Word-Datei - beim Niederösterreichischen Landtag

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Landtag von NÖ, XII. Gesetzgebungsperiode
Tagung 1987/88
68. Sitzung am 16. Juni 1988
INHALT:
1. Eröffnung durch Präsident Mag.Romeder (Seite 448).
2. Verlesung des Einlaufes (Seite 448).
3. Verhandlung:
Antrag des Finanzausschusses über den Bericht der Landesregierung betreffend Rechnungsabschluß
des Landes Niederösterreich für das Jahr 1987. Berichterstatter: Abg. Wittig (Seite 448); Redner:
Landeshauptmann Mag.Ludwig (Seite 449),
Landeshauptmannstellvertreter Höger (Seite 453), Abg. Dr.Bernau (Seite 457), Abg. Mohnl (Seite
463); Abstimmung (Seite 468).
Antrag des Kommunalausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend Änderung des
Gesetzes über die Gliederung des Landes Niederösterreich in Gemeinden (Markterhebung Gemeinde
Sonntagberg).
Berichterstatter: Abg. Feurer (Seite 468); Redner: Abg. Keusch (Seite 469), Abg. Treitler (Seite 471);
Abstimmung (Seite 473).
Antrag des Sozialausschusses über den gemeinsamen Antrag der Abgeordneten Fidesser, Auer
Helene, Lugmayr, Dr.Bauer, Auer Hubert, Feurer, Mag.Freibauer, Gruber, Breininger und Greßl
gemäß § 29 des Geschäftsordnungsgesetzes, LGBl. 0010-4, im Zusammenhang mit dem Antrag der
Abgeordneten Auer Helene, Dr.Bauer u.a., Ltg.400/A-2/24 betreffend Gewährung einer NÖ
Familienbeihilfe. Berichterstatter: Abg. Greßl (Seite 473); Redner: Abg. Helene Auer (Seite 474), Abg.
Monika Lugmayr (Seite 476), Abg. Wagner (Seite 478), Abg. Fidesser (Seite 484); Abstimmung (Seite
489).
Antrag des Bauausschusses über den gemeinsamen Antrag mit Gesetzentwurf der Abgeordneten
Wittig, Kalteis u.a. gemäß § 29 des Geschäftsordnungsgesetzes, LGBl. 0010, im Zusammenhang mit
der Vorlage der Landesregierung, Ltg.77/B-21 betreffend Änderung der NÖ Bauordnung 1976, LGBl.
8200. Berichterstatter: Abg. Zauner (Seite 489). Antrag des Bauausschusses über den gemeinsamen
Antrag mit Gesetzentwurf der Abgeordneten Wittig, Kalteis u.a. gemäß § 29 des
Geschäftsordnungsgesetzes, LGBl. 0010, im Zusammenhang mit der Vorlage der Landesregierung,
Ltg.77/B-21, betreffend Änderung der NÖ Bauordnung 1976, LGBl. 8200. Berichterstatter: Abg.
Zauner (Seite 489).
Antrag des Bauausschusses über den gemeinsamen Antrag mit Gesetzentwurf der Abgeordneten
Wittig, Kalteis u.a. gemäß § 29 des Geschäftsordnungsgesetzes, LGBl. 0010, im Zusammenhang mit
der Vorlage der Landesregierung, Ltg.77/B-21, betreffend Änderung des NÖ Raumordnungsgesetzes
1976, LGBl. 8000. Berichterstatter: Abg. Spiess (Seite 490). Redner zu den drei Geschäftsstücken:
Abg. Kalteis (Seite 491), Abg. Wittig (Seite 494), Abg. Kurzbauer (Seite 496); Abstimmung (Seite 499).
Antrag des Bauausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend NÖ Kleingartengesetz.
Berichterstatter: Abg. Gruber (Seite 499); Redner: Abg. Anton Rupp (Seite 499), Abg. Präs. Ing.
Schober (Seite 501); Abstimmung (Seite 502).
Antrag des Wirtschaftsausschusses über den Bericht der Landesregierung betreffend NÖ
Fremdenverkehrsförderungsfonds, Jahresbericht 1987. Berichterstatter: Abg. Rozum (Seite 502);
Redner: Abg. Keusch (Seite 503), Abg. Breininger (Seite 505);
Abstimmung (Seite 509).
Antrag des Wirtschaftsausschusses über den Bericht der Landesregierung betreffend NÖ
Wirtschaftsförderungs- und Strukturverbesserungsfonds, Jahresbericht 1987. Berichterstatter: Abg.
Trabitsch (Seite 509); Redner: Abg. Dr.Bauer (Seite 509), Abg. Dirnberger (Seite 514); Abstimmung
(Seite 516).
Antrag des Gesundheitsausschusses über die Vereinbarung gemäß § 15 a B-VG betreffend KRAZAFVereinbarung 1988-1990. Berichterstatter: Abg. Hiller (Seite 516). Antrag des
Gesundheitsausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend Änderung des NÖ
Krankenanstaltengesetzes 1974. Berichterstatter: Abg. Gruber (Seite 517). Redner zu beiden
Geschäftsstücken: Abg. Icha (Seite 518), Abg. Mag.Freibauer (Seite 520); Abstimmung (Seite 523).
Antrag des Finanzausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend LandesFinanzsonderaktion für Gemeinden, Erhöhung des Kredit- und Haftungsrahmens. Berichterstatter:
Abg. Kurzbauer (Seite 523); Redner: Abg. Ing.Hofer (Seite 523), Abg. Hülmbauer (Seite 524);
Abstimmung (Seite 527).
Antrag des Schulausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend Änderung des NÖ
Schulzeitgesetzes. Berichterstatter: Abg. Kalteis (Seite 527); Abstimmung (Seite 527).
Antrag des Landwirtschaftsausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend Änderung
der NÖ Landarbeitsordnung. Berichterstatter: Abg. Gausterer (Seite 527); Abstimmung (Seite 528).
Antrag des Verfassungs- und Rechtsausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend
Änderung des NÖ Bezügegesetzes und den gemeinsamen Antrag gemäß § 29 des
Geschäftsordnungsgesetzes, LGBl. 0010-4, der Abgeordneten Dr. Bernau, Wagner u.a.
Berichterstatter: Abg. Franz Rupp (Seite 528); Abstimmung (Seite 529).
Antrag des Verfassungs- und Rechtsausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend
Verfassungsgesetz, Änderung der NÖ Landtagswahlordnung 1974. Berichterstatter: Abg. Breininger
(Seite 529); Abstimmung (Seite 529).
Antrag des Kommunalausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend Änderung der
NÖ Gemeindebeamtendienstordnung 1976. Berichterstatter: Abg. Sivec (Seite 529). Antrag des
Kommunalausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend Änderung der NÖ
Gemeindebeamtengehaltsordnung 1976. Berichterstatter: Abg. Sivec (Seite 529). Antrag des
Kommunalausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend Änderung des NÖ
Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetzes 1976. Berichterstatter: Abg. Sivec (Seite 529); Abstimmung
(Seite 530).
Antrag des Kommunalausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend Änderung des
NÖ Kanalgesetzes 1977. Berichterstatter: Abg. Koczur (Seite 530); Redner: Abg. Gruber (Seite 531),
Abg. Hoffinger mit Resolutionsantrag (Seite 533); Abstimmung (Seite 534).
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER (um 10.00 Uhr): Ich eröffne die Sitzung. Das Protokoll der letzten
Sitzung ist geschäftsordnungsmäßig aufgelegen. Es ist unbeanstandet geblieben, demnach als
genehmigt zu betrachten.
Wie bereits angekündigt, setze ich die Geschäftsstücke Ltg.400/A-2/24 und Ltg.395/K-3, welche in
den zuständigen Ausschüssen am 14. Juni erledigt wurden, noch auf die Tagesordnung der heutigen
Sitzung.
Über Ersuchen der beiden Landtagsklubs beabsichtige ich, das Geschäftsstück Ltg.400/A-2/24 im
Anschluß an Ltg.385/G-1/23 und das Geschäftsstück Ltg.395/K-3 im Anschluß an Ltg.394/G-4/8 zu
verhandeln. Wird dagegen ein Einwand erhoben? Das ist nicht der Fall.
Die Ausschußanträge zu den beiden Geschäftsstücken und der geänderte Gesetzentwurf zur
Ltg.395/K-3 wurden den Abgeordneten in die Klubs übermittelt.
Ich ersuche um Verlesung des Einlaufes.
SCHRIFTFÜHRER (liest):
Ltg.402/K-1/2 Vorlage der Landesregierung betreffend Änderung des NÖ Krankenanstaltengesetzes 1974.
Ltg.401/L-2/3 Vorlage der Landesregierung betreffend Änderung der NÖ Landarbeitsordnung.
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER (nach Zuweisung bzw. Mitteilung der bereits erfolgten Zuweisung des
Einlaufes an die zuständigen Ausschüsse): Bevor wir zur Beratung der heutigen Tagesordnung
kommen, darf ich unsere Besucher auf der Galerie recht herzlich begrüßen, und zwar die Schüler der
landwirtschaftlichen Fachschule Gießhübl, den Herrn Bürgermeister und die Gemeinderäte der
Gemeinde Sonntagberg.
Nunmehr kommen wir zur Beratung der Tagesordnung. Ich ersuche den Abgeordneten Wittig, die
Verhandlungen zur Ltg.391/R-1/4 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. WITTIG (ÖVP): Hoher Landtag! Die Niederösterreichische Landesregierung hat
gemäß Art. 31 der Niederösterreichischen Landesverfassung 1979 den Rechnungsabschluß 1987
dem Landtag zur Kenntnisnahme vorgelegt. Der Rechnungsabschluß wurde von der
Landesbuchhaltung fristgerecht fertiggestellt. Er ist bereits seit Tagen in den Händen der Damen und
Herren des Hohen Hauses, und ich darf daher meine Berichterstattung auf die wichtigsten Punkte
beschränken und bei Nennung von Beträgen die Tausendschilling- , die Hundertschilling- und die
Groschenbeträge vernachlässigen.
In formeller Hinsicht ist der Rechnungsabschluß gemäß der Verordnung des Bundesministeriums für
Finanzen, kurz VRV genannt, erstellt worden. Er entspricht in seinem Aufbau dem Voranschlag für
das Rechnungsjahr 1987. Das gesamte Abschlußoperat ist wie schon in den vergangenen Jahren
wiederum in vier Teilbänden untergebracht. Der erste Band enthält den Bericht und den Antrag zum
Rechnungsabschluß. Hier finden Sie auch die Erläuterungen zu den Abweichungen der Einnahmen
und Ausgaben vom Voranschlagsbetrag. Der zweite Band als Hauptteil enthält die
Rechnungsabschlüsse des ordentlichen und außerordentlichen Haushaltes. Band drei enthält die
Untervoranschläge. Der vierte und letzte Band enthält die laut VRV geforderten Nachweise,
finanzstatistische Zusammenstellungen sowie den Vermögensstand des Landes und der
Verwaltungsfonds. Hohes Haus! Der Rechnungsabschluß 1987 weist vor dem Haushaltsausgleich
Ausgaben von 29.439 Millionen Schilling aus. Die Einnahmen betragen 27.507 Millionen Schilling.
Das ergibt einen Abgang von 1.932 Millionen Schilling, der durch die Aufnahme einer "Inneren
Anleihe" in derselben Höhe abgedeckt wurde. Erst durch diese Abgangsdeckung sind die Einnahmen
und Ausgaben ausgeglichen. Die Gesamtausgaben wie auch die Gesamteinnahmen betragen nach
dem Haushaltsausgleich nunmehr 29.439 Millionen Schilling. Das ergibt gegenüber 1986 eine
Steigerung des Ausgabenvolumens um 2.299 Millionen Schilling oder 8,5 %.
Der Schuldenstand des Landes Niederösterreich für das Jahr 1987 hat gegenüber dem Vorjahr durch
die Aufnahme einer "Inneren Anleihe" in Höhe von 1.932 Millionen Schilling und unter
Berücksichtigung der Tilgungen von 1.66 Millionen Schilling einen Nettozuwachs von 866 Millionen
Schilling erfahren. Der Schuldenstand beträgt nunmehr 12.628 Millionen Schilling. Dies entspricht,
bezogen auf das Ausgabenvolumen des Jahres 1987, 42,89 %. Gegenüber dem Vorjahr von 43,33 %
konnte der Prozentanteil des Schuldenstandes am Ausgabenvolumen um 0,44 % gesenkt werden.
Zum Abschluß meines Berichtes darf ich daher namens des Finanzausschusses folgenden Antrag
stellen (liest):
"Der Hohe Landtag wolle beschließen: 1. Der Bericht der Niederösterreichischen Landesregierung
zum Rechnungsabschluß des Landes Niederösterreich für das Jahr 1987 wird genehmigend zur
Kenntnis genommen.
2. Der Rechnungsabschluß des Landes Niederösterreich für das Jahr 1987 wird mit den Ausgaben im
ordentlichen Haushalt von S 27.903,836.238,86 und im außerordentlichen Haushalt von S
1.535,255.309,50, mit Gesamtausgaben von S 29.439,091.548,36, und Einnahmen im ordentlichen
Haushalt von S 27.903,836.238,86 und im außerordentlichen Haushalt von S 1.535.255.309,50, mit
Gesamteinnahmen von S 29.439,091.548,36, genehmigt. 3. Die variablen Reisekosten im
Teilabschnitt 1/05 944 des ordentlichen Haushaltes werden zugunsten aller entsprechenden im
Voranschlag 1987 veranschlagten variablen Reisekosten mit gleicher Kreditverwaltung als einseitig
deckungsfähig genehmigt. 4. Die bei den einzelnen Voranschlagstellen ausgewiesenen
Abweichungen zum Voranschlag werden genehmigend zur Kenntnis genommen."
Ich darf den Herrn Präsidenten bitten, die Debatte einzuleiten und dann die Abstimmung
vorzunehmen.
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Ich eröffne die Debatte. Zu Wort gemeldet ist Herr Landeshauptmann
Siegfried Ludwig.
Landeshauptmann Mag.LUDWIG (ÖVP): Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren des Hohen Hauses! Ich habe mich heute zu Wort gemeldet, weil der Rechnungsabschluß der
traditionelle Anlaß dazu ist, weil aber gleichzeitig mit der heutigen Sitzung des Niederösterreichischen
Landtages die laufende Gesetzgebungsperiode endet.
Hohes Haus! Ich halte es nicht für erforderlich, hier vor Ihnen, die Sie für die Gesetzgebung in diesen
fünf Jahren verantwortlich zeichnen, eine taxative Bilanz dieser Arbeit zu ziehen. Worum es mir als
Landeshauptmann geht, das ist im Sinne einer Rechenschaftslegung vor der Öffentlichkeit das
Herausarbeiten der wesentlichen Leitlinien und Schwerpunkte unserer Landespolitik von 1983 bis
1988. Daß gleichzeitig Zukunftsaspekte miteinfließen, ist im Geiste einer vorausschauenden Politik
eine Selbstverständlichkeit.
Hohes Haus! Diese zu Ende gehende Arbeitsperiode der niederösterreichischen Landespolitik ist vor
allem von vier Schwerpunkten gekennzeichnet:
Das ist erstens die Neuordnung des politischen Stils im eigenen Land als Basis für gemeinsame Arbeit
und Erfolge und damit zusammenhängend die weitere Verbesserung der Zusammenarbeit mit dem
Bund.
Das ist zweitens die Neuordnung der niederösterreichischen Landespolitik in Verbindung mit dem auf
die Landeshauptstadt und den gestärkten Regionen und Gemeinden ruhenden Zukunftskurs. Diese
Neuausrichtung ist eine konsequente Weiterführung unserer betont bürgernahen Landespolitik.
Das ist drittens die Weiterführung und Erneuerung unserer Umweltschutz- und Sozialpolitik sowie die
wesentliche Neubelebung unserer Bildungs-, Kultur- und Wirtschaftspolitik. Und das ist viertens der
außenpolitische Schwerpunkt als neue Komponente unserer nun auch verstärkt über die Staats- und
Landesgrenzen blickenden Landespolitik.
Hohes Haus! Es ist wahrlich viel geglückt in dieser nunmehr zu Ende gehenden Landtagsperiode. Es
ist vor allem deswegen viel gelungen, weil wir gemeinsam einen vernünftigen Weg der
Zusammenarbeit gefunden haben und weil den Auswüchsen des politischen Stils, wie er Anfang der
80er Jahre in Niederösterreich zum Schaden unseres Landes festgestellt werden mußte,
abgeschworen wurde, und ich stehe nicht an, dafür den beiden politischen Kräften dieses Landes und
dieses Hauses ein herzliches und aufrichtiges Dankeschön zu sagen. Diese neuen Entwicklungen man muß die Dinge im großen Zusammenhang sehen - sind letztlich die Fortsetzung eines
kontinuierlichen Weges der vergangenen Jahrzehnte, der mit der Wiedererrichtung und
Konsolidierung unseres Landes begonnen, mit einer beispiellosen Reform- und Modernisierungswelle
weitergeführt und Anfang der 80er Jahre auf eine neue Basis gestellt wurde. Ich darf daher zu diesem
Schwerpunkt zusammenfassend sagen: Als Landeshauptmann bin ich glücklich darüber, daß es zu
diesem guten und kooperativen politischen Klima in Niederösterreich, das bei aller politischer
Andersgesinntheit doch Tradition hat, gekommen ist. Wir haben somit, und das ist entscheidend, den
uns von der Bevölkerung des Landes 1983 gegebenen Arbeitsauftrag unter Führung der
Österreichischen Volkspartei mit Leben erfüllt und sind in unserem Land geistig und materiell ein
wesentliches Stück weitergekommen.
Hohes Haus! Es ist in einer gemeinsamen Kraftanstrengung gelungen, in Niederösterreich eine
Zukunftsschiene zu legen, die für das ganze Land Aufbruchsstimmung und Optimismus ausgelöst hat.
Es ist ein wahrhaft historischer Aufbruch geglückt. Wir haben zu Beginn dieser Landtagsperiode
gesagt, es muß alles darangesetzt werden, um Arbeit ins Land zu bringen und unser Bundesland als
Ganzes zu stärken. Das ist gelungen. Die Weichen sind gestellt. Die 1986 beschlossene
Zukunftskonzeption wird bereits Schritt für Schritt realisiert. Die ersten Erfolge sind in diesem Lande
unübersehbar. Mit der ersten niederösterreichischen Volksbefragung am 1. und 2. März 1986 hat uns
die deutliche Mehrheit des Landes grünes Licht für eine historische Entscheidung von größter
Tragweite gegeben. Nach 65 Jahren der Trennung Wiens von Niederösterreich ist es nun zu dieser
grundlegenden Neuordnung der Struktur Niederösterreichs gekommen. Das war zweifellos das sachund strukturpolitisch entscheidende Ergebnis dieser Legislaturperiode. Entscheidend deshalb, weil
hier auf Jahrzehnte eine Neuausrichtung der niederösterreichischen Landespolitik eingeleitet wurde.
Für dieses klare Ja zur Zukunft möchte ich unseren Landsleuten auch bei diesem heutigen Anlaß ein
Kompliment machen und ein Dankeschön sagen. Hohes Haus! Der niederösterreichische
Zukunftskurs wirkt sich bereits in mehreren Bereichen sichtbar und wirksam aus. Die
Hauptstadtgründung beginnt wirtschaftlich und kulturell zu greifen. Rund 200
Betriebsneuanmeldungen in der Hauptstadt und in ihrer Region sprechen eine deutliche Sprache.
Zweitens, und das ist ganz entscheidend, ohne Hauptstadtgründung gäbe es keine Regions- und
Gemeindestärkung und es gäbe gleichzeitig nicht die bürgernahe Dezentralisierung unserer
Landesverwaltung. Das war ebenfalls die aus der neuen Konzeption resultierende klare Richt- und
Leitlinie dieser Periode: Bisher 152 Regionalisierungsprojekte, die ein Gesamtvolumen von rund 3
Milliarden Schilling bewirkt haben. Eine merkbare Zunahme der Beschäftigtenzahl, insbesondere auch
bei der Jugend, und gleichzeitig eine Abnahme der Arbeitslosenzahlen weisen unsere heute über dem
Durchschnitt liegende wirtschaftliche Stellung in Österreich aus.
Die Philosophie der neuen Niederösterreichpolitik ist somit klar. Wir haben ja gesagt zur Hauptstadt
und haben gleichzeitig gesagt, daß es im übrigen Land keinen Entwicklungsstop geben dürfe und
insgesamt eine volle Ausgewogenheit unserer Landesentwicklung zu wahren ist. Daher fließen 20
Jahre hindurch jährlich zusätzlich 500 Millionen Schilling an Landesmitteln in die Regionen und in die
566 Gemeinden. Das ist eine klare politische Rahmenvorgabe für die Zukunft des gesamten Landes.
Ich habe, Hohes Haus, als dritten großen Schwerpunkt die Erneuerung und gezielte Weiterführung der
übrigen Bereiche unserer Landespolitik genannt und darf hier einige der wichtigsten Erfolge
skizzieren:
Wir haben im Geiste einer bürgernahen Politik die Dezentralisierung der Landesverwaltung eingeleitet,
haben dazu bereits einige konkrete Maßnahmen gesetzt und gehen davon aus, daß künftig rund 25 %
der jetzt in der Regierungszentrale arbeitenden Landesbediensteten draußen in den Bezirken und
Regionen im Sinne eines Näherkommens zum Landesbürger arbeiten werden. Wir haben dem Land
kulturell eine neue Dimension gegeben, beginnen in den nächsten Tagen mit dem großen
internationalen Donaufestival, wirken auch mit unseren großen Kulturveranstaltungen verstärkt in die
Regionen und gehen schließlich vom Prinzip aus, die kulturelle Kraft unserer Gemeinden und die im
Land tätigen schöpferischen Kräfte zu stärken.
Wir haben mit der Wissenschaftlichen Landesakademie in Krems dem Lande auch auf universitärem
Gebiet eine neue Zukunft eröffnet und gleichzeitig unser traditionelles Bildungsgefüge weiter verstärkt.
Wir haben in dieser Periode eine ausgesprochen offensive Umweltpolitik verwirklicht, die von der
raschen Installierung der Umweltgemeinderäte in allen Gemeinden bis zum modernen
Niederösterreichischen Abfallwirtschaftsgesetz mit den Prioritäten Abfallvermeidung und
Müllverwertung reicht. Wir haben mit dem Marchfeldkanal ein weiteres Jahrhundertprojekt begonnen
und damit letztlich gezeigt, daß, wenn wir gemeinsam ein einmal für richtig erkanntes Ziel konsequent
anstreben, selbst wenn ein Vorhaben anfangs unrealistisch anmutet, und das war dieser Kanal
hundert Jahre lang, es auch zu verwirklichen ist. Im Sozial- und Familienbereich sind ebenfalls
wichtige Entscheidungen und Erfolge zu verzeichnen, wobei ich vor allem die heute wesentlich
besseren Arbeits- und Zukunftschancen für unsere jungen Mitbürger sowie die großartigen
familienpolitisch wichtigen Erfolge in der Wohnbauförderung nennen möchte. Mit der Verlängerung der
Wohnbauförderung haben wir die Möglichkeit zu noch mehr Bürgernähe, Dezentralisierung und
Vereinfachung einer Förderung. Nach Jahren einer gewissen Stagnation ist es auch wirtschaftlich zu
einem neuen Aufbruch gekommen, nicht zuletzt ausgelöst durch unser neues Strukturkonzept und
meßbar an einer deutlich steigenden Zahl von Betriebsgründungen sowie von höchsten Zuwachsraten
an Beschäftigten in Österreich.
Sorgen haben wir weiterhin mit den Betrieben der Verstaatlichten Industrie, wozu ich grundsätzlich
feststellen möchte: Wir bekennen uns zur Realisierung neuer Konzepte, wie etwa im Falle der VEW,
auch dann, wenn ihre Verwirklichung anfangs schmerzt, aber ein Fortwursteln auf Kosten der
Steuerzahler ist sinnlos und volkswirtschaftlich untragbar, nicht zuletzt, weil die Verstaatlichte Industrie
über ihre Verantwortung für ihre eigenen Mitarbeiter hinaus auch ein bedeutender Impulsgeber für die
klein- und mittelständische Wirtschaft der jeweiligen Region ist. Zu zwei niederösterreichischen
Betrieben mit aktuellen Problemen, nämlich die Stahlindustrie Traisen und die Patronenfabrik
Hirtenberg, möchte ich festhalten: Wenn dort wie da zukunftsorientierte Konzepte vorliegen, dann wird
auch das Land zur Erhaltung der Arbeitsplätze seinen Beitrag leisten. Das war und ist unsere
Grundkonzeption, nämlich zuerst gemeinsam abgestimmte Konzepte mit Zukunftschancen auf den
Tisch, dann kann die öffentliche Hilfe einsetzen. Alles andere würde unserer grundsätzlichen
Wirtschaftsphilosophie widersprechen. Verkehrspolitisch haben wir ebenfalls ein Jahrhundertereignis
zu verzeichnen, nämlich die Fertigstellung der Südautobahn über den Wechsel. Gesichert ist in den
letzten Monaten auch der Weiterbau der Ostautobahn A 4, und nun gilt auch im Verkehrsbereich die
Grundlinie, daß auf die Erfordernisse der Hauptstadt sowie der Regionsstärkung sowohl mit dem
Konzept "Neue Bahn", mit dem Ausbau der regionalen Verkehrsverbünde als auch mit dem weiteren
Ausbau des Straßennetzes verstärkt Rücksicht genommen wird. Wir haben mit unserer Budgetpolitik
den Spielraum für die Zukunft gesichert. Das ist ungeheuer viel, wenn man die Budgets anderer
Gebietskörperschaften betrachtet. Wir haben die gleich zu Beginn dieser Periode angepeilten
Vorhaben, wie Pendlerhilfe, lokaler Umweltschutz und später die Lösung der Sondermüllfrage, rasch
in die Tat umgesetzt.
Wir haben die Dorferneuerung wesentlich weitergebracht und damit unseren Dörfern einen
entscheidenden Zukunftsimpuls gegeben, haben neue Richtlinien für die Musikschulförderung
eingeführt, der Gemeindepolitik den gewohnt hohen Stellenwert beigemessen und ebenso für den
Ausbau von Alternativen in der Landwirtschaft und gleichzeitig in der Energieproduktion gesorgt. So
wurden die Anbauflächen für Alternativprodukte in den letzten zwei Jahren verzehnfacht, Pilotprojekte,
wie die Ölmühle Bruck, in die Wege geleitet, Fernwärmeprojekte auf Biomasse realisiert und die
Energiepreise mehrfach gesenkt. Wir zählen heute zu den Ländern mit den niedrigsten
Energiekosten.
Hohes Haus! Wir haben somit, zusammenfassend gesagt, für einen neuen wirtschaftlichen und
kulturellen Aufbruch im Lande gesorgt, einen Landesschwerpunkt geschaffen und gleichzeitig die
Regionen und die Gemeinden gestärkt, und wir sind weiterhin der Motor und die treibende Kraft für die
Entwicklung der Ostregion. Und nun kommt als neue Ebene unserer Arbeit für Niederösterreich die
europäische Dimension dazu. Unsere Europabemühungen gehen in Richtung Europäische
Gemeinschaft, bei der wir Mitglied werden wollen, aber auch in Richtung Liberalisierung und Öffnung
unserer Grenzen nach Norden und Osten.
Wir haben in dieser Legislaturperiode Kooperationen mit Ungarn, nämlich mit dem Komitat Zala, mit
der CSSR, mit dem Landkreis Südmähren, und Polen, mit der Wojwodschaft Skierniewice, begonnen,
und, verehrte Damen und Herren, gleichzeitig auch, klar westlich orientiert, unsere traditionellen
Verbindungen mit den westeuropäischen Staaten fortgesetzt. Diese eigene niederösterreichische
Landesaußenpolitik, die im Zuge einer Novelle zur Bundesverfassung noch verstärkt werden kann, ist
jetzt und in Hinkunft eine wirtschaftliche und kulturelle Notwendigkeit und gleichfalls Teil des neuen
niederösterreichischen Zukunftskurses. Hohes Haus! Die Hauptstadtgründung und die
Dezentralisierung in den 90er Jahren abzuschließen, die Lebensqualität in den Gemeinden und
Regionen zu verbessern, genügend Arbeitsplätze zur Verfügung zu haben, eine ausgeglichene
Entwicklung im Lande herbeizuführen, unsere Wirtschaft insgesamt für den europäischen
Integrationsprozeß reif zu machen und die Stellung Niederösterreichs in der Ostregion und damit
gesamtösterreichisch zu stärken, das sind Herausforderungen, die es in den nächsten Jahren und
damit weitgehend in der nächsten Legislaturperiode zu realisieren gilt. Die Mittel und Wege zur
Erreichung dieser Ziele müssen noch verstärkt Bürgerservice und Bürgernähe, Dezentralisierung und
Regionalisierung, Wirtschaftlichkeit bei ökologischem Ausgleich sowie soziale Gerechtigkeit lauten.
Selbstverständlich ist die gute Zusammenarbeit mit der Bundesregierung ein weiteres wichtiges
Element der Verwirklichung unseres niederösterreichischen Zukunftsprogrammes. Ich habe erst vor
wenigen Tagen mit dem Herrn Bundeskanzler über einen Staatsvertrag geredet und kann dazu
sagen, es wird grundsätzlich davon ausgegangen, einerseits die Stellung unseres Landes im Osten
des Staatsgebietes zu festigen und andererseits von Bundesseite die berechtigte Unterstützung für
die Regionsstärkung und den Hauptstadtbau zu erhalten. Ich bin zuversichtlich, daß es auch hier
rasch zu einer Einigung im Sinne Niederösterreichs kommen wird. Hohes Haus! Erlauben Sie mir zum
Schluß einen sehr persönlichen Appell an Sie und alle verantwortlichen politischen Kräfte in diesem
Lande: Die Zukunft bringt für Niederösterreich und für Österreich große Herausforderungen. Sie bringt
Anforderungen, über deren Ausmaß und Tragweite wir uns heute bei aller Bereitschaft zur
Zukunftsbewältigung vielleicht erst in Ansätzen bewußt sind. Kein Dutzend Jahre trennt mehr die
Jahrtausendwende, alle Zukunftsforscher sind sich über den weiteren tiefgreifenden Strukturwandel
unserer Gesellschaft und Wirtschaft bewußt, weshalb es ein großer Fehler wäre, nach den zweifellos
beachtlichen Strukturreformen der 60er und 70er Jahre anzunehmen, der Wandlungsprozeß unseres
Landes wäre bereits abgeschlossen. Nicht mit Kleingeisterei, nicht mit politischer Kleinkrämerei sind
die Probleme des Jahres 2000 und darüber hinaus zu meistern, sondern nur mit einer
zukunftsorientierten, großzügigen, offensiven, von Visionen geprägten und vor allem
menschenwürdigen Politik. Niederösterreich, das Stamm- und Kernland dieser Republik hat, und die
Ansätze sind in unserem neuen Zukunftskonzept bereits vorhanden, in den nächsten Jahren die
historische Chance, Angelpunkt und Drehscheibe einer politischen Erneuerung Österreichs mit
Impulsfunktion für den ganzen Donauraum zu werden. Diese Chance zu sehen, zu ergreifen und zu
verwirklichen, das ist die wohl lohnenswerteste und attraktivste Aufgabe dieses Landes und damit
seiner Politik. Im Geiste einer solchen Grundeinstellung sollen und wollen wir an die Gestaltung und
Formung der Zukunft herangehen. Hohes Haus! Dieser Blick in die Zukunft kann nur ein sehr groß
skizzierter sein, weil es nun in den nächsten Monaten darauf ankommt, unseren Landsleuten Wahlund Zukunftsprogramme vorzulegen und um das Vertrauen zu werben. Wahlwerbung, das ist jener
Begriff, der vom Wort her bereits Programm ist.
Ich danke nochmals, verehrte Damen und Herren des Hohen Hauses, für Ihre intensive und
gewissenhafte Arbeit für unsere niederösterreichischen Landsleute. Geben wir unseren Mitbürgern
auch in den nächsten Wochen und Monaten das Gefühl der ehrlichen Arbeit und Werbung für ihre
Zukunft. Vermeiden wir alles, was zur Vergiftung des politischen und damit menschlichen Klimas im
Lande führt. Tun wir jedoch alles, um mit gegenseitiger menschlicher Achtung und mit soliden
Arbeitsprogrammen das Vertrauen in die Politik und ihre Vertreter wieder insgesamt zu stärken. Nicht
für Demagogie und Worthülsen ist jetzt Zeit, sondern für die Vorlage realisierbarer Programme und
Konzepte und für eine Wahrung des Klimas der menschlichen Zusammenarbeit.
Gegenseitige Achtung in der Wahlwerbung wird letztlich aber auch Achtung und Ansehen dieses
Landes verstärken. In diesem Sinne, meine sehr verehrten Damen und Herren, Glück auf für
Niederösterreich und seine Bürger! (Lebhafter und anhaltender Beifall im Hause.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Weiters zu Wort gemeldet ist der Herr Landeshauptmannstellvertreter
Ernst Höger.
Landeshauptmannstellvertreter HÖGER (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen
Hauses! Nach fünf Regierungsjahren und vor zwei Jahren zum Vorsitzenden der zweiten großen
Bewegung in diesem Lande gewählt, möchte ich hier doch anläßlich des letzten
Rechnungsabschlusses einige Gedanken zu diesen abgelaufenen Jahren im Hohen Hause äußern.
Herr Landeshauptmann! Ich kann mich noch gut erinnern, als ich hier bei meiner Antrittsrede erklärt
habe, wir wollen doch versuchen, das positive Gestalten in den Mittelpunkt zu stellen. Wir wollen jene
Grundachtung zeigen, die so wesentlich und wichtig ist, wenn die Repräsentanten der Politik
verlangen, daß man ihnen in Summe Achtung entgegenbringt, und ich habe damals gesagt, es hat
keinen Sinn, Politik so zu verstehen, daß man sich in der Auflistung von Negativdingen erschöpft,
ohne das konstruktive Gestalten in den Vordergrund zu stellen.
Ich stelle heute fest, daß die abgelaufene Periode überwiegend von diesem Geist geprägt war, und
ich stelle fest, daß es uns gelungen ist, nicht nur Dialogfähigkeit, sondern auch Konsensfähigkeit zu
beweisen. Und das ist ein ganz wesentliches Element der Demokratie. Zweifellos wurde die größte
Bewegung in diesem Lande eingeleitet, eine Bewegung, die ich immer so umschreibe: Regionen als
Lebensraum der Menschen, die dezentrale Verwaltung, die vereinbart wurde, und die Hauptstadt mit
Augenmaß, die St.Pölten heißt. Aber viel mehr steckt hinter der Formulierung, "eine Bewegung wurde
eingeleitet". In Wirklichkeit verbirgt sich dahinter das Ringen des größten Bundeslandes um eine
neue, zukunftsorientierte, zeitgemäße Struktur, die zusätzlich noch - und das muß man immer wieder
sagen - den Vorteil hat, daß sich auch die Bundeshauptstadt Wien innerhalb unserer Landesgrenzen
befindet, also eine Gesamtstruktur, die faszinierend ist, die eine gute Grundlage bietet und die uns
viele Chancen eröffnet.
Es gibt viele Auseinandersetzungen darüber, wie ist denn das alles überhaupt so entstanden? Es gibt
hier Auseinandersetzungen über einen Vaterschaftsstreit, es gibt schwarz-weiß Diskussionen, ob
denn jene für das Land gestimmt haben, die ja gesagt haben, oder ob jene keine Zukunftsvision
hatten, die nein gesagt haben. Ich möchte das auf einen Nenner bringen. In Wirklichkeit ist alles unter
dem Begriff "Regionalisierung" zu verstehen, denn jeder hat für seine Region gestimmt. Die, die ja zur
Hauptstadt sagten, aus der Überlegung, daß die Region einen besonderen Impuls bekommt, und die,
die nein sagten, aus der Sorge, daß ihre Region unter die Räder kommt. Und deshalb war es nur
selbstverständlich, daß wir uns hingesetzt haben und aus zwei kontraversiellen Standpunkten einen
Gesamtstandpunkt erarbeitet haben, wobei ich ganz offen sage, daß der Teil der Regionalisierung bei
diesen Verhandlungen mein Schwerpunkt war, und ich möchte ganz offen sagen, daß das auch so
bleiben soll, denn in der Politik soll man bei der Wahrheit bleiben. Mir würde auch niemals einfallen,
meine Damen und Herren, zu sagen, ich habe die Diskussion über die Landeshauptstadt ins Leben
gerufen. Das waren Sie, Herr Landeshauptmann! Ich kann mich noch gut erinnern, als meine Fraktion
bei den Verhandlungen, die sich ja wochenlang hingezogen haben, das Paket als Grundlage für diese
Verhandlungen auf den Tisch gelegt hat. Darin ist folgendes gestanden: Wegfall der Landesumlage,
500,000.000 Schilling, Verbesserung der Wasserwirtschaft durch ein neues Modell - damals hat es
noch den Spitznamen Höger-Modell gehabt - und Zurückzahlung der Schulden an die Gemeinden aus
dem Problemkreis Wasserwirtschaft. Wir hatten noch einige Vorstellungen im Bereich der
Sozialschlüssel und vor allem auch im Bereich der Musikschulen und einige Einzelheiten, aber die
Substanz war das Paket im Umfang von 500,000.000 Schilling. Ich kann mich auch noch gut erinnern,
als der Finanzreferent als oberster Säckelwart des Landes natürlich gesagt hat: Ja wollen die etwa
abspringen? Wer soll denn das zahlen? Und so haben wir wochenlang gerungen und in vielen
Verhandlungen, in denen wir unsere Positionen dann zu einem Gesamtkonzept vereinbaren konnten,
diesen historischen Kompromiß geschlossen.
Meine Damen und Herren! Es war ein guter Kompromiß, weil ich glaube, er war letztlich getragen von
dem, was die Menschen in unserem Lande in Summe wirklich wollten. Die Regionalisierung - in der
Zwischenzeit in vielen Bereichen des Landes mit Leben erfüllt, der Herr Landeshauptmann hat die
Zahlen gesagt, zweimal rund 350,000.000 Schilling, und wir werden nach dem Einstimmigkeitsprinzip
sicher das alles noch zu Ende führen, was noch offen ist - hat im Lande einen gigantischen Impuls
ausgelöst. Es wurden Ansiedelungskonzepte verwirklicht, und zwar dort, wo wir sie am notwendigsten
brauchen. Wenn ich an den Neunkirchner, an den Badner, Triestingtaler, Traisner, Ybbser Raum
denke, an die Vorwärtsstrategien in St.Valentin, an das Wein- und Waldviertel, vor allem an die
exponierten alten Industriegebiete, dann ist hier wirklich etwas gelungen. Wir haben in der Erkenntnis,
daß wir eine zeitgemäße Ausbildung brauchen, Berufschulen errichten können - in der Zwischenzeit
sind sie im Bau -, die jahrelang Gegenstand von Verhandlungen waren und die nicht verwirklicht
werden konnten, weil das Geld gefehlt hat.
Wir konnten viele Träume im sozialen Bereich anpacken, wenn ich nur an Altenheime denke oder an
Betreuungszentren, und wir haben ganz einfach das gehalten, was wir versprochen haben, nämlich
daß wir die Konzentration der Wohnbauförderung an einem Ort vermeiden und diese wertvollen
Milliardenbeträge ebenfalls als Impuls über das ganze Lande verteilen, um diesen Ausgleich im
ganzen Land herbeizuführen, weil ja die Situation Niederösterreichs unser zentrales Problem ist,
nämlich die krassen Gegensätze der verschiedensten Lebensbedingungen in unseren vier Vierteln.
Regionalisierung ist also nicht nur ein einmaliger Beschluß, Regionalisierung ist nicht nur eine
Absichtserklärung. Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich sage Ihnen, Regionalisierung
muß in diesem Land, sie muß überhaupt die Bewegung sein, die imstande ist, die Zukunft zu
meistern, denn nur mit einer sinnvoll verstandenen Regionalisierung in allen Landesbereichen, bei
allen Kontaktnahmen auch mit dem Bund, wobei alle Aktivitäten diesen neuen Zielen, dieser neuen
Struktur unterzuordnen sind, wird aus dieser Bewegung heraus ein Land entstehen, in dem die
Ungleichheiten beseitigt sind, ein Land entstehen, wo der Wohlstand übers ganze Lande verteilt ist.
Und das streben wir an. Meine Damen und Herren! Zentral bei allen diesen Überlegungen standen
immer die Gemeinden im Mittelpunkt. Wir haben gerade bei der Gemeindeförderung vieles erreicht;
ebenfalls aus regionalen Mitteln 150 Millionen Schilling, jedes Jahr, zwanzig Jahre lang, 300 Millionen
sind bereits beschlossen. Das sind wertvolle Impulse. Die Gemeinden sind die größten Investoren. Da
draußen leben wir, da sind wir zu Hause, nur dort können wir jenes Wohlbefinden vermitteln, das wir
als neues Ziel der Politik formuliert haben. Die Maßnahmen des Landes sind hier wirklich
beispielgebend, und ich glaube, daß wir aus dieser Aufbruchstimmung heraus so viele Mittel schöpfen
können, um auch noch für zusätzliche Impulse gerade für die Gemeinden, für unseren unmittelbaren
Lebensraum, auch in Zukunft Sorge zu tragen.
Wir stellen also fest, daß alles, was wir paktiert haben, was wir vereinbart haben, was wir den
Menschen gesagt haben, mit dem heutigen Tage als erledigt betrachtet werden kann, und das ist ein
ganz wesentliches Element in der Politik, das auch zum Leben erweckt wurde. Jeder Beistrich von
dem, was wir behauptet haben, wozu wir uns gemeinsam bekannt haben, ist mit Leben erfüllt, ist
schon sichtbar, ja vieles darüber hinaus ist sogar geschehen. Nun kann man aber nicht die Hände in
den Schoß legen, sondern man muß über das Morgen nachdenken. Ich glaube, der wertvollste
Beitrag, der dann aus dieser Bewegung, aus diesem Dialog heraus entstanden ist, war überhaupt der,
daß wir begonnen haben, über die Zukunft nachzudenken. Es gibt hier die Zukunftswerkstätten der
Österreichischen Volkspartei, und bei uns wurde die Bewegung "Niederösterreich soll blühen" ins
Leben gerufen. Ich habe immer erklärt, jeder, der meint, daß das Problem in einer Region durch eine
zentrale Verordnung behoben werden kann, ist zum Scheitern verurteilt. Wir sind darangegangen,
einen Dialog zu eröffnen, und die Niederösterreicher haben begeistert mitgetan. Es haben über
40.000 diese Chance wahrgenommen. Das war keine Meinungsumfrage, wie manche das sehen,
sondern es war ein ehrlicher Dialog, wo viele Ideen eingeflossen sind. Ich habe gesagt, in dieser
Diskussion ist jede einzelne Idee, die aus einer Region kommt, die von jemandem kommt, der sich um
dieses Land Sorgen macht, wertvoll und muß ernstgenommen werden, überlegt werden. Es sind 23
Bezirkskonzepte entstanden, die die Möglichkeit bieten, variabel auf die Ziele einzugehen. Das heißt,
alles, was erfüllt wurde, ist abzuhaken, und man kann eigentlich relativ unkompliziert auch neue
Schwerpunkte hinzufügen. Das ist eine ideale Drehscheibe geworden für den Dialog und, was mich
am meisten freut, ist, daß diese Drehscheibe auch draußen in den Bezirken, wenn's darum geht, um
die Mittel zu kämpfen, aus diesem Dialog heraus mit dem politischen Partner meistens zu
gemeinsamen Anträgen an die Regierung führt.
Meine Damen und Herren! Wir haben gemeint, daß dieses Ringen um neue Wege von einigen klaren
Schwerpunkten geprägt werden muß. Ich glaube, das Wichtigste überhaupt, und das ist die zentrale
Frage der Zukunft, wird es sein zu erkennen, daß wir uns nicht zu bejammern haben, alte Strukturen
zu beklagen haben, sondern daß wir darüber nachdenken müssen, ob wir jene Arbeit beherrschen,
die in der Welt gebraucht wird. Ich bin nämlich zutiefst überzeugt, es gibt nicht zu wenig Arbeit. Wir
müssen nur bereit sein, wenn es gilt, die Arbeit zu beherrschen, die wir brauchen, um die
Marktnischen in der Welt mit besseren Produkten unseres Landes zu versorgen. Sie sind wirklich groß
genug, um uns in Zukunft die Vollbeschäftigung zu sichern. Um aber auf den Weltmärkten bestehen
zu können, muß man sich bewähren, muß man die Produkte von morgen haben. Das heißt, man
braucht eine Arbeitnehmerschaft und man braucht eine Unternehmerschaft, die dieser
Herausforderung gewachsen sind, und deshalb steht im Mittelpunkt all dieser Überlegungen sicher
das "Neue Lernen", denn das muß man auch können. Und mit der Hebung der Facharbeit - wer denn
sonst als bessere Facharbeiter sollen die intelligenten Produkte von morgen erzeugen - haben wir
einen Schwerpunkt zu setzen. Die derzeitige Ausbildung im Bereich der Facharbeit wird in keiner
Weise heruntergemacht oder in Frage gestellt. Wo sie funktioniert, ist es in Ordnung, aber in vielen
Krisenregionen, wo sich Betriebe verabschiedet haben, wo es oft eine abenteuerliche
Unternehmerphilosophie der Verantwortlichen gibt, haben wir nicht die Möglichkeit, Lehrlinge
auszubilden. Deshalb müssen wir in Zukunft darauf achten, daß wir sogar in Zusammenarbeit mit der
Wirtschaft einer Region auch eine überbetriebliche Ausbildung zulassen, wo immer es notwendig und
wichtig ist. In diesen überbetrieblichen Ausbildungsstätten kann man auch eine sinnvolle
Nachschulung, eine Umschulung vornehmen, kann man auch die Facharbeiter immer wieder im
Dialog mit der Wirtschaft mit neuen Technologien vertraut machen, und durch eine Kostenminimierung
und eine Ausbildungsmaximierung in dieser Region eine sinnvolle Facharbeiterausbildung und nachschulung gewährleisten. Der zweite Bereich. Genauso wichtig sind die nachuniversitären
Einrichtungen als oberste Stufe, aber zwischen diesen beiden Bildungs- und
Ausbildungseinrichtungen brauchen wir noch etwas ganz, ganz Wichtiges. Wir brauchen auch die
Forcierung der Collegeformen, wenn es darum geht, den Abgängern der Mittelschulen das zu
vermitteln, was sie dann in ihrer Region daheim, wo sie leben, wirklich brauchen, um in den Betrieben,
die es da gibt, auch Arbeit zu finden. Hier gibt es wirklich viele positive Ansätze, und wir müssen mit
diesem System von neuen Möglichkeiten verhindern, daß die Jugendlichen, die immer mehr unsere
Mittelschulen in Anspruch nehmen, vielleicht durch eine falsche Ausbildung dann die zwar besser
gebildeten, aber umso frustrierteren Arbeitslosen unserer Zeit werden. Deshalb haben wir dieses
gesamte System aus Facharbeit, aus Mittelschule und postuniversitären Einrichtungen anzustreben.
Wir dürfen dabei nie vergessen, meine Damen und Herren, daß wir einen ausgewogenen Mix
zustande bringen müssen zwischen den Wertschöpfungsbereichen als Grundlage unserer Wirtschaft
und den Dienstleistungsbereichen im weitesten Sinn, denn Dienstleistungen muß man sich leisten
können. Deshalb brauchen wir auch Technologieschübe, wir brauchen eine Erneuerung der Wirtschaft
und müssen auch in den Hightech-Bereichen präsent sein. Ich bin zutiefst überzeugt, daß alle, die
glauben, nur über die Senkung von Kosten in den Betrieben, auf Sicht gesehen, mit den Billigländern
konkurrieren zu können, scheitern werden. Wir können wirklich nur bestehen, wenn es uns gelingt, mit
mehr Wissen, mit mehr Know-how ein umweltfreundliches Produkt zu erzeugen, das von der Welt
angenommen wird. Und damit bin ich beim Bereich umweltfreundliche Produkte.
Meine Damen und Herren! Es soll sich jeder gedanklich von der Möglichkeit verabschieden, daß wir
weiterhin sinnlos darauf losproduzieren können, und wir werden viele Wege zum quantitativen
Wachstum unterscheiden müssen. Der Begriff des qualitativen Wachstums, des umweltfreundlichen
Wirtschaftens ist längst Gegenstand aller Beratungen geworden. Wir müssen ganz einfach mit
weniger Verbrauch von Ressourcen, ohne unsere Umwelt zu belasten, und mehr Wertschöpfung
besser produzieren. Und da ergibt sich automatisch der Gedankensprung zum Neuen Lernen, denn
das muß man können.
Dann brauchen wir eine Internationalisierung unserer Wirtschaft im stärkeren Maße, denn es stehen
die Verkaufsorganisationen unserer Betriebe den Weltmärkten vielfach hilflos gegenüber. Man muß
ihnen helfen. Es sprechen ja die Zahlen Bände, aber etwas ist noch viel wichtiger, meine Damen und
Herren! Wer mit der Welt handeln will, muß mit ihr auch reden können. Bei solchen Kleinigkeiten
beginnt das ganze, und darum ist jeder wirtschaftliche Ausblick immer untrennbar mit den neuen und
wichtigen Bereichen der Ausbildung verbunden. Wenn die wirtschaftliche Grundlage da ist, dann ist ja
Politik nichts anderes mehr als die Kunst, das zu verteilen, was da ist. Es dürfen nur so viele nicht
vergessen, daß zuerst etwas da sein muß, erarbeitet sein muß, damit man es verteilen kann. Damit
komme ich zum dritten Bereich. Es ist der weiteste Bereich unseres Lebens und Zusammenlebens: in
der Gemeinde, in der Region, dort, wo wir daheim sind, wo sich ja das Leben abspielt. Wenn ich
immer darauf hinweise, eine blühende Gemeinde als Grundlage unseres Lebens ist in Summe ein
blühendes Land, dann ist das ein wesentlicher Punkt, denn alle elementaren Fragen des Lebens
haben sich in diesen Gemeinden heute bereits etabliert, von den Kleinkindern bis hin zur großen
sozialen Dimension. Ich möchte hier nur einen Schwerpunkt herausgreifen. Wir wissen, das Jahr 2000
kommt bald. Das Jahr 2000 schreiben wir schon in 12 Jahren. Als wir noch kleiner waren, war das
immer eine Zahl, die so nebulos im Raum stand. Es ist eine ganz konkrete Dimension, dieses Jahr
2000, man kann es schon zur Jetztzeit zählen. Wir wissen, daß dann etwa 35 % der Bevölkerung über
60 Jahre alt sein werden. Das wird die größte geschlossene Gruppe der Bevölkerung sein, und das ist
gut so. Wir haben rund 400.000 Pensionisten mehr als ein Jahrzehnt vorher, sie leben im Durchschnitt
um 8 Jahre länger als vor einem Jahrzehnt. Das ist erfreulich. Wir alle sind stolz darauf, daß wir in so
einer Zeit leben dürfen, aber da gibt es noch andere Sorgen, die momentan im Bund beraten werden,
nämlich die Sicherung der Pensionen, die Sicherung der Existenzgrundlage. Das ist eine logische
Ergänzung, und daß man darüber nachdenken muß, wie man das Morgen neu gestaltet, ist auch
logisch. Es gibt aber noch ein zweites, das ganz wichtig ist. Diese Menschen sind ja vielfach aus dem
Arbeitsprozeß ausgeschieden, sie leben in unseren Gemeinden und haben oft nur eine einzige Sorge
und ein einziges Problem. Oft finanziell gut abgesichert, gibt es hier die Probleme der Vereinsamung,
diese Urängste, diese Sorgen, diese Nöte. Wenn man darüber nachdenkt, stellt sich die Frage, was ist
denn eigentlich mit diesem Alleinsein für eine Gefahr verbunden und wer kümmert sich denn um die
Älteren? Hier gibt es die Träger der freien Wohlfahrt, die viel geleistet haben. Ich bin aber zutiefst
überzeugt, meine Damen und Herren, daß diese große Bevölkerungsgruppe auf Dauer nicht zur
Kenntnis nehmen wird, daß wir ihr als einziges Ziel anzubieten haben, vielleicht einmal in einem
Bezirksaltersheim zu landen. Deshalb glaube ich, daß wir dafür zu sorgen haben, daß diese
Bevölkerungsgruppe, wenn wir es mit der Zukunftsgestaltung ehrlich meinen, jetzt, wo wir ungefähr
1000 Schulen und Kindergärten gebaut haben, so vieles in den Gemeinden für die Jugend vorhaben,
nun auch die berechtigte Möglichkeit hat, zu Hause, daheim in ihrer Gemeinde in Würde alt zu
werden. Und das ist eine neue Herausforderung an die Zukunft, zu der ich mich voll und ganz
bekenne.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß wir nun in eine Wahlbewegung gehen - und eigentlich
sprechen die heutige Sitzung und viele Veranstaltungen der vergangenen Zeit dafür -, wo wir uns
ebenfalls in dem Stil begegnen werden, in dem wir in der abgelaufenen Legislaturperiode bewiesen
haben, daß wir miteinander Probleme lösen können. Es wird dies ganz wichtig sein, meine Damen
und Herren! Ich ordne dieser niederösterreichischen Landtagswahl so viel politische Bedeutung, vor
allem so viel staatspolitische Bedeutung zu, weil ich mir mit meinen Freunden fest vorgenommen
habe, in dieser Wahlbewegung zu beweisen, daß man sich mit Würde und Anstand voll Achtung
begegnen und auch Wahlwerbung betreiben kann, ohne den anderen herunterzumachen und ohne
die eigene Position aufzugeben. Wir werden in dem Stil, den wir in den letzten Jahren als Inhalt der
Politik formuliert haben, ausschließlich den positiven Ideenwettstreit in den Mittelpunkt stellen und
auch an die Menschen herantreten. Dafür gibt es ein Zeugnis. Die Menschen werden uns wählen oder
nicht wählen, und nach den Wahlen kommen wir hier zusammen und nehmen die Rolle ein, die uns
der Souverän im Land, nämlich der Wähler, zugeordnet hat, und nicht die Rolle, die sich vielleicht
durch irgend welche politischen Zufälligkeiten in diesem Lande ergibt. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich möchte allen meinen Mitarbeitern danken, die Wegbegleiter waren, auch der Beamtenschaft in
den Ressorts. Ich mache das auch für meine Regierungskollegen und danke für die guten Kontakte
mit den anderen Regierungsmitgliedern, mit dem Herrn Landeshauptmann und mit den
Regierungsbüros, und darf abschließend vielleicht eines sagen. Wir kommen uns alle miteinander
durch die viele Arbeit, durch die hohe Problemlösungskapazität, die wir bewiesen haben, natürlich
auch menschlich näher. Das ist kein Schaden. Ich glaube, daß es auch in der Regierungsmannschaft
eine sehr freundschaftliche Verbundenheit gibt. Wir werden uns nun vielfach auch draußen mit
polarisierenden Standpunkten in einer Wahlwerbung, nicht in einem Wahlkampf begegnen, und ich
bin überzeugt, daß auch diese menschlichen Verbindungen vieles erleichtern werden. Lassen wir uns
nicht nervös machen, wenn in den einen oder anderen Reihen vielleicht der eine oder andere weder
die Zeit noch unseren Stil begriffen hat. Ich glaube, wir werden mit diesem Stil in dieser Zeit nicht nur
Beispiel für andere sein, sondern für Niederösterreich einen guten Weg finden. (Anhaltender Beifall im
Hause.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Ich darf die in der Zwischenzeit eingetroffenen Schüler und Lehrer der
Hauptschule St.Veit an der Gölsen, welche auf der Galerie Platz genommen haben, sehr herzlich
begrüßen.
Als nächster zu Wort gemeldet ist der Herr Abgeordnete Bernau.
Abg. Dr.BERNAU (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der
Rechnungsabschluß und der damit zusammenhängende traditionelle Bericht des
Landeshauptmannes, ergänzt durch die Ausführungen des Landeshauptmannstellvertreters, sind für
den Landtag stets ein Anlaß gewesen, Bilanz zu ziehen. Und dies aus gutem Grund, gibt doch der
Rechnungsabschluß darüber Auskunft, ob das Budget und die bei seiner Beschlußfassung
geäußerten Hoffnungen und Erwartungen auch tatsächlich eingehalten wurden, ob Absicht und
Realisierung miteinander übereinstimmen. Heute, meine verehrten Kollegen, gibt es einen dreifachen
Anlaß, Rückschau zu halten. Zum ersten die Vorlage des Landesfinanzreferenten, betreffend den
Haushaltsvoranschlag 1987, zum zweiten die Tatsache, daß der Landtag mit der heutigen Sitzung
seine XII. Gesetzgebungsperiode ordnungsgemäß beendet, und für mich persönlich kommt noch
dazu, daß ich mich mit meiner heutigen Wortmeldung von diesem Hohen Haus, dem ich jetzt 19 Jahre
angehört habe, verabschiede, da ich für die nächste Legislaturperiode nicht mehr kandidieren werde.
Etwa hundert Mal bin ich hier an diesem Rednerpult in den letzten vier Legislaturperioden gestanden.
Genau gezählt habe ich es noch nicht, weil ich auch nicht beabsichtige, Memoiren zu schreiben.
Memoiren von Politikern sind immer sehr gefährlich. Sie sind eine sehr subjektive Angelegenheit, und
man läuft dabei Gefahr, mit Freunden, die man gehabt hat, vielleicht da und dort nicht mehr ganz
klarzukommen. Also - ich werde keine Memoiren schreiben! Ich habe in diesen hundert
Wortmeldungen fast immer frei gesprochen, weil ich den Landtag gerne als eine Möglichkeit der
echten Debatte empfunden habe, um auch auf die Vorredner einzugehen. Ich bitte Sie, es mir aber zu
verzeihen, wenn ich heute davon ein bißchen abgehe, es ist doch nicht ganz so leicht, sich nach 20
Jahren zu verabschieden, und außerdem ist die Verlockung sehr groß, aus solchen Anlässen in
nostalgische Reminiszenzen zu verfallen. Ich werde Sie, meine lieben Kollegen, damit nicht
belästigen, will Sie damit auch nicht belästigen, denn elegische Schwärmereien waren wirklich
niemals mein Fall. Ich habe mich stets als Realist empfunden und sehe auch keinen Anlaß, mich am
Ende meiner politischen Karriere plötzlich zu ändern. Ich verhehle allerdings nicht, daß es auch einen
nüchternen Politiker bewegt, nach fast zwei Jahrzehnten von einem Gremium Abschied zu nehmen,
das einem sozusagen zum zweiten Zuhause geworden ist und in dem ich mich, auch das möchte ich
ganz ehrlich sagen, ausgesprochen wohl gefühlt habe, auch dann, wenn mitunter die Wogen hier sehr
hoch gegangen sind und die Sitzungen nicht so, wie wir es in der letzten Zeit gewohnt sind, nach
einigen Stunden endeten, sondern oft bis in die frühen Morgenstunden des nächsten Tages gedauert
haben. Und wenn ich mich an die Zeit erinnere, als ich erstmals als Abgeordneter in diesen Saal
einzog, empfinde ich auch - Sie verzeihen mir den Ausdruck - ein gewisses Gefühl des Stolzes. Ich
durfte mit vielen von Ihnen, meine lieben Kollegen, dazu beitragen, daß sich in Niederösterreich vieles
zum Guten, vieles zum Besseren gewendet hat.
Wenn auch manche Reporter in Kommentaren das nicht immer gern wahrhaben wollen, ganz
unschuldig, meine Damen und Herren, sind die Politiker an dieser erfreulichen Entwicklung aber doch
nicht. Wir alle haben nämlich unser Mandat stets als Verpflichtung erachtet, das Leben für alle unsere
Bürger angenehmer, schöner, sicherer, kurz gesagt lebenswerter zu machen.
