Gesetz über die Sterbehilfe

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28. MAI 2002 - Gesetz über die Sterbehilfe
(Belgisches Staatsblatt vom 12. Juni 2003)
Konsolidierung
Die vorliegende Konsolidierung enthält die Abänderungen, die vorgenommen worden sind
durch:
- das Gesetz vom 10. November 2005 zur Ergänzung des Gesetzes vom 28. Mai 2002 über
die Sterbehilfe durch Bestimmungen in Bezug auf die Rolle des Apothekers und den
Gebrauch und die Verfügbarkeit todbringender Substanzen (Belgisches Staatsblatt vom
12. April 2006),
- Artikel 21 des Gesetzes vom 6. Januar 2014 zur Abänderung verschiedener Gesetze infolge
der Senatsreform (Belgisches Staatsblatt vom 19. August 2014),
- das Gesetz vom 28. Februar 2014 zur Abänderung des Gesetzes vom 28. Mai 2002 über die
Sterbehilfe im Hinblick auf die Ausweitung der Sterbehilfe auf Minderjährige (Belgisches
Staatsblatt vom 19. November 2014).
Diese Konsolidierung ist von der Zentralen Dienststelle für Deutsche Übersetzungen in
Malmedy erstellt worden.
28. MAI 2002 - Gesetz über die Sterbehilfe
Artikel 1 - Vorliegendes Gesetz regelt eine in Artikel 78 der Verfassung erwähnte
Angelegenheit.
KAPITEL I - Allgemeine Bestimmungen
Art. 2 - Für die Anwendung des vorliegenden Gesetzes ist unter Sterbehilfe die von
einer Drittperson ausgeführte Handlung zu verstehen, durch die dem Leben einer Person auf
deren Bitte hin vorsätzlich ein Ende gesetzt wird.
KAPITEL II - Bedingungen und Vorgehensweise
Art. 3 - § 1 - Ein Arzt, der Sterbehilfe leistet, begeht keine Straftat, wenn er sich
vergewissert hat:
- [dass der Patient eine handlungsfähige volljährige oder eine handlungsfähige für
mündig erklärte minderjährige Person oder aber eine urteilsfähige minderjährige Person ist
und zum Zeitpunkt ihrer Bitte bei Bewusstsein ist,]
- dass die Bitte freiwillig, überlegt und wiederholt formuliert worden ist und nicht
durch Druck von außen zustande gekommen ist,
- dass der [volljährige oder für mündig erklärte minderjährige] Patient sich in einer
medizinisch aussichtslosen Lage befindet und sich auf eine anhaltende, unerträgliche
körperliche oder psychische Qual beruft, die nicht gelindert werden kann und die Folge eines
schlimmen und unheilbaren unfall- oder krankheitsbedingten Leidens ist,
[- dass der urteilsfähige minderjährige Patient sich in einer medizinisch aussichtslosen
Lage mit anhaltender, unerträglicher körperlicher oder psychischer Qual [sic! Zu lesen ist:
"unerträglicher körperlicher Qual"] befindet, die nicht gelindert werden kann, in absehbarer
Zeit zum Tod führt und die Folge eines schlimmen und unheilbaren unfall- oder
krankheitsbedingten Leidens ist,]
und die durch vorliegendes Gesetz vorgeschriebenen Bedingungen und Vorgehensweisen
beachtet.
§ 2 - Der Arzt muss, unbeschadet ergänzender Bedingungen, die er an seinen Eingriff
knüpfen möchte, vorher und in allen Fällen:
1. den Patienten über dessen Gesundheitszustand und Lebenserwartung informieren,
sich mit dem Patienten über dessen Bitte um Sterbehilfe beraten und mit ihm die noch
verbleibenden Therapiemöglichkeiten und die Möglichkeiten, die die Palliativpflege bietet,
sowie die jeweiligen Folgen besprechen. Er muss mit dem Patienten zu der Überzeugung
kommen, dass es für die Lage, in der Letzterer sich befindet, keine andere vernünftige
Lösung gibt und dass die Bitte seitens des Patienten auf völlig freiwilliger Basis beruht,
2. sich des anhaltenden Charakters der körperlichen oder psychischen Qual des
Patienten und der Wiederholung seiner Bitte vergewissern. Zu diesem Zweck führt er mit
dem Patienten mehrere Gespräche, die unter Beachtung der Entwicklung des
Gesundheitszustands des Patienten über einen annehmbaren Zeitraum verteilt sind,
3. einen anderen Arzt zu Rat ziehen hinsichtlich des schlimmen und unheilbaren
Charakters des Leidens und diesen Arzt über die Gründe dieser Konsultierung informieren.
