, die berühmten WU-TUs stehen herum. Ich habe Sie, wie gesagt,
Herr Kollege Stürzenbecher, haufenweise gezählt,
50 Prozent abnehmend. Bis hinauf zur Wattgasse findet
man die haufenweise. Also was kann man dagegen tun?
Gute Angebote im öffentlichen Verkehr, keine Frage,
aber eigentlich denke ich mir, wäre es einmal an der Zeit,
Parkraumbewirtschaftung in Hernals einzuführen. Wahrscheinlich sind wir sogar beide der gleichen Meinung,
nur ich verlange es und Sie trauen sich nicht. Das ist der
Unterschied zwischen der SPÖ und uns. Wir glauben in
Wirklichkeit, dass die Zeit längst überfällig ist, dass man
Parkraummanagement zumindest einmal bis zur Wattgasse einrichtet. Ich bin gespannt, was bei der Studie
herauskommt. Das ist die eine Seite.
Die andere Seite ist, Sie werden um ein Parkabgabegesetz nicht herumkommen, weil findige Menschen
Lücken in der jetzigen Situation entdecken und dagegen
prozessieren werden. Dann werden Sie ein Problem
kriegen. Sie haben in Wirklichkeit die so genannte, jetzt
sage ich einmal, Milchmädchenrechnung, 110 Tage mal
den Centbetrag, der notwendig ist. 120 mal damals 1,
dann plus 10 Prozent, das war die alte Rechnung. Da
kann jemand prozessieren und möglicherweise gewinnen. Dann haben Sie ein gröberes Problem. Dann, denke ich mir, wird die Erklärung, die die Frau Stadträtin uns
jetzt geliefert hat, leider Gottes nicht ausreichen.
Deswegen am Schluss noch einmal ein Appell an
Sie: Nehmen Sie endlich Ihr Parkabgabegesetz, dass
Sie hier beworben haben, ernst. Weil wozu haben Sie
den Masterplan geschrieben, wenn Sie ihn dann überhaupt nicht brauchen? - Danke schön. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Präsident Johann Hatzl: Zum Wort gelangt Herr Abg
Mahdalik. 20 Minuten, eine Minute vorher wird aufmerksam gemacht.
Abg Anton Mahdalik (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und
Herren!
Heute ist alles furchtbar elastisch und flexibel. Die
Geschäftsordnung, aber auch die Vorsitzenden haben
sich bis jetzt äußerst elastisch gezeigt.
Angefangen hat der Kollege Hufnagl, der von oben,
weil ihm gerade danach war, auch wenn er zwar nicht
das Recht dazu gehabt hat, von der Vorsitzführung eine
tatsächliche Berichtigung getätigt, die erstens inhaltlich
falsch und zum Zweiten nicht erlaubt war.
Der Kollege Hatzl wiederum hat einen freiheitlichen
Abgeordneten wahrscheinlich zu Recht rüffeln lassen,
weil er mit dem Handy in der Bankreihe telefoniert hat. Er
war aber insofern flexibel, bei den SPÖ-Abgeordneten
hat ihn das in der Folge nicht gestört, aber wir haben
natürlich niemanden verpetzt, weil wir da nicht so kleinlich sind.
Aber wenn wir schon bei der Vorsitzführung sind,
wundern wir uns seit einiger Zeit, warum im Landtag
keine Uhr rennt. Sparen wir Strom? Aber es steht „Pau-
Landtag, 18. WP
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se" da, also eingeschaltet ist das Ganze. Warum laufen
die 20 Minuten nicht herunter? Ich würde mir leichter tun.
Ich möchte jetzt fünf Minuten sprechen und bei
15 Minuten würde ich dann abbrechen. Unser Ersuchen
an den Herrn Landtagspräsidenten Hatzl, höflich formuliert: Bitte die Uhr einschalten. (Abg Mag Rüdiger Maresch: Haben Sie sonst nichts zu sagen?)
Wir sind halt sehr flexibel beim Thema. Ich habe gestern zur Parkraumbewirtschaftung aus meiner Sicht alles
Wesentliche und aus Ihrer Sicht vielleicht auch Unwesentliche schon kundgetan. Ich möchte heute in kurzer
Zeit ein bisschen einen größeren Bogen spannen, von
den rechtlichen Aspekten homosexueller Partnerschaften
über den Schweinsbraten bis zum EU-Beitritt der Türkei,
natürlich alles mit dem Thema zusammenhängend.
Ich möchte beim grünen Beschlussantrag beginnen,
der heute nach der Debatte zur Abstimmung kommt. Der
ist nämlich, wie so vieles bei der grünen Politik in den
letzten Jahren, unehrlich. Auf den Antrag möchte ich
später noch in kurzer Form genauer eingehen.
Wenn wir bei unehrlich sind, könnt ihr euch mit der
ÖVP die Hand geben punkto unehrlicher Politik! (Abg
Mag Rüdiger Maresch: Wem soll ich die Hand geben?)
Ihr befindet euch da in bester Gesellschaft. Ihr könnt
natürlich, wenn wir die Parkpickerlpolitik betrachten,
auch der SPÖ die Hand geben. (Abg Mag Rüdiger Maresch: Haben Sie Ihren Zettel verloren?) Aber zwischen
Grün und Schwarz finden wir bei der politischen Linie der
Aussagen in den letzten Monaten überraschende Übereinstimmungen. (Abg Mag Rüdiger Maresch: Gehen Sie
in den Keller, bevor Sie hier so herumfuchteln!)
Was uns besonders überrascht hat, die Familienministerin Kdolsky hat die Causa prima der Nation angefasst, ein heißes Thema, nämlich die rechtlichen Aspekte
der homosexuellen Partnerschaften. Es dürften alle im
gleichen Wählerteich fischen. Oder sie macht es halt so,
weil jetzt die Präservativaktion bei den Medien nicht nur
einen großen Anklang gefunden hat, hat sie sich à la
Karl Heinz Grasser gedacht (Abg Günter Kenesei: Zum
Thema!), irgendwie muss sie in die Zeitung kommen,
zuerst war es mit Präservativen, jetzt probiert sie es mit
gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, Hauptsache, der
Name ist richtig geschrieben und ein Bild ist daneben.
(Abg Mag Wolfgang Gerstl: Du interpretierst Verkehrspolitik falsch!)
Präsidentin Erika Stubenvoll (unterbrechend): Herr
Abgeordneter, das Thema der Dringlichen Anfrage ist ein
bisschen anders.
Abg Anton Mahdalik (fortsetzend): Ich bin gerade bei
der unehrlichen Politik, bei der unehrlichen Verkehrspolitik der GRÜNEN und ziehe Parallelen, da wir heute alle
furchtbar flexibel sind und die Vorredner bei anderen
Tagesordnungspunkten zu komplett anderen Themen
gesprochen haben. (Abg Mag Rüdiger Maresch: Das gibt
es doch nicht! Haben Sie einen falschen Zettel?) Aber
ich bleibe beim Thema. (Abg Mag Rüdiger Maresch: Bei
welchem Thema?) Ich werde nur einen größeren Bogen
spannen.
Grün und Schwarz sind also in vielerlei Hinsicht auf
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einer Linie. (Abg Mag Rüdiger Maresch: Kollege Mahdalik, Sie haben den falschen Zettel!) Schweinsbratentechnisch noch nicht so, da sind die GRÜNEN eher auf der
Tofulinie. (Beifall bei der FPÖ. - Abg Mag Rüdiger Maresch: Bringt ihm bitte die richtige Rede, den richtigen
Zettel! Der liegt wahrscheinlich noch in seiner Lade!)
Jetzt möchte ich schon näher zum Antrag kommen.
Warum ist die grüne Politik, die Parkpickerlpolitik und die
Verkehrspolitik, unehrlich? Wir brauchen uns nur zwei
Sätze vom Antrag durchzulesen. (Abg Mag Rüdiger
Maresch: Schauen Sie in Ihre Lade!)
Ein Satz klingt gar nicht so schlecht: „... eine Verlängerung der Geltungsdauer des Parkpickerls oder eine
Erhöhung des in Wien gültigen Kurzparktarifs nicht automatisch eine Verteuerung des Parkpickerls bedingt." Das klingt ja recht gut. Als würden die GRÜNEN die
Autofahrer nicht weiter belasten oder sie sogar schonen
wollen.
Wenn man ein bisschen weiterliest und den nächsten
Satz überspringt, findet man dann auf der zweiten Seite
untenstehend: „… dass flexiblere Spielräume für die
Bewirtschaftungszonen durch die Parkgebühren ermöglicht werden." (Abg Mag Rüdiger Maresch: Unseren
Zettel haben Sie mit, aber Ihren nicht!) - Das heißt auf
gut Deutsch, in ganz Wien möglichst rasch möglichst viel
abzukassieren.
Sie leisten hiermit der Politik, die bei der SPÖ noch in
der Hinterhand ist, vorsätzlich Vorschub. Die FPÖ lehnt
das ganz massiv ab! Wir bleiben bei unserer Linie. (Abg
Mag Rüdiger Maresch: Brauchen Sie vielleicht meinen
Stichwortzettel? Ich habe einen!) Ein Parkpickerl für ganz
Wien, bis auf eine Bearbeitungsgebühr kostenlos!
Schluss mit dem Abkassieren! Schluss mit der Belastung
der Autofahrer! (Beifall bei der FPÖ. - Abg Mag Rüdiger
Maresch: Voller Fehler!)
Und das gerade von den GRÜNEN, die jedes Mal
über die Feinstaubbelastung, über die Transitlawine
jammern. Wer hat uns die Feinstaubbelastung miteingebrockt? (Abg Mag Rüdiger Maresch: Sie, die FPÖ!) Die
GRÜNEN. Die GRÜNEN sind bei jeder Aktion dabei, wo
ein Parkplatz vernichtet wird. Die sind bei jeder Riesenbaumscheibe dabei, bei jedem Riesenohrwaschel, sie
sind aber auch gegen jede Garage (Abg Mag Rüdiger
Maresch: Das ist ja nicht wahr!), unterwandern jede
Bürgerinitiative - Wanderzirkus Bacherpark - und so
weiter. (Abg Mag Rüdiger Maresch: Das sollten Sie
nachlesen!)
In der Lobau habt ihr es nicht ganz so geschickt gemacht. (Abg Mag Rüdiger Maresch: Ihr habt die Himmelsrichtungen verwechselt!) Da hättet Ihr Euch damals
ein paar bezahlte professionelle Demonstranten engagieren sollen, die es jetzt schon im Internet gibt. Weil wie
war es denn damals in der Lobau, wenn wir bei der Verkehrspolitik bleiben wollen? (Abg Mag Rüdiger Maresch:
Ich gebe Ihnen meinen Stichwortzettel!) Wie war es in
der Lobau? Ihr habt mit der Besetzung der Lobau angefangen, die Fußtruppen von Global 2000. (Abg Mag
Rüdiger Maresch: Wir haben keine Fußtruppen!) Am
ersten Tag waren 30 Leute dort, dann ist die gesamte
Landtag, 18. WP
30. März 2007
grüne Prominenz aufmarschiert, von der ersten Garnitur
bis hin zur vierten Garnitur, also van der Bellen, Glawischnig, Petrovic, Vassilakou, sogar bis zum Maresch.
Man hat also alles aufgeboten, was Rang und halbwegs
Namen hat. (Abg Mag Rüdiger Maresch: Das ist die
falsche Veranstaltung!) Was war der Erfolg von dem
Ganzen? Nach drei Wochen sind noch immer 30 Leute
dort gesessen. Da sieht man die Zugkraft der grünen
Prominenz. (Abg Mag Rüdiger Maresch: Falscher Zettel!
Das war vor zwei, drei Monaten!) Kauft euch nächstes
Mal die professionellen Demonstranten! Kauft Euch 50
ein! Aber mehr werden es dann auch nicht werden! (Abg
Mag Rüdiger Maresch: Das ist die falsche Rede!)
Politik ist unehrlich. (Abg Mag Waltraut Antonov: Die
FPÖ-Politik!) Genau diese Politik, die die GRÜNEN seit
Jahr und Tag leider, muss ich sagen, mit Hilfe der absolut regierenden SPÖ betreibt, vernichtet Parkplätze. (Abg
Mag Rüdiger Maresch: Sie reden nur herum!) Und was
passiert dann? Es wird am Abend länger um die Häuserblocks herumgekurvt. Es werden mehr Abgase hinausgeblasen. Es entsteht mehr Feinstaub. (Abg Mag Rüdiger Maresch: Genau!) Genau aus dem Grund, ich weiß
nicht, warum Ihr dem Vorschub leistet, seid ihr auch
gegen Garagen. Dort könnten die Leute hinunterfahren,
zack, das Auto wäre abgestellt. Es würden weniger Abgase und weniger Feinstaub entstehen. Gerade aus
ideologischen Gründen sind Sie dagegen. Aus logischen
Gründen kann es nicht der Fall sein!
Wenn wir jetzt ein bisschen über die Stadtgrenzen,
vielleicht sogar über die Landesgrenzen hinausschauen,
aber bei der Verkehrspolitik bleiben, gibt es Untersuchungen, die aktuell erschienen sind: Transitlawine plus
37, plus 40 Prozent. Da waren die GRÜNEN die Ersten,
die gejammert haben, wie furchtbar das ist und dass wir
etwas machen müssen. (Abg Mag Rüdiger Maresch:
Genau!) Dabei haben die GRÜNEN seit über einem
Jahrzehnt, seit fast 15 Jahren, aktiv mitgeholfen, dass
diese Transitlawine überhaupt auf Österreich zugekommen ist. (Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN.)
Ihr wart gemeinsam mit den SPÖ- und ÖVPMandataren die EU-Jubelkaiser: „Beitritt! Sofort!
Schnell!" (Abg Mag Rüdiger Maresch: Ich habe gar nicht
gewusst, dass die Verantwortung bei den GRÜNEN
liegt!) Wisst ihr, wann ihr zum ersten Mal etwas dagegen
gesagt habt? Voggenhuber im Jahr 1995, ein Jahr nach
dem Beitritt: „Der Transitvertrag ist aber nicht gut." - Ein
Jahr später. Zuerst habt ihr gejubelt: „Wir müssen hinein!
Wir müssen schnell hinein! Zu jeder Bedingung!" (Abg
Mag Rüdiger Maresch: Forstinger!) Ihr seid mitverantwortlich für die Transitlawine, die heute im Osten Österreichs über die Köpfe der Bürger hinwegrollt! (Beifall bei
der FPÖ. - Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN. - Abg
Mag Rüdiger Maresch: Die Frau Forstinger war Bundesministerin!)
Wer hat der schnellen EU-Osterweiterung das Wort
geredet? Die GRÜNEN! „Bitte beitreten! Rumänien,
Bulgarien, herein damit! Die EU-Osterweiterung Türkei
brauchen wir auch noch möglichst schnell!" (Heiterkeit
und Beifall bei den GRÜNEN. - StRin Dr Monika Vana:
9. Sitzung / 45
Wir haben gar nicht gewusst, wie einflussreich wir sind!)
Und dann wundert ihr euch, wenn die Lastwagen, die
Ostblockbomber, bei uns die Straßen und die Luft verpesten! Dann wundert ihr euch! Habt Ihr geglaubt, die
kommen alle mit dem Pferdewagen oder mit dem Rad
daher? (Beifall bei der FPÖ. - Heiterkeit und Beifall bei
den GRÜNEN.)
Die
GRÜNEN
haben
es
mit
ihrer
EUBejubelungspolitik massiv mitzuverantworten, dass wir
heute unter dem Transitverkehr, unter der Abgasbelastung zu leiden haben! Die FPÖ hat immer dagegen mobil
gemacht. Wir haben davor gewarnt. Alle anderen haben
gesagt: „Nein, nein, wir sind die Supereuropäer!" (Abg
Mag Rüdiger Maresch: Das darf doch nicht wahr sein!)
Wir haben Recht behalten! Wir hätten die EUOsterweiterung nicht so schnell durchführen dürfen! Zum
Transitvertrag, den uns Klima eingebrockt hat, haben wir
damals schon gesagt, der ist nicht in Ordnung. (Abg Mag
Waltraut Antonov: Der Bogen ist sensationell!) Aber
damals haben Klima und die Roten alles unterschrieben,
was uns die EU vorgelegt hat und die GRÜNEN haben
dazu Beifall geklatscht! (Abg Mag Rüdiger Maresch: Was
reden Sie daher? Das ist ein Wahnsinn!)
Ich möchte wieder zum Antrag zurückkommen. (Abg
Mag Rüdiger Maresch: Das wäre nicht schlecht!) Die
GRÜNEN wollten, ich habe das vorhin schon kurz dargelegt, mit dem einem Satz, dass nicht unbedingt eine
Verteuerung bei einer Ausweitung der Fall sein soll. Sie
sind aber nicht so vif, sonst hätten Sie zwei Sätze darunter geschrieben, dass eigentlich rasch und überall die
Verteuerung und die Ausweitung auf alle Bezirke kommen soll. So vif sind die GRÜNEN Gott sei Dank nicht!
Auf die anderen Punkte, auf die Argumente und die
Wortmeldungen des Herrn Maresch möchte ich nicht
eingehen. (Abg Mag Rüdiger Maresch: Das glaube ich
eh! Das ist eh besser!) Das war Maresch as usual. Zahlt
sich nicht aus, haben wir schon öfters gehört. (Abg Mag
Rüdiger Maresch: Keine Vorbereitung! Keine Ahnung!)
Einen Tipp gebe ich euch am Schluss, dasselbe, was
ich der SPÖ gestern geraten habe: Wenn ihr die Leute
am helllichten Tag auf offener Straße aussackeln wollt,
dann verwendet das nächste Mal eine Strumpfmaske! Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als Nächster zum Wort
gemeldet ist Herr Abg Mag Gerstl. Ich erteile ihm das
Wort. (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Hoffentlich wird es
jetzt seriöser!)
Abg Mag Wolfgang Gerstl (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine
sehr geehrten Damen und Herren!
Atmen wir einmal durch. (Zwischen- und Gegenrufe
bei FPÖ und GRÜNEN.)
Präsidentin Erika Stubenvoll (unterbrechend): Ich
bitte um etwas mehr Ruhe, damit der Herr Abgeordnete
seine Ausführungen beginnen kann. Herzlichen Dank.
(Abg Mag Wolfgang Jung: Er wartet, bis seine Leute
kommen!)
Abg Mag Wolfgang Gerstl (fortsetzend): Meine Damen und Herren, die Mitglieder meines Klubs haben
Landtag, 18. WP
30. März 2007
diesen Saal zuvor bewusst verlassen! (Beifall bei ÖVP
und GRÜNEN.)
Meine Damen und Herren, wir sind hier Vorbilder für
die Wienerinnen und Wiener und das sage ich, wo Sie
mich kennen, dass ich scharfe, politische Diskussionen
führe. Aber ich bitte um mehr Ernsthaftigkeit bei Dringlichen Anfragen, die in Wirklichkeit das schärfste Instrument der Opposition sind und wo wir uns in Wirklichkeit
darauf einigen sollten, was wir damit machen! (Beifall bei
der ÖVP. - Abg Mag Wolfgang Jung: Man merkt es eh!)
Der Antrag des Kollegen Maresch ging auf ein sehr
sachliches Thema. Die Frau LandeshauptmannStellvertreterin hat versucht, sachlich zu antworten. Man
kann dazu sehr viel Politik machen, aber das, was von
einem Kollegen von der Freiheitlichen Partei noch alles
hinein interpretiert worden ist, ist dieses Hauses unwürdig! (Beifall bei ÖVP, GRÜNEN und Teilen der SPÖ.)
Meine Damen und Herren, ich möchte daher einfach
nur die Eckpfeiler beleuchten und nicht die Diskussion,
wie sie zuvor begonnen worden ist, in dem Sinne fortführen.
Meine Damen und Herren, die Frau Landeshauptmann-Stellvertreterin hat ganz zu Recht darauf hingewiesen, dass es dabei einige verfassungsrechtliche
Fragen und gesetzliche Bestimmungen gibt, die man
sich näher anschauen muss. Das haben wir in mehrerlei
Hinsicht hierbei festzustellen.
Auf der einen Seite heißt es nämlich bei der Parkraumbewirtschaftung ganz genau, dass „die Bestimmungen des Parkometergesetzes nicht primär der Gebietskörperschaft zur Erzielung von Einnahmen dienen dürfen, sondern diese Einnahmen der zweckmäßigen Rationierung der Möglichkeiten, Fahrzeuge abzustellen,
dienen". Das ist sozusagen der verkehrspolitische Leitsatz. Das habe ich aus einem Verwaltungsgerichtshoferkenntnis zu den Parkgebühren in Wien zitiert. Daran
aufgehängt, würde ich sagen, müssten wir eigentlich die
ganze politische Diskussion abführen. Nämlich: Wie viele
Parkplätze bringen wir auf einer immer geringer werdenden vorhandenen Fläche mit immer mehr KFZ gleichzeitig unter? Darauf sollte man den Fokus legen.
In dem Sinne hat der Kollege Maresch wahrscheinlich sogar recht, wenn er sagt, im innerstädtischen Bereich kann es Sinn machen, höhere Abgaben zu verlangen als in einem Bereich, der etwas außerhalb des Zentrums ist. Das hat auch mich verwundert, denn das ist im
Grunde das marktwirtschaftliche Prinzip: Jenes Gut, das
weniger vorhanden ist, hat sozusagen auch einen höheren Wert und dafür muss es natürlich auch eine entsprechende Leistung geben.
Was mir wichtig ist, ist, wenn man auf der einen Seite
etwas verlangt, bedarf es auf der anderen Seite auch
einer entsprechenden Gegenleistung. Das sind bei uns
natürlich die Parkplätze, die man damit zur Verfügung
stellen muss. Es geht aus unserer Sicht nicht, zu sagen,
wir erhöhen die Parkgebühren aus reiner monetärer
Sicht. Das haben wir von Seiten der Grünen Fraktion
herausgehört. Das haben wir aber auch von Seiten der
Finanzstadträtin ein bisschen herausgehört, die das aus
9. Sitzung / 46
wirtschaftlichen Gründen begründet hat und gesagt hat,
es sind auch monetäre Verpflichtungen dabei. Ich glaube, dass das bei der Parkraumgestaltung keinen Zugang
haben sollte. Es sollte sich hier nur um Leistung und
Gegenleistung handeln. Dass jede Leistung natürlich
ihren Preis hat, dafür sind auch wir. Aber ohne Gegenleistung keine Leistung zu verlangen, ist, glaube ich, ein
Grundprinzip, worauf wir uns eigentlich einigen sollten.
Meine Damen und Herren, es wurde von Seiten der
grünen Partei die City-Maut angesprochen. Das ist ein
Bereich, der von der ÖVP abgelehnt wird, aber da sage
ich Ihnen sicherlich auch nichts Neues. Sie wissen, dass
die grüne Partei im Bereich der City-Maut nunmehr alleine in diesem Hause dasteht und sie die einzige Fraktion
ist, die hier von den Autofahrern ein Entgelt ohne entsprechende Gegenleistung einheben möchte. In der
Zwischenzeit sind auch die Sozialdemokraten von diesem Vorschlag abgewichen.
Daher ist die grüne Partei die einzige Partei, die Mobilität in Zukunft hier nicht zulassen möchte, denn Mobilität ist auch mit dem Auto durchzuführen und kann teilweise nur mit dem Auto gemacht werden. Insofern, Herr
Kollege Maresch, müssen wir Ihnen eindeutig widersprechen zu dem Satz, den Sie gesagt haben: „Die Menschen fahren leider noch immer mit dem Auto einkaufen." - Bei manchen Menschen oder sogar bei vielen, ist
es, wenn sie Einkäufe tätigen müssen, gar nicht anders
möglich, als diese mit dem Auto zu machen. Also schreiben Sie den Menschen bitte nicht vor, dass sie den Möbelkauf oder den großen Wocheneinkauf mit der Straßenbahn durchzuführen haben! Das ist wirklich nicht
möglich! (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, der Zugang der Frau Landeshauptmann-Stellvertreterin, zu sagen, es ist Aufgabe
der Weißkappler, nachzuprüfen, ob die Parkdauer entsprechend eingehalten wird, ist, glaube ich, etwas zu
einfach. Dafür muss man natürlich auch die technischen
und ermittlungsmäßigen Voraussetzungen schaffen,
dass eine Überprüfung so durchgeführt werden kann,
dass die Beweiswürdigung auch erfolgreich sein kann.
Sie hat nun angekündigt, dass das in Zukunft so sein
kann. Das werden wir uns sicherlich ganz genau anschauen, wie sie in Zukunft diese Überprüfungen machen wird.
Sie hat zu Recht auf den Lenkungseffekt bei den
bundesgesetzlichen Regelungen hingewiesen. Da sagen
wir auch, der Lenkungseffekt ist wirklich ein ganz wesentlicher Punkt. Wenn das dazu führt, dass wir von
einer bundesgesetzlichen Regelung nicht Abschied
nehmen können und wir daher keine gesetzliche Regelung auf Wiener Ebene schaffen können, dann wird es
bei dieser Regelung bleiben, so wie wir sie bisher haben.
Wenn es aber gescheiter ist, in ein eigenes Gesetz auszuweichen, dann wird das von unserer Seite natürlich
unterstützt. Wenn damit die Bedingungen aber wirklich
so sind, dass wir eben den entsprechenden Ausgleich
haben und dass ein entsprechender verkehrspolitischer
Lenkungseffekt dabei erzielt werden kann, der die Wienerinnen und Wiener insbesondere unterstützt und man
Landtag, 18. WP
30. März 2007
es denjenigen, die das Auto in dem Sinne nicht so sehr
brauchen, die nicht aus Wien kommen, nicht so einfach
macht, aber diejenigen, die in Wien das Auto brauchen,
alle Möglichkeiten und alle Rechte haben, diese im Auto
weiterzuführen.
Unser Slogan muss, glaube ich, sein: „Mobilität ja,
Emission nein". In diesem Sinne müssen wir unsere
Anstrengungen machen. Wir müssen die Mobilität ermöglichen. Wir müssen den Verkehr mit dem Auto ermöglichen. Wir müssen aber auf der anderen Seite auch
ermöglichen, dass dem Umweltschutz und dem Klimaschutz entsprechend Rechnung getragen wird. Da sind
wir eben anderer Meinung als die SPÖ, dass man das
nur durch Erhöhung der Tarife kann. Wir meinen, dass
man das durch entsprechende Anreizsysteme durchführen kann, indem man Elektroautos, Hybridfahrzeuge,
Autos mit Brennstoffzellentechnik et cetera entsprechend
fördert und dabei Anreize schafft. Dazu sind wir aufgerufen. Da kann die Stadt Wien selbst auch in ihrem Fuhrpark entsprechende Beispiele geben, nicht nur gasbetriebene Autos, sondern vielleicht auch einmal einen
Flottenversuch mit wasserstoffbetriebenen Kraftfahrzeugen zu machen. Ich glaube, da gäbe es genug Möglichkeiten, das aufzuzeigen und damit ihrer Vorbildfunktion
in der gesamten Stadt nachzukommen.
Meine Damen und Herren, ich halte es für wichtig,
dass man nicht einfach Tarife erhöht, so wie Sie das nun
bei den Parkgebühren gemacht haben, wie Sie das nun
auch bei den öffentlichen Linien machen werden und wie
Sie angekündigt haben, dies auch bei den öffentlichen
Bädern zu tun. Ich weiß nicht, was Ihnen bis zum Sommer sonst noch alles an Gebührenerhöhungen einfallen
wird.
Wir von Seiten der ÖVP lehnen einseitige Gebührenerhöhungen ohne Gegenleistung jedenfalls ab und ersuchen Sie in diesem Sinne auch, in Zukunft tätig zu werden und Ihren bisher eingeschlagenen Weg der Leistungsforderung ohne Gegenleistung nicht mehr fortzusetzen! (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Zu einer tatsächlichen
Berichtigung hat sich der Herr Abg Hatzl gemeldet. Ich
erteile ihm das Wort.
