Evaluierung von Bildungsmedien und Multimedia - Edumedia

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Thomas A. Bauer, Marko Ivanisin, Bernd Mikuszeit (Hrsg.)
Evaluierung
von Bildungsmedien und Multimedia
Kriterien und Weiterbildungsangebote
Internetpublikation zum Projekt:
„EvaluMedia - Evaluierung von multimedialen, IKT-basierten und
didaktischen Bildungsmedien für die Erwachsenenbildung - Kriterien
und Weiterbildungsangebote“;
EU-Programm: Lebenslages Lernen, Grundtvig, Lernpartnerschaft,
01.08.2010 – 31.07.2012
Diese Publikation wurde mit Unterstützung der
Europäischen Kommission finanziert. Die
Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation
und die Veröffentlichungen [Mitteilungen] trägt
allein der Verfasser; die Kommission haftet nicht
für die weitere Verwendung der darin
enthaltenen Angaben.
1.
Evaluierungskonzept und Evaluierungskriterien
für europolitische Bildungsmedien
1.1
Bauer, Thomas A, (Wien):
Bildungsmedien und Medienbildung
Zwei Pole, ein Konzept für ein Europäisches Medienkompetenzprogramm.
- Europäische Kulturbeobachtung
- Bildung als kultureller Habitus
- Experten-Status der Medien
- Kompetenz-Status der Mediennutzer
- Medienbildung und Medienkompetenz
- Bildungsmedien im Kontext eines Europäisierungsprogramms
- Qualitätsansprüche an Bildungsmedien
1.2
Bauer, Thomas A, (Wien):
Evaluierungskriterien für EBM
Europolitische Bildungsmedien (EBM)
für politische, zeitgeschichtliche und interkulturelle Erwachsenenbildung
1. Evaluierungsbereiche
2. Qualitätskriterien und Bewertung
2.
Evaluierungskonzept und Evaluierungskriterien
für IKT-basierte Bildungsmedien
2.1
Mikuszeit, Bernd (Berlin):
Evaluierung von Multimedia und Bildungsmedien
1. Evaluierung und Qualität von IKT-basierten Bildungsmedien
2. Didaktisches Bewertungssystem mit integrierter Multimedia-Datenbank
3. Digitale und audiovisuelle Bildungsmedien
4. Evaluierungsbereiche
5. Prüf- und Bewertungsverfahren für
digitale und audiovisuelle Bildungsmedien
2.2
Mikuszeit, Bernd (Berlin):
Evaluierungskonzept und Evaluierungskriterien
DMP Didaktische Multimediaprodukte
IB&M Berlin, Dr. Mikuszeit
1. Evaluierungsbereiche
2. Qualitätskriterien und Bewertung
2.3
Ivanisin, Marko (Maribor):
Evaluierungskonzept und Evaluierungskriterien
1. Evaluierungsbereiche
2. Qualitätskriterien und Bewertung
2.4
Ivanisin, Marko (Maribor):
Evaluierungskonzept und Evaluierungskriterien
LMS Multimediale Lehr- und Lernmanagementsysteme
1. Evaluierungsbereiche
2. Qualitätskriterien und Bewertung
2.5
Rosenberger, Dorothea; Grün, Stefanie (Leipzig):
Evaluierungskonzept und Evaluierungskriterien
CKP Computerspiele mit kompetenzförderlichen Potenzialen
1. Evaluierungsbereiche
2. Qualitätskriterien und Bewertung
Mikuszeit, Bernd (Berlin):
Evaluierungskonzept und Evaluierungskriterien
BLEP Blended-Learning-Programme für die ethische Bildung
1. Evaluierungsbereiche
2. Qualitätskriterien und Bewertung
2.6
3.
Evaluierungskonzepte für Multimediaprodukte, Bildungsmedien
und thematisch-inhaltliche Weiterbildungsangebote
3.1
Hemels, Joan (Amsterdam):
Weiterbildungsangebot mit Bildungsmedien zur interkulturellen
Erwachsenenbildung: Religiose Kulturen als interkulturelle Herausforderung fur
Erwachsenenbildung
Die gesellschaftliche Prasenz der Religionsgemeinschaften in den Niederlanden
- Die offentliche Debatte im Zeitalter des Internets
- Gluck in Tongefassen und Kruge, die zum Brunnen gehen
- Kirche und Medien in der Entwicklung nach Vaticanum II
- Fünf neue Leitlinien für Religionsjournalismus
- Die Aktualität der kirchlichen und religiösen Kultur
- Auf den Schultern eines kommunikationswissenschaftlichen Triumvirats
- Die Sakularitat der Medienkultur und Sakralitat des Religiosen
- Eine bemerkenswerte osterreichische Initiative
- Predigen fur eine leere Kirche mag niemand, oder?
- Beispielhafte Forschungsergebnisse aus der Schweiz
- Schlussfolgerung der Inhaltsanalyse: „Religion surft mit“
- Handlungsmoglichkeiten, auch fur Religionsgemeinschaften
- Expertise in den Redaktionen weiterhin gefragt
- Journalisten und Religion vor den Missbrauchfallen
- Die ewige schwierige Frage der Medienwirkung
- Einschatzung der Folgen der Missbrauchaffare
- Ein Fazit mit einem groβen Fragezeichen
3.2
Köpplová, Barbara; Jirák, Jan (Prag):
Evaluierungskonzepte und -kurse für Multimediaprodukte und Bildungsmedien
zur historischen, musischen und künstlerischen Erwachsenenbildung
- Erstes Beispiel: „1968: Zerstörte Hoffnung“
- Zweites Beispiel: 1989: Der November und wie es dazu kam
3.3
Szudra, Ute (Berlin):
Evaluierungskonzepte und kurse für Blended-Learning-Programme für ethische
Erwachsenenbildung
- Kursbeispiel „Kulturelle Identität und interkulturelle Verständigung“
- Blended-Education-Programm Miteinander leben, einander verstehen,
einander zuhören - die Religionen – Christentum
3.4
Charalambis, Dimitris (Athen):
Evaluierungs- und Weiterbildungsangebot für Multimediaprodukte und
Bildungsmedien zur politischen und zeitgeschichtlichen Erwachsenenbildung:
Das Politische und die Politik in der Aera der Deregulierung. Der Weg in die
Finanz und Schuldenkrise.
- Basistext
- Ausgewählte Literatur
- Bildungsmedien, DVDs
3.5
Charalambis, Dimitris (Athen):
Evaluierungs- und Weiterbildungsangebot für Multimediaprodukte und
Bildungsmedien zur politischen und zeitgeschichtlichen Erwachsenenbildung:
Klientelvertrag versus Sozialvertrag. Der griechische „Sonderfall“ und seine
Geschichte im 20.Jahrhundert.Ein Versuch den Weg in die Schuldenkrise zu
erklaeren.
- Basistext
- Ausgewählte Literatur
- Bildungsmedien, DVDs
3.6
Charalambis, Dimitris (Athen):
Evaluierungs- und Weiterbildungsangebot für Multimediaprodukte und
Bildungsmedien zur politischen und zeitgeschichtlichen Erwachsenenbildung:
Das Politische und die Politik.Die Negation des Politischen als Perspektive des
Zerfalls der Europaeischen Union. (In griechischer Sprache.) /
Το πολιτικό και η πολιτική. Η πολιτική άρνηση του πολιτικού ως προοπτική
έκπτωσης του ευρωπαϊκού εγχειρήματος
- Basistext
- Ausgewählte Literatur
- Bildungsmedien, DVDs
3.7
Charalambis, Dimitris (Athen):
Evaluierungs- und Weiterbildungsangebot für Multimediaprodukte und
Bildungsmedien zur politischen und zeitgeschichtlichen Erwachsenenbildung:
Der Begriff des Politishen und der Politik. Semantische Konvergenzen und
Divergenzen. (In griechischer Sprache.) /
Η έννοια του πολιτικού και της πολιτικής.
Σημασιολογικές αποκλίσεις και συγκλίσεις περιεχομένων
- Basistext
- Ausgewählte Literatur
- Bildungsmedien, DVDs
1. Evaluierungskonzept und Evaluierungskriterien
für europolitische Bildungsmedien
Thomas A. Bauer
1.1. BILDUNGSMEDIEN UND MEDIENBILDUNG
Zwei Pole, ein Konzept für ein Europäisches
Medienkompetenzprogramm.
Der Begriff der Bildungsmedien wird meist ebenso unreflektiert benutzt wie der der
Medienbildung. Das hängt zusammen mit einem sehr technisch und instrumentell ausgelegten
Medienbegriff auf der einen, wie auch mit einem ziemlich oberflächlich auf Vorstellungen
von Eigenschaft und Aneignung gebauten Begriff von Bildung auf der anderen Seite. Was im
Alltag reichen mag, ist aber im Kontext pädagogisch-theoretischer Begründung noch lange
keine hinreichende Legitimation. Wenn es nun darum geht, so genannte und so eingeordnete
Bildungsmedien nach ihrer Qualität und nach ihrem Verwertungswert im Kontext
pädagogischer Programme zu beurteilen, dann soll hier die übliche Routine nun doch erst
einmal durch die Zwischenschaltung von kritischer Beobachtung unterbrochen werden (vgl.
Schmidt 2004: 59, Fuchs 2004: 63 ff): was verstehen wir unter Bildung und warum verstehen
wir sie so wie wir sie verstehen? Was verstehen wir im Kontext von Bildung unter Medien
und warum stellen wir hier einen Zusammenhang her, mit dem wir vermuten, dass das eine
Moment (Medien) das andere (Bildung) stärkt und das andere (Bildung) das eine (Medien)
aufbessert oder sonst wie „wertvoller“ macht. Und last not least: wie und warum soll das dem
Desiderat eines kulturellen Europa nützlich sein?
Das Ziel der folgenden Problembeschreibung kann unter Berufung auf diese Ausgangslage
schon einmal deutlich gemacht werden als der (zunächst) theoretische Versuch, das Thema
der Qualität von Bildungsmedien in den übergeordneten Kontext von Medienbildung zu
stellen und dabei beide Konzepte im Hinblick auf eine mögliche und notwendige
Qualitätsbestimmung theoretisch zu vertiefen. Eine Qualitätsbestimmung von
Bildungsmedien im Sinne der längst hinfällig gewordenen Bildungstechnologie (vgl.
Januszewsky/Molenda 2008)) oder der ausgedienten Mediendidaktik (Böckmann 1991) wäre
nicht nur obsolet, sondern auch irreführend. Es geht nicht einfach um die Bewertung von
Einzelmedienfunktionen (wie z.B.: was leisten der Film oder das Fernsehen in der kritischen
Aufarbeitung von Geschichte?), sondern es muss gehen um die bildungskulturelle Bewertung
zunehmend medial kontextualisierter bildungsrelevanter Diskurse in einer zunehmend im
Muster der Medialität verfassten Gesellschaft. Bildungsdiskurse werden zunehmend zu
Mediendiskursen. Werden umgekehrt Mediendiskurse auch zunehmend zu
Bildungsdiskursen?
1
Die Beschreibungsvoraussetzungen sind demnach so zu klären: Durch den Umbruch der
Gesellschaft von einer Industrie-typischen zu einer wissenstypischen Gesellschaft
(Wissensgesellschaft – vgl. Stehr 2000), in der sich bildungsrelevante Veränderungen der
kommunikativen Muster und in Verbindung damit neue Qualitäten bzw. Anforderungen des
Beobachtens und Handelns zwischen Menschen ergeben, wird die Notwendigkeit
kompetenter Muster des permanentem Lernens unabdingbar. In einer Gesellschaft, die sich im
Modus von Wissen und Bildung selbst konstituiert und organisiert versteht, erfährt sich der
Einzelne, ob gezielt oder durch Zufall, zunehmend durch die Organisation von Wissen und
Erfahrung ( Lernen) horizontal, vertikal und diagonal unaufhörlich adressiert und
gesellschaftlich vernetzt. vernetzt.
Organisierte Gesellschaften funktionieren in allen Systemen und Lebensbereichen auf der
Basis ihrer Medienkommunikation: es gibt keine medienfreie Existenz (Hartmann 2003: 18
ff) ), alles, was Menschen über die Gesellschaft wissen bzw. für die Interpretation und
Gestaltung ihrer Lebenszusammenhänge meinen wissen zu müssen, „wissen sie über
Massenmedien“ (Luhmann 1974). Man muss zur Affirmation dieser These den Medienbegriff
ausweiten. Medien sind Medien, weil und wenn und unter der Voraussetzung, dass man sie so
gebraucht. Der Gebrauch von Medien ist das medientheoretisch relevante Medien-Modell.
Dieser hängt ab von den Lebenszusammenhängen und den darin (oft rituell) eingebetteten
sozial und kulturell definierten Mustern der Aufmerksamkeit. Medien sind im Kontext der
Frage, welche Rolle sie im Lebensvollzug von Individuum und Gesellschaft spielen gesellschaftstheoretisch betrachtet – nicht als apparative oder organisierte Systeme zu
betrachten, sondern – unter dem Stichwort Medialität umschrieben (Bauer 2011) – als soziale
Praxis: der Gebrauch umschreibt, was ein Medium im Kontext der Konstitution von
Gesellschaft ist. In dieser Perspektive ist Medienkompetenz nicht (nur) ein ethisches bzw.
moralisches Thema, sondern eines der Qualität der Konstitution der Gesellschaft.
Diese Veränderungen in der Konzeption (von einer struktur- zu einer kulturtheoretischen)
Betrachtung von Medialität als kulturelles Programm der Konstitution und des Wandels von
Gesellschaft) bedingen, Medienbildung theoretisch (besser) nicht einfach nur als persönliche
Befähigung oder Fähigkeit von Individuen zu betrachten und Bildungsmedien nicht einfach
nur als Medien oder Mediensysteme mit Bildungsinhalten, sondern beides: Medienbildung
und Bildungsmedien als gesellschaftlich arrangierte und konfigurierte Agenturen der
gesellschaftlichen Aufmerksamkeit und der sozialen Wahrnehmung, wissend, dass diese
Habitate das individuelle wie das kollektive Leben in einer globalisierten, zunehmend
vernetzten und sich zunehmend auf ihre Zivilkultur besinnende Gesellschaft mit Erfahrung,
Deutung und Sinn bereichern.
Europäische Kulturbeobachtung
Kulturen sind, was wir über sie wissen, sie können nur aus der Position von kulturellen
Wissensmodellen beobachtet werden. Was wir jenseits dieser Wissensmodelle aber auch in
Erfahrung bringen wollen ist: wie lässt sich eine Europäische Kultur beweisen? Gibt es
2
Merkmale und was sind ihre Merkmale? Woher beziehen wir sie? Auch hier sind wir wieder
rückgebunden an die Wissensmodelle (Sinn, Ästhetik, Ethik) mit denen wir Handlungsmuster
des Alltags als kulturell relevant ausweisen (beweisen). Jede Beobachtung von Kultur wird
erst innerhalb eines kulturell definierten Beobachtungsrahmens möglich, den man in der
kulturellen Beobachtung Europas mit gutem Grund (zunächst) historisch anlegen kann. Denn
Geschichte selbst ist bereits ein kulturelles Konstrukt der Beobachtung, eine nachzeichnende
Konfiguration (Konstruktion) von Geschehenem, das sich für sich selbst nicht selbst erklärt,
sondern (nur) im Kontext weiterer Beobachtungsperspektiven erklärt (verstanden) werden
kann. In diesem Sinne ist europäische Kulturbeobachtung nicht nur ein Akt von Identifikation
oder Identitätsfindung, sondern auch ein solcher von Positionierung oder Positionsfindung:
Wo stehen wir, wenn wir Geschehens zur Geschichte machen? Aus welcher Position ist das
möglich, notwendig, redlich, ehrlich oder möglicherweise verlogen? Die Beobachtung der
Kultur, selbst der (eigenen) historischen, verlangt die kulturelle Positionierung der
Beobachtung und macht am Ende die (ästhetische und ethische Positionierung der)
Beobachtung des Gegenstands zum Gegenstand der Beobachtung (vgl. Schmidt 2004: 59 ff)
In diesem Sinne ist jede Kulturbeobachtung eigentlich transkulturell- zirkuläre
Selbstbeschreibung. Da - zumindest die positiv interessierte, zum Beispiel die kritische
Aufarbeitung von Geschichte - Beobachtung mit dem Interesse verbunden ist eine
Verstehensposition zu finden für das, was man beobachtet, ist sie als Akt der Kommunikation
zu werten, was den zugespitzten Umkehrschuss zulässt: die intensivste und erkenntnisreichste
Form der Kommunikation mit dem Projekt Europa ist ihre aufmerksame und kritische
Beobachtung. Kommunikation der Schlüssel von Beobachtung. Die Schwachstellen der
Beobachtung sind Schwachstellen der Kommunikation und solche der Kommunikation sind
Schwachstellen der Beobachtung. Geht es in der Europäischen Kulturbetrachtung nun darum
die Gesellschaft nicht nur besser zu verstehen, sondern auch besser und nachhaltiger zu
gestalten, dann muss man in diesem Zusammenhang in Erinnerung rufen, dass die
Gesellschaft eben das ist, was ihre Kommunikation ausmacht (Bauer 2011: 496), was zu dem
dann doch wenig überraschenden Ergebnis führt: die Gesellschaft gibt sich die Chance der
Entwicklung dort, wo sie ihre Kommunikationskultur verbessert. Diese verbessert sie durch
eine bewusst-kreative (kritische) Beobachtung. In einer Mediengesellschaft ist es auf weite
Strecken das Medienprogramm, noch besser: das Medienkompetenzprogramm, dem diese
Aufgabe der Beobachtung zufällt oder zugeordnet wird. In einer so definierten Ausprägung
selbstreflexiver und selbstkritischer Aufmerksamkeit lernt die Gesellschaft da und dort ihre
bestmögliche Verwirklichung zu erlangen: Kultur und Kommunikation erklären sich
wechselseitig innerhalb des Kontexts der Selbst-Reflexion. Kultur und Kommunikation sind
füreinander und eine durch die andere die jeweils andere Seite der Münze Gesellschaft. Das
eine ist ohne das andere nicht verhandelbar. Trotz der Tatsache, dass sie verschiedene
Kompetenzen sozialer Umsetzung beanspruchen, ist die Fragilität der Gesellschaft immer die
der Kultur, weil die Kommunikation. Die Schwachstelle von Kultur ist kommunikativ
begründet, die Schwachstelle von Kommunikation ist kulturell begründet.
Das weite Land der Europäischen Kultur
Mittlerweile ist es eine Binsenweisheit: das gesellschaftspolitische Europa kann sich nicht
nachhaltig bilden, wenn es nicht in ein kulturelles Verständnis von Europa eingebunden ist.
3
Ein großes Wort, gelassen ausgesprochen. Denn das kulturelle Profil Europas ist nicht minder
schwierig zu fassen bzw. zu generieren als das politische oder das gesellschaftliche. Alle drei
Europa-Profile sind als Komponenten zu verstehen, die das Identitätskonzept Europas
begründen und jeweils einander bedingen, ermöglichen und interpretieren. Das kulturelle
Europa ist ein Vorstellungskomplex aus Bildern zwischen Geschichte und Gesellschaft und
den möglichen Deutungen dieses Verhältnisses – noch dazu jeweils regional oder
nationalgeschichtlich ganz eigen und oft eigenwillig ausgelegt. Aus dem politischen
Willensprogramm für ein geeintes Europa lassen sich Kulturwerte herauslesen, die dem
politischen Handeln einen Deutungsrahmen vorlegen, nach der sich eine gelungene EuropaGesellschaftskultur bewerten lässt: Europa ist ein politisches Projekt, das auf den Prinzipien
demokratischer Kultur gebaut ist und jedem seiner Bürgerinnen und Bürger, egal welcher
Herkunft, Ethnie, Religion, Lebenszusammenhänge oder Lebensstilorientierung einen
gesellschaftlich situierten Rahmen bieten möchte, in dem individuelle Lebenswerte und
gesellschaftliche Lebensqualität gleichermaßen verwirklicht werden: Freiheit,
Menschenrechte und Chancengleichheit der Individuen, Rechtsstaatlichkeit und
Säkularisierung der demokratischen Mechanismen, Strukturen und Kulturen (Council oft he
European Union 2000, 2001), Toleranz und soziale Aufmerksamkeit für Minderheiten und
gesellschaftlich Benachteiligte, Einheit im Wege der Vergemeinschaftung von
Verschiedenheit und Unterschied. Aus diesen Kulturwerten lassen sich wiederum Werte für
die Umsetzung politischer Mechanismen ableiten: so zum Beispiel das Recht auf eigene und
eigenwillige Lebensgestaltung, auf Bildung und Arbeit, die Freiheit des Reisens, der
Meinung, der Medien und der Wahl der politischen Repräsentanten.
Denn das kulturelle Europa ist nicht nur das ethische, sondern auch das ästhetische Europa:
das der Künste, der Wissenschaften, der Bildungswerte und Bildungsprogramme, der
alltagskulturellen Variabilität, der ländlichen, urbanen, ethnischen und sozialen Landschaften,
der Traditionen, der Kreationen, der Diversität von Lebensstilen, der Sprachen, der Völker
und der Religionen. Ein so weit und divers gefasster Horizont braucht ein bewusstes und
gebildetes Verständnis, noch besser: einen bewusst gebildeten Blick, eine integrative
Perspektive. Denn die Vielfalt lässt sich nur als Wert erkennen, wenn man weiß, dass, warum
und wie die vielen Entwürfe für das individuelle und soziale Leben ein Programm verfolgen:
dem individuellen Leben gesellschaftlich geschützte und gestützte Orte des Vertrauens zu
geben und dem gesellschaftlichen Leben Horizonte der Hoffnung aufzumachen, die weder
standardisiert noch organisiert, weder vorgegeben noch vorgeschrieben werden können,
sondern sich nur aus dem freien Spiel der Unterschiede und Unterscheidungen selbst
ermöglichen (vgl. Bauer 2006: 245 ff )
Bildung als kultureller Habitus
So wie ein politisches Europa an der Schaffung bestmöglicher Bedingungen der
zivilgesellschaftlichen Partizipation interessiert sein muss, so muss das kulturelle Europa
daran interessiert sein, die bestmöglichen Bedingungen der Identifikation seiner Bürgerinnen
und Bürger mit dem historisch und gesellschaftlich herausfordernden Projekt sein. Die
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wichtigste Ressource des kulturellen Europa ist Bildung. Schon der Ansatz, eine soziale
Einheit auf der Basis und Dank kultureller Verschiedenheit sein bzw. werden zu wollen,
fordert eine überlegte und bewusst intendierte Mentalität und strapaziert mit Sicherheit jeden
sonst schnell eingebrachten Reflex konservativer Identitätskonzepte gegen Fremdes, Neues,
Ungewohntes. Um das zu leisten, also zu verstehen, dass der Andere mein Nächster ist, weil
(nicht: obwohl) er (ethnisch, sprachlich, religiös, kulturell, alltagspraktisch) anders ist,
verlangt auf der theoretischen Ebene neue (dialektische) Identitätskonzepte, hergeleitet aus
der Perspektive von Diversität und Kommunikation (vgl. Hipfl 2001) und nicht (wie bisher
gerne) aus dem Familien- und Nationenmodell (gemeinsame Sprache, gemeinsame Grenzen,
gemeinsame Geschichte).
Im Hinblick auf diese nun weit ausgelegte Landschaft Europäischer Kultur braucht es ein
Bildungskonzept, das natürlich Wissen integriert und sich am Interesse von Wissen aufrichtet.
Es braucht aber über jede bloße Kumulation von Wissen hinaus ein (zumindest einmal
theoretisch konzipiertes) Bildungsmodell, das die Perspektive der Kommunikation
miteinbindet, zumindest derart, dass in den Begriff die Beobachtung der Umwelt
miteinschließt oder – noch besser – zum Fokus macht. Dann ist Bildung nicht mehr Besitz,
sondern Haltung, ein Konzept, das nicht Eigenschaften beschreibt, sondern einen Habitus im
Sinne Bourdieus (1974): eine produktive Grundhaltung, mit der der Mensch sich in der Lage
(fähig, zuständig, verantwortlich) weiß, sein Verhältnis zu all dem, was um ihn herum
geschieht so zu bestimmen, dass er zwischen kritischer Beobachtung und empathischer
Annäherung jeweils die Position der Souveränität nicht nur halten, sondern stärken kann. In
dieser Konzeption ist Bildung ein sozial-integratives, kommunikatives Modell von
Kompetenz. Souverän ist nicht der, der sich absondert, sondern der, der sich auch in neuen
Situationen (sozialen, kulturellen und symbolischen Umgebungen) intellektuell, kognitiv,
emotional und habituell so einordnet, dass er sich gerade wegen des Bezugs zu seiner Umwelt
sich seiner selbst vergewissert weiß und es nicht nötig hat sich unter- oder überzuordnen. Die
Bildungskomponenten: Wissen, Reflexion, Kritik und Analyse, sowie Einstellung und
Haltung geben genug Position sich gesellschaftlich zur Dispositon stellen zu können, das
heißt: sich differenzierte Meinung zu bilden und sie so in den Diskurs einzubringen, wo
immer er sich ergibt.
Diese Konzeption von Bildung, die sich der Perspektive des kognitiven wie sozialen
Konstruktivismus (vgl. Piaget 1973, Vygotsky 1986 zugeordnet weiß, geht weit hinaus über
eine eindimensionale, kausale Beschreibung von Aneignung, Besitz (Talent) Eigenschaft oder
Vererbung (z.B. Sprache, Wissen, Intelligenz), entfernt sich bewusst von Elite- und/oder
Hierarchie-definierten Rollenmodellen (Vorbild, Persönlichkeit, Autorität, Oben-Position)
und versucht Bildung als gesellschaftliches wie gesellschaftlich generiertes Gut, als
Kompetenzmotiv der Lebensführung der Gesellschaft zu verstehen und in diesem Sinne als
ein der Würde des Menschen intrinsisch begründetes und im Rahmen demokratischer
Gesellschaftsauffassung von Partizipation generell entsprechendes Recht auf Chance,
Möglichkeit und Herausforderung der Sinn-Deutung des Lebens wie des jeweils gewählten
oder durch Umstände zugedachten Lebensvollzugs - immer im Hinblick auf und unter
Einrechnung der jeweils gegebenen Umweltlichkeit, in welcher Lage er immer auch lebt und
in welchem Zusammenhang auch immer er mit sich und seiner Umwelt zurecht zu kommen
5
versucht. Dieser Zugang fordert die gesellschaftspolitische Dimension des Bildungsbegriffs
ein, rechnet damit, dass sich im Bildungsprofil der Gesellschaft deren Kommunikationskultur
(Medienkultur) wiederspiegelt und setzt darauf, dass individuelle Bildungslücken nicht dem
Individuum (Schicksal oder Verschuldung) angelastet, sondern den Kommunikationslücken
und den Strukturfallen der Gesellschaft zugeordnet werden. Nur so lässt sich, zumindest
einmal theoretisch, die – insbesondere im Kontext von zunehmend über Medienmodelle
vernetzten gesellschaftlichen Partizipation - bestehende Kluft zwischen Bildungsarmut und
Bildungsreichtum schließen. In diesem Sinne wäre der Mythos von der Bildungsgesellschaft
produktiv: eine solche verstünde sich konkret als sozialer Lebenszusammenhang, der sich im
Modus von Bildung und deren Partizipation und Verteilung konstituiert und organisiert,
indem dem jeweils individuellen Lebensvollzug ein soziales, kulturelles und symbolisches
Ambiente wechselseitigen Vertrauens vorgelegt würde, das sich dem Individuum gegenüber
als die jeweils eigene Sinnkombination von Nutzen, Ästhetik und Ethik (vgl. Edmair 1968:
61) rechtfertigen würde. So ausgelegt und gesellschaftlich eingebunden wäre Bildung als die
Ressource der Gesellschaft auch das intrinsische Motiv individueller Selbstverwirklichung im
Wissen um die gesellschaftlichen Bedingungen der Konstitution und Konstruktion
Individualität. Ein in diesem Sinne gesellschaftstheoretisch ausgedeuteter Bildungsbegriff
baut auf folgenden Schlüsselkonzepten:
Die Hypothese der generativen Aneignung:
Wirklichkeit ist, so argumentieren Konstruktivisten - ob radikal oder gemäßigt - (vgl.
Watzlawick 1974, Berger/Luckmann 1974, Glasersfeld/v. Förster 2007, Schmidt 2003) alles
was wir durch Kommunikation konstruieren und über ihre Zeichenstruktur repräsentieren
können. Materialisierung und Vergegenständlichung von Wirklichkeit geschehen im Modell
der Aneignung durch Bild, Gesten und Sprache. Jede Aneignung aber ist nicht einfach eine
neuerliche, wenn auch wiederholte Materialisierung des Gleichen, sondern eine im Wege der
Wiederholung geleistete Nachahmung (Mimesis – vgl. Gebauer/Wulf 1998) und in diesem
Sinne nicht einfach eine wiederholte Abbildung, sondern eine neue Version der Konstruktion
auf der Basis der Einfühlung in eine Struktur und in das durch sie im Gebrauch durch Andere
schon Gemeinte wie auch zugleich eine Individualisierung eines möglich Verallgemeinerten.
Der Gebrauch von Zeichen ist zum einen soziale Praxis, zum andern eine generative
Aneignung. Wenn man, wie Ethnologen dies tun (vgl. Lèvi-Strauss 1968), Sprache als
Ausdruck und Kompetenzmodell von Kultur versteht, dann ist Bildung, weil gebunden an
Sprache, das Entwicklungsmodell von Kultur. Versteht man Sprache aber nicht nur
strukturalistisch, sondern, kulturalistisch, dann ist sie nicht nur ein Mittel (technisches
Medium) zur Kommunikation, sondern selbst ein kulturelles Modell von Kommunikation. In
diesem Sinne ist Sprache, weil Medienwelten Lebenswelten sind, immer zugleich der soziale
Ort der eigenen Lebensbeschreibung. Das unterstreicht die Ausrichtung der theoretischen
Konzeption von Bildung als Kompetenzmodell von Kommunikation im Sinne der Fähigkeit,
Bereitschaft und Zuständigkeit der Herstellung und Pflege eines kritisch ausbalancierten
Verhältnisses, gekennzeichnet durch Aufmerksamkeit und Sorgfalt, zur natürlichen, sozialen,
kulturellen und symbolischen Umwelt. Im Rahmen seiner Untersuchungen zur linguistischen
Kompetenz entwickelt Noam Chomsky (1981) das hypothetische Konzept der „generativen
Grammatik“. Es besagt, dass Menschen, die die Grammatik einer Sprache beherrschen, in der
Lage sind daraus weitere grammatische Zusammenhänge zu generieren und zu generalisieren
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und, weil sie so ihr Sprachvermögen erweitern, auch die Horizonte ihrer Weltaneignung
erweitern (vgl. Certeau 1981).
Das Autopoiesis-Axiom:
Zunächst war es die Erkenntnis der systemisch denkenden Biologie (vgl. Maturana / Varela
1984), dass die Entwicklung des Lebens einem Prinzip der Reproduktion folge, die man als
selbstreferentielle Energie (Autopoiesis) verstehen müsste. Das Konzept der Autopoiese
wurde von der sozialwissenschaftlichen Systemtheorie mit dem Argument übernommen, dass
sich soziale Systeme wie lebende Systeme aus psychischen Systemkonstellationen
reproduzieren, was im Fall von sozialen Systemen heißt, dass Gesellschaft, Organisationen
und Interaktionen sich im Modus von Kommunikation reproduzieren (Luhmann 1986: 174)
und über diesen Weg zwischen Einheit und Unterschiedlichkeit entscheiden. Das
Autopoiesis-Motiv, so ausgelegt, profiliert einmal mehr das Bildungsprogramm einer
Gesellschaft oder eines Menschen als nachhaltiges Programm kultureller Selbst-Steuerung,
wenn und weil es prinzipiell selbstreflexiv und kommunikativ angelegt ist.
Das Kompetenz – Theorem:
Das Kompetenz- Thema spielt in der philosophischen, anthropologischen, psychologischen
und pädagogischen Beschreibung des Menschen immer schon eine zentrale Rolle. Der
Begriff ist im Grunde normativ besetzt, er drückt einen Sollens- bzw. Wollens-Status aus und
unterstellt, dass der Mensch und dessen Existenz gar nicht anders zu verstehen sei denn im
Hinblick auf die Unterstellung, dass er sich selbst verantwortlich, für sich selbst zuständig
und in diesem Sinne aus sich selbst fähig sei, dem (seinem) Leben Sinn zu gebe, durch das,
was er tut und wie der deutet, was er beobachtet und tut. Das Kompetenz-Konzept versteht
sich als Theorem der Entwicklung, die ja nicht einfach als Prozess ins Ungewisse aufgefasst
wird, sondern als Vorgang einer laufenden Entfaltung intrinsischer Kraftmodelle im Interesse
konsequenter Realisierung eines teleologisch gemeinten oder so ausgelegten Selbst. Im Fokus
des Kompetenz- Konzepts treffen sich unterschiedliche Disziplinen an einem gemeinsamen
Punkt der Ratlosigkeit, an dem sie aufgerufen sind ihre eigenen Kompetenzanspruch
wechselseitig zur Disposition zu stellen. Bildung ist im Hinblick darauf das Programm sich
dieser Forderung laufend zu stellen und damit umzugehen zu lernen, dass jedwede
Interpretation des Lebens erst dann Wissenswert hat, wenn sie durch eine mögliche andere
hinreichend kritisch gefordert wurde.
Das Habitus-Konzept:
Die kritische Überlegung, dass Bildung mehr ist als vermeintlicher kognitiver Besitz, mehr als
die simple Akkumulation oder Addition von Wissen und in jedem Falle etwas anderes als nur
ein Status-Merkmal, setzt sich in Verbindung mit dem intensivierten sozialen Wandel, der
moralischen Krise der Hierarchien und Eliten und mit der Zunahme der Mediatisierung von
Wissensaustausches und der Wissensvernetzung durch. Die unverbrüchliche Verbindung
zwischen Wissen und Lebenshaltung wird zunehmend eingefordert, nicht nur bei Personen,
sondern auch bei Unternehmungen, Institutionen und Organisationen. Diese alltagsethische
Erkenntnis ruft auf der wissenschaftlichen Ebene auch zunehmend die Soziologie auf den
Plan. Geisteswissenschaftliche Gedankenmodelle brauchen die Ergänzung aus der kritischen
Sozialbeobachtung, um eine bahnbrechende Richtung im Bildungsdiskurs einzuschlagen:
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Bildung ist ein gesellschaftliches Gut, das sich unter Bedingungen der Gesellschaftlichkeit
bildet und verteilt, sie ist die kulturelle Ressource der Konstitution von Gesellschaft. Ihr
gesellschaftliches Profil ist das des Habitus (Bourdieu 1974), verstanden als ein Setting von
Mustern (ähnlich dem grammatikalischen Setting der Sprache), die, weil der Mensch sie über
Lernprozesse (Wahrnehmung, Nachahmung, Wiederholung etc.) verinnerlicht, es ihm
ermöglichen Variationen von kulturellen bzw. kulturell akzeptierten Statements zu
produzieren. Allerdings, so meinte mindestens Bourdieu, die Kompetenz sei jedem
unterstellbar, der Grad der Elaboriertheit (Variationenreichtum) der kulturellen Performanz
aber hänge ab von dem „Bildungskapital“, das einem aufgrund von Herkunft,
Schichtzugehörigkeit und Lernprozessen zugeteilt würde (vgl. Baacke
Das Intelligenz- Konzept:
Die kognitionspsychologische und eindimensionale Bestimmung von Intelligenz ist längst
obsolet, auch wenn Einstellungstest für Bildungsprogramme oder für berufliche Positionen
immer noch darauf abstellen. Auch die Nebeneinanderstellung von kognitiver Intelligenz,
sozialer und/oder emotionaler Intelligenz ist für sich selbst nicht herausragend intelligent. Da
es sich bei Intelligenz ja wie bei all den anderen Konzepten, die schon beigesteuert wurden,
nicht um die Feststellung einer objektiven und für alle gleich wahrzunehmenden Eigenschaft
handelt, sondern vielmehr um ein Konzept der Beobachtung, das- gesellschaftlich verhandelt
– wie ein Code gebraucht wird, um sich über Wertungen und Deutungen konsensuell einigen
zu können, macht es Sinn das Wissen um die Kontextualität der Beobachtung (des
Beobachters wie des Beobachteten) in Rechnung zu stellen und dem folgend Intelligenz als
integrative Merkmalsbeschreibung von Individuen oder Organisationen zu verstehen, also als
Merkmal für den Zusammenschluss von Wissen, Einstellung, Wahrnehmung und Haltung,
entwickelt (gelernt, geübt) und variabel gebraucht in jeweils spezifischen
Lebensweltzusammenhängen. Auf der Basis seiner Studien zur Entwicklung der Intelligenz
beim Kinde (Piaget 1973), im Einklang mit der Perspektive des kognitiven Konstruktivismus
und im Zusammenhang mit dem von ihm vorgeschlagenen Stufenmodell der kognitiven
Entwicklung im Kindesalter konstruiert Jean Piaget ein dialektisches Intelligenz-Modell
(Piaget/Inhelder 1969), das mit Kompetenzmodell weitgehend kompatibel ist, weil es weniger
an Sprache oder (Erziehungs-)Einfluss gebunden ist, sondern sich vielmehr auf
Kompetenzkomponenten wie Beobachtung und Aufmerksamkeit konzentriert. Am Ende ist
Intelligenz die im Laufe des frühen Lebens auf der Basis der Verwertung von Erfahrung
entwickelte Balance zweier unterschiedlich gerichteter Anpassungsprozesse in der Deutung
des Verhältnisses einer Person seiner Umwelt gegenüber. Zu den Schlüsselkonzepten in J.
Piagets Intelligenz-Theorie, die allesamt ein sozial- und Umwelt-ausgerichtetes
Intelligenzmodell intendieren, gehören Anpassung als Haltung aktiver und in die Umwelt
eingreifender (an der Umwelt interessierter) Beobachtung sowie Anpassung als kognitivpassive Haltung, die sich an die Gegebenheiten bzw. die Dominanz der (sozial , kulturell,
symbolisch erlebten) Umwelt angleicht (Assimilation). In diesem Spannungsfeld wäre
Intelligenz die kognitive, habituelle und moralische Fähigkeit, die Balance zwischen
Akkommodation und Assimilation zu schaffen, was im Grunde heißt: den
Bewegungsspielraum zwischen Affirmation (Conservation) und Veränderung (Decentration)
flexibel auszuschöpfen.
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Diskurskogik:
Alles, was einen gesellschaftlichen Zusammenhang ausmacht, kann man, weil es sich ja
immer um Gesprächszusammenhänge oder im Gespräch dargestellte und konstituierte und
konstruierte Zusammenhänge handelt, Diskurs nennen. Greift man zurück auf das schon
besprochene Aneignungsmodell (im Sinne von Mimetik), dann macht dieses noch einmal
deutlich, dass jede Gesprächsbeteiligung nicht einfach nur über den Weg der Nutzung von
sprachlichen Strukturen (Syntaktik, Semantik, Pragmatik – vgl: de Soussure 1974 geschieht,,
sondern immer als soziale Praxis, also als (affirmativ oder emanzipatorisch) eingefühlte
Nachahmung und Individualisierung der sozial-kontextuellen Gestik. Die „Ordnung der
Diskurse“ (Foucault 1974) entspricht also den sozial-strukturellen Gegebenheiten, die
Foucault in der Regel als hierarchisch geordnet beschreibt. Diskurse sind in dieser
Interpretation Gesprächszusammenhänge, die quer über die diversen Gelegenheiten von Ort,
Zeit, Medien und gewollter, gesollter oder zufälliger Beteiligung zu einem abgrenzbaren
Themenkomplex stattfinden und, weil es ihnen ja um die Bestimmung und Rationalisierung
von Wahrheit und darin um Geltungsansprüche geht (Habermas 1980), an Strukturen sozialer
Ordnung (Macht) gebunden (Foucault 1974), daher auch in der Regel der Begründung und
Verteidigung von Chancen (Jäger xyz) dienen, daher um Legitimation und Recht mithilfe
rhetorischer Strategiemuster (Wodak xyz) wetteifern und sich in diversen sozialen Ritualen
verstricken, in denen es weniger um die Entdeckung als mehr um die Durchsetzung
(Wiederholung und Verbreitung) von Erkenntnis (Flusser 1998) geht. Jedem Diskurs liegt
also eine gewisse (soziale, rationale, kognitive, pragmatische) Rationalität zugrunde, wie der
mehr oder minder ausgeprägten Komplexität eines Thema und dessen Differenzpotenzial auf
möglichst breiter Ebene der Beteiligung beizukommen wäre. Das Rationalitätsmotiv verlangt
in der Praxis eine sozial kontextualisierte Geste zur Unterstützung und Durchsetzung von
Aussagen, Meinungen oder Deutungen (Macht, Position auf der Basis von Funktion, Autorität
oder Wissen), um beteiligte Probleme wie z.B. Glaubwürdigkeit, Vertrauen, Verlässlichkeit)
zu bewerkstelligen.
Diese skizzenhafte Beschreibung des Diskursmodells macht aber schon deutlich, dass der
Komplex, den sich Bildung nennt, in der gesellschaftlichen Praxis historisch jeweils genau in
diese Diskursordnungen eingepasst wurde und wird. Bildung wurde immer und wird auch
heute noch als Schlüssel zu Kapital-, Herrschafts- und Machtpositionen verstanden, selbst
wenn dieses Kapital mitunter beschönigend als „soziales“ oder „kulturelles“ Kapital
(Bourdieu 1982 verkürzend) beschrieben wird. Diese extrinsische Wertung findet in der
derzeit zunehmend praktizierten Ökonomisierung von Bildung (z. B. Bewirtschaftung der
Studienplätze an Universitäten) eine problematische Zuspitzung, die im Verbund mit der
(vielleicht anders gemeinten, aber doch so realisierten) Bologna-Struktur zu einer
Standardisierung und Schematisierung von institutionell verwalteter Bildung führt, die so gut
wie nichts mehr zu tun hat mit dem dem kulturellen Bildungskonzept inhärenten Motiv der
freien Wahl von Bildungsinhalten. Im Zuge der zunehmend ökonomisch ausgelegten
Organisation der Gesellschaft wurde auch der Bildungskomplex zunehmend funktionalisiert
und instrumentalisiert. Das dem Bildungskonzept inhärente Diskursmuster wird zunehmend
stromlinienförmiger, was eben auch heißt: der soziale Gebrauch von Bildung wird zunehmend
affirmativer und im Hinblick auf die Chancen und Chancenwahrnehmung auf dem
Arbeitsmarkt: zunehmend repressiver.
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Die diskurslogische Beschreibung von Bildung macht auf der einen Seite deutlich, dass
Bildung als soziale Agentur verstanden wird, in der und durch die Wahrheit (wozu auch
immer) und Ordnung (wovon auch immer) geltend gemacht werden sollen, weswegen sie
auch in den Modellen der jeweils herrschenden sozialen Ordnung daherkommt. Sie macht
aber auch deutlich, dass im Sinne der Realisierung von Chancengleichheit es nicht nur auf
eine wohl ausbalancierte Verteilung von Bildungsressourcen (Bildungspolitik) ankommt,
sondern vor dieser auf eine gleichheitslogische (bewusst sozial-emanzipative) Konzeption
einer kritischen Bildungsidee (Bildungstheorie). In einem kritisch-theoretischen Modell von
Bildung sind Aufklärung und Emanzipation die beiden korrespondierenden Motive von
Wissen und Erkenntnis (vgl. Enzensberger 1970), durch die das intrinsische Freiheitsmoment
von Bildung begründet und kulturell gesichert wird: Aufklärung als das kognitive,
Emanzipation als das soziale Befreiungsmotiv. In diesem Sinne bleibt die theoretische
Hoffnung, dass der sozialisierte Gebrauch von Bildung unter marktlogisch entspannteren
Bedingungen und jenseits eines breiten Konsolidierungsdrucks einem sozialen Gebrauch von
Bildung (wieder) Raum für Diversität, Flexibilität und Häresie (Wahlfreiheit) schafft.
Kritik und Dialektik:
Es war immer schon das Moment des begründeten Widerspruchs, durch das „Gebildete“ nicht
nur auf sich, sondern auch auf die Notwendigkeit der kritischen Intervention aufmerksam
gemacht haben. Bildung ist das kognitive und kulturelle Reservoir für die notwendige
Überraschung, der Platz, an dem Differenz und Widerspruch Sinn machen und Gehör finden.
Es gehört zur kommunikativen Grundausstattung von Bildung neben der diskursiven Anlage
auch über eine solche des Dialogs und der Dialektik zu verfügen. Kommunikologisch lassen
sich zwei Grundmuster der Kommunikation ausmachen (Flusser 1998): Diskurs und Dialog.
Während das Diskursmodell den Mechanismus der Verteilung („discurrere“) und der
Durchsetzung von Erkenntnis beschreibt, moniert das Dialog-Muster der Kommunikation
(„dia logos -durch das Wort“) die Notwendigkeit der mehrseitigen und widersprüchlichen
Perspektive ein, ohne die es keine originäre Produktion von Erkenntnis gäbe. Der Dialog ist
das sozial gleichzeitig und gleichberechtigt mehrseitig angelegte Dispositiv des Austausches
von Positionen mit dem Ziel einen hermeneutischen Raum zu eröffnen, in dem sich der
dialektische Schlüssel (er gemeinsame Widerspruchspunkt) finden lässt, der erklärt, warum,
wodurch und in Bezug worauf zwei Thesen zueinander im Widerspruch stehen (können). Erst
der in Rechnung gestellte Widerspruch gibt einem Spruch die Legitimation sich zu behaupten
oder behauptet zu werden. Nach all den Kulturentwicklungsstufen der Wahrheit auf die Spur
zu kommen und sie verständigungssicher durchzusetzen (über Flucht, Ausweg, Ausrede oder
Lüge; über Kampf, Krieg und Streit und Tötungsrhetorik; über Delegation, Abschiebung von
Verantwortung, Vertröstung, Verlagerung oder Mehrheitsbeschaffung; über Kompromiss,
Bagatellisierung, Kulissen-Rhetorik oder Konsens-Annäherung - vgl. Schwarz 2003) wäre
Dialektik jene avancierte Kulturstufe der Generierung von Erkenntnis und entsprechender
Wahrheitsvereinbarung, auf der Menschen gerade wegen der Unterschiedlichkeit ihrer
Wahrnehmungsperspektive einander interessiert (inter-esse: eingemischt) und interessant
(sich wechselseitig einmischend) finden und im Hinblick auf eine verbindliche
Wirklichkeitskonstruktion davon ausgehen, dass sie eben dafür einander brauchen
(Interdependenz) und ihre Verständigungsbereitschaft daher darauf konzentrieren zu wissen
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und zu verstehen, was ein anderer meint, um das eigene Meinen durch dessen möglichen
Widerspruch geprüft sicherer (offener, differenzierter, kritischer) zu bewerten und so auch
vertreten zu können. Eine solche Version von Dialektik – hier und in diesem Kontext in
epistemologischer Übereinkunft mit der skeptischen Prämisse des kritischen Rationalismus
(Popper xyz), die davon ausgeht, dass das menschliche Wissen fehlbar sei und dass daher die
Bestätigung durch affirmative Theorien nicht die geeignete Methode sein könne, um
wahrheitsfähige Erkenntnisse zu gewinnen. Bewusst gewählte Methoden (Theorien) der
Widerlegung könnten dazu führen dann das wahrheitsfähigere Erkenntnismodell zu
erschließen. Im Grund ist dies ein post-moderner (Erkenntnis post modo) Ansatz.
Zur ideentypischen Begründung eines weiten und kontextuellen Bildungsbegriffes gehört das
Dialektik-Modell der Kommunikation nicht nur als Kunst der intellektuellen
Gesprächsführung („ars dialectica“), sondern auch als Habitat der Zumutung von
Komplexität, der Verantwortung für Differenzierung und der Aufdeckung von Trivialität in
das kulturelle Setting von Bildung. Im Modus der symbolisch-interaktiv vergemeinschafteten
Konstruktion von Wirklichkeit kommt das Verschiedene zusammen, weil es erst im Interesse
des Gemeinsamen wirklich verschieden und verschieden wirklich ist. Das Gleiche mit dem
Gleichen vergemeinschaften zu wollen wäre nicht nur tautologisch, sondern auch wirklich
und tendenziell totalitär. Dass sich gerade Intellektuelle und Bildungsbürger in der politischen
Realität in allen historischen und gesellschaftspolitischen Kontexten immer wieder gegen
Autoritarismus, Totalitarismus, Dogmatismus und Faschismus stellen, hat nicht nur mit deren
moralischer Bildung, sondern auch mit deren Interesse und Erwartung an Diversität und
Differenzpositionen zu tun. Solche Habitate sollten in einer Gesellschaft, die Bildung zum
Modus ihrer Entwicklung erklärt, nicht mehr das Privileg von Eliten sein, sondern das
Kompetenzprogramm einer ganzen Gesellschaft
Experten-Status der Medien
In dieses Gemenge greifen Medien ein. Sie sind das Referenzmodell für Bildung, nicht nur,
weil sie sie in Form von Wissen und/oder Einstellung kontextualisieren und abbilden,
sondern, weil sie als Code des kollektiven sozialen Vertrauens genutzt werden, über das sich
Individuen wie auch die Gesellschaft in ihren Institutionen legitimieren. Medien sind die
Referenzmodelle der Kommunikation der Gesellschaft wie die der Gesellschaft der
Kommunikation. Im Sinne dieser Vertrauenslage akkumulieren sie auch Expertise und
Expertenstatus. Die Gesellschaft und ihre Institutionen (Politik, Wirtschaft, Bildung, Kultur,
Religion) brauchen sie als Referenzmuster innergesellschaftlicher wie auch und
grenzüberschreitender Verständigung – horizontal (zwischen den Gruppierungen und
Communities), vertikal (zwischen hierarchisch gestuften Kompetenz bzw. geschichtlichen
Epochen) und diagonal (zwischen Communities und Institutionen)
Und dennoch ist noch nicht alles, was es braucht, um ein gesellschaftliches Programm zu
realisieren. Alle diese wortschönen Vorstellungen erlebt man ja nicht in unmittelbarer
Umgebung, sondern stets vermittelt über eine in und über Medien organisierte und realisierte
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Kommunikation. Da man davon ausgehen muss, dass alles, was wir zu Europa wissen, wir
über die Medien wissen, stützen wir uns zugleich mit einer jeweils wechselseitig unterstellten
Inspiration, die jenseits und vor jeder der Sprache schon Realität ist: gesellschaftliches
Vertrauen. Diese Inspiration hat einen diffus gesellschaftlich vereinbarten Ort: die
wechselseitige Unterstellung, dass wir letzten Endes alle in der gleichen Situation sind: dass
alles, was wir von dieser Gesellschaft wissen, wir über die (Massen-) Medien wissen
(Luhmann 2004: 9). Es muss also einen Punkt der Referenz (Code) geben, der alle gleich
zueinander bindet, gerade, weil alle so unterschiedlich sind. Vertrauen ist dieser Code der
Gesellschaft, die ja nur ist, was ihre Kommunikation ausmacht (Bauer 2011: 469). Bei jeder
noch so ausgeklügelt vernünftigen Strukturierung, Institutionalisierung und Organisation der
sozialen Mechanismen einer Gesellschaft gelingt eben diese nur, wenn ihre Kommunikation
die Kultur wechselseitigen Vertrauens abbildet. Spätestens hier muss man schon das
Argument aufnehmen, dass eine komplexe Gesellschaft wie die Europäische ist, ja nicht in
direkter und persönlicher Kommunikation zueinander vermittelt und verbunden ist, sondern
durch Medienkommunikation. Europa, wie wir es kennen, ist großteils ein mediengemachtes
Konstrukt. Dass wir es so annehmen, lässt sich nur mit der Annahme erklären, dass der
soziale Mechanismus des Vertrauens medientypisch geworden ist. Ohne Vertrauen, das ja
dadurch definiert ist, dass jedweder andere sich vor allem in unerwarteten Situationen so
verhalten würde, dass einem selbst daraus kein Schaden entstünde oder man nicht von ihm in
seinen Erwartungen enttäuscht würde (vgl. Koller 1990), würde die Angst das soziale Klima
bestimmen. Bezogen auf Medien als organisierte Referenz des (öffentlichen) Vertrauens
kommt zu diesem sozialpsychologischen Moment noch eine Komponente ins Spiel, die in der
amerikanischen Sozialpsychologie mit dem Begriff der Rational Choice Handlungstheorie
belegt wurde: Vertrauen lässt sich im Rahmen eines sozialen Tausch-Modells erklären
(Coleman 1994:34): Vertrauen kommt dabei als das Übertragen von Kontrollrechten in allen,
vor allem aber in riskanten Situationen zum tragen, in denen das Wissen über das Handeln des
Gegenübers aufgrund der Ungleichzeitigkeit nicht vorhanden ist - und darüber hinaus die
Gegenleistung erst nach Übermittlung des eigenen Anteils erbracht wird. Die soziale
(ästhetische, ethische, symbolische) Macht der Medien (Zeichensysteme) liegt diesem
Konzept folgend in ihrem Status als Experten und als privilegierte Systeme des
gesellschaftlichen Vertrauens.
Kompetenz-Status der Mediennutzer
Diesem Vertrauen in den Experten-Status von Medien muss der Vorstellung einer zivilen
und autonomen Gesellschaft zuliebe das Vertrauen in den Kompetenzstatus der
Mediennutzer entsprechen – eine Forderung, der im Umfeld von Medienpädagogik so
recht und schlecht entsprochen wird. Dies wird vermutlich erst bahnbrechend gelingen,
wenn die diversen Medientheorien bzw. auch deren pädagogische
Anwendungsprogramme sich von dem Konzept einer Einzelmedienontologie
verabschieden, nicht das Medium oder die Medien in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung
rücken, sondern die Kommunikationskultur der Gesellschaft im Hinblick auf die sich
ändernden strukturellen (medialen) Zusammenhänge. Zum andern hängt das Gelingen
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der Bemühungen zur Medienbildung vermutlich auch davon ab, dass, die theoretischen
Konzepte die eingleisige Denkschiene aufgeben, ein Medienbildungsprogramm an
Individuen abzuarbeiten. So sehr es wünschenswert ist, dass jeder Mensch für sich
selbst das Kompetenzmotiv ernst nimmt, in dieser Gesellschaft einen deutungsfähigen
Platz zu finden, so notwendig ist es aber auch ein gesellschaftliches Kompetenzmotiv
auszumachen. Es kann nur sinnvoll sein, auf zwei Schienen eine Bahn zum Fahren zu
bringen: die Schiene der individuellen Kompetenz und die des gesellschaftlichen
Kompetenzprogramms (Bauer 201o Public Caspa Libero) Das würde endlich auch eine
Überwindung der industrie-typischen Vorstellung von Mediensystemen bedeuten, so als
müssten Medien in diesem ökonomischen Modell der Verteilung von kommunikativer
Kompetenz auf professionelle Experten der Produktion und amateurisierende
Konsumenten, die ihren Status mit Forderungen nach Gefälligkeit untermauern, weil sie
ja zahlende Nutznießer seien. Die theoretische Aufstellung in den Begriffen von
Produktion und Konsumtion folgt der industriellen Logik der „Taylorisierung“ von Arbeit
und Kompetenz, sie wiederholt auf analytischer Ebene die Unterscheidung und
Trennung eines integrierten Prozesssystems in zwei Bereiche (der Produktion und der
Konsumtion) – ein klarer Verweis auf eine industrielle Ideologie als konstruktivem
Überbau, der dazu tendiert ein dem entsprechend spezifiziertes Modell von des
Kommunikationserfolges - das des Organisationserfolgs: Ökonomie von Wirkung,
Einfluss, Macht zu verallgemeinern. Von entscheidender Bedeutung bleibt in diesem
Zusammenhang der versuchten Re-Konzeptualisierung eines integrierten
Kompetenzmodells der Hinweis: Innerhalb dieser industriellen Interpretation von
Massenkommunikation folgen offensichtlich sogar medienpädagogische Programme
dieser Vorstellung von unterscheidbaren Segmenten der Kommunikations- (und
Medien-)kompetenz und erwarten vom Publikum kritische Konsumtion, während sie
vom (so genannten) Kommunikator Organisationsqualitäten und Professionalität
fordern. Innerhalb eines tayloristisch angeordneten Modells von sozialer
Kommunikation könnte ein solches Konzept praktischen Sinn ergeben, theoretisch
jedoch sollte das Kompetenzkonzept frei und emanzipiert sein von solchen
funktionsdefinierten Entwürfen der Medienkommunikation. (cf. Bauer 2008: 137, und
2010).
Medienbildung und Medienkompetenz
Der Begriff der Kompetenz ist ein philosophisch-anthropologisch, psychologisch,
soziologisch und nicht zuletzt pädagogisch gebrauchtes Konzept, das die Vorstellung
eines intrinsischen Desiderats bemüht, demnach es dem Menschen zumutbar sei und es
ihm vermutlich auch obliege bzw. er dafür Sorge zu tragen hätte für selbst
verantwortlich zu sein und dass er für diese menschenwürdige Position der Autonomie
und Souveränität (Prinzip Emanzipation) auch über Potenziale verfüge, die ihm ebenso,
allerdings als Lernprozess, zumutbar bzw. zu ermöglichen und abzufordern wären:
Fähigkeit, Fertigkeit, Bereitschaft – eingeschrieben oder im Wege von Bildung
einzuschreiben in Einstellungen, Haltungen und Verhaltensweisen (Habitus). Neben
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dieser kritisch-normativen Konzeption gibt es aber auch eine kritisch-pragmatische, die
das Kompetenzmodell organisationstheoretisch, instrumentell und
bildungstechnologisch verwertet: als Maß-Moment der Steigerung oder Steigerbarkeit
der Qualifikation innerhalb eines Professionalisierungsprogramms. Auf dieser Ebene
beschreibt Kompetenz das Maß der Zuständigkeit, ausdrückbar in erwartbaren oder
gesellschaftlich erwarteten Fertigkeiten (skills). Was die beiden Konzeptionen
unterscheidet ist die kritische Perspektive. Während die grundsätzliche
(philosophische) Konzeption intrinsisch und emanzipatorisch gedacht ist (werden
muss), ist die pragmatische, die dem gesellschaftlichen System zugeordnete Konzeption
eher extrinsisch, affirmativ und kompensatorisch gemeint
Vor und neben dem Begriff der Medienkompetenz hat sich auch der der Media Literacy
etabliert (vgl. BMUK, Europa) Media Literacy wird gerne verstanden als die Fähigkeit zu
(kritischem Lesen“) zur kritischen Mediennutzung und wurde ursprünglich in allen
theoretischen Rahmungen der Medienpädagogik mit der Entwicklung persönlicher
Interessen und Kapazitäten assoziiert, Zugang zu sozialem Kapital zu erschließen
(Bourdieu 1982, Coleman 1988). In diesem Sinne wurde sie stets als Faktor für
Rationalität und Vernünftigkeit innerhalb des Prozesses persönlicher Sozialisation
gesehen („vernünftiger Mediengebrauch“). Theoretisch wurde Media Literacy oft mit so
genannten Kulturtechniken gleichgesetzt (cf. Baake 1997). Von dort ausgehend hat der
Begriff eine Bedeutungserweiterung erfahren um „Skills und Kompetenzen, welche das
Finden, Auswählen, Analysieren, Evaluieren und Speichern von Information beinhalten,
in ihrer Behandlung und ihrem Gebrauch unabhängig von beteiligten Codes oder
Techniken“ (Studie über Medienkompetenz in Europa). Betrachtet man, dass die soziale
Kommunikationsentwicklung von der Medienentwicklung (Medientechnologie)
abhängig ist, dann ist das Kompetenzkonzept mehr oder weniger Konzept für die
pragmatische Assimilation des pädagogischen Status der Plattformen
medientechnologischer Entwicklungen von sozialer (öffentlicher) Kommunikation in
Form von Codes, strukturellem Design, Techniken und „generativer Grammatik“
(Chomsky 1972: 83). Vom Standpunkt konzeptueller Theorieentwicklung aus gedacht,
ist Medienkompetenz eine Spezifikation eines allgemeinen Werkzeugkastens
kommunikativer und kultureller Fähigkeiten, welche verwendet werden um soziales
Kapital zu erlangen.
Im Vergleich zu Kommunikationskompetenz ist Medienkompetenz ein unterschiedliches
Kompetenzmodell und wird, wenn man das Modell systematisch strukturiert (nach
Dieter Baake 1997), in der Regel anhand von mindestens vier beteiligten Ebenen wahr
genommen:
Medienwissen: Wissen wie das Mediensystem gebildet wird, wie es
funktioniert – in Bezug auf Technik, Wirtschaft, Politik, Recht, sozialer Werte –
und unter welchen Bedingungen Medien gesellschaftlich nützliche oder
problematische Funktionen für den öffentlichen gesellschaftlichen Diskurs
erbringen.
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Medienanalyse: Analyseinhalt, Effekte, die Art und das Interesse industrieller
Produktion an Medien und das Verständnis für die Position medialer
Potenziale und Macht.
Medienkritik: Bewertung der Rolle die Medienprogramme dabei spielen einer
Gesellschaft kritische Eigenbeobachtung, sowie persönliche
Wissensvermehrung und Lebensorientierung zu ermöglichen.
Medienselbstverständnis: Die Fähigkeit sozialer Partizipation erwerben und
zu lernen sich selbst über mediale Mittel auszudrücken.
Natürlich entspricht Baakes Konzept von Medienkompetenz –immer verstanden als eine
Folge von Medienpädagogik - einem instrumentellen Verständnis von Medien und ist
eng mit einem funktionalen Medienkonzept als Mittel zu Macht (oder Gegenmacht)
Einflussnahme und Anteilhabe verbunden. Das medienzentrierte Verständnis von
Kompetenz verleitet dazu, auch das Kompetenzmodell instrumentell und funktional
auszulegen: Kompetenz als Fähigkeit etwas zu erreichen, durchzusetzen bzw. sich
durchzusetzen. Eine solche Auslegung wäre für das philosophisch formulierte
Kompetenzmodell (Selbstverwirklichung als Selbstverantwortung) zu eng und zu
industrie-ideologisch. Neuere Konzepte von Medienkompetenz gehen selbstverständlich
weiter, auch wenn sie sich nur schwer durchsetzen im Mainstream der pragmatischen
Ansätze. aufgrund der Vorherrschaft eines funktionalen Medienverständnisses. Eine
kulturelle Medieninterpretation, die der eigentliche theoretische Hintergrund des
Kompetenzkonzeptes ist (vgl. Bauer xyz), schließt viel bewusster an den
Bedeutungssphären von Kommunikation an, weil sie zum einen Medialität als die
kommunikationsinhärente Umwelt der kommunikativen Praxis versteht; und weil sie
zum anderen Kommunikation gar nicht anders denkt denn als Vergemeinschaftung und
Vergesellschaftung von Erfahrung unter der Bedingung der Generierung von Symbolik
für eben diese Vergemeinschaftung von Unterschied.
Bildungsmedien im Kontext eines Europäisierungsprogramms
Im Grunde ist der Begriff der Europäisierung ein normatives Konzept der Transition einer
Gesellschaft von einem politisch, gesellschaftlich und kulturell fragmentierten zu einem
integrierten Gesellschaftsmodell. Dabei geht es um die Aneignung Europas, allerdings nicht
nur als Übernahme von Normen, Werten und mentalen Mustern des gesellschaftlichen bzw.
kulturellen Alltags, sondern auch als Übernahme von gesellschaftlichen (politischen,
administrativen etc.) Mechanismen des gesellschaftlichen Managements. Vor allem die
Brüsseler Administration verwendet eben diesen Begriff nicht nur programmatisch, sondern
auch und sehr pragmatisch. Genau dieser Doppeldeutigkeit wegen ist der Begriff
problematisch. Denn er tangiert das Identitätskonzept nationaler Komplexe und suggeriert,
dass deren bislang bestimmenden lokalen oder regionalen Frames für die Bestimmung von
Identität im Kontext Europas nicht ausreichen. Noch stärker wirkt der Druck auf
Mitgliedsstaaten im Südosten Europas, weil sie sich mit der kritischen Konnotation des
Begriffes konfrontiert sehen: Europäisierung als Aufforderung die Standards Europas in
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Fragen des gesellschaftlichen Managements (Recht, Bildung, Wirtschaft etc.). Im Grunde sind
es zwei Kompetenzfiguren, die im Kontext der Analyse der Qualität von Bildungsmedien für
die Euro-kulturelle Bildung relevant sind: Europa-Kompetenz und Medienkompetenz.
Europa-Bildung:
Im Blick auf ein breit etabliertes kulturelles Europa-Bewusstsein wäre, wie oben schon
analysiert, ein ausgreifendes, integratives und dialektisches Bildungskonzept zu fordern;
eines, das einen Habitus beschreibt, eine in Einstellungen begründete und gesuchte Haltung,
die sich durch die (soziale) Praxis selbst regeneriert und erweitert. In dieser Perspektive
versteht sich Bildung als ein individuelles wie ein kollektives Kompetenzprogramm (Bauer
2012??) mit dem der Einzelne wie auch die Gesellschaft sein bzw. ihr Verhältnis zu seiner
bzw. ihrer natürlichen, sozialen, politischen, kulturellen und symbolischen (z.B. Medien)
Umwelt deutet: ethisch, ästhetisch und pragmatisch. Entscheidend ist dabei vermutlich die
Balance zwischen passiver und aktiver Anpassung, zwischen Assimilation als Angleichung an
die soziale, kulturelle, politische, symbolische Umwelt und Akkommodation als den
gestaltenden Eingriff (Partizipation) in die Zusammenhänge der sozialen, kulturellen,
politischen und symbolischen der Umwelt (vgl. Piaget 1974. Daraus kann man folgern, dass
Euro-kulturelle Bildung definiert werden kann als individuelles, aber auch als
gesellschaftliches und durch Bildungsinstitutionen gefördertes und gestütztes
Kompetenzprogramm (Entwicklung von Fähigkeit, Fertigkeit, Bereitschaft und
Verantwortung – vgl. Bauer 2008) mit dem man das individuelle wie das kollektive
Verhältnis zu Europas weit (weil in Gegensätzen) gespannten Sphären der Selbstdeutungen in
Geschichte und Gegenwart, in ländlichen, urbanen, ethnischen und sozialen Landschaften, in
Traditionen und Gegenwartskreationen, in Lebensstilen und Lebenskulturen, in Kunst und
Wissenschaft, in religiösen und säkularen Inspirationen beschreibt. Das kann nur als openminded habit gelingen (Rokeach 1969), was zugleich jede Form von Dogmatisierung,
Totalisierung, Autoritarismus, monopolierte und manipulierte Herrschaft und jeden Anspruch
von Dominanz als individuelle oder kollektive Verirrung ausschließt.
Medien-Bildung allgemein:
Die Überlegung, das Konzept von Kompetenz auf Medien zu beziehen, hängt
offensichtlich damit zusammen, dass man sich Kommunikation nicht medienfrei
vorstellen kann, man aber zugleich annimmt, dass die kommunikative Kompetenz zu
einem guten Teil die des kompetenten Mediengebrauchs ist. Kommunikation und
Kompetenz sind zueinander gewandte Konzepte. Das lässt vermuten, dass der
Kommunikationsbegriff ähnlich gewertet werden kann wie der der Kompetenz: einmal
als intrinisches Modell der Existenz- und Selbstbestimmung des Menschen
(Konstruktion von Wirklichkeit im Blick auf sich selbst bzw. den generalisierten
Anderen) und zum andern als extrinisches (gesellschaftlich außengeleitetes) Modell des
Handelns, um Wirkungen zu erreichen, Einfluss auszuüben bzw. um Erfolg zu steigern.
Eben diese Außen-Leitung verlangt ein Kraft-Modell: das der gewussten, gewollten,
intendierten, zugleich kritisch reflektierten Nutzung von Infrastruktur. Die Schritte in
der Konzeptenzsteigerungsleiter von kommunikativer (Habermas 1980) zu
linguistischer Kompetenz (Bernstein 1974, Chmosky 1981) und von dort zu
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Medienkompetenz (Baacke 1980) sind alltagslogisch nachzuvollziehen,
wissenschaftslogisch aber kritisch zu betrachten, weil zwischen kommunikativer
Kompetenz, linguistischer und Medienkompetenz nicht einfach nur graduelle, sondern
konzeptuelle Unterschiede bestehen. Es handelt sich nicht einfach nur um eine
Steigerung von von Fähigkeit von einer auf eine nächste Ebene. Vielmehr geht es um
einander bedingende und ermöglichende, aber unterschiedlich konzipierte Modelle von
Kompetenz.
Bildungsmedien allgemein:
In einem weiten Verständnis dienen alle Medien der Fundierung, Bestärkung und Verbreitung
von Bildung, mithin der Herausbildung, Fundierung und Spezialisierung menschlicher
Kognition, verstanden als Erkenntnis- und Handlungsfähigkeit und verbunden mit
menschlicher Vernunft sowie mit jeweils kulturell und sozial virulenten und geachteten
Bildungsinhalten. (Kübler 1997: 40 ff). Im engeren Sinn lassen sich als Bildungsmedien aber
als diejenigen bezeichnen, die in einem pädagogischen Kontext eingesetzt und/oder mit denen
ein Bildungsprozess beabsichtigt ist. Der pädagogische Kontext kann formeller Art (Schule)
oder informeller Art (autodidaktisch) sein.
Generell haben Medien das Potenzial Bildungsprozesse zu initiieren und zu stützen. Sie
dienen der Fundierung, Festigung, Stärkung und (Um-)Orientierung von Wissen und
Erfahrung. Solange man Bildung als jenen Habitus (Chomsky: generatives Potenzial)
versteht (verstand), in dem und durch den Wissen aufgenommen, gewertet und geschätzt und
in diesem Sinne laufend erweitert wird, solange ist Bildung eine Privileg (ver)schaffender
Faktor im Modell des gestisch (in Verhalten, Einstellung und öffentlichem Habitus)
ausgewiesenen (geistigen) Besitzes: symbolisches Kapital (Bourdieu 1974). Der soziale
Wandel verändert nicht nur die gesellschaftlichen, sondern auch die gesellschaftspolitischen,
die strukturellen, kulturellen, die medialen und die kommunikativen Kontexte von Bildung.
Nach wie vor ist Bildung ein Faktor sozialen Kapitals, es ändert sich aber dessen Verständnis
und dessen Medialität.
Von didaktischen Medienmodellen (z.B. multimedialen Medien-Konstellationen)
unterscheiden sich allgemeine Bildungsmedien einmal dadurch, dass sie inhaltlich, ästhetisch
und/oder infrastrukturell viel offener und bewusst nicht instruktiv oder didaktisch konzipiert
sind, zum andern aber vor allem dadurch, dass sie bei Konsumenten/Rezipienten/Usern mit
Bildung kontextualisiert werden können und in diesem Sinne auch einen bildungsrelevanten
Gebrauch auslösen, ermöglichen ohne dies ausdrücklich intendieren zu müssen. Das typische
Beispiel sind Dokumentationen zu allen möglichen (politischen, historischen, kulturellen oder
alltagsrelevanten) Themen, die, weil sie Tatsachenverhältnisse beschreiben oder solche
interpretieren, als Bereicherung von Wissen und Erfahrung bewusst genutzt oder letztendlich
so erlebt werden. Zugleich sind solche Medien oder Medienprogramme Dispositive des
sozialen Wandels und des Perspektivenwechsels in der gesellschaftlichen Konstitution von
Bildung. Dabei sind unter anderem folgende Trends zu bemerken:
von der Wissensdominierten Bildung zur Bewusstseinsdominierten Bildung,
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von der institutionendominierten Bildung (Pädagogik) zur netzdominierten Bildung
(open source Modell)
vom Hierarchie-Autoritätsprinzip zum Heterarchie-Vetrauensprinzip
vom Struktur- und Objektwissen zu Kultur- und Deutungswissen,
vom Informationsverständnis zum Diskursverständnis von Bildung
vom Arbeitsparadigma zum Spielparadigma
vom Industrie-Modell (Trennung zwischen Arbeit und Freizeit) zum integrierten
Medienmodell (Mischung der Formate Information und Unterhaltung)
von der Schriftdominanz zur Schrift-Bild-Mischung,
vom rezeptiven Mediengebrauch zum produktiven Mediengebrauch
vom organisierten/institutionalisierten zum individualisierten Mediengebrauch
von der linearen Bildung zur kontextuellen Bildung
von der Medienzentrierung zur kontextuellen Medialität.
Alle hier angesprochenen Veränderungen sind Momentaufnahmen eines übergreifenden
sozialen und kulturellen Wandels, der nicht deshalb passiert, weil er sich nicht aufhalten ließe,
sondern der passiert, weil wir gelernt haben, die Gesellschaft anders, nämlich aus dem Prinzip
ihres Wandels zu beobachten und zu verstehen. Die Kategorie des sozialen Wandels ist nicht
ein Beobachtungsgegenstand, sondern eine Beobachtungskategorie, ein alltagstheoretisches
wie auch ein wissenschaftlich-theoretisches Konzept, das über dessen normative und kritische
Inspiration praktisch auch empirisch wird.
Qualitätsansprüche an Bildungsmedien
Es muss nicht eigens und lange erörtert werden, dass Qualität so etwas wie eine operationale
Fiktion (Schmidt 2003:17) ist, die nur im Kontext der Spannung zwischen Idealvorstellung
und Realgebrauch, zwischen normativer Erwartung und praktischer Erfüllung Sinn macht.
Qualität ist demnach ein durch normative Kriterien gestütztes Diagnosekonzept,
zusammengesetzt aus Kriterien und Standards, mittels dessen ein Befund über die strukturelle
und funktionale Tauglichkeit von Projekten, Produkten - hier: von Medien – für den
spezifischen Gebrauchszusammenhang, den sie implizit oder explizit adressieren. Die
Erwartungen sind nie absolut, nie objektiv, sondern immer kontextbezogen (relational) und
graduell wie materiell je nach Erwartungsbewusstsein (Erwartungshaltung) unterschiedlich
nivelliert (relativ). Der Qualitätsbegriff ist ein Einschätzungskonzept, mit dem der Wert eines
Produktes oder eines Projektes in Bezug auf deren Nutzen in einem spezifischen
Gebrauchszusammenhang beschrieben wird. Obwohl es sich jeweils um situativ
unterschiedliche Kontexte des Gebrauchs handelt, kann man aber doch von für (empirisch
und normativ, funktional und strukturell) vergleichbare Gebrauchszusammenhänge
vergleichbaren und gleich gerichteten Werte- und/oder Nutzerwartungen ausgehen.
Angewandt auf die Bestimmung der Qualität von Bildungsmedien geht es zum einen um
Standards, mit denen Strukturen (Ausstattung) auf ein Kompetenzniveau festgelegt werden.
Zum andern geht es um Kriterien, mit denen Funktionen (Leistungen) auf ein
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Kompetenzniveau festgelegt werden. Bei beiden Qualitätskomponenten, bei Kriterien wie bei
Standards, geht es weniger um das materielle (Was-) Programm(z.B. Inhaltsaspekte eines
Medienproduktes, Medienprogrammes oder Medienprojektes) als vielmehr um das modale
(Wie-) Programm (Medienmodus, Modus des Mediengebrauchs), weil im Zusammenhang des
Mediengebrauchs – nämlich Bildung - Werte eine Rolle spielen, die sich nicht an des
konkrete Medium, sondern an dessen Gebrauch heften, die nicht nur im Moment des
Unterrichts- oder Bildungsprogramms relevant sind, sondern für zeitlich und thematisch
weitreichendere Horizonte. Im Anschluss an die zuvor dargelegten Zusammenhänge muss
doch noch einmal im deutlich gemacht werden, dass die im folgenden anzusprechenden
Qualitätskriterien nicht solche „der Medien“, sondern eben solche des Mediengebrauchs sind,
in dessen Zusammenhang Betroffene (Produzenten, Lehrer, Schüler) immer auch die
Beteiligten der Wert- und Qualitätsbestimmung sind. Die Zusammenhänge, die es dabei zu
beachten gilt sind:
 Der Produktionszusammenhang: Wer konstruiert ein Medienprogramm mit
welcher Absicht, welchen Zielvorstellungen, mit welchem Verhältnis zu Inhalt
und Inhaltsdarstellung und welchem Wissen um die Bedingungen der Nutzung
und der Verwertung?
 Der Lehrzusammenhang (Instruktionszusammenhang): Wer nützt welche
Medienprogramme mit welcher Absicht, mit welchen Zielvorstellungen, mit
welchem Verhältnis zum Inhalt bzw. der Inhaltsdarstellung und mit welcher
Haltung in Bezug auf Bildungssituation und Bildungsrahmenbedingungen und
mit welcher Haltung gegenüber den Lernenden?
 Der Gebrauchszusammenhang (Bildungszusammenhang): in welchem Maße
verbinden die genutzten Medienprogramme Lehrer und Lerner zueinander in
eine Bildungs- bzw Diskurspartnerschaft?
 Der Verwertungszusammenhang bzw. Konstruktionszusammenhang: was –
welches Wissen, welche Erkenntnisse und Orientierungen, welche Folgerungen
können Lernende -jeweils unter Berücksichtigung ihres individuellen
Lebenskontexts – aus im Bildungskontext genutzten Medienprogrammen für sich
und für ihre gesellschaftliche Selbstbeschreibung nachhaltig verwerten?
 Der Gesellschaftszusammenhang:
Im Versuch, für alle diese Kontexte mögliche Kriterien und Standards der Qualität
auszumachen, muss man die gegebenen Rahmenbedingungen des
gesellschaftlichen Wandels mitbedenken. Der gesellschaftliche Wandel ist das
gesellschaftlich inhärente Programm der laufenden Veränderung von
Kommunikation (auch Medien), insofern Gesellschaft eben das ist, was ihre
Kommunikation ausmacht. In diesem Sinne ist der gesellschaftliche – bzw. der
Medienwandel nicht ein Geschehen, das sich vor unseren Augen abspielt,
sondern Phänomen, das mit unseren Augen sichtbar wird. Wenn Gesellschaft
sich beobachtet, dann beobachtet sie sich mit den Modellen und unter Referenz
auf jene Modelle, die sie sich vorstellt zu sein, sein zu können, sein zu wollen oder
sein zu sollen. Der gesellschaftliche Wandel ist also kein von der Beobachtung
unabhängiges Geschehen, kein Beobachtungsobjekt, sondern ein
Beobachtungskonzept (vgl. Bauer 2011globalisierung).
19

Der Medialitätszusammenhang:
Nichts ist in dieser Gesellschaft medienfrei, weil alle gesellschaftlichen
Interaktions- und Kommunikationsprogramme, die gesamte symbolische
Interaktion mittelbar oder unmittelbar über Medieninfrastrukturen gespielt und
über Mediendiskurse verhandelt werden. So wird Politik zunehmend zu
Medienpolitik, Wirtschaft immer mehr zu Medienwirtschaft, Religion immer
mehr zu Medienreligion, Wissen zunehmend zu Medienwissen und Bildung
immer mehr zu Medienbildung in des Wortes zweifacher Bedeutung:
Medienbildung als zunehmend über Medien vermittelte und im Modus von
Medien performierte Bildung; und Medienbildung im Sinne der Kompetenz aus
und in der Darstellung von Realität die Logik der Medien kritisch mitzudenken.
Das Phänomen, mit dem wir hier konfrontiert sind, heißt schlicht: die Medialität
des gesellschaftlichen Lebens, die im Sinne des Diktums von Marshall McLuhan Das Medium ist die Botschaft - ist der theoretische wie pragmatische Code des
gesellschaftlichen Zusammenlebens . In der Mediengesellschaft brauchen
Botschaften, die als solche erkennt und für relevant gehalten werden wollen,
Medialitätscharakter: Erst über diesen Filter erhalten Botschaften jenes Maß an
Aufmerksamkeit, Zuwendung und Interesse, das Wissen und Handeln
bdegründet.
Medialisierung und Mediatisierung (vgl. Krotz 2008) sind die Phänomene, die in diesem
Kontext zunehmend beforscht werden. Beide Charakterisierungen gelten dem Phänomen,
dass Alltagszusammenhänge, Lebenszusammenhänge und gesellschaftlich relevante
Organisationszusammenhänge ohne funktionalen Medienbezug nicht zu leisten und nicht zu
schaffen sind. Das fordert natürlich auf der anderen Seite die Kompetenz (Fähigkeit,
Fertigkeit, Verantwortung) Medien so zu gebrauchen, dass sie tatsächlich als
Erschließungsperspektive von und für Wirklichkeit dienen. Das mag, so der kulturkritische
Zugang zu Medienanalyse (vgl. Anders 1980, Bauer 2006, 2008), möglicherweise nur bedingt
gelingen, wenn und weil die Medienlogik ja nicht nur durch die technische Ästhetik bestimmt
wird, sondern ökonomische Interessen. Im Schlepptau dieser Logik erkennt man insbesondre im Kontext Internet-, social media- und mobile media-Nutzung - eine Reihe von
oftmals beschriebenen Phänomenen (vgl. Krotz 2008): zunehmende Kommerzialisierung,
Privatisierung und Individualisierung des Mediengebrauchs, zunehmende Funktionalisierung
der Lernprozesse (Ausbildung, Anwendung), zunehmende Technisierung der Lernprozesse,
zunehmende Entertainisierung der Lerninhalte und Lernumgebungen, zunehmendes
Outsourcing der Lernprozess aus Schule und Bildungseinrichtungen, organisierte
Entwicklung des Bildungsmedienmarktes.
Stellt man die Frage nach der Qualität von Bildungsmedien im Kontext von Medienbildung,
dann heißt Medienqualität eigentlich: der kompetente Gebrauch von Medien. Dort wo dieser
Gebrauch sich aufteilt in Rollen und/oder Professionen der und der Rezeption, ist diese
Kompetenz (Zuständigkeit, Fertigkeit, Verantwortung) dann technisch, ästhetisch, ethisch
ausgeschöpft, wenn Produktionsrollen sich mit Interesse und Verantwortungsbewusstsein in
die Erwartungslage und Gebrauchszusammenhänge von Rezipientenrollen versetzen und
20
diesen Habitus in der Produkt- bzw. Programmstruktur der Medien kenntlich machen.
Umgekehrt ist diese Kompetenz (Zuständigkeit, Kapazität, Verantwortung) technisch,
ästhetisch und ethisch auf Seiten der Rezipientenrollen dann hinreichend ausgeschöpft, wenn
diese sich der Selektivität ihrer (und der anderer) Medienbeobachtung bewusst sind und die
Medienangebote in diesem Sinne als mögliche, nicht notwendige Ressource im täglichen
Aufwand der Konstruktion von Wirklichkeit wahrnehmen und die Ausrichtungen ihres
Lebens darauf bewusst einstellen.
LITERATUR
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Philosophische Betrachtungen über Rundfunk und Fernsehen. In:
ders.: Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1. München: Beck’sche Verlagsbuchhandlung
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Watzlawick, Paul (1974): Menschliche Kommunikation. Bern
23
Thomas A. Bauer
1.2. Evaluierungskriterien für EBM
Europolitische Bildungsmedien (EBM)
für politische, zeitgeschichtliche und interkulturelle
Erwachsenenbildung
Teil I: Thematische Kontexte und Diskursrahmen
(Text – ½ Seite)
Die Qualitätskriterien dieser Evaluierungsgruppe sind:
1. Kulturdiskurs,
2. Historischer Diskurs,
3. Gesellschaftlicher Kontext,
4. Politischer EU-Diskurs,
5. Wertekontext / Europäische Werte,
6. Zukunftsperspektive.
Teil II: Lernarrangements / Bildungsdispositiv
(Text – ½ Seite)
Die Qualitätskriterien dieser Gruppe sind:
1. Erfahrungsgewinn und Erfahrungsverarbeitung
2. Kommunikative Didaktik
3. Soziale Arrangements
4. Medien-Realitäts – Mix?
5. Kommunikationsausrichtung von Didaktik und Methodik,
6. ???
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1
Teil III: Mediale Aufbereitung
(Text – ½ Seite)
Der medialen Evaluierung werden folgende Qualitätskriterien zugrunde gelegt:
1. Narrationsmuster
2. Diskursmuster
3. Medienmuster
4. Medieneinsatz
5. Mediatisierungs- bzw. Medialisierungspotenziale
6. Medieneffekte
Teil IV: Nachhaltigkeit / Bildungserwartungen
(Text – ½ Seite)
Zur NachhaltigkeitsEvaluierung gehören folgende Qualitätskriterien:
1. Lernanwendung
2. Folgeprozesse
3. Kontextualisierung
4. ???
5. ???
6. ???.
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2
Teil I: Thematische Kontexte und Diskursrahmen
Anforderungen an „Thematische Kontexte und Diskursrahmen“ von europolitischen
Bildungsmedien – Qualitätskriterien und Prüfaspekte
Qualitätskriterien
Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!)
1. Kulturdiskurs




2. Historischer
Diskurs
 Nationale Vor-EU Entwicklungen,
 Geschichten und Diskurse aus der Vergangenheit,
Vergangenheitsbewältigung und Trauma-Aufarbeitung
 Nationalgeschichten,
 Krieg und Frieden, Helden,
 Persönlichkeiten,
 Epochen,
 Kunstepochen,
 Aufklärung
3. Gesellschaftlicher
Kontext
 Probleme und Themen zu Gemeinschaft und
Gesellschaft,
Bewertung
Lokal- bzw. Regional-Bezüge,
Identität,
Differenz,
Lokale Traditionen, deren ästhetische wie
problematische Seiten,
 Kulturelles Europa, Kunst (musisch-künstlerisch),
Wissenschaft
 Gesellschaftsaufbau und Gesellschaftsentwicklung,
 Sozialer und Kultureller -Wandel,
Zusammengehörigkeit,
 Migration,
 Integration,
 Minderheiten,
4. Politischer EUDiskurs
 EU als politische Institution,
 Selbstdarstellung bzw. Analyse der Europäischen
Politik (Globale Bedeutung),
 Nachbarschaftspolitik und Nachbarschaftsperspektiven
(Erweiterungs-, Vertiefung- Debatte),
 EU im globalen Kontext,
 Demokratisierungsthemen und
Demokratisierungsprozesse
5. Wertekontext /
Europäische Werte
 Europäische Werte
 Gleichheitsgrundsätze,
 Freiheitsprinzip
 Menschenrechte,
 Säkulare Gesellschaft,
 Demokratisierung,
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3
 Diversity,
 Religionen
6.
Zukunftsperspektive
 Nachhaltigkeit, Krisen und Risiken, kritische
Beobachtung von Entwicklungen und Strömungen
Gesamtpunkte
Summe der Punktwerte

Gesamt
Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der
Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle

Anmerkung:
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
4,5 – 5 Punkte
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
sehr gut (1)
3,5 – 4,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
gut (2)
2,5 – 3,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
befriedigend
(3)
1,5 – 2,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
ausreichend
(4)
1,4 Punkte und weniger
Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
mangelhaft
(5).
document1
4
Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Thematische Kontexte und
Diskursrahmen
Die Evaluierung von europolitischen Bildungsmedien erfolgt nach Anwendung der
einzelnen Prüfaspekte für die Qualitätskriterien: Kulturdiskurs, Historischer Diskurs,
Gesellschaftlicher Kontext, Politischer EU-Diskurs, Wertekontext / Europäische
Werte, Zukunftsperspektive.
document1
5
Teil II: Lernarrangements / Bildungsdispositiv
Anforderungen an Lernarrangements / Bildungsdispositiv
Bildungsmedien – Qualitätskriterien und Prüfaspekte
von
europolitischen
Qualitätskriterien
Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig
erfüllt sein!)
1. Erfahrungsgewinn und
Erfahrungsverarbeitung




Wissen kumulieren,
Wissensbestände erweitern,
Horizonte eröffnen,
persönliche Betroffenheit schaffen
2. Kommunikative Didaktik

Diskussion provozieren und durchführen,

Selbstgestaltungselemente,

Spielmomente und Spielelemente,

rezeptiver oder aktiver Mediengebrauch,

curriculare Intentionen

Mono- oder multi- bzw. interkulturelle
Konstellationen,

Regularität,

Spontanität,

Genderaspekte


Evaluationsanreize?
Unterstützung mentaler, emotionaler etc
Prozesse?
Lernpsychologische
Hilfestellungen? Begleitmaterialien
3. Soziale Arrangements
4. Medien-Realitäts – Mix?



5.
Kommunikationsausrichtung 
von Didaktik und Methodik
Bewertung
Instruktionsmodus,
inhärente Medienpädagogik
6. ???
???
Gesamtpunkte
Summe der Punktwerte

Gesamt
Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der
Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1
Kommastelle

document1
6
Anmerkung:
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
4,5 – 5 Punkte
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
sehr gut (1)
3,5 – 4,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
gut (2)
2,5 – 3,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
befriedigend
(3)
1,5 – 2,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
ausreichend
(4)
1,4 Punkte und weniger
Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
mangelhaft
(5).
Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Lernarrangements /
Bildungsdispositiv
Die Evaluierung von europolitischen Bildungsmedien erfolgt nach Anwendung der
einzelnen Prüfaspekte für die Qualitätskriterien: Erfahrungsgewinn und
Erfahrungsverarbeitung, Kommunikative Didaktik, Soziale Arrangements, MedienRealitäts – Mix?, Kommunikationsausrichtung von Didaktik und Methodik, ???.
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7
Teil III: Mediale Aufbereitung
Anforderungen an die Mediale Aufbereitung von europolitischen Bildungsmedien –
Qualitätskriterien und Prüfaspekte
Qualitätskriterien
Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt
sein!)
1. Narrationsmuster

Dokumentarische Erzählweise,

Analytische Tiefe,

Tell-a-story-principle,

Journalistische Darstellungsformen

Problematisierungstiefe, Komprehensivität,

Tiefenperspektiven, Dialektik,

Komplexitätsgrad,

Erzähltypus: konversationell, analytisch,
informativ, persuasiv,

Drehbuch / Storyboard – Anlage,

Audiovisuelle Erzählmuster,

Mediensprachliche Kreativität,

Visualisierungmuster: monomedial –
multimedial, Drama, Dramatisierung

Mediendominanz,

Medienhintergrund,

Medienunterstützung, Medien-UnterrichtsKompatibilität
2. Diskursmuster
3. Medienmuster
4. Medieneinsatz
5. Mediatisierungs- bzw. 
Medialisierungspotenziale 
Rezeptionsmodus,
6. Medieneffekte

Relevanz- bzw. Resonanzeffekte ,

Dramatisierung,

Personalisierung,

Sensibilisierung,

Sensationalisierung,

Trivialisierung etc
Gesamtpunkte
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Bewertung
Partizipationsanreize, Aktivierungsfaktoren:
rezeptiv – aktiv – interaktiv

Summe der Punktwerte der medialen
8
Evaluierung
Gesamt

Mediale Evaluierung / Gesamtpunkte dividiert
durch Anzahl der Evaluierungen / arithmetisches
Mittel, 1 Kommastelle
Anmerkung:
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
4,5 – 5 Punkte
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
sehr gut (1)
3,5 – 4,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
gut (2)
2,5 – 3,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
befriedigend
(3)
1,5 – 2,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
ausreichend
(4)
1,4 Punkte und weniger
Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
mangelhaft
(5).
Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Mediale Aufbereitung
Die Evaluierung von europolitischen Bildungsmedien erfolgt nach Anwendung der
einzelnen Prüfaspekte für die Qualitätskriterien: Narrationsmuster,
Diskursmuster, Medienmuster, Medieneinsatz, Mediatisierungs- bzw.
Medialisierungspotenziale, Medieneffekte.
document1
9
document1
10
Teil IV: Nachhaltigkeit / Bildungserwartungen
Anforderungen an Nachhaltigkeit / Bildungserwartungen von europolitischen
Bildungsmedien – Qualitätskriterien und Prüfaspekte
Qualitätskriterien
Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!)
1. Lernanwendung 
angesprochene Lebens- und Lernkontexte
2. Folgeprozesse

kognitive, mentale Folgeprozesse,

ziehbare Lehre,

Konklusionen,

Reichweite der Schlüsse
3.

