1. Beobachtung und Experiment

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Einf. Psycholinguistik
1. Beobachtung und Experiment
Wissenschaft versucht wahre Aussagen über die Welt zu machen.
In allen Sprachen gibt es Vokale.
Kinder produzieren Verschlusslaute früher als Frikative.
Kinder können Vokale früher als Konsonanten unterscheiden.
Mädchen können /d/ früher von /t/ unterscheiden als Jungen.
Wörter werden schneller erkannt, wenn ihnen ein semantisch ähnliches Wort vorausgeht.
Alkohol vermindert die Artikulationsfähigkeit.
Wissenschaftliche Aussagen resultieren aus Beobachtungen der Welt, bei denen man
entweder nicht eingreift (> Beobachtung, correlational method) oder eingreift (Experiment).
Beide Methoden:

sind empirisch (n.b. Aussagen, die nicht empirisch bestätigt oder widerlegt werden
können, sind deshalb unwissenschaftlich aber nicht notwendigerweise falsch)

benutzen Messungen

sind objektiv (d.h. es spielt keine Rolle, wer die Beobachtung durchführt)

sind replizierbar (d.h. die Methode muss so angewendet werden, dass ich selbst oder
jemand anderes die gleiche Beobachtung noch einmal machen kann.)
Der wesentliche Unterschied zwischen Beobachtung und Experiment besteht darin, dass
Beobachtungen im Prinzip keine Aussagen über Kausalität zulassen, Experimente aber schon,
da sie die Auswirkungen der Manipulation einer Variablen (unabhängige Variable) auf eine
andere (abhängige Variable) zeigen können.
2. Arten von Messdaten
Variablen werden gemessen. Diese Messdaten sind von verschiedener Art (Skalenniveau).
Nominalskala (nominal data)
Gleichheit, Verschiedenheit
Ordinalskala (ordinal data)
größer-kleiner
Intervalldaten (interval data)
Gleichheit von Differenzen
Verhältnis (ratio data)
Gleichheit von Verhältnissen
Ein höheres Skalenniveau kann in ein niedrigeres überführt werden, aber nicht umgekehrt.
Daten auf höheren Skalenniveaus sind informativer und erlauben effektivere statistische Tests
> wenn möglich Variablen auf höherem Niveau messen.
Nominal- und Ordinaldaten sind nicht-parametrisch (non-parametric).
Intervall- und Verhältnisdaten sind parametrisch
Variablen können kontinuierlich (= beliebig fein messbar) oder diskret (nur ganzzahlige
Werte) sein.
3. Überlegungen bei der Planung einer Studie
3.1. Wie ist die Fragestellung/Hypothese?
a) Habe ich überhaupt zwei Variablen?
Wenn nein > weder Korrelationsstudie, noch Experiment
In allen Sprachen gibt es Vokale.
b) Nehme ich an, dass zwei Variablen irgendwie zusammenhängen, habe aber keine
Hypothese welche die andere beeinflusst?
Wenn ja > beobachtende/Korrelationsstudie
Kinder produzieren Verschlusslaute früher als Frikative.
Schuhgröße/Körpergröße
In diesen Fällen lassen sich abhängige und unabhängige Variable nicht unterscheiden.
c) Nehme ich an, dass eine Variable eine andere beeinflusst (d.h. die Änderung der ersten
verursacht eine Änderung der zweiten)?
Wenn ja: Kann ich die erste Variable manipulieren und die Änderung der zweiten messen?
Wenn nein: Beobachtungsstudie
Mädchen können /d/ früher von /t/ unterscheiden als Jungen.
Menschen mit kleinerer Schuhgröße bevorzugen dunklere Farben/ sind schlechter in Mathe
Vorteil: relative natürliche Beobachtungsumstände
Nachteil: keine Randomisierung (siehe unten) möglich, Störgrößen (konfundierende
Variablen/confounding variables) können nie sicher ausgeschlossen werden und d.h. die