Abg Johann Hatzl (Sozialdemokratische Fraktion des
Wiener Landtages und Gemeinderates): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Es betrifft in der Tat die Rede des Abg Mahdalik,
aber nicht in der Form, die Sie erwarten, sondern in
einem anderen Zusammenhang.
Da ich der Meinung bin, es soll nicht unbedingt politische Geschichtsfälschung betrieben werden, möchte ich
zumindest einen inhaltlichen Bereich meiner Meinung
nach klarstellen. Der „NFZ" vom 5. März 2003 - das ist
die Parteizeitung der Freiheitlichen Partei - entnehme
ich, dass dort ein Österreich-Programm mit freiheitlicher
Handschrift beschrieben wird, als starker Partner in der
Koalition des damaligen FPÖ-Obmanns Herbert Haupt
mit der Grundlage des Regierungsprogramms für 2003
bis 2006, das mit der ÖVP abgeschlossen wurde, und
„viele FPÖ-Kernthemen damit vorhanden sind", so der
9. Sitzung / 47
FPÖ-Vizechef Max Walch. In diesen großen Aufzählungen steht unter dem Bereich Europa: „Unterstützung der
EU-Beitrittsverhandlungen mit Bulgarien und Rumänien,
Förderung der Beitrittsbestrebungen von Kroatien und
anderen beitrittsreifen Staaten Südosteuropas, Unterstützung der europäischen Heranführungsstrategie für
diese Länder."
Die Behauptung zuvor, die Freiheitliche Partei hat
sich immer gegen eine Erweiterung in Richtung Rumänien und Bulgarien gestellt, trifft nicht zu! (Abg Kurth-Bodo
Blind: Das hat er nicht gesagt!) So hat er das gesagt. Es
würde nur so gelten, wenn der Abg Mahdalik erst 2004
der FPÖ beigetreten wäre. Dann hätte er möglicherweise
recht. Aber die Erstbehauptung ist falsch! (Beifall bei
SPÖ, ÖVP und GRÜNEN.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als Nächster zum Wort
gemeldet ist Herr Abg Lindenmayr. Ich erteile ihm das
Wort.
Abg Siegi Lindenmayr (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr
geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die heutigen Argumente der GRÜNEN und der ÖVP
waren nicht wirklich neu und bringen eigentlich nur eine
Wiederholung der gestrigen Debatte.
Zur FPÖ sage ich jetzt und später dann gar nichts,
denn sie hat sich ohnehin selbst disqualifiziert, ganz
alleine, ob man das Thema betrachtet oder ob man die
Art betrachtet, wie das hier vorgebracht worden ist.
Generell möchte ich sagen, den GRÜNEN sind die
Parkscheine zu billig und eine Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung wird gefordert und der ÖVP ist es
generell zu teuer. Dazu muss ich sagen, dass ich ganz
leicht feststellen kann, dass der Weg der SPÖ der richtige ist, denn das ist der Weg der Mitte! Daher sind auch
die Wienerinnen und Wiener mit der Verkehrspolitik der
SPÖ so zufrieden! (Abg Mag Maria Vassilakou: Das
glauben Sie aber selbst nicht!)
Die Parkraumbewirtschaftung, das ist schon mehrmals erwähnt worden, ist verkehrspolitisch eine Verkehrslenkungsmaßnahme. Hier wurde schon erwähnt,
andere Städte haben auch andere Maßnahmen gesetzt.
Die City-Maut wurde erwähnt in London, Stockholm,
Oslo und Tokyo. Aber in Wien hat die Parkraumbewirtschaftung schon eine lange Tradition. Sie ist erstmals
1959 eingeführt worden und seit April 1975 ist sie gebührenpflichtig. 1986 bis 2002 war sie unverändert. Durch
die Euroumstellung, das wurde bereits in der Anfragebeantwortung erwähnt, ist sie um 8 Prozent billiger geworden. Die Vergleiche mit anderen Städten hat gestern
schon der SPÖ-Abgeordnete Omar Al-Rawi mit einer
Graphik mitgeteilt.
Seit der Einführung der Parkraumbewirtschaftung ist
ein starker Rückgang der Falschparker, der Gehsteigparker und der Schutzwegparker eingetreten, speziell in
den innerstädtischen Bezirken. Das zeigt ganz deutlich,
dass die Parkraumbewirtschaftung funktioniert. Also
genau deshalb, weswegen sie eingeführt worden ist, hat
sich gezeigt, sie funktioniert auch tatsächlich. Das Park-
Landtag, 18. WP
30. März 2007
platzsuchen für die Bewohner ist sehr stark verbessert
worden. Tagsüber haben wir im Schnitt nur mehr
80 Prozent Auslastung. Die Probleme gab und gibt es in
den Abendstunden, daher auch die Ausweitung bis
22 Uhr. Das nützt generell selbstverständlich auch der
Wirtschaft, weil hier die Wirtschaft immer angeführt wird,
denn auch die Kunden und Kundinnen der Wirtschaftsbetriebe in den innerstädtischen Bezirken finden viel
leichter einen Parkplatz.
In einem anderen Zusammenhang hat der Kollege
Valentin gestern aus einer VCÖ-Studie zitiert, vom Fluglärm fühlen sich in Wien 13 000 belästigt. Das wird offenbar immer wieder sehr deutlich und stark als eine
sehr große Belastung dargestellt. Vom Verkehrslärm
fühlen sich aber, und das hat er auch gestern gesagt,
250 000 Wienerinnen und Wiener belästigt. Das sind
zwanzigmal so viel. Ich wollte das hier nur deutlich sagen, um die Größenordnungen zurechtzurücken.
Von 1980 bis 2000 ist die Verkehrsleistung in Wien
von 2,4 Milliarden Kfz-Kilometern auf 3,8 Milliarden KfzKilometer gestiegen. Das hat eine Studie der AK ergeben, die vom Österreichischen Institut für Raumplanung
durchgeführt worden ist. Ein Viertel dieser Verkehrsleistung wird in den Bezirken 1 bis 9 und 20, also in den
Parkpickerlbezirken, erbracht und drei Viertel davon
außerhalb dieser Bezirke. (Abg Alfred Hoch: Das kann
man aber leicht erklären!)
650 000 PKWs sind in Wien zugelassen, davon
190 000 in den bewirtschafteten Gebieten. Im Wiener
Durchschnitt hat der Verkehr in 20 Jahren um rund
60 Prozent zugenommen, am meisten im 21. und
22. Bezirk, dort um 120 Prozent, und am wenigsten in
den Innenbezirken, nämlich um 8 Prozent. Auch das ist
eine Auswirkung der Parkraumbewirtschaftung seit 1993
im 1. Bezirk und seit 1995 in den anderen Bezirken.
Die flächendeckende Parkraumbewirtschaftung ist
nicht etwas, das den Bezirken von Seiten der Stadt Wien
aufgedrängt worden ist. Das war ein massiver Wunsch
aus den Bezirken. Das kann die FPÖ natürlich nicht
beurteilen, weil die, Gott sei Dank auch weiterhin, keinen
Bezirksvorsteher stellt. Die ÖVP kann das aus nahe
liegenden Gründen auch immer weniger beurteilen, denn
da werden die Bezirksvorsteher innerhalb des Gürtels
auch weniger. Die GRÜNEN haben in der Zwischenzeit
bereits zwei Bezirksvorsteher und da merkt man schon
die differenzierte Haltung. Früher war es generell so,
dass die Parkplatzbenützung möglichst viel Geld kosten
soll, aber jetzt wird sehr wohl, und das freut mich sehr,
differenziert zwischen den Parkscheinbenützern und den
Parkpickerlbesitzern in den Bezirken. Das muss ich
positiv anmerken, ein Umdenken bei den GRÜNEN.
(Abg Mag Rüdiger Maresch: Jetzt braucht Ihr nur mehr
ein Parkabgabegesetz zu machen!)
Die sozialdemokratische Politik ist eine Politik für alle
Menschen in dieser Stadt, wie ich schon eingangs gesagt habe. Ich möchte mich ganz gern ein bisschen mit
ein paar Argumenten, die wirklich neu waren, beschäftigen, nämlich Differenzierung und Entkoppelung. Dazu
muss ich sagen, das eine ist möglicherweise ein juristi-
9. Sitzung / 48
scher Begriff und das andere ist der landläufige Begriff.
Ich möchte das mit einem Leiterwagen vergleichen.
Wenn dort die Achse direkt am Wagen befestigt ist, ist es
direkt verbunden. Wenn man eine Dämpfung einbaut,
damit es nicht so holpert, dann ist es wohl auch noch
verbunden, aber nicht mehr so genau verbunden. (Abg
Mag Rüdiger Maresch: Natürlich kommt wieder eine
Metapher von dir! Aber es ist trotzdem im Masterplan so
drinnen!) Die Differenzierung beziehungsweise die Entkoppelung ist tatsächlich eine Entkoppelung (Abg Mag
Rüdiger Maresch: Den Masterplan lesen!), auch wenn es
vielleicht juristisch nicht so zu sehen ist, weil wenn ich
die Zeit der Parkraumbewirtschaftung auf 22 Uhr verlängere, müsste es allein aus diesem Titel der Verlängerung
der Zeit eine Erhöhung geben und genau das hat es
nicht gegeben. Es ist eben eine deutlich geringere Erhöhung, nämlich die Hälfte davon, was es rechnerisch
ergeben hätte, und es ist der Unterschied zwischen
Differenzierung und Entkoppelung. Aber jetzt hat er mir
nicht zugehört. Daher muss ich es ihm nachher, glaube
ich, noch einmal erklären.
Und zur Ausweitung außerhalb des Gürtels. Ich habe
schon gesagt, gegen den Wunsch der Bezirke passiert
natürlich überhaupt nichts, es gibt keinen dringenden
und massiven Wunsch der Bezirke, und außerdem muss
man sich das ja generell genau ansehen, ob die Parkraumbewirtschaftung auch funktionieren würde, denn sie
funktioniert ja nur dort, wo man vermeiden möchte, dass
Leute, die in Bezirksteilen mit dem PKW zur Arbeit kommen, dort den Bewohnern und Bewohnerinnen den
Parkplatz wegnehmen. Dort, wo es eine geringere Zahl
von Arbeitsplätzen und daher nicht so viele Einpendler
gibt, würde das System der Parkraumbewirtschaftung,
wie wir es jetzt haben, ja gar nicht funktionieren. Daher
ist es sinnvoll und notwendig, sich das vorher in Studien
genau anzusehen und das dann mit den Bezirken rückzukoppeln et cetera, et cetera, et cetera.
Zum Abzocken, wie es gestern von der ÖVP eingebracht worden. Abzocken ist ja für meine Begriffe etwas,
wenn man nur kassiert, es gibt also keine Gegenleistungen. Ein bisschen muss ich mir daher schon die Zeit
nehmen, die Gegenleistungen von diesen zweckgebundenen Einnahmen aufzulisten. Es gibt zehn Park-andride-Anlagen – eine in Erdberg, eine in der Spittelau,
eine in Hadersdorf-Weidlingau, eine bei der Spetterbrücke, eine in Heiligenstadt, im 21. Bezirk in der Brünner
Straße, in Leopoldau und in der Siemensstraße; in Liesing und Siebenhirten gibt es 23. Das sind insgesamt
5 290 Stellplätze.
In
Hütteldorf
ist
eine
mit
1 250 Stellplätzen in Bau, und Planungen für weitere
10 000 Stellplätze, nämlich in der Spittelau, in Rothneusiedl, in Wolf in der Au, in Heiligenstadt, in Strebersdorf,
in der Aderklaaer Straße, am Rendezvousberg, am Seestern, in der Aspernstraße und in der Hausfeldstraße –
abhängig natürlich vom Verlauf des Baus der U2 – sind
die geplant. (Abg Mag Wolfgang Jung: Gibt es wirklich
23 Park-and-ride-Anlagen in Liesing?) Ich muss das so
deutlich sagen. Ich meine, die FPÖ versteht es ja eh
nicht, aber die ÖVP ... (Abg Mag Wolfgang Jung: 23
Landtag, 18. WP
30. März 2007
haben Sie gesagt!) 23. Bezirk. Sie haben auch das nicht
verstanden. Die ÖVP hat vom Abzocken gesprochen,
und daher habe ich das sehr deutlich ausgeführt. Sie
verstehen es ohnehin nicht, und darum erkläre ich es
Ihnen auch nicht, Herr Kollege Jung. (Abg Mag Wolfgang
Jung: Die Park-and-ride-Anlagen zahlen wir ja auch
extra, Herr Kollege!)
In der Umgebung Wiens sind zehn Park-and-rideAnlagen in Bau. Auch hier wird ein Teil des Geldes der
zusätzlichen Einnahmen dafür verwendet, also Wien
subventioniert das. Das sind über 5 000 Stellplätze beispielsweise in Mödling und in Stockerau.
Der Modal-Split in Wien beträgt ein Drittel für den
PKW und zwei Drittel für den Umweltverbund. Bei den
Einpendlern ist das genau umgekehrt, und gerade hier
zeigt sich auch, dass die Parkraumbewirtschaftung eben
eine Maßnahmen ist, das in den Griff zu kriegen, und
daher bauen wir auch diese Park-and-ride-Anlagen.
Seit 1993 gibt es auch eine umfangreiche Garagenförderung: 105 Garagen mit 35 000 Parkplätzen. In 230
gewerblichen Garagen stehen 72 500 Stellplätze zur
Verfügung, 18 Volksgaragen mit 3 500 Stellplätzen sind
fertig – Robert-Stolz-Platz, Odeongasse, Klieberpark,
Hofmühlgasse, Schlesingerplatz, Columbusplatz, Enkplatz, Steinbauerpark, Auhofstraße, Dreihausgasse,
Viktoriagasse, Ludo-Hartmann-Platz, Hofferplatz, Dornerplatz, Parhamerplatz, Schubertpark, Grinzing, KarlSeitz-Platz; auch die Lilienbrunngasse ist fast fertig –,
und es gibt Planungsüberlegungen für weitere sieben
Standorte.
Ich sage das auch deshalb so deutlich, eben, um
noch einmal klarzustellen, von abzocken kann hier keine
Rede sein, hier stehen klare Maßnahmen gegenüber.
Die weiteren Punkte von StR Schickers 10-PunkteProgramm wird mein Kollege dann erörtern. Das lasse
ich jetzt aus, um Zeit zu sparen.
Ich gehe nur ganz kurz auf die Kritik von Kollegen
Gerstl ein. Gestern hat er Kritik an den Gehsteigvorziehungen geübt. Er hat gesagt, der Parkraum geht verloren
und so weiter, ich möchte aber darauf hinweisen, dass
das Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit
sind, einfach nur, um die Sichtrelationen zwischen den
sich bewegenden Autos und den Fußgängern besser
darzustellen. Im Detail könnte das sicher der Kollege
Dr Pfleger viel besser erklären, aber es ist klar, wenn die
Sichtbeziehungen zu den parkenden Autos, speziell
gegenüber Kindern, leicht verstellt sind, dann sinkt die
Sicherheit, und um das zu verhindern, werden eben
Gehsteigsvorziehungen gebaut und nicht aus Jux und
Tollerei.
Ansonsten haben wir in allen Bezirken wesentlich
mehr Stellplätze zur Verfügung als zugelassene PKW.
Auch hier gibt es klare Zahlen. Ich möchte jetzt nur die
vom 9. Bezirk, von meinem eigenen Bezirk, nennen. Hier
haben wir 22 000 Stellplätze auf der Straße, in gewerblichen Garagen und in Garagen bei Wohnbauten, demgegenüber stehen 16 000 zugelassene PKW, also ein
klarer Überhang von Stellplätzen gegenüber den zugelassenen Fahrzeugen. Auch das ist ein Beweis, dass hier
9. Sitzung / 49
nicht irgendwelche wirren Überlegungen da sind, sondern dass ganz genau mit Zahlen belegbar ist, dass hier
sehr wohl Leistungen in Anspruch genommen werden
können, auch wenn man nicht unmittelbar vor dem Haustor stehen kann; das räume ich schon gerne ein.
Die restlichen Maßnahmen überlasse ich, wie gesagt,
meinem Kollegen. Vielleicht noch einen Punkt betreffend
die Preiserhöhungen. Eine Mechanikerstunde kostet
derzeit 94 EUR, das Bewohnerpickerl neu kostet
135 EUR im Jahr. Also man muss das einmal in Relation
setzen, welche Ausgaben man für den PKW hat. Mechanikerstunden hat man mindestens eine im Jahr, wenn
nicht mehrere für irgendwelche Reparaturen, für das
§ 57-Pickerl und Ähnliches, und demgegenüber stehen
135 EUR im Jahr. Also die Größenordnung spricht ja
hier, glaube ich, auch für sich. (Abg DDr Eduard Schock:
135 EUR für keinen Parkplatz!) Es ist eine verkehrslenkende Maßnahme – das habe ich deutlich ausgeführt –
und sie funktioniert.
Die Frau Vizebürgermeisterin hat einen wesentlichen
Satz gesagt: Wien ist grundsätzlich offen für alle Anregungen betreffend Optimierung, allerdings sollte nicht
riskiert werden, dass das jetzt funktionierende System
durch verfassungsrechtlich bedenkliche Neuregelungen
gefährdet wird. Damit ist auch erklärbar, warum es einerseits im Masterplan drinnen steht, dass das angedacht
werden kann, wenn es aber massive verfassungsrechtliche Bedenken gibt, könnte das gesamte System zum
Kippen kommen, und daher haben wir uns aus gutem
Grund entschlossen, das so beizubehalten, wie es jetzt
ist. Sozialdemokratische Politik war und ist immer eine
Politik mit Augenmaß, und wir wollen das auch weiterhin
im Interesse aller Wienerinnen und Wiener so fortsetzen.
– Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als Nächster zu Wort
gemeldet ist Herr Abg Mag Kowarik. Ich erteile es ihm.
Abg Mag Dietbert Kowarik (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen
und Herren!
Wir haben jetzt gestern und heute schon sehr viel
gehört über die unglückliche Erhöhung der Parkpickerltarife und auch schon viel gehört über Leistung und Gegenleistung – auch die letzten beiden Redner sind darauf
eingegangen –, ich möchte jetzt die Gelegenheit nützen
und einmal die Diskrepanz von Leistung und Gegenleistung in dem Zusammenhang an einem Beispiel darstellen und werde mir erlauben, die ganz besondere Geschichte der Einführung des Parkpickerls im 15. Bezirk
zu beleuchten.
Wir in Rudolfsheim-Fünfhaus haben die zweifelhafte
Ehre, als erster Bezirk außerhalb des Gürtels in den
Genuss einer Parkpickerlparkraumbewirtschaftung zu
kommen. Die Einführung des Parkpickerls rund um die
Stadthalle war leider von Anfang an nicht sehr glücklich
geplant und es hat mehrmaliger Korrekturen bedurft. Ich
erlaube mir, kurz chronologisch zu berichten.
Am 1. September 2005 war der Beginn der Geltung
des Stadthallenparkpickerls. (Abg Dr Claudia Laschan:
Das haben wir alles schon gehört!) Dann hören Sie das
Landtag, 18. WP
30. März 2007
noch einmal, Frau Kollegin. Es sollte eigentlich Ihr ureigenstes Anliegen sein, die Bevölkerung des 15. Bezirkes
zu vertreten. (Abg Dr Claudia Laschan: Genau darum
geht es!) Das machen Sie leider nur sehr selten, wie ich
den Eindruck habe. Hören Sie sich an, was ich zu sagen
habe, dann können Sie sich auch noch zu Wort melden.
(Beifall bei der FPÖ.) Immer das Gleiche.
Noch einmal: Wir haben am 1. September das Stadthallenparkpickerl bekommen, und es wurde auch bei
allen Gelegenheiten betont, dass diese Regelung nur ein
Pilotversuch ist, der bis zum 30.6.2007 probeweise eingeführt wird, der nachher einer gründlichen Überprüfung
und Evaluierung zu unterziehen ist, um die tatsächlichen
Auswirkungen auch tatsächlich auswerten zu können.
Wenige Tage nach Einführung des Pickerls hat es
sich die Stadtverwaltung nicht nehmen lassen, bereits
rigoros zu strafen. Die ungenügende Kundmachung
stiftete von Anfang an Verwirrung, und die Verdrängung
von Parkplatzsuchenden in die angrenzenden Gebiete
führte zu erbosten Reaktionen von Anrainern. (Abg Dr
Claudia Laschan: Ja, ja!) Das werden auch Sie wissen.
Erst im Jahr 2006 wurden dann doch noch zusätzliche blaue Bodenmarkierungen am Rande der Zone
angebracht. Auch daran werden Sie sich vielleicht erinnern können.
Am 1. Mai 2006 führten dann eben diese massiv fortgesetzten Beschwerden der angrenzenden Anrainer zum
nächsten Verwirrungsversuch der Stadtregierung. (Abg
Dr Claudia Laschan: Sie brauchen das nicht herunterzulesen!) Frau Kollegin, Sie können sich gerne nachher
noch einmal melden. Die Bewohner einiger Straßenblöcke bis zur Selzergasse im 15. Bezirk und außerdem im
16. Bezirk können seit dem 1. Mai des letzten Jahres
nun auch ein Parkpickerl für diese Zone erwerben.
Am 28. Juni des letzten Jahres hat dann der Unabhängige Verwaltungssenat Wien in einem Berufungsbescheid festgestellt – auch der wird Ihnen hoffentlich bekannt sein –, dass die Kundmachung innerhalb der Zone,
innerhalb so genannter linearer Kurzparkzonen zu verwirrend ist und daher Bestrafte kein Verschulden trifft.
Damit war es dann sozusagen amtlich, dass die Kundmachung dieser Parkpickerlverordnung mangelhaft ist.
Interessant in dem Zusammenhang war auch das,
was der ARBÖ gesagt hat und was der ARBÖ für einen
Tipp herausgegeben hat. Er hat gesagt: Strafe nicht
einzahlen, auf die Zusendung der Anzeige warten und
dagegen Einspruch erheben. Außerdem hat der ARBÖ
damals festgestellt: Alle jene, die ihren Erlagschein bereits eingezahlt haben, schauen leider durch die Finger.
(Abg Dr Claudia Laschan: Was wollen Sie damit beweisen?) Was ich damit beweisen will? Eigentlich ist es ja
nicht so schwer, was ich damit beweisen will (Abg
Dr Herbert Madejski: Die Unzufriedenheit der Leute!):
Dass Leistung und Gegenleistung hier leider Gottes nicht
übereinstimmen.
Außerdem, nachdem aus dem Stadtratbüro immer
gemeldet wurde, dass die Stadthallenkurzparkzone
rechtlich absolut wasserdicht sei – so steht es im Pressedienst –, hat man sich dann doch noch durchgerungen
9. Sitzung / 50
und hat Zusatztafeln angebracht – auch das werden Sie
vielleicht wissen –, auf denen auf die generelle Zone
aufmerksam gemacht werden soll. Die Frage ist, ob das
nicht dann noch mehr zur allgemeinen Verwirrung beigetragen hat.
Jetzt kommen wir zum Nächsten, Frau Kollegin. Kurios ist auch die Vorgangsweise der Stadt Wien bezüglich der Präsentation einer von der Gemeinde in Auftrag
gegebenen Studie eben zur Parkraumbewirtschaftung im
Bereich um die Stadthalle. – Ja, jetzt gehen Sie, jetzt
reicht es Ihnen, ja? In der Bezirksvertretung wurde beschlossen, dass eben das Ergebnis dieser Studie von
einem Vertreter der MA 46 präsentiert werden soll. Bei
jener Sitzung der Verkehrskommission – die war am
29. März 2006, also vor einem Jahr – teilte der Vertreter
der MA 46 dann mit, dass er von seinem Vorgesetzten
die Weisung bekommen hat, die Studie nicht vorzulegen
und nichts dazu zu berichten. – An und für sich eine
interessante Sache.
Der Bezirk hat entsprechend und adäquat darauf reagiert. Die Vorsitzende der Verkehrskommission aus
unserem Bezirk, im Übrigen eine Sozialdemokratin, hat
in einem Brief – der Brief datiert vom 5. Juni 2006 – dem
Stadtrat das Befremden der Kommission diesbezüglich
mitgeteilt. Auch das ist vielleicht nicht ganz uninteressant
in dem Zusammenhang.
Auch ich selber habe mich in der Zone strafen lassen
und habe natürlich gegen die ergangene Strafverfügung
Einspruch erhoben. Nach Monaten hat mir dann die
Behörde in einem knappen Schreiben mitgeteilt, dass
das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird. Andere
Bürger haben sich leider nicht so zur Wehr gesetzt und
haben sich rechtswidrig strafen lassen und zahlen müssen.
Wir sehen, die Durchführung des Pilotprojektes war
also von Anfang an und fortlaufend mit Pleiten und Pannen durchsetzt. Kassiert wurde dennoch ganz kräftig.
Und jetzt kommt der nächste Anschlag auf die Bezirksbevölkerung. Im Zuge der Erhöhung des Anrainerparkpickerls wird auch für die Region Stadthalle eine
Tariferhöhung von 55 auf 60,60 EUR kommen, ohne
dass der Parkpickerlwerber irgendeine Mehrleistung
dafür bekommt. Auch da sind wir im 15. Bezirk leider
wieder einmal das Stiefkind der Wiener Stadtverwaltung.
Interessant: Der Presse- und Informationsdienst der
Stadt Wien hat in seiner Aussendung von einem Sonderfall gesprochen. Da können wir uns eh schon vorstellen,
was das bedeutet.
Wir wissen also, trotz des noch laufenden Pilotversuches – das darf man ja nicht vergessen, das war ja als
Pilotversuch gedacht – ist bereits die Erhöhung des
Parkpickerls vorgesehen. Außerdem wurde offensichtlich
auch schon die Erweiterung der Zone fast auf den gesamten oberen Teil des 15. Bezirkes beschlossen – wir
haben es ja schon gehört –, und auch das schon vor
Abschluss des Versuchszeitraumes. Klüger wäre wohl,
zuerst den Versuch auslaufen zu lassen, gemeinsam mit
dem Bezirk ein Gesamtkonzept für den ruhenden Verkehr in ganz Rudolfsheim-Fünfhaus zu erarbeiten. Dies-
Landtag, 18. WP
30. März 2007
bezüglich hat auch der Bezirksvorsteher unseres Bezirkes am Jahresbeginn ein Parkraumbewirtschaftungskonzept für den ganzen Bezirk versprochen. Nun wird der
Bezirk leider Gottes offensichtlich wieder einmal vor
vollendete Tatsachen gestellt.
Wichtig wäre in diesem Zusammenhang auch die
Prüfung anderer Möglichkeiten, zum Beispiel im unteren
Bezirksteil günstige Garagenplätze zu schaffen. Ich darf
in diesem Zusammenhang an Überlegungen des vormaligen Bezirksvorstehers Krammer schon aus dem
Jahr 1993 erinnern, wo er gemeint hat, dass auch über
dem U6-Gelände in der Umgebung von Maria vom Siege
ein Platz wäre, Garagen zu bauen. Das wäre vielleicht
interessant, sich auch diesbezüglich eingehend zu unterhalten.
Zum Abschluss möchte ich auch noch auf den Antrag
der Grünen Fraktion bezüglich unterschiedlicher Tarifgestaltung des Pickerls in Wien eingehen. Ich glaube, dass
das oft gebrachte Argument – und wir haben es ja auch
heute wieder gehört – der angeblichen Verfassungswidrigkeit einer unterschiedlichen Tarifgestaltung in den
unterschiedlichen Tarifzonen nicht wirklich zutrifft. Es
wurde der Gleichheitsgrundsatz bemüht. Der Gleichheitsgrundsatz besagt, das man Gleiches gleich und
Ungleiches ungleich zu behandeln hat. Es ist also durchaus argumentierbar und nachvollziehbar, dass Gebühren
für Stellplätze im Zentrum einer Weltstadt teurer sind als
die Gebühren in irgendwelchen Außenbezirken.