Kontextualisierung 

Bewertung
persönlichen Lebenshaltungen,
Lebenssituationen,
Lebensperspektiven
4. ???
???
5. ???
???
6. ???.
???
Gesamtpunkte
Summe der Punktwerte der BedienungsEvaluierung

Gesamt
BedienungsEvaluierung / Gesamtpunkte dividiert durch
Anzahl der Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1
Kommastelle

Anmerkung:
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
4,5 – 5 Punkte
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
sehr gut (1)
3,5 – 4,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
gut (2)
2,5 – 3,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
befriedigend
(3)
1,5 – 2,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
ausreichend
(4)
1,4 Punkte und weniger
Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
mangelhaft
(5).
document1
11
Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Nachhaltigkeit /
Bildungserwartungen
Die Evaluierung von europolitischen Bildungsmedien erfolgt nach Anwendung der
einzelnen Prüfaspekte für die Qualitätskriterien: Lernanwendung, Folgeprozesse,
Kontextualisierung, ???, ???, ???.
document1
12
Gesamtevaluation
Gesamtprüfung (arithmetisch / 5-er Skalierung) nach Kriterien
Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel)

II Evaluierung:
Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel)
Lernarrangement
s/
Bildungsdispositi
v

III Evaluierung:
Mediale
Aufbereitung
Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel)

IV Evaluierung:
Nachhaltigkeit /
Bildungserwartu
ngen
Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel)

Gesamt
Gesamtpunkte (Summe der arithmetischen
Mittel I – IV)

I
Evaluierung:
Thematische
Kontexte und
Diskursrahmen
Anmerkung:
Interpretation der Gesamtpunktzahl
18,0 - 20 Punkte
beispielhaftes europolitisches Bildungsmedium
sehr gut (1)
14,0 - 17,9 Punkte
empfehlenswertes europolitisches Bildungsmedium
gut (2)
10,0 -13,9 Punkte
geeignetes europolitisches Bildungsmedium
befriedigend (3)
6,0 – 9,9 Punkte
verwendbares europolitisches Bildungsmedium
ausreichend (4)
5,9 Punkte und weniger
nicht zu empfehlendes europolitisches Bildungsmedium
mangelhaft (5).
document1
13
Gesamtevaluierung (verbal):
document1
14
2. Evaluierungskonzept und
Evaluierungskriterien für IKT-basierte
Bildungsmedien
Bernd Mikuszeit
2.1 Evaluierung von Multimedia und Bildungsmedien
1. Evaluierung und Qualität von IKT-basierten Bildungsmedien
Lehrende und Lernende stehen durch die Medienflut vor einer schwierigen Wahl,
welche didaktischen Medien (zum Lehren und Lernen) zweckmäßig genutzt werden
können. Im Internet steht ein stetig wachsendes Angebot an frei verfügbaren Inhalten
zur Verfügung. Es wächst auch das kommerzielle Angebot an Bildungsmedien, die nicht
immer die Qualität gewährleisten, die sie versprechen. Die Grenzen und die Zwecke der
verschiedenen Bildungsmedienarten verwischen immer mehr. Es ist deshalb notwendig,
Orientierungshilfen für die Bildungspraxis abzuleiten und zu propagieren. Mit
praktikablen Evaluierungsangeboten und –vorschlägen können Lehrende und Lernende
selbst Bildungsmedien bewerten und für ihre Bildungszwecke auswählen. Aus dieser
Sicht wurde das nachfolgend beschriebene Evaluierungs- und Bewertungssystem
ausgearbeitet und vorgelegt.
Bei der Evaluation geht es um das Bewerten von Bildungsmedien. Diese Form der
Evaluation befasst sich mit dem Abschätzen der Einsatzmöglichkeiten und der
Wirkungsmöglichkeiten von Bildungsmedien in einem didaktischen
Funktionszusammenhang. Sie wird deshalb mit Kriterien realisiert. (vgl. Jeletto 2012)
„Evaluationen … haben eine Erkenntnis- und Entwicklungsfunktion sowie eine Kontrollund Legitimationsfunktion. Mit Evaluationen kann wissenschaftlich erkannt werden, z.B.
ob die (digitalen und audiovisuellen) Bildungsangebote den angestrebten Zielen und
gestellten Anforderungen entsprechen, die Zielgruppe erreicht und ihre Lernprozesse
effizient unterstützt“ werden können. (vgl. Arnold, Kilian, Thillosen, Zimmer, 2011, 305)
Zur Evaluation von digitalen und audiovisuellen Bildungsmedien wurde die Methode,
Evaluation mit Hilfe eines Kriteriensystems und von Qualitätskriterien, gewählt. Vorteil
dieser Methode ist es, das sie leicht handhabbar, einfach zu organisieren sowie Zeit und
Kosten sparend ist. Die Evaluation mit einem Kriteriensystem kann nicht die
tatsächliche Lernsituation und Lernbedingen vorwegnehmen. Mit dieser Methode der
Evaluation können die potenziellen Möglichkeiten für den Einsatz eines Mediums gut
bestimmt werden. Auf die Wirksamkeit des Mediums kann aber nicht direkt geschlossen
werden, da der Erfolg des Lernprozesses neben dem Medium noch von vielen weiteren
Faktoren wie Lernumgebung und Lernsituation abhängig ist.
Mit der Evaluierung von Bildungsmedien wird das Ziel verfolgt, die Qualität von
Bildungsmedien zu bestimmen und Empfehlungen für den Einsatz abzuleiten.
Die Qualität von Lehr- und Lernprozessen in der Aus- und Weiterbildung hängt
wesentlich auch von der Qualität der verwendeten digitalen und audiovisuellen
Bildungsmedien ab. Es ist deshalb zweckmäßig Qualitätsstandards auf Produktebene in
Form von Qualitätskriterien festzulegen.
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Arnold, Kilian, Thillosen, Zimmer formulieren folgende Kriterien für eine
lernerorientierte Qualitätsentwicklung und für die Qualität von Lernprozessen im ELearning:
(1) Lernziel
(2) Lerninhalt
(3) Lernmethode
(4) Handlungssteuerung
(5) Lernumgebung
(6) Kommunikation
(7) Kooperation
(8) Partizipation
(9) Lernergebnis
(10) Design
(11) Begleitinformation
(12) Lernverlaufsprotokoll
(vgl. Arnold, Kilian, Thillosen, Zimmer, 2011, 297ff)
Diese Kriterien sind auch wesentliche Elemente des in den Projekten EvaluMedia,
LeonardoMedia und BB-Media konzipierten Bewertungssystems für digitale und
audiovisuelle Medien.
2. Didaktisches Bewertungssystem mit integrierter MultimediaDatenbank
Das Bewertungssystem wurde zur Evaluierung von digitalen und audiovisuellen
Bildungsmedien mit didaktisch determinierten Qualitätskriterien und integrierter
Mediendatenbank konzipiert. Dabei wurde das Ziel verfolgt, pädagogische, didaktische
und potenzförderliche Aspekte (kurz. Bildung/ im weiten Sinne), die in den Medien
angelegt sind, zu analysieren und zu verdeutlichen. Wesentliche Aspekte bei der
Konzipierung des Bewertungssystems waren Übersichtlichkeit, einfache Handhabung,
Verwendung für unterschiedliche Medienarten und praxisorientierte Nutzung in der
Bildungspraxis.
Das Bewertungssystem kann für die Evaluierung der digitalen (IKT-basierten)
Bildungsmedien
- didaktische Multimediaprodukte (DMP),
- allgemeine Multimediaprodukte (AMP),
- Lehr- und Lernmanagementsysteme (LMS) und
- Computerspiele mit kompetenzförderlichen Potenzialen (CKP)
verwendet werden.
Außerdem ist es anwendbar für die
- Europolitische Bildungsmedien (EBM).
In den jährlich durchgeführten europäischen Medienwettbewerben, ErasmusEuromedia-Wettbewerb in Wien und Comenius.Edumedia-Wettbewerb in Berlin, wird
das Bewertungssystem angewendet, geprüft und weiterentwickelt.
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3. Digitale und audiovisuelle Bildungsmedien
Die im Mittelpunkt des Bewertungssystems stehenden digitalen und audiovisuellen
Bildungsmedien können im nachfolgenden Sinne unterschieden und chrakterisiert
IKT-basierte Bildungsmedien sind Träger von Informationen über Gegenstände und Prozesse
und Mittel der Kommunikation zwischen allen Beteiligten, die auf diversen elektronischen und
digitalen Datenträgern (Internet, DVD, CD-ROM, USB, hybride Produkte etc.) zur Verfügung
stehen. Sie werden in didaktisch intendierten pädagogischen Funktionszusammenhängen
genutzt und sollen es den Lernenden ermöglichen, ihre Handlungskompetenzen (als fachliche,
soziale und personelle Kompetenz) zu entwickeln. Sie werden auch als elektronische oder
digitale Bildungsmedien bezeichnet.
Im Comenius-EduMedia-Wettbewerb der GPI wird zwischen Didaktischen
Multimediaprodukten (DMP), Allgemeinen Multimedia-Produkten (AMP), Lehr- und
Lernmanagementsystemen (LMS) und kompetenzförderlichen Computerspielen
unterschieden.
Didaktische Multimediaprodukte (DMP) sind Träger von Informationen über Gegenstände
und Prozesse und Mittel der Kommunikation zwischen allen Beteiligten. Sie sind pädagogisch
bzw. didaktisch strukturiert, für den Einsatz in einem Lehr- und Lernprozess konzipiert und
stehen auf diversen elektronischen und digitalen Datenträgern (Internet, DVD, CD-ROM, USB,
hybride Produkte etc.) zur Verfügung. Sie werden in didaktisch intendierten pädagogischen
Funktionszusammenhängen genutzt und sollen es den Lernenden ermöglichen, ihre
Handlungskompetenzen (als fachliche, soziale und personelle Kompetenz) zu entwickeln.
Der Begriff kennzeichnet eine Vielzahl von Produkten aus dem Computer-,
Telekommunikations-, Internet- sowie Hörfunk- und Fernsehbereich. Didaktische
Multimediaprodukte werden auch als direktionale DMP bzw. didaktisch intendierte DMP, wie
CD-ROM, DVD, Internetangebote, hybride Multimediaprodukte, charakterisiert.
Allgemeine Multimedia-Produkte (AMP) sind Träger von Informationen und Inhalten auf
diversen digitalen Datenträgern (Internet, DVD, USB etc.), die zur Bildung (also Lehren und
Lernen) genutzt werden können. Bildung ist jedoch nicht ihr primäres Ziel. Ihr Ziel ist zu
informieren, es sind Produkte die zu einem (oder mehreren) Themenfelder Informationen
bieten und dabei nicht einem formalen Bildungsprogramm folgen.
Allgemeine Multimediaprodukte werde auch als nondirektionale Medien bzw. didaktisch nicht
intendierte Medien, wie Internetprojekte, Multimedialexika, Lernobjekte, Hörbücher, E-books,
Fernseh- und Rundfunkprojekte, charakterisiert.
Lehr- und Lernmanagementsysteme (LMS) sind IKT-basierte Systeme, die Bildung
unterstützen bzw. Bildung ermöglichen können, wie Plattformen, Netzwerke sowie
Autorensysteme, interaktive Systeme.
Computerspiele mit kompetenzförderlichen Potenzialen (CKP) sind Computerspiele (max.
USK 16), die kognitive Kompetenz, Medienkompetenz, soziale Kompetenz,
persönlichkeitsbezogenen Kompetenz und Sensomotorik fördern können.
Europolitische Bildungsmedien sind audiovisuellen Bildungsmedien zum Thema
Europa. Es sind Medienprodukte oder Medienproduktionen, die das Thema Europa
(Europäische Integration, Europa der Kulturen, Entwicklungsgeschichte und Zukunft
Europas) zum Inhalt haben, die im Hinblick auf die euro-kulturelle Thematik
Bildungsziele verfolgen wie europäische Werte-Bildung, europäische Identitäts- und
Bewusstseinsbildung, transkulturelle Verständigung in Europa, soziale Integration,
Solidarität und friedliche Nachbarschaft und die zum Thema Europa in
Bildungskontexten eingesetzt werden können. (vgl. Bauer 2006)
Europolitische Bildungsmedien werden in dem jährlich durchgeführten europäischen
Erasmus-Euromedia-Wettbewerb in Wien ausgezeichnet.
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4. Evaluierungsbereiche
Zur Sicherung von Handhabbarkeit und Praxistauglichkeit wurde das
Bewertungssystem für alle Medienarten mit einer übersichtlichen und einheitlichen
Struktur konzipiert.
Es wurden für alle Medienarten 4 Evaluierungsbereiche entwickelt. Um die Dominanz
von pädagogischen und didaktischen Aspekten bei der Konzipierung des
Bewertungssystems zu sichern, wurden mindestens eine oder zwei
Evaluierungsgruppen zum Bildungsbereich gewählt.
Zu jedem Evaluierungsbereich wurden jeweils 6 Qualitätskriterien mit mehreren
Bewertungsaspekten entwickelt. Mit Hilfe der Bewertungsaspekte kann in einfacher
Weise die Evaluierung des Mediums vorgenommen werden. Qualitätskriterien und
Bewertungsaspekte decken weitgehend die Gesamtheit der Eigenschaften
ausgezeichneter Bildungsmedien ab. Bei einem konkreten Medium müssen deshalb
nicht immer alle Aspekte zutreffen. Einzelheiten des Bewertungsverfahrens werden
nachfolgend erläutert (vgl. Prüf- und Bewertungsverfahren für digitale und
audiovisuelle Bildungsmedien.)
Die folgende Übersicht verdeutlicht das skizzierte Modell der Medienbewertung.
Modell zur Medienbewertung
Evaluierungsbereich (EV)– Qualitätskriterien (QK)- Bewertungsaspekte (BA)
QK
Qualitätskriterien
QK 1
EV 1
Evaluierungsbereich 1
QK 1 BA1
EV 2
Evaluierungsbereich 2
BA1
QK 1
EV 3
Evaluierungsbereich 3
BA1
QK 1
EV 4
Evaluierungsbereich 4
BA1
QK 1
QK 2
QK 2
QK 2
QK 2
QK 2
QK 3
QK 3
QK 4
QK 4
QK 5
QK 5
QK 6
QK 6
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BA2
…
BAX
BA1
BA2
…
BAX
BA1
BA2
…
BAX
BA1
BA2
…
BAX
BA1
BA2
…
BAX
BA1
BA2
…
BAX
QK 3
QK 4
QK 5
QK 6
BA2
…
BAX
BA1
BA2
…
BAX
BA1
BA2
…
BAX
BA1
BA2
…
BAX
BA1
BA2
…
BAX
BA1
BA2
…
BAX
QK 3
QK 4
QK 5
QK 6
BA2
…
BAX
BA1
BA2
…
BAX
BA1
BA2
…
BAX
BA1
BA2
…
BAX
BA1
BA2
…
BAX
BA1
BA2
…
BAX
QK 3
QK 4
QK 5
QK 6
BA2
…
BAX
BA1
BA2
…
BAX
BA1
BA2
…
BAX
BA1
BA2
…
BAX
BA1
BA2
…
BAX
BA1
BA2
…
BAX
Die konzipierten Evaluierungsbereiche für die Medienarten DMP, AMP, LMS, CKP, BME
sind in de folgenden Übersicht zusammengefasst.
Evaluierungsbereiche
für DMP, AMP, LMS, CKP, BME
Digitale und
Evaluieruns-
Evaluieruns-
Evaluieruns-
Evaluieruns-
audiovisuelle
bereich 1
bereich 2
bereich 3
bereich 4
Medien
Anforderungen
Medienartspezifisch Anforderungen an
an Bildung bzw.
e Anforderungen
Design und Gestaltung an Technik und
Kompetenzen
DMP Didaktische
Pädagogisch-
Multimediaprodukte inhaltliche
Anforderungen
AMP Allgemeine
Anforderungen
Anwendung
Didaktisch-
Medial-gestalterische
Ergonomisch-
methodische
Anforderungen
technische
Anforderungen
Anforderungen
Pädagogik - Didaktik Informationsrelevanz Gestaltung - Nutzung
Technische Umsetzung
Lehrer-Perspektive Lerner-Perspektive
Kommunikation,
Technische
Kreativität,
Perspektive,
Innovation
Administration
Medienbezogene und
Sensomotorische und
Multimediaprodukte
LMS Lehr- und
Lernmanagementsysteme
CKP Computerspiele Kognitive
Kompetenzen
Soziale und
persönlichkeitsbezoge gestalterische
technische
ne Kompetenzen
Anforderungen
Anforderungen
Mediale Aufbereitung
Nachhaltigkeit
BME Bildungs-
Thematische
Lernarrangments
medien für Europa
Kontexte und
Bildungsdispositiv
Bildungserwartungen
Kursrahmen
Der Vorteil des skizzierten Bewertungssystems ist auch darin zu sehen, dass alle Bewertungen
Online vorgenommen werden können und in einer Online-Datenbank dokumentiert und für
die Bildungspraxis zugänglich gemacht werden. (vgl. www….) Das Bewertungssystem kann
von Experten und Praktiker gleichermaßen genutzt werden. Da Experten und Praktiker ein
Medium mehrfach Bewerten können, ist damit auch eine weitere Objektivierung der
Evaluierungsergebnisse möglich.
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5. Prüf- und Bewertungsverfahren für
digitale und audiovisuelle Bildungsmedien
Die Anwendung des Qualitäts- und Bewertungssystems ermöglicht eine schnelle,
ökonomische
und
konzeptionsorientierte
Prüfung
der
Qualität
von
Multimediaprodukten und Bildungsmedien.
Mit Hilfe eines Kriterienkatalogs und einer arithmetischen Kriterienbewertung kann
eine schnelle und ökonomische Bewertung vorgenommen werden. Vorteile dieses
Vorgehens sind vor allem geringer Aufwand und vergleichbare Ergebnisse. Der Nachteil
dieses Verfahrens liegt darin, dass gegebenenfalls bestimmte Schwerpunkte der dem
Multimediaprodukt und Bildungsmedium zugrunde liegenden pädagogischen und
medialen Konzeption bei der Abarbeitung der Kriterien nicht genügend berücksichtigt
werden können. Es empfiehlt sich deshalb neben der arithmetischen
Kriterienbewertung
mit
dem
Kriterienkatalog
zusätzlich
eine
verbale
Konzeptionsbewertung durchzuführen, die sich am Kriterienkatalog orientiert und
sowohl lerntheoretische und mediale Schwerpunkte als auch die Gesamtkonzeption des
Multimediaprodukts bzw. des Bildungsmediums umfassend berücksichtigt.
Unter Anwendung der Qualitätskriterien und Prüfaspekte kann deshalb zur Beurteilung
von didaktischen Multimediaprodukten und Bildungsmedien zweckmäßigerweise eine
arithmetische Kriterienbewertung und eine verbale Konzeptionsbewertung
vorgenommen werden.
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Arithmetische Kriterienbewertung von didaktischen Multimediaprodukten und
Bildungsmedien (Kurzbewertung)
Um relativ schnell zu einem angenäherten Qualitätsurteil zu kommen, ist es
zweckmäßig, eine arithmetische Kriterienbewertung durchzuführen. Diese Bewertung
kann mit Hilfe des Kriterienkatalogs in Form eines Bewertungsbogens, der alle
Qualitätskriterien und Prüfaspekte enthält, durchgeführt werden. Im Bewertungsbogen
kann die Kriterienbewertung in einfacher Weise arithmetisch nach einer 5er Skalierung
vorgenommen werden. Hierzu werden für die einzelnen Prüfaspekte Punkte in der Skala
von 1 bis 5 vergeben. Im Mittelpunkt dieser Bewertung steht die Frage, in welcher
Qualität der jeweilige Prüfaspekt konzipiert ist bzw. realisiert werden kann.
5 Punkte (sehr gut, beispielhaft, hervorragend)
4 Punkte (gut, gelungen, empfehlenswert)
3 Punkte (befriedigend, zweckmäßig, geeignet)
2 Punkte (ausreichend, genügend, verwendbar)
1 Punkt (mangelhaft, nicht zu empfehlen).
In der folgenden Übersicht ist die Kurzbewertung für einen Prüfaspekt
zusammengefasst:
Bewertung
Prüfung (arithmetisch/5-er Skalierung) nach Qualitätskriterien und Prüfaspekten
(zutreffendes bitte auswählen):
5 Punkte
Der Prüfaspekt ist in hervorragender Art und Weise
(sehr gut, beispielhaft,
konzipiert und realisierbar.
hervorragend)
4 Punkte
Der Prüfaspekt ist in gelungener Art und Weise konzipiert
(gut, gelungen,
und realisierbar.
empfehlenswert)
3 Punkte
Der Prüfaspekt ist in befriedigender Art und Weise
(befriedigend,
konzipiert und realisierbar.
zweckmäßig, geeignet)
2 Punkte
Der Prüfaspekt ist in ausreichender Art und Weise
(ausreichend, genügend, konzipiert und realisierbar.
verwendbar)
1 Punkt
Der Prüfaspekt ist mangelhaft konzipiert und kaum
(mangelhaft, nicht zu
realisierbar.
empfehlen)
0 Punkte
Prüfaspekt ist für das Produkt nicht zutreffend
(nicht zutreffend)
Nach der Bewertung aller Prüfaspekte zu den Qualitätskriterien einer der vier
Bewertungsgruppen
(pädagogisch-inhaltliche,
didaktisch-methodische,
medialgestalterische und ergonomisch-technische Bewertung) ergibt sich jeweils ein
arithmetisches Mittel der für die Qualitätskriterien vergebenen Punkte.
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Die arithmetischen Mittel, die sich nach der Kurzbewertung einer Bewertungsgruppe
ergeben, sollten folgendermaßen interpretiert werden:
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl
einer Kriteriengruppe
4,5 – 5 Punkte
Die Qualitätskriterien der Kriteriengruppe
sind in hervorragender Art und Weise
konzipiert und realisierbar.
3,5 – 4,4 Punkte
Die Qualitätskriterien der Kriteriengruppe
sind in gelungener Art und Weise konzipiert
und realisierbar.
2,5 – 3,4 Punkte
Die Qualitätskriterien der Kriteriengruppe
sind in befriedigender Art und Weise
konzipiert und realisierbar.
1,5 – 2,4 Punkte
Die Qualitätskriterien der Kriteriengruppe
sind in ausreichender Art und Weise
konzipiert und realisierbar.
1,4 Punkte und
Die Qualitätskriterien der Kriteriengruppe
weniger
sind mangelhaft konzipiert und kaum
realisierbar.
sehr gut (1)
gut (2)
befriedigend
(3)
ausreichend (4)
mangelhaft (5).
Die Gesamtbewertung ist die Summe der jeweiligen arithmetischen Mittel der vier
Kriteriengruppen
(pädagogisch-inhaltliche
Bewertung,
didaktisch-methodische
Bewertung, medial-gestalterische Bewertung, ergonomisch-technische Bewertung).
Mit dieser Bewertung wird gesichert, dass die vier Kriteriengruppen zwar gleichrangig
behandelt in die Gesamtbewertung einfließen, aber gleichzeitig pädagogische und
didaktische Aspekte (2 Bewertungsfelder) dominieren und 50% der Bewertung
ausmachen. Darin spiegelt sich die grundlegende Absicht für das Bewertungs- und
Prüfverfahren wieder, dass 50 % aller Bewertungsaspekte pädagogisch und didaktisch
determiniert sein sollen. Auf diese Art und Weise können maximal 20 Punkte erreicht
werden.
Die erreichte Punktzahl kann folgendermaßen interpretiert werden:
Interpretation der Gesamtpunktzahl
18,0 - 20 Punkte
beispielhaftes didaktisches
Multimediaprodukt / Bildungsmedium
14,0 - 17,9 Punkte
empfehlenswertes didaktisches
Multimediaprodukt / Bildungsmedium
10,0 -13,9 Punkte
geeignetes didaktisches
Multimediaprodukt / Bildungsmedium
6,0 – 9,9 Punkte
verwendbares
Multimediaprodukt / Bildungsmedium
5,9 Punkte und
nicht zu empfehlendes
weniger
Multimediaprodukt / Bildungsmedium
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sehr gut (1)
gut (2)
befriedigend
(3)
ausreichend (4)
mangelhaft (5).
Verbale Konzeptionsbewertung von didaktischen Multimediaprodukten und
Bildungsmedien
Empfehlenswert ist es, die Bewertung von didaktischen Multimediaprodukten und
Bildungsmedien unter Anwendung der Qualitätskriterien und Prüfaspekte in Form einer
verbalen Gesamtbewertung durchzuführen. In verbalen Einschätzungen zu den vier
Qualitätsfeldern bzw. Kriteriengruppen kann auf pädagogische und mediale
Schwerpunkte differenziert eingegangen, die Ausprägung der verschiedenen
Qualitätskriterien und Prüfaspekte zusammengefasst und ein Gesamturteil zur Qualität
des Multimediaprodukts bzw. des Bildungsmediums abgeleitetet werden.
Mit der Anwendung von Qualitätskriterien und Prüfaspekten zur Evaluation von
Multimediaprodukten und Bildungsmedien kann die Selektion guter Produkte
erleichtert werden. Das bedeutet aber immer nur eine Annäherung an den
vorweggenommenen Bildungsprozess. Letztlich entscheidet sich die Qualität des
didaktischen Multimediaprodukts und des Lernprogramms beim Einsatz für eine
bestimmte Zielgruppe in der konkreten Lernumgebung bzw. pädagogischen Situation.
Literatur
Arnold P., Kilian L., Thillosen A., Zimmer G. (2011): Handbuch E-Learning. W.
Bertelsmann Verlag, Bielefeld 2011.
Bauer, Thomas (2006): EURO MEDIA AWARD within the ESEC Comenius Award Call
2006, http://www.gpi-online.de/front_content.php?idcat=1399, (16.03.2012)
Jelitto, Marc (2012): Evaluation im Bereich digitaler Medien, Definitionen für Begriffe
rund um Evaluation, http://www.evaluieren.de/evaluat.ion/definiti.htm#typen
(16.03.2012)
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Bernd Mikuszeit
2.2. Evaluierungskriterien für DMP
Didaktische Multimediaprodukte (DMP)
Didaktische Multimediaprodukte (DMP) sind Träger von Informationen über
Gegenstände und Prozesse und Mittel der Kommunikation zwischen allen Beteiligten. Sie
sind pädagogisch bzw. didaktisch strukturiert, für den Einsatz in einem Lehr- und
Lernprozess konzipiert und stehen auf diversen elektronischen und digitalen
Datenträgern (Internet, DVD, CD-ROM, USB, hybride Produkte etc.) zur Verfügung. Sie
werden in didaktisch intendierten pädagogischen Funktionszusammenhängen genutzt
und sollen es den Lernenden ermöglichen, ihre Handlungskompetenzen (als fachliche,
soziale und personelle Kompetenz) zu entwickeln.
Der Begriff kennzeichnet eine Vielzahl von Produkten aus dem Computer-,
Telekommunikations-, Internet- sowie Hörfunk- und Fernsehbereich. Didaktische
Multimediaprodukte werden auch als direktionale DMP bzw. didaktisch intendierte DMP,
wie CD-ROM, DVD, Internetangebote, hybride Multimediaprodukte, charakterisiert.
Zur Bewertung von DMP werden folgend vier Evaluierungsbereiche empfohlen:
Teil I: Pädagogisch-inhaltliche Anforderungen
Teil II: Didaktisch-methodische Anforderungen
Teil III: Medial-gestalterische Anforderungen
Teil IV: Ergonomisch-technische Anforderungen.
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1
Teil I: Pädagogisch-inhaltliche Anforderungen
Die pädagogisch-inhaltliche Evaluierung befasst sich mit den grundlegenden Kategorien
von Bildung, mit den Zielen, Inhalten und Kompetenzen und analysiert die
Bildungsabsichten und Bildungsmöglichkeiten von didaktischen Multimediaprodukten.
Das Setzen und Realisieren von Zielen und Teilzielen sind Grundvoraussetzungen und
Orientierungen für erfolgreiches Lernen. Welche Kenntnisse, Werte und Kompetenzen auf
den verschiedenen Lernwegen im Zusammenhang mit der Zielgruppe erworben werden
sollen sind deshalb grundlegende Fragen für eine pädagogische Evaluierung von
Bildungsmedien. Eng damit verbunden ist die Frage, welche Inhalte bzw. Stoffe, wie
Fakten, Regeln, Begriffe, Gesetze, Methoden Relationen geübt, gelernt und angeeignet
werden sollen.
Die pädagogische Evaluierung zur Beurteilung der Bildungsabsichten und möglichkeiten von didaktischen Multimediaprodukten ist deshalb ein übergreifender
Ansatz, der die Evaluierungsgruppe konstituiert. Die pädagogisch-inhaltliche Evaluierung
steht an erster Stelle in der Gesamtevaluierung und befasst sich mit den
Qualitätskriterien
1. Lernziel,
2. Lerninhalt,
3. Zielgruppe,
4. Innovation,
5. Handlungskompetenzen,
6. Werte.
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2
Teil II: Didaktisch-methodische Anforderungen
Die didaktisch-methodische Evaluierung befasst sich mit wesentlichen Aspekten des
Lehrens und Lernens und analysiert, welche Lernarrangements und Lernmöglichkeiten
mit dem Multimediaprodukt verfolgt werden. Die Didaktik als Wissenschaftsdisziplin der
Pädagogik beschäftigt sich mit den Regeln des Lernens und den Zusammenhängen
zwischen Lernen und Lehren. Unter didaktisch-methodischer Fragestellung wird nach der
Methode sowie der Art und Weise der Vermittlung und der Aneignung von Kenntnissen
und Kompetenzen gefragt.
Die didaktische Evaluierung von Multimediaprodukten bildet deshalb eine zweite
wesentliche Kriteriengruppe und strukturiert die Antworten auf die Fragestellung, welche
Lernarrangements und Lernmöglichkeiten mit dem Multimediaprodukt verfolgt
werden.
Die Qualitätskriterien dieser Gruppe sind:
1. Didaktische Grundsätze
2. Didaktische Regeln und Verfahren
3. Vermittlungs- und Lernformen
4. Didaktische Schritte
5. Lernsteuerung
6. Interaktionsstrukturen.
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3
Teil III: Medial-gestalterische Anforderungen
Die medialen Anforderungen zur Beurteilung von Design und Gestaltung von
didaktischen Multimediaprodukten befassen sich mit der Fragestellung, inwieweit
die Umformung einer Idee zu einem ästhetisch und funktionell anspruchsvollen
Ergebnis gelungen ist. Es handelt sich hierbei um die Beurteilung der
formgerechten und funktionalen Gestaltgebung. Die medialen Anforderungen zur
Beurteilung von Design und Gestaltung stehen in engem Zusammenhang mit
medienpädagogischen und mediendidaktischen Fragestellungen und stellt eine
eigenständige dritte Kriteriengruppe dar.
Design und Gestaltung von didaktischen Bildungsmedien können wesentlichen
Einfluss auf wichtige Fähigkeiten des Lerners nehmen, wie
Wahrnehmungsfähigkeit, Vorstellungsvermögen, konstruktiv-produktives Denken,
sensibles Erfassen ästhetischer Werte, Umstrukturierungsfähigkeit. Die
Verwendung der verschiedenen medialen Elemente zur multimedialen
Aufbereitung von Lerninhalten muss als Ganzes betrachtet werden und die
einzelnen Elemente in Bezug auf ihre Funktion und ihre Zusammenwirken mit den
anderen Formen überprüft werden (vgl. Zimmer, G.: E-Learning, BW Bildung und
Wissen 2004, S. 103.).
Der medialen Evaluierung werden folgende Qualitätskriterien zugrunde gelegt:
1. Inhaltsadäquate Gestaltung
2. Adressatengerechte Gestaltung
3. Sprachliche Gestaltung
4. Bildschirmgestaltung
5. Visuelle Gestaltung
6. Auditive Gestaltung
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4
Teil IV: Ergonomisch-technische Anforderungen
Die Bedienungsanforderungen befassen sich mit grundlegenden ergonomischen
Gesichtspunkten bei der Nutzung von didaktischen Multimediaprodukten. Das
sind Fragen, die sich mit der menschgerechten Gestaltung von
Benutzeroberflächen bzw. von Mensch-Computer-Schnittstellen befassen.
Bedienung und Nutzungskomfort sind für die Wirksamkeit von didaktischen
Multimediaprodukten von wesentlicher Bedeutung. Diese Kriterien sind deshalb in
einer vierten Kriteriengruppe zusammengefasst.
Bei der Bedienungsevaluierung sind vor allem ergonomische Gesichtspunkte von
Bedeutung wie Bedienungseigenschaften, Handhabungsgesichtspunkte und
Gebrauchseigenschaften.
Es stehen die Arbeitsbedingungen für Lehrende und Lernende am und mit dem
Computer bzw. mit dem Multimediaprodukt im Mittelpunkt der Evaluierung.
Zur Bedienungsevaluierung gehören folgende Qualitätskriterien:
1. Selbsterklärung und Zuverlässigkeit
2. Übersichtlichkeit und Flexibilität
3. Navigation und Steuerung
4. Anpassungsfähigkeit
5. Technische Funktionalität
6. Produktinformationen.
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5
Teil I: Pädagogisch-inhaltliche Anforderungen
Anforderungen an Bildungsabsichten und Bildungsmöglichkeiten von didaktischen
Multimediaprodukten – Qualitätskriterien und Prüfaspekte
Qualitätskriterien
Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!)
1. Lernziel
 Im didaktischen Multimediaprodukt sind die Lernziele
für den Nutzer erkennbar und werden in realisierbaren,
lernlogisch aufbauenden und didaktisch-zweckmäßigen
Teilzielen und Arbeitsschritten umgesetzt.
Bewertung
 Die Lernziele müssen auf den Erwerb qualifizierter
Handlungskompetenzen ausgerichtet sein und den
jeweiligen Bildungsgängen entsprechen.
 Alle Ziel- und Inhaltskomponenten (kognitive, affektive,
psychomotorische, sozial-kommunikative) sind mit der
Gesamtkonzeption abgestimmt.
2. Lerninhalt
 Die Lerninhalte ermöglichen das Erreichen der
vorgesehenen Lernziele des Multimediaprodukts.
 Der Lerngegenstand wird sachlich und wissenschaftlich
korrekt dargestellt (Struktur, Auswahl, Menge und
Dichte sowie Verknüpfung von Informationen,
wesentliche Aussagen mit Bezug zum
Allgemeinheitsgrad und zur Abstraktionsebene).
 Auswahl und Vermittlung des Lerninhalts sind aus
pädagogischer Sicht zweckmäßig.
 Die Lerninhalte sind mit entsprechenden
Bildungsprogrammen abgestimmt.
 Begriffe und Termini werden einheitlich, zweckmäßig
und logisch richtig verwendet.
3. Zielgruppe
 Lerninhalte und Lernziele sind zielgruppengerecht.
 Lerninhalte und Lernziele können von den Lernenden
gewählt und entsprechen ihren Voraussetzungen und
Interessen.
 Notwendige Vorkenntnisse und Fähigkeiten der
Zielgruppe werden berücksichtigt (Wissen und Können,
Emotionen und Haltungen, Aufmerksamkeits- und
Konzentrationsvermögen, sozial-kulturelles Umfeld).
 Möglichkeiten für individuelles und kooperatives
Lernen sind adressatengerecht angelegt.
4. Innovation
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 Die Thematik oder die Art ihrer Realisierung sind
neuartig und progressiv.
6
 Lerninhalte und Lernziele entsprechen dem aktuellen
Stand der Forschung, der Entwicklung und
Fachdiskussion.
 Es gibt pädagogische Vorteile des Multimediaprodukts
gegenüber anderen Umsetzungsformen.
 Der inhaltliche Schwerpunkt liegt vor allem bei einem
spezifischen Fach- bzw. Themenbereich oder ist
interdisziplinär angelegt.
 Das Produkt kann als inhaltlich gelungenes
Multimediaprodukt bzw. multimediales und
interaktives Bildungsmedium, Lehrmittel, Lernmittel,
Arbeitsmittel oder Edutainment- bzw. InfotainmentProgramm charakterisiert werden.
5. Handlungskompeten  Die Arbeit mit dem Multimediaprodukt fördert
z
selbständiges, kritisches, multiperspektivisches und
flexibles Denken und Handeln in sozialen, ethischen
und kulturellen Kontexten.
 Das Multimediaprodukt ermöglicht selbständige
Entscheidungen zur Bewältigung der Aufgabenstellung.
 In dem Multimediaprodukt sind Möglichkeiten zum
kreativen Gestalten und zur Interaktivität angelegt.
6. Werte
 Die Arbeit mit dem Multimediaprodukt fördert humane
Gedanken und Werte.
 Die angezielten Werte und Normen fördern
solidarisches Verhalten.
 Die angezielten Werte und Normen sind frei von
gewaltverherrlichenden, radikalen oder obszönen
Darstellungen, ideologischer Beeinflussung, negativen
Vorurteilen und gezielter Manipulation.
 Der Inhalt ist frei von engem geschlechtsspezifischen
Rollendenken und Vorurteilen gegenüber
gesellschaftlichen Gruppen.
 Das Multimediaprodukt fördert ethische Bildung.
Gesamtpunkte
Summe der Punktwerte der pädagogischen
Evaluierung

Gesamt
Pädagogisch-inhaltliche Evaluierung / Gesamtpunkte
dividiert durch Anzahl der Evaluierungen /
arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle

Anmerkung:
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7
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
4,5 – 5 Punkte
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
sehr gut (1)
3,5 – 4,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
gut (2)
2,5 – 3,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
befriedigend
(3)
1,5 – 2,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
ausreichend
(4)
1,4 Punkte und weniger
Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
mangelhaft
(5).
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8
Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die pädagogisch-inhaltliche Evaluierung
Die pädagogisch-inhaltliche Evaluierung von Multimediaprodukten erfolgt nach
Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für: „Lernziel“, „Lerninhalt“, „Zielgruppe“,
„Innovation“, „Handlungskompetenz“, „Werte“.
Teil II: Didaktisch-methodische Anforderungen
Anforderungen an Lernarrangements und Lernmöglichkeiten
Multimediaprodukten – Qualitätskriterien und Prüfaspekte
von
didaktischen
Qualitätskriterien
Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!)
1. Didaktische
Grundsätze
 Dem didaktischen Multimediaprodukt liegt ein erkennbarer
lerntheoretischer Ansatz zugrunde, beispielsweise ein eher
objektivistischer, konstruktivistischer, traditionalistischer,
wissenschaftsorientierter oder handlungsorientierter
Ansatz.
Bewertung
 Der lerntheoretische Ansatz ist zweckmäßig umgesetzt.
 Nach didaktischen Gesichtspunkten sind die
Bildungsinhalte sinnvoll ausgewählt und begründet.
 Entsprechend dem Bildungsanliegen wurde ggf. eine
zweckmäßige didaktische Reduktion vorgenommen.
2. Didaktische
Regeln und
Verfahren
document1
 Grundlegende didaktische Regeln und Prinzipien sind
erkennbar und wurden eingehalten, wie

Fasslichkeit
9










3. Vermittlungsund Lernformen
Wissenschaftlichkeit
Folgerichtigkeit
Anschaulichkeit
Vom Allgemeinen zum Besonderen
Vom Einfachen zum Komplizierten
Vom Leichten zum Schweren
Vom Nahen zum Entfernten
Vom Bekannten zum Unbekannten
Verbindung des Konkreten mit dem Abstrakten.
Logische Lernverfahren, wie Analysieren, Synthetisieren,
Vergleichen, Differenzieren, Generalisieren, Abstrahieren,
Verallgemeinern, Ordnen, Konkretisieren, sind im
Multimediaprodukt angelegt und werden gefördert.
 Methodische Grundformen der Vermittlung (Darbietende,
Aufgebende, Erarbeitende Formen) werden angewandt.
 Mögliche und sinnvolle Kooperationsformen der
Vermittlung, wie. frontale Vermittlung, Partnerlernen,
Gruppenlernen bzw. Einzellernen, wurden berücksichtigt.
 Das Multimediaprodukt ermöglicht bezogen auf
Lernformen individuelles und kooperatives Lernen.
Individuelles Lernen kann mit kooperativem Lernen
verbunden werden. Individuelles Lernen wird sinnvoll mit
unterhaltsamen Formen bzw. Spielen verbunden.
 Das Multimediaprodukt ist vorrangig für einen bzw.
mehrere Einsatzbereiche geeignet:
 Einzelnutzer oder für die Nutzung in Gruppen
einschließlich Online-Gruppen
 Nachmittagsbeschäftigung / Projektunterricht /
Fachunterricht / Freiarbeit / Vertretungsstunden /
Einzelarbeit.
 Ausbildung, Weiterbildung, lebenslanges Lernen sowie
 Arbeitslose, Behinderte, Migranten, Senioren, Frauen.
 Die Einsatzbereiche sind erkennbar und realisierbar.
4. Didaktische
Schritte
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 Wesentliche didaktische Schritte, die einen optimalen
Lernprozess ermöglichen, werden folgerichtig angewandt:
 Einführung (Zielstellung und -orientierung,
Motivierung, Reaktivierung)
 Arbeit am neuen Stoff / Erstvermittlung / Einführung
 Festigung (Einprägen, Wiederholen, Üben)
 Systematisierung, Anwendung,
 Kontrolle, Evaluierung.
10
 Mit den didaktischen Schritten können die
Bildungsabsichten sinnvoll und zweckmäßig erreicht
werden.
 Die vorgesehenen didaktischen Schritte ermöglichen
unterschiedliches Arbeiten der Nutzer in
Schwierigkeitsgrad und Tempo.
5. Lernsteuerung
 Die Abarbeitung von Lernschritten erfolgt emotional
wirksam und motivierend.
 Die Steuerung der Lernhandlung erfolgt übersichtlich und
selbsterklärend.
 Aufgabenstellungen, Antwortformen und weitere
Lernaktivitäten sind dem Anliegen entsprechend sachlich
richtig und sinnvoll gestaltet sowie in Kombination von
Text und Bild verständlich und klar.
 Die Aufgabenbearbeitung ist variabel und reduziert sich
nicht nur auf mechanisches Abarbeiten. Der Lernweg kann
selbst bestimmt werden. Die Antwortgestaltung ist variabel
und kann wahlweise durch akustische oder grafische
Hinweise bzw. Korrekturen unterstützt werden.
 Die Übungen und Wiederholungen sind abwechslungsreich
und erfolgen variabel.
 Verzweigungen erfolgen aus didaktischen Überlegungen
und entsprechen den Anforderungen der Zielgruppe.
 Spiele und andere Unterhaltungselemente stehen in
erkennbarem Zusammenhang mit der Bildungskonzeption.
Das Multimediaprodukt ermöglicht abwechslungsreiches
Lernen und beschränkt sich nicht nur auf Unterhaltung.
6. Interaktionsstrukturen
 Das Multimediaprodukt ermöglicht interaktives Arbeiten,
Veränderung von Aufgabenstellungen und flexibles
Reagieren entsprechend den unterschiedlichen
Lernbedürfnissen und Lernvoraussetzungen.
Rückmeldungen werden in variablen Formen, motivierend
und effektiv angeboten.
 Das Multimediaprodukt reagiert auf den Lernverlauf, indem
der individuelle Leistungsstand analysiert wird und
entsprechende Verzweigungen empfohlen werden.
 Verzweigungen werden nach Antwort- und
Lernverlaufsanalyse automatisch eingeschlagen und
können frei gewählt werden. Verzweigungen sind in
angemessener und überschaubarer Anzahl vorhanden.
Durch Verzweigungen werden unterschiedlich schwierige
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11
und variierte Aufgabenformen angeboten.
 Interaktivität zwischen Nutzer und Multimediaprodukt
wird ermöglicht, indem Aufgaben und Arbeitsaufträge
gestellt, Lösungen gefordert und die Entwicklung von
Lösungsstrategien gefördert werden.
 Die Interaktivität wird unterstützt durch Abhängigkeit des
Programmfortgangs von den Beiträgen und Aktivitäten des
Nutzers, durch Auslösen von Aktivitäten des Nutzers, z.B.
Sammeln von Daten, Erweitern von Informationen, durch
Bereitstellung von Daten für die weitere Bearbeitung, durch
Fehlermeldungen mit Sachbezug, durch sachliche und
variable Bestätigung von Arbeitsergebnissen, durch
Realisierung von LINKS zu anderen Medien bzw. durch
Belohnungssysteme (Bestenliste, Spiele usw.).
 Leistungsstand und Lernverlauf des Nutzers werden
übungsbegleitend ermittelt und sachgerecht, motivierend
und ermutigend mitgeteilt. Die Evaluierung der
Leistungsergebnisse ist fachlich und didaktisch korrekt und
sinnvoll.
 Die Leistungsauswertungen im Multimediaprodukt sind
fachlich und pädagogisch sinnvoll. Die Feststellung von
Leistungsergebnissen ist statistisch korrekt.
 Für Leistungsauswertungen werden zweckmäßige
Möglichkeiten (wie Text, Ton, Grafik, Animation)
angeboten. Falsche Lösungen werden in unterschiedlicher
und variabler Weise kenntlich gemacht. Rückmeldungen
falscher Lösungen erfolgen in motivierender Weise und
bewerten die Antwort und nicht die Person.
Gesamtpunkte
Summe der Punktwerte der didaktischen Evaluierung

Gesamt
Didaktisch-methodische Evaluierung / Gesamtpunkte
dividiert durch Anzahl der Evaluierungen /
arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle

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12
Anmerkung:
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
4,5 – 5 Punkte
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
sehr gut (1)
3,5 – 4,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
gut (2)
2,5 – 3,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
befriedigend
(3)
1,5 – 2,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
ausreichend
(4)
1,4 Punkte und weniger
Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
mangelhaft
(5).
Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die didaktisch-methodische Evaluierung
Die didaktisch-methodische Evaluierung von Multimediaprodukten erfolgt nach
Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für: „Didaktische Auswahl des Inhalts“,
„Didaktische Regeln und logische Lernverfahren“, „Vermittlungs- und Lernformen,
Einsatzbereiche“, „Didaktische Schritte“, „Lernsteuerung und
Leistungsauswertung“, „Interaktionsstrukturen“.
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13
Teil III: Medial-gestalterische Anforderungen
Anforderungen an Design und Gestaltung von didaktischen Multimediaprodukten –
Qualitätskriterien und Prüfaspekte
Qualitätskriterien
Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!)
1. Inhaltsadäquate
Gestaltung
 Die Gestaltung (Farben, Typographie, nicht-textuelle
Elemente etc.) des didaktischen Multimediaprodukts
wurde inhaltsadäquat (z.B. Zeichnungen für Kinder,
„kalte“ Farben für Winter etc.) vorgenommen.
Bewertung
 Die Medienart (Video, Bilder, Text etc.) wurde
entsprechend dem Inhalt zweckmäßig gewählt (Videos
für Bewegungsabläufe, Audioaufzeichnungen für Musik
und Sprache).
 Die Lerninhalte sind mit den Möglichkeiten der
Multimediaart (mediales und grafisches Design)
abgestimmt.
 Es wurde die dem Inhalt gemäße multisymbolische
Darstellungsform gewählt. Die multisymbolischen
Darstellungsformen (Texte, Grafiken, Bilder, Videos,
Audios etc.) sind korrekt und entsprechen ästhetischen
Gesichtspunkten.
2. Adressatengerechte
Gestaltung
 Das Multimediaprodukt wurde adressatengerecht
gestaltet.
 Unterschiedlichen Adressatengruppen werden
verschiedene graphische und mediale
Gestaltungskonzepte gewidmet.
 Gestaltung ist den Bedürfnissen des Benutzers
angepasst. (Buchstabengröße, Kontraste, Untertitel
etc.)
 Darstellungsformen des Inhalts wie Sprache, Ton, Bild,
Animation sind zielgruppengemäß. Benutzer können
selbst Inhalte strukturieren (betonen, überspringen
etc.) und hinzu fügen (upload)
 Barrierefreiheit wurde bei der Gestaltung
berücksichtigt.
3. Sprachliche
Gestaltung
 Sprache in ihrer lautlichen und schriftlichen Form ist
normgerecht und korrekt.
 Die sprachlichen Ausdrucksformen und der Stil der
Sprache sind sachgemäß und motivierend.
 Die textliche Ausdrucksform (Rechtschreibung,
Grammatik und Zeichensetzung) ist fehlerfrei.
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14
 Texte sind klar strukturiert und betonen wichtige
Information
4. Bildschirmgestaltung
 Die Benutzeroberfläche ist klar, übersichtlich,
zutreffend und verständlich. Die Informationsmenge je
Bildschirmseite ist der entsprechenden Zielgruppe
angemessen. Der Bildschirmaufbau weist eine
angemessene Detailliertheit auf.
 Die technische Qualität der Bildschirmseiten ist durch
klare Auflösung, gleichmäßige Leuchtdichte und gute
Kontraste charakterisiert.
 Text- und Bildteile stehen auf den Bildschirmseiten in
einem funktionalen und ästhetischen Zusammenhang.
 Jede Bildschirmseite ist für sich durch einen
inhaltlichen Zusammenhang abgeschlossen.
 Betrachtungszeit und Bearbeitungszeit für eine
Bildschirmseite können frei gewählt werden.
 Die Bildschirmgestaltung spricht den Benutzer rational
und emotional an ist als und ist im Detail und in der
Gesamtheit eine Einheit.
5. Visuelle Gestaltung
 Die Textgestaltung ist übersichtlich, gut erkennbar und
lesbar. Textdarstellungen und Verknüpfungen stehen
mit dem Bildungsinhalt in engem funktionalen
Zusammenhang.
Textdarstellungen sind übersichtlich aufgebaut und
heben wesentliche Informationen hervor.
 Grafiken, Bilder, Symbole und Farben
sind verständlich, sinnvoll, ästhetisch ansprechend,
motivierend und qualitätsgerecht produziert.. Sie
stehen in einem engen funktionalen Zusammenhang
mit den Bildungsabsichten.
Sie zeichnen sich durch klare Linien, Formen, Kontraste
und Verständlichkeit aus.
 Durch sinnvollen Einsatz von visuellen Elementen wie
Farbgestaltung werden Lerninhalte betont,
Lernprozesse die erleichtert und die Zielgruppe
motiviert.
 Die Animationen und Videos sind verständlich, sinnvoll
und motivierend. Die verwendeten Animations- und
Videosequenzen sind zur Darstellung und zum
Verstehen des Lerninhalts erforderlich bzw.
unterstützen es nachhaltig. Animationen und Videos
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haben ein zielgruppenadäquates Niveau und
motivieren die Adressaten.
6. Auditive Gestaltung

Die akustischen Elemente wie Sprache, Musik, Töne,
Geräusche u.a. sind sinnvoll, verständlich und
motivierend.

Die auditive Gestaltung unterstützt die Aneignung des
Lerninhaltes und die Interaktion.
 Auditive Elemente haben eine einwandfreie Qualität,
werden angemessen verwendet.
 Ton- und Lautstärke können verändert werden und
wirken für die Zielgruppe motivierend.
Gesamtpunkte
Summe der Punktwerte der medialen Evaluierung

Gesamt
Mediale Evaluierung / Gesamtpunkte dividiert durch
Anzahl der Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1
Kommastelle

Anmerkung:
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
4,5 – 5 Punkte
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
sehr gut (1)
3,5 – 4,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
gut (2)
2,5 – 3,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
befriedigend
(3)
1,5 – 2,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
ausreichend
(4)
1,4 Punkte und weniger
Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
mangelhaft
(5).
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16
Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die mediale Evaluierung
Die mediale Evaluierung von Multimediaprodukten erfolgt nach Anwendung der einzelnen
Prüfaspekte für: „Inhaltsadäquate Gestaltung“, „Adressatengerechte Gestaltung“,
„Sprachliche Gestaltung“, „Bildschirmgestaltung“, „Visuelle Gestaltung“, „Auditive
Gestaltung“.
Teil IV: Ergonomisch-technische Anforderungen
Anforderungen
an
Bedienung
und
Nutzungskomfort
Multimediaprodukten - Qualitätskriterien und Prüfaspekte
von
didaktischen
Qualitätskriterien
Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!)
1. Selbsterklärung
und
Zuverlässigkeit
 Das Multimediaprodukt erklärt sich durch konkrete optische und
akustische Hilfen weitgehend selbst.
Bewertung
 Das didaktische Multimediaprodukt arbeitet zuverlässig,
fehlerfrei, schnell und abbruchsicher.
 Alle angegebenen Funktionen arbeiten problemlos, insbesondere
Laden, Speichern, Drucken und Beenden.
 Das Multimediaprodukt weist eine weitgehende
Fehlbedienungsresistenz auf.. Bedienungsfehler werden durch
optische oder akustische Hinweise korrigiert. Bedienungsfehler
werden weitgehend ignoriert.
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2. Übersichtlichkeit  Das Multimediaprodukt ist übersichtlich und überschaubar
gestaltet und einfach zu benutzen.
und Flexibilität
 Das Inhaltsmenü ist klar und logisch gegliedert.
 Die Steuerelemente werden durchgehend und einheitlich
verwendet. Der Benutzer kann immer erkennen, in welchem Teil
er sich befindet.
 Benutzerhinweise und Erklärungen für Anfänger und Einsteiger
können jederzeit abgebrochen und übersprungen werden.
 Das Multimediaprodukt ermöglicht vielfältige
Auswahlmöglichkeiten und Anwendungsformen.
 Befehlsumfang, Begriffe und Symbole sind klar, überschaubar
und der Zielgruppe angemessen.
 Der Benutzer kann das Multimediaprodukt nach seinen
Wünschen und Interessen im Hinblick auf Inhalt, Schwierigkeit
und Hilfen bearbeiten. Wahlbereiche sind in ausreichender
Anzahl vorhanden und einfach erschließbar.
3. Navigation und
Steuerung
 Die Steuerungsmöglichkeiten zeichnen sich aus durch Wechsel
der Eingabeformen, Erleichterung der Eingabe,
Wahlmöglichkeiten der Bedienung (z.B. Tastatur, Maus),
Verfügbarkeit aller Steuerungselemente,
Ansteuerungsmöglichkeiten von Zusatzinformationen,
Kommunikationsmöglichkeiten über Netze.
 Die Lernsteuerungsmöglichkeiten sind flexibel, wie
Einflussnahme auf Ablaufgeschwindigkeit, Auswahl und Folge
der Arbeitsschritte, Umgang und Schwierigkeit der Aufgaben,
Festlegung der Lernzeit.
 Die Navigations- und Orientierungsmöglichkeiten sind einfach
und übersichtlich handhabbar.
 Der Nutzer kann problemlos zwischen den verschiedenen
Darstellungen mit bekannten bzw. wieder erkennbaren
Steuerungssymbolen wechseln.
4. Anpassungsfähigkeit
 Das Multimediaprodukt ermöglicht die Anpassung an die
Leistungsfähigkeit des Benutzers durch Änderungen der
Grundeinstellung (z.B. Abstellen des Tones, Wechsel zwischen
Text und Tonausgabe) und das Einstellen des
Schwierigkeitsgrades (z.B. Aufgaben mit verschiedenen
Schwierigkeitsstufen).
 Das Einstellen des Zeitverhaltens (z.B. Einstellung der
Reaktionszeiten nach Erfordernissen des Nutzers) wird durch
das Multimediaprodukt gewährleistet.
 Das Multimediaprodukt ermöglicht die Anpassung an die
Leistungsfähigkeit des Benutzers durch die Art sowie den Umfang
der Informationen (z.B. gesonderte und kombinierte Wahl von
Text- oder Toninformationen).
 Eine Anpassung des Hilfesystems (z.B. variables Angebot von
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18
Hilfen) wird durch das Multimediaprodukt ermöglicht.
5. Technische
Funktionalität
 Installation und Deinstallation bzw. Zugang und Freischaltung für
das Multimediaprodukt erfolgen problemlos.
 Das didaktische Multimediaprodukt ist mit verschiedener Hardund Software kompatibel.
 Maus- und Tastaturbenutzung sind komfortabel, sinnvoll und
selbsterklärend.
 Das Speichern und Drucken aller wichtigen Ergebnisse ist
einfach, komfortabel und erfolgt in einer für die jeweilige
Zielgruppe adäquaten Form.
 Zum Multimediaprodukt gibt es ein gut funktionierendes
Unterstützungs- und Beratungsangebot (Hotline, E-Mail, Tutorial
etc.).
6. Produktinformationen
 Produktbeschreibung und Bedienungsanleitung sind logisch,
eindeutig und übersichtlich strukturiert.
 Die erforderlichen Informationen zur Nutzung des
Multimediaprodukts sind für die vorgesehenen Nutzer wie
Kinder, Jugendliche, Auszubildende, Erwachsene, Eltern, Lehrer
anwendergerecht.
 Notwendige Informationen zur Initialisierung bzw. zur
Installation des Multimediaprodukts werden genau und richtig
angegeben.
 Erforderliche Hardwareinformationen und notwendige
Systemvoraussetzungen sind sach- und anwendergerecht
dargestellt.
Gesamtpunkte
Summe der Punktwerte der Bedienungsevaluierung

Gesamt
Bedienungsevaluierung / Gesamtpunkte dividiert durch
Anzahl der Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1
Kommastelle

Anmerkung:
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
4,5 – 5 Punkte
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
sehr gut (1)
3,5 – 4,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
gut (2)
2,5 – 3,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
befriedigend
(3)
1,5 – 2,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
ausreichend
(4)
1,4 Punkte und weniger
Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
mangelhaft
(5).
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Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Bedienungsevaluierung
Die BedienungsEvaluierung von Multimediaprodukten erfolgt nach Anwendung der
einzelnen Prüfaspekte für: „Selbsterklärende und zuverlässige Bedienung“,
„Übersichtliche und flexible Handhabung“, „Navigation und Steuerung“,
„Anpassungsfähigkeit“, „Technische Funktionalität“, „Bedienungsanleitung“.
Gesamtevaluierung
Gesamtprüfung (arithmetisch / 5-er Skalierung) nach Kriterien
Pädagogischinhaltliche
Evaluierung
Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel)

II Didaktischmethodische
Evaluierung
Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel)

III Medialgestalterische
Evaluierung
Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel)

IV Ergonomischtechnische
Evaluierung
Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel)

I
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20
Gesamt

Gesamtpunkte (Summe der arithmetischen Mittel I
– IV)
Anmerkung:
Interpretation der Gesamtpunktzahl
18,0 - 20 Punkte
beispielhaftes didaktisches Multimediaprodukt
sehr gut (1)
14,0 - 17,9 Punkte
empfehlenswertes didaktisches Multimediaprodukt
gut (2)
10,0 -13,9 Punkte
geeignetes didaktisches Multimediaprodukt
befriedigend (3)
6,0 – 9,9 Punkte
verwendbares Multimediaprodukt
ausreichend (4)
5,9 Punkte und weniger
nicht zu empfehlendes Multimediaprodukt
mangelhaft (5).
Gesamtevaluation (verbal):
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21
Marko Ivanisin
2.3. Evaluierungskriterien für AMP
Allgemeine Multimediaprodukte (AMP)
Allgemeine Multimedia-Produkte (AMP) sind Träger von Informationen und Inhalten auf
diversen digitalen Datenträgern (Internet, DVD, USB etc.), die zur Bildung (also Lehren und
Lernen) genutzt werden können. Bildung ist jedoch nicht ihr primäres Ziel. Ihr Ziel ist zu
informieren, es sind Produkte die zu einem (oder mehreren) Themenfelder Informationen
bieten und dabei nicht einem formalen Bildungsprogramm folgen.
Allgemeine Multimediaprodukte werde auch als nondirektionale Medien bzw. didaktisch
nicht intendierte Medien, wie Internetprojekte, Multimedialexika, Lernobjekte, Hörbücher, EBooks, Fernseh- und Rundfunkprojekte, charakterisiert.
Zur Bewertung von AMP werden folgend vier Evaluierungsbereiche empfohlen:
Teil I: Pädagogik -Didaktik
Teil II: Informationsrelevanz
Teil III: Gestaltung –Nutzung
Teil IV: Technische Umsetzung.
Teil I: Pädagogik -Didaktik
Es ist natürlich schwer bei Produkten, die wir nicht als (intendierte/direktionale)
Bildungsprodukte definieren, pädagogische und didaktische Ausrichtung (diese verbergen
sich hinter dem Kriterienfeld Bildungswert) zu verlangen. Es wird aber zutreffen, wenn wir
uns an die Produkte von der deduktiven/praktischen Seite annähern, dass es bei Produkten
(große) Unterscheide diesbezüglich gibt. Eine online Tageszeitung wird bei diesen Kriterien
wahrscheinlich schlechter abschneiden als die Präsentationsseite eines Museums,
insbesondere wenn dieses Museum auf seinen Seiten über eine Sammlung im Detail
informieren will. In diesem Falle wird sich die Präsentation wahrscheinlich pädagogischen
Einheiten und Formen annähern und es werden wahrscheinlich didaktische Methoden
eingesetzt.
Die Qualitätskriterien dieser Evaluierungsgruppe sind:
1. Pädagogischer Nutzen, Zielgruppe, Motivation,
2. Aufbau
3. Didaktik
4. Kommunikation
5. Kreativität
6. Wissensumsatz
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1
Teil II: Informationsrelevanz
Informationsqualität ist dagegen ein Kriterienfeld, das direkt das betrifft, was wir als
zentrales Merkmal von AMPs sehen – Information(svermittlung). Zur Evaluierung von
Informationen haben wir Kriterien ausgesucht, die unserer Ansicht nach das bilden, was wir
zusammenfassend Informationsqualität nennen können. Mit Qualität haben wir dabei vor
allem das bedacht, was Informationen immanent ist, nämlich das sie Bausteine des Wissens
sind und somit Teile eines komplexen Prozesses, das nicht zufällig passieren soll. Mit anderen
Worten und mit einem Beispiel: wird eine Information, die nicht hohe Qualitätsstandards
erreicht (auch falsche/unvollständige Information oder sogar Lüge genannt) zum
Wissensaufbau genutzt, passiert dabei ein Schaden, das nicht immer und selten schnell
repariert werden kann. Es bedarf vieler und ständiger qualitätsreichen Informationen (die
untere Kriterien erfüllen) um den Wissensstand zu korrigieren. An dem sind weniger
Informationen selbst schuld als mehr der Charakter des Menschen Fehler oft nicht gerne
zuzugeben und seine Neigung dazu, seine Sichten, Meinungen etc. langsam zu ändern.
Die Qualitätskriterien dieser Gruppe sind:
1. Glaubwürdigkeit
2. Expertise / Wissenschaftlichkeit
3. Umfang / Detailliertheit
4. Aktualität
5. Zugang & Nachfragen
6. Ausdrucksmittel
Teil III: Gestaltung -Nutzung
Das dritte Kriterienfeld, angepasste Nutzung, bezieht sich auf die Herausforderung das
Produkt so zu gestalten, dass es mit möglichst wenigen Bedienungsanleitungen, oder
andersherum: intuitiv genutzt sein kann. Mit Globalisierung und starkem Einfluss von
wenigen Produzenten auf dem IKT-Markt haben sich bis heute zwar Nutzungsstandards
(Zeichen/Ikonen, Prozessabläufe etc.) entwickelt, an denen man nicht vorbei gestalten kann,
es finden sich aber in einzelnen Produkten immer wieder Lösungen, die diese Standards
ausbessern, oder sogar brechen und neue aufsetzten. Dabei sollen Produzenten auch oder
insbesondere die Ziel-/Nutzungsgruppen bedenken, die nicht die Mehrheit, sonder
Minderheiten darstellen, wie z.B. Menschen mit besonderen (Seh- und Hör-)Bedürfnissen,
Menschen die über kein Breitband-Internet/neueste Version von Programmen verfügen etc.
Es werden folgende Qualitätskriterien zugrunde gelegt:
1. Intuitive Nutzung und Navigation
2. Interaktivität
3. Personalisierung und Anpassung
4. Visuelle Gestaltung
5. Medienqualität und – Kompatibilität
6. Verbindung mit ähnlichen Produkten
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2
Teil IV: Technische Umsetzung
Abgeschlossen wird der „AMP-Kriterienkatalog“ mit dem Feld der technischen Umsetzung.
Das Ziel dabei kann einfach so ausgedrückt werden: „Es soll sich alles fehlerfrei abspielen
lassen“. Wie bereits angesprochen, soll das auch bei nicht neuster Konfiguration der
Computer der Fall sein. So können z.B. Lösungen, die wir als kreativ und/oder innovativ
bezeichnen, darauf aufbauen, neue Programme/Apps für alte Hard- und Software nutzbar zu
machen. Wichtiger noch ist jedoch die (kreative/innovative) Verbindung von
pädagogischer/didaktischer mit der technischen Qualität. Das größte Problem von „neuen
Lehr- und Lernmethoden“ ist die Kompetenz der Lehrer die Technik mit didaktischen Zielen
zu verbinden. Guten Lehrern/Didaktikern mangelt es oft an technischen Kompetenzen, gute
Techniker haben oft mangelhaftes didaktisches Wissen. Dieses Problem wurde in diesem
Kriterienfeld direkter/manifester angesprochen als bei anderen Kriterien, es ist jedoch
Kriterienübergreifend und ihm wird bei gesamter Evaluierung besondere Aufmerksamkeit
geschenkt. Weiter wird bei Hilfe und Fehlerverwaltung noch eine übergreifende Qualität
angesprochen, die bereits anderswo auftauchte: das Produkt soll sich nicht nur auf die
technische Plattform des Computers beschränken, sondern auch andere
Kommunikationsmittel einsetzen (Telefon, gedruckte Unterlagen, etc.). Auch soll es nicht zu
autonom, sogar in sich eingeschlossen sein, sondern kontextuell und aufgeschlossen indem es
auf Verbindungen zu anderen (Konkurrenz)Produkten, weiterführenden Inhalten etc. zeigt.
Die Qualitätskriterien dieser Gruppe sind:
1. Zugang & Funktionalität
2. Technische Qualität und Kompatibilität
3. Innovation
4. Kreativität
5. Sicherheit
6. Fehler & Hilfe Verwaltung
6. Verbindung mit ähnlichen Produkten
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3
Teil I: Pädagogik -Didaktik
Pädagogische und didaktische Anforderungen an allgemeine Multimediaprodukte –
Qualitätskriterien und Prüfaspekte
Qualitätskriterien
Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!)
1. Pädagogischer
Nutzen, Zielgruppe,
Motivation
 Der pädagogische Nutzen des Produktes ist erkennbar,
das Produkt verfolgt das Ziel (Qualität)Wissen zu
verbreiten
 Angesprochene Zielgruppen sind explizit definiert
oder/und implizit erkennbar
 Zur Produktnutzung (und Lernen) wird motiviert, da
Motivation bedeutsamer Faktor des Lernens ist
 Es gibt eine für die Zielgruppe bedeutsame/logische
Struktur
 Aufbau passt sich dem Inhalt, Didaktik und
gewohnten/erwarteten Aufbaumustern an
 Didaktik (Analyse, Synthese, Vergleich, auf/absteigende Quantität und Qualität der Komplexität
usw.) ist entweder explizit oder implizit ins Produkt
eingebaut
 Es wird zur Anwendung von didaktischen Aktivitäten
wie Erkennen, Ergänzen, Verbinden usw. angeregt
 Soweit didaktische Aktivitäten vorhanden sind, wird
deren Einsatz durch Erklärungen motiviert und
unterstützt
 Es ist erkennbar, dass Kommunikation als wichtig für
das Lehr-/Lernprozess eingestuft wird, und es wird
dazu motiviert, Kommunikation einzusetzen
 Lehrenden und Lernenden wird ermöglicht,
miteinander zu kommunizieren und sich zum
Inhalt/Produkt zu äußern
 Das Kommunikationsangebot fördert selbständiges
Äußern und kreativen Einsatz von
Kommunikationselementen.
 Das Produkt fördert selbständiges Denken und
Arbeiten
 Das Produkt erlaubt Eingriffe und diese stimulieren
beim Nutzer eigene Überlegungen und Entscheidungen
 Tests (Wissensprüfung) fördern auch Eintragen,
Aufladen von eigenen Dokumenten usw., nicht nur
Aussuchen, Bestätigen von vorgegebenen Lösungen
usw.
 Der Nutzer/Lernende kann sein (neu gewonnenes)
Wissen überprüfen (Tests) und das Produkt gibt
Feedback zu durchgeführten Tests
 Es wird zu Anwendung des gewonnen Wissens
motiviert und das Produkt gibt Anregungen dazu (in
einfacher Form von weiteren Verbindungen oder durch
konkrete Anweisungen wo, wann und wie das Wissen
zu nutzten)
Summe der Punktwerte
2. Aufbau
3. Didaktik
4. Kommunikation
5. Kreativität
6. Wissensumsatz
Gesamtpunkte
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Bewertung

4
Gesamt

Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der
Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle
Anmerkung:
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
4,5 – 5 Punkte
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
sehr gut (1)
3,5 – 4,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
gut (2)
2,5 – 3,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
befriedigend
(3)
1,5 – 2,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
ausreichend
(4)
1,4 Punkte und weniger
Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
mangelhaft
(5).
Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Bildung-Didaktik
Die Evaluierung von allgemeinen Multimediaprodukten erfolgt nach Anwendung der
einzelnen Prüfaspekte für die Qualitätskriterien: 1. Pädagogischer Nutzen, Zielgruppe,
Motivation; 2. Aufbau, 3. Didaktik; 4. Kommunikation; 5. Kreativität; 6. Wissensumsatz.
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5
Teil II: Informationsrelevanz
Anforderungen an Informationsrelevanz von allgemeinen Multimediaprodukten
Qualitätskriterien und Prüfaspekte
Qualitätskriterien
Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig
erfüllt sein!)
1. Glaubwürdigkeit
Gesamtpunkte
 Verfolgen der informativen/pädagogischen
Ziele ist im Inhalt erkennbar, d.h. es ist klar,
es handelt sich nicht um ein Produkt mit
wirtschaftlichem Interesse
 Das Anliegen/Ziel der Wiedergabe des Inhalts
wird deutlich
 Informationen werden ganzheitlich
präsentiert, einseitige Präsentationen werden
vermieden – auf solche Präsentationen wird
aufmerksam gemacht
 Quellen werden (explizit oder implizit)
angegeben an den Stellen, die die
Glaubwürdigkeit beinträchtigen könnten
 Quellen (deren Autoren) sind allgemein als
richtig (an)erkannte Referenzen
 Inhalt ist allgemein anerkannt als richtig und
orientiert sich am (an)erkannten
Wissenstand bzw. an (an)erkannten
Argumentationsmethoden
 Angepasst an Zielgruppen und Inhalt wird
versucht, Wissenschaftlichkeit/Expertise
umzusetzen – fiktive Inhalte werden als
solche umgesetzt und streben
Wissenschaftlichkeit zu einem vernünftigen
Masse an
 Umfang und Detailliertheit des Produktes
sind Zielen, Zielgruppe und
Darstellungsmethoden angepasst
 Es herrscht ein konsequentes Verhältnis
zwischen Umfang und Details – das Produkt
als Ganzes hält sich an dieses Verhältnis und
geht in einigen Teilen/Kapiteln nicht
wesentlich tiefer als in anderen
 Informationen sind aktuell – Inhalt wird dem
neusten Stand des Wissens so weit wie
möglich angepasst
 Informationen sind überprüfbar und Quellen
und Referenzen werden angegeben
 Das Produkt motiviert dazu weitere
Informationen zu suchen und zu finden
 Die Sprache und andere Ausdruckmittel
werden auf hohem Qualitätsniveau eingesetzt
 Ausdruckformen sind im Einklang mit Zielen
und Zielgruppen
Summe der Punktwerte

Gesamt
Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der

2. Expertise /
Wissenschaftlichkeit
3. Umfang / Detailliertheit
4. Aktualität
5. Zugang und Nachfragen
6. Ausdrucksmittel
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Bewertung
6
–
Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1
Kommastelle
Anmerkung:
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
4,5 – 5 Punkte
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
sehr gut (1)
3,5 – 4,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
gut (2)
2,5 – 3,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
befriedigend
(3)
1,5 – 2,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
ausreichend
(4)
1,4 Punkte und weniger
Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
mangelhaft
(5).
Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Informationsrelevanz
Die Evaluierung von allgemeinen Multimediaprodukten erfolgt nach Anwendung der
einzelnen Prüfaspekte für die Qualitätskriterien: 1. Glaubwürdigkeit; 2. Expertise /
Wissenschaftlichkeit; 3. Umfang / Detailliertheit; 4. Aktualität; 5. Zugang und
Nachfragen;6. Ausdrucksmittel.
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7
Teil III: Gestaltung - Nutzung
Anforderungen an die Gestaltung -Nutzung von allgemeinen Multimediaprodukten –
Qualitätskriterien und Prüfaspekte
Qualitätskriterien
Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt
sein!)
1. Intuitive Nutzung und
Navigation
 System gibt immer die Position des Benutzers
innerhalb des Produktes an, z.B. Leisten in SeitenKopf- oder Fuß zeigen an, wo sich der Benutzer im
Inhalt befindet
 Seitengestaltung und Steuerelemente sind konsistent,
d.h. immer/auf jeder Seite erkennbar.
 Die Benutzeroberfläche ist klar, prägnant, präzise
und verständlich.
 Die Funktion der einzelnen Symbole oder
Schaltflächen sind erklärt und für die Nutzer
intuitiv verständlich.
 Die Nutzer haben keine Schwierigkeiten mit
Bedienung der Navigation und können sich auf den
Inhalt konzentrieren.
 Es ist immer klar wie der Nutzer weiter/zurück
kommt und was als nächstes von ihm erwartet wird.
 Das Produkt verwendet Möglichkeiten der
Interaktion zwischen dem Nutzer und dem
Produkt – Auf- und Abladen, Eingaben etc.
 Nutzer können Inhalte verändern – hinzufügen,
ausbessern, löschen (wikis) – alle Veränderungen
werden vor Publikation vom
Produktinhaber/Administrator revidiert und
freigelassen/zurückgewiesen
 Nutzer können das Produkt personalisieren
(eigenes Profil anlegen, wählen zwischen
verschiedenen Optionen etc.)
 Nutzer können Einstellung ändern (so das sich
diese ihren Bedürfnissen anpassen – z.B. Ton
Ein/Ausschalten, Schriftgröße und Kontrast
verändern, zwischen Text- und Ton-Widergabe
wählen) und den Schwierigkeitsgrad anpassen (z.B.
bei Aufgaben/Inhalten mit verschiedenen
Schwierigkeitsgraden).
 Visuelle Gestaltung widerspiegelt Inhalte und
spricht Zielgruppen des Produktes an.
- Visuelle Gestaltung (Einsatz von Farben,
Schriftarten, Formen etc.) folgt Regeln der Ästhetik
und motiviert zur weiteren Nutzung. Es zeichnet
sich durch klare Linien, Formen, Kontraste und
Gefälligkeit aus.
 Mit visueller Gestaltung werden Informationen
strukturiert und (ihre Teile) betont.
 Visuelle Gestaltung wird verwendet, um Navigation
zu erleichtern (z. B. Farben zeigen auf gleiche
Ebenen/Themen an, Funktionstasten sind immer
auf gleichen Stellen zu finden).
2. Interaktivität
3. Personalisierung und
Anpassung
4. Visuelle Gestaltung
document1
Bewertung
8
5. Medienqualität und –
Kompatibilität
6. Verbindung mit ähnlichen
Produkten
Gesamtpunkte
Gesamt
 Grafiken, Bilder, Symbole und Farben sind
verständlich, sinnvoll, ästhetisch ansprechend,
motivierend und in hoher Qualität produziert.
 Visuelle Elemente behalten ihre Qualität auf
verschiedenen Präsentationsmedien (Bildschirme
verschiedener Auflösung und Größe,
Projektionen etc.)
 Inhalte können in verschiedenen Medien (Audio,
Video, Text, Bilder) vorgeführt werden; es wird
empfohlen wie, wo und wann die Inhalte am besten
zu nutzen sind.
 Nutzer wird gewarnt (und bekommt Anweisungen),
wenn die Qualität der genutzten/abgespielten
Medien nicht der vorgesehenen Qualität entspricht.
 Medien sind sinnvoll eingesetzt (in Bezug auf
Menge/Häufigkeit, Platzierung, Länge/Umfang
und Tiefe/Details des Mediums)
 Alle eingesetzten Medien sind in guter Qualität und
passen sich verschiedenen technischen
Voraussetzungen an.
 Es bestehen Hinweise zu anderen Produkten, die
Nutzung und Verstehen des präsentierten
Inhaltes erleichtern und ergänzen
Summe der Punktwerte


Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der
Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1
Kommastelle
Anmerkung:
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
4,5 – 5 Punkte
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
sehr gut (1)
3,5 – 4,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
gut (2)
2,5 – 3,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
befriedigend
(3)
1,5 – 2,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
ausreichend
(4)
1,4 Punkte und weniger
Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
mangelhaft
(5).
document1
9
Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Gestaltung - Nutzung
Die Evaluierung von allgemeinen Multimediaprodukten erfolgt nach Anwendung der
einzelnen Prüfaspekte für die 1. Intuitive Nutzung und Navigation; 2. Interaktivität, 3.
Personalisierung und Anpassung; 4. Visuelle Gestaltung; 5. Medienqualität und Kompatibilität; 6. Verbindung mit ähnlichen Produkten.
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10
Teil IV: Technische Umsetzung
Anforderungen
an
die
technische
Umsetzung
Multimediaprodukten – Qualitätskriterien und Prüfaspekte
von
Qualitätskriterien
Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt
sein!)
1. Zugang &
Funktionalität





2. Technische
Qualität und
Kompatibilität


3. Innovation

4. Kreativität

5. Sicherheit


6. Fehler & Hilfe
Verwaltung





document1
allgemeinen
Bewertung
Das Produkt ist ohne zeitliche Einschränkungen leicht
zugänglich (vorzugsweise per Online-Anmeldung), reagiert
schnell (Abspielen von Videos, Wiederherstellung, Aufund Herunterfahren etc.) und arbeitet ohne technische
Fehler.
Das Produkt (und dessen Gestaltung) kann für Menschen
mit besonderen Bedürfnissen und Behinderungen angepasst
werden (Schwerhörige, Schlechtsehende).
Das Produkt kann mit geringen technischen Kenntnissen auf
verschiedene Software- und Hardware angepasst werden
Das Produkt ermöglicht das Arbeiten Offline
Funktionstasten sind überschaubar (in Menge) und in allen
Teilen des Produktes eingesetzt
Es wird angegeben unter welchen technischen
Voraussetzungen (Hard- und Software) das Produkt
genutzt werden kann; diese Voraussetzungen sind
möglichst breit zu halten
Das Produkt funktioniert einwandfrei (wenn genutzt
unter angegebenen Voraussetzungen)
Das Produkt beinhaltet neue und/oder zukunftsweisende
Elemente, insbesondere im Hinblick auf seine
pädagogische und/oder didaktische Ziele
- Das Produkt bietet kreative Lösungen zum Verbinden
von pädagogischen und/oder didaktischen Zielen und
technischen Möglichkeiten an.
Das Produkt garantiert Sicherheit und Diskretion im
Umgehen mit vom Nutzer hinterlassenen und
eingegebenen Daten
Es wird die Eingabe nur von den Daten verlangt, die
Kommunikation über den Produkt-Inhalt erleichtern
(und nicht zum kommerziellen Zwecken z.B. des
Verkaufs von weiteren Produkten)
Fehlermeldungen sind deutlich sichtbar / hörbar,
verständlich und Hilfe-Anweisungen sind einfach zu
folgen.
Hilfeanweisungen sind einfach in jedem Teil des Produktes
zu finden und können jederzeit ein- oder ausgeschaltet
werden.
Hilfeanweisungen sind für jede Art von technischen
Schwierigkeiten oder falscher Handhabung verständlich.
Hilfe- und Fehler-Management wird von Administratoren
unterstützt (via Hotline, E-Mail, Tutorials etc.)
Die Verfügbarkeit (Kontakte, Öffnungszeiten etc.) des
technischen Supports ist angegeben, und Links zu Onlinetechnischen Informationen zur Verfügung gestellt.
11
Gesamtpunkte
Summe der Punktwerte

Gesamt
Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Evaluierungen
/ arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle

Anmerkung:
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
4,5 – 5 Punkte
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
sehr gut (1)
3,5 – 4,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
gut (2)
2,5 – 3,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
befriedigend
(3)
1,5 – 2,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
ausreichend
(4)
1,4 Punkte und weniger
Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
mangelhaft
(5).
Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Technische Umsetzung
Die Evaluierung von allgemeinen Multimediaprodukten erfolgt nach Anwendung der
einzelnen Prüfaspekte für die Qualitätskriterien: 1. Zugang & Funktionalität; 2. Technische
Qualität und Kompatibilität; 3. Innovation; 4. Kreativität; 5. Sicherheit; 6. Fehler & Hilfe
Verwaltung.
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12
Gesamtevaluation
Gesamtprüfung (arithmetisch / 5-er Skalierung) nach Kriterien
Evaluierung:
PädagogikDidaktik
Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel)

II Evaluierung:
Informationsrele
vanz
Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel)

III Evaluierung:
Gestaltung Nutzung
Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel)

IV Evaluierung:
Technische
Umsetzung
Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel)

Gesamt
Gesamtpunkte (Summe der arithmetischen
Mittel I – IV)

I
Anmerkung:
Interpretation der Gesamtpunktzahl
18,0 - 20 Punkte
beispielhaftes allgemeines Multimediaprodukt
sehr gut (1)
14,0 - 17,9 Punkte
empfehlenswertes allgemeines Multimediaprodukt
gut (2)
10,0 -13,9 Punkte
geeignetes allgemeines Multimediaprodukt
befriedigend (3)
6,0 – 9,9 Punkte
verwendbares allgemeines Multimediaprodukt
ausreichend (4)
5,9 Punkte und weniger
nicht zu empfehlendes allgemeines Multimediaprodukt
mangelhaft (5).
document1
13
Gesamtevaluierung (verbal):
document1
14
Marko Ivanisin, Simon Hauptman
2.4. Evaluierungskriterien für Lehr- und
Lernmanagementsysteme (LMS)
Lehr- und Lernmanagementsysteme (LMS) sind IKT-basierte Systeme, die Bildung
unterstützen bzw. Bildung ermöglichen können wie Plattformen, Netzwerke sowie
Autorensysteme, interaktive Systeme.
Was wir hier traditionell LMS nennen, verstehen wir gemäß der heutigen technischen
Entwicklung als Software-Interface im Bildungseinsatz. Unabhängig von Benennung ist es
wesentlich für die unten angeführte Kriterien, dass wir vom technischen
Bindeglied/Medium zwischen Lehrern und Lernenden reden und somit von dem wohl
wesentlichsten Teil einer technisch unterstützten Lehr-/Lernsituation. LMS strukturiert
nämlich die Kommunikation, genauer noch: die Beziehung zwischen den beiden Parteien
und ist damit für die Organisation der Lehr-/Lernsituation verantwortlich. Unter diesen
gedanklichen Voraussetzungen entstand der nachfolgende Kriterienkatalog für LMS. Zur
Bewertung von LMS werden folgend vier Evaluierungsbereiche empfohlen:
Teil I Lehrer-Perspektive
Teil II Lerner-Perspektive
Teil III Kommunikation, Kreativität, Innovation
Teil IV Technische Perspektive, Administration.
Teil I Lehrer-Perspektive
Die Lehrer-Perspektive umfasst die Kriterien bzw. Funktionalitäten, die dem Lehrer
helfen, das Lehrprozess umzusetzen. An erster Stelle ist der Kursaufbau durch den die
Lehr-/Lerninhalte und -Methoden für den Lernenden sichtlich werden, dem Lehrenden
helfen die hier genannten Prüfaspekte aber sich über das eigene Tun auf dem Niveau der
Organisation bewusst zu sein. Neben den bei allen technischen Werkzeugen gewünschten
effektiven bzw. intuitiven/leichten Nutzungsmöglichkeiten, die die Software bietet bzw.
beinhaltet, sind zunächst zwei Kriterien nach unserer Meinung wesentlich für die
Umsetzung des technisch unterstützten Lehrprozesses. Nämlich die Bündelung von
Didaktik und Technik, was laut wissenschaftlichen Erkenntnissen die größte
Herausforderung für Lehrer darstellt. Sie haben das didaktische Wissen, wissen aber nicht
(immer) wie es mit der Technik umzusetzen ist. Der große Angebot an technischen
Möglichkeiten verwirrt sie mehr als es hilft - somit wäre die didaktische Unterstützung für
die angebotene Software nicht nur ein Marktvorteil sondern würde allgemein zur
Verbesserung des technisch unterstützten Lehrens führen. Die beiden letzten Kriterien
dieser Gruppe beziehen sich auf die zwei wesentliche Bauelemente des Lehr/Lernprozesses (bzw. der Kommunikation): Inhalt und Beziehung. Wenn fürs Erstere eine
technische Plattform das ideale Werkzeug für Strukturierung und Archivierung ist, spielt
sie beim Zweiten nur eine unterstützende Rolle – die Beziehung zwischen Lehrer und
Lernenden wird viel leichter und besser im realen Klassenzimmer aufgebaut. Somit haben
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1
wir in diesem Teil den Fokus auf die Werkzeuge gelegt, die die Resultate der Beziehung
bzw. des Lernprozesses zeigen – Wissensprüfungen und deren Beurteilung.
Die Qualitätskriterien dieser Evaluierungsgruppe sind:
1. Lehrplan / Kursorganisation
2. Effektive Nutzung
3. Didaktische Gestaltung
4. Didaktische Unterstützung
5. Inhaltserstellung
6. Beurteilung von Lernenden
Teil II Lerner-Perspektive
Wir gehen von einem Lernenden aus, der auf Suche nach dem besten Lernangebot ist, die
Teilnahme bei einem bestimmten Kurs für ihn also nicht pflichtig ist. Somit ist für ihn
zuerst mal wichtig genug Information zum Kurs zu bekommen damit er eine gute
Entscheidung treffen kann. Eine motivierende Ansprache, die z.B. durch den Kurs
erworbener Kompetenzen in Vordergrund bringt, hilft dem Produzenten Lernende für
sein Produkt zu gewinnen.
Drei Kriterien dieser Gruppe (Navigation, Intuitive Nutzung und
Personalisierung/Adaptivität) beziehen sich auf Prüfaspekte, bei denen sich jede Software
(nicht nur die für Lernprozesse) wünscht gut abzuschneiden. Inhaltsbearbeitung ist das
Kriterium das „gewöhnliche“ Software von „Lernsoftware“ unterscheidet bzw. auch unter
Lernsoftware Unterschiede zeigt: haben Lernende durch Veränderung (Ausbessern,
Kommentare, Hinzufügen etc.) in Lehrinhalten/-Materialien die Möglichkeit bei deren
Gestaltung aktiv Teilzunehmen, ist der Lehr-/Lernprozess ein viel offener als wenn die
Lehrer-Lernende Rollen (auch durch technische Möglichkeiten der Software) nicht
gewechselt werden können und nur der Lehrende bestimmt, wie die Inhalte
verstanden/interpretiert sein sollten.
Selbsttests sind für dem Lernenden einen willkommene Hilfe: nicht nur kann er sein
Wissen prüfen, er kann es immer und unbeobachtet tun, sie lassen also den Druck eines
Tests weg und reichen ins Spielen ein.
Die Qualitätskriterien dieser Gruppe sind:
1. Kursinformationen / Motivation
2. Navigation
3. Intuitive Nutzung
4. Inhaltsbearbeitung
5. Personalisierung und Adaptivität
6. Erfolgskontrolle / Selbsttests
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2
Teil III Kommunikation, Kreativität, Innovation
Diese Gruppe umfasst Kommunikation auf verschiedenen Ebenen. Von eher einseitiger
Kommunikation in Form von Marketing bzw. Aquisition von Lernenden, bis zu
Werkzeugen, die dialogische Kommunikation und ihre Mündung in Zusammenarbeit der
Lernenden, unterstützen. Darunter sind auch visuelle Kommunikation/Gestaltung, die in
heutiger Zeit des Überflusses an visuellen/kommunikativen Reizen immer wichtiger ist,
und sprachliche Kommunikation, die leichter auf ihre Qualität bzw. Richtigkeit geprüft
werden kann als die visuelle.
Dieser Gruppe sind auch Kreativität und Innovation zugefügt, da sie unserer Ansicht nach
zum großen Teil Produkte von Kommunikation sind. Darüber Hinaus ist der
Zusammenhang auch durch heutige Zeit der (kommunikativen) Vernetzungen und diese
Situation der Prüfung von technischer Umsetzungen dargestellt, nämlich Kreativität und
Innovation resultieren oft gerade in technischen Unterstützung von kommunikativen
Vorgängen.
Es werden folgende Qualitätskriterien zugrunde gelegt:
1. Präsentation / Marketing
2. Visuelle Gestaltung
3. Qualität der Kommunikation
4. Interaktion, Kommunikation, Zusammenarbeit
5. Kreativität
6. Innovation
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3
Teil IV Technische Perspektive, Administration
In technischer Perspektive findet man weniger die Prüfung „klassischer
Funktionalitäten“, da diese größtenteils schon in Teilen I. und II. zum Ausdruck
kamen, sondern dieser Teil konzentriert sich mehr auf die „Umgebung“ bzw. „neue
Einblicke“ zu technischen Lösungen der Softwareentwicklung. Als erstes treten
Kompatibilität und Zukunftsorientierung auf, die das Produkt in Kontext gängiger
Entwicklungen bringen und die Software unabhängig von ihren Trägern (PC,
Tablett, Mobiltelefone) macht. In diesem Teil wird auch die Qualität von Medien
(Videos, Podcasts etc.) geprüft, die sich nicht in Sprache ausdruckt.
Die letzten zwei Kriterien machen auf verschiedene Formen von dem, was unter
LMS verstanden wird, aufmerksam: im klassischen Verständnis wird LMS auf dem
„Kursniveau“ eingesetzt. Diese Perspektive kann und wird aber ausgeweitet, indem
das gleiche Produkt zur Verwaltung eines Computerraums eingesetzt wird bzw.
wenn durch ihn mehrere Kurse und ihre Schnittstellen (Lehrer, Lernende, Räume,
Stunden) verwaltet werden können.
Die Qualitätskriterien dieser Gruppe sind:
1. Kompatibilität und Zukunftsorientierung
2. Zugang und Funktionalität
3. Fehler und Hilfe, Verwaltung
4. Medienqualität und -kompatibilität
5. Klassenraum-Verwaltung
6. Institutionelle Verwaltung
document1
4
Teil I: Lehrer-Perspektive
Anforderungen an die Lehrer-Perspektive von Lehr- und Lernmanagementsystemen –
Qualitätskriterien und Prüfaspekte
Qualitätskriterien
Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!)
1. Lehrplan /
Kursorganisation





2. Effektive Nutzung




3. Didaktische
Gestaltung


document1
Bewertung
Der Lehrer kann den Kurs nach seinen Wünschen
und Interessen in Bezug auf Inhalt, Schwierigkeit
und pädagogisch-didaktische Gestaltung
bearbeiten.
Produkt erlaubt dem Lehrer Einheiten zu
definieren deren Status (nach Wichtigkeit oder
Modus) und Umfang
Produkt unterstützt Organisation durch
Zeitvorgaben (Termine) und Meilensteine
Produkt gibt klare Übersicht über die Struktur
des Lehrplans und über die Struktur aller
Einheiten, deren Inhalte und Aktivitäten
(Verzeichnis)
Lehrplan kann im Verlauf des Kurses
geändert/angepasst werden, ebenso Status und
Umfang von Lehreinheiten ohne dabei Inhalte
und Aktivitäten ändern zu müssen
Der Produktaufbau ist (aus der Sicht des
Nutzers) überschaubar, unkompliziert und bietet
intuitive (leichte) Nutzung.
Umfang der Funktionen/Befehle ist rationalisiert
und angepasst and die Produkt-Komplexität
(nicht zu viele Funktionen)
Befehle (Begriffe und Symbole) sind klar,
verständlich und konsistent auf verschiedenen
Ebenen des Produktes.
Bei Nutzung des Produktes ist klar auf welcher
Ebene man sich befindet und welche Aktionen
(Befehle) verursachen entstehende
Veränderungen.
Das Produkt bietet die Umsetzung von
verschiedenen Aktivitäten zur Didaktik
(Bewertung, Kommunikation, Zusammenarbeit)
unterstützt, hier einige Aktivitäten:
Beurteilung: Anwesenheit, Fragebögen (Quiz),
Content-Upload
Kommunikation: Chat, Forum, Feedback (Q & A)
Zusammenarbeit: Gruppenbildung, Wiki
Didaktische Werkzeuge / Aktivitäten sind nicht
auf bestimmte Zielgruppe von Lernenden
begrenzt - das Produkt kann in allen
Bildungsstufen (Primär- und Sekundarschulen,
Fakultäten, Erwachsenenbildung) und in
5



4. Didaktische
Unterstützung



5. Inhaltserstellung



6. Beurteilung von
Lernenden


document1
akademischen oder wirtschaftlichen
Organisationen eingesetzt werden (z.B. in
Hinsicht auf Urheberrechte: Akademiker neigen
zu Creative Commons, Unternehmen wollen
exklusive Autorenrechte)
Es ist klar oder erklärt, welche Aktivitäten für
welche (didaktische) Zwecke eingesetzt werden,
zB Feedback für Reflexionen zum bearbeiteten
Thema/Vortrag
Jede Aktivität ist leicht zu erkennen (für Lehrer
und Schüler) durch das entsprechende Symbol.
Das Produkt lädt Lernende ein eigene Profile für
den Bildungseinsatz (z.B. Upload- und
Organisieren von Inhalten für das individuelle
Lernen) und den Kommunikationseinsatz (z. B.
gemeinsame Nutzung von Dateien für
kollaboratives Lernen).
Lehrern wird Hilfe angeboten (automatisierte
Erklärungen und / oder persönliche Assistenz)
für didaktische Gestaltung; z.B. es werden
Vorteile (z.B. selbständiges Lernen) und
Nachteile (z.B. kein Verfolgen von
Lerneraktivitäten möglich) erklärt für den
Einsatz der Möglichkeit, dass sich Lernende
Inhalte herunterladen können (anstatt sie nur
online zur Verfügung zu haben).
Das Produkt fördert konstruktives, relevantes
und häufiges Feedback, dass didaktische
Maßnahmen klärt und aufbaut.
Produkt bietet Zugang zu weiteren Quellen,
online und offline (CD-ROM, Bücher etc.) die
Helfen Didaktik zu verbessern.
Inhalt kann direkt im Produkt erstellt werden
(kein Upload benötigt um Inhalte zu erstellen)
und hochgeladen in verschiedenen
Dateiformaten.
Das Material (ob erstellt oder hochgeladen) ist
leicht erkennbar (für Lehrer und Lernende)
durch das entsprechende Symbol.
Erstellung von Inhalten (einschließlich Upload)
verfolgt didaktische Ziele - Produkt ermöglicht
Betonen, Ausweiten und andere Maßnahmen, die
auf Bedürfnisse von Lehrern angepasst sind.
Das Produkt umfasst und kann angepasst werden
an verschiedene Methoden der
Wissensüberprüfung: automatisiertes Feedback
(z.B. im Quiz) oder persönliches Mentoring (z.B.
bei Einreichen von Aufgaben).
Bewertung von Lernenden umfasst verschiedene
6



Methoden (Statistik, Ranglisten, Kommentare,
Auszeichnungen etc.).
Tests unterscheiden sich in ihrer Form (multiple
choice, Forschungsergebnisse,
Konsistenzanalyse, eigene Entwurfe etc.) und
setzen verschiedene Medienformate ein.
Fortschritt der Lernenden ist jederzeit
beobachtbar.
Der Lerneinsatz (Teilnahme und Fortschritt) ist
gut sichtbar.
Gesamtpunkte
Summe der Punktwerte

Gesamt
Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der
Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle

Anmerkung:
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
4,5 – 5 Punkte
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
sehr gut (1)
3,5 – 4,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
gut (2)
2,5 – 3,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
befriedigend
(3)
1,5 – 2,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
ausreichend
(4)
1,4 Punkte und weniger
Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
mangelhaft
(5).
Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Lehrer-Perspektive
Die Evaluierung von Lehr- und Lernmanagementsystemen erfolgt nach Anwendung der
einzelnen Prüfaspekte für die Qualitätskriterien: 1. Lehrplan / Kursorganisation; 2.
Effektive Nutzung; 3. Didaktische Gestaltung; 4. Didaktische Unterstützung; 5.
Inhaltserstellung; 6. Beurteilung von Lernenden
document1
7
document1
8
Teil II: Lerner-Perspektive
Anforderungen an die Lerner-Perspektive von Lehr- und Lernmanagementsystemen –
Qualitätskriterien und Prüfaspekte
Qualitätskriterien
Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig
erfüllt sein!)
1. Kursinformationen /
Motivation


2. Navigation




3. Intuitive Nutzung


document1
Bewertung
Produkt sieht vor, Einführung in den
Kurs (das kann als Motivation für
Inskription von Lernenden eingesetzt
werden) und gibt Hinweise für Lehrer
wie die Einführung zu gestalten: z.B. Die
Einführung in den Kurs berücksichtigt
Hintergründe, Leistungsstufen und
Erwartungen von Lernenden,
einschließlich ihrer persönlichen
Lernziele, oder gibt die Attribute der
Lernenden an für die der Kurs gemacht
ist. Eine Kurs-/Programmüberblick und
Begründung wird angegeben, wie dieser
Kurs mit anderen Kursen zu verbinden
ist und was sein Wert im ganzen
Programm ist.
Jede Einheit sieht Informationen vor,
die für didaktische Zwecke verwendet
werden können (Motivation,
Grundlagen, Ziele/Ergebnisse etc.)
Produkt gibt immer die Position des
Benutzers innerhalb des Produktes an,
z.B. Leisten in Seiten-Kopf- oder Fuß
zeigen an wo sich der Benutzer im
Inhalt befindet
Seitengestaltung und Steuerelemente
sind konsistent, d.h. immer/auf jeder
Seite erkennbar.
Die Benutzeroberfläche ist klar,
prägnant, präzise und verständlich.
Die Funktion der einzelnen Symbole
oder Schaltflächen sind erklärt und für
die Nutzer intuitiv verständlich.
Die Nutzer haben keine Schwierigkeiten
mit Bedienung der Navigation und
können sich auf den Inhalt
konzentrieren.
Es ist immer klar wie der Nutzer
weiter/zurück kommt und was als
nächstes von ihm erwartet wird.
9
4. Inhaltsbearbeitung



5. Personalisierung und
Anpassung




6. Erfolgskontrolle /
Selbsttests




Gesamtpunkte
document1
Lernende können herunterladen und
speichern in verschiedenen Formaten
(doc, pdf, etc.), auf verschiedene Medien
(Computer, USB etc.) und Inhalte
drucken.
Es gibt verschiedene Ebenen von
Inhalten, die verschiedene Aktivitäten
(Restriktionen) von Lernenden
implizieren; z.B. Produkt hat die Option
Lernenden zu erlauben (durch
Bestätigung des Lehrers) Inhalte von
Lehrern zu verändern (aktualisieren,
anpassen etc.).
Einstellungen zur Inhaltsbearbeitung
können so eingestellt werden, dass sie
Kompetenzen der Lernenden
(Zielgruppe) angepasst werden.
Das Produkt ermöglicht Lernenden
Profile zu erstellen (in verschiedenen
Medienformaten, wie z.B. Texte, Bilder,
Videos, Audiodateien, etc.)
Das Produkt ermöglicht Anpassung an
die Leistung der Lernenden indem es
Standardeinstellung anpasst (z.B.
Ausschalten von Ton, Wechsel zwischen
Text und Ton-Widergabe) und
Anpassung des Schwierigkeitsgrades
(z.B. Aufgaben mit verschiedenen
Schwierigkeitsgraden).
Das Produkt bietet verschiedene
Templates zur Erstellung von Profilen.
Lernende können das Produkt nach
seinen Wünschen und Interessen in
Bezug auf Inhalt, Schwierigkeit und
benötigte Hilfe anpassen.
Lernenden können eigenen Fortschritt
verfolgen und evaluieren.
Lernenden können im eigenem Tempo
fortschreiten und Abschnitte so oft wie
nötig wiederholen.
Selbsttests sind den Schlussprüfungen
ähnlich.
Lernende haben ausreichende
Gelegenheiten zu Selbsttests vor und
während der Kurseinheiten.

