60 Jahre Auensiedlung Interessengemeinschaft Auensiedlung e.V. 1952 – 2012 Chronik (Fortsetzung von 2002 – 2012) von Hans-Jochen Wachsmann und Wolfgang Völkner Herausgegeben im Auftrag der Interessengemeinschaft Auensiedlung Freimann e.V. Wir sind ein Familien-Unternehmen, bestehend seit 1969. Als alt eingesessener Meisterbetrieb sind wir u.a. spezialisiert auf Fassadenanstriche, Innenanstriche, Tapezierarbeiten, Bodenbeschichtungen, Wasserschadenbeseitigung. Wir beschäftigen derzeit 10 Facharbeiter, 2 Malermeister und 1 Angestellte. Wir betrachten es als unsere vorrangige Aufgabe, auf die Wünsche unserer Kunden schnellstmöglich zu reagieren. Wir führen Ihre Aufgaben solide, gewissenhaft und zu angemessenen Preisen durch. Wir beraten Sie fachkundig und bieten Ihnen individuelle Lösungsvorschläge entsprechend Ihren Wünschen. Wir freuen uns, für Sie tätig zu werden. Ihre Familie Seer mit Belegschaft Büro: Lillweg 53, 80939 München Freimann, http: www.sued-malerei.de United Event.sec GmbH Sicherheits und Veranstaltungsdienst Schleißheimer Straße 100 85748 Garching Tel.: 089/32709000 Mobil. 0151/16578110 www.united-eventsec.com 60 Jahre Auensiedlung Interessengemeinschaft Auensiedlung e.V. 1952 – 2012 Chronik (Fortsetzung von 2002 – 2012) von Hans-Jochen Wachsmann und Wolfgang Völkner Herausgegeben im Auftrag der Interessengemeinschaft Auensiedlung Freimann e.V. Seite 3 - 60 Jahre Auensiedlung Impressum © Copyright: 2012 by Hans-Jochen Wachsmann und Wolfgang Völkner © Copyright: Luftbild Landeshauptstadt München, Kommunalreferat, Vermessungsamt Gestaltung: Rolf Zimmer Druck: Eder Druck GmbH, Dachau Alle Rechte, auch die des Nachdrucks sowie der Wiedergabe in jeder Form behalten sich die Herausgeber vor. Es ist nicht erlaubt, ohne deren schriftliche Genehmigung die Festschrift oder Teile daraus auf fotomechanischem Weg zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer bzw. mechanischer Systeme zu speichern, systematisch auszuwerten oder zu verbreiten. Inhaltsverzeichnis Vorwort .............................................................................................................. 7 Nachruf auf Rudolf Wachter............................................................................... 8 Schlaglichter auf die letzten 10 Jahre in der Auensiedlung ............................... 14 Lärmschutz an der Autobahn A99 .................................................................... 18 Webseite der Auensiedlung: www.auensiedlung.org ....................................... 23 Die Malerin Ariane Hagl ................................................................................... 24 Der Maler Andreas Bärnthaler ......................................................................... 28 Grundwassernotstand in der Auensiedlung ..................................................... 31 Weiherchronik ................................................................................................. 36 Krötenwanderung in der Auensiedlung ............................................................ 40 Straßenausbaubeitragssatzungsverordnung .................................................... 42 Karlheinz Knor, Biografie .................................................................................. 43 Mitgliederliste .................................................................................................. 56 Seite 5 - 60 Jahre Auensiedlung Unser Leistungsspektrum umfasst die Konzeption und Ausführung von Installationen in den Bereichen Heizung, Sanitär und Solar. Vom Neubau bis hin zur Renovierung oder Komplettsanierung realisieren wir kompetent und kreativ Ihre Wünsche. Dabei beraten wir Sie vor, während und nach dem Einbau hinsichtlich Energiesparmaßnahmen, Fördermitteln und Gestaltungsmöglichkeiten. Eine einwandfrei funktionierende Technik setzt aber auch eine professionelle und regelmäßige Wartung voraus. Wir sind Ihr zuverlässiger, fachkundiger und flexibler Partner für Wartung und Service. Als Innungsfachbetrieb des Sanitär- und Heizungshandwerks garantieren wir Ihnen eine sorgfältige und fachgerechte Ausführung Ihrer Aufträge. Vereinbaren Sie einen unverbindlichen Beratungstermin. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage! [email protected] 60 Jahre Auensiedlung - Seite 6 Vorwort Vor mehr als 60 Jahren begannen unsere Eltern und Vorgänger, hier im Münchner Norden ihre anfangs noch sehr einfachen Behausungen zu errichten. Die Landeshauptstadt München wollte unter allen Umständen eine Ansiedlung verhindern, mit Baueinstellungen, Geldstrafen, Verboten und strikter Überwachung schikanierte sie die ersten Bewohner. Dem Druck der Stadt München konnte man nur gemeinsam entgegen treten, vor nunmehr 60 Jahren wurde unser Siedlerverein gegründet, denn nur mit Gemeinsinn und Nachbarschaftshilfe und auch einem Schuss Schläue konnte es zur Legalisierung kommen. Mit großem Respekt schauen wir heute auf die Gründungsmütter und Gründungsväter der Auensiedlung, die damals in mühevoller Handarbeit ein neues Heim auf eigenem Grund und Boden errichtet haben. Die Zeit der Anfänge unserer Siedlung haben wir in der Chronik des Jahres 2002 dargestellt, Schwerpunkt der Fortsetzung sind die letzten zehn Jahre. Mit großem Nachdruck sei auf das Engagement derjenigen verwiesen, die zum Zustandekommen dieser Chronik beigetragen haben. Ihnen gebührt unser aller Dank! Wäre in diesem Jahr nicht die Hochwasserkatastrophe über uns herein gebrochen, so könnten wir Auensiedler recht zufrieden mit unserem Idyll sein. Immerhin hat sie uns vor Augen geführt, dass Gemeinsinn, Nachbarschaftshilfe und Zusammenarbeit die wahren Fundamente unseres Zusammenlebens sind. Die letzte große Herausforderung für uns ist der Lärmschutz entlang der A 99, doch wir können sicher sein, dass er in den nächsten Jahren verwirklicht wird. Zu einer Gemeinschaft gehört auch das Feiern, am 30. Juni können wir alle im Kreise unserer Nachbarn das Glas heben und auf unsere Gemeinschaft trinken! Wolfgang Völkner 1. Vorsitzender Seite 7 - 60 Jahre Auensiedlung Hans Jochen Wachsmann Schriftführer Nachruf auf Rudolf Wachter Am 16. Juni 2011 starb Rudolf Wachter, wohl der bedeutendste Holzbildhauer unserer Zeit. Die Predigt anlässlich seiner Beerdigung in Hl. Kreuz zu Fröttmaning hielt Pfarrer Rainer Hepler, der ein Jahr zuvor in seiner Kirche St.Paul in München eine repräsentative Auswahl der Werke Rudolf Wachters ausgestellt hat. Herr Pfarrer Hepler hat uns gestattet, den biographischen Teil aus dieser Predigt in der Siedlerchronik abzudrucken. Wir sind gekommen, um Abschied von Rudolf Wachter zu nehmen, hier in der Fröttmaninger Kirche, die seine Kirche war, in dieser ältesten Kirche Münchens, erwähnt bereits in einer der ältesten Urkunden im Bayrischen Staatsarchiv, die in vier Jahren 1200 Jahre alt sein wird. Diese Kirche, die damals wohl noch eine Holzkirche war, wurde an einer Stelle errichtet, wo einst bereits die Kelten ihre Götter verehrten. Fast wäre sie – wie 1969 der letzte Gutshof – von der Autobahn überrollt, vom Müllberg zugeschüttet, von der Arena erdrückt worden. Während hier das Dorf unterging, wuchs drüben in der Auensiedlung, erst illegal, dann geduldet etwas Neues. Hier hat Rudolf Wachter seinen Gott verehrt, jenen Gott, der am Holz starb, dem Holz, dem diese Kirche geweiht ist: Hl. Kreuz. Dieses Kreuz wurde hier einst an die Wand gemalt als Baum des Lebens: Gott ist ein Gott des Lebens. Im rechten Feld setzt sich dieses Leben in Sonnensymbolen fort: Heute ist ja einer der längsten Tage des Jahres, und wir feiern heute das Fest Johannes des Täufers, den wir an der Sommersonnwende mit den Johannisfeuern auf den Bergen ehren und der gesagt hat: „Er muss zunehmen, ich aber muss abnehmen“. Rudolf Wachter stammt aus Bernried, aber dem anderen, nicht am Starnberger, sondern am Bodensee, was man zeitlebens auch immer so schön hören konnte. 60 Jahre Auensiedlung - Seite 8 Nicht nur ein Sonntagskind war er, sondern ein Ostersonntagskind, geboren, während in der Kirche das Osterhochamt gefeiert wurde. Er war das 2. Kind, 6 weitere sollten folgen. Die Eltern, Ulrich und Berta Wachter, hatten sich in Paris kennengelernt, er, der Möbelschreiner, sie, das Dienstmädchen. Der Sonntag war der Louvre-Tag des Vaters, wo er nicht nur die Mona Lisa, sondern besonders auch die Möbel und Intarsien bewunderte. So ist Rudolf Wachter in Bernried nicht nur mit der Mona Lisa in der Werkstatt, sondern auch mit dem gesamten Louvre im Kopf des Vaters aufgewachsen. Ulrich Wachter war stolz darauf, dass seine Möbel nicht nur Stil hatten, eine künstlerische Handschrift trugen, sondern auch, dass das Stubsen mit dem Finger genügte, um eine Schublade zu schließen. Bei der Renovierung der Dorfkirche von Wilpoldsweiler half der Vater oft unentgeltlich. Der 7-jährige Rudolf sah den Kirchenmalern zu und war bereits entschlossen, selber Künstler zu werden. Die drei Jahre bei der Verwandtschaft in Grombach, damals der materiellen Not geschuldet, würden wir heute als Kinderarbeit bezeichnen. Was für den kleinen Rudi als Abenteuer begann, endete in täglichen Weinkrämpfen, so dass man ihn wieder nach Hause ließ. Da war die väterliche Werkstatt vergleichsweise das Paradies, wo die Buben erst Modelle von Schiffen und Flugzeugen, dann ein echtes Paddelboot und – ja – schließlich ein Flugzeug fertigten. 2 Jahre hatte Rudi an diesem Flugzeug gebaut, als 13-Jähriger flog er mit ihm – immerhin jeweils 4 bis 5 Meter. Es ist ein Foto davon erhalten. Rudolf Wachter gab es unserem Dr. Schäfert für den Katalog mit den Worten über seine Kunst: „Du hast keinen Boden mehr unter den Füßen – und das, glaube ich, muss die Kunst erreichen.“ Die frühen Flugversuche sind auch ein Gleichnis für das Bemühen, aus der engen dörflichen Welt herauszukommen, noch nach der Lehrzeit ging er freiwillig auf die Berufsschule nach Ravensburg, machte schließlich die Meisterprüfung. Dann der Krieg: Gebirgsjäger in Garmisch, Soldat im Kaukasus. Dort endete für ihn der Krieg früh mit dem Verlust eines Beines. Es waren einheimische Krankenschwestern, die ihm das Leben gerettet haben. Mit einem Bein fliegt es sich schlecht. Selbst stehen muss man wieder lernen. Seite 9 - 60 Jahre Auensiedlung Am Pfingstmontag habe ich noch erleben dürfen, wie viel schier übermenschliche Kraft selbst im Sterben in diesem einen Bein noch verblieben war. Er konnte schon nicht mehr reden, aber immer wieder richtete er sich auf, versuchte gar aufzustehen. Der einzige senkrechte Sterbende, der mir je begegnet ist. Ein Aufrechter. Die Wachters waren aufrechte Leute, keine Nazis, sondern katholisch. Das Ministrieren, die Erfahrung von Kirche als Heimat, die sich der Gleichschaltung widersetzte, war prägend. Nach dem Krieg ging Rudolf Wachter an die Schnitzschule nach Oberammergau, gemeinsam mit seinem Bruder Edgar. Nun, „Fliegen“ konnte man dort nicht lernen. Eher schon an der Münchner Kunstakademie, wo ein Kindheitstraum in der Klasse von Josef Henselmann, der auch das Münchner Domkreuz geschaffen hat, wahr wurde. Damals war das Studium noch ganz klassisch z.B. vom Aktzeichnen geprägt. Rudolf Wachter hat mir einmal gesagt, dieses Gefühl für Form und Proportion, das er dabei gelernt habe, das sei immer noch in seinen Skulpturen enthalten. Das eigentliche Geschenk der Akademie war aber: Ursula; ich vermute, das hatte dann schon eher etwas mit Fliegen zu tun. Liebe Frau Wachter, Sie beide haben mir nicht widersprochen, als ich bei der Ausstellungseröffnung in St. Paul gesagt habe, dass ich das Wachtersche Werk immer als ein gemeinsames Werk empfunden habe. Mit Ihnen stand er sozusagen wieder auf zwei Beinen und damit wieder ganz im Leben. Ihr Beitrag zum Ausstellungsaufbau in St. Paul, Ihre Worte bei der Übergabe der fünf Reliefs zeigten mir noch einmal, wie groß Ihr Anteil ist, an dem, was in Jahrzehnten gewachsen ist. Gemeinsam bauten sie das pyramidale Haus in der Auensiedlung, aus Stahl und Beton, aus Glas und Holz. Die „Schwäbische Zeitung“ sprach jetzt von „Wachters Trutzburg“. Ich selber habe es bei meinem ersten Besuch aber eher wie ein Raumschiff erlebt: ein Haus, das fliegen kann. Gemeinsam sind Ihnen auch die fünf Kinder Ursula, Rebekka, Veronika, Bibiana und Jonas sowie die Enkelkinder, gemeinsam lebten sie Mitte der 60er Jahre 2 Jahre in Griechenland, am Ende stand die 1. Einzelausstellung am GoetheInstitut in Athen. 