Wir werden dem Beschlussantrag der GRÜNEN aber
trotzdem nicht zustimmen, weil wir davon ausgehen,
dass die einzig gerechte Lösung in den Pickerlzonen
natürlich ein kostenloses Parkpickerl für alle Anrainer
und Gewerbetreibenden ist. Da hätten wir auch keine
Probleme mit angeblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als Nächster zu Wort
gemeldet ist Herr Abg Dipl-Ing Margulies. Ich erteile es
ihm.
Abg Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte
Frau Präsidentin!
Ich möchte auf den Kollegen Mahdalik gar nicht eingehen. Kollege Hatzl hat eine tatsächliche Berichtigung
gemacht, aber wenn man alles tatsächlich berichtigen
würde, was der Kollege Mahdalik falsch gesagt hat,
wären meine 20 Minuten um, und dafür will ich sie tatsächlich nicht vergeuden. Ich möchte nur in aller Kürze
ein paar Bemerkungen zu Äußerungen machen, in denen den GRÜNEN unterstellt wurde, sie seien entweder
Schwarzmaler oder Träumer.
Als die GRÜNEN das PVC-Verbot im Wohnbau, in
Spitälern gefordert haben, hat es geheißen, das geht
nicht, das ist nicht machbar. – Wir wissen, es gibt ein
PVC-Verbot in Spitälern.
Als wir Bioessen im Kindergarten gefordert haben,
hat es geheißen, wir sind Träumer, und man hat angeführt, wen auch immer das alles ruinieren könnte in der
Landwirtschaft, wenn man Bioessen fordert. – Wir wissen, große Teile des Essens in Kindergärten sind auf
9. Sitzung / 51
Bioessen umgestellt.
Dass der Katalysator gegen den sauren Regen wirken kann oder dass Diesel schädlich ist, hat sich mittlerweile herausgestellt.
Eine der ersten Geschichten der GRÜNEN war: Asbest ist krebserregend und gehört verboten. Das war
wirtschaftsschädlich, und alle anderen Parteien sind über
die GRÜNEN hergefallen. – Jetzt wissen es alle, jetzt
glauben es alle, und Asbest ist verboten.
Und in dem Sinn, insbesondere liebe Kolleginnen
und Kollegen von der Wiener SPÖ: Die Parkraumbewirtschaftung für ganz Wien wird kommen. Sie wird Sie
entweder überrennen und Sie werden im Nachhinein die
unterschiedlichsten Gesetze reparieren und sich überlegen müssen, wie Sie damit umgehen, oder Sie haben
jetzt noch die Zeit, die Möglichkeiten des Handlungsspielraumes, der sich Ihnen bietet, zu nutzen.
Und dazu gehört selbstverständlich eine innere Differenzierung auch der Kurzparkzonen. Es wird, wenn man
eine Parkraumbewirtschaftung für ganz Wien macht,
irgendwann nicht mehr aufrechtzuerhalten sein, dass die
Kurzparkzone im 1. Bezirk ganz genau dasselbe kostet
wie die Kurzparkzone im 22. Bezirk. Es wird wahrscheinlich auch ein bisschen mehr als nur ein einfachgestrickte
Antworten verlangen, sondern man wird sich hinsetzen
und etwas überlegen müssen. Ich glaube, da böte das
Parkabgabengesetz eine Möglichkeit, dass man sich
jetzt einmal hinsetzt und überlegt: Wie kann man eine
innere Differenzierung sicherstellen? Wie kann man
tatsächlich in den künftig von der Parkraumbewirtschaftung betroffenen Bezirken sinnvoll das Parkpickerl einführen?
Da nützt es nichts, sich jetzt nur einmal herzustellen
und einen Streit zu beginnen, ob das eine Entkoppelung
oder eine Differenzierung ist. Wenn ich mir jetzt das
Leiterwagerlbeispiel anschaue, muss ich ganz ehrlich
sagen, das Leiterwagerl ist bestenfalls dann entkoppelt,
wenn es ein Gelenk hat, ansonsten ist es überhaupt
unsinnig, beim Leiterwagerl irgendetwas einzubauen,
überhaupt einen Stoßdämpfer, denn wenn man ein Leiterwagerl nicht lenken kann, braucht man auch keinen
Stoßdämpfer.
Insofern würde ich Sie tatsächlich ersuchen – ich
weiß, Sie werden es heute nicht tun, aber ich würde Sie
dennoch ersuchen –: Denken Sie darüber nach, was für
Möglichkeiten es im Sinne einer tatsächlichen Differenzierung der Parkraumtarife und einer weiteren Ausgestaltung der Parkraumbewirtschaftung gibt. Bei den Bezirken, die angeklungen sind, da wissen wir jetzt schon,
dass die Parkplatznot deshalb dort vorherrscht, weil es
einerseits Parkpickerlflüchtlinge gibt und andererseits
Menschen, insbesondere aus Niederösterreich, halt
genau bis dorthin fahren und das Auto abstellen.
Aber es geht ja weiter. Es ist eine permanente Verlagerung. Und in dem Sinn bin ich überzeugt davon: Wenn
auch nicht in diesem Jahr, aber ein Parkabgabengesetz
wird kommen.
Ich kann mich erinnern, als Bezirksrat im 8. Bezirk
habe ich im Jahr 1987 oder 1988 einen Antrag auf
Landtag, 18. WP
30. März 2007
Parkpickerl im 8. Bezirk eingebracht. Das war eine abgekupferte grüne Idee aus anderen Städten. Der Antrag ist
damals noch abgelehnt und belächelt worden. Sie sehen
es jetzt: In den innerstädtischen Bezirken haben wir das
Parkpickerl. Es wird ausgeweitet werden, und in spätestens drei, vier Jahren – davon bin ich überzeugt – ist
selbst Innerfavoriten wahrscheinlich dabei, weil sich die
Leute so aufzuregen beginnen, dass man es eigentlich
nicht mehr überhören kann.
Und in dem Sinn: Machen Sie mit bei der Entwicklung eines Parkabgabengesetzes und versperren Sie
sich dem nicht! – Danke sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als Nächster zu Wort
gemeldet ist Herr Abg Dr Stürzenbecher.
Abg Dr Kurt Stürzenbecher (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und
Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wenn ich meinem Vorredner so zuhöre, glaube ich
fast, er ist ein Prophet, denn er hat eigentlich alles richtig
vorhergesagt, und alles ist dann gekommen, aber leider
gibt es das Sprichwort: Der Prophet gilt nichts im eigenen Land. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist leider zutreffend
bei dir, und so tragisch das ist, du musst das zur Kenntnis nehmen. Aber trotzdem glaube ich, dass es doch
manches gibt von den Dingen, die du aufgezählt hast,
lieber Kollege Margulies, die nicht die GRÜNEN und
auch nicht dich aufgeregt haben. Zum Beispiel das mit
dem Asbest war meines Wissens schon bekannt, da hat
es noch gar keine grüne Partei gegeben. Also das hat
man durchaus schon alles gekannt. (Abg Dipl-Ing Martin
Margulies: Der Kollege Öllinger war der Erste, der damit
zum Arbeitsgericht gegangen ist!) Die Weisheit ist nicht
von einer einzelnen Partei gepachtet, sondern wir müssen alle nach Weisheit streben, würde ich grundsätzlich
sagen. (Beifall bei der SPÖ.)
Trotz dieser kritischen Einleitung zu meinem Vorredner möchte ich sagen, dass die Dringliche Anfrage, die
eingebracht ist, durchaus eine sachliche ist, über die
man sachlich diskutieren kann und die sich unterscheidet
von dem Lamento anderer, die bei der Erhöhung der
Parkgebühren nichts anderes als unsachliche Argumente
vorgebracht haben.
Dennoch möchte ich jetzt zu den Parkgebühren und
deren Höhe nichts Näheres mehr ausführen. Es ist,
glaube ich, von der Frau Vizebürgermeisterin, aber auch
von meinem Vorredner Siegi Lindenmayr hier schon
alles Wesentliche gesagt worden. Deshalb kann ich mir
das Ganze, was ich da vorbereitet habe, sparen, auch
das Fact-Sheet mit diesen Kurven, das ich vielleicht
trotzdem noch einmal herzeige, denn es zeigt, wie alles
andere real so viel mehr gestiegen ist und eben die
Parkgebühr gesunken ist, sodass es wirklich im hohen
Maße sachlich gerechtfertigt ist, dass die jetzt angehoben wird. Es ist eben so, dass im Verhältnis zum Verbraucherpreisindex die Parkgebühr in den letzten
20 Jahren auf 59 Prozent gesunken ist. Also die Parkgebühr ist dadurch real praktisch um die Hälfte billiger, und
ihre Wirkung ist ja entsprechen kleiner. Aber die Wirkung
9. Sitzung / 52
ist uns ja allen wichtig, nämlich dass die Parkraumbewirtschaftung auch ein verkehrspolitisches Lenkungsinstrument ist. (Abg Mag Wolfgang Jung: Auch, aber
nicht nur!) Auch! Wir haben ja schon gesagt, aus verfassungsrechtlichen Gründen darf es das nicht primär sein.
Wie wir derzeit feststellen, legen wir ein Drittel aller
Wege in Wien mit dem Auto zurück und immerhin zwei
Drittel zu Fuß, per Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Das Ziel ist und soll es sein, dass bis zum
Jahr 2020 der Anteil des Autoverkehrs auf 25 Prozent
aller Wege verringert wird. Ich glaube, das ist ein gutes
Ziel, das sollte man anstreben. Das dient dem Klima, der
Umwelt und den Menschen in dieser Stadt.
Ich glaube, dass die Parkraumbewirtschaftung wirklich einen nachhaltigen Lenkungseffekt auf die Verkehrsmittelwahl, aber auch auf das Verkehrsverhalten
zeigt und dass insgesamt die Parksituation tagsüber
dadurch schon wesentlich entspannt wurde. In der Dringlichen Anfrage wird am Anfang in der Einleitung durchaus richtig festgestellt, dass es ein zentrales Instrument
städtischer Verkehrspolitik ist und setzt am Engpassfaktor des Autoverkehrs in der Stadt, dem großen Platzbedarf, an, wie ihr das geschrieben habt. Wobei ich aber
nach wie vor bei den GRÜNEN nicht verstehe und vielleicht nie verstehen werde, warum sie derart gegen alle
Parkgaragen sind (Abg Mag Rüdiger Maresch: Nicht
gegen Garagen an sich, sondern gegen Volksgaragen!),
warum sie eigentlich wirklich aus einer ideologischen
Verbohrtheit heraus die Parkgaragen ablehnen.
Denn jetzt stellen wir uns einmal vor, wir hätten nicht
alle Volksgaragen, alle Parkgaragen, da wäre die Verkehrssituation wirklich unerträglich. Ich meine, dass es
nur das Ziel sein kann, möglichst viel vom Verkehr unter
die Erde, unter die Straße zu bekommen. Alle anderen
Maßnahmen haben wir ohnehin zusätzlich noch, und die
greifen auch. Aber hier appelliere ich bei den GRÜNEN
an ein Umdenken. (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Wie
hoch ist die Autodichte?)
Dann zum Anrainerpickerl. Ich halte es für sehr erfreulich, dass wir das von 9 bis 22 Uhr ausweiten, von
Montag bis Freitag an Werktagen, und dass die maximale Parkdauer einheitlich zwei Stunden betragen wird. Es
ist diese Ausweitung sicher im Interesse der betreffenden Bezirksbewohner und der Anrainer und wird sicher
zu einer weiteren Verbesserung des Systems der Parkraumbewirtschaftung führen.
Siegi Lindenmayr, mein Vorredner, hat jetzt angekündigt, dass ich alle zehn Punkte von Schickers Maßnahmen bringe. Ich will sie jetzt aber nur kurz mit Überschriften erwähnen, weil sie, glaube ich, teilweise bekannt sind:
Die Park-and-ride-Anlagen in Wien sollen weiterhin
ausgebaut werden. Zwei Anlagen sind in Bau, zehn
weitere in Vorbereitung mit insgesamt 9 960 Stellplätzen.
Es soll weitere Fortschritte bei den Park-and-rideAnlagen im Umland geben. Zum Beispiel wird sich Wien
finanziell möglicherweise durchaus beim Parkdeck Mödling und Stockerau beteiligen.
Es ist auch manches neu. Bei der Förderung von Ga-
Landtag, 18. WP
30. März 2007
ragen ist neu, dass es 15 weitere Garagenstandorte mit
3 120 Stellplätzen geben wird.
Es wird ein weiteres Beschleunigungsprogramm für
den öffentlichen Verkehr geben, weitere Förderung der
Verkehrssicherheit, nochmalige Überprüfung der grünen
Welle, Ausbau von Radabstellanlagen, Nachrüstung der
Fahrradräume, „grüne Bügel" in den Bezirken, also Aufstellung von weiteren 800 Bügeln jährlich für insgesamt
1 600 Räder.
Weiters soll die Ausweitung von Citybike-Stationen
erfolgen. Wir haben bis dato ja mittlerweile schon
50 Citybike-Stationen mit der GEWISTA erfolgreich umgesetzt, und es soll ein weiterer Ausbau erfolgen. Eine
komplette Citybike-Anlage kostet ja immerhin 50 000 bis
70 000 EUR pro Standort, und hier ist eine finanzielle
Unterstützung der Stadt geplant.
Das sind jetzt wirklich in Kurzform die zehn Punkte,
die angekündigt worden sind, aber ich möchte jetzt noch
einen zentralen Punkt ansprechen, und das ist das Verfassungsmäßige. Sicher, es steht im Masterplan, dass
ein solches Parkabgabengesetz gemacht werden soll, es
sitzen aber natürlich, wenn man einen Masterplan macht,
nicht zehn Verfassungsjuristen dabei, die jede Idee, jede
Zielvorstellung und jede kreative Herangehensweise
sofort verfassungsrechtlich abklopfen. Wenn man das
immer machen würde, wäre wahrscheinlich jegliches
Arbeiten schwer, wenn man dann im Nachhinein feststellt, das ist verfassungsmäßig schwer möglich.
Die Gründe hat, glaube ich, auch schon die Frau Vizebürgermeisterin aufgezählt. Erstens: Eine exzessive
Besteuerung in dem Sinn, dass es eine Parkometerabgabe und eine Parkabgabe kumulativ gibt und diese
einzuheben wären, wäre verfassungsrechtlich wahrscheinlich nicht zulässig.
Weiters ist das Gleichheitsgebot eben gerade in Abgabensachen besonders streng zu handhaben. Und –
was auch schon erwähnt worden ist – das Überwiegen
eines Lenkungseffektes ist nicht zulässig.
Wir haben ein Abgabengesetz grundsätzlich so zu
gestalten, dass primär der Zweck der legitimen Einnahmenerzielung zu stehen hat, und die Nebeneffekte sind
sozusagen Nebeneffekte, die wir natürlich wünschen und
auch fördern, aber sie sind Nebeneffekte. Und das bedeutet im Konkreten, dass wir ein Überwiegen der Lenkungseffekte als Landesgesetzgeber nicht beschließen
können. Dafür wäre der Bundesgesetzgeber im Rahmen
von Art 11 B-VG, Straßenpolizei, zuständig, und das
können wir nicht.
Ich erinnere an das Ausländerwahlrecht, das wir mit
viel besseren Voraussetzungen hier beschlossen haben,
weil damals ausgezeichnete Gutachten von höchst renommierten Verfassungsrechtlern vorlagen, die gesagt
haben, das ist möglich. Juristisch überraschend hat der
Verfassungsgerichtshof anders entschieden, und wir
haben uns natürlich daran gehalten. Aber wenn wir jetzt
von vornherein schon so schwerwiegende und durchaus
plausible Bedenken haben, dann können wir das halt –
und ich sage persönlich: leider – nicht machen, weil das
eben nicht seriös wäre.
9. Sitzung / 53
In dem Sinn sei zusammengefasst: Die Parkraumbewirtschaftung in Wien ist eine Erfolgsstory. Sie hat zur
Entlastung des Parkraumes geführt. Die Stellplatzentlastung in den Innenbezirken ist durchaus in einem gewissen Maß erfolgt. Im Durchschnitt haben wir jetzt
70 Prozent Auslastung. Dadurch ist auch weniger verkehrsbehinderndes Parken eingetreten, weniger Parken
in zweiter Spur, weniger Parken auf Schutzwegen und
dadurch auch mehr Verkehrssicherheit für die schwächsten Verkehrsteilnehmer. Man braucht weniger Zeit für die
Parkplatzsuche, es gibt weniger Lärm- und Luftverschmutzung.
Wir werden diesen erfolgreichen Weg fortsetzen. –
Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Zum Wort ist niemand
mehr gemeldet. Die Debatte über die Beantwortung der
Dringlichen Anfrage ist somit beendet.
Wir kommen zur Abstimmung über den Beschlussund Resolutionsantrag der Grünen Fraktion betreffend
Parkabgabegesetz, der ja schon ausführlich erläutert
wurde. Dieser Antrag lautet auf Zuweisung an die Geschäftsgruppe Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener
Stadtwerke.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die dieser Zuweisung zustimmen, um ein Zeichen mit der Hand. – Das
ist, gegen die Freiheitlichen und gegen die ÖVP, so mit
Mehrheit beschlossen.
Wir kommen nun zur Dringlichen Anfrage der Freiheitlichen Partei und dazu, dass die von den Abgen DDr
Schock und Veronika Matiasek eingebrachte, an die
Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Integration, Frauenfrauen, KonsumentInnenschutz und
Personal gerichtete Dringliche Anfrage betreffend generelles Bettelverbot vom Fragesteller mündlich begründet
werde und hierauf eine Debatte über den Gegenstand
stattfinde.
Auf die Verlesung wurde verzichtet.
Für die nun folgende Begründung der Dringlichen Anfrage sieht die Geschäftsordnung gemäß § 37 Abs 1 eine
Redezeit von 20 Minuten vor.
Zu Begründung der Dringlichen Anfrage erteile ich
nun Herrn Abg DDr Schock das Wort.
Abg DDr Eduard Schock (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und
Herren!
Wir haben diese Dringliche Anfrage gestellt, weil wir
bei der Bettelei die politisch korrekte Sprachregelung
einmal hinterfragen und auch entlarven wollen, eine
politisch korrekte Sprachregelung, die immer heißt: „Armut kann man nicht verbieten."
Aber, meine Damen und Herren, diese politisch korrekte Sprachregelung ist ja, wie es meistens bei diesen
Sprachregelungen ist, einfach grundfalsch. Denn wie
schaut denn die Realität aus? Es gibt die organisierte
Bettelei, die Bettlermafia. Hauptsächlich aus Osteuropa
stammen die Bettler und werden eigentlich mit Zwang
von ihren Bossen, von den Bossen der Bettlermafia, in
organisierten Fahrten nach Österreich gebracht. Sie
werden in schlechtesten Unterkünften untergebracht und
Landtag, 18. WP
30. März 2007
auf ihren Standplätzen abgeliefert. Dann wird von so
genannten Aufpassern abkassiert, und die Bettler müssen ihre Losung sofort wieder hergeben.
Egal, ob in Einkaufsmeilen, auf Märkten oder auf
sonstigen Plätzen, es hat sich überall eine Bettlerszene
entwickelt. Die Wienerinnen und Wiener, meine Damen
und Herren, die es bisher geduldig ertragen haben, bemerken ja mittlerweile, dass es sich bei diesen Menschen nicht nur um Bedürftige handelt, sondern eben um
Ausgebeutete, um selbst Ausgebeutete, die missbraucht
werden und mit der Bettelei überhaupt keine Zukunft
haben, aus ihrer Armut auszubrechen.
Immer öfter betrifft diese Bettelei Behinderte, Kranke,
Strafunmündige, vor allem auch Kinder und zuletzt sogar
Kleinkinder. Es ist dieser Umstand ja besonders verwerflich, weil sich gerade diese Personen in einer großen
Abhängigkeit befinden und gegen alle Menschenrechte,
meine Damen und Herren, ausgebeutet werden.
Es ist dieses Problem seit Jahren bekannt. Es kulminiert jetzt im Frühjahr wieder in Wien, und es wird von
der Stadtverwaltung eigentlich ignoriert.
Meine Damen und Herren! Wir haben diese Anfrage
gestellt, weil sich immer mehr Menschen, weil sich immer mehr Wienerinnen und Wiener jetzt über diese Bettlerszene beschweren.
Einige Beispiele: Die U-Bahnen werden von diesen
Bettlern geradezu gestürmt. Ein U-Bahn-Benützer berichtet etwa, dass vor allem die neuen Garnituren in der
U6 hier betroffen sind, wo es keine Zwischentüren mehr
gibt, wo die Bettler ganz vorne einsteigen, dann durchgehen und jedem Benützer der U-Bahn dort ihre bettelnde Hand entgegenstrecken.
Meine Damen und Herren! Es hätte die U-BahnAufsicht auch die Pflicht, hier einzuschreiten, denn die
Beförderungsbedingungen der Wiener Linien verbieten
das ja. Die Durchsagen, die es gibt, sind lobenswert,
aber die sind zuwenig. Es müsste da natürlich die Aufsicht der U-Bahn einschreiten und die Bettler sofort aus
der Station verweisen.
Das nächste Beispiel. Eine Frau berichtet: „Als ich in
Hütteldorf einem besonders lästigen und zudringlichen
Bettler kein Geld gab, warf dieser mir voll Zorn seine
Krücken nach.“
Drittes Beispiel von einem Passanten auf der Mariahilfer Straße: „Ich beobachtete, wie eine Art Aufseher der
Ostmafia seine bettelnden Mitarbeiter abkassiert hat. Als
sie mich bemerkten, spuckte mich einer an.“
Und das vierte Beispiel: Aggressive Bettlerbanden,
Obdachlose treiben seit Jahren beim Franz-JosefBahnhof ihr Unwesen, im 9. Bezirk, in Wien-Alsergrund,
wo sich die Bettlerbanden, wie wir in Puls-TV gesehen
haben, sogar schon zu einer Konkurrenz zu unseren
eigenen Sandlern entwickelt haben. Dort, meine Damen
und Herren, machen die Bettler nicht einmal mehr vor
Volksschülern Halt. Die Polizei im 9. Bezirk kennt das
Problem. Die Polizei berichtet hier: Wenn die Bettler viel
getrunken haben, werden einige besonders aggressiv.
Viele Schüler, auch Jugendliche, haben Angst vor den
Obdachlosen. Wenn sie nicht gerade betteln, gehen
9. Sitzung / 54
einige von ihnen zum benachbarten Supermarkt stehlen.
– Soweit der Polizeibericht vom Julius-Tandler-Platz.
Meine Damen und Herren! Jetzt schlagen auch die
Eltern bereits Alarm, weil sie um die Sicherheit ihrer
Kinder bangen. Kinder aus der Volksschule in der Nähe
werden nämlich bedrängt, und einige dieser Schulkinder
müssen aus Angst bereits ihr Taschengeld hergeben.
Ein Bub, der 9 Jahre alt ist, braucht psychologische Hilfe.
Der 9-jährige Dominik geht in einen Hort in der Marktgasse, der muss Tag für Tag durch die Bahnhofshalle,
und sein Vater berichtet: „Die schulischen Leistungen
meines Sohnes haben in den vergangenen Wochen
stark nachgelassen, und seit Kurzem wissen wir auch,
warum. Schon seit Tagen wird der Bub auf dem Heimweg von einem obdachlosen Polen angesprochen, der
ihn täglich aggressiv um ein paar Cent anbettelt. Der Bub
leidet seit den Vorfällen an Schlafstörungen, hat Angstattacken durch diese Bettelei und traut sich nicht einmal
mehr zur Schule.“
Meine Damen und Herren! Da frage ich Sie: Wie lange wollen Sie hier eigentlich noch warten? Was muss
noch alles passieren? Wir fordern Sie auf: Nehmen wir
doch endlich die Wienerinnen und Wiener in Schutz!
Beschließen Sie mit uns ein Bettelverbot, meine Damen
und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)
Wir müssen daher beim Gesetz ansetzen, denn es
gibt ja ein Landes-Sicherheitsgesetz, aber das ist rechtlich unzulänglich, und die Lage verschärft sich immer
mehr. Vor etwa fünf Jahren haben wir hier in diesem
Haus Änderungen, Verschärfungen dieses Gesetzes
beantragt, aber zahlreiche Änderungsvorschläge der
Wiener Freiheitlichen sind einfach abgelehnt worden,
sind von der SPÖ-Mehrheit hier ignoriert worden. Nun ist
das Problem virulent, und wir können es nur mehr mit
einem generellen Verbot in den Griff bekommen. Denn
derzeit ist ja nur das aufdringliche oder das aggressive
Betteln verboten (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Und das
organisierte Betteln!) und das organisierte, aber was
auch dringlich ist etwa, ist ein unbestimmter Begriff. Die
Polizei kann das nicht nachweisen. Die Bettler verlegen
ihren Standort, Aufpasser melden jeden Polizisten, der
sich nähert. Die Hintermänner verstecken sich, wechseln
ihre räumliche Situation. Nur wenn es ein generelles
Verbot gibt, bekommen wir diese Unschärfen in den Griff
und erleichtern dann auch der Polizei die Arbeit.
Was ist daher zu tun? Wir brauchen erstens einmal
ein generelles Bettelverbot in ganz Wien.
Zweitens: Wir brauchen aber auch auf Bundesebene
eine neue Regelung, einen neuen Straftatbestand, einen
neuen Tatbestand im Strafgesetzbuch. Wir wollen einen
neuen Straftatbestand für gewerbsmäßige organisierte
Bettelei. Wer gewerbsmäßig Bettelei organisiert, soll in
Hinkunft mit Arreststrafe bestraft werden. Wir würden
dadurch der Polizei auch die Arbeit erleichtern, meine
Damen und Herren. Wir würden es der Polizei ermöglichen, Festnahmen auszusprechen, was jetzt nicht möglich ist. Wir würden es der Polizei ermöglichen, gegen die
Hintermänner Haftbefehle zu erlassen. Haftbefehle wären dann auch möglich gegen die Bosse. Genau gegen
Landtag, 18. WP
30. März 2007
die Bosse der Bettlermafia wären dann Haftbefehle möglich.
Wir meinen daher, wer gewerbsmäßig Bettelei organisiert, wer das gewerbsmäßig organisiert und andere
dadurch ausbeutet, wer andere ausbeutet, die dann für
ihn in der Kälte sitzen müssen, wer Kinder ausbeutet, die
dann für ihn in der Kälte sitzen müssen, wer diese Verbrechen begeht, der soll mit einem Jahr Freiheitsstrafe
bestraft werden, meine Damen und Herren. (Beifall bei
der FPÖ.)
Was brauchen wir noch? Es müssen alle Bandenmitglieder dingfest gemacht werden. Wir brauchen eine
Aufstockung der Polizei. Wir brauchen – und das ist in
diesem Haus, glaube ich, unbestritten – 1 600 neue
Dienstposten bei der Polizei. Wir warten hier noch auf
die Einlösung dieses Wahlversprechens des Herrn
Prof Kopietz, aber auch unseres Herrn Bürgermeisters.