Der zu Rat gezogene Arzt nimmt von der medizinischen Akte Kenntnis, untersucht den
Patienten und vergewissert sich des anhaltenden, unerträglichen und unlinderbaren
Charakters der körperlichen oder psychischen Qual. Über seine Feststellungen erstellt er
einen Bericht.
Der zu Rat gezogene Arzt muss sowohl dem Patienten als auch dem behandelnden
Arzt gegenüber unabhängig sein und fachkundig sein, was die Beurteilung der betreffenden
Erkrankung betrifft. Der behandelnde Arzt setzt den Patienten von den Ergebnissen dieser
Konsultierung in Kenntnis,
4. wenn es ein Pflegeteam gibt, das regelmäßig mit dem Patienten in Kontakt ist, mit
diesem Team oder mit Mitgliedern dieses Teams über die Bitte des Patienten reden,
5. wenn es dem Wunsch des Patienten entspricht, mit den von ihm bestimmten
Angehörigen über seine Bitte reden,
6. sich vergewissern, dass der Patient Gelegenheit gehabt hat, mit den Personen,
denen er zu begegnen wünschte, über seine Bitte zu reden,
[7. wenn der Patient ein nicht für mündig erklärter Minderjähriger ist, außerdem einen
Kinder- und Jugendpsychiater oder einen Psychologen konsultieren und ihm die Gründe für
diese Konsultierung darlegen.
Die konsultierte Fachkraft nimmt Einsicht in die medizinische Akte des Patienten,
untersucht ihn, vergewissert sich der Urteilsfähigkeit des Minderjährigen und bescheinigt sie
schriftlich.
Der behandelnde Arzt informiert den Patienten und seine gesetzlichen Vertreter über
das Ergebnis dieser Konsultierung.
Der behandelnde Arzt teilt den gesetzlichen Vertretern des Minderjährigen während
eines Gesprächs alle in § 2 Nr. 1 erwähnten Informationen mit und vergewissert sich, dass sie
sich mit der Bitte des minderjährigen Patienten einverstanden erklären.]
§ 3 - Ist der Arzt der Meinung, dass der Tod [des volljährigen Patienten oder des für
mündig erklärten minderjährigen Patienten] offensichtlich nicht in absehbarer Zeit eintreten
wird, muss er außerdem:
1. einen zweiten Arzt, der Psychiater oder Facharzt für die betreffende Erkrankung ist,
zu Rat ziehen und ihn über die Gründe dieser Konsultierung informieren. Der zu Rat
gezogene Arzt nimmt von der medizinischen Akte Kenntnis, untersucht den Patienten und
vergewissert sich des anhaltenden, unerträglichen und unlinderbaren Charakters der
körperlichen oder psychischen Qual und des freiwilligen, überlegten und wiederholten
Charakters der Bitte des Patienten. Über seine Feststellungen erstellt er einen Bericht. Der zu
Rat gezogene Arzt muss sowohl dem Patienten als auch dem behandelnden Arzt und dem
zuerst zu Rat gezogenen Arzt gegenüber unabhängig sein. Der behandelnde Arzt setzt den
Patienten von den Ergebnissen dieser Konsultierung in Kenntnis,
2. mindestens einen Monat vergehen lassen zwischen der schriftlich formulierten
Bitte des Patienten und der Leistung der Sterbehilfe.
§ 4 - [Die Bitte des Patienten sowie, wenn der Patient minderjährig ist, das
Einverständnis der gesetzlichen Vertreter müssen schriftlich festgehalten werden.] Das
Dokument wird vom Patienten selbst erstellt, datiert und unterzeichnet. Ist er dazu nicht in
der Lage, wird seine Bitte schriftlich festgehalten von einer volljährigen Person seiner Wahl,
die am Tod des Patienten keinerlei materielles Interesse haben darf.
Diese Person erwähnt den Umstand, dass der Patient nicht in der Lage ist, seine Bitte
schriftlich zu formulieren, und gibt die Gründe dafür an. In diesem Fall wird die Bitte im
Beisein des Arztes schriftlich festgehalten und besagte Person erwähnt den Namen dieses
Arztes auf dem Dokument. Dieses Dokument muss der medizinischen Akte beigefügt
werden.