Mit der Landtagswahl 1966 hat Niederösterreich die Phase des Wiederaufbaues nach den schweren
Zerstörungen während des Krieges beendet und den Bau des neuen, modernen Niederösterreich in
Angriff genommen. Heute, so glaube ich, das ging auch aus den Worten meiner beiden Vorredner
hervor, haben wir auch diese Ära hinter uns. Am Ende der 80er Jahre befinden wir uns in einem
Aufbruch zu neuen Ufern, zu einer erfolgverheißenden Zukunft. Wir haben für Niederösterreich das
Tor ins nächste Jahrtausend weit aufgestoßen, und wir sind daran, die Chancen, die sich uns dadurch
bieten, nach bestem Gewissen voll und ganz zu nutzen. Es ist uns in den letzten Jahrzehnten, in den
letzten Jahren gelungen, ein sicheres Fundament nicht nur für unsere, sondern auch für die
kommende Generation zu legen. Wir sind dem, meine Damen und Herren, was auf uns zukommt,
nicht gnadenlos ausgeliefert. Dank der Voraussetzungen, die wir geschaffen haben, kommt die
Zukunft nicht drohend und beängstigend auf uns zu, wir haben vielmehr die große Chance, sie nach
unseren Vorstellungen auch tatsächlich gestalten zu können. Der einstige Hochrechner vom Dienst an
Wahltagen im Fernsehen und im Rundfunk, der nunmehrige ÖVP-Nationalrat Prof. Bruckmann, sagte
einmal: "Wäre die Zukunft nicht gestaltbar, dann gäbe es auch keine Politik."
Niederösterreich hat sich die Freiheit der Gestaltung durch seine Leistungen in der Vergangenheit
erhalten. Das Budget 1987, das heute zur Debatte steht, darf als Bestätigung für diese Feststellung
gelten. Es ist uns auch im Vorjahr gelungen, den seit langen bewährten Kurs einzuhalten und seine
Fortsetzung in Zukunft zu sichern.
Sparsamkeit wird im größten Bundesland nach wie vor großgeschrieben. Die vorhandenen
Steuergelder werden nicht für irgend welche Prestigeobjekte oder für die Befriedigung unnötiger, oft
auch größenwahnsinniger Vorhaben verschwendet, sondern vorwiegend zur Sicherung der
bestehenden und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze eingesetzt.
Ich darf Sie an das Budget erinnern, an die Budgetdebatte im vergangenen Dezember, als unser
Landesfinanzreferent das Wort ergriffen hat. Er hat damals erwähnt: "Wir können nach wie vor
investieren, weil wir aufgrund unserer vorausschauenden und verantwortungsvollen Politik nicht
sanieren müssen." Für das Verantwortungsbewußtsein aller Spitzenfunktionäre in Niederösterreich
gibt es wohl keine bessere Bestätigung als die Tatsache, daß die Ansätze im Voranschlag nicht über-,
sondern unterschritten wurden. Wir brauchen kein Nachtragsbudget, um mehr Ausgaben zu
bedecken, sondern wir können, um in der Umgangssprache zu bleiben, mehr auf die Kante legen, als
wir uns vorgenommen haben, beziehungsweise neue Projekte in Angriff nehmen. Der
Rechnungsabschluß 1987 ist kein Einzelfall, sondern er ist symptomatisch für die gesamte
Legislaturperiode, die sich nun mit dem heutigen Tage ihrem Ende nähert. Daß es mit unserem Land
weiterhin aufwärtsgehen werde, haben die niederösterreichischen Wähler am 16. Oktober 1983
sichergestellt. Der überwältigende Vertrauensbeweis für die Österreichische Volkspartei, die damals
mit fast 55 % der gültigen Stimmen und 32 Mandaten das beste Wahlergebnis seit 1945 erzielt hatte,
garantierte die Fortsetzung der erfolgreichen Politik für Niederösterreich. Keineswegs sicher, das
haben wir heute auch schon in zwei Wortmeldungen gehört, war es allerdings, ob die traditionelle
Zusammenarbeit der beiden im Landtag vertretenen Parteien auch weiterhin ein Optimum an
Leistungen gewährleisten werde.
Die Art, in der die damaligen Verantwortlichen der SPÖ die letzte Landtagswahl geführt hatten,
bedeutete nämlich eine schwere Hypothek für eine echte Kooperation. Unser Landeshauptmann
Siegfried Ludwig hat schon am Wahlabend die Hand zur Versöhnung angeboten und
unmißverständlich für die Fortsetzung der Zusammenarbeit plädiert, doch begann dieses Angebot
politisch erst wirksam zu werden, nachdem die SPÖ die Erfinder - ich bitte Sie, mir es nicht übel zu
nehmen, wenn ich diesen Ausdruck gebrauche - des schmutzigsten Wahlkampfes, den es jemals in
unserem Land gegeben hat, in die politische Wüste geschickt hatten. Wer mich kennt, meine Damen
und Herren, weiß, daß ich immer ein Anhänger und Verfechter der Zusammenarbeit zwischen der
Österreichischen Volkspartei und der Sozialistischen Partei gewesen bin. Ich bin nämlich fest davon
überzeugt, daß wirkliche Fortschritte nur dann möglich sein werden, wenn sie von den beiden großen
politischen Lagern unseres Landes auch wirklich ermöglicht werden. Ich habe mich deshalb über den
Meinungswechsel der SPÖ von der totalen Konfrontation zu einem Höchstmaß an vernünftiger
Zusammenarbeit ehrlich gefreut.
Schließlich hat es diese gemeinsame Arbeit und diese gemeinsame Verantwortung möglich gemacht,
auch Jahrhundertprojekte in Angriff zu nehmen. An erster Stelle, es wurde heute schon erwähnt, muß
hier der gemeinsame Beschluß über die Errichtung einer eigenen Landeshauptstadt und die
Inangriffnahme des größten Regionalisierungsprogrammes, das es je in Österreich gegeben hat,
genannt werden. Ich will mich nicht nochmals, Kollege Höger hat es schon erwähnt, auf den
Vaterschaftsprozeß einlassen, der in diesem Zusammenhang zu Recht oder zu Unrecht
ausgebrochen ist. Weit entscheidender scheint mir, daß ÖVP und SPÖ den Mut hatten, aus der
politischen Routine auszubrechen und das Risiko einzugehen; ein politisches Risiko, das jedoch die
unerläßliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Bewährung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten
ist und auch sein wird. Die Leistungen, auf die das Land und aufgrund seiner Funktion in erster Linie
auch der Landtag verweisen können, sind so umfangreich, daß es unmöglich ist, sie auch nur
schlagwortartig vollständig anzuführen.
Gestatten Sie mir daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, nur einige wenige Positiva in der
Bilanz zu erwähnen, wobei ich die Dinge, die der Herr Landeshauptmann auch schon erwähnt hat, nur
streifen will, wie beispielsweise die Neufassung der Novellierung des Sozialhilfegesetzes, wo wir
sichergestellt haben, daß nur mehr Personen dieses Gesetz in Anspruch nehmen sollen, die diese
Hilfe auch tatsächlich benötigen. Die Novellierung der Gemeindewahlordnung brachte, ich möchte das
nicht verhehlen, nicht alles, was wir damals erreichen wollten, da es nicht möglich war, die Briefwahl
einzuführen, aber durch die Einführung von fliegenden Wahlkommissionen bleibt es wenigstens den
bettlägerigen Personen künftig erspart, sich mühsam ins Wahllokal schleppen lassen zu müssen,
wenn sie ihr Wahlrecht ausüben wollen. Die Briefwahl, meine Damen und Herren - ein Appell an beide
Fraktionen dieses Hauses -, diese Briefwahl bitte ich Sie früher oder später einzuführen. Auch jetzt bei
meinem letzten Aufenthalt im Ausland habe ich immer wieder die Klage unserer Landsleute gehört:
Warum ist es uns verwehrt, an der demokratischen Gestaltung unserer Heimat teilnehmen zu
können? Eine Art der Wahl, die Briefwahl, die in fast allen demokratischen Staaten der Erde eine
Selbstverständlichkeit ist, müßte auch in Österreich unschwer einzuführen sein. Mit der Schaffung, um
ein anderes Thema zu erwähnen, des Wirtschaftsförderungs- und Strukturverbesserungsfonds, es
wird ja in der heutigen Tagesordnung einen eigenen Punkt geben, wurde eine effiziente Förderung der
mittelständischen Wirtschaft ermöglicht und die bürokratische Prozedur wenigstens zum Teil reduziert.
Einen besonderen Platz in der Leistungsbilanz nimmt das am 8.November 1984 beschlossene
Umweltschutzgesetz ein. Es ermöglichte nicht nur die Einrichtung einer in der Zwischenzeit sehr
bewährten Umweltanwaltschaft, sondern auch die von der Volkspartei vor der Landtagswahl 1983
geforderte bzw. versprochene Bestellung eines Umweltgemeinderates in jeder niederösterreichischen
Gemeinde. Mit dem neuen Krankenanstaltengesetz ist Niederösterreich bereits vor der Neuregelung
des KRAZAFs vom bisherigen System der Bedeckung des Betriebsabganges im nachhinein
abgegangen. Für unsere Jungärzte, die zum Teil nicht die Möglichkeit haben, raschest ihr ius
practicandi ablegen zu können, haben wir in der Novellierung des Spitalsärztegesetzes eine Abhilfe
geschaffen und ein bißchen Erleichterung gegeben.
Aber einer der Höhepunkte der jetzt zu Ende gehenden Gesetzgebungsperiode war das Gesetz,
betreffend die Durchführung einer Volksbefragung über die Errichtung einer eigenen
Landeshauptstadt. Damit, meine Damen und Herren, hat Niederösterreich demonstriert, daß
bürgernahe Politik durchaus zu realisieren ist. Aufgrund des Ergebnisses dieser Volksbefragung
wurde am 10.Juli 1986, also genau vor zwei Jahren einstimmig St.Pölten zur Landeshauptstadt von
Niederösterreich. Es wurde die Förderung der Regionen sichergestellt und die Dezentralisierung der
Landesverwaltung verordnet.
Auch der Landtag hat sich in seiner Geschäftsordnung die Möglichkeit geschaffen, neue Wege zu
beschreiten, unter anderem durch die Einführung der Aktuellen Stunde. Mindestens ebenso
wesentlich scheint mir die Betrauung eines Landtagsausschusses mit der Aufhebung von nicht mehr
unbedingt notwendigen Gesetzen und der Übersetzung von Rechtsvorschriften in eine allgemein
verständliche Sprache zu sein. Wir nennen das die Möglichkeit der Deregulierung. Ich bitte Sie, meine
Damen und Herren, der Staatsbürger muß wieder in der Lage sein, auch ohne juristische Betreuung,
ohne einen Anwalt Gesetze lesen und verstehen zu können. Wir haben daher heute, ich werde es
noch erwähnen, auch die Novellierung der Bauordnung zu beschließen - eine neue Bauordnung soll in
der nächsten Periode gemacht werden -, die so leicht lesbar ist, daß auch jeder Bürgermeister, jeder
Gemeinderat und jeder Staatsbürger damit etwas anfangen kann.
Die beiden Novellen zur Bauordnung und zum Kanalgesetz, die in der heutigen Sitzung, also noch in
dieser Legislaturperiode, beschlossen werden, bringen ebenfalls bedeutsame Änderungen bzw.
Neuerungen. Diese stehen, es wurde ebenfalls heute schon erwähnt, im Zusammenhang mit den
Bemühungen unseres Landes um eine möglichst enge Kooperation mit der Europäischen
Gemeinschaft. Die Aktuelle Stunde hat uns Anlaß gegeben, über den Beitritt zur EG zu sprechen.
Dieser Beitritt zur EG wird auch in vielen anderen Bereichen, also auch der Bauordnung,
Anpassungen nötig machen, Anpassungen, die sicher manchen Betroffenen schmerzlich berühren
werden. Wenn wir aber, wie es Landesrat Höfinger einmal sagte, nicht reif sind, alte Zöpfe
abzuschneiden, werden wir niemals die Chance haben, in die EG aufgenommen zu werden bzw. uns
in diesem großen Binnenmarkt, der 1992 seine Tätigkeit in Europa beginnen wird, bewähren zu
können.
Ich richte daher, meine Damen und Herren, den Appell an die Abgeordneten dieses Hauses, aber
auch an die Vertreter des Bundes und an die Vertreter der Bundesregierung: Wir sollten uns rasch zu
einer Entscheidung bezüglich des Beitrittes Österreichs zur EG durchringen, wir sollten nicht
halbherzige Ankündigungen machen, wir sollten uns nicht vom Ausland da und dort in eine
Abwehrstellung hineinbringen lassen, wir sollen ein klares Ja zur EG sagen, denn nur dann werden
auch wir an diesem großen Fortschritt teilhaben können!
Einen wichtigen Platz in der Rangordnung der Erfolgsbilanz nimmt ohne Zweifel das NÖ
Abfallwirtschaftsgesetz ein. Es setzt die vorbildlichen Bemühungen Niederösterreichs um eine
gesunde Umwelt konsequent fort. Daß ich gerade dieses Gesetz trotz seiner Wichtigkeit an letzter
Stelle der beispielhaften Aufzählungen gebracht habe, hat einen besonderen Grund. Es ist nämlich
Anlaß für eine grundsätzliche Feststellung, die ich anläßlich meines letzten Auftrittes im Landtag nicht
unterlassen möchte. Aufgrund des Abfallwirtschaftsgesetzes konnten auch die Schaffung des
Abfallwirtschaftsverbandes Ost und die Errichtung von Sondermülldeponien in Angriff genommen
werden. Was dann folgte, als die Beschlüsse da waren, war für alle, die heute in der Politik tätig sind,
nicht überraschend. Sofort gab es lautstarke Proteste. Es gehört ja, glaube ich, heute überhaupt zum
guten Ton, gegen alles zu sein; gegen den Bau von kalorischen Kraftwerken, gegen den Bau von
Flußkraftwerken, gegen den Bau von Straßen und Brücken und auch gegen die Errichtung von
ordnungsgemäß angelegten Deponien, obwohl die wilden Ablagerungen schon längst zu einer echten
Gefahr geworden sind.
Die Liste dieser Möglichkeiten der Politik, wie wir sie ja vorher als selbstverständlich empfunden
haben und die heute so schwer zu realisieren sind, ließe sich beliebig lang fortsetzen, und das alles
angeblich im Namen und im Interesse des Umweltschutzes. Und auf publizistisches Echo und auf
Zustimmung der Medien dürfen heute bedauerlicherweise nicht jene hoffen, die Politik als Auftrag zur
Gestaltung ansehen, sondern eher die professionellen Verhinderer. Deshalb möchte ich es
nachdrücklich betonen: Bürgernahe Politik kann niemals als Alibi für Untätigkeit und für das
Verschieben lebenswichtiger Entscheidungen auf den St.Nimmerleinstag verstanden werden. Das
Bemühen, politische Entscheidungen in möglichst weitgehender Übereinstimmung mit der
Bevölkerung zu treffen, darf nicht den eigentlichen Sinn der Politik in Vergessenheit geraten lassen,
nämlich das zu tun, was im Interesse der gesamten Bevölkerung auch wirklich getan werden muß.
(Beifall bei der ÖVP und einigen Abgeordneten der SPÖ.)
Der unvergessene Julius Raab hat dies einmal in der ihm eigenen Art schlicht, aber unmißverständlich
festgestellt. Er sagte: "Der Auftrag der Politiker besteht nicht darin, das zu tun, was die Leute gerade
wollen, sondern das, was notwendig und richtig ist."
Diese Feststellung, meine Damen und Herren, gilt auch für unsere Tage, und ganz im speziellen auch
für die Zukunft. Oder, um es einfacher zu sagen: Wir müssen wieder lernen, mehr zu agieren und
weniger zu reagieren. Und weil wir uns 1988 auch in einem Jahr des Gedenkens und des Bedenkens
befinden, gestatten Sie mir auch noch ein anderes offenes Wort, das, wenn ich es genau betrachte,
mit der eben getroffenen grundsätzlichen Feststellung unmittelbar zusammenhängt.
Wenn uns der Blick in die Vergangenheit eines lehrt, dann dies, daß es keine bessere
Vergangenheitsbewältigung gibt als die bewußte Gestaltung der Zukunft. Es hat gar keinen Sinn,
heute ständig darüber nachzudenken, was man vor 50 oder vor 60 Jahren hätte anders und besser
machen können. Weit wichtiger ist es, daß wir mit den Problemen der Gegenwart fertig werden und für
die kommenden Generationen, für unsere Kinder, für unsere Enkelkinder, eine lebens- und
liebenswerte Zukunft schaffen. Ich glaube, wir alle können stolz darauf sein, daß wir uns in
Niederösterreich stets an diesen Grundsatz gehalten haben.
Wir haben nämlich die Folgen des Krieges rascher beseitigt, als es 1945 selbst die Optimisten
erwartet hatten. Wir haben konsequent ein neues, modernes Niederösterreich gebaut. Wir haben
echte Bürgernähe nicht nur gepredigt, sondern auch praktiziert, und wir haben schließlich ein sicheres
Fundament für die Entwicklung unseres Landes im nächsten Jahrtausend gelegt. Niemand in
Niederösterreich hat heute Sehnsucht nach einem sogenannten Anschluß. Wir sind von der
wirtschaftlichen Lebenskraft unserer Heimat überzeugt und glauben bedingungslos an ihre
selbständige Zukunft. Wir brauchen uns auch nicht Nachhilfeunterricht in Demokratie geben zu lassen.
10 Jahre Bewährung unter russischer Besatzung haben uns gegen autoritäre Experimente immun
gemacht, und zwar gegen solche auf der rechten Seite ebenso wie solche auf der linken. Und daran
haben alle unsere Landsleute ihr Verdienst.
Die älteren Menschen, die bereits aus dem aktiven Berufsleben ausgeschieden sind, verdienen es
wahrlich nicht, daß man ihnen heute vorwirft, sie hätten zwar den Wiederaufbau bewerkstelligt, seien
aber nicht willens oder in der Lage gewesen, mit der Vergangenheit fertig zu werden.
Jene Generation, die heute Verantwortung trägt, hat das Erbe ihrer Eltern und Großeltern nicht nur
übernommen und bewahrt, sondern auch entscheidend gemehrt. Sie gewährleistet, daß die
Demokratie auch in Zukunft unser politisches Leben bestimmen wird. Ein Jörg Haider ist sicher der
letzte, von dem wir in Niederösterreich demokratie-politische Ezzes brauchen. Seine anmaßende
Behauptung, Niederösterreich hinke in puncto Demokratie anderen Bundesländern nach, weil es im
Landtag keine freiheitlichen Abgeordneten gebe, ist so albern, daß sie keine weitere Erwiderung
verdient. (Beifall bei der ÖVP und Abg. Mohnl.)
Die Jugend aber, der letztlich unsere ganze Arbeit gilt, ist auch unsere große Hoffnung. Sie ist
sicherlich nicht weniger politisch, als wir es in unserer Jugend waren. Auch in der Vorliebe für Kritik
unterscheidet sie sich kaum von uns und sicher auch nicht in der ehrlichen Absicht, ihren Teil zum
Niederösterreich von morgen, zu dem Aufbruch, den wir eingeleitet haben, beizutragen. Ich bin fest
davon überzeugt, daß es uns im zunehmenden Maße gelingen wird, die jungen Menschen wieder für
die Mitarbeit und die Mitverantwortung in der Politik zu gewinnen. Wenn sie wirklich politikmüde sein
sollten, dann nicht deshalb, weil der so oft zitierte Zeitgeist heute eben ein Abseitsstehen im
öffentlichen Leben predige und verlange, sondern lediglich deshalb, weil gerade die Jugend von der
Politik mehr erwartet, als daß sie sich ausschließlich oder vorwiegend mit der Vergangenheit
beschäftigt. In Niederösterreich steht im Vordergrund aller politischen Überlegungen und
Entscheidungen die Zukunft. Gerade für die jungen Menschen gibt es deshalb Möglichkeiten genug,
sich politisch zu engagieren und das Niederösterreich von morgen mitzubauen. Dieser Aspekt scheint
mir einer der entscheidendsten unserer Politik zu sein.
Am Beginn meiner Ausführungen habe ich mich zur Zusammenarbeit der beiden großen politischen
Kräfte unseres Landes bekannt. Diese erfolgreiche Zusammenarbeit, die nun auch auf Bundesebene
seit der letzten Nationalratswahl, ich glaube mit großem Erfolg praktiziert wird, darf allerdings nicht zu
der irrigen Annahme verleiten, ÖVP und SPÖ seien nun ein politischer Eintopf geworden und es sei
deshalb gleichgültig, welche der beiden Parteien die Hauptverantwortung trägt.
Wir werden uns daher, meine verehrten Damen und Herren, nicht davon abbringen lassen, unsere auf
den Grundsätzen der christlichen Demokratie beruhenden Vorhaben in politische Wirklichkeit
umzusetzen. Die ÖVP versteht nämlich Politik als Auftrag, die Selbstverwirklichung des Menschen in
einer partnerschaftlichen Gesellschaft zu ermöglichen. Die ÖVP bekennt sich zur Entscheidungs- und
Handlungsfreiheit sowie zur Verantwortung jedes Menschen vor seinem Gewissen. Deshalb lehnt sie
die totale staatliche Daseinsvorsorge mit allen ihren Konsequenzen ab. Die ÖVP will den persönlichen
Leistungswillen, die persönliche Initiative und den Mut zur Eigenverantwortung fördern, bzw. den
Menschen dazu ermuntern. Die ÖVP bekennt sich zum Prinzip der Aufgabenteilung in der
partnerschaftlichen Gesellschaft. Sie bekennt sich zur Teilnahme von immer mehr Menschen an
immer mehr politischen Entscheidungen. Sie bekennt sich zur ökosozialen Marktwirtschaft und zu
einer echten Familienpolitik, die die Aufgaben auch in unserer Zeit zu erfüllen hat.
Die Trennungslinie zwischen ÖVP und SPÖ ist transparent und ermöglicht gerade deshalb eine
konstruktive Zusammenarbeit. Beide Parteien wissen, was sie der anderen zumuten können.
Notwendig scheint es mir aber auch, einen klaren Trennungsstrich zur Freiheitlichen Partei zu ziehen.
Abgesehen von der zweifelhaften Taktik, deren sich die Freiheitlichen in den letzten Jahren in
Niederösterreich bedienten, sie orientierten sich nicht an Grundsätzen, sondern ausschließlich am
Opportunismus. Ihre Parteiflagge ist die Wetterfahne; sie weht in der Richtung des jeweilig günstigen
Windes. Auch taktische Überlegungen sprechen gegen ein Techtelmechtel mit der FPÖ. Sie ist
nämlich kein Partner, sondern bestenfalls ein demagogischer Konkurrent der beiden großen Parteien
und damit auch ihr politischer Gegner. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sie werden gewiß
dafür Verständnis haben, daß es mich heute drängt, meinen Erkenntnissen aus jahrzehntelanger
politischer Arbeit auch in den fast zwei Dezennien in diesem Haus freien Lauf zu lassen. Ich maße mir
aber nicht an, Ihnen ein politisches Testament zu hinterlassen. Wer jedoch so lange Zeit wie ich an
der vordersten Front der politischen Arbeit und Auseinandersetzung gestanden ist, hat wohl ein
Anrecht darauf, sein Herz auszuschütten, nicht um sich selbst zu rühmen, sondern um jüngere
Politiker zum Nachdenken anzuregen. (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn ich jetzt nicht nur die Bilanz des Budgets 1987 oder der in Kürze zu Ende gehenden
Legislaturperiode, sondern die Bilanz meiner gesamten politischen Tätigkeit ziehe, will ich vor allem
eines sagen: In der Politik zählt letztlich ebenso wie im privaten Leben nur Redlichkeit und ehrliche
Arbeit. Wer nur Schaum schlägt und glaubt, daß in der politischen Arbeit der Schein wichtiger sei als
das Sein, muß oder wird über kurz oder lang Schiffbruch erleiden. Jene Politiker, die im vergangenen
Jahrzehnt in Niederösterreich Verantwortung getragen haben, egal auf welcher Seite dieses Hauses
sie beheimatet waren, dürfen zum größten Teil für sich in Anspruch nehmen, daß sie gute und
ehrliche Arbeit geleistet haben, aber es hieße, die Augen vor der Wirklichkeit zu verschließen, wollte
man behaupten, daß in unserem Heimatland Österreich alles zum besten steht. Allzuviel, was in der
Vergangenheit gesündigt wurde, muß jetzt repariert, muß jetzt saniert werden, und zwar nicht nur die
Wirtschaft, sondern auch die politische Kultur, der Patriotismus und nicht zuletzt die politische Moral.
Schätzen wir uns aber glücklich, daß wir in Niederösterreich trotz der Krisen, die es selbstverständlich
auch in unserem Land gegeben hat, der Zukunft mit Zuversicht entgegensehen dürfen. Wäre dem
nicht so, könnte es im ganzen Land nicht jene Aufbruchstimmung geben, die wir heute immer wieder
feststellen können und die auch außerhalb unserer Grenzen, zum Beispiel in anderen Bundesländern,
fast möchte ich sagen mit Hochachtung kommentiert wird. Was Niederösterreich in den vergangenen
Jahrzehnten geleistet hat, kann sich sehen lassen, und in manchen Bereichen sind wir beispielgebend
gewesen für andere Länder und auch für den Bund. Wir haben keinen Grund, unser Licht unter den
Scheffel zu stellen. Wir können stolz darauf sein, daß wir Niederösterreicher sind.
Was aus Niederösterreich gekommen ist und kommt, hat Österreich noch niemals geschadet, im
Gegenteil. Von unserem Bundesland sind immer kräftige Impulse für die gesamtösterreichische Politik
ausgegangen, vielleicht gerade deshalb, weil es die Geschichte nicht immer gut mit uns gemeint hat.
Der Zwang zum Überleben hat die Menschen unseres Landes gelehrt, Optimisten zu sein, den Blick
stets nach vorne und niemals nach rückwärts zu richten. Der Aufbruch zu neuen Ufern, der seinen
sichtbarsten Ausdruck in dem Beschluß gefunden hat, eine eigene Landeshauptstadt zu errichten und
ein großes Regionalisierungsprogramm in Angriff zu nehmen, weckte zahlreiche Energien und Kräfte,
die allzulange brach gelegen waren.
Niederösterreich im Aufbruch bedeutet,
daß wir an unsere Ideen, an unsere Vorhaben und an die Fähigkeit, diese auch realisieren zu können,
glauben; daß wir Vertrauen zur eigenen Kraft haben; daß es uns nicht an Mut fehlt, mit Traditionen,
die durch die Entwicklung überholt wurden, zu brechen und wir dadurch in der Lage sind, in vielen
Bereichen einen neuen Beginn zu setzen; daß wir neue Ziele anpeilen, bisher ungenützte Reserven
mobilisieren und bereit sind, neue Wege überall dort zu gehen, wo es zum Erreichen unserer Ziele
notwendig ist; daß wir den Menschen Mut machen, wieder an den Fortschritt zu glauben und an
unsere Kraft, diesen Fortschritt herbeizuführen; daß wir der Verantwortung für die künftigen
Generationen nicht ausweichen, sondern daß wir uns ihr stellen; daß wir der Zukunft mit Optimismus
entgegensehen, weil wir wissen, daß es in unserer Hand liegt, sie in unserem Sinne zu gestalten und
daß wir uns nicht dem Irrglauben hingeben, eine Insel der Seligen inmitten einer unruhigen Welt sein
zu können, und daher auch den Weg nach Europa suchen, ohne deshalb auf unsere traditionellen
Verpflichtungen in Mittel- und Südosteuropa zu vergessen. Meine verehrten, meine lieben Kolleginnen
und Kollegen! Ich gestehe es offen. Auch mir als Realisten, als nüchternem Menschen fällt es nicht
leicht, von Ihnen, von diesem Haus Abschied zu nehmen. Nur eine Tatsache erleichtert es mir,
nämlich die Gewißheit, daß sich Niederösterreich auf dem besten Weg befindet - daß wir uns alle
keine Sorgen um seine Zukunft machen müssen. Daß es mir vergönnt war, im Rahmen meiner
bescheidenen Möglichkeiten an diesem sicheren Fundament für das Niederösterreich von morgen
mitzubauen, erfüllt mich mit Dankbarkeit und mit Befriedigung. Mein Wunsch in dieser Stunde ist kurz
und bündig: Mögen die kommenden Generationen reichlich ernten und mehren, was wir gesät haben.
Ich danke Euch. (Lebhafter und anhaltender Beifall im Hause.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Mohnl.
Abg. MOHNL (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des
Hohen Landtages! In einer sehr umfangreichen, ich muß ehrlich gestehen, auch sehr interessanten
und detaillierten Darstellung vor allem des letzten Redners wurde die Landespolitik aus den
verschiedensten Blickwinkeln beleuchtet. Auch Grundsätzliches wurde dargelegt, und ich gebe zu,
vieles regt mich zum Nachdenken und zum Überlegen an. Dennoch habe ich jetzt die Aufgabe, auch
aus unserer Sicht eine entsprechende Betrachtung des Rechnungsabschlusses und der zu Ende
gehenden Periode anzustellen, denn der eigentliche Anlaßfall dieser heutigen Debatte ist ja der
Rechnungsabschluß 1987. Wenn man bedenkt, daß der Voranschlag 1987 - und hier möchte ich
einfügen, das war die erste Budgetdebatte, die ich hier in diesem Hohen Hause miterleben durfte - in
zwei Tagen behandelt wurde, so ist es sicher auch gerechtfertigt, daß man der Betrachtung des
Rechnungsabschlusses zu diesem Voranschlag geziemende und angemessene Zeit widmet.
Schließlich ist er ja die Kontrolle dessen, was im Voranschlag als politischer Wille der im Landtag
vertretenen Parteien einstimmig beschlossen wurde.
Es ist aber auch genauso gerechtfertigt, daß man am Ende einer Session, am Ende einer
Gesetzgebungsperiode Bilanz zieht. Ich will mich nun beidem unterziehen und wohl einschränkend
festhalten, daß ich, wenn ich die Gesetzgebungsperiode betrachte, nur einen Teil dieser
Gesetzgebungsperiode selbst miterlebt habe und mich daher bei der Vorbereitung auf den heutigen
Tag der Annalen des Hauses bedient habe, um zusammenzufassen, zusammenzustellen, was in den
letzten fünf Jahren auch aus unserer Sicht, aus der Sicht der sozialistischen Landtagsfraktion
geleistet, gearbeitet und beigetragen wurde. Ich bitte auch um Verständnis, wenn es da und dort
Überschneidungen, vielleicht auch Wiederholungen geben wird. Schließlich sprechen wir alle von
demselben Land und von der gleichen Arbeit der letzten Jahre, und jeder hat seinen Standpunkt
eingebracht. Also zunächst einmal zum Rechnungsabschluß. Der Rechnungsabschluß 1987 weist mit
ca. 27,5 Milliarden Schilling ein Plus von ca. 2,3 Milliarden Schilling an Mehreinnahmen gegenüber
dem Voranschlag samt Nachtrag 1987 auf. Auf der Ausgabenseite erhöhte sich der Rahmen von ca.
27,7 Milliarden Schilling laut Voranschlag auf 29,4 Milliarden Schilling, also eine Ausgabensteigerung
um ca. 1,6 Milliarden Schilling. Wenn man überlegt, daß in den Mehreinnahmen von 2,3 Milliarden
Schilling die ursprünglich nicht veranschlagte Darlehensaufnahme von 1,9 Milliarden Schilling
enthalten ist, so ergibt sich immer noch eine echte Mehreinnahme von ca. 400 Millionen Schilling. Man
kann aber auch nicht übersehen, daß im Gegensatz zu den im ursprünglichen Voranschlag 1987
angesetzten Einnahmen aus den Ertragsanteilen eine Mehreinnahme von über 500 Millionen Schilling
gegeben ist. Unter Bedachtnahme auf das ohnehin sehr spät vorgelegte Nachtragsbudget, welches
schon Mehreinnahmen von 200 Millionen Schilling berücksichtigt hat, ergeben sich bei den
Bundesertragsanteilen noch immer 316 Millionen Schilling an Mehreinnahmen.
Uns erscheint daher manchmal die Methode, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß wir im
Sozial-, im Kommunal- und auch im Spitalsbereich und in anderen Bereichen mit aufwendigen
Gipfelkonferenzen und Gesprächen relativ kleine Beträge verhandeln, in Anbetracht des Ergebnisses
dieses Rechnungsabschlusses ein bißchen als übertriebener Aufwand.
Ich finde auch, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß manchmal in der Diskussion
landespolitisch weit vordergründigere Dinge eine größere Rolle spielen. Wenn ich mir überlege, daß
wir in den letzten Wochen eine ausgedehnte Milchflaschendiskussion in Niederösterreich zu Gehör
bekommen haben, daß es aber gerade seitens des Finanzreferenten kaum eine dezidierte Aussage
hinsichtlich der materiellen Hilfe in den Krisengebieten unseres Heimatlandes gegeben hat und daß
tausende Menschen darauf gewartet haben, daß im Industriegebiet Hilfen über das normale Maß
hinaus angeboten werden, dann glaube ich, daß das vielleicht auch dazugehört hätte. Ich verhehle
auch nicht festzustellen, daß man sich da und dort gerade in den schwierigen materiellen Situationen
der Gemeinden hätte von der Dorferneuerung etwas lösen und da und dort diese Probleme hätte in
Angriff nehmen können. Ich denke an die große Schwierigkeit, die es niederösterreichweit, ganz
speziell aber in unserem Bezirk, mit den Grundwasserfragen gibt und daß zur forcierten Bewältigung
der Abwasserproblematik eine verstärkte materielle Unterstützung, obwohl diese schon durch die
verschiedenen Fonds gegeben ist, hätte angeboten werden können. Auch das gehört dazu, wenn
man einen so wohl bestellten Rechnungsabschluß, einen so wohl bestellten Haushalt hat. Etwas mehr
Großzügigkeit vielleicht von vornherein, Herr Landesfinanzreferent, wäre bei manchen Dingen sicher
sehr zielführend gewesen.
Man könnte aber auch angesichts dieser soliden finanziellen Basis, dieses finanziellen Grundstockes
darüber nachdenken, ob nicht eine Reduzierung oder gar die Abschaffung der Landesumlage vom
Budget genauso verkraftbar wäre, wie das bei den 500 Millionen Schilling der Regionalisierung schon
der Fall ist. Man könnte auch überlegen, ob nicht eine höhere Dotierung des
Strukturverbesserungsfonds oder eine bessere finanzielle Ausstattung der Sozialdienste möglich
wäre. Das von uns, von den niederösterreichischen Sozialisten geforderte Kindergeld, das heute in
Form der niederösterreichischen Familienhilfe grundsätzlich beschlossen wird, könnte unter diesen
Gesichtspunkten eine sehr breite finanzielle Grundlage bekommen. Das, meine sehr verehrten Damen
und Herren, sind nur einige Anregungen, wie man die Mehreinnahmen verwenden könnte, wobei ich
schon weiß und mir auch bewußt bin, daß man erstens jeden Schilling, den man eingenommen hat,
nur einmal ausgeben kann und daß man natürlich auch darauf achten muß, daß sich ein Haushalt in
einem finanziellen Rahmen bewegt, der verantwortungsbewußt so gestaltet ist, daß eine Schuldenlast
nicht überdimensional Platz greift. Dennoch meine ich, daß wir immer wieder die Überlegung anstellen
müssen, wie wir aus den Mittel unseres Landeshaushaltes draußen in den Regionen, draußen in den
Gemeinden gezielt Hilfen anbieten können, die sich wirklich in der Politik umsetzen lassen. Ich möchte
aber auch zum Ausdruck bringen, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß wir grundsätzlich die
umsichtige Art mit dem Umgang der materiellen Mittel unseres Landes zur Kenntnis nehmen und
natürlich dem Rechnungsabschluß 1987 unsere Zustimmung geben, wie das auch in der
Vergangenheit häufig der Fall gewesen ist, nicht immer, aber häufig oder fast immer der Fall gewesen
ist. Nun zum zweiten Teil, den ich mir zur Aufgabe gestellt habe, nämlich zur Betrachtung der
Gesetzgebungsperiode, also jener fünf Jahre politischer Arbeit, die wir gemeinsam in diesem Lande
zu leisten gehabt haben. Das Ergebnis der Landtagswahlen 1983 war für uns Sozialisten sicher nicht
erfreulich. Das hatte auch seine Folgen. Es kam dahingehend zu einer Neuordnung der
Geschäftseinteilung der Niederösterreichischen Landesregierung, daß das Gemeindereferat geteilt
wurde, und anläßlich des Ausscheidens von Landeshauptmannstellvertreter Grünzweig und der Wahl
von Landesrat Ernst Höger zum Landeshauptmannstellvertreter und des Eintrittes von Landesrat
Dr.Slawik in die Landesregierung kam es ebenfalls zu einer Änderung der Geschäftsordnung. Das
Gemeindereferat wurde wieder vereinigt, zuerst geteilt, dann wieder vereinigt, und das von den
Sozialisten durch Jahrzehnte verwaltete Kulturreferat wurde von der ÖVP übernommen. Im Laufe
dieser Zeit haben zahlreiche Abgeordnete aus unserer Fraktion im Landtag gearbeitet, sind aber dann
aus diesem Landtag ausgeschieden, und es hat überhaupt ein sehr starker Generationswechsel in
unserer Fraktion stattgefunden. Das Ausscheiden von insgesamt 9 Abgeordneten, also mehr als
einem Drittel der sozialistischen Landtagsfraktion, bedeutete einen gewaltigen Generationswechsel
nicht nur unter den Abgeordneten, sondern er bedeutete auch einen Generationswechsel in den
verschiedensten Funktionen. So kann sicherlich behauptet werden, daß der Klub der sozialistischen
Landtagsabgeordneten mit einer weitgehend neuen Mannschaft mit diesen neuen Aufgaben in die
Landtagswahlen geht.
Der Beginn der Gesetzgebungsperiode war zweifellos von den Nachwirkungen der
Wahlkampfauseinandersetzungen stark geprägt. Es waren verschiedenste Gerichtsverfahren
anhängig, es gab Diskussionen um Auslieferungsbegehren und es schien, daß die politische Arbeit
des Landtages zunächst von diesen Ereignissen geprägt würde. Es kam aber doch bald auch wieder
zur Behandlung wichtiger Sachfragen.
Mit der Schaffung des Wirtschafts- und Strukturverbesserungsfonds konnte eine langjährige
sozialistische Forderung erfüllt werden. Auch die Zusammenlegung bestehender
Betriebsansiedlungsgesellschaften zur ECO-Plus bedeutete eine wesentliche Verbesserung der
Wirtschaftspolitik des Landes, und ein Jahr später kam es zur Schaffung des
Fremdenverkehrsförderungsfonds, womit auch in diesem Bereich durch Zusammenfassung
bestehender Aktionen eine Verbesserung möglich wurde.
Eine weitere Zielsetzung der vergangenen Legislaturperiode waren die Verbesserungen in den
Bereichen des Umweltschutzes. Die Sozialisten stellten im Landtag eine Reihe von Anträgen. Von
besonderer Bedeutung war aber gerade in diesem Bereich die Tätigkeit in den Ausschüssen. Das
Umweltschutzgesetz, das Luftreinhaltegesetz und das Abfallwirtschaftsgesetz stellten nicht nur von
ihrem Umfang und ihrer Auswirkung her bedeutende Gesetze dar, sondern es wurden im Zuge der
Verhandlungen in den Unterausschüssen und in den Ausschüssen von uns zahlreiche Anträge
gestellt.
Alle diese Gesetzesbeschlüsse konnten in der Folge einstimmig gefaßt werden. Das
Umweltschutzgesetz brachte die Schaffung der Umweltanwaltschaft und der Grünen Akademie als
Körperschaft öffentlichen Rechts. Das Abfallwirtschaftsgesetz wurde die Basis für eine geordnete
Müll- , insbesondere Sondermüllentsorgung, wobei in der Folge ein Abfallwirtschaftsverbund - er
wurde heute schon erwähnt - mit dem Bundesland Wien geschaffen werden konnte. Auf der
Grundlage dieses Gesetzes sollen aber auch in den nächsten Jahren durch geeignete
Sondermüllentsorgungsanlagen, durch Deponien Möglichkeiten einer geordneten Entsorgung aller
dieser Dinge geschaffen werden. Diese Probleme sind angerissen und stehen zur Diskussion.
Das Luftreinhaltegesetz brachte vor allem Regelungen bezüglich des Schadstoffausstoßes von
Feuerungsanlagen, insbesondere aber auch die Verpflichtung zur periodischen Kontrolle. Ich erinnere,
daß wir uns erst vor kurzem mit der Präzisierung dieses Gesetzes beschäftigt haben.
Eine wichtige Novelle zum Naturschutzgesetz wurde in dieser Gesetzgebungsperiode beschlossen.
Es wurde nicht nur festgelegt, daß die Schaffung eines Nationalparkes nur durch ein eigenes
Landesgesetz erfolgen kann, sondern es wurde vor allem auch den bei den Vollziehungsmaßnahmen
des Naturschutzes betroffenen Gemeinden eine Parteienstellung eingeräumt. Sowohl für den Bereich
der Wirtschaft, der Landwirtschaft, aber auch der Verbesserung ökologischer Grundlagen ist der Bau
des Marchfeldkanales von größter Bedeutung.
Der Beschluß zur Schaffung einer Errichtungs- und Betriebsgesellschaft und die Erfüllung des
diesbezüglichen Vertrages zwischen Bund und Land bedeuten im wahrsten Sinne des Wortes nicht
nur die Verwirklichung eines Jahrhundertprojektes, sondern auch die Erfüllung jahrzehntelanger
Forderungen der Sozialisten im Niederösterreichischen Landtag. Die derzeit laufenden
Baumaßnahmen zeigen, daß es auch bei erhöhter Sensibilität der betroffenen Bevölkerung möglich
ist, Großprojekte zu verwirklichen, wobei auch die Wünsche der Betroffenen und die Anliegen des
Umweltschutzes im größtmöglichen Ausmaß erfüllt werden konnten.
Sowohl durch die Zuweisung zahlreicher Aufgaben an die Gemeinden als auch durch die ständig
steigenden Ansprüche der Bevölkerung hat sich die Landesgesetzgebung in vielfacher Hinsicht mit
den Angelegenheiten der Gemeinden befaßt bzw. zu befassen. Vor allem die finanziellen Probleme
der Gemeinden, auf die ich schon hingewiesen habe, deren materielle Grundlage mit der Zunahme
ihrer Aufgaben bei weitem nicht Schritt gehalten hat, erfordern immer wieder die Schaffung geeigneter
Förderungsinstrumente und bedürfen der Berücksichtigung der insgesamt schlechten finanziellen
Situation. Die weitgehende Novellierung des Kanalgesetzes, um ein anderes Beispiel anzuführen, hat
durch die verstärkte Anwendung des Verursacherprinzips sowohl den Anliegen des Umweltschutzes
als auch der Notwendigkeit einer entsprechenden Finanzierung Rechnung getragen.
Auch heute beschäftigen wir uns wieder mit einer Novellierung des Kanalgesetzes, wobei ich
grundsätzlich festhalten möchte, daß komplizierte Gesetzesbeschlüsse, vor allem komplizierte
Berechnungsmodelle, immer wieder die Frage nach der Akzeptanz der Gesetze aufwerfen. Es ist oft
gar nicht so einfach einzusehen, warum man für eine bestimmte Fläche zu bezahlen hat, wenn man
noch dazu erkennt, daß es eine Reihe von Ausnahmeregelungen gibt. Der Gedanke des
Verursacherprinzips wird in der Diskussion sicherlich immer wieder eine große Rolle spielen und auch
weitergeführt werden müssen, und vielleicht können wir irgendwann gerade in dieser Materie
festlegen, daß die tatsächliche Abwassermenge die Grundlage für die Berechnung ist. Ich weiß, daß
das sehr kompliziert ist, aber es wird wahrscheinlich am ehesten noch dazu führen, daß akzeptiert
wird, warum man diesen oder jenen Betrag dafür zu bezahlen hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vor mehr als einem Jahrzehnt geschaffene
Gemeindeinvestitionsfonds wurde in den Landes-Wasserwirtschaftsfonds umgewandelt, um für den
von den Gemeinden wahrzunehmenden Siedlungswasserbau und Abwasserentsorgungs-Anlagenbau
entsprechende Förderungen gewähren zu können.
Auch die Situation der zumeist von Gemeinden betriebenen Musikschulen wurde nach längeren
Verhandlungen durch die Schaffung eines neuen Förderungsmodells verbessert. Grundlage hiefür
war die Verdoppelung des seit 13 Jahren nicht mehr erhöhten Kultur- und Sportschillings. Allerdings
muß auch festgestellt werden, daß dieses Förderungsmodell trotz verschiedener Verbesserungen
noch immer nicht den Erwartungen entspricht und eine gesetzliche Regelung des Musikschulwesens
unerläßlich ist. Auf eine diesbezügliche Anfrage der Sozialisten wurde eine entsprechende
Zusicherung für die nächste Gesetzgebungsperiode gegeben. Die Sozialisten haben jedenfalls der
Öffentlichkeit ihre Vorstellungen über ein neues Musikschulgesetz als Diskussionsgrundlage
präsentiert.
Neben den verschiedenen Änderungen des Pflichtschulgesetzes wurde vor allem durch die Schaffung
eines neuen Kindergartengesetzes sowohl den Anliegen der Eltern als auch der Gemeinden
entsprochen, und ich möchte hinzufügen, daß wir auch jener Komponente, nämlich der Integration
Behinderter, in Form des Heilpädagogischen Kindergartens große Bedeutung zugemessen und mit
dem neuen Kindergartengesetz Möglichkeiten eröffnet haben, wie es mir überhaupt als sehr wichtige
Aufgabe erscheint, daß wir gerade den Schwächsten unserer Gesellschaft, jenen Menschen, die von
den Bedingungen her schlimmer dran sind, in unserer politischen Arbeit eine entsprechende Hilfe
angedeihen lassen. Einem Wunsche - um jetzt zu einem anderen Thema zu kommen - vor allem der
größeren Gemeinden entsprach die Schaffung eines Kurzparkzonenabgabegesetzes, dessen
Zielsetzung weniger die Erschließung neuer Einnahmen, als die Bewirtschaftung des Parkraumes
insbesondere in den Ballungszentren gewesen ist. Eine Änderung des Getränkeabgabegesetzes hat
sehr wohl eine eindeutige Regelung der Getränkeabgabe im Interesse der Gemeinden zum Ziel.
Schließlich wird in der letzten Landtagssitzung, also in der heutigen Sitzung, auch noch eine
Änderung des Krankenanstaltengesetzes beschlossen, welche nicht nur durch Neuregelung im
Bereich des Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds erforderlich ist, sondern welche auch durch die
Anhebung des Rahmens für Betriebsmittelkredite die finanzielle Verbesserung der spitalerhaltenden
Gemeinden anstrebt.
Obwohl in den weitaus überwiegenden Bereichen der Landtagstätigkeit Einstimmigkeit erzielt werden
konnte, bedeutet dies keineswegs die Aufgabe, meine sehr verehrten Damen und Herren, eigener
Positionen und eigener Ideen. Gerade durch die Tätigkeit in zahlreichen Unterausschüssen und
Ausschüssen konnte Anliegen der Sozialisten immer wieder zum Durchbruch verholfen und dadurch
einstimmige Beschlußfassungen ermöglicht werden.
Nicht möglich war eine Zustimmung der Sozialisten in einigen wenigen Fällen, bei denen eine
grundlegend verschiedene Haltung der beiden Parteien gegebenr dem Ende der Wintersaison
beschlossen. Wir h diese neue parlamentarische Arbeit damit auch zu einer Stärkung der
parlamentarischen Demokratie unserer Heimat beitragen wird. Der Niederösterreichischen Volkspartei
hat sich für die erste Aktuelle Stunde ein Thema geradezu aufgedrängt, nämlich die Bestrebungen
Österreichs um einen Anschluß an den europäischen Markt. Ich glaube - in der folgenden Debatte
wird sich das sehr genau erweisen -, es ist dies eine Frage, eine zentrale Frage für die durchsetzbar
wäre. Der Verfassungsgerichtshof bestätigte in einem diesbezüglichen Erkenntnis eindeutig die
Meinung der Sozialisten und hob die Bestimmung über die Briefwahl als verfassungswidrig auf.
Wünsche der Sozialisten nach Schaffung eines NÖ Umweltfonds, eines Ortsbildförderungsgesetzes
oder nach mehr Transparenz bei den Gemeindeförderungen wurden von der ÖVP-Mehrheit ebenfalls
abgelehnt.
Auch der Wunsch, dem Wirtschafts- und Strukturverbesserungsfonds eine Aufwands- und
Beteiligungsfunktion einzuräumen, konnte nicht durchgesetzt werden. Während einige
verfassungsrechtliche Fragen in der vergangenen Gesetzgebungsperiode aus den verschiedensten
Gründen nicht behandelt werden konnten, gab es zwei Änderungen der Geschäftsordnung, die die
Landtagsarbeit erleichtern sollten bzw. die Einführung einer Aktuellen Stunde zum Inhalt hatten. Mit
dieser Einrichtung sollte eine Diskussionsmöglichkeit im Bereich des Landtages geschaffen werden,
um Themen, die für das Land Bedeutung haben, unbeschadet der verfassungsrechtlichen
Zuständigkeit und auch ohne etwaige Beschlußfassung erörtern zu können. Es gab natürlich in der
gesamten Gesetzgebungsperiode eine Fülle von Gesetzesbeschlüssen, welche Detailmaterien regeln
und die fortlaufende Anpassungen zum Inhalt hatten. Das die Gesetzgebungsperiode, das wurde
auch von meinen Vorrednern schon erwähnt, prägende Ereignis war jedoch die Schaffung der
niederösterreichischen Landeshauptstadt und die damit verbundenen Maßnahmen zur
Regionalisierung. Es fanden zunächst eine sehr lange politische Diskussion und von ihren Inhalten
und Ergebnissen her auch durchaus anfechtbare Untersuchungen statt. Auch rechtliche Diskussionen
gab es über die Art der Durchführung einer Volksbefragung. Während die Sozialisten eine
verfassungsmäßig bindende Entscheidung zwischen letztlich zwei Standorten anstrebten, beantragte
die ÖVP ein eigenes Gesetz, welches auch mit Mehrheitsbeschluß angenommen wurde. Besonders
kritisiert wurde von den Sozialisten die Art der Fragestellung, die zunächst Arbeitsplätze zum Inhalt
hatte und letztlich dazu führte, daß sämtliche befürwortenden Stimmen zusammengezählt werden
konnten. Die am 1. und 2. März 1986 abgehaltene Volksabstimmung brachte dann das schon
bekannte Ergebnis und natürlich auch die Notwendigkeit, daß eine entsprechende
Landesverfassungsänderung diskutiert werden mußte. Nach einer langen, sehr schwierigen und heute
schon im Detail dargestellten Diskussion sowie nach langen und schwierigen Parteienverhandlungen
konnte schließlich darüber Einigung erzielt werden, daß die Sozialisten einer diesbezüglichen
Verfassungsänderung unter der Voraussetzung zustimmten, daß nicht nur für die Schaffung einer
Landeshauptstadt Mittel bereitgestellt werden, sondern auch für die Stärkung der Regionen. Die Mittel
für die Regionen betragen in den nächsten zehn Jahren, das ist bekannt, 500 Millionen Schilling
jährlich. Darüber hinaus wurde in den Parteienvereinbarungen auch Einigung erzielt, wie etwa über
die verstärkte Musikschulförderung, die Änderung des Sozialhilfegesetzes und ähnliches mehr.
Eine aus unserer Sicht sehr wichtige Forderung wurde durchgesetzt, nämlich das
Einstimmigkeitsprinzip, das wir bei der Beschlußfassung der Regionalisierungsvorhaben erreichen
konnten, denn das ist für eine Minderheitsfraktion eine maximale Sicherheit. Während die
Planungsarbeiten für die notwendigen Einrichtungen in der Landeshauptstadt derzeit voll im Gange
sind, wirken sich in den Gemeinden und in den Regionen die Regionalisierungsvorhaben positiv aus.
Es sind große materielle Mittel, das ist heute auch schon dargelegt worden, bewegt worden, und jede
Million, die sozusagen über die Regionalisierung hinausgeht, hat ja eine Schneeballwirkung. Es wird
rund dreimal soviel Geld bewirkt, und das führt dazu, daß wir die Arbeitsplätze in den Gemeinden, in
den Regionen draußen sichern können, und daß wir das erreichen, was wir wirklich erreichen wollen,
nämlich den Wohlstand über das Land zu bringen, den Menschen Zufriedenheit in ihrer unmittelbaren
Lebensumgebung zu geben.
Ich möchte daher, meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Abschluß festhalten, daß diese
Landtagsperiode sicher eine Periode gewesen ist, die bedeutende Entscheidungen herbeigeführt hat
und daß diese bedeutenden Entscheidungen aber nicht mit dieser großartigen Wirkung für die
Menschen unseres Landes möglich gewesen wären, wenn nicht wir Sozialisten mitgearbeitet und
unsere geistigen Fähigkeiten, unsere Ideen, unseren Willen mitzugestalten miteingebracht hätten, und
wenn wir nicht in der Lage gewesen wären, diese auch entsprechend umzusetzen. Bei aller
Diskrepanz in manchen Diskussionen habe ich das Gefühl, und man muß es auch anerkennen, daß
das auch auf Verständnis der Mehrheitsfraktion gestoßen ist und daß letztlich viele diese Dinge im
gemeinsamen Beschluß bewältigt werden konnten.
Wir gehen nun hinaus und treten an, um diese unsere Arbeit und diese unsere Leistung den
Menschen zu präsentieren. Mit dieser konstruktiven Mitarbeit, verbunden mit einer ideologischen
Standfestigkeit, mit einem fundierten Wissen und vor allem mit dem Willen, für die Menschen in
unseren Gemeinden, in unseren Regionen zu arbeiten, legitimieren wir uns als eine Bewegung, als
eine Partei, die um mehr Vertrauen in diesem Lande werben kann. Wir wollen an die Menschen
herantreten und ihnen das sagen. Wir wollen aber auch, und das soll unterstrichen werden, klarlegen,
daß all dieses Werben um die Menschen von dem Gebote der Fairneß und vom Gebote der
Sparsamkeit gekennzeichnet sein muß, wenn man in den Wahlkampf zieht. Wir wollen aber auch ein
Beispiel dafür geben, daß die Demokratie das Miteinanderreden und das gegenseitige Achten
bedeutet, und wir wollen dadurch der Demokratie und den Menschen in unserem Lande einen Dienst
erweisen.
Ich danke Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, für die Aufmerksamkeit und wiederhole
noch einmal, daß meine Fraktion dem Rechnungsabschluß 1987 ihre Zustimmung geben wird. Danke
schön. (Beifall bei der SPÖ und einigen Abgeordneten der ÖVP.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. WITTIG (ÖVP): Ich verzichte.
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER (nach Abstimmung über den vorliegenden Antrag des
Finanzausschusses): Einstimmig angenommen. Nunmehr ersuche ich den Herrn Abgeordneten
Feurer, die Verhandlungen zur Ltg.385/G-1/23 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. FEURER (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren!
Der Gemeinderat vom Sonntagberg hat in seiner Sitzung am 24. Februar 1986 einstimmig den
Beschluß gefaßt, die Erhebung zur Marktgemeinde zu beantragen. Nach einer Zählung aus dem
Jahre 1986 hat Sonntagberg 4.425 Einwohner und 1.707 Wohnungen in 886 Häusern. Damit liegt der
Ort weit über den Zahlen des Bezirks- und Landesdurchschnittes. Seitens der Niederösterreichischen
Raumplanung wird Sonntagberg als "Allgemeiner Standort für zentrale Einrichtungen" eingestuft,
jedoch in Bezug auf den Fremdenverkehr als "Eignungsstandort erster Ordnung" und im
Raumordnungsprogramm für Handel, Gewerbe und Industrie als "Eignungsstandort zweiter Ordnung".
Somit ist festzustellen, daß die Gemeinde in den Bereichen des Fremdenverkehrs und der Wirtschaft
über Einrichtungen verfügt, die zentrale überregionale Bedeutung haben. Damit sind die Kriterien, die
gemäß § 3 Abs. 2 der Niederösterreichischen Gemeindeordnung für die Gewährung des Marktrechtes
gefordert werden, erfüllt. Ich stelle daher namens des Kommunalausschusses folgenden Antrag (liest):
"Der Hohe Landtag wolle beschließen: 1. Der vorliegende Gesetzesentwurf betreffend Änderung des
Gesetzes über die Gliederung des Landes Niederösterreich in Gemeinden wird genehmigt.
2. Die NÖ Landesregierung wird beauftragt, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen."
Bitte, Herr Präsident!
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Ich eröffne die Debatte. Zu Wort ist Herr Abg. Keusch gemeldet. Ich
erteile es ihm.
Abg. KEUSCH (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Die Gemeinde Sonntagberg
hat nun auch nach einigen anderen Gemeinden, im Bezirk Amstetten waren es bisher die Gemeinden
Kematen und Allhartsberg, aufgrund eines am 24. Februar 1986 einstimmig gefaßten Beschlusses
des Gemeinderates beim Land Niederösterreich um die Erhebung zur Marktgemeinde ersucht.
(Zweiter Präsident Haufek übernimmt den Vorsitz.)
Da ich an dieser Beschlußfassung noch als aktiver Gemeinderat mitwirken konnte, freue ich mich
ganz besonders, Ihnen, geschätzte Damen und Herren des Hohen Landtages, dieses Ersuchen um
Verleihung des Marktrechtes zur Beschlußfassung vorzutragen und interpretieren zu dürfen.
Sonntagberg feiert diese Markterhebung nicht nur mit einer Festwoche und begnügte sich auch nicht
damit, nur eine Festschrift herauszugeben. Die Gemeindevertretung hat in diesem Zusammenhang
beschlossen, die Entwicklungsgeschichte von Sonntagberg wissenschaftlich aufarbeiten zu lassen
und sie in Form einer Chronik der Öffentlichkeit zu präsentieren. Diese Chronik liegt nun vor. Ich
glaube, sie ist als Beweis für den Weitblick der Gemeindevertretung zu werten, und es wird natürlich
auch darauf gebaut, daß die Bevölkerung diese Chronik erwirbt und sie entsprechend studiert, um ein
hohes Maß an Identifikation mit der Gemeinde, mit der Gemeindeverwaltung herbeizuführen. Meine
Damen und Herren! Wie bei so vielen anderen Kommunalwesen reichen auch die Anfänge der
Gemeinde Sonntagberg weit in die Vergangenheit zurück, wobei mir schon klar ist, daß bei der
Dokumentation hier im Hohen Hause der Bogen der Betrachtung nur die wesentlichen, nur die ganz
bedeutsamen historischen Ereignisse umschließen kann, trotz dieses reichlich vorhandenen
Dokumentationsmaterials. Eine dominierende Rolle in der Entwicklungsgeschichte der Gemeinde
spielten zweifelsohne das Schloß Gleiß, auch die Wallfahrtsbasilika am Sonntagberg und natürlich die
Böhler-Ybbstalwerke. Aber nicht der Sonntagberg mit der Wallfahrtsbasilika oder andere Ortsteile, wie
man vielleicht meinen könnte, waren das historisch gewachsene Zentrum unseres Gemeindegebietes,
sondern der Herrschaftsbesitz Gleiß war die Keimzelle der heutigen Gemeinde.