60 Jahre Auensiedlung - Seite 10 Gemeinsam. Mir ist aufgefallen, dass ein großer Teil der Werke aus zwei – manchmal auch mehr – miteinander verwobenen Formen besteht, die aber aus einem Holz geschnitzt sind. Freilich ließ aber die immer noch anhaltende Flucht vor Hobelbank und Schnitzwerkstatt Rudolf Wachter erst spät wieder zum Holz zurückkehren. Ich vermute auch, es war nicht immer leicht, mit jemand zu leben, der sich mit so viel Kraftanstrengung aufrecht hält. „Er war ein strenger Vater“, haben Sie mir gesagt. Ein Aufrechter war Rudolf Wachter immer auch als Künstler: keiner, der den Markt, eine Mode bedient, eine Masche auswalzt. Er kämpfte mit der Skulptur wie als 13-Jähriger mit dem Flugzeug. Es musste doch möglich sein, weiter damit zu kommen als nur ein paar Meter. Irgendwann müsste das Ding doch endlich fliegen. In unserem Katalog sagt er: „Man braucht ein Leben lang, bis man ein Gesicht hat. Es wäre für jeden Menschen das Ideal, sich von allem tatsächlich zu befreien und auf sich selber zurückzukommen; nur das zu sein, was man von Natur aus ist, so wie Gott einen geschaffen hat… Und ich hab auch lang, sehr lang gebraucht, mit 50 hab ich mich erst richtig gefunden.“ Seit einem Jahr darf ich nun jede Werktagsmesse in St. Paul mit den 5 Stationen von RW feiern. Und mir wird nie lang dabei. Zu meinem ersten Wachter-Eindruck bin ich damals nach Neuburg an der Donau mit dem Zug gefahren. Ich war allein in dem großen Raum mit all den Skulpturen und konnte mich nicht losreißen, weil sie von allen Seiten immer wieder anders waren, am liebsten hätte man sie umdrehen mögen. Was Piero della Francesca, was die barocken Deckenmaler als „Trompe-l’œil“, als einen nur scheinbar unendlichen Raum mit optischer Täuschung geschaffen haben, das ist in den Skulpturen Rudolf Wachters echter Raum, den man begehen, erfahren kann. Mag auf den ersten Blick die Kunstfertigkeit mit der Kettensäge den Betrachter verblüffen, das Wesentliche ist doch, wie hier Raum entsteht, erweitert wird. Faszinierend ist, wie auch einfache Gemeindemitglieder ganz ohne Vorverständnis davon angetan sind. Was Asam-Schüler in dieser Kirche im Deckenfresko versuchten, hat Rudolf Wachter ins Holz geschnitzt. Was Piero mit der Malerei nicht gelingen konnte, einen betretbaren Raum zu schaffen, ist ihm gelungen. Seite 11 - 60 Jahre Auensiedlung Nochmals ein Wachter-Zitat aus dem Katalog: „Es gibt einen Raum, einen imaginären Raum… Ich kann es nicht richtig erklären, sonst ist es ja keine Kunst… Das Spiel mit dem Raum, es ist eine eigene Welt – der Bildraum. Das ist sakraler Raum… Es ist ein geistiges Dasein. Mein Gott, ich könnte natürlich sagen, es ist ein göttliches Geschenk, dass man überhaupt über das Gegenständliche hinauskommt, hinausdenken kann. Man kommt in eine andere Welt hinein, man verliert sich. Kürzlich war ich (in einem Schönberg-Konzert)…, das hat den ganzen Abend gedauert. Für den Durchschnittstypen furchtbar lang, aber für mich war’s… ich konnte mich abheben von der Realität. Man kommt… in ein geistiges Bewusstsein,… man schwebt auf einmal in einer (anderen) Welt…“ Im Evangelium haben wir gehört: „Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen“, viele Räume also. Dorthin ist er nun endgültig abgehoben – mit seinem Flugzeug; ist eingetreten in die Räume, die er mit seiner Kunst beschwor. Unbestritten war Rudolf Wachter der bedeutendste moderne Holzbildhauer. Sein Lebenswerk ist nun vollendet, vollendet aber meiner Meinung nach nicht im Bundesverdienstkreuz, nicht im Museum Rudolf Wachter in Kißlegg, nicht in der Mitgliedschaft in der Akademie der Schönen Künste, nicht in den Nachrufen und Fernsehsondersendungen, sondern vollendet darin, wie er vor seinem Tod die Seinen nochmals um sich versammeln konnte und für alle ganz Liebe war. Der Raum ist nicht nur in der Kunst, an der er bis zuletzt arbeitete und die er immer noch weiterentwickelte, sondern auch im Leben immer weiter geworden, der Raum, den er den Seinen schenken konnte. Ja, dafür braucht man ein ganzes Leben. 60 Jahre Auensiedlung - Seite 12 Oder wie Sie, Frau Wachter, in einem ihrer „Gedankensprünge“ schrieben: „Jedes Stadium eines Werdenden / ist schön – versklavt, wie er ist“ Und: „Eine verwickelte Liebe, wenn sie abhebt, entfaltet sich leuchtend im Flug“. Herzlich Willkommen bei Bueromoebel Koenig Bei uns finden Sie ca. 10.000 gebrauchte Bueromoebel direkt vor Ort Unsere Vorteile: riesige Auswahl sehr guenstige Preise (Neuwertiges ab 10% des Neupreises) Markenware zu Discountpreisen sofortige Mitnahme moeglich deutschlandweite Lieferungen Besichtigung moeglich. Kein „Blindkauf“ wie bei Onlineauktionshaeusern… Büromöbel König Inhaber: Robin König Schleißheimer Straße 106 85748 Garching bei München Tel: 089/36038246 Mail: [email protected] Öffnungszeiten: Mo-Fr: 9-18 Uhr, Sa: 10-14 Uhr Seite 13 - 60 Jahre Auensiedlung Schlaglichter auf die letzten 10 Jahre in der Auensiedlung von Hans Jochen Wachsmann Unsere 50-Jahr-Feier mit einer Fotoausstellung in der Mohrvilla und der Präsentation einer Chronik der Auensiedlung war ein Höhepunkt für unsere Gemeinschaft. Am 22. Juni 2002 wurde im Festzelt auf unserem Spielplatz das 50-jährige Bestehen gefeiert, Presse, Politiker, Behörden und Mitarbeiter der Mohrvilla sowie Gäste aus den benachbarten Siedlungen und natürlich unsere Auensiedler waren begeistert. Dahinter stand eine große Anstrengung nicht nur des Vorstands unter der Leitung von Wolfgang Schleifer, sondern vieler Helfer aus unserer Mitte, die Hunderte von Arbeitsstunden investiert hatten. Doch das „Ergebnis“ war die Mühen wert, das Fest war ein Höhepunkt im Jahre 2002 im Münchner Norden. Herr Schleifer trat nach langjähriger Amtsführung zurück. Auf der Jahreshauptversammlung am 07.02.2003 wurde ein neuer Vorstand gewählt: 1. Vorsitzender 2. Vorsitzender 3. Vorsitzender Wolfgang Völkner Michael König Jakob Strecker Schriftführer Kassier Revisoren Hilfskassierer Hans Jochen Wachsmann Richard Högl Herr Preusche und Herr Kammerer Herr Karlheinz Knor und Herr Stefan Winkler Seit 2003 steht fest, dass eine neue Lärmschutzwand im Norden der Siedlung kommen wird. Den steinigen Weg dorthin schildert Herr Völkner in einem eigenen Beitrag. Ein ständig wiederkehrendes Thema auf den Jahreshauptversammlungen ist die Sicherung der Ausfahrt: Immer wieder kommt es zu Unfällen mit Radfahrern aus Richtung Garching, da die Sicht nach rechts verbaut ist. Unsere oft wiederholte Forderung nach einem Spiegel wird regelmäßig abgelehnt. Der Lottlisa-Behling-Weg wurde nach und nach in unserem Sinne ausgebaut, nur an Fußballtagen bleibt er für Autofahrer gesperrt. 60 Jahre Auensiedlung - Seite 14 Die Hypo-Kunsthalle stellt die Werke von Rudolf Wachter aus, er selbst lässt es sich nicht nehmen, uns Auensiedler durch seine Werke zu führen. Wir hören von ersten Plänen, auf dem WÜMEGGelände eine ALDI-Filiale zu bauen. Regelmäßig lädt die Moschee zu einem Tag der offenen Tür ein, einige Nachbarn nützen dies zu einem Besuch. Auch Gespräche zwischen der MoscheeLeitung und unserem Vorstand finden Vor Wachter-Ausstellung in der regelmäßig statt. Das Jahr 2005 sieht ein neues Hypo-Kunsthalle Fußball-Stadion in unserer Nähe, die AllianzArena. 66 000 Zuschauer finden darin Platz, Träger sind der FC Bayern und der TSV 1860 München zu jeweils 50 %. Fassade und Dach bestehen aus 2874 rautenförmigen Luftkissen aus Äthylen, die ständig von Ventilatoren aufgeblasen werden müssen. Am 19.Mai 2005 fand das Eröffnungsspiel zwischen TSV 1860 München und dem 1. FC Nürnberg statt, einen Tag später spielte der FC Bayern gegen die Nationalelf. Mit der Eröffnung des Stadions wuchsen auch die Parkprobleme in der Siedlung. Gegen Moschee- wie Stadionbesucher wurden mehrmals Anzeigen-Aktionen durchgeführt – mit mäßigem Erfolg. Am 31. März 2006 werden Vorstandswahlen fällig: 1. Vorsitzender: 2. Vorsitzender 3. Vorsitzender Wolfgang Völkner Richard Högl Jakob Strecker Schriftführer Kassier Beisitzer Revisoren Hans Jochen Wachsmann Stefan Winkler Karlheinz Knor und Michael Dietz Kammerer, Preusche, Robert Winkler Zu dem benachbarten Klärwerk besteht ein freundlicher Kontakt, zumal die Geruchsbelästigung dank ständiger Modernisierung zurückgegangen ist. Dennoch müssen wir von Zeit zu Zeit intervenieren, wenn wieder einmal eine stinkende Wolke über unsere Siedlung zieht. Die Faultürme wurden 2008 Seite 15 - 60 Jahre Auensiedlung erneuert, die ansehnliche Aluminium-Fassade gewann einen Architekturpreis. Unser 55-jähriges Jubiläum geriet zu einer gut besuchten Feier, der Vorstand hatte ein größeres Zelt gemietet, für eine üppige Bewirtung war gesorgt. Für die alljährlichen Siedlerfeste auf unserem Spielplatz reichen die vereinseigenen Zelte aus. 50-Jahrfeier 2002 Die Autobahnbrücke der A 9, der sog. Tatzelwurm, wurde Ende 2007 abgerissen, die Umleitung durch Freimann führte, entgegen unseren Befürchtungen, nicht zu einem großen Chaos. Nunmehr ist die Aktion abgeschlossen, seit Mai 2012 läuft der Verkehr wieder in seinen alten Bahnen. Jenseits des Fröttmaninger U-Bahnhofs breitet sich die Nordheide aus, ehemals militärisches Übungsgelände, die als Erholungsgebiet für den Münchner Norden dienen soll. Der Heideflächenverein versucht, Naturschutz und 60 Jahre Auensiedlung - Seite 16 Erholungsbedürfnis unter einen Hut zu bringen und sorgt für eine harmonische Landschaft. Am 3. April 2009 gab es wieder Neuwahlen für die Vorstandschaft: 1. Vorsitzender 2. Vorsitzender 3. Vorsitzender Wolfgang Völkner Richard Högl Paul Seer Schriftführer Kassier Beisitzer Hans Jochen Wachsmann Robert Winkler Karlheinz Knor, Stefan Winkler und Michael Dietz Frank Wegerhoff und Rolf Zimmer Revisoren Auf der Versammlung wird angedacht, eine Website für die Auensiedlung einzurichten, die Herr Zimmer betreuen will: www.auensiedlung.org Unsere Buslinie 181 wurde vom MVV nur im 40-Minuten-Takt eingerichtet, entsprechende Anträge auf kürzere Taktzeiten wurden abschlägig beschieden. Wohl durch die neue Studentenwohnheime am Josef-Wirth-Weg fährt der Bus