Der Patient kann seine Bitte zu jeder Zeit widerrufen; in diesem Fall wird das
Dokument aus der medizinischen Akte herausgenommen und dem Patienten zurückgegeben.
[§ 4/1 - Nachdem der Arzt die Bitte des Patienten bearbeitet hat, wird den betroffenen
Personen die Möglichkeit einer psychologischen Begleitung angeboten.]
§ 5 - Alle vom Patienten formulierten Bitten und die vom behandelnden Arzt
unternommenen Schritte und ihr Ergebnis, einschließlich des Berichtes beziehungsweise der
Berichte des zu Rat gezogenen Arztes beziehungsweise der zu Rat gezogenen Ärzte, werden
regelmäßig in der medizinischen Akte des Patienten aufgezeichnet.
[Art. 3 § 1 einziger Absatz erster Gedankenstrich ersetzt durch Art. 2 Buchstabe a) des
G. vom 28. Februar 2014 (B.S. vom 12. März 2014); einziger Absatz dritter Gedankenstrich
abgeändert durch Art. 2 Buchstabe b) des G. vom 28. Februar 2014 (B.S. vom
12. März 2014); einziger Absatz vierter Gedankenstrich eingefügt durch Art. 2 Buchstabe c)
des G. vom 28. Februar 2014 (B.S. vom 12. März 2014); § 2 einziger Absatz Nr. 7 eingefügt
durch Art. 2 Buchstabe d) des G. vom 28. Februar 2014 (B.S. vom 12. März 2014); § 3
einziger Absatz einleitende Bestimmung abgeändert durch Art. 2 Buchstabe e) des G. vom
28. Februar 2014 (B.S. vom 12. März 2014); § 4 Abs. 1 abgeändert durch Art. 2 Buchstabe f)
des G. vom 28. Februar 2014 (B.S. vom 12. März 2014); § 4/1 eingefügt durch Art. 2
Buchstabe g) des G. vom 28. Februar 2014 (B.S. vom 12. März 2014)]
[Art. 3bis - Ein Apotheker, der eine todbringende Substanz abgibt, begeht keine
Straftat, wenn er dies auf der Grundlage einer Verschreibung tut, in der der Arzt ausdrücklich
vermerkt, dass er in Übereinstimmung mit vorliegendem Gesetz handelt.
Der Apotheker händigt dem Arzt die verschriebene todbringende Substanz persönlich
aus. Der König legt die Sorgfaltskriterien und die Bedingungen fest, denen die Verschreibung
und die Abgabe von Arzneimitteln, die als todbringende Substanzen benutzt werden,
entsprechen müssen.
Der König trifft die notwendigen Maßnahmen, um die Verfügbarkeit todbringender
Substanzen zu gewährleisten, auch in für die Öffentlichkeit zugänglichen Apotheken.]
[Art. 3bis eingefügt
13. Dezember 2005)]
durch
Art. 2
des
G.
vom
10. November 2005
(B.S.
vom
KAPITEL III - Vorgezogene Willenserklärung
Art. 4 - § 1 - Jeder handlungsfähige Volljährige oder für mündig erklärte
Minderjährige kann für den Fall, dass er seinen Willen nicht mehr äußern könnte, in einer
Erklärung schriftlich seinen Willen kundgeben, ein Arzt möge ihm Sterbehilfe leisten, wenn
dieser Arzt feststellt:
- dass er von einem schlimmen und unheilbaren unfall- oder krankheitsbedingten
Leiden befallen ist,
- dass er nicht mehr bei Bewusstsein ist
- und dass diese Situation nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft unumkehrbar
ist.
In der Willenserklärung können eine oder mehrere volljährige Vertrauenspersonen in
Vorzugsreihenfolge angegeben werden, die den behandelnden Arzt vom Willen des Patienten
in Kenntnis setzen. Jede Vertrauensperson ersetzt in der Vorzugsreihenfolge diejenige, die ihr
vorangeht, wenn diese wegen Ablehnung, Verhinderung, Handlungsunfähigkeit oder im
Todesfall ausfällt. Der behandelnde Arzt des Patienten, der zu Rat gezogene Arzt und die
Mitglieder des Pflegeteams dürfen nicht als Vertrauenspersonen angegeben werden.