Summe der Punktwerte
10
Gesamt

Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der
Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1
Kommastelle
Anmerkung:
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
4,5 – 5 Punkte
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
sehr gut (1)
3,5 – 4,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
gut (2)
2,5 – 3,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
befriedigend
(3)
1,5 – 2,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
ausreichend
(4)
1,4 Punkte und weniger
Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
mangelhaft
(5).
Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Lerner-Perspektive
Die Evaluierung von Lehr- und Lernmanagementsystemen erfolgt nach Anwendung
der einzelnen Prüfaspekte für die Qualitätskriterien:
1. Kursinformationen / Motivation; 2. Navigation; 3. Intuitive Nutzung; 4.
Inhaltsbearbeitung; 5. Personalisierung und Adaptivität; 6. Erfolgskontrolle
/ Selbsttests.
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11
Teil III: Kommunikation, Kreativität, Innovation
Anforderungen an Kommunikation, Kreativität und Innovation
Lernmanagementsystemen – Qualitätskriterien und Prüfaspekte
von
Qualitätskriterien
Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt
sein!)
1. Präsentation /
Marketing




2. Visuelle Gestaltung






3. Qualität der
Kommunikation
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
Lehr-
und
Bewertung
Beschreibung/Demo-Präsentation des
Systems ist vorhanden um Nutzer anzuziehen
(z.B. wichtige Informationen über
Nutzung/Teilnahme an Online-Kursenn)
Marketing-Präsentation/Kommunikation
gibt Daten (Zahlen von Institutionen,
Lernenden etc.) über die
Nutzung/Popularität des Produktes an
Das Produkt wirbt mit Bewertungen von
Nutzern (Lehrern und Lernenden, z.B. durch
"I Like"-Methode)
Das Produkt ist in verschiedenen Sprachen
verfügbar
Visuelle Gestaltung widerspiegelt Inhalte und
spricht Zielgruppen des Produktes an.
Visuelle Gestaltung (Einsatz von Farben,
Schriftarten, Formen etc.) folgt Regeln der
Ästhetik und motiviert zur weiteren Nutzung.
Es zeichnet sich durch klare Linien, Formen,
Kontraste und Gefälligkeit aus.
Mit visueller Gestaltung werden
Informationen strukturiert und (ihre Teile)
betont.
Visuelle Gestaltung wird verwendet um
Navigation zu erleichtern (z. B. Farben zeigen
auf gleiche Ebenen/Themen an,
Funktionstasten sind immer auf gleichen
Stellen zu finden).
Grafiken, Bilder, Symbole und Farben sind
verständlich, sinnvoll, ästhetisch
ansprechend, motivierend und in hoher
Qualität produziert.
Visuelle Elemente behalten ihre Qualität auf
verschiedenen Präsentationsmedien
(Bildschirme verschiedener Auflösung und
Größe, Projektionen etc.)
Der Kommunikationsrahmen ist klar, leicht
verständlich und gut erkennbar. InhaltDarstellung und Verbindungen zum weiteren
Inhalten sind im engen funktionalen
Zusammenhang. Kommunikative
12



4. Interaktion,
Kommunikation,
Zusammenarbeit






5. Kreativität



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Darstellungen sind übersichtlich strukturiert
und betonen wichtige Informationen.
Verwendete Sprache ist verständlich und ihre
Nutzung ist grammatikalisch richtig.
Der Ausdruck ist für den Anwender
unterstützend und ermutigend.
Produkt impliziert/empfiehlt richtigen
Spracheinsatz (implementiert
Rechtschreibprüfung und
Grammatikprüfung) und bietet verschiedene
Ausdrucksarten um auf Vielfalt und
Bedeutung der richtigen Sprachnutzung zu
zeigen.
Interaktion mit dem Produkt (KursOrganisation, Inhalte hochladen, Aktivitäten
Einsatz etc.) wird durch klare Anweisungen
und gutes Hilfe-Management unterstützt
Kurs bietet vielfältige Möglichkeiten zur
Interaktion und Kommunikation zwischen
Lernenden, zwischen Lernenden und Lehrer,
und zwischen den Lernenden und den Inhalt.
Hier eine kurze Einordnung der
Kommunikationsverläufe:
synchrone (Chats, Konferenzen), asynchrone
(Foren, persönliche Mitteilungen), One-toone (Chats, persönliche Mitteilungen), Oneto-many (Foren, Konferenzen), many-toone/many (Videokonferenzen)
Es können (durch Anleitungen
vorgeschlagene)
Einschränkungen/Ausweitungen von
Interaktionsaktivitäten (de)aktiviert werden.
Die Verfügbarkeit der Lehrers ist angegeben,
ebenso wie die Wartezeit für Antworten auf
Fragen von Lernenden.
Lernende können selbst Kommunikation und
Zusammenarbeit erstellen und organisieren
(einschließlich Beschränkungen für Gruppen,
nur Lernende etc.)
Produkt ermöglicht und fördert kreative
Lehr- und Lernformen (z. B. individualisierte
Lernwege etc.)
Kreativität wird in verschiedenen Bereichen
des Produktes eingesetzt (didaktischeund/oder visuelle Gestaltung, Technik,
Motivationsmechanismen etc.)
Didaktik und Technik werden kreativ genutzt
13
und verbindet.
6. Innovation

Gesamtpunkte
Summe der Punktwerte

Gesamt
Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der
Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1
Kommastelle

Produkt stellt neue und/oder progressive
Funktionen, die die didaktische Nutzung von
Medien fördern.
Anmerkung:
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
4,5 – 5 Punkte
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
sehr gut (1)
3,5 – 4,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
gut (2)
2,5 – 3,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
befriedigend
(3)
1,5 – 2,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
ausreichend
(4)
1,4 Punkte und weniger
Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
mangelhaft
(5).
Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Kommunikation,
Kreativität, Innovation
Die Evaluierung von Lehr- und Lernmanagementsystemen erfolgt nach Anwendung der
einzelnen Prüfaspekte für die 1. Präsentation / Marketing; 2. Visuelle Gestaltung;
3. Qualität der Kommunikation; 4. Interaktion, Kommunikation,
Zusammenarbeit; 5. Kreativität; 6. Innovation.
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14
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15
Teil IV: Technische Perspektive, Administration
Anforderungen an die technische Perspektive und die Administration von Lehr- und
Lernmanagementsystemen – Qualitätskriterien und Prüfaspekte
Qualitätskriterien
Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt
sein!)
1. Kompatibilität und 
Zukunftsorientierung



2. Zugang und
Funktionalität





3. Fehler und Hilfe,
Verwaltung



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Bewertung
Das Produkt ist kompatibel mit verschiedener
Hard- und Software und es gibt an notwendig
Voraussetzungen für einwandfreies
Funktionieren (z. B. Internet-Bandbreite,
Rechnerleistungen, Plug-Ins etc.). Online-Quellen
für diese Elemente sind im Produkt vorhanden.
Das Produkt ist kompatibel mit bestehenden
Internet (und Software) Standards und bereit an
neue Entwicklungen angepasst zu werden.
Das Produkt ist auf den Einsatz auf
verschiedenen Hardware orientierte
(Mobiltelefone, Tablets etc.)
Materialien können in verschiedenen Formaten
verwendet werden und sind kompatibel mit
verschiedenen Anwendungen (SoftwareUnabhängigkeit).
Das Produkt ist ohne zeitliche Einschränkungen
leicht zugänglich (vorzugsweise per OnlineAnmeldung), reagiert schnell (Abspielen von
Videos, Wiederherstellung, Auf- und
Herunterfahren etc.) und arbeitet ohne
technische Fehler.
Das Produkt (und dessen Gestaltung) kann für
Menschen mit besonderen Bedürfnissen und
Behinderungen angepasst werden
(Schwerhörige, Schlechtsehende).
Das Produkt kann mit geringen technischen
Kenntnissen auf verschiedene Software- und
Hardware angepasst werden.
Das Produkt ermöglicht Arbeiten Offline.
Funktionstasten sind überschaubar (in Menge)
und in allen Teilen des Produkts eingesetzt.
Fehlermeldungen sind deutlich sichtbar /
hörbar, verständlich und Hilfe-Anweisungen sind
einfach zu folgen.
Hilfe Anweisungen sind einfach zu finden in
jedem Teil des Produktes und können jederzeit
ein- oder ausgeschaltet werden.
Hilfe Anweisungen sind für jede Art von
technischen Schwierigkeiten oder falscher
16


4. Medienqualität
und -kompatibilität




5. KlassenraumVerwaltung



6. Institutionelle
Verwaltung


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Handhabung verständlich.
Hilfe- und Fehler-Management wird von
Administratoren unterstützt (via Hotline, E-Mail,
Tutorials etc.)
Die Verfügbarkeit (Kontakte, Öffnungszeiten
etc.) des technischen Supports ist angegeben,
und Links zu Online-technischen Informationen
zur Verfügung gestellt.
Inhalte können in verschiedenen Medien (Audio,
Video, Text, Bilder) vorgeführt werden; es wird
empfohlen wie, wo und wann die Inhalte am
besten zu nutzen sind.
Nutzer wird gewarnt (und bekommt
Anweisungen), wenn die Qualität der
genutzten/abgespielten Medien nicht der
vorgesehenen Qualität entspricht.
Medien sind sinnvoll eingesetzt (in Bezug auf
Menge/Häufigkeit, Platzierung, Länge/Umfang
und Tiefe/Details des Mediums).
Alle eingesetzten Medien sind in guter Qualität
und passen sich verschiedenen technischen
Voraussetzungen an.
Das Produkt gibt dem Lehrer/Zentralrechner die
Möglichkeit Kontrolle über Rechner von
Lernenden. Alle Hardware (Drucker, Bildschirme
etc.) und Software (z.B. Internet-Sperre) können
vom Zentralrechner gesteuert werden.
Inhalte und Aufgaben können live vergeben und
verändert werden, kontrolliert vom
Zentralrechner oder einem anderen
Administrator.
Es besteht die Möglichkeit/Simulation ein
Rechner der Lernenden in die Rolle des
Zentralrechners zu setzten (um Rollentausch zu
simulieren).
Das System ermöglicht Verwaltung von Kursen
vom institutionellen Administrator und gibt
einen Überblick über alle Kurse auch nach
Inhaltsschlagwörtern („Inhaltsbibliothek“),
nicht nur nach Kursnamen
Produkt fördert Kommunikation zwischen (und
beschränkt auf) Lehrern der verschiedenen
Kurse
- Produkt ermöglicht Verwaltung von
Einrichtungen, Arbeitsplätze, Lernenden, Lehrer
und Klassen (Rechte und Beschränkungen)
17


Produkt ermöglicht Suche nach Klassen,
Lernenden, Lehrer (beim Drucken von ListenKlasse), Zimmer-Zuordnungen und
Auswertungen.
Der Administrator hat ständigen Live-Überblick
über die Lernenden, Klassen etc.
Gesamtpunkte
Summe der Punktwerte

Gesamt
Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der
Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle

Anmerkung:
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
4,5 – 5 Punkte
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
sehr gut (1)
3,5 – 4,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
gut (2)
2,5 – 3,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
befriedigend
(3)
1,5 – 2,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
ausreichend
(4)
1,4 Punkte und weniger
Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
mangelhaft
(5).
Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Technische Perspektive,
Administration
Die Evaluierung von Lehr- und Lernmanagementsystemen erfolgt nach Anwendung der
einzelnen Prüfaspekte für die Qualitätskriterien: 1. Kompatibilität und
Zukunftsorientierung; 2. Zugang und Funktionalität; 3. Fehler und Hilfe,
Verwaltung; 4. Medienqualität und -kompatibilität; 5. KlassenraumVerwaltung; 6. Institutionelle Verwaltung.
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18
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19
Gesamtevaluierung
Gesamtprüfung (arithmetisch / 5-er Skalierung) nach Kriterien
Evaluierung:
PädagogikDidaktik
Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel)

II Evaluierung:
Informationsrele
vanz
Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel)

III Evaluierung:
Gestaltung Nutzung
Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel)

IV Evaluierung:
Technische
Umsetzung
Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel)

Gesamt
Gesamtpunkte (Summe der arithmetischen
Mittel I – IV)

I
Anmerkung:
Interpretation der Gesamtpunktzahl
18,0 - 20 Punkte
beispielhaftes Lehr- und Lernmanagementsystem
sehr gut (1)
14,0 - 17,9 Punkte
empfehlenswertes Lehr- und Lernmanagementsystem
gut (2)
10,0 -13,9 Punkte
geeignetes Lehr- und Lernmanagementsystem
befriedigend (3)
6,0 – 9,9 Punkte
verwendbares Lehr- und Lernmanagementsystem
ausreichend (4)
5,9 Punkte und weniger
nicht zu empfehlendes Lehr- und Lernmanagementsystem
mangelhaft (5).
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20
Gesamtevaluierung (verbal):
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21
Stefanie Grün, Dorothea Rosenberger
2.5. Evaluierungskriterien für CKP:
Computerspiele mit kompetenzförderlichen Potenzialen
(CKP)
Computerspiele mit kompetenzförderlichen Potenzialen (CKP) sind Computerspiele (max.
USK 16), die kognitive Kompetenz, Medienkompetenz, soziale Kompetenz,
persönlichkeitsbezogenen Kompetenz und Sensomotorik fördern können.
Zur Bewertung von CKP werden folgend vier Evaluierungsbereiche empfohlen:
Teil I: kognitive Kompetenzen
Teil II: soziale und persönlichkeitsbezogene Kompetenzen
Teil III: Medienbezogene und gestalterische Anforderungen
Teil IV: Sensomotorische und technische Anforderungen.
Teil I: kognitive Kompetenzen
Die Förderung kognitiver Kompetenzen bezieht sich allgemein auf die Informationsverarbeitung
der im Spiel angebotenen Reize. In der Kategorie soll bewertet werden, inwieweit das
Computerspiel Fähigkeiten stärkt spielimmanente Aufgaben zu erfassen, Handlungen durch
analytisch-operatives Denken selbstständig zu organisieren oder zu planen, Sachverhalte zu
recherchieren sowie Inhalte zu erschließen. Des Weiteren wird überprüft in welchem Maße die
Aufmerksamkeit, das Gedächtnis und die kreative und produktive Vorstellungskraft der
Nutzerinnen und Nutzer gefördert werden. Die Art der Problemstrukturen und insbesondere die
Vielfalt der Problemstellungen beschreiben damit Voraussetzungen für die Förderung kognitiver
Kompetenzen.
Qualitätskriterien:
1. Problemlösefähigkeit
2. Handlungsplanung
3. (räumliche) Wahrnehmung
4. Konzentration
5. Wissen
6. Abstraktion
1
Teil II: soziale und persönlichkeitsbezogene Kompetenzen
Diese Kategorie beschreibt zum einen den Umgang der Nutzerinnen und Nutzer mit sich selbst
wie beispielsweise Fähigkeiten der Selbstwahrnehmung, Selbstkritik, Eigenverantwortlichkeit
und Stärkung der emotionalen Selbstkontrolle, zum anderen soziale Interaktionen mit anderen
Personen. In diesem Zusammenhang können Spiele die Funktion erfüllen Beziehungen
aufzubauen und zu gestalten sowie Toleranz und Verantwortung im Umgang mit anderen
Mitspielern zu entwickeln. Dabei können wiederum eigene Kompetenzen gestärkt und
angemessenes Verhalten in einer Gemeinschaft erlebt werden. Der ethisch-normative Gehalt
wird durch den inhaltlichen Rahmen des Spiels (Welt- und Menschenbilder, Realitätsbezug,
Rollen und Identifikationsangebote) definiert und kann, je nach Ausrichtung, die moralische
Urteilskompetenz und somit die soziale Kompetenz fördern.
Qualitätskriterien:
1. Selbstwahrnehmung
2. Ich-Stärkung
3. Emotionale Selbstkontrolle
4. Involvement
5. Teamfähigkeit
6. moralische Urteilskompetenz
Teil III: Medienbezogene und gestalterische Anforderungen
Diese Kategorie befasst sich mit medienbezogenen Anforderungen, die bei der Nutzung von
Computerspielen mit kompetenzförderlichen Potenzialen an die Spielerinnen und Spieler
gestellt werden. Sie beinhalten das Zurechtfinden innerhalb dieses Mediums, die kritische
Reflexion des eigenen Handelns in der virtuellen Spielwelt und die Kommunikation von
Menschen untereinander.
Daneben werden gestalterische Aspekte der Computerspiele mit kompetenzförderlichen
Potenzialen untersucht, da diese eng mit der medialen Handhabung verbunden sind. Dabei
spielen nicht nur die visuelle und auditive Gestaltung eine wichtige Rolle, sondern auch die
Möglichkeiten der aktiven Gestaltung des Computerspiels durch die Nutzerinnen und Nutzer.
Qualitätskriterien:
1. Instrumentell-qualifikatorische Kompetenzen
2. Medienreflexion
3. Kommunikation
4. Visuelle Gestaltung
5. Auditive Gestaltung
6. Kreativität
2
Teil IV: Sensomotorische und technische Anforderungen
Die Bewertung der sensomotorischen Anforderungen befasst sich mit der Förderung von
sensomotorischen Leistungen der Spielerinnen und Spieler. Sie müssen das Spielgeschehen
aufnehmen und verarbeiten und daraufhin in angemessener Weise reagieren. Es werden
Reaktionsvermögen und die Schnelligkeit sensomotorischer Operationen gefördert, zu denen
auch Geschicklichkeit zählt.
Darüber hinaus untersucht diese Kategorie die technischen Gegebenheiten und deren
Komplexität, die bei der Verwendung des Computerspiels berücksichtig werden müssen. Neben
einer reinen Bedienungskompetenz wird auch die Einbindung von Unterstützungsmaßnahmen
und konvergentem Medienverhalten geprüft.
Qualitätskriterien:
1. Koordination
2. Reaktionsvermögen
3. Navigation und Steuerung
4. Hard- und Software
5. Hilfestellung
6. Neue Medien
3
Teil I: Kognitive Kompetenzen
Anforderungen an die kognitiven Kompetenzen von Computerspielen
kompetenzförderlichen Potenzialen - Qualitätskriterien und Prüfaspekte
Qualitätskriterie
Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!)
n
1. Problemlösefähigkeit
2. Handlungsplanung
3. (räumliche)
Wahrnehmun
g
mit
Bewertung
 Vielfältige Problemstellungen regen zu einer
differenzierten Problemanalyse an
 Die Spielenden suchen neue Lösungsstrategien und
wenden diese an
 Mithilfe spielimmanenter Lexika, auf welche die
Spielenden zurückgreifen können, werden diese
Strategien durchgesetzt
 Durch die Planung mehrerer Spielschritte gelangen die
Spielenden zur Erfüllung des Spielziels
 Vielfältige Handlungsalternativen und Handlungsabfolgen
müssen ausprobiert werden
 Ergebnisse der Handlung führen zu Schlussfolgerungen,
die eine Anpassung und Neugestaltung der
Handlungsmuster erfordern
 Es müssen verschiedene Handlungen nacheinander
durchgeführt oder gleichzeitig ablaufende Prozesse
koordiniert werden
 Die räumliche Vorstellungskraft wird gefördert, da die
Spielenden sich in komplexen virtuellen Umgebungen,
möglicherweise sogar in 3D-Welten, zurechtfinden
müssen
 Die Spielwelt wird aus unterschiedlichen räumlichen
Perspektiven, wie Ego- und Schulter- oder isometrischer
Perspektive, betrachtet
 Verschiedene Umgebungen bzw. deren unterschiedliche
Gestaltung erfordern immer neue Anpassung der
Wahrnehmung
 Unterschiedliche Rollen erfordern divergente
Handlungen
 Das Spiel beinhaltet Such-, Denk- und Logikaufgaben
 Informationen müssen in das Kurzzeitgedächtnis
eingeprägt werden
4. Konzentration  durch Wiederholungen wird das Langzeitgedächtnis
geschult
 Eine lange Spieldauer erlaubt eine komplexere
Spielstruktur und somit eine höhere
Organisationsanforderung
5. Wissen
 Das deklarative Wissen wird durch Wissensfragen, Fakten
oder Ereignisse die um die Spielgeschichte aufgebaut sind
4
oder Dialoge mit Spielcharakteren gefördert
 Das prozedurale Wissen, wie Recherchekompetenz oder
Anwendungswissen, wird durch die Nutzung des Spiels
aktiv gefördert
6. Abstraktion
Gesamtpunkte
Gesamt
 Das Spiel versetzt die Spielenden in eine fiktionale
Realität in der sie sich in die Rolle und Aufgaben eines
Charakters hineindenken müssen
 Das Spiel bietet ausreichende Mittel zur Abstraktion an,
sodass virtuelle und reale Welten klar abgegrenzt sind
 Das Spiel ist genretypisch und Handlungsmuster können
auf andere Spiele gleichen Genres angewendet werden
Summe der Punktwerte der Evaluierung der kognitiven
Kompetenzen
Evaluierung kognitiver Kompetenzen/Gesamtpunkte
dividiert durch Anzahl der
Evaluierungen/arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
4,5 – 5 Punkte
realisierbar.
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
3,5 – 4,4 Punkte
realisierbar.
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
2,5 – 3,4 Punkte
realisierbar.
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
1,5 – 2,4 Punkte
realisierbar.
1,4 Punkte und
Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
weniger
sehr gut (1)
gut (2)
befriedigend (3)
ausreichend (4)
mangelhaft (5).
Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung der kognitiven Kompetenzen
Die Evaluierung der kognitiven Kompetenzen von Computerspielen mit kompetenzförderlichen
Potenzialen erfolgt nach Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für: Problemlösefähigkeit,
Handlungsplanung, (räumliche) Wahrnehmung, Konzentration, Wissen, Abstraktion.
5
6
Teil II: Soziale und persönlichkeitsbezogene Kompetenzen
Anforderungen an die sozialen und persönlichkeitsbezogenen Kompetenzen von
Computerspielen mit kompetenzförderlichen Potenzialen - Qualitätskriterien und
Prüfaspekte
Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!)
Bewertung
 Selbstbeobachtung und Selbstwirksamkeit der
Spielenden werden durch spielinterne Rückmeldungen
gefördert
 Konsequenzen der eigenen Handlungen werden deutlich
1. Selbstindem den Spielenden Aussagen über deren
wahrnehmung
Spielverhalten, Erfolg und Misserfolg sowie Hinweise auf
missachtete Regeln mitgeteilt werden
 Das Ausmaß der Anforderungen wird an die individuelle
Leistungsfähigkeit der Spielenden angepasst und
dadurch Selbstreflexion und -einschätzung angeregt
 Aufgrund vorhandener Speicherfunktionen ist die
Möglichkeit zum Erreichen verschiedener Lern/Spielstationen gegeben
 Zwischenschritte erlauben Erfolgsempfinden und
2. Ich-Stärkung
Zuversicht und regen das Durchhaltevermögen an
 Durch das Spielen gegen andere wird der
Wettbewerbsgedanke gefördert
 In Multiplayer-Spielen werden Durchsetzungsvermögen
und Führungsqualitäten gefordert, da unterschiedliche
Rollen und Aufgaben von einer Gemeinschaft diskutiert
und verteilt werden
 Strategien für den Umgang mit Stress und Misserfolg
3. Emotionale
werden durch einen angemessenen
Selbstkontroll
Schwierigkeitsgrad entwickelt
e
 Das Spiel hat einen vernünftigen Speichermodus, um
Motivationsverluste zu vermeiden und keine
Aggressionen hervorzurufen
 Durch die Übernahme und Gestaltung von Charakteren
müssen sich die Spielenden in verschiedene emotionale
Zustände einfühlen
4. Involvement
 Für den Spielerfolg müssen die Spielenden in Interaktion
mit anderen Spielcharakteren und/oder Mit- und
Gegenspielern treten und deren emotionalen Zustände
berücksichtigen
 Das Spiel kann nicht nur alleine, sondern in einem
Mehrspieler-Modus mit bzw. gegen andere Spielende
5. Teamfähigkeit
genutzt werden
 Das Spielprinzip der notwendigen sozialen
Zusammenarbeit und gegenseitigen Hilfe ist vorhanden
7
6. moralische
Urteilskompetenz
Gesamtpunkte
Gesamt
und ist für den Erfolg des Spielens ausschlaggebend
 Eine interaktive Struktur ermöglicht Kritik und Lob am
eigenen Handeln oder an dem der anderen Spielenden
 Die Bildung von Einstellungen und Überzeugungen
bezüglich der im Spiel vorhandenen moralischen
Standpunkte wird gefördert
 Diese moralischen Standpunkte werden u.a. durch
folgende Vorstellungen gestützt:
o Menschen und der Gemeinschaft
o Lebensaufgaben und Lebenssinn
o Gerechtigkeit, Schuld und Vergebung
o Geschichtlichkeit und Natur
Summe der Punktwerte der Evaluierung der sozialen
und persönlichkeitsbezogenen Kompetenzen
Evaluierung der sozialen und
persönlichkeitsbezogenen
Kompetenzen/Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl
der Evaluierungen/arithmetisches Mittel, 1
Kommastelle
Anmerkung:
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
4,5 – 5 Punkte
realisierbar.
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
3,5 – 4,4 Punkte
realisierbar.
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
2,5 – 3,4 Punkte
realisierbar.
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
1,5 – 2,4 Punkte
realisierbar.
1,4 Punkte und
Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
weniger
sehr gut (1)
gut (2)
befriedigend (3)
ausreichend (4)
mangelhaft (5).
Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung der sozialen und persönlichkeitsbezogenen Kompetenzen
Die Evaluierung der sozialen und persönlichkeitsbezogenen Kompetenzen von Computerspielen
mit kompetenzförderlichen Potenzialen erfolgt nach Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für:
Selbstwahrnehmung, Ich-Stärkung, Emotionale Selbstkontrolle, Involvement,
Teamfähigkeit, moralische Urteilskompetenz.
8
Teil III: Medienbezogene und gestalterische Anforderungen
Anforderungen an medienbezogene und gestalterische Aspekte von Computerspielen
mit kompetenzförderlichen Potenzialen - Qualitätskriterien und Prüfaspekte
Qualitätskriterien
Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!)
Bewertung
 Die Spielenden müssen sich in komplexen
Menüstrukturen und Hypertexten zurechtfinden
 Sie lernen verschiedene Begriffe aus dem Bereich der
Technik-, Spiele- und Medienwelt kennen
 Das Spiel fördert das Hinterfragen des eigenen
Mediennutzungsverhalten der Spielenden
8. Medienreflexion
 Die Fähigkeit Gefahren und Potenziale in Bezug zum
Leben in der Medienwelt abzuschätzen wird angeregt
 Durch geschriebene oder gesprochene Sprache sowie
Symbole oder akustische Reize ist die Möglichkeit zur
Kommunikation mit anderen Spielenden gegeben
9. Kommunikation
 Kommunikative Handlungen stehen im Vordergrund
des Spielgeschehens und sind ausschlaggebend für das
Erreichen des Spielziels
 Das Spiel besitzt eine ästhetisch ansprechende visuelle
Gestaltung, die den Inhalten und dem Genre entspricht
10.
Visuelle
 Die Menüstrukturen sind übersichtlich aufgebaut und
Gestaltung
erleichtern den Umgang in der Spielwelt
 Grafik und Animationen sind auf einem aktuellen
technischen Standard
7. Instrumentellqualifikatorisch
e Kompetenzen
11.
Auditive
 Die auditive Gestaltung, wie Musik, Töne und Sprache
9
Gestaltung
12.
Kreativität
Gesamtpunkte
Gesamt
sind verständlich, angemessen und motivierend
 Die auditiven Elemente sind von guter Qualität
 Ton- und Lautstärke können an die persönlichen
Vorlieben der Spielenden angepasst werden
 Fantasiewelten, Levels oder Figuren können selbst
entworfen werden
 Das Erreichen von Spielzielen auf unkonventionellen
Wegen wird belohnt
 Die Spielenden bringen ihre eigenen Erfahrungen,
Kenntnisse und Ideen in die Spielgestaltung und
-umsetzung ein
Summe der Punktwerte der Evaluierung der
medienbezogenen und gestalterischen
Anforderungen
Evaluierung der medienbezogenen und
gestalterischen Anforderungen/Gesamtpunkte
dividiert durch Anzahl der
Evaluierungen/arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle
Anmerkung:
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
4,5 – 5 Punkte
realisierbar.
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
3,5 – 4,4 Punkte
realisierbar.
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
2,5 – 3,4 Punkte
realisierbar.
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
1,5 – 2,4 Punkte
realisierbar.
1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
sehr gut (1)
gut (2)
befriedigend (3)
ausreichend (4)
mangelhaft (5).
Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung der medienbezogenen und
gestalterischen Anforderungen
Die Evaluierung der medienbezogenen und gestalterischen Anforderungen von
Computerspielen mit kompetenzförderlichen Potenzialen erfolgt nach Anwendung der
einzelnen Prüfaspekte für: Instrumentell-qualifikatorische Kompetenzen, Medienreflexion,
Kommunikation, Visuelle Gestaltung, Auditive Gestaltung, Kreativität.
10
Teil IV: sensomotorische und technische Anforderungen
Anforderungen an die Sensomotorik und an technische Aspekte von Computerspielen
mit kompetenzförderlichen Potenzialen - Qualitätskriterien und Prüfaspekte
Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!)
7. Koordination
8. Reaktionsvermögen
9. Navigation und
Steuerung
10.
Hard- und
Bewertung
 Das Spiel verlangt durch visuelle, akustische oder
taktile (z.B. Vibration des Controllers) Signale
verschiedenste Bewegungs- und
Ausdrucksmöglichkeiten des eigenen Körpers
 Verschiedenste motorische Handlungsabläufe werden
koordiniert durchgeführt
 Die sensomotorischen Abläufe müssen im Verlauf des
Spiels aufgrund verschiedener Schwierigkeitsstufen
beschleunigt werden
 Neben körperlichen sind auch geistige Operationen zu
bewältigen und im Tempo zu steigern
 Die Navigations- und Orientierungsmöglichkeiten sind
einfach und übersichtlich handhabbar und erleichtern
oder ermöglichen das Zurechtfinden in der Spielwelt
 Die Steuerungsmöglichkeiten zeichnen sich durch einen
Wechsel der Eingabeformen oder Wahlmöglichkeiten
der Bedienung (z.B. Tastatur, Maus) aus, sodass die
Spielenden lernen verschiedene Steuerungsabläufe zu
beherrschen
 Das Spiel erfordert den Umgang mit verschiedener
11
Software
Hardware (z.B. verschiedene Datenträger, Headset,
Lenkrad, Pistole etc.)
 Das Spiel erfordert den Umgang mit spezieller
Software, indem man diese z.B. installiert und
anschließend nutzt
 Aktualisierungen oder Erweiterungen sind online
verfügbar, herunterzuladen und zu installieren
 Netzwerke müssen eingerichtet und erprobt werden
 Das Spiel beinhaltet Elemente, die den Spielenden mit
Informationen zu Spielregeln und Spielstatus versorgen
oder ihm Rückschlüsse darauf ermöglichen
11.
Hilfestellun  Es sind Anleitungen, Regelwerke, Handbücher, aber
g
auch Rückmeldungen, Hilfen und Tipps vorhanden
 Regeln können durch Erfahrung und Erkenntnis aus
den vorherigen Spielzügen gesammelt, abgeleitet und
angewandt werden
 Die Spielenden lernen einen allgemeinen Umgang mit
neuen Medien und Digitalisierung
6. Neue Medien
 Das Spiel ermöglicht Erfahrungen mit Crossmedia, z.B.
durch Einblendung von Videos/Filmszenen oder der
Nutzung von Fotos
Summe der Punktwerte der Evaluierung der
Gesamtpunkte
Sensomotorik und der technischen Anforderungen
Evaluierung der Sensomotorik und der technischen
Anforderungen/Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl
Gesamt
der Evaluierungen/arithmetisches Mittel, 1
Kommastelle
Anmerkung:
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
4,5 – 5 Punkte
realisierbar.
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
3,5 – 4,4 Punkte
realisierbar.
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
2,5 – 3,4 Punkte
realisierbar.
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
1,5 – 2,4 Punkte
realisierbar.
1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
sehr gut (1)
gut (2)
befriedigend (3)
ausreichend (4)
mangelhaft (5).
Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung der Sensomotorik und der
technischen Anforderungen
Die Evaluierung der Sensomotorik und der technischen Anforderungen von Computerspielen
mit kompetenzförderlichen Potenzialen erfolgt nach Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für:
Koordination, Reaktionsvermögen, Navigation und Steuerung, Hard- und Software,
Hilfestellung, Neue Medien.
12
Gesamtevaluierung
Gesamtprüfung (arithmetisch / 5-er Skalierung) nach Kriterien
I
Evaluierung kognitiver
Kompetenzen
Gesamtpunkte (arithmetisches
Mittel)
II Evaluierung sozialer und
persönlichkeits-bezogener
Kompetenzen
Gesamtpunkte (arithmetisches
Mittel)
III Evaluierung medienbezogener
und gestalterischer
Anforderunge
Gesamtpunkte (arithmetisches
Mittel)
IV Evaluierung der Sensomotorik
und technischer Anforderungen
Gesamtpunkte (arithmetisches
Mittel)
Gesamt
Gesamtpunkte (Summe der
arithmetischen Mittel I – IV)
Anmerkung:
Interpretation der Gesamtpunktzahl
18,0 - 20 Punkte
beispielhaftes didaktisches Multimediaprodukt
sehr gut (1)
14,0 - 17,9 Punkte
empfehlenswertes didaktisches Multimediaprodukt
gut (2)
10,0 -13,9 Punkte
geeignetes didaktisches Multimediaprodukt
befriedigend (3)
6,0 – 9,9 Punkte
verwendbares Multimediaprodukt
ausreichend (4)
5,9 Punkte und weniger
nicht zu empfehlendes Multimediaprodukt
mangelhaft (5).
13
Gesamtevaluation (verbal):
14
Bernd Mikuszeit
2.6. Evaluierungskriterien für BLEP
Blended-Learning-Programme für ethische Bildung
(BLEP)
Blended-Learning-Programme sind Lehr-/Lernkonzepte, die eine didaktisch sinnvolle
Verknüpfung von Präsenzphasen und Phasen des selbständigen Lernens mit IKT-basierten
Bildungsmedien umfassen. Die Päsenzenzphasen könnnen mit didaktischen
Multimediaprodukten für Lehrende und Lernende unterstützt werden. Die Phasen des
selbständigen Lernens werden auch als E-Learning-Phasen bezeichnet und werden mit
didaktischen Multimediaprodukten für Lernende realisiert.
Zur Bewertung von BLEP werden folgend vier Evaluierungsbereiche empfohlen:
Teil I: Kompetenzanforderungen
Teil II: Anforderungen an Präsenzphasen
Teil III: Anforderungen an E-Learning-Phasen
Teil IV: Organisatorische und mediale Anforderungen
Anmerkung: In verschiedenen Publikationen wird statt von Blended-Learning auch von Blended-Education gesprochen. Diese
Bezeichnung ist zweckmäßig, da damit Lehren und Lernen gleichermaßen betont werden. Da Blended-Learning in der
Medienpädagogik eingeführt, in der Fachliteratur ein gängiger Begriff ist und in der Weiterbildungspraxis ausschließlich
genutzt wird, verwendet das Projekt EVALUMEDIA vor allem den Begriff Blended-Learning. Blended-Education wir in
geeigneten Zusammenhängen synonym genutzt.
Teil I: Kompetenzanforderungen
Die Kompetenzanforderungen befassen sich mit den grundlegenden Kategorien von
Bildung, mit den Zielen, Inhalten und Kompetenzen. Es werden die Bildungsabsichten und
Bildungsmöglichkeiten für Blended-Learning-Kurse für ethisches Lernen analysiert.
Das Setzen und Realisieren von Zielen und Teilzielen sind Grundvoraussetzungen und
Orientierungen für erfolgreiches Lernen. Welche Kenntnisse, Werte und Kompetenzen auf
den verschiedenen Lernwegen im Zusammenhang mit der Zielgruppe erworben werden
sollen sind deshalb grundlegende Fragen für die Konzipierung von Blended-LearningKursen für ethisches Lernen. Eng damit verbunden ist die Frage, welche Inhalte bzw.
Stoffe, wie Fakten, Regeln, Begriffe, Gesetze, Methoden Relationen geübt, gelernt und
angeeignet werden sollen.
Die pädagogisch-inhaltlichen Anforderungen zur Konzipierung von Blended-LearningKursen für ethisches Lernen sind deshalb ein übergreifender Ansatz, der die
Anforderungsgruppe konstituiert. Diese Anforderungsgruppe befasst sich mit folgenden
Qualitätskriterien für ethisches Lernen in einem Blended-Learning-Szenarium:
1. Lernziel,
2. Lerninhalt,
3. Werte,
4. Zielgruppe,
5. Inhalte ethischen Lernens
Document1
1
6. Explizites und implizites ethisches Lernen
Teil II: Anforderungen an Präsenzphasen
Die didaktisch-methodische Anforderungen an Präsenzphasen von Blended-LearningKursen befassen sich mit wesentlichen Aspekten des Lehrens und Lernens, insbesondere
welche Lehr- und Lernarrangements in Blended-Learning-Kursen für ethische Bildung
verfolgt werden. Die Didaktik als Wissenschaftsdisziplin der Pädagogik beschäftigt sich
mit den Regeln des Lernens und den Zusammenhängen zwischen Lernen und Lehren.
Unter didaktisch-methodischer Fragestellung wird nach der Methode sowie der Art und
Weise der Vermittlung und der Aneignung von Kenntnissen und Kompetenzen gefragt.
Die didaktisch-methodischen Anforderungen an Präsenzphasen bilden deshalb eine
zweite wesentliche Anforderungsgruppe und strukturieren welche Anforderungen an
qualitativ gute Blended-Learning-Kurse gestellt werden müssen.
Die Qualitätskriterien dieser Gruppe sind:
1. Didaktische Blended-Learning Ansätze und Phasen
2. Vermittlungs- und Lernformen in Präsenzveranstaltungen
3. Didaktische Schritte für den ethischen Lehr- und Lernprozess
4. Didaktische Regeln und logische Lernverfahren
5. Didaktische Schwerpunkte der Präsenzphasen
6. Inhalte und Stufen ethischen Lernens und ethische Basiskompetenzen.
Teil III: Anforderungen an E-Learning-Phasen
Die didaktisch-methodische Anforderungen an E-Learning-Phasen / Selbstlernphasen von
Blended-Learning-Kursen für ethisches Lernen befassen sich mit wesentlichen Aspekten
vor allem des Lernens, insbesondere welche Lernarrangements in Blended-EducationKursen für ethische Bildung verfolgt werden. Die Didaktik als Wissenschaftsdisziplin der
Pädagogik beschäftigt sich mit den Regeln des Lernens und den Zusammenhängen
zwischen Lernen und Lehren. Unter didaktisch-methodischer Fragestellung wird nach der
Methode sowie der Art und Weise der Vermittlung und der Aneignung von Kenntnissen
und Kompetenzen gefragt.
Die didaktisch-methodischen Anforderungen an E-Learning-Phasen von BlendedLearning-Kursen für ethisches Lernen bilden deshalb eine ditte wesentliche
Anforderungsgruppe und strukturieren welche didaktisch-methodische Anforderungen an
E-Leaning-Phasen gestellt werden müssen.
Die Qualitätskriterien dieser Gruppe sind:
1. Didaktische Blended-Learning Ansätze und Phasen
2. Didaktisch-inhaltliche Aspekte der E-Learning-Phasen
3. Allgemeine Anforderungen an E-Learning-Phasen
4. Didaktische Regeln und logische Lernverfahren
5. Didaktische Schwerpunkte der E-Learning-Phasen
6. E-Learning-Angebote für ethisches Lernen
Document1
2
Teil IV: Organisatorische und mediale Anforderungen
Die organisatorischen Anforderungen befassen sich mit grundlegenden ergonomischen
Gesichtspunkten bei der Durchführung von Blended-Learning-Kursen und mit der
Nutzung von didaktischen Multimediaprodukten. Das sind Fragen, die sich mit der
menschgerechten Gestaltung von Lehr- und Lernumgebungen bzw. von MenschComputer-Schnittstellen befassen. Zu den Rahmenbedingungen des Blended-LearningProjekts gehören neben der curricularen Verankerung auch der zur Verfügung stehende
Kostenrahmen ebenso wie die Beratungs- und Supportkapazitäten, auf die zugegriffen
werden kann. Außerdem sind Nutzungskomfort und Handhabung der didaktischen
Multimediaprodukte für einen erfolgreichen Blended-Learning-Kurs von wesentlicher
Bedeutung. Diese Kriterien sind deshalb in einer vierten Kriteriengruppe als
Anforderungen an Organisation, Kommunikation und Medien zusammengefasst.
Bei diesen Anforderungen sind vor allem ergonomische Gesichtspunkte von Bedeutung
wie Rahmenbedingungen, Bedienungseigenschaften, Handhabungsgesichtspunkte und
Gebrauchseigenschaften.
Die Arbeitsbedingungen für Lehrende und Lernende sind oft der Schlüssel zum Erfolg bzw.
Misserfolg für einen Blended-Learning-Kurs.
Weiterbildungsveranstaltungen können als institutionalisiertes kommunikatives Handeln
angesehen werden, in dessen Mittelpunkt die Schaffung von Lernsituationen steht.
DozentInnen und TeilnehmerInnen müssen sich in einem Rahmen von institutionellen
Bedingungen über ihre Ausgangslage, ihre Kursziel, über vermittelnde Variablen wie
Verhalten, Lehr- und Lernverfahren, organisatorische Maßnahmen und die möglichen
Erfolgskontrollen verständigen. Innerhalb dieser wechselseitig aufeinander wirkenden
Handlungsaspekte wird die Organisation der Weiterbildungsveranstaltung zu einer
wichtigen Vermittlungsvariablen. Weiterbildungsorganisation besteht auch in der
Organisation der Sozialformen der Weiterbildung: Die frontal geführten Präsensphasen
begünstigen vor allem rezeptives Lernverhalten; in der Gruppenarbeit ist die gesamte
Lehr-Lern-Gruppe an der Planung und Durchführung des Unterrichts beteiligt; die
Selbstlernphasen können sich am ehesten dem individuellen Lernfortschritt anpassen.
Zu den organisatorischen, kommunikativen und medialen Anforderungen gehören
folgende Qualitätskriterien:
1. Rahmenbedingungen
2. Inhaltsadäquate und adressengerechte Auswahl und Gestaltung der
Multimediaprodukte
3. Multimedialität
4. Interaktivität
5. Adaptivität
6. Informationen zum Blended-Learning-Kurs
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3
Teil I: Kompetenzanforderungen
an Blended-Learning-Kurse für ethisches Lernen
Pädagogisch-inhaltliche Anforderungen an Bildungsabsichten und
Bildungsmöglichkeiten für Blended-Learning-Kurse,
Qualitätskriterien und Prüfaspekte
Qualitätskriterien
Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!)
7. Lernziel


8. Lerninhalt




9. Werte





10.Zielgruppe


11. Inhalte ethischen
Lernens
12. Explizites und
implizites
ethisches Lernen
Document1

Bewertung
Der Kurs verfolgt das Ziel, Fähigkeiten zur Wahrnehmung einer ethisch
relevanten Situation und ihrer Probleme auszubilden, die argumentative
Auseinandersetzung mit einem ethischen Problem zu fördern und eine
grundlegende Haltung der Verständigungsorientierung zu entwickeln.
Alle Ziel- und Inhaltskomponenten (kognitive, affektive, psychomotorische,
sozial-kommunikative) sind mit der Gesamtkonzeption des Kurses abgestimmt.
Der konzipierte Lerninhalt ist geeignet, die Ausbildung folgender ethischer
Basiskompetenzen zu unterstützen:
- die Wahrnehmung ethischer Fragen und Probleme
- die Begründung ethischer Urteile
- die Ausbildung bzw. Reflexion der eigenen Haltung.
Die Lerninhalte sind sachlich und wissenschaftlich korrekt dargestellt (Struktur,
Auswahl, Menge und Dichte sowie Verknüpfung von Informationen, wesentliche
Aussagen mit Bezug zum Allgemeinheitsgrad und zur Abstraktionsebene).
Die Lerninhalte sind mit entsprechenden Bildungsprogrammen abgestimmt.
Die Bildungsinhalte sind nach pädagogischen Gesichtspunkten sinnvoll
ausgewählt und begründet.
Der Kurs fördert ethische Orientierungen und Leitvorstellungen.
Der Kurs fördert humane Gedanken und Werte.
Die angezielten Werte und Normen fördern die Würde des Menschen und
solidarisches Verhalten.
Die angezielten Werte und Normen sind frei von Gewalt verherrlichenden,
radikalen oder obszönen Darstellungen, ideologischer Beeinflussung, negativen
Vorurteilen und gezielter Manipulation.
Der Inhalt des Kurses ist frei von engem geschlechtsspezifischen Rollendenken
und Vorurteilen gegenüber Individuen und gesellschaftlichen Gruppen.
Die Lernziele des Kurses verfolgen ein für die Nutzer relevantes moralisches
Problem.
Vorhandene Erfahrungen, notwendige Vorkenntnisse und Fähigkeiten der
Zielgruppe werden berücksichtigt (Wissen und Können, Emotionen und
Haltungen, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsvermögen, sozial-kulturelles
Umfeld).
Die Thematik oder die Art ihrer Durchführung fördert ethische Bildung zu einem
bzw. mehreren der folgenden Themenfelder:

Kulturelle Identität und interkulturelle Verständigung

Krieg und Frieden

Mensch und Umwelt

Gewalt und Ausgrenzung

Solidarität und Gerechtigkeit

Bürger und Gesellschaft

Zukunftsbewältigung und Chancengleichheit.
Die Kurskonzeption für das ethische Lernen berücksichtigt eine oder mehrere der
folgenden vier Stufen:
 Ethisches Lernen ist direkt Thema eines Kurses oder Seminars.
 Bei dem Kursthema schwingen ethische Fragestellungen mit.
4


Bei der Kursdurchführung kann eine ethische Fragestellung auftreten.
Ethik kann im Verlauf des Kurses ungewollt zum Thema werden.
Gesamtpunkte
Summe der Punktwerte der Kompetenzanforderungen
Gesamt
Kompetenzanforderungen / Gesamtpunkte dividiert durch
Anzahl der Wertungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle


Evaluation (verbal) nach Kriterien für Kompetenzanforderungen
Die Evaluation nach Kompetenzanforderungen für Blended-Learning-Kurse erfolgt nach
Anwendung der Qualitätskriterien für: „Lernziel“, „Lerninhalt“, „Werte“, „Zielgruppe“, „Inhalte
ethischen Lernens“, „explizites und implizites ethisches Lernen“.
Anmerkung:
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
4,5 – 5 Punkte
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
sehr gut (1)
3,5 – 4,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
gut (2)
2,5 – 3,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
befriedigend
(3)
1,5 – 2,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
ausreichend
(4)
1,4 Punkte und weniger
Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
mangelhaft
(5).
Document1
5
Teil II: Anforderungen an Präsenzphasen
von Blended-Learning-Kursen für ethisches Lernen
Anforderungen an das Lehr- und Lernarrangement für Blended-Learning-Kurse für
ethisches Lernen; Didaktisch-methodische Anforderungen an Präsenzphasen,
Qualitätskriterien und Prüfaspekte
Qualitätskriterien
Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!)
1. Didaktische BlendedLearning Ansätze und
Phasen



2. Vermittlungs- und
Lernformen in
Präsenzveranstaltungen



3. Didaktische Schritte
für den ethischen Lehrund Lernprozess



4. Didaktische
Regeln und logische
Lernverfahren


Document1
Bewertung
Dem Blended-Learning-Kurs liegt ein erkennbarer lerntheoretischer Ansatz
zugrunde, beispielsweise ein eher objektivistischer, konstruktivistischer,
traditionalistischer, wissenschaftsorientierter oder handlungsorientierter
Ansatz. Der lerntheoretische Ansatz ist zweckmäßig umgesetzt und die
Bildungsinhalte sind nach didaktischen Gesichtspunkten zweckmäßig
strukturiert.
Das Blended-Learning-Konzept umfasst eine oder mehrere Präsenzphasen.
Die Präsenzphasen ordnen sich didaktisch zweckmäßig in das Gesamtkonzept
des Kurses ein und sind mit E-Learning-Phasen zweckmäßig abgestimmt und
verbunden.
Methodische Grundformen für Präsenzveranstaltungen, wie darbietende,
aufgebende und erarbeitende Formen, werden angewandt.
Mögliche und sinnvolle Kooperationsformen in Präsenzveranstaltungen, wie.
frontale Vermittlung, Partnerlernen, Gruppenlernen bzw. Einzellernen,
wurden berücksichtigt.
In den Präsenzveranstaltungen werden sinnvolle Kooperationsformen und
Lernformen angewandt. Frontale, kooperative und individuelle Lernformen
zweckmäßig kombiniert.
Wesentliche didaktische Schritte, die einen ethischen Lehr- und Lernprozess
in der Erwachsenenbildung ermöglichen, werden in den Präsensphasen
folgerichtig angewandt:

Einführung und Aktivierung, Hinführung und Reaktivierung

Vermittlung und Verarbeitung, Vertiefung un Verallgemeinerung

Festigung und Anwendung, Wiederholen und Anwenden
Systematisierung

Wertung und Auswertung, Vereinbarungen treffen.
Die vorgesehenen didaktischen Schritte ermöglichen unterschiedliches
Arbeiten der Nutzer in Schwierigkeitsgrad und Tempo.
Die Abarbeitung der Lernschritte erfolgt emotional wirksam und
motivierend.
Grundlegende didaktische Regeln und Prinzipien wurden bei der
Kurskonzeption für die Präsensphasen eingehalten, wie

Fasslichkeit

Wissenschaftlichkeit

Folgerichtigkeit

Anschaulichkeit

Vom Allgemeinen zum Besonderen

Vom Einfachen zum Komplizierten

Vom Leichten zum Schweren

Vom Nahen zum Entfernten

Vom Bekannten zum Unbekannten

Verbindung des Konkreten mit dem Abstrakten.
Logische Lernverfahren, wie Analysieren, Synthetisieren, Vergleichen,
Differenzieren, Generalisieren, Abstrahieren, Verallgemeinern, Ordnen,
6
Konkretisieren, sind im Kurs angelegt und werden gefördert.
5. Didaktische
Schwerpunkte der
Präsenzphasen
Das Blended-Learning-Konzept umfasst eine oder mehrere Präsenzphasen mit
einigen der angeführten didaktisch-methodischen Schritte.
 Präsenzphase A: Darbieten, Initiieren, Hinführen

Themenpräsentation

Problemsituation

Impuls (Vortrag oder Medien)

Einführung in das Lernkonzept Blended Learning

Einführung in die eLearning-Phase (Umgang mit Internet, Medien und
Kommunikationsarten)

Einführung in die genutzten Medien

Aufgabenstellung für die eLearning-Phase

Präsenzphase B: Weiterführen, Vertiefen

Ergebnispräsentationen der Teinehmer

Diskussion der Lernergebnisse

Systematisierung des ethischen Themas, mögliche Einbeziehung von
Multimediaangeboten

Aufgabenstellung für Weiterführungsphase zum Thema (Forum,
Multimedia)

Weitere Präsenzphasen: Weiterführen, Vertiefen

wie Präzensphase B in Abhängigkeit von der Themenstellung
6. Inhalte und Stufen
ethischen Lernens und
ethische
Basiskompetenzen
Die Kurskonzeption in den Päsensphasen ist auf die Vermittlung folgender
ethischer Basiskompetenzen gerichtet:
 auf die Wahrnehmung ethischer Fragen und Probleme.
 auf die Begründung ethischer Urteile
 auf die Ausbildung bzw. Reflexion der eigenen Haltung einschließlich der
Motivation zum eigenen Handeln.
Die Kurskonzeption für das ethische Lernen berücksichtigt eine oder mehrere der
folgenden Stufen:
 Das ethische Problem ist Thema des Kurses oder Seminars (Darbieten,
Initiieren, Hinführen).
 Der ethische Lernanlass wird von DozentInnen erkannt bzw. entdeckt
(Entdecken).
 Der ethische Lernprozeß wird von DozentInnen initiiert (Initiieren).
 Die Auseinandersetzung der Teilnehmer mit den ethischen Fragen erfolgt
wird durch DozentInnen begleitet (Begleitung).
 Als Resultat des Reflexions- und Kommunikationsprozesses wird versucht
Vereinbarungen zu treffen (Ergebnis sichern).
Gesamtpunkte
Summe der Punktwerte der Anforderungen an
Päsenzphasen
Gesamt


Anforderungen an Päsenzphasen / Gesamtpunkte dividiert
durch Anzahl der Wertungen / arithmetisches Mittel, 1
Kommastelle
Evaluation (verbal) nach Kriterien für die Anforderungen an Präsenzphasen
Die Evaluation nach Anforderungen an Präsenzphasen von Blended-Learning-Kursen
erfolgt nach Anwendung der Qualitätskriterien für: „didaktische Blended-Learning
Ansätze und Phasen“, „didaktisch-inhaltliche Aspekte der E-Learning-Phasen“,
Document1
7
„allgemeine Anforderungen an E-Learning-Phasen“, „didaktische Regeln und
logische Lernverfahren“, „didaktische Schwerpunkte der E-Learning-Phasen“, „ELearning-Angebote für ethisches Lernen“.
Anmerkung:
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
4,5 – 5 Punkte
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
sehr gut (1)
3,5 – 4,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
gut (2)
2,5 – 3,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
befriedigend
(3)
1,5 – 2,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
ausreichend
(4)
1,4 Punkte und weniger
Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
mangelhaft
(5).
Document1
8
Teil III: Anforderungen an E-Learning-Phasen
Didaktisch-methodische Anforderungen an E-Learning-Phasen von BlendedLearning-Kursen für ethisches Lernen,
Qualitätskriterien und Prüfaspekte
Qualitätskriterien
Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!)
1. Didaktische BlendedLearning Ansätze und
Phasen



Bewertung
Dem Blended-Learning-Kurs liegt ein erkennbarer lerntheoretischer Ansatz
zugrunde, beispielsweise ein eher objektivistischer, konstruktivistischer,
traditionalistischer, wissenschaftsorientierter oder handlungsorientierter
Ansatz. Der lerntheoretische Ansatz ist zweckmäßig umgesetzt und die
Bildungsinhalte sind nach didaktischen Gesichtspunkten zweckmäßig
strukturiert.
Das Blended-Learning-Konzept umfasst eine oder mehrere E-LearningPhasen.
Die E-Learning-Phasen ordnen sich didaktisch zweckmäßig in das
Gesamtkonzept des Kurses ein und sind mit den Präsenzphasen zweckmäßig
abgestimmt und verbunden.
Die E-Learnigphasen und die E-Learningangebote zeichnen sich durch folgende
2. Didaktisch-inhaltliche didaktisch-inhaltlichen Aspekte aus:
Aspekte der E-Learning-  Curriculare Einbindung - Die E-Learning-Angebote sind in das BlendedPhasen
Learning-Konzept didaktisch zweckmäßig und sind für das Erreichen der




Kursziele notwendig.
Lernprozessorientierung – Mit dem E-Learning-Angebot wird neues Wissen in
einem aktiven Aneignungsprozess erarbeitet und nicht als ein Set von fertigen
und eindeutigen Informationseinheiten übermittelt.
Kompetenzförderung – Die E-Learning-Angebote fördern und verstärken die
Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz aller Teilnehmer.
beteiligten Personen.
Förderung kooperativer Arbeits- und Lernformen - Die E-Learning-Angebote
fördern kooperative Arbeits-und Lernformen sowie Modelle verteilter
Wissensgemeinschaften.
Kontextualisierung - Die E-Learning-Angebote fördern die Vernetzung des
Angebots mit anderen gesellschaftlichen Feldern (vor allem über das
Internet).
3. Allgemeine
Anforderungen an ELearning-Phasen
- Es kann zeit- und ortsunabhängig gelernt werden.
- Teilnehmer können ihr Lerntempo selbst bestimmen.
- Durch unterschiedliche multimediale Angebote (Bild, Video, Ton, Animation,
Text) und unterschiedliche Aufgabenstellungen (Praxisnähe, Theoretischer
Zugang …) werden unterschiedliche Lerntypen angesprochen.
- Der Lehrstoff ist didaktisch und methodisch gut aufbereitet und flexibel
handhabbar.
- Eine tutorielle Betreuung ist gesichert.
4. Didaktische
Regeln und logische
Lernverfahren

Document1
Grundlegende didaktische Regeln und Prinzipien wurden bei der
Kurskonzeption der E-Learning-Phasen eingehalten, wie

Fasslichkeit

Wissenschaftlichkeit

Folgerichtigkeit

Anschaulichkeit

Vom Allgemeinen zum Besonderen

Vom Einfachen zum Komplizierten

Vom Leichten zum Schweren

Vom Nahen zum Entfernten

Vom Bekannten zum Unbekannten

Verbindung des Konkreten mit dem Abstrakten.
9

5. Didaktische
Schwerpunkte der ELearning-Phasen
Logische Lernverfahren, wie Analysieren, Synthetisieren, Vergleichen,
Differenzieren, Generalisieren, Abstrahieren, Verallgemeinern, Ordnen,
Konkretisieren, sind im Kurs angelegt und werden gefördert.
Das Blended-Learning-Konzept umfasst eine oder mehrere E-Learning-Phasen mit
einigen der angeführten didaktisch-methodischen Schritte.
 E-Learning-Phase A: Begleiten, Erarbeiten, selbständiges Bearbeiten

Bearbeitung des ethischen Themas anhand eines Mediums und nach
einer Aufgabenstellung (selbständiges Lernen)

Kommunikation mit Mitlernenden und Dozenten (Foren, Chat, Tutorial)

Online-Zusammenarbeit (Workspace)

E-Learning-Phase B: Begleiten, selbständiges Bearbeiten

Weiterführung des Teilnehmer-Forums zum Diskurs unter den
Teilnehmern (von Teilnehmern geleitet)

Einbeziehung weitere Multimediaprodukte

Weitere E-Learning-Phasen: Begleiten, selbständiges Bearbeiten

wie E-Learning-Phasen B in Abhängigkeit von der Themenstellung und
den Präsenzphasen
6. E-Learning-Angebote
für ethisches Lernen
Die E-Learnigphasen und die E-Learningangebote sind so konzipiert, dass sie
 das selbständige Bearbeiten eines ethischen Problems, das bisher nicht gelöst
werden konnte, ermöglichen.
 einen Zuwachs an Wissen und Kompetenzen bei der ethischen urteilsfindung
unterstützen.
 einen Zuwachs an moralischer Sensibilität und moralischer Motivation
ermöglichen.
Die Kurskonzeption in den E-Learning-Phasen ist auf die Vermittlung folgender
ethischer Basiskompetenzen gerichtet:
 auf die Wahrnehmung ethischer Fragen und Probleme.
 auf die Begründung ethischer Urteile
 auf die Ausbildung bzw. Reflexion der eigenen Haltung einschließlich der
Motivation zum eigenen Handeln.
Gesamtpunkte
Summe der Punktwerte der Anforderungen an
E-Learning-Phasen
Gesamt


Anforderungen an E-Learning-Phasen / Gesamtpunkte
dividiert durch Anzahl der Wertungen / arithmetisches
Mittel, 1 Kommastelle
Evaluation (verbal) nach Kriterien für die Anforderungen an E-LearningPhasen
Die Evaluation nach Anforderungen an E-Learning-Phasen von Blended-Learning-Kursen erfolgt
nach Anwendung der Qualitätskriterien für: „Didaktische Ansätze und Inhalte“, „Vermittlungsund Lernformen, Stufen ethischen Lernens (Implizites ethisches Lernen)“, „Päsenzphasen“,
„E-Learning-Phasen“. „Didaktische Regeln und logische Lernverfahren“, „Didaktische
Schritte“.
Document1
10
Document1
11
Anmerkung:
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
4,5 – 5 Punkte
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
sehr gut (1)
3,5 – 4,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
gut (2)
2,5 – 3,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
befriedigend
(3)
1,5 – 2,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
ausreichend
(4)
1,4 Punkte und weniger
Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
mangelhaft
(5).
Teil IV: Organisatorische und mediale Anforderungen an BlendedLearning-Kurse
Anforderungen an Organisation und Medien für Blended-Learning-Kurse für
ethisches Lernen / Rahmenbedingungen für Blended-Learning-Kurse und die
Nutzung
von
didaktischen
Multimediaprodukten,
Qualitätskriterien und Prüfaspekte
Qualitätskriterien
1. Rahmenbedingungen
Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!)






2. Inhaltsadäquate
und adressengerechte

Auswahl und
Gestaltung der
Multimediaprodukte



Document1
Bewertung
Für die Durchführung des Blended-Learning-Projekts steht eine technische
Beratungs-und Supportkapazität zur Verfügung
Es ist sichergestellt, dass die Kursteilnehmer die nötigen technischen und
medialen Kompetenzen verfügen bzw. diese selbstständig erwerben können.
Die für den Kurs erforderliche Hard- und Sofware steht zur Verfügung.
Für den Kurs steht ein entsprechend ausgerüsteter Multimediaraum als
Veranstaltungsort zur Verfügung. Es empfiehlt sich eine kreisförmige
Anordnung der Computerarbeitsplätze.
Berücksichtigung verschiedener didaktischer Variablen im Lehr- und
Lernprozess zur Entwicklung von Lernmotivationen, insbesondere der
intrinsischen Motivation, z.B. zur Erlangung emotionaler Sicherheit, zur
Mitbestimmung der Teilnehmer über die Organisation und Durchführung von
Veranstaltungen, zur Zahl der Teilnehmer an Veranstaltungen, zur Fülle und
Gliederung der zu vermittelnden Informationen im Hinblick auf die Zielgruppe.
Die Auswahl der didaktischen Multimediaprodukte für den Blended-LearningKurs erfolgt inhaltsadäquat für die Präsens- und E-Learning-Phasen.
Die didaktische Multimediaprodukte und die Medienart wurden entsprechend
dem Inhalt zweckmäßig gewählt. Die Lerninhalte sind mit den Möglichkeiten
der Multimediaart abgestimmt.
Es wurde die dem Inhalt gemäße multisymbolische Darstellungsform gewählt.
Die multisymbolischen Darstellungsformen (Texte, Grafiken, Bilder, Videos,
Audios etc.) sind korrekt und entsprechen ästhetischen Gesichtspunkten.
Das Multimediaprodukt wurde adressatengerecht gestaltet.
Darstellungsformen der Inhalte wie Sprache, Ton, Bild, Animation sind
zielgruppengemäß.
12
3. Multimedialität




4. Interaktivität






5. Adaptivität




Informationen zum
Blended-LearningKurs
Gesamtpunkte
Document1


Die in dem Blended-Learning-Kurs integrierten Multimediaprodukte können
funktional, sinnvoll und lernunterstützend genutzt werden.
Die Lernkanäle werden lernunterstützend sinnvoll aktiviert (visuell, auditiv,
haptisch, motorisch)
Es werden verschiedene Vermittlungs- und Kommunikationsformen
angeboten.
Die ausgewählten Programme und Programmelemente (Tutorielles Programm,
Simulation, Übung, Spiel , Nachschlagewerke etc. sind begründet, ergänzen sich
und sind inhaltsadäquat
Die in den Blended-Learning-Kurs integrierten Multimediaprodukte
ermöglichen interaktives Arbeiten, Veränderung von Aufgabenstellungen und
flexibles Reagieren entsprechend den unterschiedlichen Lernbedürfnissen und
Lernvoraussetzungen. Rückmeldungen werden in variablen Formen,
motivierend und effektiv angeboten.
Für Leistungsauswertungen werden zweckmäßige Möglichkeiten (wie Text,
Ton, Grafik, Animation) angeboten. Falsche Lösungen werden in
unterschiedlicher und variabler Weise kenntlich gemacht. Rückmeldungen
falscher Lösungen erfolgen in motivierender Weise und bewerten die Antwort
und nicht die Person.
Die Multimediaprodukte reagieren auf den Lernverlauf, indem der individuelle
Leistungsstand analysiert wird und entsprechende Verzweigungen empfohlen
werden.
Verzweigungen werden nach Antwort- und Lernverlaufsanalyse automatisch
eingeschlagen und können frei gewählt werden. Verzweigungen sind in
angemessener und überschaubarer Anzahl vorhanden. Durch Verzweigungen
werden unterschiedlich schwierige und variierte Aufgabenformen angeboten.
Interaktivität zwischen Nutzer und den Multimediaprodukten werden
ermöglicht, indem Aufgaben und Arbeitsaufträge gestellt, Lösungen gefordert
und die Entwicklung von Lösungsstrategien gefördert werden.
Die Interaktivität wird unterstützt durch Abhängigkeit des Programmfortgangs
von den Beiträgen und Aktivitäten des Nutzers, durch Auslösen von Aktivitäten
des Nutzers, z.B. Sammeln von Daten, Erweitern von Informationen, durch
Bereitstellung von Daten für die weitere Bearbeitung, durch Fehlermeldungen
mit Sachbezug, durch sachliche und variable Bestätigung von
Arbeitsergebnissen, durch Realisierung von LINKS zu anderen Medien bzw.
durch Belohnungssysteme (Bestenliste, Spiele usw.).
Die Multimediaprodukte des Blended-Learning-Kurses ermöglichen die
Anpassung an die Leistungsfähigkeit des Benutzers durch Änderungen der
Grundeinstellung (z.B. Abstellen des Tones, Wechsel zwischen Text und
Tonausgabe) und das Einstellen des Schwierigkeitsgrades (z.B. Aufgaben mit
verschiedenen Schwierigkeitsstufen).
Das Einstellen des Zeitverhaltens (z.B. Einstellung der Reaktionszeiten nach
Erfordernissen des Nutzers) wird durch die Multimediaprodukte
gewährleistet.
Die Multimediaprodukte ermöglichen die Anpassung an die Leistungsfähigkeit
des Benutzers durch die Art sowie den Umfang der Informationen (z.B.
gesonderte und kombinierte Wahl von Text- oder Toninformationen).
Eine Anpassung des Hilfesystems (z.B. variables Angebot von Hilfen) wird
durch die Multimediaprodukte ermöglicht.
Der Blended-Learning-Kurs für das ethische Lernen ist in ausrechenden Maße
bekannt gemacht worden (Flyer, Internet, Presse)
Zum Blended-learning-Kurs für das ethische Lernen wird den Teilnehmern
eine Studienmaterial bzw- geeignete Literatur bereitgestellt.
Summe der Punktwerte der organisatorischen und
medialenAnforderungen

13
Gesamt
Organisatorische und mediale Anforderungen /
Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Bewertungen /
arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle

Evaluation (verbal) nach Kriterien für organisatorische und mediale
Anforderungen
Die Evaluation nach den organisatorischen und medialen Anforderungen an BlendedLearning-Kurse erfolgt nach Anwendung der Qualitätskriterien für
„Rahmenbedingungen“, „inhaltsadäquate und adressengerechte Auswahl und
Gestaltung der Multimediaprodukte“, „Multimedialität“, „Interaktivität“,
„Adaptivität“, „Information zum Blended-Learning-Kurs“.
Anmerkung:
Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation
4,5 – 5 Punkte
Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
sehr gut (1)
3,5 – 4,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
gut (2)
2,5 – 3,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
befriedigend
(3)
1,5 – 2,4 Punkte
Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und
realisierbar.
ausreichend
(4)
1,4 Punkte und weniger
Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar.
mangelhaft
(5).
Document1
14
Gesamtevaluation
Gesamtprüfung (arithmetisch / 5-er Skalierung) nach Kriterien
I
Pädagogischinhaltliche
Bewertung
Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel)

II
Didaktischmethodische
Bewertung
Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel)

III Mediale
Bewertung
Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel)
IV Bedienungsbewertung
Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel)
Gesamtbewertung
Gesamtpunkte (Summe der arithmetischen Mittel I – IV)