seit dem 12.12.2010 alle 30 Minuten. Auf dem Gelände nördlich vom ALDI sollte ein Großbordell gegründet werden. Dieses Vorhaben konnten wir in Zusammenarbeit mit der Reichkleinsiedlung, kräftig unterstützt vom BA 12, verhindern. Demnächst werden dort weitere Studentenappartements erstellt, vielleicht erreichen wir ja eine noch kürzere Taktzeit für den Bus 181. Unsere Weihergemeinschaft feierte im Jahre 2009 ihr 40-jähriges Bestehen. Am 4. September 2010 starb unser Ehrenvorsitzender Karl Steiger fast 99-jährig. Der großartige Holzbildhauer Rudolf Wachter, ein Künstler von Weltrang, starb am 16. Juni 2011. Das außerordentliche Ereignis im Jahre 2012 war der Grundwassernotstand in der Auensiedlung. Die alte Solidarität unter den Auensiedlern lebte wieder auf, die Nachbarn halfen einander ganz selbstverständlich. Am 30 Juni 2012 feiern wir auf unserem Spielplatz unser 60jähriges Jubiläum. Der letzte große Wunsch zum Wohle der Auensiedlung ist die Lärmschutzwand an der A 99, wir sind guten Mutes, dass dieser in den nächsten Jahren in Erfüllung geht. Seite 17 - 60 Jahre Auensiedlung Lärmschutz an der Autobahn A99 von Wolfgang Völkner Wie schon in der Chronik zum 50- jährigen Jubiläum ausführlich dargelegt, wurde die Autobahnumfahrung München-Ost 1976 fertiggestellt und im Bereich der Auensiedlung mit einer dürftigen Lärmschutzwand versehen. In dem Planfeststellungsverfahren wurde unsere Siedlung einfach vergessen. Der damalige Lärmschutz war nur für ein Naturschutzgebiet ausgewiesen. In dem früheren Planfeststellungsverfahren haben wir keine Einwendungen erhoben, sodass der Planfeststellungsbeschluss ohne die Berücksichtigung unserer Siedlung getroffen wurde. Die rechtliche Lage für uns war damals leider nicht vorteilhaft. Wir konnten nicht mehr passiven und aktiven Lärmschutz fordern. Im Jahre 1994 wurde die Lärmschutzwand saniert und mit besseren Bauelementen versehen. Durch die massivere Bauweise sollte sich der Lärmschutz verbessern. Leider wurde die neue Lärmschutzwand 20 cm niedriger gebaut als die vorherige. Hieraus ergab sich keine Verbesserung des Lärmschutzes für die Auensiedlung. Siedler bei der Autobahndirektion Unser Vorsitzender bei Planeinsicht Bereits seit 1983 kam es wegen der großen Fahrzeugdichte auf der A 99 zu ersten berechtigten Beschwerden der Anwohner im nördlichen Teil der Siedlung. Die Verkehrsprognosen wurden bei weitem überschritten. Ab 1991 wurden von der Vorstandschaft regelmäßig auf Bürgerversammlungen Anträge an die Landeshauptstadt München, die Autobahndirektion Oberbayern und das Bayerische Innenministerium gerichtet. Ebenso haben wir unsere zuständigen Bundestagsabgeordneten gebeten, uns in unserem Kampf für einen besseren Lärmschutz zu unterstützen. 60 Jahre Auensiedlung - Seite 18 Protest vor der Bürgerversammlung Das Bayerische Innenministerium und die Autobahndirektion Oberbayern haben unsere Forderungen mit folgender Begründung abgelehnt: Lärmvorsorge (Lärmschutz im Rahmen von Neubau und wesentlichen Änderungen von Verkehrswegen) Mit dem Planfeststellungsbeschluss vom 26.4.1974 wurde der Autobahnring München – A99 – Ostabschnitt , Teilstrecke „Isarauen Freimann“, von der Regierung von Oberbayern mit aktuellem Lärmschutz bestandskräftig festgestellt. Ein Vorbehalt bezüglich der Lärmabschirmung kann laut Angabe der Autobahndirektion nicht zum Tragen kommen, da damals weiterer Lärmschutz nur zum Schutz der nördlichen Isarauen, für die eine Umgestaltung zu einem Erholungsgebiet vorgesehen war, gefordert wurde. Nach derzeitigem Immissionsrecht fallen aber Erholungsflächen nicht unter die schutzwürdige Nachbarschaft. Bei allen unseren Beschwerden wurde darauf hingewiesen, dass es sich bei der bestehenden Autobahn um einen sogenannten „Altbau“ handelt, und hierbei nicht die verschärften (normalen) Lärmschutzeinrichtungen wie bei Neubauten in Frage kämen. Eine freiwillige Erhöhung der Lärmschutzmaßnahmen lehnte das Bundesverkehrsministerium kategorisch ab. Erst Anfang 2001 wurde von der Presse über die Planung des Ausbaues der A99, auch in Höhe der Auensiedlung, von 3 Fahrspuren auf 4 Spuren berichtet. Bei der geplanten Erweiterung hätten wir Anspruch auf aktiven und passiven Seite 19 - 60 Jahre Auensiedlung Lärmschutz. Um hier unser berechtigtes Anliegen durchsetzen zu können, haben wir unsere Bundestagsabgeordneten, Landtagsabgeordneten und die Stadt München um Unterstützung gebeten. Hierbei ging es uns besonders um die Lärmschutzmaßnahmen im Bereich der Auensiedlung. Es stellte sich heraus, dass der Freistaat Bayern den Bedarf des Ausbaues der A99 nach Berlin weitergeleitet hatte. Es wurde jedoch keine Verbesserung des Lärmschutzes beantragt. Schon wieder existierten wir bei bayerischen Behörden nicht. Nach unserem Protest wurde der Antrag des Freistaates entsprechend geändert, für unsere Siedlung wurden endlich Lärmschutzmaßnahmen eingeplant. Eine Überprüfung der Lärmsituation ergab, dass durch das gestiegene Verkehrsaufkommen an einzelnen Gebäuden die Sanierungsgrenzwerte überschritten werden. Damit wäre grundsätzlich eine Möglichkeit gegeben, an einigen Häusern passiven Lärmschutz durchzuführen. Dies wurde für nicht zweckmäßig empfunden. Der 8-spurige Ausbau der A99 auf Höhe der Auensiedlung ist im Entwurf des Bundesverkehrswegeplanes 2003 im vordringlichen Bedarf enthalten. Dazu erstellte die Autobahndirektion Südbayern einen Vorentwurf. Aus diesem Vorentwurf werden für den Bereich der Auensiedlung Lärmvorsorgemaßnahmen (Lärmschutzwände) erforderlich. Noch vor dem 8streifigen Ausbau passive Lärmschutzmaßnahmen durchzuführen, erscheint vor diesem Hintergrund nicht sinnvoll und wirtschaftlich. Die bereits vorhandenen Lärmschutzwälle sind auf Kosten der Gemeinden Kirchheim und Aschheim entstanden und nicht aus einer gesetzlichen Verpflichtung des Baulastträgers. In Übrigen werden Ansprüche auf Lärmschutz nicht durch Messungen, sondern durch ein gesetzlich vorgegebenes Berechnungsverfahren ermittelt. Hieraus ergibt sich, sollte der Autobahnausbau nicht stattfinden, dass wir auf alle Fälle Anspruch auf passiven Lärmschutz haben. 2005 wurden wir von Herrn Singhammer zu einem Ortstermin eingeladen, damit wir endlich die gewünschten Infos und Auskünfte über den Lärmschutz bei dem Ausbau der A99 aus allererster Hand erhalten. Bei diesem Termin wurde uns von dem Präsidenten der Autobahndirektion Südbayern, Herrn Lichtenwald, ein Einblick in den Vorentwurf bezüglich des Lärmschutzes an der 60 Jahre Auensiedlung - Seite 20 A99 versprochen. Es wurde uns der maximal mögliche Lärmschutz zugesichert. Eine offizielle Beteiligung sei aber erst in dem Planfeststellungverfahren möglich. 2009 war endlich der Vorentwurf fertiggestellt. Danach wurden wir von der Autobahndirektion Südbayern zur Vorstellung des geplanten Lärmschutzkonzeptes eingeladen. Die Vorstandschaft nahm mit vielen der hauptsächlich betroffenen Mitglieder aus dem Nordteil der Siedlung an der Vorstellung teil. Die Lärmschutzmaßnahmen werden nach der Analyse der Verkehrsbelastung 2004 und auch der Prognose für 2020 getroffen. Für 2004 wurden im Durchschnitt 130.000 Kfz pro Tag gezählt, für 2020 werden pro Tag 160.000 Fahrzeuge erwartet. Der Lärmschutz wird aus der für 2020 zu erwartenden Belastung berechnet. Es ist ein Tages- und ein Nachtwert berücksichtigt. Die Randbedingungen wie Gelände, Gebäudehöhe, Verkehrsbelastung, Geschwindigkeit und Straßenoberfläche fließen mit ein. Die vorhandene Bepflanzung bewirkt keine Reduzierung des Lärmpegels. Die geplante neue Lärmschutzwand beginnt jetzt schon auf der Höhe der Fröttmaninger Kirche mit einer Bauhöhe von 3 Metern. Auf Höhe der Freisinger Landstraße beträgt die Höhe 7 Meter, bei der Auensiedlung 8 Meter, sie endet an der Isar. Durch die neue Lärmschutzwand werden die gesetzlichen Grenzwerte der Lärmvorsorge für den Tag nicht mehr überschritten. Der Nachtwert wird im nördlichen Bereich nicht für alle eingehalten. Hier wird passiver Lärmschutz angeboten. Folgende Höchstwerte sind für reine und allgemeine Wohngebiete sowie Kleinsiedlungen festgesetzt: Tagesrichtwert: von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr: 59 Dezibel, Nachtrichtwert: von 22.00 bis 6.00 Uhr: 49 Dezibel. Bessere Lärmschutzmaßnahmen gibt es nur für Krankenhäuser, Schulen, Kurund Altenheime. Seite 21 - 60 Jahre Auensiedlung Nach der Genehmigung des Vorentwurfes durch das Bundesverkehrsministerium wurde das Planfeststellungsverfahren endlich Ende 2011 durchgeführt. Die Einwendungen gegen den Ausbau wurden Anfang 2012 an die Autobahndirektion Oberbayern weitergeleitet. Die Autobahndirektion hat inzwischen die Bearbeitung der Einwendungen abgeschlossen und ihre Stellungnahme an die Regierung von Oberbayern übermittelt. Die eingegangenen Stellungnahmen und Einwendungen werden demnächst in einem Erörterungstermin behandelt. Der Termin findet voraussichtlich noch in diesem Sommer statt. Im Anschluss an die Erörterung erlässt die Regierung von Oberbayern den Planfeststellungsbeschluss. Gegen diesen kann noch innerhalb eines Kalendermonates geklagt werden. Wenn der Beschluss rechtskräftig ist, können wir mit der Zuteilung der benötigten Haushaltsmittel innerhalb von 2 Jahren rechnen. 60 Jahre Auensiedlung - Seite 22 Webseite der Auensiedlung: www.auensiedlung.org Von Rolf Zimmer Während der Jahreshauptversammlung 2009 kam der Wunsch nach einer zeitgemäßen Darstellung der Auensiedlung im Internet auf. Dieser Internetauftritt sollte dazu dienen, nach außen die Darstellung der Auensiedlung in die eigene Hand zu nehmen und zum anderen nach innen als Informationsplattform zu wirken. Die Webseite wurde im April 2010 „livegeschaltet“ und erfreut sich seitdem hoher Beliebtheit. Die Webseite bietet Informationen zur Geschichte der Auensiedlung, Fotos, hilfreiche Downloads, Vorstand, aktuelle Termine sowie Links auf die MVV Busfahrpläne sowie anderer mit der Auensiedlung verbundenen Internetseiten. Gerade zu den Zeiten des Grundwassernotstandes im Februar 2012 wurden über die Webseite wichtige Informationen mehrfach täglich aktualisiert und auch von den Bewohnern der Siedlung abgerufen. Während die Internetseite der Auensiedlung in normalen Monaten im Durchschnitt etwa 200 mal aufgerufen wird, stieg diese Anzahl im Februar 2012 auf 3.000 Aufrufe. Seite 23 - 60 Jahre Auensiedlung Die Malerin Ariane Hagl „Mal einfach“ Ist Kunst das, was man betrachtet, oder das, was dabei mit dem Betrachter passiert? Veränderung ist ein Lebensthema für Ariane Hagl, die Malerin aus dem Lillweg, die vor knapp einem Jahr in die Auensiedlung gezogen ist. Die Glasfronten des modernen Hauses mit den klaren, strengen Linien verwandeln das ineinander verschlungene Gehölz des Bachufers in einen Teil des Wohnzimmers. Draußen drängt das Wasser in Wirbeln und Wellen durch die Natur, drinnen schieben sich Schicht um Schicht imaginäre Landschaften aus Acryl und Sand und Erde zu monumentalen Flächen zusammen, braun und schwarz und grau, ocker und rot. Und immer ist da irgendwo ein Leuchten, gleißend oder glimmend, jedenfalls Licht und Wärme im Unterholz des Bewusstseins. „Mich interessiert das Ursprüngliche, nicht das fertige Ergebnis – der Prozess“, sagt die 47jährige, die nie eine Akademie