Die Willenserklärung kann zu jeder Zeit abgegeben werden. Sie muss schriftlich
festgehalten und im Beisein zweier volljähriger Zeugen aufgesetzt werden, von denen
zumindest einer kein materielles Interesse am Tod des Erklärenden hat; auch muss sie vom
Erklärenden, von den Zeugen und gegebenenfalls von der Vertrauensperson beziehungsweise
von den Vertrauenspersonen datiert und unterzeichnet werden.
Wenn die Person, die eine vorgezogene Willenserklärung abgeben möchte, dauerhaft
körperlich nicht in der Lage ist, die Erklärung aufzusetzen und zu unterzeichnen, kann die
Willenserklärung von einer volljährigen Person ihrer Wahl, die keinerlei materielles Interesse
am Tod des Erklärenden haben darf, im Beisein zweier volljähriger Zeugen, von denen
zumindest einer kein materielles Interesse am Tod des Erklärenden hat, schriftlich
festgehalten werden. In der Willenserklärung muss dann vermerkt werden, dass und warum
der Erklärende die Erklärung nicht aufsetzen und unterzeichnen kann. Die Willenserklärung
muss von der Person, die die Erklärung schriftlich festgehalten hat, von den Zeugen und
gegebenenfalls von der Vertrauensperson beziehungsweise von den Vertrauenspersonen
datiert und unterzeichnet werden.
Der Willenserklärung wird ein ärztliches Attest beigefügt, aus dem hervorgeht, dass
der Betreffende dauerhaft körperlich nicht in der Lage ist, die Erklärung aufzusetzen und zu
unterzeichnen.
Die Willenserklärung kann nur berücksichtigt werden, wenn sie weniger als fünf
Jahre vor Beginn der Unmöglichkeit des Betreffenden, seinen Willen zu äußern, erstellt oder
bestätigt worden ist.
Die Willenserklärung kann zu jeder Zeit zurückgezogen oder angepasst werden.
Der König bestimmt, auf welche Weise die Willenserklärung erstellt, registriert,
bestätigt, zurückgezogen und durch die Dienste des Nationalregisters den betroffenen Ärzten
mitgeteilt wird.
§ 2 - Ein Arzt, der infolge einer vorgezogenen Willenserklärung, wie sie in § 1
vorgesehen ist, Sterbehilfe leistet, begeht keine Straftat, wenn er sich vergewissert hat:
- dass der Patient von einem schlimmen und unheilbaren unfall- oder
krankheitsbedingten Leiden befallen ist,
- dass der Patient nicht mehr bei Bewusstsein ist
- und dass diese Situation nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft unumkehrbar
ist,
und die durch vorliegendes Gesetz vorgeschriebenen Bedingungen und Vorgehensweisen
beachtet.
Der Arzt muss, unbeschadet ergänzender Bedingungen, die er an seinen Eingriff
knüpfen möchte, vorher:
1. einen anderen Arzt zu Rat ziehen hinsichtlich der Unumkehrbarkeit der
medizinischen Situation des Patienten und diesen Arzt über die Gründe dieser Konsultierung
informieren. Der zu Rat gezogene Arzt nimmt von der medizinischen Akte Kenntnis und
untersucht den Patienten. Über seine Feststellungen erstellt er einen Bericht. Wenn in der
Willenserklärung eine Vertrauensperson angegeben worden ist, setzt der behandelnde Arzt
diese Vertrauensperson von den Ergebnissen dieser Konsultierung in Kenntnis.
Der zu Rat gezogene Arzt muss dem Patienten und dem behandelnden Arzt gegenüber
unabhängig sein und fachkundig sein, was die Beurteilung der betreffenden Erkrankung
betrifft,
2. wenn es ein Pflegeteam gibt, das regelmäßig mit dem Patienten in Kontakt ist, mit
diesem Team oder mit Mitgliedern dieses Teams über den Inhalt der vorgezogenen
Willenserklärung reden,
3. wenn in der Willenserklärung eine Vertrauensperson angegeben worden ist, mit ihr
über den Willen des Patienten reden,
4. wenn in der Willenserklärung eine Vertrauensperson angegeben worden ist, mit
den von der Vertrauensperson bestimmten Angehörigen des Patienten über den Inhalt der
vorgezogenen Willenserklärung des Patienten reden.