Interpretation der Gesamtpunktzahl
18,0 - 20 Punkte
Beispielhafter Blended-Learning-Kurs
sehr gut (1)
14,0 - 17,9 Punkte
10,0 -13,9 Punkte
6,0 – 9,9 Punkte
Empfehlenswerter Blended-Learning-Kurs
gut (2)
befriedigend (3)
ausreichend (4)
5,9 Punkte und weniger
Geeigneter Blended-Learning-Kurs
Nutzbarer
Blended-Learning-Kurs
Nicht zu empfehlender
Blended-Learning-Kurs
mangelhaft (5).
Gesamtevaluation (verbal):
Document1
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3. Evaluierungskonzepte für Multimediaprodukte,
Bildungsmedien und thematisch-inhaltliche
Weiterbildungsangebote
Joan Hemels
3.1. Weiterbildungsangebot mit Bildungsmedien zur
interkulturellen Erwachsenenbildung: Religiöse Kulturen als
interkulturelle Herausforderung für Erwachsenenbildung
Die gesellschaftliche Präsenz der Religionsgemeinschaften in den
Niederlanden
Wir beschaftigen uns in diesem Aufsatz mit einer Frage – selbstverstandlich in der Erwartung
oder vielleicht nur in der Hoffnung, naher an sachlich betonte Antworten heranzukommen.
„Religion in der Medienoffentlichkeit der Niederlande“ ist das Thema, verbunden mit der
Frage, ob Religion eine Mitgestalterin oder Auβenseiterin bei der offentlichen Diskussionen
ist. „Mitgestalterin“ verstehe ich dabei als ein Bundel von Fahigkeiten der
Religionsgemeinschaften, standig Spuren im Inhalt der klassischen und der neuen Medien
(religioser sowie sakularisierter Richtung) zu hinterlassen und so dauerhaft auf die offentliche
Debatte und Meinungsbildung hinsichtlich ethischer und religioser Fragen einzuwirken.
Öffentliche Prasenz und Wirkung betrachte ich als wichtiges Zeichen und Signal fur die
Vitalitat und Wirksamkeit der Religion auβerhalb der Privatsphare. Kirchen und religiose
Bewegungen fuhren in dieser Annaherung kein gesellschaftliches Versteckspiel. Sie spielen
bewusst und zielorientiert eine nicht unerhebliche Rolle in der Gesellschaft.
Den Titel „Neuanfang oder Schwanengesang? “ versah ich mit einem Fragezeichen, als ich
2010 in Erfurt einen Vortrag hielt uber das Thema „Religion in der Medienoffentlichkeit der
Niederlande“.1 In Bezug zur Frage, wie einerseits kirchliche und nicht-kirchliche
Meinungsfuhrer ihre Medienarbeit leisten und sich andererseits Journalisten in den
Niederlanden mit Religion und immer ofter auch mit Spiritualitat auseinandersetzen, werde
ich versuchen, Bilanz zu ziehen. Es handelt sich dabei letztendlich um eine unsichere
Zukunftsperspektive – erstens weil ich, gerade auch durch Zwischenfalle, die sich in den
Monaten Februar und Marz 2010 abspielten, zwischen Öptimismus und Pessimismus hin und
her gerissen wurde, und zweitens, weil bestimmte Entwicklungsfaktoren sich sogar
kurzfristig kaum einschatzen lassen. Namentlich die Moglichkeit eines breiten Spektrums des
16
Meinungsjournalismus, neben Berichterstattung, in Bezug zu Kirchen und Religionen, ist eine
Bedingung, die sich nicht beeinflussen lasst.
Bekanntlich ist die christliche Religion fur die Niederlander auch gegenwartig noch eine ernst
genommene Angelegenheit. Trotz der vermeintlich oder tatsachlich fortschreitenden
Sakularisierung der Gesellschaft und Versuche einzelner Meinungsfuhrer in den letzten
Jahrzehnten, alle Religionen aus der offentlichen Domane zu verdrangen, wurden Gott oder
Allah der Tod angesagt. In der offentlichen Debatte, die von Massenmedien gespeist wird,
stehen ethische Fragen, religiose Themen, religios fundierte Sitten und Brauche, Meinungsund Wertebildung sowie Reflexion uber Grundrechte und Burgerpflichten seit fast zehn Jahren
wieder auf der politischen Tagesordnung. Diese Themen finden sich deshalb auch immer
mehr in den Medien. Es handelt sich dabei um Nachrichten, Berichte,
Hintergrundinformationen, Nachrichtenanalysen und Kommentare der Redaktionen.
Auβerdem tragen Experten mit ihren Beitragen in Druckerzeugnissen wie Tageszeitungen und
Meinungswochenblattern oder in Önline-Podiumsdiskussionen (dazu eingeladen oder aus
eigenem Antrieb) zur allgemeinen Meinungsbildung bei. Leser reagieren ebenfalls in
vielfaltiger Weise. Dies schließt sowohl traditionelle wie auch moderne elektronische
Leserbriefe ein. Dabei geht es um die Beteiligung am Önline gefuhrten Meinungsaustausch,
der durch traditionelle Massenmedien, Interessengruppen, Kirchen oder one issuecommunities im Internet gefordert wird.
Die öffentliche Debatte im Zeitalter des Internets
Leider erfahren Initiatoren niederlandischer kirchlich-religioser Websites mit einem
Diskussionspodium und Redaktionen der Tageszeitungen, die die Önline-Debatte fordern,
jeden Tag wie unsachlich, emotional und sogar aggressiv oft auf Blogs reagiert wird.
So vermutet der ehemalige Leserredakteur („ombudsman“) der uberregionalen Tageszeitung
„de Volkskrant“, Thom Meens, dass diese „Verschmutzung“ nicht so sehr von den eigenen
Abonnenten verursacht wird, sondern hauptsachlich von Auβenseitern stammt, die weder
eine Leserbindung mit einem bestimmten Titel entwickelt haben, noch haufige Leser sind,
moglicherweise uberhaupt keine Zeitung lesen, jedoch viel Freizeit surfend auf dem Internet
verbringen, um ihre populistischen auslander- und islamfeindlichen „Internetabfalle“ zu
verbreiten. In der Ausgabe seiner Rubrik vom 27. Marz 2010 uberlegt Meens sich ernsthaft, ob
sein Blog zukunftig nicht eingeschrankt und somit nur fur eine bestimmte, fur eine „eigene“
Zielgruppe zuganglich gemacht werden sollte. Seine Redaktion war es mude geworden, die
Beitrage im Internet standig moderieren zu mussen und sie eventuell auch zu zensieren.2
Die Euphorie über „Qualität“ und „Öffenheit“ der Önline-Diskussion zu aktuellen, mit
Emotionen verbundenen, politischen und religiösen Fragen der multikulturellen und
multireligiösen Gesellschaft scheint mir sowieso unter einen gewissen Druck geraten zu sein.
Dieser Tatbestand trifft nicht nur auf den Journalismus und die Journalisten zu.
17
Beispielsweise untersuchte Tamara Witschge in ihrer Amsterdamer Dissertation, ob und wie
ethnische Minderheiten oder ausländische Nationalitäten in den niederländischen Medien
positiv oder negativ dargestellt werden. Ihre Forschungsfrage lautete: „In welchem Umfang
sind verschiedene Akteure und Blickwinkel in der Online-Diskussion über Migration
vertreten, und wie lässt sich das mit der Darstellung in Zeitungen vergleichen?“3
Witschge schlussfolgert, dass im Internet noch keine wirklich offene Debatte stattfindet. Die
Ursachen hierfür bestünden insbesondere in menschlichen Unzulänglichkeiten: So fällt es
niemandem leicht oder ist ihm gar einfach, sich gegenüber jemandem, der einer anderen bzw.
unterschiedlichen politischen, kulturellen oder religiösen Gruppe angehört, zu präsentieren
bzw. ihm gegenüber zu argumentieren. Das trifft vor allem dann zu, wenn es sich um
Minderheiten handelt, die ihre Rechte in der Gesellschaft einfordern. Zugang zur OnlineDiskussion sei zwar einfacher, obwohl ein Internetzugang dafür Voraussetzung ist, als auch
Teilnahme an der Zeitungsdebatte. Folglich sind mehr Bürger Online vertreten. Für
diejenigen, die keine Kontakte zur Zeitungswelt haben, ist es laut Witschge schwierig, Zugang
zu dieser Diskussionsplattform zu bekommen. Obwohl die Online-Teilhabe einfacher ist und
in der Diskussion mehr unterschiedliche Positionen geäußert werden, bleiben die
Gegenargumente in der Online-Debatte innerhalb der Grenzen dessen, was als
niederländische Kulturwerte und niederländisches Rechtssystem gilt. Es wird keine wirkliche
Alternativposition präsentiert. Und „die anderen“ waren nicht in der Debatte vertreten. In
diesem Sinne ist die Diskussion eingeschränkt, obwohl es keine direkten Anzeichen dafür gibt,
dass diese Ansichten ausgeschlossen worden sind. Also kann weder Engagement noch
Verständnis für die „anderen“ etabliert werden. Seine/ihre Position wird nicht erwähnt
(obwohl sogar von denjenigen, die in der Debatte präsent sind, darüber spekuliert wird). Auf
diese Weise bleiben Ängste, Frustrationen und Vorurteile über die anderen ungelöst und man
stellt sich nicht der Herausforderung.4
Witschge sieht jedoch einen Lichtblick und einen Weg, der es ermöglicht, Menschen
miteinander offline in Kontakt zu bringen. Ihrer Meinung nach kann die Offenheit der OnlineDebatte verbessert werden, wenn man andere Kommunikationswege in der öffentlichen
Diskussion wählt. Die Debatte in der Öffentlichkeit hat sich dermaßen verhärtet, dass der
Respekt für die Überzeugung anderer systematisch der Tendenz untergeordnet wird, die
eigenen Meinungen zu vertreten. Das geschieht häufig ohne jegliche Selbstkritik, ohne
Empathie und ohne ein Gefühl für Nuancen – aber immer, wie Witschge betont, mit einem
Appell für eine falsch verstandene Redefreiheit. Nach ihrer Einschätzung sind persönlicher
und respektvoller Umgang miteinander wichtige Voraussetzungen für eine sinnvolle OnlineDebatte. Sie plädiert für einen generellen Standard der „Netiquette“ (Etikette im World Wide
Web), der zu Dialog und primärem Fokus auf den Inhalt der Debatte führt, angereichert mit
persönlichen Erfahrungen anstelle abstrakter Argumente. Diese Empfehlung sollte sowohl in
der Medienarbeit des kirchlichen und religiösen Bereichs (und übrigens nicht nur auf diese
Bereiche eingeengt, sondern generell) ernst genommen und umgesetzt werden.
18
Nachdem ich die zwei Bedeutungen des Begriffs educatio im katholischen Kirchenrecht zur
Kenntnis genommen habe, bin ich mehr als zuvor davon überzeugt, dass „Bildung im Sinne
von Ausbildung und Unterricht, wie es beispielsweise in Schulen oder Kursen praktiziert
wird“5, in Bezug zu Medien – jedenfalls in den Niederlanden - mehr Aufmerksamkeit verdient.
Ergänzend dazu, aber wahrscheinlich manchmal auch stellvertretend für Anstrengungen von
Eltern lohnt es sich, Kinder und Jugendliche rechtzeitig und sinngemäβ auf einen
selbstverständlichen und selbständigen Umgang mit alten und neuen Medien und deren
Wirkung vorzubereiten. Dies schließt das Warnen vor den Risiken der Internetbenutzung ein,
ohne jedoch dabei Angst auszulösen. Vielmehr geht es um eine effiziente Vorbereitung von
Kindern und Jugendlichen auf eine „sichere Entdeckungsreise durch das World Wide Web“.
Die Niederlande, bekannt durch Kompromissfähigkeit, hat ein inzwischen auch in der
Bundesrepublik Deutschland anerkanntes System der Selbstklassifizierung für audiovisuelle
Medieninhalte und Computerspiele entwickelt. Unter dem Markennamen „Kijkwijzer“ wird
dieses Modell des Niederländischen Instituts für die Klassifizierung von audiovisuellen
Medien (Nederlands Instituut voor de Classificatie van Audiovisuele Media, NICAM) seit 2001
zur Schutz der Jugendlichen in den Niederlanden mit Erfolg angewandt. Ausländische
Behörden und Wissenschaftler zeigen viel Interesse für diese pragmatische Problemlösung
zum Jugendschutz im Medienbereich. Diskriminierung aller Art, also auch in Bezug auf
religiöse Überzeugungen, gehört – ebenso wie Gewaltdarstellung, Angsterzeugung,
Sexdarstellung, Drogen- und Alkoholmissbrauch und grobe Reden – zu den
Interessengebieten derjenigen, die das Angebot beurteilen.6
Das medienübergreifende Klassifizierungssystem Kijkwijzer weist unter
Jugendschutzgesichtspunkten mögliche Beeinträchtigungen für Kinder verschiedener
Altersgruppen aus. Jugendmedienschutz und Medienbildung werden seit 2009 im neuen
Parallelprojekt „mediasmarties“ aufeinander bezogen. Dieses Önlinesystem informiert über
Medieninhalte, die Kindern gut tun. Alle audiovisuellen Medien sind integriert, also
Fernsehsendungen, Filme und DVDs, Spiele, Webseiten und Apps.7
Glück in Tongefässen und Krüge, die zum Brunnen gehen
Die Debatte uber die Zunahme der Sakularisierung der Gesellschaft einerseits und die Endzeit
der Religionen andererseits - einhergehend mit dem standigen Verlust an Kirchgangern in
Westeuropa – spielte im niederlandischen Journalismus bis in die Mitte der neunziger Jahre
des vergangenen Jahrhunderts eine große Rolle, wenn nicht gar eine Hauptrolle. Der Auftritt
der evangelikalen christlichen Bewegung und des islamischen Fundamentalismus brachten
neue Impulse, als die Terrorismusdrohung seitens der Islamextremisten vor zehn Jahren zur
offentlichen Tagesordnung gehorte und das Unbehagen uber die in den Groβstadten
Rotterdam, Amsterdam, Den Haag und Utrecht konzentrierten Einwanderer erkennbar wurde
19
– ohne Rucksicht auf das Erfordernis der Multikulturalisierung der Gesellschaft einfach zu
nehmen bzw. zu akzeptieren. Bei dem skizzierten Themenkreis handelt es sich zweifelsohne
um wichtige Entwicklungen und Themen, die Wissenschaftler, Politiker und Journalisten
inzwischen standig herausfordern, die Dynamik von Ethik und Religion in der fur
„postmodern“ erklarten Gesellschaft neu zu uberdenken. Integrationsfahigkeit, Toleranz,
Dialogbereitschaft, Wertewandel und Religion (Christentum, Islam und Judentum) hatten
plotzlich Konjunktur. Der niederlandische Journalismus hatte die Aktualitat verschiedener
ethischen Fragen bereits erkannt und die Suche vieler Erwachsener innerhalb und außerhalb
der Kirche nach Sinn, Spiritualitat und Religiositat in ihre Arbeit integriert, als kurz
nacheinander drei Skandalfalle im Bereich der katholischen Kirche Anfang 2010 hohe Wellen
schlugen.
Wie man der Bibel entnehmen kann, tragt der Mensch sein Gluck bekanntlich in Tongefassen
mit sich. Dies gilt fur alle Zeiten, auch fur das Zeitalter der Medien. Wer als Politiker,
Geschaftsmann, Bankier oder Bischof erst einmal in das Kreuzfeuer der Journalisten geraten
ist, braucht nicht nur starke Nerven, sondern auch gute Pressesprecher. Wer einen guten Ruf
besitzt, wird fruher oder spater die Wahrheit dieser alten Redensart entdecken: Der Ruf
kommt zu Fuβ, flieht jedoch zu Pferd. Risikokommunikation ist eine der wichtigsten
Spezialismen der communication professionals, die sich freiberuflich mit Öffentlichkeitsarbeit
beschaftigen. Nur sind diese Fachleute zu teuer fur kirchliche Einrichtungen.
Die „Homohostie“-Affäre
Mitte Februar 2010 stand die katholische Kirche der Niederlande plotzlich im Zentrum der
Medienaufmerksamkeit. Ein im Bistum ’s-Hertogenbosch als konservativ bekannter Pfarrer
hatte den Karnevalprinzen seines Dorfes gewarnt, wahrend der Eucharistiefeier mit dem
Thema Fasching („carnaval“) am Samstag,13. Februar 2010, nicht zur Kommunion zu gehen.
Diesen Ratschlag erteilte ihm der Pfarrer mit der Begrundung, dass ein homosexueller
Lebenswandel nicht mit dem Empfang des Leibes Christi zu vereinbaren sei. Einige Tage
spater wurde diese Tatsache uber die Medien bekannt. Nicht nur Kreise der Homosexuellen
und der Lesben waren emport. Unmittelbare Unterstutzung kam ebenso von Politikern, die
sich solidarisch erklarten. Auch treue Katholiken regten sich uber das Verhalten des Pfarrers
Journalisten gegenuber auf und waren enttauscht. Die erste bischofliche Erklarung bot dem
Pfarrer insofern Ruckendeckung, als sie sich de facto nur als eine Bestatigung der
Kirchenlehre in Bezug zur Wurde des Empfangens (bzw. Nichtempfangens) der Kommunion
lesen lieβ. Die Folge war ein „Medienhype“. Dies geschah insbesondere, nachdem am Sonntag,
den 21. Februar 2010, das Hochamt vor und im Dom des Bistums durch eine Demonstration
gestort worden war. Zuvor hatte der Pressesprecher des Bischofs mitgeteilt, dass es sich um
einen Gottesdienst ohne Kommunion fur die Glaubigen handeln wurde. Mit dieser „Losung“
jedoch eskalierte die Affare. Journalisten, Fotografen und Kameraleute stromten zusammen
und verursachten in Bild und Text eine neue Aufmerksamkeitswelle. Nach Verhandlungen mit
Vertretern einiger Interessenverbande musste das Bistum schon bald einlenken: Der Bischof
20
Anton Hurkmans hob letztendlich am 3. Marz 2010 hervor, dass jeder Katholik mit seinem
Gewissen entscheiden solle, ob die Kommunion in Wurde empfangen werden konne oder
nicht. Unabhangig von der sexuellen Praferenz konnte man Gedanken hinzufugen. Es fuhlten
sich auch nicht-kirchlich wieder verheiratete Geschiedene angesprochen. Leserbriefe zeigten,
dass sich diese Katholiken besonders diskriminiert fuhlten und im Ergebnis der katholischen
Kirche den Rucken kehrten.
Die „Hostie-Affare“ mit ihrem im Grunde innerkirchlichen Charakter bot Zundstoff fur eine
Explosion von Veroffentlichungen und Debatten im Rundfunk und im Fernsehen. Haufig war
es peinlich, wie uber das fur glaubige Katholiken „Heilige der Heiligen“ in den Medien
gesprochen und geschrieben wurde. Öhne unmittelbar an ein antipapistisches Aufbegehren zu
denken darf man doch feststellen, dass die Grenzen der Schicklichkeit uberschritten wurden.
Die Aufregung war zwar von kurzer Dauer, verursachte jedoch einen erheblichen Verlust an
Respekt wegen der zogerlichen Leitung eines Bistums. Beurteilt man die Geschehnisse aus
Sicht des Kommunikationsmanagements, dann muss man feststellen, dass der Bischof sich
erst nach einigen Wochen, also zu spat, am Verhandlungstisch mit Vertretern der
Homosexuellen- und Lesbenorganisationen zum ublichen und weit verbreiteten pastoralen
Standpunkt, Katholiken nicht offentlich von der Kommunion auszuschlieβen, bekannte. Schon
am ersten Sonntag nach dem Beginn der Veroffentlichungen und Diskussionen in Rundfunk
und Fernsehen hatten er oder einer seiner Vikare als Stellvertreter diese pastorale Haltung als
Richtlinie im Dom verkunden und die Kommunion erteilen konnen. Die Demonstranten in
ihrer auffalligen rosaroten Bekleidung vor und im Dom hatten dann, gestarkt durch eine als
Erwachsenenkatechese einzustufende Predigt, beruhigt heimkehren konnen. Die anwesenden
Journalisten hatten die bischofliche Stellungnahme als gute Botschaft verbreiten konnen.
Ehemalige Katholiken und Kritiker der katholischen Glaubensgemeinschaft waren in der Lage
gewesen, nochmals nachzudenken uber ihre feste Uberzeugung, die Kollision zwischen der
Geradlinigkeit eines Pfarrers und (vorubergehend) seines Bischofs sei eine Bestatigung ihrer
Auffassung uber die Harte einer Kirche, die Nachstenliebe als hochstes Gebot predigt.
Die Kirchenliederzensur
Kaum war dieser „Betriebsunfall“ eines Bistums (der insgesamt sieben Bistumer) langsam aus
den Medien verschwunden, da kundigte sich ein neues Thema an, das die ganze katholische
Kirchenprovinz betraf. Zwei kirchliche censoren, einer im Bistum
’s-Hertogenbosch und einer im Erzbistum Utrecht, beschaftigten sich mit der Vorbereitung
eines Verbots von insgesamt 23 Liedern des ehemaligen Jesuit Huub Öosterhuis – hieβ es in
Unmut stiftenden Veroffentlichungen. Fur die Gottesdienste am Samstagabend /Sonntag
stehen jedes Wochenende zwei unterschiedliche Hefte mit Texten und einem Vorschlag fur die
Gesange zur Verfugung: „Bron van Christelijke Geest“ (Quelle des christlichen Geistes] vom
Verlag Kok in Utrecht und „De zondag vieren“ (Den Sonntag feiern), eine Ausgabe der
21
Arbeitsgruppe fur Liturgie Heeswijk vom Verlag Abdij van Berne in Heeswijk. 2006 hatte sich
das Bistum Roermond fur ein neues Gesangbuch fur die Liturgie unter groβer
Medienaufmerksamkeit von den Liedern von Öosterhuis distanziert.8 Seit Mitte der sechziger
Jahre des vergangenen Jahrhunderts sind seine Lieder bei vielen Kirchgangern, auch in der
protestantischen Kirche der Niederlande (Protestantse Kerk in Nederland, PKN) beliebt,
obwohl es dann und wann nicht an kritischen Tonen gefehlt hat. Die wochentliche
Feuilletonbeilage der Tageszeitung „NRC Handelsblad“, Cultureel Supplement, veroffentlichte
am 26. Marz 2010 eine vernichtende zweiseitige Kritik. Nebenbei wurde die Eucharistie als
„Hokus pokus Pilatus paf“ (Hoc est corpus quod sub Pilato passus est) erklart.9 Wenn
niederlandische Kinder sich mit diesem Spiel beschaftigen sind sie sich nicht der
antipapistischen Herkunft bewusst. Ein Journalist oder literarischer Autor weiβ jedoch
Bescheid.
Die Missbrauchswelle
Die unterschatzte Wirkung der in den Medien als „Homohostie-Affare“ bezeichneten
Angelegenheit bildete den Nahrboden fur zwei neue Medienereignisse. Unmittelbar nach der
Hostie-Affare und noch wahrend der Kirchenliederaffare erreichte der internationale Zorn
uber Missbrauchsfalle in der katholischen Kirche die Niederlande. Damit droht dem
katholischen Leben inzwischen der Entfall seines Glanzes. Religionsgegnern, insbesondere
Gegnern des Katholizismus, werden damit faktisch die „Balle zugespielt“. Noch am 21. Februar
2010 und in den Tagen zuvor berichteten die niederlandischen Zeitungen ausfuhrlich uber die
„Strafgesprache“ der 24 irischen Bischofe, die Papst Benedikt XVI. anlasslich des Missbrauchs
Jugendlicher in Irland zu sich gerufen hatte. Großformatige Farbfotos von kirchlichen
Wurdentragern wurden abgedruckt und sollten den Eindruck einer wieder heilen Welt
vermitteln. ‚Der Himmel hatte sich jedoch nur fur eine außerst kurze Zeit aufgeklart’; denn
seit Ende Januar gab es wieder neue Missbrauchsnachrichten von Jugendlichen – in
Deutschland und in Österreich. Einige Tage nach dem Treffen der irischen Bischofe in Rom
war in den Niederlanden helle Aufregung. Es kamen die Missbrauchsaffaren der funfziger,
sechziger und siebziger Jahre in von Örden und Kongregationen gefuhrten katholischen
niederlandischen Internaten durch eine gezielte Aktion im Medienbereich ans Licht. Nach
intensiver Vorarbeit eines Journalistenduos der Qualitatszeitung „NRC Handelsblad“ und des
niederlandischen Weltrundfunks (Radio Nederland Wereldomroep, RNW) begannen beide
Medien am 26. Februar 2010 mit der Veroffentlichung einer Serie von Zeitungsartikeln und
Rundfunkbeitragen, die nicht ohne Wirkung blieb; denn sie losten in den anderen Medien eine
Kettenreaktion aus. „NRC Handelsblad“ eroffnete seine Ausgabe mit einem groβ auf der
Vorderseite und uber die volle Breite gebrachten Aufsatz und Fortsetzung auf Seite 3. Durch
die Zusammenarbeit mit dem Weltrundfunk RNW kamen die Reaktionen nicht nur aus dem
Leserkreis der Zeitung, sondern aus der ganzen Welt. Von Anfang an wurden die
Verantwortlichen der Bistumer, Örden und Kongregationen dazu gedrangt, vollstandigen
Aufschluss uber die Tatbestande zu geben. Von den Öpfern, die sich bei der Zeitungsredaktion
22
oder bei dem Weltrundfunk RNW meldeten, waren viele bereit, anonym oder mit Angabe ihrer
Namen zu berichten, was ihnen passiert war und was sie erlebt hatten. Andere Zeitungen
folgten diesem Vorgehen – auch, um human touch stories veroffentlichen zu konnen. Durch
diese Zeugnisse wurde offenkundig, dass es sich nicht nur um Missbrauchsfalle handelte,
sondern auch um psychische Gewalt, vorgenommen durch die namentlich erwahnten
Erzieher. Auch wurden, wie sich herausstellte als Strafmaßnahme Internatskinder und jugendliche geschlagen. Fotos der inzwischen fur ganz andere Zwecke genutzten Gebaude
wurden als lieux de mémoire abgedruckt. Eine im Verhaltnis zu der massiven negativen
Berichterstattung sowie zu den vielen schlechten Erfahrungen schwache Gegenbewegung und
entsprechende Gegendarstellungen zeigten – jedoch erst nach Tagen – die Leserbriefrubriken.
Dabei betonten mancher Leser und manche Leserin, wie hervorragend die Ausbildung in
seinem oder ihrem Fall gewesen war. So weit die Fakten, bevor am Ende dieses Beitrags ein
Versuch zu einer Schlussfolgerung – auch in Bezug zu den hier erwahnten Affaren unternommen wird.
Kirche und Medien in der Entwicklung nach Vaticanum II
Die niederländischen orthodox-protestantischen, „reformierten“, Christen und die Katholiken
schafften ihre politische, kulturelle und wirtschaftliche Emanzipation in einem bürgerlichprotestantischen Umfeld bestehend aus bürgerlich-liberalen und eigenen Zeitungen,
Zeitschriften, Schulen, Universitäten, Gewerkschaften, politischen Parteien,
Rundfunkorganisationen, Sportvereinen usw. dadurch, dass sie sich seit 1870 im eigenen
Kreis organisierten. Diese als „Versäulung“ angedeutete Entwicklung stärkte die eigene
Bevölkerungsgruppe. Die führende Elite der eingangs genannten zwei Gruppierungen wirkte
gemeinsam und arbeitete dabei auch mit Sozial-Demokraten und mit bürgerlich Liberalen
zusammen, namentlich in der Politik.10 Die Medien bildeten einen internen Zusammenhang,
prägten die eigene Identität und stellten sich extern der Aufgabe, die eigenen Zielsetzungen zu
propagieren und eventuell die eigenen Interessen zu verteidigen.11 Manchmal dominierte
Polemisches. Gleichzeitig entwickelte sich ein kontinuierlicher Lernprozess gegenseitiger
Verständigung der verschiedenen Säulen.
Seit der Mitte der sechziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts vollzog sich ein Prozess der
„Entsäulung“. Einerseits führte der Prozess der „Entsäulung“ zum Wiederaufleben des
Katholizismus bei Befreiung von Zwang und Gehorsam. Das Zweite Vatikanische Konzil
(1962-1965) war in den Niederlanden mit Begeisterung auch der Medien verfolgt worden. Es
mündete jedoch nicht in der Erfüllung der niederländischen Wünsche hinsichtlich der
Abschaffung des Zölibats und einer Demokratisierung der Kirche auf allen Ebenen.
Andererseits entstand zeitgleich mit der „Entsäulung“ ein hoher Grad von religiöser
Unentschlossenheit. Mit der Individualisierungstendenz verband sich die Förderung einer
gewissen Distanz zur Kirche als Institution. Spannungen zwischen konservativen Katholiken
23
und Fortschrittlichen verursachten eine unerfreuliche Polemik, von der Auβenseiter zynisch
sagten: „Siehe wie sie einander lieben“. Zwischen der niederländischen Kirchenprovinz und
dem Vatikan häuften sich in den siebziger Jahren die Probleme, zum Beispiel anlässlich
umstrittener Bischofsernennungen. Das alles führte dazu, dass Papst Johann Paul II. 1985 in
den Niederlanden in einem kalten, fast feindlichen Ambiente empfangen wurde.12
Über Zwischenfälle im kirchlich-katholischen Bereich wurde ausführlich berichtet – immer
öfter von Berichterstattern ohne Bezug zum Katholizismus und zu seinen Eigenarten. In den
achtziger Jahren verschwanden Spezialisten auf dem Gebiet von Kirche und Religion aus dem
Tageszeitungsjournalismus. Gleichgültigkeit gegenüber der Religion machte sich unter
unterschiedlichen niederländischen Intellektuellen, Politikern, Künstlern,
Fernsehpersönlichkeiten und Autoren breit und schuf ein Klima des Schweigens derjenigen,
die eigentlich anders dachten. Dieses postmoderne Verhalten basierte sogar auf kultureller
Relativierung oder wurde als Toleranz gepriesen. Von diesem historischen Standpunkt aus
begann in den Jahren um 2000 ein neues Zeitalter. Es war ein Zeitalter, in dem der
Journalismus anfing, Religionen, Kirchen und verschiedene Formen der Spiritualität in einer
unvoreingenommenen Weise zu betrachten. Die ersten Vorzeichen hatte man schon Mitte der
neunziger Jahre wahrnehmen können. Die Wiederentdeckung betraf zunächst nur das
Christentum: Sie führte zu einer offener Diskussion über die Bedeutung von Religion im
öffentlichen Bereich, aber manchmal auch über Glauben als Sprengsatz für Verfolgung und
Krieg. Ab 2001 belebten der Islam und die Drohung der Islamisierung der als christlich
verstandenen niederländischen Gesellschaft die Debatte, nachdem diese Thematik einige
Dezennien tabuisiert worden war.
Darüber hinaus nutzten in der neuen Situation Atheisten und Freidenker (die immer häufiger
als „Säkularisierte“ bezeichnet werden und eher skeptisch oder ablehnend gegenüber der
Erfahrung von Religion außerhalb des strengen individuellen Privatlebens sind) die Chance,
ihre Ideen und Ansichten zu verbreiten – zum Beispiel als Gegengewicht zu dem kulturellreligiösen revival. Auch die christliche Tageszeitung „Trouw“ veröffentlicht regelmäβig
Beiträge von Autoren, die sich als Atheisten bekennen. Anhänger der strikten Trennung von
Kirche und Staat, die Religion aus dem öffentlichen Leben heraushalten wollen, sind in
verschiedenen politischen Parteien zu finden.
Fünf neue Leitlinien für Religionsjournalismus
Anfang 2010 formulierte eine Gruppe von Religionsjournalisten und Religionspublizisten der
jüngeren Generation „Fünf erneuerte Prinzipien für Religionsjournalismus“.13 Sie betrachten
sich als Brückenbauer, wenn sie in der von Pluralismus gekennzeichneten niederländischen
Gesellschaft über Religionen veröffentlichen. Skizziert wird, wie ihr Spezialgebiet sich durch
den Druck der „Islamkontroverse“ nach dem 11. September 2001 grundsätzlich geändert hat.
Kritisiert wird das „übermäβige eindimensionale Identitätsdenken“ während des ersten
24
Dezenniums des einundzwanzigsten Jahrhunderts nicht nur im Journalismus, sondern auch in
der Politik und in der Schulausbildung. Glaubensüberzeugungen und Gläubige wurden aus
Unwissenheit oder der Einfachheit halber „etikettiert“ und verstärkten stereotypes Denken
bei den Medienrezipienten, den Mediennutzern – bei den Bürgern also. Negative Stereotypen
wurden eher verstärkt als abgebaut. Um aus dieser Sackgasse zu geraten unterbreitet die
Initiativgruppe der Brückenbauer folgende Leitlinien bzw. Empfehlungen:
-
Das Prinzip des Respekts für starke Überzeugungen, inklusiv orthodoxe oder
fundamentalistische Orientierungen. Unterschiedliche Auffassungen und Kontraste
akzeptieren und versuchen zu erklären. Respekt zeigen für Religionen mit starken
Wahrheitsansprüchen und bindenden Wertemustern, die eine kritische und zugleich
respektvolle Annäherung verdienen. Vermeidung einer voreingenommenen Haltung
und eines verengten Blicks auf bestimmte Religionen und religiöse Praktiken, gerade
wenn sie als „fremd“ erfahren werden. Örthodoxe Glaubensüberzeugungen nicht quasi
selbstverständlich mit Intoleranz, Aussperrung oder Gewalt verbinden und dadurch
Stereotypen in der Meinungsbildung verstärken.
Als ein Plädoyer für Offenheit gegenüber religiösen Traditionen und ihren Merkmalen
und für die Zuversicht, dass Religionsfreiheit nicht unbedingt zu einer Einschränkung
der Freiheit der nicht-gläubigen Bürger führt, so könnte die zusammenfassende
Aussage für das erste Prinzip lauten.
-
Das Prinzip der Wahrhaftigkeit, mit der Aufgabe auf der Suche nach Wahrheit zu sein,
ohne in Wahrheitsrelativismus stecken zu bleiben. Religion und Journalismus
beanspruchen (wie die Initiatoren der fünf Prinzipien betonen) beide eine gewisse
Wahrheit. Lange Zeit wurde Religionsjournalismus weitgehend von dem Blickwinkel
der Kriterien des Aufklärungsdenkens aus bestimmt: Glaubensüberzeugungen wurden
an Hand dieser Kriterien geprüft und von dem Ergebnis hing es ab, ob sie
Aufmerksamkeit bekamen oder nicht. Die Brückenbauer schlagen vor, „die Wahrheit“
ruhen zu lassen und sich grundsätzlich zu beschäftigen mit der Suche nach
„Wahrhaftigkeit“, dabei wert zu legen auf die gesellschaftliche Bedeutung einer
Glaubensüberzeugung und den Beitrag derer Anhänger an sozialer Kohäsion und
weiteren Leistungen für die Gesellschaft, gemäβ der alten Weisheit „Am Öbst kennt
man den Öbstbaum“.
-
Das Prinzip der Bilanz, zwischen journalistischer Aufmerksamkeit für Zwischenfälle
mit hohem Nachrichtenwert im religiösen Bereich und der weniger Aufsehen
erregenden religiösen Alltagsrealität, wie sie erlebt wird; eine Bilanz besonders auch
in Hinblick auf Berichterstattung über Anschläge von Extremisten, blutige Rituale die
in den Medien Aufmerksamkeit bekommen und religiöse Vorstellungen und Gedanken,
womit man in der Kultur des Westens nicht richtig vertraut ist. Der Journalist könnte,
25
laut der Initiativgruppe, Engagement mit verschiedenen Religionen zeigen und sich
öfters bemühen, neben verum, auch einmal bonum und pulchrum in der religiösen
Praxis „exotischer“ Religionen zu entdecken.
-
Das Prinzip der ausreichenden Kenntnisse, über Geschichte, Ideen und Praktiken der
einschlägigen Religionen und religiösen Bewegungen. Eine Grundhaltung, die darauf
basiert, dass Religion keine isolierte Dimension und keine Randerscheinung des
modernen gesellschaftlichen Lebens ist, sondern einen integralen und relevanten
Bestandteil ausmachen. Von Journalisten darf erwartet werden, dass sie sich mit den
Religionsquellen befassen und Hintergrundinformationen auswählen, die nicht in
manchmal mangelhaften und von bestimmten politischen Überzeugungen geprägten
Google-Informationen oder Wikipedia-Beiträgen stecken bleiben. Durch die Vertiefung
des Wissens über verschiedene Religionen und ihre Gläubigen sollte
Stereotypenbildung bei Mediennutzern entgegengewirkt werden. Mehr
Aufmerksamkeit für die Interpretation der als eigenständigem Vorgang zu
akzeptierenden Dynamik der Gesellschaft setzt mehr Kenntnisse und ein gut
entwickeltes Gespür für Nuancierungen in der Berichterstattung und von Journalisten
angeregter Meinungsbildung voraus.
-
Das Prinzip der Leichtfüβigkeit und des Muts in verständlicher Sprache – auch bei der
zumeist schwierigeren religiöse Sprache – mit der Zielsetzung, einen Brückenschlag
zwischen der religiösen und der säkularen Welt, zwischen religiösen und nichtreligiösen Bevölkerungsgruppen zu bilden. Eine bestimmte Leichtfüβigkeit und ein
gesundes Gefühl für Humor werden von den Initiatoren der Leitlinien als ein
Gegengewicht gegen schwermütige dunkle Töne empfohlen, die so oft in der clash
zwischen Glaube und Unglaube klingen. Ohne respektlos zu werden sei der
Religionsjournalist auβerdem aufgefordert, sich leichtfüβig mit religiöser sowie
säkularer Rechthaberei zu beschäftigen, ohne Angst vor Repressalien.
Journalisten mögen normative Ratschläge und Vorschriften nicht, besonders dann nicht, wenn
sie ihnen von ‚Drittparteien’ unterbreitet werden. Die fünf „Prinzipien“ jedoch wurden im
eigenen Kreis entwickelt und diskutiert. Ihr idealtypischer Charakter lässt sich dabei
keineswegs leugnen und darf nicht Hemmschwelle sein für eine breite Diskussion über deren
Anwendung in der Praxis des Alltagsjournalismus. Diese breit gefächerte Berufsgruppe sollte
sich mit den Anregungen der Brückenbauer auseinandersetzen, da in den meisten
Redaktionen kaum Journalisten arbeiten, die sich schwerpunktmäβig mit Religionen,
Religiosität, Kirchen und Spiritualitäten beschäftigen. Im Unterricht der vier Fachhochschulen
für Journalismus könnten die als Empfehlungen zu betrachtenden „Prinzipien“ das nicht so
gefragte Fach Berufsethik für Journalisten neu beleben.
26
Die Aktualität der kirchlichen und religiösen Kultur
Seit den 1960er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hinterfragen Theologen,
Kirchenhistoriker, Kulturhistoriker, Religionssoziologen und Religionspsychologen die
strukturellen Veränderungen und mentalen Prozesse, die für die christlichen Kirchen und die
Christen in den Niederlanden noch oder nicht mehr wichtig sind. Sie veröffentlichen Ihre
empirisch fundierten Forschungsergebnisse nicht nur als wissenschaftliche Fachliteratur. Es
erscheinen auβerdem regelmäβig Bücher für ein breiteres Publikum als Beitrag zur
öffentlichen Meinungsbildung. Besonders diese Veröffentlichungen werden in Printmedien
wie Tageszeitungen und Meinungswochenblättern sowie im Fernsehen (Talkshows und
Diskussionsprogrammen) häufig und lebhaft diskutiert. Als Buchautor und Kolumnist der
Samstagsausgabe der christlichen Tageszeitung Trouw konfrontiert der an der Universität
von Amsterdam lehrende amerikanische Historiker James Kennedy die Niederländer ständig
mit ihrem Ringen um das Selbstbewusstsein, die Vergangenheit mehr oder weniger
harmonisch in die Aktualität der Gegenwart zu integrieren. Auf der Suche nach beseelenden,
begeisternden, bindenden Zusammenhängen diagnostiziert er in seinem letzten Buch den
Zustand der Niederlande als in sich selbst verunsichert und zersplittert.14 In einer Rezension
dieser Veröffentlichung schätzt der vielleicht einflussreichste niederländische Intellektuelle
Alexander Rinnooy Kan Kennedy als „einen kritischen, aber wohlwollenden Beobachter“ der
gegenwärtigen Entwicklung der Niederlande und ihrer Institutionen. Der Rezensent
bezweifelt jedoch, ob Kennedys Plädoyer für mehr Selbstbewusstsein der protestantischen
Kirchen in ihrem Umgang mit der gleichgültigen, sogar feindlichen gesellschaftlichen
Umgebung zutrifft: Er interpretiert es als einen Versuch, noch zu retten, was nicht mehr zu
retten sei.15 Wenn Kennedy das komplizierte Verhältnis der Niederländer zu christlichen,
insbesondere protestantischen Kirchen analysiert, sieht er tatsächlich eine Zukunft für
Kirchen, die sich in der säkularisierten, demokratischen Gesellschaft als vorbildliche
„Kontrastgemeinschaften“ profilieren. Diese Glaubensgemeinschaften betrachten ihre
wichtigste öffentliche Aufgabe in Kennedys Vorstellung nicht einseitig oder
schwerpunktmäβig als (horizontale) gesellschaftliche Dienstleistung. In lebendigen
Gemeinden zeigen die Gläubigen der Kontrastgemeinschaften als Verkörperung von Christus
seiner Meinung nach jedoch zu gleicher Zeit ein (vertikales) Gespür für die Herausforderung,
den gemeinsamen Weg als Christen zu gehen.
Der niederländische (protestantische) Religionssoziologe Gerard Dekker stellt in seinem
letzten Buch die Frage, ob die Kirche sich überlebt hat. Antwort: In der gegenwärtigen Gestalt
und in den Leistungen, in der enttäuschenden Erfüllung der eigentlichen Funktionen - schon.
Damit meint Dekker die Verkündigung des Wortes, die Evangelisierung in Einklang mit dem
Lebensgefühl der Menschen und dem heutigen kulturellen Klima als Wesensmerkmal der
27
Kirche statt sich in einer Vielfalt von Aktivitäten mit gesellschaftlichem Nutzen zu verlieren.
Seine Reaktion auf Kennedys Plädoyer lautet: Die protestantische Kirche in den Niederlanden
ist mit ihrer Überlebensstrategie nicht mehr in der Lage, als Vorbild für die Gesellschaft, als
‚leuchtende Stadt auf dem Berg’ (Titel des Buches von Kennedy), mit einer horizontalen und
vertikalen Dimension zu dienen. Dekker schlägt vor, eine Zweiteilung der kirchlichen
Aufgaben dadurch anzustreben, dass zwei organisatorisch getrennte Aufgabenbereiche
entstehen: Einerseits für die Kirche als Hilfsorganisation und andererseits für die Kirche mit
der Verkündigung des Evangeliums als Kernaktivität.16 Für die katholische Kirche fehlen
leider vergleichbare Analysen und Reformvorschläge.
Romanautoren, auch manche, die auβerhalb der Niederlande weniger bekannt sind als Jan
Wolkers, Maarten ’t Hart oder Jan Siebelink, setzen sich mit dem Calvinistischen Glauben ihrer
Jugend und mit der Verabschiedung kirchlicher Strukturen auseinander, die sie als eine
unverschämte Einschränkung der eigenen Verantwortung und Individualität erfahren haben.
Ihr Erfolg bei den Lesern unterschiedlicher Generationen beeindruckt. Für die Wahrnehmung
und Achtung des Christentums bedeutet es jedoch auch eine Schwelle, um die positiven Seiten
einer religiösen Erziehung zu entdecken. Vorurteile werden im religiösen Bereich leicht
entwickelt, gerade auch deshalb, weil Religion stark mit Emotion verbunden ist.
Nicht alle Niederländer sind Theologen, aber über Gott, Kirche und Welt machen sie sich gern
Gedanken. Allah, Moschee und Welt lassen sich noch nicht so einfach in das christlich geistige
Erbgut einfügen. Befürworter und Anhänger eines bestimmten Atheismus, Humanismus,
Hinduismus, Taoismus bzw. anderer Weltanschauung oder (Welt)Religion sind übrigens
ebenso gefragt, ihre Einstellung dem hautnahen Islam gegenüber zur Debatte zu stellen oder
einfach zu zeigen. Die Abteilung für Forschung und Dokumentation (Wetenschappelijk
Onderzoek- en Documentatie-Centrum, WODC) des niederländischen Justizministeriums gab
anlässlich der in den letzten Jahren intensiv diskutierten Frage, ob Religion ein Bindemittel in
der Gesellschaft sei, Ende 2009 ein interessantes Forschungsprojekt in Auftrag. Im Rahmen
dieses Projekts analysieren Religionswissenschaftler der Amsterdam School for Cultural
Analysis (ASCA) der Universität von Amsterdam seit Frühjahr 2010 die Reaktionen der
Glaubensgemeinschaften in den Niederlanden anlässlich anti-islamischer Äuβerungen und
Aussagen in der Öffentlichkeit.
Auf den Schultern eines kommunikationswissenschaftlichen Triumvirats
Leider verfügen die Niederlande nicht über Langschnittstudien zu Fragen, wie: Welche
Haltungen und Einstellungen haben Journalisten in Bezug auf die verschiedenen Religionen?
Wie thematisieren die Massenmedien religiöse Themen? Welche Wirkungen erzielen die
Zeitungs- und Zeitschrifteninhalte auf die Leser? Welche Wirkungen werden bei
Fernsehzuschauern oder bei Rundfunkhörern ausgelöst? Auf diesem Gebiet habe ich aus
persönlichem Interesse zwar regelmäβig veröffentlicht; aber es gehörte nicht zu meinem
28
Forschungsgegenstand oder meiner Lehrtätigkeit an der Universität von Amsterdam bzw. der
Universität Antwerpen, wo ich zwischen 1982 und 2009 bzw. zwischen 1999 und 2008 als
Lehrstuhlinhaber bzw. als Gastprofessor tätig war. Als ich in den siebziger Jahren des
vergangenen Jahrhunderts in der Fachgruppe Religionspsychologie einschlieβlich der
Pastoralpsychologie der (heutigen) Radboud Universiteit Nijmegen arbeitete, beschäftigte ich
mich zum ersten Mal mit der Frage, wie Religion in interpersonalen (zwischenmenschlichen)
Kommunikationssituationen (dyadisch und in einer Gruppe), aber auch medial vermittelt
werden könnte. Es war die Zeit, in der 1976 das Rundfunk- oder Medienpastorat in den
Niederlanden seinen Anfang nahm.
Dass die Überschneidungen der Gedankenwelten der Religionskultur und der Medienkultur in
der niederländischsprachigen Kommunikationswissenschaft erst spät „entdeckt“ worden
sind, kann man bedauern. Aber man kann sich auch über die Erweiterung des
Forschungsfeldes, das im Hinblick auf Islamdebatten interessante Perspektiven bietet, freuen.
Kommunikationswissenschaftler mussten erst mit der Tatsache vertraut werden, dass die
herkömmliche Mediengesellschaft und inzwischen auch die partizipative Internetgesellschaft
von Medien(inhalten) und Mediennutzung durchdrungen sind und zwar „to an extent that the
media may no longer be conceived of as separate from cultural and other social institutions“.17
Erst nachdem diese Annäherung von „media as agents of social and cultural change“ erkannt
und anerkannt worden ist, kamen Religion, Mystik, Spiritualität und damit verbundene
sinnstiftende Gedankenwelten als kulturelle Dimensionen in das Blickfeld derjenigen, die sich
mit öffentlicher Kommunikation (Massenkommunikation) beschäftigen.18
Als Einstieg wähle ich drei thesenartige Gedanken. Sie stammen von drei inzwischen
emeritierten Kollegen, die ich wegen ihrer bewundernswerten Leistungen für die
kommunikationswissenschaftliche Lehre und Forschung während meines akademischen
Werdegangs ständig verfolgte.
Der 2012 verstorbene Züricher Kommunikationswissenschaftler Ulrich Saxer entwickelte
einen Ansatz zur Theorie der Interaktion zwischen Religion und Medien als Teilbereiche der
Kultur. Immer wenn sich Massenmedien wie Hörfunk und Fernsehen oder Tageszeitungen
und Zeitschriften mit Religion, kirchlichem Leben und geistigen Führern auseinandersetzen,
sprechen wir von einer Medienkultur, die sich mit kirchlich-religiöser Kultur beschäftigt.
Zugleich ist das Gegenteil der Fall, denn es ist eine Frage der Interaktion. Beide Untergruppen
von Kultur, Religionskultur und Medienkultur also, sind Teil eines größeren Ganzen einer
postmodernen Kultur, wie diese sich zu Beginn des dritten Jahrtausends in West-Europa
manifestiert. Mehr noch, Medienkultur wie auch religiöse Kultur können entweder das
Entstehen einer Gemeinschaft stimulieren und Menschen zusammenbringen oder Uneinigkeit
begründen und Zwietracht säen. Letztendlich hängt es nur davon ab, wie Medien und
Religionen miteinander agieren und in der Gesellschaft erfahren werden. Auf jeden Fall gibt es
ein enges Verhältnis zwischen Religion, Kultur und Kommunikation.19
29
Der Salzburger Kommunikationswissenschaftler Michael Schmolke hat in einem Beitrag über
Religionskommunikation auf die Präsenz von religiösen Inhalten, Formen, Quasi-Riten und
Kommunikationsstrukturähnlichkeiten in den Medien hingewiesen. Dieses „Medienreligiöse“,
das vom Lehramt mehr oder weniger emanzipiert ist, bringt Schmolke in Verbindung mit
dem Fehlen eigener leistungsfähiger Medien der Kirchen und Religionsgemeinschaften. „Diese
Medien hätten“ seiner Meinung nach „zur Religionskommunikation in so perfekter Weise
beitragen können, dass sie dem ‚Medienreligiösen’ nicht nur Paroli geboten, sondern es durch
bessere Leistung ausgestochen hätten.“20 Bietet Saxer einen Brückenschlag, um Religion und
Medien sinnvoll miteinander zu verbinden, weist Schmolke auf eine Entwicklung mit Rissen
und Friktionen als Begleiterscheinungen.
Denis McQuail, der emeritierter Lehrstuhlinhaber von der Universität Amsterdam, ist der
Dritte im Bund meiner Vorbilder. Nach seiner Ansicht ist Kultur, wenn sie als Prozess
interpretiert wird, etwas Künstliches und Symbolisches im Kontext der
Massenkommunikation. Allgemeiner gesagt gehören zur Kultur auch Gewohnheiten, Bräuche
und Vorstellungen, die mit dem Prozess der Massenkommunikation verbunden werden
können.21 Kultur bezieht sich also auf ein zusammenhängendes Ganzes an Werten,
Interpretationen und Ideologien in einer Gesellschaft, die den Rahmen für die Aktivitäten von
Massenmedien und ihr Funktionieren als Institutionen bietet. Religiöse Gefühle und
Überzeugungen gehören zu der Kategorie des „Glaubens“, genau wie politische Ideen und
Denkweisen zur Kategorie der „Ideologien“ gehören. Auch wenn, zum Teil wegen der
Medienkultur, ein Prozess der kulturellen Vereinheitlichung in einem bestimmten Land
stattfindet, wird es immer noch möglich sein, zwischen verschiedenen Subkulturen und
Lebensstilen zu unterscheiden. Außerdem geht es nicht nur um mehr oder weniger deutliche
oder latente Unterschiede zwischen sozialen Klassen und Einkommensgruppen, sondern um
die Vielfalt von religiösen und politischen Überzeugungen.
Die Säkularität der Medienkultur und Sakralität des Religiösen
Nachdem man die Verknupfung zwischen der kirchlich-religiosen Kultur und der
Medienkultur auf sich hat einwirken lassen, kann man sich die erste als ein sakrales Ganzes
und die zweite als eine sakulare Ganzheit vorstellen – mit vielen Interaktionsmoglichkeiten
und Querverbindungen. Schon recht fruh erkannten der niederlandische
Religionswissenschaftler Hent de Vries und sein amerikanischer Kollege Samuel Weber
Religionen und Medien als einflussreiche Teilgebiete des gesellschaftlichen Lebens, die auch
aus dem Gesichtswinkel der Kommunikationswissenschaft studiert werden sollen.22
Schon wahrend des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) umarmten die
niederlandischen Katholiken begeistert das neue, in der dogmatischen Konstitution „Lumen
Gentium“ (1964) entworfene Bild der Kirche als „Volk Gottes unterwegs“, ohne eine klerikale
30
Elite und ohne die hierarchische Pyramide als Örganisationsprinzip. Die katholische Kirche
versuchte im Rahmen des Konzils auch Verstandnis fur die Welt der Medien und ihrer
Begleitphanomene wie zum Beispiel Werbung, Nachdruck auf Konsum und Personenkult zu
entwickeln. Von einer Annaherung war im Konzildokument „Inter Mirifica“ (1963) noch keine
Rede. Aber die Pastoralinstruktionen „Communio et Progressio“ (1970) und „Aetatis Novae“
(1992) bedeuteten wichtige Schritte voran.23 Seitdem kann man wahrend vier Dezennien
verfolgen wie immer wieder – auch aus Anlass der jahrlichen „Mediensonntage“ – in
papstlichen Ansprachen und Dokumenten positive Signale und Warnungen um den Vorrang
stritten – mit letztendlich einer fortschrittlichen Entwicklung des Denkens uber „soziale
Kommunikation“ als Ergebnis. Der lateinische Begriff communicatio socialis bedeutet im
Vatikan offentliche Kommunikation oder Massenkommunikation, aber auch die damit
verbundene zwischenmenschliche Kommunikation.1963 bekam das Bistum Breda als erstes
Bistum in den Niederlanden einen Pressesprecher und eine Abteilung Kommunikation. Die
Kirchenprovinz folgte 1972.
Die Professionalisierung der vatikanischen Kommunikationsanstrengungen wurde besonders
unter Papst Johann Paul II. vorangetrieben, als der Spanier Dr. Joaquin Navarro-Valls die Regie
fuhrte. Sein Nachfolger seit 2006, der Jesuit Federico Lombardi, kann noch nicht im Schatten
seines Vorgangers stehen, auch deshalb, weil Papst Benedikt XVI. ihm als Pressesprecher
weniger Spielraum lasst, wie von Vatikan-watcher behauptet wurde. 2012 wurde der sehr
erfahrene amerikanische Fernsehjournalist Greg Burke als Kommunikationsberater
eingeschleust: Krisenkommunikation ist seine Aufgabe. Zentrales Problem bleibt jedoch, dass
die Funktionare des Vatikans, die auβerhalb der Medienabteilung tatig sind, zu leicht
ruckfallig werden, wenn in Krisensituationen Öffenheit statt Verschwiegenheit geboten ist.
Wenn das Schweigen nur unterbrochen wird, um Journalisten anzukreiden, dass sie kein
gebuhrendes Respekt zeigen, beispielsweise, wenn sie Missstande an den Pranger stellen,
macht des Zentrum der katholischen Weltkirche einen weltfremden Eindruck, was die Medien
weltweit kritisieren.
Die (inzwischen weitgehend bedrohte) Naherung der Kirche zu den Medien kann man als
einen Bruckenschlag zwischen der sakralen Welt des Religiosen einerseits und der sakularen
Medienwelt wahrend des letzten halben Jahrhunderts betrachten. Durch die weltweite
Medienaufmerksamkeit gegenuber dem Missbrauch in verschiedenen westeuropaischen
Bistumern besteht die Gefahr einer Kluft, die sich als schleichender Prozess vollzieht. Diese
kritische Medienaufmerksamkeit konnte zum einnehmen einer underdog-Position des
Vatikans fuhren und die dortigen Funktionare konnten versucht sein, standig auf die „bosen“
Journalisten und Meinungsfuhrer dieser Welt zu weisen. Am Palmsonntag, 28. Marz 2010, rief
Papst Benedikt XVI. die Glaubigen auf dem Sankt Peterplatz auf, sich nicht durch Vorurteile
einschuchtern zu lassen. Drei Tage zuvor hatte bereits die offizielle Zeitung des Vatikans,
l’Osservatore Romano, eine Anspielung auf eine Verschworung der bosen Krafte veroffentlicht,
indem sie am 25. Marz 2010 eine Verleumdungskampagne gegen den Papst signalisierte. Die
31
niederlandische Qualitatszeitung NRC Handelsblad warnte in einem Kommentar unter dem
Titel „Schwerhoriger Papst“, die katholische Kirche durfe strafrechtlichen Sanktionen nicht
dadurch vorbeugen, dass sie sich hinter papstlichen Briefen, dem kanonischen Recht oder
einer Kommission unter dem Vorsitz eines ehemaligen Politikers verstecke.24 Mit der letzten
Person ist der (protestantische) ehemalige Politiker und Burgermeister Wim Deetman
gemeint, der im Auftrag der niederlandischen Bischofskonferenz einen
Untersuchungsausschuss leitete und Dezember 2011 einen erschutternden Abschlussbericht
veroffentlichte25, der erneut eine immense Medienaufmerksamkeit ausloste.
Niederlandische Zeitungen druckten ein am 1. April 2010 von der Nachrichtenagentur
Reuters verbreitetes Zitat des Wiener Pralats Christoph Kardinal Schonborn ab. Auf seine
rhetorische Frage, warum die Kirche „verfolgt“ wurde und ob es in anderen Sektoren der
Gesellschaft keinen Missbrauch gabe, antwortete er: „Ja, die Medien mogen die Kirche nicht“.
The New York Times hatte am 26. Marz 2010 neue Enthullungen veroffentlicht. l’Osservatore
Romano und l’Avvenire, die Zeitung der italienischen Bischofe boten anonyme, nicht offizielle
Sprecher des Vatikans ein Podium: Sie kritisierten die internationalen Medien in scharfster
Weise, weil sie allein die Kirche fur den sexuellen Missbrauch verantwortlich erklarten.
Internationale und nationale Zeitungen veroffentlichten diese Kritik. Dieser Vorgang
wiederholte sich nach Östern 2010, anlasslich bestimmter Aussagen im Vatikan – nicht des
Papstes, jedoch von Personen seiner Umgebung, die ihn angeblich schutzen wollten. Was gut
gemeint war, zeigte sich immer wieder als Fehleinschatzung der Stimmung in den Medien und
unter Glaubigen, die eine klare Verurteilung der geschehenen Verbrechen, Hilfe fur die Öpfer
und strenge Maβnahmen zur Pravention und zur Bestrafung zukunftiger Falle erwarteten und
erwarten. Leider ist festzustellen, dass Risikokommunikation vor der Ernennung des
Kommuikationsberaters Burke nicht zu den Traditionen des Vatikan zahlte.
Die Vorwurfe aus Rom und Wien verursachten bei den niederlandischen Journalisten
ablehnende Reaktionen. So schrieb zum Beispiel Bert Wagendorp zwei Tage spater in seiner
Kolumne in der Tageszeitung de Volkskrant: „Die Kirche ist multinational. Wenn ein Skandal
auszubrechen droht, denkt eine multinationale Einrichtung zuerst daran, ihren eigenen
business zu schutzen und betreibt damage control. Vertuschung also, denn Rom hat noch nicht
entdeckt, dass Transparenz eine bessere Verteidigung ist. (…) Die katholische Propaganda ist
nun einmal schon uber Jahrhunderte lugnerisch wie die Pest, und die Glaubigen werden noch
immer fur dumm gehalten.“26 Stereotypen, die man seit vielen Jahren nur noch sehr selten in
Bezug zur katholischen Kirche und Katholiken lesen konnte, feierten wieder Triumphe. Aber
sie wurden durch Auβerungen herausgefordert, die man als einfacher Katholik lieber nicht
gehort oder gelesen hatte. Dazu leider auch eine nicht als Ausrutscher zu entschuldigende
Aussage des emeritierten Adrianus Kardinal Simonis. In der bekanntesten talk show des
niederlandischen nicht-kommerziellen Fernsehens , „Pauw & Witteman“, sagte Adrianus
Kardinal Simonis in Bezug zum Missbrauch wahrend seiner Amtszeit als Bischof und
Erzbischof: „Ich habe es nicht gewusst“. Als ihm wegen dieser nach der deutschen
32
Besatzungszeit (1940-1945) in den Niederlanden doppelsinnigen und belasteten Redensart
Vorwurfe gemacht wurden, antwortete er, die Antwort bewusst gewahlt zu haben in der
Absicht, seine Verneinung auf eine einfache Formel zu bringen. Als diese Erlauterung
weiterhin fur Unruhe sorgte, gab der Kardinal seine Fehleinschatzung zu und bat er um
Verzeihung ohne Vorbehalt.
Kolumnisten schlugen anlasslich der Aussage von Kardinal Simonis hart zu. Sylvain
Ephimenco stellte in der Tageszeitung Trouw fest: „Kommunikativ gesehen ist die katholische
Kirche nie stark gewesen. Diese Institution, basierend auf einer Liturgie aus armiertem Beton,
einer strikten Hierarchie und aus Ritualen, die uber Jahrhunderte ihren Anblick bestimmt
haben, tat sich immer schwer, um in den Zug der Modernitat einzusteigen. Und
Kommunikation ist unter dem Blickwinkel heutiger technologischer Revolution bereits eine
Modernitat.“ Schlimmer wurde es wochenlang durch die Karikaturisten und Comiczeichner.
Bei diesen Bildmaterialien erinnerte ich mich an die Protestbewegung in der arabischen Welt
anlasslich der Mohammed-Karikaturen vor einigen Jahren. Was inzwischen in Bezug zum
Islam verpont ist und sogar tabuisiert wird, erlaubte sich mancher Kolumnist oder Zeichner
wahrend der Homo-Hostieaffare und danach anlasslich der causa „Missbrauch in der
katholischen Kirche“: Was vielen heilig ist oder wo Respekt Personen gegenuber angemessen
ware, wurde lacherlich gemacht und beschmiert. Etwas mehr freiwillige Selbstkontrolle hatte
die Meinungsfreiheit nicht beschadigt.
Eine bemerkenswerte österreichische Initiative
Die folgenden Beispiele beschaftigen sich mit hervorhebenswerten Initiativen, die mich
anregten und meines Erachtens auch Impulse fur meine niederlandischen Kollegen und
Kolleginnen der Kommunikationswissenschaft, der Theologie, der Religionswissenschaft und
der Journalistik sein konnten. Ein solches positives Beispiel fuhrt uns nach Österreich. 2005
entdeckte ich in Wien einen neuen Lehrgang fur zukunftige Verantwortungstrager in Kultur,
Politik, Wirtschaft und Medien mit dem Titel ‚Medienkultur und die Frage nach Gott’. Es
handelte sich um einen sechsmonatigen Zertifikatlehrgang mit einem monatlichen ZweiTages-Seminar sowie um Exkursionen zu unterschiedlichen Medienunternehmen.
Die Seminareinheiten schlossen Vorlesungen, Diskussionen, Workshops mit Filmen sowie die
Arbeit mit Multimediaangeboten ein. Referenten und Diskussionspartner waren
Medienunternehmer und Kommunikationsprofis wie Fernseh- und Filmproduzenten und
Chefredakteure und Herausgeber von Zeitungen und Zeitschriften. Aber es zahlte auch
Christoph Kardinal Schonborn, den schon erwahnten Erzbischof von Wien zu diesem
namhaften Kreis. Begegnungen und Fragerunden der Teilnehmer mit diesen Personlichkeiten
versprachen realen anregenden Kontakt mit Medienverantwortlichen und Medienstrategen –
vielleicht auch Medienvisionaren. Veranstaltet und koordiniert wurde dieses Angebot von der
Akademie fur Evangelisation, einer Einrichtung der katholischen Gemeinschaft Emmanuel in
33
der Erzdiozese Wien.
Nun kann man als kritischer Katholik beim Lesen oder Horen der Anbieterin „Emmanuel
Bewegung“ die Stirn runzeln, aber der Themenuberblick in Kombination mit der Liste der
Vortragenden und Diskussionspartner beeindruckte mich schon. Die Zielgruppe uberzeugte
mich ebenfalls. Das Programm richtete sich an Studenten und an Berufstatige, die sich mit
Medien und Medienkultur beschaftigen und diese verstehen, analysieren und effizient nutzen
wollen. Öder, wie in der Broschure der „Akademie fur Evangelisation“ formuliert: ‚Öb sie [die
Teilnehmer] als zukunftige Verantwortungstrager in Kultur, Politik oder Wirtschaft
Botschaften pragen oder Medienmanagement erlernen mochten – der Kurs will Mut machen,
existentielle Themen in den Medien zu positionieren und in einem neuen europaischen
Kontext Meinung mitzupragen. Der Kurs bringt auβerdem Kompetenzen fur Interview- und
Diskussionsfuhrung.’
Die osterreichische Initiative wurde, wie mir schriftlich vom Leiter des „Instituts fur
Evangelisation“, Mag. Ötto Neubauer, am 10. Februar 2010 bestatigt wurde, einen
andauernden Erfolg. Er schrieb unter anderem: ‚Der Kurs wird auch heuer von gut 40
TeilnehmerInnen besucht und wird sehr gut angenommen. Die TeilnehmerInnen sind
groβteils StudentInnen verschiedenster Studienrichtungen an der Universitat Wien. Auch
weltanschaulich ist die Gruppe jedes Mal sehr bunt: groβteils „Kirchenferne“ sind gemischt
mit „uberzeugten“ Christen, aber auch Muslime und Andersglaubige.’27 Dieser Kurs ist meines
Erachtens beispielhaft und nachahmenswert. Er bietet Jungerwachsenen die Moglichkeit,
zusatzlich zu einem Studium oder der Weiterentwicklung im Berufsleben, sich auch grundlich
zu orientieren in den Bereichen Religion und Medienkultur, insbesondere in der Verknupfung
beider Bereiche. Das Theologiestudium an der „Rijksuniversiteit Groningen“ unterscheidet
sich von sonstigen Theologiestudiengangen in den Niederlanden dadurch, dass es Religion
und Kultur als Profil hat und die kulturelle Einbettung der Religionen und des Religiosen
betont.28
Das osterreichische Beispiel bringt mich auf ein Gedankenspiel in Bezug zur Ausbildung und
Weiterbildung von jungen Journalisten und Journalistinnen. Was diese professionals, heute
uber die verschiedenen Religionen und Kirchen wissen sollen, steht in den Niederlanden nicht
im Zentrum der Fachhochschulausbildung und den universitaren Studiengangen fur
Journalistik. Das ist eine empfindliche Lucke – insbesondere im Zusammenhang bzw. im
Rahmen der europaischen und niederlandischen multireligiosen und multikulturellen
Gesellschaft. Wer das journalistische Handwerk solide erlernen will, der muss das Redigieren
und Recherchieren, das Schreiben von Texten, seien es Nachrichten und Berichte,
Kommentare oder Glossen, Reportagen oder Portrats etc. erlernen. Wer dieses bereits erlernt
und durch eigene Berufserfahrung erganzt hat, kennt sich zweifelsohne in Politik, Wirtschaft,
Sport, in der Welt der Unterhaltung, in Kunst und Kultur aus. Aber wie steht es mit dem
Auskennen, dem Wissen und mit entsprechenden Erfahrungen in der Religion?
34
Predigen für eine leere Kirche mag niemand, oder?
Journalisten und Verantwortungstrager im Bereich der Medienangebote benotigen Adressaten
bzw. ein Publikum – Rezipienten oder Empfanger. Der Chefredakteur der Süddeutschen
Zeitung-Önline, Hans-Jurgen Jakobs, rief 2009 anlasslich der Medientage in Munchen Henri
Nannen in Erinnerung. Der Grunder und langjahrige Chefredakteur der Illustrierten Stern
besaß eine einfache Redaktionsrichtlinie: ‚Wer predigen will, der muss dafur sorgen, dass die
Kirche voll ist’. In den ersten Jahrzehnten nach dem Kriegsende 1945 genugte es, inhaltlich
attraktive Stoffe in die Massenmedien zu stellen. Dem so gewonnenen Publikum konnte man
dann auch schwierigere Themen prasentieren. Was aber, so fragte Jakobs sich, was aber ist in
einer Welt, in der die Kommunikation zwischen Menschen das Maβ aller Dinge ist, bei der der
Computer die Grundlage fur die Verbindung von Millionen von Menschen bildet – kurzum, in
der fur junge Leute das Internet ganz selbstverstandlich zum Leitmedium geworden ist? – und
in der, um in der Sprache Nannens zu bleiben, die Kirche leer bleibt?29
Als verantwortlicher Chefredakteur der Önlinezeitung sueddeutsche.[dot]de befurwortet
Jakobs eine Losung, die man von ihm erwarten darf: Alle jene, die die Kirche nicht mehr voll
bekommen, werden sich starker zur Gemeinde hinbewegen mussen, also Teil all jener
communities und Plattformen werden, die sich in den vergangenen Jahren entwickelt haben.
Sie werden hier, wie Jakobs betont, fur ihre Inhalte werben mussen, um mit ihren
konventionellen Medien weiter vorankommen zu konnen.
Wenn die Kirche leer bleibt, muss man sich zu den Menschen hinbewegen. Einverstanden –
aber Kirchen wie die niederlandische ohne Kirchensteuer werden gar nicht oder kaum in der
Lage sein, eine eigene digitale Parallelwelt zu schaffen, um ihre Botschaft uber die sozialen
Netzwerke wie Facebook oder uber Videoplattformen wie YouTube neu zu beleben. Sie konnen
versuchen, ihr Angebot uber ihre Websites und die offentlich zuganglichen ÖnlineInformationsquellen wie Wikipedia zur Verfugung zu stellen und bereit zu halten. Bei einer
Kirche der freiwilligen Mitarbeiter und vor allem Mitarbeiterinnen, wie die der
niederlandischen katholischen Kirchenprovinz und der protestantischen Kirchen, handelt es
sich um Glaubensgemeinschaften ohne jahrliche Einnahmen aus Kirchensteuer und ohne
substantielle Ressourcen fur eigene Medien und professionelle
Kommunikationsanstrengungen. Diese Kirche ist vor allem vom guten Willen der
herkommlichen kommerziellen und nicht-kommerziellen Printmedien, von Horfunk und
Fernsehen abhangig. Zusatzlich bietet das Internet Moglichkeiten, die auch genutzt werden.
Die Kirchen haben ihre eigenen Websites. Und es gibt Privatinitiativen von eingetragenen
Vereinen oder von anderen nicht kommerziellen Örganisationen. Das Angebotsspektrum
dieser Anbieter bewegt sich in einer Spannbreite von einerseits qualitativ hochwertigen
kritischen Inhalten mit Informationen und sinnvollen Diskussionsbeitragen bis andererseits
zu fundamentalistischen, manchmal sogar aufhetzenden Botschaften. Klassische und neue
Medien sind also nicht mehr und nicht weniger als Vehikel fur das Gute und das Bose, das
35
Lobenswerte und das Verwerfliche – alles im Sinne des Wahrnehmers, wie Thomas von
Aquino schon lehrte.
Die Journalisten der unabhangigen Medien sind nicht unbedingt Goodwillbotschafter, die
Bischofe sich wunschen. Und Bischofe sind nicht immer Wurdentrager, die Journalisten sich
als Ansprechpartner wunschen. Der 2007 ernannte Erzbischof der Erzdiozese Utrecht, Wim
Eijk, mochte in seinen ersten Amtsjahren uberhaupt keinem Journalisten begegnen. Es besaß
eine – fur die von Medienkultur gepragte Zeit – unvorstellbare Abwehrhaltung gegenuber der
Öffentlichkeit. Die Missbrauchsskandale zwangen ihn letztendlich doch, an die
Medienoffentlichkeit zu gehen, nachdem er Mitte 2011 den Vorsitz der niederlandischen
Bischofskonferenz ubernommen hatte. Die Art und Weise wie Eijk, der Anfang des Jahres 2012
vom Papst zum Kardinalswurde berufen wurde, das Erzbistum reorganisierte und sanierte,
schlagt momentan in den Medien nicht mehr jene hohen Wellen, die man erwarten konnte.
Diese Tatsache hangt nur zum Teil mit der Abwehrhaltung des Erzbischofs den Journalisten
gegenuber zusammen. Wichtiger scheint mir die Tatsache zu sein, dass das Interesse der
Medien an einer Kirchenpolitik alten Stils und an dem Verhalten eines eigenwilligen Bischofs abgesehen von einigen Meldungen - definitiv der Vergangenheit angehort. Auf der
Tagesordnung der multikulturellen und multireligiosen Gesellschaft befinden sich
grundsatzlich Themen zu Religion und Kirche und man kann feststellen: in großerem Umfang
als zuvor.
Beispielhafte Forschungsergebnisse aus der Schweiz
Eine Wiener Broschure mit einer lobenswerten Initiative bot mir ein erstes Beispiel fur good
practices im Bereich der Aus- und Fortbildung. Mein zweites Beispiel bezieht sich auf
Anstrengungen im Forschungsbereich. Ich entnehme es der Universitat Zurich und der
Zurcher Hochschule fur Angewandte Wissenschaften in Winterthur. Ich hatte das Gluck, in den
letzten vier Jahren Mitglied des Expertenausschusses fur Religion und Medien des vom
Schweizerischen Nationalfonds unterstutzten Forschungsprojekts „Die Darstellung von
Religionen in Schweizer Massenmedien: Zusammenprall der Kulturen oder Forderung des
Dialogs?“ zu sein. In dieser Beratungsrolle habe ich viel uber Religion als Medienthema
dazugelernt, insbesondere auch, weil Forscher aus der Kommunikationswissenschaft und aus
der Theologie interdisziplinar beispielhaft zusammenarbeiteten, um beispielsweise empirisch
festzustellen, wie verschiedene journalistische Medien in der Schweiz uber Themen mit
religiosen Aspekten berichten, welche Religionsgemeinschaften in der Berichterstattung
vorkommen (und dominieren), welche religiosen Hauptakteure mit welchen Haufigkeiten in
den Medieninhalten auftreten und welche Rolle die Medien spielen im Kulturenkonflikt. Die
Forschungsgruppe unter der Leitung von Urs Dahinden und Vinzenz Wyss hat das Projekt
inzwischen mit wertvollen Publikationen erfolgreich abgeschlossen und Mitte 2012 ein
Schlussbericht vorgelegt.30
36
Die ersten Aufsatze veroffentlichte das Forschungsteam 2009 mit Bezug zu den Teilprojekten
der Studie im letzten Heft des 42. Jahrgangs von Communicatio Socialis.31 In ihrem Beitrag in
Communicatio Socialis stellen Wyss und Guido Keel die Frage, mit welchen
Inszenierungsstrategien Journalisten Themen mit religiosen Aspekten aufgreifen und
bearbeiten.32 Der Journalismus in der Schweiz bietet dafur, ebenso wie der niederlandische
Journalismus, ein interessantes Untersuchungsfeld, weil die Schweiz und die Niederlande
sowohl eine multikulturelle als auch multireligiose Gesellschaft sind. Nur stimmten nicht rund
57,5 Prozent der niederlandischen Burger fur die Volksinitiative „Gegen den Bau von
Minaretten“. Es waren die Schweizer, die mit diesem Ergebnis internationale Emporung
hervorriefen. Andererseits haben die Niederlander schon langer einen Fleck auf ihrer weiβen
Weste: Das Schweigen, auch in der Politik, zum Scheitern der herkommlichen
Integrationspolitik in Bezug auf Einwanderer aus islamischen Staaten und Regionen wurde
durch die Ermordung des Politikers Pim Fortuyn (2002) und des Filmemachers Theo van
Gogh (2004) zwar beendet, aber Ubereinstimmungen und Kompromisse im Hinblick auf
Losungen lassen sich nur muhsam finden. Die beiden Morde und die Auswanderung der
Politikerin und Islamkritikerin Ayaan Hirsi Ali (2006) in die Vereinigten Staaten erregten
international Aufsehen ebenso wie die Minarett-Frage in der Schweiz.
Wyss und Keel bieten in ihrem Aufsatz einen Einblick in die Art und Weise, wie die befragten
Journalisten in der Schweiz den Themenbereich Religion und religiose Ereignisse bearbeiten.
Die zweite Veroffentlichung im Rahmen des Schwerpunkts „Religion als Medienthema in der
Schweiz“ in Communicatio Socialis bezieht sich ebenfalls auf das Zuricher Forschungsprojekt.
Auf der Grundlage einer Inhaltsanalyse zu Schweizer Medien berichtet Carmen Koch uber die
mediale Darstellung von Religion. Die Analyse zeigt, dass Islam und Katholizismus die
Berichterstattung dominieren.33 Die Ergebnisse legen, wie Koch feststellt, den Schluss einer
unausgewogenen Berichterstattung nahe, beginnend mit einer geringen Vielfalt dargestellter
Religionsgemeinschaften bis hin zu einer einseitigen Verwendung von Attributen, frames und
narrativen Mustern. Besonders in Bezug zu Religionen ist vorstellbar, dass Attributsprozesse
psychologischer Natur sind: Wer beispielsweise katholischen Glaubens ist, verarbeitet
Informationen uber katholische Fuhrungspersonlichkeiten anders als sein Nachbar, der
Muslime ist. Muslimische Hauptakteure werden eher als radikal oder extremistisch und
buddhistische Akteure eher als friedlich beschrieben. Die „Bilder im Kopf“ sind wichtig fur die
Einschatzung der Funktionen oder Dysfunktionen einer Religion fur das Individuum und ihre
„Leistung“ oder Bedrohung fur die Gesellschaft. Bei frames handelt es sich in der
Kommunikationswissenschaft um Deutungsmuster, die Informationen strukturieren, ihre
Komplexitat reduzieren und die Selektion von neuen Informationen leiten. Narrative Muster
(Held, Öpfer, Schuldiger, usw.) spielen auch im Journalismus eine Rolle, es sei denn, dass sie
nicht systematisch in die kommunikationswissenschaftlichen Forschungen einbezogen
werden. Koch hat sich dieser Aufgabe gestellt und auf die Narrationsforschung
37
zuruckgegriffen.
Schlussfolgerung der Inhaltsanalyse: „Religion surft mit“
Dass der Katholizismus keineswegs von negativen Ereignissen ausgenommen ist und seine
Vertreter vermehrt als Schuldige in Erscheinung treten, hangt zusammen mit der Aufdeckung
von Fallen padophiler Priester und Ördensmitglieder. Die Berichte beinhalten konkrete
Missbrauchsvorwurfe, Kritik am Verhalten der Kirche als Institution, aber auch an der Art der
Papstentschuldigungen. Die Berichterstattung bezieht sich (noch) nicht auf die Schweiz,
sondern auf das Ausland, insbesondere auf die Vereinigten Staaten. Wenngleich politische
Themen dominieren, zeigt sich dennoch eine groβe Vielfalt in jenen Beitragen, in denen es laut
Koch um Religion oder um deren Vertreter geht. „Religion ist in der Kultur und Kunst zu
finden. Religionsvertreter nehmen Stellung, wenn es um Moral- und Ethikfragen geht – sei
dies im familiaren Umfeld, in der Wissenschaft oder der Wirtschaft. Die Medien interessieren
sich besonders dann fur Themen, wenn sie sich auf umstrittene Haltungen beziehen, wenn es
um gegensatzliche Ansichten geht – etwa um Homosexualitat, sexuelle Freizugigkeit, den
Gebrauch von Kondomen oder um Sterbehilfe. Und: „Brauche und Riten des Christentums
finden regelmaβig Einzug in die Medien. (…) Bei anderen, in der Schweiz kulturell fremden
Religionsgemeinschaften werden Brauche und Rituale hingegen erst thematisiert, wenn sie
eine gewisse Exotik innehaben oder als umstritten gelten.“34
Die ernuchternde Antwort auf der Frage, wie die Journalisten in der Schweiz Religion und
religiose Ereignisse bearbeiten, lautet kurz und bundig: Wie auch andere Themen. Die
Forscher in der Schweiz fassen ihre Schlussfolgerung sehr gut zusammen mit dem Schlagwort
„Religion surft mit“. Die durchaus auch von den befragten Journalisten selbst wahrgenommene
Vernachlassigung des Themas Religion(en) wird weitgehend damit begrundet, dass religios
motivierte Ereignisse an sich in der Regel weit weniger Nachrichtenwert aufweisen, als etwa
politische oder wirtschaftliche. Eine Folge davon ist, dass religiose Themen dann an
journalistischer Relevanz gewinnen, wenn sie mit politischen, wirtschaftlichen, sportlichen
oder wissenschaftlichen Themen gekoppelt werden konnen, beziehungsweise wenn
entsprechende Ördnungen irritieren. Die Wahrscheinlichkeit, vom Journalismus bearbeitet zu
werden, steigt den Zuricher Kommunikationswissenschaftlern nach, zudem, „wenn die zu
thematisierende Irritation zwischen religiosen und anderen Systemlogiken in narrativen
Strukturen dargestellt werden kann. Weil nun aber Religion beziehungsweise Religiositat
kaum aus sich heraus thematisiert wird, ist zu erwarten, dass der Journalismus die
darzustellenden Handlungen religioser Akteure in Erzahlstrukturen gieβt, in denen
beispielsweise eher eine politische Deutung (etwa zu Machtmissbrauch) dominiert
beziehungsweise die religiose uberschreibt.“ Diese Erwartung wird, laut Wyss und Keel,
durch weitere Befunde der Befragungen genahrt, wenn festzustellen ist, dass in den
Publikumsmedien, von wenigen Ausnahmen abgesehen und trotz zugeschriebener Relevanz
des Themas, kaum von fachspezifischem Wissen, geschweige denn von Spezialisierung die
38
Rede sein kann.
Handlungsmöglichkeiten, auch für Religionsgemeinschaften
Um einige von der Studie identifizierten Probleme zu beheben, richtet die Forschungsgruppe
Empfehlungen an die zwei betroffenen Akteure – die Medien und die
Religionsgemeinschaften. Sie ratet den Medien, die individuellen Religionserkenntnisse der
Journalisten zu verbessern. Dazu sollten sie bei der deren Grundausbildung einen Religionsteil
einfuhren. Die Religionsgemeinschaften sollten ihrerseits eine Dialogkultur mit den Medien
aufbauen. Damit dies gelingt, empfehlen die Forschenden, einfache und effiziente
Kommunikationsstrukturen einzurichten. So konnten anschliessend
Kommunikationsstrategien fur die Medien entwickelt werden. Inzwischen haben die
Schweizer - wie vorher die Österreicher - im zweiten Halbjahr 2009 zum ersten Mal den
Kompaktkurs „Religionskommunikation – Religion in die Medien bringen“ im Rahmen der
Weiterbildungskurse des Instituts fur Angewandte Medienwissenschaft (IAM) der Zurcher
Hochschule fur Angewandte Wissenschaften in Winterthur angeboten. Wahrend dreier Tage
wechseln sich „theoretisch gesattigte Inputs“ von Dozenten mit Erfahrungsberichten von
Journalisten, Diskussionen von Teilnehmenden und Ubungen an praktischen Fallbeispielen ab.
Zielgruppe bilden leitende Mitglieder und Kommunikationsverantwortliche von
Religionsgemeinschaften aller Religionen sowie Religionsvertreterinnen, die im sporadischen
oder regelmaβigen Kontakt mit Medien stehen. Außerdem gibt es auch einen DreitagesKompaktkurs „Krisenkommunikation – Glaubwurdig agieren unter Druck“, den man den durch
die Missbrauchsfalle geplagten Wurdentragern der katholischen Kirche durchaus empfehlen
konnte.
Expertise in den Redaktionen weiterhin gefragt
Wie ich fur die vergangenen zehn bis funfzehn Jahre habe feststellen konnen, gibt es in den
Niederlanden noch immer (oder wieder) einen Nahrboden fur die offentliche
Auseinandersetzung mit der manchmal brisanten Thematik der Religion(en).35 Er wird durch
vielfaltigen Meinungsjournalismus kultiviert – es sei denn, dass diese Sparte des Journalismus
zum groβten Teil Auβenseitern uberlassen wird. Eine fur die Zukunft zu losende Aufgabe
besteht nach meinem Erachten in folgendem: Redaktionen sollten ein so wichtiges
Spezialgebiet wie es die Religion ist, nicht vorrangig Experten an Universitaten und
spezialisierten Forschungseinrichtungen uberlassen. In den Redaktionen sind mehr
Sachverstandigengutachten gefragt und zwar von Redakteuren und Redakteurinnen, die
bereits wahrend ihrer Journalistikausbildung auch eine theologische oder
religionswissenschaftliche Ausbildung erhalten haben. So konnte ein zweigliedriger
Studiengang beispielsweise an einer Universitat, an der Theologie oder Religionswissenschaft
und Kommunikationswissenschaft gut etabliert sind. In den Niederlanden kamen nur die
39
(katholische) Radboud Universiteit Nijmegen und die (protestantische) Vrije Universiteit in
Amsterdam in Betracht.
Vergleichbare Initiativen wie es das Fortbildungsangebot in Österreich und das
schweizerische Forschungsprojekt sowie das Kursangebot in Winterthur sind, existieren in
den Niederlanden nicht. Wunschenswert sind ein Kurs oder Studiengang an einer Akademie,
Fachhochschule oder Universitat mit dem Ziel, die Verknupfung von Medienkultur, Religion
und Politik in der eigenen Gesellschaft und im europaischen Raum interdisziplinar aus
katholischer oder allgemeiner christlicher Sicht zu lehren, zu erforschen und zu diskutieren.
Die theologische Fakultat der Vrije Universiteit in Amsterdam kennt seit einigen Jahren als
einzige niederlandische Universitat einen Masterstudiengang „Medien und Religion(en)“.
Denkbar ware es, eine katholische Annaherung in diesem Angebot vorzunehmen bzw.
einzubeziehen. Zwischen 1983 und 1992 gab es das katholische Medienzentrum (Katholiek
Mediacentrum), um u.a. Theologiestudenten auf dem Gebiet der Medien fortzubilden. Dieser
Initiative gingen die finanziellen Mittel aus. Moglicherweise war die Zeit damals dafur noch
nicht reif; vielleicht, ware eine Zusammenarbeit mit anderen Kirchen und
Glaubensgemeinschaften der zweckmaßigerer Weg gewesen. Die
kommunikationswissenschaftliche Forschung zur journalistischen Thematisierung von
Religion steckt in den Niederlanden noch in den Kinderschuhen. Zudem wird uber
Religionsdarstellung in den niederlandischen Medien nur luckenhaft informiert.
Öbwohl die klassischen Massenmedien uber gut ausgebildete Journalisten verfugen, bestehen
dennoch Probleme. Gegenwartig vollziehen sich einschlagige medienexterne Entwicklungen.
So findet beispielsweise im Medienmarkt eine Umwalzung statt. Seit 1993 nutzt die nach
1979 geborene „Generation Online“ die Erleichterungen des World Wide Web in vollem
Umfang. Diese Generation wachst in der Erwartung einer medialen Gratiskultur auf.
Journalistische Inhalte der klassischen Medien mussen bezahlt werden. Wenn die Mehrheit
der Jugendlichen sie im Stich lasst und sie spater nicht nachtraglich entdeckt, folgt die
Werbung fur Markenartikel und Dienstleistungen erfahrungsgemaβ dem Nutzungsverhalten
jener Gruppe, die fur sie am wichtigsten ist: den Jungen. Hinzu kommen zeitliche Grenzen
sowie Unvermogen, simultan im Netz und in der aktuellen Zeitung zu lesen.
Die Ursachen der Krise in den europaischen und amerikanischen Printmedien bestehen nicht
in der sich seit 2008 vollziehenden Rezession. Aber, so ist festzustellen, sie hat sie verscharft.
Werbeeinnahmen und Abonnentenzahlen brechen ein. Werbekunden und Leserschaft
verlagern sich ins Netz, in dem bis vor kurzem noch keine Gebuhren fur Internetpublikationen
erhoben wurden. Inzwischen machen Zeitungsverleger erste Erfahrungen mit
Bezahlsystemen im Internet.36 In den Niederlanden und anderswo zeichnen sich auch
Probleme hinsichtlich medieninterner struktureller Veranderungen ab. So droht die Gefahr
standiger Sparmaβnahmen im Bereich der Redaktionen mit Qualitatsanspruchen der
nichtkommerziellen Rundfunkorganisationen, Tageszeitungen und Meinungswochenblatter.
Inhaltlicher Qualitatsverlust fuhrt zur Abwanderung von anspruchsvollen Fernsehzuschauern
40
und Lesern. Ursachen harten Einsparens der journalistisch und gesellschaftlich betrachtet
wertvollen Printmedien sind nicht ausschließlich mit den Umbruchen der Medienlandschaft,
der Finanzkrise oder der Konjunkturschwache verbunden. Ursachen bestehen beispielsweise
in der Habgier der fur zwei groβe Zeitungsverlage Verantwortlichen, die in einem Fall ihre
Seele vorubergehend dem britischen Heuschrecken-Kapitalanlagen-Fonds Apax verkauft und
im anderen Fall mit dem britischen Zeitungsabenteurer David Montgomery Geschafte
gemacht haben.
Der PcM Uitgevers-Konzern mit damals den drei wichtigsten uberregionalen Tageszeitungen
(NRC Handelsblad, Trouw und de Volkskrant) wurde 2004 um schnelle bzw. kurzfristig hohe
Gewinne zu erlangen an die britische Kapitalanlagefonds Apax verkauft, ohne die große nichtkommerzielle Bedeutung dieser Qualitatszeitungen fur die niederlandische Gesellschaft zu
berucksichtigen. Apax handelte wie alle Heuschrecken der finanziellen Welt bekanntlich
agieren: Das niederlandische Zeitungsunternehmen wurde mit Schulden beladen. Um die
Zeitungen zu retten wurden sie fur viel Geld 2007 zuruckgekauft. Allein die fur den Verkauf an
Apax Verantwortlichen, erhielten Millionengewinne. Um die durch das Apax-Abenteuer
schwer verschuldeten Zeitungen dauerhaft zu retten, musste ein finanzkraftiger Eigentumer
gesucht werden. Nachdem die ersten Sparmaβnahmen erfolgt waren, ubernahm Ende 2009
der belgische Zeitungsverleger Christian Van Thillo das niederlandische „Zeitungsarmenhaus“.
Van Thillo besitzt bereits seit 2004 die Amsterdamer Tageszeitung Het Parool und erwarb
zudem 2009 die Tageszeitung Algemeen Dagblad (AD) mit ihren Regionalausgaben.
Anfang 2010 verkaufte Van Thillo unter Druck der Wettbewerbsbehorde Nederlandse
Mededingingsautoriteit (NMA) das Flaggschiff seines neuen Besitzes: Das
Zeitungsunternehmen NRC Media mit der Qualitatszeitung NRC Handelsblad und nrc next, seit
funf Jahren eine neue und erfolgreiche Nebenausgabe von NRC Handelsblad fur
Jungerwachsene. Ein niederlandischer Kapitalanlagefonds mit dem Ruf zuverlassig zu sein
ubernahm sie. Seit 2007 gehoren die meisten uberregionalen niederlandischen
Tageszeitungen dem stark verschuldeten britischen Kapitalanlagefonds und Zeitungskonzern
Mecom, der von David Montgomery geleitet wird – und der auch im deutschen Zeitungsmarkt
fur Unruhe sorgte. Zeitungen wie De Gelderlander, BN De Stem, Eindhovens Dagblad, Dagblad
De Limburger und andere Titel erreichten in den letzten Dezennien des zwanzigsten
Jahrhunderts eine sehr gute Qualitat. Wiederholte harte Einsparungen (erneut 2012)
reduzierten sie jedoch allmahlich zu lokal- und regionalorientierten Nachrichtenzeitungen
ohne eigene Wurzeln, ohne befriedigendes Eingehen auf aktuelle gesellschaftliche Bedurfnisse
und ohne redaktionelles Potential zur Forderung und Begleitung multikultureller und
multireligioser Transformation. Fazit: Zeitungen ohne einzigartige Identitat, ohne Idealismus
der jungeren Journalistengeneration und ohne ein durch Ideale gekennzeichnetes Programm
werden Öpfer der Kommerzialisierung und sind letztendlich austauschbar mit der in diesem
Fall auflagenstarksten popularen uberregionalen Tageszeitung De Telegraaf oder der
uberregionalen Zeitung AD Algemeen Dagblad. Diese in allen Bevolkerungsschichten gelesene
41
Zeitungen verdeutlichen, dass, wenn es um Kirche und Religion geht, nur Interesse fur
kirchliche Skandale unterschiedlicher Art besteht wie Streit, Veruntreuung, Missbrauch von
Jugendlichen durch Priester und evangelische Pfarrer etc.
In den meisten Redaktionen arbeiten Redakteure mit einem unterschiedlichen religiosen
Hintergrund bzw. ohne einen solchen. Journalisten mit einer humanistischen Weltanschauung
konnten schon besser vertreten sein. Leider sind auf den Redaktionen der Tageszeitungen und
Rundfunkanstalten kaum mehr Experten auf dem Gebiet der Religionswissenschaft oder
Theologie anzutreffen. Fehlendes Religionsinteresse und die hauptsachlich judisch-christliche
und freisinnig-liberaleTradition der Journalistenausbildung sollten zur Diskussion gestellt
werden. Multireligioser Journalismus stellt nicht Luxus dar, sondern ist eine Notwendigkeit.
Journalisten und Religion vor den Missbrauchfällen
Es ist zu fragen, ob die Religion gemaß der Formulierung der Schweizer Kollegen auch im
niederlandischen Journalismus „mitsurft“. Die Antwort auf der Grundlage eigener
Forschungsarbeit lautet ja, „Religion surft mit“. Meine Forschungsergebnisse mit Bezug auf
drei uberregionalen Tageszeitungen in den Niederlanden zeigen eindeutig die Fokusierung
der Medienaufmerksamkeit auf die Verknupfung von Religion und Islamdebatte, auf die
Diskussion uber die Funktionen und Dysfunktionen der Religionen in der Gesellschaft, auf
Diskurs und Streit zum Verhaltnis Kirche, Staat, Meinungsfreiheit in Verbindung mit
Religionsfreiheit etc. Diese Themen schossen hoch, als der Islam vor zehn Jahren als ein
niederlandisches Problem erfahren wurde. Es gibt seitdem eine Vielzahl an Mediendebatten
uber die soziale Funktion von Religionen wie beispielsweise zum Integrationsprozess von
Einwanderern, ihren Kindern und Enkelkindern.
Um herauszufinden, wie der Stand der religiösen Berichterstattung und des
Meinungsjournalísmus über Religionen ist, untersuchte ich die Qualitätszeitungen NRC
Handelsblad (liberal, freidenkend), de Volkskrant (katholisch bis 1965, progressiv-links
heutzutage) und Trouw (protestantisch-christlich bis 1974, allgemein christlich heute).37
Ausgewählt wurden der Zeitraum von Dezember 2006 bis Februar 2007 sowie Beispiele aus
dem Jahr 2006. Wie man aufgrund des Leitartikels und der Leser erwarten kann, gibt es beim
Inhalt der drei ausgewählten Zeitungen Unterschiede in der Art des
Nachrichtenselektionsprozesses sowie im Tenor von Leitartikeln, Kolumnen und Artikeln auf
den Kommentarseiten. Trotz Blogs und anderer Formen der Veröffentlichung im Internet ist
die Bedeutung der Meinungsbildung in den Printmedien für die Qualität der öffentlichen
Debatte noch immer sehr hoch.
Im Vergleich mit der im Rahmen des Züricher Forschungsprojekts durchgeführten
Inhaltsanalyse fehlt meiner Untersuchung die Genauigkeit der Schweizer Kollegen und
Kolleginnen: sie arbeiteten mit der sprichwörtlichen Präzision der in der Schweiz
42
hergestellten Uhren. Die Hypothese meines Forschungsdesigns war, dass, wenn sich eine
Inhaltsanalyse auf religiöse, geistliche und ethische Themen konzentriert, Unterschiede
zwischen den drei Titeln deutlich zum Vorschein kommen. Dasselbe gilt für Innenpolitik. Man
kann davon ausgehen, dass auf den Gebieten des Sport-, Wirtschafts- oder
Finanzjournalismus größere Homogenität herrscht. Was die ausgewählten Zeitungen der
letzten Wochen des Jahres 2006 und der ersten Monate des Jahres 2007 angeht, richtete sich
die Aufmerksamkeit sowohl auf Ähnlichkeiten als auch auf Unterschiede in der
Nachrichtenauswahl, in der Hintergrundinformation und in der Meinungsbildung. Die
Konzepte (der Rolle) von Gatekeeping, Agenda-Setting, Medienlogik, Framing, Priming und
Medienhype wurden für den theoretischen Rahmen der Inhaltsanalyse benutzt. Folgendes
lässt sich aus der Untersuchung schlussfolgern: Journalisten der Massenmedien (Zeitungen,
Zeitschriften, Fernsehen, Radio und Nachrichtenwebsites) wählen die Nachrichten nach
bestimmten Kriterien des Nachrichtenwertes aus einem beinahe unbegrenzten Vorrat aus,
was meist in der Routine ihrer Berufspraxis begründet ist. Was veröffentlicht wird, ist das
Ergebnis des Gatekeeping-Prozesses. Basierend auf der feinmaschigen qualitativen
Inhaltsanalyse der drei überregionalen Tageszeitungen Trouw, de Volkskrant und NRC
Handelsblad könnte man folgern, dass Themen aus dem Bereich von Kirchen und Religionen
groβzügige Aufmerksamkeit in den Medien bekommen, insbesondere dann, wenn sie
gesellschaftlich-relevante Aspekte aufweisen. Die Themenvielfalt ist recht groß. Für
Fotojournalismus bieten religiöse Bräuche und katholische Gottesdienste - mit vielen
Hochwürden und vielem Weihrauch - schöne Bilder, die Abwechslung in den Zeitungsspalten
bringen. Alle drei Zeitungen bieten regelmäßig Hintergrundartikel über den Islam an. Leser
dürfen darauf in Diskussionsrubriken auf der Website und in den gedruckten Ausgaben
reagieren. Sie bereichern damit die Meinungsbildung, insofern digital nicht hauptsächlich
geschimpft oder beleidigt wird.
Der Kommunikationswissenschaftler Stephan Russ-Mohl stellte fest: „Je steiler es mit der
journalistischen Qualität und mit der Bereitschaft, für journalistische Leistungen zu zahlen,
bergab geht, desto zahlreicher und voluminöser werden offenbar die wissenschaftlichen
Analysen, die sich mit journalistischer Qualität befassen und diese zu retten, zu sichern oder
zu verbessern trachten.“38 Dennoch traue ich mich einen Wunsch zu äuβern. Um das Interesse
an Inhalt und Qualität der Zeitungen und Meinungswochenblättern, was Religion und
Meinungsbildung angeht, zu steigern, muss unbedingt mehr statt, wie es derzeit der Fall ist,
weniger in das Redaktionsteam investiert werden. Aus der Analyse der drei überregionalen
Zeitungen ergibt sich, dass ihre Redaktionsmitglieder einen beachtlichen Teil der Beiträge
externen Autoren aus der Wissenschaft oder Politik überlassen. Um Lesbarkeit und Aktualität
ihrer Artikel zu gewährleisten, müssen Redakteure sich eigentlich ständig weiterbilden und
sich von Experten über die aktuellen Themen der Berichterstattung informieren lassen. Dazu
brauchen die Redaktionen nicht nur Geld, sondern auch Zeit für Weiterbildung.