Daß der Name Ostarrichi erstmals in einer Schenkungsurkunde Kaiser Ottos III. aus dem Jahre 996
aufscheint, in der er dem Freisinger Bischof Gottschalk einen Königshof mit 30 Königshufen in
Niuuanhova, dem heutigen Neuhofen, geschenkt hat, ist, wie ich annehme, hinlänglich bekannt, daß
aber schon im Jahre 993, ebenfalls in einer Schenkungsurkunde von Kaiser Otto III., also drei Jahre
früher, Gleiß, allerdings vom slawischen Wort Gluzo abgeleitet, aufscheint, ist möglicherweise weniger
bekannt und dadurch um so spektakulärer. Und zwar hat Kaiser Otto III. einem gewissen "Sachso",
wobei nicht klar ist, ob es sich hier um einen Namen handelt oder ob nur ein Sachse gemeint ist, drei
königliche Hufe, etwa 20 ha, geschenkt, an einem Ort, der im Volksmund Gluzengisazi genannt
wurde, also an einem Ort, an dem der Slawe Gluzo zu hausen und zu roden begonnen hatte. So ist es
aus der Urkunde zu entnehmen.
Nach wechselhaften Besitzverhältnissen geriet die Besitzung Gleiß etwa um 1116 in den
Einflußbereich des heutigen Stiftes Seitenstetten, wo zur Zeit die Niederösterreichische
Landesausstellung stattfindet, von der wir hoffen - und vieles deutet darauf hin, daß sich diese
Hoffnung bewahrheitet -, daß ein wesentlicher Impuls für den Fremdenverkehr auch in unserer
Gemeinde Sonntagberg ausgehen wird.
Die neuere Geschichte berichtet dann, daß die Türken raubend und plündernd durch das Ybbstal
gezogen sind, daß zwar Gleiß diesen Türkenangriffen widerstehen konnte, ebenso die Stadt
Waidhofen, wo ja noch eine Inschrift am Stadtturm davon Kunde gibt, daß Bürger, Bauern und
Schmiede die Türken in die Flucht geschlagen haben. Allerdings wurde eine Ansiedlung in der
Gemeinde, die Ansiedlung Gerstl, von den Türken total niedergebrannt. Den Franzosen war es
allerdings vorbehalten, als sie 1805 nach Wien gezogen sind und dabei auch unsere Gegend
heimsuchten, Gleiß in Brand zu schießen und dem alten Herrschaftsbesitz damit ein Ende zu setzen,
der seither verfallen ist. Zur Zeit ist also nur mehr eine Ruine davon zu sehen.
Die wohl markanteste Entwicklung nahm aber der Ortsteil Böhlerwerk - vielleicht auch eine etwas
ungewöhnliche Entwicklung. 1854 wurde im heutigen Gemeindegebiet, im Bereich der Ortschaft
Gerstl, ein Walzwerk errichtet, das bald als Zulieferer für die Kleineisenindustrie der Eisenwurzen,
aber auch in den Wiener Raum große Bedeutung erlangte. Im selben Jahr erfolgte die Gründung des
Walzwerkes in Bruckbach, ebenfalls ein Ortsteil unserer Gemeinde. Dieser Betrieb wurde dann von
den Gebrüdern Böhler erworben, der in den Besitz der Waffenfabrikanten Werndl in Steyr gelangt war,
und die Gebrüder Böhler errichteten dann auf einem von ihnen mittlerweile erworbenen Grundstück im
Jahre 1890 ein Hammerwerk, die Sofienhütte, der Ursprung des heutigen Böhlerwerks. Unmittelbar
danach erbauten sie auch eine Feilenfabrik, weil die ursprünglich in Hainfeld angesiedelte Fabrik völlig
überaltet war und man total neu bauen wollte. Um die aus diesem Tal ins Ybbstal versetzten
Feilenhauer auch seßhaft zu machen - sie waren als ausgezeichnete Handwerker bekannt -, baute
man ihnen in der Nähe des Betriebes auch Wohnhäuser, und diese so entstandene Ansiedlung
nannte man wie die Fabrik Böhlerwerk.
Nun darf ich einen großen Sprung bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges tun, wo die Russen 688
Maschinen demontierten, abtransportierten und so den Betrieb und die Produktion lahmlegten.
Allerdings begann nach der Unterzeichnung des Staatsvertrages ein großzügiger Ausbau dieser so
traditionellen Betriebsstätten. Von 1955 - 1970 wurden 270 Millionen Schilling investiert. Man denke
zurück, für die damalige Zeit ist das eine ganz tadellose Größenordnung, und auch die Zahl der
Beschäftigten stieg von 300 nach Kriegsende auf 2.000 Arbeiter und Angestellte bis zum Jahr 1970
an. Zwangsläufig wurden die Böhler-Ybbstalwerke immer mehr zum finanziellen Rückgrat der
Gemeinde Sonntagberg, woraus sich auch ein ganz besonderes Naheverhältnis zwischen Betrieb und
Kommunalwesen ergab.
Schon damals galt es, den aus den umliegenden Gemeinden zuziehenden Arbeitskräften eine
möglichst in der Nähe ihrer Arbeitsstätte gelegene Wohnmöglichkeit zu bieten, woraus sich eine rege
Wohnbautätigkeit entwickelte, die ursprünglich von der Gemeindeverwaltung in Angriff genommen
wurde, dann aber von den Wohnbaugenossenschaften wahrgenommen und weitergeführt wurde, bis
in die Gegenwart herauf. Parallel dazu funktionierte natürlich auch der private Eigenheimbau, je nach
Maßgabe der vorhandenen Grundstücke.
Wie der Berichterstatter ausgeführt hat, liegt die Gemeinde Sonntagberg mit 4.425 Einwohnern, das
sind die Zahlen, die im Bericht stehen, und mit 1.707 Wohnungen in 868 Gebäuden über dem Bezirksund Landesschnitt, und mit rund 18,4 km2 und dieser eben genannten Einwohnerzahl zählt
Sonntagberg zu einer der dichtest besiedelten Gemeinden des Bezirkes Amstetten. Diese
Größenordnung war auch die Ursache, weshalb Sonntagberg - der Altbürgermeister wird zweifelsohne
auch andere Gründe dafür wissen - meiner Meinung nach auch die damalige Kommunalstrukturreform
als selbständige Gemeinde überstanden hat. Die Größenordnung und zweifelsohne auch die
geographische Lage der Gemeinde waren eine der Hauptursachen, daß Sonntagberg als
selbständiges Kommunalwesen in der ursprünglichen Form auch heute noch besteht. Sonntagberg ist
heute ein modernes, wirtschaftlich und kulturell gefestigtes Gemeinwesen. Der in der Mitte des
Gemeindegebietes, also der zentral gelegene Ortsteil Rosenau beherbergt das Gemeindeamt, die
Apotheke, die Volks- und Hauptschule mit dem Lehrschwimmbecken und einer Turnhalle. Manche
dieser Einrichtungen, dieser infrastrukturellen Einrichtungen, sind aufgrund der "ungünstigen", unter
Anführungszeichen, geographischen Lage der Gemeinde, aber auch der unterschiedlichen
historischen Entwicklung der einzelnen Ortsteile mehrfach vorhanden: Kindergärten, Volksschulen, 6
Feuerwehren, Musikschulen, Friedhöfe, Postämter, Kirchen, Sportanlagen, Musikkapellen.
So verfügt der Orsteil Gleiß, ich finde das besonders bemerkenswert, über eine konfessionelle Volksund Hauptschule sowie eine Haushaltungsschule für Mädchen mit Internat und einen zweigruppigen
Kindergarten. Böhlerwerk, der dichtest besiedelte Ortsteil, aber auch jener mit der ausgeprägtesten
Industriestruktur, verfügt über einen neuen Kindergarten, über eine moderne Volksschule, auch eine
im modernen Stil erbaute Kirche, ein herrlich gelegenes Freibad, diverse Sportanlagen, wie
Fußballplätze, Tennisplätze, Stockbahnen und andere sportliche Einrichtungen. Zwei große
Sportvereine, die Kultur- und Sportvereinigung der Böhler-Ybbstalwerke und der ATUS RosenauPitten mit Fußball, Turnen, Tennis, Schach und anderem bieten sportliche Vielfalt und sinnvolle
Freizeitgestaltungsmöglichkeit.
Von den drei Kirchen des Gemeindebereiches ist zweifelsohne die Wallfahrtsbasilika am Sonntagberg
ganz besonders hervorzuheben, ein Prandtauer-Bau, der von Munggenast fertiggestellt wurde und
Gemälde von Kremser Schmidt und Daniel Gran enthält. 1964 wurde die Sonntagberger
Wallfahrtskirche in den Rang einer "Basilika Minor" erhoben. Sie ist immer noch ein beliebtes
Ausflugsziel, auch wenn der Wallfahrerboom vergangener Tage längst vorbei ist und wir unsere
Probleme mit dem aus der damaligen Zeit noch vorhandenen Hotelgebäude haben, das mehr oder
weniger dem Verfall preisgegeben ist.
Das kulturelle Leben der Gemeinde wird, wie schon angeführt, von zwei Blasmusikkapellen, der
Werkskapelle und der Trachtenmusik Rosenau, dem Gesangverein Liederkranz, den Kirchenchören,
den Schulchören dominiert. Ein besonderes kulturelles Ereignis ist natürlich die jährlich mehrmals
stattfindende Aufführung der Singgemeinschaft Allhartsberg Cantores Dei in der Barockbasilika
Sonntagberg.
Meine Damen und Herren! Es mag ein glücklicher Zufall sein, daß jener kräftige wirtschaftliche Impuls,
der durch die Regionalförderung in den Gemeinden und Regionen unseres Landes ausgelöst wird,
gerade mit der Intensivphase der Markterhebungsbestrebungen der Gemeinde Sonntagberg
zusammenfällt und in der Gemeinde auch spürbar ist.
Ich darf hier den Bau der Mostviertler Höhenstraße anführen, die von Sonntagberg am Höhenrücken
entlang zum Luftkurort St.Leonhard führt, einem Stadtteil von Waidhofen/Ybbs, eine Investition, die
alles in allem in etwa 10 Millionen Schilling ausmacht, die vor der Fertigstellung steht und von der wir
uns eine wesentliche Verbesserung der Fremdenverkehrsinfrastruktur unseres Gebietes, auch der
Gemeinde, erwarten.
Als weitere wichtige Investition möchte ich den geplanten Ausbau unserer Werksberufschule der
Böhler-Ybbstalwerke zu einem modernen Ausbildungszentrum anführen. Es war von den Vorrednern
unter dem Begriff "Neues Lernen" und unter dem Begriff "Überbetriebliche Ausbildung" schon davon
die Rede, weil wir meinen, daß damit der Jugend eine größtmögliche Berufschance in der Zukunft
gewährleistet sein soll.
Ich habe, meine Damen und Herren, dieses Beispiel nicht angeführt, um einen Urheberrechtsstreit
heraufzubeschwören oder jemanden damit zu frotzeln, denn ich weiß, daß das ein sehr heikles Thema
ist. Ich wollte lediglich an diesen Beispielen dokumentieren, wie wichtig die Regionalförderung für die
Gemeinden und Regionen ist. Gäbe es sie nicht, würde auf diesem Sektor nichts laufen. Insoferne ist,
glaube ich, die Bedeutung der Regionalförderung nur an zwei Einzelbeispielen dokumentiert und
bewiesen. Wenn nun, meine Damen und Herren, der Landtag von Niederösterreich die
Markterhebung von Sonntagberg beschließen wird, so ist, wie ich meine, ein Etappenziel einer
langjährigen kommunalen Aufbauleistung für die Bewohner der Gemeinde Sonntagberg erreicht. Der
Altbürgermeister Hutterberger, er ist auf der Galerie anwesend, hat während vieler schwieriger Jahre,
während der Nachkriegsjahre, die Geschicke der Gemeinde gelenkt und somit diese erfolgreiche
Entwicklung eingeleitet. Der amtierende Bürgermeister Wahl ist ebenfalls mit seinen
Gemeindemandataren auf der Galerie. Ihm darf ich zur Herausgabe der gelungenen Gemeindechronik
gratulieren und auch zu der von ihm eingeleiteten Markterhebung, die, wie ich meine, als Anerkenntnis
bisheriger Leistungen im Interesse der Gemeindebürger zu werten ist.
Ihnen allen, dem amtierenden Bürgermeister, den Damen und Herren des Gemeinderates, aber auch
der geschätzten Bevölkerung von Sonntagberg wünsche ich eine gute Zukunft als Marktgemeinde.
Für die sozialistische Fraktion darf ich feststellen, daß wir dem Ersuchen um Markterhebung der
Gemeinde Sonntagberg selbstverständlich gerne unsere Zustimmung geben werden. Danke. (Beifall
bei der SPÖ und einigen Abgeordneten der ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT HAUFEK: Zum Wort ist der Abgeordnete Treitler gemeldet.
Abg. TREITLER (ÖVP): Herr Präsident! Hoher Landtag! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der
Berichterstatter und der Vorredner haben einen historischen Rückblick gegeben, die Leistungen der
gesamten Bevölkerung, der Gemeindeverwaltung und des Gemeinderates dargestellt und damit auch
die Markterhebung begründet. Ich will mich daher, um allzu häufige Wiederholungen zu vermeiden,
auf ergänzende Merkmale, wie die Dominanz der Basilika, die historischen und aktuellen
Verbindungen und die wirtschaftliche Bedeutung über die Gemeindegrenzen hinaus, konzentrieren.
Die Gemeinde Sonntagberg wird durch die Barockbasilika weithin markiert. Dr.Ernst Werner, der
Verfasser der Bezirksgeschichte "Österreichs Wiege - der Amstettner Raum", schreibt dazu über die
Basilika Minor, die, wie bereits erwähnt, Papst Paul VI. vor rund einem Vierteljahrhundert in die
großen Heiligtümer der Christenheit eingereiht hat: "Auf der Fahrt von Kematen nach Gleiß rückt die
Wallfahrtskirche am Sonntagberg in unser Blickfeld. Sie wird fast von allen Orten des Amstettner
Vorlandes aus gesehen. Die Sonntagberger Kirche ist ohne Zweifel das großartigste bauliche
Denkmal unseres Bezirkes. Der Anblick wird noch gesteigert durch den herrlichen Ausblick in Gottes
schöne Natur, den der Berg jederzeit bietet. Das Panorama geht von den Kalkalpen über die
Flyschzone ins Alpenvorland. Man sieht bis weit ins Wald- und Mühlviertel, ja bis zum Böhmerwald.
Mit Recht wurde daher der Sonntagberg zum Wahrzeichen unseres Bezirkes erkoren." Soweit Dr.
Werner.
Laienhaft beurteilt, kann angemerkt werden, daß die vorchristliche Kultstätte und die vor 550 Jahren
über dem legendären "Zeichenstein" errichtete Salvatorkapelle erst durch eine Sage den
Wallfahrerstrom angelockt hat. Die in dieser Sage enthaltene Hirtenlegende ist auch lebensgroß auf
einem Pfeiler im Kircheninneren dargestellt, und man findet dort auch den Stein mit dem Brot, der eine
zentrale Darstellung in dieser Sage bildet. Auch das sogenannte Türkenbründl, dessen Wasser
heilende Wirkung zugeschrieben wird, wird mit einer Sage verbunden. Osmanische Reiter und
Streitscharen, die bekannten Renner und Brenner, vermuteten nach der Plünderung Seitenstettens
reiche Beute auch auf dem Sonntagberg, und dort, wo heute dieses Bründl steht, blieben nach der
Sage die Pferde stehen und kein Schlagen und kein Sporengeben half mehr. Dieser stimmungsvolle,
abseits der Basilika im Wald gelegene Gnadenort ist ein typischer Rokokobau seiner Zeit. Stumme
Zeugen im gesamten Bezirk sind auch der Nachweis für das künstlerische Zentrum des
Sonntagbergs. Prandtauer, der Erbauer der größten Dreifaltigkeits-Wallfahrtskirche der
habsburgischen Länder, Munggenast, der sie fertigstellte, Gran, von dem die großfigurigen Fresken
stammen, und selbst der Kremser-Schmidt arbeiteten an manchen sakralen und profanen Bauten
unseres Bezirks. Schmidt schuf unter anderem auch die großartigen Bilder für den Maturasaal und
das Sommerrefektorium im Stift der Landesausstellung 1988. Die optische Dominanz der PrandtauerKirche, ihre künstlerische Bedeutung und das gesamte Umfeld haben gewiß einen entscheidenden
Anteil, daß die Gemeinde Sonntagberg seit mehr als 20 Jahren Fremdenverkehrsgemeinde ist.
Dr.Franz Übelacker, übrigens ein Sonntagberger, schrieb dazu: "Der Ausbau der Bergstraße und der
großartige Barockbau, zu dessen notwendiger Gesamtrestaurierung in den Jahren 1961-66 unser
ganzes Bundesland beigetragen hat, wirken sich auf Wallfahrt und Fremdenverkehr günstig aus.
Wegen seiner Höhenlage, seines Panoramas und seiner Sehenswürdigkeiten ist der Wallfahrtsort
Sonntagberg auch ein beliebtes Ausflugziel und eine gern besuchte Sommerfrische geworden."
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aktuelle Initiativen in der Partnerschaft mit dem Land
beleben den Fremdenverkehr. Von meinem Vorredner wurde bereits auf die Mostviertler Höhenstraße
hingewiesen, die im Endausbau rund 25 km lang sein wird und ergänzend dazu rund 15
landwirtschaftliche Betriebe aufschließt. Die landesweite Regionalförderung, eine der Konsequenzen
der Errichtung der Landeshauptstadt, wird mit diesem Projekt auch in der Gemeinde Sonntagberg
wirksam. An der Bundesstraße 121, die rund 7 km durch die Gemeinde Sonntagberg führt und
beinahe ununterbrochen direkt dem Lauf der Ybbs folgt, fällt neben den Betrieben der
BöhlerYbbstalwerke, der großen Bahnhofsanlage in Rosenau und - ich nenne hier jetzt den alten
Begriff - der Lehrwerkstätte am Ortsausgang Richtung Waidhofen das Kloster Gleiß auf, in dem heute
ein Orden eine Haushaltungsschule, eine Hauswirtschaftschule, eine Volks- und Hauptschule und
einen Kindergarten führt und wo in diesen Tagen auch das 90jährige Gründungsjubiläum begangen
wird.
Erwähnt wurde bereits, daß der Name Gleiß, damals genannt Gluzengisazi, schon vor der OstarrichiUrkunde erwähnt worden ist, aber auch in dieser selbst als Ortsangabe aufscheint und daß sich die
Besitzungen der Grafen Seeburg-Gleiß genauso dominierend wie die Basilika weit in das Ybbstal bis
Opponitz und St.Georgen am Reith hinein erstrecken. Die künstlerische Vergangenheit und die
dominierende Basilika mit ihrer auf Fernsicht berechneten monumentalen Westfassade waren und
sind Orientierungspunkt. Die Zeiten haben sich gewandelt, und heute stehen die Böhler-Ybbstalwerke
im Mittelpunkt des wirtschaftlichen Interesses für die Gemeindebürger ebenso wie für das Umland,
denn rund 1.100 Menschen finden dort Arbeit. Die 1985 erfolgte Ausgliederung der BöhlerYbbstalwerke aus dem VEW-Konzern, in den sie 1975 eingebunden worden sind, die damit
verbundene Schaffung eines überblickbaren Unternehmens und die folgende Entwicklung beweisen
die Sinnhaftigkeit der Korrektur der vor 10 Jahren getroffenen Entscheidung.
Zusammenfassend ist der Erfolg in der anläßlich der Markterhebung verfaßten Chronik nachzulesen
und damit auch bestätigt. Ich zitiere: "Aufgrund der umsichtigen Planung des Managements und des
Einsatzes der innovationsfreudigen Belegschaft ist es den Böhler-Ybbstalwerken gelungen, nicht nur
die Konkurrenzfähigkeit zu verbessern, sondern auch durch ständige Neuentwicklungen ihre Position
am Weltmarkt zu behaupten und weiterhin auszubauen."
Die Gemeinde ist nach der Struktur der Bevölkerung eine Industriegemeinde. Rund 90 % der
Arbeitsfähigen sind Arbeiter, Angestellte oder Beamte. Interessant ist auch die Zahl der Pendler.
Auffallend ist hier vor allem der hohe Anteil der Binnenpendler, der Gemeindebinnenpendler. Der
wirtschaftliche Vorrang der Böhler-Ybbstalwerke, des Primanitwerks und der kleinen Mittelbetriebe
wird auch dadurch bestätigt, daß die hohe Zahl von rund 1.100 Einpendlern - mit wenigen Ausnahmen
sind es Tagespendlerdie Auspendlerzahl weit übertrifft. Diese Feststellung ist ein Merkmal für die
wirtschaftliche Bedeutung der Gemeinde Sonntagberg.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend sei noch erwähnt, daß unweit der Basilika
auch eine Sendeanlage auffällt. Sie wurde vor rund 20 Jahren errichtet und schuf für das Ybbstal eine
bessere Empfangsmöglichkeit für beide Fernsehprogramme. Der Sonntagberg war aber auch
Standort für eine Sendeanlage, die es einem Amstettner Unternehmer ermöglicht hat, als Pionier
gleichsam beginnend, das Kabelfernsehnetz auszubauen und in unserem Bezirk und in der
Bezirkshauptstadt Amstetten zu starten. Die Leistungen der gesamten Bevölkerung, das von vielen
Generationen Geschaffene und die Entscheidungen der Verantwortlichen in der Gemeinde ließen
Sonntagberg zu einer Gemeinde werden, die Fremdenverkehr und Industrie verbindet, die über eine
ausgezeichnete Infrastruktur verfügt und die auch Heimat für Wissenschaftler, Künstler und
erfolgreiche Sportler, alle weit über die Grenzen hinaus bekannt, war und ist. Die Gemeinde
Sonntagberg verfügt bereits seit langem über alle Voraussetzungen zur Markterhebung. Erst gestern
meinte der Bürgermeister, daß diese Anerkennung eigentlich schon seinem 22 Jahre lang tätigen
Vorgänger zukommen hätte sollen. Der heutige Beschluß ist gleichsam auch als Dank für dessen
Leistungen und die seiner Mitarbeiter in den einzelnen Gemeinderatsperioden zu sehen. Die
Probleme der Vergangenheit wurden behutsam und konsequent bewältigt. Grundlage bildete der Fleiß
der Bevölkerung, die in verschiedenen Berufen, in der Landwirtschaft, in der Industrie, im Gewerbe
und im Fremdenverkehr, zum Erfolg beigetragen hat. Das Wappen ist dafür auch Symbol. Es zeigt ein
mit Hammer und Zange belegtes Werkrad, die Basilika und eine grüne Ybbs, wohl auch eine
Herausforderung für die Umweltpolitik im Ybbstal. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der
Gratulation zur Markterhebung verbinde ich auch den Dank an die Bevölkerung und die in der
Kommunalpolitik Verantwortlichen der Gemeinde Sonntagberg. Mit ihren Leistungen und in der
Partnerschaft mit dem Land haben sie ein schönes Stück Heimat geschaffen. Ich hoffe, daß eine
gedeihliche Arbeit in Zukunft die Realisierung der Vorstellungen und Planungen ermöglicht und die
Marktgemeinde Sonntagberg sich weiterhin erfolgreich entwickelt. (Beifall im Hause.)
ZWEITER PRÄSIDENT HAUFEK: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. WITTIG (ÖVP): Ich verzichte.
ZWEITER PRÄSIDENT HAUFEK (nach Abstimmung über den vorliegenden Wortlaut des Gesetzes
sowie über den Antrag des Kommunalausschusses): Einstimmig angenommen. Ich ersuche den Herrn
Abgeordneten Greßl, die Verhandlung zur Ltg.400/A-2/24 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. GRESSL (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe über den Antrag des
Sozialausschusses betreffend Gewährung einer NÖ Familienbeihilfe zu berichten. Die Verbesserung
der sozialen Situation der Familien gehört zweifelsohne zu den wichtigsten politischen Maßnahmen.
Insbesondere die Familien mit mehreren Kindern sinken, wie durch einschlägige Berichte und
Statistiken objektiv nachweisbar ist, immer mehr unter die Armutsgrenze. Bei Mehrkinderfamilien fällt
noch zusätzlich ins Gewicht, daß meist nur ein Erwerbseinkommen zur Verfügung steht und damit das
Familieneinkommen gegenüber zwei Erwerbseinkommen steuerlich benachteiligt wird.
Wenngleich auch durchaus davon ausgegangen werden darf, daß in Niederösterreich auf dem Gebiet
der Familienförderung Vorbildliches geleistet wurde, muß das Land Niederösterreich weitere
Überlegungen anstellen, wie trotz angespannter Budgetlage Familien unter Bedachtnahme auf ihre
finanzielle Lage und die Kinderzahl unter dem Gesichtspunkt sozialer Gerechtigkeit zusätzlich
unterstützt werden können.
Ich darf daher namens des Sozialausschusses folgenden Antrag stellen (liest):
"Der Hohe Landtag wolle beschließen: I. Die Landesregierung wird aufgefordert, 1. Maßnahmen zur
Schaffung einer Niederösterreichischen Familienhilfe vorzunehmen, womit Familien eine finanzielle
Unterstützung unter Berücksichtigung des Familieneinkommens und der Familiengröße, das heißt
nach dem gewichteten Pro-Kopf-Einkommen gewährt wird, damit ihre Erziehungsaufgaben besser
unterstützt werden;
2. bei der Bundesregierung darauf zu dringen, daß
a) die finanzielle Situation der Familie auch im Steuerrecht weiter verbessert,
b) der Karenzurlaub ausgedehnt und
c) die finanzielle Lage des Familienlastenausgleichsfonds verbessert wird.
Weiters soll im Sinne der Regierungserklärung Ehe und Familie in der österreichischen
Bundesverfassung verankert werden. II. Der Antrag der Abgeordneten Auer Helene, Dr.Bauer u.a.
betreffend Schaffung eines Kindergeldes für die niederösterreichischen Familien, Ltg.400/A-2/24, wird
mit dem in Ziffer I. genannten Antrag erledigt."
Ich bitte den Herrn Präsidenten, die Debatte und die Abstimmung durchführen zu lassen.
ZWEITER PRÄSIDENT HAUFEK: Zu Worte gemeldet ist die Frau Abgeordnete Auer.
Abg. Helene AUER (SPÖ): Herr Präsident! Hoher Landtag! Die Familie, die kleinste Zelle unseres
Staates, ist auch heute noch, Gott sei Dank möchte ich sagen, zentraler und wichtigster Punkt unserer
Gesellschaft, unseres Zusammenlebens. Die Aufgaben, die die Familien freiwillig übernehmen, sind
gewaltig. Sie übernehmen diese Aufgaben aber nicht nur für sich selbst, sondern vor allem in sehr
hohem Ausmaß für uns alle gemeinsam. Durch die Erziehung der Kinder bereiten sie Menschen vor,
die einmal imstande sind, die Geschicke unseres Landes zu lenken und entscheiden zu können, wie
sich das Leben in unserem Heimatland gestalten wird. Daher haben diese Familien ganz besonderen
Anspruch und auch das Recht auf Unterstützung bei der Bewältigung ihrer Aufgaben, Unterstützung in
ideeller Art und Weise, aber vor allem natürlich auch auf dem materiellen Sektor. Das ist uns allen
bewußt, den Verantwortlichen in den Gemeinden, auf Landesebene und auch auf Bundesebene.
Leider müssen wir zugeben, daß es nicht immer möglich ist, unsere Vorstellungen, hier helfend
eingreifen zu können, sofort auf Knopfdruck oder in der Art und Weise, wie wir es uns wünschen
würden, umsetzen zu können.
Es ist auch schon sehr viel geschehen. Wenn ich nur an die Mutterschutzgesetze denke, an die
Familienbeihilfen, an das Karenzgeld, verbunden mit dem Karenzjahr, an die Kindergärten, wo
Niederösterreich beispielgebend ist und wo wir wirklich flächendeckend Kindergartenplätze ab dem
dritten Lebensjahr anbieten können. Ich möchte allerdings die Einschränkung dazu machen, daß wir
vielleicht noch bei den Öffnungszeiten einige Änderungen vornehmen könnten, im vollen Bewußtsein,
daß die Gemeinden die Möglichkeit haben, hier etwas zu tun. Aber nur zu delegieren, ist den
Gemeinden manchmal zu wenig, und diesbezüglich müßten wir uns auf Landesebene noch
Änderungen und vielleicht auch Absicherungen überlegen.
Es hat Hilfen bei der Ausbildung gegeben, bei den Schulbüchern, bei den Schulfreifahrten. Auch hier
ist Niederösterreich einen Schritt weitergegangen, und wir sind stolz darauf, daß wir auch den Weg zu
den Kindergärten bereits abgesichert und finanziert haben. Es gibt die Tagesmütter und noch viele,
viele ähnliche Einrichtungen mehr. Trotzdem fehlt uns noch ein gewaltiges Stück, um hier wirklich
sagen zu können, wir haben für die Familien, die in unserem Land leben, das Bestmögliche getan. Es
bleibt noch mehr als genug an Aufgaben für die Familien selbst.
Nach wie vor ist der Wunsch junger Familien eine Partnerschaft auf Dauer. Es ist der Wunsch unserer
jungen Menschen nach einer harmonischen Familie, nach einem harmonischen Zusammenleben. Das
ist aber nicht immer gleichzusetzen mit dem Wunsch nach Ehe. Unsere Menschen wollen selbst
entscheiden, wie diese Partnerschaft ausschauen soll. Aber, und das ist das Wichtigste, nach wie vor
ist der Lebensmittelpunkt dieser Menschen die Familie, und darauf sollten wir wirklich verstärkt
Rücksicht nehmen. Um aber diesen Wunsch vielleicht noch zu verstärken und Hilfestellung zu geben,
müssen wir gleichzeitig akzeptieren, daß die Menschen auch wirklich das Recht auf freie Gestaltung
ihres eigenen befriedigenden Familienlebens nach ihren Vorstellungen haben, egal welche Form sie
gewählt haben: ob es die Form der Ehe ist, ob es ein alleinerziehender Mensch ist mit Kind oder
Kindern, ob es eine Lebensgemeinschaft ist, ob es eine Familie mit einem oder mehreren Kindern ist,
ob es ein Ehepaar, zwei Menschen sind, die sich bereit erklärt haben, ein Kind in Pflege zu nehmen
oder zu adoptieren. Die Familienpolitik hat sich daher auch nach den Bedürfnissen der Menschen
auszurichten und zu orientieren und nicht nach ideologischen Vorstellungen, egal woher immer sie
kommen. Die Familienpolitik hat auf jeden Fall die Realität des täglichen Lebens zu akzeptieren und
kann daran nicht vorbeigehen. Wir haben bei diesen Überlegungen nach wie vor zu berücksichtigen,
daß, obwohl es viele Einrichtungen und Unterstützungen gibt, noch immer die Familie selbst den
größten Teil der Verantwortung für die Kindererziehung, für das Zusammenleben zu tragen hat. Nur
wenn es uns gelingt, diese Realität in die Familienpolitik miteinzubeziehen, wird es möglich sein, die
Politik so zu gestalten, daß möglichst leicht auch auf diese gesellschaftspolitischen Entwicklungen
Rücksicht genommen werden kann.
Ein weiterer Grundsatz, wo wir uns sicher einig sind und der immer im Mittelpunkt unserer politischen
Überlegungen gestanden ist und auch stehen wird, ist, daß jedes Kind, das im Bundesland
Niederösterreich lebt, egal in welchem Viertel, ob in einer Kleingemeinde, ob in einer Industriestadt, ob
in einer bäuerlich strukturierten Gemeinde, in einer Fremdenverkehrsgemeinde oder in einem
Ballungszentrum, die gleichen Voraussetzungen vorfindet, Chancengleichheit hat, gleichgültig ob es
an der toten Grenze zur Welt kommt oder im Einzugsbereich von Wien oder in Zukunft vielleicht in
dem von St.Pölten lebt. Daher sind wir verpflichtet, jedem Kind die gleiche Förderung bereits dann
zuteil werden zu lassen, wenn Probleme zu entstehen beginnen. Vor allem dann, wenn
Krisensituationen schon vorhanden sind, müssen wir diesen Familien mit Beratung und Unterstützung
zur Seite stehen und Hilfen anbieten. Durch diese Hilfeleistungen, die wir geben müssen, muß es
gelingen, Probleme, die vielleicht zu einer dauernden Belastung werden könnten, zu verhindern, zu
beseitigen oder zu lindern. Dadurch muß es uns gelingen, eventuelle Entwicklungsstörungen bei
Kindern zu beseitigen oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Ich denke hier besonders an
Einrichtungen, wie die Familienberatungsstellen, die Selbsthilfegruppen, die Sozialhilfezentren und
ähnliche Einrichtungen, die wir ja Gott sei Dank auch hier bei uns in Niederösterreich haben. Wir
wissen, daß der Wunsch nach Kindern im Ansteigen ist und immer größer wird. (Abg. Fidesser: Der
Wunsch schon, aber nicht die Praxis!) Gott sei Dank, möchte ich sagen, wir freuen uns über jedes
Kind, das das Licht der Welt erblickt. Auch in der Praxis wünschen wir es, und wir tun alles, alles, um
die Möglichkeit zu schaffen, daß jedes Kind das Licht der Welt erblicken kann. Gleichzeitig wissen wir
aber, und es geht auch aus dem vorliegenden Antrag ganz klar und deutlich hervor, daß in vielen
Fällen ein zweiter Verdienst nicht nur angestrebt werden muß, sondern Voraussetzung ist, um die
nötigsten Aufgaben, die eine Familie auch heute noch voll zu tragen und zu übernehmen hat,
bestreiten zu können. Für viele ist es einfach aus diesen Gründen nicht möglich, daß ein Elternteil den
Beruf zur Gänze aufgibt, damit er sich der Kindererziehung widmen kann. Und von den
Alleinerziehenden möchte ich überhaupt nicht reden. Für die ist es unmöglich, nach dem Karenzjahr,
nach dem gesetzlich geregelten Karenzjahr den Beruf aufzugeben, mit einer Ausnahme, und die
müßten wir alle gemeinsam und mit ganzer Kraft zum Wohle unserer Kinder in diesem Bundesland
anstreben, nämlich den Ausbau und die Erweiterung eben dieses Karenzjahres. Dieser Punkt steht
auch in dem gemeinsam formulierten vorliegenden Antrag, und ich freue mich, daß er darin Aufnahme
gefunden hat, denn diese Ausweitung bedeutet erstens die finanzielle Absicherung dieses
Personenkreises und darüber hinaus, und das geht Hand in Hand, die Wahrung und Sicherung des
Arbeitsplatzes. Jede andere Regelung, die ohne Sicherheit und Arbeitsplatzgarantie die Aufgabe des
Berufes verlangt, würde unsere Familien nach diesen ein oder zwei Jahren, egal wie lang immer diese
Familienbeihilfe oder Hilfe gewährt werden soll, vor schwere finanzielle Situationen mit katastrophalen
Auswirkungen stellen. Das möchte ich hier festhalten. Diese Familien brauchen in erster Linie die
Unterstützung und die Hilfe durch die öffentliche Hand und daher durch das Land Niederösterreich. Es
gibt schon sehr viele Einrichtungen, die auch bei Klein- und Kleinstkindern wirklich echte
Hilfestellungen sein könnten und, wo sie zum Tragen kommen, auch sind. Ich denke hier ganz
besonders an die Einführung der Tagesmütter. Wir sind auf diese Einrichtung stolz. Aber vielleicht weil
sie erst am Beginn steht, weil es die finanzielle Unterstützung des Landes noch nicht so lange, erst
fünf Jahre, gibt, ist es einfach aus organisatorischen, vielleicht auch aus finanziellen Gründen
unmöglich, die Hilfe der Tagesmütter im Land Niederösterreich flächendeckend jeder Familie, die
Bedarf danach hat, anbieten zu können.
Ich habe mir nur ein kleines rechnerisches, na ja, man könnte fast sagen Spiel erlaubt. In den letzten
fünf Jahren wurden 8 Millionen Schilling für Tagesmütter zur Verfügung gestellt und ausgenützt. Das
sind 1,6 Millionen Schilling pro Jahr. Wenn man bedenkt, daß ca. 15.000 Kinder pro Jahr in
Niederösterreich geboren werden, dann sind das pro Kind und Jahr 106,60 Schilling, pro Monat 8,80
Schilling. Wenn ich sage, nur jedes zehnte Kind würde eine Tagesmutter brauchen, so bedeutet das
einen Zuschuß von 88 Schilling im Monat. Auch damit kann man weder eine Tagesmutter finanzieren
noch helfen. Ich habe zu Anfang gesagt, es ist mir bewußt, daß es eine Zahlenspielerei ist, und ich
hoffe, die Unterstützung wird sicher mit den Jahren besser, wird mehr greifen, und wir können diese
Hilfe wirklich verstärkt einsetzen. Das Beispiel zeigt aber deutlich, daß wir heute mit diesen
Instrumenten das Auslangen allein noch nicht finden. Daher ist es auch zu dem gemeinsamen Antrag
gekommen, der heute zur Diskussion steht und auch, ich hoffe es und bitte darum, beschlossen wird.
Es ist erstens zur Errichtung und Installierung einer niederösterreichischen Familienhilfe gekommen.
Das bedeutet Unterstützung für jedes Kind im Land Niederösterreich dort, wo es wirklich nötig ist,
oder, wenn die Frau keinen Arbeitsplatz findet, eine finanzielle Unterstützung, und dort, wo sie
gezwungen ist, ihrem Beruf nachzugehen, eine Hilfestellung, damit die Erziehungsarbeit für das Kind
in der Familie wirklich so vor sich gehen kann, daß das Kind ruhig und schön in unserem Bundesland
gedeihen kann.
Der zweite Punkt ist unter anderem das Verlangen nach der Verlängerung des Karenzjahres. Es muß
uns aber gelingen, weil ich glaube, daß auch das nur ein Schritt sein kann und daß wir bei zukünftigen
Überlegungen vielleicht noch etwas weitergehen müssen. Es muß uns auch gelingen, die Bedeutung
der Familien in der Arbeit- und Berufswelt zu verstärken.
Ich denke hier zum Beispiel an die Arbeitszeitverkürzung, damit sich beide Elternteile in der Freizeit
verstärkt der Erziehung des Kindes widmen können.
Ich denke hier etwa an familiengerechtere Arbeitszeitregelungen. Ich denke hier an Erleichterungen
beim Wiedereintritt in das Berufsleben der Person, die sich voll der Erziehung des Kinder widmet und
dann wieder beruflich tätig sein möchte. Ich denke nach wie vor an die Erweiterung und den Ausbau
des Karenzurlaubes und der Pflegefreistellung, und zwar für Väter und Mütter, um auch den Vätern
die Chance zu geben, ihren Gefühlen für ihr Kind, das sie ja, wie ich annehme, genauso lieben wie die
Mütter und an dessen positiver Erziehung sie genauso interessiert sind, voll nachzugeben und ihren
Beitrag dazu leisten zu können, und sicher vieles andere mehr.
Aus all diesen Gründen begrüße ich ganz besonders das Zustandekommen des heute hier
vorliegenden gemeinsamen Antrages und bitte Sie um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT HAUFEK: Ich erteile das Wort der Frau Abgeordneten Lugmayr.
Abg. Monika LUGMAYR (ÖVP): Herr Präsident! Hoher Landtag! Verehrte Damen und Herren! Der
vorliegende Antrag hat einigermaßen eine Vorgeschichte in der Öffentlichkeit gehabt, und es ist sicher
wert, ausgiebig darüber zu reden, auch grundsätzlich. Wir haben zwei Jahrzehnte Bundespolitik hinter
uns, die zugegebenermaßen einige negative Folgen gebracht hat, denn sonst müßte nicht die jetzige
Koalitionsregierung manches ändern und neue Wege einschlagen. Das gilt sicher auch für die Sozialund Familienpolitik, da manches, vielleicht von der Zeit her oder weil man es zu wenig bedacht hat, in
die falsche Richtung gelaufen ist. Wir wissen, daß heute im Durchschnitt jede dritte Ehe geschieden
wird - sehr bedenklich -, wir wissen, daß die Bereitschaft der Frauen, ein Kind oder sogar mehrere
Kinder zu haben, zurückgeht. Der Wunsch steigt vielleicht, hat die Vorrednerin gesagt, aber die Praxis
ist so, daß es sich sehr viele Familien überlegen, mehrere Kinder zu bekommen. Wir spüren
schmerzlich, und die Prognosen sagen es uns, daß beim Rückgang der Kinder unser
Pensionsversicherungssystem im Jahr 2000 und darüber hinaus nicht mehr finanzierbar ist, wenn die
Familienpolitik in dieser Richtung nichts Wirksames unternimmt und wenn es so weitergeht. Wir
wissen, und viele Erhebungen bestätigen das, daß Familien mit mehreren Kindern mehr und mehr
unter die Armutsgrenze gelangen. Besonders dann, wenn man das Familieneinkommen
berücksichtigt, abgestimmt auf die Anzahl der Familienmitglieder, ist es besonders bedenklich. Nun
muß etwas geschehen, und es ist schon sehr viel geschehen, auch auf Bundesebene. Es wurden
Ansätze gemacht in der Steuerreform. Es mußten aber leider auch die Maßnahmen, die in der SPÖRegierung getroffen worden sind, die sicher sehr angenehm und gut für die Bevölkerung waren, die
aber einfach die finanziellen Möglichkeiten des Bundesbudgets überstiegen haben, teilweise
zurückgenommen werden, die Heiratsbeihilfe zum Beispiel und verschiedenes anderes. Alles das
muß nun neu überdacht werden, ob es auch finanzierbar ist, ob wir uns manche Dinge leisten können,
und es ist notwendig, daß die Bevölkerung ideell zur Familie steht und daß sie auch freiwillig
Leistungen für die Allgemeinheit erbringt. Erfreulicherweise ist es in den Familien im hohen Maße
noch der Fall, daß Gott sei Dank noch eine sehr ideelle Einstellung zur Ehe und Familie besteht. Und
darum wundert es mich eigentlich, daß überhaupt darüber diskutiert werden muß, ob nicht die
Einrichtungen von Ehe und Familie als anzustrebendes oberstes Ziel als die beste Form des
Zusammenlebens auch in der Verfassung verankert gehört, weil es derzeit keine bessere Form gibt.
Es klingt zwar recht schön, wenn man hört, daß sich die Partner, die miteinander leben wollen, frei
entscheiden sollen und daß sie eben keine Bindungen eingehen wollen. Aber was ist dann das
Resultat daraus? Wenn man zusammenlebt ohne die Bestimmungen der Ehe, ohne die Verpflichtung,
sich beizustehen in guten und in schlechten Tagen und all dem, was einfach zu einem Ehevertrag
dazugehört, auch eine Verpflichtung gegenüber dem Staat, wenn das schon von vornherein in Frage
gestellt und alles freigestellt wird, dann ist die Einstellung der Bevölkerung, Verpflichtung und
Verantwortung einzugehen, in Gefahr und etwas gelockert. Deshalb meine ich schon, daß man über
diese grundsätzlichen Dinge reden sollte und daß auch dieses Prinzip in die Bundesverfassung
gehört, so wie wir ja in Niederösterreich im Familiengesetz die Vormachtstellung, die bevorzugte
Stellung von Ehe und Familie verankert haben.
Genauso wird sehr vordergründig und oft mißverständlich diskutiert, ob nun Frauen unbedingt
berufstätig sein sollen oder nicht. Man wirft der ÖVP vor, sie dränge die Frauen zurück an den Herd, in
den Haushalt usw. und vergißt darüber hinaus, daß auch von Eurer Seite wieder Vorschläge kommen,
wonach Förderungen, wie zum Beispiel das Kindergeld, für alle gegeben werden sollen, egal welches
Einkommen sie haben. So ist es ja im Entwurf gestanden. Und wie ist denn die Tatsache? Wenn
beide Familienmitglieder, Mann und Frau, berufstätig sind, ist das Einkommen höher. (Ruf bei der
SPÖ.) Fallweise sicher, aber nicht generell, und darum bin ich für keine generelle Regelung. Es gibt
viele Frauen, die Hausfrauen sind, obwohl das Familieneinkommen nicht reicht, entweder weil sie
keinen Arbeitsplatz bekommen oder weil sie diese Einschränkung auf sich nehmen, weil ihnen das
Wohl der Kinder wert ist, daß sie daheim bleiben und dadurch finanzielle Erschwernisse in Kauf
nehmen. Das gehört alles berücksichtigt.
Darum bin ich froh darüber, daß es nun zu einer Diskussion gekommen ist und in dem jetzigen
gemeinsamen Antrag alle diese Dinge berücksichtigt sind und die Bundesregierung aufgefordert wird,
so ein Familienförderungsgesetz, so eine Familienförderung, ins Leben zu rufen, wo auf diese
speziellen Bedürfnisse Bedacht genommen wird. (Ruf: Die Landesregierung!) Das Land
Niederösterreich, die Landesregierung. Da habe ich mich versprochen. Entschuldigung. In
Niederösterreich haben wir sehr viel zur Förderung der Familien gemeinsam erreicht. Entscheidend
war sicher 1983 der Beschluß des Familiengesetzes, wo wir als einziges Bundesland eine
Interessenvertretung der Familienverbände eingeführt haben, wo es ideelle Unterstützungen der
Familien gibt, nicht nur die grundsätzliche Feststellung, daß die Familien als beste Einrichtung für die
Kindererziehung angeführt sind, sondern es gibt auch verschiedene organisatorische Hilfen. Es
wurden Beratungseinrichtungen angeboten. Es gibt private Organisationen, die Förderungen
bekommen für Aktionen, wie Tagesmütter, Hauskrankenpflege und Beratung, wie zum Beispiel
"Familie aktiv". Es gibt einen Fonds zur Hilfe für in Not geratene Familien, und natürlich, worauf wir
besonders stolz sein können, gibt es in Niederösterreich als einziges Bundesland den
Gratiskindergarten, das müssen wir auch immer wieder erwähnen, denn das ist eine große finanzielle
Erleichterung, besonders für Familien, die mehrere Kinder haben - und auch den Zuschuß zum
Kindergartentransport. Alle diese Einrichtungen können aber nicht alle Probleme lösen, das haben wir
bereits gehört, und es muß sicher auch weiterhin noch sehr viel gemacht werden, sowohl auf
Landesebene als auch auf Bundesebene. Deshalb hoffe ich, daß diese von uns heute geforderte
Familienhilfe von der Landesregierung, wie es Herr Landeshauptmann Ludwig bereits angekündigt
hat, auch in dem Sinne ausgearbeitet wird, daß es eine gerechte Förderung wird, eine Förderung, die
den Familien, die in finanziell schwierigen Situationen sind, eine Hilfestellung gibt, die möglichst vielen
Frauen die Entscheidung erleichtern soll, ob sie nun einer Berufstätigkeit nachgehen oder ob sie es
sich mit dieser finanziellen Hilfe doch leisten können, vielleicht mit gewissen Einschränkungen, bei
den Kindern zu bleiben und die Erziehungstätigkeit selbst durchzuführen, was sicher für die Kinder
das beste ist.
Ich möchte schon auch richtigstellen, diese Familienhilfe soll nicht nur für Frauen gedacht sein, die
eine unselbständige Berufstätigkeit ausüben, sondern für alle Mütter: ob sie nun selbständig tätig sind,
ob sie unselbständig berufstätig sind oder Hausfrauen sind. Entscheidend ist für mich das
Familieneinkommen. Das ist ausschlaggebend, ob sich's eine Frau leisten kann oder nicht leisten
kann, bei den Kindern zu bleiben. Es soll eine Hilfe sein, ein Anreiz dazu, und so ist es auch gedacht.
Ich bin froh darüber, daß auch die Aufforderung festgehalten wurde, daß die Bundesregierung weitere
Maßnahmen zur finanziellen Verbesserung der Familie setzen soll, aber vor allem auch bezüglich der
Verankerung von Ehe und Familie in der Verfassung. So gesehen kann ich nur die Zustimmung der
ÖVP-Fraktion zu diesem Antrag mitteilen und hoffe, daß es ein gutes Gesetz und eine gute Förderung
wird. (Beifall bei der ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT HAUFEK: Zu Wort gemeldet ist der Herr Abg. Wagner.
Abg. WAGNER (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die
heutige Diskussion im Niederösterreichischen Landtag, noch dazu am Ende einer
Gesetzgebungsperiode, ist wieder einmal Beweis dafür, daß die Familienpolitik ein echtes Anliegen
der Gesellschaft ist und daß daher, und das ist auch wichtig, immer wieder über die Fragen der
Familienpolitik gesprochen wird. Das ist nicht nur in diesem Hohen Hause so, sondern sicherlich auch
immer wieder im Bereiche des Nationalrates, wo ja in erster Linie, und das geben wir auch gerne zu,
die familienpolitischen Maßnahmen zu treffen sind. Ich möchte aber an dieser Stelle gleich eingehend
sagen, daß sich Familienpolitik natürlich nicht in einem Alleinvertretungsanspruch der ÖVP erschöpft,
und ich bin davon überzeugt und möchte es auch kurz beweisen, daß die Sozialistische Partei immer
zur Familie gestanden ist. Ich glaube, daß auch die geschichtliche Entwicklung der letzten 100 Jahre
in dieser Republik ein eindeutiges Beispiel dafür liefert.
Es ist aber, und das möchte ich auch gerne zugeben, in der Gesellschaft selbstverständlich so, daß
die verschiedenen Parteien unterschiedliche Auffassungen in Detailfragen der Familienpolitik haben,
und zwar nicht nur im Bereich der Familienpolitik, das ist so im Bereich der Gesellschaft, der Kultur
und der Schulpolitik. Das ist ja an und für sich nichts Schlechtes, sondern es liegt einfach in der Natur
der Sache.
Es ist auch eindeutig, daß den Familien mit Ideologie nicht geholfen werden kann, sondern man muß
eben versuchen, aus der Ideologie heraus eine Möglichkeit zu entwickeln, wie man den Familien
wirklich helfen kann. Ich möchte Ihnen gerne ersparen, und Sie werden das sicherlich so verstanden
wissen, nun zu versuchen, aufgrund von Programmen der Sozialistischen Partei oder aber auch
aufgrund von Regierungserklärungen den Beweis zu liefern, daß die Sozialistische Partei immer zur
Familie gestanden ist. Ich bin mit Ihnen einer Meinung, daß ich Ihnen das also wirklich ersparen soll,
weil Sie es ja ohnehin wissen.
Ich möchte nur ein Beispiel bringen, damit Sie auch wissen, was ich meine. In der Ersten Republik war
Wien in der ganzen Welt als die Hauptstadt des Kindes anerkannt, vor allem deswegen, weil man
versucht hat, in dieser Großstadt gerade für die Kinder viele Möglichkeiten zu schaffen, damit die
Kinder überhaupt überleben konnten: die Kleinkinderversorgung, die Tuberkulosevorsorge und alles,
was es auf diesem Gebiet noch gegeben hat, bis hinauf zu einer ordentlichen Unterbringung in
Schulen, in Kindergärten usw. und so fort.
Ich glaube also, daß die sozialistische Politik nach dem Ersten Weltkrieg in der Gemeinde Wien das
Beispiel für eine Kinderpolitik gewesen ist, die Anerkennung gefunden hat, womit auch der Beweis
geliefert ist, daß diese Politik der Sozialistischen Partei nicht erst seit gestern, sondern eben schon
fast seit dem Bestand dieser Partei immer wieder im Vordergrund gestanden ist. Es ist sicherlich auch
so, daß sich die sozialistische Auffassung von Familienpolitik natürlich gerade auch in der Behandlung
der Steuer in der Familie entsprechend niederschlägt. Es gab ja, wie Sie alle wissen, im Jahre 1978
die Änderung des Kinderabsetzbetrages zu einer wirklich entsprechenden Kinderbeihilfe, und da war
damals die Begründung zu lesen: "Wer wohlhabend ist und mehrere Kinder hat, wünscht sich eine
steuerliche Begünstigung, und wer wenig oder gar nichts verdient, der wünscht sich natürlich einen
entsprechenden Direktzuschuß." Und so wurde damals das Steuersystem umgestellt. Ich habe - und
ich glaube nicht, daß ich es überhört habe - im Zuge dieser langen Reform, die sich jetzt in der Steuer
abgespielt hat, nichts davon gehört, daß man wieder zu den Bedingungen vor dem Jahre 1978
zurückgehen möchte, oder zumindest war diese Bewegung nicht so laut, daß sie wirklich zu einer
Diskussion geführt hätte. Diese Umstellung im Jahre 1978 brachte damals eine Steuerbegünstigung
für rund 300.000 Familien mit 600.000 Kindern. Damit, glaube ich, ist auch bewiesen, daß es richtig
war, das System so umzustellen, weil man damit vielen Familien helfen konnte, daß sie also zu mehr
Geld als bisher für ihre Familie kommen, um eben die Erfordernisse der Familie wirklich erfüllen zu
können. Wir geben auch gerne zu, daß es ein Anliegen der Sozialistischen Partei ist, die Familien vor
allem durch Direktzuwendungen zu unterstützen, weil damit unmittelbar geholfen werden kann.
Ich habe bei Durchsicht meiner Unterlagen festgestellt, und das ist eine etwas schizophrene Haltung
der ÖVP zur Familienpolitik, daß im Jahre 1985 unter der Regierung SPÖ-FPÖ die Abschaffung des
Familienministeriums gefordert wurde, im Jahre 1986/87, als eine neue Regierung gebildet wurde, war
natürlich ein Familienministerium wieder notwendig, und es gibt ja eine Familienministerin. (Ruf bei
der ÖVP: Es sind zwei Ministerien zusammengelegt worden!)
Natürlich, ja natürlich, ist schon klar! Wenn also das der Grund ist, daß zusammengelegt wurde, dann
muß ich sagen, daß man wahrscheinlich deswegen von der Frau Minister als Familienministerin
wirklich sehr wenig hört. Sie ist mit der Umwelt sehr beschäftigt, das ist sehr lobenswert, weil wir
wissen, daß es jetzt im Bereich der Umweltpolitik große Probleme gibt, das ist keine Frage, aber man
hört sehr wenig von der Frau Minister Flemming, daß sie sich auch für die Familien ein wenig stark
macht. Es wäre ja ihre Aufgabe, in diesem Bereich tätig zu werden. Das einzige, das ich in der letzten
Zeit gehört habe, war der Vorschlag, daß in Zukunft die Familienbeihilfe für alle Familien mit nur einem
Kind gestrichen werden soll, und der wird sicherlich bei der Sozialistischen Partei auf Widerstand
stoßen. Damit wird sie gewiß keinen Erfolg haben.
Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es wurde von der Frau Abgeordneten Lugmayr gesagt,
daß im Bereich der Bundespolitik in den letzten Jahren sehr viel Negatives geschehen sei, daß die
Pensionsversicherung nicht mehr finanzierbar sei und daß die Familienpolitik Schuld habe. Das ist
sehr vereinfacht, denn Tatsache ist, das wurde heute schon einmal angeschnitten, daß sich die
demoskopischen Veränderungen in unserer Gesellschaft so darstellen, daß im Jahre 2000 ungefähr
11 % und im Jahre 2030 30 % der Österreicher über 60 Jahre alt sein werden. Damit ist die Tatsache
begründet, daß es natürlich Probleme gibt, aber es wird uns nicht gelingen, mit Vereinfachungen der
Bevölkerung nahezubringen, daß wir über diese Problematik nachdenken müssen. (Abg. Hubert Auer:
Das stimmt schon, aber sie gehen mit 53 Jahren in Pension!)
Darf ich noch einen Satz sagen. Ich gebe schon zu, daß es Unterschiede gibt, aber Tatsache ist, daß
sich die Bevölkerung in ihrer Zusammensetzung so dramatisch ändert und daß das der Grund für
unsere Probleme in der Pensionsversicherung ist. (Abg. Hubert Auer: Einer der Gründe!)
Es gibt noch einen wesentlichen Grund, der damit zusammenhängt. Die Lebenserwartung der
Österreicher hat sich in den letzten Jahren ganz deutlich nach oben verlagert. Wir wollen das ja alle,
aber man kann doch nicht auf der einen Seite für eine ordentliche Gesundheitspolitik, für eine
ordentliche Sozialpolitik eintreten und sich auf der anderen Seite darüber mokieren, daß es im Bereich
der Sozialversicherung Probleme gibt. Das ist ja geradezu schizophren, und ich bitte Sie, vor allem
angesichts der Tatsache, daß wir hier Probleme haben werden, in Zukunft den Menschen zu erklären,
daß wir gemeinsam die Erklärungen dort suchen werden, wo sie auch gegeben sind.
Vielleicht noch einen Hinweis: Wenn wir heute zur Kenntnis nehmen müssen - ich habe da irgendwo
auch die Zahlen -, daß die Anzahl der Kinder zurückgeht, dann liegt bitte der Grund nicht darin, daß
wir in Österreich seit dem Jahre 1970 einen sozialistischen Bundeskanzler haben, sondern dasselbe
Phänomen spielt sich überall in der Welt ab, wo man Industriestaaten sozusagen zur Berechnung
heranziehen kann. Es ist einfach eine Veränderung der Gesellschaft im Gange, und mit Gesundbeten
wird man es sicherlich nicht zustande bringen, hier eine Änderung herbeizuführen. Es wird vor allem
nicht möglich sein, lediglich immer wieder diese einfachen Formeln in den Raum zu stellen und nicht
auf die Hintergründe einzugehen. Es gibt sicherlich einen Grund, daß man sich in der
Regierungserklärung und in den vorhergegangenen Parteienverhandlungen mit der Frage Ehe,
Familie und Verfassung beschäftigt hat, aber, Frau Abgeordnete, wenn ich richtig zugehört habe,
haben Sie genau das Argument geliefert. Sie haben gesagt: "Es gibt derzeit nichts Besseres als die
Familie, und daher gehört sie in die Verfassung." Ja, wenn es also morgen etwas anderes gibt, dann
wird die Verfassung wieder geändert! Ich habe aber immer gehört, daß die Verfassung etwas Heiliges
ist, das man nur dann ändert, wenn es wirklich unbedingt notwendig ist. (Abg. Dr.Bernau: Das ist ein
Schlagwort!) Nun darf ich noch etwas zu den Fragen Verfassung, Ehe und Familie sagen. Sie wissen
ganz genau, daß im Arbeitsübereinkommen festgelegt wurde, eine Kommission einzusetzen, die
versuchen soll, dieses Problem einvernehmlich zu lösen bzw. einen Vorschlag zu machen, wie diese
Formulierung lauten soll. In der Regierungserklärung, die natürlich von Ihrer Partei gutgeheißen
wurde, sonst könnte sie ja nicht herausgegeben worden sein, hat es dann eine weitergehende
Formulierung gegeben. Damit sind wir als Sozialistische Partei natürlich voll einverstanden. Es gab
aber dann nach der Bildung der großen Koalition eine Kommission, die versucht hat, diese
Formulierung zu finden. In der Kommission waren von Seiten der ÖVP die Frau Abgeordnete Bauer,
der Herr Staatssekretär Neisser und der Abgeordnete Ermacora. Es gab eine einvernehmliche
Formulierung, nur sind damit die drei Verhandlungspartner Ihrer Seite offensichtlich in der ÖVP nicht
durchgedrungen. Das ist der Grund dafür, daß dieses Problem Ihrer Auffassung nach bis heute nicht
gelöst ist, und ich bitte wirklich, nicht die Schuld bei uns zu suchen. Ich weiß nicht, warum man sich
Ihrerseits dieser Formulierung nicht anschließen konnte. Wenn ich also jetzt auf die Probleme der
Familie, die sich heute stellen, kurz eingehen darf, dann gibt es sicherlich verschiedenes, das uns
Kopfzerbrechen bereitet. Ich habe schon versucht, das kurz zu sagen. Es wird sich die Anzahl der
Kinder in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiter reduzieren; wir haben im Jahre 1961 23 %
Kinder von 0-15 Jahren gehabt, und im Jahre 2015 werden es nur noch 14 % sein. Es werden also die
Kinder in dieser Altersstufe um 10 % zurückgehen und im gleichen Maße werden dann, wie schon
gesagt, die über 60jährigen zunehmen. Es ist halt einfach eine Tatsache, daß sich von 1961 bis 1986
die Zahl der Geburten von etwa 26.000 auf 16.000 reduziert hat und daß sich die durchschnittliche
Kinderzahl von 2,9 - Entschuldigung, aber es geht nicht anders in der Statistik - auf 1,5 Kinder pro
Frau reduziert hat. Das ist ja das Problem an der Geschichte, aber, wie gesagt, das kann man
sicherlich nicht mit Gesetzen ändern, sondern man muß versuchen, ein noch kinderfreundlicheres
Klima zu schaffen. Das gebe ich gerne zu. (Abg. Fidesser: Wunsch und Realität müssen
zusammenstimmen!) Dazu bekennen wir uns auch. Ich werde das also noch ausführen. Daß die
Sozialistische Partei dazu auch steht, das ist keine Frage, nur kann man halt nicht mit dieser
Regelung, wie schon gehabt, nach dem siebenten Mal Blinddarmrausnehmen noch immer feststellen,
daß die Familienpolitik in Ordnung ist, und genau das ist ja in den letzten Jahren repariert worden.