besucht hat und vielleicht gerade deshalb einen ganz eigenen Zugang zur Malerei gefunden hat. „Setz Dich hin und mal einfach“, hatte ihr Vater Fritz Hagl damals zu ihr gesagt, als seine kleine Tochter von ihm Zeichnen lernen wollte. Als könne er ihr nichts beibringen, was ihr nützen würde - im Kampf mit Zweifeln und der Sehnsucht , gesehen zu werden, im Ringen um Form und der Formulierung von sich selbst. Also verließ Ariane das Atelier ihres Vaters, den es als Künstler mit seiner belgischen Frau auf die Insel Elba gezogen hatte, und malte allein am Strand und auch überall sonst, am liebsten das große weite Meer in immer neuen Schattierungen, bis die Pubertät der kindlichen Unbefangenheit und dem Malen ein Ende setzte. Es dauerte mehr als 10 Jahre, bis Farben und Formen wieder aus dem Unbewussten auftauchten: In Florenz, wo Ariane Hagl Pädagogik und Psychologie studierte, kam sie in Kontakt mit der Kunsttherapie und entdeckte, dass Malen eine ganz spezielle Art der Kommunikation sein konnte – ohne Worte, häufig ohne Bewusstsein Wahrheiten an die Oberfläche von Papier und 60 Jahre Auensiedlung - Seite 24 Leinwand holte, anschaulich machte, was sich nicht oder nur schwer beschreiben ließ. Der Prozess des Malens aber, entdeckte die junge Familienund Jugendtherapeutin, entzog sich auch den in der Kunsttherapie üblichen Interpretationsversuchen. Er war zu vieldeutig, zu individuell, zu lebendig eben – ein Eintauchen in das Chaos des unbekannten Selbst. Also schuf sich Ariane Hagl ihre eigene therapeutische Methode: das „Life Painting“. „Ich denke, das Wichtigste dabei ist, dass Bilder wie Themen unvollständig und offen bleiben“, sagt sie, „denn das ist das Leben. Immer wenn wir etwas zu fixieren versuchen, werden wir leblos und starr, verstellen uns den Blick auf andere Perspektiven und Sichtweisen, verhindern den Wandel. Oft ist das, was wir uns wünschen, gar nicht das Wichtigste für uns, sondern das taucht an einem ganz anderen Punkt des Strudels auf, in dem wir uns gerade befinden.“ Also interpretiert Ariane Hagl nicht die Bilder ihrer Klienten, sondern unterstützt sie dabei, ihnen freien Lauf zu lassen, sie und sich selbst neu sehen zu lernen. Sie hat mit schwer erziehbaren Jugendlichen und Drogenabhängigen gearbeitet, mit sterbenskranken Kindern, gestressten Managern und mit ausgebrannten Künstlern – aber häufig kommen auch Leute zu ihr, die einfach einmal etwas nur für sich selbst tun möchten – den Pinsel in die Farbe tauchen und dann etwas entstehen zu lassen, Neuland auf Papier. An irgendeinem Punkt dieses Prozesses kam es zwangsläufig zu der Frage, was passieren würde, wenn Ariane Hagl selbst wieder malen würde – eintauchen nicht mehr in das blaue Meer ihrer Kindheit, sondern das Unbewusste ihres eigenen Ichs, jetzt, wo der kreative Über-Vater nicht mehr lebte, aber noch immer „Mal einfach“ zu ihr sagte. Es fiel ihr anfangs nicht leicht. „Malen bedeutet, etwas von sich zu zeigen, was man vielleicht gar nicht haben, nicht sein will.“ Aus dem Zögern wurde ein Brennen, etwas, das sie nicht wieder aufgeben will, eine Quelle der Kraft und Inspiration, „auch etwas sehr Körperliches.“ Im Dezember 2011 fand im Lillweg die erste Ausstellung statt, mit großem Erfolg. Seite 25 - 60 Jahre Auensiedlung Ohne Titel 2010 (Format 100x70, Gouache auf Papier) 60 Jahre Auensiedlung - Seite 26 Die therapeutische Arbeit und das Selber-Malen seien etwas völlig Verschiedenes, aber doch miteinander verbunden, sagt Hagl, und dass der wieder gefundene Zugang zur eigenen Kreativität ihr helfe, neue Formen zu suchen, die Verbindung von Tanz und Malen zum Beispiel. „Ich möchte mehr spielerische Zugänge zum Ich entwickeln“, sagt sie, „es ist so wichtig, die Menschen wieder mit sich selbst in Kontakt zu bringen.“ Und dass man keine Angst davor haben sollte, was aus dem Unterbewussten auftauche: „Wir sehen immer nur einen Teil von dem Ganzen. Aber es gibt immer noch viel mehr, was da ist.“ © Dr. Petra Thorbrietz, Wissenschaftsjournalistin Seite 27 - 60 Jahre Auensiedlung Der Maler Andreas Bärnthaler von Hans Jochen Wachsmann Andreas Bärnthaler ist ein Kind der Auensiedlung, er wurde 1967 geboren. Nach einer Sturm- und Drangperiode, immer auf der Suche nach dem eigenen Ausdruck, begann er 1989 eine Lehre als Steinbildhauer in München, die er 1993 abschloss. Er wechselte auf die Akademie der Bildenden Künste in München und studierte bei Prof. Hans Baschang Malerei. Nach dem Diplom erhielt er vom Freistaat Bayern ein Stipendium für einen Aufenthalt in New York. Der Metropole blieb er bis heute verbunden, dort hat er Kontakte zu Kollegen und Galeristen, bei seinen oft wandgroßen Formaten sind das sicher hilfreiche Bekanntschaften. Doch Zentrum seines Schaffens bleibt sein Atelier in der Wallnerstraße. Eine Würdigung seiner jüngsten Ausstellung in der Galerie „arsprototo“ von Kurt Jauslin wirft einen individuellen Blick auf sein Werk. Gespensterreigen kosmischen Ausmaßes Erlangen – Vor elf Jahren hat der Münchner Maler Andreas Bärnthaler damit begonnen, neben anderen Bildserien, menschenleere Trekkingjacken zu porträtieren. Daraus hat sich bis heute ein Gespensterreigen entwickelt, dessen nahezu kosmisches Ausmaß eine Ausstellung der Galerie „arsprototo“ andeutet. Die Wind- oder Trekkingjacken, wie sie heute heißen, haben jedenfalls im Lauf der Jahre ein durchaus unheimliches Eigenleben gewonnen. In den frühesten Bildern dominiert noch das Interesse an der individuellen Erscheinung, wie bei einem menschlichen Modell, das ohne Beiwerk isoliert aus einem neutralen Hintergrund hervortritt. Der Maler verharrt in streng objektiver Distanz und 60 Jahre Auensiedlung - Seite 28 widmet sich mit Akribie den optischen und haptischen Reizen des komplexen Faltenwurfs. Schon da allerdings scheint das Unternehmen nicht ganz geheuer, denn unerfindlich bleibt, welche Kraft die in Halbfigur posierenden Textilien aufrechterhält. Die Anatomie der Windjacke als solche ist ungewiss. Sie ist ihrer Natur nach ein vielförmiges Wesen, das Statur nur gewinnen kann, wenn Jemand in sie hineinschlüpft. Die Leere in den hochgestellten, zum Teil auch wieder in sich zusammenfallenden Kapuzen erinnert an Bewohner, die auf unerklärliche Weise verschwunden sind. In den späteren Bildern ist auch diese Erinnerung verschwunden und eigentlich auch der Maler selbst, der von seinem Motiv gleichsam aufgesogen wird, weil er den distanzierenden Blick aufgegeben hat. Und auch die Trekkingjacke verschwindet zusehends unter der überwältigenden Fülle an Materialien, die ihrer Existenz in der Konsumwelt Dauer verleihen. Bärnthaler hat die Kataloge der Outdoor-Industrie geplündert und rüstet seine Jacken mit Bergsteigergeräten, die sich durch besondere Vielfalt auszeichnen, ohne Rücksicht auf deren Funktion, verschwenderisch aus, bis das Jackenporträt davon komplett überwuchert ist. Die Trekkingjacke entpuppt sich als absurde Sportmaschinerie, die keiner Funktion mehr gehorcht und vor allem keinen Bewohner mehr braucht: Sie hat endlich zu ihrer Berufung gefunden und ein Eigenleben gewonnen. Folgerichtig legt sie ihre gegenständliche Existenz immer mehr ab. Sie kann sich in einen gewaltigen Rucksack verwandeln, der selbst wieder unter dem Gewicht seines technischen Equipments verschwindet. Das Gegenständliche befindet sich in einem stetigen Prozess der Auflösung zu abstrakten Formen. Alles ist in Bewegung geraten, und nichts Festes mehr greifbar. Bärnthaler malt die altvertraute Wirklichkeit im Augenblick ihres Verschwindens, in dem das Ganze nur mehr rudimentär in seinen frei flotierenden Teilen zu ahnen ist, ein Vorgang, der an die nahezu folgenlos gebliebene futuristische Malerei erinnert. Im Zerfall entwickelt diese Wirklichkeit eine Farbenpracht, die nur möglich ist, weil die Funktion ihrer Restbestände keine Rolle mehr spielt. Die Bilder Seite 29 - 60 Jahre Auensiedlung O.T. 2008 / Acryl auf Nessel 220x160cm entwickeln darin eine ungewöhnliche Präsenz, weil sie keiner erkennbaren Lichtquelle unterliegen: Sie strahlen das Licht aus sich heraus. © Kurt Jauslin, Erlanger Nachrichten, 18.01.2012 60 Jahre Auensiedlung - Seite 30 Grundwassernotstand in der Auensiedlung von Wolfgang Völkner und Hans Jochen Wachsmann Seit Montag, dem 06. Februar, steigt der Grundwasserspiegel in der Auensiedlung. Der erste vollgelaufene Keller wurde dem Vorstand von Frau Kammerer gemeldet, am gleichen Tag musste die Feuerwehr bei Altmutters den Keller leerpumpen, zunächst war ein Wasserrohrbruch vermutet worden. Ab Dienstag sind in vielen Häusern Wasserschäden aufgetreten. Am Mittwochabend waren die Spezialpumpen bei der Fa. Hornbach ausverkauft. Ein derartiges Phänomen hat sich in der Auensiedlung vorher nie ereignet. Ganz offensichtlich hängt das Steigen des Grundwassers mit dem starken Frost bis zu –18° in der letzten Woche zusammen. Die Hausbesitzer waren gezwungen, das immer höher steigende Wasser aus den Kellern heraus zu pumpen. Wer selbst dazu nicht in der Lage war, musste Nachbarn oder die Feuerwehr rufen. So gut es ging, haben die Hausbesitzer das Hochwasser im Keller bekämpft. Als am Mittwoch immer noch kein Abflauen des Wassers zu registrieren war, bildeten Feuerwehr, Wasserwirtschaftsamt und Technisches Hilfswerk (THW) einen gemeinsamen Einsatzstab, um die Arbeiten zu koordinieren. Schließlich entschied sich das Wasserwirtschaftsamt, den Weiher abzusenken. Dazu trat das THW auf den Plan: Die Besatzungen von mehr als 20 Fahrzeugen begannen, riesige Schläuche auszurollen und mit gewaltigen Pumpen den Wasserspiegel im Weiher zu senken. Zwei Schläuche mit einem Durchmesser von 30 cm führten das Wasser den Städtischen Abwasserbetrieben zu, eine dritte Rohrleitung mündete in der Isar. Die Abzweigungen des Lillwegs und des Balleswegs wurden gesperrt, die Schlauchleitungen ließen eine Einfahrt nicht zu. Bis zum Donnerstag um 15.00 Uhr arbeiteten die Pumpen, der Wasserspiegel des Weihers lag jetzt 80 cm niedriger. Ein weiteres Abpumpen wollte man nicht riskieren, weil sich sonst eventuell Schäden an der Bausubstanz gebildet hätten. Wenn im Untergrund der Wasserspiegel sinkt, kann es zu Rissen und Senkungen an den Häusern kommen. Seite 31 - 60 Jahre Auensiedlung Wasserschutzwand bei Familie Herrmann Nachdem die Pumpaktion beendet worden war, stieg der Weiherpegel innerhalb weniger Tage um 1,10 m. Die Behörden hatten einen Einsatzstab gebildet, hielten es jedoch nicht für nötig, die betroffenen Bewohner der Auensiedlung bzw. den Vorstand zu informieren. Auskünfte erteilten sie nur, wenn hartnäckig nachgefragt wurde. Während des Hochwassers erwies sich unsere Homepage als hervorragender Kommunikationsträger: Herr Zimmer berichtete, normalerweise werde die Website 200 Mal im Monat aufgerufen, während des Hochwassers im Februar wurde sie 3.000 Mal angeklickt. Pumpstation des THW 60 Jahre Auensiedlung - Seite 32 Schwimmendes Parkett bei Familie Wachsmann Auf Vorschlag von Frau Seer versammelten sich am 15.02. die Betroffenen im Hause Seer. Auch die zuständigen Behörden erfuhren über die Website von dieser Versammlung und boten an, Rede und Antwort zu stehen. Förderlich für deren Aufmerksamkeit war sicherlich auch das breite Echo der Katastrophe in den