Die vorgezogene Willenserklärung und alle vom behandelnden Arzt unternommenen
Schritte und ihr Ergebnis, einschließlich des Berichtes des zu Rat gezogenen Arztes, werden
regelmäßig in der medizinischen Akte des Patienten aufgezeichnet.
KAPITEL IV - Meldung
Art. 5 - Ein Arzt, der Sterbehilfe geleistet hat, reicht binnen vier Werktagen das in
Artikel 7 erwähnte Registrierungsdokument ordnungsgemäß ausgefüllt bei der in Artikel 6
des vorliegenden Gesetzes erwähnten Föderalen Kontroll- und Bewertungskommission ein.
KAPITEL V - Die Föderale Kontroll- und Bewertungskommission
Art. 6 - § 1 - Es wird eine Föderale Kontroll- und Bewertungskommission mit Bezug
auf die Anwendung des vorliegenden Gesetzes, nachstehend "die Kommission" genannt,
eingesetzt.
§ 2 - Die Kommission setzt sich aus sechzehn Mitgliedern zusammen, die aufgrund
ihrer Kenntnisse und ihrer Erfahrung in den Bereichen, die in den Zuständigkeitsbereich der
Kommission fallen, bestimmt werden. Acht Mitglieder sind Doktoren der Medizin;
mindestens vier von ihnen sind Professoren an einer belgischen Universität. Vier Mitglieder
sind Professoren für Rechtswissenschaft an einer belgischen Universität oder Rechtsanwälte.
Vier Mitglieder kommen aus Kreisen, die mit der Problematik unheilbar erkrankter Patienten
befasst sind.
Die Mitgliedschaft in der Kommission ist unvereinbar mit einem Mandat als Mitglied
einer der gesetzgebenden Versammlungen und mit einem Mandat als Mitglied der
Föderalregierung oder einer Gemeinschafts- oder Regionalregierung.
Die Kommissionsmitglieder werden unter Beachtung der sprachlichen Parität - jede
Sprachgruppe zählt dabei mindestens drei Kandidaten von jedem Geschlecht - und im
Hinblick auf eine pluralistische Vertretung durch einen im Ministerrat beratenen Königlichen
Erlass aus einer [von der Abgeordnetenkammer] vorgelegten Liste mit je zwei Kandidaten für
einen erneuerbaren Zeitraum von vier Jahren ernannt. Das Mandat endet von Rechts wegen,
wenn das Mitglied die Eigenschaft, in der es tagt, verliert. Die Kandidaten, die nicht als
ordentliche Mitglieder bestimmt worden sind, werden als Ersatzmitglieder ernannt nach einer
Liste, in der die Reihenfolge, in der sie als Ersatz eintreten, festgelegt ist. Den Vorsitz der
Kommission führen ein französischsprachiger Präsident und ein niederländischsprachiger
Präsident. Die Präsidenten werden von den ihrer jeweiligen Sprachgruppe angehörenden
Kommissionsmitgliedern gewählt.
Die Kommission ist nur beschlussfähig, wenn zwei Drittel ihrer Mitglieder anwesend
sind.
§ 3 - Die Kommission legt ihre Geschäftsordnung fest.
[Art. 6 § 2 Abs. 3 abgeändert durch Art. 21 des G. vom 6. Januar 2014 (B.S. vom
31. Januar 2014)]
Art. 7 - Die Kommission erstellt ein Registrierungsdokument, das vom Arzt, jedes
Mal wenn er Sterbehilfe geleistet hat, ausgefüllt werden muss.
Dieses Dokument besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil muss vom Arzt versiegelt
werden. Er enthält folgende Angaben:
1. Name, Vornamen und Wohnsitz des Patienten,
2. Name, Vornamen, Registrierungsnummer beim LIKIV und Wohnsitz des
behandelnden Arztes,
3. Name, Vornamen, Registrierungsnummer beim LIKIV und Wohnsitz des Arztes
beziehungsweise der Ärzte, die in Zusammenhang mit der Bitte um Sterbehilfe zu Rat
gezogen worden sind,
4. Name, Vornamen, Wohnsitz und Eigenschaft aller vom behandelnden Arzt zu Rat
gezogenen Personen und das Datum dieser Konsultierungen,
5. wenn eine vorgezogene Willenserklärung vorlag und darin eine oder mehrere
Vertrauenspersonen angegeben waren, Name und Vornamen der Vertrauensperson
beziehungsweise der Vertrauenspersonen, die aufgetreten sind.