Es ist einfach auch eine Tatsache, meine geschätzten Damen und Herren, daß die Eheschließungen
zurückgehen, weil es andere Formen des Zusammenlebens gibt, und daß die Zahl der Scheidungen
zunimmt, weil man sich heute sehr jung bindet, und dann halt sehr bald draufkommt, daß es vielleicht
doch nicht die richtige Ehe war. Man versucht es ein zweites Mal und ein drittes Mal. Ja, aber auch
das ist in der Gesellschaft begründet. Das lebt uns Dallas, und ich weiß nicht, was noch alles, im
Fernsehen täglich vor. Uns die Schuld zu geben, meine sehr geschätzten Damen und Herren, wird
also auch nicht funktionieren.
Daß aber trotzdem, und das möchte ich jetzt feststellen, die Familie in Niederösterreich noch immer
en vogue ist, ist doch der Beweis dafür, daß 90 % der Niederösterreicher in einer Familie leben. Daher
kann man doch beim besten Willen nicht sagen, daß es hier so schlecht steht. Ich bin davon
überzeugt, daß die österreichischen Zahlen vielleicht nur um zehntel Prozente unterschiedlich sind.
Wir brauchen also nicht besonders stolz darauf zu sein, daß wir das in Niederösterreich mit einem
Familiengesetz bewerkstelligt haben, sondern das ist einfach eine gesellschaftliche Entwicklung, von
der sich Bundesländer wahrscheinlich nur in Nuancen abkoppeln, aber nie generelle Änderungen
wirklich herbeiführen können. Noch etwas ist natürlich bei der Frage "Wie steht's mit den Familien?"
ausschlaggebend. Warum ergreifen Frauen einen Beruf? Diesbezüglich gibt es auch eine sehr
wichtige Zahl aus dem Sozialstatistischen Handbuch, Juni 1983 ist offensichtlich der letzte Stand, den
es hier gibt. Da heißt es einfach: Ledige, Verwitwete und Geschiedene müssen zu 50 und noch mehr
Prozent einfach deswegen eine Arbeit annehmen, weil sie damit ihren Lebensunterhalt verdienen
müssen. Dort liegt ja das Problem, und daher ist es sicherlich wichtig, gerade in diesem Bereich
entsprechende Maßnahmen zu setzen.
Die Familienförderung, das habe ich schon gesagt, ist in den letzen 20 Jahren in Österreich in vielen
Bereichen sehr deutlich verbessert worden, und ich könnte Ihnen hier einen Katalog von Maßnahmen
vorlesen, den Sie alle kennen. Ich möchte mir das deswegen gerne ersparen, aber doch darauf
hinweisen, daß die Aufwendungen des Bundes für die Familien in den letzten Jahren gerade unter
Führung von sozialistischen Bundeskanzlern, sehr lange Zeit auch, als sozialistische Vertreter im
Familienministerium gesessen sind, beachtlich sind, daß also der Bund heute für eine Familie mit
Alleinverdiener und zwei schulpflichtigen Kindern für Familienbeihilfe, Schulfahrten, Schulbücher für
Pflicht- und Mittelschüler pro Jahr etwa 120.000 Schilling aufwendet. Wir sagen ja dazu, ist keine
Frage, nur soll man nicht so tun, als ob nicht sehr viel von der öffentlichen Hand geschähe. Natürlich
konnte damit hier sehr viel bewegt werden.
Noch etwas: Der Schulbesuch. 1950/51 gab es 34.000 Schulklassen, 1,000.000 Schüler, 58.000
Lehrer; 1985 55.000 Schulklassen, also zwei Drittel mehr, 1,300.000 Schüler und 105.000 Lehrer. Das
heißt, es haben sich die Schülerzahlen nur ganz unwesentlich erhöht, aber die Zahl der Lehrer hat
deutlich zugenommen. Das ist natürlich ein erhöhter Aufwand für den Bund, bringt aber mehr
Chancengleichheit für die Kinder mit sich; eine größere Chance, daß ein Kind mit wirklichem Talent
auch frühzeitig erkannt werden kann und auch die Chance bekommt, einen Beruf zu erlernen, wo
dann die Möglichkeit besteht, eine Familie ordentlich ernähren zu können und unter Umständen nicht
jene Probleme zu bekommen, die heute vielleicht alleinstehende Frauen oder Mütter haben. Noch
etwas: Wir haben in den Ausschußberatungen auch sehr lange über den Familienlastenausgleich
diskutiert, und man hatte manchesmal so das Gefühl, dieser Familienlastenausgleich wäre ein
Selbstbedienungsladen, wo jeder hineingreifen kann, der unter Umständen gerade Gusto auf einige
Milliarden hat. Ich möchte das heute wieder einmal aufklären.
Etwa 75 % jener Mittel, die in den Familienlastenausgleich fließen, gehen dann wieder als
Familienbeihilfe an die Familien hinaus. 10 % in etwa werden für Schülerfreifahrten und, ich weiß nicht
genau, ca. 3 % für Schulbücher aufgewendet und der Rest für andere Maßnahmen. Das heißt also,
der Familienlastenausgleich erfüllt genau jenen Zweck, der vom Gesetz vorgesehen ist, und es gibt
sicherlich keinen Grund, hier etwa Schauermärchen in die Welt zu setzen, wie es manchmal ganz
gerne in den Medien getan wird. Es wird also von diesem Fonds wirklich gute Arbeit geleistet. Ich
habe eine Statistik über die Familienförderung. Hier zeigt sich, daß unter den Ländern Westeuropas
oder, wenn Sie wollen, der westlichen Welt Österreich bezüglich der Familienförderung auf dem
dritten Platz ist, vor allem deshalb, weil es so viele Direktzuwendungen des Staates an die Familien
gibt. Daher glaube ich, daß damit ausreichend begründet ist, daß in Österreich wirklich viel für die
Familien geschieht, was nicht heißt, und darin sind wir uns schon wieder einig, daß nicht noch mehr
geschehen könnte bzw. mehr geschehen muß, gerade in Bereichen, wo es Probleme gibt.
Es gibt Fachleute, die meinen, daß das 20. Jahrhundert als "Jahrhundert des Kindes" in die
Geschichte der Menschheit eingehen wird. Es ist gerade in diesem Jahrhundert im Bereich der
Gesundheitspolitik bis zur Vorsorge, die wir auch heute noch zur Bekämpfung der
Säuglingssterblichkeit brauchen, weil die Säuglingssterblichkeit in Österreich im Vergleich zu anderen
Ländern noch immer höher ist, sehr viel geschehen und natürlich auch im Bereich der
Ausbildungschancengleichheit. Damit, glaube ich, kann man also mit gutem Recht behaupten, daß in
diesem Jahrhundert gerade für die Kinder zweifellos sehr viel geschehen ist - das gebe ich gerne zu,
das ist auch die Meinung der Fachleute - und daß vielleicht das nächste Jahrhundert, beginnend ab
heute, in Niederösterreich zum "Jahrhundert der Familie" erklärt werden sollte.
Aber es gibt ja auch Vorleistungen für dieses "Jahrhundert der Familie". Im Bereich der Rechtspflege
gab es in den letzten Jahren so viele Entscheidungen, die dazu beigetragen haben, in Bezug auf die
Familie und im Falle von Scheidungen und weiß der Teufel, was es noch alles gibt, hier wirklich eine
ordentliche Gesetzeslage zu schaffen, die eine Chancengleichheit für Frau und Mann bietet und die
damit bisher vorhanden gewesenen Ungleichgewichte beseitigen hilft.
Uns bewegt natürlich die Frage, warum die Familien unter die Armutsgrenze fallen, wobei mir das
Wort "Armutsgrenze" nicht gefällt, weil es meiner Meinung nach etwas signalisiert, was in Wahrheit
gar nicht so vorhanden ist, denn mit Armut glaubt man, daß die Kinder mit gestopften Socken
herumrennen und unter Umständen nur einmal in der Woche etwas Ordentliches zu essen
bekommen. Das ist ja zweifellos nicht der Fall. (Ruf bei der ÖVP: Das ist ja keine Schande!) Also gut,
sagen wir halt mit Löchern in den Socken. Einigen wir uns darauf, gut.
Warum also hat sich trotz all dieser Leistungen von Bundesseite her, trotz aller Bemühungen
offensichtlich hier eine Situation ergeben, daß es Familien gibt, die nicht am Lebensstandard der
Allgemeinheit teilhaben können? Das hängt, meine sehr geschätzten Damen und Herren, sicherlich
auch wieder mit der gesellschaftlichen Veränderung zusammen. Aus einer Studie des ÖIBF habe ich
mir den Satz herausgenommen: "Man ist also mit solchen Verheißungen aufgewachsen, niemand will
abseitsstehen." Das heißt, das Konsumdenken hat natürlich auch hier voll durchgeschlagen und führt
eben dazu, daß heute bei den Gesamtausgaben einer Familie nur mehr 24 % für die Ernährung
verwendet werden, aber 16 % für Fahrzeug und Verkehr, 25 % für die Wohnung. Na Gott sei Dank,
müssen wir sagen, weil halt die Menschen in Wohnungen leben, die ordentlich sind, die aber natürlich
auch einen höheren Preis haben, als es noch vor wenigen Jahrzehnten der Fall gewesen ist. Das
heißt also, es gibt objektive Gründe, die dazu führen, daß Menschen bei der Bewältigung ihrer
Probleme in der Familie manchmal wirklich der Hilfe der Allgemeinheit bedürfen.
Es stellt sich aber auch - das wird wahrscheinlich der Herr Abgeordnete Fidesser heute noch laut und
deutlich ausführen und ich sage es deshalb schon vorher - bei der Beurteilung die Frage, welche
Familien sind es, die hier wirklich unter diese Armutsgrenze fallen? Ich habe aus der Studie des
Sozialministeriums zwei Sätze herausgenommen, und ich bitte Sie, diese zitieren zu dürfen: "Am
stärksten sind Alleinerzieher von dieser Bedrohung betroffen und am geringsten ist der Grad der
Armutsgefährdung bei kinderreichen Familien. (Abg. Fidesser: Wo ist das gestanden?) Im Bericht des
Sozialministeriums steht es. "Am stärksten sind Alleinerzieher armutsgefährdet und am geringsten ist
der Grad der Armutsgefährdung in den kinderreichen Familien." So ist es drinnengestanden. (Abg.
Kurzbauer: Aber die sind schon arm!)
Nein, nein, ich komme noch darauf zurück. Vielleicht nur ein kleines Beispiel aus der ÖIBF-Studie aus
dem Jahre 1986 über die finanzielle Situation von Alleinerziehern. Da konnte man herauslesen, daß
mehr als ein Viertel der Alleinerzieher mit 7.000 Schilling netto im Monat auskommen muß, und das ist
sicherlich zu wenig, um wirklich leben zu können. Aber dies ist nicht nur eine Frage der Sozialpolitik,
es ist sicher auch eine Frage der Lohnpolitik, es ist auch eine Frage der Gleichstellung der Arbeit.
Wenn also Mann und Frau die gleiche Arbeit machen, muß natürlich auch der Lohn gleich sein. Wenn
diese Forderungen, die ja gerade in der Sozialistischen Partei seit vielen Jahren vehement vertreten
werden, in Zukunft noch mehr Gehör finden, dann wird sich vielleicht manches Problem schon über
die Lohnseite lösen lassen, und wir müssen gar nicht nachdenken, wie wir im Bereich der Sozialpolitik
unter Umständen eingreifen können. Wo liegen also die Probleme bei den Familien? In dieser Studie,
die ich heute schon zitiert habe, steht auch: "Je mehr ein Haushalt insgesamt ausgibt, umso teurer
sind auch die Kinder." Na selbstverständlich, denn wenn die Eltern ein ordentliches Einkommen
haben, dann werden sich natürlich auch die Eltern "viel mehr", unter Anführungszeichen, gönnen
können, und daher werden natürlich die Ausgaben für das Kind entsprechend mitsteigen. Das ist aber
nicht immer unbedingt - Sie werden natürlich gleich fürchterlich heulen - das Lebensnotwendige.
Natürlich möchten wir gerne haben, daß alle Kinder am Lebensstandard teilhaben können, aber es ist
halt dann ein Unterschied, ob es darum geht, ob Kinder hungern, was zweifellos nicht der Fall ist, oder
ob es darum geht, ob man jetzt unbedingt ein Zwölfgang- oder ein Sechzehngangfahrrad kaufen muß.
Und das ist vielleicht der Unterschied.
In dieser Studie steht auch sehr deutlich, das ist auch unser Standpunkt: "Absolut und relativ am
teuersten ist immer das erste Kind." Daher glaube ich also, daß wir uns immer wieder der Tatsache
bewußt sein müssen, daß es keine Ausklammerung des ersten Kindes geben kann, wenn es um
Förderungen geht. Es gibt aber sehr wohl erste Kinder, die dieser Förderung vielleicht nicht bedürfen,
weil eben die Eltern ein ordentliches Einkommen haben. Daher kann man es nicht so einfach
formulieren, und wir werden uns, ich habe es schon gesagt, dagegen wehren, wenn man irgendwann
einmal auf die Idee kommen sollte, die Kinderbeihilfe für Familien, die nur ein Kind haben, zu
streichen. Das würde in Niederösterreich 215.000 Kinder treffen.
Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das kann nicht der Sinn der Familienpolitik sein. Es ist
ganz klar, daß sich jedes erste Kind ein bißchen diskriminiert vorkäme, denn die Eltern fangen erst
beim zweiten zum Zählen an. Beim ersten erfüllt man das Limit und ab dem zweiten fängt man zum
Zählen an, denn dann wird es unter Umständen, von der Kinderbeihilfe her gesehen, lukrativ. So kann
man sicherlich nicht die Familienpolitik betrachten. (Abg. Fidesser: Bitte nicht zynisch!)
Bei der Diskussion der beiden Anträge, und das möchte ich hier jetzt doch feststellen, hat uns die
ÖVP sehr eindeutig erklärt, daß prinzipiell alle Kinder in eine zukünftige Familienhilfe einbezogen
werden sollen. Das war für uns der Grund, weshalb wir uns dann nicht sehr schwer getan haben, dem
Anliegen der ÖVP zuzustimmen, wonach man nach einem gewichteten Familieneinkommen
versuchen wird, den Problemen nach Maßgabe der Möglichkeiten näherzutreten. Wir haben auch in
der Auffassung Übereinstimmung erzielt, daß natürlich die Frage erst dann gehört werden kann, wenn
das Berechnungsmodell für diese neue Möglichkeit der Kinderhilfe auf dem Tisch liegt und wenn man
sieht, welche Familien in diese Förderung miteinbezogen werden können.
Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte heute anregen und die Frau Landesrat bitten,
das auch möglichst bald zu tun, nämlich einen umfassenden Studienauftrag zu erteilen, um an der
ökonomischen Situation der niederösterreichischen Familien auf Basis - das darf ich ganz besonders
betonen - des immer wieder zitierten Sozialschichtindexes, von dem wir ja in den letzten Tagen und
Wochen immer wieder geredet haben, also genau nach jener Studie, die man vor 3, 4, 5 Jahren, ich
weiß nicht genau, wann es gewesen ist, herangezogen hat, um zu diesen gewichteten
Familieneinkommen zu kommen, zu sehen, wo die Probleme der niederösterreichischen Familien
wirklich liegen. Wenn diese Studie vorliegt, dann wird es wahrscheinlich nicht mehr sehr schwer sein,
ein Berechnungsmodell zu finden, das zwei Faktoren tatsächlich berücksichtigt: Erstens, daß man dort
eingreifen kann, wo Familien unter diese Armutsgrenze fallen, und daß zweitens dort gezielt geholfen
werden kann, wo die allgemeine Förderung nicht entsprechend greift.
Ich würde anregen - das ist wahrscheinlich gar nicht notwendig, ich möchte es nur der Vollständigkeit
halber tun -, daß man dann mit den zuständigen Gremien, im Beirat für Jugend und Familie und in der
Interessenvertretung der niederösterreichischen Familien, darüber eine breite Diskussion abführt und
über das Berechnungsmodell Übereinstimmung erzielt. Dann wird es sicherlich keine Probleme
geben, in der Regierung für so ein Berechnungsmodell eine entsprechende Mehrheit zu bekommen.
Ich möchte abschließend meiner Freude darüber Ausdruck geben und auch ein bißchen stolz darauf
sein, daß die Sozialistische Partei mit diesem Antrag die Diskussion in Niederösterreich in konkrete
Bahnen gelenkt hat. Ich bin natürlich sehr froh darüber, daß es auch möglich war, so kurz vor Schluß
dieser Legislaturperiode heute über diesen Antrag, also über diesen Gesetzesvorschlag noch zu
diskutieren und ihn auch zu beschließen und damit den Beweis zu erbringen, daß die Familien in
Niederösterreich nicht nur gerne gesehen werden, sondern daß man auch bereit ist, den Familien mit
konkreten Maßnahmen zu helfen.
Herr Klubobmann Bernau! Ich habe es Ihnen schon zwischen Tür und Angel gesagt, ich sage es auch
hier und tue es auch gerne: Wir waren in den Ausschußberatungen ein bißchen betroffen, weil es eher
den Anschein gehabt hat, es gäbe kein Weiterkommen. Sie haben dann den Durchbruch erreicht,
indem wir nach diesem sehr kurzen Gespräch doch zu einer ausführlichen Unterredung gekommen
sind. Wenn also hier einmal ein Berechnungsmodell auf dem Tisch liegt, das auch wirklich greift, dann
darf ich Ihnen vielleicht den Titel, daß Sie der Vater dieses neuen Berechnungsmodelles sind, noch in
die Pension nachschicken. (Beifall bei Abg. Fidesser!) Ich möchte, meine sehr geschätzten Damen
und Herren, noch einmal deutlich darauf hinweisen, daß es trotz ideologischer Unterschiede - ich habe
versucht, es kurz auszuführen - möglich war, ein tragfähiges Ergebnis zu erreichen, und, das ist ganz
wichtig, wenn es auch genug Geld geben wird, dann wird es eine Hilfe für die Familien sein, die nicht
nur Kosmetik ist, sondern eine echte Unterstützung bedeutet. Es ist uns als Sozialistische Partei
natürlich ein Anliegen, daß die niederösterreichischen Familien die Möglichkeit haben, in diesem so
schönen und großen Bundesland wirklich ordentlich zu leben, daß hier auch junge Menschen
aufwachsen, die sich mit dieser Gesellschaft indentifizieren und bereit sind, in der fernen Zukunft auch
die Geschicke des Landes zu tragen. Ich danke Ihnen schön. (Beifall bei der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT HAUFEK: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Fidesser.
Abg. FIDESSER (ÖVP): Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus!
Zuerst möchte ich einmal meiner Freude darüber Ausdruck geben, daß wir heute einen gemeinsamen
Antrag in der Richtung beschließen, daß künftig aufgrund dieses Aufforderungsantrages keine
niederösterreichische Familie mehr unter die Grenze des Einkommensminimums fällt, auch dann
nicht, wenn mehr Kinder kommen sollten. Bevor ich auf den Inhalt eingehe, muß ich zuerst einmal
eine Korrektur darüber anbringen, was in den letzten Tagen in der Öffentlichkeit diesbezüglich
gesprochen wurde. Ich muß eine Korrektur zu einer Presseaussendung APA vom Freitag, dem
10.Juni, anbringen, die nach Angaben des SPÖ-Klubobmannes gemacht wurde. Darin heißt es: "Es
besteht Übereinstimmung von SPÖ und ÖVP beim Kindergeld. Für jedes Kind sollen 1.000 Schilling
ausgeschüttet werden. In der Frage der Schaffung eines Kindergeldes ziehen die SPÖ und die ÖVP
Niederösterreich nun an einem Strang."
Eines ist richtig. Es gibt Übereinstimmung zwischen SPÖ und ÖVP. Es ist sogar eine zweite Sache
richtig. In der Frage der niederösterreichischen Familienhilfe ziehen SPÖ und ÖVP in Niederösterreich
an einem Strang. (Abg. Keusch: Das sind schon 75 %!)
Ganz großartig, es kommt nämlich immer nur darauf an, wo des Pudels Kern liegt. Das andere, das
sind Verschleierungen, wenn man ganz allgemein nur Wortfetzen hinstellt. Aber darin, worauf es
ankommt, waren wir am Anfang nicht einer Meinung. Ich sage einmal, wo diese Meldung nämlich
falsch ist. Falsch ist, wenn hier steht, für jedes Kind sollen monatlich 1.000 Schilling ausgeschüttet
werden und in dieser Aussage stimme ÖVP und SPÖ überein. Das ist falsch. Es ist so, weil wir die
Angaben des Klubobmannes der SPÖ nicht von irgend welchen Medien haben, also die Schuld nicht
auf die Medien schieben können, sondern wir haben die Angaben - wie es hier heißt - von SPÖKlubobmann Josef Mohnl. (Abg. Icha: Da gibt es eine Erklärung!)
Die Übereinstimmung, die tatsächlich besteht, ist nämlich nicht zustande gekommen nach dem SPÖAntrag, sondern die Übereinstimmung ist auf der Basis des ÖVP-Antrages zustande gekommen. Die
SPÖ hat ihren Antrag, mit der Gießkanne für jedes Kind 1.000 Schilling auszuschütten, ob arm oder
reich, allen sozusagen, fallengelassen und hat sich dem ÖVP-Antrag auf Förderung unter
Berücksichtigung des Einkommens und der Familiengröße angeschlossen. (Abg. Kalteis: Wir haben
das gemeinsam erledigt!) Gemeinsam erledigt, ganz großartig. Also mich reißt es zumindest vom
Sessel, wenn jemand bei der Presse absichtlich die Unwahrheit angibt. Das reißt mich vom Sessel, da
werde ich grantig.
Worum geht es denn eigentlich? 1986 hat eine Studie des Sozialministeriums, die ja schon aufgezeigt
wurde, teilweise ergeben: 15 % der Vollfamilien - also wo Vater, Mutter und Kinder vorhanden sind,
ohne Größe der Familie, aber Vollfamilie - liegen unter dem Einkommensminimum. Auch ich stimme
mit dem Kollegen Wagner überein, daß man nicht unbedingt von "Armutsgrenze" sprechen sollte. Das
steht ja auch in der Studie unter Anführungszeichen. Es müßte heißen "Einkommensminimum", weil
als Richtsatz für dieses Einkommen die Ausgleichszulage herangezogen wurde und dieser
Ausgleichszulagenrichtsatz auf die Mehrpersonenfamilien nach dem gewichteten Pro-KopfEinkommen umgerechnet wurde, während es etwa als Minimaleinkommen oder als Armutsgrenze den
Richtwert der Sozialhilfe gäbe, und daß niemand bei uns unter den Sozialhilferichtsatz fällt, das sagt ja
schon unser Sozialhilfegesetz.
Also unter den Sozialhilferichtsatz, wenn man diesen als Armutsgrenze bezeichnet, fällt bei uns
niemand. Es ist aber bei Familien, wo Einkommensbezieher da sind, wo also ein Erwerbseinkommen
vorhanden ist, eher für die Gesellschaft bereits eine Schande, wenn jemand, der mitten im Erwerb
steht und zusätzlich Kinder in die Welt setzt und erzieht, Kinder der Gesellschaft zuführt, nicht jene
Grenze erreichen soll, eine Art Einkommensminimum, wie es die Ausgleichszulagenbezieher zu Recht
fordern können.
Noch interessanter ist aber, und da liegt, glaube ich, der kleine Fehler, zumindest von meinen
Zwischenrufen her betrachte ich es als Fehler, wenn vom Herrn Abgeordneten Wagner gesagt wird,
29 % der Teilfamilien fallen unter dieses Einkommensminimum. Sicher, weil bei den Vollfamilien sehr
oft beide berufstätig sind, insbesondere dann, wenn nur ein Kind vorhanden ist, während bei den
Teilfamilien von Grund auf nur ein Erwerbseinkommn vorhanden ist, oft allerdings noch durch
Alimentationen ergänzt. Also 15 % der Vollfamilien und 29 % der Teilfamilien fallen unter diese
Grenzen. Am ärgsten ist es bei den Mehrkindfamilien, das war die kleine Verwechslung. In der Studie
heißt es dann: "Bei Familien mit drei Kindern sind bereits zwei Drittel aller Arbeiterfamilien an dieser
Einkommensminimalgrenze, 39 % der öffentlich Bediensteten und 31 % der Angestellten." Auch dann,
wenn man, so wie es der Herr Abgeordnete Wagner gemacht hat, als Grundlage heranzieht, wieviel
für die Grundbedürfnisse ausgegeben wird, sind das im Durchschnitt 24 % aller Familien Österreichs,
im Durchschnitt der Familien mit 3 und mehr Kindern müssen bereits 60 % des Einkommens für die
Erfüllung der Grundbedürfnisse herangezogen werden. Das ist eine Statistik des Sozialministeriums
nach 17 Jahren Regierungsarbeit der Sozialistischen Arbeiterpartei in Österreich! 1970 angetreten,
um die Armut in Österreich zu bekämpfen, und das ist das Ergebnis! Wenn die Frau Abgeordnete
Auer sagt, man könne nicht alles sofort auf Knopfdruck zustande bringen, dann dauert der Knopfdruck
aber ein bißchen lang, von 1970 bis 1987, bis die Ergebnisse vorliegen. Lang dauert es halt! (Rufe bei
der SPÖ.) Also richtig, die Studie gibt es seit 1986. Es hat also von 1970 bis 1986 noch immer nicht
gereicht.
Der Antrag selbst sieht vor, daß die Familien nach ihrem Einkommen und nach der Familiengröße,
das heißt nach einem gewichteten Pro-Kopf-Einkommen - das war noch eine wesentliche Ergänzung unterstützt werden.
Wenn man verschiedene Möglichkeiten der Förderungen durchgeht, sieht man, daß mindestens
40,000.000 bis 50,000.000 Schilling dafür eingesetzt werden müssen, wenn diese Förderung spürbar
sein soll. Wir haben deshalb Detailrichtlinien erstellt, weil zuerst einmal festgestellt werden muß, wie
hoch der Betrag ist, den die Regierung für das Land zur Verfügung stellen kann. Erst dann kann man
Detailfragen erörtern, weil es ansonsten vorkommen kann, daß die Förderung nicht die wesentlichen
Schwerpunkte der Gruppe, die Hilfe braucht, berührt.
Ein weiterer wesentlicher Punkt des Antrages ist die Aufforderung an den Bund, denn man muß
einmal sehen, daß die allgemeine Sicherstellung des Familieneinkommens eine Aufgabe des Bundes
ist und unmöglich über Landesgesetze und Landesförderungen geregelt werden kann. Daher muß
allgemein verlangt werden, daß die finanzielle Situation der Familien auch im Steuerrecht zu
verbessern ist. Ich möchte hier gar nicht auf die verschiedenen Fragen des Steuerrechts eingehen,
aber man muß einmal sagen, wenn heute Familien Steuer zahlen, die nach einer Studie des
Sozialministeriums unter die Existenzeinkommensgrenze fallen, dann ist das kein Steuerrecht, das
familiengerecht ist. Aus diesem Grund verstehe ich die Forderung der Familien und insbesondere das
vehemente Verlangen der Familienorganisationen, da auch nach der jetzigen zwischen den
Regierungsparteien ausgemachten und im allgemeinen sehr großartigen Steuerreform für die Familien
noch sehr viele Fragen offen bleiben. Am eklatantesten fällt auf, daß der Alleinverdiener ärgstens
benachteiligt wird und damit zumeist der Alleinverdiener oder der Familienerhalter für
Mehrkindfamilien. Bei Familien mit einem Kind, ja selbst noch bei einem hohen Prozentsatz mit zwei
Kindern, ist es noch sehr oft der Fall, daß beide Elternteile berufstätig sind, während bei drei und mehr
Kindern in der Familie in den wenigsten Fällen die Frau einen Beruf ausüben kann. Unser Steuerrecht
benachteiligt gerade den Einzelerwerb in der Familie, also dort, wo nur ein Erwerbseinkommen da ist,
entscheidend gegenüber der Familie, wo zwei Erwerbseinkommen vorhanden sind. Wir richten uns
nur nach dem Zustand der Arbeitsbedingungen, der Einkommensbedingungen, wir richten uns aber
nicht bei der Besteuerung, was in den meisten europäischen Ländern der Fall ist, nach der Situation
des Familieneinkommens. Es kann sich jeder ausrechnen, wenn bei einem Einkommen von 20.000
Schilling und drei, vier Kindern die Frau zu Hause bleiben muß, dann zahlt der Familienerhalter das
Vier- bis Fünffache an Steuern gegenüber jenen, wo zwei Personen je 10.000 Schilling verdienen.
Dieses Unrecht ist einer der Gründe, weshalb sich Familien sehr oft den Wunsch, so wie es die Frau
Abgeordnete Auer gesagt hat, mehrere Kinder zu haben, nicht erfüllen können. Eine weitere
Forderung bezieht sich auf den Karenzurlaub. Er soll, wie es allgemein heißt, ausgedehnt werden. Ich
möchte hier nicht die verschiedenen Möglichkeiten erläutern, sondern grundsätzlich einmal sagen,
egal in welchen Bereichen die ersten Schritte erfolgen, und hier stimme ich mit Ihnen überein, es wird
nicht möglich sein, von heute auf morgen alle diesbezüglichen Wünsche zu erfüllen, aber der
wesentliche Grund dieser Forderung ist, daß die Familien gerade in den sensiblen ersten drei Jahren
des Kindes die Erziehungsaufgabe noch besser als bisher erfüllen können sollen. Professor Heitger
hat gesagt, daß 80 % an Gefühlen und Gemüt in den ersten drei Jahren des Kindes erlernt werden,
und wenn es in diesen drei Jahren diese Gefühle nicht erlernt, dann kann sie der Mensch später nicht
mehr erlernen. Es gibt zwar enorm erfolgreiche Menschen, die ohne Gefühl und ohne Gemüt zurecht
kommen, aber ein sehr großer Anteil junger Menschen geht am Mangel an diesen Eigenschaften
zugrunde. Sie werden also mit ihrem Leben später nicht fertig, scheitern sozusagen an Gefühlskälte,
an Lieblosigkeit.
Daher ist es unsere große Aufgabe, daß wir uns nicht nur auf das Einkommen ausrichten, sondern
auch darauf, daß die Mutter im Regelfall, aber sicher in manchen Fällen auch der Vater, die
Erziehungsaufgabe wahrnehmen soll.
Eine dritte Forderung zielt auf die Leistungen des Familienlastenausgleichsfonds. Wenn wir sehen,
daß je geringer in einer Gesellschaft der Prozentsatz der Kinder, also des Nachwuchses, wird und daß
umso mehr der Stellenwert des Kindes im Gesamtwert der Gesellschaft an Bedeutung gewinnt, dann
gilt dem Lastenausgleich zwischen denen, die keine Kinder haben und denen, die Kinder erziehen,
umso stärkere Beachtung. Das merken wir an alarmierenden Bevölkerungsprognosen und an riesigen
Problemen über die zukünftige Absicherung des Lebensabends, und dann müssen wir die Grundlagen
des Familienlastenausgleichs verbessern. Würde der Bund diese drei Grundanliegen im materiellen
Bereich erfüllen, könnte man fast sagen, daß sich der erste Punkt dieses Antrages erübrigt. Der erste
Punkt, Maßnahmen des Landes zur Absicherung des Mindesteinkommens, würde sich erübrigen,
wenn der Bund diese Aufgaben erfüllen könnte! Das Land könnte sich dann viel stärker mit den
Mitteln, die der Familienarbeit zur Verfügung stehen, auf die Finanzierung von Wohnungen für junge
Menschen, auf das Problem der Hausstandsgründung konzentrieren, auf Kindergärten, auf die
Maßnahmen zur Entfaltung des Familienlebens, weil die Entfaltung der gesunden Familien, ihres
Zusammenlebens, eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, daß Familien weniger oft scheitern. Ich
kann also, je mehr ich in eine vernünftige, glückliche Entfaltung des Familienzusammenlebens
investiere, vermeiden, daß der Prozentsatz derer, die daran scheitern, größer wird. Schließlich würden
wir dann noch mehr Geld für die Hilfe in Problemsituationen einsetzen können, so wie es
insbesondere Frau Abgeordnete Lugmayr sehr ausführlich aufgezählt hat. Wir fordern in diesem
Antrag aber auch den Bund auf, Ehe und Familie in der Verfassung zu verankern. Selbstverständlich
muß eine solche Formulierung gefunden werden, daß dabei andere Formen des Zusammenlebens
nicht diskriminiert werden. Ich stimme darin vollkommen überein, denn wenn man das optimale
Zusammenleben fördern will, darf es in einer Gesellschaft nicht vorkommen, daß man andere
menschliche Formen diskriminiert oder durch Intoleranz wegschiebt. Wenn wir es aber heute als
notwendig erachten, die durch Jahrtausende gewachsene optimale Form des menschlichen
Zusammenlebens zu fördern, weil eben die Familie durch nichts ersetzt werden kann, dann bedeutet
es noch lange keine Diskriminierung für die anderen.
Erlauben Sie mir einen Vergleich dazu, damit man das besser sieht: Eine gute Wirtschaftspolitik wird
Betriebe mit guten Strukturen, mit guter Führung, die gut produzieren und gut wirtschaften, fördern,
und eine schlechte Wirtschaftspolitik wird den guten Betrieben Geld wegnehmen und Betriebe, die
weniger gut geführt werden, fördern.
(Dritter Präsident Ing.Schober übernimmt den Vorsitz.)
So ähnlich ist es auch im Familienbereich. Eine gute Familienpolitik wird jene Form des menschlichen
Zusammenlebens, die den Kindern ein optimales Nest bietet, zum Beispiel jene Form, wo der Mensch
erwiesenermaßen, wie aus allen Statistiken hervorgeht, mehr bereit ist, für den anderen auch dann
einzutreten, wenn er Probleme hat, fördern, und zwar schon deswegen, weil damit weniger Probleme
auf die Allgemeinheit zukommen. Wenn also eine Familienstruktur weniger Probleme an die
Allgemeinheit abgibt, dann muß ich mich dafür sozusagen dankbar zeigen und diese Form belohnen,
damit nicht Familienstrukturen entstehen, die möglichst viele Probleme, bzw. leider Gottes sehr viele
Probleme an die Allgemeinheit abgeben. Daher ist eine gute Familienpolitik jene, die diese Form der
Familie mit einem vertraglichen Ehebund fördert, weil damit die Allgemeinheit die geringsten Probleme
hat. Auf der anderen Seite ist eine schlechte Familienpolitik die, die leider Gottes manchmal andere
Formen des Zusammenlebens bevorzugt und besser fördert als die geschlossene Vollfamilie selbst.
(Abg. Icha: Das ist die Umkehr der Sozialpolitik! - Abg. Helene Auer: Das ist die Kenntnisnahme der
Realität!) Aber bedeutet es nicht mehr, die Realität zur Kenntnis nehmen, wenn ich mit jemandem
rede und der sagt mir, du, ich kann jetzt nicht heiraten, denn es geht uns dann finanziell nicht gut.
Wenn wir heiraten, verlieren wir diese und jene Benefizien. Ja, so geht es aber auch nicht!
Abschließend noch ein paar Worte über die Vorgangsweise. Über den Familienbereich kann ich mir
vorstellen, so wie es der Herr Abgeordnete Wagner schon gesagt hat, daß es andere Gedanken gibt.
Man kann darüber streiten, wie man sich das Leben in Zukunft vorstellt, und man muß auf den
anderen so eingehen, daß man auf keinen Fall von vornherein Dinge ablehnt, die der andere gerne
hat. Bei der Vorgangsweise gibt es aber schon Dinge, die uns gemeinsam weh tun. Ich sag' es
einmal, wie es zu diesen Dingen in den letzten Tagen überhaupt gekommen ist. Der Herr
Landeshauptmann hat am Landesparteitag in Wr.Neustadt als politischen Schwerpunkt der
Volkspartei für die kommenden Landtagswahlen die Förderung der Familien, und zwar wieder mit dem
Schwerpunkt auf die Förderung für Mehrkindfamilien, verkündet. Und er hat richtigerweise gesagt, das
wird ein wesentlicher Punkt der kommenden Regierungsarbeit nach den Landtagswahlen sein. Er hat
damit Anliegen des Katholischen Familienverbandes, des Niederösterreichischen Familienbundes
(Abg. Icha: Na und? Wir machen es ja auch!) und der Interessenvertretung der niederösterreichischen
Familien aufgenommen und vor die Öffentlichkeit gebracht und gesagt: "Wir werden das machen."
Flugs ist ein Antrag der Sozialisten angeflattert gekommen, schnell noch vor der letzten
Landtagssitzung. Es ist eigentlich nicht üblich, ein paar Wochen vor der Landtagssitzung noch schnell
so ein Antragerl einzubringen. (Ruf bei der SPÖ: Darf man das etwa nicht?) Natürlich darf man! Aber
wenn die Wahl so unmittelbar davorsteht, dann darf man natürlich niemanden vergessen. Das wäre ja
unter Umständen unheimlich enttäuschend. Wenn man Schwerpunkte macht, da müssen ja alle, alle,
ganz gleich, ob arm oder reich, einen Tausender pro Monat kriegen. Kosten 540,000.000 Schilling!
Einfach auszurechnen: 15.000 Kinder x 12 Monate 1.000 Schilling = 180,000.000 Schilling. Das sind
in 3 Jahren 540,000.000 Schilling. Steht genauso drinnen, Ehrenwort. Paßt auf! Ähnlich ist es uns vor
ein paar Wochen ergangen. Da hat der Klubobmann angekündigt, Musikschulgesetz 280,000.000
Schilling. Ich muß zugeben, sogar ich habe vor drei Wochen nachgefragt: "Wo ist denn der Antrag für
ein Musikschulgesetz, den der Klubobmann Mohnl angekündigt hat?" Der ist gar nicht eingelangt, weil
wir es ja besprochen haben. Aber nein, in der Zeitung ist geschrieben worden: 280 Millionen für das
Musikschulgesetz. Den Antrag werden wir noch einbringen. Das ist Gott sei Dank nicht gemacht
worden, weil ja jeder einsieht, daß man nicht innerhalb von ein paar Wochen so eine schwierige
Materie wie das Musikschulgesetz abhandeln kann. Jetzt stellen wir uns aber einmal vor, die zwei
Forderungen allein betragen 820,000.000 Schilling!
Die Regionalförderung, auf die wir so stolz sind, kostet 500,000.000 im Jahr, und dazu 820,000.000
Schilling, so mit der linken herausgeworfen, das ist Lizidation! (Beifall bei der ÖVP.)
Wir haben das gelernt. Das ist genau die Kreisky-Methode, die durch 17 Jahre gezogen hat. Damit
war es aber nicht genug, das hätten wir ja noch hingenommen, denn wir in der ÖVP haben uns
hingesetzt und gesagt: "Ja, wir könnten jetzt hergehen, und diese unernste Grundlage ablehnen und
sagen, über so eine Lizidation kann man bei der letzten Sitzung nicht reden." Es hätte aber unter
Umständen sicher auch Einwände gegeben, wie: Warum redet man darüber nicht? Daher haben wir
den Abänderungsantrag eingebracht, der die Grundlage der Aussage von Landeshauptmann Ludwig
am Parteitag in Wr.Neustadt enthält.
Aber jetzt kommt's. Wir haben am 9.Juni darüber gesprochen und interessanterweise tatsächlich
bemerkt, daß es in der Sozialistischen Partei also anscheinend doch wesentliche Gruppen geben
muß, die bereit wären, da mitzugehen. Ich sagte, so eine Lizidation können wir uns nicht leisten, aber
der andere Antrag, nach dem gewichteten Pro-Kopf-Einkommen tatsächlich den schwerstbetroffenen
Familien zu helfen, ist realistisch und finanzierbar, der muß nicht nur Wunschdenken bleiben. Also
haben wir uns fast geeinigt, bis auf einige Sätze, die sicherlich schwerwiegend sind, aber wir hätten
uns fast geeinigt, doch dann, es war am Donnerstag, dem 9., und am Freitag, dem 10., kommt die
APA-Aussendung, der Klubobmann geht mit völligen Falschinformationen in die Öffentlichkeit. (Abg.
Icha: Was steht drinnen?)
Na ja, bestimmte Dinge muß man nicht einmal in der Wissenschaft beweisen, denn sie sind einsichtig
für jedermann, und daß der Antrag der SPÖ nicht derselbe ist wie der der ÖVP, das ist auch einsichtig
für jedermann, für jedermann, weil man sich den nur anschauen braucht. Ich hätte geglaubt, sogar Du
könntest unterscheiden, daß das nicht dieselben Anträge sind. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)
Jedenfalls hat das die ÖVP dann am Dienstag klargestellt, und wir haben eigentlich gemeint, darüber
brauchten wir nicht zu reden. Dann ist es, wie der Herr Abgeordnete Wagner richtigerweise gesagt
hat, dem Dr.Bernau gelungen, neuerlich ein Gespräch herbeizuführen. Darum gratulier' ich Dir zu der
Vaterschaft! Großartig, in Deinem Alter so aktiv zu sein, ist enorm! (Heiterkeit. - Beifall bei der ÖVP.)
Dann haben wir uns zusammengesetzt, den Antrag wieder beraten und uns gemeinsam
zusammengestritten. Ich möchte das einmal sagen, weil es ja, wenn der Inhalt klar ist, nicht an
Formulierungen scheitern darf. Dann kam gestern neuerlich eine ORF-Aussage. Ich hätte mir
gewünscht, daß der ORF in Zukunft etwas mehr Recherchen durchführt. Mir hat ein Journalist gesagt,
er hätte eigentlich geglaubt, man könnte sich mehr auf Informationen verlassen. Aber dann ist das ja
auch wieder in der Arbeiterzeitung gestanden. Und wenn der Abgeordnete Wagner hier heute zweimal
von Schizophrenie gesprochen hat, dann ist das für mich das Paradebeispiel der Schizophrenie:
Zuerst zustimmen, dann etwas anderes schreiben, dann wieder zustimmen und wieder was anderes
schreiben! Das wäre sogar, wenn man es bösartig nehmen würde, eine miese Agitation, aber es kann
auch - ich glaube eher, daß dies der Fall ist - eine falsch verstandene Mediensucht sein. (Heiterkeit. Beifall bei der ÖVP. - Ruf bei der SPÖ: Meinen Sie eine Pressekonferenz vom Abgeordneten
Fidesser?)
Ja bitte, Ihr werdet doch nicht glauben, daß Ihr Unrichtigkeiten in die Welt setzen könnt, und wir dazu
nichts reden. So geht diese Art der Politik auch nicht. Ich kann ja den Klubobmann Mohnl verstehen,
daß er, wenn er nicht viel hat, trotzdem in die Presse kommen will, und ich darf sagen, mir geht es
persönlich auch sehr oft so. Mir geht es wirklich so, daß ich darunter leide, wenn man manchmal im
täglichen Bereich hart arbeitet und darüber nichts in die Zeitung kommt. Wer aber einen Gag macht,
der kommt in die Zeitung! Mir hat bei einer Klage, die ich geführt habe, ein erfahrener Journalist einen
Tip gegeben, den ich bisher nicht befolgt habe. Er hat gemeint, weißt du, es gibt ein altes
Mediengesetz, das heißt: Wenn man sagt, "Hund beißt Mann", kommt nichts, das ist eine gewöhnliche
Geschichte. Wenn man aber sagt, "Mann beißt Hund", dann kommt es in die Zeitung. Manchmal habe
ich den Eindruck, daß es Politiker gibt, die nur deshalb einen Hund beißen, damit sie in die Zeitung
kommen. (Beifall bei der ÖVP.)
Jetzt Spaß beiseite! Ich könnte mich eigentlich freuen, daß sich SPÖ-Politiker so verhalten, aber leider
ist es nicht so. Leider ist es nicht so! Denn das, was hier an Vertrauen in der Bevölkerung ruiniert wird,
das fällt ja nicht nur auf die Sozialisten, das fällt auf uns Politiker allgemein, das ist das Traurige an
der Geschichte. (Abg. Keusch: Das ist doch eine gravierende Unterstellung! Das ist doch Wahnsinn!)
Das ist keine Unterstellung, bitte. Das ist eine APA-Aussendung. Also wenn eine APA-Aussendung
heute schon eine Unterstellung ist, dann tut es mir leid. Aber jetzt ernsthaft. Ich bin eigentlich glücklich
gewesen, daß wir vor drei Jahren an der Politik der Regierung Ludwig-Höger gemerkt haben, daß es
anders auch geht und daß man nicht lizidieren muß. Darf ich es vielleicht wiederholen, damit es nicht
untergeht: Ich war eigentlich glücklich, daß wir seit einigen Jahren an der Politik Ludwig-Höger
merken, daß es anders auch geht: daß man nicht lizidieren muß und nicht agitieren muß, sondern nur
ernsthaft arbeiten und Ziele in den Raum stellen muß, damit man damit auch Anerkennung findet.
(Beifall bei der ÖVP.)
Darum bin ich ein bißchen traurig, wenn das, was sich hier zeigt, ein Rückfall sein sollte. Ich glaube es
nicht, weil mir gerade an dieser Vorgangsweise aufgefallen ist, wie der eine geglaubt hat,
mediensüchtig zu sein und der andere sehr wohl gewußt hat, was man machen kann und was man
nicht machen kann. Schade nur, daß diese Art wiederum einmal so aufgeblitzt ist.
Ich würde mich freuen, wenn das mit ein Anlaß sein könnte, daß wir in den nächsten Monaten erst
recht darauf verzichten, aus reinen Wahlzuckerlgründen zu lizidieren und zu agitieren, sondern daß
wir das, was wir in den letzten Jahren gemeinsam zusammengebracht haben, nämlich ernstlich das,
was wir für die Zukunft wollen, in den Raum stellen und dafür die Zustimmung der Bevölkerung
bekommen. Mit dieser ernsten Vorgangsweise sollen wir der Politik wieder jenes Vertrauen
zurückerobern, das wir Politiker schon längst brauchen, damit wir wieder besser für die Bevölkerung
arbeiten können. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. GRESSL (ÖVP): Ich verzichte.
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Wir kommen zur Abstimmung. (Nach Abstimmung über den
vorliegenden Antrag des Sozialausschusses): Angenommen.
Ich beabsichtige, die Geschäftsstücke Ltg.77/B-21/A, Ltg.77/B-21/B und Ltg.77/B-21/C unter einem zu
verhandeln. Berichterstattung und Abstimmung sollen jedoch getrennt erfolgen. Wird dagegen ein
Einwand erhoben? Das ist nicht der Fall. Ich ersuche den Herrn Abgeordneten Zauner, zu den Zahlen
Ltg.77/B-21/A und Ltg.77/B-21/B und anschließend den Herrn Abgeordneten Spiess zur Zahl
Ltg.77/B-21/C zu berichten.
Berichterstatter Abg. ZAUNER (SPÖ): Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich habe über den Antrag der
Abgeordneten Wittig, Kalteis, Ing.Schober, Gruber, Mag.Freibauer, Sivec, Hülmbauer, Zauner,
Kurzbauer, Rupp Anton, Rupp Franz und Spiess gemäß § 29 des Geschäftsordnungsgesetzes,
LGBl.0010, im Zusammenhang mit der Vorlage der Landesregierung, Ltg.77/B-21, betreffend die
Änderung der NÖ Bauordnung 1976, LGBl.8200, zu berichten. Der NÖ Landtag hat sich in der nun zu
Ende gehenden Legislaturperiode ausführlich mit einer Neuordnung des Baurechtes in
Niederösterreich beschäftigt. Grundlage der Beratungen im Ausschuß waren einerseits von den
Abgeordneten der beiden im Landtag vertretenen Fraktionen eingebrachte Ideen für eine Neuregelung
der rechtlichen Teile der NÖ Bauordnung, andererseits eine Vorlage der NÖ Landesregierung,
betreffend den technischen Teil der NÖ Bauordnung.
Diese Entwürfe wurden im Bauausschuß in zahlreichen Beratungen gründlich diskutiert, wobei man
entgegen ursprünglichen Überlegungen von der Schaffung zweier Gesetze, nämlich eines Baurechtsund eines Bautechnikgesetzes, Abstand nahm. Schließlich wurde der vom Bauausschuß
fertiggestellte Entwurf einer neuen Bauordnung im Sommer 1987 einem öffentlichen
Begutachtungsverfahren unterzogen. Der Ausschuß ließ sich dabei von dem Grundsatz leiten, daß ein
derart wichtiges Gesetz nur nach Begutachtung der fachlich kompetenten Stellen, darüber hinaus
aber auch aller interessierten Landesbürger erlassen werden könne.
Das Ergebnis des Begutachtungsverfahrens, aber auch die Bestrebungen Österreichs zu einer
Mitgliedschaft bei der Europäischen Gemeinschaft, die eine wesentliche Neuerung im Bereich
bautechnische Bestimmungen mit sich bringen könnte, lassen es jedoch angezeigt erscheinen, derzeit
von einer gänzlichen Neuordnung des Baurechts Abstand zu nehmen und sich mit einer - allerdings
umfangreichen - Novelle zu begnügen, die im Interesse der von der Bauordnung betroffenen
Landesbürger gelegen ist und deren Verwirklichung keinen langen Aufschub mehr duldet. Eine neue
Bauordnung, die auch den Grundsätzen der Einfachheit und Übersichtlichkeit dieses Rechtsgebietes
besonders Rechnung tragen sollte, bleibt der nächsten Legislaturperiode vorbehalten. In der Novelle
wurden jedoch bereits die Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens beraten und teilweise
berücksichtigt, soweit sie sich auf Bestimmungen der Novelle bezogen haben. Hoher Landtag! Ich
möchte darauf hinweisen, daß diese Novelle doch immerhin 83 Punkte umfaßt und darf dazu im
Namen des Bauausschusses folgenden Antrag stellen (liest):
„Der Hohe Landtag wolle beschließen: 1. Der dem Antrag der Abgeordneten Wittig, Kalteis u.a.
gemäß § 29 des Geschäftsordnungsgesetzes, LGBl.0010, beiliegende Gesetzentwurf, mit dem die NÖ
Bauordnung 1976 geändert wird, wird genehmigt.
2. Die Vorlage der Landesregierung, betreffend den Gesetzentwurf über das NÖ Bautechnikgesetz,
Ltg.77/B-21, wird mit dem in Z.1
genannten Antrag erledigt.
3. Die Landesregierung wird aufgefordert, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen."
Hoher Landtag! Ich darf auch über einen zweiten geschäftsordnungsmäßigen Antrag gemäß § 29 des
Geschäftsordnungsgesetzes berichten. Und zwar soll dem § 113 ein § 113 a zugeordnet werden bzw.
in der Bauordnung eingefügt werden. Hier geht es im besonderen darum, daß nach 10jähriger
Nichtbenützung eines Gebäudes etc. auch die Baubehörde Maßnahmen treffen kann. Es wurde im
Ausschuß eingehend darüber beraten, und ich darf im Namen des Bauausschusses folgenden Antrag
stellen (liest):
"Der Hohe Landtag wolle beschließen: 1. Der dem Antrag der Abgeordneten Wittig, Kalteis u.a.
gemäß § 29 des Geschäftsordnungsgesetzes, LGBl.0010, beiliegende Gesetzentwurf, mit dem die NÖ
Bauordnung 1976 geändert wird, wird genehmigt.
2. Die Landesregierung wird aufgefordert, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen."
Zu diesen beiden Vorlagen ersuche ich nun den Herrn Präsidenten um weitere Veranlassung.
Berichterstatter Abg. SPIESS (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich habe über den
Antrag der Abgeordneten Wittig, Kalteis, Ing.Schober, Gruber, Mag.Freibauer, Sivec, Hülmbauer,
Zauner, Kurzbauer, Rupp Anton, Rupp Franz und Spiess gemäß § 29 des
Geschäftsordnungsgesetzes, LGBl.0010, im Zusammenhang mit der Vorlage der Landesregierung
Ltg.77/B-21, betreffend eine Änderung des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl.8000, zu
berichten. Aus Art.6 der Europäischen Menschenrechtskonvention ist abzuleiten, daß die Höhe der
Entschädigung für einen Eingriff in das Privateigentum - zumindest in letzter Instanz - durch ein
"Tribunal" festzusetzen ist, vor dem Staat (Gebietskörperschaft) und Grundeigentümer gleiche
Parteistellung haben. Es erscheint daher dringend notwendig, dieser nun im Verfassungsrang
stehenden Bestimmung durch die Einführung der Möglichkeit der Anrufung des Gerichtes zur
Neufestsetzung der Entschädigung für
a) die Enteignung von Grundflächen und allenfalls darauf stehenden Baulichkeiten sowie
b) Aufwendungen, die ein Grundeigentümer im Hinblick auf eine im Flächenwidmungsplan
festgesetzte Widmungs- oder Nutzungsart getätigt hat und die durch die Änderung dieser Festlegung
ihren Wert verloren haben, zu entsprechen.
Die zu diesem Zweck vorgesehenen Bestimmungen gleichen den im Rahmen der gleichzeitig
beantragten Änderung der NÖ Bauordnung 1976 vorgesehenen sowie den Bestimmugen des
Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 über diesen Gegenstand.
Ich darf daher folgenden Antrag des Bauausschusses bringen (liest):
"Der Hohe Landtag wolle beschließen: 1. Der dem Antrag der Abgeordneten Wittig, Kalteis u.a.
gemäß § 29 des Geschäftsordnungsgesetzes, LGBl.0010, beiliegende Gesetzentwurf, mit dem das
NÖ Raumordnungsgesetz 1976 geändert wird, wird genehmigt.
2. Die Landesregierung wird aufgefordert, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen."
Ich bitte um Beratung und Abstimmung.
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Ich eröffne die Debatte zu den drei Geschäftsstücken. Zu
Worte gmeldet ist Herr Abgeordneter Kalteis.
Abg. KALTEIS (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren des Hohen
Landtages! Bevor ich in die eigentliche Materie eingehe und weil sich der Anlaß ergeben hat, möchte
ich im Anschluß an meinen Vorredner gleichen Vornamens - Erich Fidesser, Erich Kalteis - mein
Selbstgespräch erwähnen, das ich, im Sommeranzug frierend, geführt habe (Heiterkeit. - Abg.
Kurzbauer: Brauchst einen Schal?): "Mein Gott Erich", damit habe ich aber mich gemeint, "soll ich
überhaupt zur Sitzung fahren?". (Abg. Anzenberger: Nie ernst!) Das erste bezieht sich auf den
Sommeranzug, das zweite auf die Presse. Ich hab' mir das ernstlich überlegt, ich sage es im
Bewußtsein meiner Aussage, und die Kollegen und Kolleginnen wissen, wenn ich Späße mache, dann
sind es meistens Späße und es ist nie, nie böse gemeint. Aber weil mein Namens-, mein
Vornamenskollege so von der Presse- und Mediensüchtigkeit gesprochen hat, möchte ich Ihnen
mitteilen, daß ich heute auf der Landesseite in der NÖ-Ausgabe des "Kurier" gelesen habe, (Der
Redner hält die Seite einer Zeitung hoch.) was ich und natürlich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen,
heute hier beschließen werden. Es steht aber auch hier, warum sich der Landtag heute - nur haben
wir es nicht gemacht, aber der Redakteur hat es schon gewußt - zu diesem Beschluß durchgerungen
hat: weil nämlich der Landeshauptmann mit der Idee liebäugelt, das Atomkraftwerk Zwentendorf in ein
History-Land usw. umzuwandeln. Ich bin also auf jeden Fall ganz entscheidend motiviert worden. Und
dann habe ich mit besonderem Vergnügen am selben Tag in der anderen Tageszeitung, in der
meistgelesenen sagt man, auf Seite 3 als seinerzeit wirklich hingebungsvoller Karl May-Leser mit
Interesse registriert: "Die listigen Niederösterreicher beschließen heute deshalb eine
Bauordnungsnovelle usw. und so fort."
Da habe ich mir ernsthaft gedacht, soll ich nicht in Wilhelmsburg umdrehen, zahlt es sich aus, daß ich
herfahre? Aber nachdem ich einen Eid geschworen habe, bin ich gekommen und werde auch hier
Rede und Antwort stehen, nur soll bitte ja niemand von der Mediensüchtigkeit und von den
Vorinformationen reden - ich muß das sagen, obwohl ich weiß, daß ich jetzt hier nicht klug handle und von der fallweise unwahrscheinlich lückenhaften Berichterstattung mit Eigenauslegung, die auch
kaum zu überbieten ist. Und wenn ich das auch gleich anhängen darf: Als typischer Ämtermulti bin ich
natürlich auch Obmannstellvertreter des Traisen-Wasserverbandes seit immerhin 20 Jahren. Da lese
ich heute auf Seite 14, Herr Kollege Anzenberger: "Traisen-Wassermangel soll bis 1993 behoben
sein, Kosten 100,000.000 Schilling." Am Montag haben wir Vorstandssitzung gehabt,
Verbandsversammlung. Ich habe dort davon nichts gehört. Aber nach gründlichem Studium habe ich
sie vernommen, die Frohbotschaft. Ich habe das auch registriert, nur hier dann von Mediensüchtigkeit
zu reden, mein Gott, Erich - aber ich meine mich, bitte -, warum mußte ich das hören? (Beifall bei der
SPÖ.)
Sehr verehrte Damen und Herren des Hohen Landtages! Ein langer Weg, ein mühevoller Weg wird
heute teilweise abgeschlossen. Kaum eine Gesetzesmaterie greift so umfassend in das Leben
unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger ein wie die Bauordnung. Dementsprechend zeitaufwendig und
vielfältig waren die Beratungen. Über ein Jahrzehnt versuchten wir, eine gemeinsame Lösung zu
finden. Über ein Jahrzehnt! Unzählige Ausschußsitzungen und Debatten kennzeichnen die Intensität
des Bemühens aller Abgeordneten und auch der Beamtenschaft. Ein umfassendes
Begutachtungsverfahren hat zusätzlich Wünsche und Vorschläge geliefert. Ich möchte nicht auf die
ursprüngliche Konzeption eingehen. Zwei Bauordnungen in einer Gesamtbauordnung, Rechtsteil und
Technikteil.
Wir haben heute hier die große Novelle zur Beschlußfassung, die grundsätzlich neue Bauordnung
wird in der nächsten Legislaturperiode zu beschließen sein. Unsere heutige Novelle kann sich aber
ganz locker, zumindestens dem Umfang nach, mit vielen Landesgesetzen messen, und ich glaube,
daß wir doch neue richtungsweisende Wege eröffnet haben.