Zeitungen. Diese Meldungen riefen auch die CSU auf den Plan. Im Stadtrat und im Bezirksausschuss 12 stellte sie einen Antrag, der unseren Forderungen entsprach und mit Erläuterungen von Frau Seer und unserem Vorsitzenden, Herrn Völkner, verabschiedet wurde. Am 17.02. vormittags besuchte uns eine Delegation der CSU, an der Spitze Herr Staatsminister Dr. Spänle. Er versprach sich im Finanzministerium dafür einzusetzen, dass wir unsere Schäden als voll abzugsfähige Sonderausgaben in der Steuererklärung geltend machen können. Seite 33 - 60 Jahre Auensiedlung Laut Herrn Dr. Spänle hat diese Initiative gute Erfolgsaussichten. Auf eine Bitte um rechtliche Unterstützung an den Eigenheimer-Verband bot dieser an, uns bei Besprechungen mit den zuständigen Behörden zu begleiten. Erst nach dem 20. Februar war das Hochwasser aus dem letzten Keller verschwunden. Zur Jahreshauptversammlung am 23.03. in der Gaststätte Drei Linden waren mehr als 50 Personen gekommen, kein Ereignis hatte je so viele Auensiedler bewegt. Schon vor dieser Versammlung hatte sich gezeigt, dass unsere Gemeinschaft wie in alten Zeiten zusammen stand. Als Gäste nahmen Herr Fuchs vom Referat Gesundheit und Umwelt, Frau Orlamünde vom Wasserwirtschaftsamt und Herr Stadtrat Brannekämper teil. In einer Präsentation des Wasserwirtschaftsamtes wurden als Ursache für das Hochwasser das Einfrieren der Hangquellen an der Isar und die Frau Orlamünde und Herr Fuchs Vereisung der Bäche genannt. JHV 2012 60 Jahre Auensiedlung - Seite 34 Die Versammlung richtete deutliche Worte an die Behördenvertreter. Die Landeshauptstadt München könne sich nicht aus der Verantwortung stehlen, sie solle die entstandenen Kosten übernehmen. Zum Schluss bot Herr Fuchs den Auensiedlern an, an einem Runden Tisch weitere Ursachenforschung zu betreiben und Wege zur Verhütung weiterer Hochwasserkatastrophen in der Zukunft zu finden. Am 18. April trafen sich 23 Auensiedler, um einen möglichen Anspruch auf Entschädigung seitens der LHS München sowie die Vermeidung ähnlicher Schäden in Zukunft zu besprechen. Die Versammlung kam zu dem Schluss, dass die Verbauung des Grundwasserstroms, vor allem durch die Spundwände des Fröttmaninger Berges, das Einfrieren der Isarhangquellen und die mangelhafte Pflege der Bäche die Ursachen der Katastrophe waren. Es wurde ein 7-köpfiger Arbeitskreis für die Verhandlungen mit den Behörden benannt. Wir hoffen, dass wir in Zukunft von derartigen Schäden verschont bleiben. JHV 2012 Seite 35 - 60 Jahre Auensiedlung Weiherchronik von Maximilian Seer „Wer von den Auensiedlern kann sich noch daran erinnern, dass an unserem See ein kleines Kioskhäusl stand, von dem aus im Sommer Getränke an die vielen Badegäste verkauft wurden? Wann wurde es gebaut? Vor oder nach dem Krieg? Wann wurde denn der Weiher überhaupt ausgebaggert?“ Diese Fragen stellte Frau Maria Kammerer am Anfang ihrer Chronik, die sie am 20.11.2001 anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Auensiedlung verfasst hat. Und nur wenige von denen, die jetzt in unserer Siedlung leben, kennen die Antworten auf diese Fragen. Kein Wunder, denn die Geschichte des Weihers in der Auensiedlung nahm bereits im Jahre 1937 ihren Anfang, als man die Freisinger Landstraße (damals noch Reichsstraße 11) neu planen musste, da sie von der nach Norden führenden Reichsautobahn mehrmals geschnitten wurde. 60 Jahre Auensiedlung - Seite 36 Man entschied sich, die neue Straße am Schleißheimer Kanal entlang nach Osten zu legen. Da man in der Münchner Schotterebene bereits nach 50cm Tiefe auf Kies stößt, war das benötigte Baumaterial schnell gefunden. Eine Brücke, die über den Kanal führte, war bereits vorhanden, und somit holte man nach und nach immer mehr Kies von der anderen Seite des Ufers. Als die Bauarbeiten für die neue Straße zu Ende gingen, blieb ein riesiger Badeweiher zurück, dessen Wasserstand deutlich höher war als der heutige und dessen südliches Ufer bis zum Ballesweg reichte. Im Sommer kamen Kinder zum Schwimmen oder zum Floßfahren, im Winter zum Schlittschuhlaufen oder zum Eisstockschießen. Der Weiher war voller Leben - egal zu welcher Jahreszeit. Auch Frau Kammerer verschlug es eines Nachmittags zufällig in diese Gegend und ihr erster Gedanke war: „Hier möcht ich sein!“. Sie fand ein kleines, zusammengebrochenes Haus und machte sofort den Besitzer des Grundes ausfindig, einen Bauern namens Oskar Wießmayr. Ein paar Tage später war das Grundstück gekauft, und Frau Kammerer und ihr Mann wurden die ersten Dauersiedler am See. Im Zuge des Grundverkaufs in den 1950er Jahren drängte Herr Wießmayr, der bis zu diesem Zeitpunkt alleiniger Besitzer der Weiherfläche war, auf den Verkauf eines Großteils des riesigen Grundstücks, und somit erwarben die Brüder Alois und Karl Steiger zusammen mit einigen Bauplätzen den zum Verkauf stehenden Weiher-Grund. Karl Steiger übernahm den Weiher in alleinigen Besitz. Jedoch war das Land rund um den See noch nicht zu Bauland erklärt worden, weswegen zunächst nur Gartenhäuser rund um den See zu finden waren - und natürlich der eine oder andere Schwarzbau. Erst 1953 erhielt die Siedlung auf Drängen von Karl Steiger die Baugenehmigung, und 1957 werden rund um den Weiher die ersten Straßen gebaut, Laternen aufgestellt und Telefonleitungen verlegt. Ein Jahr zuvor bot Karl Steiger der Interessengemeinschaft Auensiedlung den Weiher für 12.000.-- DM zum Verkauf an. Seite 37 - 60 Jahre Auensiedlung Um die gewaltige Summe bezahlen zu können, hatte jeder der damals 22 Siedler 50 DM an eine Kasse zu entrichten, aus der der Weiher bezahlt werden sollte. Als man sich nach langem Hin und Her schließlich doch nicht auf einen endgültigen Kaufpreis einigen konnte, ließ Herr Steiger den See am Südufer auffüllen, wodurch zwei neue Bauplätze und der heutige Spielplatz entstanden sind. Die Fläche des Sees verkleinerte sich, und somit sank auch der Verkaufspreis, der am 22. Mai 1969 vom Makler Rudolf Beck bezahlt wurde. Dieser wiederum bot den See den Siedlern zum Verkauf an, die Grundstücke rund um den Weiher inserierte er in der Zeitung. „Drei Mal gab es größere Fischsterben, und einige unserer Kinder erkrankten an Tuberkulose“, erinnert sich Frau Kammerer. Zu dieser Zeit war der Müllberg bereits entstanden, weswegen giftige Schadstoffe in den See gelangten, die sowohl für die Tiere, als auch für die Menschen ziemlich gefährlich waren. Daraufhin veranlasste Herr Beck eine Sanierung des Weihers, damit Fischer und Badegäste wieder ungefährdet ihren Hobbies nachgehen konnten. Das von Makler Beck geschaltete Zeitungsinserat zum Verkauf der Grundstücke am Weiher in der Auensiedlung rief Herrn Schäfer auf den Plan. Er erfuhr, dass bereits etliche Parzellen an “Fremde“ verkauft worden seien und schlug dem Makler vor, die Grundstücke doch den Anliegern anzubieten. Der Preis lag bei ca. 4500 DM pro Grundstück, inklusive Zaun. Kurz darauf wurde eine Zuleitung vom Garchinger Mühlbach aus geschaffen, um den Wasserspiegel zu erhöhen, das Ufer wurde planiert und jedes der Randgrundstücke bekam einen eigenen Zugang zum Wasser. Man teilte den See in 38 Parzellen und zog einen Zaun rund um das Gewässer, um Haftungsschäden auszuschließen. Die Eigentümer der Parzellen gründeten die “Grundstücksgemeinschaft Baggersee Lillweg/Wallnerstraße“, die bis heute den Weiher selbst verwaltet. Erster Vorsitzender wurde Herr Schäfer, die erste Versammlung fand am 11.10.1969 statt. Der derzeitige Vorstand ist Georg Kammerer, der Sohn von Frau Maria Kammerer, die sich vor fast 60 Jahren als erste Dauersiedlerin am See 60 Jahre Auensiedlung - Seite 38 niederließ. Seitdem hat sich viel verändert. Neue Häuser wurden gebaut, neue Leute kamen in die Siedlung, und die Parzellen wechselten des Öfteren ihre Besitzer. Seit ein paar Jahren werden regelmäßig Wasserproben genommen, die die gute Wasserqualität des Weihers immer wieder aufs Neue unterstreichen. Die Idylle rund um den See wurde jedoch im Februar 2012 ziemlich abrupt gestört, als der Wasserspiegel innerhalb weniger Tage auf bis zu 170cm über den Normalpegel anstieg. Die Ursache für den hohen Wasserstand ist nicht ganz klar, es gibt verschiedene Versionen. Ganz offensichtlich waren die Seitenwände der Isar sowie das Bachbett sowohl des Garchinger Mühlbachs als auch des Schleißheimer Kanals gefroren. Ein Abfließen des Wassers wurde dadurch verhindert. Auch Biberverbauungen im Altschwabinger Bach führten zu den Aufstauungen. Seite 39 - 60 Jahre Auensiedlung Krötenwanderung in der Auensiedlung von Michael Dietz Jedes Jahr im März, nach dem Ende der Frostperiode, machen sich Erdkröten und einige wenige Bergmolche auf den Weg zu unserem Weiher. Sie verlassen unsere Gärten und die angrenzenden Wälder, wo sie sich von Schnecken, Würmern, Asseln und anderen Insekten ernähren. Durch ihre meist nächtliche Jagd leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Schädlingsbekämpfung. Nach 3 bis 5 Jahren werden die Kröten geschlechtsreif; dann verlassen sie ihre Winterquartiere um dort zu laichen, wo sie selbst geboren wurden: in unserem Weiher. Für diese Wanderung nehmen sie oftmals einen mehrere Kilometer langen anstrengenden Marsch in Kauf. Wenn ein paarungsbereites Männchen ein Weibchen erspäht, versucht es, auf dessen Rücken zu klettern, klammert sich an ihm fest und lässt sich dann bis zum Wasser tragen. Die größte Gefahr droht den Kröten beim Überqueren unserer Straßen. Besonders wohl fühlen sie sich auf dem noch warmen Asphalt, hier halten sie Brautschau. Wenn sich ein Auto nähert, fallen sie in Angststarre, deshalb wird die Straße für sie zur tödlichen Gefahr. 60 Jahre Auensiedlung - Seite 40 Im Weiher beginnen die Weibchen nach einigen Tagen bis zu 4 m lange Laichschnüre abzugeben, die von den Männchen in mehreren Schüben befruchtet werden. Nach dem Fortpflanzungsakt verlassen die Kröten relativ eilig den Weiher, um ihre Sommerquartiere in unseren Gärten oder im Wald aufzusuchen. Dort leben sie meistens in Erdlöchern oder unter Steinen. Sicher haben Sie schon einmal diese nützlichen Mitbewohner entdeckt. Nach 3 – 4 Monaten hat sich aus den Eiern über das Kaulquappen-Stadium ein nur 7 – 12 mm großes Jungtier entwickelt, meist im Sommer verlassen sie dann den Weiher unbemerkt. Erdkröten sind nach dem Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt, deshalb bitte ich Sie, auf diese liebenswerten Tiere zu achten. Wenn Sie unsere „Achtung Kröten!“ - Verkehrszeichen im Frühjahr sehen, sollten Sie ab 19.00 Uhr unbedingt in Schrittgeschwindigkeit um den Weiher fahren. Ich bitte Sie, notfalls anzuhalten, damit keine Kröte gefährdet wird. Am häufigsten findet man die Kröten zwischen dem Haus der Familie Schäfer in der Wallnerstraße und dem der Familie Döring (neben Wiesbecks) im Lillweg, also im nördlichen Teil unserer Siedlung. Bitte fahren Sie dort besonders vorsichtig! Leider hat unsere Krötenpopulation in den letzten Jahren sehr stark abgenommen. Deshalb ist es jetzt besonders wichtig, die letzten Exemplare unserer Erdkröten zu schützen. Seite 41 - 60 Jahre Auensiedlung Straßenausbaubeitragssatzungsverordnung von Wolfgang Völkner (Schon die Wortschöpfung ist monströs, auch der folgende Text fußt auf dem Wortlaut der Verordnung) Die Landeshauptstadt München erhebt für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung von öffentlichen Verkehrswegen ab dem 01. Januar 2005 Beiträge. Die Landeshauptstadt München beteiligt sich am beitragsfähigen Aufwand. Den übrigen Teil des Aufwandes tragen die Beitragsschuldner. Bei einer Erneuerung von Anliegerstraßen für die Fahrbahnen mit Randstreifen oder Rinne Gehwegen Beleuchtung und Oberflächenentwässerung und bei Randsteinen trägt die Landeshauptstadt München 30 % der Kosten. 