Wir brauchen aber, weil die Polizei so überlastet ist,
auch einen städtischen Ordnungsdienst. Wir wollen
einen städtischen Ordnungsdienst, wie es die Parksheriffs derzeit etwa gibt. Wir wollen, dass diese Parksheriffs
Gemeindesheriffs werden, Gemeindesheriffs, die dann
nicht nur für den Parkraum zuständig sind, sondern die
auch für alle anderen Landeskompetenzen zuständig
sind: für den Hundekot, für die Gehsteigverunreinigung
und eben auch für die Bettelei. Erst wenn es diese Maßnahmen gibt, mehr Polizei, Gemeindesheriffs, erst dann
wird es Erfolge geben. Denn nur, wenn man die Bettler
bei ihrem Geschäft stört, wenn man den Bossen der
Bettlermafia ihre Erträge möglichst schmälert, dann
werden sie nicht mehr zu uns kommen.
Meine Damen und Herren! Ich bringe daher einen
Beschlussantrag ein.
„Der Wiener Landtag wolle beschließen: Das zuständige Mitglied der Wiener Landesregierung der Geschäftsgruppe Integration, Frauenfragen, Konsumentenschutz und Personal wird aufgefordert, dem Landtag
einen
Novellenentwurf
zum
Wiener
LandesSicherheitsgesetz vorzulegen, in dem ein generelles
Bettelverbot eingeführt wird.
Meine Damen und Herren! In formeller Hinsicht beantrage ich die sofortige Abstimmung.“
Und ich bitte Sie: Stimmen Sie diesem Antrag zu!
Stimmen Sie mit uns für ein generelles Bettelverbot!
(Beifall bei der FPÖ.)
Es gibt ja in anderen Bundesländern die Vorbilder
dazu. Es gibt etwa im SPÖ-regierten Salzburg dieses
Vorbild. In Salzburg hat die Sozialdemokratie offenbar
kein Problem damit, in Salzburg hat die Sozialdemokratie
Bodenhaftung, dort ist ein Bettelverbot möglich. Auch in
Tirol. In Tirol gibt es genau diesen Paragraphen eines
generellen Bettelverbotes. Dort in Tirol ist es möglich,
aber bei uns in Wien, wo die Situation noch viel schlimmer ist als in Salzburg oder in Tirol, bei uns ist das nicht
möglich, da drückt man sich mit irgendwelchen Ausreden.
In Baden gibt es ein Bettelverbot, meine Damen und
Herren! In der Oststeiermark in der Gemeinde Fürstenfeld ist dieses Bettelverbot bereits eingeführt worden.
9. Sitzung / 55
Dort hat auch das Land Steiermark nach einer Prüfung
festgestellt, dass dieses Bettelverbot verfassungskonform ist, weil das im Vorfeld bestritten wurde. Es wird
durch ein solches Bettelverbot kein Grundrecht verletzt,
weder das Grundrecht auf Privatsphäre noch etwa die
persönliche Freiheit. Es ist hundert Tage her, dass die
Gemeinde Fürstenfeld dieses Bettelverbot eingeführt hat,
und man hat in Fürstenfeld bereits eine positive Bilanz
gezogen. In Fürstenfeld sagt man: Wir haben genau den
Effekt erzielt, den wir erzielen wollten. Es gibt seither in
Fürstenfeld keine Bettelei mehr.
Meine Damen und Herren! Es ist Mitleid mit bettelnden und ausgebeuteten Menschen, Mitleid besonders
mit Behinderten und Kindern natürlich richtig, aber die
Armut, die diesen Menschen ihre Würde raubt und sie
zum Betteln nötigt, die kann ja mit dieser Bettelei niemals
beseitigt werden. Man darf daher diese Bettler nicht, so
wie das derzeit in Wien praktiziert wird, hilflos ihren kriminellen Hintermännern ausliefern. Wir müssen daher
verantwortungsbewusst handeln und vor allem die Kinder von der Straße holen. Wir müssen vor allem die
Kinder betreuen, damit sie in ihre Heimat zurückkehren
können. Wenn das Jugendamt, von dem man in diesem
Zusammenhang viel zu wenig hört, nicht in der Lage ist,
nicht die Ressourcen hat, sich darum zu kümmern, dann
muss man das Jugendamt auch mit den speziellen Ressourcen ausstatten, um hilflose Personen, vor allem
Kinder, effektiv schützen zu können.
Meine Damen und Herren! Es geht hier um die Einhaltung der Regeln des öffentlichen Zusammenlebens,
und diese Regeln des Zusammenlebens sollten für alle
Menschen in dieser Stadt gelten. Und wenn wir hier
konsequent gegen die organisierte Bettelmafia vorgehen,
wenn wir konsequent gegen die organisierte Kriminalität
vorgehen, dann helfen wir nicht nur der Wiener Bevölkerung, die immer mehr unter dieser Bettelei leidet, dann
helfen wir auch – und das ist wirtschaftlich ein wichtiger
Faktor – dem Wiener Tourismus, der bereits unter dieser
unerträglichen Situation leidet. Und, meine Damen und
Herren, wir helfen durch ein rigoroses Vorgehen gegen
diese Bettelmafia vor allem den Bettlern, und hier vor
allem den Schwächsten, nämlich den Bettelkindern.
Denn, meine Damen und Herren, die Kinder hier auf den
Plätzen und in den Straßen Wiens weiter betteln zu
lassen, sie den Hintermännern wie bisher schutzlos
auszuliefern, das ist ganz sicherlich der falsche Weg.
Meine Damen und Herren! Ich meine daher: Schauen
wir nicht länger zu, wie die Kinder hier den ganzen Tag
verschmutzt in der Kälte sitzen, wie Kranke, Behinderte
hier den ganzen Tag in der Kälte sitzen! Schauen wir
nicht länger zu, wie die Bettelmafia hier Kinder ausbeutet, wie sie Kranke und Behinderte ausbeutet!
Wir laden Sie daher ein, meine Damen und Herren:
Beschließen Sie mit uns in diesem Haus ein Bettelverbot, ein generelles Bettelverbot für ganz Wien! (Beifall
bei der FPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke für die Begründung.
Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich
Landtag, 18. WP
30. März 2007
die Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe
Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und
Personal zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Danke schön. –
Sehr gehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und
Herren!
Lassen Sie mich vorweg vor dieser Beantwortung der
Fragen eines sagen: Ich sehe die Bettelei in aller erster
Linie im Zusammenhang mit sozialen Fragen. Will man
Bettelei verhindern, dann wird das Verbot nicht der richtige Weg sein, sondern dann wird es darum gehen, die
gesellschaftliche Situation, die soziale Situation dieser
Menschen zu verbessern.
Die Stadt Wien unternimmt hier sehr viel in dieser
Hinsicht. Wir haben viele Angebote, und wir versuchen,
das Problem der Bettelei an den Wurzeln zu packen.
Und ich denke mir, eines ist ganz wichtig: Hier ist nicht
immer die einfachste Lösung, nämlich der Ruf nach mehr
Polizei, die beste Lösung, sondern da sind intelligente
Lösungen gefragt. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich möchte jetzt zur Beantwortung Ihrer Fragen
kommen.
Zu den Fragen 1 und 2: Änderung der derzeitigen
Rechtslage beziehungsweise des Wiener LandesSicherheitsgesetzes.
Der § 2 des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes
stellt aggressives, aufdringliches und organisiertes Betteln unter Strafe. Und das ist ausreichend – ausreichend,
um die Bevölkerung vor Belästigung durch Bettelei zu
schützen.
Auch die Strafbarkeit von Bettelei als Beteiligter einer
organisierten Gruppe, so wie Sie es fordern, ist bereits
geltendes Recht. (Abg Mag Wolfgang Jung: Hoffentlich!)
Weiters besteht die Möglichkeit der Wegweisung von
aggressiven Bettlerinnen und Bettlern nach Anweisung
und Abmahnung.
Das Festhalten, das Ergreifen oder Zupfen am Gewand und das Versperren des Weges kann bereits nach
dem Tatbestand der Unfugabwehr des Wiener LandesSicherheitsgesetzes bestraft werden. (Abg DDr Eduard
Schock: Das ist ja nicht beweisbar, Frau Kollegin! Das ist
ja nicht beweisbar!)
AnstifterInnen zur Bettelei sind nach dem § 7 des
Verwaltungsstrafgesetzes strafbar.
Die Verhängung höherer Geldstrafen bei Anstiftung
von Frauen und Kindern zur Bettelei und auch von Behinderten kann bereits nach den Bestimmungen des
Verwaltungsstrafgesetzes über erschwerende Strafzumessungsgründe erfolgen.
Auch der Verfall von Geld, das durch strafbare Bettelei beschafft wurde, kann verfügt werden.
Für die Bundespolizeidirektion Wien als zuständige
vollziehende
Behörde
des
Wiener
LandesSicherheitsgesetzes sind also bereits die notwendigen
rechtlichen Bestimmungen vorhanden, um aggressives
und organisiertes Betteln zu bekämpfen. Der Handlungsbedarf für die Bekämpfung der so genannten Bettlermafia besteht auf Seiten der Polizei. Somit ist der Herr
Innenminister gefordert, der Wiener Polizei ausreichende
9. Sitzung / 56
Personalressourcen zur Verfügung zu stellen.
Nach aktuellster Mitteilung der Bundespolizeidirektion
Wien wurden von den Polizeikommissariaten im
Jahr 2006 577 Verfahren wegen strafbarer Bettelei geführt. Die Kontrollen erfolgen im Rahmen von Schwerpunktaktionen, aber auch im Zuge des Streifendienstes.
Die Polizei führt über Wegweisungen von BettlerInnen
nach dem Wiener Landes-Sicherheitsgesetz keine Statistik. Obwohl die Stadt Wien für den Vollzug des Wiener
Landes-Sicherheitsgesetzes nicht zuständig ist, stellt die
Stadt Wien der Bundespolizeidirektion Wien Mitarbeiter
der Magistratsdirektion, Geschäftsbereich Organisation
und Sicherheit, die Gruppe Krisenmanagement und
Sofortmaßnahmen als Unterstützung für diese Schwerpunktaktionen gegen verbotene Bettelei zur Verfügung.
Mit Beginn der Sicherheitspartnerschaft zwischen der
Stadt Wien und dem Bundesministerium für Innere Angelegenheiten ab April 2005 wurden von der MDKS bereits
83 gemeinsame Überprüfungen mit der Polizei gegen
Bettelei in Wien durchgeführt. Diese gemeinsamen
Überprüfungen fanden in folgenden Bereichen statt:
1. Bezirk, Innere Stadt: 42; 4. Bezirk in der Nähe des
Naschmarktes und am Naschmarkt: 26; 6. und 7. Bezirk,
Ebene Mariahilfer Straße: 10; U-Bahn-Stationen – da ist
es auch speziell um Bettlerkinder gegangen – 2; und
Bettlerwohnungen im 2., 10., 16. und 17. Bezirk: 3.
Bei diesen Aktionen hat die Polizei insgesamt 300
bettelnde Personen überprüft, und im Einzelnen konnten
folgende Maßnahmen gesetzt werden: Anzeigen nach
dem Wiener Landes-Sicherheitsgesetz oder Fremdenrecht: 131; Festnahmen nach dem Fremdenrecht oder
der Arrestüberstellung: 35; Organmandate oder Geldabnahmen: 30; Wegweisungen: 150. Zusätzlich konnten
bei Bettlerwohnungsüberprüfungen 24 Adressen mit 60
angetroffenen Personen und neun Festnahmen nach
dem Fremdenrecht festgestellt werden.
Weiters wurden im März 2007 Kontrollen von vier illegalen Bettlerunterkünften mit insgesamt 32 aufhältigen
Personen im 11. Bezirk und die anschließende Sperre
dieser Objekte durchgeführt.
Und von wegen, die Stadtverwaltung ignoriert. Mitnichten! Seit Anfang März 2007 – also mit dem Saisonbeginn, wie Sie es nennen – wird an den Wochenenden
eine gemeinsame Schwerpunktaktion mit der Polizei bis
zu den Osterfeiertagen in den Bereichen Innere Stadt
und Mariahilfer Straße durchgeführt. Danach wird von
der MDKS ein Lagebild erstellt und dann einvernehmlich
mit der Polizei die weitere Vorgangsweise festgelegt.
In den beiden vergangenen Jahren hat sich in den
von der Polizei intensiv bestreiften Bereichen Innere
Stadt und Naschmarkt eine spürbare Verbesserung der
Situation ergeben. Auch in der Mariahilfer Straße wurden
jüngst weniger Bettlerinnen und Bettler angetroffen.
Die bei den gemeinsam durchgeführten Kontrollen
angetroffenen BettlerInnen stammen zum überwiegenden Teil aus der Slowakei und aus Rumänien. Die Anzahl der in den Vorjahren oft tätigen bulgarischen Bettlerinnen und Bettler hat sich verringert. Jene der bettelnden Personen aus der einheimischen Obdachlosen- und
Landtag, 18. WP
30. März 2007
Suchtgiftszene blieb annähernd gleich.
Als zusätzliche Maßnahmen werden in der Inneren
Stadt seit Oktober 2005 von der Polizei täglich Bettlerstreifen durchgeführt, und seit Juni 2006 wird gemeinsam mit den Wiener Linien auch eine verstärkte Überwachung im gesamten U-Bahn-Bereich vorgenommen.
Abgesehen von der notwendigen Bekämpfung der
Bettlermafia, der notwendigen Bekämpfung der organisierten Ausbeutung von Bettlerinnen und Bettlern durch
die Polizei, ist es sinnvoll, die sozialen Ursachen der
Bettelei zu bekämpfen und damit Bettlern in die Gesellschaft zurückzuhelfen. Der Fonds Soziales Wien bietet
mit seinen KooperationspartnerInnen insbesondere im
Tageszentrum für Obdachlose und in der Straßensozialarbeit mit „Josi" und der „wieder wohnen" GmbH, dem
Beratungszentrum der Gruft, der Caritas und Angeboten
des Vereins Wiener Sozialprojekte aufsuchende Hilfe
durch Straßensozialarbeit für obdachlose bettelnde Menschen in niedrigschwelliger Weise vor Ort an. Die MitarbeiterInnen arbeiten im Rahmen dieser Tätigkeit auch
mit der Polizei zusammen, um Informationen auszutauschen. StreetworkerInnen werden an sozialen Brennpunkten wie dem Karlsplatz, dem Praterstern, dem
Franz-Josef-Bahnhof regelmäßig eingesetzt. In Vernetzungstreffen wird das Wandern der Szene durch Wien
beobachtet, um mit passenden Angeboten rechtzeitig
adäquat reagieren zu können.
Zur Frage 3, Bettelverbot: Ich halte unsere zahlreichen Maßnahmen für wesentlich sinnvoller, um BettlerInnen zurück in die Gesellschaft zu helfen, als ein absolutes Bettelverbot. Ein solches absolutes Bettelverbot
würde Menschen in sozialer Notlage, die das Betteln
nicht in organisierter oder aggressiver oder andere Menschen ausnützender Weise betreiben, diskriminieren und
kriminalisieren. Das lehne ich ab, ich bin vielmehr der
Meinung, dass die Ursache der Bettelei zu bekämpfen
ist. (Beifall bei der SPÖ.)
Zu Ihrer Frage 4, den Bettelverbotszonen: Auch einem Erlass von Betteleiverbotszonen an neuralgischen
Punkten stehe ich ablehnend gegenüber, da die Bevölkerung in ganz Wien vor aggressiver und organisierter
Bettelei schutzwürdig ist. Es würde den Gleichheitsgrundsatz verletzen, AnrainerInnen beziehungsweise
BenützerInnen bestimmter Straßen oder Plätze nur abgestuft für schutzwürdig zu erklären. Im Übrigen würden
Betteleiverbotszonen nach dem so genannten Florianiprinzip, bei dem wir ja heute in der Früh schon einmal
waren, nur zu einer Verlagerung der Bettelei führen.
Frage 5, städtischer Ordnungsdienst: Die Möglichkeit
der Einrichtung von Wachkörpern als Land oder als
Gemeinde steht der Stadt Wien nicht offen. Dies ergibt
sich aus dem Konkurrenzverbot des Art 78d Abs 2 Bundes-Verfassungsgesetz, welches vorsieht, dass im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion, der
eine Bundessicherheitswache beigegeben ist, von einer
anderen Gebietskörperschaft ein Wachkörper nicht aufgestellt und unterhalten werden darf, wodurch der Stadt
beziehungsweise dem Land Wien die Möglichkeit zur
Einrichtung dieser Stadtwache als Organe der öffentli-
9. Sitzung / 57
chen Sicherheit genommen ist. Es besteht nur die Möglichkeit, so genannte Organe der öffentlichen Aufsicht zu
bestellen. Diese können Überwachungstätigkeiten ausüben sowie strafbare Sachverhalte aufklären und Anzeige
erstatten. Die Rechte, die jedem Organ der öffentlichen
Sicherheit zustehen, nämlich insbesondere das Recht
zur Festnahme, wenn der Betretene dem anhaltenden
Organ unbekannt ist, sich nicht ausweist und seine Identität auch sonst nicht feststellbar ist oder begründeter
Verdacht besteht, dass er sich der Strafverfolgung zu
entziehen versucht, aber der Betretene trotz Abmahnung
in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt oder
sie zu wiederholen sucht, das steht diesen Organen der
öffentlichen Aufsicht nicht zu.
Das bedeutet in der Praxis, dass Organe der öffentlichen Aufsicht Verdächtige zwar zur Ausweisleistung
auffordern könnten, sie jedoch nicht in der Lage wären,
aus eigener Berechtigung heraus diesem Wunsch zum
Durchbruch zu verhelfen. In jeglicher Form der unfreundlichen Auseinandersetzung mit einem Verdächtigen sind
diese daher immer auf die Hilfe von Organen der öffentlichen Sicherheit, das heißt in unserem Falle, Polizistinnen und Polizisten, angewiesen. (Abg DDr Eduard
Schock: Wie bei den Parksheriffs! Da ist es ja genauso!
– Abg Godwin Schuster: Das ist aber schon ein Unterschied!)
Dazu kommt, dass der Landesgesetzgeber derartige
Organe der öffentlichen Sicherheit nur in jenem Bereich
einrichten darf, wo ihm gemäß Art 15 Abs 1 B-VG eine
Regelungskompetenz und damit auch eine Organisationskompetenz zukommt. Das bedeutet, dass das hier
nur in sehr, sehr eingeschränktem Ausmaß überhaupt
möglich ist. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass
unsere Magistratsdirektion, MDKS, wenn auch nicht mit
einem Wachkörper, so doch mit ihren Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern, die Polizei nach besten Kräften unterstützt. (Beifall bei der SPÖ.)
Zur Frage 6, Hilfe für verschleppte Frauen, Kinder
und Menschen mit besonderen Bedürfnissen: Seitens
der Stadt Wien, der MA 35, wurde beim Innenministerium ein Erlass erwirkt, nach dem EU/EWR-BürgerInnen,
die Opfer von Menschenhandel geworden sind, jedenfalls, auch ohne Nachweis, dass sie über ausreichende
finanzielle Mittel verfügen, eine Anmeldebescheinigung
bei der MA 35 erhalten. Mit dieser Anmeldebescheinigung dürfen sich EU/EWR-BürgerInnen in Österreich
über die sonst vorgeschriebenen drei Monate hinaus
legal aufhalten.
Die Stadt Wien, MA 11, betreut auf Basis des Wiener
Jugendwohlfahrtsgesetzes Kinder und Jugendliche, die
zu organisierter Bettelei eingesetzt werden. Mit der Wiener Polizei wurde vereinbart, dass die Polizei die Daten
bettelnder Kinder auch an die MA 11 weiterleitet. Die
MA 11 prüft dann, ob das Kind seinen festen Wohnsitz in
Wien hat. Bei ständigem Aufenthalt in Wien erfolgt eine
Gefährdungsabklärung durch die zuständige Regionalstelle für soziale Arbeit mit Familien, und es werden in
der Folge die erforderlichen Unterstützungsmaßnahmen
nach dem Wiener Jugendwohlfahrtsgesetz 1990 einge-
Landtag, 18. WP
30. März 2007
leitet.
Dabei handelt es sich zum Beispiel um Vereinbarungen mit der betreffenden Familie über einen Besuch des
Kindes in einem Kindertagesheim oder um die Vermittlung einer Familienhelferin der Caritas, also um situationsangepasste Maßnahmen.
Bei Wohnsitz im Ausland tritt die MA 11 an die jeweilige Botschaft des Herkunftslandes mit dem Ersuchen
um Verständigung der zuständigen Sozialbehörde im
jeweiligen Heimatland des Kindes heran.
Bei Gefahr im Verzug werden bettelnde Kinder ohne
festen Wiener Wohnsitz, wenn sie ohne Begleitung von
Erwachsenen angetroffen werden, in der Drehscheibe,
einer Kriseneinrichtung für unbegleitende Minderjährige
der MA 11, mit dem Ziel der Rückführung aufgenommen.
Auch hier wird Kontakt über die jeweilige Botschaft hergestellt und die Rückführung der Kinder veranlasst. Die
Zusammenarbeit der Stadt Wien mit den jeweiligen Botschaften funktioniert sehr gut und wird laufend verbessert, wobei speziell mit den Ländern Bulgarien und Rumänien hervorragende Kontakte gepflegt werden.
Die MA 11 war maßgeblich an der Schulung der MitarbeiterInnen der rumänischen Kriseneinrichtungen vor
Ort beteiligt, und es werden diese Schulungen auch
heuer weitergeführt. Ebenso wird das nächste Projekt,
die Schulung des Personals von bulgarischen Kinderschutzeinrichtungen, erfolgen. Die MA 11 will mit diesem
Engagement diese Länder beim Aufbau der Jugendschutz- und Jugendwohlfahrtsarbeit unterstützen, da
eine gut funktionierende Jugendwohlfahrt in den jeweiligen Herkunftsländern die Grundlage für eine erfolgreiche
Bekämpfung des Missbrauchs von Kindern zu organisierter Bettelei ist.
An dieser Stelle möchte ich beispielhaft auch die
Maßnahmen aufzählen, die die Stadt Wien setzt, zum
Beispiel für Roma und Sinti, und zwar sowohl im Inland
als auch im Ausland. In Wien machen wird Folgendes:
Die Stadt Wien nimmt die Bedürfnisse und Probleme der
in Wien lebenden Romas sehr ernst. Das zeigt sich auch
darin, dass wir mit der MA 17 und mit unseren eigenen
MitarbeiterInnen genau für diesen Bereich gut zusammenarbeiten. Es gibt regelmäßig Kontakte der Fachabteilungen zu der Volksgruppe. Es gibt gemeinsame sehr
konkrete Aktivitäten gerade im Bereich der Bildung von
Jugendlichen. Da haben wir auch gestern im Gemeinderat eine Vielzahl von Lernprojekten mit der MA 17 beschlossen, und ich glaube, das ist einmal im Inland der
richtige Weg.
Darüber hinaus haben wir auch mit unseren Projekten im Ausland viel fördern können, viel unterstützen
können. Wir haben in Serbien Wohneinheiten für Romaflüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina gefördert, wir haben
in der Ukraine Kurse zur Geburtenkontrolle gemacht,
Mutterberatungsstellen gefördert, wir haben in Bulgarien
Wohneinheiten geschaffen, in zwei Wohnblocks mit zehn
Wohneinheiten, jetzt erst wieder zehn Wohneinheiten im
Stadtteil Istock, wir haben in Rumänien und in Siebenbürgen für Kinder Mittagsmahlzeiten in Kinderhorten
organisiert. (Abg Godwin Schuster: Teilweise sogar mit
9. Sitzung / 58
Unterstützung der FPÖ!) Und das bedeutet aus meiner
Sicht, das Problem an den Wurzeln anzugreifen, und das
ist unser Weg in der Stadt Wien. (Beifall bei der SPÖ.)
Zu den Fragen 7 und 8, mehr Polizeidienststellen beziehungsweise
angebliches
Wahlversprechen
1 500 zusätzliche Dienstposten bei der Polizei: Zu diesen
beiden Fragen möchte ich ausführen, dass Sie von unrichtigen Voraussetzungen ausgehen. Es geht nicht
primär um mehr Dienststellen, also Polizeiinspektionen,
sondern um mehr Polizistinnen und Polizisten auf der
Straße. Der Forderungen nach mehr Polizistinnen und
mehr Polizisten auf der Straße schließe ich mich selbstverständlich an. Ich stelle aber klar, dass es nicht, wie es
in Ihrer Frage ausgeführt wird, ein Wahlversprechen von
uns für mehr PolizistInnen gab, sondern dass das eine
diesbezügliche Forderung von uns an das Innenministerium war. Diese Forderung an den zuständigen Innenminister nach mehr PolizistInnen in Wien bleibt selbstverständlich aufrecht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg DDr Eduard Schock: Das war ein Wahlversprechen! Aber das war
halt vor der Wahl! Wahlversprechen hören Sie nicht
gerne! Bei Wahlversprechen werden Sie nervös, das
weiß ich eh!)
Natürlich sollten PolizistInnen oder PolizeischülerInnen auch nicht, wie das im Dezember zum Beispiel passiert ist und unter anderem auch von den Personalvertretern massiv kritisiert wurde, für den Pistendienst eingesetzt werden, wenn wir sie zum Beispiel hier in Wien
brauchen. Ich finde auch, dass Versetzungen nicht stattfinden sollten, wenn sie nicht unbedingt erforderlich sind.
Ich trete auch dafür ein, dass wir kontinuierlich PolizistInnen mit Migrationshintergrund in der Wiener Polizei
aufnehmen. Darüber hinaus würde ich es auch für sehr,
sehr hilfreich halten, wenn wir einen entsprechend hohen
Anteil – durch die Verlegung der Schengengrenze gibt es
ja da Personalpotenzial – für die Wiener Polizei gewinnen könnten.
Aber ich möchte Ihnen zum Abschluss noch einmal
sagen: Es geht hier um einen wesentlichen, um einen
sozialen Aspekt. Die Stadt Wien setzt auf ein sehr breites Angebot auf dem Sektor Soziales und Jugend, und
da unterstützen wir sowohl mit materiellen Leistungen
und Maßnahmen als auch mit der persönlichen Beratung. Und glauben Sie mir: Weder die Polizei noch Verbote werden letztendlich Armut verhindern. (Beifall bei
der SPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl: Ich danke für die Beantwortung und eröffne die Debatte, wobei ich bemerke,
dass die Dauer der Diskussion maximal 180 Minuten
beträgt.
Zur Debatte über die Beantwortung der Dringlichen
Anfrage hat sich Frau Abg Matiasek zu Wort gemeldet.
Ich erteile es ihr, wobei ich bemerke, dass die Redezeit
für sie und alle nachfolgenden Debattenredner jeweils
20 Minuten beträgt. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.
Abg Veronika Matiasek (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau
Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich möchte vielleicht gleich dort beginnen, wo die
Landtag, 18. WP
30. März 2007
Frau Stadträtin geendet hat, nämlich mit dem sozialen
Aspekt. Natürlich ist Betteln in seiner ursprünglichen
Form von einem sozialen Aspekt begleitet, das ist ja
keine Frage, nur wir haben es hier und heute in Wien in
ganz überwiegender Mehrheit mit einer Bettelei zu tun,
die keinen sozialen Hintergrund hat. Das Geld, sehr
geehrte Damen und Herren, das gutherzige Wienerinnen
und Wiener spenden – und ich behaupte nun einmal,
und das sieht man ja an vielen Spendenaktionen, die
Österreicher und auch die Wiener sind grundsätzlich ein
spendenfreudiges Volk, sind ein gutherziges Volk und
schauen nicht gerne zu, wenn ein anderer leidet; das
sieht man ja immer wieder auch, wenn groß angelegte
Spendenaktionen sind, wenn man nur an die letzte wirklich große Katastrophe jetzt in Asien mit dem Tsunami
denkt –, geht nicht an sozial Bedürftige, meine sehr
geehrten Damen und Herren, der soziale Aspekt ist es ja
in dem Fall nicht. Die Gewinner sind ja nicht die, die auf
der Straße sitzen. Es wird ja nicht die Armut derer bekämpft, die auf der Straße sitzen. Diese Bettelei, diese
organisierte Bettelei, die sich in Wien jetzt breit gemacht
hat, dient ja einzig einer ganz kleinen Gruppe, einer ganz
kleinen kriminellen Gruppe, das sind Bandenbosse, die
sich einen Lebensstil leisten, indem sie Leute auf die
Straße schicken, einen Lebensstil, den wir – mit „wir"
meine ich das jetzt auf die Wiener bezogen – doch wirklich nicht möglich machen sollten.