Meine Bitte am Beginn meiner kurzen Ausführungen an die Kolleginnen und Kollegen Bürgermeister
in Niederösterreich als Baubehörde erster Instanz sei auch hier vorgetragen: Nehmt unsere
Bemühungen, unsere gemeinsamen Bemühungen - ich werde noch darauf zurückkommen wohlwollend auf! Wir haben uns gemeinsam, und dieses Wort kann ich nicht oft genug sagen, nach
bestem Wissen und Gewissen bemüht. Allerdings schließt meine Bitte auch den Vorschlag zu einer
dem Geiste der Gleichheit und der Gerechtigkeit entsprechenden Handhabung ein. Die neue
Bauordnung in Niederösterreich möge von örtlichen Interpretationen und Auslegungen verschont
bleiben. Unsere Landesbürger haben ein Recht auf gleiche Behandlung, und auch die Bauordnung
möge in diesem Sinne Ordnung schaffen und Ordnung halten.
Einige Bemerkungen zu den Schwerpunkten: Sie erinnern sich, daß in der ursprünglichen '70er
Bauordnung drei Anlaßfälle für den Aufschließungsbeitrag maßgebend waren. Abgesehen davon, daß
der Ausdruck nicht sehr treffend ist, ist uns allen zunächst partout kein besserer eingefallen. Jetzt
sprechen wir Gott sei Dank von Aufschließungsabgabe, obwohl das Bestimmungswort
"Aufschließungs-" immer noch irreführend ist, denn der Durchschnittsbürger sagt: "Jetzt habe ich den
Kanalanschluß bezahlt, Wasser bezahlt, bei der NEWAG habe ich etwas bezahlt, jetzt ist die
Aufschließung doch erledigt! Da muß ich jetzt noch einen Aufschließungsbeitrag, jetzt -abgabe,
bezahlen.
Die drei Anlaßfälle haben wir endgültig auf zwei reduziert, wobei das auch so eine Sache ist. Der dritte
Anlaßfall, die Errichtung der Aufschließungsanlagen, wurde in den Gemeinden ja nie zum Anlaß für
Vorschreibungen genommen. Wir haben also jetzt die Erklärung zum Bauplatz, die Bauplatzerklärung,
als Grundlage für den ersten Aufschließungsabgabenanlaß, und da hängt, Gott sei Dank, aufgrund
der bisherigen Gesetzeslage nicht mehr das Bleigewicht all dieser alten, sicherlich auch schon von
den Höchstgerichten ausjudizierten Probleme an unseren Füssen.
Erinnern Sie sich, der Vater hat im 60er Jahr 2.000 m2 Grund gekauft, hat im 63er Jahr gebaut, im
62er Jahr ist der Pepperl auf die Welt gekommen, und im 82er Jahr hat er gesagt, 2.000 m2 haben
wir, 1.000 trennen wir ab, die kriegst du, die schenk ich dir, wir bleiben weiter hier wohnen. Jetzt
mußte er für den neuen Bauplatz zahlen und auch für den Altbestand, der 1963 gebaut wurde. Das
haben die Leute nie eingesehen, war auch furchtbar, aber das gehört Gott sei Dank der
Vergangenheit an. Weiters ist es so, daß bei Grundstücksvereinigungen
Aufschließungsbeitragsanlässe anfielen. Heute gehören aber alle diese Krämpfe der Vergangenheit
an, das heißt, sie werden am 1.Jänner kommenden Jahres der Vergangenheit angehören.
Nur noch ein Beispiel. Da hat jemand, ein Glücklicher, einen Hektar Baugrund, 1.000 m2 trennt er
davon ab. Wenn er heute den Antrag einreicht, dann zahlt er für die 1.000 m2 und für die restlichen
9.000 auch. Natürlich hat nie jemand abgetrennt, bzw. es wurden die absurdesten oder die
absonderlichsten Tricks angewandt - insoferne waren sie alle sehr listig -, damit das umgangen wird.
Das gehört ebenfalls der Vergangenheit an.
Eine logische Folge ist aber auch die Beschränkung der Straßenerrichtungspflicht der Gemeinden und
gleichzeitig die Vorschreibung der Errichtung einer provisorischen Fahrbahn, und es ist auch sehr
gemeindefreundlich eingefügt worden, daß sich der Vollausbau nach der Finanzierbarkeit richtet, das
heißt, wenn die Gemeinde dazu imstande ist. Ich bitte aber jetzt schon alle Kolleginnen und Kollegen
Bürgermeister, um Gottes willen nicht wieder den Weg zu gehen, wo gesagt wird, wir haben kein
Geld, und dabei wird alles mögliche finanziert, wir haben wohl die Aufschließungsabgabe kassiert,
aber wir können uns das Bauvorhaben nicht leisten. Das wäre schlicht und einfach unanständig! Die
erstmalige Errichtung eines Gebäudes steht an zweiter Vorschreibungsanlaßstelle - auch völlig in
Ordnung. Ich möchte trotzdem erwähnen, weil ich in den Ausschußsitzungen immer wieder,
selbstverständlich auch mit anderen Kollegen, sehr darauf gedrängt habe, daß künftig die Errichtung
einer Gerätehütte mit einer Fläche von höchstens 6 m2 und 2 m Höhe im Zusammenhang mit der
Aufschließungsabgabe nicht als Gebäude zählt. Das war ja auch so eine Sache.
Ich habe das Glück und erbe in Herzogenburg 1.000 m2 Grund im Bauland. Ich will ihn
bewirtschaften, muß mir jetzt nur einen Anhänger ausborgen, damit ich den Rasenmäher und den
Rechen mitnehmen kann, denn Verwandte habe ich keine in Herzogenburg. Beim Bürgermeister will
ich mich nicht einmieten, sonst sagen s', das ist ein Privileg des Traisner Bürgermeisters. Das ist ja
alles ein Witz. Was hat nun der Erbe gemacht? Er hat ganz still eine Gerätehütte aufgestellt. Der
Bürgermeister hat das zum Teil nicht gesehen oder hat darüber hinweggeschaut. Das sind alles
Dinge, die ja nicht in Ordnung sind. In Kürze werden diese Mißstände, denn das ist der logische Sinn,
aus der Welt geschafft. Nicht unerwähnt bleiben soll auch die Anerkennung von Eigenleistungen für
die Vorschreibung der Aufschließungsabgabe. Sogar Geldleistungen können in Zukunft, soferne sie
vereinbarungsgemäß mit der Gemeinde getätigt wurden, ebenfalls angerechnet werden. Eine sehr
bürgernahe und bürgerfreundliche Auslegung.
Besonders hervorheben möchte ich auch noch die neue Kategorie der Wohnsiedlungsstraßen. Es ist
leider so, daß in manchen Gemeinden ganz einfach entschieden worden sein soll - ich drücke mich
sehr diplomatisch aus -, entschieden worden sein woll, was brauchen wir eine 8 1/2 m breite Straße,
eine sechsmetrige tuts auch. Ich habe keinen Beweis. Ich weiß es nicht, aber es soll angeblich da und
dort vorgekommen sein. In Zukunft wird es die Wohnsiedlungsstraße mit 6 m Regelbreite geben, eine
ganz positive Entscheidung. Besonders erwähnenswert ist auch noch die Hinaufsetzung der
Wohnweglänge von 80 auf 120 m in verkehrsruhigen Gebieten. Ein weiterer wichtiger Punkt wäre die
Gleichsetzung von Ein- und Zweifamilienhäusern. Damit wurde insbesondere die finanzielle
Erleichterung des Eigenheimbaues erreicht. Bitte, ich nehme mir kein Blatt vor den Mund, ich hoffe,
daß ich mir nicht die Zunge verbrenne. Vom Hörensagen weiß ich, daß sehr viele Einfamilienhäuser
früher überhaupt nur im sogenannten Pfusch oder im Teilpfusch gebaut werden konnten. So spricht
die Mär. Ich weiß nicht, ob es stimmt. Die Gleichsetzung von Ein- und Zweifamilienhäusern hat unter
anderem die ganz wichtige freundliche Begleiterscheinung, daß das Bauen doch etwas billiger wird
und die Ausrede nicht mehr so massiv in Richtung Pfusch gehen muß. Ganz wichtig ist, daß der
Baustoff Holz besonders in den Mittelpunkt gerückt wird, besonders gefördert wird. Der Kollege
Koczur hat gesagt, Holz soll mehr und besser verwendet werden, und ein bisserl was muß ich auch
sagen, denn ich habe Dir gegenüber, lieber Kollege Kurzbauer, einen Vorteil - man tut es nicht, es ist
unanständig, von sich zu reden -, aber ich komme aus dem waldreichsten Bezirk und Du kommst aus
Melk, Ihr habt dafür "ein schönes Stückerl". (Heiterkeit im Hause.) Da ich weiß, daß sich der Kollege
Kurzbauer mit diesen Passagen ausführlicher beschäftigen wird und wir so kollegial bei allen diesen
Dingen zusammengearbeitet haben, werde ich meine entsprechenden Passagen überblättern und
einen weiteren Schwerpunkt hervorstreichen. Das sind die Bestimmungen, die vermehrten
Bestimmungen für die behindertengerechte Gestaltung von Gebäuden.
Die Neufassung dieser Bestimmungen erfolgte übrigens, und das ist ganz besonders erwähnenswert,
auf Vorschlag eines Architekten, der selbst seit Jahrzehnten auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Einen
profunderen Experten kann man sich also, mit allem Respekt bitte, wirklich nicht wünschen. In die
Aufzählung der behindertengerechten Gestaltung von Gebäuden wurden auch die Ordinationsräume
oder Ordinationshäuser und die Einkaufszentren eingefügt. Gangmindestbreiten, Stufenausführungen,
Türschwellen, Höhen, Klosettabmessungen und stufenlose Eingänge werden ebenfalls gesetzlich
normiert. Schließlich wird auch die rollstuhlgerechte Ausführung von Wohnungen für Behinderte und
von Stellplätzen für Fahrzeuge von Behinderten geregelt.
Einen weiteren Schwerpunkt möchte ich auch anführen, denn weshalb sollte man hier nicht auch
Ungehörigkeiten erwähnen? Es ist dem Vernehmen nach halt leider auch wieder hie und da
vorgekommen, daß ein Ausnehmerhaus in einem Landwirtschaftsbetrieb eine sehr beachtliche, ich will
nicht sagen Marathonstrecke, aber doch gehmäßig eine sehr weite Entfernung zum Hofverband hatte.
Das wird in Zukunft nur mehr innerhalb des Hofverbandes, natürlich in dessen Bannkreis, möglich
sein. Das ist, glaube ich, im Sinne aller und fand auch die einhellige Zustimmung.
Begrüßenswert ist die besonders freundliche Behandlung und Regelung von Bauanzeigen,
Einschränkung der Bürokratie, Erleichterung für die Gemeinden und natürlich die Bürgerfreundlichkeit.
Außerdem sollen die Bestimmungen über die baubehördlichen Bewilligungen, bzw. darüber, welche
Unterlagen beigebracht werden müssen, ebenfalls nicht unwesentlich vereinfacht werden, damit
unnötige Plankosten vermieden werden.
Erwähnenswert ist auch noch die Vereinfachung des Baubewilligungsverfahrens an sich, und da
möchte ich besonders auf das Faktum der Vorprüfung von Vorhaben hinweisen. Im Rahmen der
Dezentralisierung der Landesverwaltung sollen künftig einzelne Vorstellungen an die jeweilige
Bezirkshauptmannschaft delegiert werden können.
Bitte, das waren punktuelle und, ich möchte fast sagen, von mir weitgehend willkürlich ausgewählte
zentrale Bestimmungen unserer Novelle.
Über den Antrag 77/B-21/b bezüglich des besagten § 113 a haben Sie ja alle - ich habe das
zwischendurch schon gesehen - in der Lokalausgabe des "Kurier" ausgiebig gelesen und den
Berichterstatter gehört, sodaß ich mir eine weitere detaillierte Rede darüber ersparen darf.
Ich komme gleich zur Zahl Ltg.77/B-21/c, Berichterstatter war der Kollege Spiess, wo das
Raumordnungsgesetz insofern geändert wird, als die Enteignungsproblematik im Sinne der
Europäischen Menschenrechtskonvention adaptiert wird, wenn ich das so formulieren darf.
Meine Fraktion wird selbstverständlich allen diesen drei Vorlagen dankbar, dankbar im Namen unserer
Bürgerinnen und Bürger, die uneingeschränkte Zustimmung erteilen. Ich möchte aber auch nicht
verabsäumen, grundsätzlich allen Kolleginnen und Kollegen des Bauausschusses unseres Landtages
Dank zu sagen. Ein derart oft zähes, aber sachlich orientiertes, ausschließlich von Fakten getragenes
Ringen um die Problematik, glaube ich, muß man, nachdem wir immerhin mit den Ersatzleuten 16
Ausschußmitglieder sind, wirklich ganz besonders hervorheben. Aufrichtigen Dank für diese korrekte
und sachbezogene Arbeit!
Dank auch den Klubsekretariaten, denn die haben immer wieder ganz entscheidend mitgearbeitet,
beraten, mitformuliert und ebenfalls ganz, ganz wichtige Arbeit geleistet. Dank vor allem auch der
Beamtenschaft. Hier alle Mitarbeiter aufzuzählen, wäre kaum möglich. Daher möchte ich mich
stellvertretend für alle bei den beiden Hofräten Dr.Zaussinger und Dipl.Ing.Kraemmer aufrichtig und
herzlich für die jederzeitige Handreichung, Beratung, Unterlagenlieferung und Formulierung
bedanken. Möge diese Novelle der NÖ Bauordnung beitragen, daß Niederösterreich weiterhin eine
positive Aufwärtsentwicklung nimmt. Danke schön. (Beifall im Hause.)
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Zum Wort ist Herr Abgeordneter Wittig gemeldet.
Abg. WITTIG (ÖVP): Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist
verständlich, daß wir - und da meine ich Dich, Erich, nicht "mein Gott Erich", und auch mich - heute in
einer gewissen Euphorie sind, wenn doch nach mehr als zehnjähriger Arbeit nun ein fertiges Werk zur
Beschlußfassung vorliegt, auch wenn es nur ein Teilbereich ist. Wir haben von der politischen Seite
her keine medialen Gefühle entwickelt und auch keine Informationen hinausgegeben. Diese sollen,
wie ich mich jetzt erkundigt habe, über die Pressebüros der Spitzen des Landes gegangen sein. Ich
darf nur sagen, Erich, ich empfehle Dir nicht, die Seite 3 der "Krone" zu lesen, sondern die Seite 5,
das ist angenehmer, und am Samstag Seite 7. (Heiterkeit bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Aber nun zur Thematik und zur Novelle der Bauordnung. Wenn heute eine
große Novelle zur NÖ Bauordnung zur Beschlußfassung vorliegt, so geht damit wirklich ein über ein
Jahrzehnt dauerndes Ringen um Verbesserungen zu Ende. Kollege Kalteis ist über 10 Jahre damit
beschäftigt, ich nahezu 15 Jahre. Und alle, die wir hier mitgearbeitet haben, fühlen, glaube ich, heute
eine wirklich tiefe Befriedigung, daß uns dieses Werk der Bauordnung gelungen ist.
Ich möchte es aber auch als Beweis würdigen, daß man bei konstruktiver Arbeit zwischen zwei
politischen Fraktionen etwas zustande bringt, wenn die sachliche Arbeit im Vordergrund steht, und ich
glaube, daß sich gerade dieses Werk in die Wortmeldungen, die zu Beginn der heutigen Sitzung
getätigt wurden, einfügt. Das Ziel war und ist, eine praxisbezogene und für die Baubehörde
handhabbare Bauordnung zu schaffen, die der Bürger, aber auch der Bauwerber versteht und lesen
kann. Daher bestand auch die Vorstellung, die Bauordnung in ein Baurechtsgesetz und in ein
Bautechnikgesetz zu trennen. Dieses Bautechnikgesetz liegt vor, doch scheint es nicht beschlußreif,
da die Bestimmungen der EG eingearbeitet werden müssen, und es wird daher, wie das im Formaltext
heute heißt, miterledigt.
Es erscheint mir angebracht, meine Damen und Herren, heute aber auch jener Männer zu gedenken,
die schon vor zehn Jahren mehr Forderungen aufgestellt haben, Ideen eingebracht haben, die Sie
heute in dieser Novelle zur Bauordnung wiederfinden. Ich denke hier vor allem an die beiden
Klubjuristen Hofrat Dr.Ernst Brosig und Hofrat Dr.Viktor Seidl. Beide haben enormes Wissen in die
Novellierung der Bauordnung eingebracht, und ich bin überzeugt, sie würden sich heute sehr freuen,
wenn sie diesen Beschluß miterleben könnten.
Hoher Landtag! Es muß festgestellt werden, daß der Bauausschuß praktisch eine komplett neue
Bauordnung erarbeitet hat. Dieses Werk, man kann es so bezeichnen, wurde einem
Begutachtungsverfahren unterzogen, welches eine ganze Reihe von Einwänden von Bürgern und
Institutionen brachte. Die Folge: eine notwendige Überarbeitung, und diese hätte zweifellos zu viel
Zeit erfordert. Daher wurde der Weg beschritten, eine Novelle auszuarbeiten und diese über die
wichtigsten Passagen dem Landtag zur Beschlußfassung vorzulegen. Der Bauausschuß wird daher
seine Arbeit fortsetzen, denn sie ist mit der heutigen Beschlußfassung nicht beendet. Ich bin
überzeugt, daß wir auch in der neuen Gesetzgebungsperiode in demselben guten Gesprächsklima
arbeiten und damit auch erfolgreich sein werden. Mir persönlich, meine Damen und Herren, erscheint
es auch für die Zukunft als Endziel, daß wir eine Trennung der Bauordnung nach Baurecht und
Bautechnik durchführen. Darüber wird sicherlich noch zu diskutieren sein. Es haben auch die
Sprechtage des Landeshauptmannes in den Bezirken anläßlich der Vorsprachen der Bürger viele
Impulse und Ideen gebracht, die ebenfalls eingearbeitet wurden. Und daraus ersehe ich schon eine
bessere Handhabung der Bauordnung, aber auch eine Bürgerfreundlichkeit, die jetzt möglich sein
wird.
Ich möchte auch festhalten, meine Damen und Herren, daß alle Mitglieder des Bauausschusses, und
da darf ich gleich ein Wort des Dankes sagen, einfach den Willen hatten, positive, konstruktive Arbeit
zu leisten und gegenseitig auf sinnvolle Vorschläge einzugehen. Dabei hat sich, meine ich, auch
bewährt, daß viele Bürgermeister im Ausschuß vertreten sind und daher auch ihre praktischen
Erfahrungen einbringen konnten. Einen ganz wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen Arbeit leisteten
aber die Beamtenteams, und ich möchte daher ebenfalls den Klubbüros, vor allem aber den
genannten Hofräten Dr.Friedrich Zaussinger und Hofrat Dipl.Ing.Kraemmer Dank sagen, ich möchte
aber auch den Herrn Oberbaurat Reidinger nicht vergessen, der bescheiden auf der Galerie sitzt.
Ebenso darf ich den Gemeindevertreterverbänden danken. Ich glaube, dieses Team ist dazu angetan,
daß wir wirklich dann auch in der Endfassung eine positive Lösung finden, die allen Anforderungen
gerecht wird. Ich möchte noch formal feststellen - ehe ich auf die Schwerpunkte der Novelle eingehe,
soweit mir der Freund Erich nicht schon die Wiese abgemäht hat -, daß diese Novelle mit 1.Jänner
1989 in Kraft treten soll und alle am 1.1.1989 anhängigen Verfahren bereits nach den neuen
gesetzlichen Bestimmungen zu Ende geführt werden. Nun zu einigen wesentlichen Veränderungen.
Ich habe sie in neun Punkten zusammengefaßt. Das ist erstens die Einschränkung der
Vorschreibungsanlässe für die Aufschließungsabgabe; zweitens die Anpassung von Bestimmungen
über Entschädigungen für Eingriffe in das Privateigentum, Europäische Menschenrechtskonvention,
wurde heute bereits besprochen; drittens die Vorsorge für eine weitere Verbesserung der
Wärmeschutzwirkung von Gebäudeteilen;
viertens die Änderung einer Reihe von technischen Bestimmungen zum Zwecke der Förderung der
Verwendung des Baustoffes Holz; fünftens die Gleichsetzung von Ein- und Zweifamilienhäusern;
sechstens die Ergänzung der Bestimmungen über die behindertengerechte Gestaltung von
Baulichkeiten; siebentens die bürgerfreundlichere Behandlung von Bauanzeigen; achtens die
Vereinfachung des Baubewilligungsverfahrens und neuntens die Dezentralisierung von Aufgaben der
Gemeindeaufsicht. Kollege Kalteis hat eigentlich alles erläutert, vielleicht für den Laien mit so viel
Praxis, daß man sich gar nicht mehr richtig erfangen hat. Vielleicht kann ich das eine oder andere
noch einmal kurz erläutern.
Ich glaube, einer der wesentlichsten Punkte in dieser Novelle ist einfach die Bauplatzerklärung,
wodurch es möglich wird, Teile einer großen Bauparzelle zu bebauen, ohne daß die gesamte
Aufschließungsabgabe fällig wird. Dadurch tritt eine beträchtliche finanzielle Entlastung der
Grundabteilungswerber ein. Über die Eigenleistungen, wonach nicht nur Sach- und Material-, sondern
auch Geldleistungen angerechnet werden, wurde gesprochen, über die Gleichsetzung der Ein- und
Zweifamilienhäuser ebenfalls. Ein Punkt erscheint mir ebenfalls von Bedeutung, das ist die Pflanzung
und Erhaltung von Grünanlagen. Dieser Bereich hat sich in den letzten Jahren zu einer wirksamen
Methode des Schutzes der Nachbarn vor Belästigung durch Staub, Lärm, Rauch entwickelt, und die
Möglichkeit, nun bescheidmäßig die Herstellung und Erhaltung eines Grüngürtels vorzuschreiben,
erscheint mir wesentlich und oft auch die einzige Methode zu sein, diese Bestimmung des
Flächenwidmungsplanes auch zu verwirklichen. Mit dieser Normierung, meine Damen und Herren,
wurde einem echten Bedarf Rechnung getragen. Die behindertengerechte Gestaltung wurde schon
exzellent vorgetragen, ich erspare mir eine Wiederholung, und auch die Wohnsiedlungsstraße, ein
neuer Begriff, mit der berühmten Breite von sechs Metern wurde erläutert. Auch das ist eine
Forderung, ein Wunsch der Gemeinden.
Auch der Landwirtschaft wurde entgegengekommen durch die Streichung des Erfordernisses der
baubehördlichen Bewilligung für die Lagerung von Brennholz und land- und forstwirtschaftlichen
Produkten. Die bürgerfreundliche Regelung der Bauanzeige besteht vor allem darin, daß ein
Vorhaben durchgeführt werden darf, wenn es die Baubehörde vorerst nicht untersagt hat oder wenn
sie nicht fristgerecht reagiert. Bei der Baubewilligung tritt insoweit eine Bürgerfreundlichkeit ein, als
man nicht eine Kommission ansetzt und Dienststellen bemüht, wenn man von vornherein weiß, daß
das Bauvorhaben als unzulässig abgewiesen werden muß. Dezentralisierung bedeutet, daß gewisse
Vorstellungen an die zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden delegiert werden können. Auch das
hat der Kollege Kalteis erläutert. Nun noch einige Bemerkungen zu den weiteren Anträgen gemäß §
29 der Geschäftsordnung. Bei dem ersten handelt es sich um eine Änderung des
Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes, und zwar sollen bei den §§ 20, 24 und 26
Formulierungen angefügt werden, die enteigneten Grundeigentümern das Recht eröffnen, die örtlich
zuständigen Gerichte anzurufen. Es sollen hiebei Entschädigungen neu festgesetzt werden können,
welche die Enteignung von Grundflächen und darauf befindlicher Baulichkeiten, aber auch
Aufwendungen, die der Grundeigentümer im Hinblick auf Flächenwidmungspläne getätigt hat,
betreffen. Beim zweiten Antrag handelt es sich um den für uns berühmten § 113, also die Nutzung
eines Gebäudes. Wir sind den Weg gegangen, das soll hier offen gesagt werden, daß wir den § 113
mit einer eigenen Gesetzesvorlage novellieren, um zu verhindern, daß bei einer allfälligen Anfechtung
durch ein Höchstgericht unsere mühsam erarbeitete Novelle ebenfalls aufgehoben und neu
beschlossen werden muß. Mit der Novellierung des § 113 soll die Baubehörde in die Lage versetzt
werden, eine Änderung des Verwendungszweckes oder die Aufnahme der bewilligten Verwendung
bescheidmäßig zu verfügen. Es wurde in der Presse von Zwentendorf gesprochen. Das ist eine der
Möglichkeiten, es gibt aber eine ganze Reihe von Fällen, wo dieser nunmehr novellierte Paragraph
angewendet werden kann bzw. angewendet werden soll.
Hoher Landtag! Ich möchte zusammenfassend zum Ausdruck bringen, daß durch diese Novelle zur
Niederösterreichischen Bauordnung ein modernes, bürgerfreundliches Gesetz geschaffen wird,
welches praxisbezogen und in vielen Bereichen wesentlich besser anpaßbar sein wird. Viele Ideen der
Landesbürger wurden miteingearbeitet, und der über ein Jahrzehnt dauernde Weg hat nun doch zum
Erfolg geführt. Wir beide, der Kollege Kalteis und ich, sind, glaube ich, nicht nur glücklich, sondern wir
freuen uns auch, daß wir diesen Entwurf erarbeitet haben und Ihnen nun zur Beschlußfassung
vorlegen können.
Ich glaube, daß dieses Gesetz dazu beitragen wird, nicht nur eine verbesserte Rechtssicherheit zu
bieten, sondern auch das Land Niederösterreich für die Bürger noch lebenswerter zu gestalten. Ich
bitte um die Annahme. (Beifall im Hause.)
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Zum Wort ist der Herr Abgeordnete Kurzbauer gemeldet. Ich
erteile es ihm.
Abg. KURZBAUER (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Der Herr Kollege Kalteis hat mir entgegenkommenderweise, so hat er gesagt, einiges übriggelassen,
was das Thema Holz betrifft. Ich hätte es sonst leichter gehabt; ich hätte nur sagen brauchen, auch
ich bin derselben Meinung zu dem, was er vor mir gesagt hat.
Vorher aber bitte noch etwas. Der Herr Kollege Kalteis hat überlegt umzudrehen, weil im Kurier,
glaube ich, zitiert wurde, daß das Historyland durch die Umwidmung vielleicht doch mehr ins
Gespräch kommt als früher und daß halt hier Mediengeilheit vorliege, oder wie es da genannt wurde.
Herr Kollege Kalteis! Auch die eigene Zeitung sollte man lesen, die Arbeiterzeitung! Da steht dasselbe
drinnen, dasselbe vom Historyland. Also war das eine allgemeine Aussendung und nicht auf gewisse
Zeitungen bezogen, wo man glaubt, daß sie für uns oder irgend jemand anderen vielleicht einen
freundlicheren Bericht erstatten als die anderen. (Abg. Kalteis: Vieleicht haben sie abgeschrieben!)
Ah, doch nicht. Das wäre auch eine falsche Behauptung gewesen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist heute schon angeklungen, daß mit der Novellierung
der Bauordnung, die nun beschlossen werden soll, man kann fast sagen, jahrzehntelange
Verhandlungen zu einem erfolgreichen Ende geführt werden konnten. Ich selbst war einer von denen,
der mit den anderen Herren, die heute hier schon gesprochen haben, dabeigewesen ist, aus eigenem
Interesse, durch meinen Beruf bedingt, der ich, wie Sie ja wissen, als Holzverarbeiter von Kindheit an
mit der Materie engstens verbunden bin.
Mit dieser Novellierung hoffen wir, daß wesentliche Erleichterungen für alle diejenigen eintreten, die in
Zukunft mit dieser Materie befaßt sein werden: die Kommunen bei der Exekution der Bauordnung, die
Betriebe, die sich mit ihren Produkten und Erzeugnissen nach der Bauordnung richten müssen, aber
auch die Bauwerber, diejenigen, die im allgemeinen einmal oder zweimal in ihrem Leben mit diesem
Problem befaßt sind, wenn sie sich ein Eigenheim schaffen oder wenn sie irgendeine andere bauliche
Investition durchführen wollen und die vielleicht ansonsten am wenigsten mit der Komplexität dieser
Bauordnung befaßt sind.
(Präsident Mag.Romeder übernimmt den Vorsitz.)
Daher wurde vom Bauausschuß sehr viel Wert darauf gelegt, daß mit möglichst einfachen Sätzen
möglichst viel ausgedrückt wird und möglichst wenig spezifische Dinge beschrieben werden, für die
der Laie wenig Verständnis hat und auch wenig Möglichkeit, sich in diese Materie einzuarbeiten. Ich
glaube, wir können sehr stolz darauf sein, daß es uns, so hoffen wir, gelungen ist, eine Novelle zu
schaffen, die von allen, die damit arbeiten müssen, möglichst leicht und ohne Probleme verstanden
werden wird. Von den vielen, vielen notwendigen Änderungen, die in dieser Bauordnung enthalten
sind, ist eines der Hauptdinge, die geändert werden, die Verwendung des Baustoffes Holz, und daher
habe ich heute die Ehre, hier von diesem Podium zu sprechen.
Warum? Wie Sie alle wissen, ist die Bauordnung Landessache. Wir haben in Niederösterreich neun
Bauordnungen, jedes Bundesland hat seine eigene Bauordnung, und die differieren naturgemäß sehr,
sehr stark aus vielerlei Gründen. Es ist vollkommen klar, daß eine Bauordnung, nur um ein Beispiel zu
sagen, in Tirol oder im Hochgebirge in einem anderen Bundesland wesentlich andere
Vorschreibungen enthalten muß als für einen Flachbau im Burgenland, oder wo von der Witterung her
wesentlich andere Voraussetzungen sind als in einem anderen Bundesland. Das ist bitte klar. Für den
Baustoff Holz hat es aber, so haben wir immer geglaubt, möglichst gleiche Bedingungen zu geben,
weil Holz von seiner Stabilität und seiner Verarbeitungsmöglichkeit her in allen Bundesländern gleich
sein soll. Dem war aber nicht so. Und wie schaut nun dieses neue Werk aus?
Diesen berühmten § 66, der der sogenannte Holzparagraph war, den gibt es nicht, meine Herren, den
gibt es jetzt nicht mehr! Dieser § 66 wird abgeschafft sowie die 1974 in der damaligen Holznovelle, wie
wir im Volksmund gesagt haben, eingeführten Bestimmungen über "Holzbauten und in der
Brandwiderstandsfähigkeit ähnliche Gebäude". So wurde das damals formuliert. Das wurde durch die
technische Entwicklung inzwischen überholt, und was damals als Förderung für das Holz gedacht war,
das hat sich inzwischen in vielen Dingen auch ungewollt zum Hemmnis entwickelt. Daher unser
Bemühen, für die Verwendung dieses Baustoffes neue Wege zu finden. Inzwischen wurde dieser
neue Terminus umgeändert und heißt jetzt "Baustoffe verschiedener Brandwiderstandsklassen". Der
gravierende Punkt ist ja immer gewesen, daß sehr viele Institutionen irgendwie eine gewisse Scheu
davor hatten, den Baustoff Holz zu verwenden, weil man halt durch den Slogan "Holz brennt leicht"
leicht Dinge hervorrufen konnte, die an Aversionen zu grenzen begannen. Hier haben nun die
gravierenden Durchbrüche zustande gebracht werden können, nämlich bei den sogenannten
Brandwiderstandswerten, vor allem bei Ein- und Zweifamilienhäusern und bei Holzbauten im
allgemeinen.
Und wodurch war das möglich? Es haben alle Vereinigungen und Institutionen, die mit Holz zu tun
haben, beginnend von den Waldeigentümern und den Vertretern bis zum Letztverarbeiter, gemeinsam
eine großangelegte Brandversuchsserie finanziert, die im Arsenal durchgeführt wurde und wo
innerhalb einiger Jahre durch dutzende Versuche, die sehr viel Geld gekostet haben, nachgewiesen
werden konnte, daß gerade auf dem Sektor Feuer in vielen Dingen, vor allem bei Hallen, Holz
wesentlich widerstandsfähiger und länger tragfähiger ist als alles andere, Beton, Stahl und was es auf
diesem Sektor gibt. Das konnte eindeutig nachgewiesen werden. Das hat sich in den letzten beiden
Jahren schon daran gezeigt, daß der Großteil der Versicherungen, die auch einen eigenen
Beitragssatz für Holzbauten gehabt haben, nämlich eine wesentlich höhere Beitragssumme, aufgrund
dieser Unterlagen davon abgegangen sind und diese Bauten heute zum selben Prämiensatz
versichert haben als die mit anderen Baustoffen errichteten.
Also hier ist ein wesentlicher Nachweis, und der war bitte notwendig, um verschiedene, jahrzehntelang
bestehende Aversionen gegen diesen Baustoff als Bauträger abbauen zu können. Wir glauben, daß
diese Beträge, die dafür oft mit sehr großen Schwierigkeiten aufgebracht wurden, sehr, sehr gut
angelegt sind. Nun darf ich einige Beispiele über praktische Auswirkungen berichten, die sich in
Zukunft am Bau, wie wir sagen, ergeben werden. Es können nun ab 1.Jänner kommenden Jahres,
wenn diese Novelle in Kraft tritt, Ein- und Zweifamilienhäuser als Holzhäuser mit der
Brandwiderstandsklasse F 30, das heißt 30 Minuten Brandwiderstand, errichtet werden, ohne daß, so
wie bisher, ein größerer Abstand von der Grundgrenze, nämlich vier Meter, sondern nur mehr ein
Abstand von drei Metern eingehalten werden muß. Eine Reihe von Erleichterungen, die bisher nur für
Einfamilienhäuser gegolten haben, wie bei Stiegenanlagen und verschiedenen Dingen, können nun
auch für Zweifamilienhäuser beansprucht werden. Kleinwohnhäuser bis zu vier Wohnungen können in
hochbrandhemmender Bauausführung, also mit F 60, eine Stunde Brandwiderstand, komplett in Holz
errichtet werden, wenn eine gewisse Größe nicht überschritten wird.
So gibt es eine ganze Reihe von Erleichterungen, vor allem auch bei der Innenraumgestaltung. Es ist
wichtig, daß gerade in der heutigen Zeit, wo sehr viele, die Haus und Wohnungen bauen, darauf Wert
legen, ein schönes Heim zu haben, wo auch Teile der Konstruktion, zum Beispiel des Daches oder
einer Wand, sichtbar bleiben sollen, aufgrund dieser Änderung im Gegensatz zu früher wesentliche
Erleichterungen möglich sind. Weiters ist es möglich, daß auf bestehende Massivbauhäuser in Holz
aufgestockt werden kann, ohne daß dabei wie bisher große Probleme auftreten werden. Dies alles,
nur in einigen Beispielen angeführt, enthält diese Novelle; in Wirklichkeit sind es Gott sei Dank viel
mehr Erleichterungen, und ich glaube, daß hier, wenn man den Wert des Baustoffes Holz betrachtet,
sicher eine sehr gute Regelung getroffen wurde, allein schon auf Grund der Bedeutung des
Baustoffes Holz in Österreich. Ich darf einige Beispiele bringen, damit Sie ein bißchen Bescheid über
die Größenordnung wissen. Es werden in Österreich jährlich rund 1,7 Millionen Festmeter Holz zum
Großteil von bäuerlichen Betrieben im Wald geschlagen, wie man so sagt. Wir liegen damit nach dem
Bundesland Steiermark an zweithöchster Stelle in Österreich. Wir sind also ein sehr waldreiches
Bundesland und haben bei der Verarbeitung dieses Baustoffes bisher eine große Problematik gehabt.
Von diesen 1,7 Millionen Festmeter Holz schneidet die Sägeindustrie etwas über 1 Million Kubikmeter
Schnittholz als Rohmaterial für die Verarbeitung mit einem Produktionswert von etwas über 2
Milliarden Schilling, und wir liegen hier nach der Steiermark und Oberösterreich an dritter Stelle aller
neun Bundesländer. Also auch hier die große Bedeutung für unser Bundesland.
Von diesem etwas über 1 Million Kubikmeter Schnittholz wird aufgrund der bisher problematischen
Verarbeitung in vielen Dingen mehr als die Hälfte, nämlich 552.000 Kubikmeter, exportiert,
hauptsächlich in die südlichen Länder. Hier gibt es klarerweise, weil wir wesentlich längere
Anfahrtswege haben als die Kärntner, Tiroler und andere Bundesländer, vom Preis her sicher
Probleme. Wenn das Holz in Zukunft zum Teil im Inland verarbeitet werden kann, wird sich das sicher
auch auf die Preissituation derjenigen, die diese Holzmanipulation durchzuführen haben, auswirken.
Die inländische Holzverarbeitungsindustrie, Spanplatten, Rohhobler und alles, was es auf diesem
Sektor gibt, erwirtschaftet jährlich einen Produktionswert von 4 Milliarden Schilling. Denselben
Produktionswert erwirtschaften die niederösterreichischen Tischler. 4 Milliarden Schilling im Jahr
werden durch die Produktion in den niederösterreichischen Tischlerbetrieben erwirtschaftet. Es hat
sich durch eine sehr, sehr kluge Werbekampagne, die die Tischler in ganz Österreich führen, gezeigt,
daß sich hier sehr viel Wohnungsbewußtsein, das früher nicht so stark gewesen ist, in der
Bevölkerung breitgemacht hat und daß tüchtige Tischlerbetriebe heutzutage über ihre
Arbeitskapazität, die sie von der Erzeugung her imstande sind zu leisten, keinerlei Sorgen zu haben
brauchen. Um von meiner Branche zu reden, die Zimmereien Niederösterreichs erwirtschaften einen
Produktionswert von jährlich 1 Milliarde Schilling, und aufgrund der Novelle hoffen wir, daß sich hier
neue Möglichkeiten ergeben werden. Der gesamte Produktionswert auf dem Sektor Holz, vom Forst
über die Sägen bis zu den Betrieben, beträgt jährlich 14 Milliarden Schilling, also sicher ein
volkswirtschaftlicher Faktor, der seine Bedeutung hat. Von rund 2.100 gewerblichen Betrieben
Niederösterreichs und 51.500 forstwirtschaftlichen Betrieben, das sind unsere Bauern, wird dieser 14
Milliarden-Schilling-Brocken erwirtschaftet, und diese Betriebe gemeinsam sichern in Niederösterreich
22.000 Arbeitsplätze. Auch ein Faktor, der, glaube ich, wert ist, genannt zu werden. Durch die Novelle
hoffen wir, daß diese Arbeitsplätze auch in Zukunft abgesichert sind und sich hier neue Perspektiven
ergeben.
Es ist heute schon, und ich kann mir das daher erübrigen, sehr vielen gedankt worden, die bei der
Entstehung dieser Novelle die ganzen Jahre hindurch mitgewirkt haben: allen Ämtern, allen Behörden,
allen Mitarbeitern im Ausschuß und vielen anderen. Ich möchte noch zwei Institutionen danken, die
auf dem Sektor Holz besonders aktiv mitgemacht haben und die bei Beamtengesprächen, bei
Vorgesprächen, bei Zwischengesprächen, bei Informationen, die wir oft schnell gebraucht haben,
immer bereit waren, innerhalb kürzester Zeit zur Verfügung zu stehen. Die eine ist die
Handelskammer Niederösterreich und die zweite ist der Bundes- und Landesholzwirtschaftsrat, wo
alle holzverarbeitenden Institutionen, vom Bauern bis zum Tischler und Säger und allem, was es auf
diesem Sektor gibt, vertreten sind. Diese beiden Institutionen haben sich auch nach bestem Wissen
und Gewissen bemüht, hier mitzutun, um neue Verwendungsmöglichkeiten für den Baustoff zu
erreichen. Diese Novelle, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe das schon anklingen
lassen, sichert die bisherigen Arbeitsplätze ab, und wie wir alle hoffen, werden wir auch neue
Arbeitsplätze damit schaffen können.
Es liegt nun an den Betrieben, die sich mit der Holzverarbeitung befassen, die neuen Möglichkeiten zu
nutzen. Wir alle hoffen, daß es auch geschieht, denn die Voraussetzungen dazu werden durch den
heutigen Beschluß geschaffen werden, und wenn das gelingt, dann glaube ich, können wir mit
ruhigem Gewissen sagen, daß unsere Arbeit nicht umsonst gewesen ist, und sie wird uns neuen Mut
geben, um in der nächsten Legislaturperiode mit der Bauordnung wieder weiterzumachen. (Beifall im
Hause.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Die Rednerliste ist erschöpft. Die Herren Berichterstatter haben das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. SPIESS (ÖVP): Ich verzichte.
Berichterstatter Abg. ZAUNER (SPÖ): Ich verzichte.
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER (nach Abstimmung über den vorliegenden Wortlaut des Gesetzes
sowie über den Antrag des Bauausschusses, Ltg.77/B-21/A): Einstimmig angenommen.
(Nach Abstimmung über den vorliegenden Wortlaut des Gesetzes sowie über den Antrag des
Bauausschusses, Ltg.77/B21/B): Einstimmig angenommen.
(Nach Abstimmung über den vorliegenden Wortlaut des Gesetzes sowie über den Antrag des
Bauausschusses, Ltg.77/B21/C): Einstimmig angenommen.
Nunmehr ersuche ich den Herrn Abgeordneten Gruber, die Verhandlungen zur Zahl Ltg.397/K-8
einzuleiten.
Berichterstatter Abg. GRUBER (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe über das
Niederösterreichische Kleingartengesetz zu berichten.
Die niederösterreichischen Kleingärtner haben sich schon seit längerer Zeit so ein
Niederösterreichisches Kleingartengesetz gewünscht, wie es sich nun in den Händen der
Abgeordneten befindet. Das vermehrte Freizeitangebot erhöht seit Jahrzehnten das Interesse an
Kleingärten. Vor allem im Nahbereich der Städte waren und sind Kleingärten wertvolle Mittel für die
Erholung der Menschen. Während früher die Schaffung von Kleingärten hauptsächlich im Nahbereich
von Großstädten von Bedeutung war, besteht seit einigen Jahren auch ein immer größeres Interesse
an Kleingärten in sonstigen Bereichen. Daraus ergibt sich nunmehr auch für das Land
Niederösterreich die Notwendigkeit, durch eine gesetzliche Regelung die Anlage und Gestaltung von
Kleingärten in geordnete Bahnen zu lenken, um den Erfordernissen der Erholung, des Ortsbildes,
aber auch den gesundheits- und feuerpolizeilichen Anforderungen Rechnung zu tragen.
Ich darf nun namens des Bauausschusses folgenden Antrag stellen (liest):
"Der Hohe Landtag wolle beschließen: 1. Der vorliegende Gesetzentwurf betreffend
Niederösterreichisches Kleingartengesetz wird in der vom Ausschuß beschlossenen Fassung
genehmigt.
2. Die Niederösterreichische Landesregierung wird beauftragt, das zur Durchführung dieses
Gesetzesbeschlusses Erforderliche zu veranlassen."
Ich bitte um Einleitung der Debatte und Durchführung der Abstimmung.
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Ich eröffne die Debatte. Zu Wort gemeldet ist als erster Herr
Abgeordneter Anton Rupp.
Abg. Anton RUPP (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren des Hohen
Hauses! Wenn wir in unserer Funktion als Abgeordnete zum Niederösterreichischen Landtag des
öfteren und im speziellen im Frühjahr zu den verschiedenen Veranstaltungen der Kleingartenbesitzer
eingeladen werden, ob zu Eröffnungsveranstaltungen, Jubiläumsveranstaltungen oder zum Tag der
offenen Tür, dann können wir mit Freude feststellen, daß von den Kleingärtnern die Anlagen mit
großer Liebe errichtet, gepflegt und betrieben werden. Es ist für uns als Abgeordnete sicherlich eine
Notwendigkeit gewesen, daß wir den Wünschen der Niederösterreichischen Kleingärtner
nachgekommen sind und für sie heute ein eigenes Gesetz vorlegen und, ich bin davon überzeugt,
auch einstimmig beschließen werden.
Ein eigenes Kleingartengesetz zu haben, war schon immer der Wunsch und die berechtigte Forderung
der Kleingärtner Niederösterreichs, noch dazu, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir
wissen, daß die Bundesländer Wien und Oberösterreich schon ein eigenes Kleingartengesetz haben.
Wenn man die Beengtheit in manchen Städten unseres Bundeslandes kennt, dann versteht man den
Wunsch nach einem Stück Grund im Grünen, wo man dem Hobby einer gärtnerischen Gestaltung
zum Zwecke der Erholung und Entspannung nachgehen kann. Ich darf daher von dieser Stelle aus
Landeshauptmannstellvertreter Ernst Höger recht herzlich danken, daß er schon sehr früh die
Anliegen der Kleingärtner in sein Ressort aufgenommen und die Beamten damit beauftragt hat, ein
solches Gesetz vorzubereiten. Das vermehrte Freizeitangebot hat sich, wie der Herr Abgeordnete
Gruber soeben berichtet hat, in den letzten Jahrzehnten durch die Arbeitszeitverkürzung sehr stark
erhöht und der Wunsch der Kleingärtner ist immer größer geworden. Die Forderung nach einem
eigenen Kleingartengesetz bestand, wie erwähnt, schon immer, da bis jetzt die rechtliche Grundlage in
der Bauordnung, der Raumordnung und in den Bebauungsplänen zu finden war. Seitens der
Raumplanung gab es einige Überlegungen wegen der verschiedenen Widmungsgründe, und wir
konnten jetzt in der gesetzlichen Grundlage die Widmung Grünland - Kleingärten festlegen.
In Niederösterreich, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir beim Zentralverband 39
gemeldete Kleingartenvereine mit insgesamt 4.200 Mitgliedern, zum überwiegenden Teil Pächter. Laut
Mitteilung des Präsidenten des Zentralverbandes finden wir aber in Niederösterreich 8.000
Einzelkleingärten vor. Es ist sicherlich so, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß eine
Zwangsmitgliedschaft der einzelnen Vereine beim Zentralverband nicht vorgesehen ist, daher die
große Anzahl, die nicht aktenkundig ist. Viele mit der Nutzung von Kleingartengebieten
zusammenhängende Fragen wurden derzeit in den einzelnen Bebauungsplänen unterschiedlich
behandelt. Aus der Praxis in den Gemeinden wissen wir, daß die einzelnen Bebauungspläne wirklich
sehr unterschiedlich sind. Dadurch hat es bei den einzelnen Kleingärtnern über das Grundausmaß,
die bebaute Fläche, die Unterkellerung, die Heizung und selbst über die Verglasung immer wieder
große Auffassungsunterschiede gegeben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das neue Kleingartengesetz sieht mit den
Übergangsbestimmungen und mit der Festlegung des Inkrafttretens 15 Paragraphen vor. Gestatten
Sie mir, wenn ich vergleichsweise nur die wichtigsten Punkte herausnehme. Der Begriff der
Kleingartenanlagen liegt dann vor, wenn mindestens 10 Kleingärten aufeinander folgen und ein
Flächenausmaß von 2.500 m2 zur Verfügung steht. Im § 4, Aufschließung von Kleingärten, konnte
eine günstige Regelung bei den Hauptwegen erreicht werden. In der letzten Ausschußsitzung, dafür
darf ich allen Mitgliedern recht herzlich danken, konnten wir uns darüber einigen, daß Hauptwege mit
3 m Breite genügen. Hauptwege werden für die Versorgung und im Ernstfall für Rettung und
Feuerwehr angelegt. Bei Nebenwegen haben wir uns auf 2 m Breite geeinigt.
Der § 5 behandelt die Größe von Kleingärten, mindestens 120 m2, höchstens 300 m2. Ich darf auch in
diesem Punkt den Mitgliedern des Ausschusses recht herzlich danken, daß wir uns darüber einigen
konnten, daß vorhandene Restgrundstücke im Höchstfall 400 m2 betragen dürfen.
Im § 6 haben wir die Zulässigkeit. Das Ausmaß der bebauten Fläche darf keinesfalls mehr als 30 m2
oder bis zu 15 % des Flächenausmaßes, im Höchstfall 30 m2 betragen. Was mich besonders freut
und was sicherlich auch im Interesse der Kleingärtner liegt, ist, meine Damen und Herren, daß wir uns
auch darin einigen konnten, daß die Größe der Unterkellerung, die im Motivenbericht geringer war,
ebenfalls 30 m2 betragen kann. Im § 7 konnte für die Kleingartenhütte eine Einigung über 4 m
Firsthöhe erreicht werden. Die einfach verglasten Fenster wurden sicherlich aus dem Grund
festgelegt, weil wir alle einschließlich der Kleingärtner sicherlich nicht wollen, daß daraus Wohnungen
werden. Daher haben wir die Bestimmung von einfach verglasten Fenstern und das Verbot der
Errichtung von Feuerungsanlagen aufgenommen.
Der § 8 behandelt das Anzeigeverfahren. Es ist bei der Behörde im kurzen Wege eine Bewilligung zu
beantragen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute schon von den beiden
Landeshauptleuten und den Klubobmännern einleitend gehört, daß wir uns vorgenommen haben,
Gesetze zu schaffen, die leicht leserlich, leicht verständlich sind. Ich glaube, das neue
Kleingartengesetz, das uns heute zur Beschlußfassung vorliegt, ist wirklich ein sehr verständliches
Gesetz, das den Kleingärtnern erspart, immer wieder in der Bauordnung, in der Raumplanung und in
den Bebauungsplänen nachschauen zu müssen. Jetzt hat man ein eigenes Gesetz, das sicherlich
eine richtige Maßnahme ist. Eine große Vereinfachung ist im § 13, eigener Wirkungsbereich, zu
erkennen, da die Aufgaben, die von der Gemeinde nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu
besorgen sind, in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fallen. Das ist sicherlich eine
wesentliche Vereinfachung.
Der § 14 behandelt die Übergangsbestimmungen. Soweit zwingende Bestimmungen diesem Gesetz
widersprechen und der bestehende Zustand nicht durch eine rechtswirksame behördliche Bewilligung
gedeckt ist, sind sie innerhalb von 3 Jahren diesen neuen gesetzlichen Bestimmungen anzupassen.
Auch hier haben wir uns wieder über eine Ausnahmebestimmung einigen können. Wenn es aus
irgend welchen Gründen, die erklärlich sind, in diesen 3 Jahren nicht möglich ist, können weitere 3
Jahre dazugegeben werden, bis der gesetzliche Zustand herbeigeführt ist. Ausgenommen ist der § 2
mit den Begriffsbestimmungen. Das sind 10, wenn ich es noch einmal sagen darf,
aufeinanderfolgende Grundstücke oder die Fläche von 2.500 m2. Im § 15 wird das Inkrafttreten mit
1.Jänner 1989 behandelt. Somit, meine Damen und Herren des Hohen Hauses, möchte ich allen
danken, die am Zustandekommen des Kleingartengesetzes mitgewirkt haben. Der Abgeordnete Wittig
und ich waren ja voriges Jahr zur Jahreshauptversammlung in St.Pölten eingeladen. Wir haben uns
für beide Klubs vorgenommen, die Anliegen der Kleingärtner vorzutragen. Ich darf mitteilen, daß der
gesamte Landtag diese aufgenommen hat, und daß wir in den Ausschüssen eine gute
Zusammenarbeit vorgefunden haben. Ich danke den Beamten recht herzlich. Im besonderen möchte
ich Herrn Landeshauptmannstellvertreter Höger noch einmal danken, der wirklich sehr schnell und
aktiv die neuen gesetzlichen Grundlagen mit dem gesamten Landtag und den zuständigen Ressorts
vorbereitet hat.
Persönlich freue ich mich auch für die Kleingärtner, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß es
möglich war, das neue Kleingartengesetz noch in dieser Legislaturperiode vorzubereiten und heute
dem Landtag zur Beschlußfassung vorzulegen. Mit dem Wunsche, daß durch das neue
Kleingartengesetz noch für viele Kleingärtner die gesetzliche Basis für ein schönes und erfolgreiches
Gartenjahr gelegt werden kann, darf ich Ihnen mitteilen, daß die Abgeordneten meiner Fraktion dieser
Gesetzesvorlage gerne ihre Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ und einigen Abgeordneten der
ÖVP.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Weiters ist zu dieser Vorlage Herr Abgeordneter Präsident Ing.Schober
zu Wort gemeldet.
Abg. Präs. Ing.SCHOBER (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich habe
mich zu dieser Vorlage ebenfalls zu Wort gemeldet. Einerseits bin ich aufgrund meiner beruflichen
Ausbildung auch ein Gartenfreund, und andererseits konnte ich hier mitwirken und manches auch
einbringen. Ich darf auch meiner Freude Ausdruck geben, daß im Interesse der Kleingärtner, aber
auch der Gemeinden, die sich hier leichter tun, dem Landtag eine Vorlage unterbreitet werden kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bezug des Menschen zu Grund und Boden und zur
Pflanzen- und Tierwelt ist uralt und geht so weit zurück, als Menschen begonnen haben, den Boden
zu nutzen. Dieser Bezug zur Boden-, Pflanzen- und Tierwelt ist bis heute geblieben, und ich habe
öfters Gelegenheit gehabt, bei Besuchen von Gartenanlagen und Eröffnungen in Herzogenburg, der
Herr Bürgermeister hat eine Kleingartenanlage, festzustellen, mit welcher Hingabe, mit welcher Liebe
und mit welchem Verständnis die Menschen ihr Grundstück betreuen. Wir müssen zur Kenntnis
nehmen, daß in unserem Lande Niederösterreich der Wunsch, ein Wohnhaus mit einem Garten zu
haben, sehr groß ist. Das erklärt vielfach auch den starken Zug zum Zweitwohnsitz, um in einer
gesunden Landschaft mit Garten zu leben. Das beweist, mit welcher Liebe Menschen auf der
minimalsten Fläche die Betreuung der Pflanzen in Balkonkästen, wenn ich jetzt ins Extreme gehe,
vornehmen, und es wäre auch nicht möglich, unsere Dorf- und Ortsverschönerungen so intensiv zu
betreiben, wenn nicht der Niederösterreicher und der Mensch an und für sich einen Bezug zu den
Pflanzen hätte. Das hat schon der Dr.Schreber festgestellt. Wir haben heute zwar eine etwas andere
Form als den seinerzeitigen Schrebergarten, aber auch der Gesundheits- und Erholungswert wurde
schon damals erkannt und daher auch der Name "Schrebergarten". Gartenarbeit, haben wir heute
schon gehört, zählt zur sinnvollen Gestaltung der Freizeit, hat einen ungeheuren Erholungswert und,
meine Damen und Herren, das selbst Gezüchtete, Häuptelsalat und Wurzelgemüse, ist viel gesünder,
viel besser. Im Schweiße Deines Angesichtes sollst Du Dein Salathäuptel erzeugen, und jeder ist stolz
darauf. Mir passiert es manchmal, wenn ich zu Familien komme, daß man mir sagt: "Und der Salat ist
aus dem eigenen Garten!" Es war daher berechtigt, daß die Kleingärtner eben mit dem Wunsch an
uns herangetreten sind, ein eigenes Gesetz zu schaffen. Die Entstehung liegt schon länger zurück. Es
war im Jahre 1986, als der damalige Dritte Präsident einen Resolutionsantrag in dieser Richtung
gestellt hat, der dahingehend gelautet hat, daß es erforderlich ist, diesen Vorschlag und diese Materie
intensiv zu beraten. Nachdem manchesmal gut Ding Weile braucht, war dann ein bisserl Funkstille,
und nach einem längeren Intervall ist am 18.5.1988 vom Herrn Landeshauptmannstellvertreter die
Vorlage gekommen, wobei ich nicht verschweigen möchte, daß in etlichen Gesprächen mit den
Vertretern der Kleingärtner schon etwas massiver, Herr Bürgermeister, gefordert wurde: Tut was,
macht was! Dann kommt ja immer das Argument, wenn das nicht vor der Wahl geht, meine Herren,
geht's nicht mehr so schnell, und wir sind jetzt noch in der Lage, vor dem 16.Oktober diese Vorlage zu
beschließen. Wir waren uns grundsätzlich einig, daß die unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten
gewahrt bleiben sollen. Es wurde heute schon betont, es sollen mit diesem Gesetz keine
Wohnsiedlungen, Wohnhäuser entstehen und keine Wohnsitze gegründet werden, sondern eben
Kleingartenflächen.
Es wurde auch schon betont, daß wir uns bei den verschiedenen Paragraphen gefunden haben, was
die Fläche betrifft. Ein Kleingarten soll ja nicht Sklavenarbeit bedeuten, sondern Freude bereiten, und
daher haben wir uns auf 300 m2 einigen können. Auch beim Ausmaß der Gebäudehöhe, glaube ich,
war es richtig, das gesamte Gebäude zu unterkellern, denn wenn man früher im Schrebergarten nur
Rechen, Schaufeln und ein Heindl gehabt hat, dann gibt es heute doch Geräte bis zum Rasenmäher,
und wir haben uns gedacht, das möchte ich feststellen, daß der Keller, wenn man ihn an einen Hang
baut, nicht noch eine zusätzliche Wohnung bedeutet, sondern daß dieser Kellerraum Lager- und
Abstellraum für den Kleingärtner ist.
Es wurde bereits über die Wege gesprochen und die einzelnen Paragraphen behandelt. Ich möchte
mich hier bitte nicht wiederholen, sondern nur abschließend feststellen, daß die Vorlage, wenn wir sie
heute beschließen, im Interesse der Kleingärtner und der Gemeinden liegt. Meine Damen und Herren!
Wer ein Herz für die Natur hat und mit Hingabe seinen Garten pflegt, wird auch Verständnis für die
Umwelt haben und ist sicher ein zufriedener, guter Bürger unseres Landes.
Ich möchte daher allen, ohne jemanden aufzuzählen, für das Verständnis danken, das dieser Vorlage
bei der Behandlung entgegengebracht wurde. Meine Fraktion wird auch gerne dieser Vorlage die
Zustimmung geben. Danke schön. (Beifall im Hause.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Es liegt keine weitere Wortmeldung vor. Der Herr Berichterstatter hat
das Schlußwort.
Berichterstatter Abg. GRUBER (SPÖ): Ich verzichte.
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER (nach Abstimmung über den vorliegenden Wortlaut des Gesetzes
sowie über den Antrag des Bauausschusses):
Einstimmig angenommen.
Nunmehr bitte ich den Herrn Abgeordneten Rozum, die Verhandlungen zur Zahl Ltg.298/B-13/5
einzuleiten.
Berichterstatter Abg. ROZUM (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen!
Ich darf über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, betreffend den Niederösterreichischen
Fremdenverkehrsfonds-Jahresbericht 1987, berichten. Der Landtag hat bekanntlich im Oktober 1985
das Gesetz über den NÖ Fremdenverkehrsförderungsfonds beschlossen. Die Aufgabe dieses Fonds
besteht in der Gewährung von zinsenlosen oder zinsenbegünstigten Darlehen, Subventionen,
einmaligen nichtrückzahlbaren Prämien und Zinsenzuschüssen für Fremdenverkehrsbetriebe mit einer
Betriebsstätte in Niederösterreich.
Gemäß § 10 dieses Gesetzes hat die Niederösterreichische Landesregierung über die Gebarung des
Fonds sowie über dessen Tätigkeit alljährlich bis spätestens 30.Juni des folgenden Jahres dem NÖ
Landtag zu berichten.
In der Sitzung vom 10.Mai 1988 hat das dafür zuständige Kuratorium diesen Bericht an den Landtag
sowie den Rechnungsabschluß für das Jahr 1987 begutachtet und einstimmig zur Kenntnis
genommen. Ich darf deshalb den diesbezüglichen Antrag des Wirtschaftsausschusses stellen (liest):
"Der Hohe Landtag wolle beschließen: Der Tätigkeitsbericht und der Rechnungsabschluß des NÖ
Fremdenverkehrsförderungsfonds für das Jahr 1987 werden zur Kenntnis genommen."