43
Als Fazit ist hervorzuheben: Die niederländischen Medien sind sich der hohen Bedeutung von
Religion bewusst und darüber, dass es sich nicht um eine Randerscheinung einer postchristlichen Gesellschaft handelt. Auch, wenn die Verbindungen mit politischen Themen nicht
immer völlig klar sein mögen, so besteht daran Interesse, neue Verbindungen und
Perspektiven zu entdecken. Diese professionelle Einstellung der Medien ist eine Reaktion auf
die Verwirrung der Politiker und die Zweifel der Öffentlichkeit – es sei denn, dass die
Notwendigkeit einer öffentlichen Debatte nicht rechtzeitig erkannt oder verschleiert wurde.
Insbesondere die tragischen Morde mit Fortuyn (2002) und Van Gogh (2004) als Opfer
führten zu einem Prozess der kritischen Auseinandersetzung mit der Thematik von
Integration und Religion – was nun Früchte zu tragen scheint. Politiker nehmen die
Veränderung wahr, und Journalisten haben sich darauf besonnen, Wachhunde statt
Schoßhündchen in der öffentlichen Debatte zu sein.
Als Begleiterscheinung der skizzierten Umwalzungen in der niederlandischen Gesellschaft
surft Religion tatsachlich mit. Durch die Struktur des niederlandischen nicht-kommerziellen
Rundfunks mit insgesamt 24 sendeberechtigten Anbietern war Religion als Thema nie vom
Bildschirm verschwunden und auch immer im Ather prasent. In den allgemeinen
Meinungswochenblattern droht die religiose Thematik jedoch schon wieder weitgehend an
den Rand gedrangt zu werden. Ihre Aktualitat musste vor einem Dezennium neu entdeckt
werden. Dieser Sachverhalt führt inzwischen zu einer offenen Diskussion über die Bedeutung
von Religion im öffentlichen Bereich. Man kann nur hoffen, dass sie durch medieninterne
Entwicklungen oder gesellschaftliches Desinteresse nicht auf das Abstellgleis gerät und dass
die Kombination von Religion und Emotion, die ich nicht angesprochen habe, Atheisten,
Christen und Anhänger anderer Religionen nicht blind macht für Selbstreflexion und
Selbstkritik. Tabuisierung des emotionalen Aspekts von Religion wäre ein neues Risiko für
eine uneingeschränkte öffentliche Debatte.
Die ewige schwierige Frage der Medienwirkung
Die Interaktion zwischen Kirchen und religiösen Bewegungen und ihren Botschaften auf der
einen Seite und dem von den Massenmedien angebotenen kulturellen Inhalt auf der anderen
Seite kann auf viele Arten gedeutet werden. Wir wissen immer noch sehr wenig über die
Wirkungen von religiöser und spiritueller Kommunikation allgemein, auch in Verbindung mit
den Massenmedien. Es ist noch nicht möglich, klare Aussagen darüber zu treffen, denn es gibt
verschiedene Wirkungsarten, wie beispielsweise kurzzeitige Wirkungen oder langfristige
Wirkungen; Wirkungen auf die Meinungsbildung, Einstellungen, Gefühle und
Verhaltensweisen; beabsichtigte oder unbeabsichtigte Wirkungen und Wirkungen, die
positiv, neutral oder negativ zu bewerten sind. Es gleicht einem Klischee zu wiederholen, was
häufig in der Literatur kritisiert wird, nämlich, dass es an empirischen Forschungsergebnissen
44
mangele. Das trifft sicherlich auf die geistlich-religiöse Kommunikation insgesamt zu. Aber
sogar auf dem Gebiet der politischen Kommunikation, mit der sich die wissenschaftliche
Forschung so intensiv beschäftigt hat, gibt es keinen Konsens über die Auswirkungen der drei
genannten Phänomene.
Wenn man die Medienwirkung betrachtet, scheint es keine Einigkeit über ihre Natur und
genaue Auswirkung auf das Denken, das emotionale Mind-Set, die Einstellung und das
Verhalten der Menschen, die sich selbst der Medienkommunikation ausgesetzt haben, zu
geben. Als intervenierende Variable werden die Umweltfaktoren und der individuelle
Charakter von Menschen diskutiert. Bildung, Kultur und – wenn auch nicht in jedem Fall –
Religion oder ihr Fehlen prägen den Menschen. Die klassischen Printmedien – Zeitungen und
politische Wochenzeitschriften – beschäftigen sich mit Multikulturalität und multireligiöser
Gesellschaft. Die öffentliche Debatte findet auch in wissenschaftlichen Veröffentlichungen
statt, an Universitäten, bei akademischen Konferenzen, in Internetforen sowie in Radio und
Fernsehen.
Immer wieder scheint es eine Neigung dazu zu geben, Medienwirkungen zu beobachten und
dann wiederum in bestimmten Situationen Zweifel an ihnen zu haben. Es scheint unmoglich
zu sein, nachzuvollziehen, geschweige denn vorherzusagen, in welche Richtung sich
Wirkungen entwickeln und wie lange sie anhalten. Auf der Grundlage dieser Einsichten, die
als eine aktuelle Bestandsaufnahme der Wissensbasis und der Ergebnisse der empirischen
Forschung betrachtet werden konnen, zog McQuail (2005) keine allgemeine Schlussfolgerung
uber die Medienwirkung. Die Alternative, dass es uberhaupt keine Wirkung gibt, scheint eher
theoretischer Natur zu sein. Auch wenn Menschen behaupten, dass geistige und religiose
Kommunikation sie nicht „betrifft“, stellt sich die Frage, ob es sich um eine Pose oder auch eine
Momentaufnahme handelt. Was als fremd, beispielsweise außerhalb des Christentums
befindlich angesehen wird, kann Vorurteile verfestigen. In einem traditionell christlichen Land
wie den Niederlanden haben sich viele junge Menschen von christlichen Symbolen und
Ritualen entfremdet, wie z.B. bei einer Beerdigung in einem katholischen Umfeld zu
beobachten ist.
Nach meiner Analyse ist die Leistung des niederländischen Journalismus wie folgt zu
beurteilen: Der Meinungsjournalismus der Tageszeitungen und des nicht-kommerziellen
Rundfunks (public broadcasting) entwickelte sich im ersten Dezennium des
einundzwanzigsten Jahrhunderts mit einem breiten Angebot von Themen zu Religion und
Integration und ihrer Zusammenhänge. Eher vorteilhaft scheint zu sein, dass sich Autoren, die
zur Debatte über die Bedeutung von Religion beitragen, häufig auf den Atheismus berufen.
Auch wenn das so ist, kann die allgemeine Aufmerksamkeit als relativ unvoreingenommen
bewertet werden. Berichterstattung, Diskussionsbeiträge, Kommentare und andere
Veröffentlichungsformen machen die Leser mit einer hochaktuellen Thematik vertraut. Sie
verdeutlichen umfangreiches Wissen über geistige und religiöse Inhalte. Berichterstattung
und Meinungsbildung über Kirche und Religion entsprechen den Qualitätsstandards für den
Inhalt von Massenmedien. Die Rolle der christlichen Kirche im interreligiosen Dialog konnte
45
auf uberregionaler Ebene von kirchlicher Seite mehr Profil und Prioritat erhalten. Dabei sollte
es nicht in erster Linie darum gehen, ob christliches Denken von Katholiken oder Protestanten
seinen Platz in der sakularisierten niederlandischen Gesellschaft hat oder nicht, und auch
nicht darum, ob christliches Denken auch in Zukunft Spuren in niederlandischer Kultur und
Mentalitat hinterlasst. Bei der Debatte über das Wiederaufleben der Religion während des
letzten Jahrzehnts nimmt, wie ich feststellen konnte, die Bedeutung von Spiritualität nach
Religion einen Spitzenplatz ein, um persönlichen Bedürfnissen und Präferenzen des Einzelnen
(auf der Mikro-Ebene) gerecht zu werden. Lokale christliche Glaubensgemeinschaften mit
traditioneller oder experimenteller Liturgie bekommen nur in Horfunk- und
Fernsehubertragungen der sonntaglichen Gottesdienste besondere Aufmerksamkeit. Diese
Gemeinden auf dem Meso-Ebene werden dann Öpfer von negativer Medienaufmerksamkeit,
wenn Affaren auftreten. Systematische Kommunikationsanstrengungen auf dieser MesoEbene in Richtung lokaler und regionaler Medien lohnen sich bei Sonderaktivitaten und
Veranstaltungen mit Breitenwirkung. Sie fuhren zu positiver Medienbeachtung. So genanntes
normales Leben und alltagliche Gemeindeaktivitaten sind den Medien keine Berichterstattung
wert. Zur Zeit bewegt sich der Fokus in den Niederlanden in die Richtung der Makro-Ebene
der Kirchen und landesweiten Einrichtungen, ihren Fuhrern und ihren Botschaften.
Die Entdeckung der „Rückkehr von Gott“ in den Niederlanden in der zweiten Hälfte der
neunziger Jahre und die öffentliche Debatte über die „Rückkehr der Religionen“, insbesondere
unter der Berücksichtigung der „Drohungen des Islams“, in den Niederlanden seit dem Anfang
des einundzwanzigsten Jahrhunderts machten Schriftsteller, Journalisten, Kolumnisten und
andere Meinungsbildner neugierig auf Religion(en) und Spiritualität. Sie waren von dem
Wiederaufleben des Christentums im Denken und Handeln vieler Niederländer überrascht.
Festzustellen waren ein Verlangen nach Stärke, Energie, Geist der New-Age-Bewegung und
anderen spirituellen Quellen. Auffällig waren die Zunahme von evangelikalen Gruppierungen,
Konvertierung zum Katholizismus von einer Vielzahl (ca. Tausend) hoch gebildeter Menschen
pro Jahr und ein wiederauflebendes Interesse an einer traditionelleren Liturgie.
Einschätzung der Folgen der Missbrauchaffäre
Der Amerikaner Dane S. Claussen von Point Park College erweiterte den inzwischen schon
haufiger diskutierten und benannten Zusammenhang von Medien und Kultur dadurch, indem
er Sex als etwas Drittes im Bunde hinzufugte.39 Fur diese Annaherung kann man Beifall
bekunden – ohne ubrigens an die noch nicht nation wide durch die Medien aufgedeckten
Missbrauchfalle in verschiedenen amerikanischen Diozesen und ihre Folgen fur die
katholische Kirche in den Vereinigten Staaten zu denken. „This nation is profoundly and
simultaneously influenced by three distinct but powerful sets of interacting institutions and
practices: religion, media, and sex. As editor Dane Claussen points out, the United States is one
of the most religious nations on earth, media (most of which is privately owned) pervade
46
virtually every aspect on life here, and sex is an omnipresent preoccupation for most who live
in this country.“ Mit dieser Bestatigung fangt eine Rezension von Eric Gormly anlasslich des
Buches an.40
Auf Grund der Beitrage in dem von ihm herausgegebenen Band zieht Claussen die
Schlussfolgerung, dass die Journalisten Nordamerikas nicht kompetent genug seien, wenn es
um die Bereiche Sexualitat und Religion geht. Sie sind seiner Meinung nach Sex gegenuber
uberempfindlich und haben kein Gespur fur damit verbundene soziale Fragen. Denselben
Redakteuren gelinge es nicht, die meisten religiosen Themen wirklich zu verstehen. Sie seien
dadurch eher geneigt, auf die lauten Stimmen der Extremen zu horen als auf die maβvollen
Stimmen der Mitte. Diese Feststellung kann man als Bestatigung des in der
Kommunikationswissenschaft seit einem Dezennium durchaus ublichen Theorieansatzes der
Eigengesetzlichkeit des Journalismus und der Medien, der so genannten „Medienlogik“ (media
logic) werten. Interessanterweise geht Claussen jedoch einen Schritt weite, indem er die
ubergroβe Mehrheit der Kirchen und religiosen Örganisationen der Unwissenheit,
Verdrangung und Leugnung in Bezug zu Sexualitat bezichtigt. Damit sind wir in media res,
wenn es um die Missbrauchsaffaren in der katholischen Kirche in den Vereinigten Staaten,
Kanada, Mexiko, Australien und vielen Landern in der Welt geht.
Wichtig war die offentliche Zusicherung am 9. Marz 2010, seitens der niederlandischen
Bischofskonferenz alles offen darzulegen. Am 6. Marz hatte, Ad van Luyn sdb, der bis Mitte
2010 Vorsitzender der niederlandischen Bischofskonferenz war, in der kirchlichen Sendezeit
der romisch-katholischen Kirche (Rooms-Katholiek Kerkgenootschap, RKK) schon ein
Versprechen in diese Richtung bekannt gemacht. Welche Folgen die nicht unbegrundeten
Enthullungen auf Dauer fur das Ansehen der katholischen Kirche und die Ich-Beteiligung der
Katholiken haben werden, lasst sich noch nicht einschatzen. Was seit 1945 in katholischen
Internaten passiert ist, wurde zwischen Fruhjahr 2009 und Ende 2011 im Auftrag der
Bischofe eingehend von einer unabhangigen Kommission unter Vorsitz des schon erwahnten
ehemaligen Ministers Deetman untersucht. Von staatlicher Seite wird ebenfalls von einer
unabhangigen Kommission gepruft, welche Rolle die Institutionen zur Jugendschutz gespielt
haben. Uber die Vermittlung des amtlichen Kinderschutzes wurden auch Kinder in Internate
geschickt. Diese Kommission wird einen Abschlussbericht fruhestens Ende 2012
veroffentlichen konnen. Beide Untersuchungsausschusse arbeiten immer dann, wenn es
zweckmaβig war bzw. ist zusammen. Uber Maβnahmen zur Vorbeugung bzw. zum Ausschluss
der Wiederholung von Straftatbestanden wird bereits auf politischer Ebene diskutiert. Die
katholische Glaubensgemeinschaft, vertreten durch die Bischofe, wird sich gegenuber der
niederlandischen Gesellschaft zu verantworten haben. Durch die neue Faszination, die die
Religion in den Niederlanden auslöste, könnte es vielleicht geschehen, dass Berichterstattung
und öffentliche Meinungsbildung zu Missbrauchsdelikten in der katholischen Kirche, nun über
einen längeren Zeitraum verdrängt wurden. Als vor zehn Jahren oder länger zurück über die
Folgen der Missbrauchswelle in der USA oder sogar über Einzelfälle in den Niederlanden
47
berichtet wurde, meldeten sich kaum niederländische Opfer bei Redaktionen. Mediahypes
brauchen Zeit und lassen sich nicht erzwingen.
Die soziale und gesellschaftliche Entwicklung in Ländern wie den Niederlanden, Belgien,
Österreich und der Schweiz haben Sozialwissenschaftler als einen Prozess der „Versäulung“,
erfolgt im letzten Viertel des neunzehnten und der ersten Hälfte des zwanzigsten
Jahrhunderts (oder besonders in orthodox-christlichen Kreisen noch länger, sogar bis heute)
charakterisiert. Während der „Versäulung“ gab es eine Art Durchlässigkeit, eine Fusion von
Journalismus (Medienkultur) und kirchendominierter Kultur, der sich auch der persönliche
Lebensstil unterordnete. Unter dem Einfluss der „Entsäulung“, dem typischen Prozess in der
zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, hat sich die Bereitschaft der Journalisten
verringert, ihre „eigene“ Kirche gegen die Kritik von Außenstehenden zu verteidigen oder ihr
negative Berichterstattung zu ersparen – wenn sie nicht sogar völlig verschwunden ist. Die
Missbrauchsaffäre macht klar, dass Kirchen nicht mehr einen Anspruch auf eine
Ausnahmeposition befürworten und erwarten können. Die Kultur innerkirchlichen
Schweigens über Missstände, um Imageschaden in der Öffentlichkeit vorzubeugen, verursacht
nun kaum absehbaren moralisch-ethischen Schaden.
Das Fehlen einer pro-aktiven Kommunikationsstrategie
Keine niederländische Versicherungsanstalt deckt meines Wissens Reputationsschäden. Seit
2000 können auch (kirchliche) Missbrauchsfälle nicht mehr durch eine
Haftpflichtversicherung abgedeckt werden. Als ich 2004 in einem Vortrag für die Fakultäten
der Theologie und Religionswissenschaft der Radboud (damals noch Katholische) Universiteit
Nijmegen die Risiken einer Kirche auf Imago Schaden thematisierte und vorschlug – wie im
Unternehmensbereich – pro-aktiv Risikokommunikationsmanagement zu entwickeln und
nachzudenken über auf Kommunikation basierter Methoden, um den guten Ruf wieder
herzustellen, wurde ziemlich lau reagiert: Warum sollte man? Zwei Tageszeitungen zeigten
jedoch Interesse und berichteten über den Vorschlag.41 Deshalb widmete ich diesem Thema
ein ganzes Kapitel in einem 2009 erschienen Buch über Kirche, Religion und Medien.42
Als „case study“ wählte ich u.a. einen Missbrauchsfall aus dem Jahr 2006 im Bistum
Rotterdam. Dieser Fall wurde auf der Vorderseite der Tageszeitung De Telegraaf bekannt
gemacht einschließlich der Erörterung des Verhältnisses der Kirchenprovinz mit einer
Versicherungsanstalt. Es erfolgte eine Kompromisslösung zwischen der Kirchenprovinz und
ihrer ehemaligen Haftpflichtversicherungsgesellschaft: Bereitstellung von einer Million Euro
für Missbrauchsfälle, die vor dem Jahr 2000 begangen worden sind. Dieses Ergebnis wurde
am 6. März 2006 auf der Vorderseite der Tageszeitung NRC Handelsblad als Exklusivbericht
veröffentlicht. Als das Buch Mitte 2009 erschien, konnte ich nicht ahnen, welchen Umfang die
Missbrauchsaffäre auch in den Niederlanden haben würde. Ende November 2009 hielt ich in
Brugge (Belgien) einen Vortrag über das Kräftefeld im Dreieck: Journalisten - Bischöfe und
ihre Vikare - Pressesprecher. Dabei behandelte ich den Umgang des Bistums und besonders
des Bischofs mit einer Missbrauchsmeldung aus einer Pfarrei als Fallstudie im Rahmen der
48
Krisenkommunikation. Auch beschäftigte ich mich mit der Fragestellung: Wenn so viele
Bistumer in der USA, in Irland, Australien, Canada, Deutschland und Belgien von
Missbrauchsaffaren heimgesucht worden sind, warum sollte es vor der niederlandischen
Grenze Halt machen?
Kirchen konnen nach dem fast vollzogenen Sakularisierungsprozess weder eine Sonderrolle
einfordern noch Nachsicht erwarten, wenn offizielle Kirchenvertreter in den Medien wegen
ihrer Verfehlungen getadelt werden, Missbrauchsfalle aufgespurt werden etc. Bei ihrer Arbeit
konnten Journalisten der alteren Generation ggf. negative Haltungen und Gefuhle gegenuber
Kirche, Glauben und Religion, mit der sie aufgewachsen sind, unterdrucken. Mit dem
Christentum weniger verbundene junge Kollegen konnten vorurteilsfrei (oder mit Vorurteil)
in der Vergangenheit von Kirche und ihren Wurdentragern Geschehenes und moglicherweise
noch Vorkommendes (ebenso, wie dies in anderen Einrichtungen unterschiedlicher Art
geschieht) recherchieren. Fur Islam, Buddhismus oder Hinduismus mag dasselbe wie fur den
Katholizismus oder Protestantismus zutreffen, wobei Unwissenheit und Fehlen des
offentlichen Interesses bei den eher weniger bekannten und nicht so stark verbreiteten
Religionen eine großere Rolle spielen konnte.
Als ein Leser sich bei der damaligen Chefredakteurin der Tageszeitung NRC Handelsblad,
Birgit Donker, erkundigte warum gerade ihre Zeitung Missbrauch in der katholischen Kirche
der Niederlande als Dauerthema gewahlt hatte, antwortete sie: Es handelt sich bei dieser
Kirche um eine Institution, in die nicht nur viele Millionen Glaubige emotional investiert
haben, sondern um eine Institution, die auch eine betrachtliche Konzentration von Macht und
Kapital reprasentiert. Eine solche Institution muss von einer Zeitung ebenso kritisch verfolgt
werden, wie dies fur den Rechtsstaat, den Polizeiapparat, die Welt der Banken und fur die
Schule gilt. Diese Uberlegung gilt um so mehr, wenn ersichtlich ist, dass in kirchlichen
Einrichtungen Kinder, die ihrer Öbhut anvertraut worden sind, missbraucht wurden und dies
in einer hierarchischen und geschlossenen Umgebung. Donker verneinte die Behauptung
aufgebrachter Leser, ihre Zeitung fuhre eine Hetzkampagne gegen die katholische Kirche. Uber
die Gesinnung ihrer Zeitung fugte sie hinzu: NRC Handelsblad hat eine liberale und sakulare
Signatur, das stimmt. Wir glauben an die Kraft der Vernunft und stehen Kollektivitaten kritisch
gegenuber, insbesondere dann, wenn sie mit Macht ausgestattet sind. Dies bedeutet jedoch
nicht, dass wir Religionen gegenuber ablehnend stehen. Auch in unserer Zeitung ist mehr
Raum frei fur etwas, was mit dem vagen Begriff „Sinngebung“ bezeichnet werden konnte.
Donker erinnerte an die philosophischen und religiosen Themen auf der taglichen Seite zur
freien Meinungsbildung und an die Wochenbeilage mit Buchbesprechungen.43
Da in den Niederlanden keine Kirchensteuerpflicht besteht, sind Religionsgemeinschaften von
freiwilligen Beitragen ihrer Kirchenmitglieder bzw. von Spenden abhangig. Deshalb konnen
Kirchen nur bescheidene Aktivitaten auf dem Sektor von Kommunikations- und
Themenmanagement, Public Relations, Interessenvertretung und Journalismus organisieren.
49
Als Toyota neun Millionen gefahrliche Autos produziert und verkauft hatte, zeigte das
japanische Weltunternehmen Reue und fing im Fruhjahr 2010 eine kostspielige Kampagne an,
um wieder das Vertrauen der Kunden zu gewinnen. Gerade fur Japaner bedeutete das
technische Versagen einen Ehrverlust und galt als schwer vorstellbare Niederlage. Die
niederlandische Zeitschrift fur Werbung und Marketing Adformatie lobte groβzugig die
Entschuldigungen des Toyota-Prasidenten Akio Toyota und rugte scharf die Krokodilstranen
der katholischen Kirche – auch des Papstes.
Der kirchlichen Kultur des Schweigens und Verschweigens steht das Prinzip der Transparenz
gegenuber und zeigt eine Alternative auf. Es geht dabei um Öffnung und Öffenheit ohne
Geheimnisse, so wie das mit der Modernitat schon lange vertraute Publikum es von allen non
governmental organisations zu recht fordert. Das den Kirchen zur Verfugung stehende Budget
fuhrt verstandlicherweise zu einer begrenzten Anzahl von Pressesprechern und
Kommunikationsberatern, die mit den Kirchen verbunden sind - vergleicht man mit
Beraterzahlen aus der Wirtschaft, auf verschiedenen Regierungsebenen, des
Verwaltungsapparates oder von Nicht-Regierungsorganisationen, die im Sozialbereich
arbeiten.
Ein Fazit mit einem groβen Fragezeichen
Neuanfang oder Schwanengesang sind mit einem Fragezeichen versehene Stichworter. Die
dargestellte aktuelle Situation fuhrt dazu, dass ich immer mehr zweifle. Meine optimistische
Schlussfolgerung abgeleitet von der Entwicklung des Religionsjournalismus wahrend der
letzten zehn bis funfzehn Jahre leidet unter der Unsicherheit, die durch die
uberdimensionierte Medienaufmerksamkeit gegenuber den Missbrauchsfallen ausgelost
wurde, die letztendlich auch die Niederlande erreichten. Ich bin mir bewusst, wie stark
Kirchen und soziale Bewegungen von „der Gunst“ der Mitarbeiter von Massenmedien und
deren offentlichen Auftritten (performance) sowie von deren Publikumswahrnehmung
abhangig sind und wie wichtig ihre Glaubwurdigkeit in Kombination mit ihrer „Leistung“ fur
die Gesellschaft und nicht nur fur individuelle Glaubiger oder Anhanger geworden ist. Da die
journalistische Unabhangigkeit bei Printmedien und Rundfunkorganisationen ohne Vorbehalt
respektiert werden muss, haben Kirchenfuhrer meist nur Zugang zu den Massenmedien, wenn
die unabhangigen Journalisten in ihrer Rolle als Schleusenwarter (gatekeeper in der
Kommunikationstheorie) das ermoglichen. Kirchliche Kommunikationsberater sind in der
Lage oder sollen in der Lage sein Medienturen zu offnen – beispielsweise um ihre Schuld zu
bekennen statt einen Verteidigungsversuch zu unternehmen oder ahnliches. Mit
stellvertretender Scham las (Zeitungen und Zeitschriften), horte (Rundfunk und Gesprache
unter Freunden oder Bekannten) und sah (Fernsehen) man als Katholik, wie schwer sich die
eigene Kirche dabei tut, auβerhalb der Gottesdienste zu knien. Zugegeben; Es tat manchmal
auch weh zu sehen wie Journalisten versuchten, den Papst oder Bischofe unbarmherzig in die
Knien zu zwingen.
50
Nachdem die Missbrauchsfalle in verschiedenen Kontinenten aufgedeckt waren, hatten
Bischofe die Pfarreien aufrufen konnen, mit Ritualen Kollektivschuld zu bekennen und eine
Versohnung vorzubereiten. Als Huter des Schatzes an Ritualen und Gebeten, mit ihren
Erfahrungskenntnissen aus Jahrhunderten hatten sie sich mehr einfallen lassen konnen als die
Ankundigung, eine Untersuchungskommission mit der Vorarbeit zu beantragen.44 Die
Bischofskonferenz hatte bereits 2009 oder 2010 einen nationalen Buβdienst in der Karwoche
und Gottesdienstgebete zur Österzeit anregen und zur Verfugung stellen konnen.
So mancher Pfarrer entwickelte dabei Eigeninitiative. Ihnen ist zu verdanken, dass nicht
verschwiegen wurde, was die Kirchganger so sehr beschaftigte. Nur ein Bischof der sieben
Bischofe in den Niederlanden, namentlich Jos Punt vom Bistum Haarlem-Amsterdam, schickte
den Glaubigen recht bald, namlich fur das Wochenende vom 13. und 14. Marz 2010, einen
Brief. Diese Initiative kam nicht nur bei den Glaubigen, sondern auch in den Medien gut an. Als
Erstreaktion ware ein Hirtenbrief aller Bischofe wunschenswert gewesen. Der Medienbischof
Franz Wiertz vom Bistum Roermond benutzte seine Rubrik „Keerpunt“, die damals in allen
Gratisanzeigern der Provinz Limburg erschien, am 16. und am 23. Marz 2010 fur ein
wohlgemeintes und gut formuliertes mea culpa. Diese beiden kleinen lateinischen Worter
tragen zweifelsohne eine große Aussage und konnten fur einen guten Neubeginn stehen.
51
[FüR DAS AUTORENVERZEICHNIS:]
Univ.-Prof. Dr. Joan Hemels ist seit 2009 emeritierter Professor fur
Kommunikationswissenschaft, insbesondere Kommunikationsgeschichte, in der Fakultat der
Gesellschafts- und Verhaltenswissenschaften der Universiteit van Amsterdam in den
Niederlanden und seit 2008 Gastprofessor-emeritus fur Allgemeine
Kommunikationswissenschaft in der Fakultat der Sozialwissenschaften der Universiteit
Antwerpen, Belgien. Seit 2009 ist er honorary fellow des Forschungsinstituts “The Amsterdam
School of Communication Research” (ASCoR) der erwahnten Universitat in Amsterdam.
Seine Abschiedsvorlesung beschaftige sich mit der Subventionierung -seitens der
Doppeltmonarchie Österreich-Ungarn- eines international operierendes Nachrichtenburos im
Regierungszentrum der neutralen Niederlande wahrend des Ersten Weltkriegs. Der Text
erschien, uberarbeitet und erweitert mit biografischen und bibliografischen Beitragen, als
Buchveroffentlichung (Joan Hemels, Een journalistiek geheim ontsluierd. De Dubbelmonarchie
en een geval van dubbele moraal in de Nederlandse pers tijdens de Eerste Wereldoorlog,
Apeldoorn/Antwerpen: Spinhuis Uitgevers, 2010.)
______________________
Anmerkungen
Vom 5. bis 6. Februar 2010 wurde an der Universität Erfurt die internationale Tagung ‘Religion in
der niederländischen Gesellschaft. Mitgestalterin oder Auβenseiterin?’ von den Lehrstühlen für
Kirchenrecht (Prof. Dr. Myriam Wijlens) und Liturgiewissenschaft (Prof. Dr. Benedikt Kranemann)
veranstaltet. Für die Bearbeitung des vorliegendes Textes habe ich mich inspirieren lassen von dem
Erfurter Sammelband Religion –Kultur – Bildung. Religiöse Kulturen im Spannungsfeld von Ideen
und Prozessen der Bildung, herausgegeben von Benedikt Kranemann, Vasilios N. Makrides &
Andrea Schulte, Münster: Aschendorff, 2008 (Vorlesungen des Interdisziplinären Forums Religion
der Universität Erfurt, Nr. 5), mit der Einleitung ‘Religion – Kultur – Bildung’ der Herausgeber (S.
7-10) und verschiedenen Beiträgen zur islamischen, christlichen und jüdischen Bildung, zum
Thema Religion und Menschenbildung, sowie dem Themenfeld Erwachsenenbildung.
2
Thom Meens, “Bagger op het blog”, in: Tageszeitung de Volkskrant, vom 27. März 2010.
3
Vgl. Tamara Witschge, (In)difference online. The openness of public discussion on immigration
[Dissertation Universiteit van Amsterdam/The Amsterdam School of Communication Research
(ASCoR)], Amsterdam: ASCoR, 2007.
4
Idem, S. 100.
5
Diese, für mich neue, zweite Bedeutung entdeckte ich in dem Beitrag von Myriam Wijlens, “‘Alle
Menschen haben das unveräuβerliche Recht auf educatio’ (Vaticanum II, GE 1) – das Recht der
katholischen Kirche”, in: Kranemann, Makrides & Schulte (Hrsg.), Religion – Kultur - Bildung
(siehe Anm. 1), S. 175-191, hier S. 176.
6
Siehe: Joan Hemels, Regulierung, Selbstregulierung und Medienkompetenz in den Niederlanden.
Die Entwicklung und die öffentliche Debatte, Hilversum: Nederlands Instituut voor de Classificatie
van Audiovisuele Media (NICAM) 2005 (NICAM Dossier 4); auch auf:
http://www.kijkwijzer.nl/upload/download_pc/7.pdf.. Das niederländische System ‘Kijkwijzer’ wird
positiv bewertet in: tv diskurs. Verantwortung in audiovisuellen Medien 13/2009, Nr. 4 (Sonderheft
“Kijkwijzer! Das System der Selbstklassifizierung in den Niederlanden”); später auch auf Englisch
52
erschienen: tv diskurs, 14/2010, Nr. 3 (‘special edition’ “Kijkwijzer! The Dutch Self-Classification
System”). Siehe auch: www.kijkwijzer.nl
7
Siehe das Interview “Empfehlenswert! Das niederländische Onlinesystem mediasmarties
informiert über Medien, die Kindern guttun”, von Claudia Mikat mit Cathy Spierenburg, der
Leiterin von mediasmarties, in: tv diskurs. Verantwortung in audiovisuellen Medien, 16/2012, Nr. 1
(Themanummer “Kinder vor der Kiste. Was sie sehen und wie sie damit umgehen”), S. 46-49. Siehe
auch: www.mediasmarties.nl
8
Vgl Joan Hemels, Geloven in communicatie. Religie in de media, Kampen: Uitgeverij Kok, 2009,
S. 230, 268 und 281.
9
Atte Jongstra, “Liturgie. Uitgesproken schijnheiligheid. Lieddichter Huub Oosterhuis botst met
censor Cor Mennen”, in: Tageszeitung NRC Handelsblad, Beilage “Cultureel Supplement”, vom 26.
März 2010.
10
Vgl. Walter Goddijn, Jan Jacobs & G.érard van Tillo (Hrsg.), Tot vrijheid geroepen. Katholieken
in Nederland: 1945-2000, Baarn: Uitgeverij Ten Have, 1999.
11
Vgl. Joan Hemels, “Massamedia”, in: Goddijn, Jacobs & Van Tillo (Hrsg.), Tot vrijheid geroepen
(siehe Anm. 10), S. 137-150, 251-262, 367-375 und 477-485.
12
Vgl. ausführlicher: Hemels, Geloven in communicatie (siehe Anm. 8) und idem, Journalistiek en
religie in de actuele cultuurbeleving, Amsterdam: Otto Cramwinckel Uitgever, 1999. Die vier
Kabinette unter Leitung von Jan Peter Balkenende förderten im ersten Dezennium des 21.
Jahrhunderts auch das öffentliche Debatt über die Normverwässerung und die Bedeutung von
Moral und Werten. Siehe.: L. M. [Bertus] de Rijk, Religie, normen, waarden. Een kritische blik op
een maatschappelijk debat, Amsterdam: Uitgeverij Bert Bakker, 2006.
13
Siehe für den vollständigen Text dieser Erklärung der Brückenbauer:
http://www.bruggenbouwers.com/2010/01/11/vijf-vernieuwde-principes -voor-religiejournalistiek/ .
14
N.N., “James Kennedy: kerk moet zijn als een stad op een berg” [anlässlich: James C. Kennedy,
Stad op een berg. De publieke rol van protestantse kerken, Zoetermeer: Uitgeverij Meinema,
20102], in: Tageszeitung Trouw, Beilage de “Verdieping”, vom 2. Februar 2010.
15
Alexander Rinnooy Kan, “Onzeker land, in strijd met zichzelf”, in: Tageszeitung NRC
Handelsblad, wöchentliche Beilage “Bücher”, vom 12. Februar 2010 [anlässlich: James C.
Kennedy, Bezielende verbanden. Gedachten over religie, politiek en maatschappij in het moderne
Nederland, Amsterdam: Uitgeverij Bert Bakker, 2009].
16
Emile Hakkenes, “Kerken maken zichzelf overbodig”, in: Tageszeitung Trouw, Beilage “de
Verdieping”, vom 2. Februar 2010 [anlässlich: G.erard Dekker, Heeft de kerk zichzelf overleefd?
Beschouwingen over de rol van de kerk in de moderne samenleving, Zoetermeer: Uitgeverij
Meinema, 2009].
17
Vgl. einem Aufsatz von Stig Hjarvard, “The mediatization of society. A theory of the media as
agents of social and cultural change”, in: Nordicom Review, 29/2008, S. 105-134, hier S. 105.
18
Joan Hemels, “Medien und religiöse Sehnsucht. Ein aktuelles Diskussionsthema in den
Niederlanden”, in: Communicatio Socialis. Themenheft “Blickpunkt Religion und Medien”, 36/
2003, S. 97-129.
19
Ulrich Saxer (Hrsg.), Medien-Kultur-Kommunikation, Opladen: Westdeutscher Verlag
(Publizistik Sonderheft 2/1998).
20
Michael Schmolke,“Religionskommunikation durch Medien”, in: Saxer (Hrsg.), Medien-KulturKommunikation (siehe Anm. 19), S. 199-214, hier S. 212.
21
Denis McQuail, McQuail’s mass communication theory, London/Thousand Oaks/New Dehli:
Sage Publications, 20055, S. 553.
22
Hent de Vries & Samuel Weber (eds.), Religion and media. Stanford, CA: Stanford University
Press, 2001. Siehe für die religionswissenschaftliche Themen der letzten zehn Jahren in den
Niederlanden auch Willem B. Drees, Religion and science in context. A guide to the debates,
53
London: Routledge, 2010, und in Bezug zu der Bundesrepublik Deutschland Nicolai Hannig, Die
Religion der Öffentlichkeit. Kirche, Religion und Medien in der Bundesrepublik 1945-1980,
Göttingen: Wallstein Verlag, 2010.
23
Vgl verschiedene Aufsätze in: Helmuth Rolfes & Angela A. Zukowski (eds.), Communicatio
socialis. Challenge of theology and ministry in the Church. Festschrift für Franz-Josef Eilers,
Kassel: Kassel University Press, 2007, somit: Franz-Josef Eilers, Communicating church. Social
communication documents. An introduction, Manila: Logos (Divine Word) Publications, 2011;
idem, “Social communication – Development of a Vatican II concept”, in: Verbum SVD, 51/2009,
Nr. 1, S. 21-32; idem, Communicating in community. Introduction to social communication, Manila:
Logos (Divine Word) Publications, 20094 , und idem, Communicating in ministry and mission.
Introduction to pastoral and evangelizing communication, Manila: Logos (Divine Word)
Publications, 20093. Wie Eilers betont, existiert das Begriff‚ “soziale Kommunikation” seit mehr als
vierzig Jahren, und zwar seit der Veröffentlichung des Konzilsdokument Inter Mirifica, aber gibt es
praktisch nirgendwo nähere Überlegungen, was er wirklich bedeutet und beinhaltet. Dabei enthält er
seiner Meinung nach spezielle Herausforderungen und Bestimmungen für kirchliche Aktivitäten,
Forschung und Lehre, die sich aus einer Vision ergeben, die besonders wichtig sei für die moderne
Zeit und die klarer wird, wenn man Ursprung und Entwicklung des Begriffs betrachtet.
24
“Hardhorende paus“, Kommentar in: Tageszeitung NRC Handelsblad, vom 25. März 2010.
25
Wim Deetman, Nel Drayer, Peter Kalbfleisch, Harald Merckelbach, Marit Monteiro & Gerard de
Vries, Seksueel misbruik van minderjarigen in de Rooms-Katholieke Kerk, Amsterdam: Uitgeverij
Balans, 2011, 2 Bnde. Es erschien nicht nur eine wissenschaftliche, sondern auch eine populäre
Ausgabe des Endberichts.
26
Bert Wagendorp, “De paus”, in: Tageszeitung de Volkskrant, vom 27. März 2010.
27
Siehe auch die Homepage www.akademie-wien.at).
28
Dieses Merkmal des Theologie- und Religionsstudiums in Groningen war ein wichtiger Grund
bei der Entscheidung des Frühjahrs 2010, die protestantische theologische Universität
(Protestantse Theologische Universiteit, PThU) die im Auftrag der protestantischen Kirche in den
Niederlanden (Protestantse Kerk in Nederland, PKN) für die Ausbildung der protestantischen
Pfarrer verantwortlich ist, am Anfang des Studienjahres 2012-2013 von den theologischen
Studiengängen in Utrecht, Leiden und Kampen nach Groningen und Amsterdam (Vrije Universiteit)
zu übersiedeln. Die Universitäten in Utrecht und Leiden werden ihre theologische und/oder
religionswissenschaftliche Bachelor- und Masterstudien weiterführen können. Wer jedoch
protestantischer Pfarrer werden möchte soll nach dem Bachelorabschluss der Universität wechseln.
Die Niederlassung der PThU in Kampen wird aufgehoben. Die orthodox-protestantische Universität
der nicht zur PKN gehörenden, erst 1944 gegründeten “Gereformeerde Kerken vrijgemaakt”, bleibt
in Kampen ansässig
29
H.-J. Nannen, “Generation Online – Anforderungen an das Medium der Zukunft”, in: MUT –
Medien und Transformation. Sonderbeilage zu den Medientagen München, 28. – 30.10.09, S. 6.
30
Die Darstellung von Religionen in Schweizer Massenmedien: Zusammenprall der Kulturen oder
Förderung des Dialogs? Schlussbericht. Ein Projekt im Rahmen des Nationalen
Forschungsprogramms “Religionsgemeinschaften, Staat und Gesellschaft (NFP 58)”.
Projektleitung: Prof. Dr. Urs Dahinden, Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur. Weitere
Informationen zum Projekt: http://www.nfp58.ch/d projekte religion.cfm?projekt=63
Im Rahmen dieses NFP-58-Forschungsprojekts entstanden u.a. die folgenden Publikationen:
Carmen Koch, Religion in den Medien. Eine quantitative Inhaltsanalyse von Medien in der
Schweiz, Konstanz: UVK Universitätsverlag Konstanz, 2012; Urs Dahinden & Carmen Koch,
“Mediale Darstellung von Religion aus der Perspektive der Kommunikations- und
Medienwissenschaft”, in: Constanze Jecker (Hrsg.), Religionen im Fernsehen. Fakten Analysen,
Zukunftsperspektiven, Konstanz: UVK Universitätsverlag Konstanz, 2011, S. 99-112; Urs
Dahinden, Carmen Koch, Vinzenz Wyss und Guido Keel, “Representation of Islam and Christianity
in the Swiss media”, in: Journal of Empirical Theology, 24/2011, S. 197-208, und Urs Dahinden &
Vinzenz Wyss, “Spezialisierung im Journalismus”Allgemeiner Trend? Herausforderungen durch
54
das Thema Religion”, in: Beatrice Dornbach & Thorsten Quandt (Hrsg.), Spezialisierung im
Journalismus, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften/GWV Fachverlage GmbH, 2009, S.
123-136.
31
Als Einstieg zu diesem Abschnitt möchte ich die in Kreisen von niederländischen Theologen und
Religionswissenschaftlern meiner Meinung nach relativ unbekannte Zeitschrift Communicatio
Socialis, die “Internationale Zeitschrift für Kommunikation in Religion, Kirche und Gesellschaft”,
wie der Untertitel inzwischen lautet, hervorheben. Sie wurde 1968 in Münster von einem
Dreigestirn, das die Aufmerksamkeit des Zweiten Vatikanischen Konzils für Medienfragen wach
halten möchte, gegründet. Insbesondere beabsichtigten die Gründer-Herausgeber Franz-Josef Eilers,
Karl R. Höller und Michael Schmolke, das Gedankengut des nicht so gelungenen Konzildokuments
Inter Mirifica weiter zu entwickeln. Seit einigen Jahren wird Communicatio Socialis redaktionell
von dem Studiengang Journalistik der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt betreut.
32
Vincent Wyss & G.uido Keel, “Religion surft mit. Journalistische Inszenierungsstrategien zu
religiösen Themen”, in: Communicatio Socialis, 42/2009, S. 351-364.
33
Carmen Koch, “Das Politische dominiert. Wie schweizer Medien über Religionen berichten”, in:
Communicatio Socialis, 49/2009, S. 365-382.
34
Koch, “Das Politische dominiert, ibidem (siehe Anm. 33), S. 369-370.
35
Vgl. Joan Hemels, “Faith and journalism under strain. Some observations with relation to printed
media in the Netherlands”, in: Hans Geybels, Sara Mels & Michel Walrave (eds.), Faith and media.
Analysis of faith and media: representation and communication, Bruxelles/Bern/Berlin/Frankfurt
am Main/New York/Oxford/Wien: P.I.E. Peter Lang, 2009, S. 105-133.
36
Seit März 2007 wurden zwölf amerikanische Zeitungen eingestellt. Siehe: Beate Uerlings,
“Leser verzweifelt gesucht”, in: Rheinische Merkur, vom 5. November 2009.
37
Joan Hemels, “The revival of religion in Dutch journalism. A case study in a multireligious
society”, in: Communicatio Socialis, 40/2007, S. 129-157, und idem, “A Dutch miracle? The
rediscovery of religion by journalists in the Netherlands”, in: Rolfes & Zukowski (eds.),
Communicatio socialis. Challenge of theology and ministry in the Church (siehe Anm. 23), S. 224245.
38
Stephan Russ-Mohl, “Qualität inszenieren. Ein Buch über Anspruch und Wirklichkeit im
Journalismus”, in: Neue Zürcher Zeitung, vom 1. Dezember 2009 (anlässlich: Klaus Arnold,
Qualitätsjournalismus. Die Zeitung und ihr Publikum, Konstanz: UVK Universitätsverlag
Konstanz, 2009.
39
Dane S. Claussen (ed.), Sex, religion, media, New York, NY: Rowman & Littlefield Publishers,
2002.
40
Eric Gormly [Buchbesprechung von Claussen (ed.), siehe Anm. 39], in: Journalism & Mass
Communication Quarterly 79/2002, special issue “Mythology in Journalism”, S. 509-511, hier S.
510.
41
Bericht “Rooms-katholieken kampen met imagoprobleem”, in: Tageszeitung Nederlands
Dagblad (orthodox-protestantisch) vom 11. März 2004 und “RK Kerk kampt met imagoprobleem”,
in: Brabants Dagblad (eine regionale, allgemeine Tageszeitung mit katholischen Wurzeln). Seitdem
blieb das Imageverlust der katholischen Kirche ein Dauerthema in den Medien.
42
Hemels, Geloven in communicatie (siehe Anm. 8), S. 217-247.
43
Birgit Donker, in ihrer wöchentlichen Rubrik “De lezer schrijft over te veel aandacht voor r.k.misbruik. De krant antwoordt”, in: NRC Handelsblad, Beilage “Opinie & Debat” vom 3.-4. April
2010. Die Journalisten Joep Dohmen (NRC Handelsblad) und Robert Chesal (Radio Nederland
Wereldomroep), die sich in den Niederlanden eingehend mit der Missbrauchaffäre beschäftigten,
wurden ausgezeichnet. Sie verteidigten ihre Arbeitsweise öfters: Siehe u.a. das Interview mit Linda
55
Nab, “Spitten in een verborgen geschiedenis”, in: Villamedia, [Fachblatt der niederländischen
Journalisten], 2/2010, Nr. 6 vom 26. März, S. 10-13, und Joep Dohmen, Vrome zondaars. Misbruik
in de Rooms-Katholieke Kerk, Rotterdam: NRC Boeken, 2010.
44
Ein zweites Endbericht der Kommision-Deetman in Bezug zu psychischer und physischer
Gewaltanwendung in Internaten für Jugendliche wird Ende 2012/Anfang 2013 erwartet.
56
Barbara Köpplová, Jan Jirák
3.2. Evaluierungskonzepte und -kurse für
Multimediaprodukte und Bildungsmedien zur historischen,
musischen und künstlerischen Erwachsenenbildung
Die Beurteilung multimedialer, thematisch auf die Bereiche Geschichte,
künstlerisches Schaffen und Kunstwissenschaft ausgerichteter Produkte stellt eine dem
Wesen nach wenig homogene Auflistung von Themen und didaktischen Verfahren dar,
die sich nur schwierig auf einen gemeinsamen sachlichen bzw. inhaltlichen Nenner
bringen lassen. Ein tatsächliches Bindeglied zwischen diesen Themenbereichen gibt es
auf ästhetischer und ethischer Ebene, in Form der Knüpfung von Beziehungen zu
einzelnen Themen und Themenbereichen. Dies geschieht allerdings mit der
Einschränkung, dass das Verhältnis zwischen Ethik und künstlerischem Schaffen
problematisch ist. Bei der Beurteilung eines Kunstwerkes aus ethischer Sicht ist zu
bedenken, dass sich Ethik und Ästhetik auf unterschiedlichen Betrachtungsweisen bzw.
unterschiedlichen Zugängen bewegen. Sie entsprechen einander nicht bzw. berühren
einander nicht zwangsläufig. Wortspielerisch könnte man somit auch sagen, ‚ethische
Aspekte’ sind ‚nichtästhetische Aspekte’ bzw. ‚ästhetische Aspekte’ sind ‚nichtethische
Aspekte’. Somit werden sie als potentiell ‚anorganisch’ wahrgenommen, weil sie
anderen/unterschiedlichen Kriterien folgen: „Die primäre Äußerung ist das eigentliche
Kunstwerk. Es kann in spezifischer Weise ethische Fragen behandeln, allerdings ohne dass
das Kunstwerk durch sie gebunden wäre oder dass sich ihnen weitere Bestandteile des
Werks unterordnen müssten...Es hat also keine primäre Verantwortlichkeit gegenüber der
Geschichte.“ Košnarová 207:100 (gleichzeitig aber gilt, dass „geistige Aktivität unsere
moralischen Unzulänglichkeiten nicht aufwiegt“, Todorov 2000:108-109.). Die Frage ist,
welcher Natur dieses Verhältnis zu den genannten Themen ist und inwieweit es
Gegenstand der Erwachsenenbildung in oben angeführten Bereichen ist bzw. sein sollte.
Dieses Verhältnis hat unserer Meinung nach den Charakter von „Bewusstsein“ in
dem Sinne: Wie wird (im Rahmen der Didaktik des Geschichtsunterrichts) mit dem
„Geschichtsbewusstsein“ umgegangen (siehe z.B. Jeismann 1988 oder im tschechischen
Milieu Beneš 2006). Historisches Bewusstsein ist die gegenwärtige Vorstellung von der
Vergangenheit. Es ist „Geschichtsbewusstsein“ als aktuelles Konstrukt, in das neben dem
gegenwärtigen und didaktisch verarbeiteten Erkenntnisstand eine Reihe weiterer
Faktoren kulturellen, ökonomischen und machtpolitischen Charakters projiziert worden
sind/ eingegangen sind. Die Betonung des historischen Bewusstseins stellt in diesem
Sinne gewissermaßen eine Überwindung der positivistischen Herangehensweise an den
Geschichtsunterricht als einfache wenn auch systematische Art der Auseinandersetzung
1
mit der Vergangenheit dar und verdeutlicht, welche Teile der Vergangenheit heute noch
lebendig sind, auf die heutige Gesellschaft wirken und auch in Zukunft auf sie wirken
können.
So, wie das historische Bewusstsein auf das Verhältnis zur Vergangenheit und ihr
gegenwärtiges Verständnis (und somit auch auf die Verantwortung für Gegenwart und
Zukunft) verweist, können wir in weiteren Gebieten unseres Themenbereichs über
„künstlerisches Bewusstsein“ oder gar „kunstwissenschaftliches Bewusstsein“
nachdenken. Der Vorteil dieser Herangehensweise liegt in der Betonung darauf, sich
Klarheit über das persönliche und gesellschaftliche Verhältnis zum Thema zu
verschaffen, sich also dessen aktuelle Gültigkeit bewusst zu machen. Dieser Ansatz
fördert ein ethisch gestütztes, auf Verantwortungsbewusstsein gegründetes,
Weltbild und wird so zu einem bedeutenden Bestandteil der Erwachsenenbildung und erziehung, der ihnen dabei hilft, sich in der heutigen Welt zu orientieren und ihren Platz
in ihr zu finden. Ziel dieser pädagogischen Einflussnahme sind das Training und die
Stärkung des „Bewusstseins des Bewusstseins“, also der Fähigkeit, sich zur Kompetenz
innerhalb des entsprechenden Themas führende Erkenntnisse und Fähigkeiten nicht nur
anzueignen, sondern das eigene Verhältnis zu Themen geschichtlichen, schöpferischen
und kunstwissenschaftlichen Charakters wahrzunehmen und zu entwickeln.
Wenn wir auf einige - auf unserer Themenbereiche ausgerichtete Multimediaprodukte beurteilen, können wir die Standardkriterien, mit denen sich
solche Produkte beschreiben und bewerten lassen (vergleiche nachfolgend aufgeführte
Anforderungen), um Beurteilungsaspekte bereichern, die zur Stärkung des
„Bewusstseins des Bewusstseins“ beitragen, also wie und inwieweit sie in der Lage sind,
das Verhältnis von Gegenwart und behandeltem Thema näher zu bringen und inwieweit
sie mit dem aktuellen „Bewusstsein“ arbeiten (oder dieses nur widerspiegeln).
Bei der Beurteilung von Bildungsprogrammen oder Unterrichtshilfen, also auch
multimedialer Bildungsprodukte, ist es zweifellos notwendig zu bewerten, wie
zuverlässig sie aus wissenschaftlicher Sicht sind, also inwieweit sie mit belegten Fakten
arbeiten und wie wesentlich diese Fakten sind, um das Thema zu verstehen. Außerdem
ist es notwendig, die didaktische Verarbeitung der Interpretation, die Einbettung der
Erkenntnisse in den Kontext, ggf. die Schlüssigkeit und den inneren Zusammenhalt der
vermittelten Fakten und Fertigkeiten zu beurteilen. Ein bestimmtes Gewicht bei der
Beurteilung hat auch die ästhetische Verarbeitung des Produkts. Und letztlich ist es auch
– besonders bei Multimediaprodukten – wichtig, die Nutzung des multimedialen und
interaktiven Potentials zu bewerten. Diese Standardkriterien für die Beurteilung von
Multimediaprodukten können wir folgendermaßen einteilen:
(a) Pädagogisch-inhaltliche Anforderungen:
2
sachliche Anforderungen wie faktische Richtigkeit, Datenrelevanz …
und ethische Anforderungen wie Beziehung zum Thema, Stärkung des
Verantwortungsbewusstseins ...
(b) Didaktisch-methodische Anforderungen:
didaktische Anforderungen wie Logik der Verarbeitung der Interpretation,
Anschaulichkeit …
(c) Medial-gestalterische Anforderungen:
ästhetische Anforderungen wie: Schönheit der Darstellung, medienspezifisch
zweckentsprechende Gestaltung …
(d) Ergonomisch-technische Anforderungen
technische Anforderungen wie: Benutzerfreundlichkeit, Interaktivität, Ausnutzung des
Potentials der multimedialen Verarbeitung ... .
Anhand dieser Kriterien beurteilen wir im folgenden zwei didaktische
Multimediaprodukte. In beiden Fällen handelt es sich um die Beurteilung von
tschechischsprachig vorliegenden Beispielen. Ihre Primärzielgruppe sind Erwachsene,
insbesondere Geschichtslehrer. Die Hauptfunktion der beiden didaktischen
Multimediaprodukte besteht in der Unterstützung der Lehrer bei ihrer
Unterrichtsvorbereitung und -durchführung. Inhaltliche Grundlagen sind dabei solche
Geschichtsthemen, die in Lehrbüchern weniger Berücksichtigung finden, die
vernachlässigt werden oder aufgrund ihres Neuigkeitsgrades noch nicht in den Büchern
enthalten sind. In unseren Beispielen handelt es sich um folgende für den
Geschichtsunterricht bestimmte didaktische Multimediaprodukte/Multimedia-DVD:
„1968: Zerstörte Hoffnung“ (ÚSTR 2008) und „1989: Der November und wie es dazu kam“
(ÚSTR 2010).
Wir haben diese DVD ausgewählt, weil sie unmittelbar mit der Formung
geschichtlichen Bewusstseins (also faktisch mit der Knüpfung einer ethischen
Beziehung mit der Vergangenheit – in diesem Fall der Sphäre moderner Geschichte
bzw. der Gegenwartsgeschichte zugehörig) verknüpft sind. Herausgeber beider
Medien ist das „Institut zum Studium totalitärer Regime“ – eine 2007 gesetzlich
geschaffene Institution mit der Zielstellung, „die Folgen der Tätigkeit der auf
kommunistischer und nazistischer Ideologie gegründeten Verbrecherorganisationen,
die in den Jahren 1938-1945 und 1948-1989 die Unterdrückung von Menschenrechten
durchsetzten und die Prinzipien eines demokratischen Staates ablehnten, zu
untersuchen und in Erinnerung zu rufen“ (Präambel des Gesetzes 181/2007, siehe
auch http://www.ustrcr.cz/cs/).
Insbesondere „die Folgen in Erinnerung zu rufen“ (vgl. Präambel des Instituts zum
Studium totalitärer Regime) beschäftigt sich diese Einrichtung seit ihrer Gründung
3
nicht nur mit Forschung, sondern gleichzeitig auch mit didaktisch ausgerichteter
Produktion – stark motiviert durch die Aufgabe, Geschichtsbewusstsein auszubilden.
„Wir möchten dabei nicht als verbindliche Autorität auftreten und den Schulen
vorgefertigte Interpretationsmodelle unterschieben. Wir wehren uns gegen die
Politisierung der modernen Geschichte und gegen pathetische Moralisierung. Moderne
Geschichte bieten wir als offenes Problem zur Lösung an. Soll der Unterricht interessant
sein, muss die Vergangenheit pluralistisch als interpretativer Dialog präsentiert
werden“, heißt es in der Web-Präsentation des Instituts
(http://www.ustrcr.cz/cs/vzdelavani).
Die Orientierung auf einen erzieherischen Bildungseffekt projiziert sich auch auf die
Örganisationsstruktur des Instituts, in dem seit 2008 eine „Gruppe Bildung“ tätig ist,
die sich mit der Zusammenarbeit mit Schulen beschäftigt. Sie stellt Lehrern methodische
Unterstützung zur Verfügung, bereitet Materialien und methodische Anregungen vor,
bietet Schulen eine Quellensammlung an, die über die totalitäre Vergangenheit Auskunft
geben. Außerdem organisiert sie Fachseminare und -vorträge in Schulen. “ (siehe auch
http://www.ustrcr.cz/cs/skupina-vzdelavani#priloha3, wo sich auch die
Programmerklärung „Methodologische und theoretische Schwerpunkte der Gruppe
Bildung des ÚSTR“ findet, unter der es einen expliziten Verweis zum geschichtlichen
Bewusstsein gibt: „Soll der Geschichtsunterricht zu einer Kultivierung des
geschichtlichen Bewusstseins und zu einer Gedächtniskontinuität führen, muss er sich
auch auf eine theoretische Eingrenzung dieser Begriffe stützen. Wir bekennen uns zum
Modell des kollektiven Gedächtnisses des französischen Soziologen Maurice
Halbwachs“).
Erstes Beispiel: „1968: Zerstörte Hoffnung“
Das Multimedia-Bildungsprodukt „1968: Zerstörte Hoffnung“ befasst sich mit der
Thematik des Prager Frühlings 1968 und arbeitet zur Interpretation dieser Zeit vor
allem mit dem Medium Film. Es handelt sich um eine Doppel-DVD: der eigentlichen
multimedialen Unterrichts-DVD sowie einer Bonus-DVD, auf der sich zeitgenössisches
Filmmaterial befindet. Das Produkt ist als Lehrhilfe für den Geschichtsunterricht
gedacht und bildet eine komplexe Materialsammlung mit kostenfreiem
Webseitenzugang des Instituts.
Das allgemeine Bildungsanliegen der DVD richtet sich auf „die Entwicklung kritischen
Denkens, die Fähigkeit, reale und fiktive Geschichte unterscheiden und Manipulation
erkennen zu können“ (in dieser Sicht befasst sich die DVD eher mit medialer Erziehung
als mit Geschichte, so, wie diese beiden Bildungsbereiche in der grundlegenden
Dokumentation des Bildungsplans definiert sind, siehe www.rvp.cz).
Die eigentliche DVD ermöglicht mittels ausgewählter zeitgenössischer Film- und
Fernsehaufnahmen, die politischen und gesellschaftlichen Voraussetzungen des Prager
Frühlings, dessen Hauptprotagonisten und die Haltung der tschechoslowakischen
Öffentlichkeit kennenzulernen und zu erfahren, wie die Weltöffentlichkeit die
Entwicklung in der Tschechoslowakei wahrnahm - vom Einmarsch der Truppen des
Warschauer Vertrags in der ČSSR im August 1968 bis zum Ausklang des Prager
Frühlings und der weiteren Entwicklung Anfang der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts.
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Bewertung nach einzelnen Kriterien:
(a) Pädagogisch-inhaltliche Anforderungen
sachliche Anforderungen wie faktische Richtigkeit, Datenrelevanz … und
ethische Anforderungen wie Beziehung zum Thema, Stärkung des
Verantwortungsbewusstseins ...
Die Zusammenfassung der Hauptereignisse und -akteure des beobachteten
Zeitraums bietet unverfälschte Fakten, die sachlich und überlegt aufgenommen worden
sind.
Die DVD beinhaltet die Themenkreise:
1. Prolog des Prager Frühlings,
2. Akteure und ihre Ziele,
3. Öffentliche Meinung,
4. Blick von außen,
5. Invasion,
6. Beginn der Normalisierung.
Jeder Themenkreis enthält verschiedenes Material zum didaktischen Gebrauch. Dabei
handelt es sich beispielsweise um Ausschnitte aus zeitgenössischen Filmen oder aus der
Fernsehpublizistik, aber auch um direkt verwendbare Präsentationen. Die Bandbreite
besitzt selektiven Charakter. Das zeigt sich unter anderem darin, dass sich der Teil „Sicht
von außen“ ausschließlich auf eine Auswahl von Auffassungen mit Betonung auf die
Reaktion der UDSSR beschränkt, währenddem ein großer Teil Europas, in dem der
Prager Frühling Widerhall fand, übersehen wird und eine systematischere Auslegung
vermissen lässt.
Die Auswahl der Ausschnitte, insbesondere Ton und Inhalt der Präsentationen, deutet
auf einen Hang der Autoren zu einer Interpretation des Prager Frühlings, die sich am
stärksten in der neoliberal gestimmten Publikationsproduktion nach 1989 durchsetzt
und sich auf die Annahme stützt, dass es vor allem um eine Entwicklung innerhalb der
KSČ ging, die sich lediglich mit der Unzufriedenheit in der Gesellschaft überschnitt
(siehe z.B. die Präsentation zum Thema Prolog des Prager Frühlings mit dem Titel
Anfänge eines Erneuerungsprozesses, in der unter anderem die Situation um das JanuarPlenum des ZK der KSČ und das Verhältnis seiner Mitglieder zum damaligen
Staatspräsidenten und höchsten Repräsentanten der KSČ mit folgenden Worten
charakterisiert wird: „Novotnýs Gegner waren in der Mehrheit, die Gruppe an sich war
aber inhomogen“).
Trotz des deklarierten Ziels, „zur Entwicklung kritischen Denkens, zur Fähigkeit, reales
und fiktives Geschehen unterscheiden und Manipulation erkennen zu können, beizutragen“,
hat die eingleisige Ausrichtung des Multimediaprojekts eher autoritären Charakter 5
weder seine (fast nicht existente) Struktur noch das interaktive Angebot regen zu
selbstständigem Nachdenken über die Vergangenheit oder zur Suche nach dem
gegenwärtigen Verhältnis zum Prager Frühling 1968 an. Das in der Realität vorhandene
Geschichtsbewusstsein bewertet man hier eher als uneingestandenen
Interpretationsrahmen, anstatt es als Problem des Verhältnisses zwischen Gegenwart
und Vergangenheit zu thematisieren.
(b) Didaktisch-methodische Anforderungen: didaktische Anforderungen wie Logik der
Verarbeitung der Interpretation, Anschaulichkeit, Interaktivität
Das Material ist sehr übersichtlich und sparsam verarbeitet worden. Es stellt allerdings
keine geschlossene, mit einer logischen Struktur unterlegte Interpretation dar, sondern
eher eine Sammlung locker verknüpfter Unterthemen. Einen gewissen Halt bieten die
auf den Webseiten des Instituts zugänglichen Methodischen Blätter und Materialien.
Problematisch sind auf der anderen Seite vorgefertigte Präsentationen. Bei diesen
kommt erschwerend das völlige Fehlen von Verweisen auf anderes auf der DVD
befindliches Material hinzu.
Das Multimediaprojekt bietet eine nur sehr beschränkte Interaktivität, gibt keinerlei
Feedback und ist vor allem ein digitalisiertes Archiv für den Lehrer, keinesfalls ein
wirkliches multimediales Bildungsprojekt.
(c) Medial-gestalterische Anforderungen:
ästhetische Anforderungen wie: Schönheit der Darstellung, medienspezifisch
zweckentsprechende Gestaltung …
Von ästhetischer Seite ist das Multimediaprojekt nüchtern, ruhig und geschmackvoll
gestaltet.
(d) Ergonomisch-technische Anforderungen
technische Anforderungen wie: Benutzerfreundlichkeit, Interaktivität, Ausnutzung des
Potentials der multimedialen Verarbeitung ... .
Das multimediale Bildungsprojekt ist übersichtlich in drei Ebenen strukturiert. von der
Einführungsebene gelangt man unter anderem zum Hauptmenü und zum
Inhaltsverzeichnis. Von dort aus kann man konkretes Material auswählen sowie in Form
einer inhaltlichen Zusammenfassung (eigentlich eine PPT-Präsentation) und weiter zu
Filmausschnitten oder zu Verweisen auf Begleitmaterial (Methodische Blätter) gelangen.
Die Unterrichts-DVD ist über einen Link mit der Webseite des „Instituts zum Studium
totalitärer Regime“ verbunden (http://www.ustrcr.cz/cs/srpen-1968) und weist in
6
ihrer Einführung darauf hin, dass auf eben jener Internetseite methodische Blätter zur
Verfügung stehen. Die Seite bietet allerdings nur weitere zeitgenössische und der
Übersicht dienende Materialien (z.B. eine Chronologie der Ereignisse des 20. und 21.
August), keinesfalls aber didaktische und methodische Unterstützung für Lehrer. Diese
müssen sich so vor allem mit kurz gefassten methodischen Inspirationen begnügen, die
den zeitgenössischen Ausschnitten auf der eigentlichen DVD bzw. als PDF-Dateien unter
F:\methodischeBlätter beigefügt sind. So enthält beispielsweise das methodische Blatt
zum Unterthema Novotný nach seinem Fall (F:\methodischeBlätter\01-Prolog-PragerFrühling\0104.pdf) neben der Annotation eigene Filmausschnitte (Präsidentenwahl im
März 1968) und auch „methodische Anregungen“ mit Fragen, die der Lehrer nach
Vorführung der Ausschnitte vorbringen kann. Dazu gehören auch die „richtigen
Antworten“. Die Fragen sind dabei leider unpädagogisch trivial und zielen auf
Nebensächlichkeiten ab, z. B.: „Wie bewerten Sie Novotnýs Auftritt vor der Kamera? Was
sagt dies über ihn aus?“ Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass die „richtigen Antworten“
ein ähnlich trivialisierendes und grundsätzlich für die Entwicklung des
Geschichtsbewusstseins der Schüler nebensächliches, vielleicht sogar
kontraproduktives Niveau aufweisen. Im beobachteten Beispiel sieht die Antwort, zu der
die Schüler kommen sollen, folgendermaßen aus: „Novotný ist unsicher und verlegen,
man kann sehen, dass er sich ganz bestimmt nicht an die Kamera gewöhnt hat und sie ihm
fremd ist. Novotný war ein typischer Apparatschik ohne Charisma, der in der Öffentlichkeit
prinzipiell nur Phrasen drosch und eines wirklichen, unmittelbaren Kontakts mit der
Öffentlichkeit unfähig war. Im Filmausschnitt wirkt er eher wie ein verlegener Onkel vom
Lande als ein ehemaliges Staatsoberhaupt.“ Der didaktische Primitivismus vorgefertigter
Antworten und die naive Bewertung Novotnýs („verlegener Onkel vom Lande“) belegen
das niedrige Niveau der didaktischen Verarbeitung des Themas.
(e) ethisch (Verhältnis zum Thema, Stärkung des Verantwortungsbewusstseins
Trotz des deklarierten Ziels „zur Entwicklung kritischen Denkens, zur
Unterscheidungsfähigkeit zwischen realem und fiktivem Geschehen und zur Erkennung von
Manipulation beizutragen“, hat die Eingleisigkeit des multimedialen Projekts eher
autoritären Charakter, weder (die praktisch nicht vorhandene) Struktur noch das
Interaktivitätsangebot regen zu selbstständigem Nachdenken über die Vergangenheit
oder zur Suche nach dem gegenwärtigen Verhältnis zum Prager Frühling von 1968 an.
Anstatt das Problem des Verhältnisses von Gegenwart und Vergangenheit zu
thematisieren, wird hier eher existierendes Geschichtsbewusstsein als ein nicht
eingestandener Auslegungsrahmen untergeschoben.
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Sehr problematisch ist die Knappheit der methodischen Blätter und ihre Verbindung mit
den Ausschnitten. Beispielsweise zum Thema Anfänge der Normalisierung (also zur
Entwicklung nach 1968 und der Militärinvasion der Warschauer Vertragsstaaten in der
Tschechoslowakei) wird als Beispiel des propagandistischen Kampfes gegen die
Protagonisten ein mehrere Sekunden langer Auftritt des Fernsehmoderators Miloš
Frýba mit dem Titel Frýbas Fehleinschätzung angeführt. Das methodische Blatt führt
dazu an: „Schon im August 1968 kam es zur Gründung des Presse- und Informationsamts,
das faktisch eine Zensurfunktion ausübte, während des Herbstes und des Winters
verstärkte sich der Druck des Staates auf die Unabhängigkeit des Fernsehens. Im Frühjahr
1969 geriet das Fernsehen endgültig unter die Kontrolle der Normalisierer, vor allem dank
zahlreicher personeller Säuberungen. Ab August 1969 begannen Sendungen aufzutauchen,
die Falschinformationen über den Prager Frühling verbreiteten. Bei den meisten führte
Miroslav Hladký Regie. Der Film Der 17.November und die studentische Gegenwart zielt
auf die Diskreditierung der Studentenbewegung der Jahre 1967-1969 ab. In der Einleitung
wird der Jahrestag der Schließung der Hochschulen im Herbst 1939 verwendet
(missbraucht), aber die meiste Zeit ist der Fehleinschätzung der Studentenbewegung
gewidmet. Der Erneuerungsprozess wird hier konsequent als Verschwörung
machthungriger Karrieristen dargestellt.“ Auf die Frage „Wie wird die jüngere
Vergangenheit eingeschätzt?“ heißt es: „Krisensituation. Massenpsychose und Wecken
nationalistischer Emotionen. Bereits hier in der Einführung wird ein Motiv angedeutet, das
sich dann durch den ganzen „Dokumentarfilm“ zieht. Nämlich, dass eine Abweichung von
der „richtigen Linie“ in gewisser Weise verrückt und anormal ist. Hinter all dieser Torheit
stehen dann „die Feinde des Sozialismus“. Den eigentlichen Dokumentarfilm des
Regisseurs M.Hladký, aus dem der Ausschnitt stammt, findet man aber nicht, auch nicht
auf der Bonus-DVD, die Bestandteil des ganzen Sets ist.
Zweites Beispiel: 1989: Der November und wie es dazu kam
Multimediales Bildungsprodukt 1989: Der November und wie es dazu kam befasst
sich mit den Geschehnissen im Herbst 1989 in der ehemaligen Tschechoslowakei, die
sich im Kontext des Endes des Kalten Krieges und dem Zerfall der bipolaren Welt
abspielten. Das Produkt ist als Hilfe für Lehrer im Geschichtsunterricht gedacht und
bildet eine Sammlung von Material an, die frei auf den Webseiten des Instituts zum
Studium totalitärer Regime und des Instituts für zeitgenössische Geschichte AV ČR
zugänglich ist und auf die auch als Quelle für weitere bei der pädagogischen Arbeit
verwendbare Materialien verwiesen wird. (http://www.ustrcr.cz/cs/listopad-1989,
8
http://www.czechoslovakia1989.cz/). Im Gegensatz zur Multimedia-DVD zum Jahre
1968 ist für dieses Produkt kein allgemeines Bildungsziel festgesetzt worden, es wird
vor allem als Datenbank mit Bild- und Filmmaterial deklariert. In der Einführung wird
direkt gesagt, dass „es sich um eine Datenbank geeigneter Sequenzen handelt, die Sie nach
eigener Erwägung und ganz nach Belieben benutzen können“.
Die eigentliche DVD ermöglicht es, mithilfe ausgewählter zeitgenössischer Filmund Fernsehaufnahmen ausgewählte politische und gesellschaftliche Aspekte des
Herbstes 1989 zu beleuchten, und zwar vor allem anhand von Resonanzen des Jahres
1968 (etwas tendenziös als „Schatten von achtundsechzig“ bezeichnet), der
Umbauphase als Ausgangskontext für die Änderungen, der politischen und kulturellen
Opposition und Beispielen, wie es bei Demonstrationen zuging, dem damaligen
Verhältnis von Kultur und Politik, dem Verlauf der eigenen gesellschaftlichen
Veränderungen mit Andeutung der Entwicklung der Ereignisse in ausgewählten
weiteren Ländern (Polen, DDR, Ungarn, Rumänien).
(a) Pädagogisch-inhaltliche Anforderungen: sachliche Anforderungen wie faktische
Richtigkeit, Datenrelevanz … und ethische Anforderungen wie Beziehung zum Thema,
Stärkung des Verantwortungsbewusstseins ...
Die DVD besteht aus sieben in sich geschlossenen Einzelthemen mit den Titeln:
1. Der Schatten von 1968,
2. Umbau- Versuch einer Veränderung(?),
3. Opposition,
4. Demonstration,
5. Kultur und Politik,
6. Revolution und
7. Blick zu den Nachbarn.
Die einzelnen Teile (Kapitel) werden durch einen kurzen Erklärungstext eingeführt und
sind in Unterkapitel strukturiert. Diese Untertitel entfallen bei den Kapiteln „Kultur und
Politik“ und „Blick zu den Nachbarn“. Die Einführungstexte bieten eine grundlegende
Charakterisierung der Themen und sollen eine Art Vorzeichen für das zeitgenössische
Material darstellen. Das Kapitel „Opposition“ wird zudem noch um den Abschnitt „Arbeit
mit dem Text“ ergänzt. Er konzentriert sich auf die Darstellung der Oppositionsgruppe
Tschechische Kinder in der zeitgenössischen Presse.
Das beurteilte Multimediaprodukt bietet eine Menge inspirativen Materials, bewegt sich
aber gewissermaßen zu sehr auf einer „Metastudienebene“. Zum Beispiel im Abschnitt
„Schatten von achtundsechzig“, der sich doch mehr dem Einfluss des Prager Frühlings
9
von 1968 auf die Geschehnisse vom Herbst 1989 widmen sollte, finden sich als
Materialien fast ausschließlich „Reflexionen“ von Protagonisten, die am Geschehen 1989
nicht teilnahmen, da sie in der Emigration waren (Jiří Hochman, Jiří Pelikán a Josef
Škvorecký).
Begleittexte sind stellenweise nicht in der Lage, eine allzu expressive Formulierung zu
vermeiden (über das Dokument Belehrung zur Krisenentwicklung: „Die Belehrung stellte
einen verbindlichen Katechismus der Normalisierungszeit dar“).
Die Auslegung ist notorisch unausgewogen und leidet darunter, dass sie kein
ganzheitliches Bild zeichnet. So bieten die Ausführungen über die Opposition zum
Beispiel eine eigenständige interpretative Präsentation über die monarchistische
Bewegung „Tschechische Kinder“, einschließlich von Beispielen aus der
zeitgenössischen Presse, ohne dabei eine Erklärung der realen Stellung der Bewegung in
der tschechischen/slowakischen Gesellschaft und innerhalb der
Oppositionsbewegungen zu liefern.
Das Produkt weist einige elementare Unstimmigkeiten sachlicher Art auf. So enthält
beispielsweise der Abschnitt „Blick zu den Nachbarn“ Material über Rumänien, das kein
Nachbarstaat der ehemaligen Tschechoslowakei war.
Das Multimediaprojekt ähnelt aufgrund seines „Angebotscharakters“, der in
kommunikativer Hinsicht sehr eintönig und nicht interaktiv ist, eher einer autoritären,
mittels des Angebots an authentischem Material zur Unterrichtsverwendung
objektivierten Interpretation. Weder die Materialstruktur noch das angebotene Material
regen zum selbstständigen Nachdenken über die Vergangenheit an und zur Suche nach
dem gegenwärtigen Verhältnis zum November 1989. Das existierende
Geschichtsbewusstsein bewertet man hier eher als uneingestandenen
Interpretationsrahmen, anstatt es als Problem des Verhältnisses zwischen Gegenwart
und Vergangenheit zu thematisieren.
(b) Didaktisch-methodische Anforderungen: didaktische Anforderungen wie Logik der
Verarbeitung der Interpretation, Anschaulichkeit …
Sachlich problematisch ist die Vermischung zeitgenössischen und retrospektivischen
Materials ohne jegliche Erklärung. Das wird beispielsweise im Spielszenenausschnitt
„Nomenklatur-Kontrolle“ von Regisseur Fero Fenič aus dem Jahre 1990 deutlich, der im
Abschnitt „Umbau- Versuch einer Veränderung(?)“ die Parteifunktionärsmacht
veranschaulicht.
Das beurteilte Multimediaprodukt resigniert zwar programmatisch vor der Abgabe
einer ganzheitlichen Interpretation (vgl. vorausgegangene Ausführungen). Dabei ist es
jedoch zweifellos von einem klaren, wenn auch nicht deklarierten
Interpretationsrahmen unterlegt, was deutlich sein didaktisches Potential schwächt. Das
10
angebotene Material ist ohne einen erklärenden Auswahlschlüssel zusammengestellt
worden. Weder die „Methodischen Blätter“ noch die vorgefertigten Präsentationen (bei
denen das völlige Fehlen von Verweisen auf die übrigen, sich auf der DVD befindlichen,
Materialien erschwerend hinzukommt) bieten dem Nutzer eine große Unterstützung
Die Verwendbarkeit der Hilfsmittel wird nicht nur durch einen unklar definierten
Interpretationsrahmen erschwert, sondern auch durch die nicht sonderlich hohe
Qualität der didaktischen Verarbeitung der einführenden Auslegungen. Diese sind von
überflüssigen und im Falle der Verwendung in der Schule kontraproduktiven
akademischen Begriffen durchsetzt. Das verringert die Textverständlichkeit. Dies gilt
beispielsweise für die Einführung zum Kapitel „Der Schatten von 1968“ mit dem Titel
„Das Jahr 1968 und die Kraft der Normalisierung“, in dem sich sachlich sicher akzeptable
Formulierungen des Typs „Die verbindliche Interpretation des Prager Frühlings und des
nachfolgenden Konsolidierungsprozesses stellte einen imaginären Konflikt des
Normalisierungsdiskurses dar“ oder „Die aus der krisenhaften Entwicklung mittels
detaillierter Analyse des Verlaufs der Kontrarevolution gezogene Lehre wurde unter
anderem durch einen normativen Katalog gesellschaftlicher Werte definiert, der den
öffentlichen Raum der Normalisierung durchzog und sich im gesamten gesellschaftlichen
Geschehen widerspiegelte“ (Die Lehre aus der krisenhaften Entwicklung war ein im Jahre
1970 vom ZK der KSČ genehmigtes Dokument, in dem die offizielle Interpretation des
Geschehens des Prager Frühlings formuliert wurde).
Das Materialangebot ist ohne einen erklärenden Auswahlschlüssel zusammengestellt
worden, sodass auch die methodischen Blätter oder die vorgefertigten Präsentationen
(bei denen zudem die gänzliche Abwesenheit von Verweisen auf anderes Material der
DVD zu beanstanden ist) kaum weiterhelfen.
Die Einführungen kommen auch nicht ohne – wenngleich effektvolle – Urteile des Typs
„Die Unfähigkeit zur Änderung symbolisierte die Machtlosigkeit der Alten“ aus
(Einführungstext zum Kapitel Umbau).
Problematisch bleiben das didaktische und methodische Niveau der methodischen
Blätter, da ihre Autoren hier erneut versuchen, nach der Methode vorgeschlagener
Fragen und vorweggenommener möglicher Antworten (laut deren Diktion
„Modellantworten“) vorzugehen. So bieten sie beispielsweise im Abschnitt „UmbauVersuch einer Veränderung(?)“ den bereits erwähnten Ausschnitt „Nomenklatur –
Kontrolle“ und dazu die Fragen „Was sagt diese Szene aus? Was meinen Sie, wurde der
Fahrer bestraft?“ mit Modellantworten „Die Nomenklatur hatte in der Gesellschaft
außerordentliche Privilegien. Ihre Macht reichte jedoch weit über die formalen
Beschränkungen hinaus.
11
Die informelle Autorität, über die ihre Angehörigen verfügten, machte sie zu
regelrechten Eigentümern des Staates, einschließlich dessen offizieller Repräsentanten.“
auf die erste Frage und: „Im Film wird es zwar nicht ausdrücklich erwähnt, aber aus der
nachfolgenden Szene geht hervor, dass er nicht bestraft wurde“.
(c) Medial-gestalterische Anforderungen:
ästhetische Anforderungen wie: Schönheit der Darstellung, medienspezifisch
zweckentsprechende Gestaltung …
Die ästhetische Verarbeitung des Multimediaprojekts ist nüchtern, ruhig und
geschmackvoll. Auf olivgrünem Hintergrund werden in den einzelnen Ebenen die Menüs
Kapitel und Unterkapitel angeboten. Hypertext-Links sind intuitiv eingearbeitet.
(d) Ergonomisch-technische Anforderungen: technische Anforderungen wie:
Benutzerfreundlichkeit, Interaktivität, Ausnutzung des Potentials der multimedialen
Verarbeitung ... .
Das multimediale Bildungsprojekt ist übersichtlich in drei Ebenen strukturiert: Der
Einführungsebene, von der man unter anderem zum Hauptmenü und zum
Inhaltsverzeichnis gelangen kann. Von dort aus kann man konkretes Material
auswählen, und zwar in Form einer inhaltlichen Zusammenfassung (eigentlich eine PPTPräsentation), und weiter zu Filmausschnitten oder zu Verweisen auf Begleitmaterial
(„Methodische Blätter“) gelangen.
Das Multimediaprojekt bietet nur eine sehr beschränkte Interaktivität. Es gibt keinerlei
Feedback. Zudem ist vor allem ein digitalisiertes Archiv für den Lehrer keinesfalls ein
wirkliches multimediales Bildungsprojekt.
Schlussfolgerung
Die Autoren der beiden beurteilten didaktischen Multimediapodukte in Form von
Bildungs-DVD stellenfest, dass „im tschechischen Milieu das Verhältnis zwischen
Geschichtswissenschaften und ihrer didaktischen Applikation traditionell als
problematisch wahrgenommen wird. Diese Beurteilung geht allerdings von der Geschichte
als Unterrichtsfach aus, in dem den Lehrern die Rolle derjenigen zukommt, die die
Erkenntnisse der Wissenschaft popularisieren (also vereinfachen), die Schüler sollen dann
nachfolgend eine extensiv auf Fakten basierende Vergangenheitsinterpretation
12
wiedergeben, die ihnen von Lehrern und Lehrbüchern geboten wird. Sofern wir Geschichte
als interpretatives Fach wahrnehmen, bedeutet dies eine grundlegende Transformation
der Rollen von Lehrern und Schülern.“ (http://www.ustrcr.cz/cs/skupinavzdelavani#priloha3). Öbwohl man sich der Notwendigkeit einer „Transformation der
Rollen von Lehrern und Schülern“ bewusst ist, bleibt man hier aber vor allem beim
Konzept von Geschichte als Unterrichtsfach – auch, wenn man sich zumindest formal
davon distanziert. Die beurteilten DVDs bieten faktisch keine Unterlagen zum
Kennenlernen, zur Analyse und zur Interpretation des Verhältnisses zu den betreffenden
Geschichtsereignissen, also zur Thematisierung geschichtlichen Bewusstseins, sondern
sind deren uneingestandene Träger.
Literatur:
Beneš, Zdeněk: Současný školní dějepis – koncepty, možnosti, nebezpečí. In: Historie a
škola III, Praha: MŠMT ČR 2006, s. 27-39.
Jeismann, Karl-Ernst: Geschichtsbewusstsein als zentrale Kategorie der
Geschichtsdidaktik. In Geschichtsbewusstsein und historisch-politisches Lernen. Hrsg. G.
Schneider. Pfaffenweiler: Centaurs-Verlagsgesellschaft 1988., s. 1 – 24.
Košnarová, Veronika: Český intelektuál druhé poloviny dvacátého století: otázky etiky
života a etiky tvorby. Acta universitatis Palackianae olomucensis, Facultas philosophica
moravica 5/2007, s. 97-104
Stradling, Robert: Jak učit dějiny 20. století. Praha : MŠMT 2003
Todorov, Tzvetan: V mezní situaci. Praha, Mladá fronta 2000
Gesetz 181 vom 8. Juni 2007 über das Institut zum Studium totalitärer Regime und über
das Archiv der Sicherheitskräfte und über die Änderungen einiger Gesetze. Voller Wortlaut
zugänglich unter http://www.ustrcr.cz/data/pdf/zakon181_07.pdf (19. 11. 2011)
Quellen:
1968: Zmařené naděje. Praha: ÚSTR 2008
1989: listopad a cesta k němu. Praha: ÚSTR 2010
13
Ute Szudra
3.3. Evaluierungskonzepte und -kurse für
Blended-Learning-Programme für ethische
Erwachsenenbildung
Kursbeispiel „Kulturelle Identität und interkulturelle Verständigung“
Der Themenbereich „Kulturelle Identität und interkulturelle Verständigung“ beschäftigt sich mit
einer aktuellen Problematik und unterbreitet Programmvorschläge für die allgemeine
Weiterbildung, die didaktische Multimediaprodukte einschließen.
Es sollen solche Lernziele der Weiterbildung unterstützt werden wie Auseinandersetzung mit
eigenen kulturellen Vorstellungen - um sich ihrer bewusst(er) zu werden, sie gegebenenfalls zu
akzentuieren, sie zu festigen oder möglicherweise auch zu revidieren bzw. sie auch erst zu
finden und sie bewusst zu leben.
Ethische Prämissen bilden dabei der Erwerb von Wissen über die eigene Kultur und über andere
Kulturen zur Vertiefung, Entwicklung oder Festigung von Verständigungsbereitschaft,
Verständigungswillen und entsprechendem Handeln. Auseinandersetzung, Wissen um die
eigene Kultur und fremde Kulturen bilden die Basis für solche Einstellungen und Haltungen wie
Achtung der eigenen und fremder Kulturen. Abgrenzung oder begründete Ablehnung, die aus
humanistischen Gründen erforderlich sind, gehören durchaus dazu. Kultur und kulturelle
Identität gründen auf historisch gewachsener und eigens vorgenommener Zugehörigkeit eines
Menschen zu einer Kultur oder einem Kulturkreis. Identität ist dabei sowohl bewusste wie auch
unbewusste Annahme von Kultur und daraus resultierende Kulturzugehörigkeit. Kulturelle
Identität ist wertmäßige Verbundenheit und Verpflichtung. Menschliche Existenz und
Zugehörigkeit zu bestimmten Kulturen und Kulturkreisen setzen einen vernunftbegabten
Umgang mit der eigenen und den verständnisvollen Umgang mit anderen Kulturen voraus. Sie
werten Kulturenkoexistenz als eine wesentliche Grundlage friedvollen Miteinanderlebens.
Kultur als Gesamtheit der geistigen und künstlerischen Lebensäußerungen einer Gemeinschaft,
als Identifizierungs- und Kommunikationsbasis, geprägt durch Zeit, Gesellschaft, ethnische
Gruppierungen etc. ist wie alles mit der menschlichen Gesellschaft und dem Individuum im
Zusammenhang Stehende der Entwicklung und dem Wandel unterworfen.
Das Projekt zur ethischen Weiterbildung schließt somit die Beschäftigung mit solchen
Phänomenen wie allmähliche Kulturveränderung eines Volkes oder einer Gruppe unter dem
Einfluss eigener und fremder Kulturen ein. Im Allgemeinen werden Teile von fremden Kulturen
dann übernommen, wenn sie sich in die eigene Kultur einfügen lassen. Dies führt zu
Abwandlungen bzw. gehen diese damit einher. Kulturwandel ist eine Entwicklungserscheinung
neben Neuschöpfung.
1
Kulturelle Identifizierung erfolgt bewusst und unbewusst. Interkulturelle Verständigung
existiert als Phänomen zwischen den Kulturen. Gleichzeitig ist interkulturelle Verständigung
eine zwischenmenschliche Verständigung, da Individuum und Gesellschaft als Kulturträger
auftreten. Verständigungsbereitschaft und entsprechende Handlungskompetenzen fördern
Identität und Verständigung, wobei im Projektverständnis ethnozentristische Denkweisen
abzulehnen sind. Kulturelle Identität und interkulturelle Verständigung beruhen auf
Unterschieden und Gemeinsamkeiten, wobei im Finden von Gemeinsamkeiten und dem
Zusammentreffen mit dem vermeintlich Fremden, die Zugehörigkeit zu einem Volk/einer
Gruppe erfahrbar wird.
Der Themenbereich „Kulturelle Identität und interkulturelle Verständigung“ orientiert sich an
der bzw. richtet sich auf die Vision eines geeinten Europa und einer damit verbundenen
Identitätserweiterung. Der Akzent liegt somit auf einem starken Europa mit selbstbewussten
Nationen, wobei die kulturellen Identitäten wesentlich auf der Muttersprache beruhen.
Interkulturelle Verständigung sieht in ihrer Muttersprache für die psychosoziale und kognitive
Entwicklung, betont und fordert jedoch gleichzeitig Zwei- oder Mehrsprachigkeit.
2008 ist gemäß einer Entscheidung des Europäischen Parlaments das Jahr des „Interkulturellen
Dialogs“, also des Dialogs zwischen den Kulturen, um die Bürger in Europa für dieses Thema zu
sensibilisieren und ihnen immer mehr zu ermöglichen:
die ständig wachsende offenere und komplexere Umgebung zu meistern
sich in einem offeneren aber auch komplexeren Umfeld zurecht zu finden
mit
auftretenden
Schwierigkeiten
und
Spannungen
umzugehen
und
- um die Chancen zu nutzen, die eine von Diversität geprägte dynamische Gesellschaft sowohl
innerhalb wie auch außerhalb des eigenen Landes und Europas bietet.
Nicht nur die Begründung der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2006 für 2008,
sondern weitgehende Erfahrungen und Erkenntnisse zeigen, dass zwischen dem
interkulturellen Dialog und dem wichtigsten Ziel des europäischen Einigungsprozesses –
nämlich: die Völker Europas zusammen zu führen ein enger Zusammenhang besteht.
Angesichts zunehmend multikulturell geprägter (europäischer) Gesellschaften
gewinnen die Entwicklung interkultureller Kompetenzen und der darauf beruhende
interkulturelle Dialog immer mehr an Bedeutung. Was liegt demnach für ein BlendedLearning-Projekt zu Ethik näher, als unter Einbindung von Multimedia einen wenngleich zugegebenermaßen kleinen - Beitrag dazu zu leisten, aktive
unvoreingenommene und weltoffene Unionsbürgerschaft zu entwickeln, die kulturelle
Vielfalt respektiert und auf gemeinsamen Werten gründet.
Dabei befindet sich die Entfaltung der Kulturen der einzelnen Länder unter Wahrung ihrer
nationalen und regionalen Vielfalt in dialektischer Einheit bei gleichzeitiger Hervorhebung des
gemeinsamen kulturellen Erbes.
Als Herzstück der europäischen Integration bietet der interkulturelle Dialog ein Instrument für
den Umgang mit der komplexen Realität unserer Gesellschaften und deren Dynamisierung.
Objektiv bedeutet „Dialog der Kulturen“ nicht den Austausch zwischen Mächtigen und
2
Machtlosen und sollte auch nicht kulturellen Hochmut einer Seite oder Mischung von
Bewunderung und trotziger Feindseligkeit auf der anderen Seite bedeuten.
Wenn der interkulturelle Dialog ein Instrument für den Umgang mit der komplexen
Realität unserer Gesellschaften und deren Dynamisierung darstellt, dann sollte - besser
gesagt: muss - jeder Bürger auch in der Lage und befähigt sein, sich aktiv an ihm zu
beteiligen. Das wiederum setzt neben entsprechenden Einstellungen und Haltungen
lebenslanges Lernen voraus.
Ein u.a. zum Themenbereich „Kulturelle Identität und interkulturelle Verständigung“
konzipiertes Weiterbildungsprogramm (es handelt sich wie bereits a.a.O. beispielhaft aufgeführt
um eine Programmreihe) trägt den Titel „Miteinander leben, einander verstehen, einander
zuhören – die fünf Weltreligionen“. Hier wird zu jeder Weltreligion ein Blended-LearningProgramm vorgelegt. Das bedeutet, es ist je ein in sich geschlossenes und gleichzeitig offenes
Weiterbildungsprogramm für die fünf Weltreligionen: Christentum, Islam, Buddhismus,
Hinduismus und Judentum sowie ergänzend/zusammenfassend zu einem vergleichenden Kurs
erarbeitet worden.
Anliegen dieser Veranstaltungsreihe sind zum einen Wissensvermittlung über die
Weltreligionen und gleichermaßen Einstellungsbildung wie Achtung und Anerkennung der
Existenz und friedfertigen Koexistenz unterschiedlicher Religionen. Es geht um Aneignung von
Wissen, mittelbaren Erfahrungserwerb und Verständnis - didaktisch-methodisch gegliedert
angeboten in/mit Präsenz- und E-Learningphasen.
„Eröffnet“ wird die Veranstaltungsreihe mit dem Kurs zum Christentum, das mit über 2,1
Milliarden Anhängern derzeit die „größte“ Religion (vor dem Islam) bildet. In diesem Kurs geht
es wesentlich auch um die Beschäftigung mit dem christlichen Wertekanon und damit um die
10 Gebote als Zusammenstellung von Grundregeln menschlichen Verhaltens, die im Judentum
und Christentum zentrale Gebote und verbindliche Handlungsanleitungen des Gottes Israels
für das Verhalten ihm gegenüber und für das Zusammenleben der Menschen gelten.
Aus multimedialer Sicht empfiehlt sich dabei der Einsatz der DVD „Unsere 10 Gebote“ aber auch
von solchen Multimediaprodukten wie DVD-educativ „Luther“, DVD-Plus „Das 1. Evangelium
Matthäus“, DVD-Plus „Jesus junge Garde“, das Angebot aus der Datenbank WERTEmedia: DVD
Jesus von Nazareth, DVD Reformation, DVD Jakobswege, Wege der Jakobspilger im Rheinland Eine interaktive Reise, DVD Wer glaubt, der flieht nicht... Dietrich Bonhoeffer, 1906-1945, DVD
Der Priesterblock, DVD Jesus´ junge Garde, VHS New Age und Christentum, CD-ROM abenteuer
kirche (= Grundfragen des christlichen Glaubens).
Im Anschluss wird das Vorgehen bzw. das Blended-Learning-Angebot zu den einzelnen
Kursprogrammen am Beispiel von „Miteinander leben, einander verstehen, einander zuhören –
Das Christentum“ in der Berliner BEP-Dokumentation (vgl. http://www.gpionline.de/bep/User/Details.php?gesID=1687&StartAt=0&usr=&ProjectID=2&gStichwort=Christ
entum&Wiedenn=alle) im Ausdruck vorgestellt.
3
Blended-Education-Programm Miteinander leben, einander
verstehen, einander zuhören - die Religionen – Christentum
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Bibliographie
Titel:
Miteinander leben, einander verstehen, einander zuhören - die Religionen - Christentum
- Das Christentum steht im Zentrum dieses Kurses. Fünf weitere Kurse beschäftigen sich mit dem Islam,
Buddhismus, Hinduismus, Judentum und mit einer vergleichend zusammenfassenden Betrachtung Den Kursen liegt der ethische Ansatz zugrunde, dass in einer immer stärker globalisierenden Welt
immer mehr Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft, Religion und dementsprechender
Ethisches Anliegen:
Einstellungen zu Mensch und Welt aufeinander treffen. Dies birgt für ein friedvolles Zusammenleben
sowohl Chancen wie aber auch Probleme in sich. Die Chancen gilt es zu heben, die Probleme zu
meistern bzw. präventiv zu verhindern - Ziele und Inhalte, Wurzeln und Werte, ggf. Normen und Regeln
des Christentums sollen kennengelernt und verstanden werden, um auf dieser Basis positiv, bewusst,
tolerant und angemessen miteinander und mit anderen Religionen und Weltanschauungen umgehen zu
können.
Zielgruppe:
- breiter Adressatenkreis in der allgemeinen Erwachsenenbildung - Migranten
- Vermitteln einer Wissensgrundlage zum Christentum als einer der fünf (Welt-) Religionen Wertevermittlung zum Christentum als einer spezifischen Weise menschlichen Existierens aus der
Relation zu einem letzten Sinn-Grund (Schlette; - wobei dieser Sinn-gewährende-Grund in den
Kursziel:
einzelnen Religionen entweder überweltlich oder innerweltlich verstanden wird und wie in jeder
Religiongemeinschaft, so auch im Christentum entsprechende praktische Konsequenzen in Ethik und
Kultur gezogen werden) - beispielhaftes und verallgemeinerungsfähiges Vermitteln von Wissen und
Orientierungshilfen im Umgang mit Religion unter dem Schwerpunkt: das Christentum und seine
praktischen Existenz
- Religion, Werte; Religionsfreiheit als festgeschriebener Wert und Freiheit unseres Grundgesetzes Das Christentum als die auf Jesus von Nazareth als Stifter zurückgeführte und nach dessen Ehrentitel
„Christus“ benannte größte Weltreligion mit zirka 2 Milliarden Anhängern und ihren zahlreichen
unterschiedlichen Organisationsformen von Kirchen und Glaubensgemeinschaften (wie orthodoxe K.,
katholische K., anglikanische K., lutherische K., reformierte K., ökumenische K.) - Das Christentum, das
sich in seinem Glauben zu dem einen Gott (Kyrios / Herr) bekennt, des Schöpfers aller Dinge, des
Himmels und der Erde und auch des ersten Menschenpaares. Jesus Christus seinen eingeborenen Sohn,
Kursinhalte:
der Mensch geworden ist - Das Christentum basierend auf den in der Torah festgehaltenen
Überlieferungen des Judentums - Das Christentum und seine 10 Gebote (vom Judentum her bekannt)
als Prinzipien sittlichen Handelns auf der Basis der Liebe - Das Christentum als eine aktiv
missionierende Religionsgemeinschaft - Aus der Geschichte des Christentums als einer (Welt-)Religion
- Präsenz von Religion und Phänomen der Wertesuche in der gesamten Menschheitsgeschichte - als
positiv gelebte Zielvorstellungen, Orientierungen und Maßstäbe, die im verlauf der Geschichte auch
benutzt worden sind - Christlich religiöse Sitten, Bräuche und die großen Feste und Feiern der
christlichen Kirchen, die grundlegende Ereignisse der heilsgeschichte beinhalten wie Weihnacht,
Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten ....; oder Taufe, Firmung, Trauung, Beerdigung ...
4
Kursstruktur:
Insgesamt 5 Kursphasen von ca. 2 Stunden, die in einem festzulegenden Abstand durchgeführt werden
können
- DVD Unsere zehn Gebote - DVD-educativ Luther - DVD-Plus Das 1. Evangelium Matthäus - DVD-Plus
Jesus von Nazareth - DVD Reformation - DVD Jakobswege, Wege der Jakobspilger im Rheinland-Eine
interaktive Reise - DVD Wer glaubt, der flieht nicht... Dietrich Bonhoeffer, 1906-1945 - DVD Der
Didaktische
Multimedia-produkte
(DMP):
Priesterblock - DVD Jesus´ junge Garde - VHS New Age und Christentum - CD-ROM abenteuer kirche (=
Grundfragen des christlichen Glaubens). Flankierendes ergänzendes Angebot: CD-ROM Im Winter und
zur Weihnachtszeit - DVD Die Nacht wird hell (= Beispiel: wie Kinder einer sechsten Hauptschulklasse
die biblische Geschichte von Daniel in der Löwengrube erarbeiten) - DMP Spurensuche-Die
Weltreligionen auf dem Weg - DVD Der blaue Stuhl 2. Europa, Werte, Religion - CD-ROM ReligiopolisWeltreligionen erleben - CD-ROM Fit in Religion: 3 Weltreligionen (über Judentum, Christentum, Islam)
- VHS Sexualität in den Religionen - DVD Diercke Globus
Kursanbieter:
- IB&M der GPI Institut für Bildung und Medien der GPI, Alt-Friedrichsfelde 60, Haus 14, 10315 Berlin Internet: www.gpi-online.deE-Mail: [email protected]
Bemerkungen:
Design
Kursabfolge:
Miteinander leben, einander verstehen und zuhören - unterschiedliche Religionen – Das Christentum:
1. Präsenzphase A - 2. Präsenzphase B - 3. E-Learningphase A - 4. Präsenzphase C - 5. Präsenzphase D
- Einführung und Gruppenarbeit zur Entwicklungsprozessbegleitung bei der Erarbeitung von
Grundkenntnissen über die Welt-Religion Christentum (Wurzeln, Ausprägungen, Verbreitung und die