70 % der Kosten sind von den Anliegern zu leisten Der ermittelte Anteil der Beitragsschuldner am beitragsfähigen Aufwand (Eigentümer) wird auf die beitragspflichtigen Grundstücke des Abrechnungsgebietes nach dem Verhältnis verteilt, in dem die Summen aus den Grundstücksflächen und den zulässigen Geschossflächen der einzelnen Grundstücke zueinander stehen. Die Stadt München ist jedoch verpflichtet, die Instandhaltung der oben genannten Einrichtungen zu erbringen. Als Richtwert gilt, dass Hauptverkehrsstraßen nach ca. 25 Jahren, Anliegerstraßen nach ca. 35 Jahren erneuert werden müssen. Die Vorstandschaft achtet seit nunmehr 7 Jahren penibel darauf, dass auch geringste Schäden an unseren Straßen und Gehwegen alljährlich repariert werden. So versuchen wir so lange wie möglich zu vermeiden, dass die Landeshauptstadt München uns zur Kasse bittet. 60 Jahre Auensiedlung - Seite 42 Karlheinz Knor, Biografie (aufgeschrieben von Hans-Jochen Wachsmann im März 2011) Mit meinem Zwillingsbruder Günter wurde ich am 25. August 1937 in München geboren. Meine Eltern stammten aus Trier. Meine Großeltern mütterlicherseits waren Franzosen, viel weiß ich von ihnen nicht mehr, in der Verwandtschaft soll es Klosterschwestern und Pfarrer gegeben haben. Mein Vater stammte aus einer württembergischen Bauernfamilie. Mein Vater ging als Handwerksbursche, er hatte Kunstund Bauschlosser gelernt, nach Frankreich auf Wanderschaft, so sprach er ganz gut Französisch. Nach seiner Heimkehr von der Wanderschaft richtete mein Großvater ihm in Trier eine komplette Schlosser-Werkstatt ein, mein Onkel Philipp erhielt eine Bäckerei, und für meine Tante Hedwig erwarb er einen Lebensmittelladen. Doch meinen Vater hielt es nicht lange in Trier, zuerst fand er Arbeit bei Dornier in Friedrichshafen, dann wechselte er zur Reichsbahn. Die Reichsbahn schickte ihn nach München, denn in Freimann gab es ein großes Ausbesserungswerk mit weiträumigen Werkshallen. Zunächst wohnten wir in der Alten Heide, ich kann mich noch an ein Haus mit zwei Stockwerken und einem kleinen Garten davor erinnern. Eines Tages fand mein Vater einen Zettel, auf dem ein Arbeitskollege einen Wohnungstausch mit einer Wohnung in der Heinrich-Geißler-Straße angeboten hat. Da dies viel näher an seiner Arbeitsstätte lag, ließ er sich auf diesen Tausch ein. Seite 43 - 60 Jahre Auensiedlung Später fragte mein Vater den Kollegen, was ihn zu dem Tausch veranlasst habe, der sagte, die Häuser in der Nähe der Eisenbahnwerkstätten seien im Falle eines Krieges stärker durch Bomben gefährdet ! (Das war übrigens ein Irrtum, denn während des Krieges fielen wesentlich mehr Bomben auf unser altes Viertel als auf Freimann.) Noch vor dem Krieg sind wir umgezogen, so verbrachte ich meine Kindheit in Freimann. Neben meinem Zwillingsbruder hatte ich noch einen Bruder, Horst, und meine Schwester Elli. Fortan wohnten wir also direkt neben der neuen Autobahn, die allerdings nur bis zur Heidemannstraße reichte. Der südliche Teil war noch nicht ausgebaut, er bestand aus einem Schotterbett. Dort, wo heute der Tatzelwurm steht, stand quer zur künftigen Autobahn ein Bauernhof, der einen Weiterbau zunächst verhinderte. Damals waren wir durch die Straßenbahn an die Stadt angebunden, sie endete auf Höhe der heutigen Studentenstadt, später wurde sie bis zur Heidemannstraße verlängert. Als der Krieg kam, musste mein Vater nicht zur Wehrmacht wie die meisten unserer Nachbarn, als Eisenbahner hat er den Dienst bei der Reichsbahn fortgesetzt. Er war ein gefragter Spezialist für Radlager und wusste, wie man die Lager einbauen musste, damit es nicht zu Heißläufern kam. Den Vorgesetzten war bekannt, dass die Waggons aus Freimann am wenigsten unter diesem Problem zu leiden hatten. Während des Krieges musste er vor allem in Russland Dienst tun, so musste uns meine Mutter quasi allein erziehen, auch die Oma war eine Respektsperson. Wir waren sehr gut erzogen, ein Blick genügte, um uns zur Ordnung zu rufen. Verglichen mit heutigen Methoden wurden wir sehr streng erzogen. Wenn mein Vater da war, waren wir besonders folgsam. Er kam häufig einmal nach Hause, um auch im Werk Augsburg die Heißläufer zu reduzieren. Meine Schwester war damals wie die meisten Mädchen beim BDM, sie trug die weiße Bluse und hatte Zöpfe. Einmal wurden sie alle nach München kommandiert und mussten sich aufstellen, weil hoher Besuch angesagt war: So kam es, dass sie den Adolf zu Gesicht bekam. Je länger der Krieg dauerte, desto häufiger kam es zu Bombenangriffen der Alliierten. Wenn es Bombenalarm gab, gingen wir sofort in den Keller, nur mein 60 Jahre Auensiedlung - Seite 44 Vater schlief seelenruhig in seinem Bett weiter. Vermutlich hatte er recht, denn die Geschossdecken in den Häusern bestanden höchstens aus 20 cm Beton, im Falle eines Treffers hätten sie uns auch nicht schützen können. Wenn ein Alarm kam, hat unser Nachbar, Herr Weber, der als Hausmeister arbeitete, kontrolliert, ob alle Wohnungen verdunkelt waren. Noch kurz vor Kriegsende wurde unsere Nachbarin, Frau Egginger, von der Gestapo verhaftet, weil sie geäußert hatte, der Krieg sei sowieso verloren. Sie konnte sich wohl herausreden, denn am späten Abend ließ man sie wieder nach Hause ziehen. Die erste Bombe, an die ich mich erinnern kann, schlug an der Ecke Situli/GrohStraße ein. Eine andere Bombe traf den Anfang der Situlistraße, wo heute die Leinthaler-Tankstelle ist. Durch den Einschlag spritzte das Leitungswasser aus dem Bombenkrater heraus. Auch am Harnierplatz, also ganz in unserer Nähe, gab es einen Einschlag. An einem Junitag im Jahre 1944 war unser Viertel das Ziel alliierter Bomber, an dem Tag fielen mehr als 300 Bomben auf Freimann. Ein alter Nachbar, Herr Mende, der Parteimitglied war, hatte einen Sohn namens Otto, der 1944 mitten in der Stadt am Alten Botanischen Garten einem Luftangriff zum Opfer fiel: Sein Vater rief ihm zu, er solle zu ihm über die Straße kommen, da fiel eine Bombe, die ihm die Beine weggerissen hat. Er starb in den Armen seines Vaters. Während der Beerdigung auf dem Nordfriedhof gab es einen Fliegeralarm, alle Trauergäste stürzten in den Hochbunker an der Crailsheimer Straße. Wir fanden kaum einen Platz, so überfüllt war der Bunker. Zum Kriegsende flogen auch Jagdflugzeuge über Freimann, die mit ihren Bordwaffen auf uns geschossen haben. Mein Vater war in München, die letzten Kriegstage verbrachten wir in dem großen Reichsbahnbunker auf dem Bahngelände, der überall mit Plakaten „Feind hört mit !“ bepflastert war. Direkt neben dem Bunker stand ein hölzerner Flak-Turm. In dieser Zeit gab es schon kein Radio mehr, man hörte nur noch einen Pfeifton. Als es keine Kampfhandlungen mehr gab, gingen wir heim, überall sahen wir weiße Fahnen aus den Fenstern hängen. Als die Amerikaner kamen, schauten sie in jede Wohnung. Mein Vater hatte das Hitlerbild verschwinden lassen. Seite 45 - 60 Jahre Auensiedlung Einen Tag nach dem Krieg haben wir Herrn Mende auf einem kleinen Leiterwagen geschoben. Da kam ein Tiefflieger von Osten und hat auf uns geschossen – zum Glück wurde niemand getroffen. In der Nähe unserer Wohnung stand ein schwerer US-Truck, einige Amerikaner haben Waren abgeladen. Zusammen mit meinen Brüdern beobachtete ich sie. Mein Bruder Horst gab die Weisung: „Sobald etwas herunter fällt, haltet ihr die herum stehenden anderen Kinder zurück, dann kann sich einer die Ware schnappen!“. Nach dieser Methode kamen wir tatsächlich an eine Kiste mit 6er Packungen von Zigaretten. Da mein Vater rauchte, war dies natürlich eine willkommene Beute. Auch sonst haben wir stets darauf geachtet, für unseren Vater „Hugos“ (Zigarettenkippen) zu finden. In der Nähe der Amerikaner konnte man allerlei finden, für uns Kinder war dies eine unerschöpfliche Quelle von Sachen, die es sonst nirgends gab. Auf dem Bahngelände waren Amerikaner einquartiert. In deren Baracken war früher eine Dienststelle der Bahnpolizei. Auch in der Situlischule wohnten viele Amerikaner, dort habe ich zum ersten Mal in meinem Leben Schokolade gegessen: Wir wunderten uns über etwas Braunes, das auf dem Boden lag. Bei näherer Prüfung der zwei Ripperl merkten wir, dass es etwas Essbares war. Als Kinder hatten wir immer Hunger, zum Essen gab es überwiegend Kartoffeln, die im Herbst im Keller eingelagert wurden. Schon im Frühjahr war der Vorrat meist zu Ende. Wenn wir einmal ein Stück Fleisch hatten, hat unsere Oma es gebraten. Wir machten eine Grube in unseren Kartoffelstampf auf dem Teller, dort hinein schüttete die Oma etwas Soße. Vater hat meist das Fleisch bekommen. Unmittelbar nach dem Krieg war die Kühlung in den Lagerhäusern der Wehrmacht ausgefallen, dies führte dazu, dass der eingelagerte Käse verteilt werden musste bevor er ganz verkam. Wir holten uns unseren Anteil, sammelten die Maden weg und haben dann den Käse gekocht; dazu gab es wie immer Kartoffeln. Mit unserem Vater waren wir auf dem Weg zur heutigen „Studentenstadt“, als uns ein fremder Mann begegnete. Mein Vater sprach ihn an, und es stellte sich heraus, dass er gerade aus der Gefangenschaft kam. Da er keine Bleibe hatte, bot ihm unser Vater an, bei uns zu übernachten. Wir erfuhren in einem 60 Jahre Auensiedlung - Seite 46 Gespräch, dass dieser Fremde und unsere Nachbarin, Frau Weber, aus dem gleichen Dorf kamen. Als Dank für Verpflegung und Übernachtung schickte er uns später zu Weihnachten eine Gans, die wir mit Familie Weber geteilt haben. Unsere Ernährungslage wurde besser, als meine Mama angefangen hatte, für amerikanische Offiziere zu waschen. Dazu musste sie in der Nacht in der Waschküche den Kessel anheizen und die Wäsche ordentlich rubbeln bis sie sauber war, natürlich musste sie auch gebügelt werden. Als Lohn bekam sie meist Lebensmittel, die die Amerikaner ja im Überfluss besaßen. Weil die Situlischule von den Amerikanern beschlagnahmt war, wurde sie erst 1947 wieder eröffnet. So kam ich erst mit zehn Jahren in die Schule, gleich in die zweite Klasse. Jeder Schüler musste ein Holzscheit oder einen Brikett mitbringen, damit die Klassenzimmer geheizt werden konnten. Wir mussten sofort schreiben, man kann sich vorstellen, wie unsere Hefte ausgesehen haben. In der fünften Klasse hatte ich meine Lücken aufgeholt. Damals leitete Direktor Seelmann die Schule, er war ein bekannter Pädagoge, der auch psychologische Lehrbücher geschrieben hatte. Einmal in der Woche gab es für bedürftige Schüler in der evangelischen Kirche Schulspeisung, meist süße Trockenmilch und Brot. Zusammen mit meinem Zwillingsbruder war ich unter den Glücklichen. In der Heinrich-Geißler-Straße gehörte ich zu einer Bande von 5, 6 Jungen, die natürlich viel Unsinn getrieben hat. Die meiste Zeit des Jahres liefen wir barfuß