Ich bitte um Beratung und Beschlußfassung.
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Ich eröffne zu dieser Vorlage die Debatte. Zu Wort gemeldet ist der
Herr Abgeordnete Keusch. Ich erteile es ihm.
Abg. KEUSCH (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Meine Herren, gnädige Frauen des Hohen
Landtages! Pardon. Meine Damen und Herren! Der dem Landtag vorliegende Jahresbericht über die
Gebarung des Fremdenverkehrsförderungsfonds 1987 bietet Gelegenheit, auch einmal außerhalb der
Spezialdebatte zum Budget das Thema Fremdenverkehr zu behandeln, zu diesem Thema zu
sprechen. (Dritter Präsident Ing.Schober übernimmt den Vorsitz.)
Ich halte diese Vorgangsweise für sehr sinnvoll, weil die vom Fonds bisher insgesamt behandelten
Förderungsansuchen ein Investitionsvolumen von nahezu 300 Millionen Schilling bewirkt haben,
Fonds und Betriebe zusammengenommen, und diese 1987 zugezählten Darlehen, Zinsenzuschüsse
und Prämien in etwa 88 Millionen Schilling ausmachten.
Wer sich der Mühe unterzogen hat, den Geschäftsbericht des Fonds eingehend zu studieren, wird mit
mir übereinstimmen, daß er gut aufgeschlüsselt und sehr übersichtlich ist. Die Basis dazu ist eigentlich
in sehr offener und sachlicher Art im Kuratorium gelegt worden, das mehrmals im Jahr zusammentritt
und wo über die Entwicklung des Fonds Bericht erstattet wird. Dieser Bericht ist neben anderen
Beurteilungskriterien, wie die Ankunfts- und Nächtigungsstatistik oder die Deviseneinnahmen, ein
Spiegelbild der niederösterreichischen Fremdenverkehrsbranche, ein Korrektiv, wie ich meine, weil er
Aufschluß darüber gibt, ob die Förderungsaktionen des Fonds genügend Investitionsattraktivität
besitzen und ob der Fonds greift.
Man kann anhand dieses Berichtes auch erkennen beziehungsweise prüfen, ob die Fondsmittel richtig
eingesetzt werden. Ich meine hier die strukturpolitische Wirkung dieses Instrumentariums. Hier ist
zweifelsohne anzuführen, daß der Weg der bisher beschrittenen Schwerpunktförderung unbedingt
fortgesetzt werden soll. Ich denke hier an die Spezialangebote, wie sie in Harbach oder in Gars
gemacht werden, ich denke an die Förderung am Semmering, ich denke an das Hochkar als
Winterschwerpunkt oder an Lackenhof. Ich glaube, daß diese Aktivitäten Beweis dafür sind, daß diese
Art von Schwerpunktförderung auch eine erfolgreiche Strukturpolitik sein kann und hoffe, daß das in
Aussicht gestellte Wintersportkonzept nicht so lange auf sich warten läßt, wie es die Novellierung des
Fremdenverkehrsgesetzes, das aus 1973 stammt, bisher tut.
Im Fondsbericht wird auch erkennbar, ob die Förderungsmittel im Sinne der Niederösterreichischen
Fremdenverkehrsstrategie eingesetzt werden. Ich meine damit, ob die Mittel im Sinne des neuen
Trends zum Kurzurlaub, zum Erlebnis-, Sport-, Kultur-, Gesundheitsurlaub, zum Seminartourismus
usw. verwendet werden. Wenn man die Ergebnisse des Jahres 1987 betrachtet, daß also mit über
6,047.480 Nächtigungen eine durchaus erfreuliche Entwicklung signalisiert wird, daß bei den
Übernachtungen eine Steigerung von 1,6 % zu verzeichnen ist und damit seit einigen Jahren
wiederum die magische Sechsmillionengrenze überboten wurde, so könnte man meinen, daß das
Instrumentarium des Fremdenverkehrsförderungsfonds tatsächlich in dieser Richtung, also strategisch
richtig, eingesetzt wurde, wobei, und das möchte ich doch betonen, eine Schwalbe noch keinen
Sommer macht.
Besonders erfreulich ist bei dieser Entwicklung, daß gerade die gut bis sehr gut ausgestatteten Dreibzw. Vier- und Fünfsternbetriebe, also die Dreisternbetriebe 5,9 % und die Vier- und Fünfsternbetriebe
sogar 9,4 %, Nächtigungszuwächse zu verzeichnen hatten. Das ist ein deutlicher Hinweis darauf,
wohin die Reise geht, nämlich in diese Topkategorien, wobei der Wermutstropfen halt der ist, daß
diese Topkategorien leider nur mit in etwa 20.000 Betten über 30 % des gesamten
niederösterreichischen Bettenangebotes verfügen. Das heißt, daß auf diesem Sektor noch sehr, sehr
viel aufgeholt werden soll, obwohl in den vergangenen Jahren laufend eine Verbesserung eingetreten
ist. Ähnlich liegt der Fall bei den Ferienwohnungen. Hier ist zur Zeit ein beachtlicher Nachfrageboom
festzustellen, obwohl insbesondere diese Art von Unterkünften in sehr geringem Maße bzw. fast nicht
vorhanden ist. Hier äußert sich der Trend zur familiengerechten Unterkunft.
Ich meine, daß generell in der Qualitätsverbesserung die Chance für den Fremdenverkehr liegt und
daß hier auch, was die Förderungskriterien anlangt, der Hebel anzusetzen ist. Da von vielen Seiten
immer wieder der Ruf erfolgt, man möge ein professionelles Management erstellen und weil auch die
SPÖ-Gmünd einen derartigen Antrag den beiden Landtagsklubs übermittelt hat, möchte ich auch
diesen Punkt, diesen Aspekt aufzeigen. Man meint, daß man zur besseren regionalen Vermarktung im
Fremdenverkehr eine Touristikgesellschaft installieren soll, mit einem professionellen Management
unter Einbeziehung der Gemeindevertreter, insbesondere aber ein Touristikmanagement mit hoher
Eigenverantwortlichkeit. Das ist der gravierende Unterschied zu dem, was wir hier haben, denn das
ganze Fremdenverkehrsmanagement ist noch in die Landesverwaltung eingegliedert.
Ich glaube, auch diese Überlegung sollten wir anstellen. Schon in der Beurteilung der Betriebe, und
das ist ja heute schon geschehen, hat man wieder kleinere, überschaubarere Einheiten gewählt, denn
es ist dort der Erfolg am ehesten gewährleistet, wo bei Managemententscheidungen auch die
Eigenverantwortlichkeit eine große Rolle spielt. Das ist auch im Bereich des Fremdenverkehrs gar
nicht so sehr von der Hand zu weisen. Ich meine also, daß sich die Förderungspolitik des
Fremdenverkehrsförderungsfonds auf diese spezifischen Erfordernisse konzentrieren soll. Meine
Damen und Herren! Dringend novellierungsbedürftig erscheint mir auch, wie schon festgestellt, das
aus dem Jahre 1973 stammende Fremdenverkehrsgesetz, die organisatorische Basis des
niederösterreichischen Fremdenverkehrs. Für eine sich derart dynamisch verändernde und überaus
sensible Branche bedeuten gesetzliche Bestimmungen, die 15 Jahre alt sind, aus meiner Sicht
versteinerte Strukturen. Wir sollten ernsthaft darangehen, dieses Gesetz den Zielsetzungen des
niederösterreichischen Fremdenverkehrs, und diese gibt es ja in Form eines
Fremdenverkehrskonzepts, entsprechend zu adaptieren. Genauso wie es bei der
Fremdenverkehrsförderung geschehen ist, wo wir die Richtlinien der einzelnen Förderungsaktionen
laufend an die Bedürfnisse der Betriebe angepaßt haben - auch im vergangenen Jahr, im Jahr 1987,
ist das bei einigen Aktionen geschehen - und wo es uns gelungen ist, die vielfältigen
Förderungsaktionen in einem mit Rechtspersönlichkeit ausgestatteten und dadurch mit großer
Handlungsfreiheit versehenen Fremdenverkehrsförderungsfonds zusammenzufassen, müßte es doch
auch möglich sein, die Gemeinden, die ja die strukturellen, die infrastrukturellen Voraussetzungen für
einen florierenden Fremdenverkehr zu schaffen haben, nicht von der Entwicklung abzunabeln. Auch
ihnen sollte die Möglichkeit einer Einnahmenerhöhung oder -verbesserung gegeben werden. Dazu
wäre eben die Novellierung dieses Gesetzes notwendig, denn der Nutzen, den die Wirtschaft aus der
Entwicklung des Fremdenverkehrs gezogen hat, ist während des Zeitraums, in dem das Gesetz
gleichgeblieben ist, also nicht verändert wurde, sicher größer geworden, weil sich die Kosten, die
Preisgestaltung, aber auch die Einkommen nach oben entwickelt haben.
Meine Damen und Herren! Das Fremdenverkehrsergebnis von 1987 deutet auf eine Stabilisierung hin.
Wir haben ja die vergangenen Jahre doch einige Turbulenzen mitzumachen gehabt, was auch dazu
geführt hat, daß wir im Nächtigungsaufkommen abgesunken sind. Das heißt, daß die negativen
Einflußfaktoren, wie drohende Arbeitslosigkeit, Unsicherheit im Einkommensbereich usw.,
überwunden scheinen. Aufgrund der sich ständig vermehrenden Freizeit und einer, wie ich meine,
doch einigermaßen gesicherten Einkommenssituation ist nicht nur die Fremdenverkehrswirtschaft in
Niederösterreich, was die Betriebe anlangt, die Gastronomie und das Beherbergungsgewerbe,
sondern auch die Sportartikelerzeugung im weitesten Sinn eine Wachstumsbranche und zweifelsohne
ein nicht wegzudenkender wichtiger Wirtschaftszweig, aber auch ein Beschäftigungsfaktor. Wenn ich
richtige Daten habe, dann sind etwa 23.000 Menschen als Selbständige und Unselbständige im
niederösterreichischen Fremdenverkehr beschäftigt. Wir sollten daher, was das
Fremdenverkehrsgesetz, das Fundament der Fremdenverkehrswirtschaft in Niederösterreich, angeht,
nicht so tun, als wäre Niederösterreich noch ein Land klassischer Sommerfrische, wie das in den
Anfängen des Fremdenverkehrs ja zweifelsohne der Fall war. Es gilt daher, meine Damen und Herren,
die von den Gästen zu berappende Ortstaxe, die derzeit bei 3 Schilling bis höchstens 6 Schilling pro
Kopf liegt, aufzustocken sowie den Fremdenverkehrsbeitrag, den die Gemeinden von den Handelsund Gewerbebetrieben und auch von den Freiberuflern, kurzum von jenen, die aus einem florierenden
Fremdenverkehr auch mehr lukrieren, einheben dürfen, der je nach Kategoriezugehörigkeit A, B, C in
einem Promillesatz berechnet wird und höchstens jährlich 3.000 bzw. in Sonderfällen auch 6.000
Schilling betragen kann, in Form einer Novellierung dieses Gesetzes zu erhöhen. Ich glaube, daß wir
mit dieser Erhöhung ohnedies schon viel zu lange zugewartet haben. Ich möchte nur auf die sehr
gravierende Erhöhung des Kulturund Sportschillings um 100 % verweisen. Diese Erhöhung hat
gewaltigen Staub aufgewirbelt, hat politisch wehgetan. Sie hat aber nicht nur politisch wehgetan,
sondern tut auch denen weh, die diese Erhöhung dann zu finanzieren haben. Meine Damen und
Herren! Die Einrichtung des Fremdenverkehrsförderungsfonds hat den niederösterreichischen
Fremdenverkehr zweifelsohne einen beachtlichen Schritt nach vorwärts tun lassen, und ich bin sicher,
daß eine zielgerichtete Anwendung der Fondsmittel der Förderungsinstrumentarien wirtschaftlichen
Erfolg bringen wird, der zweifelsohne allen Niederösterreichern zugute kommen wird. Das ist ja
letztlich auch das Ziel des Fremdenverkehrs in Niederösterreich. Für die sozialistische Fraktion darf
ich feststellen, daß wir diesen Bericht selbstverständlich gerne zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der
SPÖ und einigen Abgeordneten der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Zum Wort ist der Herr Abgeordnete Breininger gemeldet.
Abg. BREININGER (ÖVP): Herr Präsident! Hoher, nicht ganz vollbesetzter Landtag! Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Relativ selten sind der Herr Abgeordnete Keusch, mein Vorredner, und
ich in Berufsausbildungsfragen einer Meinung. Heute habe ich ihm sehr kritisch zugehört, weil ich
gerne ein paar Schwächen entdeckt hätte, um zu egalisieren oder ein Äquivalent zu finden für
unseren kurzen Disput von vorgestern, aber ich muß gestehen, er hat wenig Schwächen gezeigt, fast
gar keine, und wir können beim Bericht über den Fremdenverkehrsförderungsfonds über weite
Strecken völlig kongruent sein.
Er hat auch, was das prinzipielle Wirtschaftsphilosophische betrifft, das gesagt, was im
Fremdenverkehrskonzept im Marketingkonzept steht. Auch wir huldigen den Prinzipien der Leistung
und auch der Schwerpunktförderung, und es hat mich nicht nur erstaunt, sondern auch sehr gefreut,
daß Sie die Dinge so sehen, wie sie auch die Abgeordneten der ÖVP sehen. Wir glauben auch, daß
dieses Instrumentarium, daß es seit 1986 gibt und das 1985 im Landtag beschlossen wurde, so
ziemlich alles das aufweist, was wir brauchen, um Betrieben, die sich verbessern wollen, die in
Richtung Qualität marschieren wollen, unter die Arme zu greifen. Ich darf vielleicht nur ergänzen, was
Kollege Keusch nicht gesagt hat, nämlich daß dieser umfangreiche Bericht des
Fremdenverkehrsförderungsfonds vier große Themenbereiche umfaßt: die Geschäftstätigkeit des
Fonds, die Entwicklung der Fremdenverkehrswirtschaft, die einzelnen Förderungsaktionen, die dann
aufgezählt sind, und die Organe des Fremdenverkehrsförderungsfonds, also die Vorsitzenden und alle
Mitglieder. Vielleicht ist es interessant, einmal wörtlich aufzuzählen, wieviele einzelne
Förderungsmaßnahmen es wirklich gibt. Es gibt nämlich viele. Und darin sind wir auch einer Meinung.
Man kann nicht alles simplifizieren. Wir rufen heute eher nach Vereinfachung bei allem, mit Recht bei
der Steuergesetzgebung. Aber je einfacher ein Instrumentarium wird, je simpler es wird, desto weniger
kann ich auf spezielle Erfordernisse eingehen. Das ist schon richtig, man kann nicht überall nur
simplifizieren, es gibt auch eine gewisse Spezialisierung, und der wird dieses Instrumentarium
gerecht.
Ich bin gar nicht dafür, daß es noch mehr aufgefächert wird, aber ich zähle einmal die einzelnen
Instrumentarien auf, damit wir wieder einmal hören, was es da alles gibt: Die Wirtschaftshilfe, die
Gemeinsame Kreditaktion, die Fremdenverkehrs-Regionalförderung, Energiesparende Maßnahmen,
Schöneres Gasthaus, die Privatzimmerförderung, Sonderfälle im Fremdenverkehr,
Fremdenverkehrsförderungsaktion des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten,
Gemeinsame Regionalförderung Bund-Land Niederösterreich, Existenzgründungsaktion,
Anschlußförderung des Landes zur Aktion nach dem Gewerbestrukturverbesserungsgesetz der
Bürges - das ist neu -, Grenzlandförderung und Anschlußförderung des Landes zur Prämienaktion im
Fremdenverkehr "Komfortzimmer" der Bürges. Nun darf ich vielleicht noch festhalten, daß es bei aller
Vielfalt des Angebots auch wichtig ist, aus diesem Instrumentarium nicht nur ein regionalpolitisches zu
machen, sondern es muß sich dann dort etwas entwickeln. Es ist richtig, es muß strukturell greifen,
muß aber auch dem einzelnen Betrieb helfen, und der muß sich danach richten und aus diesen
Investitionen etwas machen. Was die Entwicklung des Fremdenverkehrs in Niederösterreich und in
Österreich von 1986 bis 1987 betrifft, überspringe ich alles, was gesagt wurde, und verweise nur noch
einmal auf die Höhe der Darlehen, auf die Höhe der Summen, den Umfang der Beträge. Wir haben
drei Gruppierungen in der Gesamtübersicht dargestellt. An Darlehen wurden von diesem Fonds für
1987 rund 44 Millionen Schilling ausgeschüttet, an Zinsenzuschüssen rund 37 Millionen - Sie
entschuldigen , wenn ich auf Millionen abrunde - und an Prämien über 5 Millionen Schilling.
Zahlen allein sagen aber nichts aus, wenn man nicht dahinter die Struktur und die Entwicklungen
sieht. Auch das wurde richtig bemerkt. Wir freuen uns, daß wir in Niederösterreich fast atypisch besser
liegen als ganz Österreich. Das liegt natürlich auch darin, daß wir früher schlechter lagen und einen
Aufholbedarf gehabt haben. Wenn Sie sich aber anschauen, daß nur Österreich, das
Fremdenverkehrsland Nummer 1, den
Fremdenverkehrs-Wertschöpfungsfaktor besitzt, was in anderen Ländern Europas nicht der Fall ist,
insgesamt nur 0,06 % Zuwachs an Ankünften und Übernachtungen hatte, das ist fast 0 und bedeutet
marginal ein Stehenbleiben, eine Stagnation, dann haben wir in Niederösterreich an Ankünften ein
Plus von 6,2 % und bei Übernachtungen plus 1,6 %. Die Ausländerankünfte allein machen davon bei
uns plus 10 % aus und wir haben um 6 % mehr Übernachtungen; Gesamtösterreich ist mit einer
Stagnation von 0 stehengeblieben. Die Detailergebnisse sind für mich als Gewerbetreibenden und als
praktizierenden Wirtschaftstreibenden interessant, weil wir diese Entwicklung auch im Raum Baden
feststellen. Baden ist ja die größte Fremdenverkehrsstadt, aber ich will sie nicht allein nennen,
sondern alle Kurorte in unserer Gegend zeigen auf, daß die Gewerbebetriebe wachsen und
zunehmen, wenn sie gut geführt werden, nicht so sehr die Sozialheime und Kurheime. Die stagnieren
auch in Baden, und das zeigt sich auch in der gesamtniederösterreichischen Statistik. Wie Kollege
Keusch sagte, haben wir andererseits in den Kategorien fünf und vier Sterne, also in der höchsten
Klasse, in der Superklasse - ich weiß gar nicht, ob jemand von uns, die wir da sitzen, dort hingehen
würde, wir würden vielleicht Ein-, Zwei- oder Dreisternhotels nehmen - ein Plus von 13 % - das
Trading up, der Qualitätsdrang dringt hier durch - und bei Übernachtungen 10 %, Österreich wiederum
nur 5 % im Gesamtschnitt. Die kleineren, die Ein- und Zweisternbetriebe, die auch noch sehr
qualifiziert sind, haben bei den Einkünften immerhin noch ein Plus von 3,5 %, bei den
Übernachtungen aber schon ein Minus von 2,4 % und Gesamtösterreich hat minus 2,3 %. Das
bedeutet wiederum, daß die höchstklassigen nach Qualität strebenden Betriebe am besten
abschneiden. Das ist hochinteressant und zeigt uns, daß wir zunächst nur in Richtung Qualität und
nicht in Richtung Quantität gehen dürfen, höchstens mit der Hoffnung, daß man durch Qualität eine
Quantität erzeugt. Das ist kein Urteil über die Kurheime der Sozialversicherungen. Auch da zeigt sich so wichtig sie sind, wir brauchen sie als Kurmittelverabreicher - ein Minus von 8 % und minus 7 %,
österreichweit minus 1 %, aber die Privatbetriebe, die gewerblichen Betriebe, die haben ein starkes
Plus gebracht, und an die müssen wir uns auch halten. Darum ist es wichtig, daß wir sie fördern. Die
Ferienwohnungen, das wurde richtig gesagt - wer hätte das gedacht, das schlägt jetzt ein bisserl aus
der Philosophie heraus, aber man muß es zur Kenntnis nehmen -, haben ein Plus von 26 % bei den
Ankünften und von 43 % bei den Übernachtungen. Das ist ein starker Trend, den man überhaupt nicht
leugnen kann, und das von der Fremdenverkehrswerbung erstellte Fremdenverkehrskonzept sagt
aus, daß man hier sehr viel investieren muß, und diesbezüglich sind wir noch nicht genug gerüstet.
Noch etwas zeigt sich, meine Damen und Herren! Die Übernachtungszahl sinkt, die Verweildauer sinkt
überall, auch bei uns, und die Ankünfte steigen Gott sei Dank, aber das Minus wird nicht ganz
aufgefangen. Das ist ein europäischer Trend, der eben zum Kongreßtourismus hingeht, zum raschen
Tourismus, und den kann man nicht mit herkömmlichen Mitteln aufhalten, denn Sie können bei keinem
Gast darauf bestehen, statt einer Woche zwei Wochen zu buchen. Es wird aber immer mehr nur eine
Woche gebucht, statt wie früher zwei und drei Wochen. Hier spart man offenbar, aber nicht in der
Wahl des Hotels und des Betriebes. Soweit zur Statistik. Es steht also fest, daß wir in Richtung
Qualität marschieren müssen. Es steht fest, daß unsere Kampagnen, unsere Werbekampagnen, wie
Ausflug, Urlaub, Ausflugsablauf, Wanderkarten, auch ziehen und greifen. Wir sind stolz darauf, daß
Niederösterreich nach wie vor nur 6 % aller Betten, aber 10 % aller Umsätze des Fremdenverkehrs
von Österreich hat, acht Milliarden immerhin, und es steht fest, daß 23.000 Menschen, alle
zusammen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, in dieser Branche ihre Arbeit finden. Daher ist das dritte
Standbein für uns in Niederösterreich der Fremdenverkehr. In Österreich ist er ja längst schon das
Standbein Nummer eins. Und bei uns gibt es sicherlich noch etwas aufzuholen, aber langsam, denn
wir sind kein schnellebiges, rasches, hektisches Land. Man sucht ja doch bei uns den Kulturtourismus,
die Erholung und die Geschichte, und da müssen wir sehr vorsichtig sein, daß wir nicht mit Quantität
alles zusammenhauen und nicht marktschreierisch werden. Außerdem - das habe ich immer schon
gesagt - haben wir ohnedies keine andere Wahl, wir müssen unserer Philosophie und der Größe
unseres Landes treu bleiben.
Der internationale Trend der kürzeren Verweildauer wurde richtig festgestellt. Erfreulich ist, daß die
Ausländerankünfte um 77 % gestiegen sind, um 256.000 Ausländer auf nun 588.000, was wieder für
unser Personal bedeutet, daß die Fremdsprachen zu pflegen sind, daß wir uns rüsten müssen - da
sind wir auch völlig einer Meinung - für die Innovation, die gibt es auch auf dem
Fremdenverkehrssektor, nicht nur in der Industrie. Hier gibt es auch etwas zu innovieren, nämlich die
Beherrschung der Fremdsprachen durch die entsprechende Ausbildung unseres Personals. Die BRD
nimmt von diesem riesigen Ausländerkuchen gleich 60 % ein. Das war nicht immer so, früher, 10
Jahre vorher, im Jahre 1977, haben wir die Hälfte an ausländischen Gästen gehabt.
Nun, man sollte wirklich nicht allzuviel Statistisches sagen, sondern vielleicht noch auf eines zu
sprechen kommen, nämlich daß wir uns auch mit dem Marketingkonzept, mit dieser neuen
Orientierungshilfe behelfen können. Wenn Sie das Konzept einmal genau durchlesen - es gibt eine
Kurzfassung davon, es gibt eine dicke Schwarte, aber auch eine dünne, die wir leichter mitnehmen
können und auch leichter durchstudieren können -, sehen Sie drei große Konzeptionen:
Eine Lageanalyse des jetzigen Standes, Angebot und Nachfrage, Grundsatztheorien und Ziele,
welchen Weg wir gehen wollen. Zum Beispiel gehört bei uns noch immer die
Fremdenverkehrsgesinnung verbessert, denn der einzelne Mitbewohner glaubt noch immer, wenn er
nur im Ort wohnt, er habe nichts vom sogenannten Fremden, den wir längst nicht mehr als Fremden,
sondern als Gast bezeichnen sollten. Vielleicht fällt uns einmal ein besseres Wort als Fremdenverkehr
ein, ja, Tourismus könnte man sagen, aber es fehlt mir noch die ideale Bezeichnung. Fremdenverkehr
allein ist schon ablehnend und barrierenaufrichtend.
Der dritte Teil dieses Konzeptes, an dem die Handelskammer mitgearbeitet hat, auch die Sektionen
waren vertreten, es hat die Landesregierung, es haben die Bürgermeister mitgearbeitet, befaßt sich
mit der Umstrukturierung, mit einem künftigen neuen Fremdenverkehrsgesetz oder mit Änderungen.
Wir sind auch Ihrer Meinung, es müßte ein bisserl gelockert werden, wir müßten mehr von der reinen
Landesverwaltung weggehen, hin in freiere Verbände, wie es im Westen Österreichs der Fall ist. Das
ist aber in Niederösterreich nicht leicht, weil sehr vieles den Gemeinden gehört - wir sind ja alle
Vizebürgermeister oder Bürgermeister -, und wie können wir da unseren Gemeinderäten klarmachen,
daß sie sich von ihrer Substanz lösen sollen. Das ist ein langsamer Schritt, aber er muß sicherlich
einmal getan werden, nicht so heftig wie im Westen, aber in diese Richtung muß sicher gegangen
werden.
Während wir, meine Damen und Herren, vom Fremdenverkehrsbericht 1987 sprechen, liegt uns
bereits der Bericht 1988 vor, auch der des Fonds im ersten Quartal 1988, und der zeigt auch, das freut
mich besonders, einen weiteren Aufwärtstrend, zeigt an sich positiv, daß sich dieser fortsetzt. Schon
im ersten Quartal 1988 waren um 8.000 Gästeankünfte mehr und plus 17.000 Übernachtungen zu
verzeichnen. Das freut uns, aber auch hier wieder - bitte, Anfang 1988 - alles nur in den oberen
Kategorien und nichts davon in den unteren Qualitätskategorien. Dort haben wir sogar ein Minus. Ich
darf abschließend grundsätzlich feststellen, meine Damen und Herren, auch das wurde gesagt, daß
bei aller Förderung - wir können jetzt 88 Millionen ausschütten und damit 300 Millionen Volumen
auslösen bzw. das Dreifache ausgeben - alles keinen Sinn hat, wenn sich die Investitionen nicht in
Qualitätsverbesserungen umsetzen und vor allem die Leute, die Gäste nicht erfahren, daß das
Gasthaus X oder das Hotel Y wirklich erneuert und investiert hat. Das heißt, wenn für die Sache keine
Werbung betrieben wird, wenn die anderen davon nichts erfahren, stirbt man in Schönheit. Und es ist
sehr wichtig, daß nicht nur die Fremdenverkehrswerbung Niederösterreich wirbt, sondern jeder
einzelne Betrieb für sich und auch die Gemeinden für ihre Betriebe, die Kurdirektionen und
kurörtlichen Verwaltungen.
Gesamtösterreichisch gesehen, meine Damen und Herren, ist der Fremdenverkehr für Österreich der
Devisenbringer Nummer 1, für Niederösterreich einstweilen noch Nummer 3. In Österreich kommt ein
Drittel aller Exporterlöse aus dem Fremdenverkehr. Das ist die einträglichste Erwerbsquelle für unser
Land. Der Boom der Zuwachsraten der 70er Jahre hat sich allerdings in Westösterreich verflacht, bei
uns aber nicht. Bei uns steigt er an. International haben wir den Fremdenverkehr bereits als
Wirtschaftszweig Nummer 1 zu sehen. Mit 10 % der Wertschöpfung aller Sektionen rangiert er vor der
Industrie, vor dem Gewerbe, vor dem Handel, vor der Landwirtschaft, und in Österreich haben wir
diese Position schon längst erreicht. Wir müssen sie nur verteidigen. Unsere Freizeitgesellschaft
verlangt, daß wir uns diesem Problem stellen, daß wir dem Biogedanken nähertreten, an Gesundheit,
an Kultur, an das Musische, das damit verbunden ist, denken. Hier eröffnen sich die Chancen auch in
kommerzieller Hinsicht, auch wenn man nicht immer darauf hinweisen sollte. Die Weltausstellung
1995, wir sind nur mehr 7 Jahre davon entfernt, bietet ebenfalls große Chancen, und auch der Beitritt
zur Europäischen Gemeinschaft 1992 muß uns Anlaß zum Nachdenken geben, was wir alles noch bis
dahin unternehmen müssen, um uns mit der EG zu harmonisieren. Jetzt meine einzige Kritik und
sonst keine kontrastierende Feststellung, gar nicht namentlich, aber bitte sehr positiv gemeint. Wenn
wir über die EG nachdenken, über Internationalität und Wettbewerb, dann ist es bitte nicht möglich,
daß wir uns jetzt von den alten konsumentenfeindlichen Ladenöffnungs- oder Ladenschlußzeiten nicht
verabschieden. Wir haben es wieder ganz deutlich bemerkt, als unser Klub heuer auf Werbereise in
den Oststaaten, in den Comeconstaaten war. Es ist kein Gag, Sie können es nachprüfen, wir sind in
Bulgarien ausgestiegen, in Ungarn ausgestiegen, in Jugoslawien ausgestiegen, und überall konnten
wir täglich am Abend bis 8.00 Uhr und Samstag nachmittag einkaufen oder hätten einkaufen können.
Wenn wir es nicht getan haben, dann nicht deswegen, weil wir denen nichts vergönnt haben, sondern
weil die Läden wohl offen, aber die Regale leer waren. In Niederösterreich ist es aber umgekehrt. Und
gerade weil ich, wie Sie einmal gesagt haben, ein Budlhupfer oder ein Kollege, ein Händler bin,
können Sie es mir glauben. (Abg. Icha: Das ist die eigene Partei!) Nein, nein, von mir hat niemand
gesagt - meine Freunde helfen zu mir -, (Beifall bei der ÖVP.) er bekennt sich dazu, weil er selber ein
Händler ist. Aber glauben Sie mir, nicht weil es für uns so lustig ist, ich bin auch 20 Jahre hinter dem
Laden gestanden und stehe auch jetzt noch teilweise dahinter, nicht weil es so lustig ist, am Abend
weiterzuarbeiten, sondern einfach dort, wo es notwendig ist, nicht überall, aber wo Kurgäste kommen,
sollte die Möglichkeit bestehen. Unsere Forderungen sind ja ohnehin sehr bescheiden. Ich bedaure
es, daß wir noch nicht mehr erreicht haben als die gesamtösterreichische Lösung, die auch eine
relativ halbherzige, aber immerhin eine ist, ab September. So, das gehört auch zum Fremdenverkehr,
das muß auch gesagt werden! Faktum ist, abschließend, daß die Wertschöpfung des
Fremdenverkehrs beachtlich ist und daß der Fremdenverkehr in Niederösterreich eine ganz, ganz
große Zukunft hat und Wachstumschancen besitzt. Deshalb werden wir, meine Damen und Herren,
von meiner Fraktion dem Bericht des NÖ Fremdenverkehrsfonds 1987 unsere Zustimmung geben und
ihn zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der ÖVP und Abgeordneten der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. ROZUM (ÖVP): Ich verzichte.
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Wir kommen zur Abstimmung. (Nach Abstimmung über den
vorliegenden Antrag des Wirtschaftsausschusses): Einstimmig angenommen. Ich ersuche den Herrn
Abgeordneten Trabitsch, die Verhandlungen zur Zahl Ltg.99/B-8 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. TRABITSCH (ÖVP): Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Ich berichte über den NÖ Wirtschaftsförderungs- und Strukturverbesserungsfonds,
Jahresbericht 1987.
Der Landtag von Niederösterreich hat am 4.Oktober 1984 das Gesetz über den NÖ
Wirtschaftsförderungs- und Strukturverbesserungsfonds beschlossen. Die Aufgabe des Fonds besteht
in der Durchführung aller Maßnahmen, die der Förderung der gewerblichen Wirtschaft mit Ausnahme
des Fremdenverkehrs im Land Niederösterreich dienen. Im Rahmen des NÖ Wirtschaftsförderungsund Strukturverbesserungsfonds wurden zwei Verrechnungseinheiten eingerichtet:
1. Förderungsfonds,
2. Haftungsfonds.
Ich stelle im Namen des Wirtschaftsausschusses folgenden Antrag (liest):
"Der Hohe Landtag wolle beschließen: Der Tätigkeitsbericht und der Rechnungsabschluß des NÖ
Wirtschaftsförderungs- und Strukturverbesserungsfonds für das Jahr 1987 werden zur Kenntnis
genommen."
Ich bitte den Herrn Präsidenten, die Verhandlungen einzuleiten und die Abstimmung vorzunehmen.
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Ich eröffne die Debatte. Zum Wort ist Herr Abgeordneter
Bauer gemeldet.
Abg. Dr.BAUER (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich den
Vorrednern in der Beurteilung des Berichtes hinsichtlich der positiven Entwicklung der Wirtschaft in
Niederösterreich anschließen. Nicht nur im Fremdenverkehrsbereich, sondern auch im übrigen
Bereich verzeichnet Niederösterreich eine relativ günstige Entwicklung, wobei es natürlich auch hier
gilt, das Niveau der jeweiligen Ausgangslage zu berücksichtigen.
Wir freuen uns jedenfalls, daß diese positive Entwicklung auch in den ersten Monaten dieses Jahres
bestätigt wird und wir in Niederösterreich erstmalig sehr deutlich Rückgänge der Arbeitslosigkeit
sehen und daß wir in diesem Jahr mit etwa 2.000 Arbeitslosen weniger rechnen können. Allerdings
kann man von diesen globalen Zahlen nicht zu sehr auf die einzelnen Regionen und vor allem auf die
einzelnen Sektionen der Wirtschaft Rückschlüsse ziehen. Das heißt, daß natürlich die regionalen
Unterschiede in Niederösterreich nach wie vor bestehen und sich teilweise sogar verstärkt haben.
Wir haben in den südlichen Regionen, wo 60 % der Beschäftigten in der Industrie und im Gewerbe
tätig sind, zunehmend Arbeitsplatzprobleme. Wir haben nach wie vor die ungelösten Probleme an den
peripheren Zonen der Nordgrenze des Wein- und Waldviertels. Wir haben eine relativ gute
Entwicklung in der westlichen Region mit dem Schwerpunkt Amstetten, wobei allerdings in den Tälern,
in der Talstruktur des Alpenvorlandes, auch wieder die Probleme zunehmen. Trotzdem können wir
feststellen, daß wir in Niederösterreich eine Entwicklung haben, die sich etwas günstiger darstellt als
im übrigen Österreich. Wenn man diese Politik oder dieses Klima erhalten will, dann scheint es mir
wichtig, daß wir an der Verwirklichung eines möglichst hohen Beschäftigungsniveaus, das ja oberstes
Ziel unserer Arbeit sein soll, weiterarbeiten und daß wir versuchen, die regionalen Disparitäten zu
mildern und abzubauen.
Darüber hinaus scheint es mir immer dringender, daß auch die Struktur verbessert wird und höhere
Wertschöpfungsanteile in den niederösterreichischen Betrieben erarbeitet werden, also Technologien
entwickelt werden, wo man eine höhere Wertschöpfung produziert.
Weiters scheint es mir sehr wichtig, daß die niederösterreichischen Betriebe verstärkt an der
internationalen Arbeitsteilung teilnehmen. Das bedeutet für mich, daß wir einerseits die Integration in
Richtung Europäische Gemeinschaft sehr, sehr genau beobachten und eine Annäherung bereits vom
ersten Schritt an mitvollziehen, daß wir aber in einer gleichrangigen Arbeit letztlich auch die
Bemühungen nach Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen zu den östlichen Nachbarstaaten
fortsetzen. Und hier gibt es ja, das wurde von Landeshauptmann Siegfried Ludwig und Höger gesagt,
Initiativen in Richtung Ungarn, in Richtung Tschechoslowakei. Ich glaube, daß es ungemein wichtig
ist, nämlich auch als Signal zu verstehen ist, daß man die Integration nicht nur einseitig in Richtung
Europäische Gemeinschaft betreibt, sondern daß man sehr wohl diese traditionelle
Wirtschaftsbeziehung zu unseren Nachbarstaaten pflegt und ausbaut. Das ist ungemein wichtig,
haben wir doch in Niederösterreich die geringste regionale Exportquote. Sie liegt bei rund 15 %. Die
Exportquote der ganzen Ostregion liegt bei rund 25 bis 30 %, während die westlichen Regionen rund
50 % haben, und ich behaupte, daß uns dieser wenig ausgebaute Nachbarschaftshandel zweifellos
etwa 1 % des Wirtschaftswachstums kostet. Daher müssen diese traditionellen Märkte stärker
bearbeitet werden. Es ist jetzt auch die Zeit gekommen, diese Märkte intensiver zu bearbeiten, weil
sich die politischen Voraussetzungen doch wesentlich geändert haben, seien es Bestimmungen
hinsichtlich Joint-Venture, seien es Bestimmungen hinsichtlich Kooperationen oder wirtschaftlicher
Tätigkeiten, und weil sich doch in den letzten zwei Jahren ein gewaltiger Umschwung vollzogen hat.
Ich glaube, daß wir in der Wirtschaft überhaupt nicht davon ausgehen sollten, eine Herausforderung
nicht anzunehmen, sondern in der Wirtschaft gilt es, Herausforderung anzunehmen, um zu bestehen,
denn das Tempo, das internationale Tempo der technologischen Entwicklung und auch der
Kooperationen wird ja von außen an einen herangetragen, und man kann dem nur relativ kurze Zeit
widerstehen, und dann muß sozusagen auch diese Mauer übersprungen werden. Daher ist die beste
Strategie jeweils die, daß man diesen Wettbewerb und diese wirtschaftliche Herausforderung, die sich
zur Zeit stellt und die wir gewollt annehmen, bestens vorbereitet gestaltet. Ich möchte als
Sozialdemokrat allerdings einen Grundsatz ganz deutlich herausstreichen. Es kann nicht so sein, wie
manche in manchen Reden, ich sage in manchen Reden, immer wieder meinen, daß man den
Wettbewerb dadurch erhält, indem man das Lohnniveau absenkt. Ich behaupte genau das Gegenteil.
Gerade die internationale Wettbewerbsfähigkeit ist dadurch gekennzeichnet, daß man bei relativ
hohem Lohnniveau den Wettbewerb besteht. Das ist nämlich die Strategie, die ein hochentwickeltes
Industrieland wie Österreich eben anwenden muß, daß man sozusagen nicht als Billiglohn standort
gelten soll und damit letztlich etwas anzieht, was wir nicht wollen, nämlich die verlängerte Werkbank
von irgend einem Betrieb zu sein, sondern wir müssen unser technisches Wissen und das Knowhow
unserer Menschen für diesen Wettbewerb auf einem sehr hohen Niveau bestehen. (Abg. Breininger:
Herr Doktor! Diese Gefahr haben wir ohnehin nicht!) Es wird manchesmal verlangt, daß man immer
darauf hinweist, daß durch das Lohnniveau - ich verweise jetzt zum Beispiel sehr deutlich auf die
letzte Aussprache mit der ICD, mit dieser Betriebsansiedlungsgesellschaft, die ich ja seinerzeit
gegründet habe -, zum Beispiel viele Ansiedlungsprojekte jetzt in Richtung Spanien gehen. Das
bedauert natürlich die Geschäftsleitung. Ich bedauere das viel weniger, denn das sind ja Projekte, die
von einem Lohnniveau ausgehen, das etwa bei der Hälfte des österreichischen liegt, und es kann
auch nicht im Interesse der Zukunft Österreichs liegen, wenn wir unseren Lebensstandard, unser
Niveau halten wollen. Das heißt, das ist die natürliche Ansiedlung in diesem Wirtschaftsraum,
während wir unseren Wettbewerb ganz bewußt auf dem viel höheren Ausbildungsstand unserer
Menschen letztlich aufzubauen haben. Daher kommt dieser Strategie des Preiswettbewerbes für die
Österreichische Volkswirtschaft grundsätzlich keine Bedeutung zu. Preiswettbewerb immer nach
unten anzupassen, bedeutet nämlich, daß man immer verwundbarer wird und daß man irgendwann
mit jenen Billiglohnländern, Entwicklungsländern oder Schwellenländern in Konkurrenz tritt, die man
sowieso nicht bestehen kann. Daher scheint mir der Wettbewerb in hochstehenden Produkten, in
jenen, die durch verstärkte Innovationsförderung erreicht werden und die letztlich auch dem Standard
unserer Ausbildung entsprechen, der richtigere Weg.
Und auch wiederum sehr kritisch, aber nicht so sehr, wie ich meine, an die Adresse mancher
Funktionäre der Handelskammer oder der ÖVP gerichtet. Es geht nicht nur um die Förderung der
Unternehmen, wenn wir den Wettbewerb bestehen wollen, sondern es geht auch um die verstärkte
Förderung der Arbeitnehmer und um die arbeitnehmerorientierte Wirtschaftsförderung. Wenn auch
politisch immer so getan wird, als bewegten sozusagen alles die privaten Unternehmer, so steht doch
fest, es kann nur das bewegt werden, was eine hochausgebildete Arbeitnehmerschaft leisten kann
und sozusagen an Kreativität einbringt. Und da glaube ich, daß auch das verstärkte Engagement von
Seiten des Landes hinsichtlich der arbeitnehmerorientierten Wirtschaftsförderung notwendig ist und
zumindest in Zukunft auch einen Schwerpunkt im Landesbudget darstellen sollte. Also weg von den
traditionellen Instrumenten und hin zu einer innovationsorientierten und regionalorientierten
Förderungspolitik! Ich habe heute schon gehört, daß für das Land, ich möchte jetzt wirklich nicht
provozieren, die Milchflaschen ein großes Problem darstellen, während man der Entwicklung in allen
Regionen eine sehr unergeordnete Position beimißt, weil man das in den Medien gar nicht so
bedeutend findet. Ich weiß schon, daß das vielleicht etwas griffiger ist, aber ich möchte jetzt nicht den
Landeshauptmann Dr.Pröll angreifen, denn ich bin gar nicht gegen diese Aktion, ich meine nur, das
Problem selbst lag ja nicht auf unserer Seite, sondern es ist eigentlich, wie wir alle wissen, von den
Verbänden, von den Molkereiverbänden, von der Milchwirtschaft, die ja wirklich eindeutig von der
Dominanz der ÖVP getragen wird, verabsäumt worden, rechtzeitig umzustellen. Es waren nicht irgend
welche Konsumenten dagegen, sondern es ging nur um den Grundsatz, daß die Milch in der Flasche
nicht teurer werden darf als eine anders abgefüllte Milch. Das ist der einzige Grundsatz, und im
übrigen hat sie niemand daran gehindert abzufüllen, in welche Verpackung immer.
In Wahrheit war die Einschätzung falsch. Man hat gedacht, daß etwa 10 % der Konsumenten davon
Gebrauch machen. In Wirklichkeit sind es 30, 40 % geworden und man konnte halt dieser Nachfrage
nicht nachkommen. Das kann man ja auch einmal zugeben, aber man soll dann nicht in die Offensive
gehen und so nach dem Motto "Haltet den Dieb" agieren. Das wollte ich nur einmal feststellen. (Beifall
bei der SPÖ.)
Ich gehöre dem Parteienkomitee für die Marktordnungsverhandlungen an und möchte hier erwähnen,
daß ich zu Herrn Bundesminister Riegler gesagt habe, also nach den Aussagen des Kuriers dürfte es
ja eigentlich kein Versorgungsgebiet mehr geben und in der Marktordnung gar kein Thema mehr sein.
Der Minister war übrigens ein hervorragender Verhandlungspartner, und wir haben die Marktordnung
mit entscheidenden Änderungen und mit entscheidenden neuen Akzenten in 14tägigen nächtelangen
Verhandlungen durchgesetzt und uns geeinigt. Ich muß immer wieder feststellen, daß wir hier
Gesprächspartner gehabt haben, mit denen man sozusagen reden konnte, und auf beiden Seiten gab
es eine Einigung, auf die wir gemeinsam stolz sein können, weil sie eine Akzentverschiebung in die
richtige Richtung darstellt. (Beifall bei Abg. Kurzreiter. - Abg. Anzenberger: Beim Haiden wäre das
nicht möglich gewesen!) Aber ich wollte eigentlich etwas ganz anderes erzählen. Als ich nämlich
gesagt habe, darüber brauchen wir nicht mehr zu reden, hat mich der Bundesminister gefragt, ja wie
kommen S' auf die Idee? Ich sagte, weil im Kurier steht, daß Versorgungsgebiete keine Bedeutung
mehr haben, da ja jede Molkerei in diese hineinliefern kann - ich habe schon gewußt, wieso ich die
Frage stellte -, worauf er gesagt hat, na ja, der Beitrag ist ja nicht ganz ernst zu nehmen. Und ihr
Präsident Derfler hat gesagt, na ja, im Kurier steht ja öfters ein Blödsinn. Und ein anderer hat mir
darauf geantwortet, im Kirchenblatt ist es nicht gestanden, daß die Versorgungsgebiete nicht
aufrechterhalten bleiben. (Abg. Anzenberger: Ich habe schon öfter gesagt: Steht es in der Zeitung,
oder ist es wahr?) Ich will aber etwas anderes damit sagen. Wir wissen schon, daß man manches
sozusagen ein bisserl im eigenen Saft braten lassen kann, und es sind nun einmal die Verbände, es
ist nun einmal der Bauernbund, die sich in der Reichshälfte befinden, wo sich das abspielt. Das gebe
ich ja zu. Wir sind aber nicht diejenigen gewesen, die sozusagen das Feuerl weiter geschürt haben,
sondern das war interessanterweise einer, der selber vom Bauernbund kommt und nicht genug
Ablenkungsmanöver hatte vollziehen können. (Beifall bei der SPÖ.)
Das will ich einmal klarstellen. Im übrigen glaube ich, ist das, was hier vollzogen wurde, im Akzent
auch richtig, und daher sind wir froh, daß wir es hingebracht haben, nur sollte man die Wirkung und
die Ursache dieses Engpasses erkennen. Das wollte ich auch einmal klarstellen.
Nun zurück zu den Instrumenten des Wirtschaftsförderungs- und Strukturverbesserungsfonds. Ich
glaube, daß es in Niederösterreich richtig war, die Wirtschaftsförderung auszugliedern und in diesem
Fonds zusammenzufassen. Es war übrigens ein langes Bemühen der Sozialisten im Landtag, und
schließlich wurde im Oktober 1984 mit Wirkung 1.1.1985 das vollzogen, was wir verlangt haben,
nämlich die Schaffung eines Fonds, der durch eine hohe Flexibilität besser den Erfordernissen der
Wirtschaft Rechnung trägt und letztlich damit den Zugang zu einer weniger bürokratischen
Handhabung für die Wirtschaft schafft.
Ich möchte nur hinzufügen, daß der Fonds selbst eine gute Arbeit leistet und spreche auch hier
meinen Dank an die Leitung, an die Mitarbeiter aus. Allerdings sollte er, um den Erfordernissen noch
besser Rechnung tragen zu können, was wir auch schon verlangt haben, auf die Agenden einer
Beteiligungsgesellschaft und einer Auffanggesellschaft ausgeweitet werden. Ich glaube nämlich, daß
es manchesmal gut ist, vorübergehend Betrieben, die in Schwierigkeiten sind, eine Eigentümerstruktur
zu geben, die dann auch die Entscheidungen zu treffen haben, und wenn man das durchgezogen und
einen gesunden Betrieb wieder reprivatisiert hat, kann man - um Ihr Schlagwort zu verwenden -, um
wieder neue Finanzquellen zu erschließen, an die Börse oder wo immer man will gehen. Und dafür
gibt es auch Beweise. Wir haben die Ife in Waidhofen saniert und einen guten Betrieb daraus
gemacht, das ist die EnkaGlanzstoff, heute ein Werk, das nicht mehr bestünde, wenn nicht diese
Auffanggesellschaft tätig geworden wäre, sodaß auch das Land, glaube ich, Arbeitsplätze schaffen
könnte, indem es in Form vorübergehender Eigentümerschaft funktionsgerechte Entscheidungen in
Betrieben trifft. Ich möchte, daß das in Zukunft als neue Aufgabenstellung in den Fonds aufgenommen
wird. Ich habe, meine sehr geehrten Damen und Herren, von der Öffnung gegenüber dem Ausland
geprochen. Ich glaube, das ist ungemein wichtig, in einer Zeit, wo alles selbst im außenpolitischen
Sinne in Bewegung ist, und wo gerade das Exportpotential der Klein- und Mittelbetriebe noch viel zu
wenig genutzt wird. Wo liegt die große Chance der Klein- und Mittelbetriebe? Nämlich dort, wo sie
durch ihre große Marktnähe und ihre rasche Anpassungsfähigkeit Produkte herstellen, mit denen sie
den größeren Betrieben überlegen sind. Wir haben Beispiele von Kooperationen zu kleinen
Unternehmen in Ungarn, ja man muß sagen, eine ganze Reihe von gemeinsamen kleinen
Unternehmen leisten dort hervorragende Arbeit, na sagen wir, noch als eine Art Experiment für die
Ungarn, aber es gibt auch in der Tschechoslowakei bereits fünf gemeinsame Unternehmen - heute
noch Experimente, morgen ein Export in einer anderen, in einer höheren Qualitätsstruktur.
Wenn man also davon ausgeht, daß man dieses Marktpotential nutzen will, dann müssen auch immer
mehr Marktinformationen zur Verfügung gestellt werden. Diese Marktinformationen sind zum Beispiel
Aufgabe eines Förderungsfonds, der letztlich den Betrieben die Informationen rechtzeitig gibt, die sie
brauchen, um entsprechende Entscheidungen treffen zu können.
Ich möchte auch ein paar Sätze zu manchen Aussagen der ÖVP treffen - ich habe es schon ein
paarmal erwähnt -, die immer wieder auftauchen. Die ÖVP stellt nämlich manchesmal politisch den
Mittelstand als den einzigen Motor in der Wirtschaft und den einzigen Zielpunkt der Politik dar. Ich
glaube, das ist grundsätzlich falsch. Es ist ein wichtiger Zielpunkt der Politik, aber nicht der einzige,
und man sollte daher - es wird immer auf Plakaten und in Wahlzeiten dargestellt - nach wie vor
unserem Grundsatz zustimmen und darauf eingehen, daß die Wirtschaft etwas Unteilbares ist und nur
von den Funktionen her zu bestimmen ist. (Abg. Kurzbauer: Herr Dr.Bauer! Die Wirtschaft sind wir
alle!) Na eben - ich komme schon auf das zweite -, daher ist ja diese Zielrichtung falsch. Ich habe
schon erwähnt, daß immer wieder die dynamische Kraft sozusagen der Betriebsleiter genannt wird. Es
ist gewiß wichtig, daß im Management Betriebsleiter und Unternehmer sehr dynamisch sind. Aber
mindestens gleichrangig und wichtig ist die Kreativität der Mitarbeiterschaft, und daher glaube ich, daß
man in dem ÖVP-Papier, das ich mir wieder durchgelesen habe, wo nur von den Visionen der
Unternehmer als Triebfeder gesprochen wird, genauso die Anerkennung der Arbeitnehmerschaft
gegenübersetzen muß. Nun auch noch zu dem Schlagwort "mehr privat - weniger Staat". (Abg.
Kurzbauer: Das ist kein Schlagwort mehr!) Ich glaube, daraus soll kein Glaubenskrieg entstehen, denn
das Kriterium kann nicht darin liegen, daß es gut ist, wenn die eine Form vorliegt, und schlecht ist,
wenn die andere Form vorliegt, sondern es muß jeweils nach den Kriterien der Effizienz gemessen
werden, und wenn die eine Form die Kriterien erfüllt, dann ist sie genauso gut wie die andere. (Abg.
Fidesser: Jetzt geht es Dir so wie der Kollegin Auer. Da ist der Wunsch so weit von der Praxis
entfernt!) Herr Kollege Fidesser! Sie haben sich ja heute als ein bissiger Fidesser dargestellt, weil Sie
immer vom Beißen des Hundes und so gesprochen haben, nicht mit Ihren Worten selbst, sondern in
der Vergleichsziehung. Ich möchte folgendes sagen. Es gibt bitte ungemein undifferenzierte
Aussagen. Bitte, vor zwei Tagen war in einer Pressekonferenz die ÖMV-Präsentation. Die Dividenden
werden 16 % betragen. Das ist auch ein Unternehmen, das der Republik Österreich mehrheitlich
gehört, und es zahlt 16 % Dividende. Die AUA ist auch sehr positiv gestioniert. Es ist ja nicht so, daß
man alles generalisieren kann, sondern es gibt Betriebe, die sich in strukturellen Problemen befinden,
und andere, die hervorragend arbeiten. Sie werden ja im Sinne der Vorschläge Lacinas Gelegenheit
haben, gerade im Bereich Straßenverwaltung allmählich viele Tätigkeiten zu reprivatisieren und jene
Tätigkeiten, die auch kleine private Unternehmen ausführen können, abzutreten. Der Vorschlag, der
auch im Kurier gestanden ist, daß man die Reprivatisierung nicht nur von den Bundesbetrieben
verlangen kann, sondern auch von den Landesbetrieben - die NEWAG wird ja im Herbst 1988 an die
Börse gehen und Anteile hergeben -, wird so sein, daß sich zum Beispiel, so wie in der Müllabfuhr,
Betriebe spezialisieren und zu günstigen Bedingungen mit den Gemeinden abschließen, sodaß es in
der nächsten Phase durchaus sein kann, daß auch in der Straßenverwaltung konkurrenzfähige Mittelund Kleinbetriebe arbeiten, und ich bin schon sehr neugierig, ob hier Ihre Zustimmung erfolgen wird.
Ich hoffe, daß sie erfolgen wird. Das ist genau das gleiche. Man kann nicht immer nur von der
Bundesseite reden, denn das kann dann vor der Landesseite nicht haltmachen, und es wäre auch
schlecht, wenn's haltmachte, ganz unter uns gesagt.
Nun zum Fondsbericht, meine sehr geehrten Damen und Herren, zur Struktur. Die Darlehen sind ja
nahezu unverändert, wobei mir aufgefallen ist, daß bei einigen Aktionen die Zinsenzuschußaktionen
sehr rückläufig waren, wie zum Beispiel bei der Pro-Industrie-Aktion, während andere Aktionen, wie
zum Beispiel die Innovationsförderung, die erfreulicherweise einen großen Aufschwung genommen
hat, nämlich von 50 Millionen auf 150 Millionen, sehr positiv waren. Diese Steigerung im
Innovationsbereich ist eine sehr positive Entwicklung. Ebenso haben wir eine sehr starke Steigerung
bei der Gewerbestrukturverbesserung. Ich glaube, daß das im grundsätzlichen der richtige Weg ist.
Zur gemeinsamen regionalen Sonderförderungsaktion, die erstmalig im Fondslauf abgewickelt wurde,
möchte ich feststellen, daß es wichtig war, daß diese Förderungsaktion, bei der es kurzfristig nicht
sicher war, ob sie weitergeführt werden kann, im Interesse der Betriebe gesichert wurde. Es war unser
Landeshauptmannstellvertreter Höger, der mit Vranitzky dieses Gespräch geführt hat und, wie ich
glaube, wesentlich dazu beigetragen hat, daß diese Aktion im Interesse der Grenzlandregionen und
der schwierigen Regionen aus wirtschaftlicher Sicht fortgesetzt wird.
Und noch eine positive Bemerkung zum Fonds. Ich glaube, daß man richtig erkannt hat, daß in
Zukunft im Fonds die immaterielle Förderung stärker zu betonen ist als die direkte Förderung. Das ist
grundsätzlich die richtige Erkenntnis. Aus der Fondsgebarung allerdings kann ich noch nicht ableiten,
daß auch schon ein Erfolg zu verzeichnen ist. Daher müßte in Zukunft eine verstärkte Konzentration
auf diese immaterielle Förderung erfolgen, denn ich glaube, daß das tatsächlich wichtiger ist als ein
direktes Geldhingeben, gerade bei Klein- und Mittelbetrieben. Einen wesentlichen Faktor ihrer
betrieblichen Mängel könnte man vielleicht dadurch überwinden, indem man Information,
Marktberatung, Kostenberatung und alle diese Dinge im kaufmännischen Bereich zusammenfaßt. Alle
unsere Betriebe sind hervorragend im technischen Bereich, den beherrschen sie, sind aber vielleicht
ein bisserl schwächer im kaufmännischen, und daher sollte man hier eine stärkere Hilfestellung
gewähren. Es gibt auch vom Wirtschaftsförderungsinstitut gute Initiativen, das sei anerkannt, aber die
gehören nach wie vor verstärkt. Nun auch zur Umstrukturierung des Fonds eine etwas kritische
Anmerkung. Mir scheint nämlich, daß gerade die Umstrukturierung in Richtung bedarfsbezogener
Ausbildung und spezieller Bemühungen gegen Dauerarbeitslosigkeit derzeit keine Bestätigung in der
Gebarung finden. Es scheint mir sehr, sehr wichtig, meine sehr geehrten Damen und Herren, sich
gerade mit dieser bedarfsbezogenen Ausbildungsunterstützung und darüber hinaus mit der
Dauerarbeitslosigkeit und ihrer Bekämpfung zu befassen, denn auch das Land und der Fonds müssen
letztlich aktiv werden, da diese Maßnahmen nicht nur über die Arbeitsmarktverwaltung des Bundes
getragen werden können. Es geht darum, daß die sogenannte Dauerarbeitslosigkeit nicht in neue
Ausgrenzungen der Menschen mündet, sondern daß man sich bemüht, Akzente in Richtung
Verbesserung zu setzen. (Abg. Auer: Darüber muß man reden!) Bitte? Ja, das muß man diskutieren.
Das ist eine Anregung vom Kollegen Auer. Ich glaube, daß diese auf die Arbeitnehmer und auf die
Dauerarbeitslosigkeit bezogene Tätigkeit des Fonds wichtig wäre. Das erscheint mir eine sehr
wichtige zukünftige Tätigkeit. Ich darf daher zusammenfassend feststellen, daß der Fonds mit seinen
rund 1,7 Milliarden Schilling in der Auswirkung durchaus positiv gearbeitet hat, daß er sich in Zukunft und das erscheint mir auch wichtig - sehr stark in die allgemeinen Regionalisierungsprogramme
einbinden soll. Wenn man überlegt, daß aus diesem 1,5 Milliarden-Beschluß aus der Regionalisierung
3,5 Milliarden Schilling bewegt werden, dann kann das durchaus ein wichtiger Ansatzpunkt für
betriebliche Entscheidungen in den Regionen sein. Daher kann man hier eine abgestimmte, nicht
unbedingt im Fonds gelegene, sondern eine ergänzende Tätigkeit sehen.
In diesem Sinne glaube ich, daß es eine richtige Entscheidung war, im Fonds die
Wirtschaftsförderungsaktivitäten zusammenzufassen und ihn um die Akzente, die ich angeführt habe,
zu erweitern. Ich bin überzeugt, daß der Fonds auch in Zukunft eine hervorragende Arbeit im
Interesse der niederösterreichischen Wirtschaft leisten wird. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Zum Worte ist Herr Abg. Dirnberger gemeldet.