Ich glaube, solange unsere Stadt attraktiv für diese
Bandenbosse ist, um hier gewerbsmäßig – kann man
sagen – ihr Unwesen zu treiben, solange wird sich auch
nichts ändern. Es ist schön und gut, wenn wir eine Reihe
von Maßnahmen machen, die alle jetzt angeführt wurden, aber ohne ein Verbot, damit diese Bettelei in unseren Geschäftsstraßen, auf unseren Plätzen nicht mehr
stattfinden kann, wird sich sicher nichts ändern.
Kommen wir etwa zu dem Aspekt der Zonen. Ja,
man muss schon eines sagen: Hier wird es nicht nach
dem Florianiprinzip gehen, sondern die Überlegung ist so
schlecht nicht, denn wo findet denn die Bettelei statt? Ja
doch nur dort, wo sich möglichst viele Menschen aufhalten, die dann auch potenzielle Opfer sind. Ich kann das
jetzt so sagen, denn die, die diesen organisierten Banden gegenüber ihre Brieftaschen weit machen, sind ja in
Wirklichkeit Opfer, weil ihre Gutgläubigkeit ausgenützt
wird, und zwar in schäbigster Weise ausgenützt wird. Sie
gehen also nur dorthin, wo potenzielle Opfer sind. Das
heißt, man kann sich sehr wohl überlegen, ob man in
besonders betroffenen Gebieten etwas macht, denn dort,
wo es besonders viele Geschäfte gibt, dort, wo ein starker Fußgängerstrom ist, wo ein großer Passantenstrom
unterwegs ist oder etwa an Verkehrsknotenpunkten, dort
werden sicher auch Bettler vorzugsweise ihr Geschäft
betreiben. Selbstverständlich muss man sich da auch
überlegen, dass man diese Zonenbettelei unterbindet,
wenn wir eben nicht überhaupt – und das wäre ja unser
Vorschlag, und ich meine, ein guter Vorschlag – ein
generelles Bettelverbot für unsere ganze Bundeshauptstadt, so wie es auch in anderen Städten bereits möglich
geworden ist, hier einrichten
9. Sitzung / 59
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht ja
nicht nur um die Straßenbettelei allein, und jeder, der
sich ein bisschen damit beschäftigt – und ich gehe davon
aus, dass Sie das tun und dass Sie das auch wissen –,
weiß ja, dass auch die Begleitkriminalität eine nicht zu
geringe ist. Was passiert denn wirklich, wenn die gutherzige Wienerin ihr Börsel öffnet, um da jetzt 50 Cent oder
1 EUR oder vielleicht auch 2 – und so wenig Geld ist ja
das nicht – in das hingehaltene Becherl zu werfen? Da
steht ja hinterm nächsten Hauseck bereits einer, der
genau beobachtet, wie der Vorgang ist, der genau beobachtet, wo diese Dame dann ihr Geldbörsel einsteckt
und hupp, wupp, hinter der nächsten Ecke hat sie ihre
Brieftasche nicht mehr. So schaut ja die Realität aus.
Diese Bettelei zieht ja auch eine Reihe von Begleitkriminalität nach sich; Begleitkriminalität in Form von
Taschendiebstahl, Begleitkriminalität in Form von Einbruchsdiebstahl. Ja, glauben Sie, in den Bussen, die da
tagtäglich in Wien ankommen, sitzen nur diese Bettler
drinnen, die dann auf der Straße zu finden sind? So ist
es nicht. In Wirklichkeit fahren da natürlich auch die mit,
die dann auf Einbruchstour gehen oder die sich etwa in
betrügerischer Absicht den Wienern, aber auch den
Touristen nähern.
Ich darf in diesem Zusammenhang nur daran erinnern – wir leben ja auch sehr stark vom Tourismus, und
das ist hier auch schon angesprochen worden –, auch
die Touristen werden Opfer einerseits der Bettelei und
auf der anderen Seite etwa einer Kriminalität im Bereich
Betrug, etwa durch falsche Polizisten, wo es für Touristen eben nicht so auffällig ist, dass die der deutschen
Sprache nicht mächtig sind, wo es für Touristen nicht zu
erkennen ist, dass die von ihrer Ausstattung her ja gar
keine Polizeibeamten sein können. Und diese Leute
haben sich dann eben von Touristen Geld erschlichen.
Das gehört ja alles zu diesem Umfeld. Das hängt ja
alles zusammen. Ein Zweig ist die Bettelei, ein Zweig ist
der Taschendiebstahl. Das ist untrennbar verbunden.
Das hat man ja auch bei den Kindern gemerkt. Die, die
nicht gebettelt haben, sind auf Diebstour unterwegs. Das
müssen wir ja immer wieder feststellen. Natürlich gezwungenermaßen, aber es ist alles in allem eine Organisation, die ein weites Feld an Kriminalität über unsere
Stadt ausgeschüttet hat.
Ich glaube, wir müssen uns dagegen verwehren und
wir dürfen es einfach nicht möglich machen, dass organisierte Kriminelle in dieser Stadt ein so leichtes Spiel
haben. Und wenn wir den sozialen Aspekt immer wieder
ansprechen, so müssen wir da einfach dagegen sagen,
in dem Fall dient die Bereicherung einzig und allein einer
Gruppe, die ohnehin schon genug hat, die noch dazu
kriminell ist und von der wir wirklich nicht wollen, dass sie
sich noch weiter bereichert, und zwar eben auf dem
Rücken anderer Menschen.
Ich habe jetzt nicht ein Mal gehört, dass Wiener Sozialpolitiker gesagt haben: Wenn in Wien jemandem Hilfe
zusteht, wenn in Wien jemand Hilfe braucht, dann hat er
sie auch. Was ist eigentlich der Umkehrschluss? In Wien
muss kein armer Mensch betteln gehen, sondern er hat
Landtag, 18. WP
30. März 2007
ein ausreichendes soziales Netz, das für seine Bedürfnisse aufkommt. (Abg Godwin Schuster: Da geben Sie
einmal zu, dass es so ist!) Das heißt, es geht ja gar nicht
– und das wissen Sie ja auch ganz genau – um die Armut der Bettler in Wirklichkeit, sondern es geht in erster
Linie – und das sieht man ja und das Phänomen ist ja in
den letzten Jahren geradezu explosionsartig in Wien
aufgetreten, nicht nur in Wien, aber andere Städte haben
sich bereits dagegen gewehrt, während man in Wien das
eben nicht tun will –, es geht also in erster Linie um diese
explosionsartig aufgetretenen Straßenbettler, die in mehr
oder weniger aggressiver Form hier auf Straßen, auf
Plätzen, aber vor allem auch in den Verkehrsmitteln
unterwegs sind und die Leute anbetteln. Und während
sie die Geldtasche zücken, macht ein Komplize seine
entsprechenden Beobachtungen, und der Dritte, der mit
im Bunde ist, handelt dann entsprechend und erleichtert
die Leute um ihr Geldbörsel oder um andere Dinge. So
schaut halt die Realität aus! (Abg Godwin Schuster:
Haben Sie das gesehen?)
Eine ganz besonders betroffene Personengruppe
sind natürlich unsere Senioren, wo diese Dinge noch
weitergehen, wo wir immer wieder den traurigen Fall
haben, dass etwa Bankanschlussdiebstahlsdelikte stattfinden, wo die Leute wirklich hilflos sind. Es ist auch so,
dass wir hier von einer Dunkelziffer ausgehen müssen –
was ja Fachleute und Experten auch immer wieder sagen –, vor allem unter dem Aspekt, dass Bestohlene –
und hier geht es vor allem um die ältere Bevölkerung –
auch psychisch oft nicht in der Lage sind, dieses Erlebte
noch einmal aufzuarbeiten, zur Polizei zu gehen, um
diesen Diebstahl zu melden. Die sagen sich, mein Gott,
die 100 EUR, auf die kann ich verzichten. Das heißt, ich
kann eigentlich nicht, aber ich verzichte darauf, denn ich
mag das Ganze nicht noch einmal durchleben.
Wir haben es hier also leider mit einer hohen Zahl an
Delikten und einem großen Ausmaß an Kriminalität zu
tun, die auf das Eigentum, auf die Gutherzigkeit, auf die
Gutgläubigkeit der Wiener Bevölkerung abzielt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube,
es ist wirklich notwendig, auch im Sinne unseres Straßenbildes, dass wir Schluss machen damit. Viele Geschäftsstraßen ziehen ja nach und nach nicht nur Bettler,
sondern auch andere Kriminalität an, und diese Form
organisierter Kriminalität können und dürfen wir nicht
dulden.
Wir haben ja eine Reihe anderer Probleme auch
noch, die sich auf das Straßenbild, die Sicherheit und die
Sauberkeit unserer Stadt auswirken. Wir haben heute
schon über die Tätigkeit der Polizei gesprochen, wir
wissen, dass die Polizei personell unterbesetzt ist, dass
die Polizei wahnsinnig viel zu tun hat, und in weiten
Bereichen wäre es natürlich sehr sinnvoll, wenn die
Polizei auch eine entsprechende Unterstützung seitens
eines – wie auch immer man es bezeichnen mag, ich
nenne es jetzt mal städtischen Ordnungsdienst –, wenn
also die Polizei Unterstützung seitens eines städtischen
Ordnungsdienstes bekäme.
Daher haben wir Freiheitlichen auch einen entspre-
9. Sitzung / 60
chenden Antrag eingebracht, in dem wir fordern, dass
der Wiener Landtag beschließen wolle, dass ein städtischer Ordnungsdienst eingerichtet wird, ähnlich den
Organen der Parkraumüberwachung, ausgerüstet mit
einem Funkgerät natürlich, um dann die handelnde Polizei im Fall des Falles herbeizuholen, der vor allem für
Sicherheit, für Ordnung und für Sauberkeit bei uns in
Wien sorgt.
Ich darf diesen Antrag damit überreichen. (Beifall bei
der FPÖ.)
Ich ersuche Sie auch, im Sinne der Wiener Sicherheit, der Wiener Ordnung und der Sauberkeit, diesem
Antrag Ihre Zustimmung zu geben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein ganz
wesentlicher Punkt sind sicher bettelnde Kinder, und ich
stehe auch nicht an, der Institution – ich habe mich da
auch ein bisschen damit auseinandergesetzt –, die vorhin von Frau Stadträtin erwähnt wurde, dieser Kinderdrehscheibe und vor allem ihrem Leiter, der sich da ja
sehr bemüht und einsetzt, durchaus meinen Dank und
meine Anerkennung zu zollen. Kinder sind sicher die, die
in keiner Art und Weise für derlei Verbrechen missbraucht werden dürfen, ebenso natürlich wie gebrechliche und wie kranke Menschen.
Aber es sind ja nicht nur diese. Man erfährt immer
wieder von Beobachtungen der Bevölkerung – mein
Kollege Schock hat ja schon einige Fälle erzählt –, und
auch ich habe das zur Kenntnis bekommen. Ein Beispiel:
6.30 Uhr, Wien Hernals, bei der Vorortelinie, ein Kleinbus, zwei PKW, heraus springen 15 Personen, männlich
und weiblich, also alle gut beweglich, alle gesund. Der
Kofferraum der Autos wird geöffnet, sie werden dann
ausgerüstet mit einem klappbaren Rollstuhl, den klemmt
sich einer unter den Arm, der andere nimmt sich eine
Krücke, ein paar Stockerln. So gehen sie zum öffentlichen Verkehrsmittel beziehungsweise bewegen sich
einigermaßen schnell dorthin, um dann, wie unschwer
daraus zu erkennen ist, in der Hernalser Hauptstraße, im
EKZ Hernals, vielleicht auch weiter drinnen auf der
Alserstraße ihrer organisierten Tätigkeit nachzugehen.
Also es sind ja nicht nur Kinder, Alte oder Schwache
oder Kranke oder Behinderte, die ausgenützt werden,
sondern das macht einfach professionell auch eine ganze Reihe durchaus arbeitsfähige Menschen. Und wenn
die Schicht um ist – auch das wissen wir aus Beobachtungen –, springt der eine aus dem Rollstuhl – das geschieht ganz ungeniert vor den Augen der Bevölkerung;
der Passantenstrom ändert sich ja dauernd, daher sieht
das nur ein kleiner Teil –, und der Nächste setzt sich in
den Rollstuhl hinein, klemmt das Bein ein und spielt auf
Gelähmten.
Also ich glaube wirklich, das ist eine Situation, der wir
so nicht zuschauen dürfen. Ich glaube vor allem, dass
wir hier am besten fahren, wenn wir grundsätzlich sagen:
Wien ist sozial doch so gut versorgt, dass heute, wie
selbst SPÖ-Sozialstadträte immer wieder sagen, ja keiner durch diesen Rost fällt, dass jeder, der Hilfe braucht,
sie auch entsprechend bekommt.
Das heißt, diese Bettelei, die derzeit in Wien stattfin-
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det, sehr geehrte Damen und Herren, hat keinen sozialen Hintergrund. Daher werden wir bei unserer Forderung nach einem generellen Bettelverbot bleiben, und wir
stellen fest, dass das ein Gebot der Stunde ist.
Und ich sage auch: Wer sich hier dagegenstellt oder
wer sich hier querlegt, der muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er das luxuriöse Leben einiger krimineller Bandenbosse mitfinanziert; mitfinanziert auf dem
Rücken von Kindern, mitfinanziert auf dem Rücken von
abhängig gemachten Menschen, mitfinanziert aber auch
auf dem Rücken der gutherzigen Wiener Bevölkerung.
Wollen Sie kriminelle Bandenbosse unterstützen? – Wir
nicht! (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl: Zu Wort gemeldet hat sich
Herr StR Ellensohn. Ich erteile es ihm.
StR David Ellensohn: Sehr geehrter Herr Präsident!
Meine Damen und Herren!
Im September 2006 ist genau dieses Thema in Graz
im Gemeinderat besprochen worden, eingebracht mit
derselben Schärfe und derselben Härte, allerdings von
der Österreichischen Volkspartei, und nach längerer
Diskussion dort abgelehnt worden. Das werden wir, hoffe
ich, heute am Ende der Debatte hier auch so erleben.
Was dann passiert ist in Graz, war, dass man sich zusammengesetzt hat – nämlich alle Parteien, außer den
Freiheitlichen – in der Pfarre St Vinzenz. Da hat man
nachgedacht, was man tatsächlich tun könnte, und hat
ein Projekt erarbeitet in einer sehr menschlichen Atmosphäre, wie berichtet wird, und hat ein Hilfsprojekt in der
Slowakei beschlossen. Da haben dann auch die Vertreter der Volkspartei, der SPÖ, der GRÜNEN und der KPÖ
zugestimmt.
Im slowakischen Ort Ostice werden Ölkürbisse angebaut. Es gibt ein paar Arbeitsplätze für Roma, die es
nicht leicht haben in ihren Heimatländern, und der Gemeinderat in Graz stellt dafür ein Grundkapital von
30 000 EUR zur Verfügung. Der Pfarrer Bucher war ganz
zufrieden und hat gesagt, ein wichtiges Signal. Nachdem
die Pfarre und die Vinzenzgemeinschaft schon lange
daran arbeiten, sind wir alle sehr zufrieden. – So einfach
könnte man so ein Thema auch abwickeln.
Leider war es bei uns nicht so, sondern was passiert,
wenn ich da drüben sitze? Ich muss mich 20 Minuten
lang von Herrn Schock anschreien lassen, sodass ich
mich fast wegdrehen muss zwischendurch, damit ich
wenigstens keinen Hörschaden erleide, und ich muss mir
einen Haufen Unsinn anhören. (StR Johann Herzog: Das
ist eine untragbare Bemerkung!) Ich muss mir anhören,
es geht darum, ein Gesetz zu entwerfen, dass dieses
und jenes einschränken soll. Das ist ja alles schon geregelt. Natürlich ist es nicht erlaubt, Kinder heranzuziehen
für Kinderarbeit, für Kinderbettelei oder was auch immer,
natürlich ist es nicht erlaubt, dass Banden organisiert
sind und die abschröpfen. Natürlich ist aggressives Betteln nicht erlaubt. Das Landes-Sicherheitsgesetz in Wien
ist so scharf (Abg Dr Herbert Madejski: Wow! wir zittern
alle!), dass wir ja eh immer schon dagegen gestimmt
haben, weil wir als GRÜNE der Meinung sind, dass das
längst zu weit geht, aber das reicht den Freiheitlichen
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nicht, und dann stehen sie da und reden vom aggressiven Betteln und meinen ganz etwas anderes. Es geht
schlicht um das ganz einfache Betteln, um das Herumstehen, denn der Rest ist schon geregelt, und Sie wissen
das natürlich.
Die Problemanalyse der FPÖ schaut ungefähr so
aus: Organisierte Bettelei, Bettlermafia – alles aus den
Anträgen und der Anfrage abgeschrieben –, Gruppen,
die entgegen den Menschenrechten ausgebeutet werden. Das ist sprachlich etwas unklar, denn entweder
verstößt man gegen die Menschenrechte dieser Personen oder man beutet sie aus, aber entgegen den Menschenrechten ausbeuten, würde ja heißen, dass man
innerhalb der Menschenrechte ausbeuten kann, aber ich
sehe der FPÖ immer gerne nach, dass sie mit der deutschen Sprache kämpft. Es ist auch ein schweres Gebiet.
Dann geht es weiter in der Problemanalyse: Kinder
ohne Schulbildung, Kinder verschmutzt. Lauter Sachen,
wo ich sage, sehe ich auch nicht gerne, ja, es ist
schlimm, wenn Kinder dort sitzen auf der Straße. Das
trifft einen. Manche Leute fühlen sich dadurch bedroht,
andere haben Mitleid, man hat eine Reaktion dabei. Die
Lösung der FPÖ heißt aber nicht: Helfen wir diesen
Kindern (Abg Dr Herbert Madejski: Oh ja!), helfen wir
diesen verschmutzten Kindern, geben wir ihnen eine
Schulbildung, sondern die Lösung heißt – ich könnte es
ja vorlesen, aber Sie haben ja nicht nur Schreibschwierigkeiten, sondern auch Leseschwierigkeiten bei dem
eigenen Antrag. (Abg Mag Harald STEFAN: Jetzt werden
Sie doch nicht wieder aufhören!)
Ich kann die Dringliche Anfrage auch verlesen, wo
am Ende nichts anderes steht als: Der Polizei fehlt die
Rechtsgrundlage – das ist falsch, aber es ist eh schon
ausgeführt worden –, die Polizei hat zu wenig Personal.
Mehr Polizei! Städtischer Ordnungsdienst! Oder die ÖVP
verlangt zwischendurch eine Stadtpolizei. Die Lösung –
Lösung unter Anführungszeichnen – beinhaltet keinen
einzigen Vorschlag – keinen einzigen finde ich da in dem
schriftlich vorgelegten Antrag –, was man tatsächlich tun
möchte, um den Leuten zu helfen.
Armut nimmt zu. Armut nimmt zu in Österreich, Armut
nimmt zu in Rumänien, Armut nimmt zu in der EU, Armut
nimmt zu in den europäischen Ländern, und man sieht
sie. Sie wird sichtbarer, und der Anblick ist irritierend und
beängstigend. Aber Wegschauen nützt nichts, und mehr
Polizei ändert daran halt leider auch nichts.
Wer arm ist, hat ein Recht auf Hilfe. Das ist banal.
Respekt, Toleranz, Weltoffenheit – drei Fremdwörter für
die Freiheitliche Partei. (Heiterkeit bei den GRÜNEN. –
Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sicherheitspolitische Maßnahmen beseitigen die Armut nicht, und es gibt nicht
einen einzigen Armen weniger, wenn ein Polizist mehr
kontrolliert, keinen einzigen Armen weniger. Keinen
einzigen!
Jetzt muss man sich fragen, wer stößt sich vor allem
daran, wenn er öffentlich mit dieser Armut konfrontiert ist.
Das sind – da gibt es Studien dazu, ellenlang zum Nachlesen – Menschen, die selber soziale Abstiegsängste
haben – das kann man nachvollziehen –, und es sind vor
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allem Menschen, die mit Bettlern und Bettlerinnen ein
Problem haben, die selber sehr autoritäre Haltungen
haben. Und darum passt der Antrag ja auch hervorragend zu der Fraktion, die ihn eingebracht hat. Die autoritäre Aggression der Mehrheit ist die einzige Lösung, die
diese Menschen kennen, und Sie geben denen noch
Unterfutter, und deswegen ist das keine lösungsorientierte Politik, sondern ausschließlich eine Hetzpolitik. Repression statt Sozialpolitik. Das ist ein Armutszeugnis für
die Freiheitlichen.
Wer unterstützt jetzt überhaupt Ihre Ideen? Jetzt
muss man ja meinen, wenn man da kommt, ist man ja
froh, wenn man unterstützt wird von vielen Initiativen,
Gruppen, anderen Parteien. Jetzt höre ich, dass die
Wiener Volkspartei schlau genug ist, diesen Antrag nicht
zu unterstützen, wiewohl ich das schon gelesen habe
beim Herrn Ulm, der heute nicht da ist, der das aber des
Öfteren schon mit ziemlich gleichem Wortlaut gefordert
hat, aber ich habe eh immer den Verdacht gehabt, er
könnte die Fraktion wechseln, und es würde nicht einmal
ihm selbst auffallen. (Abg Dr Wolfgang Aigner: Gegen
Abwesende sind Sie stark! – Weitere Zwischenrufe bei
der ÖVP.)
Vielleicht kann man dem Herrn Ulm ein Pilotprojekt
der Stadt Ulm ausrichten. In Deutschland hat man was
ganz Nettes versucht. Da hat die Polizei gesagt, so viele
Obdachlose in der Stadt, das wollen wir nicht, das macht
sich nicht gut. Dann haben sie alle zusammengefasst am
Abend und eingeladen, sind bis zur Stadtgrenze gefahren und haben sie dort hinausgeschmissen aus dem
Auto. Dann sind sie wieder hineingefahren, haben wieder
ein paar eingesammelt und haben sie wieder hinausgeschmissen an der Stadtgrenze. Projekt Ulm. In dem Fall
passt das doppelt. Ich glaube, wenn man das dem Abgeordneten näher bringt, könnte er womöglich sogar
Gefallen daran finden.
Wer ist noch für die Vorschläge der Freiheitlichen?
Ich habe niemanden gefunden. Wer ist gegen die Vorschläge? Das ist viel einfacher. Wer ist gegen die Vorschläge der FPÖ? Die einfache Antwort wäre: Alle, die
ihre Sinne beieinander haben. Punkt. Das wäre die einfache Antwort. Jetzt machen wir es eine Spur genauer:
die GRÜNEN sowieso, die SPÖ hier auch.
Der Caritas Direktor Michael Landau hat heute eine
Aussendung gemacht, und der Titel alleine würde eigentlich genügen, um zu beschreiben, worum es geht: Die
Armut bekämpfen, nicht die Armen! Wenn Sie sich das
jeden Tag zehnmal vorsagen, nützt es vielleicht etwas.
Dann geht es vielleicht irgendwann hinein. Die Armut
bekämpfen, nicht die Armen! Niemand bettelt, weil es
ihm so einen Spaß macht. Niemand. Niemand sitzt dort,
weil das so super toll ist. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Die Caritas sagt dazu, sie werden oft von Bürgern und
Bürgerinnen gefragt, wie man damit umgehen soll. Wenn
man sich selber nicht wohl fühlt, soll man da spenden
oder nicht? Nutzt das was oder? Und der Herr Landau
macht es sich nicht leicht, weil man es sich nicht leicht
machen kann, und sagt einfach: Wir müssen die Anfragenden enttäuschen. Wir wollen und können diesbezüg-
9. Sitzung / 62
lich nichts empfehlen, weil es keine einfache Antwort auf
komplexe Wirklichkeiten gibt.
Und Sie machen genau das Gegenteil. Sie sehen
das Problem und geben ganz eine schnelle, billige Antwort und machen dann an dem einen oder anderen
Stammtisch ein paar Punkte, aber es nützt den Betroffenen nichts. Sie ändern nichts. Ihnen ist es ja auch
wurscht. Anders kann man es ja nicht sagen. Es ist
Ihnen ja auch völlig egal.
Die Caritas listet dann eine ganze Menge an sehr guten Projekten auf, die Menschen, die derart in Not geraden sind, helfen. Ich will jetzt nicht alle anführen: Essenbusse, Gruft et cetera. Der Schluss ist dann wieder: Die
Armut bekämpfen und nicht die Armen!
Woher kommt das überhaupt, dass wir diese Debatte
jetzt führen, denn die haben wir ja länger nicht geführt,
wenn man so die Jahrzehnte anschaut. Das hat es früher
schon gegeben, dass man mit Bettlern und Bettlerinnen
– und schlimmere Worte – Probleme hatte. Und nachdem mit einer sehr engagierten, lauten Rede hier Argumente vorgetragen wurden, die mich immer wieder an
wesentlich schlechtere Zeiten erinnern, sollte man sich
die Mühe machen und sich anschauen, woher diese
ganzen Strafen kommen.
In Deutschland – und Österreich war ja einmal ein
Teil davon unglücklicherweise – hat man ein Strafgesetzbuch, und nach dem hat man Leute, die eine gemeinschädliche Straftat, wie es da heißt, begangen haben, zu Arbeitsdienst bis zu sechs Monaten et cetera
verdonnern können. Das ist ein Tatbestand, der stammt
aus 1871, das ist lange her. Die hohen Strafen dazu hat
man dann unter den Nationalsozialisten 1933 eingeführt.
Im September 1933 wurde in einer vom Propagandaministerium initiierten Großrazzia Jagd auf wohnungslose
Menschen, auf Obdachlose – die hat man damals Asoziale genannt – gemacht. Man hat über 100 000 Menschen im ganzen Gebiet verhaftet, eingesperrt, und
natürlich haben das nicht alle überlebt. Und dieser rechtliche Tatbestand ist nach 1945 aufrechterhalten geblieben in der Bundesrepublik, und hat dann gut dazugepasst zu einer repressiven Sozialpolitik der 50er und
60er Jahre, die leider nicht nur in Deutschland, sondern
auch in Österreich praktiziert wurde.
Für die Vertreibung aus dem Städtebild heute findet
man ganz andere Regelungen. Einen repressiven Sozialstaat erleben wir neuerdings wieder seit ein paar Jahren, sagen wir, seit einem Jahrzehnt, und die Bettelverbote haben wieder Konjunktur. Kein Wunder. Passt gut
zusammen. Wer arm ist, und wem man es auch ansieht,
der muss aus dem Stadtbild verschwinden. Das ist die
Botschaft, die die FPÖ heute hier verbreiten möchte.
(Abg Mag Wolfgang Jung: Das war sehr überzeugend!)
Das glaube ich ja nicht, dass ich irgendeinen Freiheitlichen da herinnen überzeuge. Das glaubt doch niemand.
(Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Sie glauben doch auch
nicht, dass der Herr Schock einen Menschen überzeugt
hat – weder herinnen noch draußen. (Lebhafte Heiterkeit
und Beifall bei den GRÜNEN und der SPÖ.) Es mögen
alle aufstehen, die vom Herrn Schock überzeugt wur-
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den? – Alle sind sitzen geblieben. (Neuerliche Heiterkeit.) Also, Herr DDr Eduard Schock! Die Freiheitlichen
sind nicht alle da, aber die waren schon vorher überzeugt, das muss man zugeben.