dem Christentum zugrundeliegenden Werte durch Vortrag/Ausführungen und gelenktem Gespräch:
Das Christentum als die auf Jesus von Nazareth als Stifter zurückgeführte und nach dessen Ehrentitel
„Christus“ benannte größte Weltreligion mit ca. 2 Milliarden Anhängern und ihren zahlreichen
unterschiedlichen Organisationsformen von Kirchen und Glaubensgemeinschaften: die orthodoxe
Kirche, die katholische Kirche, die anglikanische Kirche, die lutherische Kirche, die reformierte Kirche
und die ökumenische Kirche unter Einbeziehung der DVD „Jesus von Nazareth“, DVD-educativ "Luther"
- DVD-Plus "Das 1. Evangelium Matthäus" Nutzung bzw. flankierende Einbeziehung von
kartographischen Erzeugnissen bzw. bei frontalem Vorgehen auch unter Einsatz der DVD „Diercke
Globus“, zur geographischen Standortbestimmung bzw.-Kennzeichnung der Religionsverbreitung (als
Vorstellungsunterstützung)- Gelenkte schwerpunktorientierte Diskussion zu den
Zielen/Inhalten/Werten des Christentums und seinen Ausprägungen unter Berücksichtigung des
Didaktischmethodisches
Vorgehen:
eigenen (religiösen) Standortes unter Einbeziehung des didaktischen Multimediaprodukts CD-ROM
abenteuer kirche - Flankierende Diskussion und Einbindung von aktuellen Tendenzen bzw. religiöschristlichen Erscheinungen unter Nutzung der didaktischen Multimediaprodukte DVD „Jesus´ junge
Garde“, VHS “New Age und Christentum”- Vortrag, Veranschaulichung und Diskussion zu
Schwerpunkten in der Geschichte des Christentums unter Nutzung der DVD „Jesus von Nazareth“und
der DVD „Reformation“, CD-RÖM „abenteuer kirche“ - Vortrag, Veranschaulichung und Diskussion zum
historischen Benutzen von Zielen/Inhalten/Werten des Christentums (das Dritte Reich und der
Widerstand von Kirchenvertretern); Schlussfolgerungen bei Einbeziehung von zu recherchierenden
Diskussionen im Internet; Einsatz der didaktischen Multimediaprodukte: DVD „Wer glaubt, der flieht
nicht... Dietrich Bonhoeffer, 1906-1945“, DVD „Der Priesterblock und individuelles Recherchieren
sowie anschließendes gemeinsames Diskutieren / Schlussfolgern zu Beispielen menschlichen
christlich-religiös geprägten Einsatzes gegen Willkür und Gewalt, zu Christentum und Möglichkeiten
der Konfliktprävention bzw. zur Bewältigung heutiger gesellschaftlicher Problemlagen (z.B., die auf
radikal fundamentalistisch-religiös motivierten Ursachen beruhen) - Recherchieren von und
Beschäftigen mit christlichen Festen und Feiern, ihren Wurzeln, Traditionen und als fester Bestandteil
heutigen kulturellen und interkulturellen Lebens und Miteinanders ggf. unter Einbeziehung der CDRÖM „Im Winter und zur Weihnachtszeit“ aus den Bräuchen im Salzburger Land.
Entdecken, Initiieren- Themenpräsentation: „Miteinander leben, einander verstehen und zuhören -
BEP-Konzept:
Präsenzphase A:
unterschiedliche Religionen“ – das Christentum und seine Wertvorstellungen - Impuls Vortrag und
didaktisches Multimediaprodukt wie Einbeziehung CD-RÖM „abenteuer kirche“; Einführung in das
Lernkonzept Blended Learning zum Christentum als einer Weltreligion- Kennenlernen von Richtungen
5
des Christentums unter Einbeziehung von zwei didaktischen Multimediaprodukten: DVD „Jesus´ junge
Garde“, VHS “New Age und Christentum”.
BEP-Konzept: ELearning-phase A:
vgl. E-Learningphase B
Erarbeitung und VertiefungBegleiten- Einführung in die DVD „Jesus von Nazareth“, die sich dem Leben
von Jesus, von seinen Anfängen bis zu seinem Tod widmet (drei Folgen „Die frühen Jahre“, „Der
Auftrag“ und „Die letzten Tage“) zum Kennenlernen und Auseinandersetzen mit Fakten und
Lebensumständen der historischen Person Jesus. Nutzung der DVD-Gliederung in einzelne Sequenzen,
die einzelne Themenaspekte gezielt einzusetzen erlauben. Nutzung der Extra-Themen „Jesusbilder“,
BEP-Konzept:
Präsenzphase B:
„Historisch-politische Situation“ und „Öpfer“ auf der RÖM-Ebene der DVD. Zusammenstellung und
zusätzliche Anreicherung mit Wissensimpulsen- Differenzierte Aufgabenstellung für die eLearningPhase zum tiefergehenden Kennenlernen, Beschäftigen und Auseinandersetzen mit dem Christentum
(differenzierte Ausleihe der nachstehend aufgeführten didaktischen Multimediaprodukte an 2
Teilnehmer): Worin bestehen die Wert- und Moralvorstellungen des Christentums? Nutzen Sie außer
eigenständiger Internetrecherche hierzu auch folgende Multimediaprodukte: CD-RÖM „Religiopolis Weltreligionen erleben“, bzw. DVD „Jakobswege, Wege der Jakobspilger im Rheinland - Eine interaktive
Reise“- Einführung in die eLearning-Phase (Umgang mit Internet, Medien und Kommunikationsarten)
Erste E-Learningphase erfolgt nach Präsenzphase B: Selbständige Bearbeitung des Themas, BegleitenIndividuelle Bearbeitung des ethischen Themas zu den Wert- und Moralvorstellungen des
Christentums anhand individueller Recherche aller Teilnehmer sowie - unter differenzierter
BEP-Konzept: ELearning-phase B:
Aufgabenstellung bzw. differenziertem Medieneinsatz für zwei Teilnehmer bei Ausleihe folgender
didaktischer Multimediaprodukte:CD-RÖM „Religiopolis - Weltreligionen erleben“, bzw. DVD
„Jakobswege, Wege der Jakobspilger im Rheinland - Eine interaktive Reise“ - Ggf. Kommunikation mit
Mitlernenden und Dozenten (Foren, Chat, Tutorial) bzw. Online-Zusammenarbeit (Workspace) nach
eigener Recherche
Präsenzphase C: Auswertung, Systematisierung und VertiefungBegleiten- Zur Auswertung und
Vertiefung Ergebnispräsentation der Teilnehmer zu den Werten und Moralvorstellungen des
Christentums nach ihren Rechercheergebnissen unter vorausgegangener differenzierter
Aufgabenstellung für die E-Learningphase als weiterführende Beschäftigung mit dem Christentum
unter Einbeziehung der beiden Teilnehmerrecherchen anhand der CD-RÖM „Religiopolis Weltreligionen erleben“ und der DVD „Jakobswege, Wege der Jakobspilger im Rheinland - Eine
interaktive Reise“- Zur Vertiefung, Systematsierung und Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten
Weitere
Präsenzphasen:
und Grenzen gelebten Christentums in der Zeit des Dritten Reiches: Vortrag, Einbeziehung und
Präsentation der didaktischen MultimediaprodukteDVD „Wer glaubt, der flieht nicht... Dietrich
Bonhoeffer, 1906-1945“,DVD „Der Priesterblock“. Präsenzphase D: Weiterführung, vertiefende
Zusammenfassung und Ausblick- Vertiefung des Gesamtdiskurses der Teilnehmer zu den
Wertvorstellungen des Christentums unter historischem Aspekt, Erweiterung des Blickwinkels durch
Einbeziehung von christlichen Feiern und Bräuchen unter Einsatz der CD-RÖM „Im Winter und zur
Weihnachtszeit“ aus den Bräuchen im Salzburger Land- Ausblick und abschließender Diskurs der
Teilnehmer über Vorstellungen zu zukünftig gelebten realen Christentums anhand eigener Efahrungen,
Erlebnisse und von erarbeitetem Wissen.
Weitere ELearningphasen:
entfällt
Retrieval
Bildungsbereich:
Weiterbildung/Fortbildung, Erwachsenenbildung
Bildungskategorie:
eurokulturelle Bildung, interkulturelle Bildung, ethische Bildung, europolitische Bildung, historische
Bildung, politische Bildung
EthikThemenfeld:
1. Kulturelle Identität und interkulturelle Verständigung
1.1. Kulturelle Identität und interkulturelle Verständigung im Blickwinkel der Vergangenheit
1.2. Kulturelle Identität und interkulturelle Verständigung in Gegenwart und Zukunft
6
Schlagwort:
Friedenserziehung, Grundbildung, Freizeit, Ethik, Gesellschaft, Menschenwürde, Religion,
Bildungsmedium, Medienkompetenz, Spielfilm, Unterrichtsmedium, Deutschland
Systematik:
Ethik, Freizeit, Interkulturelle Bildung, Medienpädagogik, Pädagogik, Philosophie, Religion,
Weiterbildung, Sachgebietsübergreifende Themen
Evaluation
durchschnittliche
Evaluation:
16.4 Punkte - empfehlenswertes didaktisches Multimediaprodukt – gut (2)
Evaluationen:
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7
Dimitris Charalambis
3.4. Evaluierungs- und Weiterbildungsangebot für
Multimediaprodukte und Bildungsmedien zur
politischen und zeitgeschichtlichen
Erwachsenenbildung:
Das Politische und die Politik in der Aera der
Deregulierung. Der Weg in die Finanz und
Schuldenkrise. (In deutscher Sprache.)
Weiterbildungsmodul 1
Vorgehensweise und Kursbeschreibung
Die Kursteilnehmer bekommen einen Text vom Kursleiter, der als
Wissensgrundlage dienen soll. Der Text wirft Fragen auf, die im Laufe des
Unterrichts und mit Hilfe ausgesuchter Literatur beantwortet werden sollen,
bzw. den diskurssiven und interaktiven Charakter des Kurses begründen. D.h.
der Grundlagetext soll, mit Hilfe der dargebotenen Literatur, die Diskussion als
Wissens und Problematisierungsprozess vertiefen.Dabei werden ausgesuchte
DVDs eingesetzt.
Sie sollen die Facetten der behandelten Problematik dem Kursteilnehmer
veranschaulichen.Ueber die Macht der Bilder sollen gewisse Aspakte der realen
Prozesse,die im Unterricht analysiert werden, dem Kursteilnehmer näher
gebracht werden und den historischen Ereignissen eine konkretere Dimension
gewähren.
Es werden zwei Alternativen für die Unterrichtsmodule angeboten
1.
Eine längere und ausführliche Version, die aus 8 Unterrichtseinheiten von
je drei Stunden besteht und
2.
Eine komprimierte Version die aus 3 Unterrichtseinheiten dreistuendiger
Dauer besteht.
Die Pilotpräsentationen beschränken sich allerdings auf einen dreistündigen
Kurs, da das vorrangige Ziel die Demonstration der Vorgehensweise war.
Basistext 1
Die Politik und das Politische
Die Bankenkrise von 2007/2008 und ihre Mutation zu einer Krise der
öffentlichen Verschuldung, was eine allgemeine Wirtschaftskrise zur Folge hatte,
warf eine Reihe von Fragen auf, die die Ursachen dieser Krise und die Reaktion
darauf betreffen. Diese Fragen sind keineswegs nur ökonomischer Natur, d.h. sie
betreffen nicht nur die Wirtschaftswissenschaften. Sie betreffen die Gesellschaft
als Ganzes, ihre Konstitution- und Rekonstitutionsmechanismen und zwar unter
den Bedingungen des Globalisierungsprozesses, der zumindest seit den 70’ger
Jahren des vorigen Jahrhunderts und insbesondere nach dem Zusammenbruch
der Sowjetunion eine neue, eine quasi postnationale, oder zumindest eine die
klassische nationale Souverenität aushöhlende Ära eingeleitet haben. Diese
Feststellungen führen zu einer grundlegenden wie auch prophanen Feststellung:
Die Fragen, die die Krise und die Reaktion darauf aufwerfen, können nur auf der
Basis einer politischen Argumentation beantwortet werden.
Sie können nur politisch beantwortet werden, weil sie, wie auch immer
formuliert, das Politsche betreffen. Wenn wir das Politische als die Form, die Art
und Weise, den Prozeß durch den eine Zahl von Menschen sich zu einer
Gesellschaft konstituieren definieren, dann betreffen die Bedingungen der
Reproduktion der Gesellschaft (sei es in der nationalen oder globalen Ebene) den
Kern des Politischen. Somit sind auch die wissenschaftlichen Paradigmata der
ökonomischen Theorie, bzw. Ihre Erklärungsversuche, sosehr sie sich auch als
die reine Vernunft deffinieren mögen, wenn sie sich außerhalb des Politischen
ansiedeln, sind sie reine selbstreferenzielle Konstruktionen einer durch die
Autopoiese der jeweiligen Paradigmata konstruierten virtuellen Realität. Diese
versteht sich als die vernünftige Ordnung des Realen, deren Gültigkeit durch die
Unvernunft, also durch die Irrationalität der Politik und der Handlung der
gesellschaftlichen Akteure gestört wird und somit von der der Vernunft äußeren
Faktoren in ihrer Gestaltunsordung behindert wird. Nur die unbedingte
Anpassung an die reine Vernunft der wissenschaftlichen Ökonomie könnte
Disharmonien verhindern, d.h. nur dann würden ökonomische Krisen, als
Phänomene oder Konsequenzen der unberechenbaren Politik, endgültig
abgeschafft werden. Behavioristen können diese Störfaktoren und ihren
irrationalen Charakter ermitteln, damit, vielleicht, die daraus erzeugten
Abweichungsschwingungen miteinbezogen und errechnet werden können. Um
aber eine politische Interpretation der Krise zu liefern und die Beharrungskraft
des herrschenden ökonomischen Paradigmas zu erklären, müssen wir eine
entscheidende Differenzierung vornehmen: Die Differenzierung zwischen der
Politik und dem Politischen.
Zwischen diesen Begriffen existiert eine
grundlegende Differenz. Wenn die Konstituierung des Politischen, dessen
Urformen im antiken Athen und im antiken Rom als protopolitische Phänomene
historisch ermittelbar sind, die Quintessenz des Projektes der Moderne
ausmacht, dann kann Politik sowohl ein Ordungsprozeß zur Realisierung dieses
Projektes sein, als auch ein Prozeß der dieses Projekt verhindern bzw.
liquidieren will. Ob dieses Projekt der Moderne tatsächlich in teleologischen
Bahnen gefestigt wird hängt nicht von der entfesselten Kontingenz der
postmodernen Interpretation der Geschichte, der Gesellschaft, der Politik, der
Ökonomie und der Kultur ab. Das Projekt der Moderne hängt vielmehr von der
gefesselten Kontingenz der Konstituierung des Politischen ab, als einem, in
seiner inneren Logik, teleologischem Prozeß, der, durch seine spezifische
Qualität d.h. durch die spezifische (deswegen auch gefesselte) Kontingenz der
Elemente die ihn ausmachen und ihn als einen solchen aufweisen, nie ein
eschatologischer Prozeß sein kann. Um es anders zu formulieren, das Politische,
als Projekt der Moderne, weist eine teleologische Logik auf, die aber keinen
Endpunkt/Grenze kennt, da die Grenze eine geschichtlich entstandene Schranke
bedeuten würde, die den Prozeß stoppen und ihn dadurch zwangsläufig in sein
9
Gegenteil verwandeln würde.
D.h. der teleologische Charakter des
Konstitutionsprozesses des Politischen, kennt kein Eschaton, weil ein Eschaton
ihn als solchen annulieren würde.
Durch das oben Gesagte wird klar, daß wir einen anderen
Erklärungszusammenhang suchen müssen, der im Rahmen der Konstitution des
Politischen die Ökomonie, d.h. die Produktion und Reproduktion der materiellen
Bedingungen des gesellschaftlichen Seins, und somit die wissenschaftlichen
Paradigmata bzw. das herrschende ökonomische Paradigma erklären kann. Wir
brauchen einen Erklärungszusammenhang, der eine Analyse liefert, die uns hilft
die Fragen und die Antworten, die durch die Krise enstanden sind zu verstehen,
zu interpretieren und in ihrem Wahrheitsgehalt zu prüfen.
Die Ursprünge des herrschenden ökonomischen Paradigmas
Das herrschende ordoliberale Paradigma der Wirtschaftswissenschaft basiert auf
dem klassischen Liberalismus der Gründerzeit der Ökonomie der Moderne. Das
freie, unabhängige, autonome Individium betritt die Bühne der Geschichte und
leitet somit das Projekt der Moderne ein. Das Recht auf Eigentum und der Schutz
des Eigentums ist die Garantie seiner Autonomie, die Garantie seiner
Unabhängigkeit, die Garantie daß dieses Individium frei sein kann, um sein
Privatinteresse zu verfolgen und um über sich und über die Gesellschaft der
freien, autonomen und unabhängigen Individuen zu entscheiden. Das Recht auf
Eigentum und der Schutz des Privateigentums sind die unabdingbare
Vorraussetzung der Freiheit, der Autonomie und der Unabhängigkeit. Gerade
dieses Recht verdrängt die Allmacht des absolutistischen Staates und leitet den
Demokratisierungsprozeß ein. Der Schutz des Eigentums und dadurch der
materiellen Reproduktion des somit entstandenen bürgerlichen Individiums,
ermöglicht seine Behauptung gegenüber der Staatsgewalt bis zur Übernahme
dieser Staatsgewalt von den durch ihn gewählten Vertretern, die die freien und
dadurch entscheidungsfähigen Individuen repräsentieren. Das Recht auf
Eigentum schafft die durch den Staat verteilten Privilegien ab, befreit die
Produktion von der starren Abhängigskeits-Pyramide der Produktionsform des
Feudalismus, degradiert die absolute Monarchie zu einer historischen
Übergangsphase, die schrittweise, oder revolutionär, der Macht des
aufkommenden Bürgentums Platz machen muß und konsolidiert den Markt als
den Ordungsmechanismus der Produktion(Arbeitsmarkt) und der Distribution
von Waren, Dienstleitungen, Eigentum und Profit. Die materielle Produktion und
Reproduktion der Gesellschaft wird durch den Markt vermittlelt, der dadurch zu
einem alles bestimmenden Ordnungsprinzip wird. Der Focus der Staatsfunktion
ist dadurch konkretisiert. Der Staat muß alle Störfaktoren in Zaun halten und
disziplinieren, die das Marktgeschehen beeinträchtigen könnten, das Territorium
des Marktes beschützen und wenn möglich, die Expansion des Marktes über die
nationalen Grenzen militärisch absichern. Der Markt selbst, frei von staatlichen
Interventionen, frei also von Eingriffen, die die Geltung seiner Vernunft
verhindern könnten, funktioniert wie ein spontaner Ordungsmechanismus,
basierend auf der Natur des Menschen deren Gesetzmäßigkeit der Markt
beschreibt und zur Geltung bringt.
Jeder Marktteilnehmer verfolgt sein privates Interesse. Er ist keiner religiösen
Moral verpflichtet, keiner Nächstenliebe und keiner Pflicht gegenüber seinem
10
Mitmenschen oder der Gesellschaft. Seine einzige Moral ist sein egoistisches
Interesse. Gewinn und Verlust, Nutzen und Nachteil sind seine Kriterien. Dieses
Streben nach dem eigenen Vorteil, den alle Marktteilnehmer egoistisch
verfolgen, führt, seit Adam Smith, wie durch eine unsichtbare Hand geleitet, zum
Wohl aller, zum Wohl der Gesellschaft. Somit ist dieser homo oeconomicus das
Zentrum des wirtschaftlichen Geschehens, der durch seine egozentrische
Beschränktheit einen Automatismus in Gang setzt, der die beste aller Welten
produziert. Die Mechanik der Physik des 17. Und 18. Jahrhunderts wird zur
Mechanik der Ökonomie und dadurch, da sie die Reproduktion der Gesellschaft
bestimmt, zur Mechanik der Gesellschaft. Dieser Automatismus funktioniert
solange er frei von äußerlichen, also politischen Einflüssen und Interventionen
bleibt. Die Politik muß den Rahmen seiner Wirkung sichern, sonst nichts. Der
erste Schritt der Moderne, die Befreiung des Individiums, schafft dadurch auch
die erste Schranke der Realisierung des Politischen. Politisch bedeutet das, daß
die Politik sich der Vernunft der Ökonomie unterstellen muß. Die Politik hat der
so konzipierten reinen Vernunft des Marktes zu dienen. So sehr auch die
unsichtbare Hand an Offenbarungsmetaphysik erinnern kann (die Hand Gottes
bleibt für die Puritaner der Sinn und der Hintergrund der unsichtbaren Hand,
was bis heute auch für die Bigotterie der Tea Parties weiterhin gilt), der dadurch
entstandene Automatismus der Konsequenzen des spontanen egoistischen
Handelns des homo oeconomicus birgt die Emanzipation des Menschen vom
Willen Gottes und die Säkularisierung des menschlichen Handelns. Die
unsichtbare Hand ist schließlich die Folge der spontanen Vernunft die aus dem
egoistischen Handeln entsteht. Somit ist sie sowohl rein(ohne äußerliche
Einflüsse und Störungen) wie auch innerweltlich. Sie ist die Quintessenz des
ökonomischen Handelns. So ist die Ökonomie, also die Konstruktion dieses
Modells oder des Paradigmas der Logik des Marktes, die vergegenständlichte
Logik der reinen Vernunft, die keinen Gott braucht um zu gelten und zu
funktionieren. Die Verfolgung des Eigeninteressens genügt. Eine innerweltliche
Metaphysik ist durch dieses Marktparadigma entstanden.
Wie Vogl es
beschreibt, die Theodizee ist durch die Ökodizee ersetzt worden. Das
Eigeninteresse des homo oeconomicus ist der Gravitationspunkt dieses Systems.
Die Suche nach dem eigenen Vorteil und die Abwehr von jedem Nachteil, als Ziel
des spontanen ökonomischen Handelns aller Marktteilnehmer, produziert ein
Gleichgewicht, wodurch das Wohl aller realisiert wird. Somit ist das Modell des
Marktes ein Gleichgewichtsmodell, das die Basis der späteren mathematischen
Berechnung der Zukunft sein wird. Die Reinheit des liberalen Paradigmas steht
für die reine Vernunft des Marktes, entstanden durch die spontane Wirkung der
Privatinteressen.
Später, wenn die Subsumtion der Arbeit, d.h. der materiellen Reproduktion der
Gesellschaft, unter dem Kapital voranschreitet, kommt ein zweiter Faktor dazu,
der die Geltung der reinen Vernunft des Paradigmas bekräftigt und bestätigt:
Der Wettbewerb. Die Konkurrenz der Produzenten, also der Kapitaleigner,
ermöglicht die effektivste Realisierung des eigenen Profits, beschleunigt die
Produktivität und ermöglicht die effektivste Kosten – Preis-Relation. Somit
werden die erzielten Preise zur Inkarnation der Vernunft des Systems und das
System zu einem System der Preise, da sie sein vernünftiger Inhalt sind. Die
Mathematisierung der Ökonomie kann dadurch endlich problemlos realisiert
werden. Die Berechnung der Entwicklung der Preise kann zur Berechnung der
11
zukünftigen Entwicklung überhaupt werden. Natürlich unter der Voraussetzung,
daß außerökonomische, also diesem Modell äußerliche Faktoren den
Vernunftautomatismus des Systems nicht stören. Dafür muß die Politik sorgen.
Sie muß den nötigen Rahmen liefern. Sie muß das gesamtgesellschaftliche
Geschehen der Logik der reibungslosen Geltung des Marktes unterstellen, d.h. sie
muß es disziplinieren. Noch ist die Mathematisierung des Systems nicht so
vorangeschritten, damit man durch Wahrscheinlichkeitsrechnungen und
Differentialgleichungen Präventionen von Krisen errechnen und sie damit aus
dem System verbannen kann. Noch finden Krisen statt. Zwar sind sie der Logik
des Systems fern aber sie funktionieren wie eine notwendige Katharsis, die die
Reinheit des Systems wieder herstellt. Diese Katharsis reinigt das System von
irrationalen Elementen, die sich ins System eingeschlichen haben, sie ermöglicht
die Wiederherstellung des Gleichgewichts, sie bestätigt die Regel und sie läßt die
Ausnahme, Ausnahme sein. An den Glauben an die Vernunft des Systems, also
des Modells der auf dem Markt konkurrierenden Kapital(eigen)interessen, tut
dies kein Abbruch.
Die Wiederherstellung des Gleichgewichts bestätigt
schließlich, d.h. der homo oeconomicus durch sein Handeln die reine Vernunft
vergegenständlicht. Dieses liberale Marktparadigma ist der Ort der reinen
Vernunft und seine Wirkung wird immer effizienter, je mehr sich die
Gesellschaft(also die reale Welt) dem anpasst. Diese Anpassung ist die Aufgabe
der Politik, Sie muß die außerparadigmatische Unvernunft zügeln.
Die Rationalität des Marktmechanismus stößt auf eine, von ihr aus gesehene,
irrationelle Welt. Schlicht und einfach, weil sie außerhalb der Logik dieses
Systems residiert ist, zumindest was die Situation der überwältigenden Mehrheit
der Bevölkerung betrifft.
Die “reine” Vernunft des Marktes und die gesellschaftliche Realität
Im Prinzip betrifft die Logik dieses Systems alle Menschen. Der Anspruch ist daß
alle Menschen nach ihrem Vorteil streben und somit das Gleichgewicht der
vernünftigen und somit besten aller Welten herstellen. Potenziell also alle
Menschen, weil jeder als homo oeconmicus agieren muß, agieren kann und
agiert. Dieser Entwurf der Welt nimmt konkrete Formen an. Er wird zum
realisierbaren Projekt historisch durch die amerikanische und französische
Revolution. Kurz gefasst, er ist der Weg der Emergenz des Individiums, die
Vorbereitung des revolutionären Schrittes, der die Welt von Grund auf verändert
hat. Auch England hat seine Revolution durchgemacht und dadurch den Weg der
Explosion der Moderne durch die amerikanische Unabhängigkeiterklärung und
die Deklaration der Rechte des Menschen und des Staatsbürgers
vorbereitet(Habeas Corpus, Magna Charta etc). Alle Menschen sind Träger von
unveräusserlichen Rechten und sie streben nach ihrem Glück, heißt es in der
Unabhängigkeitserklärung von 1776.
Das tut oder das ist der homo
oeconomicus. Er ist Träger von (natürlichen)Rechten , die sich auf dem
Fundament der Eigentumsrechte basieren, die ihm seine Unabhängigkeit,
Autonomie und Freiheit ermöglichen. Er strebt nach dem Glück, also nach dem
höchsten Profit, das die einzige meßbare Form des(objektiven) Glücks sein kann.
Alle Menschen sind also der Adressat der Erklärung der Menschenrechte und alle
Menschen sind homini oeconomici.
Das gilt, aber es gibt auch eine
Differenzierung, die man machen muß, um den historischen Augenblick, um
12
Geschichte verstehen zu können. Alle Menschen, aber in diesem historischen
Augenblick betrifft das nicht die Sklaven des Verfassers der
Unabhängigkeitserklärung, es betrifft nicht die Wilden(Indianer), es betrifft nicht
die Frauen, es betrifft nicht die Abhängigen und Eigentumslosen(sei es, daß sie
potenziell diesen Status überwinden könnten). Für einen Moment schien es in
Frankreich, daß die Deklaration es anders gemeint hat. Bald aber, - und nicht nur
durch die Wiedereinführung der Sklaverei in den Kolonien durch Napoleon wurde klar, daß auch dort der gleiche Inhalt zu verstehen war.
Somit stellt sich die Frage, was mit dem Begriff des Menschen gemeint ist, was
die Kriterien des Menschseins erfüllt. Natürlich jeder, aber wer ist mit “jeder“
gemeint? Die Antwort ist einfach: Der weiße, volljährige Eigentümer. Er ist der
homo oeconomicus des liberalen Paradigmas, weil er, als Eigentümer, das Recht
aller Rechte besitzt und dadurch als ökonomischer und politischer Akteur die
Kriterien des Menschseins erfüllt.
Die List der Vernunft, würde Hegel sagen, hielt aber eine Überraschung parat:
Die Diskrepanz, der Widerspruch zwischen historischer Partikularität und
universellem Anspruch setzte eine Bewegung in Gange, die trotz Hindernissen
und Rückschlägen nicht aufzuhalten war.
Die Geschichte nach den
emanzipatorischen Revolutionen des 18. Jahrhunders ist die Geschichte der
Lösung des Widerspruchs ihrer Deklarationen. Der universelle Anspruch siegt
über die historische Partikularität.
Die Deklarationen eröffnen einen
Emanzipationsprozeß,
einen
Demokratisierungsprozeß,
der
seine
ursprünglichen Schranken überwindet. Sie leiten einen teleologischen Prozeß
ein, der den Inhalt des Projektes der Moderne ausmacht. Ja, sogar die reine
Vernunft des liberalen Paradigmas wird in Frage gestellt und durch den
keynsianischen Konsens c.a. 150 Jahre später delegitimiert.
Demokratisierungsprozeß und Reaktion
Man könnte, etwas dramatisch formuliert, die Geschichte des 19. Jahrhunderts
als die Geschichte des Menschwerdens beschreiben, sie ist die Geschichte der
Demokratisierung des Begriffs des Menschen, die Geschichte der Überwindung
des Kriteriums des Eigentums, aber auch des Geschlechts, der Rasse, der
Herkunft etc. als diferentia specifica des Menschseins. Durch die Herausstellung
des Begriffs des Menschen als ein Begriff der Realabstraktion, hat die Gattung zu
sich gefunden, würde Marx sagen. Jeder reale Mensch, unabhängig vom
Eigentum, Herkunft, Farbe, Geschlecht, konkrete persönliche Biographie,
Lebensform und Lebensstrategie, also jeder konkrete Mensch auf diesem
Planeten ist gleichzeitig Teil des von allen Partikularitäten abstrahierenden
Begriffs, des Menschen und somit Träger von Rechten und Freiheiten und als
Träger von Rechten und Freiheiten Gleicher unter Gleichen.
Gleichzeitig ist die Geschichte des 19. Jahrhunderts, einerseits durch die Formen
der Rationalisierung der Einschränkung des Wahlrechts, oder durch die
Legitimationsapologien des Kolonialismus, die Geschichte der Verzögerung
dieses Menschwerdungsprozeßes(der Demokratisierung und Gestaltung der
Gesellschaft auf der Basis des Sozialvertrages der Gleichen und Freien),
andererseits die Geschichte der Agression der Reaktion der Gegenaufklärung,
durch den Versuch über den radikalen Nationalismus und Rassismus, die
Menschwerdung zu verhindern und diesen Prozeß durch die Paranoia der
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biologischen Hierarchisierung und Entwertung des menschlichen Lebens zu
ersetzen. Eine gegenaufklärische Reaktion die zu der Tragödie des 20.
Jahrhunderts geführt hat.
Die Geschichte des 20. Jahrhunderts wird durch die massive politische
Strukturkrise des Demokratisierungsprozeßes(Schwierigkeit der Anpassung der
organisatorischen und institutionellen Struktur der liberalen Demokratie an die
erforderlichen organisatorischen und institutionellen Konsequenzen der
Durchsetzung des allgemeinen Wahlrechts), durch die Ausweglosigkeit des
liberalen Paradigmas(1929) und durch die totalitäre Vernichtung des
Menschseins durch die sogenannten Alternativen zum liberal-demokratischkapitalistischen System(Faschismus, Kommunismus) charakterisiert, gezeichnet
und stigmatisiert.
Durch den Kampf um die Erweiterung des Wahlrechts, also um die allgemeine
Geltung der politischen Rechte, der schließlich, zumindest in den führenden
Industrienationen zum allgemeinen Wahlrecht führt, nach dem I. Weltkrieg auch
für die Frauen, wird das Eigentum als Kriterium der Eigenschaft des
Staatsbürgers, des citoyen relativiert. D.h. der Demokratisierungsprozeß hebt
die Schranken der durch das Eigentum bestimmten Einschränkung des
Menschseins auf.
Der Kampf gegen den Kolonialismus erweitert diese
Aufhebung und schafft, in Kombination mit dem Demokratisierungsprozeß in
den Metropolen, die Voraussetzungen der Geltung der Deklarationen des 18.
Jahrhunderts tatsächlich für alle. Vorerst auf einer formellen Ebene(formelle
Demokratie), die aber einen entscheidenen Schritt für die Realisierung des
Projektes der Moderne bedeutet hat, sind die Menschen politisch gleich. Durch
das allgemeine Wahlrecht(one man, one woman, one vote) sind formell alle
Menschen Träger von Individual- und politischen Rechten und somit erreicht der
Menschwerdungsprozeß seinen ersten historischen Höhepunkt. Das bedeutet
eine qualitative Veränderung des Feldes der Politik.
Auf der Ebene der materiellen Reproduktion der Gesellschaft, also auf der
ökonomischen Produktions- und Distributionsebene, hat sich aber kaum etwas
verändert. Wie oben schon erwähnt, führt diese Diskrepanz zwischen Ökonomie
und Politik(formelle politische Gleichheit – faktische ökonomische Ungleichheit
bzw. politische Organisations- und Institutionelle Strukturen, die der faktischen
ökonomischen Ungleichheit entsprechen und die Rechtsordnung bestimmen)
und vorallem die Angst der politischen Aufhebung dieser Diskrepanz, als
zwangsläufige Folge des allgemeinen Wahlrechts, zu Reaktionen, die die
Definition des Menschen durch biologische- eugenische Ideologeme, auf der
Basis des Nationalismus, neu belegen wollen. Fast gleichzeitig dazu tritt eine
andere Form der Reaktion auf , die diese Diskrepanz als Anlass nimmt, um die
Eigentumsrechte und somit den Markt als Kern der materiellen Produktion und
Reproduktion der Gesellschaft zu annullieren, seine angenommene Effizienz als
ausschließlichen Ungleichheitsmechanismus zu erklären und durch die
Negierung von individual- und politischen Rechten die Politik (den Staat) als den
Produktions- und Reproduktionsmechanismus zu erkären. Die spontane
Ordnungsmacht des Marktes wird durch die bewußte, dem ökonomistisch
interpretierten Gang der Geschichte verplichtete, politische Avantgarde ersetzt.
Der Markt, der als Medium der Diktatur der besitzenden Klasse angesehen wird,
wird durch die politische Diktatur der kommunistischen Partei, durch den
totalitären, von der Partei kontrollierten Staat ersetzt. Im Prinzip, Ziel dieser die
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Gleichheit verabsolutierenden - Reaktion gegen das Projekt der Moderne, also
gegen die liberal- demokratische kapitalistische Gesellschaft, ist der
liberale(Eigentumsrechte) und der republikanische(potentiell jeder Mensch als
politischer Entscheidungsträger) Charakter des Projekts. Dies traf auf eine
breite und konstante Räsonanz, weil genau in dem semantischen Inhalt des
liberalan und des demokratischen Prinzips die Widersprüchlichkeit des
Demokratisierungsprozesses unter den Bedingungen des herrschenden
Paradigma des effizienten Marktes manifest wird.
In der kapitalistischen Welt funktionierte der Markt weiterhin in der Logik der
reinen Vernunft des ordoliberalen Paradigmas. Das funktionierte aber – mit dem
Schönheitsfehler der katharischen Wirkung der ökonomischen Krisen – solange
die Eigentümer unter sich blieben. Solange also die Kapitalträger die negativen
Folgen der Verfolgung ihrer Privatinteressen der Disziplinierungsfunktion der
der Logik der Reproduktion des(für sie) effizienten Marktes unterstellten Politik
überlassen konnten bzw. die Politik diese Funktion als ihre Existenzberechtigung
ansah. Politisch heißt das, daß das solange gelten konnte, solange der
Demokratisierungsprozeß die durch das Eigentum bestimmte oligarische
Struktur der Gesellschaft nicht sprengen konnte.
Konsequenzen des Demokratisierungsprozeßes.
Störfaktor
Das Politische als
Der Kampf um die Einführung des allgemeinen Wahlrechts sprengt aber das
eigentumsorientierte Verhältnis zwischen Politik und Ökonomie. Er verwandelt
schrittweise die Politik zum entscheidenden Störfaktor des liberalen
Paradigmas, da er den Kreis der Entscheidungsträger ununterbrochen erweitert.
Diese Erweiterung bedeutet, daß die Eigentümer nicht mehr unter sich
entscheiden, daß das Ziel der Politik nicht mehr die Bestätigung und die
Intensivierung der Effizienz der Profitmaximierung des Eigentums bleiben
konnte.
Im Rahmen der Aufrechterhaltung der liberal- demokratischkapitalistischen Ordnung bedeutet die erweiterte politische Teilnahme, daß das
Kapitalverhältnis mit neuen Realitäten konfrontiert wird, die seinen ungleichen
Charakter relativieren müssen , damit seine Reproduktion gesichert wird. Die
Protektion des Eigentums muß um die Protektion der Arbeit erweitert werden.
Das bedeutet, daß die Abwendung des Zusammenbruchs des
Kapitalverhältnisses konkrete Umverteilungsprozesse fordert. Die Präsenz von
Nichteigentümern, im politischen Entscheidungsprozeß erweist sich als der
größte Störfaktor des Paradigmas des effizienten Marktes. Die Anpassung der
Ordnungsstrukturen bzw. die Integration des Störfaktors ist der einzige Ausweg
aus der Sackgasse, die der oligarchische Charakter des Marktes und die
demokratische Dynamik der Politik, als widersprüchliche, also das Gleichgewicht
störende Faktoren, erzeugt haben. Schlimmer noch: Die Entscheidungsgewalt
über die Form dieser Anpassung bzw. Integration droht den Händen der
Kapitaleignern zu entgleiten und das Verhältnis zwischen Ökonomie und Politik
umzupolen.
Die Herrschaft des Finanzkapitals schien zuerst dieser Entwicklung Einhalt
geboten zu haben.
Durch Kreditvergabe und daraus resultierenden
Massenkonsumption schien der Umverteilungszwang abgewehrt zu sein. Die
Kreditvergabe produzierte eine virtuelle Umverteilung, deren Folge die weitere
15
Aufrechterhaltung der Logik des effizienten Marktes war. Sie ermöglichte soziale
Allianzen, die das Explosionspotenzial der ökonomischen Ungleichheit in Zaun
halten konnten. So sah das zumindest aus bis zum “schwarzen Freitag“ von
1929. Der Zusammenbruch der Wall Street und bald die Verbreitung der Krise in
der ganzen kapitalistischen Welt widerlegte plötzlich und auf äußerst
dramatische Weise die Idee der Effizienz des Marktes. Der Versuch die Logik des
Marktparadigmas aufrechtzuerhalten,(Spar- und Einschränkungsmaßnahmen)
als erste Reaktion auf die Krise, führte zu der Depression und zu der klaren
Herausstellung der Auswegslosigkeit in die dieses Paradigma geführt hatte. Der
Störfaktor Politik wurde plötzlich zur einzigen Lösung aus dem ökonomischen
und gesellschaftlichen Schlamassel, in den die angebettete Effizienz des Marktes
und das durch den Markt angeblich erzeugte Gleichgewicht geführt hatten.
Die Krise des Paradigmas des effizienten Marktes und der New Deal
Das Rooseveltsche New Deal, die Reglementierung des Marktes und die
staatliche Regulierung des Finanzkapitals (Glass - Steagall Act) holt das
Politische wieder in den Vordergrund des sozialen Konsolidierungsprozeßes.
Die säkuläre Metaphysik der unsichtbaren Hand wird von der säkulären
Vernunft der sichtbaren Hand schrittweise verdrängt.
Die Logik der
Reproduktion des Kapitalverhältnisses entdeckt wieder die soziale Semantik, die
dieses Verhältnis als ein solches konstituiert.
Angesichts der Entwicklungen, nach der zweiten Existenzkrise des Kapitalismus
2007/2008, muß man etwas feststellen, was die damalige Situation von der
heutigen klar unterscheidet. Die USA und die Gesamtheit der entwickelten
kapitalistischen Welt waren damals reine Industriegesellschaften. Trotz des
schon damals globalisierten Finanzkapitals bestimmte die industrielle
Produktion und Reproduktion, im Rahmen der Nationalökonomien, sowohl die
materielle Produktion und Reproduktion der jeweiligen Gesellschaften, als auch und deswegen - die soziale Kohärenz, d.h. die Reproduktion der
Industriegesellschaften hing unmittelbar vom Verhältnis zwischen Kapital und
Arbeit ab. Das bedeutet, daß das kapitalistische System als solches nur über den
konsensuellen Charakter des Kapitalverhältnisses gerettet werden konnte.
Anders ausgedrückt, nur die Zugeständnisse des Kapitals gegenüber der
Arbeit(der Kapitalisten gegenüber der Arbeiterschaft) könnten den Kapitalismus
als Produktion und Distributionssystem retten.
Das Fundament des
Sozialstaates ist dadurch entstanden, aber es bedurfte eines Weltkrieges damit
es voll zur Geltung kommen konnte. Die Maßnahmen der Regulierung des
Kapitalverhältnisses, die später unter dem Begriff des New Deal subsumiert
wurden, waren der Anfang eines Prozesses, der die immense soziale
Ungleichheit vor 1929 relativierte und ein neues konsensuelles Verhältnis
zustande brachte, das das ökonomische Wachstum, das neue soziale
Gleichgewicht, den sogenannten (sozialdemokratischen)keynsianischen Konsens
der Nachkriegszeit, zumindest bis in die 70ger Jahre hinein, zum Erfolg verhalf.
Die Politik wurde vom Politischen bestimmt und integrierte den
gesellschaftlichen Konstituierungsprozeß in seiner
Logik durch ihre
wiedergewonnene Dynamik. Die Unvernunft der Markt–Autopoiese und der
Markt–Selbstreferenzialität wurde durch den Abgrund, den sie hervorgebracht
hat, offensichtlich und mußte dem Politischen also der Reproduktion und
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Erweiterung(inhaltliche Konstituierung der formellen Demokratie)des
Demokratisierungsprozesses weichen, oder zumindest seine Bedingungen
akzeptieren.
Staatstotalitarismus als Alternative zum Demokratisierungsprozeß
Im Kontinentaleuropa hatte die Irrationalität der Gegenaufklärung, also der
ideologische Angriff auf die Moderne, d.h. das reaktionäre Projekt der Abwehr
des allgemeinen Wahlrechts durch Nationalismus und Rassismus, schlicht und
einfach Erfolg. Der Demokratisierungsprozeß wurde durch den staatlichen
Totalitarismus gestoppt.
Nazismus und Faschismus schleuderten die
europäische Gesellschaft in die größte Katastrophe ihrer Geschichte, die durch
den japanischen rassistischen Imperialismus zur Weltkatastrophe wurde.
Zweifelsohne ist es bemerkenswert, daß der angelsächsische Raum, trotz
rassistischer(z.B. der KKK in den USA)und profaschistischer Bewegungen
(Mosley in G.B.) vom Staatstotalitarismus verschont wurde, während in
Kontinentaleuropa der Staatstotalitarismus die entscheidene Form der
Ablehnung der Moderne und der Destruktion des Politischen wurde. Auch der
Staatstotalitarismus des “realen Sozialismus” konnte ebenfalls, trotz Sympathien,
keinen Fuß im angelsächsischen Raum fassen. Hier ist natürlich nicht der Ort,
um eine umfassende Analyse dieses Phänomens zu liefern. Man könnte vielleicht
nur Aspekte dieser Differenz der geschichtlichen Entwicklung erwähnen. Im
südeuropäischen Raum war der Staat sowieso ausschlaggebend, da vormoderne
Integrationsmechanismen,
(hauptsächlich
Agrargesellschaft)
die
gesellschaftliche Kohärenz bestimmten und der Weg in den Staatstotalitarismus
ein leichter war (Spanien, Portugal, Italien und die meisten Balkanstaaten).
Oder, wie z.B. in Griechenland, hat, durch den klientelistischen Charakter der
Konsolidierung des Parlamentanismus, die dominante Rolle des Staates und die
dadurch
erzeugte
pathologische
Heteronomie
des
Marktes
den
Demokratisierungsprozeß in einen etatozentrischen Machtreproduktionsprozeß
verwandelt. Dadurch wurde der Demokratisierungsprozeß ausgehöhlt und
staatstotalitäre Alternativen zugelassen(griechischer Bürgerkrieg), die dann
durch ausländische Interventionen(GB dann USA) verhindert wurden.
Im mitteleuropäischen Raum, unter dem Einfluß Deutschlands, hat die
obrigkeitsstaatliche Tradition und die in ihrem Rahmen erreichte ökonomische
Effizienz, die die deutsche Wirtschaft charakerisierte, den späten
Demokratisierungsprozeß nach 1918 quasi marginalisiert. Der einzige Träger
des Demokratisierungsprozesses war die Sozialdemokratie, die schließlich zu
schwach war, um die Diktatur zu verhindern, da sie zwischen zwei totalitären
Alternativen(NSDAP und KPD) zermalmt wurde. In dem Moment, in dem die
Krise des kapitalistischen Systems den freien Markt delegitimierte, war die
Republik am Ende und der “Schutz” durch den totalitären Staat hat sich als
Lösung aus der Krise angeboten. Die historische(1848, 1870) Schwäche des
Demokratisierungsprozesses, der nach der Niederlage von 1918, mit dem
westlichen “Feind” identifiziert wurde, ebnete dabei den Einfluß des
Radikalnationalismus als des zentralen Integrationsmechanismus.
Durch
Kriegswirtschaft, Krieg und Genozid wurde der Höhepunkt der Irrationalität der
Abwertung des Menschen (“unwertes Leben”)und somit des Politischen in der
bisherigen Geschichte der Moderne erreicht.
17
In Frankreich hat der populistische Charakter der Verabsolutierung des
republikanisch-demokratischen Prinzips und der Etatismus der jakobinischen
Tradition zu einer populistischen Interpretation der Demokratie geführt. Die
dadurch sich reproduzierende Defizite des politischen Liberalismus konnten die
reaktionäre-rassistische Wandlung des Populismus, für breite Teile der
französischen Gesellschaft, nicht verhindern. So entstand in der Zeit zwischen
den Kriegen eine quasi Patt-Situation, die durch Volksfront und rassistische
Reaktion verkörpert wurde und dann während der Okkupation durch den
Widerstand und die Kollaboration artikuliert wurde. Erst durch die autoritäre
Präsidialdemokratie von 1958 (5. Republik), die auch die Kolonialfrage gelöst
hat, konnte die Republik stabilisiert werden.
Im Vereinigten Königsreich war die Quelle der sozialen Ungleichheit gleichzeitig
das entscheidende Hindernis für den staatlichen Totalitarismus. Zwar war die
quasi Sakralisierung der Individualrechte und des homo oeconomicus der Kern
der Reproduktion der sozialen Ungleichheit, gleichzeitig waren sie aber eine
historisch gewachsene Garantie(auch wegen der schrittweiseartigen
Durchsetzung der politischen Rechte) der Ablehnung jeder Form der
Verwandlung der Gesellschaft in eine das Individium vernichtende
Schicksalsgemeinschaft.
Auch in den USA muß man im Individualismus den Hauptwiderstand gegen
totalitäre Ideologien suchen, wie auch in dem Tatbestand daß von der
politischen Unterdrückung flüchtende Menschen ihre Heimat in den Vereinigten
Staaten fanden und somit eine breite demokratische Basis bildeten, die sowohl
den Sieg im Bürgerkrieg getragen hat, als auch die missionarische Ideologie als
Pflicht des amerikanischen Staates reproduzierte. Zweifellos kann dieser
Individualismus eine idiomatische Form einer parafaschistischen Bewegung
zustande bringen, die in der paranoiden Politik der amerikanischen Rechten
immer wieder zur Geltung kommt.
Traumata und Lehren. Die Nachkriegsstabilität und der Sozialstaat
Die Wirtschaftskrise der 30ger Jahre, die grundlegende Krise des Politischen
durch Faschismus und Nazismus, der Krieg und die Industrialisierung des
Massenmordes konstituierten die sozialpolitischen Traumata und die Erfahrung,
die sowohl zu der Überwindung des Paradigmas der säkulären Metaphysik des
effizienten Marktes, als auch zu der Notwendigkeit der Demokratisierung des
Kapitalverhältnissens durch die inhaltliche Erweiterung der formellen Gleichheit
durch die sozialen Rechte(Sozialstaat, Wohlfahrtsstaat) geführt haben. Diese
Erfahrung ging einher a.) mit der Notwendigkeit der Abwehr des
Einflußbereiches der Sowjetunion, wofür soziale Konsensstrategien notwendig
geworden waren und natürlich b.) mit dem industriellen Wiederaufbau Europas,
der ebenfalls den sozialen Konsens benötigte.
Um diesen Erfordernissen
gerecht zu werden und die erneute Destabilisierung des demokratisch-liberalenkapitalistischen Systems nicht zu riskieren, da man mittlerweile wußte was
daraus folgen würde, war a.) die langfristige Stabilisierung der Wirtschaft, also
der vom Westen beeinflußten Weltwirtschaft, notwendig und b.) die
Stabilisierung der nationalen Gesellschaften, die den westlichen Einflußbereich
ausmachten, wobei Europa - als Matrix der nationalistisch-rassistischen
Katastrophe- zwangsläufig eine zentrale Stellung bei dieser Zielsetzung
18
einnahm. So lieferte das Abkommen von Bretton-Woods(1944-1971) den
stabilen internationalen Rahmen(natürlich unter der Führung der USA und
durch die festen Wechselkurse zum an den Goldstandard gebundenen Dollar, der
dadurch endgültig zur Weltwährung wurde), der neue konsensuelle
Bedingungen für das Kapitalverhältniss in den jeweiligen Gesellschaften der
industriellen kapitalistischen Welt ermöglichte. Dieser Konsens, der die Form
der verschiedenen Ausprägungen des Sozialstaates annahm(von der
konzertierten Aktion der Sozialdemokratie, die als Neokorporatismus in die
wissenschaftliche Literatur einging, bis zu der abgemilderten Form
amerikanischer Prägung) ermöglichte eine bis dahin nie dagewesene materielle
Distribution. Der soziale Konsens ermöglichte eine bis dahin nie dagewesene
soziale Gerechtigkeit und dadurch, sowohl in Europa als auch in Amerika, ein
noch nie dagewesenes reales Wachstum der wirtschaftlichen Leistung. Die Folge
war die Stabilisierung der Demokratie, ihre Vertiefung durch die Erweiterung
der sozialen Inhalte der Rechtsordnung und die Bildung von entsprechenden
Institutionen, die endlich in der Konsequenz der Logik des allgemeinen
Wahlrechtes standen. Die soziale Ordnung sprengte die Schranken, die die
Rationalität des homo oeconomicus ihr auferlegt hatte und materialisierte die
Vernunft des Politischen. Zweifellos behielt das Kapitalverhältnis weiterhin
seinen Ungleichheitscharakter, aber die Institutionalisierung des Sozialstaates
führte zu der Domestizierung(Habermas) der Gewalt des Marktes(primär des
Arbeitsmarktes als Kern des Kapitalverhältnisses) und zu der, auch materiell
begründeten, Bestätigung des Politischen.
Somit kam der Begriff des
öffentlichen Interessens und des Allgemeinwohls zur demokratischen Geltung.
Das Privatinteresse blieb weiterhin das Fundament der liberalen Ordnung, und
prägte als Ordnungsprinzip den Charakter und den Inhalt der demokratischen
Rechts- und Wirtschaftsordnung, aber die soziale Bindung seiner Ausführung,
seiner Praktizierung wurde als Regulationsprinzip seiner Geltung
institutionalisiert. Der revolutionäre Anspruch der doppelten Eigenschaft des
Menschen, als bourgeois/citoyen, wurde dadurch weitergehend realisiert. Das
private Interesse (des homo oeconomicus) wurde, durch die Anerkennung und
Geltung der politischen und sozialen Rechte (durch die aktive und inhaltliche
Emergenz des homo politicus), als in der Reproduktion der Gesellschaft
integriertes Grundelement des Politischen institutionalisiert (soziale
Marktwirtschaft).
Die Politik, d.h. die politische Regulierung der Reproduktion des
Kapitalverhältnisses auf der Basis seiner konsensuellen Reproduktion, als die
gesellschaftliche Reproduktion garantierendes gesellschaftliches(ungleiches)
Gleichgewicht, war nicht mehr der Störfaktor des ökonomischen Paradigmas.
Der Keynsianische Konsens höhlte die säkuläre Metaphysik des liberalen
Paradigmas aus, marginalisierte die Marktradikalität, den Liberalismus des
homo oeconomicus, und versöhnte die Politik mit dem Politischen. Ungefähr 30
Jahre lang erlebte das Projekt der Moderne seine tiefgreifende Bestätigung. Die
Folge war (zumindest für die industrialisierte Welt) ökonomisches Wachstum,
reales Wachstum des BSP, Relativierung der Ungleichheit, Demokratisierung der
Entscheidungsprozesse und die Emergenz einer Emanzipationsbewegung, die
einer Kulturrevolution der supranationalen Durchsetzung der Menschenrechte
als Quintessenz des Projekts der Moderne gleichkam.
19
Die neoliberale Wende. Hintergründe und Konsequenzen
Die siebziger Jahre leiteten den Gegenprozeß ein. Das Essentielle dabei war die
sogenannte Befreiung der Märkte und der damit verbundene
Globalisierungsprozeß. Es ging um die Abkoppelung der Ökonomie vom
politischen institutionalisierten (nationalen) Rahmen in dem sie integriert war
und ihre Expansion, gleich Verlagerung in das politische Vakuum des
supranationalen Raumes als globalisiertes Kapital. Die Globalisierung des
Kapitals ging einher und wurde zugleich möglich durch die dadurch entstandene
Asymetrie des Verhältnisses zwischen Ökonomie und Politik. Das Politische
blieb an die Integrationsordnung des Nationalen gebunden, während das Kapital,
befreit von politischen(nationalen) Regulierungsmechanismen,
politisch
unregulierten Märkten, im supranationalen Raum schuf und sich jeder sozialen
Bindung und jedem Verhandlungszwang entledigte. Das Kapital hat sich vom
konsensuellen Zwang der Reproduktion des Kapitalverhältnisses befreit. Dies ist
eine einfache Formel um die Besonderheit des spekulativen Kapitals zu
beschreiben, d.h. um die Eigentümlichkeit des spekulativen Finanzkapitals und
dessen Abkoppelung von der realen Wirtschaft zu beschreiben, wodurch die
reale Wirtschaft drangsaliert wird und die reale Macht des Finanzkapitals sich
durchsetzt.
Als entscheidend für diese Entwicklung können wir folgende Gründe benennen,
die faktisch gleichzeitig auftreten, weil sie sich gegenseitig beeinflussen:
1.
Durch die erste und zweite Ölkrise fand ein internationaler phänomenaler
Umverteilungsprozeß statt, zugunsten der Öl produzierenden Länder. Riesige
Kapitalmengen wurden dem Produktionsprozeß entnommen und in die
Finanzökonomie investiert. Das bedeutet, daß neue Kapitalträger über eine
Unmenge von Kapital verfügten und das profitabel investieren
wollten(Petrodollars). Dieses Kapital produktiv in den Verarbeitungssektor
ihrer Länder zu investieren war für sie keine Option a.) weil in diesen Ländern
keine Infrastruktur dafür existierte und b.) weil die Kombination von fehlender
Industrialisierung und totalitärer oder autoritärer Machtstrukturen sie zu
keinem, oder zu äußerst geringen Zugeständnissen gegenüber der Bevölkerung
zwangen, d.h. keine nennenswerten materiellen Zusicherungen des sozialen
Konsens schienen ihnen nötig zu sein. Gewalt und Religion genügten um die
soziale Ordnung und die Disziplinierung der Bevölkerung zu gewährleisten. So
suchte dieses oligarchisch verteilte Kapital international schnelle Profite, die nur
über den Finanzmarkt zu gewährleisten waren. Dadurch bekamen die Verwalter
dieses Kapitals, Banken und Hedge Funds(die damals noch am Anfang ihres
Siegeszuges waren) eine immense Macht, da sie über das von ihnen verwaltete
Bargeld, das internationale Börsengeschäft, bald bestimmen konnten.
2.
Die Produktionskosten in den entwickelten kapitalistischen Ländern
stiegen durch die Kosten des Sozialstaates und obwohl sie eine auch hohe
Konsumkapazität in den Industriestaaten bedeuteten, hielten sie die
Profitmaximierung des Kapitals in Grenzen, bzw. sie war viel niedriger als die,
die in der Finanzbranche mittlerweile erreicht werden konnte. Dadurch beginnt
die Mutation der Banken vom Geldlieferanten für die Industrie zu
Investitionsbanken auf dem Finanzsektor.
Folge davon ist sowohl der
Richtungswechsel der Investitionen von der industriellen Produktion in den
Finanzsektor, als auch die Verlagerung der Produktion in Länder, die den
20
Sozialstaat und die damit verbundenen Kosten nicht kannten. Noch heute
werden 70% der Exporte der Schwellenländer, auch Chinas, von multinationalen
Konzernen produziert. Diese Entwicklung in Kombination mit der eigenen
Exportindustrie der Länder, die im internationalen Wettbewerb aktiv wurden
(zuerst Japan, das im Rahmen einer langfristigen Strategie der Beherrschung des
internationalen Marktes die Kosten senkte, und dann die sogenannten Tiger
Ostasiens, die bald sehr agressiv mitspielten) begann an den Grundpfeilern des
Sozialstaates zu rütteln. Die Regierungen von Thatcher und Reagan leiteten die
Demontage des Sozialstaates ein. Weniger Staat, also weniger Sozialstaat und
Deregulierung wurde langsam zur herrschenden Ideologie. Die Kosten des
Sozialstaates
wurden
zum
Schuldigen
der
Einschränkung
der
Konkurrenzleistung der entwickelten Industrieländer erklärt. Zwar führte der
Konkurrenzkampf im Rahmen des Kapitalverhältnisses zu einem phänomenalen
technologischen Schub(Intensivierung der Arbeit durch Technologie,
Produktivitätsmaximierung durch den Einsatz von automatisierten
computergesteuerten Produktionsprozessen etc.), aber gleichzeitig wurden
durch Technologie und Produktionsverlagerung, die in den dreißig Jahren nach
dem II Weltkrieg erreichten sozialen Gleichgewichtsverhältnisse im Rahmen des
Kapitalverhältnisses, zuerst destabilisiert und dann demontiert.
Die
phänomenale technologische Innovation, kombiniert mit der Verlagerung der
Produktion, ebnete den Prozeß des Jobless Growth in allen entwickelten
Industrienationen und beschleunigte die Umkehrung der erreichten
Umverteilung und dadurch die Vertiefung der sozialen Ungleichheit. So wurde
z.B. die Inflationsentwicklung der 70ger Jahre vorallem(in den USA) durch
Kostenreduzierung mittels deflationären Ungleichheitsstrategien überwunden.
Bald und nach der entscheidenden Krise der Tiger Ostasiens 1997/98 übernahm
China die zentrale Rolle bei dieser Industrie und Produktionsverlagerung, gefolgt
von der Emergenz der anderen sogenannten Schwellenländer, die unter der
Bezeichnung BRIC-Staaten die Neustrukturierung der internationalen
Arbeitsteilung bestimmen. Diese Entwicklung hatte und hat eine weitere
Konsequenz für die sozialen Machtverhältnisse in den westlichen
Industrieländern. Die Verlagerung der Produktion in das totalitäre China und in
andere, mehr oder minder undemokratische oder schein demokratische Staaten,
wo Traditionalismus, Korruption, Armut, vormoderne Machtstrukturen etc., die
falls vorhandene(Indien), formelle demokratische Strukturen in eine leere Hülle
degradiert haben, hatte eine entscheidende Konsequenz für das
Kapitalverhältnis. Die Notwendigkeit der Domestizierung der Gewalt des
Marktes, erzwungen durch die Nachkriegsbedingungen der Reproduktion des
Kapitalverhältnisses, wurde durch den Verlagerungsprozeß obsolet. Das Kapital
war nicht mehr gezwungen Zugeständnisse zu machen. Der zweite Pol des
Kapitalverhältnisses, bald sogar geographisch vom ersten Pol getrennt, wurde,
vor allem politisch, quasi marginalisiert. Unter dem gewaltigen Druck der
industriellen Reservearmee der armen Landbevölkerung und unter den
immensen Disziplinierungsmechanismen der totalitären oder autoritären
Staaten in denen jetzt der zweite Pol des Kapitalverhältnisses in einem
ausschlaggebenden Umfang instaliert ist, kann eben dieser zweite Pol keine
Bedingungen stellen, kann keine Verhandlungsposition beziehen, um die
Ungleichheit des Kapitalverhältnisses zu relativieren.
21
Er ist der zweite monumentale Sarkasmus der Geschichte(der erste war die
Realisierung der Diktatur des Proletariats als Diktatur über das Proletariat), daß
der Kommunismus(also der Totalitarismus der KP Chinas) zur essentiellen
Garantie der Ungleichheit des Kapitalverhältnisses wurde. In den Worten von Jin
Liqun, Aufsichtsratvorsitzender der China Investment Corporation, des
mächtigen chinesischen Staatsfonds: “Die Wurzel des ganzen Ärgers(in den
westlichen Industriestaaten) sind der überbordende Sozialstaat...und die faul
und träge machenden Arbeitsgesetze. Die Menschen müssen härter und länger
arbeiten”. (Die Zeit, No 43, 20.10.2011, S.26).
Die Politik ist – außerhalb der alten Industrieländer- kein Störfaktor. Im
Gegenteil, sie wird zum entscheidenden Faktor der Reproduktion des
internationalen Kapitals und seiner Profitmaximierung auf der globalen Ebene,
die Politik eben als Praxis gegen den Demokratisierungsprozeß, als Negation des
Politischen.
Gleichzeitig begünstigt diese Disziplinierungsfunktion der
autoritären oder semiautoritären Staaten, den Verlagerungsprozeß der
industriellen
Produktion
und
schmälert
dadurch
rapide
die
Verhandlungsposition des zweiten Pols des Kapitalverhältnisses in den alten
Industrieländern. Und das entweder durch die tatsächliche Verlagerung der
Produktion, die der arbeitenden Bevölkerung jegliche materielle
Verhandlungsbasis
raubt,
oder
durch
die
ausgesprochene
oder
unausgesprochene Drohung der Verlagerung(Das betrifft z.B. Deutschland. In
Deutschland wurde der angelsächsische Weg nicht befolgt. Die industrielle
Produktion wurde in einem hohen Maße nicht verlagert(Die Logik des
sogenannten “Ruhr-Kapitalismus”), was hauptsächlich den Bereich des
industriellen Mittelstandes betrifft, aber die Option der Verlagerung vorallem in
den ex-sowjetischen osteuropäischen Raum ist immer präsent). Zwar bleiben
die entscheidenden Technologie-Zentren in den westlichen Industrienationen
beheimatet und sind für die noch existierende Vormacht des Westens
entscheidend,
aber
a.)
die
technologische
Implementation
der
wissenschaftlichen Innovation wird mittelfristig auch in diesem Bereich die
Verhältnisse ändern.
Die Innovationskette:
Forschung – Wissen –
technologische Anwendung(Produktion) – Wissen spricht eher dafür, daß auch
hier eine, diesmal nicht beabsichtigte, Verlagerung stattfinden kann. Dazu
kommt, daß das kapitalkräftige China durch den Kauf von westlichen
Investitionsgütern, Firmen und westlichen Verarbeitungsindustrieanlagen den
Prozeß beschleunigen wird, da dadurch auch das wissenschaftlich-technische
Know How gekauft wird. Hinzu kommt, daß die Staatsverschuldungskrise der
Eurozone chinesisches Kapital für den Kauf von Staatsanleihen braucht, was zu
der Akzeptanz von Bedingungen führen wird, die u.a.den oben genannten Prozeß
beschleunigen wird. b.) dies hat keinen Einfluß auf das Wachstum ohne
Beschäftigung. Zwar wird eine Zahl von hochbezahlten Wissenschaftlern,
Designern etc. in den westlichen Industrienationen vorerst bleiben, aber die
Produktion findet woanders statt, wodurch die Zahl der Arbeitslosen im Westen
wächst.
Diese Entwicklung wird durch eine zweite Konsequenz der Globalisierung und
der Verlagerung der Produktion ergänzt.
Trotz künstlich gehaltener
Unterbewertung des Yuan (Remnibi), was natürlich auch die in China
produzierenden multinationalen Konzerne(70% der chinesischen Exporte
werden durch diese Konzerne produziert)unterstützen,die die interne
22
Konsumkapazität einschränkt und das Land zur größten Exportnation der Welt
verwandelt, wächst die Konsumkapazität der neuen Mittelschichten. Diese
neuen Mittelschichten, deren Entwicklung die größte politische Gefahr für das
kommunistische System zumindest potentiell bedeutet, ersetzen um das
Vielfache, die verlorenen Konsumenten in den westlichen Industrieländern.
3.
Das Volumen des international zirkulierenden Finanzkapitals (1), die
Veränderungen des Welthandels und der intenationalen ökonomischen
Konkurenz (2)schon Ende der 60ger Jahre/Anfang der 70ger Jahre, aber auch
ganz konkret die immensen Kosten des Vietnamkrieges, hatten die
amerikanische Regierung gezwungen, den Dollar vom Goldstandard
abzukoppeln und die Konvertibiliität der Währungen zum Dollar frei zu lassen.
Dadurch wurden die festen Wechselkurse abgeschafft, der Spekulation über die
Wechselkurse der Währungen Tür und Tor geöffnet und das Abkommen von
Bretton-Woods für beendet erklärt. Somit war das Ende der post- Kriegs
Stabilität, die das Bretton-Woods Abkommen gewährleistet hat, beendet und
damit auch der internationale Regulierungsrahmen, der in den jeweiligen
nationalen Gesellschaften den Sozialstaat möglich gemacht hat. New Deal und
Sozialstaat treten zurück, um erneut dem Paradigma des effizienten Marktes, der
Selbstreferenzialität und der Autopoiese des unfehlbaren Marktes Platz zu
machen. Die Politik muss sich erneut der säkularen Metaphysik des unfehlbaren
Marktes unterstellen.
Der eigentliche Störfaktor Politik, also die Politik als Medium der Konstitution
und Reproduktion des Politischen, ist unter den neuen Bedingungen auf
wundersame Weise aufgehoben. Politik als Prozeß der Domestizierung der
Gewalt des Marktes ist nicht mehr nötig bzw. sie wird als solche vom Geschehen
verdrängt. Das Kapitalverhältnis braucht nicht mehr, oder immer weniger, den
Konsens der sogenannten Sozialpartner als Voraussetzung seiner Stabilisierung
und Reproduktion. Für die Disziplin in der industriellen Produktion sorgt der
Totalitarismus des realen Kommunismus in Kombination mit dem Druck der
immensen industriellen Reservearmee der Landbevölkerung und mit der
realenPerspektive der absoluten Armut zu entgehen. Diese Entwicklung sorgt
gleichzeitig für die Herrstellung des entsprechenden Konkurrenzdrucks, der für
die nötige Diszipinierung der noch existierenden industriellen Produktion in den
westlichen Industrieländern notwendig ist.
Durch Verlagerung, und der dadurch entstandenen auch internen
Disziplinierung der sozialen Forderungen, wird das Kapital von jeglicher
gesellschaftlichen Bindung befreit. In seiner “ reinsten” Form als spekulatives
Finanzkapital, kann es global agieren, ohne sich den Zwängen des
Kapitalverhältnisses, das den entwickelten Nachkriegs-Industriekapitalismus
spezifisch charakterisiert hat, unterzuordnen. Das Privatinteresse kolonisiert
erneut das öffentliche Interesse indem es sich seiner Zielsetzung unterordnet.
Das Gemeinwohl folgt dem Untergang des keynsianischen Sozialvertrages. Es
wird obsolet bzw. privatisiert, d.h. es wird den dadurch entstandenen
Bedingungen des Marktes unterstellt und somit von den Interessen des Marktes
abhängig.
Die klarste und gleichzeitig die brutalste Form der
Einkommensumverteilung, die durch diese Entwicklung realisiert wurde, findet
sich in der massiven Veränderung der Steuerleiter zu Gunsten einer reichen
Minderheit. Das Finanzkapital wird faktisch kaum mehr besteuert. Es setzt sich
auch dadurch vom Politischen ab.
23
Die erneute Herrschaft des Finanzkapitals. Der Marktradikalismus
Der entscheidene Wendepunkt war die Annullierung des Glass Steagall Gesetzes
von 1933 im Jahre 1999 von der Regierung Clinton, also die Abschaffung der
Trennung der einfachen Banken(der Banken, die Ersparnisse konzentrieren und
Geld
an
Unternehmen
und
Haushalte
leihen)
von
den
Investitionsbanken(Investment Banks). Dadurch konnte die eigentliche Party
beginnen.
Die Verdrängung des Sozialstaates, die Herabsetzung der Produktionskosten, im
Rahmen der Globalisierung der Produktion, bei einer rapiden Verbreitung der
Konsumkapazität durch die Integration der Schwellenländer auf dem Weltmarkt
und einer, künstlich über Kredite gewährleisteten, hohen Konsumkapazität in
der westlichen Welt(die rasanten Profite der chinesischen Wirtschaft werden in
amerikanischen Staatspapieren angelegt, wodurch ein kontinuierliches
Wachstum der Konsumkapazität auf Pump in den USA ermöglicht wurde)
ermöglichen immense Profite die jetzt - sozial ungebunden -in den Finanzsektor
investiert werden. Die Banken mutieren in Investitionsbanken und gefolgt von
den Hedge Funds(deren globaler Charakter auch von den Investitionsbanken
übernommen wird) investieren nicht mehr in die Produktion sondern in das
Finanzsystem selbst. Das Finanzkapital investiert in das Finanzkapital. Damit
das möglich wird reichen Aktien und Währungsgeschäfte(durch die Befreiung
der Wechselkurse ermöglichte Währungsspekulation) nicht mehr.
Neue
Finanzprodukte werden ausgedacht und erschaffen oder alte schon existierende
Beiprodukte des Finanzgeschäfts treten in den Vordergrund und bilden das
Zentrum der Finanzinvestitionen.
Die “Finanzindustrie“ produziert ihre
“innovativen“ Produkte: Derivate, options(to sell or to buy), leverages,
Verbriefung von Krediten, Verbriefung von Hypotheken, undurchsichtige
Zusammensetzung von Finanzprodukten, Kreditausfallversicherungen, (CDS‘s,
CDÖ ‘s) etc.
Die Zeit der Mathematiker war gekommen. “Innovative“ Finanzprodukte
werden kreiert und die Rating Agencies garantieren ihren Wert. Die Autopoiese
des Systems erreicht einen tatsächlich historischen Höhepunkt. Das Paradigma
des fehlerfreien effizienten Marktes, befreit von der Störung des Politischen,
erreicht seine säkulare Offenbarung. Der Exostrakismus der sozialen Dimension,
die Verdrängung des Politischen ermöglicht die Reinheit des Paradigmas. Die
Welt als Differenzialgleichung kennt keine Krisen, keine Störung.
Wahrscheinlichkeitsrechnungen exilieren jede Wahrscheinlichkeit von Gefahr.
Die Formeln, die mathematischen Instrumente die man jetzt zur Verfügung hat
mit Hilfe der Computertechnologie, garantieren die Fehlerfreiheit.
Die
Mathematisierung der unsichtbaren Hand lässt den ursprünglichen einfachen
liberalen Grundgedanken zur gesicherten Konstruktion der Zukunft mutieren.
Die Zeit ist für den Profit entscheidend, da alles sich auf die Berechnung der
zukünftigen Folgen jeder Finanztransaktion stützt. Die Daten der Vergangenheit
des ökonomischen Verlaufs werden in mathematischen Formeln systematisiert
und in die Wahrscheinlichkeitsrechnung integriert, damit die gegenwärtige
Zukunft, die gegenwärtig errechnete Zukunft, die zukünftige Gegenwart(Vogl)
fest und sicher berechnen kann. Die Black-Scholes Differenzialgleichung ist
vielleicht die berühmteste Formel dieses Anspruchs der Fesselung der Zukunft.
24
Das Paradigma ist(politisch) rein und deswegen fehlerfrei, weil es in sich ruht
und sich selbst produziert. Somit scheint es die reale Welt zu beherrschen, ja mit
ihr(und mit ihrer Zukunft), identisch zu sein, da das Politische und somit die
Gesellschaft aus dieser Realität verbannt wurde, dank einer Politik, die das
Politische als irrationalen Störfaktor akzeptiert hat. Die reine Vernunft des
Marktes, ausgedrückt und beschrieben durch die reine Vernunft der
mathematischen Formeln, kann endlich, als herrschendes Paradigma, die
Irrationalität des Politischen, die mehr als dreißig Jahre, in der Ära des
Keynsianismus die ungehinderte Geltung des Marktparadigmas verhindert hat,
aus der Logik des Kapitalismus verbannen. Das selbstreferenzielle und sich
selbst produzierende Finanzkapital hat die beste aller (Finanz)Welten
geschaffen. So konnte es ein derartiges Volumen erreichen, so daß seine
Irrationalität nicht mehr kontrollierbar war und deswegen schließlich
2007/2008 implodierte.
Nach Berechnungen des IWF erreichte 2010 das Volumen der Devisengeschäfte
995 Billionen Dollar, das Volumen der außerbörslich gehandelten Finanzdevirate
601 Billionen, das Volumen der gehandelten Aktien und Bonds 87 Billionen,
während der Wert aller produzierten Güter und Dienstleistungen, also das
Brutoinlandprodukt weltweit 63 Billionen Dollar ausmachte. (Der Spiegel, Nr.34,
27.8.2011 S.60 ff)
Die gemäß dem Marktparadigma für unmöglich gehaltene Krise trat
unerwartet(da durch die Wahrscheinlichkeitsrechnungen abgeschafft) ein und
ließ die
Konstruktion der besten aller Welten
des Finanzkapitals
zusammenbrechen. Das global agierende Finanzkapital suchte dann die einzige
mögliche Rettung, eine ihm äußere Rettung, die Rettung durch die Aktivierung
des Politischen. Die sichtbare (gesellschaftliche) Hand mußte die Folgen der
Irrationalität der mathematisierten reinen Vernunft der unsichtbaren Hand
tragen, um den Zusammenbruch zu verhindern. 1929 fand sich im Jahr
2007/2008 wieder und es dauert noch an. Die Asymetrie der Weltwirtschaft,
die durch die Durchsetzung der Politik der Ungleichheit entstanden ist und die
Ungleichheit selbst machten diese für die Wahrscheinlichkeitsrechnungen des
reinen Marktparadigmas so unwahrscheinliche Krise nicht nur wahrscheinlich,
sondern äußerst real.
Der Weg in die Bankenkrise von 2007/2008
Die Politik der Ungleichheit wurde in den USA durch die Regierungen unter
Reagan eingeleitet und erreichte ihren Höhepunkt in der Ära von George W.Bush
.
Das Finanzkapital, befreit von den Zwängen der Reproduktion des
Kapitalverhältnisses, erreichte und überschritt die Hyperkonzentration des
Reichtums, die das “Gilded Age”, zu Beginn des 20. Jahrhunderts,
charakterisierte. 1% der Bevölkerung kontrollieren über die Hälfte des Aktienund Wertpapierhandels, besitzen c.a. 40 % des Privatvermögens, eignen sich
65% aller Einkommenszugewinne an und werden faktisch kaum besteuert, bei
einem Steuersatz, der für die Einkommen über 250.000 Dollar im Jahr um die
17% pendelt. (z.B. die 400 reichsten Amerikaner besitzen mehr als die ärmere
Hälfte der Bevölkerung, also mehr als 155 Mill. Menschen). Gerade die
Steuerleiter ist der Spiegel a.) der Befreiung von den Sozialzwängen des
25
Kapitalverhältnisses, b.) der Verbannung des Politischen (Zusammenbruch der
sozialen Solidarität als Kohärenzmedium der Gesellschaft) und c.) der dadurch
erfolgten Verkümmerung des Sozialstaates und des Gemeinwohls in seiner
gesamten Dimension, da auch kaum öffentliche Investitionen mehr realisiert
werden. Auf die Dauer läßt sich aber eine derart gestaltete Ungleichheit durch
traditionalistische Ideologeme nicht aufrechterhalten. Religion, Nationalismus,
Rassismus eignen sich immer als reaktionäre Integrationsideologeme, da sie
paranoide Feindbilder und narzistische Identitätskonstruktionen produzieren
oder aktualisieren, um Machtkonstellationen durch religiöse, nationalistische
oder eugenische Mythen zu legitimieren und/oder sie als solche unscheinbar zu
machen. Die erreichte soziale Ungleichheit ist aber derart materiell, daß sie insbesondere unter demokratischen Verhältnissen wobei Wahlen gewonnen
werden müssen -auch materiell verschleiert bzw. akzeptabel werden muß.
Diese, prima facie, Quadratur des Kreises, wurde über die Folgen der Asymetrie
der globalen Wirtschaft gelöst. Die immensen Gewinne der Schwellenländer
(hauptsächlich China), durch die Verlagerung der industriellen Produktion und
der internen Disziplinierung der Arbeiterschaft, wurden hauptsächlich in
amerikanischen Staatspapieren, also Schuldscheinen des amerikanischen Staates
angelegt, was über die FED(amerikanische Zentralbank) die Liquidität der
amerikanischen Ökonomie ankurbelte. Der amerikanische Staat wurde durch
die Auslandsverschuldung finanziert, was zwei Kriege bei extrem niedriger
Besteuerung ermöglichte und der Hyper-Konzentration des Reichtums keine
steuerlichen, bzw. politischen Hürden stellte, während die FED, gedeckt durch
den so entstandenen Kapitalimport die Geldpresse ansetzte und den Leitzins
ganz niedrig hielt. Die dadurch und durch den Wertpapier und Derivatenhandel
gesicherte Liquidität der Banken ermöglichte die massive Kreditvergabe, die
angespornt durch die Kredite der staatlich gelenkten Fannie Mae und Freddie
Mac(Federal/National Mortgage Association und Federal Home Loan Mortgage
Corporation)die Illusion des Reichtums aller durch die Effizienz des
Finanzkapitalmarktes erzeugte. Die Verbriefung der Hypotheken erweiterte die
Derivatenproduktion und den Wertpapierhandel ins Unvorstellbare und das
ohne irgendwelche Vorsichtsmaßnahmen, da schließlich, nach der Logik des
herrschenden Paradigmas, die in dem gesamten Spektrum der
Finanzspekulation erzielten Preise, die Information über die reale Welt und ihre
Zukunft reflektierten und durch Differenzialgleichungen die Berechnung der
Zukunft für immer abgesichert schien.
So wurde das Wunder vollbracht. Ohne Einkommensumverteilung, ja sogar bei
einer ständigen realen Einkommensumverteilung zu Gunsten der Reichsten,
wurde durch Kredite, Wohlstand für alle gewährleistet. Der amerikanische
Konsument wurde Konsument der Weltproduktion und fast dreißig Jahre lang
die Stütze der Weltproduktion. Gleichzeitig entstand ein phänomenaler
Bauboom in den USA, da praktisch jeder über Kreditannahme Hauseigentümer
werden konnte, und über Hypotheken Spekulation sich auch bereichern zu
können glaubte. Der Bauboom ließ die Häuserpreise und die Höhe der
Hypotheken wachsen, wodurch der Massenkonsum möglich wurde.
Die Implosion des kreditgestützten Wohlstandsbooms
26
Dieser Wohlstand auf Pump brach 2006/2007 zusammen. Über 12 Millionen
Menschen konnten ihre Hypothekendarlehen(aber auch Kreditkartendarlehen
und Autoleasingverträge) nicht mehr bezahlen. Die Realität der sozialen
Ungleichheit und der Rückgang der Produktion machten ihre Präsenz brutal
geltend. Die Blase des Immobilien- und Hypothekenmarktes platzte und zog das
gesamte System der auf Verbriefung von Hypotheken und Immobilienkrediten
gestützten Derivate mit sich. Das globale Bankensystem drohte zu kollabieren,
da die Banken auf einer Unmenge von faulen Krediten saßen, die ihre
Investitions- und Spekulationsgeschäfte stützten.
Die Politik der Ungleichheit hat, über 30 Jahre mit Erfolg, den Rahmen für die
virtuelle Realität des fehlerfreien Marktes und somit die Realität der
Konzentration des Reichtums zu sichern versucht. Bis 2007/2008 schien die
gesellschaftsabgehobene Autopoiese des Marktes zu funktionieren.
Die
mathematisierte unsichtbare Hand funktionierte, weil die sichtbare Hand der
Politik die Reproduktion der Ungleichheit sicherte, bis sie unkontrollierbar
wurde. Jetzt mußte der Staat, also die Politik die Ökonomie retten. Die Banken
mußten gerettet werden, weil sonst die gesamte Wirtschaft zusammenbrechen
würde. So mußte der Staat agieren. Er mußte agieren, aber nicht durch die
Aktivierung seiner sozialstaatlichen Regulierungs-Dimension, also nicht durch
Maßnahmen, die die Ungleichheit relativieren würden, um die Quelle der Krise
zu bekämpfen. Er mußte nicht als Sozialstaat sondern als Bankenrettungsstaat
agieren. Er mußte die Verluste sozialisieren aber keine Bedingungen stellen.
Der Steuerzahler, eigentlich die Gesamtgesellschaft, mußte die Kosten
übernehmen. Dadurch sollte aber keine gesellschaftliche Verhandlungsposition
entstehen. Staatsinterventionismus war plötzlich verlangt, um die Banken und
das Finanzsystem zu retten, aber daraus sollte keine Domestizierung der Gewalt
des Marktes folgen. Dies mußte mit allen Mitteln verhindert werden.
Schließlich, nach der Vergesellschaftung der Verluste, würde das Paradigma des
effizienten Marktes erneut wunderbar funktionieren. Diesmal sogar effektiver
als vorher, da man jetzt wußte, daß unvorhergesehene Verluste durch dem
Paradigma äußeren Faktoren (Gesellschaft) eliminiert werden konnten, wodurch
seine Reinheit noch klarer herausgestellt werden könnte.
Die Abwehr einer keynsianischen Lösung. Die amerikanische Paralysis
Dieses Ziel erklärt auch die massive konzertierte Aktion(Republikanische Partei,
Tea Parties, Oberstes Verfassungsgericht, Lobbies ect.) gegen die Regierung
Obama. Die Wahl von Obama signalisierte die Gefahr des Politischen. Sie
signalisierte die Gefahr der Emergenz der Politk erneut als Störfaktor des
Marktparadigmas. Die Rettung der Banken war die einzige akzeptable
„keynsianische“ Politik. Regulierung der Banken und der Finanztransaktionen,
Veränderungen der Steuerleiter, Besteuerung der Finanztransaktionen(Tobin
Steuer), sozialstaatliche Maßnahmen (Obamacare) und Konjunkturprogramme
bedeuteten Umverteilungsstrategien, die mit allen Mitteln verhindert werden
mußten. Gleichzeitig bedeutete die Rettung der Banken eine immense neue
Verschuldung des Staates, die ein neues zentrales Spekulationsobjekt angeboten
hat. Diese wurde aber eher in Europa zum neuen Spekulationsziel, da die E.U.
ihren Handlungsspielraum durch den Vertrag von Maastricht eingeschränkt hat.
27
In den Vereinigten Staaten, um sozialstaatliche Entwicklungen zu verhindern,
hat die konzertierte Aktion der Rechten und der ökonomischen Oligarchie in
ihrem Kern das politische System paralysiert. Durch die sogenannte “filibustermajority“und
die
Parlamentarisierung
der
amerikanischen
Präsidentialdemokratie, die in der George W.Bush Ära erfolgte, ist das System
der checks and balances und der überparteilichen konsensuellen
Entscheidungen zusammengebrochen. Die massive Frontstellung in allen
Bereichen der Meinungsbildung und der Machtausübung hat ein zentrales Ziel:
die Aufrechterhaltung und die Reproduktion der Politik der Ungleichheit, egal
was das für Folgen für die USA und ihrer Stellung in der Welt haben wird. Eine
Neubestimmung der Rolle der USA in der Welt ist sowieso außerhalb des
Horizonts der tea-parties und deren paranoiden Isolationismus und steht im
Endeffekt im Gegensatz zu den Privatinteressen der ökonomischen Oligarchie,
weil dies die Relativierung ihrer Position bedeuten würde.
Um die
Aufrechterhaltung der Politik der Ungleichheit zu erreichen, muß das Obama
Experiment mißlingen. Die Wucht der Agression gegen Obama ist leicht zu
erklären. Der Versuch New Dealmäßige und sozialstaatliche Entscheidungen zu
treffen, die massive Ungleichheit der Steuerleiter zu brechen, das Finanzgeschäft
zu regulieren (der Versuch die Abschaffung des Glass-Steagal Act rückgängig zu
machen), den Schutz der Konsumenten zu institutionalisieren (Elisabeth
Warren) und über Konjunkturprogramme die Produktion und die Produktivität
der Wirtschaft zu beleben, bedeutet den Kern der Politik der Ungleichheit zu
treffen. Deswegen grenzt die Reaktion auf die Politik des Präsidenten nicht an
Hysterie, sie ist regelrecht hysterisch geworden. Von der Paranoia der tea party
Bewegung bis zum Schwur jede Anhebung der Steuer für die Reichen zu
verhindern, den die Abgeordneten und die Senatoren der Republikanischen
Partei geleistet haben und bis zu der Absurdität der parteiischen (ja
klassenmäßigen) Interpretation der Verfassung durch die Gerichte
(Gleichstellung der juristischen und der natürlichen Person durch das Oberste
Verfassungsgericht der USA, was die Finanzierung der Wahlkampagnien
grundsätzlich verändert hat, Erklärung jeder Regulierungspolitik für
verfassungswidrig, Interpretation der Gleichheit als den absoluten Gegenpol der
Freiheit um u.a. die Meinungsfreiheit durch angebliche Einschränkungen zu
stärken, Einschränkungen der individuellen Freiheiten durch die Legalisierung
von entsprechenden Maßnahmen des Ministeriums für Innere Sicherheir etc.),ist
das gesamte Spektrum der Reaktion, finanziert von den Lobbies der
ökonomischen Oligarchie, in vollem Gange. Das eigentliche Ziel ist die Wahl von
2012, aber der erste Schritt dahin scheint schon erreicht zu sein. Schon bröckelt
die Aura des Präsidenten und damit die Zielsetzung seiner Politik ab. Die
verschiedenen Formen der konzertierten Aktion der Reaktion, die den
Marktradikalismus mit allen Mitteln aufrechthalten will, hat schon Erfolge. Die
Lähmung des Systems zwingt Obama durch Kompromisse das Mögliche, wie
auch immer bescheiden, zu verfolgen. Das führt zur großen Enttäuschung.
Entäuschung heißt Wahlabstinenz seiner Unterstützer von 2008. Die “Öccupy
Wall Street“- Bewegung rückt zwar plötzlich das Problem der oligarischen
Struktur der Gesellschaft- und nicht nur der amerikanischen- ins Rampenlicht,
aber sie ist mehr ein Ausdruck der Enttäuschung als ein wahlpolitischer Faktor,
der die nächsten Wahlen beeinflussen und die Übernahme auch der
Präsidentenschaft durch die Reaktion verhindern könnte. Trotzdem ist das Spiel
28
noch nicht ausgespielt. Der Kern des Problems ist in den Vordergrund getreten:
Solange die Ungleichheit nicht angetastet wird, wird das Politische weiterhin
verbannt und die Bedingungen der Krise werden reproduziert. Es geht und das
ist die große Gefahr, um die Aufrechterhaltung oder den Niedergang der
Demokratie in Amerika.
Die europäische Abwehr der keynsianischen Lösung
Das betrifft natürlich auch Europa. Auch in Europa hat die Bankenkrise von
2007/2008 zu einer immensen Verschuldung der Staaten geführt, die die
Banken retten mußten. Auch in Europa hat die Politik der Ungleichheit und der
Übermacht des Finanzkapitals die gesellschaftlichen Strukturen verändert. Der
Richtungswechsel der Spekulation des Finanzkapitals, das jetzt die Verschuldung
des europäischne Staates im Visier hat, versucht die sozialstaatliche Zivilisation
Europas zu zertrümmern. Aber die Paralysis des politschen Systems nimmt in
Europa, vor allem in der Eurozone, andere Formen als in Amerika an. Der Grund
liegt a. )in den politischen Defiziten des Maastricht-Vertrags und b.) in der antikeynsianischen, monetaristischen Logik des Vertrages, dessen Hauptziel die
Kontrolle der Inflation mittels der Zinspolitik und der restriktiven Kontrolle des
Geldumlaufs in der Währungsunion, die die zentrale Aufgabe der EZB, nach dem
Modell der Bundesbank ist, umrahmt von der antikeynsianischen Bremse der
60% und 3% Regel(Die Staatsschuld darf nicht die 60% des BIP überschreiten
und das Haushaltsdefizit nicht die 3%). Vergessen wurde dabei, daß das Modell
der Bundesbank so effektiv funktioniert hatte, weil der bundesdeutsche Staat ein
Finanz- und ein Wirtschaftsministerium hat, was die Finanz- und
Wirtschaftspolitik reguliert, worüber die Eurozone nicht verfügt. Das wurde
natürlich nicht “vergessen”. Es war die Konsequenz des Tatbestandes, daß, trotz
europäischer Integrationsvisionen und tatsächlichen
institutionellen
Integrationsschritten, das Primat des Nationalstaates nie aufgegeben wurde.
Eine Währungsunion sollte entstehen, aber keine wirtschafts- und
finanzpolitische Union, weil sie zwangsläufig tiefer gehende, grundlegende und
spezifische Schritte der Überwindung der nationalen Souverenität konsolidieren
würde. Zu diesem Schritt waren weder die nationalen Gesellschaften der Union,
noch ihre politischen Führungen bereit(Die spätere plebiszitäre Ablehnung der
europäischen Verfassung, die zum Lissaboner Vertrag führte, ist der klarste
Beleg für diese Haltung).
So entstanden, oder wurden nicht überwunden, Diskrepanzen, Antinomien und
Asymetrien, die nach dem Ausbruch der globalen Krise (eigentlich des Westens)
das europäische Integrationsprojekt am Rande des Zusammenbruchs geführt
haben. Die Krise als Schulden-, Banken - und Produktionskrise kann mit den
existierenden Instrumenten der Eurozone nicht bewältigt werden. Nur die
“Identitätsänderung” der EZB und ihre Verwandlung in eine europäische FED,
die Rekapitalisierung der systemrelevanten europäischen Banken (die auf
Unmengen von toxischen Derivaten und toxischen Staatspapieren sitzen) durch
die EZB und die massive Bekämpfung der Investitionskrise (mittels der EIB, der
sogenannte europäische Marschall Plan), könnte die herrschende Lähmung und
die Vertiefung der Krise überwinden. Aber radikale Integrationsschritte und
entsprechende Veränderung der Verträge, also eine neue Identität der Eurozone
29
ist anscheinend gesellschaftlich nicht tragbar. Deswegen wiederholen sich die
Spitzengipfel, die zu flicken versuchen, was nicht zu flicken ist.
Die deutschen Lösungsversuche.
In Deutschland, nach der Einführung des Euro (die eigentlich als die Bedingung
der Akzeptanz der Wiedervereinigung aufgefasst wurde, was sie zweifellos auch
war), wurde eine kontrollierte und geordnete Politik der Ungleichheit (Agenda
2010), bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der industriellen Kapazität der
deutschen Wirtschaft, folgt. Das führte dazu, daß die Konkurenzkapazität
gestärkt wurde und die deutsche Wirtschaft ihren industriellen Charakter
behielt, was wiederrum den “geordneten” Charakter der Politik der Ungleichheit
ermöglichte und Deutschland als Produktionsstätte Europas bestätigte. Die
Konsequenz war, daß die industrielle Produktion genug Profite abwarf um
kombiniert mit der erzielten Ungleichheit (Hartz 4, Mini Jobs, Leiharbeit,
Dumpinglöhne, Umverteilung durch die Steuerleiter) weiterhin attraktiv für das
Kapital blieb. Gehälter, Löhne und Renten blieben faktisch stabil, d.h. sie
profitierten von dem erfolgten Aufschwung kaum, wodurch der
Konkurenzvorteil wuchs und die dadurch erzielte Profitmaximierung
Investitionen in die industrielle Produktion anlockte und die Abwanderung des
Kapitals in die Investitionsbanken in Grenzen hielt. Dadurch wurde die
amerikanische und englische Entwicklung vermieden(Die Deutsche Bank z.B. mit
mehr als 80% ihres Geschäftsvolumen in dem Investitionsbanksektor ist keine
deutsche Bank mehr, sondern eine internationale Investmentbank, da sie mit nur
4% ihres Geschäftsvolumens die deutsche Industrie unterstützt ). Entscheidend
für diese Entwicklung waren die Großen der industriellen Produktion(Autos,
Maschinen, Chemie) , die natürlich auch international massiv investieren und
produzieren aber vorallem der industrielle Mittelstand, der durch seine Gewinne
und seine Investitionsstrategie (Reinvestition der Profite), seine Unabhängigkeit
gegenüber den Banken beibehalten hat und den wichtigsten Rückhalt für die
bescheidenen Versuche der Bundesregierung dem Bankkapital auf Augenhöhe
zu begegnen, liefert.
Man darf auch nicht vergessen, daß die deutsche Industrie die wichtigsten
international geltenden Statussymbole des individuellen wirtschaftlichen
Erfolges produziert, wodurch der individuelle soziale Aufstieg öffentlich belegt
wird. Vom Golf bis zum Rolls Royce liegt mittlerweise die ganze Palette der als
Statussymbol geeigneten Autoproduktion in den Händen der deutschen
Industrie.
Die geordnete Politik der Ungleichheit erreichte ein doppeles Ergebnis. Sie
ermöglichte, sowohl die Konzentration des Reichtums, die inzwischen die größte
in der bundesrepublikanischen Geschichte ist aber nicht die Hyperkonzentration
der USA erreicht hat, als auch einen nicht schockartigen Rückgang des
Sozialstaates, bei niedriger Arbeitslosigkeit, der durch seinen allmählichen und
fragmentienten Charakter die politische Auseinandersetzung nicht bestimmen
konnte. Im Gegenteil, die dadurch erzielte bessere soziale Situation in
Deutschland, oder zumindest das bessere -im Vergleich zu den anderen
europäischen Ländern - Bild der sozialen Situation des Landes in der
Öffentlichkeit, unterstützt eher den ökonomischen Nationalismus, der sich in der
30
Angst vor dem angeblich drohenden Verlust des Erreichten , durch eine größere
Einbettung in Europa, ausgedrückt wird.
Nur die Alterung der deutschen Gesellschaft scheint ein bedrohliches Problem zu
sein, das die “geordneten” Verhältnisse ins Wanken bringen und den
kontrollierten Rückgang des Sozialstaates gefährden kann. Man darf auch nicht
unterbewerten, daß die Wiedervereinigung, also die Integration
Ostdeutschlands, die Kombination von sozialer Disziplin, produktiven
Investitionen und “logischer”Ungleichheit (die Situation der Bürger der ex DDR)
salonfähig gemacht hat, was die Politik der Ungleichkeit verschleiert oder als
nationale Notwendigkeit erscheinen ließ.
So wurde Deutschland das China Europas. Der Überschuß Deutschlands
bedeutet im Rahmen
des europäischen Marktes
das Defizit des
konkurrenzschwachen Südens. Dies hatte vorerst keine Explosivkraft. Die
stagnierende oder rückgängige Produktion (Italien, Frankreich) bei massiver
Umverteilung zugunsten der Reichen, hatte keine Folgen für das
Durchschnittseinkommen der Bevölkerung und die Ungleichheit der Steuerleiter
wuchs, ohne vom dramatischen Anstieg der Armut gefolgt zu werden.
Die billigen, als AAA bewerteten, Kredite der Eurozone, gesichert von der
deutschen (echten) und gesamteuropäischen (Schein), Stabilität, finanzierten
über die Staatsverschuldung, die Konsumkapazität und den Wohlfahrtstaat.
Gleichzeitig, die Euphorie der Finanzspekulation(Investmentbanks in Island und
Irland als extreme Beispiele, aber auch in Frankreich und in Deutschland und der
Bauboom in Spanien) erzeugten einen ungleichen Wohlstand auf Pump, der in
Griechenland seine absurdesten Formen annahm.(Ein Steuersystem, das bei
weitem die Steuerungleichheit der USA überschritt als Ergebnis von
Steuerimmunität, Steuerhinterziehung und Korruption des Finanzapparates,
Finanzierung von Klientelnetzwerken, Entindustrialisierung, Zusammenbruch
der substitutionsabhängigen(E.U.) Landwirtschaft, massive private und
öffentliche kreditgestützte Konsumption ect).