Kausalität nie sicher nachgewiesen werden.
Wenn ja: Experiment
Wörter werden schneller erkannt, wenn ihnen ein semantisch ähnliches Wort vorausgeht.
Alkohol vermindert die Artikulationsfähigkeit.
Nachteil: in der Regel artifizielle Laborumgebung/Aufgaben
Vorteil: Störgrößen können bei sauberem Design weitgehend ausgeschlossen werden
3.2. Welche Variablen?
a) Welche abhängige Variable, welche Art von Messdaten (Skalenniveau)?
Grundsätzlich gilt: soviel Information wie möglich bei vergleichbarem Aufwand sammeln
(besser Einschätzung eines Politikers auf einer Skala als einfach „gut/schlecht“)
Parametrische Daten erlauben aussagefähigere statistischere Tests.
Besser objektive als subjektive Daten (z.B. Sprachtest besser als Selbsteinschätzung der
Beherrschung einer Fremdsprache)
Die gemessene Variable muss reliabel (zuverlässig) sein. (Bei einer weiteren Messung kommt
das gleiche heraus.) Probleme: Wiederholungseffekte
Die gemessene Variable muss valide sein. (Sie misst das, was sie messen soll.) Probleme bei
komplexen Eigenschaften wie ‚Intelligenz’.
b) Welche und wie viele unabhängige Variablen, wie werden sie manipuliert?
Die Anzahl der unabhängigen Variablen hängt von der Fragestellung ab.
z.B. hat die Untersuchung der Hypothese Mädchen können /d/ besser von /t/ unterscheiden als
Jungen. im einfachsten Fall eine unabhängige Variable ‚Geschlecht’ mit den zwei Stufen
(levels): 1=Mädchen; 2=Junge
Die Untersuchung der Hypothese Mädchen können /d/ früher von /t/ unterscheiden als
Jungen. erfordert aber mindestens zwei unabhängige Variablen ‚Geschlecht’ (Mädchen;
Junge) und ‚Alter’ (z.B. drei Stufen: 6-12 Monate; 12-18 Monate und 18-24 Monate)
Da man den Einfluss der unabhängige Variablen auf die abhängige Variable zeigen will, ist
eine der Stufen der unabhängige Variablen oft eine Kontrollbedingung oder Kontrollgruppe,
in der die entscheidende Eigenschaft der Variablen gerade nicht vorhanden ist. Ist die
Hypothese z.B. Personen mit der Lieblingsfarbe Rot sind mathematisch unbegabt. könnte die
unabhängige Variable die Stufen ‚Lieblingsfarbe Rot’ und ‚Lieblingsfarbe nicht Rot’ haben,
also eine Kontrollgruppe von Personen, deren Lieblingsfarbe nicht Rot ist. Bei der Hypothese
Alkohol vermindert die Artikulationsfähigkeit. wird man entweder einer Gruppe Alkohol und
einer anderen Gruppe keinen Alkohol geben (Kontrollgruppe) oder der gleichen Gruppe zu
verschiedenen Zeitpunkten einmal Alkohol und einmal keinen Alkohol (Kontrollbedingung)
geben. Idealerweise ist die Konrollgruppe/-bedingung in jeder anderen Hinsicht gleich der
Experimentalgruppe/-bedingung. Z.B. wählt man in einer Studie über Aphasie nicht gesunde
Studenten sondern gesunde Personen im gleichen Alter als Kontrollgruppe.
Wenn die Stufen der unabhängigen Variablen auf zwei oder mehr Gruppen verteilt sind,
spricht man von between-subject Design.
Wenn die Stufen der unabhängigen Variablen als verschiedene Bedingungen mit derselben
Gruppe
durchgeführt
werden
von
within-subject
Design.
In
diesem
Fall
liegt
Messwiederholung (repeated measurements) vor.
Um den Einfluss von Störgrößen möglichst gering zu halten, werden in einem betweensubject design die Zuweisung der Versuchsteilnehmer zu den Gruppen randomisiert
In einem within-subject Design wird die Reihenfolge der Bedingungen ebenfalls randomisiert
oder ausbalanciert (counterbalanced)
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