herum, davon bekamen wir eine Hornhaut an den Füßen, die uns unempfindlich machte. Vor unseren Steinschleudern war nichts sicher. Beliebt als Ziel waren die Isolierglocken aus Porzellan für die elektrischen Leitungen. Auch kleine, versteckte Unterstände – wir nannten sie Bunker – haben wir uns gebaut. Einmal haben wir darin organisierte Zigarren geraucht, dabei erwischte uns mein Vater. Da er selbst etwas zu rauchen brauchte, lachte er nur und bekam etwas ab. Unser Lieblingsspiel hieß „Platschke“. Ein Mitspieler legte auf eine Büchse einen flachen Stein, die anderen mussten versuchen, die Büchse zu treffen, so dass der Stein herunter fiel. Wenn keiner es geschafft hatte, konnte man seinen Stein, der ja dicht neben der Büchse gelandet war, zurückholen. Wer dabei vom Hüter der Büchse abgeklatscht wurde, musste als nächster seinen Stein auf die Büchse legen. Seite 47 - 60 Jahre Auensiedlung Manchmal haben wir auch schlimme Sachen angestellt, oft gab es ein Donnerwetter und häufig ein paar Watschn, doch danach war wieder Ruhe. Heute bekämen wir für manche Sachen, die damals mit einer Watschn abgegolten wurden, das Jugendamt an den Hals und gälten sicher als „schwer erziehbar“. Munition war leicht aufzutreiben, wir haben oft genug damit gespielt. Als wir wieder einmal einen größeren Fund an Patronen gemacht hatten, stapelten wir sie zu einem Haufen und wollten sie in einem Feuer zur Explosion bringen. Wir schürten ein kleines Feuer und wollten dieses mit Benzin, das wir bei den Amerikanern organisiert hatten, richtig auflodern lassen und so auch die Munition entzünden. Das gewaltige Feuer tat seine Wirkung, eine riesige Rauchwolke entstand und die Schüsse prasselten. Das wurde uns zu mächtig, also suchten wir das Weite, während die Feuerwehr ausrücken musste, um den Brand zu löschen. Nach der Schule trieben wir uns gerne bei den Amerikanern herum, denn dort gab es immer etwas zu holen. Sie lebten in Baracken in Freimann nahe der Stelle, wo heute die Sparda-Bank steht. Besonders scharf waren wir auf Zigaretten. Der Zaun war für uns kein Hindernis, wir schlichen uns an der Wache vorbei und kletterten blitzschnell über die Brüstung in die Räume, um Zigaretten zu organisieren. Weil es natürlich aufgefallen wäre, wenn wir mit ganzen Stangen herausgekommen wären, rissen wir noch auf deren Gelände alle Packungen auf, brachen die Zigaretten in der Mitte durch und rauchten jede Hälfte an. Wenn die Amerikaner uns schnappten, konnten wir sagen, wir hätten Kippen gesammelt. Oft fanden wir auch Konserven. Da wir immer Hunger hatten, waren Büchsen mit Essbarem besonders willkommen. Auf dem Schulhof gab es immer Reibereien, die Trennlinie verlief zwischen „Bayern“ und „Flüchtlingen“. So kam es immer wieder zu Hahnenkämpfen. Wenn wir uns auch oft geprügelt haben, so wurden doch die Regeln der Fairness eingehalten: Wenn einer am Boden lag, musste er nicht mehr (wie heute) mit Tritten rechnen. In der 5. oder 6. Klasse haben wir unser Klassenzimmer unter dem Lehrer Eisele selbst renoviert. Dazu mussten wir Geld einsammeln, um Farbe kaufen zu 60 Jahre Auensiedlung - Seite 48 können. Die Wände haben wir selbst abgewaschen, dann vermischten wir etwas Leinöl mit der Kreidefarbe, damit sie nicht abfärbte, schließlich haben wir noch mit einer Gummiwalze ein Muster auf die Wände gerollt. Einmal konnten wir mit Hilfe der Amerikaner eine Woche Ferien in einem Zeltlager am Pilsensee verbringen. Die Amerikaner versammelten uns auf dem Gelände der heutigen Iphitos-Anlage und fuhren uns auf ihren Lastwagen zu einem Platz am See. Es ging uns gut, wir bekamen viel zu essen und zu trinken, sogar Eis haben wir geschleckt. Damit es zünftig wurde, schürten wir immer ein Lagerfeuer, das Holz dafür besorgten wir in einem nahen Wald. Als wir gerade wieder dünne Fichten umgelegt hatten, kam der Jäger und nahm uns das Beil weg. Wir beklagten uns bei unserem Amerikaner – und tatsächlich hat er es uns wieder zurück gebracht. Auch auf der Heimfahrt rettete er uns vor dem Zorn eines Gärtners, dem wir korbweise Äpfel entwendet hatten. Er hat sich zwar mächtig aufgeregt, doch unter dem Schutz der Amis konnte er uns nichts anhaben. Es gab noch eine Methode, an begehrte Waren der Amerikaner zu kommen: Wenn damals Truppen verlegt wurden, benutzten sie die Eisenbahn. Wir Kinder standen an den Gleisen in Freimann dort, wo heute der McDonald ist, und haben ihnen zugewinkt. Zum Dank warfen sie Süßigkeiten und andere Sachen aus dem Fenster. Als Jungen stromerten wir in ganz Freimann herum, nichts entging unseren Augen. So hatten wir früh erkannt, dass sich aus Altmetall Geld machen ließ. An der Freisinger Landstraße, dort wo heute das Pressehaus steht, hatte der Schrotthändler Wührer sein Geschäft. Er nahm uns ab, was wir in unserer Gegend an Altmetallen gefunden hatten. Besonders einträglich war das Gelände der Gärtnerei am Ende des Blütenrings. Die Stadt hatte dort Asche gelagert, die wohl von den Sendeanlagen des Rundfunks stammte. Wenn jetzt der Gärtner die Flächen umpflügte, verhedderten sich alte Kabel in seinem Pflug. Wir haben sie hilfreich abgenommen und auf der Autobahn die Kabelhüllen verbrannt. Das übrig gebliebene Kupfer brachten wir zum Wührer, der uns bis zu sieben Mark für ein Kilo gab. Auch in den Bombentrichtern entlang der Sendeanlagen fanden wir Metalle, die wir verkaufen konnten. Durch diese Einnahmen hatten wir manchmal mehr Geld zur Verfügung als mein Vater, der damals ca. 50 Mark im Monat Gehalt bekam. Jede Büchse, die Seite 49 - 60 Jahre Auensiedlung wir gefunden hatten, brachten wir zum Wührer, so konnten wir immer unser Taschengeld aufbessern. Weil ich schon so alt war, musste ich nach der 7. Klasse die Schule in Freimann verlassen. Immerhin hatten wir dort erstmals Englisch-Unterricht. In der Hirschbergschule in der Nähe des Zirkus Krone hatten wir Kriegskinder noch Zusatzunterricht, um die wegen der Umstände entstandenen Lücken aufzufüllen. Mit 14 Jahren erhielt ich ein Angebot, auf einer Lehrbaustelle in Stockdorf einen Beruf zu lernen, es standen Schlosser, Zimmerer oder Maurer zur Auswahl. Ich begann eine Maurerlehre. Nach einem halben Jahr in Stockdorf wechselte ich im Oktober auf eine Lehrstelle bei Heilmann und Littmann. Mein Lehrvertrag wurde am 30. September 1952 unterschrieben. Auf die Lehrzeit von 3 Jahren wurde mir das halbe Jahr auf der Lehrbaustelle in Stockdorf anerkannt, so begann meine Lehre offiziell am 1. April 1952 und endete am 31. März 1955. Im ersten Lehrjahr erhielt ich einen Bruttolohn von 69,- DM, im zweiten waren es 91,- DM und im letzten Jahr bekam ich 118,- DM im Monat. Meine erste Baustelle war bei der Firma Perutz in der Kistlerhofer Straße, dorthin fuhr ich jeden Tag mit dem Fahrrad. Da mein Rad sehr alt war, musste ich häufig den Schlauch flicken. Von meinem ersten Lehrgeld kaufte ich mir beim Vierlböck in Schwabing einen neuen Schlauch und ein Felgenband aus Gummi, damit die Speichen nicht mehr den Schlauch zerstechen konnten. Ab dem zweiten Lehrjahr musste ich immer mit dem Vorarbeiter gehen und z.B. Ziegel-Verbände (die erste uns zweite Reihe einer Mauer) anlegen. Dabei habe ich viel gelernt und konnte bald vielseitig eingesetzt werden. So brauchte ich mich zumindest nicht an den üblichen Kehrarbeiten der anderen Lehrlinge beteiligen. Im 3. Lehrjahr habe ich als einziger Lehrling unter 40 Maurern auf einer großen Baustelle in der Landsberger Straße im Akkord gearbeitet und dabei ordentlich verdient. Im Winter mussten wir Lehrlinge Öfen reparieren, indem wie sie mit Schamotte auskleideten oder auch nur Nägel gerade klopfen. Auf manchen Baustellen konnte auch im Winter gearbeitet werden, dazu wurden große Koksöfen im 60 Jahre Auensiedlung - Seite 50 Keller beheizt, die den Mörtel nicht einfrieren ließen und die Trocknung beschleunigten. Nach der Lehre habe ich bei verschiedenen Firmen angefangen, schließlich blieb ich bei der Fa. Reinhold und Mahler hängen, die sich auf den Bau von Kühlhäusern spezialisiert hatte. Unser Nachbar, Herr Koletzko, arbeitete dort, er hat mich angelernt. Die Wände der Kühlräume mussten isoliert werden. Die Korkflächen wurden bis zur Decke verputzt, und darauf wurden schließlich Fliesen geklebt. Sowohl Pech als auch Bitumen strömten Schwefel aus beim Heißmachen, der sich in der Haut ablagerte. Wenn wir an die Sonne kamen, brannte die Haut wie Feuer, es war unerträglich, manchmal bekam man blutige Geschwüre vom Schwefel. So war uns Regenwetter am liebsten, da fraß sich der Schwefel nicht so in unsere Haut. Natürlich mussten wir jeden Tag baden, um den Schwefel loszuwerden. Ein früherer Galvanisierer empfahl gegen die Schwefeldämpfe Zinköl, doch die Hautausschläge wurden eher schlimmer. Am besten half noch eine Salbe aus der Apotheke. Wenn man ständig neben dem Leimofen arbeiten musste und die heißen Platten an die Wand klebte, bekam man einen gewaltigen Durst. Eine Maß Bier kostete damals 50 Pfennig, manche Kollegen tranken bis zu 10 Maß am Tag! Die ständigen Hautprobleme ließen mich die Firma wechseln, ich spezialisierte mich auf Fenster aus Glasbausteinen. In dieser Zeit war ich viel auf Montage außerhalb, so arbeitete ich z.B. ein halbes Jahr in Aschaffenburg oder in Eggenfelden. Auch in einem Gefängnis habe ich Glasfenster gebaut, dort wurden allerdings Stahlbänder zwischen die Glasbausteine gesetzt. Zwar habe ich immer gut verdient, allerdings zum Sparen kam ich kaum. Meine alte Firma Reinhold und Mahler wollte mich zurück haben und machte mir ein gutes Angebot. Inzwischen kam das Styropor auf den Markt, das mit einem Kaltkleber befestigt wurde, von da an war die Arbeit weniger gesundheitsgefährdend. Mein Chef war Herr Ebenböck, der Schwiegervater von dem Weltklasse-Fußballer Gerd Müller, auch seine Tochter Uschi arbeitete in der Firma. Damals wurde viel Alkohol auf dem Bau konsumiert, einmal kamen auf einer Baustelle in der Löwenbrauerei Architekt und Bauleiter überraschend, doch fast die gesamte Belegschaft war beim Saufen, statt das Material abzuladen. Die wurden sofort entlassen. Auch beim Hertie am Bahnhof, damals eine Seite 51 - 60 Jahre Auensiedlung Großbaustelle mit mächtigem Zeitdruck, waren die Mitarbeiter lieber im Mathäser als auf der Baustelle. Weil das Material die Wege verstopfte, wurde sogar die Polizei geholt. Auch in diesem Fall wurden alle Fliesenleger sofort nach Hause geschickt. Herr Ebenböck machte mich später zum Bauleiter, so trug ich die Verantwortung auf großen Baustellen wie z.B. der Löwenbrauerei, dem Schwabinger Krankenhaus oder dem Europäischen Patentamt. Jetzt lag es an mir, wenn auf der Baustelle wenig vorwärts ging, weil manche Kollegen nichts konnten oder zu oft in der Bude saßen und sich volllaufen ließen. So wechselte ich auf einen weniger stressigen Posten als bauleitender Monteur, auch hier waren wir oft außerhalb, in der Holledau oder in Stuttgart. Häufig arbeiteten wir im Akkord, meistens bis 19.00 Uhr, weil wir dann am Freitag schon heimfahren konnten. Damals habe ich sehr gut verdient, ich konnte mir sogar einen Mercedes leisten. Doch die schwere Arbeit, häufig tagelang über Kopf, forderte ihren Tribut: Ich wurde schwer krank, bekam eine Muskelentzündung im Rücken und konnte nicht einmal mehr meine Arme heben. Ich wurde sechs Wochen krankgeschrieben, doch auch danach ging es mir schlecht, ich bekam ein dickes Knie, Wasser in den Gelenken. Nachdem meine Bandscheiben geröntgt worden waren, untersagte mir der Arzt schwere Arbeit. Zu meinem großen Glück fand ich eine neue Anstellung bei der Stadt München im Klärwerk Großlappen. Etwas Besseres hätte mir nicht passieren können! In der Kalkmischanlage musste ich dem Klärschlamm Kalk beifügen, erst in Großlappen, später in der Deponie Nord. Als die moderne Klärschlamm-Verbrennungsanlage errichtet wurde, war ich schon zu alt für eine Umschulung. So bekam ich einen Posten in der Pförtnerloge, behielt aber meinen alten Lohn. Am 19. Juli 1949 kaufte mein Vater vom Fröttmaninger Bauern Wiesmeier 1500 qm Grund für 1500,- DM. Damals gab es nur provisorische Behausungen, die im Gestrüpp verborgen waren. Das erste Haus errichtete der Förster Planck, dann folgten die Familien Kellendorfer, Huber und Kloo. 1951 errichtete mein Vater eine Hütte, die aus Waggon-Brettern zusammengeschustert war, ein paar Mal haben wir sie vergrößert. Übrige Eisenteile konnten wir an Herrn Kellendorfer verkaufen, anderen Abfall entsorgten wir in einer Grube auf dem Gelände, auf dem heute die Moschee steht. Als ich 1952 mit der Maurerlehre begonnen hatte, habe ich diese Bretter verputzt, so wurde die Hütte schon etwas ansehnlicher. 