Deutschland ist das einzige europäische Land, das von der Krise nicht
mitgerissen wurde und weiterhin auf seine Produktionsleistung bauen kann. In
der Eurozone, in der E.U., bilden Griechenland und Deutschland die absoluten
Antipoden. Deswegen ist Griechenland das Land, was man gerade noch in der
Eurozone toleriert, faktisch nur aus Angst vor Dominoeffekten, während
Deutschland seine Bedingungen für die Lösung aus der Krise stellt und das
europäische Geschehen bestimmt. Zwar bilden Frankreich und Deutschland
öffentlich das Führungstandem Europas, wobei die Komission und die
europäischen Instititionen zu einer Art Sekretariat der deutsch/französischen
Führung degradiert sind, aber die Entscheidungen liegen in deutscher Hand. So
werden ausschlaggebend für die Strategie aus de Krise die Entscheidungen des
deutschen Bundestages und des deutschen Verfassungsgerichts.
Die
Vorherrschaft Deutschlands in der Eurozone ist schon eine Realität, da nur
Deutschland über die Mittel und die wirtschaftliche Struktur verfügt, um die
Eurozone zu leiten. Diese Leitung ist aber äußerst problematisch, da eine
wirklich europäische Lösung durch die Überwindung der Organisationsdefizite
des Maastrichter Vertrages für Deutschland nicht akzeptabel ist.
Eine
“Identitätsänderung”des deutschen Nationalstaates ist gesellschaftspolitisch
nicht tragbar, was zweifelsohne, die Mehrheit der Bürger der anderen
europäischen Nationalstaaten für sich auch ablehenen würden, obwohl die
31
Überwindung der Auslandsschuldenkrise die Reorganisierung des europäischen
Systems fordert.
Auch erste Schritte in diese Richtung, über die
Restrukturierung der Rolle der EZB, sind in Deutschland kaum tragbar.
Frankreich und der europäische Süden würden das wünschen und es würde im
Endeffekt weniger kosten als die Flickerei der letzten 2 Jahre. Die aktivere Rolle
der EZB (z.B. Eurobonds) würde keine grundlegende Veränderung an der
Struktur der Integration Europas bedeuten. Eine Restrukturierung der EZB
würde aber die
Abkoppelung aus der so entstandenen gegenseitigen
Abhängingkeit unmöglich machen und diese Option will anscheinend
Deutschland(und der reiche Norden), das sich durch ihre Wirtschaftsposition
sicher fühlt, nicht aufgeben. Zumindest der konvervative Teil der deutschen
Gesellschaft und die deutsche Industrie wollen so eine Option nicht fallen lassen.
Eine moralisierende Politik scheint besser geeignet zu sein, um die nötigen
Konsequenzen zu vermeiden. Die Sünder müssen für ihre Sünden bezahlen, egal
ob diese Sünden zum Wachstum der deutschen Industrie erheblich beigetragen
haben und dadurch die deutsche Position in der Welt zementiert haben.. Für
einen Teil der konservativen politischen Eliten in Deutschland scheint die
Konstruktion der EZB als Kopie der alten Bundesbank nicht genug zu sein. Aus
diesem Blickwinkel heraus hängt die internationale Konkurenzfähigkeit Europas
von der “Germanisierung” ihrer sozialen Struktur ab, sonst hat dieEurozone
keine Existenzberechtigung. Falls man auf das Eurozonemodell weiterhin bauen
soll, muß Europa quasi nach dem deutschen sozialen Modell strukturiert
werden. Das bedeutet Verfestigung der internen Ungleichheiten und eine
idiomorphe Verflechtung der europäischen Staaten untereinander: Produktive
konkurenzfähige Staaten im germanophonen Raum und im Norden Europas und
Staaten mit billiger Arbeitskraft und möglichst niedrigen Sozialkosten im Süden
Europas. In so einer Struktur Griechenland, als schwächstes Glied Europas,
müßte auf dem möglichst niedrigen Niveau am Leben, also in der Eurozone,
gahalten werden. Die alternative für Griechenland, wäre sowieso die noch
katastrophalere
Rückkehr zur Drachme. Eigentlich heißt das, um beim
deutschen Modell zu bleiben, Griechenland soll ein Hartz-4 Land Europas
werden. Schließlich und das stimmt auch, ist das die Folge der Bedingungen der
sozialen Integration eines Sonderfalls, der nie wirklich in Europa integriet
wurde.
Lösungen und Perspektiven.
Die amerikanische Paralysis und das
Hindernis des nationalen Souverenitätsgedanken in Europa
Die mittlerweile zu internationalen Hauptverfechter des reinen ökonomischen
Paradigmas der effizienten Märkte – auf der Basis der Politik der Ungleichheit –
avancierten Vertreter der Herrschaft des Finanzkapitals, die Rating Agencies,
bestimmen die europäische Politik über die Instrumentalisierung der
Devaluierung der Kreditwürdigkeit der verschiedenen Staaten.
Der
internationale Charakter der Krise und das Zögern Europas(Deutschlands),
machten die Teilnahme des IMF in den europäischen Rettungsversuchen
notwendig. Leitgedanke der Rettungsversuche bleibt, ohne vom eigentlichen
Charakter der Krise beeinflußt zu werden, das mathematisierte liberale
Paradigma: Die Durchsetzung der Politik der Ungleichheit als Lösungsformel,
32
d.h. Sparen, also Depression, als Mittel gegen die Auslandsverschuldung. Das Ziel
war und bleibt das Politische als Störfaktor zu zähmen.
Die Lösung, die deswegen keine sein kann, soll durch die Intensivierung der
Ungleichheit erreicht werden. Die sogenannten Exzesse der staatlichen
Haushalte (Sozialstaat) sollen durch Ersparnisse gezähmt, bzw. rückgängig
gemacht werden, bei gleichzeitiger Rücknahme der Unternehmensteuer und
massiven Gehaltskürzungen. Mit anderen Worten, das Ziel ist den Sozialstaat
weiterhin unter Druck zu setzen, die Einkommensverteilung zu Gunsten des
Finanzkapitals zu verschärfen und dadurch die Depressionsspirale als einzigen
Ausweg aus der Krise zu deklarieren.
Im öffentlichen Diskurs nimmt das die Form eines Appels der Wirtschaft an die
Politik an, endlich Lösungen mit langfristiger Perspektive zu finden. Dies ist
zwar vernünftig, ändert aber nichts an dem bestimmten Charakter der
politischen Entscheidungen, die von den Rating Agencies verlangt werden.
Konjunkturprogramme und Erleichterung des Drucks auf die niederen
Einkommen, bzw. sozialstaatliche Maßnahmen, sind zwiefellos außerhalb der
Zielsetzung der Bewertung der Staaten, da sie vorerst die Verschuldung(bei
Beibehaltung der Abstufung der Steuerleiter) vergrößern würden und somit dem
möglichst schnellen Rückgang der Verschuldung entgegen wirken würden.
Diese Position wurde offensichtlich bei der absurden da vollkommen sinnlosen
Abwertung der Kredibilität des amerikanischen Staates, als die Verhandlungen
über die Erhöhung der Schuldengrenze in den USA ins Stocken geraten war.
Zwar war das öffentlich vorgetragene Argument die tatsächliche Ineffizienz der
amerikanischen Politik, aber das Ziel war der Versuch der Deligitimation und
Destruktion der Obama Präsidentschaft, da sie als Regierung die Verantwortung
trägt und ihre Vorschläge nicht durchsetzen kann(Eine Abwertung der USA, die
noch über die Internationale Leitwährung verfügt würde der Abwertung der
Weltwirtschaft gleichkommen, was nur sinnlos sein kann).
Für Europa sieht das prima facie etwas anders aus. Von den Rating Agencies und
den Banken wird eine Politik verlangt, die langfristig zu einer Lösung der
Schuldenkrise führen soll und die europäische Währung stabilisieren soll, was
die europäische(deutsche) kurzlebige Flickerei nicht gewährleisten kann. Das ist
vorerst richtig. Eine gesamteuropäische Lösung muß her(Überwindung der
Maastrichter Auswegslosigkeit). Aber a.) da wegen der Vorherrschaft der
Partikularität durch die jeweiligen Nationalismen sie nicht durchsetzbar zu sein
scheint, kann man sie ohne besondere Konsequenzen verlangen und b.) der
unbedingte Inhalt dieser Lösung soll dem Ordoliberalismus verpflichtet bleiben,
also
sparen(Verkümmerung
des
Sozialstaates),
Begünstigung
der
Unternehmerprofite, um angeblich Investitionen zu begünstigen(Vertiefung der
Ungleichheit) und weitere Übernahme der Spekulationsverluste der Banken,
durch die Steuerzahler.
Also durch EFSF und ESM, deren
Konstruktionsarchitektur den toxischen Charakter der Staatsverschuldung nicht
verhindern kann, da die Fesselung der EZB durch die Maastrichter
Bestimmungen die Staaten weiterhin zur Kreditaufnahme auf dem freien
Finanzmarkt verpflichtet, was jedem Rettungsversuch zuwiderläuft.
Die
Quintessenz dieser Entwicklung ist, daß das ordoliberale Paradigma Depression
durch Depression bekämfen will, was die Krise, in der Form z.B. der Gefahr des
Zusammenbruchs der Eurozone, nur vertiefen kann. Daß dieses Paradigma
weiterhin seine Gültigkeit behält, obwohl es der Grund der Bankenkrise von
33
2007/2008 war und in ihre Mutation in die Staatsschuldenkrise geführt hat,
hängt von zwei Faktoren ab: a.) von den Erfolgen der Rechten, die das System
in den USA paralysiert haben und die Herrschaft des Finanzkapitals festigen und
b.)
von der Unmöglichkeit der Überwindung des nationalen
Souverenitätsgedankens in der Eurozone, dessen ökonomische Ausdrucksform
durch die ökonomische Asymetrie innerhalb der Eurozone gefestigt wurde.
Solange durch den Maastrichter Vertrag die Staaten gezwungen sind Kredite auf
dem freien Markt zu suchen, solange, also die EZB keine “Identitätsänderung“
durchmacht, um durch, wie auch immer strukturierte Kredite, die Staaten aus
der Schuldenfalle zu retten und solange die Finanz- und Wirtschaftspolitik
national bleibt, also keine ausschlaggebende europäische Regulierungs- und
Ordnungspolitik möglich ist, solange werden die Rating Agencies die Bewertung
der Rettungsversuche bestimmen und das Schicksal des europäischen Projektes
an die Interessen des internationalen Kapitals binden. Es ist auch sehr
bezeichnend, daß die Finanzinstrumente der versuchten Eurorettung genau der
Logik der „innovativen“ Finanzprodukte entsprechen, also ähnliche Strukturen
aufweisen(Zusammengesetzte Pakete, Hebelwirkung also leverage etc.),
während der Versuch das chinesische Kapital als Investor anzulocken, die daraus
resultierende Abhängigkeit in Kauf nimmt.
Es bleibt trotzdem eine Hoffnung, die den Zusammenbruch der Eurozone und
somit den Zusammenbruch der Europäischen Union verhindern könnte. Die
wachsende Belastung der europäischen Gesellschaften könnte die normative
Kraft des Faktischen endlich aktivieren und die Macht des Finanzkapitals
brechen. Schließlich ist das europäische rechte Spektrum nicht so paranoid wie
das amerikanische. In den Vereinigten Staaten könnte nur ein erneuter Sieg von
Obama die drohende Katastrophe verhindern(die Wahlen in Deutschland 2013,
die eventuell eine Änderung der europäischen Politik bedeuten würden, liegen
leider in weiter Ferne..). Denn Katastrophe bedeutet für den Westen die
grundsätzliche Destabilisierung des Projektes der Moderne durch die
Marginalisierung des Politischen. Mit anderen Worten, sie bedeutet die größte
Gefahr für die Demokratie und diesmal nicht durch den Staatstotalitarismus,
sondern durch den Marktradikalismus.
Durch den Vertrag von Maastricht wurde die ordoliberale Ordnung politisch
etabliert, weil die Politik sich in Schranken gezwungen hat, die man nur als
Ordnungsprinzip einer Form der Postdemokratie interpretieren kann. Man muß
einfach feststellen, daß der berühmte Satz von Roosevelt, in seiner Rede im
Madison Square Garden vor seiner zweiten Wahl 1936, weiterhin seine
Gültigkeit behält.
“We know now that Government by organized money is just as dangerous as
Government by organized mob…”
Es geht schließlich darum die Postdemokratie der Finanzinteressen, die die
Politik bestimmen, zu verhindern. Es geht darum, wie es Habermas formuliert,
die Würde der Demokratie zu retten. Es geht darum das Politische vor der
Destruktionskraft der ordoliberalen Politik der Ungleichheit zu befreien.
34
Ausgewählte Literatur
Eichengreen Barry: Exorbitant Privilege. The Rise and Fall of the Dollar, Oxford
University Press, Oxford 2011
Ferguson Niall: Der Aufstieg des Geldes. Econ/ Ullstein, Berlin 2009
Krugman Paul: Der grosse Ausverkauf. Wie die Busch-Regierung Amerika ruiniert,
Campus Frankfurt a.M/New York, 2003
Krugman, Paul: The Conscience of a Liberal. Norton and Company, New York
2007
Posner, Richard A.: The Crisis of Capitalist Democracy. Harvard University Press,
Cambridge Massachusetts 2010
Rajan Raghuram G: Fault Lines. Princeton University Press, Princeton and Oxford
2010
Reich Robert B.: Supercapitalism. The Transformation of Business. Democracy and
Everyday Life, Alfred A., Knopf, New York 2007
Shiller Robert J.: The Subprime Solution, Princeton University Press, Princeton
and Oxford 2008
Sinn Hans – Werner: Kasino Kapitalismus, Ulstein, Berlin 2010
Steinbrük Peter: Unterm Strich, Hoffmann und Campe, Hamburg 2010
Stiglitz, Joseph E.: The Price of Inequlity. Norton and Company, New York 2012
Vogl Joseph: Das Gespenst des Kapitals, diaphanes, Zürich 2010
Bildungsmedien /DVDs
Fahrenheit 9/11 (2004)
Michael Moore's view on what happened to the United States after
September 11; and how the Bush Administration allegedly used the tragic
event to push forward its agenda for unjust wars in Afghanistan and Iraq.
Director:
Michael Moore
Writer:
Michael Moore
Stars:
Michael Moore, George W. Bush and Ben Affleck
The Corporation (2003)
35
Documentary that looks at the concept of the corporation
throughout recent history up to its present-day dominance.
Directors:
Jennifer Abbott, Mark Achbar
Writers:
Joel Bakan, Joel Bakan (book)
Stars:
Mikela Jay, Rob Beckwermert and Christopher Gora
Sicko (2007)
A documentary comparing the highly profitable American
health care industry to other nations, and HMO horror
stories.
Director:
Michael Moore
Writer:
Michael Moore
Stars:
Michael Moore, Tucker Albrizzi and Tony Benn
36
Dimitris Charalambis
3.5. Evaluierungs- und Weiterbildungsangebot für
Multimediaprodukte und Bildungsmedien zur
politischen und zeitgeschichtlichen
Erwachsenenbildung: Klientelvertrag versus
Sozialvertrag. Der griechische „Sonderfall“ und
seine Geschichte im 20.Jahrhundert.Ein Versuch
den Weg in die Schuldenkrise zu erklaeren.
Weiterbildungsmodul 2
Vorgehensweise und Kursbeschreibung
Die Kursteilnehmer bekommen einen Text vom Kursleiter, der als
Wissensgrundlage dienen soll. Der Text wirft Fragen auf, die im Laufe des
Unterrichts und mit Hilfe ausgesuchter Literatur beantwortet werden sollen,
bzw. den diskurssiven und interaktiven Charakter des Kurses begründen. D.h.
der Grundlagetext soll, mit Hilfe der dargebotenen Literatur, die Diskussion als
Wissens und Problematisierungsprozess vertiefen.Dabei werden ausgesuchte
DVDs eingesetzt.
Sie sollen die Facetten der behandelten Problematik dem Kursteilnehmer
veranschaulichen.Ueber die Macht der Bilder sollen gewisse Aspakte der realen
Prozesse,die im Unterricht analysiert werden, dem Kursteilnehmer näher
gebracht werden und den historischen Ereignissen eine konkretere Dimension
gewähren.
Es werden zwei Alternativen für die Unterrichtsmodule angeboten
3.
Eine längere und ausführliche Version, die aus 8 Unterrichtseinheiten von
je drei Stunden besteht und
4.
Eine komprimierte Version die aus 3 Unterrichtseinheiten dreistuendiger
Dauer besteht.
Die Pilotpräsentationen beschränken sich allerdings auf einen dreistündigen
Kurs, da das vorrangige Ziel die Demonstration der Vorgehensweise war.
Basistext 2
Gliederung der Thematik
(Voranmerkung zum Basistext: Der hier vorliegende Ausgangstext ist in
einer quasi telegraphischen Form verfasst, die die jeweilige Themen
benennt und die Grunderkenntnisse der Analyse zusammenfasst).
Vorbemerkung zur Gliederung
Die folgende Gliederung hat den Charakter einer quasi executive summary. Sie
ist gleichzeitig Gliederung des Materials, Inhaltsverzeichnis und strukturierte
Zusammenfassung des Buches. Deswegen ist sie kein konsistenter Text, sondern
hauptsächlich ein systematischer (kohärenter) Folgeablauf von Titeln, die in
Kurzform den Inhalt und die Logik des Textaufbaus wiedergeben.
So ist sie die „Wirbelsäule“ des Buches und die in telegraphischer Form verfasste
Wiedergabe des Inhalts der fünf Hauptkapitel, die den fünf Hauptzäsuren des
griechischen 20. Jahrhunderts entsprechen, die dadurch als solche erklärt
werden.
Der Gedanke ist, das Material in seinem historischen – in der nationalen und
internationalen Dimension – Rahmen zu verstehen und parallel einen
Analysezusammenhang zu liefern, der sowohl die Entwicklung in den
verschiedenen Zeitabschnitten verständlich macht, als auch die Gründe, die –
insbesondere nach 1974 – den Weg in den faktischen Bankrott bestimmt haben,
erklärt. Dabei soll die Begründung der immer wiederkehrenden Reformresistenz
des politischen Systems, der Wirtschaftsstruktur und der Form, der über
Klientelnetzwerke gewährleisteten sozialen Integration (und ihrer Krisen) klar
herausgestellt werden. Letztendlich, weil genau diese Aspekte den Verlauf des
griechischen 20. Jahrhunderts charakterisieren und bestimmen. Dabei wird die
Kernlogik der griechischen sozialen Formation erklärt und die Aspekte, die ihre
„Besonderheit“ ausmachen – auch im europäischen Vergleich – klar ermittelt.
Man muss auch bemerken, dass, wenn man dem Periodisierungskonzept von
Hobsbawm folgen würde, das griechische 20. Jahrhundert 1909 anfängt, also mit
dem Jahr, das die Grenzen des seit der Gründung des griechischen Staates
konsolidierten Systems signalisiert und die Reformversuche des 20.
Jahrhunderts einleitet, und mit der Krise von 2007/2010 endet.
Diese Krise signalisiert die fundamentale Krise der III. Republik, aber vor allem
die Ausweglosigkeit der politischen Kultur, die das politische und soziale System
bestimmt hat.
Griechenland befindet sich am Wendepunkt. Das Dilemma dieses Wendepunkts
betrifft die noch offen stehenden Perspektiven für das 21. Jahrhundert, da auch
diesmal eine entscheidende Grenze erreicht worden ist. (Was den Inhalt des
deswegen notwendigen Epilogs ausmacht).
38
Gliederung
Einleitung
Prolegomena des 20. Jahrhunderts. Die verpasste Industrialisierung und
der klientelistische Kern eines „von oben“ errichteten Parlamentarismus
Kapitel 1
1897 - 1909
Das Ende des 19. Jahrhunderts. Die Ausweglosigkeit der klassischen
Klientelstruktur.
Irredentismus
und
die
Notwendigkeit
der
Modernisierung.
Kapitel 2
1910 – 1935
Der Versuch der Errichtung eines bürgerlichen Systems und das Scheitern.
Die verhinderte Modernisierung. Vom Irredentismus zur territorialen
Integration und ethnischen Homogenisierung. Die Grenzen des
bürgerlichen Modernisierungsprojekts. Die totgeborene II. Republik.
Kapitel 3
1936 - 1952
Diktatur, Okkupation, Bürgerkrieg und die Folgen. Die Errichtung des
„Staates der Nationalgesinnten“. Der schwächelnde Parlamentarismus
nach dem Bürgerkrieg, die Rolle des Militärs und die dreieckförmige
Machstruktur.
Kapitel 4
1952 - 1974
Stabilisierung und autoritäre Strukturen. Das Projekt eines autoritären
Reformismus. Die Strategie der europäischen Integration und die Grenzen
des wirtschaftlichen Wachstums. Ein anachronistischer Militärputsch. Der
Zusammenbruch des „Staats der Nationalgesinnten“.
Kapitel 5
1974 – 2010
Die III. Republik. Populismus und soziale Integration. Die Abkoppelung der
Einkommensverteilung von der Produktivität. Ein Wohlfahrtsstaat auf
Pump.
Neue
und
alte
Klientelnetzwerke.
Steuerimmunität,
gesellschaftliche Stratifikation und Verschuldung. Das Projekt der
Integration in die europäische Währungsunion. Asymmetrische
Wirtschaftsstrukturen und Konsequenzen. Der monumentale Betrug in der
Form der Reproduktion einer virtuellen Realität. Der faktische Bankrott.
Reformresistenz, Einkommensverteilung und „interne“ Abwertung.
Epilog
Griechenland am Wendepunkt
39
Einleitung
Prolegomena des 20. Jahrhunderts. Die verpasste Industrialisierung und
der klientelistische Kern eines „von oben“ errichteten Parlamentarismus
[Dem Charakter nach hat diese Einleitung den Stellenwert von „Prolegomena“,
die dem Leser die nötigen Informationen und das nötige Wissen über die
Grundprobleme des 19. Jahrhunderts vermitteln soll, damit die Vorgeschichte
des 20. Jahrhunderts als Basis für das Verständnis der Entwicklungen nach 1900
dienen kann.]
Politische, geographische (territoriale Veränderungen) und demographische
Entwicklungen im 19. Jahrhundert. Irredentismus als die tragende Ideologie der
Integration einer Gesellschaft, die trotz aufklärerischer Elemente sich als eine
Schicksalsgemeinschaft verstehen will: die sogenannte „Megali idea“ – die „Große
Idee“ zwischen der Wiederherstellung des byzantinischen Reiches und der
territorialen Integration der Nation. Die Entstehung einer Nation und die Frage
der
nationalen
Identität
(Vom
Einfluss
der
–
deutschen
–
Altertumswissenschaften zu der Agonie der rassischen Reinheit und der
historischen Kontinuität).
Die Örtung der inneren Logik der „frühen“ Einführung des Parlamentarismus auf
der Basis des allgemeinen (Männer)-Wahlrechts. (1844 Einführung des
allgemeinen Wahlrechts, fast ohne nennenswerte Ausnahmen, 1864 wird das
allgemeine Wahlrecht in der Verfassung verankert, 1875 wird das Vertrauen des
Parlaments zur alleinigen Legitmitationsquelle der Regierung). Die rudimentäre
soziale Stratifikation widerspricht der historischen Erfahrung der Einführung
des Parlamentarismus und des „one man – one vote“ Prinzips.
Der Schatten von 1789 und die Instrumentalisierung des allgemeinen
Wahlrechts als Medium für die Kontrolle des Staates durch die lokalen Eliten.
Das Erbe der ottomanischen intermediären Organisationsstrukturen der
Herrschaft der „Hohen Pforte“ über die Untertanen. Örthodoxe Kirche und lokale
Notabeln. Lokaler Einfluss, lokale Klientelnetzwerke und Kontrolle der
Staatsgewalt im neuen Staat. Das Arrangement zwischen Monarchie und den
lokal unterstützten Notabeln als ein krisenreiches und widersprüchliches
Verhältnis. Klientelbeziehungen und Populismus. Demokratisierung „von oben“:
Etatismus und demokratisches Prinzip als Legitimationsbasis von klientelischen
Praktiken und netzwerkbegründeten Hierarchien. Zweckrationalität und
irrationale Inhalte eines auf die Organisation der Machtausübung deduzierten
und instrumentalisierten Konstitutionalismus (Bis 1975 in allen Verfassungen
des griechischen Staates: 1843, 1864, 1911, 1927, 1952 stehen sogar die
Grundrechte unter dem „Vorbehalt des Gesetzes“. D.h. der Wille der Legislative,
als der jeweiligen parlamentarischen Mehrheit, ist maßgebend, sogar für den
Schutz der Grundrechte). Dieses in den Verfassungen verankerte Primat der
Legislative erscheint prima facie als die „reinste“ Form der in der Tradition der
französischen revolutionären „Déclaration des Droits de l’homme et du citoyen“
stehende und konstitutionell verankerte Geltung der Volkssouveränität. Dadurch
stehen aber die Grundrechte auf einer Stufe mit den Normen, die von der
Legislative „erzeugt“ werden können, was übrigens auch nach 1975 (Verfassung
von 1975, Verfassungsrevision von 1985 und vor allem von 2001) durchaus
seine Geltung behält.
40
Es entsteht eine politische Kultur, die keine richtungsweisenden und keine
bindenden Regeln kennt. Der extrainstitutionelle Charakter des
gesellschaftlichen Konsensus wird auf ad hoc Basis in den institutionellen
Rahmen integriert, wodurch der praktischen Vernunft des Sozialvertrages
widersprechende, also irrationale Elemente, den scheinrationalen Inhalt der
Rechtsordnung bestimmen (Klientelvertrag versus Sozialvertrag) und
prämoderne Elemente reproduzieren.
Das bedeutet in der Praxis, dass alles dem Primat des demokratischen Prinzips
unterliegt, das nur über die Klientelnetzwerke faktisch realisiert wird und dem
latenten Populismus ausgeliefert ist. So ist dieser populistische Charakter der
Rechtsordnung die Form, d.h. die rechtliche konstitutionelle Positivierung des
über die Reproduktion der Klientelnetzwerke etablierten, sich perpetuierenden,
selbstreferentiellen Machtgefüges, das sowohl die Machtposition der politischen
Klasse garantiert, als auch die sozialen Hierarchien reproduziert, die, durch
einen kontinuierlichen Ressourcenaustausch, diese Position ihrerseits
bestätigen. D.h. das, was wie ein pactum societatis aussieht, ist in der Realität ein
pactum subjectionis, eine quasi direkte Substitution der Volkssouveränität durch
die Souveränität der politischen Klasse. Die Reproduktion dieses Verhältnisses
reproduziert konsequenterweise soziale Bedingungen, die in unmittelbarem
Zusammenhang mit der fehlenden oder verpassten Industrialisierung stehen.
(Die besonderen Charakteristiken dieses Systems werden nicht nur theoretisch,
sondern auch durch den Vergleich mit anderen historischen Erfahrungen
herauskristallisiert).
Die Folgen: Auseinanderklaffen der Logik des Sozialvertrages, als Grundlage des
überpositiven Wertkerns der Demokratie, und der Logik der
Institutionalisierung von extra-institutionellen ad hoc klientelreproduzierenden
Kompromissen als – labiles – Ordnungsprinzip, was zu einem latent defizitären
Demokratisierungs-prozess führt. Asymmetrischer Verlauf der Entwicklung der
Organisation der Machtausübung und der Etablierung und Geltung der
Grundrechte und des bürgerlichen Rechtsstaates im Allgemeinen. Primat der
(konstitutionell und rechtlich positivierten) Organisation der Machtausübung als
institutionelle Kristallisation netzwerkgestützter Kontrolle der Gesellschaft und
ihrer materiellen Reproduktion, was zur Pathologie eines asymmetrischen
Verhältnisses zwischen Staat und Markt, zwischen Politik und Ökonomie führt,
das die Heteronomie des Marktes und ihre Bestimmung durch die
Machtinteressen der politischen Klasse perpetuiert. (Die Entstehung des
Phänomens eines „klientelistischen Neoliberalismus“). Die verhinderte
Industrialisierung (1860/1880). Allgemeines Wahlrecht und Industrialisierung
ein widersprüchliches Verhältnis. Die Reproduktion des Etatismus unter den
Bedingungen eines durch die Klientelnetzwerke bestimmten, gestalterisch
schwachen Staates.
41
Kapitel 1 1897 – 1909
Das Ende des 19. Jahrhunderts. Die Ausweglosigkeit der klassischen
Klientelstruktur.
Irredentismus
und
die
Notwendigkeit
der
Modernisierung.
Industrialisierungsversuche, die zu keiner Industrialisierung geführt haben
(1860/1880). Griechenland kann sich nicht zu einer Industriegesellschaft
entwickeln. Die militärische Niederlage von 1897 und die Folgen. Die
Auslandverschuldungskrise und die Bankrotterklärung von 1893 (die 4. im 19.
Jahrhundert). Die staatliche Verschuldung beträgt 200% des BIP 1893 und wird
reduziert auf 124% des BIP 1911.
Die internationale Wirtschaftskontrolle. Die positiven Folgen der ausländischen
Kontrolle für die griechische Wirtschaft. Die Emigrationswelle nach Amerika. Die
„Mazedonische Frage“ und der „Mazedonische Kampf“. Außenpolitik und
Guerilla-Krieg. Die politische Instabilität. Der Aufstand auf Kreta. Die Grenzen
des seit 1844 errichteten klientelischen Charakters des Parlamentismus. Das
politische System kann weder die nationale (Kreta) noch die soziale Frage
(Armut) bewältigen. Steuern, Verarmung und soziale Unruhe. Das
Pronunciamento von 1909. Die Rolle des Königs, der britischen Politik und die
Entscheidung Venizelos aus Kreta nach Griechenland einzuladen. Die Monarchie
und die traditionellen Klientelnetzwerke. Die Integration der neuen Territorien.
Kapitel 2 1910 – 1935
Der Versuch der Errichtung eines bürgerlichen Systems und das Scheitern.
Die verhinderte Modernisierung. Vom Irredentismus zur territorialen
Integration und ethnischen Homogenisierung. Die Grenzen des
bürgerlichen Modernisierungsprojekts. Die totgeborene II. Republik.
2.1.
1910 – 1922
Der Versuch einer Erneuerung. Der durch den König und Venizelos erreichte
Kompromiss. Die Offiziere zurück in ihre Kasernen. Eine neue Parteienlandschaft
entsteht, ohne die Klientelstruktur überwinden zu können und die Konstitution
von Massenparteien zu erreichen: die Partei der Liberalen (Venizelisten) und die
Volkspartei (königstreu und reformfeindlich). Die Erfolge der Wirtschaft. Neue
Verschuldung und Kriegsvorbereitung. Militärausgaben und öffentliche
Verschuldung. Verfassungsrevision und Reformen der Judikative, des
Gesundheitswesens, des Wohlfahrtssystems und der staatlichen Verwaltung (die
erste seit 1830). Die nationalistische Welle. Der „Kranke Mann am Bosporus“ vor
dem Auseinanderbrechen. Konkurrierende Nationalismen. Es gilt, möglichst bald
Territorien für die nationale Expansion zu sichern, um auch dem jungtürkischen
Nationalismus vorzubeugen. Die italienische Bedrohung.
Der Aufstand der Albaner, die „Mazedonische Frage“ und der Status von Kreta.
Das Problem der Umverteilung der europäischen Territorien des Ottomanischen
Reiches. Der Balkanbund. Die wacklige Allianz konkurrierender Nationalismen:
Serben, Bulgaren, Griechen die Hauptkonkurrenten. Der erste Schritt der
Realisierung der Großen Idee. Eroberung von Thessaloniki, Westmazedonien
42
und Epirus. Erfolge der Bulgaren und der Serben. Der griechisch-bulgarische
Konflikt. Das Ende des ersten Balkankrieges als Vorstufe des nächsten
griechisch-türkischen Krieges. Der Konflikt über die Kontrolle der Ägäis. Der
erste Weltkrieg. Auf wessen Seite soll sich Griechenland stellen? Die Spaltung
(Dichasmos). Neutralitätspolitik (König und Volkspartei) im Einklang mit den
Interessen des deutschen Reiches versus Teilnahme an der Entente (Venizelos
und die Liberalen). Der Rücktritt von Venizelos und die politische Krise von
1915. Die Position von Venizelos: Die traditionelle Allianz mit Großbritannien
darf nicht aufgegeben werden: der ägäischen Frage wegen braucht Griechenland
Großbritannien. Die Kriegserklärung der Türkei an Russland öffnet den Weg für
die endgültige Realisierung der „Großen Idee“. Nach dem von Venizelos als sicher
angesehenen Sieg der Entente muss Griechenland bei den Siegern sein, um bei
der Verteilung der Territorien der geschlagenen Türkei dabei zu sein: West- und
Ostthrakien, Kleinasiatische Küste. Die Vertiefung der politischen Krise von
1915.
Die Truppen der Entente landen in Thessaloniki. Die zwei Regierungen und die
zwei griechischen „Staaten“: Der Höhepunkt des Dichasmos. Die Regierung von
Venizelos in Thessaloniki und die Regierung des Königs in Athen. Die
Bombardierung von Athen und die Landung der französischen Streitkräfte in
Piräus. Die Blockade. Der Rücktritt des Königs zugunsten seines Zweitgeborenen.
Juni 1917, Griechenland nimmt am I. Weltkrieg teil, auf der Seite der Entente.
Der Schatten der bolschewistischen Machtergreifung. Die Gründung der
Konföderation (die erste Arbeiterorganisation) in Thessaloniki und die politische
progressive Rolle der griechischen Minderheit in Thessaloniki. Die Gründung des
Griechischen Gewerkschaftsbundes (GSEE 1918). Die Gründung der
Kommunistischen Partei (SEKE als Vorstufe 1918, KP 1919).
Reform und Unterdrückung. Das Ende des I. Weltkrieges. Der Plan von Venizelos
geht auf. Die Realisierung der „Großen Idee“ und ihrer Maximalziele wird mit
den Realitäten des bulgarischen und des jungtürkischen Nationalismus und mit
den imperialistischen Zielen Italiens im Ostägäischen Raum konfrontiert. Die
unüberbrückbare innere Spaltung. Die Intervention in der Ukraine: die
Teilnahme Griechenlands im russischen Bürgerkrieg mit dem Ziel, die
Unterstützung Großbritanniens für den Erfolg des griechischen Irredentismus
unbedingt zu garantieren. Griechenland als Mandatsträger in Kleinasien. 1919,
die Landung der griechischen Truppen in Smyrna. Die Selbsttäuschung der
griechischen Seite. Die an Absurdität grenzende Unterschätzung des
jungtürkischen Nationalismus, der durch ihn veränderten Realitäten, mit denen
die Alliierten konfrontiert sind und die Überschätzung der militärischen Macht
Griechenlands (die keine Rüstungsindustrie hat, hochverschuldet ist und sich
seit Jahren faktisch ununterbrochen im Krieg befindet) und des Einflusses von
Lloyd George.
Die Reaktion des türkischen Nationalismus unter der Führung von Atatürk
beginnt. Atatürk „master of the game“ in der Türkei. Die Illusion des siegriechen
Verharrens in Kleinasien. Der erneute Krieg gegen die Türkei und die
anfänglichen Erfolge. Der Vertrag von Sèvres (1920). Unklare Anerkennung der
Fortsetzung des Mandats und der griechischen Präsenz in Kleinasien durch einen
Vertrag, an den niemand außer der griechischen Seite glaubt, und der faktisch
nicht durchsetzbar ist ohne den entsprechenden Willen der inzwischen über die
Verteilung des Mittleren Osten konkurrierenden und zerstrittenen Alliierten. Die
43
erneute Illusion über das entstandene Machtgleichgewicht und über die
Möglichkeiten der griechischen Armee. Der autoritäre pseudo-Parlamentarismus
im Innern. Das „delictum sui generis“ (Idionymo) und der Höhepunkt der
politischen Spaltung. Der Biss des Affen (Tod des Königs Alexander) und die
erneute Frage über die Dynastie. Das Attentat auf Venizelos in Paris und die
Wahlen von 1920. Das Mehrheitswahlrecht ermöglicht eine katastrophale
Niederlage von Venizelos und der Liberalen trotz des Patt-Verhältnisses der
abgegebenen Stimmen. Die Wahlversprechen werden nicht eingehalten, kein
Frieden in Sicht und Säuberung des Staatsapparates und des Militärs von den
Venizelos-Anhängern. Ein manipuliertes Plebiszit (99% der Stimmen für die
Rückkehr des Königs Konstantin). Der Abbruch jeglicher Wirtschaftshilfe an
Griechenland. Die Militärführung wird durch unerfahrene königstreue Offiziere
ersetzt.
Trotz des mittlerweile offensichtlich zu Ungunsten Griechenlands veränderten
Machtgleichgewichts wird der Krieg und der Anspruch auf griechische Präsenz
in Kleinasien fortgesetzt. Ein absurder Feldzug. Die griechische Armee 60km vor
Ankara. Türkische Siege und griechische Niederlagen. Niederlagen auf dem Feld
und in der Diplomatie. Der Rückzug wird panikartig. Die Eroberung von Smyrna
durch die türkische Armee. Die Katastrophe, die Flüchtlingsströme und das
endgültige Ende des griechischen Irredentismus und der „Großen Idee“. Das
Ende der entscheidenden Rolle des griechischen Bürgertums der Diaspora mit
Ausnahme des Reederkapitals. Die sogenannte Revolution von 1922.
Militärputsch und Rücktritt des Königs. Prozess und Exekution der
„Verantwortlichen“ für die Niederlage in Kleinasien. Die (unerwünschten
Flüchtlingsströme). Die kurze italienische Besetzung von Korfu. Das wichtigste
historische Moment seit der Gründung des griechischen Staates ist durch den
endgültigen Charakter der Staatsgrenzen eine Realität.
2.2. 1923- 1935
Der Vertrag von Lausanne. Der Bevölkerungsaustausch. Die neuen Gebiete. Die
Homogenisierung der Bevölkerung und das Ende des multikulturellen und
multiethnischen Charakters der „neuen Gebiete“. Die schwierige Integration der
Flüchtlinge (ca. 1,3 Mill.). Die Entstehung und Reproduktion der Spannungen
zwischen Autochthonen und Heterochthonen. Die Dimitrof-Thesen und die
Entstehung der Mazedonischen Frage. Die Haltung der KP und das Ziel der
Gründung eines „unabhängigen“ Satelliten-Sowjetstaates im geografischen Raum
Mazedonien mit zwangsläufiger Hauptstadt Thessaloniki. Die KP wird mit der
Segmentierung des nationalen Territoriums identifiziert, gerade in dem Moment,
wo dieses konsolidiert wird. Die ambivalente Haltung der KP und die slawomazedonische Minderheit während des Bürgerkriegs. Die Minderheitenfrage im
Allgemeinen.
Die Verteilung des Bodens – die Bodenreform. Der Kleinparzellenbesitz
charakterisiert das gesamte Territorium innerhalb der neuen Grenzen (z.B.
1928: 20% der Landbevölkerung hatten noch keinen Grundbesitz. Von den
Besitzenden besaßen 37% bis zu 10 Ar, 35% zwischen 30 Ar und 1 Hektar, 24%
zwischen 1 und 3 Hektar, 3,9% zwischen 3 und 10 Hektar und nur 0,15% mehr
als 10 Hektar Land).
44
Erneute massive Auslandverschuldung. Die – endgültige Konstituierung zweier
Nationalstaaten – Griechenland und die Türkei. Das Ende des Irredentismus und
der pseudo-imperialen Ambitionen. Die Bedingungen des Nicht-Aufkommens
einer Dolchstoßlegende. Der griechisch-türkische Freundschaftsvertrag ein
Erfolg von Venizelos und Atatürk. Politische Instabilität und Militärputsche. Die
ungewöhnliche Form der Zwangsanleihen und die massive Währungsabwertung.
Die Proklamierung der II. griechischen Republik (1924 – 1935). Die totgeborene
II. Republik. Die Reformierung des Bankwesens. Die Reformierung des
Steuerwesens. Die Landbevölkerung: von der Überbesteuerung zur schrittweise
vollkommenen Steuerbefreiung. Die Steuerimmunität der höheren Schichten
bleibt unangetastet. Die Überbesteuerung der Lohnabhängigen und die
Rentnerarmut. Die Folgen der Weltwirtschaftskrise. Neue Bedingungen für eine
Industrialisierungspolitik. Zollschranken als Schutz und als Hemmnis. Die
Zollschranken ermöglichen den Industrialisierungsschub und begünstigen
gleichzeitig die technologische Rückständigkeit. Negative Zahlungsbilanz und
erneute Auslandverschuldung. 1932: die fünfte Bankrotterklärung des
griechischen Staates (1826, 1843, 1860, 1893). Die Rolle des Militärs zwischen
1916 und 1936. Zwei konkurrierende Hauptklientelnetzwerke (Königstreue und
Venizelisten). Die schrittweise Emanzipation des Militärs vom politischen
Personal. Die Klientelnetzwerke bleiben bestehen, das Primat des politischen
Personals wird aber relativiert. Der Putsch der venizelostreuen Offiziere von
1935. Der Sieg der antivenizelistischen Offiziere. Das manipulierte Referendum.
Das Ende der Republik und die Rückkehr Georgs des II.
Der Parlamentarismus und die Restauration der Monarchie. Das große Sterben
(alle wichtigen Parteiführer sterben im Jahr 1935). Die parlamentarische PattSituation. Die entscheidende Rolle der KP, die keine sein darf: trotz ihres nie über
die 6% gehenden Wahlergebnisses wäre ihre Unterstützung für jede
Regierungsbildung notwendig gewesen, weil die großen zwei zu keinem
Kompromiss fähig waren. Die Selbstauflösung des Parlaments. Die Errichtung
der Diktatur des 4. August 1936.
Kapitel 3 1936 – 1952
Diktatur, Okkupation, Bürgerkrieg und die Folgen. Die Errichtung des
„Staates der Nationalgesinnten“. Der schwächelnde Parlamentarismus
nach dem Bürgerkrieg, die Rolle des Militärs und die dreieckförmige
Machstruktur.
3.1. 1936 - 1945
Die Diktatur von 1936. Die bestimmende Rolle des Königs während der MetaxaDiktatur. Eine englandfreundliche Diktatur mit faschistischen Methoden, die die
Nazi-Ästhetik kopierte. Unterdrückung, Antikommunismus und die weiteren
Schritte der Organisation der sozialen Gesetzgebung (Sozialversicherung, Renten
etc.), die von Venizelos eingeleitet worden war. Der faschistische Charakter eines
reglementierten Korporatismus und die Legitimation der Diktatur als Lösung aus
der Ausweglosigkeit der II. Republik. Autarkie-Politik und technologische
Rückständigkeit, Familienunternehmen und archaische Management-Strukturen
(z.B. 1930 beschäftigten 93,2% der als Industrieunternehmen eingeführten
45
Unternehmen bis 5 Arbeiter – die Familienmitglieder eingeschlossen -, 5,7%
zwischen 6 und 25 Arbeiter und nur 1,1% der Unternehmen hatten mehr als 26
Beschäftigte. Hauptzweige der Industrie waren: Textilindustrie, Tabakindustrie
und Lebensmittelindustrie, die 55% des Gesamtvolumens ausmachte). Die
Spannungen der Beziehung zu Italien und der Metaxas‘ Versuch, eine
Entspannung zu erreichen. Deutschland der größte Handelspartner
Griechenlands und der größte Abnehmer griechischer Exportprodukte
(hauptsächlich Tabak). Die italienischen Provokationen. Die Torpedierung eines
griechischen Kriegsschiffes vor Tinos am 15.8.1940. Griechenland reagiert nicht,
um die Situation nicht weiter zu verschärfen. Aufrüstung und
Kriegsvorbereitung. Metaxas erkennt die Gefahr, wie schon 1920. Die Einführung
des bürgerlichen Rechts (1940). Die Asynchronie und die Asymmetrie der
Rechtsordnung eine entscheidende Konsequenz der Bedingungen des „frühen“
Parlamentarismus im 19. Jahrhundert.
Das Ultimatum und der italienische Angriff. Mobilmachung und erfolgreicher
Widerstand der griechischen Armee. Die natürliche Allianz mit Großbritannien.
Das englische Expeditionskorps. Der italienische Angriff wird zurückgedrängt.
Die deutsche Intervention. Die Eroberung Jugoslawiens und der Angriff auf
Griechenland. Die Kapitulation. Die Schlacht von Kreta. Die drei
Besatzungszonen: italienische, deutsche, bulgarische. Die Exilregierung in Kairo.
Die katastrophalen Folgen der Besatzung. Demontage, Plünderung,
Zwangskredite und Hyperinflation. 90% des BIP wurde 1942 von den
Besatzungsmächten absorbiert (ab 1942 deutsche und bulgarische).
Der Hunger vom Winter 1941/42. Die katastrophale Lage der Städte. Der
Zusammenbruch des Warenverkehrs und der Versorgungsstrukturen. Die
relative Linderung nach 1942 durch die Hilfe des Schwedischen Roten Kreuzes.
Die Gründung der Nationalen Befreiungsfront (EAM/ELAS) im September 1941
durch die KP. Die Gründunge der nationalistischen Befreiungsfront (EDES) im
Herbst 1941. Die britische Special Forces Mission im besetzten Griechenland
und der Versuch der Koordination der Widerstandsorganisationen. Die
Abwesenheit einer führenden Persönlichkeit im bürgerlichen Lager. (Im
Gegensatz z.B. zu Frankreich). 1943 der Beginn der bewaffneten
Auseinandersetzung zwischen ELAS und EDES. Die sogenannte erste Phase des
Bürgerkriegs. Die Ausnutzung der Situation durch die deutsche Besatzung und
die Systematisierung der antikommunistischen Politik der Metaxas-Diktatur. Die
Kollaboration und die drei Kollaborationsregierungen im besetzten
Griechenland. Das Ausmaß der Kollaboration. Die Verfolgung der Juden, der
Antisemitismus in Thessaloniki. Die jüdische Gemeinde in Thessaloniki wird
ausradiert. Die Haltung der Bevölkerung gegenüber den Juden während und
nach der Besatzung. Der Schwarzmarkt. Die Sicherheitsbataillone Brauner und
Roter Terror. Soziale Transformation im besetzten Griechenland.
Die freie Regierung in den Bergen (PEEA). Der erste Aufstand innerhalb der
griechischen Streitkräfte an der Nordafrikanischen Front und Palästina. Der
zweite Aufstand. Die Gründung des ersten geheimen Bundes der mittleren und
unteren Offiziere (ENA). Der Beginn einer innermilitärischen Bewegung, die
nach der Befreiung entscheidende Folgen haben wird. Die Exilregierung bis zur
Übernahme des Premierminister-Postens durch G. Papandreou. Die Frage der
Staatsform nach der Befreiung. Die Rolle der englischen Politik und die
Spannungen innerhalb der britischen Militärmission in Griechenland. Die
46
Einflusszonen auf der Balkanhalbinsel werden in Moskau (Mai 1944) durch
Stalin und Churchill festgelegt. Die Konferenz von Libanon und die Konferenz
von Gazerta. Der Kompromiss und die Bildung der „Regierung der Nationalen
Befreiung“. Der Abzug der Deutschen aus Griechenland. Die Befreiung
Griechenlands. Die Ruhe vor dem Sturm: die Regierung Papandreou in Athen.
Englische und griechische Streitkräfte in Athen. Ein Plebiszit soll über die
Monarchie in Griechenland entscheiden.
Der Weg in den Bürgerkrieg. Die Frage nach der Entwaffnung von EAM/ELAS.
Die Regierungskrise, die KP Mitglieder verlassen die Regierung Papandreou. Der
Kompromiss bricht zusammen. Die Entscheidung, mit der militärischen Präsenz
des EAM/ELAS fertig zu werden. Ein Nachkriegsgleichgewicht muss verhindert
werden (Churchill). Eine von der KP willkommene Provokation. Die Ideologie
des Klassenkampfes und die konsequente Folgerung seiner Identifizierung mit
dem Bürgerkrieg. Die moderierten Kräfte des EAM werden weggedrängt. Der
Aufstand in Athen. Die zweite Phase des Bürgerkriegs (die Schlacht in Athen im
Dezember 1944), die Niederlage der kommunistischen Kräfte und das
Abkommen von Varkiza. Die katastrophale Lage der griechischen Wirtschaft. Die
UNRRA. Interne Migrationsbewegungen. Die Währungsreform vom November
1944. Die Vorschläge für den Wiederaufbau von Varvaressos und Zolotas. Eine
Wirtschaftspolitik kann weder entworfen noch realisiert werden. Die Gründung
des IDEA in Athen. Eine Organisation innerhalb des Militärs, die eine
entscheidende Rolle spielen wird.
3.2. 1945 – 1952
Die Folgen des Abkommens von Varkiza (Februar 1945). Die kurze
Zentrumsregierung von Plastira. Der britisch-griechische Vertrag von 1946 und
das Experiment von Varvaressos. Maßnahmen zur Kontrolle der Inflation. Das
misslungene Experiment, die Wirtschaft zu stabilisieren und die zögernde
Haltung der Briten. Der massive weiße Terror. Regierungsbildungen. Die Wahlen
von 1946. Die KP boykottiert die Wahlen und erleichtert somit den Sieg der
„nationalistischen“ Kräfte (wie auch die offizielle Registrierung ihrer Mitglieder
und Sympathisanten). Die Restauration der Monarchie durch das Referendum
von September 1946. Die Entwicklungen werden vom Beginn des Kalten Krieges
bestimmt. Militärgerichte, willkürliche Deportationen, das Konzentrationslager
von Makronissos und Räte der nationalen Sicherheit. Der weiße Terror nimmt
totalitäre Formen an. Exekutionen und Verhaftungen. Die dritte Phase des
Bürgerkrieges (1946 – 1949) beginnt. Großbritannien gibt auf und die USA
übernehmen. Die Truman-Doktrin und die Marshall-Plan-Hilfe. Die
amerikanische Wirtschaftsmission in Griechenland (AMAG). Die amerikanische
Politik erzwingt moderate Zentrumsregierungen in Athen, die machtlos bleiben.
Die amerikanische Militärkommission (JUSMAPG) koordiniert den Kampf gegen
die Aufständischen (KP). Die Unterstützung Albaniens und Jugoslawiens an die
kommunistischen Kräfte. Papagos übernimmt die Führung der Streitkräfte. Die
Spaltung zwischen Stalin und Tito. Jugoslawien stoppt die Waffenlieferungen
und schließt die Grenze, da die KP sich auf die Seite von Stalin stellt und
antititoistische Säuberungen vornimmt. Das Ende des Bürgerkrieges und die
totale Niederlage der Kommunisten auf dem Schlachtfeld. Verbot der
kommunistischen Partei. Die Aufhebung des Ausnahmezustands. Die Wahlen von
47
1950. Regierung unter der Führung von Plastiras (Zentrum – in der
venizelistischen Tradition). Rücktritt Plastiras‘. Marionetten-Regierungen.
Papagos tritt als Generalfeldmarschall zurück und gründet die Partei des
Nationalen Aufrufs („Ethnikos Synagermos“, nach dem Beispiel des
Rassemblement Français von De Gaulle). Von Papagos und dem IDEA (dessen
eigentlicher Führer Papagos ist) gelenktes Pronunciamento der Offiziere des
Generalstabes, mit dem Ziel, die Machtstellung Papagos zu demonstrieren. Der
König versucht, die Initiative zu ergreifen, um seine Position zu bestätigen, aber
er hat keine Möglichkeit dazu. Papagos diszipliniert die Aufständischen als eine
öffentliche Demonstration seiner zentralen Machtposition. Neue Wahlen.
Erneuter Sieg von Plastiras. Unter dem Druck des amerikanischen Botschafters
wird das Wahlsystem geändert. Die Übergangsperiode der Zentrumsregierungen
wird nicht mehr gebraucht, eine entscheidungsfähige Regierung ist absolut
notwendig, und die Unterstützung einer Lösung durch Papagos wächst. Die
verbotene KP boykottiert die Kandidatur Plastiras‘. Neue Wahlen und Sieg von
Papagos (44% der Stimmen und 80% der Parlamentssitze). Die
„parlamentarische Diktatur“ wird errichtet. Der „Staat der Nationalgesinnten“
formiert sich. Der IDEA kontrolliert das Offizierskorps. Das Militär versteht sich
als Inkarnation der Nation und als Retter gegen die kommunistisch/slawische
Gefahr. (Die nationalistisch/rassistische Interpretation des antikommunistischen
Kampfes). Der Preis der Rettung vom kommunistischen Totalitarismus und vor
der Verwandlung Griechenlands in einen Sowjetsatelliten. Das IDEAkontrollierte Militär emanzipiert sich von den politischen Netzwerken der
Vergangenheit. Das Militär versteht sich als Träger bzw. Garant des sozialen
Systems bzw. der nationalen Existenz, was durch den Sieg im Bürgerkrieg
bestätigt und anerkannt wird. Die zentrale Machtposition des Militärs (was
durch den Wahlsieg Papagos‘ quasi in die parlamentarische Legalität integriert
wird) als die Form der Reproduktion des Sieges über die Kommunisten und
Garantie der sozialen Folgen dieses Sieges. Das Ziel der direkten
Machtübernahme, also der Militärdiktatur, wird durch die Politik und die
unmittelbare Präsenz zuerst Großbritanniens und dann der USA (auch als
kontraproduktive Option während des Bürgerkrieges) aufgeschoben. Die
Entstehung des Post-Bürgerkriegs. Machtdreieck: Militär – Monarchie –
Regierung, wobei das Militär der eigentliche Regimeträger ist.
Die Verfassung von 1952. Ein konstitutionelles Paradoxon: die Linke steht
außerhalb der Geltung der Verfassung. Ein ziemlich chaotisches System der
politischen Exclusion – Inclusion. Die defizitäre Geltung der Verfassung und der
defizitäre oder schwache Parlamentarismus. Schein-demokratische Verhältnisse.
Die Bescheinigungen der „nationalen Gesinnung“. Die Metaxas-Diktatur, die NaziOkkupation und die McCarthy-Commission: Quellen einer reaktionären
Rechtsordnung. Gewehr bei Fuß und konspirative Zellen: die Schein-Paradoxie
der Haltung der KP als Legitimationsbasis für die Aufrechterhaltung der
Bürgerkriegsdekrete. Griechenland in der NATO. Griechenlands Teilnahme am
Korea-Krieg. Die Porter-Mission. Der Porter-Bericht: die Anklage gegen die
„unvorstellbare“ Ungleichheit. Steuerimmunität und „koloniale Kultur“ einer
fusionierten ökonomischen und politischen Oligarchie. Die New-Deal-Logik im
Interesse einer Strategie für den Wiederaufbau. Der Bericht von Varvaressos und
die Notwendigkeit eines starken Staates und einer funktionierenden
Währungsreform. Der „Laisser-faire“ Pragmatismus von Zolotas, der das
48
politische System und die gesellschaftlichen Hierarchien als eine
reformresistente und unreformierbare Realität akzentuiert. Das Ende der Idee
einer systematischen Industrialisierungspolitik (Batsis). Inflation und
Abwertung. Der Versuch der AMAG, die Basis für den Wiederaufbau zu
entwerfen. Die Kernidee der Reconstruction (AMAG) würde man heute als eine
Politik des Nation-Building eines failure-states bezeichnen, was Griechenland
nach dem Krieg zweifellos war. Die immensen Gewinne des griechischen
internationalen Reederkapitals durch den Krieg. Schiffsbestand und
Entschädigungen. Die 100 Liberties, die staatlichen Garantien und die
Steuerbefreiung der Reeder trotz der amerikanischen Reaktionen. Strategien der
ökonomischen Stabilisierung. Industriekredite: die Zementindustrie. Das
Vierjahresprogramm (1948-52), das nie realisiert wurde. Die ambitionierte
Strategie der AMAG wird aufgegeben. Das Industrialisierungsprogramm wird
aufgegeben. Stabilisierungsversuche und Abwertung der Drachme. Das Ende des
Marshallplanes. Das Primat der Militärausgaben und der Bekämpfung der
Inflation. Der Kalte Krieg und das Ende einer New-Deal-Politik für Griechenland.
Die letztendlich nutzlose Empörung von Porter. Die Domestizierung der Gewalt
des Marktes und der Ungleichheit der sozialen Hierarchien ist in Griechenland
kein Thema mehr und obsiegt den New-Deal inspirierten Vorstellungen der
AMAG. Der Sieg im Bürgerkrieg macht den keynesianischen Konsens obsolet, der
in Westeuropa als notwendige Konsequenz der historischen Erfahrung und der
Konkurrenz der Systeme sich durchgesetzt hatte, auf der Basis des
internationalen Rahmens, der sich durch das Bretton-Woods Abkommen für ca.
30 Jahre konsolidiert hat.
Kapitel 4 1952 - 1974
Stabilisierung und autoritäre Strukturen. Das Projekt eines autoritären
Reformismus. Die Strategie der europäischen Integration und die Grenzen
des wirtschaftlichen Wachstums. Ein anachronistischer Militärputsch. Der
Zusammenbruch des „Staats der Nationalgesinnten“.
4.1. 1952 – 1963
Der Bericht von Varvaressos und das Ende des Industrialisierungsvorhabens. Die
Rückkehr in die traditionelle Struktur der griechischen Wirtschaft
(Landwirtschaft, Handel, Bausektor). Das entscheidende Hindernis der
Ineffizienz und Korruption der öffentlichen Verwaltung. Leichte Industrie für
den internen, zollgeschützten Konsum statt Schwerindustrie und/oder
Exportindustrie. Die an Absurdität grenzende Ungerechtigkeit des Steuersystems
hemmt jede Perspektive für das wirtschaftliche Wachstum. Die privaten Gewinne
werden ins sichere Ausland transferiert, konsumiert oder in international
operierende Reedereiunternehmen investiert, während öffentliche Institutionen
nicht realisiert werden können, da die nötigen Finanzmittel fehlen. (80% der
Steuereinnahmen durch die indirekte Steuer. Der Anteil der Steuer an Industrie
49
und Handel machen 6,5% der Steuereinnahmen aus, während nur 12% des
nationalen Einkommens aus Industrie und Handel resultiert).
Steuerimmunität, Steuerhinterziehung und Korruption der Steuerbeamten. (Der
entsprechende Teil des Varvaressos-Berichts von 1952 könnte fast mit dem
gleichen Wortlaut auch 2010 geschrieben worden sein). Als mindeste
Voraussetzung der Reorganisation der Wirtschaft erzwingen die Amerikaner die
Verstaatlichung der Elektrizitätswerke, des Kommunikationssektors, der
Wasserversorgung und der Eisenbahnen und die Gründung einer Bank für die
Industrieförderung (die ihrer Zielsetzung nie gerecht wurde) und einer
staatlichen Organisation für die Förderung des Tourismus. Die Vision einer
international konkurrenzfähigen Wirtschaft wird aufgegeben. Das neue
Vierjahresprogramm (1953-1956) wird als realitätsfern von den Amerikanern
faktisch abgelehnt. Stattdessen empfehlen sie eine Re-Orientierung der
Wirtschaftspolitik Richtung Europa (Kredite aus Frankreich und Deutschland)
und eine Politik der organisierten Emigration, begünstigt durch den
europäischen Aufbau, die das Problem der hohen Arbeitslosigkeit (ca. 40% auf
dem Land und mehr als 15% in den Städten) lösen würde, die interne
Konsumkapazität steigern würde (durch Überweisungen der Emigranten nach
dem Prinzip der entsprechenden positiven Effekte der Überweisungen der
Arbeitenden im international agierenden Reedereikapital) und ein sehr
effektives politisches Ventil für die Aufrechterhaltung des inneren sozialen
Friedens wäre.
Die reale Wirtschaft sprengt alle pessimistischen Erwartungen. Die fünfziger und
sechziger Jahre werden die Jahre eines explosiven Wirtschaftswachstums. Die
fünfziger und sechziger Jahre werden durch die größte Emigrationswelle des 20.
Jahrhunderts (zuerst Australien, dann Belgien und vor allem Deutschland)
charakterisiert, und gleichzeitig wächst das BIP so schnell wie nie zuvor
(Wachstumsraten vergleichbar mit denen Japans).
Alle, die direkt oder indirekt mit dem linken Spektrum der Gesellschaft in
Zusammenhang gebracht werden, werden vom „Staat der Nationalgesinnten“
ausgeschlossen. Die nicht vom Staat direkt kontrollierte Wirtschaft wird der
Bereich, wo sie tätig sein können, trotz auch da existierenden Einschränkungen.
Wachstum ohne nennenswerte Kapitalinvestitionen und ohne Bankkredite. Der
Bauboom in den Städten. Die besondere Form der Selbstfinanzierung eines breit
verstreuten „kapitalistischen Staubs“.
(Die Kombination des Eigentums an Boden als Gegenleistung und der
Konzentration des nötigen Kapitals der Kleinbesitzer durch die Möglichkeiten,
die der horizontale Besitz anbot, unterstützt von der billigen Arbeitskraft, führte
zum Bauboom wie folgt: Der Eigner des Grundstückes lieferte das Grundstück an
den Bauherrn, und als Gegenleistung bekam er dann einen im Voraus
vereinbarten Anteil an dem zu bauenden Haus (als eine bestimmte Anzahl von
Wohnungen), ohne jemals Geld zu bezahlen. Mehrere Interessenten, also
Eigentümer in spe, bezahlten dem Bauunternehmer einen Vorschuss, um ihren
späteren Besitz zu sichern. D.h. das für den Bau notwendige Kapital wurde durch
die Addition der Vorschüsse bereitgestellt, wobei der Boden keine Geldmittel
erforderte. Die große Zahl der Eigentümer des Mehrfamilienhauses ermöglichte
niedrige Vorschüsse und niedrige Endzahlungen, die die Kosten und den Profit
(für den weiteren Hausbau) ermöglichten, dank auch der billig vorhandenen
Arbeitskräfte).
50
Mit minimalem Kapitaleinsatz, unter den Bedingungen von festen Paritäten nach
der Abwertung von 1953 im Rahmen des Systems von Bretton Woods, unter
faktisch Null Inflation (die bis 1973 andauerte) und im Rahmen einer strengen
monetaristischen Politik des ausgeglichenen Staatshaushaltes entwickelte sich
die Bauwirtschaft zur Lokomotive des wirtschaftlichen Wachstums, deren
Stellenwert in der griechischen Wirtschaft bis heute entscheidend ist. Die Folge
ist eine Kettenreaktion für die zement- und metallverarbeitende Industrie
(Rückzug der entsprechenden Importe) und die Entstehung von großen
Konstruktionsfirmen, die bald auf der arabischen Halbinsel, im Iran und im
nordafrikanischen Raum tätig wurden, im Schatten der großen internationalen
Unternehmen. Parallel entwickelte sich auch die Landwirtschaft mit einem bis
dahin unbekannten Tempo (Steuerbefreiung, Wachstum des inneren Marktes).
In den fünfziger und sechziger Jahren stützt sich das wirtschaftliche Wachstum
auf die Bauindustrie (ohne dass dadurch Griechenland sich in eine
Industrienation verwandeln konnte), die zwar auch im arabischen Raum
expandierte, aber deren Konkurrenzfähigkeit im internationalen Wettbewerb
zeitlich begrenzt blieb, weil sie sich auf eine Technologie stützte, die langfristig
keine komparativen Vorteile aufrecht erhalten konnte. (Zement,
Metallverarbeitung für den Bau, kein Know-how für Großprojekte etc.). Das
Wachstum in diesen zwanzig Jahren resultiert aus einer Kombination von
Faktoren, die weder von langer Dauer sein konnten, noch das Momentum von
technologischer Innovation mit Langzeitwirkung erreichte: Auswanderung, also
Export von Arbeitskräften, Überweisung der Emigranten, die den internen Markt
belebten und Investitionen von beschränkter Wettbewerbsfähigkeit. Das große
griechische Kapital im Ausland investiert weiterhin in den internationalen
Schiffstransport (hoher Beschäftigungsfaktor für griechische Besatzungs- und
Büroangestellte, der aber nach 1970 rapide abnimmt durch die Beschäftigung
von Besatzungen aus Drittländern). Die Investitionen des Reedereikapitals im
Innern beschränkte sich auf wenige Großprojekte (Werften, Luftverkehr, ein
Hochofen) – abgesehen vom Pechiney-Vertrag von 1960 waren es die einzigen
nennenswerten ausländischen Investitionen, die tatsächlich, nach der
entsprechenden Gesetzgebung von 1953, realisiert wurden -, die eher
Kolonialverträge-Charakter aufwiesen und in den siebziger und achtziger Jahren
nicht mehr rentabel waren und verstaatlicht wurden.
Durch simplen eigenmächtigen Bau auf öffentlichem Boden, oder durch die
Beanspruchung von Eigentum durch angeblich bestehendes Gewohnheitsrecht,
parallel zum legalen Bau, wurde der zentrale Charakter der Bauwirtschaft
faktisch bis heute aufrechterhalten. Ein Katasteramt wurde nie eingerichtet, weil
die Toleranz der politischen Führung gegenüber der Besetzung öffentlichen
Bodens (auch Waldgebiete) und die später erfolgte Legalisierung der illegalen
Bauten war und ist ein zentraler Mechanismus des Klientelsystems (über 30%
der Bauten im Lande sind eigentlich illegal). Diese Entwicklung hatte
konsensfördernde Resultate (70% der Griechen besitzen heute ein Eigenheim).
Die konkreten Folgen dieser zwanzig Jahre des Wachstums waren:
a)
Langsam wird die Armut überwunden
b)
Das Verhältnis zwischen Landbevölkerung und Stadtbevölkerung erreicht
1960 den Ausgleich 50:50)
51
c)
Trotz des autoritären Charakters des politischen Systems wächst der
gesellschaftliche Konsens, wodurch die Spaltung durch den Bürgerkrieg
schrittweise überwunden wird.
d)
Die systemerhaltende Bindung an den Kleinparzellen-Besitz auf dem Land
wird urbanisiert, d.h. wird durch den Kleinbesitz in den Städten erweitert bzw.
auch in den Städten gefestigt und
e)
Die gesellschaftliche Forderung, die Struktur des „Staates der
Nationalgesinnten“ durch institutionelle Reformen zu überwinden, wächst und
macht den eigentlichen Inhalt der Politisierung der Gesellschaft in den sechziger
Jahren aus.
Die Gründung des EOKA-A‘ und der Kampf gegen die Kolonialmacht auf Zypern
(ab 1955). Weltpolitische Hintergründe – der Kampf um den Einfluss im
östlichen Mittelmeerraum: Gründung des Staates Israel, Nagreb/NasserRevolution, Suez-Krise. Der Tod Papagos‘. Die Initiative der Monarchie, um die
zentrale Rolle im Machtdreieck zu übernehmen. Der Regierungsauftrag ging an
Karamanlis, der bald die Monarchie „enttäuschen“ wird. Die Gründung des EDA
als legaler Front der verbotenen KP. Die Gründung der ERE als Nachfolgepartei
des „Synagermos“, und der Vorkriegs-Volkspartei. Die Wahlen von 1956. Die
Frauen bekommen das Wahlrecht. Eine Wahl und drei Wahlsysteme. Die erste
Regierung Karamanlis‘. Die Krise innerhalb der ERE. Die Wahlen von 1958 und
die Zersplitterung des Zentrums. Die EDA (vereinigte Linke) wird zur größten
Oppositions-Partei (24%) nur 9 Jahre nach dem Ende des Bürgerkriegs. Der
politische Schock und die Gründung des Vereinigten Zentrums (E.K.). Die
Perspektive eines funktionierenden Zwei-Parteiensystems, das die Linke
absorbieren bzw. verdrängen würde. Die drei Achsen der Politik von Karamanlis:
1)
Rationalisierung des politischen Systems durch die konstitutionelle
Verankerung der Konsolidierung der Macht der gewählten Regierung in der
Form einer gepanzerten Demokratie, die sowohl zur Regierungskontrolle über
das Militär und zur Einschränkung der Macht der Monarchie als auch zur
Erleichterung der staatlichen Initiativen zur Förderung der Wirtschaft hätte
führen können: die nicht realisierte Verfassungsrevision von 1963 (22
Vorschläge für den tiefen Schnitt in die Verfassung), die zum Konflikt zwischen
König und Karamanlis führte,
2)
Die Integration Griechenlands in die EWG, deren erster Schritt durch die
Unterzeichnung des Assoziierungsvertrags von 1960 erfolgte. (Gründe dieser
Politik: Aufhebung der geografisch bedingten Isolation Griechenlands und
Bindung an Westeuropa, „Europäisierung“ Griechenlands und Verfestigung des
politischen Systems, Wachstumsperspektiven durch die Bindung an eine
wachsende kapitalistische Wirtschaftsunion, Sicherheit gegenüber der Türkei
durch die Integration in die europäische Staatengemeinschaft. Kritik der
Assoziierung: die Gefahren, die resultieren würden aus der schrittweisen
Integration einer schwachen und im Vergleich oft archaisch strukturierten
Produktionsbasis der Wirtschaft in einem viel stärkeren Wirtschaftsraum).
3)
Lösung der Zypern-Frage: Ende des Guerilla-Krieges und Unabhängigkeit.
Diese Politik hatte einen unmittelbaren (aber, wie sich herausstellte,
kurzlebigen) Erfolg: Die Zürich-Londoner-Verträge. Autonomie und
Garantiemächte (Großbritannien, Griechenland und die Türkei). Die Verfassung
der Unabhängigkeit. Die Überwindung des Nationalismus der zwei Volksgruppen
52
als Voraussetzung für die Konsolidierung eines unabhängigen, föderativen
Staates. Eine von den Nationalisten abgelehnte Verfassung, die auch den
Machtambitionen von Makarios zuwiderlief.
Die Wahlen von 1961. Das Einverständnis zwischen EK und Monarchie.
Wahlfälschung und der Zwei-Fronten-Kampf von G. Papandreou. Die Vereinigte
Linke im Schatten der EK. Das Arrangement zwischen König und G. Papandreou.
Der Opportunismus der EK und des Parteichefs. Die Akzeptanz der Rolle der
Monarchie als Garant der politisch-sozialen Ordnung und die Fokussierung der
Opposition
auf
Karamanlis
als
angeblichen
Vertreter
der
Nachbürgerkriegsordnung..
Gesellschaftlicher Reformwille und populistische Strategien. Der König erkennt
in Karamanlis eine Gefahr für das Bestehen der Monarchie als entscheidendes
Machtzentrum. Die Destabilisierung der Regierung Karamanlis. Formierung von
neuen Gruppierungen innerhalb des Militärs. Für mittlere und untere Offiziere
gilt die Generalität als integriert in die Machtstruktur der Monarchie, wodurch
sie das IDEA-Ziel der Machtergreifung durch das Militär verraten hat. Die
Ereignisse in Evros. Mittlere und untere Offiziere um Papadopoulos.
Parastaatliche Organisation in Aktion. Die Ermordung von Lambrakis (und die
Rolle der Monarchie). Der Rücktritt von Karamanlis. Übergangsregierung
Pipinellis, ein misslungener Ersatz. Die Wahlen von 1963. Der Sieg der E.K. Die
Emanzipation der Gesellschaft, die Rechte kann besiegt werden. Karamanlis im
selbstauferlegten Exil in Frankreich. Kanellopoulos an der Spitze der ERE.
4.2. 1964- 1967
Das von Karamanlis prophezeite Irrenhaus beginnt. Die Regierung Papandreou.
Die Kennedy-Ära und der Versuch der Etablierung eines funktionierenden ZweiParteien-Systems, wodurch das bürgerliche Lager die Parteienlandschaft
bestimmen könnte. Das neue Selbstbewusstsein ermöglicht einen größeren
Wahlsieg und einen viel größeren Spielraum für die Regierung. Die Wahlen vom
Februar 1964. Der überragende Sieg von G. Papandreou (53%). Die ersten
absolut freien Wahlen und ihre Folgen. Das Bild einer absoluten Stabilität trügt.
Ein Kompromiss, der nicht aufgehen kann. Der Druck der Straße. Die
Notwendigkeit von institutionellen Reformen, um den Druck der Straße zu
kanalisieren und den sozialen Konsens als Hauptstabilitätsfaktor für die
erforderte Demokratisierung aktiv zu integrieren.
Der Ruf nach der Überwindung der Exclusion. Die Bildung eines populistischen
Reformflügels innerhalb der EK unter A. Papandreou, dem Sohn des
Premierministers. Zwei Massenparteien (EK, ERE), die keine sind. Die EK als
Zusammenschluss von Persönlichkeiten, die durch lokale Klientelnetzwerke
gestützt werden. Der Wahlsieg ist nicht der Sieg der EK, sondern der persönliche
Sieg von G. Papandreou. Der liberale Kanellopoulos kann seine Partei nicht
kontrollieren. Die ERE sieht in der Person und in der Institution des Königs die
Führung der Rechten. Die ERE, in der Tradition der Identifizierung des
Parteiapparates mit dem Staat (der Staat als Parteiapparat der Rechten, der die
Exclusion und die Reproduktion der Klientelnetzwerke organisatorisch und
finanziell absichert), den sie bis dahin kontrollierte, sieht in der EK unter G.
Papandreou die größte Gefahr für das durch den Bürgerkrieg etablierte
politische System, da der eigentliche Mechanismus der Reproduktion ihrer
53
Klientelnetzwerke ihr zu entgleiten droht. Der König erkennt im Ausmaß des
Wahlsieges von 1964 die größte Gefahr für die Rolle der Monarchie in der nach
und durch den Bürgerkrieg etablierten Machtordnung, da durch diesen Sieg die
gewählte Regierung einen unerwarteten Stellenwert und eine unerwartete
Autonomie innerhalb des politischen Systems bekommt und die
parlamentarische Ordnung gegen die faktischen Machtzentren im System sich
durchzusetzen droht.
Die Straße übt weiterhin immensen Druck aus. Der Kompromiss von G.
Papandreou kann nicht aufgehen. Reformperspektive versus etablierte
Machtordnung.
Das
Wahlergebnis
droht
dem
konstitutionellen
parlamentarischen System eine Kraft zu geben, die die Rolle der Monarchie und
es Militärs zu verdrängen droht.
Die erneute Zypern-Krise. Makarios setzt die Verfassung von 1960 außer Kraft.
Auseinandersetzungen zwischen griechischen und türkischen Zyprioten. Morde
der griechischen Nationalisten. Die Verhärtung der Fronten und die Idiomorphie
der Segregation des Einflussbereichs der zwei ethnischen Gruppen. Der
misslungene Versuch, Zypern in die NATO zu integrieren und dadurch die
ethnischen Spannungen zu lösen und die Gefahr eines blockfreien Zyperns zu
bändigen. Der Acheson-Plan. Die Reaktion der Türkei. Die USA verhindern eine
türkische Invasion. Eine griechische Division auf Zypern als Schutz vor der
Türkei und als Garant der Disziplinierung von Makarios.
Das Dilemma von G. Papandreou. Dilettantischer Versuch von A. Papandreou,
eine Konkurrenz-Organisation zum IDEA innerhalb des Militärs durchzusetzen.
Die Organisation ASPIDA auf Zypern. Die Falle, die als solches nicht erkannt
wurde. Die Umgehung des Premierministers. G. Papandreou unter Druck.
Papandreous Konflikt mit dem König. Eine nicht ausgesprochene erste interne
Spaltung in der EK: die Gruppe der 40 um A. Papandreou. Antiamerikanismus
und Populismus. Die Ratlosigkeit der amerikanischen Botschaft vor den neuen
Entwicklungen. Papandreous Bruch mit dem König. Papandreou tritt zurück, um
Zeit zu gewinnen und sich aus dem Dilemma (Reform oder Anpassung), das er
nicht lösen kann, zu retten.
Die offene politische Krise. Mitsotakis, der enttäuschte Nachfolger, der keiner
sein dürfte. Die Spaltung der E.K. Der König versucht, mit Hilfe der ERE und
abtrünnigen Abgeordneten der EK eine neue Regierungsmehrheit
durchzusetzen. Das sogenannte Apostasia (die „abtrünnigen“ Abgeordneten). Die
zwei ersten misslungenen Versuche des Königs. Streiks und Demonstrationen,
der Druck der Straße eskaliert. Der Erfolg des dritten Versuchs: die Regierung
Stephanopoulos und die polizeistaatliche Unterdrückung. Die verpasste Chance
von G. Papandreou (auf Druck von A. Papandreou, der Angst vor dem Verlust der
Abgeordnetenimmunität bei einer Auflösung des Parlaments hatte, angesichts
des bevorstehenden ASPIDA-Prozesses), das Angebot von Kanellopoulos
anzunehmen, um Wahlen zu ermöglichen. Der ASPIDA-Prozess. Die Angst vor
der sich klar abzeichnenden Gefahr eines Militärputsches. Das Memorandum
zwischen König, Kanellopoulos und Papandreou, als der Versuch einer
parlamentarischen Lösung aus der Krise. Die totale Repräsentationskrise. Die
E.K. in der Krise, die ERE in der Krise, der Parlamentarismus in der Krise und die
Monarchie kann keine Lösung erzwingen. Der Sturz der Regierung
Stephanopoulos, der die Wahlen verhindern wollte, durch den Vertrauensentzug
von Kanellopoulos, und die neue Regierung von Paraskevopoulos (1. Schritt des
54
Memorandums). Die Angst des Königs, dass die Monarchie sowohl durch eine
parlamentarische Lösung als auch durch eine Militärdiktatur mittelfristig
entmachtet werden würde. Die Konspiration der „kleinen“ Junta der mittleren
und unteren Offiziere um Papadopoulos, um das ursprüngliche Ziel des IDEA
durchzusetzen. Das Dilemma und das doppelte Spiel des Königs: Memorandum
für einen Ausweg aus der Krise durch Wahlen und Konspiration mit der
Generalität (die „große Junta“), um eine „legale“ (konstitutionell vorgesehener
Ausnahmezustand) Diktatur unter seiner Führung als Lösung aus der Krise
durchzusetzen. Der Sturz der Regierung Paraskevopoulos (zweiter Schritt des
Memorandums). Kanellopoulos wird Premierminister, um innerhalb von dreißig
Tagen Wahlen abzuhalten (dritter Schritt des Memorandums). Dies scheint eine
praktikable Lösung zu sein, da keiner einen Putsch gegen eine Regierung der
Rechten erwartet hatte. Die Entscheidung für die Machtergreifung durch die
„große Junta“ unter der stillschweigenden Führung des Königs vor dem
Wahltermin wird gefallen und an die „kleine Junta“ von Papadopoulos verraten.
Papadopoulos ergreift die Chance. Der Putsch vom 21.4.1967. Der König
„legalisiert“ den Putsch durch seine Akzeptanz der Machtergreifung durch die
„kleine Junta“. Er hofft, Zeit gewinnen zu können, und hält die Militärdiktatur für
das kleinere Übel im Interesse des Erhalts der Monarchie. Die große Illusion, die
nicht nur der König, sondern auch die politische Klasse und die Linke teilte: das
Militär ist königstreu. Die monozentrische Lösung des Machtdreiecks. Die Junta
setzt sich durch.
4.3. 1967 – 1974
Der Putsch vom 21.4.1967 als letzte Nachwirkung des Bürgerkriegs. Der Putsch
als Konsequenz der post-Bürgerkriegs-Machtstruktur und der zentralen Rolle
des Militärs im Machtdreieck. Der Ausnahmestaat als Lösung der
Repräsentationskrise.
Der
Prozess
der
Machtverlagerung
der
Machtausübungszentren und der Militärputsch der mittleren Offiziere. Die
Diskrepanz zwischen dem politischen System, der Rolle des Militärs und der
schrittweise Konsolidierung des sozialen Konsensus durch die Überwindung der
sozialen Konflikte der vierziger Jahre. Die Forderung nach den notwendigen
Reformen für die institutionelle Verankerung der sozialen Integration und die
Ohnmacht der politischen Klasse. Der Putsch als ein historischer Anachronismus.
Der Putsch verhindert den Anschluss Griechenlands an die kulturellen
Emanzipationsbewegungen der 60er Jahre in Westeuropa und Nordamerika. Die
durch den Putsch verpasste Chance der Überwindung der traditionalistischen
politischen Kultur und der Integration der griechischen Gesellschaft in den
Demokratisierungsprozess Westeuropas. Eine notwendige Kulturrevolution, die
nicht stattfinden konnte. Die gesellschaftliche Entwicklung der letzten zwei
Jahrzehnte, die zur „Ent-EAMisierung“ der Gesellschaft (also die sozialen
Grundlagen des EAM überwunden hat) geführt hatte, die Erfahrung des kurzen
demokratischen Frühlings zwischen 1963 und 1965, die offensichtliche
Abwesenheit einer kommunistischen Gefahr, aber auch die lange Tradition, dass
das politische Personal gewählt sein soll (sei es als Grundlage von
Klientelbeziehungen, die aber einen Zugang zum politischen Personal
ermöglichten), verhinderte die Entstehung einer aktiven und organisierten
Legitimationsbasis für die Diktatur, trotz ihrer Bemühungen, diese
55
Unterstützung zu erreichen und trotz der Erlassung aller Schulden der
Landbevölkerung, um ihre Unterstützung zu erreichen. Die erste Phase der
Militärdiktatur. Der arabisch-israelische 6-Tage-Krieg als Rahmen für die
Notwendigkeit der Existenz eines sicheren und willigen Verbündeten der USA in
Griechenland. Inoffizielle Toleranz und offizielles Embargo. Das Einfrieren der
Assoziierungsverträge. Die internationale Isolation der Militärdiktatur.
Politischer Bruch und wirtschaftliche Kontinuität. Die Militärdiktatur als sozialer
Konservierungsmechanismus. Der anfängliche Kompromiss zwischen König und
Junta. Der dilettantische Gegenputsch des Königs (13.12.68). Das faktische Ende
der Monarchie in Griechenland. Die Entzauberung des „inneren und innigen“
Verhältnisses zwischen Militär und Monarchie.
Der Prozess der Stabilisierung und pseudo-Legalisierung der Militärdiktatur.
Ausnahmestaat und Legalität. Die internen Machtkämpfe der Junta. Handels- und
Technologie-Embargo. Von den „kühlen“ Beziehungen von 67-69 zu den neuen
Handelsbeziehungen Griechenlands mit dem Ostblock. Pragmatismen,
Devisenmangel und Clearing-Verträge.
Das Plebiszit über die Monarchie und die Verfassung der Diktatur. Die pseudoLiberalisierungspolitik von Papadopoulos mit dem Ziel, seine Machtposition
innerhalb der Junta zu konsolidieren und die Rolle des Militärs als
unkontrolliertes Garantie-Machtzentrum in der Verfassung zu verankern (Der
Versuch der Übernahme des türkischen Konzepts). Das Experiment von
Markesinis und die Aufhebung des Belagerungszustandes. Der Aufstand in Athen
als Fortsetzung der Vorjahresunruhen in der Universität von Athen. Der Putsch
im Putsch. Ioannidis an der Spitze der durch den Liberalisierungsprozess
enttäuschten mittleren und unteren Offiziere. Der Brückenbau mit der
entmachteten politischen Klasse bricht zusammen. Das Abwarten der
Militärführung auf einen günstigeren Moment für die Transformation der
Diktatur in ein parlamentarisches Regime unter ihrer Regie. Eine Rechnung, die
nicht aufgegangen ist. Die Ioannidis-Diktatur wird von der Generalität als
Übergangsphase geduldet. Ioannidis und seine Getreuen versuchen durch den
Putsch auf Zypern sich Makarios‘ zu entledigen, den Anschluss Zyperns (sei es
eines größeren Teils der Insel, da eine Intervention der Türkei nicht
auszuschließen war) an das griechische Mutterland zu erreichen und dadurch
die Diktatur als Vertreterin einer konsequenten nationalistischen Politik zu
legitimieren. Die eingeschränkte Handlungsfähigkeit der amerikanischen
Außenpolitik wegen der Krise der Präsidentenschaft (Nixon-Impeachment). Die
durch die Verträge von Zürich und London (1960) legitimierte Intervention der
Garantiemacht Türkei .
Die Mobilmachung. Die Kriegsgefahr zwischen Griechenland und der Türkei. Die
Armee verliert auch ihre letzte ideologische Legitimation, da sie nicht mehr in
der Lage ist, den Schutz der nationalen Grenzen zu garantieren. Die Übergabe der
Macht an die Vertreter der politischen Klasse. Ein gelungener Schachzug von
Averof. Rückkehr von Karamanlis.
56
Kapitel 5 1974-2010
Die III. Republik. Populismus und soziale Integration. Die Abkoppelung der
Einkommensverteilung von der Produktivität. Ein Wohlfahrtsstaat auf
Pump.
Neue
und
alte
Klientelnetzwerke.
Steuerimmunität,
gesellschaftliche Stratifikation und Verschuldung. Das Projekt der
Integration in die europäische Währungsunion. Asymmetrische
Wirtschaftsstrukturen und Konsequenzen. Der monumentale Betrug in der
Form der Reproduktion einer virtuellen Realität. Der faktische Bankrott.
Reformresistenz, Einkommensverteilung und „interne“ Abwertung.
5.1. 1974 – 1981
Der Regimewechsel (Metapolitefsi). Die Entmachtung des Militärs durch die
ausgesprochen geschickte Taktik von Karamanlis. Die Besetzung von 35% des
zypriotischen Territoriums durch die türkische Armee. Das schwierige
Verhältnis Griechenlands gegenüber der NATO.
Innerhalb von 6 Monaten werden die Verantwortlichen des Putsches vom
21.4.67 und des Putsches auf Zypern vor Gericht gebracht. Der widersprüchliche
Charakter der starken demokratischen Tradition. Ein fairer Prozess als eine
wichtige Voraussetzung des Demokratisierungsprozesses. Die Rolle des Militärs
als tragende Kraft des Systems bricht zusammen. Die Generalität muss die
Bedingungen von Karamanlis akzeptieren. Eine Regierung der nationalen
Einheit. Die neue Verfassung und die Gründung der III. Republik. Plebiszit und
auch de jure endgültige Abschaffung der Monarchie. Die Gründung der ND (als
Nachfolge-Partei der ERE), das Zentrum, die Aufhebung des Verbots der
kommunistischen Partei (die sich 1968 in einen stalinistischen und einen
eurokommunistischen Block gespalten hat) und die Gründung der PASOK durch
A. Papandreou. Der Aufbau der Organisation einer Massenpartei: die PASOK.
Angesichts des Verlustes der Kontrolle des Staates wird die ND erst in den
achtziger Jahren das PASOK-Modell der Organisation einer Massenpartei
kopieren. Der Entindustrialisierungsprozess und der Schock der zweiten Ölkrise.
Die ersten Verstaatlichungen durch die Karamanlis-Regierung. Überholte
Produktionstechnologie und archaische Unternehmungsführung führen die
größten Industrieunternehmen in den Konkurs (später kommt die negative Rolle
der Gewerkschaften dazu). Die Wahlen von 1977. Das Zentrum wird von der
PASOK und von der ND absorbiert. Die Regierungsübernahme durch die PASOK
eine Frage der Zeit. Der Weg der Integration in die Europäische Gemeinschaft.
Griechenland 12. Mitglied der Europäischen Gemeinschaft (1980). Der
tatsächliche politische Inhalt der angeblichen Anti-NATO und ANTI-EG Haltung
der PASOK. Das Ende der Übergangszeit, die die Periode zwischen dem
Zusammenbruch der Diktatur und der Regierungsübernahme durch die PASOK
durch den Prozess einer entscheidenden Machtverlagerung charakterisiert: von
der Armee als tragende Kraft der Organisation der Machtausübung zu den
Massenparteien als die tragende Kraft des Systems (die Etablierung eines quasi
Zwei-Parteien-Systems). Die politische Instrumentalisierung der Angst – vor
allem in der Landbevölkerung – vor der Integration in die Europäische
Gemeinschaft. Die Wahlen von 1981. Der Sieg der PASOK und das endgültige
57
Ende des „Staates der Nationalgesinnten“. Sozialer Konsens und reibungsloser
Regierungswechsel.
5.2. 1981 – 1989
Die sogenannte „Sozialisierung“ der Wirtschaft, die Verstaatlichung der
bankrotten Unternehmen. Eine politische Logik, die jede Wirtschaftslogik
sprengt. Die Kontrolle der Gewerkschaften durch die PASOK. Der Aufbau der
neoklientelistischen Struktur. Das Ende der Exclusion. Das Ende des „Staates der
Nationalgesinnten“ wird besiegelt. Interne Säuberungen in der PASÖK.
Populistisch-nationalistischer Diskurs als sozialistisches Integrationsnarrativ.
Massive Anhebung des Einkommens der Lohnabhängigen und Rentner ohne
Umverteilung. Steuerimmunität und Steuerhinterziehung werden nicht
angetastet, vielmehr wird ihr Geltungsbereich durch die Aufhebung der
Exclusion erweitert. Der Entindustrialisierungsprozess wird fortgesetzt. Die
Konsumkapazität steigt und multipliziert die Einfuhren. Keine Veränderung der
Produktionsstruktur. Abkoppelung des Einkommens von der Produktivität. Staat
und verstaatlichte Firmen als Integrationsinstrument und Instrument der
Klientelnetzwerke der Regierung. Rapides Wachstum der Verschuldung des
Staates und EU-Subventionen. Die rapide Verschuldung des Staates ist noch (vor
der Einführung des Euro) interne Verschuldung. Die Abwertungsgefahr (anhand
der Erfahrung der immer wiederkehrenden Abwertung der Drachme) führt zu
hohen Zinsen, die zwischen 1972 und 1992 zwischen 10 und 20% pendeln
(1993: 23%). Die Zinsen der Bankkredite für die privaten Unternehmen pendeln
zwischen 27 und 29% und erreichen auf dem „schwarzen“ Markt über 40%.
Diese Entwicklung führte zu einer kontinuierlichen schleichenden Abwertung
der Drachme, die durch plötzliche Abwertungsschübe unterbrochen wird und
die Inflation beflügelt (z.B. 24% 1990). Gleichzeitig erhöht diese schleichende
Abwertung den Preis der Einfuhren (Energie, Waren, Technologie) rapide und
die Inlandsverschuldung führt zu der Herausbildung einer Gruppe von größeren
und
kleineren
Kapitaleignern,
die
als
Rentiers
(Zinseinnahmen,
Steuerimmunität) eine starke „leisure class“ bildeten. Entgegenwirkende
Ursachen, die den Bankrott verhindern, waren: die Subventionen der EG, die,
ohne in die Umstrukturierung der Produktion investiert zu werden, als
Einkommensverteilungsmechanismus funktionieren, die Konsumtion von intern
produzierten Waren minderer Qualität, die Überweisungen der im Ausland
arbeitenden Griechen, der anarchische und umweltschädigende Boom des
Tourismus und schließlich das Stabilisierungsprogramm von Simitis zwischen
1985 und 1987 und vor allem nach 1996. Die Einführung des Euro (2001)
„rettete“ dieses System durch billige Kredite und Währungsstabilität bis zum
faktischen Bankrott von 2007/2009.
Die Überwindung der Angst der Landbevölkerung vor der EG-Integration wird
durch
die
EG-Subventionen
gewährleistet.
Subventionen
als
klientelstabilisierender Faktor und als sozialer Konservierungsmechanismus. Im
Widerspruch zum internationalen Rahmen einer globalisierten (Befreiung der
Märkte) neoliberalorientierten Wirtschaft werden in Griechenland die sozialen
Verhältnisse konserviert durch eine quasi keynesianische Politik ohne Reformen
58
der Produktionsbasis. Die de facto Akzeptanz der NATO-Integration und der EG
bei einem diese Integration ablehnenden populistischen Diskurs.
Der Weg in die Verstaatlichung der Partei. Parteinomenklatura und staatliche
Nomenklatura, eine Fusion. Die Hochschulreform und die Massenuniversität. Die
Reform des Gesundheitswesens. Nötige Reformen und defizitäre Ergebnisse.
Eine neue Außenpolitik im Dienste des populistischen Diskurses. Die Kreditfalle.
Die Frage der Präsidentenschaft als Machtzentrum. Erneuter Wahlsieg (1985)
und Versuch, die Verschuldung zu kontrollieren. Verfassungsrevision,
Entmachtung des Präsidenten, Abstimmungsmanipulation im Parlament bei der
Wahl des neuen Präsidenten, und die Konstituierung einer „Premier-MinisterDemokratie“. Trotzdem wird diese Machtposition des Premierministers de facto
relativiert: Durch
die
Notwendigkeit
der Aufrechterhaltung der
Klientelnetzwerke findet eine „Arbeitsteilung“ der Klientelkanäle entsprechend
der Tätigkeitsfelder der verschiedenen Ministerien statt. Hier liegt auch der
Grund der großen Zahl der Minister und stellvertretenden Minister (zwischen 40
und 50). Der zweite Grund ist der Versuch, durch Ämterverteilung die Treue des
Abgeordneten zu erreichen. D.h. in einer Legislaturperiode haben durch die
verschiedenen Regierungsumbildungen fast alle Abgeordneten der
Regierungspartei irgendwann einen Ministerposten bekommen. Die Folge ist,
dass der Premierminister zwar der unangefochtene „Monarch“ der
Regierung/Partei ist, aber seine Macht ist praktisch durch die Macht der
„Feudalherren“ (Ministern), die die Klientelnetzwerke verwalten, eingeschränkt.
Die Sparpolitik von Simitis (1985-87) wird aus Angst vor Stimmverlusten
aufgegeben. Skandale, Korruption und Moralisierung der Politik durch die
konservative Opposition. Der Diskurs über den Kampf gegen die Korruption
zentrales Moment der Wahlstrategie der ND und der Linken. Die griechischtürkische Krise von 1987. Eine politische Konstruktion für den internen
Gebrauch. Der Koskotas-Skandal (der Versuch von Papandreou, auch angesichts
der bevorstehenden Privatisierung der elektronischen Medien, die
Medienlandschaft zu kontrollieren und im Banksektor direkten Einfluss zu
nehmen) und das „dreckige 89“. ND: ein moralischer Diskurs als Vehikel einer
neoliberalen Reaktion und einer Reconquista des Staates. Die Wahlen von 1989.
Der Verlust der parlamentarischen Mehrheit und die Regierungskrise.
Unerwartete Koalitionen. Der Regierungsreigen. Der griechische compromisso
historico: die Koalition KP-ND. Die ökumenische Koalition und die InterimsRegierung unter Zolotas. Die Verteilungsorgie an die Klientelnetzwerke des
gesamten politischen Spektrums als Strategie für die kommenden Wahlen. Die
Staatsverschuldung erreicht einen bis dahin nie dagewesenen Höhepunkt. Die
erneuten Wahlen und der Gerade-noch-Sieg der ND unter der Führung von
Mitsotakis.
5.3. 1990-1993
Der transitorische Charakter der Regierung Mitsotakis. Der Prozess gegen A.
Papandreou. Eine zaghafte Politik der Privatisierung. Die Regierung als Geisel
ihrer Grenzmehrheit und der Reaktion der Gewerkschaften. Konkurrierende
Klientelnetzwerke. Die Privatisierung der elektronischen Medien. Der Schock des
Verlustes des staatlichen (Regierungs-) Monopols im Rundfunk und Fernsehen.
Die interne Krise der ND. Misslungene Privatisierungsversuche. Der
59
Zusammenbruch des Sowjetblocks und der Beginn der massiven
Immigrationswelle nach Griechenland. Griechenland verwandelt sich von einem
traditionellen Auswanderungsland in ein Einwanderungsland. Von der seit 1923
geschaffenen Homogenität zu einer multikulturellen Gesellschaft, die diese
Entwicklung nicht akzeptieren will. Die fehlende Politik gegenüber der
Immigration. Eine absurde Außenpolitik in Albanien und die nicht existenten
Staatsgrenzen. Rücktritt der Regierung Mitsotakis und Wahlen.
60
5.4.
1993 -2004
Der erneute Wahlsieg von A. Papandreou. Der zögernde Beginn einer Politik der
Stabilisierung der Wirtschaft. Der Versuch, der Verschuldung Herr zu werden.
Die Krankheit von Papandreou und die Absurdität eines noch nie dagewesenen
Personenkultes. Die Grenzen des Populismus. Der interne Aufstand der
Parteispitze gegen Papandreou. Simitis Parteichef und Premierminister. Die
Wahlen von 1996. Der Wahlsieg von Simitis, das Ergebnis der breiten Akzeptanz
der Notwendigkeit einer politischen Ernüchterung. Die strategischen Ziele von
Simitis: Stabilitätsprogramm, Integration in die Eurozone, als konsequente
Entwicklung der von Karamanlis eingeleiteten Politik der Bindung und
Integration Griechenlands in die EWG, Integration Zyperns in die EU und Lösung
der Zypern-Frage nach der erfolgten Mitgliedschaft. Die Imia-Krise. Eine
merkwürdige Krise der türkisch-griechischen Beziehungen. Die Rolle des harten
inneren Kerns der PASOK und die Rolle der türkischen Medien. Die erste
nationalistische Reaktion gegen die proklamierte Europa-Politik von Simitis und
gegen seinen Versuch, die Rüstungsausgaben zu kürzen (die gleichzeitig die
größte Bereicherungs- und Korruptionsquelle war). Der Versuch, die
Verschuldung des Staates zu kontrollieren. Die Einstellungspolitik des Staates
wird rationalisiert mittels einer neuen Überprüfungsbehörde (ASEP). Das
Stabilitätsprogramm von 1996. Abwertung der Drachme und Politik der starken
Drachme, die trotzdem weiterhin überbewertet ist, da die Produktivität
weiterhin gefährlich schwach bleibt. Die überbewertete Drachme resultierte aus
einer Politik der Aufrechterhaltung der hohen Konsumkapazität, um dadurch die
Akzeptanz der Regierung und den Konsens für den EU-Beitritt stabil zu halten.
So tritt Griechenland in die Eurozone mit einer überbewerteten Währung ein.
Das muss als eine der Quellen der späteren Krise angesehen werden. Der
schwache Versuch der Entindustrialisierung und der Verkümmerung der
Landwirtschaft entgegenzuwirken. Massive Investitionen (EU-Subventionen) in
die Infrastruktur als Grundlage für das wirtschaftliche Wachstum und die
Veränderung der Produktionsstruktur (internationaler Flughafen, U-Bahn in