Die Gesellschaft nimmt heute gegenüber den Bedürftigen so etwas wie eine Anspruchshaltung ein. Heute
hätten wir es gerne, wenn es einem schlecht geht, dass
er auch etwas dazu leisten muss, und das macht es
natürlich auch leichter, zu versuchen, diese Gedanken
auch in der Gesellschaft zu sehen. Denn wir haben heute so etwas wie einen Vermögensverwertungszwang,
wenn jemand eine Mindestsicherung haben möchte, man
schränkt die Möglichkeiten, eine Arbeit abzulehnen, ein,
es wird einem immer mehr zugemutet. Das alles ist leider ein Schritt in die falsche Richtung, der genau diesen
Positionen der Freiheitlichen Unterfutter gibt. Den früheren Spruch, Sozialpolitik ist die beste Sicherheitspolitik,
den gibt es nicht mehr. Heute wird eher umgekehrt gedacht mittlerweile, und leider schwimmt nicht nur die
FPÖ in die Richtung.
Die Armutskonferenz hat massig Papiere und Studien dazu in Auftrag gegeben und erscheinen lassen.
Die Armutskonferenz – und da sind sehr viele Initiativen
dabei und sehr, sehr viele Leute, wo ich gerne wissen
würde, woher Sie nur einen Prozentsatz dieser Personen
holen würden, die mit Ihnen im Verbund marschieren –
ist natürlich ganz klar gegen das Bettelverbot und listet
auch auf, was sie als Problem sieht. Weil vorher in einer
Rede gesagt wurde, die Menschenrechte werden
dadurch gar nicht berührt – das sehen manche anders.
Denn wenn ich ein Bettelverbot habe, das jegliches Betteln inkludiert – ums aggressive Betteln, einmal mehr,
geht es nicht, das ist schon sehr scharf geregelt; BettlerInnen weg- und einsperren, ist ein Kennzeichen von
Diktaturen und autoritären Regimen –, so ist das ein
Problem, weil es das Sitzen und Stehen im öffentlichen
Raum nicht mehr so klar macht. Wann ist das dann Betteln?
Das möchte ich lieber nicht der FPÖ überlassen, und
ich möchte auch nicht, dass es einfach der Polizei überlassen wird, zu entscheiden, wann man jemanden wegsperrt und wann man jemanden ausweisen kann und
Ähnliches und Schlimmeres.
Bei den Lösungen, die vorgeschlagen werden, fängt
es tatsächlich an, schwieriger zu werden. Die Frau StRin
Frauenberger hat ein paar Projekte skizziert, die in anderen Ländern in Angriff genommen wurden und werden.
Es ist in der Tat so, dass das heute natürlich eine europäische Frage ist, die auch europäisch gelöst werden
muss.
Die Sozialdemokratie bringt deswegen heute einen
Antrag ein, dem wir selbstverständlich zustimmen werden, der vom sozialen Europa für die Zukunft spricht und
von vielen Maßnahmen, die gesetzt werden müssen, um
die Armut hintanzuhalten, zu bekämpfen, zu verkleinern
oder zumindest nicht noch viel größer werden zu lassen.
Dem Antrag werden wir zustimmen, aber man muss
natürlich schon eines dazu sagen: Die Sozialdemokratie
regiert ja mancherorts und muss sich nicht wie die
9. Sitzung / 63
GRÜNEN mit Resolutionen und Anträgen herumschlagen und hoffen, Mehrheiten zu finden, sondern die Sozialdemokratie stellt jetzt einmal einen Bundeskanzler und
hat ein paar Landeshauptleute und Bürgermeister und
Bürgermeisterinnen, und auf europäischer Ebene war die
Sozialdemokratie auch schon einmal die stärkste Fraktion und kann es auch wieder werden.
Dann sollte man eigentlich weniger in den appellativen, sondern mehr in den Umsetzungscharakter verfallen. Wenn man Armutsbekämpfung, soziales Europa im
Mund führt – zu Recht im Mund führt, denn das soll es
auch werden und das ist es bei weitem nicht –, und wenn
man von Umverteilungen im großen Stil in Europa redet,
dann muss man natürlich in Österreich bei steigenden
Armutszahlen auch etwas in Angriff nehmen. Dann trägt
gerade das, was jetzt passiert ist mit neuerlicher Verkürzung von Vermögenssteuern, also vom niedrigsten zum
noch niedrigeren – da gibt es leider keine Steigerungsform mehr – im gesamten OECD-Raum, was Vermögenssteuern betrifft, nicht dazu bei, dass in Österreich
der Wohlstand gerechter verteilt wird, sondern eher im
Gegenteil.
Die Sozialdemokratie müsste sich nicht ausschließlich mit Beschluss- und Resolutionsanträgen an das
große, soziale Europa beschäftigen, sondern könnte
auch im Kleinen wirken und lokal handeln, wo sie selber
die Möglichkeiten dazu hat. Vorschläge dazu gibt es
mehr als genug. Die Vorschläge wurden aber serienweise immer wieder abgelehnt, zum Beispiel eine Aktiv-Card
nach dem Modell Linz, die dort schon vor 20 Jahren
eingeführt wurde. Die GRÜNEN haben eine etwas vergrößerte Aktiv-Card vorgelegt, um sozial Bedürftigen
Zugänge zu verschiedenen Leistungen der Stadt günstiger zu machen. Wir haben jetzt gerade das Gegenteil
erlebt, nämlich eine Tariferhöhung auch für sozial
Schwache in Wien. Es bekommen lediglich 5 Prozent der
Sozialhilfeempfänger – und das sind einmal nicht die
Reichsten in der Stadt – kommen in den Genuss der
ermäßigten Fahrscheine und die anderen 95 Prozent
nicht, weil nämlich der Sozialhilfebezug allein nicht ausreicht, sondern weil man dafür auch den entsprechenden
Pass braucht, den eben nur fünf von hundert haben.
Das ist unzureichend, und dieses „Wir retten Welt“
klingt halt ein bisserl bemüht. Es ist gut, und wir stimmen
dem auch zu, aber es ist uns zu wenig.
Die Grundidee meiner Rede war, das zu vermeiden,
dass ich in die Nähe komme von einem Ordnungsruf,
denn von der Emotion her wäre es fast nicht vermeidbar,
aber man kann sich zusammenreißen. Ich hätte Ihnen
gerne Einzelbeispiele erzählt, die auch dokumentiert sind
und auf einer Ausstellung auf Rügen gezeigt werden,
nämlich wie mit Asozialen – unter Anführungszeichen –
im Zweiten Weltkrieg umgegangen wurde und wer wie
schnell dazu abgestempelt wurde. Wo dann Eltern ihre
Tochter, die tanzen geht, wenn sie nicht gehen soll, als
Herumtreiberin selber denunzieren und die am Ende
dann deswegen von der Polizei festgenommen wird und
so weiter und so fort, auf jeden Fall am Schluss in einem
Konzentrationslager umgebracht wird.
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Und ich möchte nicht, dass die FPÖ auch nur in die
Nähe kommt – aber die Gefahr haben wir nicht auf
Grund der Wahlergebnisse – ihre krausen sicherheitspolitischen Ideen umzusetzen. Ich würde mir auch wünschen, dass die Volkspartei nicht nur heute dem Antrag
der FPÖ nicht zustimmt, sondern auch bundesweit versucht, auf die ÖVP einzuwirken, dort, wo genau diese
Anträge nämlich schon mitgetragen werden, etwa in
Graz und in ein paar anderen mittelgroßen Städten in der
Steiermark, in größeren Dörfern, in kleineren Städten in
Österreich. In Wien hat die ÖVP offensichtlich noch im
letzten Moment die Reißleine gezogen. In allen anderen
Bundesländern oder in den meisten anderen Bundesländern ist das nicht der Fall.
Was ich mir wünschen würde, ist in dem Fall eine
einheitliche Linie der Volkspartei und dass man nicht die
FPÖ bei diesen Angriffen auf die soziale Sicherheit in der
Stadt oder im Staat unterstützt. – Danke. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Präsident Heinz Hufnagl: Zu Wort gemeldet ist Herr
Abg Dr Aigner. Ich erteile es ihm.
Abg Dr Wolfgang Aigner (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine
Damen und Herren!
Nachdem unser Sicherheitssprecher Wolfgang Ulm
heute krankheitshalber nicht da sein kann, liegt es an
mir, nicht nur, weil wir den gleichen Vornamen tragen,
das schon zurückzuweisen. Der Wolfgang Ulm gehört
genau in die Mitte der ÖVP, und er formuliert seit vielen
Jahren erfolgreich die Sicherheitspolitik der Wiener ÖVP
mit. Ich darf die GRÜNEN schon daran erinnern, der
einzige Fraktionswechsel, der stattgefunden hat hier in
diesem Haus, ist von Ihrer Seite in unsere Richtung
gegangen. Also bevor Sie den Ulm woanders hingeben,
seien Sie noch einmal daran erinnert. (Beifall bei der
ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist wichtig,
dass wir als Kommunalpolitiker uns der tatsächlichen
Probleme annehmen, die die Menschen bewegen, und
dass wir uns nicht auf ein Potest stellen und den Leuten
erklären, dass die Welt ganz anders ist, nämlich so, wie
man sie sich gerne ausdenken würde, aber nicht so, wie
sie die Menschen tagtäglich erleben.
Ein bisschen kommt mir das schon so vor: Es kann
nicht sein, dass es hier organisierte Betteleikriminalität
gibt, man macht aus allem ein soziales Problem. Das
mag schon eine soziale Wurzel haben, aber die Menschen empfinden es als problematisch, und ich glaube,
deswegen sind wir aufgerufen, uns diesem Problem zu
stellen.
Wir befinden uns ja in guter Gesellschaft. Ich finde es
sehr gut von Seiten der Wiener Linien, dass durch
Durchsagen kundgetan wird, dass diese organisierte
Form der Bettelei nicht erwünscht ist, dass man den
Armen, die es natürlich gibt, auch überhaupt nicht hilft,
wenn man ihnen etwas gibt, sondern man finanziert nur
die Bosse im Hintergrund. Ich glaube, das kann ja nicht
unser aller Anliegen sein. (Beifall bei der ÖVP.)
Zum anderen gilt es schon festzuhalten, dass wir
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auch nicht sämtliche sozialen Probleme unserer Nachbarländer lösen können. Europa wird eine Sozialunion
werden, aber die Absicherung gegen soziale Not und
soziales Elend ist die Ausübung einer ordentlichen Arbeit, und gerade das Wachstum in den neuen EUStaaten stimmt ja hoffnungsfroh, dass auch diese neuen
Staaten aufholen werden und ihren eigenen Menschen
Arbeitsplätze bieten. Wenn man hört, dass der Facharbeitermangel europaweit ein großes Problem ist und
dass auch aus den neuen EU-Staaten gar nicht mehr so
viele Facharbeiter zu uns kommen können, weil es dort
selbst einen Mangel gibt, dann müsste man eigentlich
dort ansetzen. Ich glaube, es gibt sehr viele gute Versuche, hier auch vor Ort zu helfen, vor allem den ausgenützten, den ausgebeuteten Kindern zu helfen, aber
gleichzeitig müssen wir es den im Hintergrund stehenden
Strukturen schon so ungemütlich wie möglich machen.
Denn dort, wo diese Szene sich in Ruhe ausbreiten
kann, dort kommt sie hin. Und wir müssen klipp und klar
zum Ausdruck bringen: Wir wollen diese Art von Bettelei
nicht. Wir wollen sie nicht, wir sehen darin eine kriminelle
Machenschaft, und wir sind in der Lage und wir sind
auch bereit dazu, unsere eigenen Bestimmungen durchzusetzen. (Beifall bei der ÖVP.)
Es ist hier schon gesagt worden, dass die Österreicher sich in punkto Hilfsbereitschaft wirklich keinen
schlechten Spiegel vors Auge halten müssen. Wir sind
zu Recht Spendenweltmeister. Jeder Österreicher spendet einen Betrag von weit über 100 Euro nicht nur für die
Not in der Ferne, sondern auch für die Not im eigenen
Land. Nachbar in Not und viele andere Hilfsorganisationen zeigen, dass der Österreicher und der Wiener im
Besonderen ein sehr sozial denkendes Lebewesen ist,
dass wir nicht die Augen verschließen, und es geht auch
– und ich glaube, da muss man schon auch der Caritas
etwas entgegenhalten – nicht darum, die Armen zu bekämpfen. Uns geht es vor allem um die versteckte Armut, um die Menschen, die trotz Arbeit nicht genug verdienen. Denen muss man helfen, die sich zu schade
sind, sich irgendwo hinzustellen und ihre Armut oder ihre
vorgeschützte Armut nach außen zu stellen und damit
auf eine eher aufdringliche Weise aufmerksam zu machen. Ich glaube, diesen Menschen in unserem Land gilt
in erster Linie unser Mitgefühl, und auf der anderen Seite
müssen wir dieses schamlose Ausnützen durch große
Organisationen entsprechend bekämpfen.
Was ist notwendig dazu? Es ist nicht nur eine Sicherheitsfrage, aber genau da liegt auch ein Ansatzpunkt, wie wir unseren öffentlichen Raum vor diesen
unerwünschten Auswüchsen freibekommen. Ich glaube,
da ist die Polizei einfach überfordert, und hier müssen
wir als Großstadt auch unsere Verantwortung entsprechend wahrnehmen.
Wir argumentieren ganz zu Recht, eine Großstadt hat
Infrastrukturaufgaben, die weit über den eigenen Bereich
hinausgehen. Das ist auch der Grund, warum wir alle
gemeinsam darum kämpfen, dass der Wiener U-BahnBau auch vom Bund, das heißt, von allen anderen Österreichern mitfinanziert wird. Wir haben die Bundestheater,
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wir haben die Bundesmuseen, wir haben die Universitäten. Wir bieten sehr viel Service auch für unser Umland
und für unser ganzes Heimatland, auf der anderen Seite
sind wir die einzige richtige Großstadt, und Großstädte
bringen oftmals andere Probleme mit sich. Es wird die
Stadt Wien nicht umhin können, ortspolizeiliche Bestimmungen zu erlassen, um Übelstände im öffentlichen
Raum auch durch eigene Organe entsprechend zu bekämpfen.
Es geht hier nicht um ein Hin- und Herschieben der
Verantwortung, denn das bringt den Menschen nichts.
Die Menschen fühlen sich jetzt belästigt, belastet, fühlen
sich auch ausgenützt. Es ist ja oft so, man gibt in der
U-Bahn dann einfach deshalb Geld, damit die Leute zum
Musikspielen aufhören, weil es nicht zum Aushalten ist.
So kann es ja wirklich nicht sein, dass im – teurer gewordenen – Straßenbahnticket jetzt auch diese Art von
Musik inkludiert ist. (Beifall bei der ÖVP.)
Hier geht es darum, dass wir die eigenen Stationen
beaufsichtigen, eine U-Bahn-Polizei, eine Aufsichtstruppe auf die Beine stellen, dass wir auch so etwas wie eine
Stadtwache in die Welt setzen. Ich glaube, auch alle
verfassungsrechtlichen Probleme lassen sich aus der
Welt schaffen. Es ist ja nicht so, dass die Verfassung in
Stein gemeißelt ist. Man kann die Bundesverfassung
ändern, man kann paktierte Verfassungsgesetze zwischen dem Bund und den einzelnen Ländern ändern.
Und oftmals ist es ja gar keine Frage, dass ich hier unbedingt einen bewaffneten Wachkörper brauche, oftmals
geht es einfach darum, dass Organe der öffentlichen
Aufsicht da sind.
In diesem Sinne bringen wir – mein Kollege Roman
Stiftner und meine Kollegin Barbara Feldmann – einen
Antrag ein betreffend die Errichtung eines städtischen
Ordnungsamtes zur Exekutierung kommunalrechtlicher
Bestimmung.
„Der Wiener Landtag möge beschließen, dass – im
Sinne dessen, was ich auch gesagt habe, wir brauchen
eine Stadtwache – wir uns für die Schaffung einer eigenen kommunalen Überwachungstruppe beziehungsweise eines städtischen Ordnungsamtes aussprechen.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den
Herrn Bürgermeister verlangt.“ (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Der österreichische Sozialstaat hat ein sehr engmaschiges Netz, und die neue
Bundesregierung hat es sich auch zum Ziel gesetzt, dort,
wo es gewisse Lücken gibt, diese Lücken zu schließen
und dass wir in Richtung einer Grundversorgung gehen.
Es ist auch Wien aufgerufen, seine Sozialhilfe anzuheben. Wir müssen aber schon auch klarlegen: Unser
Sozialsystem ist nicht dazu da, die Not in allen umliegenden Ländern zu lindern. Das können wir nicht, das
würde alle überfordern. Dafür ist jedes Land auch selbst
verantwortlich. Wir als Wiener Gemeinderäte und Landtagsabgeordnete sind dafür verantwortlich, dass sich in
unserem öffentlichen Raum alle Wiener, die Einwanderer, die Gastarbeiter, die Touristen wohl fühlen. In eine
Stadt, in der man sich wohl fühlt, in die kommt man auch
gerne, und alle die, die zum Wohlfühlen kommen, sollen
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auch bei uns willkommen sein, und jenen, die den öffentlichen Raum dazu benützen, da kriminellen Machenschaften nachzugehen, denen müssen wir ein klares und
eindeutiges Stoppschild entgegensetzen.
In diesem Sinne gilt unser Kampf für unsere Wiener
Bevölkerung. Wir sind nicht im Kampf gegen Arme, wir
sind im Kampf gegen Armut, aber wir sind auch im
Kampf dagegen, dass Menschen ausgenützt werden,
sowohl weil sie freigiebig sind oder weil sie zum Betteln
geschickt werden. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Heinz Hufnagl: Zu Wort gemeldet sich hat
sich Herr Abg Schuster. Ich erteile es ihm.
Abg Godwin Schuster (Sozialdemokratische Fraktion
des Wiener Landtages und Gemeinderates): Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Ich möchte mit der heutigen Presseaussendung, die
von der Caritas gekommen ist, beginnen, weil ich glaube,
dass der Direktor der Caritas das Thema auf den Punkt
gebracht hat. Für mich wäre mit diesen Worten an und
für sich das meiste auch schon gesagt, nämlich: Betteln
ist die sichtbarste Form der Armut, niemand bettelt ohne
Grund. Mit diesen Worten reagierte er heute auf die von
der FPÖ geforderte Aktivität hinsichtlich des Bettelverbotes.
Es sagt weiter: Wer durch Betteln seine Mittellosigkeit sichtbar macht, wer sich so selbst auf die unterste
Stufe in der gesellschaftlichen Hierarchie stellt, befindet
sich in einer aktuellen Notlage.
Und das sehe ich auch so. Niemand, der nicht gezwungen wird, geht auf die Straße, um zu betteln bei
organisierter Kriminalität. Aber wenn jemand seine Armut
so empfindet, dass er sie auch zeigt, müssen wir auch
diesen Menschen die Möglichkeit geben, ihren Wunsch
zu artikulieren und zu sagen: Mir geht es schlecht. Bitte,
bitte helft mir!
Und dann sagt er – und das ist heute auch schon
mehrmals gesagt worden –: Wenn die Not von Menschen von kriminellen Banden ausgenützt werde, sei das
nicht zu akzeptieren. Auch hier gelte: Die Armut bekämpfen und nicht die Armen.
Ich möchte ganz einfach auch noch auf denn Kollegen Ellensohn eingehen, und zwar deshalb, weil er Graz
dargestellt hat, wo sich die positiven Kräfte – er hat behauptet, außer der FPÖ – zusammengefunden und gemeinsam zu einem Projekt entschlossen haben. Ich habe
eine Presseaussendung in Händen, die ist noch nicht so
alt, und in der steht, der Bürgermeister Nagl steht vor
einem Kurzwahlkampf, und er möchte das Problem,
nämlich des Bettelns, nicht unter den Teppich kehren,
sondern es gehe ihm darum, dass Bettelei im
21. Jahrhundert nicht als Arbeit anerkannt werden dürfe
– was eigentlich eh keiner von uns sagt –, daher werde
er weiter für ein Bettelverbot kämpfen. – Das ist der eine
Hinweis auf die ÖVP.
Und der zweite Hinweis auf die ÖVP, nur von den
Überschriften her gesehen: 16. März 2007: ÖVP-Ulm
generelles Bettelverbot für Wien gefordert. 28. März
2007: Überschrift: FPÖ: generelles Bettelverbot für Wien.
Das heißt, hier ist der inhaltliche Unterschied nicht ein so
Landtag, 18. WP
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großer. Daher sage ich ganz ehrlich, was die FPÖ in den
letzten Monaten gemacht hat, ist ersichtlich. Sie lässt
ganz einfach kein Thema aus, das irgendwo Schlagzeilen bringt. Ich bin persönlich fassungslos über die Art
und Weise der Argumentation. Ich bin geschockt über
das inhaltliche Unwissen, nämlich jenes, das im Antrag
dokumentiert wurde. Ich bin wirklich entsetzt darüber,
was diese Partei nur aus Gründen der Suche nach
Schlagzeilen in diversen Medien in der nächsten Zeit
noch tun möchte und tun wird.
Was mich persönlich irritiert, ist, dass die ÖVP mit
dieser Argumentation der FPÖ in Gleichklang geht. Ich
wünsche dem Kollegen Ulm alles Gute, nämlich gesundheitlich alles Gute. Aber ich habe vor kurzem mit ihm ein
- Apostroph – „Streitgespräch" gehabt und das ist auf
Tonband verzeichnet. Da spricht er sehr klar und deutlich
von „null Toleranz", „Giuliano möchte er in Wien werden"
und er sagt im Großen und Ganzen, es gibt einen guten
Weg in Bayern, der dort vollzogen wird. Ich habe hier
wirklich den Eindruck, die ÖVP möchte in manchen inhaltlichen Positionen rechts von ihr niemanden mehr
sehen. Daher ist diese Position der ÖVP für mich tatsächlich eine problematische. Mit den tatsächlichen
Wurzeln der Partei hat das nämlich nichts mehr zu tun.
Wem nützt denn ein generelles Verbot von Bettelei in
dieser Stadt? Wollen wir eigentlich nicht mehr registrieren, dass sich insbesondere in den letzten Jahren arme
Menschen in dieser Stadt aufhalten, die zum Großteil
nicht betteln gehen? Aber die Armut in dieser Stadt ist in
den letzten Jahren leider angestiegen. Die Aufgaben, die
diese Stadt dadurch zu erledigen hat, sind enorm. Eine
Verdoppelung von Sozialhilfebeziehern in den letzten
sieben Jahren ist eine Tatsache, wovor wir nicht die
Augen verschließen können. Ich sage Ihnen, durch ein
Verbot von Betteln wird die Armut nicht geringer.
Ich möchte noch etwas verstärken. Armut kann durch
Polizeigewalt sicher nicht vermieden, geschweige denn
verhindert werden. Dieses Thema ist für mich ein so
sensibles Thema, dass ich auch versuchen möchte, in
der Wortwahl sehr sorgsam umzugehen, um oftmals
nicht das zu formulieren, was ich mir persönlich dazu
denke.
Wir haben vor vielen Jahren, Anfang der 90er Jahre,
als wir das Landes-Sicherheitsgesetz für Wien formuliert
haben, und zwar in engster Kooperation mit allen Parteien, die damals im Landtag vertreten waren - manche
sind hier, die das wissen, wie sorgsam wir das diskutiert
haben -, und auch in engster Kooperation mit der Wiener
Polizei dieses Gesetz formuliert und uns eindeutig dazu
bekannt. Die GRÜNEN haben dann nicht mitgestimmt,
aber zuvor mitgearbeitet und eindeutig ein Bekenntnis
abgegeben, dass Armut nicht durch Polizeimaßnahmen
bekämpft werden kann. Wir haben eindeutig gesagt, es
kann nur Kriminelles durch die Polizei bekämpft werden.
(Abg Rudolf Stark: Das stimmt doch nicht!) Daher die
Unterscheidung, die für uns heute noch immer gilt, nämlich bei kriminellen Handlungen, bei organisierten Betteleien muss die Polizei ihr Macht- und Gewaltmonopol
auch einsetzen können, für die andere Form von Bette-
9. Sitzung / 66
lei, für sozial schlechter gestellte, arme Menschen kann
nur die soziale Einrichtung in unserer Stadt ihre Aufgabe
wahrnehmen. Ich sage, diese Einrichtungen, und auch
von der Frau Stadträtin wurden sie sehr ausführlich dargestellt, machen eine ganz ausgezeichnete Arbeit, ansonsten ginge es uns in dieser Stadt nicht so, wie es uns
zur Zeit gut geht. (Beifall bei der SPÖ.)
Daher möchte ich wiederholen, Anstiftung zu Betteleien, das heißt, das Organisieren von Betteleien, findet
innerhalb der SPÖ keine Zustimmung. Wir werden alle
Maßnahmen in Bewegung setzen, um organisiertes
Betteln zu bekämpfen. Ich brauche das jetzt nicht zu
wiederholen und kann mir das ersparen, denn die Frau
Stadträtin hat in ihrer Beantwortung sehr detailliert ausgeführt, welche rechtlichen Möglichkeiten uns gegen die
AnstifterInnen von Bettelei gegeben sind. Genauso sage
ich dazu, es ist mir zuwider, dass kleine Kinder durch
organisierte Kriminalität zum Betteln herangezogen werden. (Abg Dr Herbert Madejski: Das sagen wir auch!) Es
sind mir Geschichten zuwider, die wir gehört haben, dass
sich Behinderte zum Betteln auf die Straße stellen und
andere Geld einstecken. (Beifall von Abg Kurth-Bodo
Blind.) Aber das ist organisierte Kriminalität, dafür haben
wir alle rechtlichen Möglichkeiten, dagegen einzutreten
und daher müssen wir diese Möglichkeiten auch nützen.
(Beifall von Abg Kurth-Bodo Blind.) Dazu brauchen wir
kein generelles Verbot von Bettelei!
Die Bundespolizeidirektion Wien ist zuständig. Das
haben wir gemeinsam mit den Vertretern der Bundespolizeidirektion auch so vereinbart. Der Handlungsbedarf
zur Bekämpfung der so genannten Bettelmafia besteht
auf ihrer Seite, nicht auf Seiten der Kommune, ausschließlich auf ihrer Seite. Ich sage Ihnen, und die Frau
Stadträtin hat auch darauf hingewiesen, hier ist der Innenminister in der Tat gefordert.
Jeder, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, der objektiv die Situation bei der Wiener Polizei beurteilt, stellt
trotz ständig anderer Behauptungen von den ehemals
Regierenden in diesem Lande, nämlich im Besonderen
von der ÖVP, fest, dass die Wiener Polizei sicher große
Probleme bei der personellen Situation hat. (Abg David
Lasar: Machen Sie etwas!) Sie brauchen nicht nur so
wissend zu nicken, geschätzte Kollegen von der FPÖ,
sondern ich sage Ihnen, Sie sind voll mitverantwortlich
an der personellen Situation der Wiener Polizei und der
Polizei in Österreich insgesamt! (Beifall bei der SPÖ. Abg DDr Eduard Schock: Aber jetzt zählt die Ausrede
nicht mehr! Jetzt gibt es einen roten Bundeskanzler!)