Abg. DIRNBERGER (ÖVP): Herr Präsident! Hoher Landtag! Wenn uns nunmehr der dritte Bericht des
Niederösterreichischen Wirtschafts- und Strukturverbesserungsfonds vorliegt, so zeigt die positive
Entwicklung die Grundsätze der Politik im Wirtschafts- und Strukturverbesserungsfonds auf. Zum
einen die Förderungspolitik im allgemeinen, zum anderen das Eingehen auf neue Aufgabenstellungen
und vor allem auch die gesunde wirtschaftliche Basis des Fonds. Zunächst zur gesunden
wirtschaftlichen Basis des Wirtschafts- und Strukturverbesserungsfonds. Der Fonds weist laut Bilanz
1987 ein Kapital von 1.050,000.000,-- Schilling aus, was eine entsprechende Beweglichkeit der
etwaigen größeren Betriebsansiedlungsvorhaben erbringen kann. Dies ist sicherlich auch der Hinweis
auf eine sinnvolle, sorgfältige Verwendung der Mittel. Zur Förderungspolitik im allgemeinen möchte ich
nur erwähnen - der Kollege Dr.Bauer ist ja schon darauf eingegangen - daß das Volumen der
bewilligten Förderungsdarlehen gegenüber dem Vorjahr in etwa gleich geblieben ist. 2.832 Anträge
wurden positiv erledigt, wurden bewilligt, was eine Förderungssumme von mehr als 1,6 Milliarden
Schilling ausgemacht hat.
Zur Kapitalsumme müßte man vielleicht sagen, daß die Zinsenzuschüsse um 10 % zugenommen
haben. Im wesentlichen ist das auf die gute Liquiditätssituation bei den Banken zurückzuführen, wo
wir mit weniger Mittel größere Dinge bewältigen können. Zu den Zinsenzuschußaktionen ist zu
bemerken, daß vor allem bei den Innovationen deutliche Zuwachsraten zu verzeichnen sind, ein an
sich sehr hoffnungsvoller Trend in der niederösterreichischen Wirtschaft. Die Förderungspolitik ist aber
sehr wesentlich auch auf dem zweiten Standbein, nämlich auf der Schaffung und Erhaltung von
Arbeitsplätzen in Problemgebieten, ausgerichtet. Mit der Staffelung der Zinssätze bzw.
Zinsenzuschüsse nach den Förderungsgebieten und der regionalen Aufteilung der geförderten
Beiträge wird sicherlich dem regionalpolitischen Auftrag Rechnung getragen.
Zur Frage des Eingehens auf neue Aufgabenstellungen, was ich zuvor erwähnt habe, möchte ich nur
eines sagen. Im Rahmen der Technologieoffensive der niederösterreichischen Wirtschaft wurde die
Zuschußaktion für kooperative Forschungs- und Entwicklungsprojekte in das Programm des Fonds
aufgenommen. Nicht nur die materiellen Förderungen, sondern auch die Informations- und
Beratungstätigkeit für Innovationen und Technologietransfer in Zusammenarbeit mit dem
Wirtschaftsförderungsinstitut wurden entsprechend ausgeweitet. In St. Pölten, Wr. Neustadt entstehen
regionale Technologiezentren, die auch Klein- und Mittelbetrieben Mikroelektronik, Biotechnologie und
neue Werkstoffe zugänglich machen sollen. Gerade dies ist ein sehr wesentlicher Teil der
notwendigen Vorbereitungen auf den Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft.
Der Blick auf den jüngsten Wirtschaftsbericht, meine Damen und Herren, zeigt sehr mutige
Entwicklungen in Österreich, aber auch in Niederösterreich, positive Tendenzen sowohl des
Wirtschaftswachstums wie auch des Arbeitsmarktes. Vor allem was die Position Niederösterreichs im
Vergleich mit Österreich betrifft, können wir mit erfreulichen Daten aufwarten. Ich darf hier doch ein
bißchen ins Detail gehen, denn diese Dinge, wie sie sich im letzten Jahr abgezeichnet haben, sind
wirklich eine sehr erfreuliche Entwicklung.
Vielleicht gleich zur Industrieproduktion. Diese stieg im letzten Quartal gegenüber dem Vorjahr in
Österreich um 2 %, in Niederösterreich immerhin um 3,7 %. Die Bauproduktion. Aufgrund des extrem
milden Winters, hier Ziffern vom Monat Jänner, der immer ein ganz besonderer Problemmonat für die
Bauwirtschaft ist, hatten wir in Österreich eine Zunahme des Produktionswertes von 12,7 %, in
Niederösterreich von 41,7 %; ein sehr eklatanter Unterschied zwischen Niederösterreich und der
Entwicklung in der gesamten Republik.
Noch eklatanter, meine Damen und Herren, ist aber der Unterschied, was die öffentlichen Bauträger
betrifft. Hatten wir im Jänner in Österreich einen Zuwachs von 3,1 %, so haben wir in Niederösterreich
immerhin ein Plus von 40,1 % verzeichnen können. Dies läßt sicherlich zwei Schlüsse zu, nämlich
zum einen, die niederösterreichische Wirtschaft hat gezeigt, daß sie viel flexibler als die
gesamtösterreichische ist, und zum zweiten, das Land Niederösterreich kann dank einer stets
geordneten Finanz- und Budgetpolitik deutlich mehr Impulse für die niederösterreichische Wirtschaft
setzen, als das in anderen Ländern und bundesweit der Fall ist.
Vom Arbeitsmarkt gibt es ebenso erfreuliche Daten zu melden. Zunächst der Anstieg der
unselbständigen Beschäftigten. Hatten wir in Österreich gegenüber dem Vorjahr einen halben
Prozentpunkt zulegen können, so konnten wir in Niederösterreich immerhin ein Plus von 1,3 %
verzeichnen. Einher geht hier die Verringerung der vorgemerkten Arbeitslosen. In Österreich minus
2,3 %, in Niederösterreich minus 8,2 %. Dies entspricht einer Arbeitslosenrate von 5,6 in Österreich
bzw. von 5,2 % in Niederösterreich. Wir sind also endlich hier unter den Bundesdurchschnitt
gesunken. Bei den gemeldeten offenen Stellen in Österreich können wir laut dem letzten
Wirtschaftsbericht des Vormonates ein Plus von 4,8 % verzeichnen, in Niederösterreich, der große
Unterschied, haben wir plus 17,1 % gemeldete offene Stellen. Die Entwicklung der österreichischen
Wirtschaft ist sicherlich sehr erfreulich. Ich glaube, das zeigt aber auch, daß alle Krankjammerer und
professionellen Miesmacher mit diesen Zahlen zwar nicht aus ihrer bedauernswerten Stimmungslage
zu bringen sind, ihnen aber doch der Boden der Realität damit genommen werden konnte, liebe
Kolleginnen und Kollegen, wobei wir sicherlich gerade im Bereich der Miesmacher und der
Pessimisten, dieser Stimmungsmacher, doch eines anzumerken haben, daß nämlich die Spannung
zwischen der Wirklichkeit des Geschehens und einer wie immer entstandenen, vielfach von
bestimmten gesellschaftlichen Gruppen aufgedrängten negativen Stimmung in vielen
Lebensbereichen größer, ja geradezu immer grotesker wird. Die noch etwas günstigeren Tendenzen
der niederösterreichischen Wirtschaft basieren auf einer Reihe von Einzelmaßnahmen.
Die Grundlage für diese Aufbruchstimmung in unserem Lande wurde aber sicher mit der Idee und der
Kraft der Durchsetzung der Landeshauptstadt und der Regionalisierung von Landeshauptmann
Ludwig geschaffen. Von allen direkten meßbaren Indikatoren abgesehen, hat der Landeshauptmann
mit seiner Zukunftsvision eines bewiesen: Eine positive Einstellung und das Transportieren dieser
Einstellung führen zu einer Eigendynamik, die nicht unwesentlich für den Erfolg ist, ja daß diese
Haltung der entscheidende Impuls im Rahmen von Veränderungsprozessen in der Wirtschaft ist und
sein kann. Es soll hier durchaus anerkennend vermerkt werden, daß auch die zweite politische Kraft in
diesem Hause schließlich bereit war mitzugehen. Die Idee zur Landeshauptstadt und Regionalisierung
wurde aber von Landeshauptmann Ludwig eingebracht, und das politische Risiko in der
entscheidenden Phase hat Siegfried Ludwig getragen. Mittlerweile hat diese Regionalisierung nicht
nur im öffentlichen und halböffentlichen, sondern tief im wirtschaftlichen Bereich Platz gegriffen.
Eine ganz besondere Bedeutung hat hier vor allem für uns Niederösterreicher die Frage der
Verarbeitung der eigenen Produkte im eigenen Lande. Wir haben das vor zwei Monaten im Landtag
diskutiert. Dies ist nicht etwa ein provinzieller Kampf gegen die Bundeshauptstadt, sondern unser
Selbstverständnis, nicht bloß Zulieferer, sondern mit hochwertiger Verarbeitung Schrittmacher, ja ein
Garant moderner wirtschaftlicher Entwicklung zu sein. Nicht Zulieferung und billige Massenproduktion,
sondern hochwertige Verarbeitung und Veredelung werden uns hohes Lohnniveau und sichere
Arbeitsplätze bringen. Und wenn ich von hohem Lohnniveau spreche, dann möchte ich doch dem
Abgeordneten Dr.Bauer eines sagen. Na ja, wir lassen uns einfach nicht zuordnen, daß wir oder Teile
der Volkspartei glauben, den Wettbewerb stärken zu können, indem man das Lohnniveau senkt. Ganz
im Gegenteil, gerade wir haben ja immer vertreten, hochwertige Produkte schaffen und neue
Produktionsanlagen aufstellen zu wollen, um am Weltmarkt mit modernen Produkten konkurrenzfähig
zu sein. Diese Zuweisung lassen wir einfach nicht gelten, denn gerade wir haben in Niederösterreich
in diesem Bereich die entscheidenden Initiativen gesetzt! (Beifall bei der ÖVP.)
Die größte Bedeutung, meine Damen und Herren, neben der betrieblichen Wirtschaftsförderung hat
sicherlich eine moderne Berufsausbildung. Hier haben wir in Zukunft zwei Schwerpunkte zu setzen,
nämlich zum einen das breite Beherrschen moderner Techniken, Technologien und zum zweiten das
Beherrschen von mehr Fremdsprachen. Dies sind ganz große Herausforderungen nicht nur für die
Wirtschaft, sondern vor allem für die Jugend unseres Landes. Ich glaube, hier gehen wir konform. Und
was die Fremdsprachen betrifft, so glaube ich, daß die Idee eines breiten Jugendaustausches im
Rahmen der Berufsausbildung, wo unseren jungen Menschen neue Chancen eröffnet werden, aber
auch das Verständnis für andere Völker in der Europäischen Gemeinschaft gefördert wird, eine ganz
große Bedeutung hat. Wir sollten den jungen Menschen ähnlich dem Studentenaustausch die
Berufsausbildung auf breiter Basis auch in anderen Ländern ermöglichen. Ich glaube, das wäre ein
ganz wertvoller Beitrag gegen die Ausländerfeindlichkeit, den Gastarbeitern gegenüber und so weiter.
Wir dürfen nicht verkennen, daß es solche Tendenzen ja auch in Niederösterreich gibt und daß diese
in niederösterreichischen Wirtshaushinterzimmern von einem blauen Fähnleinführer Haider
entsprechend geschürt werden. Dieses kleine Potential der Gestrigen hat es ja an sich immer
gegeben. Das werden wir kaum einstellen können. Unsere gemeinsame Aufgabe, unsere
gemeinsame Verantworung wird es sein, daß diese Rülpser nicht gesellschaftlich tragfähig werden
und in Zukunft nicht die breite Anerkennung in der Öffentlichkeit erhalten (Beifall bei den Abg. Feurer
und Koczur.),
und schon gar nicht, meine Damen und Herren, ist die niederösterreichische Gesetzgebung, ist die
Gesetzgebung unseres Landes der Platz für diesen Mief aus der Vergangenheit! Das müssen wir
ganz klar festhalten und dürfen in dieser Frage ja nicht opportunistisch sein, denn das würde
gesellschaftlich, wenn wir nur an die Europäische Gemeinschaft denken, sicherlich in die falsche
Richtung laufen.
Wir werden in Niederösterreich die Wirtschaft und die Arbeitswelt im Hinblick auf die Europäische
Gemeinschaft weiterentwickeln. Zum einen durch Initiativen zur Verbesserung der Berufsausbildung,
wie ich zuvor erwähnt habe, vor allem aber auch durch regionalpolitische Vorhaben, durch die
Regionalisierung in unserem Lande, durch verstärkte Informations- und Beratungstätigkeit, wie es ja
die Initiativen des Wirtschafts- und Strukturverbesserungsfonds im letzten Jahr in Zusammenarbeit mit
dem Wirtschaftsförderungsinstitut ganz besonders gewesen sind, aber auch durch weitere materielle
betriebliche Investitionsförderungen. Hier hat der Wirtschafts- und Strukturverbesserungsfonds in den
letzten drei Jahren wirklich Großes geleistet. Unser ganz besonderer Dank gilt daher heute anläßlich
der Vorlage des Jahresberichtes der Verwaltung dieses Fonds, vor allem dem Leiter, Herrn Hofrat
Dr.Schutzbier, selbstverständlich auch dem politischen Referenten, unserem Landesrat Höfinger. Wir
als Österreichische Volkspartei nehmen diesen Bericht sicher gerne zur Kenntnis und erwarten die
Fortführung und Weiterentwicklung dieser modernen Wirtschaftspolitik. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Herr Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. TRABITSCH (ÖVP): Ich verzichte.
DRITTER PRÄSIDENT Ing.SCHOBER: Wir kommen zur Abstimmung. (Nach Abstimmung über den
vorliegenden Antrag des Wirtschaftsausschusses): Einstimmig angenommen. Ich beabsichtige, die
Debatte über die Geschäftsstücke Ltg.390/5-11 und Ltg.402/K-1 unter einem abzuführen,
Berichterstattung und Abstimmung sollen jedoch getrennt erfolgen. Wird gegen diese Vorgangsweise
ein Einwand erhoben? Das ist nicht der Fall. Ich ersuche den Herrn Abgeordneten Hiller, zur Zahl
Ltg.390/5-11 und anschließend den Herrn Abgeordneten Gruber, zur Zahl Ltg.402/K-1 zu berichten.
Berichterstatter Abg. HILLER (ÖVP): Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich berichte namens des
Gesundheitsausschusses zur Ltg.309/V-11/6 über die Vorlage der Niederösterreichischen
Landesregierung betreffend
Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds-Vereinbarung für 1988 bis 1990.
Im Jahre 1978 haben Bund und Länder erstmals eine Vereinbarung über die
Krankenanstaltenfinanzierung und die Dotierung des Wasserwirtschaftsfonds geschlossen. Durch
diese Vereinbarung sollte den Rechtsträgern der österreichischen Krankenanstalten einerseits Mittel
zur Verfügung gestellt werden, andererseits sollte auch ein Anreiz zur Einführung von modernen
betriebswirtschaftlichen Methoden in Krankenanstalten geschaffen werden. Das
"Abgangsdeckungssystem" sollte durch eine leistungsbezogene Finanzierung ersetzt werden. Aus
diesem Grund wurde der Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds, abgekürzt KRAZAF, geschaffen.
Es handelt sich dabei um einen Fonds mit eigener Rechtspersönlichkeit, der als zentrales
Finanzierungsinstrument fungieren sollte. In den Jahren 1978 bis 1987 wurden drei Vereinbarungen
zwischen Bund, Ländern und den Rechtsträgern der österreichischen Krankenanstalten getroffen. Da
sich gegen Ende des Jahres 1987 abzeichnete, daß die dritte Vereinbarung am 31.12.1987 ersatzlos
auslaufen würde, erklärten die Länder dem Bund gegenüber ihre Bereitschaft zu weiteren
Verhandlungen und zu einer vorläufigen Anwendung der bis Ende 1987 geltenden Bestimmungen
auch im Jahre 1988. Schließlich wurde nach mehreren Verhandlungsrunden die vierte Vereinbarung
im Rahmen der Landeshauptmännerkonferenz am 15.April 1988 unterzeichnet. Diese Vereinbarung
soll vom 1.Jänner 1988 bis zum 31.Dezember 1990 gelten, sobald die nach der Bundesverfassung
und nach den Landesverfassungen erforderlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten erfüllt sind.
Wesentliche Punkte der vierten KRAZAF-Vereinbarung sind: 1. Die nun vorliegende vierte
Vereinbarung erfüllt eine Forderung der Länder, die schon seit Jahren besteht. Es werden künftig die
KRAZAF-Mittel nach Länderquoten aufgeteilt. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zu den früheren
Vereinbarungen, da damit das speziell für Niederösterreich bestehende Problem der sogenannten
"Fremdpatienten" wegfällt.
2. Sowohl der Bund als auch die Sozialversicherungsträger werden zu den einzubringenden
Leistungen folgende zusätzliche Mittel einschießen: Der Bund jährlich 80 Millionen Schilling, die
Sozialversicherungsträger in den Jahren 1988 und 1989 je 220 Millionen Schilling, 1990 320 Millionen
Schilling. 3. Die Patienten der allgemeinen Gebührenklasse werden überdies ab 1.Juli 1988 einen
Kostenbeitrag von 50 Schilling pro Tag eines stationären Aufenthaltes in einem Krankenhaus
bezahlen müssen. 4. Die Steigerung der KRAZAF-Mittel stellt sich für Niederösterreich wie folgt dar:
1987 werden 970 Millionen Schilling, 1988 1.156,800.000,-- Schilling, 1989 1.307,778.000,-- Schilling,
1990 1.365,000.000,-- Schilling finanzielle Leistung aus dem KRAZAF erbracht.
5. Eine weitere wesentliche Änderung der bisherigen Finanzierungsmethode liegt darin, daß
(verschieden je nach Land) zwischen 10 % und 25 % der Landesquote zur Finanzierung von
Maßnahmen verwendet werden sollen, die den Akutbereich der Krankenanstalten entlasten. Damit
sollen folgende strukturverbessernde Maßnahmen finanziert werden: die Heimkrankenpflege,
medizinisch ausreichend versorgte Pflegebetten, Vorsorgemaßnahmen, Notarztdienste udgl.
6. Die Investitionsfinanzierung medizinisch-technischer Großgeräte soll künftig durch einen
Großgerätepool erfolgen. (Zweiter Präsident Haufek übernimmt den Vorsitz.)
7. Einen weiteren maßgeblichen Schritt stellt die Erfassung und Codierung der Entlassungsdiagnosen
nach einem einheitlichen System dar.
Hohes Haus! Ich stelle den Antrag (liest):
"Der Hohe Landtag wolle beschließen: Der Vereinbarungstext für die (vierte) Vereinbarung zwischen
dem Bund und den Ländern über die Krankenanstaltenfinanzierung und die Dotierung des Umweltund
Wasserwirtschaftsfonds wird genehmigt."
Ich ersuche den Herrn Präsidenten, die Debatte einzuleiten und die Abstimmung durchzuführen.
Berichterstatter Abg. GRUBER (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich habe zur
Änderung des Niederösterreichischen Krankenanstaltengesetzes 1974 zu berichten. Die Vorlage
befindet sich in den Händen der Abgeordneten. Der Nationalrat hat am 26.5.1988 ein Bundesgesetz
beschlossen, mit dem das Krankenanstaltengesetz geändert wird. Dieses Bundesgesetz beinhaltet
neben einer Reihe anderer Änderungen des zitierten Gesetzes vor allem die legistische Umsetzung
der am 15.April 1988 unterzeichneten Vereinbarung gemäß Artikel 15 a Bundesverfassungsgesetz
zwischen dem Bund und den Bundesländern über die Krankenanstaltenfinanzierung und die
Dotierung des Umwelt- und Wasserwirtschaftsfonds, soweit diese Umsetzung Änderungen der
Bestimmungen des Krankenanstaltengesetzes erfordert. Das Bundesgesetz bedarf nun als
Grundsatzgesetz der Ausführungsregelung durch den Landtag von Niederösterreich. Der vorliegende
Gesetzesentwurf enthält folgende Regelungen. Die wesentlichen sind:
1. Die Einführung eines Kostenbeitrages vom Patienten der Allgemeinen Gebührenklasse.
2. Regelungen über die Beziehungen zu den Sozialversicherungsträgern.
3. Die Kostentragung im Zusammenhang mit der Erstattung von Befund oder Gutachten in
Leistungssachen der Sozialversicherung. 4. Anhebung des Prozentsatzes der Betriebsmittelkredite
der Krankenanstalten.
Der vorliegende Gesetzentwurf führt im wesentlichen nur jene Bestimmungen der eingangs zitierten
KAG-Novelle aus, die mit spätestens 1.Juli 1988 in Kraft zu setzen sind. Aus diesem Grund konnte
auch kein den legistischen Richtlinien entsprechendes Begutachtungsverfahren durchgeführt werden.
Hinsichtlich der restlichen Bestimmungen wird dem Hohen Landtag ein gesonderter Entwurf für ein
entsprechendes Ausführungsgesetz vorgelegt werden.
ZWEITER PRÄSIDENT HAUFEK: Ich eröffne nun die Debatte über beide Geschäftsstücke und erteile
dem Herrn Abgeordneten Icha das Wort.
Abg. ICHA (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Immer wieder hat sich
der Landtag mit Fragen der Krankenanstaltenfinanzierung, mit Fragen der Organisation der
Krankenanstalten, mit der Gesundheitspolitik zu beschäftigen. Alle jene, die regelmäßig damit zu tun
haben, und hier sind die Bürgermeister der spitalerhaltenden Gemeinden sicher auch an vorderster
Front zu finden, wissen, wie komplex diese Materie ist, wie kompliziert sie auch dadurch ist, daß hier
neun Bundesländer involviert sind und daß in Niederösterreich noch dazukommt, daß 23
verschiedene Rechtsträger unter einen Hut zu bringen sind. Dazu kommt noch, daß in den letzten
Jahren mehr und mehr erkannt wurde, daß die Gesundheitspolitik an sich mehr umfaßt als nur den
Sektor des Krankenhauswesens. Sie reicht von der Betreuung, der Vorsorge vor der Geburt bis hinein
in den letzten Abschnitt des Lebens. Gesundheitspolitik ist aufs engste mit Sozialpolitik verzahnt. Und
die Zeit war reif für eine gesamtheitliche Lösung dieser Problematik.
All das mußte in der Vereinbarung gemäß Artikel 15 a der Bundes-Verfassung zwischen dem Bund
und den Ländern über die Krankenanstaltenfinanzierung und über die Dotierung des Umwelt- und
Wasserwirtschaftsfonds für die Jahre 1988 bis 1990 verpackt werden. Die neue KRAZAFVereinbarung, zunächst eine langjährige Forderung der Länder, enthält nämlich die Aufteilung der
KRAZAF-Mittel nach Länderquoten. Dadurch ist das speziell für unser Bundesland bestehende
Problem der Fremdpatienten im wesentlichen gelöst. Niederösterreich erhält in Zukunft 15,813 % aus
der Fondsmasse. Bund und Sozialversicherungsträger schießen zusätzlich Mittel in den Topf ein: der
Bund jährlich 80 Millionen Schilling, die Sozialversicherungsträger steigend 1988 220, 1989 220 und
1990 320 Millionen Schilling. Dazu kommen noch die Mehreinnahmen aus der Anhebung der
Höchstbeitragsgrundlage für die Krankenversicherung auf das jeweilige Niveau der
Höchstbeitragsgrundlage in der gesetzlichen Pensionsversicherung. Für das Jahr 1988 ergeben sich
demzufolge Mehreinnahmen von ca. 750 Millionen Schilling und für die Jahre 1989 und 1990 je ca. 1
1/2 Milliarden Schilling. Ab 1.Juli 1988 soll von den Patienten der Allgemeinen Gebührenklasse
nunmehr ein Kostenbeitrag von 50 Schilling pro Tag des stationären Aufenthaltes im Krankenhaus
eingehoben werden. Die Einhebung soll direkt vom Krankenhaus erfolgen, aber es sind ja auch
soziale Sicherungen eingebaut. Es ist nämlich zum Schutz der sozial bedürftigen Personen
vorgesehen, daß die 50 Schilling nicht von jenen eingehoben werden, die von der Rezeptgebühr
befreit sind, von Versicherten der Bauernkrankenversicherung und den Mitversicherten der ASVGKlassen. Der Kostenbeitrag wird für maximal 28 Tage pro Jahr eingehoben, was bedeutet, daß die
maximale jährliche Belastung 1.400 Schilling betragen könnte. Chronisch kranke Patienten, die sich
häufig in Spezialbehandlung begeben müssen, sollen dadurch besonders geschützt werden. In der
Praxis wird das dann so funktionieren, daß die Sozialversicherung dem Krankenhaus bekannt gibt, ob
bzw. wie lang der betroffene Patient bereits im Krankenhaus im Laufe dieses Jahres behandelt wurde.
Es wäre ja denkbar, daß er in verschiedenen Häusern behandelt worden ist. Die Maßnahme, die sich
in das System des in Österreich bereits bestehenden Selbstbehaltes einfügt, wird den
österreichischen Krankenanstalten etwa 500 bis 600 Millionen Schilling bringen. Die Steigerung der
KRAZAF-Mittel wirkt sich für Niederösterreich folgendermaßen aus: 1987 970 Millionen rückwirkend,
1988 1.156,000.000,--, 1989 1,3 Milliarden, 1990 1.356,000.000,-- Schilling.
Wesentliche Veränderungen in der Versorgungsstruktur werden aber die Strukturmittel bewirken. 10
bis maximal 25 % der Landesquote an KRAZAF-Mitteln müssen für Maßnahmen verwendet werden,
die den Akutbereich entlasten sollen. Zumindest sind aber für die Krankenanstalten Mittel im selben
Ausmaß wie für 1987 vorzusehen. Solche strukturverbessernden Maßnahmen sollen zum Beispiel
Vorsorgemaßnahmen, Notarztdienste, Heimkrankenpflege, Pflegebetten ect. sein.
Die genauen Richtlinien müssen vom KRAZAF noch ausgearbeitet werden. Die Niederösterreichische
Landesregierung hat aber bereits am Dienstag für das heurige Jahr 10 % der Mittel für die
Strukturförderung beschlossen. In Zahlen sind das 112 Millionen Schilling. Über die Mittelaufteilung
wird im Herbst eine Entscheidung zu finden sein.
Hand in Hand mit diesem Strukturwandel ist der Abbau von 2.600 Akutbetten im gesamten
Bundesgebiet vorgesehen. Das konkrete Ergebnis der Verhandlungen soll erst im Oktober d.J.
vorliegen. Hier hat aber Niederösterreich in den vergangenen Jahren bereits große Vorarbeiten
erbracht. So wurde das Raumordnungsprogramm im Zuge des Ausbaues der Krankenanstalten in den
letzten 10 Jahren von 9.745 Akutbetten auf 7.589 herabgesetzt. Nimmt man den Schlüssel der WHO,
der besagt, daß 6 Spitalsbetten pro 1.000 Einwohner einzurichten sind, so käme für Niederösterreich
sogar ein Mehrbedarf von rund 250 Betten exkluxive dem vorgesehenen Spital Wien-Ost zustande.
Die Experten auf Landesebene haben erklärt, daß Niederösterreich für die beiden ersten Jahre der
KRAZAF-Regelung bereits massive Vorarbeiten auf dem Sektor des Akutbettenabbaus geleistet hat.
Die neue KRAZAF-Regelung bringt auch einen ersten Schritt in Richtung leistungsbezogener
Krankenhausfinanzierung. Die Erfassung und Codierung der Entlassungsdiagnosen sollen nach
einem einheitlichen System auf der Basis des von der WHO herausgegebenen ICD-Neun-Schlüssels
erfolgen.
Wenn wir heute im Landtag der KRAZAFRegelung für die Jahre 1988-1990 zustimmen, so wissen wir
alle, daß der Vereinbarung lange und zähe Verhandlungen vorausgegangen sind, und der KRAZAF
und die damit zusammenhängende Bundes-KAG-Novelle machen nunmehr auch die entsprechenden
Ausführungen auf Landesebene erforderlich. Aus Zeitmangel erhält die heute vorliegende Novelle
zum Niederösterreichischen Krankenanstaltengesetz aber nur vier wesentliche Punkte, nämlich
1. eine Regelung über die Beziehung zu den Sozialversicherungsträgern,
2. die Kostentragung der Erstellung von Gutachten bzw. Befunden in Leistungsangelegenheiten der
Sozialversicherung, 3. die Einführung des Kostenbeitrags der Patienten der Allgemeinen
Gebührenklasse in der Höhe von S 50,-- - da die Einhebung dieses Kostenbeitrags bereits ab 1.Juli
des heurigen Jahres vorgesehen ist, wurde eine rasche gesetzliche Abdeckung notwendig - und 4.
das für die Krankenhausträger Wichtigste, nämlich die Anhebung des Prozentsatzes der
Betriebsmittelkredite von bisher 16 % auf nunmehr 25 %.
Die Krankenanstalten Neunkirchen und Scheibbs haben hier die Vorarbeit für alle anderen
niederösterreichischen Krankenanstalten auf sich genommen. Sie haben als erste darauf aufmerksam
gemacht, daß die Gemeinden in Liquiditätsschwierigkeiten kommen müssen und daß sie mit den
zugesagten 16 % der Betriebsmittelkredite längst nicht mehr das Auslangen finden. Gemeinsam
haben diese beiden Krankenanstalten eine gesamtniederösterreichischen Erhebung durchgeführt, und
wir sollten ihnen und insbesondere den nunmehr ebenfalls mitbetroffenen Krankenanstaltenträgern für
diese Initiative dankbar sein. Sie hat die Finanzabteilung des Landes Niederösterreich und den
Landesfinanzreferenten, Herrn Landeshauptmannstellvertreter Pröll, überzeugt und, nachdem alle
Fakten hieb- und stichfest auf dem Tisch gelegen sind, auch zu einem Beschluß in dieser Richtung
geführt. Ich betrachte es - auch als Bürgermeister einer spitalerhaltenden Gemeinde mit diesen
Problemen besonders vertraut und von diesen besonders betroffen - als eine gute Leistung, daß nun
in dieser Frage zwischen den beiden zuständigen Referenten, unserem Gesundheitslandesrat Dr.
Ernest Brezovszky und Herrn Landeshauptmannstellvertreter Pröll, eine Einigung erzielt wurde. Die
Erhöhung auf 25 % bedeutet für die Gemeinden zusätzliche Liquidität, bedeutet aber auch die
Möglichkeit, nunmehr Skontoabzüge, Zahlungsziele und andere im wirtschaftlichen Interesse liegende
Vorteile besser nützen zu können, und durch ein derartiges kostenbewußtes Wirtschaften können von
den jeweiligen Krankenhausverwaltungen sicher auch Einsparungen erzielt werden. Die Belastung
des Landes aus diesem Titel wird sich mit ca. 5,4 Millionen Schilling zu Buche schlagen. Eine
vertretbare Summe an sich, angesichts der heute schon diskutierten Problematik, sicher sogar eine
relativ geringe Summe, wenn man vor allem auch den Nutzen jeder einzelnen Krankenanstalt dem
gegenüberstellt. Die Betriebsmittelvorschüsse des Landes konnten ebenfalls einer sachlich
ausgewogenen Lösung zugeführt werden, und auch hier sind die Verhandlungen positiv zum
Abschluß gebracht worden. Die heutigen Beschlüsse, die der Landtag zu fassen hat, sind sicher nicht
das Ende der Diskussion über die Krankenhausfinanzierung, das Ende der Krankenhausdiskussion an
sich, aber sie stellen einen ersten Schritt dar, und jede noch so lange Reise beginnt mit einem ersten
Schritt, und es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Meine Fraktion wird daher beiden Vorlagen die
Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT HAUFEK: Zum Wort gelangt der Herr Abgeordnete Freibauer.
Abg. Mag.FREIBAUER (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Hoher Landtag! Mein Diskussionsbeitrag, der nun zu diesen beiden Gesetzesmaterien
erfolgen wird, wird sich nicht viel von der Wortmeldung meines Vorredners unterscheiden, aber ich
glaube auch, dadurch kommt etwas zum Ausdruck, nämlich daß es in diesen wichtigen Fragen einen
Gleichklang gibt, und das deutet darauf hin, daß es im Bereich des Gesundheitswesens eine gute
Zusammenarbeit gibt. Und es ist auch wichtig, daß das zum Ausdruck kommt, es muß ja nicht immer
nur Gegensätzliches hier im Landtag vertreten werden. Die KRAZAF-Vereinbarung 1988 bis 1990 und
die Novelle des Niederösterreichischen Krankenanstaltengesetzes 1974 bringen wichtige
Weichenstellungen für die Spitalsreform in Niederösterreich. Es sind also bedeutende
Entscheidungen, die heute der Landtag trifft, bedeutend für die niederösterreichischen Spitäler und für
die weitere Entwicklung des niederösterreichischen Gesundheitswesens. Im Gesundheitswesen wird
mit diesen Gesetzesbeschlüssen ein Durchbruch zu neuen Wegen gelingen. Ich möchte auch daran
erinnern, daß es schwierige Verhandlungen gegeben hat, vor allem auf Bundesebene. Die
Koalitionsregierung hat sich in diesen Verhandlungen aber bewährt. Es ist zu einem Einvernehmen
gekommen, und damit wurde auch der Durchbruch für eine Spitalsreform eingeleitet. Der Weg bis
dahin ist noch weit genug und sicher auch schwierig. Die KRAZAF-Vereinbarung wurde dann am
15.April 1988 von der Landeshauptmännerkonferenz unterzeichnet und soll, wie gesagt, für den
Zeitraum 1.Jänner 1988 bis 31.Dezember 1990 gelten.
Diese Reform umfaßt fünf Schwerpunkte, wie das ja schon erwähnt wurde, nämlich
1. zusätzliche Finanzmittel für die Krankenanstalten, 2. die Lösung des Fremdpatientenproblems in
Niederösterreich, 3. Entlastungen im Akutbereich der Krankenanstalten, 4. Schaffung eines
Großgerätepools und
5. Einstieg in ein leistungsorientiertes Krankenhausfinanzierungssystem.
Nun zu den einzelnen Punkten kurze Bemerkungen: Punkt 1. Dem Krankenanstaltenbereich werden
mehr Mittel zur Verfügung gestellt. Das bedeutet für Niederösterreich eine Entlastung des Landes,
eine Entlastung der NÖKAS-Gemeinden und eine Entlastung der Rechtsträger der Krankenanstalten.
Sowohl der Bund als auch die Sozialversicherungsträger werden also zusätzliche Mittel zur Verfügung
stellen. Die finanziellen Vorteile für Niederösterreich schauen so aus: Mehrleistungen durch den
KRAZAF im Jahre 1988 in Höhe von 190 Millionen, im nächsten Jahr 340 Millionen und auch im Jahre
1990 340 Millionen und ungefähr 70 Millionen Schilling pro Jahr aus dem 50-SchillingPatientenselbstbehalt. Das Fremdpatientenproblem, der zweite Punkt, kann als gelöst betrachtet
werden, weil nun eine Länderquotenregelung eingeführt wurde; der Prozentsatz ist mit 15,813 %
genannt worden. Das ist also gerade für Niederösterreich eine sehr wichtige Sache. Dritter Punkt.
Entlastung für den Akutbereich der Krankenanstalten. Die neue KRAZAF-Vereinbarung sieht vor, daß
von der jeweiligen Länderquote 10 bis höchstens 25 % für Strukturreformen zur Entlastung des
stationären Akutbereiches in den Krankenanstalten zu verwenden sind. Die Mittel für die
Krankenanstaltenfinanzierung sollen aber nicht unter dem Stand von 1987 absinken, und damit ergibt
sich in den kommenden Jahren ein stets steigender Betrag, über den einvernehmlich verfügt werden
kann. Im Jahre 1988 besteht ein Spielraum von 10 bis 12 %, im Jahre 1989 von 10 bis 20 % maximal
und erst im Jahre 1990 ein solcher von 10 bis maximal 22 %. Wir haben am 1.Juni 1988 einen
Spitalsgipfel gehabt. Der Finanzreferent, der Gesundheitslandesrat und die beiden
Gemeindevertreterverbände haben hier Verhandlungen geführt und haben sich darauf geeinigt, daß
im Jahre 1988 die Strukturmittel mit 10 % festgelegt werden, das macht dann eine Summe von 112
Millionen aus. Für die folgenden Jahre wurde der Prozentsatz nicht festgelegt, weil da noch einiges
offen ist, das in andere Problembereiche hineinspielt. Wir haben am 1.Juni vereinbart, daß mit diesen
112 Millionen Schilling, den Grundsätzen des KRAZAF entsprechend, neue Wege in der
medizinischen Versorgung vorbereitet werden. Drei Bereiche sind im wesentlichen vorgesehen: Der
Ausbau des Notarztwagensystems in Niederösterreich. Aus unserer Sicht, ich meine aus der
Gemeindesicht, ist der Notarztwagen eine mobile Einrichtung des Spitals, und eine möglichst schnelle
Versorgung der Notfallspatienten bedeutet auch schnellere Genesung und damit kürzere
Krankenhausaufenthalte. Weiters die Forcierung der Hauskrankenpflege. Diese wird ja vom
Niederösterreichischen Hilfswerk und von der Volkshilfe jetzt schon angeboten und trägt dazu bei, daß
die Krankenhäuser wesentlich entlastet werden. Beide Organisationen, Niederösterreichisches
Hilfswerk und Volkshilfe, haben in den letzten zehn Jahren beste Leistungen bei der Durchführung
sozialer und sozialmedizinischer Dienste erbracht. Zusätzlich zu den schon bisher eingesetzten
Fachkräften, wie Diplomkrankenschwestern, Alten- und Familienhelfern, Haushelfern,
Nachbarschaftshelfern, müssen zur Krankenpflege auch mobile Therapeuten eingesetzt werden. Es
ist wichtig, daß dieser Bereich, nämlich Physikotherapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden,
beachtet wird, auch das brächte weitere Entlastungen bei den Krankenhauskosten. Schließlich soll ein
Teil der Strukturmittel im Jahre 1988, und zwar 112 Millionen Schilling, für den Ausbau der
Pflegebetten außerhalb der Krankenhäuser, also in den Pflegeheimen und Pensionistenheimen,
verwendet werden.
Die genaue Aufteilung dieser Mittel auf die drei Bereiche kann allerdings erst erfolgen, wenn die
KRAZAF-Richtlinien dazu noch eintreffen. Wir werden in einem Spitalsgipfel, im Frühherbst wird das
frühestens möglich sein, sicher wieder Einigung über diese Aufteilung erzielen. Insgesamt wird mit
diesen neuen Strukturmitteln der Akutbereich in unseren Krankenanstalten mit Erfolg reduziert. Auf
lange Sicht bzw. mittelfristig sollen ja 2.600 Akutbetten in ganz Österreich eingespart werden, und das
ist ein wesentlicher Schritt dorthin.
Der vierte Schwerpunkt in den KRAZAFVereinbarungen ist der Großgerätepool. Dazu auch eine
Bemerkung. Die Investitionsfinanzierung medizinisch-technischer Großgeräte soll künftig durch einen
Großgerätepool erfolgen. Das hat die wichtige Aufgabe der Koordination. Es ist nicht unbedingt
notwendig, daß man in zwei benachbarten Spitälern die gleichen Großgeräte hat. Man muß also
schauen, daß der Einzugsbereich für die einzelnen teuren Anschaffungen richtig gewählt wird. Im
Jahre 1988 stehen 100 Millionen aus den Länderquoten für diesen Großgerätepool und in den Jahren
1989 und 1990 österreichweit 200 Millionen zur Verfügung. Eine Überversorgung und damit eine
ungerechtfertigte Kostenausweitung auf dem Großgerätesektor soll damit vermieden werden. Künftig
braucht man also für diese Großgeräte eine KRAZAF-Genehmigung, und es ist erfreulich, daß wir mit
den Mitteln aus diesem Großgerätepool dann auch die neuen Geräte zur Nierensteinzertrümmerung in
Niederösterreich werden finanzieren können.
Aktueller Bericht dazu: In Niederösterreich, gibt's den ersten Nierensteinzertrümmerer in Mistelbach.
Er ist seit März 1988 probeweise in Betrieb. Es hat auch der Herr Gesundheitslandesrat diese
Einrichtung bereits besichtigt und konnte sicher feststellen, daß das für unsere Patienten eine gute
Sache ist. Ich habe auch gehört, daß er sich dafür einsetzen wird, daß nun für Mistelbach, St. Pölten
und Wr. Neustadt solche Geräte endgültig angeschafft werden.
Am Krankenhaus Mistelbach konnten wir jedenfalls nachweisen, daß wir den Patienten besser und
ohne Operationen helfen können, also vollkommen unblutig, bei vollem Bewußtsein. Man könnte fast
sagen, diese Operationen sind ein Vergnügen, jedenfalls um vieles besser als vorher.
500 Nierensteinpatienten werden pro Jahr im Krankenhaus Mistelbach behandelt. Es sind also viele
Leute davon betroffen und diese Behandlungsmethode bringt eine wesentliche Erleichterung. (Rufe im
Hause.) Steinpatienten! Nicht nur Mistelbach ist steinreich, sondern ganz Niederösterreich.
Außerdem ist die Anschaffung dieser Geräte wirtschaftlicher als die Betreuung der Patienten bei der
Überführung nach Wien. Ich glaube, das sind zwei wichtige Argumente, die uns die Entscheidung
nicht schwerfallen lassen sollen.
Und schließlich der fünfte Punkt, Einstieg in ein leistungsorientiertes
Krankenhausfinanzierungssystem. Das jahrzehntelang praktizierte System der pauschalierten
Tagessätze mit Defizitabdeckung soll ja schrittweise durch Einführung einer Leistungshonorierung
ersetzt werden. Ein schrittweises Vorgehen ist deshalb notwendig, weil für das neue,
leistungsbezogene Finanzierungssystem erst die technisch-organisatorischen Voraussetzungen in
den Spitälern ausreifen müssen. Es ist ja alles noch in Probebetrieb und erst abzuschließen. Auf
Grund der beiden heute zu beschließenden Gesetze besteht die Chance, die
Spitalskostenentwicklung in den Griff zu bekommen. Dies ist unerläßlich, denn mehr Wirtschaftlichkeit
und erhöhte Effizienz im Spitalswesen stellen die Voraussetzung für die künftige Finanzierbarkeit des
gesamten Gesundheitswesens dar, und schließlich kostet das Gesundheitswesen in Österreich rund
600 Milliarden Schilling pro Jahr.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit neuerlich und mit Nachdruck darauf hinweisen, daß die moderne
Gesundheitspolitik mehr Ideen, mehr Konzentration und mehr Mittel für die umfassende
Gesundheitsvorsorge aufbieten muß. Das Ziel muß es sein, Krankheiten zuerst zu vermeiden, anstatt
sie später heilen zu müssen. Das umfaßt alle Bereiche der Gesundheitsvorsorge, vom Arbeitsplatz
über das Wohnen, über die gesunde Ernährung bis hin zu den mobilen Diensten für unsere älteren
Mitbürger, für Behinderte und Kranke außerhalb der Spitäler, Gesundenuntersuchungen,
Eigenvorsorge und Nachbarschaftshilfe, Mutter-Kind-Betreuung, schulärztlicher Dienst, psychosoziale
Dienste und Rettungswesen. Im Bereich der umfassenden Gesundheitsvorsorge sehe ich auch viele
interessante Arbeitsplätze für qualifiziertes Fachpersonal genauso wie für niedergelassene Ärzte und
auch Chancen für bisher nicht beschäftigte Jungmediziner.
Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, daß wir durch die Vereinbarungen beim letzten
niederösterreichischen Spitalsgipfel am 1. Juni eine wesentliche finanzielle Entlastung für die
Trägergemeinden der Krankenhäuser in Niederösterreich erreichen konnten. Bisher haben das Land
und der NÖKAS den Zinsendienst für Betriebsmittelkredite in Höhe von 16 % des Gesamtaufwandes
der Krankenhäuser übernommen. Diese Grenze war viel zu niedrig, damit konnte man wirklich nicht
auskommen. Die restlichen Zinsen mußten von den Trägergemeinden der Krankenanstalten bezahlt
werden. Jetzt wird es also mit Zustimmung des Landesfinanzreferenten, Dr.Pröll, und auch mit
Zustimmung der Gemeindevertreterverbände, denn auch die anderen Gemeinden, die nicht
spitalerhaltenden, zahlen ja mit, eine Verbesserung auf 25 % geben.
Im Spitalsgipfel haben wir als Gemeindevertreterverbände mit der Landesregierung auch vereinbart,
daß der sogenannte Teilbetrag 2 der KRAZAF-Mittel für Investitions- und Betriebszuschüsse so wie
bisher im Verhältnis 40 % Investitionszuschüsse und 60 % Betriebszuschüsse geteilt werden soll.
Nach den neuen KRAZAF-Richtlinien wäre ja eine Variation von 0 - 100 % möglich. In absoluten
Zahlen bedeutet dies aufgrund der Anhebung der KRAZAF-Mittel eine Erhöhung der Investitionsmittel
von derzeit 128 Millionen auf 160 Millionen Schilling und eine Erhöhung der Betriebszuschüsse von
192 Millionen auf 240 Millionen. Und, wie gesagt, über die Verwendung der 112 Millionen
Strukturmittel wird im Herbst im Detail dann noch verhandelt. Die Bereiche sind klar.
Ich möchte also feststellen, der Spitalsgipfel und die Beschlüsse des heutigen Tages sind für das
Gesundheitswesen in Niederösterreich wichtige Weichenstellungen. Sie bedeuten mehr Geld für die
Krankenhäuser, eine finanzielle Entlastung für die Gemeinden und sind gleichzeitig neue Wege in der
medizinischen Versorgung unserer niederösterreichischen Bevölkerung. Diese positiven Leistungen
sind Erfolge der Zusammenarbeit zwischen ÖVP und SPö im Landtag, in der Landesregierung. Aber
auch die Zusammenarbeit zwischen den beiden Gemeindevertreterverbänden kommt hier zum
Ausdruck.
Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Ich meine, so sollten wir die Arbeit auch nach dem
16.Oktober 1988 zum Wohle unserer niederösterreichischen Mitbürger fortsetzen. (Beifall bei der ÖVP
und einigen Abgeordneten der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT HAUFEK: Die Rednerliste ist erschöpft. Die Herren Berichterstatter haben das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. HILLER (ÖVP): Ich verzichte.
Berichterstatter Abg. GRUBER (SPÖ): Ich verzichte.
ZWEITER PRÄSIDENT HAUFEK (nach Abstimmung über den vorliegenden Antrag des
Gesundheitsausschusses, Zahl 390/V-11/6): Angenommen.
(Nach Abstimmung über den vorliegenden Wortlaut des Gesetzes sowie über den Antrag des
Gesundheitsausschusses, ,Zahl 402/K-1/2): Angenommen.
Ich ersuche nun den Herrn Abgeordneten Kurzbauer, die Verhandlungen zur Zahl 388/H-8/8
einzuleiten.
Berichterstatter Abg. KURZBAUER (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe über die
Landtagszahl 388, Landes-Finanzsonderaktion für Gemeinden, Erhöhung des Kredit- und
Haftungsrahmens, zu berichten.
Die Landes-Finanzsonderaktion für Gemeinden wurde mit Beschluß des Landtages von
Niederösterreich vom 25.Jänner 1973 ins Leben gerufen. Der ursprüngliche Zweck der LandesFinanzsonderaktion war es, die Gemeinden bei der Erfüllung von Aufgaben, die als Folge der
Kommunalstrukturverbesserung besonders aktuell geworden sind, zu unterstützen. Sn den folgenden
Jahren ergab sich die Notwendigkeit, die Landes-Finanzsonderaktion den sich ändernden
Bedingungen und Voraussetzungen anzupassen. Dies führte auch zu einer neuen Strukturierung der
Gesamtaktion, die zur Zeit, um allen Erfordernissen der niederösterreichischen Gemeinden gerecht
werden zu können, in drei Untersektionen geführt wird:
1. Allgemeine Aktion,
2. Überbrückungshilfe für Wasserbauten und
3. Energiekostensenkung.
Ich darf daher namens des Finanzausschusses folgenden Antrag stellen (liest) :
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
"1. Der Kredit- und Haftungsrahmen der Nö Landes-Finanzsonderaktion wird von S 3.650,000.000 um
S 100,000.000 auf S 3.750,000.000 angehoben.
2. Die Nö Landesregierung wird beauftragt, die zur Durchführung des Landtagsbeschlusses
erforderlichen Maßnahmen zu treffen."
Herr Präsident! Ich darf um landtagsmäßige Behandlung bitten.
ZWEITER PRÄSIDENT HAUFEK: Ich eröffne die Debatte. Zu Wort gemeldet ist der Abgeordnete
Ing.Hofer.
Abg. Ing.HOFER (SPÖ): Herr Präsident!
Hoher Landtag! Wir haben nun gehört, daß es seit dem Jahre 1973 die Finanzsonderaktion des
Landes Niederösterreich gibt. Sie wurde mit dem Ziel ins Leben gerufen, die Gemeinden zu
unterstützen, ihnen Hilfe angedeihen zu lassen, um ihre Aufgaben lösen zu können. Man kann heute
sagen, dieses Ziel wurde im wesentlichen erreicht. Im Laufe der Jahre wurde der Rahmen dieser
Aktion Schritt für Schritt erhöht, und die zur Debatte stehende Vorlage sieht nun wieder eine Erhöhung
des Kredit- und Haftungsrahmens, und zwar von 3.650,000.000 Schilling auf 3.750,000.000 Schilling,
also um 100 Millionen Schilling vor.
Im Laufe der Zeit wurde auch der Rahmen dieser Förderungsaktion, der Förderungsumfang erweitert,
nämlich um die Förderung der Wasserbauten und um die Förderung von Investitionen für
Energieeinsparungen. Die Aktion besteht im wesentlichen aus der Übernahme der Haftung für Kredite
und Darlehen, die bei Kreditinstituten aufgenommen werden, und der Gewährung eines
Zinsenzuschusses in der Höhe von 5 % auf eine bestimmte Zeit, in der Untersektion Allgemeine
Aktion maximal auf die Dauer von 15 Jahren. Und für diese Allgemeine Aktion soll nun der Kredit- und
Haftungsrahmen um 100 Millionen Schilling erhöht werden.
So begrüßenswert, meine Damen und Herren, diese Förderungsaktion ist, so deutlich muß uns allen
aber auch klar sein, daß die finanzielle Situation vieler Gemeinden wirklich nicht rosig ist. Zudem
kommt noch hinzu, daß die Aufgaben der Gemeinden immer mehr werden, sich laufend verändern
und vor allem schwieriger werden; Unter diesem Aspekt drängt sich unweigerlich die -Frage auf,
warum auch 1987 so wie in den Vorjahren die im Landesbudget für die Finanzsonderaktion
vorgesehenen Beträge nicht voll ausgeschöpft wurden oder ausgeschöpft werden konnten. Warum
haben die Gemeinden diese Hilfeleistung nicht angenommen oder annehmen können? Was kann,
oder besser gesagt, was muß getan werden, um den Gemeinden den Zugang zu den für die
Gemeinden vorgesehenen und bereits ausgehandelten Mitteln zu ermöglichen? Meiner Meinung nach
kann es doch nicht in Ordnung sein, daß 1983 und 1984 im Rahmen der Allgemeinen Aktion dieser
Förderung je 15 Millionen Schilling nicht ausgeschöpft wurden, 1986 etwa 20 Millionen und 1987 über
21 Millionen Schilling nicht in Anspruch genommen werden konnten.
Bei den Wasserbauten waren es 1983 und 1984 zusammen etwa 20 Millionen, 1986 über 9 Millionen
und 1987 wieder 3,4 Millionen Schilling, die den Gemeinden nicht zugeflossen sind. Wir, die wir
vielfach auch Gemeindevertreter und Gemeindemandatare sind, müssen doch meines Erachtens über
jede Hilfe froh sein, die den Gemeinden zukommen kann. Wir wissen, daß für die Menschen, die in
den Gemeinden leben, alles getan werden muß, damit sie sich dort auch wohlfühlen können. Es gibt
eine Menge von Beispielen effizienter Förderungen, beginnend eben mit der LandesFinanzsonderaktion, Schulbaufonds, Wohnbauförderung, Bedarfszuweisungen und viele andere
mehr.
Ganz besonders hervorstreichen, glaube ich, darf man den neu geschaffenen Wasserwirtschaftsfonds
des Landes Niederösterreich und vor allem die nunmehr alljährlich. zur Verfügung stehenden Mittel für
die Regionalisierung in der Höhe von 350 Millionen Schilling sowie die Refundierung der
Landesumlage an die Gemeinden in der Größenordnung von ca. 150 Millionen Schilling. Diese Mittel
stellen nicht nur eine finanzielle Unterstützung der Gemeinden dar, sondern sie sind auch eine, wie ich
glaube, wirklich gute Wirtschaftsförderung. Sie bringen Milliarden Schilling alljährlich in Bewegung.
Eigenleistung, Eigeninitiativen, Investitionen, Wirtschaftsförderung und damit Arbeitsplatzsicherung
sind die Folge.
Meine Damen und Herren! Ich will hier überhaupt keinen Vaterschaftsstreit und eine Diskussion
darüber beginnen, denn es gibt nichts Unmenschlicheres, Unwürdigeres als die Arbeitslosigkeit, und
es gibt daher nichts Anständigeres, als dagegen anzukämpfen. Das haben wir mit diesen Mitteln
getan, und darauf bin ich als Vertreter des Landtages, als Abgeordneter und als Bürgermeister sehr
stolz.
Wir müssen aber wissen, daß die Zeit nicht stillsteht. Wir dürfen die Hände nicht in den Schoß legen,
solange die finanzielle Situation der Gemeinden zum Teil wirklich nicht zufriedenstellend, ich möchte
fast sagen besorgniserregend ist. Ich bin daher der Meinung, daß folgende Zielsetzungen
anzustreben sind, nämlich, wie heute schon von unserem Klubobmann erwähnt wurde, die ersatzlose
Streichung der Landesumlage und des weiteren, und darauf möchte ich ganz besonders drängen, die
Anhebung der Strukturhilfe und damit die Erreichung der Durchschnittsfinanzkraft jeder Gemeinde in
diesem Land. Derzeit erhalten ja die Gemeinden lediglich einen Teil des Differenzbetrages zwischen
ihrer Finanzkraft und der Durchschnittsfinanzkraft der Gemeinden des Landes, sodaß gerade
finanzschwache Gemeinden nie in die Lage kommen können, Investitionsförderungen in Anspruch zu
nehmen und damit eigentlich nie imstande sein werden, das Dringendste an strukturellen
Einrichtungen, das Dringendste, was die Bewohner brauchen, zu schaffen.
Meine Damen und Herren! Wir wissen, daß in den letzten Jahren und Jahrzehnten viel in unseren
Gemeinden geschehen ist. Wir brauchen nur durch das Land zu fahren, und jeder erlebt und sieht auf
Schritt und Tritt, was alles getan wurde. Wir müssen aber alles daransetzen und genau beobachten,
daß den Gemeinden auch wieder alles. das zukommt, was ihnen auf Grund ihrer Aufgaben, die sie zu
erfüllen haben, zusteht. Es muß daher sicher sein, daß die Gemeinden diese Mittel auch weiterhin
bekommen, denn sie brauchen sie auch in Zukunft. Die sozialistische Fraktion wird daher der Vorlage
gerne die Zustimmung geben. Wir erwarten aber, daß dieses Förderungsinstrument laufend den
Erfordernissen angepaßt wird und daß jene Mittel, die im Budget für diese Zwecke bereits enthalten
sind, den Gemeinden nicht verlorengehen. Danke. (Beifall bei der SPÖ und einigen Abgeordneten der
ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT HAUFEK: Zum Wort gemeldet ist der Abgeordnete Hülmbauer.
Abg. HÜLMBAUER (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen
Hauses! Die Vorlage betrifft die Erhöhung des Kredit- und Haftungsrahmens für die LandesFinanzsonderaktion um 100 Millionen Schilling. Eine Aktion, wie schon in der Berichterstattung
ausgeführt wurde, die eigentlich nur als Unterstützung bei der Gemeindezusammenlegung zur
Bewältigung der Strukturaufgaben gedacht war, die sich aber in der Zwischenzeit als ständige Aktion
entwickelt hat, die sicherlich auch von den Gemeinden sehr gerne angenommen wird und die bereits
mit dem Zinsendienst und der Haftung eine Höhe von 3.650,000.000 Schilling erreicht hat. Eine sehr,
sehr große Summe, die draußen sicherlich sehr wirtschaftswirksam war, denn diese Summe an
Krediten ist natürlich nur ein Impuls für weit größere Geldbeträge, die in die Wirtschaft hineingepumpt
wurden. Wie auch schon von meinem Vorredner ausgeführt wurde, teilt sich diese Aktion in drei Teile.
Natürlich wurde ein kleinerer Betrag nicht ausgeschöpft, aber es müssen hier auch gewisse
Voraussetzungen von den Gemeinden erfüllt werden, und manche Gemeinden sind bereits in einer
Finanzlage, wo eben diese Voraussetzungen nicht mehr erbracht werden können. Nachdem also das
Land Niederösterreich die Haftung übernimmt, muß man natürlich hier etwas Vorsicht walten lassen.
Aber trotzdem ist das eine sehr, sehr gute Aktion, die seit 1973 schon sehr, sehr viel an
Wirtschaftskraft entwickelt hat.
Natürlich gibt es daneben noch viele andere Förderungsaktionen. Es wurden schon einige aufgezählt:
die Bedarfszuweisungen; der- Schul- und Kindergartenfonds; der neue Wasserwirtschaftsfonds, der
sicherlich sehr wesentlich zur Forcierung der Abwasserbeseitigung und Wasserversorgung beitragen
wird; die neue Musikschulförderung, die nicht nur die Musikschulen auf bessere Fundamente stellt,
sondern sicherlich auch die Gemeinden entlastet. Ich verweise auf die Mittel der Dorferneuerung, die
im heurigen Jahr verdreifacht wurden, und ich verweise auch auf die Mittel der Regionalisierung in der
Höhe von 500 Millionen Schilling pro Jahr auf 20 Jahre, das sind also 10.000 Millionen Schilling in
diesen 20 Jahren, wo 150 Millionen Schilling jährlich direkt den Gemeinden zufließen. Gerade diese
Regionalisierungsmittel sind sicherlich, das läßt sich nicht abstreiten, ein Produkt der Hauptstadtidee
und auch der Hauptstadtabstimmung.
Wenn hier wiederum diese Vaterschaftsfrage angeschnitten wurde, glaube ich, kann man sehr wohl
sagen, daß der Vater der Hauptstadt der Landeshauptmann war, das ist unbestritten, und daß
natürlich die Regionalisierung und die Dezentralisierung die Kinder dieser Hauptstadt sind. Und
nachdem also der Vater der Hauptstadt der Landeshauptmann ist, sind auch die Kinder eigentlich erst
durch diese Vaterschaft entstanden, und daher glaube ich auch, festhalten zu müssen, daß diese
Regionalisierung in gemeinsamer Arbeit ausgearbeitet wurde. Gewiß etwas sehr Positives, denn auch
die 350 Millionen Schilling, die in die Regionen gehen, kommen sicherlich sehr stark den Gemeinden
zugute.
Daneben muß festgehalten werden, daß vom Landesbudget 2,3 Milliarden Schilling direkt auch den
Gemeinden zukommen, also Gemeindeförderungen sind, und, wie Landeshauptmann Ludwig in einer
Radioansprache gesagt hat, daher ein Teil unseres Zukunftspaketes sind. Natürlich ist es notwendig,
daß verschiedenste Förderungsaktionen des Landes auch den Gemeinden zugute kommen, denn die
Gemeinden, also die kleineren Zellen unseres Gemeinwesens, haben ebenfalls sehr große Aufgaben
zu erfüllen. Ich denke an die Kommunalbauten, ich denke an die Bauten im Bildungswesen, ich denke
an die Wasserversorgung, an die Wasserentsorgung, ich denke an den Straßen- und Wegebau,
gerade der Wegebau ist in vielen Gebieten noch eine große Sorge der Gemeinden, oder ich denke an
die vielen kulturellen Aufgaben, an die Sicherheitsaufgaben, an die Wohlfahrtsaufgaben.