Dieser erste Teil ist vertraulich. Er wird der Kommission vom Arzt übermittelt.
Eingesehen werden darf er nur nach Beschluss der Kommission; auf keinen Fall darf er als
Grundlage für den Bewertungsauftrag der Kommission dienen.
Der zweite Teil ist ebenfalls vertraulich und enthält folgende Angaben:
1. Geschlecht, Geburtsdatum und Geburtsort des Patienten [und, was den
minderjährigen Patienten betrifft, ob er für mündig erklärt war],
2. Sterbedatum, -ort und -stunde,
3. Angabe des schlimmen und unheilbaren unfall- oder krankheitsbedingten Leidens
des Patienten,
4. die Art der anhaltenden und unerträglichen Qual,
5. die Gründe, warum diese Qual nicht gelindert werden konnte,
6. die Elemente, aufgrund deren sich vergewissert werden konnte, dass die Bitte
freiwillig, überlegt und wiederholt formuliert wurde und ohne Druck von außen zustande
kam,
7. ob anzunehmen war, dass der Tod in absehbarer Zeit eintreten würde,
8. ob eine Willenserklärung erstellt worden ist,
9. die Vorgehensweise des Arztes,
10. die Eigenschaft des zu Rat gezogenen Arztes beziehungsweise der zu Rat
gezogenen Ärzte, das Gutachten und das Datum dieser Konsultierungen,
11. die Eigenschaft der vom Arzt zu Rat gezogenen Personen und das Datum dieser
Konsultierungen,
12. die Art und Weise der Leistung der Sterbehilfe und die dazu eingesetzten Mittel.
[Art. 7 Abs. 4 Nr. 1 abgeändert durch Art. 3 des G. vom 28. Februar 2014 (B.S. vom
12. März 2014)]
Art. 8 - Die Kommission untersucht das ihr vom Arzt übermittelte ordnungsgemäß
ausgefüllte Registrierungsdokument. Sie überprüft anhand des zweiten Teils des
Registrierungsdokuments, ob die Sterbehilfe unter den durch vorliegendes Gesetz
vorgesehenen Bedingungen und gemäß der darin vorgeschriebenen Vorgehensweise geleistet
worden ist. Im Zweifelsfall kann die Kommission mit einfacher Mehrheit beschließen, die
Anonymität aufzuheben. Sie nimmt dann Kenntnis vom ersten Teil des
Registrierungsdokuments. Sie kann den behandelnden Arzt bitten, ihr alle Elemente der
medizinischen Akte mit Bezug auf die Sterbehilfe zu übermitteln.
Die Kommission befindet binnen zwei Monaten.
Ist die Kommission durch einen durch Zweidrittelmehrheit zustande gekommenen
Beschluss der Meinung, dass die durch vorliegendes Gesetz vorgesehenen Bedingungen nicht
eingehalten worden sind, schickt sie die Akte an den Prokurator des Königs des Sterbeortes
des Patienten.
Wenn bei Aufhebung der Anonymität Fakten und Umstände zutage treten, durch die
die Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit des Urteils eines Kommissionsmitglieds in Frage
gestellt werden könnte, erklärt dieses Mitglied sich für befangen oder kann es von der
Kommission für die Untersuchung dieser Angelegenheit für befangen erklärt werden.
Art. 9 - Die Kommission erstellt für die Gesetzgebenden Kammern binnen zwei
Jahren nach Inkrafttreten des vorliegenden Gesetzes für das erste Mal und anschließend alle
zwei Jahre:
a) einen statistischen Bericht, der auf den Informationen beruht, die im zweiten Teil
des vollständig ausgefüllten Registrierungsdokuments enthalten sind, das die Ärzte ihr gemäß
Artikel 8 übermittelt haben,
b) einen Bericht, der eine Beschreibung und eine Bewertung der Anwendung des
vorliegenden Gesetzes enthält,
c) gegebenenfalls Empfehlungen, die zu einer gesetzgebenden Initiative und/oder zu
anderen Maßnahmen mit Bezug auf die Ausführung des vorliegenden Gesetzes führen
können.
Zur Ausführung dieser Aufträge kann die Kommission bei den verschiedenen
Behörden und Einrichtungen alle nützlichen Informationen einholen. Die von der
Kommission eingeholten Auskünfte sind vertraulich.