Ihr habt während eurer Mitbeteiligung in der Bundesregierung, und ich wiederhole das, weil ich es schon
mehrmals gesagt habe, bei diesen Personalmaßnahmen
mitgestimmt! (Abg DDr Eduard Schock: Jetzt gibt es
einen roten Bundeskanzler!) Ihr habt zugeschaut, wie in
Wien die Strukturveränderungen aus ausschließlich
parteipolitischen Motiven gemacht wurden! (Abg Mag
Harald STEFAN: Also, bitte!) Ihr habt zugeschaut und ihr
habt es noch unterstützt, weil ihr selbst in euren Bereichen Ähnliches gemacht habt! Jetzt sage ich, ich könnte
einen Zeugen nennen! (Beifall bei der SPÖ. - Abg Mag
Landtag, 18. WP
30. März 2007
Harald STEFAN: Da sind doch fünfmal mehr Rote als
Blaue bestellt worden!) Ich sage Ihnen, Sie sind genauso
mitschuldig, dass die Wiener Polizei zur Zeit eine Belastung sondergleichen hat! Ihr braucht hier nicht als die
Sicherheitsexperten aufzutreten! (Abg DDr Eduard
Schock: Sie haben 1 600 Polizisten versprochen und das
gebrochen!)
Nein, ihr habt 1 600 gefordert! Wir haben über 1 000
vom Innenministerium gefordert und die fordern wir heute noch! Sie wissen, dass die Kriminalitätsrate genau in
der Zeit, wo die FPÖ - nicht nur das BZÖ, das klammere
ich jetzt aus - mitregiert hat, explodiert ist! Trotzdem habt
ihr gesagt, wir sparen weiter bei der Polizei, insbesondere bei der Wiener Polizei! (Beifall bei der SPÖ. - Abg DDr
Eduard Schock: Aber jetzt gibt es einen roten Bundeskanzler, Herr Schuster! Wo sind denn jetzt die
1 600 Polizisten? Jetzt müssen Sie sich eine andere
Leier einfallen lassen!)
Ich sage Ihnen zusätzlich, und ich muss ein bisschen
auf die Zeit achten, obwohl die Stadt Wien für den Vollzug des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes nicht zuständig ist, stellt sie der Bundespolizeidirektion Wien
MitarbeiterInnen der Geschäftsabteilung Organisation
und Sicherheit, nämlich aus der Gruppe Krisenmanagement und Sofortmaßnahmen, zur Unterstützung von
Schwerpunktaktionen zur Verfügung, um gegen die
verbotene Bettelei anzukämpfen. (Abg DDr Eduard
Schock: Eure Wahlversprechen hört ihr nicht gern! Studiengebühren! 1 600 Polizisten!) Ich sage, das hat leider
doch ein bisschen gedauert. Bei Minister Strasser war
bekannt, dass er an einer Zusammenarbeit mit der Stadt
nicht wirklich interessiert war. Er wollte unbeirrt und
unbeeinflusst seine parteipolitisch geprägten Strategien
umsetzen. Es war für uns gut, und der Herr Bürgermeister hat die Situation auch ergriffen, als Ministerin Prokop
kam und wir mit ihr erstmals, seitdem es diese blauschwarze Regierung gab, wieder eine Sicherheitspartnerschaft vereinbaren konnten. Diese Sicherheitspartnerschaft hat auch bewirkt, dass wir uns dann sehr aktiv
an diesen Maßnahmen beteiligt haben, obwohl wir nicht
dafür zuständig gewesen wären. Die Zahlen erspare ich
mir, weil sie im Protokoll der Anfragebeantwortung der
Frau StRin Frauenberger nachzulesen sind.
Es ist natürlich so, und das hat die Frau Stadträtin
auch gesagt, dass die angetroffenen BettlerInnen - mit
großem I, sage ich jetzt dazu - überwiegend aus der
Slowakei oder aus Rumänien stammen. Die Anzahl der
bulgarischen BettlerInnen ist, wie wir wissen, zurückgegangen. Der Vollständigkeit halber muss ich aber auch
sagen, dass sich die österreichische Bettelszene in den
letzten Jahren nicht sehr verändert hat. (Abg Mag Harald
STEFAN: Was sagt uns das?) Das heißt, unsere Arbeit
für sozial Schwache wirkt hier, trotzdem die Aufgaben so
stark gestiegen sind. Das muss man wirklich hervorheben. Ich habe deshalb die Herkunftsländer der BettlerInnen erwähnt, weil Armut, und ich spreche jetzt nicht von
der organisierten Bettelei, nicht mit dem Strafgesetzbuch, sondern nur mit entsprechenden ökonomischen
und sozialen Maßnahmen gelöst werden kann.
9. Sitzung / 67
Ich hätte mir für heute vorgenommen, die vielen Projekte, die wir unterstützt haben, vorzubringen und ich
wiederhole meinen Zwischenruf, einzelne auch mit Unterstützung der FPÖ. Hier denke ich in erster Linie an
jene Projekte in Rumänien, wo die ehemalige Abg
Schöfnagel als Sozialattaché in Rumänien arbeitet. Das
hat alles einen Sinn, dass wir vor Ort Maßnahmen setzen, um den Menschen entsprechende Unterstützung zu
geben.
Wir haben deshalb heute einen Antrag vorbereitet.
Hier, Kollege Ellensohn, möchte ich sagen, das ist nicht
nur ein Papier. Wir haben vor Kurzem erst ein Treffen mit
Vertretern von großen Städten Europas gehabt und wir
haben mit den Vertretern dieser großen Städte festgestellt, die beneiden uns, soviel ihr immer wieder auch an
Kritik hört, ob unserer Situation. Aber es ist klar und
deutlich herausgekommen, die Ballungsgebiete in diesem vereinten Europa sind Anziehungspunkte für Menschen, die Sorgen haben. Die Belastung dieser großen
Städte in Europa, und das sind nicht nur Hauptstädte, ist
enorm. Manche gehen über die Grenzen ihres Möglichen, um diesen Menschen zu helfen. Deswegen haben
wir gesagt, wir möchten mit diesem Antrag, der jetzt nicht
ein Antrag ist, der alleine hier in Wien, sondern auch
anderswo diskutiert wird, ein Zeichen an Europa setzen,
die soziale Verantwortung mitzutragen und entsprechende Maßnahmen zu setzen, um diesen großen Ballungsgebieten Unterstützung zu geben, weil viele der großen
Städte es sich nicht mehr leisten können. Deshalb dieser
Antrag, der jedem vorliegt. Deshalb dieser Antrag, den
wir heute einbringen. Ich würde wirklich bitten, diesen
auch zu unterstützen.
Ich glaube, damit zumindest für mich das Wichtigste
zu diesem Thema gesagt zu haben. Ich würde mir nur
eines wirklich wünschen, ich bitte darum, dass wir als
politisch Verantwortliche nicht immer die Schwächsten in
dieser Gesellschaft herauspicken, um Aktivitäten gegen
sie zu organisieren. (Abg Dr Herbert Madejski: Die Kriminellen!) Das ist nicht in Ordnung! (Abg Dr Herbert
Madejski: Also wirklich, das darf doch nicht wahr sein!)
Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, es ist wirklich
nicht
in
Ordnung! Wenn
Sie das
LandesSicherheitsgesetz kennen und wissen, dass wir uns
gegen organisierte Kriminalität mit aller Entschiedenheit
aussprechen und wenn Sie wissen, dass wir aggressives
Betteln gleichfalls nicht tolerieren wollen (Abg DDr Eduard Schock: Sie tun nichts dagegen!), dann brauchen Sie
nicht die restlichen Armen mit in das Boot zu nehmen
und den Kampf gegen die gesamten Armen zu führen!
Eine solche Politik ist mir persönlich zuwider! (Beifall bei
der SPÖ. - Abg DDr Eduard Schock: Sie tun nichts dagegen! Sie schauen nur zu!)
Präsident Heinz Hufnagl: Zum Wort gemeldet ist
Herr StR Herzog. Ich erteile es ihm.
StR Johann Herzog: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Dem Herrn Schuster muss ich einmal sagen, natürlich ist es schön von ihm, wenn er versucht, die Schuldzuweisungen über nicht erfolgte Polizeiaufnahmen, Ab-
Landtag, 18. WP
30. März 2007
bau oder so etwas Ähnliches zu formulieren (Abg Godwin Schuster: Was tue ich?), aber es wird jetzt alles
anders werden! Ihr seid jetzt an der Macht! Der Bürgermeister hat einmal 1 600, einmal 1 000 Polizisten verlangt, es wird in Kürze diese Zahl zur Verfügung stehen!
Herr Schuster, wir freuen uns gemeinsam darauf, dass
die SPÖ ihr Wahlversprechen verwirklicht! Das ist etwas
Schönes! (Beifall bei der FPÖ.)
Zur Frau StRin Frauenberger: Sie hat eine Reihe von
eindrucksvollen Zahlen genannt, wo die Tätigkeit der
Polizei und sonstiger Behörden beleuchtet wird. Keine
Frage, dass das etwas Wichtiges und Gutes ist. Nur,
Frau Stadträtin, es ist ebenso festzustellen, dass diese
eindrucksvollen Zahlen nicht dazu geführt haben, dass
das Betteleiproblem als solches in Griff zu bekommen
ist. Es hat sich in keiner Weise geändert. Die Problematik ist gleich geblieben. Wir haben wahrscheinlich eine
größere Dichte von Bettelbanden als sonstwo und früher
in der Stadt. Die Bemühungen der Behörden, der Polizei
und der städtischen Behörden, sind gegeben, aber gehen, was das Problem als Ganzes betrifft, ins Leere. Es
fehlen einfach die rechtlichen Möglichkeiten. Das muss
man feststellen.
Ich darf feststellen, das Gleiche hatten wir bei den
Hütchenspielern. Da wurde ebenfalls lange und breit
herumdiskutiert, Maßnahmen wurden hin- und hergeredet und dann hat es eine Änderung des LandesSicherheitsgesetzes gegeben. Seitdem sind die Hütchenspieler aus und vorbei, es gibt sie nicht mehr. Daher
gibt es also Möglichkeiten. Wenn man sie will, muss man
sie beschreiten. Wenn man sich aber davor fürchtet,
schadet man der eigenen Bevölkerung. Das ist einfach
eine Feststellung.
Wenn die Frau Stadträtin richtigerweise sagt, mehr
Polizei auf die Straße, würde ich meinen, keine Frage,
sie hat völlig recht, nur Sie könnten in Wien damit beginnen. Wir haben in Wien eine Zweigleisigkeit der Behörden in Bezug auf das Landespolizeikommando Wien und
auf die Bundespolizeidirektion Wien, die beide gleichzeitig für Personal und Beschaffung zuständig sind. Es läuft
aktenmäßig alles parallel, Personal parallel und es wird
alles doppelt abgehandelt. In allen anderen Bundesländern gibt es ein Landespolizeikommando und eine Sicherheitsdirektion mit getrennten Aufgaben. Die einen
sind für die kriminalpolitischen Angelegenheiten zuständig, der Rest macht die Angelegenheiten der Behörden,
also die Anmeldung von Veranstaltungen, Vereinstätigkeiten und Ähnlichem mehr bei Behörden. Im Rahmen
der Neuordnung der Polizeikräfte war auch eine gemeinsame Vorgangsweise für alle neun Bundesländer geplant. Der Schuster hat schon recht. Es ist natürlich die
parteipolitische Tätigkeit und die Tätigkeit von ÖVP und
SPÖ gewesen, die diese Gleichschaltung zwischen Wien
und den anderen Bundesländern verhindert haben und
die aus rein parteitaktischen Erwägungen die Aufrechterhaltung zweier getrennter, gleichlautender Behörden
vorgenommen haben, eben Polizeidirektion und Landespolizeikommando. Das heißt, hier wären Synergieeffekte
und Einsparungen möglich und man könnte die einge-
9. Sitzung / 68
sparten Beamten in Wien auf die Straße schicken, damit
sie dort Dienst tun und einmal erste Möglichkeiten zur
Erleichterung schaffen. (Beifall bei der FPÖ.)
Zum Herrn Ellensohn möchte ich nicht viel dazusagen. Der Herr Ellensohn vertritt die Interessen der Bettler
und die Interessen der Bettelbanden aus dem Ausland.
Die hat er im Auge. Er hat kein einziges Wort oder keinen vollständigen Satz dazu gesagt, wie die Situation der
betroffenen Bevölkerung ausschaut. Das interessiert ihn
nicht, aber das wissen wir ja.
Herr Abg Aigner, es war interessant, die ÖVP ist
zwar gegen unseren Antrag, hat aber ziemlich Gleichlautendes eingebracht. Die Meinung des Herrn Dr Aigner
ist, was seine Wortmeldung betrifft, mit unserer deckungsgleich. (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Das
stimmt!) Das darf ich feststellen. Das berühmte Blatt
Papier, das man dazwischenschieben kann, wird sich
schon finden, aber alles in allem ist das eine einheitliche
und gleiche Meinung zum Ordnungsamt und zum generellen Bettelverbot. (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Da
haben Sie recht!) Ich finde das gut und freue mich, dass
sich die ÖVP unserer Meinung anschließt! (Beifall bei der
FPÖ.)
Der Herr Abg Schuster hat in Bezug auf die Caritas
gesagt: „Betteln ist die sichtbarste Form der Armut." Das
stimmt mit Garantie, aber es stimmt mit Sicherheit nicht
für die Bettelbanden und die machen den allergrößten
Teil des Bettelunwesens in Wien aus. Die anderen zählen zahlenmäßig nicht mehr wirklich. Das muss man
feststellen. Der Betteleitourismus ist nicht ein Armutskennzeichen, ein Kennzeichen einer sozialen Entwicklung, sondern ist für die Betroffenen, zumindest für die
Erwachsenen, ein Beruf wie jeder andere auch und wird
als solcher betrachtet und ausgeübt. Das muss man
auch dazusagen.
Ich darf sagen, wenn er sagt, die FPÖ ist auf der Suche nach Themen, sage ich, wir müssen alle darauf
schauen, dass wir Themen haben, die interessant und
der Bevölkerung wichtig sind.
Ich darf feststellen, in Sachen Bettelei gehen wir mit
der Salzburger Sozialdemokratie und ihren Anträgen auf
Bettelverbot in eine Richtung und sind einer Meinung. Es
würde mich freuen, wenn sich die Sozialdemokraten in
Wien auch einmal anschließen. (Beifall bei der FPÖ.)
Zum Thema selbst: Zum Bettelverbot ist schon viel
gesagt worden, dass die organisierte Bettelei um sich
greift, dass an allen Ecken und Enden Busse irgendwelche Menschen ausladen, die dann bettelnd unterwegs
sind, an den U-Bahnen, an den Hauptkreuzungspunkten,
zentralen Plätzen und Einkaufsstraßen, dass eben der
Missbrauch ein unglaublicher ist, phasenweise und richtig organisierte Verwendung von Rollstühlen durch Gesunde, dass Frauen mit Kindern unterwegs sind, die
sicher nicht die ihren sind. Dass die Kinder Opfer sind,
denen man helfen muss, ist eine Selbstverständlichkeit.
Aber der Betteltourismus aus Rumänien, aus der Slowakei, aus Bulgarien ist kein soziales Problem! Das ist
einfach nicht wahr! Das ist eine Form von Clanunwesen,
wo jemand versucht, die wohlhabenderen Städte Mittel-
Landtag, 18. WP
30. März 2007
europas entsprechend abzugrasen, um sich, vor allem
an den Spitzen dieser Banden, ein Leben von Fürsten zu
vermitteln.
Im SPÖ-Antrag ist es ganz interessant, wird in der
Begründung formuliert, dass besonders stark von der
Diskriminierung sowie hoher Arbeitslosigkeit und Perspektivenlosigkeit eine der größten Minderheiten Europas betroffen ist, die Roma und Sinti. Das stimmt, keine
Frage. Aber die weitere Formulierung, dass dies viele
von ihnen in die Städte, auf der Suche nach dem Notwendigsten zum Überleben für sich und ihre Familien,
treibt, stimmt für Wien sicher nicht! Die hierher kommen,
sind organisierte, hauptberufliche, gewerbsmäßige Bettlerbanden und sind in keiner Weise welche, die aus
sozialen Gründen in unsere Stadt kommen. Das möchte
ich einmal feststellen!
Die Begleitkriminalität wurde bereits von der Frau
Matiasek angesprochen. Ich glaube, auch diesen Aspekt
muss man klar und deutlich hervorheben und sagen,
dass dies nicht aus den Augen verloren werden darf.
Die Probleme multiplizieren sich in den Brennpunkten
und in den großen Hauptverkehrsstraßen, wie zum Beispiel der Mariahilfer Straße, die wirklich unter allen möglichen Zuständen leidet. Sie haben ein massives Betteleiproblem, sie haben ein ähnlich gelagertes Problem
durch das Auftreten der Punker, die ebenfalls massive
Belästigung der Passanten betreiben. Sie haben eine
aufdringliche Keilertätigkeit von den Werbeständen aus.
Und sie haben einen Demonstrationstourismus, der sich
auf die Gegend vom Westbahnhof die Mariahilfer Straße
hinunter konzentriert, natürlich voll im Bereich der Mariahilfer Straße und immer wieder zu den Hauptverkehrstagen Freitag, Samstag, was natürlich eine echte Schädigung der Straße als solche darstellt. Ein Erfolg ist allein
die Lösung der Frage der Hütchenspieler, die durch
Durchgreifen und eine gemeinsame Neufassung des
Landes-Sicherheitsgesetzes - hier haben wir zugestimmt
- erreicht wurde, wo das Problem durch eine Verschärfung des Gesetzes in den Griff zu bekommen war.
Die Aufgabe der Sicherung obliegt natürlich in erster
Linie der Polizei. Die Polizei ist aber in einer beklagenswert schlechten Mannschaftsstärke vorhanden. (Abg
Mag Rüdiger Maresch: Jetzt kommt das schon wieder!)
Gerade gestern musste man lesen, dass die Polizei eine
neue Aufgabe auf sich zukommen sieht, sie muss nämlich die Postzusteller unter Polizeischutz begleiten, dass
keine Überfälle stattfinden. Da ist leider nicht dabei gestanden, wie viele Beamte durch diese Tätigkeit wiederum von der sowieso zu geringen Zahl, die wir in Wien
haben, gebunden werden. Die Frage, was mit den Botschaftsbewachungen ist, ist zu stellen. Seit Jahr und Tag
haben wir das Thema behandelt, dass die, natürlich in
Übereinstimmung mit den Botschaften, abgezogen gehören und der Sicherheit dienen sollen und dass andere
Wachkörper privater Art ausreichen müssten, um die
Sicherheit der Botschaften zu kennzeichnen. Da ist
ebenfalls eine massive Bindung von Polizeibeamten
gegeben.
Wir gesagt, Lhptm Häupl hat zumindest 1 000, ein-
9. Sitzung / 69
mal 1 600 Polizisten verlangt, durchgesetzt hat er bisher
bei der Bundesregierung, seiner eigenen Koalitionsregierung, nichts. Er hat sich bislang nicht damit durchgesetzt.
Das ist bedauerlich. Die Zahl 1 000 oder 1 600, das
möchte ich auch feststellen, ist im Grunde genommen
gar nicht die ganz große Zahl, sondern das ist ein Mindesterfordernis. Ich möchte darauf verweisen, was der
„Standard" am 15. September 2004 geschrieben hat. Er
hat festgestellt: „In Wien fehlen 4 000 Polizisten." Und
zwar stellt er fest: „Die Aufklärungsquote in deutschen
Großstädten ist doppelt so hoch wie in Wien. Allerdings
hat dort die Polizei bedeutend mehr Personal. Um eine
Arbeitssituation der Berliner Polizei zu erreichen, fehlen
in Wien 4 000 Mitarbeiter. Knapp 8 000 Beamte" - ein
bisschen mehr sind es in der Zwischenzeit gegenüber
dem Jahr 2004 – „hatten sich im Vorjahr" - das war also
im Jahr 2003 – „mit 257 000 gemeldeten Straftaten herumzuschlagen. Die Aufklärungsquote lag damals bei
26,78 Prozent. Auf einen Mitarbeiter der Polizei kamen
32 Fälle. Die Belastung in Wien liegt bei 166 Delikten pro
1 000 Einwohner. München dagegen" – laut „Standard“ –
„ein Paradies. Dort kamen im Jahr 2003 nur 80 Delikte
auf 1 000 Einwohner, also genau die Hälfte und die Aufklärungsquote ist doppelt so hoch, liegt nämlich bei
58 Prozent. Allerdings ist hier die Zahl der Beschäftigten
nicht viel höher als in Wien, aber München hat auch
weniger Einwohner. Von der Kriminalitätsseite her ist
Berlin mit Wien in der Hinsicht vergleichbar. Da haben
wir eine ähnliche Quote von 160 Straftaten pro
1 000 Einwohnern, allerdings ist auch hier die Aufklärungsquote eine wesentlich höhere, nämlich bei fast
50 Prozent, und der Polizeipräsident kann personell aus
dem Vollen schöpfen, ist er Herr über 26 000 Mitarbeiter,
die nur 21 Fälle pro Person aufklären müssen. Nachdem
Berlin doppelt so groß ist wie Wien, wäre die Hälfte davon in etwa 13 000 Mitarbeiter. Das wäre eine Zahl, die
deutlich über 4 000 zusätzlichen Polizisten läge." - Jetzt
kann man die Zahlen des „Standard" ernst nehmen oder
auch nicht. Ich nehme sie ernst. Ich stelle fest, dass in
Deutschland in vielen Städten offensichtlich eine deutlich
bessere Strukturierung gegeben ist.
Aber wenn die SPÖ nicht im Stande ist, das Problem
zu lösen, nämlich dass die Polizei auf Bundesseite aufgestockt wird, dann werden wir in Wien eben einen eigenen Weg gehen müssen und das ist dieser städtische
Ordnungsdienst, der von uns und, wie ich jetzt höre, von
der ÖVP verlangt wird. Er ist in vielen deutschen Städten
unterwegs. Ich habe das Beispiel Wolfsburg. Da ist er
zum Beispiel rechtlich im niedersächsischen Gesetz über
die öffentliche Sicherheit und Ordnung festgelegt, also
eine Art Landes-Sicherheitsgesetz von Niedersachsen,
natürlich nicht von Wien. Die sind natürlich nicht bewaffnet, machen auch nicht der Polizei Konkurrenz und sie
sind für alle möglichen Dinge zuständig, wie Missachtung
von Leinenzwang, Farbschmierereien, Lärmen und belästigendes Verhalten, Betteln, Nichtbeachtung von Lieferzeiten und Ähnlichem mehr. Auf alle Fälle ist die Einführung von solchen Ordnungsgruppen via Ordnungsämtern etwas, was die Sicherheitsgefühle in deutschen
Landtag, 18. WP
30. März 2007
Städten offensichtlich massiv angehoben hat. „In der
Bundesrepublik", schreibt der Kommentator, „sind die
Beamten der jeweiligen Ordnungsämter aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken."
Ich glaube, es dauert nicht mehr lange, bis sich die
SPÖ dieser Idee anschließt und überrascht dann dabei,
wie es um die Parkgebühren gegangen ist, die hier von
Gemeindebeamten eingehoben werden, weil es Geld
bringt. Aber ich glaube, auch die Sicherheit sollte uns
Entsprechendes wert sein. In diesem Sinne hoffe ich
sehr wohl, dass sich die SPÖ einer solchen Lösung auf
Dauer nicht verschließt, bereit ist, einem Bettelverbot,
wie die SPÖ in Salzburg oder wie es in Kärnten oder
auch in Krems in der Zwischenzeit ebenfalls Gesetz
geworden ist, zuzustimmen und dass auf Sicht auch ein
Ordnungsämterpersonal für die Sicherheit der Bevölkerung zur Verfügung gestellt wird.
Wir werden am Thema bleiben, sich hier oft unterhalten, weil sich mit den jetzigen Maßnahmen trotz der
neuen Frau Stadträtin eine Lösung des Problems in
keiner Weise abzeichnet und nur eine Perpetuierung der
Probleme eintritt! (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl: Zum Wort gemeldet hat
sich Herr Abg Mag Jung. Ich erteile es ihm.
Abg Mag Wolfgang Jung (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Zunächst zum Kollegen Schuster: Er hat sich hier
sichtlich schwer getan, sich bei seiner eigenen Rede
ernst zu nehmen, wenn man die Bereiche Polizei herausnimmt. (Abg Godwin Schuster: Nein! Das ist sehr
ernst gewesen!) Herr Kollege, Sie dürfen Ihren Kopf
ruhig schütteln! Sie wissen ganz genau, dass sich die
Spitzen der Wiener Polizei nicht nur im Rotlicht vereinigen, wie man sieht, sondern durchaus auch mit einem
gewissen parteipolitischen Hintergrund, also die Farbe
Rot soll bei der Wiener Polizei nicht ganz selten sein!
Das ist, glaube ich, ein offenes Geheimnis! (Beifall bei
der FPÖ. - Abg Kurt Wagner: Das ist jetzt aber eine
billige Polemik!)
Zum Zweiten, Sie machen uns Vorwürfe für ein Ressort, für das wir nicht verantwortlich sind, sondern wir
waren in der Regierung. Dann sagen Sie unmittelbar
darauf, seit der vorhergehenden Ministerin ist es in Wien
besser gewesen. Das heißt, es war in den letzten fünf
Jahren in Wien anders und Sie können wieder mitreden.
Was hat denn Ihr Mitreden gebracht? Gar nichts hat es
gebracht! Wissen Sie, was es gebracht hat? Dass der
Skandal vertuscht wurde, bis es nicht mehr anders gegangen ist! (Abg Godwin Schuster: Welcher Skandal?)
Und jetzt explodiert es! Im Bettlerbereich, von dem wir
heute eigentlich reden wollten, brauchen wir uns wohl
kaum zu fürchten, dass sich irgendwelche obskuren
Wiener Polizeispitzen zu Hochzeiten einladen lassen.
Das dürfte dort wahrscheinlich weniger der Fall sein.
Soweit zum Kollegen Schuster.
Zum Kollegen Ellensohn, der uns erklärt hat, er kann
mit Mühe sein aufschäumendes Vorarlberger Temperament bremsen, um uns zu sagen, was er von manchem
hält. Es lohnt sich gar nicht so sehr, auf den gesamten
9. Sitzung / 70
Bereich einzugehen, aber eines, Herr Kollege, muss man
schon sagen, Ihr Vergleich der Bettlerproblematik mit
den Konzentrationslagern, mit den üblichen Versuchen,
uns dorthin in die Nähe zu bringen und Ihrer Methode, in
der Vergangenheit zu wühlen, statt die Probleme der
Gegenwart zu lösen, ist nicht nur geschmacklos, Herr
Kollege, sondern sie ist dümmlich und beleidigt letztlich
die Opfer, die es wirklich gegeben hat! Sie sollten sich
solche Sachen ersparen! Das kann ich Ihnen sagen!
(Beifall bei der FPÖ.)
Der Kollege Ellensohn und auch einige andere im
Verlauf dieser Debatte haben weiters gemeint, es geht
darum, hier das Problem zu lösen und nicht sozusagen
die Opfer dieser Frage zu treffen. Das Problem ist hier
aber nicht eine soziale Frage, die wir heute diskutieren,
ich sage das bewusst, sondern das Problem ist eine
polizeiliche Frage, um die es geht. Es geht hier nicht
darum, die Probleme in Bukarest zu lösen, sondern die
Probleme in Wien zu lösen. Ich sage Ihnen da ganz
ehrlich, und das wird goutiert, ich bin von den Wienern
und nicht von den Bürgern in Bukarest gewählt und für
die Wiener trete ich ein und die Wiener goutieren das.
(Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Der Vergleich mit Bukarest hinkt!) Ich habe im Gegensatz zu Ihnen vorgestern
eine Verteilungsaktion auf der Mariahilfer Straße in dem
Bereich durchgeführt und kann Ihnen sagen, die Wiener
sind in dieser Frage auf unserer Seite und nicht auf Ihrer
Seite! Das kann ich Ihnen mit ruhigem Gewissen sagen!
(Beifall bei der FPÖ. - Abg Ernst Nevrivy: Das ist doch
ein Blödsinn!)