Das alles, meine sehr geehrten Damen und Herren, kostet natürlich sehr viel Geld, und daher ist auch
die Verschuldung der Gemeinden in unserem Bundesland bereits auf mehr als 19 Milliarden Schilling
angestiegen. Das ist sicherlich ein sehr, sehr hoher Betrag, und daher ist es auch verständlich, daß
sich die Gemeindevertreterverbände wehren, wenn durch die Steuerreform eine Schlechterstellung
der Gemeinden entsteht, wenn zum Beispiel jene Steuern, wo die Gemeinden ihren Anteil erhalten,
verringert werden. Ich glaube, daß sich hier mit Recht die Verbände wehren und daß sich der
Gemeindebund im Interesse der Gemeinden mit Recht zur Wehr setzt.
Daher ist es eine große Forderung, daß die Gemeinden an der zukünftigen Kapitalertragssteuer mit
etwa 28 % beteiligt werden. Es ist auch die Forderung der Gemeindevertreterverbände, daß im Zuge
dieser Steuerreform auch gleich ein neuer Finanzausgleich ausgehandelt wird, der den Gemeinden
jene Stellung bringt, die sie jetzt inne hatten. Natürlich sind, die Gemeinden bereit, die Sanierungslast
auf Bundesebene mitzutragen, genauso mitzutragen, wie es die anderen Gebietskörperschaften tun,
aber bitte nicht einseitig. Ich glaube, es wäre also sehr unfair und auch unverantwortlich, wenn die
Gemeinden, stärker zur Kasse gebeten würden, denn die Gemeinden in Österreich und auch die
Gemeinden in unserem Bundesland sind ein sehr wichtiger Wirtschaftsfaktor. Sie sind der größte
Arbeitsgeber und damit also der größte Arbeitsplatzsicherer in unserem Land und auch im Bund.
Es war daher sehr wichtig und ein großer Erfolg des Präsidenten des österreichischen
Gemeindebundes, Romeder, unseres Landtagspräsidenten, daß der österreichische Gemeindebund
und auch der Städtebund als Interessenvertretung der Gemeinden in die Bundesverfassung
aufgenommen werden. Niederösterreich war hier Vorreiter, denn die Gemeindevertreterverbände sind
ja in der Landesverfassung verankert. Es gibt hier eine Zusage von Minister Neisser, daß auch der
Gemeindebund und der Städtebund in der Verfassung verankert werden, als gleichwertige
Gesprächspartner mit den anderen zwei Gebietskörperschaften. Es. wäre auch eine Beteiligung der
Gemeinden an den dynamischen Steuern wichtig, z.B. an der Umsatzsteuer, an der Mehrwertsteuer,
an der Lohnsteuer, an der Kraftfahrzeugabgabe, und natürlich darf auch keine Steuer ersatzlos
gestrichen oder auch nur in Frage. gestellt werden, wie es zum Beispiel in der letzten Zeit bei
Diskussionen über die Getränkesteuer passiert ist. Es gibt Gemeinden, wo die Getränkesteuer 30 %
des Gemeindebudgets ausmacht. Natürlich wäre hier das Wegstreichen ohne Ersatz dieser Steuer
eine Finanzkatastrophe für diese Gemeinden.
Viel wichtiger wäre natürlich eine Vereinfachung des Steuersystems und auch die damit verbundene
Entlastung der Gemeindeverwaltung. Die Getränkesteuerkopfquote bewegt sich ja zwischen 480
Schilling und 210 Schilling, je nachdem, ob es eine Fremdenverkehrsgemeinde ist oder ob die
Gemeinde nicht mehr so viele Gaststätten aufweist, aber insgesamt ist die Getränkesteuer eine
tragende Säule der Gemeindefinanzierung.
Was uns große Sorgen bereitet, ist der Rückgang der Gewerbesteuer im letzten Jahr um 4 %. Früher
gab es hier Steigerungen zwischen 5 und 6 %. Etwas erfreulicher - oder auch nicht erfreulich, das sind
also zwei Ursachen ist, daß die Steigerung des Schuldenstandes nicht mehr so rapid vorangeht. Im
letzten Jahr gab es nur mehr eine Steigerung von 1,4 %. 1982, 1983 stieg der Schuldenstand noch
um 6,7 %. Das ist auch ein Zeichen dafür, daß die Gemeinden bereits sehr oft schon die Grenzen
ihrer Finanzierbarkeit, erreicht haben und daß dann vielfach eine Geldaufnahme nicht mehr möglich
ist. Natürlich sinkt auch der Schuldendienst. 1983 machte der Schuldendienst noch 2,3 Milliarden
Schilling aus, im 86er Jahr nur mehr 1.9 Milliarden Schilling. Das wurde aber zum Großteil dadurch
erreicht, daß das Land Niederösterreich die Laufzeit der Kredite verlängert hat, wodurch dann auch
der Schuldendienst abgesunken ist. Die Kopfquote der Durchschnittsverschuldung liegt in unserem
Bundesland bei 13.470 Schilling.
Das sind einige große Probleme, die die Gemeindevertreter, die die Gemeinden, die unsere
Bürgermeister draußen haben. Man sieht daraus, wie notwendig es ist, daß auch die Bürgermeister
und die Gemeindefunktionäre in den gesetzgebenden Körperschaften vertreten sind: Wir wissen ja
und haben -es auch heute gehört, daß es sehr, sehr notwendig war und sehr, sehr gut ist, daß auch
die Bürgermeister hier vertreten sind. Ich habe daher sehr wenig Verständnis für Diskussionen und
Bestrebungen von gewissen Seiten. Ich verweise nur auf die SPÖ in Oberösterreich, die die
Bürgermeister und Gemeindevertreter aus diesen gesetzgebenden Körperschaften verdrängen
möchte. Ich glaube, das Gegenteil müßte der Fall sein, mehr Bürgermeister und mehr,
Gemeindevertreter gehörten noch in die gesetzgebenden Körperschaften.
Ich verweise hier auf einen Ausspruch von Adenauer, der einmal gesagt hat: "Ein Parlament ist umso
besser, je mehr Bürgermeister und Gemeindevertreter sich drinnen befinden. Ein Gemeindevertreter
hat das Ohr am Puls des Volkes, er spürt also gleich, welche Schwierigkeiten vorhanden sind." Daher
glaube ich, brauchen wir uns .über diesen Gedanken gar nicht weiter verbreitern. Ich, kann mir nicht
vorstellen, daß die schwierige Aufgabe eines Gemeindemandatars kostenlos durchgeführt werden
kann oder daß sie überhaupt jemand übernehmen wird, nachdem die Gemeindevertreter lediglich
Aufwandsentschädigungen erhalten. Ich denke an die Bürgermeister meines Bezirkes.
Sämtliche öVP-Gemeinden haben nur die Mindestsätze, und ich glaube, hier wäre es ja gar nicht
zumutbar, wenn man diesen auch noch die Aufwandsentschädigung wegstreichen würde. Das waren
einige Sorgen, die uns in den Gemeinden bewegen. Es sind sicherlich keine kleine Sorgen, aber
trotzdem ist die Entwicklung der Gemeinden draußen sehr gut. Ich glaube, wir haben einen Standard
erreicht, der auch für die Bevölkerung Wohlstand, der für die Bevölkerung Zufriedenheit bringt. Das ist
durch die Tüchtigkeit unserer Bevölkerung erreicht worden, durch die Arbeitsamkeit, durch das
Mitarbeiten, das Mitwirken in den Vereinen, sicherlich auch durch die Umsicht unserer Funktionäre,
unserer Bürgermeister und nicht zuletzt durch die Hilfe des größeren Partners, des Landes
Niederösterreich.
Wir geben daher dankbar dieser Vorlage unsere Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und Abg. Mohnl.)
ZWEITER PRÄSIDENT HAUFEK: Die Rednerliste ist erschöpft. Der Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. KURZBAUER (ÖVP): Ich verzichte.
ZWEITER PRÄSIDENT HAUFEK: Wir kommen zur Abstimmung. (Nach Abstimmung über den
vorliegenden Antrag des Finanzausschusses): Angenommen.
Ich ersuche nun den Herrn Abgeordneten Kalteis, die Verhandlungen zur Zahl 389/3 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. KALTEIS (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich habe über
die Geschäftszahl 389/Sch-3, NÖ Schulzeitgesetz, Novellierung auf Grund der Novelle des
Schulzeitgesetzes des Bundes, zu berichten. Der Nationalrat hat am 25.Februar 1988 die Novelle des
Schulzeitgesetzes 1985 beschlossen und dabei die Möglichkeit eröffnet, an Bundesschulen durch
Verordnung des Landesschulrates aus öffentlichem Interesse den Anfang der Semesterferien um eine
Woche zu verlegen. Vor der Verordnungserlassung ist die jeweilige Landesregierung zu hören.
Verordnungen zur Verlegung der Semesterferien sind spätestens vor Beginn des Kalenderjahres zu
erlassen, das den Semesterferien vorangeht. Damit die Semesterferien im Land Niederösterreich an
allgemeinbildenden und berufsbildenden Pflichtschulen mit den Semesterferien an Bundesschulen
konform gehen, ist die dringende Novellierung des Nö Schulzeitgesetzes geboten. Dann kann, da es
zu einer solchen Verlegung der Semesterferien im Schuljahr 1988/89 an Bundesschulen kommen soll,
auch an allgemeinbildenden und berufsbildenden Pflichtschulen ein solcher Schritt erfolgen.
Es sind daher die erforderlichen Verordnungsermächtigungen einzubauen. Im vorliegenden Entwurf
ist vorgesehen, den Landesschulrat zu ermächtigen, nach Anhörung der Landesregierung eine
Verlegung der Semesterferien zu verordnen, wobei die Übereinstimmung mit den Semesterferien an
Bundesschulen anzustreben ist. Damit soll gewährleistet sein, daß aus Gründen der
Familieneinheitlichkeit die Ferien an allen Schulen gleich sind.
Die unbedingt erforderliche Abstimmung mit den angrenzenden Bundesländern, insbesondere Wien,
wird sowohl in der Vorbereitung der Maßnahme durch den Landesschulrat als auch in der
erforderlichen Anhörung der Landesregierung zu gewährleisten sein.
Der Schulausschuß des Landtages hat sich am vergangenen Donnerstag mit dieser Materie befaßt
und einstimmig den folgenden Antrag gefaßt (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
"1. Der vorliegende Gesetzentwurf betreffend Änderung des Nö Schulzeitgesetzes wird genehmigt.
2. Die NÖ Landesregierung wird beauftragt, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen."
Ich ersuche den Herrn Präsidenten, die Debatte einzuleiten und die Abstimmung durchzuführen.
ZWEITER PRÄSIDENT HAUFEK: Zum Wort ist niemand gemeldet. (Nach Abstimmung über den
vorliegenden Wortlaut des Gesetzes sowie über den Antrag des Schulausschusses): Angenommen.
Ich ersuche den Herrn Abgeordneten Gausterer, die Verhandlungen zur Zahl 401/L-2/3 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. GAUSTERER (ÖVP): Herr Präsident! Hoher Landtag! Namens des
Landwirtschaftsausschusses darf ich über die Änderung der Landarbeitsordnung 1973, Landtagszahl
401, berichten.
Durch das Bundesgesetz vom 4. November 1987, Bundesgesetzblatt Nr.577, mit dem das
Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird, wurden die gemäß Art.12 Abs.1 Ziff.6 des BundesVerfassungsgesetzes der Fassung von 1929 aufgestellten Grundsätze über die Regelung des
Arbeitsrechtes in der Land- und Forstwirtschaft geändert.
Diese Landarbeitsgesetznovelle beinhaltet eine Übernahme der für den Bereich der Land- und
Forstwirtschaft relevanten Regelungen der Arbeitsverfassungsgesetz-Novelle 1976 und des Arbeitsund Sozialgerichtsgesetzes, Bundesgesetzblatt Nr.l04/1985. Im wesentlichen handelt es sich um die
Verpflichtung zu einer verstärkten Publizierung von Entscheidungen und Beschlüssen der
Obereinigungskommission sowie der bei ihr hinterlegten Kollektivverträge, weiters um Änderungen der
Bestimmungen über die Betriebsratswahl, um die Ausweitung der Rechte des Betriebsrates, um die
zusätzliche Schaffung einer Anfechtungsmöglichkeit der Kündigung und um eine Neuregelung der
Strafbestimmungen. Schließlich wurden auch Textberichtigungen vorgenommen.
Die bereits im Grundsatzgesetz vorgesehene Verpflichtung zur Übermittlung von Kollektivverträgen
und Satzungen an alle (in Österreich) für Arbeits- und Sozialrechtssachen zuständigen Gerichtshöfe
ist auch mit finanziellen Belastungen verbunden. Dieser Aufwand (Kosten der Versendung), dessen
Höhe nicht vorhergesehen werden kann, da dieser ausschließlich von der Tätigkeit der
Kollektivvertragspartner abhängt, ist vom Land Niederösterreich zu tragen. Die vom Bund
aufgestellten Grundsätze sind durch den Landesgesetzgeber bis zum 5.Juni 1988 auszuführen. Der
vorliegende Gesetzentwurf verfolgt diesen Zweck.
Ich darf also im Namen des Landwirtschaftsausschusses folgenden Antrag stellen (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
"1. Der vorliegende Gesetzentwurf betreffend Änderung der NÖ Landarbeitsordnung 1973 wird
genehmigt.
2. Die Landesregierung wird beauftragt, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen."
Ich ersuche um Debatte und Abstimmung.
ZWEITER PRÄSIDENT HAUFEK: Zum Wort ist niemand gemeldet. (Nach Abstimmung über den
vorliegenden Wortlaut des Gesetzes sowie über den Antrag des Landwirtschaftsausschusses):
Angenommen.
Ich ersuche nun den Herrn Abgeordneten Franz Rupp, die Verhandlung zur Zahl 374/B-18 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. Franz RUPP (ÖVP): Herr Präsident! Hoher Landtag! Sehr geehrte Damen und
Herren! Ich habe namens des Verfassungs- und Rechtsausschusses über die Vorlage der
Landesregierung betreffend Änderung des NÖ Bezügegesetzes und den gemeinsamen Antrag gemäß
§ 29 des Geschäftsordnungsgesetzes, LGBl.OOlO-4, der Abgeordneten Dr.Bernau, Wagner, Böhm,
Keusch u.a. zu berichten.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird dem Umstand Rechnung getragen, daß der vom
Bezügegesetz erfaßte Personenkreis im Jahre 1988 die Bezugserhöhung des öffentlichen Dienstes
nicht mitmachen wird. Eine diesbezügliche Übergangsbestimmung hinsichtlich des Aussetzens einer
Gehaltserhöhung zum Termin 1.Juli 1988 wird dafür geschaffen.
Dieselbe Regelung soll auch für die Ermittlung der Ruhe- und Versorgungsbezüge gelten. Der
Ausschuß hat zusätzlich das Bezügegesetz dahingehend geändert, daß die doppelte Abfertigung mit
1.7.1988 entfällt. Dies bedeutet eine Angleichung an die Bestimmungen des Bezügegesetzes des
Bundes.
Weiters hat der Verfassungs- und Rechtsausschuß einen Antrag gemäß § 29 des
Geschäftsordnungsgesetzes, Landesgesetzblatt 0010-4, im Zusammenhang mit der Vorlage der
Landesregierung betreffend Änderung des Niederösterreichischen Bezügegesetzes beschlossen. Der
Antrag beinhaltet:
Der Nationalrat hat in seiner Sitzung am lO.Mai 1988 eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, die
einer Kumulierung öffentlicher Ämter und dem Bezug mehrfacher Einkommen aus öffentlichen Mitteln
entgegenwirken sollen.
In Niederösterreich sind die vom Nationalrat betroffenen bzw. von der Bundesregierung verlangten
Maßnahmen zu einem Teil bereits verwirklicht bzw. liegen keine solchen Fälle von Doppelbezügen
aus öffentlichen Mitteln vor, wie sie dem Bund zu den geplanten Maßnahmen Anlaß gegeben haben.
Jedenfalls scheint es aber zweckmäßig zu sein, auch für den Landesbereich gleichartige Regelungen
zu erlassen, um allfällige Mehrfachbezüge, die auf Grund ihrer Höhe als ungerechtfertigt angesehen
werden, unterbinden zu können.
Der Nationalrat hat in einer Entschließung die Bundesregierung aufgefordert, diesbezüglich .mit den
Ländern Verhandlungen zum Abschluß von Verträgen nach Artikel 15 a Bundes-Verfassungsgesetz
zu führen. Diese Gespräche sollten seitens des Landes so bald wie möglich aufgenommen werden,
um den Landtag schon bald nach der Landtagswahl in die Lage zu versetzen, die entsprechenden
Gesetzesbeschlüsse zu fassen. Eine solche gesetzliche Neuregelung sollte auch zum Anlaß
genommen werden, andere bezügerechtliche Änderungen zu beschließen, die sich auf Grund
geänderter Bundesvorschriften als notwendig erweisen.
Ich stelle daher namens des Verfassungs- und Rechtsausschusses folgenden Antrag (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
"1. Der vorliegende Gesetzentwurf betreffend Änderung des NÖ Bezügegesetzes wird in der vom
Ausschuß beschlossenen Fassung genehmigt.
2. Die Landesregierung wird aufgefordert, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen.
3. Der in diesem Zusammenhang gestellte gemeinsame Antrag der. Abgeordneten Dr.Bernau,
Wagner u.a. gemäß § 29 des Geschäftsordnungsgesetzes, mit dem die Landesregierung aufgefordert
wird, im Sinne der Antragsbegründung dem Landtag zu berichten bzw. entsprechende
Gesetzesvorlagen vorzulegen, wird genehmigt."
Ich ersuche den Herrn Präsidenten um Debatte und Abstimmung.
ZWEITER PRÄSIDENT HAUFEK: Es hat sich niemand zu Wort gemeldet. Wir kommen zur
Abstimmung. (Nach Abstimmung über den vorliegenden Wortlaut des Gesetzes sowie über den
Antrag des Verfassungs- und Rechtsausschusses): Angenommen.
Ich ersuche nun den Herrn Abgeordneten Breininger, die Verhandlungen zur Zahl 384/L-lO/l
einzuleiten.
Berichterstatter Abg. BREININGER (ÖVP): Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich berichte namens des
Verfassungs- und Rechtsausschusses über die Vorlage der Landesregierung betreffend
Verfassungsgesetz - Änderung der NÖ Landtagswahlordnung 1974. Nach § 23 der derzeit geltenden
Landtagswahlordnung 1974 waren Personen, für die ein Sachwalter nach § 273 ABGB bestellt wurde,
vom Wahlrecht ausgeschlossen. Die Nationalratswahlordnung enthielt ebenfalls diesen
Wahlausschließungsgrund.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 7.0ktober 1987 diese Bestimmung der
Nationalratswahlordnung als verfassungswidrig aufgehoben. Diese Entscheidung des
Verfassungsgerichtshofes wurde erst 7.Jänner 1988 bekannt. Sie konnte daher bei der letzten Novelle
zur Landtagswahlordnung nicht mehr berücksichtigt werden. Da aber die Landtagswahlordnung nicht
enger gefaßt sein darf. als die Nationalratswahlordnung, ist die nunmehr vorliegende Novelle
erforderlich.
In Entsprechung dieses Verfassungsgerichtshoferkenntnisses wird § 23 der Nö Landtagswahlordnung
vorläufig aufgehoben. Eine inhaltlich unserer Regierungsvorlage entsprechende und dem
Verfassungsgerichtshoferkenntnis Rechnung tragende Anpassung der Nationalratswahlordnung steht
derzeit im Parlament in Behandlung.
Als Berichterstatter stelle ich daher namens des Verfassungs- und Rechtsausschusses folgenden
Antrag (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
"1. Der vorliegende Verfassungsgesetzentwurf betreffend Änderung der NÖ Landtagswahlordnung
1974 wird genehmigt.
2. Die NÖ Landesregierung wird beauftragt, das zur Durchführung dieses
Verfassungsgesetzentwurfes Erforderliche zu veranlassen.'
Ich bitte um Debatte und Abstimmung.
ZWEITER PRÄSIDENT HAUFEK: Zu Wort ist niemand gemeldet. (Nach Abstimmung über den
vorliegenden Wortlaut des Verfassungsgesetzes sowie über den Antrag des Verfassungs- und
Rechtsausschusses): Angenommen.
Ich stelle fest, daß das Verfassungsgesetz bei Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Mitglieder des
Landtages mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen wurde.
Ich beabsichtige, nunmehr die Geschäftsstücke Zahlen 392/G-2/8, 393/G-3/7 und 394/G-4/8 unter
einem zu verhandeln. Berichterstattung und Abstimmung sollen jedoch getrennt erfolgen. Wird
dagegen ein Einwand erhoben? Das ist nicht der Fall.
Ich ersuche den Herrn Abgeordneten Sivec, zur Zahl 392/G-2/8, zur Zahl 393/G-3/7 und anschließend
zur Zahl 394/G-4/8 zu berichten.
Berichterstatter Abg. SIVEC (SPÖ): Herr Präsident! Hoher Landtag! Ich habe namens des
Kommunalausschusses zur Zahl 392, Vorlage der Landesregierung betreffend Änderung der NÖ
Gemeindebeamtendienstordnung 1976, zu berichten.
Der vorliegende Gesetzentwurf enthält die Ergebnisse, die zwischen dem Verhandlungskomitee der
Gebietskörperschaften und den vier Gewerkschaften vereinbart wurden, und eine Änderung des
Artikels I. Z.3, fußend auf den niederösterreichischen Auskunftsgesetzen, betreffend die
Amtsverschwiegenheit sowie gemäß § 14 die Erhöhung des Pensionsbeitrages von 4,5 % auf 4,75 %
und von 9,0 % auf 9,5 % mit Wirkung vom l.Juli.
Auch werden zurückliegende Dienstzeiten bei Gebietskörperschaften auf Grund der 8.000er Aktion
der Arbeitsmarktförderung anzurechnen sein.
Ich darf daher namens des Kommunalausschusses folgenden Antrag stellen (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
"1. Der vorliegende Gesetzentwurf betreffend Änderung der NÖ Gemeindebeamtendienstordnung
1976 wird genehmigt.
2. Die NÖ Landesregierung wird beauftragt, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen."
Herr Präsident! Ich darf zur Zahl 393 betreffend Änderung der Gemeindebeamtengehaltsordnung
1976 berichten.
Durch den vorliegenden Gesetzentwurf sollen die Ergebnisse der Besoldungsverhandlungen 1987
zwischen dem Verhandlungskomitee der Gebietskörperschaften und den vier Gewerkschaften des
öffentlichen Dienstes mit Wirkung vom l.Juli 1988 berücksichtigt werden.
Ich darf daher namens des Kommunalausschusses folgenden Antrag stellen (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
"1. Der vorliegende Gesetzentwurf betreffend Änderung der NÖ Gemeindebeamtengehaltsordnung
1976 wird genehmigt.
2. Die NÖ Landesregierung wird beauftragt, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen.
Ich komme zum dritten Tagesordnungspunkt. Namens des Kommunalausschusses darf ich zur Zahl
394 betreffend die Änderung des Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetzes 1976 berichten.
Die Besoldungsverhandlungen 1987 zwischen der Interessenvertretung und den Gemeinden haben
folgendes Ergebnis gebracht:
1. Die Bezüge der Gemeindevertragsbediensteten sind mit Wirkung vom 1.7.1988 um 330 Schilling
und die in Schilling ausgedrückten Zulagen um 1,2 % zu erhöhen.
2. Die Angleichung des Textes an die Gemeindebeamtendienstordnung betreffend Prozeßkosten.
3. Es wird die Möglichkeit geschaffen, daß Vertragsbedienstete der Besoldungsgruppe II bei Verlust
der österreichischen Staatsbürgerschaft weiterhin bedienstet bleiben können und
4. daß, wenn dringende Interessen vorliegen, auch nichtösterreichische Staatsbürger in ein
Dienstverhältnis aufgenommen werden können.
5. Weiblichen Vertragsbediensteten gebührt auch dann eine Abfertigung, wenn sie das
Dienstverhältnis bis längstens zum Beginn des Kindergartenjahres, in dem das Kind das 4. Lebensjahr
vollendet, kündigen.
Ich darf daher namens des Kommunalausschusses folgenden Antrag stellen (liest):
Der Hohe Landtagswolle beschließen:
„1. Der vorliegende Gesetzentwurf betreffend Änderung des Nö GemeindeVertragsbedienstetengesetzes 1976 wird genehmigt.
2. Die NÖ Landesregierung wird beauftragt, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen."
Ich darf nun bitten, die Debatte einzuleiten und die Abstimmung vorzunehmen.
ZWEITER PRÄSIDENT HAUFEK: Es ist niemand zu Wort gemeldet. Wir kommen zur Abstimmung.
(Nach Abstimmung über den vorliegenden Wortlaut des Gesetzes sowie über den Antrag des
Kommunalausschusses, Zahl 392): Angenommen.
(Nach Abstimmung über den vorliegenden wortlaut des Gesetzes sowie über den Antrag des
Kommunalausschusses, Zahl 393): Angenommen.
(Nach Abstimmung über den vorliegenden Wortlaut des Gesetzes sowie über den Antrag des
Kommunalausschusses, Zahl 394): Angenommen.
Ich darf den Herrn Abgeordneten Koczur ersuchen, die Verhandlungen zur Zahl 395 einzuleiten.
Berichterstatter Abg. KOCZUR (SPÖ): Hoher Landtag! Ich darf namens des Kommunalausschusses
zur Änderung des Kanalgesetzes 1977, Landtagszahl 395, berichten.
Der Kommunalausschuß hat in seinen Sitzungen am 9.Juni, in den nachfolgenden
Unterausschußsitzungen sowie am 14.Juni 1988 über den gegenständlichen Gesetzentwurf beraten,
wobei die genannte Vorlage der Landesregierung im Ausschuß durch einen gemeinsamen Antrag in
einigen Punkten abgeändert und durch einige Bestimmungen ergänzt wurde.
Die Vorlage der Landesregierung ging davon aus, daß die starre Berechnungsform der Ermittlung der
Einheitssätze für die Ermittlung der Kanalbenützungsgebühren zu ändern wäre, und die Möglichkeit
eingeräumt werden soll, die Einheitssätze in einer zumutbaren, wenn auch nicht kostendeckenden
Höhe festzulegen.
Ein weiterer Änderungsbereich ergab sich aus der starren Aufteilung des Jahresaufwandes für das
Ortsnetz bei der Berechnung der Einheitssätze. Auch hier ging die Vorlage davon aus, daß eine
flexiblere Aufteilung der Zuordnung des Jahresaufwandes für das Ortsnetz der Regenwasser- und der
Schmutzwasserentsorgung entsprechend der tatsächlichen Inanspruchnahme des Ortskanales
erreicht werden müßte. In den Ausschußberatungen wurden die entsprechenden Lösungsvorschläge
in Gesetzesform gegossen.
Darüber hinaus wurde eine Änderung der bisherigen Berechnungsmethode zur Ermittlung der
Berechnungsfläche für die Kanaleinmündungsabgabe erarbeitet. Über die Ausnahmebestimmungen
für die Land- und Forstwirtschaft hinausgehend werden künftig nicht angeschlossene Gebäude und
Gebäudeteile ausgenommen sein. Dazu war es notwendig, den Begriff „Gebäudeteil" entsprechend zu
definieren.
Wesentlich ist dabei auch die Tatsache, daß die neue Berechnungsmethode einerseits auf jene
Abgabentatbestände anzuwenden ist, die nach Inkrafttreten des Gesetzes verwirklicht wurden, und
andererseits die Berechnungsmethode zur Ermittlung der Kanalbenützungsgebühren keine Änderung
erfährt.
Ich darf daher namens des Kommunalausschusses folgenden Antrag stellen (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen:
"1. Der vorliegende Gesetzentwurf betreffend Änderung des Nö Kanalgesetzes 1977 wird in der vom
Ausschuß beschlossenen Fassung genehmigt.
2. Die NÖ Landesregierung wird beauftragt, das zur Durchführung dieses Gesetzesbeschlusses
Erforderliche zu veranlassen.
Ich bitte, die geschäftsordnungsmäßige Behandlung einzuleiten.
ZWEITER PRÄSIDENT HAUFEK: Ich eröffne die Debatte. Zu Wort gemeldet ist der Herr Abgeordnete
Gruber.
Abg. GRUBER (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Landtag! Bei dieser Novelle des NÖ
Kanalgesetzes geht es erstens um die Bewertung bzw. wasserwirtschaftliche Anerkennung der
Versickerung der Regenwässer - die hat es früher auch gegeben, aber jetzt wird sie attraktiver -,
zweitens um eine konkrete Regelung für zumutbare Einheitssätze für Regen- und
Schmutzwasserentsorgung und drittens insbesondere auch darum, daß bei neuen
Kanalbaumaßnahmen nicht angeschlossene Gebäude oder Gebäudeteile künftighin zur unbebauten
Fläche zählen. Gerade dieses Thema hat uns wegen der Kostenfrage sehr kritisch beschäftigt, und
vor allem haben wir eine ungünstige soziale Verlagerung befürchtet. Im § 1 des NÖ Kanalgesetzes
1977 wird durch diese Novelle eine neue Ziffer 7 eingefügt. Wie bereits der Herr Berichterstatter
ausgeführt hat, geht es um die Begriffsbestimmung, was man unter einem Gebäudeteil im Sinne
dieses Gesetzes versteht. Im Unterausschuß, meine sehr geehrten Damen und Herren, wurde über
diese etwas komplizierte Materie Abklärung und auch Einigung herbeigeführt. Deshalb gilt also unsere
Auffassung, daß der gemeinsame Antrag wirklich richtungsweisend ist. Die neue Definition
"Gebäudeteil" beseitigt einige Unklarheiten, gemeint sind damit angebaute oder freistehende
Garagen, gewerbliche oder industrielle Lager- oder Ausstellungsräume. Industrielle Produktionsräume
wurden in diese Bestimmung nicht aufgenommen, obwohl das vorgesehen gewesen ist.
Die nun vorgeschlagene Regelung bringt eine Klarstellung, wie ich sagte, auch für die Verwaltung.
Dem Rechtsempfinden der Gemeindebürger wird sicherlich damit besser entsprochen. Diese
gesetzliche Aufzählung von Gebäuden und Gebäudeteilen darf jedoch letztenendes kein Hintertürl
sein, glaube ich, um später einmal ohne Wissen der Gemeinde einen Kanalanschluß herbeizuführen,
um dann gratis die Abwässer einleiten zu können. Es wurde uns berichtet, daß es vom zuständigen
Referat beim Amt der Landesregierung diesbezüglich entsprechende Erhebungen in zehn kleineren
und mittleren Gemeinden gegeben hat. Diese Überprüfungen haben laut Fachauskunft ergeben, daß
sich die neue gesetzliche Regelung des § 3 Abs.2 bezüglich der Einmündungsgebühren zu 80 %
zugunsten der Häuslbauer und zu 20 % zugunsten der Gewerbebetriebe auswirken wird. Das ist eine
sehr positive Feststellung, die wir machen können, und wir hoffen, daß auch die Ergebnisse
dementsprechend sein werden.
Diese Frage betrifft also ausschließlich die neuen Kanalisierungsmaßnahmen. Auswirkungen werden
erst in einigen Jahren wirklich erkennbar werden. Derzeit fällt das praktisch noch nicht ins Gewicht.
Weiters beabsichtigt die Änderung des Kanalgesetzes 1977 die Regenwasserversickerung. Diese gibt
es ja schon, aber jetzt wird sie attraktiver. Sie ist verstärkt anzuregen bzw. zu fördern, und das ist
auch im Gesetz vorgesehen. Dieses Anliegen verbessert künftighin den Grundwasserhaushalt, um
den es ja in Zukunft wirklich geht, und wir haben allgemein bereits dort und da Bedenken angemeldet.
Natürlich muß darum dann jeder Interessent behördlich ansuchen.
Die Regenwasser- bzw. Dachwasserversickerung hängt allerdings letztenendes von der
Bodenbeschaffenheit ab; überall wird es nicht gehen, aber dort, wo die Versickerung möglich ist, soll
dieses kostbare Wasser wirklich versickern. Das soll in die Wege geleitet werden. Wir wissen, daß in
den letzten 20 Jahren die Niederschlagsmengen sehr stark zurückgegangen sind. Bedenken wir
deshalb, wie wichtig künftig die Regenwasserversickerung für den Grundwasserspiegel überhaupt
sein wird. Besonders in den dafür geeigneten Siedlungsgebieten wird man sich dieser Tatsache
vermehrt bewußt werden müssen. Das ist ein neuer Faktor in der Siedlungswasserwirtschaft. Diese
Überlegung, meine sehr verehrten Damen und Herren, zielt im besonderen auch darauf ab, so viel
Niederschlagswasser wie nur möglich zur Versickerung zu bringen. Ein Umweltfaktor, der
grundsätzlich begrüßt werden muß. Im § 5 a Abs.6 des zu beschließenden Gesetzes konnten wir im
Unterausschuß auch eine Klarstellung in Bezug auf das Mischwasserkanalsystem erreichen, also das
Versickern und Sammeln der Niederschlagswässer. Ich glaube, dieser richtige Weg ist sehr wichtig
und gibt der Verwaltung in den Gemeinden eine gute Handhabe für die Durchführung. Ein eigener
Regenwasserkanal ist vor allem dort eine echte Notwendigkeit, wie wir wissen, wo eine schlechte
Versickerung durch den Boden gegeben ist. Ausgesprochene Schmutzwasserkanäle sind eher eine
Seltenheit. In Wirklichkeit hat sich der Mischwasserkanal als die praktikabelste Form der
Abwasserbeseitigung bewährt. Aus der Tatsache heraus, daß die Versickerung der Regenwässer
finanziell berücksichtigt wird, darf den Gemeinden aber wirtschaftlich kein Nachteil erwachsen. Das ist
ein wichtiger Gesichtspunkt dieses Kanalgesetzes. Ein Rückgang der Einnahmen aus dem
Regenwasserentsorgungsanteil muß dem Schmutzwasserentsorgungsanteil aufgerechnet werden.
Interessant ist, daß, wenn sich die Summe der Regenwasserberechnungsflächen um mehr als 10 %
verringert, der anteilige Jahresaufwand des Ortsnetzes für die Schmutzwasserentsorgung um dieses
Prozentausmaß zu erhöhen ist. Schon bisher war im § 5 Abs.2 klar zum Ausdruck gebracht worden,
daß sich die Kanalbenützungsgebühr zu gleichen Teilen für die Regenwasserentsorgung und für die
Schmutzwasserentsorgung zusammensetzt.
Einmal im Jahr mindestens wird nun in den betroffenen Gemeinden dieser Prozentsatz zu überprüfen
sein. Die vielen Gemeinden, die bereits einen Computer besitzen und die Daten gespeichert haben,
werden sich hier leichter tun. Ein Knopfdruck wird genügen, und man kann die Sachlage für die
Berechnung überblicken. Für die Kanalbenützungsgebühren ist die Bestimmung entscheidend, daß
die Landesregierung durch Verordnung für jeden Verwaltungsbezirk die Mindesthöhe der
Einheitssätze für die Schmutzwasser- und Regenwasserentsorgung festzulegen hat. Die Einheitssätze
- und das war eine Diskussion, die sich wie ein roter Faden durch die Verhandlungen durchgezogen
hat - dürfen zusammen ein Tausendstel des mittleren Monatseinkommens der Arbeitnehmer im
Verwaltungsbezirk nicht unterschreiten. Eine Gesamtliste der Bezirke aus Niederösterreich wird
interessant sein, um zu sehen, welche unterschiedlichen Einkommensgrenzen hier gegeben sind. Die
Novelle zum Kanalgesetz ermöglicht aber auch im § 5 a Abs.4 den Gemeinden, auch niedrigere
Einheitssätze anzuwenden, wenn der Jahresaufwand dadurch gedeckt werden kann, und es ist sehr
wichtig, daß er gedeckt werden kann. Oft kann er nämlich nicht gedeckt werden, und dann muß man
eben zumutbare Festlegungen treffen. Gerade diese neue gesetzliche Bestimmung, ich habe mir das
bei uns in St.Pölten angeschaut und erklären lassen, ist für die Landeshauptstadt interessant und
kann praktikabel angewendet werden. Dieser Effekt wird aber sicher, so hat mir unser Fachmann im
Rathaus erklärt, in einer Reihe von Gemeinden ebenfalls anwendbar sein. Als Grundsatz der
finanziellen Nüchternheit, und das will ich zum Schluß betonen, muß jedoch immer gelten: Je mehr
Leistungen von der Allgemeinheit in den Gemeinden in Anspruch genommen werden, um so höher
muß auch das hiefür zu entrichtende Entgelt sein. Gratis geht eben leider nichts, sind doch die
Gemeinden durchwegs bestrebt, aber auch wirtschaftlich verpflichtet, letztenendes kostendeckend zu
kalkulieren, um damit erfolgreich arbeiten zu können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem kommunalpolitischen Sinn geben wir von der
sozialistischen Landtagsfraktion der Novelle zum Kanalgesetz, die einen gemeinsamen Antrag
beinhaltet, gerne unsere Zustimmung. (Beifall beider SPÖ und einigen Abgeordneten der ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT HAUFEK: Zum Wort ist der Abgeordnete Hoffinger gemeldet.
Abg. HOFFINGER (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des
vollen Hohen Hauses! Darf ich im Gegensatz zu meinem Kollegen Breininger sagen, mein Vorredner,
Kollege Gruber, hat sehr ausführlich und sehr verständlich die Novelle dieses Kanalgesetzes hier
vorgetragen, und ich darf mich daher auf das Wesentliche beschränken.
(Präsident Romeder übernimmt den Vorsitz.)
Das NÖ Kanalgesetz hat die Aufgabe, die Kosten für die Errichtung und den Betrieb einer
Kanalisationsanlage auf die Benützer möglichst gerecht aufzuteilen. Die Novelle zum NÖ
Kanalgesetz, die nun zur Debatte steht und über die eine Einigung erzielt wurde, ist eine wichtige
Maßnahme für die gerechte Aufteilung der Kosten einer Kanalisationsanlage für alle Kanalbenützer.
Haben wir vor zwei Jahren die Benützungsgebühr sehr wesentlich geändert, steht heute die
Kanalanschlußabgabe im Vordergrund. Die Kanalanschlußabgabe wird, haben wir gehört, an die
Gleichstellung von land- und forstwirtschaftlich genutzten Gebäuden und Gebäudeteilen angepaßt,
von Einfamilienhäusern mit Garage und Nebengebäuden sowie Gewerbebetrieben.
Ein Gebäudeteil im Sinne des § 3 Abs.2, so haben wir vom Berichterstatter gehört, ist ein vom übrigen
Gebäude durch eine bis zu seiner obersten Decke durchgehende Wand getrennter Teil mit einer
Nutzung als Garage, als gewerblicher oder industrieller Lager- oder Ausstellungsraum oder mit einer
Nutzung für land- und forstwirtschaftliche Zwecke. Diese Gebäudeteile gelten als eigener Bauteil und
zählen nicht mehr zur Berechnungsfläche und zur bebauten Fläche im Sinne der Anschlußabgabe.
Häuslbauer, die ihre Garage neben dem Hauptgebäude errichten, werden also in Zukunft von der
Anschlußabgabe für diese Garagen ausgenommen sein. Die Land- und Forstwirtschaft war schon
bisher von der Anschlußabgabe in diesen Bereichen befreit, und die Gewerbe- und Handelsbetriebe
werden hier aufatmen können, denn viele Klein- und Mittelbetriebe waren durch die
Kanalanschlußabgabe in ihrer Existenz gefährdet, weil sie für Nebengebäude und Gebäudeteile große
Summen an Anschlußgebühren zu zahlen hatten. Schlagzeilen wie "Dieses Kanalgesetz stürzt
Greißler in den Ruin" wurden also in letzter Zeit sehr oft gebraucht, und wir werden uns daher in
Zukunft durch diese Gleichstellung in der Argumentation doch etwas leichter tun.
Die Nutzung eines eigenen Gebäudes und eines Gebäudeteiles als Lagerraum wird also in Zukunft
gleichgestellt werden, denn es ist nicht einzusehen, daß ein Gebäude, das vom Hauptgebäude ein,
zwei Meter entfernt steht, nicht angerechnet und ein Gebäudeteil, der angebaut ist, angerechnet wird.
Die Belastung für den Kanal ist die gleiche. Die nicht angeschlossenen Gebäudteile und
Nebengebäude bringen also für den Kanal keinerlei Belastungen und Nachteile, und freistehende
Gebäude, die nicht angeschlossen sind, werden durch dieses Gesetz nicht mehr zur
Berechnungsfläche herangezogen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben
Berechnungen über die Auswirkung dieses Gesetzes angestellt. Mein Vorredner, Kollege Gruber, hat
darauf hingewiesen. Bei rund 3.000 untersuchten Hausanschlüssen in zehn ausgewählten
Gemeinden, dabei handelte es sich um Klein- und Mittelgemeinden, die also für jene Gemeinden
charakteristisch sind, die in Zukunft noch den Kanal errichten müssen, hat sich folgendes Bild
ergeben: Von der Neuregelung des § 3 Abs.2 werden rund 1.000 Wohnhäuser betroffen, wobei im
Durchschnitt die bebaute Fläche, welche in Hinkunft entfällt, ca. 20 m2 beträgt. Dem stehen 56
Betriebe gegenüber, bei denen diese Fläche durchschnittlich 200 m2 ausmacht. Wie die
Untersuchung nun gezeigt hat, ist jedes dritte Wohnhaus von der Neuregelung betroffen, und das
Verhältnis der Summe der Fläche der Wohnhäuser zu den Betrieben ist tatsächlich 80 % zu 20 %.
Das heißt, daß in Summe viermal soviel Flächen bei Wohnhäusern entfallen als bei Betrieben. Bei den
Berechnungen stellte sich auch heraus, daß in Zukunft eine Verminderung der Berechnungsfläche
von 9 % eintritt. Der Finanzierungsanteil an den Gesamterrichtungskosten beträgt bei den
untersuchten Gemeinden 22,6 %. 9 % der Berechnungsfläche, die nun von diesen 22,6 % entfallen,
machen 2 % vom Finanzierungsanteil aus. Diese 2 % werden vom Landeswasserwirtschaftsfonds zu
decken sein.
Die Finanzierung des Kanalbaues ergibt sich nämlich wie folgt: 60 % sind vom BundesWasserwirtschaftsfonds plus der Einmündungsabgabe der Bürger der Gemeinde zu finanzieren und
der Rest vom Landes-Wasserwirtschaftsfonds. Bei der Anschlußabgabe wird es also keinerlei
Verschiebungen innerhalb der Anschlußwerber geben. Trotzdem, meine sehr geschätzten Damen und
Herren, werden Härtefälle, wie zum Beispiel große Produktionshallen, Schlösser, ehemalige genutzte
landwirtschaftliche Gebäude übrig bleiben. Bezüglich der Benützungsgebühr gibt es in diesen Fällen
bereits eine Härteklausel im Kanalgesetz. Für die Anschlußabgabe sollte von der Möglichkeit, die die
Niederösterreichische Abgabenordnung bietet, Gebrauch gemacht werden.
Ich erlaube mir daher, meine sehr geschätzten Damen und Herren, folgenden Resolutionsantrag zu
stellen (liest):
"Resolutionsantrag des Abgeordneten Hoffinger zur Vorlage der Landesregierung betreffend
Änderung des NÖ Kanalgesetzes 1977; LT-395/K-3. Durch die letzte Novelle zum Kanalgesetz wurde
ein § 5 b eingeführt, der die Vermeidung von Härtefällen vorsieht, die sich daraus ergeben, daß ein
offensichtliches Mißverhältnis zwischen Gebührenanteil und dem tatsächlich entstehenden
Kostenaufwand vorliegt. Derartige Härtefälle kommen naturgemäß auch bei der
Kanalanschlußabgabe vor. Eine Übertragung der neu eingefügten Bestimmung auf die
Kanalanschlußabgabe ist nicht praktikabel. Wohl aber gibt die Abgabenordnung die Möglichkeit,
derartige Härtefälle auch bei der Anschlußabgabe zu berücksichtigen, wobei es jedoch der
Abgabenbehörde überlassen bleibt, ob sie von einer Nachsichtsmöglichkeit nach der
Abgabenordnung Gebrauch macht oder nicht. Die Landesregierung sollte daher als Aufsichtsbehörde
darauf dringen, daß die Abgabenbehörden der Gemeinden auch bei der Kanalabschlußabgabe von
der Möglichkeit Gebrauch machen, Härtefälle durch Anwendung der Bestimmungen der
Abgabenordnung zu mildern. Die Landesregierung wird daher aufgefordert, in diesem Sinne an die
Gemeindebehörden heranzutreten und sie entsprechend zu informieren."
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Benützungsgebühr soll grundsätzlich das
Kostendeckungsprinzip bestehen bleiben. Die Gemeinden sollen die Möglichkeit haben, bei für den
Bürger nicht mehr zumutbaren Gebühren niedrigere Einheitssätze festzulegen, sie dürfen jedoch den
von der Landesregierung festgelegten Mindestsatz nicht unterschreiten. Eine wesentliche Änderung
ergibt die Aufteilung zwischen Regenwasser- und Schmutzwasseranteil bei den Mischwasserkanälen.
Mit der letzten Novelle wurde die Möglichkeit der Versickerung geschaffen, und in der Folge haben die
Bürger von dieser Möglichkeit der Versickerung Gebrauch gemacht. Die Belastung des Kanals und die
damit anfallenden Kosten werden damit geringer. Eine Aufteilung von 50 zu 50 auf Schmutzwasser
und Regenwasser dürfte damit nicht mehr gerechtfertigt sein. Die Konsequenz daraus ist, daß bei
Versickerungen von 10 % der Berechnungsfläche der auf diese 10 % entfallende Kostenanteil der
Regenwasserentsorgung auf die Schmutzwasserentsorgung umverteilt wird. Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Wir sind vor zwei Jahren angetreten und haben uns vorgenommen, in den
nächsten 10 Jahren ca. 17 Milliarden Schilling für den Umweltschutz, sprich für den Kanalbau mit
Kläranlage auszugeben. Das Bauprogramm ist voll angelaufen, und wir werden voraussichtlich den
Anteil jener Gemeinden, die an die Kläranlage anschließen, in diesem Zeitraum bis zu 80 % erhöhen
können. Die Einigung des Kommunalgipfels über das Bauprogramm war und ist vor allem im Hinblick
auf die Regionalisierung in unserem Land ein wichtiger Schritt vorwärts, und ich kann nur
unterstreichen, sie ist das Ergebnis sachlicher und konstruktiver Zusammenarbeit so wie die Novelle
zum Kanalgesetz 1977. Durch das verantwortungsbewußte Handeln unserer Bürgermeister und
Kommunalpolitiker wurde und wird viel Arbeit in unser Land gebracht. Mit den Aufträgen an die
Bauwirtschaft wurden bei uns in Niederösterreich zehntausende Arbeitsplätze erhalten und gesichert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, daß wir im Ausschuß eine Einigung über das
Kanalgesetz erzielen konnten und darf Sie auch ersuchen, meinem Resolutionsantrag die
Zustimmung zu geben. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Es liegt keine weitere Wortmeldung vor. Der Berichterstatter hat daher
das Schlußwort.
Berichterstatter Abg. KOCZUR (SPÖ): Ich verzichte.
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER (nach Abstimmung über den vorliegenden Wortlaut des Gesetzes
sowie über den Antrag des Kommunalausschusses): Einstimmig angenommen. Ich darf nunmehr über
den Resolutionsantrag des Abgeordneten Hoffinger betreffend Information der Gemeindebehörden
abstimmen lassen. (Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag): Ebenfalls einstimmig
angenommen.
Somit ist die Tagesordnung der heutigen Sitzung erledigt. Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen
und Herren! Mit der heutigen Sitzung geht nicht nur eine Tagung, sondern auch die XII.
Gesetzgebungsperiode des Landtages von Niederösterreich zu Ende. Nachdem die drei
vorangegangenen Gesetzgebungsperioden jeweils vorzeitig beendet wurden, läuft sie diesmal, wie in
der Landesverfassung vorgesehen, aus. Aus diesem Anlaß einen kurzen Rückblick zu halten, ist
daher wohl angebracht, denn an Arbeit hat es in dieser Gesetzgebungsperiode wirklich nicht
gemangelt. Insgesamt fanden 68 Sitzungen des Plenums und 287 Sitzungen der Ausschüsse statt.
Dabei wurden 155 Gesetzesbeschlüsse und 237 sonstige Beschlüsse gefaßt. Von diesen zusammen
392 Beschlüssen wurden nur 20 mit Mehrheit beschlossen, alle anderen Vorlagen wurden einstimmig
genehmigt. Wir haben uns bemüht, alle Geschäftsstücke einer Behandlung und Beratung zuzuführen.
Diese Zahlen bedürfen allerdings für die Öffentlichkeit einer Erläuterung, denn sonst könnte leicht der
falsche Eindruck entstehen, daß wir unsere Arbeit nicht mit dem notwendigen Ernst durchgeführt
haben. Den vielen einstimmigen Beschlüssen sind nämlich meist sehr lebhafte und oft auch
breitgefächerte Debatten in den Ausschüssen vorangegangen. Da es die sogenannten
Nominierungssitzungen in den Ausschüssen nicht mehr gibt, waren also alle Ausschußsitzungen
echte Arbeitssitzungen. Die in der abgelaufenen Gesetzgebungsperiode hier im Hohen Haus
behandelten Themen aufzuzählen, wäre eine mühsame und wahrscheinlich auch ermüdende
Angelegenheit, denn in den immer komplexer und vielfältiger werdenden und ineinander verwobenen
Bereichen von Politik, Wirtschaft und Kultur gibt es kaum ein Thema, das nicht beraten wurde.
Gestatten Sie mir daher, auf das entscheidende Thema hinzuweisen, das diese
Gesetzgebungsperiode von allen vorangegangenen und kommenden unterscheidet und ihr eine
besondere historische Dimension gibt. Ich meine den Beschluß vom 10.Juli 1986, mit dem die
Landesverfassung geändert bzw. ergänzt wurde und einerseits St.Pölten zur Landeshauptstadt von
Niederösterreich bestimmt und andererseits der Startschuß für eine gezielte Dezentralisierung und
Regionalisierung gegeben wurde. Niederösterreich hat damit nicht nur ein historisches Defizit
wettgemacht, indem es sich nach 65 Jahren eine eigene Hauptstadt gegeben hat, sondern es wurde
damit auch in vielen Bereichen eine Entwicklung initiiert, deren bisherige Ergebnisse uns für die
Zukunft optimistisch stimmen dürfen.
Dieser Optimismus und diese Aufbruchstimmung waren eigentlich ein bestimmendes Element unserer
gesamten Arbeit. Wir waren und sind von der Überzeugung getragen, daß es mit vereinten Kräften
möglich ist, in unserem Heimatland mit moderenen Entwicklungen und Erfordernissen Schritt zu
halten, ohne deswegen Erprobtes und Bewährtes über Bord werfen zu müssen. Es ist schon richtig,
daß wir uns über den Weg nicht immer einig waren, aber Heimatliebe und das
Verantwortungsbewußtsein gegenüber den Bürgern dieses Landes haben uns letzenendes doch
immer wieder die Richtung gezeigt, in der wir uns finden konnten.
Auch diese soeben zu Ende gegangene Tagung 1987/88 der XII. Gesetzgebungsperiode war durch
ein sehr reichhaltiges Arbeitsprogramm gekennzeichnet. Gestatten Sie mir, daß ich einige der in den
letzten Monaten gefaßten Beschlüsse nochmals in Erinnerung rufe. Da sind beispielsweise die
Novellierung des Fischereigesetzes und des Spitalsärztegesetzes zu nennen, des Weinbaugesetzes,
der Landtagswahlordnung und der Landtagsgeschäftsordnung, des Jagdgesetzes und des
Pflichtschulgesetzes, des Landesstraßengesetzes, des Bienenzuchtgesetzes, des Kanalgesetzes, der
Landarbeitsordnung und heute auch des Krankenanstaltengesetzes. Von außerordentlicher
Bedeutung sind aber auch die erst heute beschlossene Änderung der NÖ Bauordnung und des
Raumordnungsgesetzes sowie die Genehmigung einer Vereinbarung, betreffend den
Krankenanstaltenzusammenarbeitsfonds.
Zehn Beschlüsse betrafen die Übernahme oder die Erweiterung von Haftungen und mit weiteren
fünfzehn Beschlüssen wurden Berichte zur Kenntnis genommen, womit die Kontrolltätigkeit des
Landtages auch augenscheinlich zum Ausdruck kommt. Nicht unerwähnt bleiben dürfen die
Beschlüsse über das Budget einerseits und den Rechnungsabschluß andererseits.
Für die Zukunft bedeutungsvoll sind die neuen Gesetze über die Errichtung einer Wissenschaftlichen
Landesakademie, das Klärschlamm- und das Müllkompostgesetz, das Kleingartengesetz und als
Beitrag zur Durchforstung unserer Rechtsordnung nach nicht mehr sinnvollen Normen, die Aufhebung
des Gesetzes über die Gemeindevermittlungsämter.
Als Abschluß dieses Rückblicks auf unser letztes Arbeitsjahr muß ich schließlich noch die Premiere
auf einem ganz neuen Gebiet parlamentarischer Diskussion in Niederösterreich nennen, nämlich die
durch die Novellierung der Landtagsgeschäftsordnung möglich gewordene erste "Aktuelle Stunde" im
Hohen Haus am 24.März dieses Jahres. Ich glaube, wir brauchen uns dieser Bilanz wirklich nicht zu
schämen.
Ein Blick zurück zeigt aber auch, daß von den 56 Abgeordneten, die am 4.November 1983 an der
konstituierenden Sitzung des Landtages für die XII. Gesetzgebungsperiode teilnahmen, heute nur
mehr 38 dem Hohen Hause angehören. Durch den Tod von uns gegangen ist unser Kollege
Abgeordneter Johann Wildt, dessen ich hier noch einmal ganz besonders gedenken möchte. Alle
anderen 17 Abgeordneten sind zum Teil nach jahrzehntelangem verdienstvollem Wirken
ausgeschieden und haben jüngeren Kollegen Platz gemacht. Es hat also hier ein
Generationenwechsel und eine ständige Erneuerung stattgefunden, und auch in diesem steten
Spannungsfeld zwischen älteren erfahreneren und jüngeren impulsiveren Kolleginnen und Kollegen
kann man eines der Geheimnisse unserer erfolgreichen Landtagsarbeit vermuten. Besonders
erwähnen möchte ich den im Laufe der Periode ausgeschiedenen Landtagspräsidenten Reiter und
den Zweiten Landtagspräsidenten Pospischil sowie den SPÖ-Klubobmann Abgeordneten Lechner
und auch ÖVP-Klubobmann Dr.Bernau, der mit Ende dieser Periode ausscheiden wird. Allen
Genannten wie auch Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, möchte ich für Ihre Arbeit und
Ihren Einsatz für unser Land ganz besonders herzlich danken. (Beifall im Hause.)
Mein Dank gilt heute ebenso den Mitgliedern der Niederösterreichischen Landesregierung, an der
Spitze unserem Herrn Landeshauptmann Siegfried Ludwig.
In Anbetracht der bevorstehenden Ferien wird die kommende Wahlwerbung im Herbst
verhältnismäßig kurz sein. Ich darf der Hoffnung Ausdruck geben, daß es ein Wettstreit der Ideen und
Programme wird, in dem die Parteien ihre unterschiedlichen Auffassungen über die Lösung der
Probleme und Sachfragen, über die Prioritäten und die Notwendigkeiten darlegen. Ich darf Sie daher
alle bitten, das Ihre dazu beizutragen, daß dabei persönliche Verunglimpfungen unterbleiben und die
Grenzen der Fairneß nicht überschritten werden, denn nach der Wahl müssen wir - das ist der Auftrag
der Bevölkerung und unsere gesetzliche Verpflichtung - in diesem Hohen Haus weiter
zusammenarbeiten zum Wohle unseres Heimatlandes Niederösterreich. Ein interessanter Wahlkampf
stärkt die Demokratie. Ein unfairer Wahlkampf kann ihr sehr schweren Schaden zufügen.
Der fleißigen Bevölkerung Niederösterreichs darf ich heute einen schönen und erholsamen Urlaub
wünschen, unserer Landwirtschaft die wohlverdiente gute Ernte, unserer Jugend unbeschwerte Ferien
und Ihnen allen, meine sehr geehrten Damen und Herren, in den kommenden Monaten die
notwendige Erholung, damit wir im Herbst wieder mit frischer Kraft und neuen Ideen für unser
Niederösterreich wirken können. (Anhaltender Beifall im Hause.)
Abg. ANZENBERGER (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Mit dem heutigen Tag, mit der heutigen
Landtagssitzung, geht die Legislaturperiode 1983/88 zu Ende. Die Berichte des Herrn
Landeshauptmannes Siegfried Ludwig und des Herrn Landeshauptmannstellvertreters Höger über die
erfolgreiche Arbeit des Landtages und der Landesregierung wurden uns heute hier übermittelt. Das
Hervorstechendste der erfolgreichen Arbeit in dieser Legislaturperiode ist die Errichtung einer eigenen
Landeshauptstadt mit dem Standort St.Pölten. Die Begleitmaßnahmen, die durch den
Landeshauptstadtbeschluß gefaßt wurden, sind heute bereits einige Male erwähnt worden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist daher für mich als den an Jahren ältesten, aber
auch an Dienstjahren in den gesetzgebenden Körperschaften am längsten tätigen Abgeordneten eine
Ehre, die Dankesworte zu sprechen.
Ich möchte heute dem langjährigen Präsidenten Ferdinand Reiter für seine umsichtige Vorsitzführung
während seiner Amtszeit hier im Hause danken. Ich danke auch Dir, Herr Präsident Romeder, für
Deinen Bericht, für Deinen Rückblick, den Du uns heute gegeben hast, und für Deine
Urlaubswünsche.
Ich darf im Namen aller Abgeordneten des Hohen Hauses, Dir, Herr Präsident, dem Präsidenten
Haufek, dem Präsidenten Schober sowie den Damen und Herren der Landesregierung ebenfalls
angenehme Urlaubstage wünschen. Ich möchte aber auch den Damen und Herren des Landtages
von Niederösterreich die besten Urlaubswünsche weitergeben.
Der kommende Herbst wird uns in der Wahlauseinandersetzung finden. Ich hoffe aber, daß die
Wahlwerbung so geführt wird, wie bereits der Herr Präsident erwähnt hat, daß persönliche
Verunglimpfungen unterlassen werden und daß wir als die gewählten Mandatare nach dem
16.Oktober uns wieder in die Augen schauen können. Das oberste Ziel der wahlwerbenden Parteien,
aber auch jeden Mandatars soll es sein, unsere ganze Kraft der Arbeit für unser Heimatland zur
Verfügung zu stellen, damit dieser gemeinsam begonnene erfolgreiche Weg auch in der kommenden
Gesetzgebungsperiode im Interesse unseres Heimatlandes und der Bevölkerung von Niederösterreich
fortgesetzt werden kann.
Nochmals herzlichen Dank, nochmals herzliche Urlaubswünsche, Gesundheit und "Glück auf" für eine
wirtschaftlich und politisch gesicherte Zukunft unseres Heimatlandes Niederösterreich. (Lebhafter
Beifall im Hause.)
PRÄSIDENT Mag.ROMEDER: Ich darf für die guten Wünsche danken.
Die Sitzung ist geschlossen.
(Schluß der Sitzung um 18.49 Uhr.)
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