Keines dieser Dokumente darf die Identität von Personen enthalten, die in den Akten
genannt sind, die der Kommission im Rahmen der in Artikel 8 vorgesehenen Kontrolle
übermittelt werden.
Die Kommission kann beschließen, Forscherteams an Universitäten, die einen
entsprechenden mit Gründen versehenen Antrag stellen, statistisches und rein technisches
Informationsmaterial mit Ausnahme jeglicher personenbezogenen Daten mitzuteilen. Sie
kann Sachverständige anhören.
Art. 10 - Der König kann der Kommission im Hinblick auf die Ausführung ihrer
gesetzlichen Aufträge einen Verwaltungskader zur Verfügung stellen. Personalbestand und
Sprachkader des Verwaltungspersonals werden auf Vorschlag der für die Volksgesundheit
und die Justiz zuständigen Minister durch einen im Ministerrat beratenen Königlichen Erlass
festgelegt.
Art. 11 - Die Funktions- und Personalkosten der Kommission sowie die Entlohnung
ihrer Mitglieder werden zu einer Hälfte auf den Haushaltsplan des für die Justiz zuständigen
Ministers und zur anderen Hälfte auf den Haushaltsplan des für die Volksgesundheit
zuständigen Ministers angerechnet.
Art. 12 - Wer in welcher Eigenschaft auch immer an der Anwendung des
vorliegenden Gesetzes mitwirkt, ist verpflichtet, die Vertraulichkeit der Angaben zu
beachten, die ihm in Ausführung seines Auftrags anvertraut werden und mit der Ausführung
dieses Auftrags in Verbindung stehen. Artikel 458 des Strafgesetzbuches ist anwendbar.
Art. 13 - [Binnen sechs Monaten nach Hinterlegung des in Artikel 9 erwähnten ersten
Berichts und gegebenenfalls der darin erwähnten Empfehlungen der Kommission findet
darüber eine Debatte in der Abgeordnetenkammer statt. Diese Frist von sechs Monaten wird
ausgesetzt während des Zeitraums, in dem die Abgeordnetenkammer aufgelöst ist und/oder in
dem es keine Regierung gibt, die das Vertrauen der Abgeordnetenkammer hat.]
[Art. 13 ersetzt durch Art. 22 des G. vom 6. Januar 2014 (B.S. vom 31. Januar 2014)]
KAPITEL VI - Besondere Bestimmungen
Art. 14 - Die Bitte und die vorgezogene Willenserklärung, wie sie in den Artikeln 3
und 4 des vorliegenden Gesetzes vorgesehen sind, haben keinen zwingenden Charakter.
Ein Arzt kann nicht gezwungen werden, Sterbehilfe zu leisten.
Auch eine andere Person kann nicht gezwungen werden, sich an der Leistung von
Sterbehilfe zu beteiligen.
Wenn der zu Rat gezogene Arzt es ablehnt, Sterbehilfe zu leisten, muss er den
Patienten oder die eventuelle Vertrauensperson rechtzeitig davon in Kenntnis setzen und
dabei die Gründe für seine Ablehnung angeben. Beruht die ablehnende Haltung auf einem
medizinischen Grund, muss dieser Grund in der medizinischen Akte des Patienten
aufgezeichnet werden.
Ein Arzt, der es ablehnt, einer Bitte um Sterbehilfe nachzukommen, ist verpflichtet,
auf Anfrage des Patienten oder der Vertrauensperson dem vom Patienten oder von der
Vertrauensperson angegebenen Arzt die medizinische Akte des Patienten zu übermitteln.
Art. 15 - In Bezug auf eine Person, die infolge der ihr unter Einhaltung der durch
vorliegendes Gesetz auferlegten Bedingungen zuteil gewordenen Sterbehilfe verstorben ist,
wird, was die Erfüllung der Verträge, in denen sie als Vertragspartei auftritt, und
insbesondere was die Erfüllung der Versicherungsverträge betrifft, davon ausgegangen, dass
sie eines natürlichen Todes gestorben ist.
Auf die in Artikel 3 erwähnten Mitglieder des Pflegeteams sind die Bestimmungen
von Artikel 909 des Zivilgesetzbuches anwendbar.
Art. 16 - Vorliegendes Gesetz tritt spätestens drei Monate nach seiner
Veröffentlichung im Belgischen Staatsblatt in Kraft.
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