Ich weiß, das regt Sie auf, weil Ihre eigenen Mitglieder, die Leute im Gemeindebau, diejenigen sind, die am
meisten davon betroffen sind. Im 19. Bezirk finden Sie
Bettler wahrscheinlich weniger, aber auf der Mariahilfer
Straße und bei den U-Bahn-Stationen finden Sie sie. Das
ist es, das tut Ihnen weh! Sie wissen, dass wir recht
haben! Sie wissen, dass die Bürger hinter uns stehen!
Sie dürfen es halt nicht laut sagen, weil Sie den linken
Flügel haben, der Ihnen das verbietet und es verhindert!
(Abg Ernst Nevrivy: Das stimmt doch überhaupt nicht!)
So ist es, Herr Kollege, und nicht anders! (Heiterkeit bei
Abg Christian Oxonitsch.) Lachen Sie ruhig, Herr Klubobmann! Sie sind damit genauso im Unrecht wie Ihre
ständigen falschen Geschäftsordnungsauslegungen.
Auch das wird Ihnen noch vorgeführt werden!
„Ich brauche nur das bisschen Geld für die Fahrt
nach Fürstenfeld." - Wie wir heute gehört haben, ist das
bei den Bettlern nicht mehr in. Das wollen wir auch in
Wien erreichen. Was in Fürstenfeld möglich ist, müsste
eigentlich auch in Wien möglich sein. Wenn Ihre Stadträtin hier sagt, es wäre unsozial, so vorzugehen, dann
frage ich Sie: Ist Ihre Landeshauptfrau in Salzburg, die
gegen die Bettler vorgeht, unsozial? Haben Sie so ein
partielles Wahrnehmungsvermögen? Haben Sie so einen
Tunnelblick, dass Sie nicht sehen, was rund um uns und
in den anderen Ländern, die genau merken, dass es so
nicht weitergeht, vorgeht? Sie wollen es halt nicht! (Amtsf
StRin Sandra Frauenberger: Wien ist anders!)
Was sagt dann die Frau Stadträtin noch, um uns zu
Landtag, 18. WP
30. März 2007
beruhigen? Es hat 300 Überprüfungen gegeben. Das ist
ähnlich wie die Geschichte, die der Herr Landeshauptmann über die Novomatic gebracht hat. Es hat, seit wir
lästig geworden sind, 56 Apparate in den Beschlagnahmebereich gegeben. Überprüft haben Sie aber nicht die
Großen, und wir wissen, was bei der Novomatic läuft,
sondern überprüft und zugeschlagen haben Sie bei den
Kleinen. Augenauswischerei, 300 Überprüfungen! Vorige
Woche haben Sie ganz plötzlich, als Sie gemerkt haben,
es wird zum Thema, darüber wurde dann auch im Fernsehen berichtet, eine größere Razzia gemacht. (Abg
Dipl-Ing Martin Margulies: Ich glaube, ich gehe gleich
heim!) Glauben Sie, mit der Augenauswischerei können
Sie den Wienern noch etwas vormachen? Das zieht
schon längst nicht mehr! Wenn Sie 300 überprüft haben
und dann 131 Strafen ausgeteilt worden sind,
35 Festnahmen und 150 Wegweisungen waren, heißt
das, kein Einziger von den Überprüften hat sich im legalen Rahmen bewegt. Kein Einziger! Das heißt, jeder
überprüfte Bettler hat gegen österreichische Bestimmungen verstoßen. Das heißt hochgerechnet, dass wahrscheinlich auch jeder andere der Hunderten von Bettlern
in Wien illegal hier ist! Das wollen Sie nicht zur Kenntnis
nehmen, weil es Ihnen einerseits unbequem ist und weil
Sie, wie gesagt, einen linken Flügel haben, der es Ihnen
nicht erlaubt!
Wenn sich dann die Frau Stadträtin, und ich rechne
es ihr nicht als bösen Willen an, hier hinstellt und sagt:
„Zu Ostern werden wir auf der Mariahilfer Straße eine
Überprüfung machen.", geben Sie vielleicht Direktauskünfte oder stellen Sie es ins Internet, wenn Sie die
Überprüfungen machen, nur damit nachher festgestellt
werden kann, es gibt eh keine Bettler dort und es braucht
eh nichts unternommen werden. Das ist direkt die Anstiftung, woanders als dort betteln zu gehen, Frau Kollegin!
So etwas von Naivität kann man sich schon fast nicht
mehr vorstellen! (Abg Siegi Lindenmayr: Glauben Sie
das, was Sie da sagen?) - Ja.
Auf der Mariahilfer Straße habe ich vor Kurzem etwas verteilt (Abg Dipl-Ing Omar Al-Rawi: Was haben Sie
verteilt?) und ich arbeite auch in diesem Bereich. Jetzt
werde ich Ihnen einmal erzählen, was passiert, wenn
man auf der Mariahilfer Straße arbeitet und dann nach
Hause fährt. Ich gehe beim Tor hinaus, rechts von mir
sitzt Bettlerin Nummer 1. Links von mir gibt es Bettler
Nummer 2 seit dem BAWAG-Überfall nicht mehr. Das
waren Rollstuhlbettler, die sich abgewechselt haben. Die
haben sich damals von der Polizei abschrecken lassen.
Man geht dann etwas weiter und findet im Hochsommer
gegenüber die Hütchenspieler. Jetzt sind sie noch nicht
da. Weil es kälter ist, haben sie wieder aufgehört. Zwischendurch kommen irgendwelche Leute, die mit Eseln
oder Pferden für nicht vorhandene oder obskure Zirkusse
betteln. Dann kommen die Punks, die herumstehen:
„Host an Tschick oder host an Euro fürs Telefoniern?"
Die meisten sind durchaus auch aggressiv, mit Hund
oder ohne. (Abg Ernst Nevrivy: Die sind nicht so aggressiv wie Sie!) Dann kommen noch die Harmloseren mit
dem Tetrapack, die Wiener Sandler, die dort das Stadt-
9. Sitzung / 71
bild verschönern. (Abg Karl Dampier: Ganz zum Schluss
kommt der Herr Jung und verteilt noch etwas!) Dann
gehen Sie in die U-Bahn hinein, Herr Kollege, kommt
einer mit einer alten Autobatterie und einem Rekorder,
wimmert Ihnen die Ohren voll und Sie können sich nicht
dagegen wehren. Sie können sich die Ohren nicht einmal
zuhalten, weil Sie die Hände über den Taschen haben
müssen, damit Ihnen in den Wiener U-Bahnen nichts
gestohlen wird. Das ist keine Feststellung von mir, sondern das sagen die Wiener Linien doch selbst. Ich meine, wenn man dauernd mit dem Dienstwagen fährt,
merkt man es nicht. Aber hören Sie sich die Durchsagen
in den U-Bahnen an. Dann werden Sie nicht abstreiten
können, dass das ein Faktum ist. Das haben Ihre eigenen Leute erkannt! (Abg Karlheinz Hora: Sie wollen bloß
ein Dienstauto! Das ist es!)
Das Nächste ist, Sie kommen nach Hause, wollen
einkaufen gehen, steht vorne wer, der Ihnen das Wagerl
abnehmen will und den Euro einlöst. Wenn Sie nicht zum
Billa, sondern zum Merkur in meiner Umgebung gehen,
dann steht dort der Nächste, der Ihnen einen „Augustin"
aufdrängt. Das kann in einem Lokal genauso passieren,
wie es mir gestern auch passiert ist, zum Beispiel im
Café Ritter. Da kommt einer herein und wenn man den
„Augustin" nicht kauft, bekommt man nachgeredet: „Aber
eine Spende geben Sie mir schon!" Und wenn Sie dann
nichts tun, haben Sie eine blöde Nachrede. So schaut es
in der Realität aus!
Dann geht es am Abend zum Heurigen und da
kommt einer, der Ihnen ein Plastikspielzeug und irgendeine Karte auf den Tisch stellt und nachher absammeln
kommt. Das ist die Realität in Wien! (Abg Kurt Wagner:
Herr Jung, ist das beim Heurigen wirklich ein Spielzeug?)
Das ist auch der Eindruck, den wir auf die Fremden
und auf die Touristen machen. Ich frage Sie: Haben wir
das notwendig? Ist das das Wien, das Sie wollen? Wirklich nicht, meine Damen und Herren!
Österreich ist ein Sozialstaat. Sie von den GRÜNEN
haben durchaus recht, wenn Sie sagen, es gibt immer
auch Arme und es gibt zu viele Arme. Da stimme ich
Ihnen zu. (Abg Christian Hursky, eine Ausgabe der Zeitung „Augustin" herzeigend: Herr Jung, ich habe einen
„Augustin" gekauft!) - Sie können ihn ja verkaufen gehen,
den „Augustin"! Stellen Sie sich dort oben hin, wie mit
dem „Wachturm". Das dürfen Sie ruhig tun.
Es gibt, wie gesagt, noch immer zu viele Arme. Das
sind vor allem allein stehende Mütter und alte Menschen.
Aber es sind nicht die allein stehenden Mütter und die
alten Menschen aus Wien, die dort betteln. Die Bettler
werden bei uns importiert. Meine Damen und Herren, ich
bin in der Nachkriegszeit aufgewachsen. (Abg Siegi
Lindenmayr: Welcher Krieg?) Da war wirklich sehr viel
Armut, Not und Elend. Es gab Hunderttausende Heimatlose, Entwurzelte und Arme in Österreich. Aber ich erinnere mich sehr gut, gebettelt ist damals nicht worden. Ich
erinnere mich noch gut, wie die Kriegsblinden sogar von
Tür zu Tür gegangen sind und die von ihnen hergestellten Bürsten und Besen verkauft haben. Die Älteren hier
wissen es, gebettelt wurde nicht. (Abg Inge Zankl: Ge-
Landtag, 18. WP
30. März 2007
bettelt wurde sehr wohl!) Ich bin nicht in Wien aufgewachsen (Abg Inge Zankl: Ich bin in Wien aufgewachsen!), aber ich sage Ihnen, in Oberösterreich hat es das
nicht gegeben und es gab genügend Arme.
Wissen Sie, wann ich den ersten Bettler gesehen habe, Frau Kollegin? Die ersten Bettler habe ich in den
60er Jahren am Balkan gesehen und es hat mich zugegebenermaßen schockiert. Denn man kann arm sein, hat
meine Großmutter immer sehr richtig gesagt, aber man
muss nicht dreckig sein. Dagegen kann man etwas tun.
Diese dort waren aber, und das sage ich Ihnen, das war
mein Eindruck und das war Faktum, schmutzig und in
abgerissenen Kleidern. Was mich geschreckt hat, war,
sie scheuten sich überhaupt nicht, sich lautstark und
penetrant bemerkbar zu machen. Ihre eigenen Landsleute haben uns damals vor ihnen gewarnt.
Heute sitzen die gleichen Leute bei uns und wer
warnt uns heute? Wie ich Ihnen schon vorhin gesagt
habe, die Wiener Linien, die städtischen Verkehrsbetriebe, wo Sie doch einen gewissen Einfluss, glaube ich,
haben. (Abg Ingrid Puller: Das ist die Belästigung!) Das
ist ein Faktum, Frau Kollegin!
Und was tut die Stadt? Nichts! Nichts! Dreimal nichts
tut sie! Dabei muss in Wien keiner hungern, nicht einmal
die Ausländer. Es gibt die Caritas, es gibt die Wiener
Tafel, es gibt die Gruft. (Abg Ernst Nevrivy: Mangiare!
Mangiare! Mangiare!) - Beruhigen Sie sich, Herr Kollege,
mit Ihren Mangiare-Bezeichnungen!
Es gibt allerdings, das stimmt, einige Sozialdemokraten, die solche Organisationen überhaupt nicht mögen.
Ich lese Ihnen heute etwas vor, einen Pressedienst: „Der
Vizebürgermeister der Bezirksstadt Wolfsberg, Heimo
Toefferl, SPÖ, verglich die Kunden der Sommermärkte
mit Aasfressern." - Wissen Sie, was die Sommermärkte
sind? Die Sommermärkte sind die, die Waren billiger an
bedürftige Leute abgeben. Das ist die wahre Einstellung
von manchen Ihrer SPÖ-Funktionären! Kehren Sie einmal zu Hause zusammen und kritisieren Sie dann die
anderen! Das kann ich Ihnen sagen! (Beifall bei der FPÖ.
- Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Der sollte die Partei
wechseln und zu euch gehen!)
Es wird Zeit, dass Sie das lernen, was die Bürger
längst getan haben, nämlich dass ein Umdenken Platz
greift und dass die Augenauswischerei und das Verdrängen der Probleme aufhört! Wir müssen begreifen, dass
wir in Wien nicht alle Probleme der EU oder gar der
ganzen Welt lösen können. (Abg Ernst Nevrivy: Es ist,
wie es ist!) Wir sind für unsere Bürger verantwortlich!
Das ist unsere Anschauung und für die treten wir ein!
(Abg Kurt Wagner: Das ist aber ein schlechtes Eintreten!) Für die und auch für ihre Sicherheit sind wir verantwortlich, nicht für den anderen Bereich!
Daher geht es, wie wir in unserem Antrag drinnen
gehabt haben, um die Frage der Adaptierung von Bestimmungen des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes, das
im Prinzip, wie Sie richtig sagen, Herr Kollege Ellensohn,
ausreichend sein müsste, wenn man es entsprechend
rigide auslegt. Aber das traut sich kein Polizist, denn es
genügt ein lautes „Ausländerfeind" bei Kontrollen, dann
9. Sitzung / 72
werden die Gutmenschen auf den Plan gerufen und der
Polizist hat das Gfrett und das überlegt er sich halt dreimal.
Wenn ich mir § 3 des Gesetzes ansehe, ist der nicht
dazu geschaffen, uns vor der Bettlerplage oder Ähnlichem zu bewahren, sondern, so hat man eher den Eindruck, zur Verhinderung von Geschäftsstörungen bei den
Abtreibungskliniken.
Ich lese Ihnen § 2 vor: „Wer an einem öffentlichen Ort
in aufdringlicher oder aggressiver Weise oder als Beteiligter an einer organisierten Gruppe um Geld oder geldwerte Sachen bettelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist ... zu bestrafen."
Wenn Sie nur „in aufdringlicher oder aggressiver
Weise" herausstreichen, haben Sie schon die Handhabe,
das Gesetz wirksam und hervorragend einzusetzen.
Dann steht weiters die „organisierte Form" darin.
Wenn Sie noch dazufügen: „Wer als Mitglied einer organisierten Gruppe" - also ein Bettler – „erstmalig dabei
betreten wird und aktiv zur Aufdeckung der Straftat beiträgt, bleibt straffrei." - Damit würden wir diesen Bettlern,
soweit sie wirklich ausgenützt sind, eine goldene Brücke
bauen. Sie wären beim erstmaligen Betreten straffrei und
wir würden an die Hintermänner herankommen.
Es ist aber, wie gesagt, nicht nur die reine Bettelei,
es ist auch die Geräuschbelästigung, der Lärm in den
U-Bahnen, der den Leuten zunehmend auf den Nerv
geht. Auch hier wäre einzugreifen.
Und es ist eine andere Gruppe, die nicht direkt unter
die Bettler zu rechnen ist und der Sie in der SPÖ auch
die Mauer machen. Die GRÜNEN machen es auch,
wenn sie nicht gerade von ihnen besetzt werden. Es
handelt sich nämlich um die Punker.
Wir haben am vergangenen Wochenende wieder eine Hausbesetzung gehabt. Ich glaube, es war die dritte,
die es in diesem Fall gegeben hat. Die SPÖ in Wien ist
sich nicht zu dumm, denen trotzdem noch ein Haus in
Aussicht zu stellen. Sie bauen sich das auf, was man in
Dänemark gerade dabei ist, abzubauen. Sie haben den
Wirbel und die Unruhen vor wenigen Wochen mit brennenden Autos und so weiter in Dänemark gesehen. Sie
wollen das nicht zur Kenntnis nehmen, so wie Sie unsere
Hinweise auf Bettlerproblematik und auf Kriminalität nicht
zur Kenntnis nehmen wollen. (Kopfschütteln bei Abg
Christian Oxonitsch.) So wie Sie immer gesagt haben,
das ist in Wien nicht! Wir haben heute eine Kriminalität,
die vor zehn Jahren undenkbar war! Wir haben heute
eine Punkerszene und in zehn Jahren die Zustände, die
für Sie, Herr Kollege Oxonitsch, undenkbar sind! Aber
dann sind Sie vielleicht schon nahe vor Ihrer gutdotierten
Pension!
Die Wiener betrifft es, wir kriegen Christiania auf diese Art in Wien. Sie belohnen Gesetzesbrüche, indem Sie
den Leuten dann noch etwas versprechen! Das ist wirklich geradezu haarsträubend! Die Wiener werden es
nicht verstehen. Wer in der Umgebung des Ernst Kirchweger-Hauses wohnt, kann Ihnen das bestätigen. Diejenigen, die das Pech haben werden, in der Nähe einer
solchen Punkerhütte zu hausen, falls es so weit kommen
Landtag, 18. WP
30. März 2007
sollte, diese armen Teufel, werden nicht mehr SPÖ wählen! Das kann ich Ihnen versprechen!
Wir, das kann ich Ihnen auch sagen, werden genau
beobachten und aufzeigen und werden auf der Seite der
Betroffenen sein, der Kaufleute und der Anrainer! Wir
werden dagegen auftreten! Ich kann Ihnen nur sagen,
wenn Sie mit den Leuten auf der Mariahilfer Straße geredet haben, dann werden Sie sehen, wer uns in der
Bevölkerung Österreichs und vor allem Wiens recht gibt!
(Beifall bei der FPÖ. - Abg Christian Oxonitsch: Die haben alle Angst, dass Sie Zettel verteilen!)
Präsident Heinz Hufnagl: Zum Wort gemeldet ist der
Abg Dr Stürzenbecher. Ich erteile es ihm.
Abg Dr Kurt Stürzenbecher (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und
Herren!
Zum Herrn Dr Jung fällt einem gar nichts ein. Zu so
viel Unsinn und so einem Schmarren möchte ich eigentlich gar nicht Stellung nehmen und spreche auch im
Hinblick auf den bevorstehenden Osterfrieden nicht
dazu! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Jetzt ist aber insgesamt die Dringliche Anfrage der
FPÖ, wie sie schriftlich vorliegt, auch ein Beispiel dafür,
wie man auf ein sehr komplexes Thema sehr vereinfachend und mit falschen Lösungsvorschlägen herangeht,
die eben keine Lösungen bringen. Man versucht, bei
einem Symptom irgendwie, noch dazu mit untauglichen
Mitteln, herumzudoktern, ohne die Ursachen zu analysieren, ohne die wirkliche Problematik tatsächlich ausreichend zu erkennen, aber vielleicht auch, um sozusagen
für eine autoritäre Politik, die unserer Gesellschaft fremd
ist, abzulenken. (Abg Dr Herbert Madejski: Lies dir den
Satz nachher noch einmal durch!)
Wichtig ist, und das hat auch mein Vorredner Schuster richtig angemerkt, dass es natürlich ein Problem der
organisierten Kriminalität gibt (Beifall von Abg KurthBodo Blind und Abg David Lasar. - StR Johann Herzog:
Doch?), dass die natürlich vorhanden ist und dass es
eine schamlose Ausbeutung von Menschen in diesem
Zusammenhang gibt. Dem kann man aber sicher nicht
mit einem generellen Bettelverbot beikommen, das ist
ein vollkommener Unsinn (StR Johann Herzog: Was fällt
den Salzburgern ein? Unglaublich!), sondern man muss
einfach organisierte Kriminalität so bekämpfen, wie man
sie generell bekämpft, durch internationale Zusammenarbeit (Abg Dr Herbert Madejski: Burgstaller! Voves!), sei
es der Polizeibehörden, sei es aller anderen Behörden
und sei es durch Bekämpfung der Ursachen in den dortigen Ländern. Das muss natürlich die Europäische Union
unterstützen. Das kann nicht die Stadt Wien allein. Deshalb haben wir auch den Antrag eingebracht. Natürlich
müssen wir unsere Gesetze, die wir haben und die ausreichend sind, entsprechend anwenden und so anwenden, dass sie die bestmögliche Wirkung haben. (Beifall
bei der SPÖ. - Abg Dr Herbert Madejski: Wie machen
Sie das?)
Hier gilt natürlich, wir sollten die sozialen Maschen in
Österreich so eng knüpfen, und in den letzten sieben
9. Sitzung / 73
Jahren sind sie lockerer geworden, wir haben doppelt so
viele Sozialhilfeempfänger wie vorher, dass Bettelei nicht
notwendig ist und dass so wenig wie möglich in der normalen Bettelei, wenn ich das einmal so sagen darf, geschieht. Wenn ich jetzt die organisierte Bettelei und die
aggressive Bettelei wegzähle, gibt es die normale Bettelei weiterhin. Selbstverständlich ist es so, wenn ein
bestmögliches soziales Netz geschaffen wird, und die
Stadt Wien ist die sozialste Stadt der Welt, auch wenn
wir vom Bund in den letzten sieben Jahren da weniger
unterstützt worden sind, dass es wahrscheinlich noch
individuelle Personen und persönliche Schicksale gibt,
die auch bei einem guten sozialen Netz noch immer auf
der Negativseite des Lebens landen und glauben, durch
Betteln ihre soziale Lage verbessern zu können. Das
sollte man nicht generell mit autoritären Mitteln unterbinden, sondern für diese normale Bettelei muss es Platz
geben und dagegen kann man nicht vollkommen polizeistaatlich vorgehen. Das soll auch gesagt werden. Aber
natürlich wünschen wir uns eine Gesellschaft und vor
allem arbeiten wir für eine solche, in der Bettelei nicht
notwendig ist. Das ist aber offenbar schwer und wahrscheinlich nur langfristig und international zu erreichen.
Zur organisierten Ausbeutung von Bettlerinnen und
oft auch Kindern hat mich beeindruckt, was die Frau
Stadträtin vorgebracht hat und wie unpassend das schon
alles ist. Diese Zahlen habe ich im Detail noch nicht
gekannt und bin eigentlich schon froh darüber, dass sehr
viel geschieht, auch von der Polizei und vor allem den
Organen der Stadt Wien schon sehr viel geschieht.
Die Polizei macht eine gute Arbeit. Ich will mich jetzt
nicht noch einmal, Schuster hat das schon gemacht,
über die mangelnde Ausstattung unserer Polizei, dass
wir zu wenig Polizisten haben, lang verbreiten. Auch
wenn man lange die Wahrheit sagt, wird die Stimme
heiser und davon ist unsere Stimme schon heiser. Aber
wir werden es weiterhin sagen, so lange, bis wir genug
Polizei haben. Wir kämpfen jedenfalls weiter für mehr
Polizei in dieser Stadt. Aber das heißt nicht, dass wir
glauben, dass wir die Armut mit der Polizei bekämpfen
können, jedoch ist die Polizei sehr wohl bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität ein wichtiger Faktor,
aber sicher nicht der einzige Faktor. Die moderate Personalaufstockung, die im neuen Bundesbudget dafür
vorgesehen wird, ist ein richtiger Schritt in die richtige
Richtung, aber nach wie vor nicht ausreichend.
Die Sicherheitspartnerschaft zwischen der Stadt
Wien und dem Innenministerium hat nach den Strasseriaden, die uns wirklich sehr weit zurückgeworfen haben,
bei der Polizei wieder eine gewisse Verbesserung gebracht. Ich hoffe, dass mit der neuen Bundesregierung
und dem jetzigen Innenminister auf der gleichen Ebene
weitergearbeitet werden kann.
Was ich noch einmal betonen möchte, ist, weil Vorredner gesagt haben, wir können nur hier in Wien alles
lösen, ich glaube wirklich, dass die internationale Zusammenarbeit mit diesen Behörden das Kern des Problems ist, weil es einfach so ist, dass schon bewiesen
wurde, dass die Zusammenarbeit mit den bulgarischen
Landtag, 18. WP
30. März 2007
Behörden real dazu geführt hat, dass sich die Situation
mit Bulgarien deutlich entspannt hat, dass man dort auch
auf die Gesetzgebung eingewirkt hat und dass es nicht
mehr so leicht ist wie früher, dass bulgarische Kinder
unter wirklich schlimmen Bedingungen nach Wien kommen und hier ausgebeutet werden. Das müssen wir mit
allen Ländern so machen.
Es ist natürlich unsere Aufgabe, intelligent darüber
nachzudenken, dass es absolut unmöglich wird, dass in
unserem Land Kinder ausgebeutet werden. Das darf es
in keiner Weise geben! Dafür kämpfen wir auch, aber
dafür ist ein absolutes Bettelverbot ein untaugliches
Mittel! Noch einmal muss ich natürlich betonen, dass das
Betteln von Kindern bei uns verboten ist und dass Leute,
die Kinder zum Betteln anstiften, als Anstifter durchaus
zu bestrafen sind. Es ist jede Form von Ausbeutung
verboten. Es ist das aggressive organisierte Betteln
verboten.
Wir brauchen vielmehr aber ein Bündel von intelligenten Maßnahmen, um die organisierte Kriminalität zu
bekämpfen und die organisierte Bettelei mit ihren negativen Auswüchsen zurückzudrängen. Aber ein absolutes
Bettelverbot wäre hier nicht der richtige Weg! Wir wollen
die sozialen Ursachen des Bettelns bekämpfen! Wir
wollen die Armut mit allen Mitteln bekämpfen! - Danke
schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl: Zum Wort ist niemand
mehr gemeldet. Die Debatte über die Beantwortung der
dringlichen Anfrage an die Frau StRin Frauenberger ist
somit beendet.
Mir liegen vier eingebrachte Anträge vor, die ich in
der Reihenfolge der Einbringung nunmehr zur Behandlung bringen werde.
Ich beginne mit dem Antrag der freiheitlichen Landtagsabgeordneten DDr Eduard Schock und Veronika
Matiasek betreffend generelles Bettelverbot.
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In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung
verlangt.
Wer mit diesem Antrag in der sofortigen Abstimmung
einverstanden ist, den bitte ich um ein Handzeichen. Dies ist ausschließlich die Freiheitliche Fraktion, sohin
abgelehnt.
Es
folgt
der
Beschlussantrag
der
FPÖLandtagsabgeordneten Veronika Matiasek und Mag
Wolfgang Jung betreffend städtischer Ordnungsdienst.
Auch hier wird die sofortige Abstimmung verlangt.
Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein
Handzeichen. - Es ist erneut nur die einbringende Freiheitliche Fraktion und somit abgelehnt.
Ich setze fort mit dem Beschluss- und Resolutionsantrag der Österreichischen Volkspartei betreffend städtisches Ordnungsamt zur Exekutierung kommunalrechtlicher Bestimmungen.
Hier wird die Zuweisung an den Herrn Bürgermeister
verlangt.
Wer mit der Zuweisung einverstanden ist, den bitte
ich um ein Handzeichen. - Das ist außer der Grünen
Fraktion von den drei anderen Parteien unterstützt, daher mehrheitlich angenommen.
Last but not least, meine Damen und Herren, der Beschluss- und Resolutionsantrag der Abgen Godwin
Schuster und Dr Kurt Stürzenbecher für die Sozialdemokratische Fraktion betreffend sozialpolitische Defizite in
der Europäischen Union.
Hier wird die sofortige Abstimmung verlangt.
Wer diesem Weg folgen kann, den bitte ich um Unterstützung. - Dies ist, mit Ausnahme der Freiheitlichen
Partei, von der Sozialdemokratie, der Grünen Fraktion
und der Volkspartei somit zum Beschluss erhoben.
Bleibt mir nur noch, die Tagesordnung der heutigen
Sitzung als erledigt zu vermelden, Ihnen ein schönes
Wochenende und noch viel mehr ein angenehmes und
erbauliches Osterfest zu wünschen. Schöne Festtage!
Die Sitzung ist geschlossen. Auf Wiedersehen.
(Schluss um 16.56 Uhr.)
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