60 Jahre Auensiedlung - Seite 52 1958 haben wir mit unserem Haus begonnen, wobei der gesamte Keller noch in Handarbeit ausgehoben wurde. Den Keller haben wir per Hand betoniert, mein Vater hatte darin seine Werkstatt, in der er viele Schlosserarbeiten für die Nachbarn erledigte: Gartentore, Zäune, Rahmenkonstruktionen. So entstand aus Rohren ein Rahmen für das Haus von Familie Rödel, den Herr Koletzko und ich mit 12er Wänden ausmauerten. Das Haus von Familie Rödel steht heute noch. Auf dieser Baustelle wurden mein Bruder und ich von der Polizei verhaftet und ins Revier in die Situlistraße abgeführt. Während ein Beamter uns einzeln verhören wollte, meinte ein anderer, wir hätten uns sowieso schon abgesprochen. Herr Rödel musste wegen Kinderarbeit eine Strafe zahlen. Für die Siedlung bestand ein Bauverbot seitens der Stadt, das der Herr Reich zu überwachen hatte. Da er sich gerne bei uns aufwärmte, freundete mein Vater sich mit ihm an, so erfuhren wir immer, wann er Dienst hatte oder in Urlaub war. Während seiner Abwesenheit konnten alle Siedler bauen. Später waren wir einmal bei der Familie Reich zu Gast, ich allein habe ein Gänseviertel und viele Knödel gegessen, danach noch eine halbe Torte. Danach wurde ich nicht mehr mit eingeladen. Mein Vater hatte eine ausgeklügelte Methode, uns etwas beizubringen: Erst mussten wir denken und ihm dann unsere Überlegungen vortragen. Er kritisierte uns dann, danach konnten wir eine Arbeit mit seinem Segen anfangen. Als er einmal das Gestell für einen Schuppen zusammengeschweißt hatte, das bei der ersten Belastung mit lautem Getöse in sich zusammenkrachte, war sein Nimbus doch arg beschädigt. Am Heiligabend 1958 haben wir das Dach für unser neues Haus gedeckt, im Jahr darauf habe ich es grob verputzt, im Herbst konnten wir einziehen. Die meisten Maurerarbeiten musste ich ganz allein machen, weil mein Bruder Horst in der Zeit beim Straßenbau im Irak gutes Geld verdiente. Die Fassade habe ich erst nach und nach verputzt, denn ständig musste ich in der Nachbarschaft mithelfen. Insgesamt habe ich beim Bau von 10 Häusern in unserer Siedlung mitgeholfen. Der Förster Planck verkaufte sein Haus an einen Herrn Seitz, der ein Adjutant des Fliegergenerals Adolf Galland war. Er hatte auch an dem Kriegsfilm „Stern von Afrika“ von 1957 mitgewirkt. Bei ihm fand das erste Siedlerfest statt, damals wurde bei solchen Gelegenheiten viel Bier getrunken. Direkt neben Seite 53 - 60 Jahre Auensiedlung dem Haus im Wald war ein großer Bombentrichter, in den jeder hineingepieselt hat. Diese Grube wurde allmählich mit Müll und Schutt aufgefüllt. Dem Herrn Seitz haben Herr Koletzko und ich ein neues Bad eingebaut, dafür brauchten wir 3 – 4 Tage. Als ich nach Abschluss der Arbeiten von Frau Seitz 20,- DM verlangte, sprang sie mir fast ins Gesicht. Sie war der Überzeugung, eine Brotzeit sei genug. Später hat sich Herr Seitz entschuldigt und gezahlt. Unser Nachbar, Herr Wörner, baute zunächst eine Behelfshütte, dabei habe ich mindestens 100 Stunden eingebracht. Als ich dafür 100,- DM verlangte, hat er mir diese in Raten gezahlt. In dieser Zeit kannte ich nur Arbeit. Damals musste man pro Woche 48 Stunden arbeiten, auch am Samstag. Ab dem 3. Lehrjahr habe ich schon im Akkord gearbeitet. Kaum war ich zu Hause, standen die Nachbarn Schlange. Meist mit Herrn Koletzko, gelegentlich auch mit dem Herrn Schäfer haben wir so manche Behausung hochgezogen, oft war ich am Ende meiner Kräfte. Bei Wachters haben wir zwei Decken betoniert, Frau Wachter hat tüchtig mitgeholfen. Einmal hat sich Herr Vogt sogar vor mich hingekniet, damit ich ihm ein Zimmer putze. Weil ich aber ständig überarbeitet war, musste ich absagen. Jeden Abend und natürlich jeden Sonntag war ich eingespannt, ich konnte einfach nicht mehr. Als 1957 die Straßen in der Auensiedlung in Angriff genommen wurden, haben alle Siedler selbst Hand angelegt. Der Humus wurde abgetragen, das übrige Material mussten wir mit der Schubkarre zum südlichen Seegrundstück (heute Kinderspielplatz) transportieren, dann Sand auftragen, schließlich kam die Walze. Da unser Nachbar Wörner alleine war, musste ich im Auftrag meines Vaters auch dessen Anteil übernehmen, für Gotteslohn! Wo heute das Talamontihaus steht, haben Herr Koletzko, Herr Schäfer und ich eine Betonplatte für das Siedlerfest gegossen. Dafür haben uns alle Siedler mit Bier bezahlt! Auch die Kinder nahmen diese Fläche als Spielplatz an. Bei einem der ersten Feste sollte das Siedlerlied von Herrn Högl, Koletzko und anderen Bewohnern vorgetragen werden. Der alte Herr Altmutter hatte aber meinen Bruder Horst aufgehetzt, der sich lautstark dafür einsetzte, mit diesem Schmarrn aufzuhören. Es folgte eine heftige, zunächst nur verbale Auseinandersetzung. 60 Jahre Auensiedlung - Seite 54 Ein andermal übten Herbert Winkler, Heinz Voigt, ich und noch andere junge Burschen unter Anleitung von Herrn Karrer einen Tanz für das Siedlerfest ein. Da wir nie Zeit hatten und nur einmal geübt haben, brachten wir nur ein klägliches Gehüpfe auf der Bühne zusammen. Doch die Zuschauer waren begeistert, der Beifall für diese Vorführung war sicher höher als für ein perfektes Auftreten. Ein anderer Auftritt während einer Weihnachtsfeier in der Gaststätte Jahn ist mir auch noch in guter Erinnerung. Der Fuchs Sepp sollte den Nikolaus geben. Da er wohl etwas aufgeregt war, haben wir ihm geholfen, sein Lampenfieber mit viel Bier zu kühlen. Als er endlich an die Reihe kam, konnte er kaum noch stehen, auch die üblichen Würdigungen der Kinder brachte er nicht mehr zusammen. Er lallte nur in einem fort: „Ihr Lümmel kommt nicht mehr in den Himmel“! Die erbosten Eltern jagten ihn schließlich fort. Als die Siedlung immer ansehnlicher geworden war, haben einige Hausbesitzer auch untervermietet. So wohnten Ausländer in unserer Siedlung. Besonders beliebt unter den Burschen der Siedlung war die schöne Anastasia, eine Griechin, mit der wir besonders gerne tanzten. Bei der gastfreundlichen Familie Seitz lernten wir, der Winkler Herbert, der Voigt Heinz und andere, das Tanzen, vor allem Walzer, Tango und Foxtrott. Da auch sie eine hübsche Nichte hatten, wirkten die Tanzabende wie ein Magnet. Später haben wir alle noch einen professionellen Tanzkurs besucht. Mitte der fünfziger Jahre kam das Fernsehen auf, die Geräte waren sündhaft teuer. Wir hatten in der Siedlung den ersten Fernsehapparat. Natürlich sprach sich das herum, so hatten wir jeden Abend Besuch, wir mussten das Gerät in den Hausgang stellen, damit möglichst viele Nachbarn zuschauen konnten. Die Renner im Programm waren „So weit die Füße tragen“ und später der Fortsetzungskrimi „Das Halstuch“. Seite 55 - 60 Jahre Auensiedlung Mitgliederliste Name Vorname Altmutter Andreas Altmutter Max Bärnthaler Andreas Bärnthaler Angelika Bruckbauer Harald Bruckbauer Harald Bücherl Margarete Dietz Manfred Dirnberger Sonja Döring Maximilian Fauth Inge Moslemische Glaubensgemeinschaft Gnad Günther und Hildegard Hanika Josef Heindl Karola Herrmann Martin Högl Richard Hycpan Hildegard Juric Drago Kammerer Maria Keck Helene Kellendorfer Otto Walter Knor Karl-Heinz Knor Karl-Heinz und Michael König Michael König Robin Krämer Nikolaus Krämer Nikolaus Latal Helmut Loder Monika Maier Reinhard Maier Reinhold und Hedwig Märzluft Hannelore Nißl Gudrun Preusche Eberhard Rossa Renate und Franz Schleifer Wolfgang und Elisabeth Schneider Angelika Seebe Daniel Seer Paul Seibel Karsten Steiger Alois Straße Wallnerstr. 10 Wallnerstr. 12 Wallnerstr. 49 a Lillweg 24 Wallnerstr. 25 Wallnerstr. 21 Lillweg 3 Wallnerstr. 51 Wallnerstr. 17 a Lillweg 46 Wallnerstr. 13 Wallnerstr. 1 - 5 Lillweg 40 Wallnerstr. 18 Lillweg 32 Lillweg 28 Lillweg 9 Wallnerstr. 8 Wallnerstr. 15 a Lillweg 38 Wallnerstr. 49 Wallnerstr. 8 Lillweg 18 Lillweg 18 Lillweg 5 Lillweg 12 Wallnerstr. 47 Ballesweg 6 Wallnerstr. 43 Wallnerstr. 45 Wallnerstr. 29 Wallnerstr. 29 Lillweg 15 Wallnerstr. 17 Wallnerstr. 15 Ballesweg 4 Lillweg 14 Wallnerstr. 39 Wallnerstr. 16 Lillweg 53 Wallnerstr. 22 Lillweg 47 Mitglied seit 2009 1952 2009 2012 2003 2012 1959 1962 2000 1971 1967 2000 2007 1979 1959 2012 1952 1972 1994 1953 2009 2012 1952 2007 1977 2006 1990 1968 1971 1995 1975 2004 2012 2012 1962 2009 1977 2009 2004 1994 2009 1954 60 Jahre Auensiedlung - Seite 56 Name Strecker Szika Tappesser Teckemeyer Vogt Völkner-Karrer Wachsmann Wachter Wegerhoff Widmann Wiesbeck Winkler Zimmer Vorname Jakob und Franziska Harald Tilo Jürgen Siegfried Wolfgang und Erna Jochen Ursula Frank Jürgen Karl Herbert Rolf und Bettina Seite 57 - 60 Jahre Auensiedlung Straße Wallnerstr. 37 Lillweg 44 a Lillweg 36 Wallnerstr. 11 Wallnerstr. 16 a Lillweg 4 Lillweg 8 Wallnerstr. 9 Lillweg 13 Ballesweg 8 Lillweg 50 Lillweg 6 Lillweg 10 Mitglied seit 1952 2009 2010 1970 1952 1952 1975 1956 2003 2000 2006 1952 2000 Metzgerei Josef Stadler Seit 1970 betreiben wir unseren Metzgerei-Fachbetrieb mit eigener Produktion. Unsere Standorte waren Schwabing und Laim, bis wir uns im Mai 2000 im Herzen Garchings angesiedelt haben. Das besondere Können des Metzgerhand-werks wird in unserer Familie bereits in dritter Generation weitergegeben. Dieser wichtige Erfahrungsschatz garantiert zusammen mit der sorgfältigen Auswahl des Fleisches, der Gewürze und der professionellen Verarbeitung der Ware in unserer eigenen Produktion den gleichbleibend hohen Qualitätsstandard. Der Erfolg des Unternehmens wird seit Jahrzehnten durch regelmäßige Auszeichnungen unserer Produkte von der Deutschen Lebensmittelgesellschaft (DLG) bestätigt. Josef Stadler GmbH Tel.: 089 / 32 66 68 44 Münchener Strasse 9 Fax: 089 / 32 66 68 45 85748 Garching Email: [email protected] Öffnungszeiten Mo. - Fr. 6:30 - 18:00 Uhr Sa. 6:30 - 12:00 Uhr 60 Jahre Auensiedlung - Seite 58 Seite 59 - 60 Jahre Auensiedlung Einwohner der Auensiedlung