Athen, Autobahnen, Ringautobahn um Athen, die größte Hängebrücke Europas
zwischen Rio und Antirio, Infrastruktur für die Olympischen Spiele etc.). Banken
(aktiv in Osteuropa, der Türkei und in den Balkanländern) und Kommunikation
erweitern die – traditionellen- Schwerpunkte der griechischen Wirtschaft
(Tourismus, Handelsmarine und Bauwirtschaft). Fusion und Entstehung von
großen Konstruktionsfirmen, die am internationalen Wettbewerb teilnehmen
können. Die griechische Wirtschaft
entwickelt sich rapide zu einer
Dienstleistungsgesellschaft (ohne Produktionshintergrund), ohne jemals
Industriegesellschaft gewesen zu sein. Importe statt Produktion. Die mit den
staatlichen Aufträgen verbundene Bauwirtschaft verändert das Gesamtbild der
Ökonomie nicht. Die privaten Investitionen und die Kreditpolitik der Banken
konzentrierten sich weiterhin auf Handel und Konsum, während der Staat keine
Wachstumsstrategie verfolgt, die produktive Auswirkungen auf die
Infrastruktur-Investitionen aktivieren würden. Die massive Reformresistenz der
Staatsbürokratie und der Klientelnetzwerke in den Gewerkschaften und in den
verantwortlichen Unternehmen. Die Simitis-Regierung ein Fremdkörper in der
PASOK. Die Reformresistenz der traditionellen Strukturen des griechischen
Unternehmertums. Handel statt Produktion.
61
Private Verschuldung, Konsumtion, real estate, Handel und Finanzkapital.
Archaische Produktion, und moderne Konsumtion. Die Paranoia der Börse.
Archaische Börsenstruktur und Einkommensumverteilung durch den
Börsenboom. Die Börsenkrise. Die Politik der Europäisierung des Verhältnisses
zur Türkei. Die Erdbeben-Politik der Annäherung. Die Entspannung des
griechisch-türkischen Verhältnisses. Die innerparteiliche Reaktion auf die
Regierung Simitis. Der Versuch der Europäisierung Griechenlands wird als die
zentrale Gefahr für die Reproduktion der Klientelnetzwerke angesehen. Simitis
erreicht seine politischen Hauptziele: Griechenland wird Mitglied der Eurozone,
Zypern Mitglied der EU. Die zweite Welle der Moralisierung der Politik durch die
ND unter der Führung von Karamanlis (Neffe von Konstantinos Karamanlis). Die
Wahlen von 2000. Die zweite Regierung Simitis. Die Grenzen der
Modernisierungspolitik. Der Annan-Plan und seine Ablehnung von der
griechisch-zypriotischen Haltung gegenüber der Lösung der Zypern-Frage und
der Konsolidierung eines föderativen Systems. Simitis wird von der
nationalistischen
griechisch-zypriotischen
Seite
hintergangen.
Die
Verfassungsrevision von 2001. Der Beginn der Bestimmung des politischen
Diskurses durch die ND spiegelt sich auch in Aspekten der Verfassungsrevision
von 2001. Die Kirche als zentrale Stütze der ND. ND und Kirche gegen die
Säkularisierungsversuche von Simitis. Der Erzbischof von Athen und Karamanlis:
das Zusammenspiel der Reaktion gegen die Reformpolitik. Der letzte
Reformversuch. Die vorgeschlagene Reform des Versicherungs- und
Gesundheitssystem wird wegen der massiven Reaktion der eigenen Partei
zurückgenommen. Eine Regierung, die schrittweise ihre zögernde Reformpolitik
aufgibt, da sie, angesichts der Reaktion der Klientelnetzwerke, nicht machbar zu
sein scheint. Die Linke (KP und Vereinigte Linke) Stütze der ND gegen die
Reformpolitik von Simitis. Die gelungene EU-Präsidentenschaft angesichts der
durch den zweiten Irak-Krieg entstandenen Spannung zwischen USA und EU: ein
Balanceakt, der aufgeht. Die Olympischen Spiele als Katalysator der massiven
Investitionen in der Infrastruktur und der internationalen Anerkennung des
Landes. Die Problematik der Integration einer schwachen Wirtschaft in ein
System (Eurozone) des asymmetrischen Verhältnisses der Produktivitätsleistung
zwischen Nationalwirtschaften: keine gemeinsame Wirtschafts- und
Finanzpolitik bei einer gemeinsamen Währung.
Die Erstickungskonsequenzen der willkürlichen Bedingungen des Vertrages von
Maastricht. Die Konsolidierung der neoliberalen Wirtschaftspolitik in der EU
zeigt nicht sofort ihre Widersprüche, stellt aber die Grundsteine der
Reproduktion und Vertiefung des asymmetrischen Verhältnisses, was später in
die Schuldenkrise des europäischen Südens führen wird. Der rechte Populismus
in der Öffensive. Der Kampf gegen die „verquickten“ Interessen als Kampf gegen
die Regierung Simitis. Das Zusammentreffen des rechten und linken Populismus
(auch innerhalb der PASOK) als Bollwerk gegen die Regierung Simitis. Der
Versuch, die Steuerhinterziehung zu kontrollieren und die öffentliche
Verwaltung zu disziplinieren: die Gründung des Amtes für die Verfolgung der
Wirtschaftskriminalität und der Institution des Generalinspektors der
öffentlichen Verwaltung. Die ND in der Offensive. Die Konzeption einer Strategie
der Umgehung der Politik durch die Kommunikationspolitik. Die angebliche
Forderung nach moralischer Katharsis und der proklamierte Kampf gegen die
vernetzten Interessen zwischen Politik und Wirtschaft als effektiver Deckmantel
62
einer Politik der Unantastbarkeit der Klientelnetzwerke, der Steuerimmunität
und der Steuerhinterziehung. Die Klientelnetzwerke werden nicht von der ND
bedroht, sondern von den - zögernden – Modernisierungsversuchen der
Wirtschafts- und Reformpolitik von Simitis, deren Abschaffung von der ND als
Wahlversprechen signalisiert wird. Die moralische Katharsis als verschlüsselte
Proklamation eines unausgesprochenen Täuschungsvertrages. Die „verquickten
Interessen“ (die „Diaploke“) und der „Hauptaktionär“: Verfassungsartikel und
Gesetzgebung im Dienste der Aufrechterhaltung der Klientelnetzwerke bei
gleichzeitiger Signalisierung des Primats des Staates (der Regierung und der
Politik der Privilegienverteilung) gegenüber der durch die öffentlichen
Infrastruktur-Investitionen erstarkten Unternehmen, die auch die privaten
elektronischen Medien kontrollieren.
Ein Diskurs gegen die Vernetzung, der die Politik aus dieser Vernetzung
ausnimmt und die politische Klasse als Opfer der vernetzten
Wirtschaftsinteressen darstellt. Der misslungene Versuch, über die
Verhinderung der Bauvorhaben und die Bloßstellung Griechenlands als unfähig
die Olympischen Spiele durchzuführen, die Simitis-Regierung zu stürzen. Durch
den Erfolg der Kommunikationspolitik steigt der Druck auf Simitis auch
innerhalb der PASOK. Eine auch für G. Papandreou (Sohn von A. Papandreou)
willkommene Entwicklung. Simitis gibt auf und ernennt G. Papandreou zu
seinem Nachfolger. Papandreou an der Spitze der PASOK und PremierministerKandidat. Die anfängliche Euphorie bricht zusammen. Die Wahlen von 2004. Das
Überlappen von Interessen: die ND und die neue Führung der PASOK versuchen,
die Verdienste und die Erfolge der Simitis-Regierungen als neoliberale
Eskapaden und als Korruptionserscheinungen abzustempeln. Die neue PASOKFührung übernimmt den Simitis-Destruktions-Diskurs der ND als Vehikel der ReEtablierung des Papandreou-Clans an der Spitze der Partei und der
Durchsetzung einer neuen Führungsgruppe von Getreuen über die Partei. Die ND
Sieger der Wahlen. Karamanlis wird Premier-Minister.
5.5.
2004-2010
Die Realisierung des Täuschungsvertrages. Die mit allen Mitteln verfolgte
Destruktion des Erbes der Simitis-Regierungen. Sofortige und langfristige Taktik,
diesem Ziel gerecht zu werden. Der Bruch mit der Euphorie der Olympischen
Spiele. Die Bagatellisierung der außenpolitischen Erfolge. Politik der massiven
Einstellung im Staat. Die Abschaffung des Amtes für die Verfolgung der
Wirtschaftskriminalität. Das Wirtschaftsministerium teilt der EU-Kommission
mit, dass die Integration Griechenlands in die Eurozone das Ergebnis eines
Betrugs durch Zahlungsmanipulationen der Simitis-Regierung war. Die
Regierung Simitis soll national und international bloßgestellt werden und die
Apraxie der ND-Regierung mit dem Erbe der Regierung von Simitis
gerechtfertigt werden. Verunglimpfung der Reformpolitik Simitis auf allen
Ebenen. Die später aufgedeckte Manipulation der Auslandverschuldung mit Hilfe
von Goldmann-Sachs, was keine griechische Originalität war, machte einen sehr
geringen Teil der Höhe der Auslandverschuldung aus. Entscheidend war die
Berechnung der Auslandschulden, die durch die immensen Rüstungsausgaben
des griechischen Staates entstehen (4,9% des BIP, zum Vergleich USA 3%, nur
die Türkei hatte höhere Rüstungsausgaben als Griechenland: 6% des BIP). Da
63
diese hohen Ausgaben durch das türkisch-griechische Spannungsverhältnis als
ein besonderer und unvergleichlicher Fall angesehen wurden, wurde die
Berechnung dieser Ausgaben auf Ratenbasis stillschweigend von Deutschland
und Frankreich und dadurch von der EU akzeptiert. Die öffentliche
Selbstbezichtigung Griechenlands durch die griechische Regierung müsste aber
zu einer öffentlichen Verurteilung der „griechischen“ Methode führen. Die
griechische Wirtschaft unter der Aufsicht der EU-Kommission. Zwei Jahre später
wird diese Aufsicht aufgehoben, da die EU-Kommission die Gesundung der
griechischen Wirtschaft für erreicht und die entsprechenden von Griechenland
gelieferten Daten für überzeugend hielt, was die Frage der verdeckten
Komplizenschaft der europäischen Konservativen aufwirft. Gleichzeitig wird die
vorher angeprangerte Methode der Berechnung der Rüstungsausgaben auf
Ratenbasis wiedereingeführt und wieder akzeptiert. Die Gesetzgebung über die
Vernetzung der Wirtschaftsinteressen - und der Exclusion der Politik aus dem
Klientelverhältnis – nimmt groteske Züge an. Falsche Angaben nach außen und
nach innen. Die Reaktion der europäischen Kommission: die (sarkastisch
formulierte) „mit Gründen versehene Stellungnahme“. Die erste große
internationale Blamage und die Zurücknahme der Gesetze, die das Vehikel für
die Regierungsübernahme gewesen waren. Die Politik der absoluten Untätigkeit.
Keine Reform wird verfolgt und keine Interessen werden angetastet als
Regierungsprinzip. Steuerimmunität, Steuerhinterziehung, Abgabenboykott,
Sozialabgabenboykott und Korruption erreichen ihren historischen Höhepunkt.
Auslandverschuldung statt Steuereinnahmen. Die Befriedigung und Befriedung
der
verschiedensten
Gruppeninteressen
mit
Hilfe
der
billigen
Auslandverschuldung. Der Versuch, die allgemeine Meinung zu kontrollieren.
Der Aufbau von Abhängigkeitsnetzwerken zwischen Regierung und
Unternehmen, die die elektronischen Massenmedien kontrollieren und
Staatsaufträge
zugesprochen
bekommen.
Der
absolute
Sieg
der
Kommunikationspolitik über die Politik. Die phänomenale Desorganisation der
staatlichen Verwaltung. Die illegale Immigration übersteigt die Millionengrenze,
d.h. mehr als 12% der in Griechenland lebenden Menschen sind keine
griechischen Staatsbürger. Das Phänomen und seine Folgen werden von der
Regierung einfach ignoriert. Die Asylanträge werden bis heute praktisch alle
abgelehnt (0,06% der Anträge werden gewährt). So werden regelrechte
Konzentrationslager errichtet, um die Flüchtlinge aufzunehmen. Bis heute hat
sich nichts geändert, obwohl das Problem ununterbrochen wächst,
nationalistische Reaktionen begünstigt und als ein gesamteuropäisches Problem
angegangen werden muss.
Wahlen für das europäische Parlament. Die zweite Niederlage von G.
Papandreou. Die Vermittlung einer virtuellen Realität des Wohlstandes auf Pump
nach innen und nach außen (greek statistics). Faktischer Zusammenbruch der
Industrie und der Landwirtschaft. Die Staatsverschuldung als einzige Quelle des
Wohlstandes (der Verlust der Steuermasse beläuft sich auf 20-30 Milliarden
Euro pro Jahr, und die Höhe der grauen Wirtschaft (Paraökonomie genannt)
wird von Wirtschaftsspezialisten auf über 70 Milliarden Euro pro Jahr beziffert,
bei einem BIP von ca. 230 Milliarden).
Ein absurdes Bild: Katastrophale Brände in Peloponnes (68 Tote) und um Athen,
Desorganisation der Feuerwehr, der Polizei und der Armee, Krisenuntauglichkeit
der Verwaltung und der Regierung, und Wahlsieg bei vorgezogenen Wahlen
64
2007. Interne Krise in der PASOK nach der dritten Niederlage von G.
Papandreou. Trotz interner Krise kann Papandreou sich durch ein plebiszitäres
Verfahren, das die Partei zurückdrängt, gegen seinen Rivalen behaupten (nicht
der Parteikongress und die Parteimitglieder entscheiden, sondern der Parteichef
wird durch ein originelles direktdemokratisches Verfahren von den „Freunden
der PASÖK“ gewählt). Die Identifikation der PASÖK mit dem Namen Papandreou,
in voller Geltung.
Der rapide Weg in die Katastrophe. Die absolute Untätigkeit der griechischen
Außenpolitik. Die amerikanische Immobilienkrise wird über die
Verbriefungstaktik und die darauf gestützten innovativen Derivaten-Produktion
zur größten internationalen Finanzkrise seit 1930, auf der Basis der Verlagerung
der industriellen Produktion vom Westen in den Osten, was die
krisenproduzierende Asymmetrie der Konsumtion (USA) und Produktion
(China) hervorgebracht hat. Zusammenbruch der Liquidität und internationale
Bankenkrise. Griechenland hält sich für immun angesichts der Krise, da der
griechische Bankensektor an dieser internationalen bankkreditgestützten
Spekulation nicht teilgenommen hat. (In Griechenland betrifft die Verschuldung
vorerst nicht die Banken, sondern den Staat, und 2007 ahnt niemand in
Griechenland die Folgen der baldigen Spekulationsumorientierung). Die
Manipulation aller Wirtschaftsdaten, der Betrug nach innen und nach außen
nimmt ein gigantisches Ausmaß an. Die griechische Zentralbank annulliert
faktisch ihre Rolle und bleibt leise und ungehört. Die Akkumulation der Skandale.
Das kleptokratische Gewitter. Die Kommunikationspolitik kann der Realität nicht
mehr standhalten, und die Machtstatik bricht zusammen.
Panische Flucht aus der Verantwortung durch erneut vorgezogene Wahlen.
Wahlabstinenz der konservativen Wähler und Sieg der PASOK. Die Regierung
von G. Papandreou. Eine unvorbereitete Regierung. Die neue Regierung erkennt
die Realität nicht und glaubt, mit traditionellen Klientelnetzwerke schonenden
Rezepten und PR-Politik nach außen das schon angekündigte Gewitter zu
überstehen. Ratloses Suchen nach einem Ausweg. Inoffizielle Kontakte zum IMF
und Ignoranz der Machtstruktur und der Funktionsweise der EU. Die
internationale Bankenkrise führt zu der massiven Verschuldung der
Staatshaushalte der Industrienationen. Der Steuerzahler übernimmt die Kosten
der Rettung der Banken. Einkommensverteilung und neoliberale
Ungleichheitspyramide. „Too big to fail“. Privatisierung der Gewinne und
Sozialisierung der Verluste. Der Retter wird vom Geretteten angegriffen. Das
neue Spekulationsobjekt des internationalen Spekulationskapitals: die
Staatsverschuldung. Der am höchsten verschuldete – schon vor der
internationalen Wirtschaftskrise – griechische Staat entpuppt sich als das
schwächste Glied der Eurozone im Moment der Spekulation zur Destabilisierung
des Euro. Das fortgesetzte Zögern der Regierung Papandreou. Die realen
statistischen Daten werden veröffentlicht. Die Manipulation der Daten über die
Auslandverschuldung und das Haushaltsdefizit tritt in den Vordergrund. Das
folgenschwere Zögern der deutschen Regierung, das rapide Ansteigen der Zinsen
der griechischen Auslandverschuldung und das Geschäft mit den
Kreditausfallsversicherungen (CDS). Die griechischen Staatspapiere werden von
Rating-Agenturen als Schrott bewertet. Der Staat kann keine Kredite mehr
aufnehmen. Die griechischen Banken können keine Kredite aufnehmen, da sie zu
65
stark mit Staatspapieren belastet sind, und können deswegen die griechische
Wirtschaft nicht mehr finanzieren. Griechenland ist faktisch bankrott.
Der Rettungsvertrag der TROIKA (IMF, EZB und Europäische Kommission), das
sogenannte „Memorandum“, da0 es sich um ein an Bedingungen gebundenes
Kreditabkommen handelt, verhindert die wirtschaftliche Kernschmelze. Das
„Memorandum“ als Zeitgewinn und Rettung der ausländischen Banken, die in
griechische Staatsanleihen investiert hatten.
„Austerity-Politik“. Massive Gehalts- und Rentenkürzungen und aggressive
indirekte Besteuerung. Die Reaktion der Klientelnetzwerke innerhalb und
außerhalb des Staatsapparates. Trotz des faktischen Bankrotts wird die
Steuerimmunität weiterhin tabuisiert, obwohl sie zusammen mit der niedrigen
Produktivität die Hauptursache der Auslandverschuldung ist. Die
Reformresistenz
der
Klientelstrukturen.
Die
massivste
Einkommensumverteilung, als Instrument der Schonung der Steuerimmunität
der höheren Einkommen. Die zögernde Aufopferung der „niederen“
Klientelnetzwerke, die seit den achtziger Jahren konsolidiert wurden. Die
Paranoia der rechten und der linken Opposition. Ein überraschender Vergleich:
die griechische und die amerikanische Rechte. Die populistische Explosion: die
Rechte, die Kommunistische Partei und die übrigen linken Gruppierungen im
Schatten
des
Nationalismus.
Das
entscheidende
Defizit:
Keine
Wachstumsstrategie, kein Reformwille. Wirtschaftlicher und politischer
Bankrott.
Die
katastrophalste
Zahlungsbilanz
in
Europa.
Die
Auslandverschuldung kann im Prinzip nicht bewältigt werden. Ein neoliberales
aussichtsloses Rezept: Innere Abwertung, also Verarmung und Depression als
Bedingung der Vermeidung des Bankrotts scheint die Kombination von beiden
als Konsequenz zu erzeugen. Verarmung der Mittelklassen und rapides
Wachstum der Arbeitslosigkeit. Der inzwischen vergessene Schatten der Armut
ist nicht mehr ein Phänomen der Vergangenheit. Sozialdarwinismus und soziale
Exclusion. Ein schockresistentes politisches System in einer Gesellschaft, die sich
in einer Schocksituation befindet. Ein ganz spezielles politisches Vakuum. Die
massive Einkommensumverteilung als Reproduktionsmechanismus der
Steuerimmunität wird die sichtbare Grundlage der sozialen Stratifikation und
der Wachstumsblockade. Reformresistenz und Perspektivlosigkeit.
Epilog
Das Ende einer politischen Kultur und ihre Resistenz. Griechenland am
Wendepunkt. Der nie dagewesene Vertrauensverlust.
Die notwendigen
Reformen und die Alternative zur Eurozone: Die Gefahr der Rückkehr zur
Drachme und zum politischen, sozialen und ökonomischen GAU. Die
Hartnäckigkeit des Bestehenden. Die Zeitbombe der illegalen Immigration. Die
Gefahr, dass die Rechnung nicht aufgehen kann. Die Möglichkeit einer
Perspektive konstituiert sich nur aus der Kombination der Überwindung der
klientelistischen Logik des Systems und einer langfristigen Strategie der
Erhöhung der Produktivitätsleistung in Bereichen, die komparative Vorteile
ermöglichen. Beides scheint noch nicht sichtbar zu sein.
66
Ausgewählte Literatur
Die wichtigste Literatur zum Thema ist in griechischer Sprache ( u.a.
Charalambis, Chatziiosif, Dertilis, Pantasopoulos,Skopetea,Stathakis, Rizas,
Alivisatos etc.) vorhanden.
In englischer Sprache ist auf Texte zu verweisen, die grundlegende Erreignisse
behandeln:
Clogg Richard: A Concise History of Greece, Cambridge University Press,
Cambridge 2002
Koliopoulos Giannēs, Veremēs Thanos: Greece: The Modern Sequel: from 1821 to the
Present, C. Hurst & Co, London 2004
Bildungsmedien / DVDs
Dokumentation
Produktionsdaten
Abbildung:
Titel:
"Vom Widerstand zum Bürgerkrieg" - Der
Kommunismus: Die grosse Utopie des 20.
Jahrhunderts. Die romantischen Jahre / The
communism. The great utopy of the 20-th century. The
romantic years
Medienart:
Video-Kassette
Herausgeber:
NET (Zweites G. oe. F.)
Autor:
Kouloglou, Stelios (Regie);
Hersteller-Land:
Griechenland
Produktumfang:
1 Video
Systemvoraussetzungen:
Videotechnik
Inhalt
Abstract:
Das Video unterstützt die zeitgeschichtliche
Erwachsenenbildung, den Unterricht und eine
individuelle Nutzung. Das Video vermittelt einen
filmischen Einblick in die Geschichte Griechenlands. /
The video supports the historic adults education,
training and individual usage. The video introduces
the observation of greek history.
Inhalt:
"Vom Widerstand zum Bürgerkrieg" durchbricht die
bis heute noch mehr oder minder herrschenden
ideologischen Grenzen der Dokumentation. Da solche
Dokumente erst in den 80ger Jahren im griechischen
67
Fernsehen möglich wurde, unterlagen einer
ideologischen Interpretation der Geschichte, die
sowohl die englische und amerikanische Rolle
während der Zeit des Widerstandes und vor allem im
Bürgerkrieg verdammten, als auch die Rolle der KP
und des "Volkes" glorifizierten und heroisierten um
im Endeffekt, die Ereignisse als die Vorgeschichte und
die historische Legitimation der
Regierungsübernahme durch die PASOK (1981)
darzustellen. Man soll dabei bedenken, daß die
Erfahrung der Diktatur, die sich des Bürgerkrieges
ebenfalls ideologisch bediente, diese Form der
Darstellung besonders begünstigt und - oberflächlich
zumindest plausibel gemacht hat.
Retrieval
Bildungsbereich:
Sekundarstufe II, Weiterbildung/Fortbildung,
Erwachsenenbildung
Bildungskategorie:
ethische Bildung, historische Bildung
EthikThemenfeld:
6. Bürger und Gesellschaft
6.1. Der Einzelne und die Gesellschaft
6.2. Die Gesellschaft für den Einzelnen
Schlagwort:
Bildungsmedium, Nachschlagewerk/Lexikon,
Unterrichtsmedium, Zeitgeschichte, Griechenland,
Europa, Ethik, history, Greece, Europe, ethics
Systematik:
Ethik, Geschichte, Interkulturelle Bildung,
Medienpädagogik, Politische Bildung
Auszeichnung
Auszeichnungs-Art:
Euromedia-Medaille
Auszeichnungs-Jahr: 2000
Auszeichnungs-Ort:
Hagen
Auszeichnungs-text:
Das Video "Vom Widerstand zum Bürgerkrieg" ist die
zweite Folge einer Dokumentationsreihe mit dem Titel
: "Kommunismus: Die große Utopie des 20.
Jahrhunderts".Das erste Video dieser Reihe: " Die
romantischen Jahre" wie auch die dritte: "Wie die
ersten Christen" und das vierte (2 weitere sind in
Vorbereitung): "Der Papst ist unfehlbar" legen ihren
Schwerpunkt eher auf die internationale Situation und
versuchen die Ereignisse in der Sowjetunion und ihre
internationalen Konsequenzen bildlich zu zeigen und
filmisch zu interpretieren, wobei der Fall
Griechenland eher beiläufig erwähnt wir. Die
Entscheidung für den zweiten Beitrag: "Vom
Widerstand zum Bürgerkrieg" ist gefallen, weil darin
ein Gleichgewicht der Schwerpunkte zustande
gekommen ist, wenn man bedenkt, daß das
entscheidende Auswahlkriterium nicht nur die
filmische Qualität, die Fülle des Materials, die
historisch korrekte Auswahl des Materials, die
Originalität der Recherche und der Darstellung der
Ereignisse, gestützt auf bis jetzt nicht bekannten
Filmdokumenten ( der Zusammenbruch der SU
machte dies möglich), sondern auch die
Hervorhebung der nationalen historischen
68
Ereignissen einbezogen in dem europäischen
Rahmen.Kriterium war also nicht eine
ethnozentrische Interpretation und Darstellung der
Geschichte, sondern die Initiierung einer Reflexion auf
der Basis des Verständnisses, dessen was in
Griechenland passiert ist und seiner Einbettung im
Welt, bzw. Europäischen Geschehen. Diese
Anforderungen erfüllt das besagte Video auf eine
paradigmatische Weise. Seine Qualitäten sind
hervorzuheben. Qualitäten, die durch die Erprobung
seiner Anwendung in der Erwachsenenbildung noch
klarer, durch die Reaktion der Teilnehmer,
herausgestellt wurden."Vom Widerstand zum
Bürgerkrieg" durchbricht die bis heute noch mehr
oder minder herrschenden ideologischen Grenzen der
Dokumentation. Da solche Dokumente erst in den
80ger Jahren im griechischen Fernsehen möglich
wurde, unterlagen einer ideologischen Interpretation
der Geschichte, die sowohl die englische und
amerikanische Rolle während der Zeit des
Widerstandes und vor allem im Bürgerkrieg
verdammten, als auch die Rolle der KP und des
"Volkes" glorifizierten und heroisierten um im
Endeffekt, die Ereignisse als die Vorgeschichte und die
historische Legitimation der Regierungsübernahme
durch die PASOK (1981) darzustellen. Man soll dabei
bedenken, daß die Erfahrung der Diktatur, die sich des
Bürgerkrieges ebenfalls ideologisch bediente, diese
Form der Darstellung besonders begünstigt und oberflächlich zumindest plausibel gemacht hat.Der
Film von Kouloglou ist besonders erfolgreich in
seinem Versuch den historischen Abstand
auszunutzen um der Objektivität treu zu bleiben. Er
meidet Parteinahme und erreicht einen Grad an
Objektivität und Nüchternheit den man beispielhaft
bezeichnen kann. Gleichzeitig besteht das Video zum
großen Teil aus einem bis jetzt noch nicht gezeigten
Material, das als solches schon Seiten der Brutalität
und der Absurdität des Bürgerkrieges beleuchtet und
dadurch dem objektiven Blick und dem
aufklärerischen Charakter des Filmes entscheidend
dient. Schließlich wurde die Entscheidung getroffen,
weil die Interaktion zwischen Tondokumenten, Text
und filmischer Darstellung folgendes erreicht hat: a)
Die Einbettung der griechischen Erfahrung in die
europäische als einen Teil von ihr und b) Daß Krieg
und Bürgerkrieg die Destruktion der europäischen
Zivilisation bedeutet hat, deren Teil Griechenland ist,
und daß die kritische Reflexion darüber die einzige
vernünftige Perspektive sein kann.Aus den oben
genannten Gründen kam die Kommission zu dem
Ergebnis der Prämierung dieses Dokumentarvideos,
nicht zuletzt auch, weil es ohne belehren zu wollen ein
ausgesprochen gelungenes Lehrmaterial ist.Das Video
" Der Kommunismus: Die große Utopie des 20.
Jahrhunderts. Vom Widerstand zum Bürgerkrieg "
wird aufgrund seiner Qualität mit der Euro-ComeniusMedaille 2000 der GPI ausgezeichnet.Univ.-Prof. Dr.
69
Dimitris Charalambis,
Bewertung
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70
Dokumentation
Produktionsdaten
Abbildung:
Titel:
Geographie Griechenland, eine "polizeiliche"
Untersuchung in Griechenland
Medienart:
CD Rom
Herausgeber:
Conceptum, Adam Damianakis; Athen, 12 Cheyden
Street, 104 34, Athens - Greece
Hersteller-Land:
Griechenland
Hersteller-Ort:
Athen
Hersteller-Jahr:
2002
Produktumfang:
1 CD-ROM
Begleitmaterial:
Begleitheft im CD Cover
Systemvoraussetzungen:
Pentium-Prozessor, 32 MB RAM, WIN95-98, ME, 2000,
XP, CD-ROM 8x, SVGA-Grafikkarte, 640x480,
ISBN/
Mediennummer:
960-7772-07-5
Inhalt
Retrieval
EthikThemenfeld:
Auszeichnung
Auszeichnungs-Art:
Euromedia-Sonderpreis
Auszeichnungs-Jahr: 2005
Auszeichnungs-Ort:
Berlin
Laudator:
Univ.-Prof. Dr. Dimitris Charalambis
Bewertung
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71
Dokumentation
Produktionsdaten
Abbildung:
Titel:
Meine Macht ist die Liebe meiner Linse, aus der Reihe
"Panorama des Jahrhunderts"
Medienart:
CD Rom
Herausgeber:
Fotos Lambrinos, Athen
Hersteller-Land:
Griechenland
Hersteller-Ort:
Athen
Produktumfang:
1 CD-ROM und 1 Buch
ISBN/
Mediennummer:
960-03-3937-6
Inhalt
Retrieval
EthikThemenfeld:
Auszeichnung
Auszeichnungs-Art:
Euromedia-Medaille
Auszeichnungs-Jahr: 2005
Auszeichnungs-Ort:
Berlin
Laudator:
Univ.-Prof. Dr. Dimitris Charalambis
Bewertung
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72
Dokumentation
Produktionsdaten
Abbildung:
Titel:
Neuere und aktuelle Geschichte Griechenlands 18211981 / Newer and current History of Greece 18211981
Medienart:
CD Rom
Herausgeber:
Conceptum-Damianakis GmbH in Zusammenarbeit
mit dem Verlagshaus Patakis Verlag
Hersteller-Land:
Griechenland
Hersteller-Ort:
Athen
Hersteller-Jahr:
1998
Produktumfang:
1 CD-ROM
Systemvoraussetzungen:
IBM PC/AT oder kompatibler, mindeste
Prozessorleistung z.B. "486", "Pentium 90 Mhz."; 4 MB
RAM; z.B. DOS, DOS mit Windows; Bildschirm
800x600 Punkte, 16 Farben
Inhalt
Abstract:
Die in Zusammenarbeit von Conceptum-Damianakis
GmbH und dem Verlagshaus Patakis entstandene CDRÖM unterstόtzt zeitgeschichtliche
Erwachsenenbildung, Unterricht und individuelle
Nutzung. Die CD-ROM "Neuere und aktuelle
Geschichte Griechenlands" vermittelt ein
systematisches Gesamtbild des Zeitraumes 1821 bis
1981. Multimedial und interaktiv wird durch die
Geschichte des neugriechischen Staates von seiner
Konstituierung bis in die Gegenwart gefόhrt. Die CDROM kann schon bei einfachen
Systemvoraussetzungen genutzt werden, d.h. auf
jedem PC mit CD-ROM-Laufwerk ohne Verzicht auf
avancierte Techniken in der Aufbereitung der
Dokumente.
Inhalt:
Die virtuelle Zeitreise geht von der Revolution gegen
das Öttomanische Reich 1821 aus und fόhrt όber die
Grόndung des ersten rδumlich besonders
eingeschrδnkten neugriechischen Staates 1828 von
seiner Konstituierung in die Phase seiner Erweiterung
(Balkankriege, letzte Etappe des Krieges gegen die
Tόrkei) und der Bestimmung der fast endgόltigen
Grenzen bis heute. Besonders die Zeit zwischen den
Kriegen wird hervorgehoben. Die CD-RÖM stόtzt sich
dabei mit einfacher Betδtigung auf 400 Seiten Text,
auf 1100 Sekunden Filmmaterial, auf 60 Minuten
Dokumente und Erzδhlungen, auf 800 Fotos, auf
historische Originaltexte, auf unterschiedliches Bildund Kartenmaterial, auf Text, Gerδusche und Musik.
Es werden Themenschwerpunkte hervorgehoben und
73
auch Hintergrundinformationen bereitgestellt. Der
Nutzer kann sich anhand seiner eigenen Interessen
nonlineare Informationen zur griechischen Geschichte
erschlieίen und hat die Mφglichkeit zu Kombination
von Grafikanimierung, Landkarten, Texten und
Filmsequenzen. Suchmφglichkeiten werden vorrangig
mit Stichwφrtern und Symbolen angeboten.
Retrieval
Bildungsbereich:
Schule, Erwachsenenbildung
Bildungskategorie:
ethische Bildung
EthikThemenfeld:
1. Kulturelle Identitδt und interkulturelle
Verstδndigung
1.1. Kulturelle Identitδt und interkulturelle
Verstδndigung im Blickwinkel der Vergangenheit
6. Bόrger und Gesellschaft
6.2. Die Gesellschaft fόr den Einzelnen
Schlagwort:
Zeitgeschichte, Griechenland, Europa, Ethik
Systematik:
Ethik, Geschichte, Medienpδdagogik, Politische
Bildung
Auszeichnung
Auszeichnungs-Art:
Euromedia-Medaille
Auszeichnungs-Jahr: 1998
Auszeichnungs-Ort:
Bochum
Auszeichnungs-text:
(aus der Laudatio fόr die EURÖ-Comenius-Medaille
der GPI e.V. 1998, die 10. Juli 1998 in der
Festveranstaltung an der Ruhr-Universitδt Bochum im
Rahmen des "Europδischen Mediensommers" von
Prof. Dr. Dimitris Charalambis/Athen im Namen der
Sokrates-Projektgruppe EUROMEDIA und der GPIJury vorgetragen wurde) Die CD-ROM "Neuere und
zeitgenφssische Geschichte Griechenlands, 1821 bis
1981", die in Zusammenarbeit zwischen der
Conceptum-Damianakis GmbH und dem Verlagshaus
Patakis enstanden ist, fόhrt multimedial und
interaktiv durch die Geschichte des neugriechischen
Staates von seiner Konstituierung (1821 bis 1828,
Krieg der Unabhδngigkeit) bis in die heutige Zeit
(1977, Rekonsolidierung der Demokratie, 1981,
Regierungsόbemahme durch die Sozialisten).
Beginnend mit der Revolution gegen das
Ottomanische Reich 1821 geht die virtuelle Zeitreise
όber die Grόndung 1828 des ersten rδumlich
besonders eingeschrδnkten neugriechischen Staates
in die Phase seiner Erweiterung (Balkankriege ab
1912, 1. Weltkrieg 1914 bis 1918, letzte Etappe des
Krieges gegen die Tόrkei 1920 bis 1922) und der
Bestimmung der fast (1948 werden die
Dodekanesischen Inseln anektiert) endgόltigen
Grenzen (1922/23) bis heute. Besonders wird
hervorgehoben die Zeit zwischen den Kriegen
(Spaltung des Landes zwischen Modernisten und
Traditionalisten, Diktatur von 1936 bis 1940, die
Okkupation und der Widerstand 1940 bis 1944, der
Aufstand in Athen 1944, die letzte Etappe des
74
Bόrgerkrieges 1947 bis 1949 und der Aufbau nach
dem Bόrgerkrieg, wobei die Militδrdiktatur der
Öbristen 1967 bis 1974 einen groίen Abschnitt der
virtuellen Zeitreise ausmacht).Die "Neuere und
zeitgenφssische Geschichte Griechenlands stόtzt sich
auf 400 Seiten Text; 1100 Sekunden Filmmaterial; 60
Minuten Dokumente und Erzδhlungen; 800 Fotos;
historische Originaltexte; entsprechende Bilder der
bildenden Kόnste, die groίe Ereignisse festhalten;
Landkarten; Grafiken und Musik. Einfache und klare
Betδtigung sowie Nutzerfόhrung zeigen sich schon
beim Einstieg in die CD-ROM. Am Anfang werden
Inhalt, Nutzungsmφglichkeiten und Handhabung
erlδutert. Besonders herauszustellen sind die Grafik
und die sehr eindrucksvolle Technik, Standbilder zu
animieren. Der Ton, die Grafiken, die Landkarten, das
Wort, die Musik, die Texte etc. werden optimal zum
Inhalt der CD-ROM angeboten.Themenschwerpunkte
und Hintergrundinformationen werden bereitgestellt.
Dem User wird die Mφglichkeit geboten, orientiert an
seinen eigenen Interessen, nonlineare Informationen
zur griechischen Geschichte zu erschlieίen, wobei
durch die Kombination von Grafikanimierung,
Landkarten, Texten und Filmen ein hoher Lerneffekt
erzielt wird. Verschiedene Suchmφglichkeiten wie
Stichwφrter, Symbole etc. erschlieίen den Inhalt der
CD-RÖM und ermφglichen positive Effekte fόr die
Unterstόtzung von Lernzielen. Insgesamt prδsentiert
sich die CD-RÖM "Neuere und zeitgenφssische
Geschichte Griechenlands 1821 bis 1981" als einfach
nutzbares und interessantes multimediales
Lernmedium fόr Erwachsene und Jugendliche in
individuellen Mφglichkeiten der CD-ROM
entsprechende Informationsquelle. Obwohl die CDROM schon bei einfachen Systemvoraussetzungen
genutzt werden kann, also auf jedem PC mit CD-ROM
Laufwerk, verzichtet sie dennoch nicht auf avancierte
Techniken in der Darstellung und Aufbereitung der
Dokumente. Der User hat ein systematisches
Gesamtbild der neuen und zeitgenφssischen
Geschichte Griechenlands parat. Und er verfόgt όber
genόgend Erklδrungsmaterial, das dem Nutzer
erlaubt, Zusammenhδnge zu verstehen.Die CD-ROM
ist insgesamt ein auszeichnungswόrdiges
multimediales Produkt.
Laudator:
Univ.-Prof. Dr. Dimitris Charalambis
Bewertung
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75
Dokumentation
Produktionsdaten
Abbildung:
Titel:
Die Diktatur der Obristen / The dictatorship of
colonels
Medienart:
Video-Kassette
Herausgeber:
ET1 Griechisches Fernsehen;
Autor:
Manthoulis, Roviros (Regie);
Hersteller-Land:
Griechenland
Produktumfang:
1 Video
Systemvoraussetzungen:
Videotechnik
Inhalt
Abstract:
Der Videofilm "Die Diktatur der Obristen" ist eine
Produktion des Ersten Programms des öffentlichen
griechischen Fernsehens ET 1 und veranschaulicht die
Ereignisse und politischen Verhältnisse, die zur
Militärdiktatur vom 21.April 1967 in Griechenland
geführt haben. Er zeigt den Charakter und die Gewalt,
die durch die machthabenden Militärs zum
griechischen Alltag wurden. The video "The
dictaturship of colonels is a product of the first
programm of greek TV ET 1 and light up the events
and political conditions, which lead to the military
dictatorship in 21 april 1967 in Greece. It shows the
character and violence of powerful militarians, that
become an ordinary day
Inhalt:
Das Videodokument "Die Diktatur der Obristen" zeigt
durch eine präzise und inhaltlich genaue
Beschreibung des Putsches, der Rhethorik und der
Selbstdarstellung der Diktatur das Bild des
irrationalen Charakters und der Gewalt, die durch die
machthabenden Militärs in Griechenland zum Alltag
wurden . Es zeigt ein vollständiges Bild der Ereignisse
und der politischen Verhältnisse, die zur
Militärdiktatur vom 21.4.1967 in Griechenland geführt
haben.
Retrieval
Bildungsbereich:
Weiterbildung/Fortbildung, Erwachsenenbildung
Bildungskategorie:
ethische Bildung, europolitische Bildung, historische
Bildung, politische Bildung
EthikThemenfeld:
Schlagwort:
4. Gewalt und Ausgrenzung
4.2. Gewalt und Ausgrenzung in der Zeit von 1945
bis 1989 – Zeitzeugen und Zeitzeugnisse
6. Bürger und Gesellschaft
6.2. Die Gesellschaft für den Einzelnen
Europa, Griechenland, Unterrichtsmedium,
Bildungsmedium, Zeitgeschichte, Politik, Ethik, culture,
Europe, Greece, history, ethics
76
Systematik:
Ethik, Interkulturelle Bildung, Politische Bildung,
Weiterbildung
Auszeichnung
Auszeichnungs-Art:
Euromedia-Medaille
Auszeichnungs-Jahr: 1999
Auszeichnungs-Ort:
Wien
Auszeichnungs-text:
(aus der Laudatio für die EURO-Comenius-Medaille
der GPI e.V. 1999, die am 24. Juni 1999 in der
Festveranstaltung an der Universität in Wien im
Rahmen des Symposiums "Europa im Gespräch Bildungsmedien für die zeitgeschichtliche
Erwachsenenbildung" von Prof. Dr. Charalambis,
Dimitris/Athen im Namen der Sokrates-Projektgruppe
EUROMEDIA und der GPI-Jury vorgetragen wurde)
"Die Diktatur der Obristen" ist eine Produktion des
Ersten Programms des öffentlichen griechischen
Fernsehens ET 1 unter Regie von Roviros Manthoulis.
Dieses Videodokument zeigt ein vollständiges Bild der
Ereignisse und der politischen Verhältnisse, die zur
Militärdiktatur vom 21.4.1967 in Griechenland geführt
haben. Durch eine präzise und inhaltlich genaue
Beschreibung des Putsches, der Rhethorik und der
Selbstdarstellung der Diktatur liefert dieses
Dokument das Bild des irrationalen Charakters und
der Gewalt (auch gegen den guten Geschmack), die
durch die machthabenden Militärs zum Alltag
wurde.Die Bilder überzeugen durch treffenden
Sarkasmus, der die ganze Tragik der Realität
schonungslos vor Augen fuehrt.Der Film beginnt und
endet im Gerichtssaal, wo der Prozeß gegen die
leitenden Offiziere des Militärputsches stattfindet.
Dadurch wird ein Gefühl der "Katharsis" des
politischen Systems vermittelt. Der Prozeß drückt
auch die Qualität und die Widerstandsfähigkeit der
griechischen demokratischen Tradition aus, denn nur
in Griechenland wurden die Verantwortlichen der
Diktatur so schnell und konsequent verurteilt. Man
braucht sich nur an den Fall Videla, oder schlimmer
noch, an Pinochet zu erinnern.Es muß betont werden,
daß dieser Abschnitt der neueren Geschichte
Griechenlands nicht losgelöst gezeigt wird, sondern
eingebettet in das Weltgeschehen der 60er und 70er
Jahre. Das Videodokument zeigt den internationalen
politischen Rahmen (israelisch-arabischer Krieg von
1967, Watergate-Skandal, Regierungskrise in den USA
und Rücktritt von Nixon 1974), in dem der Putsch und
sein Zusammenbruch stattgefunden haben, sowie den
Putsch auf Zypern und die darauffolgende Invasion
und Okkupation des Nordteils der Insel durch die
türkische Armee 1974. Dadurch wird dem Zuschauer
das Verständnis der historischen Zusammenhänge
leicht zugänglich gemacht.Die ausgewählten
Interviews mit Zeitzeugen machen betroffen, sind
passend und bereichern die Aussagekraft des
Films.Schließlich muß man feststellen, daß auch die
geschickte Montage der verschiedenen Dokumente
dazu beiträgt, daß der Film eine Kontinuität der
77
historisch-politischen Ereignisse vermittelt, wodurch
ein qualitativ hoher Lehrwert entsteht.Deshalb ist die
Auswahlkommission zu dem Schlußgekommen, daß
dieser Film die Verleihung der Euro-ComeniusMedaille zweifellos verdient.
Laudator:
Univ. Prof. Dr. Dimitris Charalambis
Bewertung
Bewertungen:
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78
Dokumentation
Produktionsdaten
Abbildung:
Titel:
Retrospect 1900 - 2000 / Retrospect, De geschiedenis
van de 20e eeuw. Kroniek encyclopedie
documentaires
Medienart:
CD Rom
Herausgeber:
Academic Service, Schoonhoven
Hersteller-Land:
Niederlande
Hersteller-Ort:
Schoonhoven
Hersteller-Jahr:
2000
Produktumfang:
6 CD-ROM
Begleitmaterial:
Handbuch im CD-ROM-Format, Seiten
Systemvoraussetzungen:
Multimedia-PC mit Pentium-Prozessor(ab 133 MHz);
Windows 95/98; Windows NT (mit 48 MB RAM);
Windows 2000 (mit 128 MB RAM); mindestens 200
MB Festplattenspeicher; 20-fach CD-ROM-Laufwerk
oder schneller; von Windows unterstόtzte 16-BitSoundkarte; Grafikkarte 800x600 Pixel Auflφsung
oder hφher und 65000 Farben und hφher;
ISBN/
Mediennummer:
90-395-1278-7
Inhalt
Abstract:
Die CD-ROM "Retrospect 1900 - 2000" besteht aus
sechs CD-RÖM und ist die niederlδndische Fassung
der multimediale Zeitreise in die deutsche
Nachkriegsgeschichte mit Fotos, Texten, Grafiken,
Dokumenten, Video- und Audio-Clips; mit Einfόhrung,
Ausschnitten, Sprechertexten, Schrifttexten und
Hintergrundinformationen. The CD-ROM "Retrospect
1900 - 2000" consists of 6 CD-ROMs and is the dutch
version of multimedial time trevel in the german after
war history with photoes, texts, graphics, documents,
video and audio clips; with introduction, abstracts,
speaker texts and background information.
Inhalt:
vgl. Bewertung
Retrieval
Bildungsbereich:
Sekundarstufe II, Weiterbildung/Fortbildung,
Erwachsenenbildung
79
Bildungskategorie:
EthikThemenfeld:
ethische Bildung, europolitische Bildung, historische
Bildung, politische Bildung
4. Gewalt und Ausgrenzung
4.1. Gewalt und Verfolgung in der Zeit von 1933 bis
1945 – Zeitzeugen und Zeitzeugnisse
4.2. Gewalt und Ausgrenzung in der Zeit von 1945
bis 1989 – Zeitzeugen und Zeitzeugnisse
6. Bόrger und Gesellschaft
6.1. Der Einzelne und die Gesellschaft
6.2. Die Gesellschaft fόr den Einzelnen
Schlagwort:
Zeitgeschichte, Geschichte, Politik, Gesellschaft, Welt,
Europa, Deutschland, Nachschlagewerk/Lexikon,
Ethik, history, ethics
Systematik:
Ethik, Geschichte, Politische Bildung, Weiterbildung
Auszeichnung
Auszeichnungs-Art:
Euromedia-Medaille
Auszeichnungs-Jahr: 2000
Auszeichnungs-Ort:
Hagen
Auszeichnungs-text:
Kategorie: Zeitgeschichtliche Bildung CD-ROM:
Retrospect. De geschiedenis van de 20e eeuw. Kroniek
– encyclopedie – documentaires (Retrospect. Die
Geschichte des 20. Jahrhunderts. Chronik –
Enzyklopδdie – Informationsmaterial) Academic
Service, Schoonhoven; Digital Publishing, Mόnchen
Die sechsteilige CD-ROM-Sammlung ‚Retrospect‘ ist
ein Lexikon und eine ausfόhrliche Chronik όber
Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und
Technik im zwanzigsten Jahrhundert,
zusammengestellt durch den Verlag Academic Service
Schoonhoven in Zusammenarbeit mit Digital
Publishing Mόnchen. Die speziell auf die Niederlande
bezogenen Artikel wurden fόr diese Ausgabe extra
eingefόgt. Sie nehmen ungefδhr ein Viertel dieser
Ausgabe ein. Auf dem niederlδndischen Markt ist
Retrospect zur Zeit das Multimedianachschlagewerk
fόr die gesamte Geschichte des 20. Jahrhunderts. Die
sechs CD-ROM beinhalten insgesamt 20.000 Artikel,
mehr als drei Stunden Filmmaterial, 12 Stunden
authentische Tondokumente, 10.000 Fotos, Karten
und Illustrationen, sowie Informationsmaterial, das
auf authentischen Quellen basiert. In dem
Dokumentationsmaterial werden bestimmte
historische Themen in zehn bis fόnfzehn Minuten mit
Hilfe von gesprochenem Text, Video, Bild und Ton
dargestellt. Die Chronik enthδlt Zeitleisten (time
labels). Die Biographien und das Lexikon bieten einen
Schatz an Informationen und verschiedenen
Zugangsmφglichkeiten. Insgesamt liefert ‚Retrospect‘
zum Beispiel 200.000 anklickbare, kontextbezogene
Verweise zu nδheren Information όber bestimmte
Personen und Geschehnisse. Folgendes
Dokumentationsmaterial ist auf den CD-ROM
enthalten: CD-ROM 1: Beginn des Jahrhunderts,
Niedergang der alten Welt Europa, Zwischen den
80
beiden Weltkriegen; CD-Rom 2: Zeitalter der
Diktatoren, Am Vorabend des Zweiten Weltkrieges,
Der Zweite Weltkrieg; CD-Rom 3: Umsturz in China,
Beginn des Kalten Krieges, Das Rote Imperium; CDRom 4: Das Ende der Kolonialmδchte, Aufrόstung und
Entspannung, Naturkatastrophen und Unglόcke; CDRom 5: Krise in Indo-China, Krisenherd Mittlerer
Osten, Der neue Zeitgeist; CD-Rom 6: Europδische
Einheit, Wende im Osten, Deutschland
wiedervereinigt, Hin zu einer neuen Weltordnung?
Um die groίe Menge an Material so benutzerfreundlich
wie mφglich anzubieten, wurde SmartCD entwickelt.
Diese raffinierte Technologie funktioniert
folgendermaίen: auf jeder CD-ROM ist das komplette
Material von „Retrospect„ zu finden, mit Ausnahme
von Dokumentarfilmen und Ton- und Bildfragmenten.
Diese sind auf sechs CD-ROM verteilt. Beim Suchen
fordert das Programm dazu auf, nur fόr bestimmte
Bild- oder Tonfragmente eine andere CD-ROM in das
Laufwerk einzulegen. Das Programm wird nicht
unterbrochen, es geht aber nur weiter, wenn die
richtige CD-Rom im Laufwerk liegt. Hierdurch kann
man seine Suche auf einfache Weise nachvollziehen.
Ein weiterer Vorteil von SmartCD ist, daί Retrospect
arbeitet, ohne Festplattenspeicher in Beschlag zu
nehmen. ‚Retrospect‘ ist eine deutsch-niederlδndische
Co-Produktion, wobei der Inhalt όberwiegend vom
deutschen Partner zusammengestellt wurde. In
Anbetracht des relativ kleinen niederlδndischen
Sprachraums hat die Jury jedoch viel Respekt fόr den
Unternehmergeist des niederlδndischen Partners. Am
wichtigsten ist, daί diese sechsteilige CD-Rom
vollstδndig den Kriterien genόgt, um mit der
Comenius-Medaille ausgezeichnet zu werden.
‚Retrospect‘ bietet hervorragende Bildungssoftware
fόr die Schule und fόr die
Erwachsenenbildung/allgemeine Weiterbildung. Es
handelt sich um ein pδdagogisch, inhaltlich und
gestalterisch herausragendes Bildungsmedium, das
die Auszeichnung mit der Euro-Comenius-Medaille
ohne Vorbehalt verdient. In den letzten Jahren wird in
den Niederlanden immer wieder όber Mφglichkeiten
diskutiert, die heranwachsende Generation mit
Zeitgeschichte vertraut zu machen. ‚Retrospect‘ zeigt
historische Prozesse. Das statische Bild der
Vergangenheit wird durch den multimedialen Zugang
zu einem dynamischen Bild, das Entwicklungen auf
auίergewφhnlich faszinierende Weise visualisiert und
hφrbar macht. ‚Retrospect‘ bietet alle Mφglichkeiten
die Bedeutung von Entwicklungen zu entdecken. Die
sechs CD-RÖM ermφglichen dem Benutzer, sich die
Vergangenheit als sinnvolles Ganzes vorzustellen,
zwingen ihm aber keine menschlichen oder
gesellschaftlichen Werte auf. Die Verlage Academic
Service, Schoonhoven, und Digital Publishing,
Mόnchen, werden fόr die Entwicklung der
didaktischen Multimedia-Software „Retrospect - De
geschiedenis van de 20e eeuw. Kroniek (Retrospect -
81
Die Geschichte des 20. Jahrhunderts)„ mit der EuroComenius-Medaille 2000 der GPI ausgezeichnet.
LAUDATIO von Univ.-Prof. Dr. Joan Hemels,
Amsterdam, im Namen der Jury
Laudator:
Univ.-Prof. Dr. Joan Hemels
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82
Dimitris Charalambis
3.6. Evaluierungs- und Weiterbildungsangebot für
Multimediaprodukte und Bildungsmedien zur
politischen und zeitgeschichtlichen
Erwachsenenbildung: Das Politische und die
Politik.Die Negation des Politischen als
Perspektive des Zerfalls der Europaeischen
Union.
(In griechischer Sprache.)
Weiterbildungsmodul 3
Basistext 3
Το πολιτικό και η πολιτική. Η πολιτική άρνηση του πολιτικού
ως προοπτική έκπτωσης του ευρωπαϊκού εγχειρήματος
Υπάρχει ένα φαινομενικά παράδοξο στο εγχείρημα της Ευρωπαϊκής ενοποίησης.
Η πορεία προς την ευρωπαϊκή ενοποίηση ήταν το αποτέλεσμα της κατανόησης
των καταστροφικών επιπτώσεων που είχε η μετεξέλιξη της μορφής της
διασφάλισης των αξιακών περιεχομένων των χειραφετητικών επαναστάσεων
του 18ου αιώνα. Η κατανόηση δηλαδή των καταστροφικών επιπτώσεων που
είχε η αντιδραστική νοηματοδότηση της συγκρότησης του έθνους-κράτους, το
οποίο υπήρξε η ιστορικά αναγκαία οργανωτική μορφή των εγγυήσεων ισχύος
και προστασίας των δικαιωμάτων και ελευθεριών.
Το δημοκρατικό έθνος-κράτος αποτέλεσε την πιο αποτελεσματική και
πραγματιστική επινόηση της νεωτερικότητας. Επινόηση η οποία, ως
επαναστατική μετάλλαξη της απόλυτης μοναρχίας, διαμόρφωσε τους
πολιτικούς όρους που ήταν απαραίτητοι, ώστε να διασφαλιστούν και να
λειτουργήσουν στην πράξη τα αξιακά περιεχόμενα των επαναστάσεων που
μετουσίωσαν τον διαφωτισμό και την θεωρητική σύλληψη του ως εάν
κοινωνικού συμβολαίου σε έμπρακτη πολιτική λειτουργία. Η διασφάλιση της
συνοχής και της επικρατειακής ακεραιότητας του έθνους κράτους, είτε ως
λαϊκή-δημοκρατική θεμελίωση της κληρονομιάς της απόλυτης μοναρχίας, είτε
ως επαναστατική, απελευθερωτική και ενοποιητική διαδικασία, διασφάλισε τις
χρονικές και χωρικές εγγυήσεις, ώστε σταδιακά το εγχείρημα της
νεωτερικότητας να αποκτήσει συγκεκριμένη, υλική και λειτουργική μορφή. Η
θεμελίωση του πλέγματος των εγγυήσεων που διασφάλισαν την ανάδειξη και
διεύρυνση των δικαιωμάτων και ελευθεριών, ως του τόπου της φιλελεύθερης,
δικαιοκρατικής και δημοκρατικής έννομης τάξης ήταν η ιστορική συμβολή της
κατασκευής του έθνους-κράτους στην διαδικασία προς την ολοκλήρωση της
νεωτερικότητας και ανάδειξης της έννοιας του ανθρώπου ως έννοιας
πραγματικής αφαίρεσης.1
Το καθοριστικό αυτό βήμα κατά την ιστορική διαδικασία προς την ολοκλήρωση
των περιεχομένων που συγκροτούν το πολιτικό και συνιστούν την ιστορική
differentia specifica της νεωτερικότητας αναδεικνύει ένα νοηματικό παράδοξο.
Παράδοξο που προέκυψε από την ίδια την έννοια των προστατευτικών ορίων,
της προστατευτικής οριοθέτησης ως αναγκαίας, πρακτικής και λειτουργικής
συνθήκης της διασφάλισης των δικαιωμάτων και ελευθεριών ως διαδικασίας
αποκλεισμού και εσωκλεισμού (Exclusion/Inclusion). Ιστορικά, αλλά και
νοηματικά αυτό το παράδοξο σημαίνει ότι το πλαίσιο προστασίας του πολιτικού
αποτέλεσε και το σημείο εκκίνησης της ολοκληρωτικής άρνησης του. Αυτό ήταν
συνέπεια δύο παράλληλων διαδικασιών που προσέδωσαν στην οριοθέτηση δύο
απολύτως αντιθετικές ερμηνείες και νοηματοδοτήσεις. Αυτές καθόρισαν τις
ιστορικές τάσεις και διεργασίες που ανέδειξαν τη διαφορά μεταξύ πολιτικής και
πολιτικού και θεμελίωσαν την ιστορική εμφάνιση των περιεχομένων εκείνων
που συγκροτούν το σημασιολογικό περιεχόμενο της έννοιας του πολιτικού, αλλά
και μιας συγκεκριμένης μορφής της πολιτικής απόρριψής του.
Το πολιτικό και η πολιτική. Οι διαχωριστικές γραμμές και η αντιδραστική
θεώρηση του πολιτικού.
Ο άνθρωπος είναι ζώον πολιτικόν. Ο άνθρωπος καθίσταται άνθρωπος εν πόλει.
Είναι άνθρωπος γιατί σχεδιάζει, διαμορφώνει, συγκροτεί την πόλη, ως τον χώρο
τιθάσευσης της βίας, η οποία τιθάσευση είναι αυτή που επιτρέπει τη συμβίωση.
Με μια πιο σύγχρονη, ήτοι νεωτερική (στη βάση της διφυούς ιδιότητας του
ανθρώπου ως ιδιώτη/πολίτη) και όχι πρωτοπολιτική – όπως η αριστοτελική –
διατύπωση, μπορούμε να ορίσουμε το πολιτικό, ως τον τρόπο, τη διαδικασία
μέσω της οποίας ένας αριθμός ανθρώπων, ένα (αδιάρθρωτο, ή παραδοσιακά
διαρθρωμένο) πλήθος συγκροτείται σε κοινωνία. Όπου κοινωνία δεν είναι απλά
ένα άμορφο πλήθος – αντικείμενο επί του οποίου ασκεί εξουσία ένας
(προσυμβολαιϊκός) κυρίαρχος, ούτε μια καθ’ οιονδήποτε τρόπο συνεκτική
κοινότητα πεπρωμένου (Volksgemeinschaft / Schicksalsgemeinschaft).
Το σημασιολογικό περιεχόμενο της έννοιας κοινωνία αναδεικνύεται μέσω της
ωρίμανσης και διαμόρφωσής της από τον διαφωτισμό, τις χειραφετητικές
επαναστάσεις του 18ου αιώνα (και του προηγηθέντος αιώνα των αγγλικών
επαναστάσεων), το σοσιαλιστικό κίνημα του 19ου αιώνα και την υπέρβαση των
ολοκληρωτισμών του 20ου αιώνα. Αυτή η γενεσιουργός διαδικασία αναδεικνύει
την έννοια της κοινωνίας ως την δικαιοκρατικά οργανωμένη συμβίωση
ελευθέρων και ίσων ατόμων – υποκειμένων φορέων δικαιωμάτων και
ελευθεριών (κοινωνικό συμβόλαιο/volonté générale). Η λαϊκή κυριαρχία και η
διάκριση των εξουσιών, υπό την θεμελιωτική δέσμευση της αξίας του
ανθρώπου, η οποία είναι ο πυρήνας του ηθικού κανόνα που ως υπερθετικό
Δίκαιο (Maus) καθορίζει το κανονιστικό πλαίσιο της έννομης τάξης, είναι τα
θεμέλια της δικαιοκρατικής αυτοδεσμευτικής οργάνωσης της (νεωτερικής)
Αναλυτικά για την νεωτερική έννοια του ανθρώπου ως έννοια πραγματικής αφαίρεσης: Χαραλάμπης,
Δημήτρης: Παγκοσμιοποίηση και Δημοκρατία. Η έννοια του ανθρώπου στη Νεωτερικότητα: Πραγματική
αφαίρεση και ορθός λόγος, Ίδρυμα Σάκη Καράγιωργα /Εξάντας, Αθήνα, 1998.
1
84
κοινωνίας2. Αυτή είναι η θεσμική και οργανωτική μορφή του πλέγματος
εγγυήσεων της ισχύος των δικαιωμάτων και ελευθεριών, η οποία υλοποιεί τον
τρόπο – πολιτικής – συγκρότησης της κοινωνίας. Το πολιτικό είναι ο τόπος του
νεωτερικού εγχειρήματος και η διαδικασία αναζήτησής του ταυτίζεται με την
επίτευξη του συγκεκριμένου χαρακτήρα της κανονιστικής οργάνωσης, η οποία
αναδεικνύει τον τόπο ως το ζητούμενο. Η εσωτερική λογική της διαδικασίας
είναι τελεολογικού χαρακτήρα, χωρίς αυτό να σημαίνει, ότι η οδύσσεια δεν
επιδέχεται ανατροπές, οπισθοδρομήσεις, ή/και ίσως ανυπέρβλητα εμπόδια
πραγμάτωσης - επικράτησης.
Είναι, κατά τη γνώμη μου, προφανές ότι η μόνη δυνατή νοηματοδότηση του
πολιτικού ενσωματώνει την έννοια της Δημοκρατίας, και μάλιστα υπό όρους
ισχύος και τυπικών και ουσιαστικών δικαιωμάτων ως τέλους (σκοπού), αλλά
και ως εννοιολογικά πρωτογενώς ενυπάρχουσας κανονιστικής προϋπόθεσης.
Πρωτογενώς ενυπάρχουσα προϋπόθεση του σημαντικού περιεχομένου της
έννοιας του πολιτικού, αφού η έννοια ωριμάζει και τείνει προς την ολοκλήρωσή
της ως εγχείρημα-σκοπός τελεολογικής και όχι εσχατολογικής λογικής, μέσω της
ιστορικής πορείας χειραφέτησης από τις διάφορες μορφές ετερονομίας και
νόθευσής της3.
Το πολιτικό, ως ιστορική και νοηματική differentia specifica του εγχειρήματος
της νεωτερικότητας επιτρέπει ουσιαστικά δύο αναγνώσεις της πολιτικής.
Η πολιτική, ή αποτελεί σύνολο δράσεων που εντάσσονται στη λογική της
πραγμάτωσης του πολιτικού και αποτελεί έκφραση της διαδικασίας ανάδειξής
του, ή αποτελεί σύνολο δράσεων με στόχο τη διακοπή της διαδικασίας
συγκρότησης του πολιτικού, ή την αναίρεσή του ή την περιθωριοποίησή του4.
Η οριοθέτηση της επικράτειας του έθνους-κράτους σήμαινε ταυτόχρονα την
οριοθέτηση της εθνικής κοινωνίας (το δικαίωμα στην ιθαγένεια και η αρχή της
εθνικής κυριαρχίας) και επέτρεψε την εμβάθυνση και διεύρυνση της
διαδικασίας εκδημοκρατισμού, την (εσωτερική) διεύρυνση της ιδιότητας του
φορέα δικαιωμάτων και ελευθεριών (bourgeois/citoyen), την μετάβαση από την
έννοια του υπηκόου στην έννοια του πολίτη.
Η αντίδραση σ’ αυτή τη διαδικασία εκδημοκρατισμού και ειδικότερα η
αντίδραση στην διεύρυνση των πολιτικών δικαιωμάτων, η αντίδραση απέναντι
Η έννοια της αξίας του ανθρώπου προϋποθέτει και απαιτεί την υπόσταση του ως φορέα δικαιωμάτων
και ελευθεριών ως übergesetzliches (Radbruch), überpositives (Maus) Recht, ως υπερνομικό,
υπερθετικό Δίκαιο που θετικοποιείται στην συνταγματική κατοχύρωση των θεμελιωδών δικαιωμάτων
και ελευθεριών. Υπό αυτή την έννοια η αρμοδιότητα της αρμοδιότητας του κυρίαρχου (KompetenzKompetenz) δεν είναι απεριόριστη αλλά υπόκειται στις αξιακές προϋποθέσεις (αξία του ανθρώπου, ο
άνθρωπος ως φορέας δικαιωμάτων και ελευθεριών) που αποτελούν το sine qua non των
κατευθυντηρίων αρχών της θεμελίωσης του δημοκρατικού, συνταγματικού Κράτους Δικαίου.
Άλλωστε ακριβώς γι αυτόν τον λόγο ο κυρίαρχος (λαός) έχει την ικανότητα της πλήρους νομικής
αυτοδιάθεσης. Πρβλ. Maus, Ingeborg: Bürgerliche Rechtstheorie und Faschismus. Zur sozialen
Funktion und aktuellen Wirkung der Theorie Carl Schmitts, Sink München 1980 και της ιδίας: Zur
Aufkälrung der Demokratietheorie, Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1994.
3
Πρβλ.: Χαραλάμπης, Δημήτρης Η συγκρότηση του πολιτικού ως τέλος αλλά όχι ως έσχατον του
κανονιστικού εγχειρήματος της νεωτερικότητας, στο: Στράγγας, Ι. Παπαχαραλάμπους,, Χαρ., Σκοπός,
τελεολογία και Δίκαιο, Εκδ. Σάκκουλας, Αθήνα-Θεσσαλονίκη, Nomos Verlag, Baden-Baden, L΄
Harmattan,Paris 2010 σελ. 297-341.
4
Πρβλ: Χαραλάμπης, Δημήτρης: Η έννοια του πολιτικού και της πολιτικής. Σημασιολογικές αποκλίσεις
και συγκλίσεις περιεχομένων, στο: Μεταξάς, Α.Ι.Δ.(επιμ.): Πολιτική Επιστήμη. Διακλαδική και θεματική
προσέγγιση της πολιτικής πράξης, εκδ. Σάκκουλα Αθήνα-Κομοτηνή 2012 (υπό έκδοση), όπου και ο
συγκεκριμένος ορισμός της έννοιας του πολιτικού και της πολιτικής που παρατίθεται και εδώ.
2
85
στην επιβολή της καθολικής ψηφοφορίας ανέδειξε μια άλλη ερμηνεία της
έννοιας του διαχωριστικού ορίου-συνόρου. Ανέδειξε την διαχωριστική
(συνοριακή) γραμμή, όχι πλέον ως προστατευτικό κέλυφος, όχι πλέον ως
προστατευτική περιχαράκωση που επέτρεπε την ανάδειξη της διαδικασίας
εκδημοκρατισμού, ή την διασφάλιση των κεκτημένων αυτής της διαδικασίας,
αλλά ως απόλυτη αξία. Η για πρακτικούς λόγους αναγκαία διαχωριστική
γραμμή-σύνορο μεταβάλλεται σε αξία αφεαυτής. Η μετάλλαξη του ορίου από
σύνορο προστασίας/εγγύησης σε υπέρτατη αξία σήμανε συγχρόνως την
έκπτωση του ορθού λόγου και την ανάδειξη του ανορθολογισμού στο
καθοριστικό περιεχόμενο της αντίδρασης. Πρόκειται για την μετάλλαξη την
οποία ο Habermas περιγράφει ως την μετάβαση από την πολιτική έννοια του
έθνους (δήμου-λαού) στην πολιτισμική έννοια του έθνους5.
Η αναγκαία και πρακτική διάσταση της διαχωριστικής γραμμής-οριοθέτησης ως
αντικειμενικά αναγκαίας συνθήκης διασφάλισης του τόπου, του πεδίου
ανάδειξης του πολιτικού, μετεβλήθη, υπό την απειλή της ανάδειξης της
κοινωνίας των ελεύθερων και ίσων ως συλλογικής χειραφετητικής έννοιας, σε
έννοια-ταυτότητα αναιρετική της ίδιας της έννοιας της κοινωνίας. Η ανθρώπινη
ιδιότητα, η ανθρώπινη αξιοπρέπεια ως κεντρικό πολιτικό αίτημα και
περιεχόμενο των πολιτικών αγώνων, αναζήτησε την δικαίωσή της μέσα από την
σχετικοποίηση-υποχώρηση των παραδοσιακών (φεουδαρχική πυραμίδα,
νομικές τάξεις), αλλά και των αρχικών νεωτερικών (ιδιοκτησία ως κριτήριο
συμμετοχής στην ιδιότητα του φορέα δικαιωμάτων) διαχωριστικών γραμμών
περιχαράκωσής της. Η αντίδραση σ’ αυτήν την διαδικασία συγκρότησης
κοινωνίας μετέβαλλε την οριοθέτηση (Abgrenzung) σε υπερκοινωνική και γι’
αυτό υπεριστορική ταυτότητα.
Το αρχικά δευτερογενές, πρακτικό πλαίσιο μυθοποιείται μέσα από την απόλυτη
άρνηση των (αξιακών) περιεχομένων που είχαν διαμορφώσει τον -ιστορικά
αναγκαίο- λόγο ύπαρξής του.
Η άρνηση του περιεχομένου, η αντίδραση απέναντι στην πορεία επιβολής του
περιεχομένου, η αντίδραση και αποδέσμευση από αυτό αναιρεί το περιεχόμενο
και νοηματοδοτεί το όριο, τον διαχωρισμό, τον αποκλεισμό ως το κατεξοχήν
αξιακό περιεχόμενο.
Η διαδικασία εκδημοκρατισμού ανατρέποντας την ολιγαρχική ερμηνεία της
ανθρώπινης ιδιότητας και ως εκ τούτου επιβάλλοντας την γενική ισχύ της
έννοιας της ανθρώπινης αξιοπρέπειας διαμορφώνει την (πολιτική) έννοια του
λαού (των ελεύθερων και ίσων) ως κυρίαρχου, ως του κυρίαρχου πολιτικού
σώματος και καθιστά τον εντός των εθνικών συνόρων πληθυσμό (εθνική)
κοινωνία. Αντίθετα η αντίδραση απέναντι στη διαδικασία εκδημοκρατισμού
απολυτοποιεί το όριο, απολυτοποιεί τον αποκλεισμό για να ανατρέψει όχι μόνο
την διεύρυνση των δικαιωμάτων και ελευθεριών, αλλά και την ίδια την
υπόστασή τους. Αυτός είναι και ο λόγος για τον οποίο η αντιδραστική σκέψη
θεωρεί το όριο, τον διαχωρισμό ως το περιεχόμενο του πολιτικού.
Η διαχωριστική γραμμή που διαχωρίζει τον φίλο από τον εχθρό, ο διαχωρισμός
φίλου-εχθρού ανακηρύσσεται ως η έννοια, η πεμπτουσία του πολιτικού.
Ουσιαστικά είναι τα όρια-σύνορα του έθνους-κράτους που διαχωρίζουν την
ολότητα ενός λαού από έναν (εθνικά) άλλο λαό (Volk/Volksgemeischaft) και
ταυτίζονται με την έννοια του πολιτικού. Ο εθνικά άλλος, ο ανήκων σε άλλη
5
Πρβλ. Habermas, Jürgen: Faktizität und Geltung, Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1992 σελ. 632κ.ε.
86
κοινότητα λαού είναι ο εχθρός. Την πιο συστηματική διατύπωση αυτής της
έννοιας του πολιτικού κατασκευάζει ασφαλώς ο Carl Schmitt στο περίφημο
ομώνυμο έργο του6. Ο άλλος δεν είναι καν εχθρός. Είναι πολέμιος.7 Είναι
υπαρξιακά κάτι άλλο κάτι εχθρικό8. Ο πόλεμος (η φυσική εξόντωση του άλλου –
die physiche Tőtung) είναι η αναγκαία, η υπαρξιακά αναγκαία συνέπεια γιατί
είναι η υπαρξιακή άρνηση ενός άλλου είναι, die seinsmässige Negation eines
anderen Seins9.
Ο άλλος είναι πολέμιος γιατί είναι απόλυτα άλλος, είναι το άλλο είναι. Ο άλλος
είναι δηλαδή ο φυσικός πολέμιος της εθνικής ύπαρξης. Χρησιμοποιώντας τις
διατυπώσεις του Cromwell στο λόγο του της 17.9.1656 εναντίον της παπικής
Ισπανίας, ο Carl Schmitt ορίζει τον άλλο ως τον «natural enemy, the povidential
enemy», ως τον εχθρό/πολέμιο του εθνικού είναι, του «National Being»10.
Για να μετουσιώσει σε πράξη την συνέπεια της απόλυτης, υπαρξιακής
διαχωριστικής γραμμής η κοινότητα του λαού (die Volksgemeinschaft)
ενσωματώνεται, απορροφάται ( wird aufgenommen) από το κράτος, το οποίο
μέσα από αυτή τη διαδικασία ολοκληρώνεται πολιτικά ως απόλυτο,
ολοκληρωτικό κράτος (der totale Staat), το οποίο για να πραγματώσει το
πολιτικό οδηγείται στον ολοκληρωτικό πόλεμο (der totale Krieg)11. Η ειρήνη δεν
είναι τίποτα άλλο παρά η προετοιμασία της συνέπειας του ούτως
νοηματοδοτούμενου πολιτικού, δηλαδή η προετοιμασία του πολέμου. Το
μεσοδιάστημα μεταξύ ειρήνης και πολέμου είναι ουσιαστικά πόλεμος χωρίς
στρατιωτικές συγκρούσεις. Inter pacem et bellum nihil est medium12. Η
πραγματική (ιστορική) αναφορά-εμπειρία για τον Carl Schmitt είναι η συνθήκη
των Βερσαλλιών (1918), η οποία εκτός από προδοτική πράξη
(Dolchstosslegende), ερμηνεύεται ως απλή ανακωχή που δεν σταμάτησε τον
πόλεμο αλλά προς στιγμή τις στρατιωτικές εχθροπραξίες. Γι αυτό αυτή η
συνθήκη καθιστά νόμιμη και πολιτικά και ηθικά ορθή πράξη την επανέναρξη της
στρατιωτικής σύγκρουσης από τη Γερμανία, η οποία όλη την περίοδο (19181939) υπομένει τον πόλεμο, με άλλα μέσα, των νικητών του πρώτου μέρους της
πολεμικής σύγκρουσης (Η θυματοποίηση είναι πάντοτε ουσιαστικό στοιχείο του
εθνικισμού, ενδεικτικό παράδειγμα η σκηνοθεσία της γερμανικής επίθεσης
εναντίον της Πολωνίας ).
Η αντίδραση απέναντι στη διαδικασία εκδημοκρατισμού αποβάλλει τον
χειραφετητικό χαρακτήρα της έννοιας του (κυρίαρχου) λαού, αφού δεν
αποδέχεται (καθοριστικό στοιχείο του λαϊκισμού) την υπόσταση των
αυτόνομων, ελεύθερων και αυτοπροσδιοριζόμενων υποκειμένων που τον
συγκροτούν και μεταλλάσσει την έννοια της κοινωνίας/λαού στο απρόσωπο
(αποϋποκειμενικοποιημένο) σύνολο της -μυστικιστικής- κοινότητας του λαού
(Volksgemeinschaft). Υπ’ αυτούς τους όρους η αρμοδιότητα του κυρίαρχου
μεταφέρεται στον προστάτη, εκφραστή, οδηγητή, αφηγητή της υπερκοινωνικής
και υπεριστορικής κοινότητας πεπρωμένου. Αυτός μετουσιώνει τη θέλησή του,
που εκφράζει το πεπρωμένο του λαού στο απόλυτο κράτος, το οποίο ως ο
6
Schmitt, Carl: Der Begriff des Politischen. (Text von 1932), Duncker und Humblot, Berlin 1979.
στο ίδιο, ελληνικά στο πρωτότυπο σελ. 25.
8
στο ίδιο, σελ. 26.
9
στο ίδιο σελ. 33.
10
στο ίδιο, αγγλικά στο πρωτότυπο σελ. 67.
11
στο ίδιο, σελ. 109.
12
στο ίδιο, σελ. 106.
7
87
Λεβιάθαν της Protection and Obedience προστατεύει την ίδια την υπόσταση της
κοινότητας του λαού και γι αυτό απαιτεί απόλυτη υποταγή. Protego ergo obligo
ως το cogito ergo sum του κράτους13.
Η κυριαρχία επί του λαού υποκαθιστά την λαϊκή κυριαρχία και ταυτίζει την
έννοια του πολιτικού με το αντίθετό της. Η διαχωριστική γραμμή, ως υπαρξιακή
διαφοροποίηση και θεμελίωση της εχθρότητας και της υπεροχής, αποτελεί το
καθοριστικό περιεχόμενο του λόγου του αφηγητή/οδηγού και απολυτοποιεί την
εθνική ταυτότητα ως φυσική διαφορά.
Αυτή η ακραία εκδοχή του εθνικισμού μέσω της απώθησης της πολιτικής
έννοιας του έθνους, της αποδέσμευσής της από τα χειραφετητικά περιεχόμενα
των επαναστάσεων του 18ου και του 19ου αιώνα (1848) και της αντιδραστικής
μετάλλαξής της στην πολιτισμική έννοια του έθνους αποτελεί και την βασιλική
οδό της ανάδειξης του ρατσισμού ως του ερμηνευτικού θεμελίου της εθνικής
ταυτότητας. Ο άλλος ως το απολύτως αντίθετο του εαυτού, δεν μπορεί να είναι
πλέον ένας απλά πολιτικά άλλος (φορέας άλλης ιθαγένειας). Ο άλλος, ως –
πάντα- πολέμιος, δεν αποκλείεται απλώς μέσω του πρακτικά αναγκαίου
ορίου/συνόρου της επικράτειας.
Η απόλυτη, υπαρξιακή (existentiell seinsgemässe) ερμηνεία της διαχωριστικής
γραμμής ως φυσικής ειδοποιού διαφοράς αναζητεί εξωιστορικές, εξωκοινωνικές
θεμελιώσεις. Η ευγονική έχει ήδη εμφανισθεί ως η υποτιθέμενη επιστημονική
θεμελίωση της διαφοράς. Η διαφορά, για να είναι απόλυτη δεν μπορεί να είναι
αποτέλεσμα της ανθρώπινης πράξης. Για να είναι απόλυτη πρέπει να είναι a
priori δεδομένη. Πρέπει να είναι εγγεγραμμένη στη φυσική ουσία (Wesen) των
ανθρώπων ως φυσική, βιολογική ποιοτική ιεραρχία. Η έννοια της
βιολογικής/φυλετικής διαφοράς μεταβάλλεται έτσι στο θεμελιωτικό
ιδεολόγημα της ποιοτικής ιεράρχησης της αξίας της ανθρώπινης ζωής.
Η διαφορά αλλά και η ταυτότητα πρέπει να θεμελιωθούν σε μια υποτιθέμενη
φυσική αξιακή κλίμακα. Η αδελφότητα (το έθνος) των ελευθέρων και ίσων,
αποδεσμευόμενη από τα αξιακά της περιεχόμενα, αναζητεί το κοινό σημείο (την
αδελφότητα) στον ανορθολογισμό της κοινότητας του αίματος. Ο
ανορθολογισμός του κοινού αίματος είναι αυτός ο οποίος συγκροτεί την
(εθνική/φυλετική) κοινότητα ως φυσικά διακριτή κατηγορία. Η ομοιογένεια
προϋποθέτει και παράγει την αλλογένεια. Ο εθνικισμός ταυτίζεται με τον
ρατσισμό. Ο άλλος είναι φυλετικά άλλος, είναι άλλου αίματος, εχθρικού,
πολέμιου και πάντοτε απειλητικού. Η ίδια η έννοια του πολιτισμού
μεταβάλλεται σε φυσικό στοιχείο του αίματος μεταφερόμενη κληρονομικά από
γενιά σε γενιά. Από την φυσική πολιτισμική υπεροχή του αριστοκρατικού
αίματος στον Gaubineau μέχρι την φυσική πολιτισμική υπεροχή της άριας
φυλής, που ταυτίζεται με τον γερμανικό λαό, στον Houston Stewart
Chamberlain, το αίμα θεμελιώνει την υπαρξιακή και πολιτισμική διαφορά. Το
στο ίδιο, σελ. 53, όπου και οι αναφορές στον Hobbes. Στο συστηματικότερο και ουσιαστικότερο
έργο του Carl Schmitt, στην συνταγματική θεωρία του (Carl Schmitt: Verfassungslehre, (Text von
1928), Duncker und Humblot, Berlin 1993), τονίζεται ότι το κράτος είναι η πολιτική ενότητα του λαού
και ότι το αναφερόμενο στα δικαιώματα και τις ελευθερίες μέρος του Συντάγματος είναι το α-πολιτικό
του μέρος, το διαιρετικό για την ενότητα του έθνους -λαού (σελ. 3,125,200). Αναλυτικά γι αυτό το
θέμα πρβλ. υποσ. 1 Χαραλάμπης, Δημήτρης: Παγκοσμιοποίηση και Δημοκρατία , κεφ. 7 και υποσ. 74.
Για τον ανορθολογικό χαρακτήρα του Αντιδιαφωτισμού και της Αντίδρασης κατά τον 19 ο αιώνα και
τις επιπτώσεις τους πρβλ. και Winkler, Heinrich August: Geschichte des Westens. Bd. 1, C.H. Beck,
München 2009, Wolin, Richard: Η γοητεία του Ανορθολογισμού, Πόλις, Αθήνα 2007, Sternhell, Zeev:
Ο Αντιδιαφωτισμός, Αθήνα 2009.
13
88
αίμα, ως φορέας του πολιτισμού, είναι φορέας της βιολογικής ποιοτικής
ιεραρχίας, της βιολογικής φυσικής ιεραρχίας της αξίας και απαξίωσης του
ανθρώπου. Ο άλλος, ως πολέμιος, ως αλλογενής είναι η συνεχής απειλή του
κοινοτικά και φυλετικά οριζόμενου εαυτού. Ο άλλος, ο φυλετικά κατώτερος
άλλος, απειλεί την φυλετική καθαρότητα. Απειλεί την καθαρότητα του αίματος
η οποία εξασφαλίζει την φυλετική ταυτότητα της κοινότητας. Με αυτόν τον
τρόπο η καθαρότητα του αίματος αναδεικνύεται σε υπέρτατη προστατευόμενη
αξία. Μια απλή σταγόνα αίματος (one drop blood-principle) μπορεί να νοθεύσει,
να καταστρέψει την καθαρότητα, την ποιότητα της υπέρτατης αξίας.
Το σύνορο, η διαχωριστική γραμμή δεν αποτελεί πλέον εξωτερικό φραγμό
απέναντι στον άλλο. Εσωτερικεύεται. Η διαχωριστική γραμμή διαχέεται στην
κοινότητα για να διασφαλίσει την ομοιογένειά της. Ο εχθρός-πολέμιος δεν είναι
μόνο απέναντι είναι και εντός. Η προστασία της καθαρότητας του αίματος
απαιτεί την εσωτερίκευση των διαχωριστικών ορίων, απαιτεί την κάθαρση του
σώματος του έθνους, της Volksgemeinschaft, από το ξένο σώμα, από το
αλλογενές αίμα, που απειλεί την ομοιογένειά της κοινότητας. Το άλλο αίμα
πρέπει να εξοστρακισθεί, πρέπει να εξοντωθεί. Οι φορείς του άλλου αίματος, οι
φυλετικά άλλοι (όπου οι εβραίοι είναι ο απόλυτος φυλετικός εχθρός) δεν
θεωρούνται άνθρωποι, αλλά κτήνη με ανθρώπινη όψη (mit menschlischem
Antlitz). Η ζωή τους δεν έχει αξία (unwertes Leben). Η ύπαρξη τους είναι η
συνεχής απειλή της καθαρότητας του αίματος και του πολιτισμού που αυτό
φέρει ως συστατική, φυσική του ουσία.
Από την υποτιθέμενη φυλετική και ως εκ τούτου πολιτισμική ανωτερότητα των
αποικιοκρατών απέναντι στους πληθυσμούς των αποικιών (η εφεύρεση του
«αγρίου»)14 και την ψευδοεπιστημονική της τεκμηρίωση από την «θεωρία περί
των φυλών» (Rassentheorie) και τα σχετικά όργανα μέτρησης της
«αντικειμενικής» κατωτερότητας (όπως π.χ. το «κεφαλόμετρο» του Pierre Marie
Dumontier του 1842), μέχρι τις γενοκτονικές εθνοκαθάρσεις (όπως ενδεικτικά
των Αρμενίων από τους Νεότουρκους), την Segregation των Πολιτειών του
Νότου των ΗΠΑ, τους φυλετικούς νόμους της Νυρεμβέργης του 1935, το
Ολοκαύτωμα, και το Apartheid της Νότιας Αφρικής, η παράνοια της φυλετικής
ποιοτικής ιεραρχίας και καθαρότητας είναι το θεμέλιο της απόλυτης άρνησης
της αξίας του ανθρώπου, της απόλυτης άρνησης της νεωτερικότητας, της
απόλυτης άρνησης του πολιτικού, όπου ασφαλώς το Ολοκαύτωμα διεκδικεί την
μοναδικότητα της βιομηχανοποιημένης μαζικής γενοκτονίας.
Η εμπειρία των καταστροφικών και τραγικών συνεπειών αυτής της παρανοϊκής,
αλλά και συνεπούς στον ανορθολογισμό μετάλλαξης του επικρατειακού ορίου
σε υπερκοινωνική, υπεριστορική ταυτότητα και στη συνέχεια η μετάλλαξη της
εθνικής ταυτότητας σε φυλετική καθαρότητα αποτέλεσε την καθοριστική
εμπειρία που οδήγησε στην ιδέα της υπέρβασης των συνόρων και της
εθνοκεντρικής ιδεολογίας μέσω της ιδέας της συγκρότησης της Ενωμένης
Ευρώπης μετά τον Β’ Παγκόσμιο Πόλεμο.
Η ιδέα της Ενωμένης Ευρώπης ως υπέρβαση του ανορθολογισμού.
Η σχετική βιβλιογραφία είναι εκτενέστατη, ενδεικτικά α.α. Bowden, Brett: The Empire of
Civilization.The Evolution of the Ιmperial Idea,The University of Chicago Press, Chicago and London
2009.
14
89
Ο φασισμός, ο ναζισμός, το Ολοκαύτωμα, ο πόλεμος αποτέλεσαν την εμπειρία
που οδήγησε στην κατανόηση των εγκληματικών και καταστροφικών
επιπτώσεων της ταύτισης της έννοιας του πολιτικού με την έννοια της –εκ
φύσεως δεδομένης- διαχωριστικής γραμμής (φίλος-πολέμιος) ως υπόβαθρο μιας
κατάστασης συνεχούς πολέμου και συνεχών φυλετικών εκκαθαρίσεων στο
πλαίσιο του ολοκληρωτικού κράτους.
Τα σύνορα, ως συμβολικά και υλικά διαχωριστικά όρια, έπρεπε να
σχετικοποιηθούν, να καταργηθούν, να ξεπεραστούν. Μόνο η σταδιακή
συγκρότηση της κοινωνίας των Ευρωπαίων πολιτών θα επέτρεπε την υπέρβαση
της εθνοκεντρικής λογικής, την υπέρβαση των ενδοευρωπαϊκών συνόρων που
συγκροτούσαν και αναπαρήγαγαν τον συγκρουσιακό χαρακτήρα της
απολυτοποίησης του διαχωριστικού ορίου. Η πολιτική υπέρβαση των
συνόρων/ορίων αποτέλεσε την προοπτική υπέρβασης του κατακερματισμού
της ευρωπαϊκής κοινωνίας και τελικά την προοπτική ανάδειξης της
(νεωτερικής) έννοιας του πολιτικού ως του πραγματοποιήσιμου αντιθέτου της
καρλσμιτιανής έκπτωσής του.
Η πολιτική οικοδόμηση της ενωμένης Ευρώπης στο πλαίσιο της διεθνούς
(δυτικής) οικονομικής σταθερότητας που εξασφάλισε η συμφωνία του Bretton
Woods, η οποία και επέτρεψε την θεσμική κατοχύρωση του κοινωνικού κράτους
σε εθνικό επίπεδο ως συνέπεια της εμπειρίας της κρίσης του 1929, της Μεγάλης
Ύφεσης της δεκαετίας του ’30 και κυρίως της κοινωνικής, οικονομικής και
πολιτικής κρίσης, η οποία είχε οδηγήσει, στο πλαίσιο της εθνοκεντρικής
/ρατσιστικής/ ιμπεριαλιστικής λογικής, στον λεγόμενο νέο τριακονταετή
πόλεμο στην Ευρώπη (1914-1945)15, υπήρξε η μεγαλύτερη πολιτική και
πολιτισμική επιτυχία του εγχειρήματος της νεωτερικότητας στην γηραιά ήπειρο.
Τα ενδοευρωπαϊκά σύνορα σχετικοποιούνται, ενώ σταδιακά υλοποιείται η
ώσμωση των εθνικών και του κοινοτικού Δικαίου σε μια ευρωπαϊκή έννομη
τάξη.
Η τιθάσευση της βίας της αγοράς από το κοινωνικό κράτος (η κοινωνική
οικονομία της αγοράς) σχετικοποιεί την κοινωνική ανισότητα και εντείνει την
κοινωνική κινητικότητα, ως καθοριστικό στοιχείο του εκδημοκρατισμού των
ευρωπαϊκών κοινωνιών και της σχετικοποίησης των στεγανών της κοινωνικής
διαστρωμάτωσης. Η πολιτισμική επανάσταση των δικαιωμάτων και
ελευθεριών, που δρομολογείται από το κίνημα του 1968, θέτει τις ουσιαστικές
βάσεις της ισότητας των φύλων, αλλά και της απελευθέρωσης της έννοιας του
ανθρώπου από τα σύνορα/όρια που είχε κατασκευάσει η ρατσιστική ιεράρχηση
της αξίας της ζωής. Είναι ιδιαίτερα ενδιαφέρουσα και ενδεικτική διαπίστωση,
ότι η ευρεία κοινωνική αποδοχή της ρατσιστικής ιεράρχησης της αξίας του
ανθρώπου είχε ουσιαστικά αποσιωπηθεί, με διάφορους τρόπους μετάθεσης ή
αγνόησης ευθυνών, κατά τις δύο μεταπολεμικές δεκαετίες. Δεκαετίες που
χαρακτηρίζονται από την απώθηση του ναζιστικού παρελθόντος (Γερμανία,
Αυστρία) και των μορφών συνεργασίας με τα ναζιστικά στρατεύματα
κατοχής16.
Πρβλ. Winkler, Heinrich August: Geschichte des Westens. Bd. 2, Die Zeit der Weltkriege 1914-1945,
C.H. Beck, München 2011, όπου αναλύεται η περίοδος του νέου τριακονταετούς πολέμου στην
Ευρώπη τον 20ο αιώνα και σε αντιπαράθεση προς τη θέση του Nolte περί ευρωπαϊκού εμφυλίου
πολέμου.
16
Ενδεικτικό είναι και το γεγονός, ότι οι πρώτες δίκες ναζιστών εγκληματιών πολέμου ενώπιον
γερμανικών δικαστηρίων άρχισαν διστακτικά μετά το 1966. Επίσης ο ρόλος της κυβέρνησης του
15
90
Η πολιτική έννοια του έθνους επιβάλει και πάλι τα αξιακά της περιεχόμενα και
υπό την προοπτική υπέρβασης της εθνοκεντρικής λογικής απελευθερώνει την
κοινωνία από τους ιστορικά αναγκαίους όρους-εθνικής- συγκρότησής της. Η
ευρωπαϊκή μεταεθνική κοινωνία, ως προοπτική, διεκδικεί την ιστορική της
καταξίωση και εμφανίζεται ως το επιτυχημένο οργανωτικό- θεσμικό
παράδειγμα, στο πλαίσιο της παγκόσμιας κοινωνίας που διαγράφεται
προοπτικά. Η ευρωπαϊκή ενοποίηση αναδεικνύεται ουσιαστικά ως υπερεθνική
μορφή υλοποίησης της οικουμενικής απαίτησης ισχύος των ατομικών
δικαιωμάτων και ελευθεριών.
Η κατάρρευση του σοβιετικού συστήματος και το τέλος του ψυχρού πολέμου
ήταν η τελευταία πράξη του δράματος του ολοκληρωτισμού στην Ευρώπη του
20ου αιώνα. Το τέλος της Σοβιετικής Ένωσης έθεσε όμως τη διαδικασία της
ευρωπαϊκής ενοποίησης μπροστά σε νέες προκλήσεις.
Η ενοποίηση της Γερμανίας και η Νομισματική Ένωση.
Το άμεσο πρόβλημα που τέθηκε, μετά την κατάρρευση του τείχους, ήταν η
ενοποίηση της Γερμανίας, η οποία θα αποτελούσε και αποτελεί την επισφράγιση
του τέλους των αποτελεσμάτων του Β’ Παγκοσμίου Πολέμου στην Ευρώπη.
Η προοπτική όμως της γερμανικής ενοποίησης επανέφερε στο προσκήνιο τον
φόβο της αναγέννησης του γερμανικού εθνικισμού. Τον φόβο της
επανεμφάνισης της γερμανικής απαίτησης για επιβολή της κυριαρχίας της στην
ηπειρωτική Ευρώπη που είχε στιγματίσει την ευρωπαϊκή ιστορία από τον
γαλλο-πρωσικό (γερμανικό) πόλεμο του 1870 και μετά και κυρίως κατά το
πρώτο μισό του 20ου αιώνα. Η ευφορία μετά την κατάρρευση του σοβιετικού
συστήματος και την απελευθέρωση των κρατών-δορυφόρων της ανατολικής
Ευρώπης από την ρωσική επικυριαρχία σκιάστηκε από τα τραύματα της
συλλογικής μνήμης της ιστορίας του 20ου αιώνα. Σκιάστηκε από τον φόβο της
επανεμφάνισης του γερμανικού μεσευρωπαϊκού Sonderfall και της δι αυτής
ακύρωσης της μεταπολεμικής διαδικασίας ένταξης της (Δυτικής) Γερμανίας στη
Δυτική Ευρώπη17.
Για πολλούς από μας, που γεννηθήκαμε μετά τον πόλεμο, ο φόβος μπροστά στην
πιθανότητα αναβίωσης του γερμανικού εθνικισμού φαντάζει παράλογος,
υπερβολικός και εξωπραγματικός, αφού η θεμελίωση τα δημοκρατίας στην
(Δυτική) Γερμανία ήταν και είναι παραδειγματική, εν αντιθέσει με την περίοδο
της Βαϊμάρης. Όμως η ιστορική εμπειρία επέβαλε την ανάγκη ουσιαστικών
θεσμικών κατοχυρώσεων και οργανωτικών ενσωματώσεων που θα
καθιστούσαν την αναβίωση του παρελθόντος αδύνατη. Η Νομισματική Ένωση
προέβαλε ως η θετική/οργανωτική κατοχύρωση, η οποία θα ενέτασσε την
ενοποιημένη πλέον Γερμανία ανεπιστρεπτί στον υπερεθνικό κορμό της Δυτικής
Vichy παρέμεινε ουσιαστικά ταμπού μέχρι την τελευταία περίοδο της Προεδρίας του Mitterrand.
Άλλωστε μόνο τα τελευταία χρόνια και μετά την πρωτοβουλία του Joschka Fischer στο Υπουργείο
Εξωτερικών άρχισε η ιστορική επεξεργασία του ρόλου του στρατού, των διαφόρων υπουργείων και
γενικότερα της δημόσιας διοίκησης της ναζιστικής Γερμανίας στο Ολοκαύτωμα και στην
«αρειοποίηση» της Ανατολικής Ευρώπης όπως και της παρουσίας απλών ή και εξεχόντων μελών του
ναζιστικού κόμματος σε όλα τα επίπεδα της δημόσιας διοίκησης και στο δικαστικό σώμα κατά την
πρώτη μεταπολεμική εικοσαετία.
17
Πρβλ. Winkler, Heinrich August: Der lange Weg nach Westen Bd.1 και 2, C.H. Beck, München
2000.
91
Ευρώπης (δηλαδή στην δημοκρατική κοινότητα των δυτικών χωρών) και θα
απέτρεπε την –πάντα-συγκρουσιακή αναβίωση του εθνικισμού.
Η ίδια η γερμανική συντηρητική κυβέρνηση Kohl έγινε ο κεντρικός φορέας της
πραγματοποίησης αυτής της (γαλλικής) ιδέας που καθησύχασε τους γαλλικούς
και αγγλικούς φόβους και επέτυχε το μεταπολεμικά αδιανόητο, την γερμανική
ενοποίηση. Ενοποίηση, η οποία πραγματοποιήθηκε όχι μόνο σε ουσιαστικά
μηδενικό ιστορικό χρόνο και έναντι του ευτελέστατου ποσού των 15 δις μάρκων
που δόθηκε από την γερμανική κυβέρνηση ως βοήθεια στην καταρρέουσα Σ.Ε.
και εξασφάλισε την αποδοχή της, αλλά και ως από όλους αποδεκτό σημαίνον
του τέλους του τραγικού και «σύντομου» 20ου αιώνα που άρχισε με τη
δολοφονία στο Σεράγεβο και τελείωσε με την κατάρρευση της Σοβιετικής
Ένωσης και την ενοποίηση της Γερμανίας. Συγχρόνως η ταυτόχρονη αποδοχή
από την Γερμανία των ανατολικών συνόρων της γραμμής Oder-Neisse
σηματοδότησε προς όλους, ότι η ενοποιημένη Γερμανία αποδεσμεύεται πλήρως
από την παράδοση του γερμανικού μεγαλοϊδεατικού αλυτρωτικού εθνικισμού.
Ασφαλώς η απόλυτη υποστήριξη των ΗΠΑ στη διαδικασία της τάχιστης
ενοποίησης έπαιξε καθοριστικό ρόλο στην υπέρβαση των ευρωπαϊκών φόβων
και ενίσχυσε ουσιαστικά την carpe diem πολιτική της κυβέρνησης Kohl. Οι ΗΠΑ,
ως νικήτρια δύναμη του ψυχρού πολέμου, ζούσαν άλλωστε την ιστορική στιγμή
της απόλυτης αυτοπεποίθησης της υπεροχής τους, που τους επέτρεπε να
αγνοήσουν κάθε φόβο αναβίωσης του εθνικισμού στην Ευρώπη, αφού την
θεωρούσαν αδιανόητη στο πλαίσιο της παγκόσμιας πλέον κυριαρχίας τους.
Η ιστορική διαδικασία που ακολούθησε ανέδειξε όμως τέσσερα σημεία
δημιουργίας νέων προβλημάτων, τα οποία συνοπτικά είναι:
α) Ο ελλειμματικός χαρακτήρας της συνθήκης του Maastricht (1991/1993) και
των συμπληρωματικών συνθηκών του Amsterdam (1997) και της Λισσαβόνας
(2007/2009).
β) Η επιβολή της (αγγλικής) επεκτατικής λογικής της ευρωπαϊκής ενοποίησης
έναντι της λογικής της θεσμικής-οργανωτικής εμβάθυνσης της ήδη
επιτευχθείσας δυτικοευρωπαϊκής ενοποίησης, ως επισφράγιση-εγγύηση του
τέλους της ψυχροπολεμικής διαίρεσης της Ευρώπης και της συρρίκνωσης της
ρωσικής επιρροής.
γ) Η ευφορία της εποχής που επηρέασε και την ίδια την συνθήκη του Maastricht
και απέτρεψε κάθε πρόβλεψη αντιμετώπισης κρίσεων, αφού η παγκόσμια
επικράτηση της οικονομίας της αγοράς ανέδειξε το παράδειγμα της ακραίας
εκδοχής της αυτορρυθμιζόμενης και γι’ αυτό αλάνθαστης αγοράς σε κυρίαρχη
λογική του συστήματος που ως τέτοια θεωρείτο ότι απέκλειε κάθε πιθανότητα
οικονομικών κρίσεων.
δ) Το γεγονός ότι η οικονομική πορεία των αναπτυγμένων οικονομικά χωρών
της Δύσης, με σχετική εξαίρεση τη Γερμανία, είχε ήδη μπει σε μια τροχιά που
χαρακτηρίζεται από την διαδικασία μετεγκατάστασης της βιομηχανικής
παραγωγής στις αναδυόμενες οικονομίες (BRIC) και κυρίως στην Κίνα και από
την ανάδειξη της κυριαρχίας του χρηματοπιστωτικού κεφαλαίου ως λόγο και
αποτέλεσμα της απορρύθμισης των αγορών (παγκοσμιοποίηση).
Εξελίξεις οι οποίες σηματοδότησαν την επιβολή της πολιτικής της ανισότητας,
την σταδιακή σχετικοποίηση της δυτικής υπεροχής στην παγκόσμια οικονομία
και στις διεθνείς σχέσεις, την υποχώρηση του κοινωνικού κράτους και την
92
διάβρωση του πολιτικού από την ραγδαία διεύρυνση της ανισότητας στον
δυτικό κόσμο18.
Ο ελλειμματικός χαρακτήρας των συνθηκών Maastricht, Amsterdam και
Λισσαβόνας.
Η Δυτική Γερμανία ήταν ήδη η ισχυρότερη οικονομική δύναμη στην Ευρώπη και
ως εκ τούτου το μάρκο το πιο ισχυρό και σταθερό νόμισμα της Ευρωπαϊκής
Κοινότητας. Συγχρόνως η οικονομική και Νομισματική σταθερότητα
καθιστούσε το μοντέλο της πολιτικά ανεξάρτητης γερμανικής κεντρικής
τράπεζας (Bundesbank) το πιο επιτυχημένο μοντέλο λειτουργίας εθνικής
κεντρικής τράπεζας στην Ευρώπη. Κάτω από αυτό το πρίσμα το αντάλλαγμα
της αποδοχής της εγκατάλειψης του μάρκου από τη Γερμανία και της αποδοχής
του ευρώ ως του κοινού νομίσματος ήταν η επιβολή του γερμανικού μοντέλου
Νομισματικής πολιτικής ως μοντέλου λειτουργίας της Νομισματικής Ένωσης.
Δεν επρόκειτο απλώς και μόνο για όρο που τέθηκε από την Γερμανία, αλλά
έβρισκε και τους υπόλοιπους συμβαλλόμενους στην Ευρωζώνη σύμφωνους,
αφού: α) prima facie δέσμευε την Γερμανία στο ευρωπαϊκό γίγνεσθαι, β)
δημιουργούσε την εντύπωση ότι η σχετικοποίηση της εθνικής κυριαρχίας θα
παρέμενε σε αποδεκτά πλαίσια και γ) επρόκειτο για μία ιδιαίτερα επιτυχημένη
εμπειρία.
Όμως η μετάσταση του μοντέλου ήταν εξαρχής προβληματική και ελλειμματική.
Η Bundesbank είχε λειτουργήσει θετικά και αποτελεσματικά στο πλαίσιο μιας
κρατικής οργάνωσης που διέθετε τα απαραίτητα θεσμικά κατοχυρωμένα
οργανωτικά εργαλεία οικονομικής και δημοσιονομικής πολιτικής και μάλιστα σε
μια οικονομία της οποίας η βιομηχανική παραγωγή ήταν ο κομβικός πυλώνας
της οικονομίας με τον οποίο ήταν, μέχρι τότε τουλάχιστον, σχεδόν απόλυτα
συνδεδεμένη η λειτουργία των ιδιωτικών τραπεζών.
Αυτά τα εργαλεία, ως ρυθμιστικά εργαλεία της οικονομίας, δεν εντάχθησαν στην
κατασκευή της Νομισματικής Ένωσης, που εξαρχής διέπετο από το παράδειγμα
της αυτορρύθμισης της αγοράς, το οποίο είχε ήδη υποσκελίσει το παράδειγμα
της κεϋνσιανής συναίνεσης.
Αντίθετα η οργανωτική δομή και λειτουργία της Ευρωπαϊκής Κεντρικής
Τράπεζας αναπαρήγαγε μόνο την πολιτική ανεξαρτησία της Bundesbank.
Αναπαρήγαγε τη μονόπλευρη στόχευσή της στην καταπολέμηση του
πληθωρισμού, στην με κάθε τρόπο διασφάλιση της αξίας του χρήματος, ήτοι
στην σταθερότητα των τιμών και στη διασφάλιση των συμφερόντων του
χρηματοπιστωτικού κεφαλαίου. Η τυπικά γερμανική προσήλωση σ’ αυτόν τον
στόχο προέρχεται κυρίως από την ιστορική εμπειρία της απαξίωσης του
νομίσματος. Ο πληθωρισμός αποτελεί θεμελιώδες ιστορικό τραύμα της
γερμανικής κοινωνίας από την εποχή του μεσοπολέμου (1920-1923,1930-1932)
και θεωρείται καθοριστικός λόγος της κατάρρευσης της Δημοκρατίας της
Βαϊμάρης.
Η κάτω από αυτό το πρίσμα οργανωμένη ΕΚΤ αποποιήθηκε καταστατικά κάθε
προοπτική λειτουργίας της, ακόμα και σε περιόδους κρίσης, ως μηχανισμού
Πρβλ.: Χαραλάμπης, Οι έννοιες του αγαθού και του συμφέροντος στην κανονιστική πολιτική θεωρία
και οι επιπτώσεις της απορρύθμισης, στο: Στράγγας, Ι. Παπαχαραλάμπους,, Χαρ.: Αγαθό, συμφέρον και
Δίκαιο, Εκδ. Σάκκουλας, Αθήνα-Θεσσαλονίκη, Nomos Verlag, Baden-Baden, L΄ Harmattan, Paris
2012.
18
93
καταπολέμησης της ύφεσης, π.χ. μέσω της δυνατότητας άμεσου δανεισμού των
κρατών της Ευρωζώνης, ή έκδοσης ευρωπαϊκών ομολόγων με αναπτυξιακή
στόχευση κλπ. Αγορές κρατικών ομολόγων από την ΕΚΤ στη δευτερογενή
αγορά, δηλαδή πολιτικές ποσοτικής χαλάρωσης (quantitative easing), άρχισαν
δειλά να υλοποιούνται μόνο μετά την ουσιαστική κατάρρευση της ελληνικής
οικονομίας και την απειλή κατάρρευσης του υπόλοιπου Ευρωπαϊκού Νότου, και
πάντοτε υπό τη συνεχή αντίθεση της Bundesbank. Η γερμανική κεντρική
τράπεζα θεωρεί αυτή τη λειτουργία εξωκαταστατική πολιτική νόθευση της
καθαρότητας και ανεξαρτησίας της λειτουργίας της ΕΚΤ και μετάλλαξης της
Ένωσης σε μεταβιβαστική Ένωση (Transfer Union), δηλαδή στην
συνομοσπονδιοποίηση της Ένωσης19. Είναι προφανές ότι η επιμονή στην
απόρριψη της «μεταβιβαστικής ένωσης», ως καταστροφικής προοπτικής για τη
Νομισματική Ένωση, δεν δηλώνει μόνο την συνεπή υπεράσπιση των συνθηκών
και τον φόβο πληθωριστικών επιπτώσεων και μεταφοράς της δημοσιονομικής
κρίσης στον πυρήνα της ευρωζώνης, αλλά εκφράζει κυρίως την άρνηση
απέναντι στην προοπτική μετάλλαξης της ταυτότητας της Ένωσης και
περαιτέρω σχετικοποίησης της εθνικής κυριαρχίας. Πράγμα που σαφώς
προκύπτει και από τη διατύπωση της απόφασης του Συνταγματικού
Δικαστηρίου της Καρλσρούης (προσφυγή Gauweiler) μετά την υπογραφή της
συνθήκης της Λισσαβόνας από τη γερμανική κυβέρνηση (απόφαση της
30/6/2009).
Αυτό που μπορεί οριακά να κάνει η ΕΚΤ είναι, ως ύστατος δανειστής, να δανείζει
με χαμηλό επιτόκιο τις ιδιωτικές τράπεζες20, οι οποίες –αν το κρίνουν σκόπιμο,
δηλαδή αρκούντως κερδοφόρο- μπορούν με πολύ υψηλότερο επιτόκιο, να
δανείζουν τα κράτη (αγορά κρατικών ομολόγων) ως αποκλειστικοί δανειστές.
Αυτή η διαδικασία όμως δεν αναιρεί την αναπαραγωγή και εμβάθυνση της
δημοσιονομικής κρίσης (αύξηση των τόκων, και ως εκ τούτου του ελλείμματος
και του χρέους), την εξάρτηση των κρατών-μελών της Νομισματικής Ένωσης
από τις ιδιωτικές τράπεζες και την συνεχή αύξηση της δύναμης των οίκων
αξιολόγησης, αφού αυτοί είναι οι αξιολογητές της εμπιστοσύνης που μπορεί να
έχουν οι ιδιώτες επενδυτές (δανειστές) στη φερεγγυότητα των κρατών της
Ευρωζώνης. Αυτή η θεσμικά κατοχυρωμένη, μέσω των ευρωπαϊκών συνθηκών,
εξάρτηση των κρατών-μελών της Νομισματικής Ένωσης από τις ιδιωτικές
τράπεζες συμπληρώθηκε με το άρθρο 125 της Συνθήκης της Λισσαβόνας που
απαγόρευσε απολύτως τη δυνατότητα ενός κράτους-μέλους της Νομισματικής
Ένωσης να προστρέξει προς βοήθεια ενός άλλου κράτους-μέλους της Ένωσης
που απειλείται από χρεοκοπία (ρήτρα-no bail out ).
Υποτίθεται ότι αυτό το τεράστιο οργανωτικό κενό των Συνθηκών, που
εμπεριέχει τον κίνδυνο της θνησιγενούς κατασκευής, δεν επρόκειτο να έχει
επιπτώσεις, λόγω της αποδοχής από τα κράτη της ΟΝΕ του λεγόμενου
Συμφώνου Σταθερότητας και Ανάπτυξης. Αυτό, ως κριτήριο ένταξης,
υποχρεώνει τα κράτη μέλη της ΟΝΕ να υλοποιούν τον «χρυσό κανόνα» του
ισοσκελισμένου προϋπολογισμού, όπως αυτός προβλεπόταν από τη συνθήκη
του Maastricht (60% του ΑΕΠ το ανώτατο όριο του δημοσίου χρέους, 3% του
Πρβλ. υποσημείωση 4 και 18 όπου αναλύεται και η σχετική προβληματική και βιβλιογραφία.
Πολιτική την οποία θα μπορούσε κανείς να θεωρήσει ως μία μορφή πολιτικής «ποσοτικής
χαλάρωσης» και την οποία ακολουθεί πλέον η ΕΚΤ υπό τη νέα προεδρία του Draghi (ήδη έχουν
διοχετευτεί στις ιδιωτικές τράπεζες 1018 δις ευρώ). Τουλάχιστον με αυτόν τον τρόπο επανακτούν σε
ένα βαθμό ρευστότητα οι τράπεζες και ανοίγει η προοπτική δανεισμού των επιχειρήσεων.
19
20
94
ΑΕΠ το ανώτατο όριο του δημοσίου ελλείμματος, το οποίο ήδη έχει
υποβαθμιστεί σε 0,5% του ΑΕΠ για να πειθαρχηθούν οι οικονομίες που
βρίσκονται σε κρίση και πρέπει να πάρουν μέτρα για να πετύχουν
ισοσκελισμένο προϋπολογισμό).
Σχεδόν εξαρχής έγινε εμφανές ότι αυτά τα -αυθαίρετα- όρια του ισοσκελισμένου
προϋπολογισμού ήταν εξωπραγματικά, αφού δεν τα τήρησε ούτε η Γερμανία,
λόγω του κόστους της ενοποίησης, ούτε η Γαλλία, ενώ θεμελίωναν καθοριστικά
την θεσμική κατοχύρωση της πολιτικής της ανισότητας, γιατί καθιστούσαν
απαγορευτική κάθε διορθωτική των επιπτώσεων της αγοράς παρέμβαση του
κράτους. Ήταν δηλαδή απαγορευτικά για κάθε επεκτατική δημοσιονομική
πολιτική.
Υπ’ αυτούς τους όρους η συνθήκη του Maastricht και η συμπλήρωση της από τις
συνθήκες του Amsterdam και της Λισσαβόνας διαμορφώνουν μια Νομισματική
Ένωση, η οποία καταστατικά αρνείται κάθε μορφή ουσιαστικής ρυθμιστικής
παρέμβασης και στο επίπεδο της Ένωσης και στο επίπεδο των κρατών-μελών,
που αποποιήθηκαν την μέχρι τότε παρεμβατική δυνατότητα τους, για να γίνουν
μέλη της Ένωσης. Ειδικότερα βέβαια αποποιήθηκαν αυτόματα των
δυνατοτήτων που παρέχει σε ένα κράτος η ύπαρξη εθνικού νομίσματος χωρίς τη
δυνατότητα αντικατάστασης αυτής της έλλειψης από ρυθμιστικούς
μηχανισμούς στο πλαίσιο της Νομισματικής Ένωσης. Με αυτό τον τρόπο τα
κράτη-μέλη της ΟΝΕ μετατρέπονται σε έρμαιο των ιδιωτικών αγορών και των
συμφερόντων του διεθνούς χρηματοπιστωτικού κεφαλαίου. Κατάσταση την
οποία
επιδεινώνει
η
γαλλογερμανική,
ουσιαστικά
η
γερμανική,
αναποτελεσματική προσπάθεια διαχείρισης της μετά το 2010 δημοσιονομικής
κρίσης.
Στο πλαίσιο αυτών των συνθηκών και της οικονομικής πορείας της Ευρώπης
μόνο η Γερμανία, η Ολλανδία, η Φινλανδία, το Λουξεμβούργο και δευτερευόντως
η Αυστρία διατηρούν την οικονομική τους δυναμική και ανταγωνιστικότητα. Η
Γερμανία, η οποία λόγω της ανταγωνιστικότητας της βιομηχανικής της
παραγωγής, που διασφαλίστηκε μέσω της εισοδηματικής αναδιανομής την
οποία επέβαλε η Agenda 2010 της σοσιαλδημοκρατικής κυβέρνησης Schröder,
παρήγαγε και σε ευρωπαϊκό και σε παγκόσμιο επίπεδο, τα πλεονάσματα εκείνα
(σύμφωνα με τον Hans Werner-Sinn 1600 δις ευρώ την τελευταία δεκαετία),
που την κατέστησαν ηγεμονική οικονομική δύναμη στην Ευρώπη και βεβαίως
στο χώρο της Νομισματικής Ένωσης και την κατέστησαν μαζί με την Κίνα, την
πιο ανταγωνιστική εξαγωγική βιομηχανική οικονομία στον κόσμο. Το
αποτέλεσμα είναι, ότι το πλεόνασμα της γερμανικής οικονομίας αποτέλεσε και
αποτελεί το έλλειμμα των άλλων χωρών (κυρίως των νοτίων) της Ένωσης, λόγω
του χάσματος της παραγωγικότητας που καθόρισε την εσωτερική οικονομική
ασυμμετρία στο πλαίσιο της ΟΝΕ.
Η αύξηση της γερμανικής παραγωγικότητας και ανταγωνιστικότητας, και η
ραγδαία ανάλογη υποχώρηση της ανταγωνιστικότητας κυρίως του ευρωπαϊκού
Νότου επιτείνουν συνεχώς αυτή την ασυμμετρία. Οι πραγματικές επιπτώσεις
αυτής της άνισα κατανεμημένης ανταγωνιστικότητας των οικονομιών
καλύπτονταν, μέχρι την έξαρση της δημοσιονομικής κρίσης, από την
εικονική/πλασματική ευημερία που εξασφάλιζε το φθηνό χρήμα, αφού τα
επιτόκια δανεισμού λόγω της γενικότερης θετικής εικόνας της ΟΝΕ, ήταν
περίπου ίδια με τα επιτόκια δανεισμού της Γερμανίας για όλες τις χώρες της
Νομισματικής Ένωσης. Άλλωστε η καταστατική υποχρέωση του κατά
95
Maastricht «χρυσού κανόνα» του ισοσκελισμένου προϋπολογισμού θεωρείτο
ικανή εγγύηση φερεγγυότητας, ενώ κανένας δεν πίστευε ότι η non bail out
ρήτρα θα τηρείτο. Αυτό άλλαξε με την εκτίναξη της διαφοράς των επιτοκίων
δανεισμού (spreads) τη στιγμή της βίαιης εμφάνισης του προβλήματος με την de
facto χρεοκοπία της Ελλάδας, την απειλή χρεοκοπίας του Ευρωπαϊκού Νότου
και την ανάδειξη των αδιεξόδων της οργανωτικής διάρθρωσης της Ευρωζώνης.
Σήμερα, μετά την χρηματοπιστωτική κρίση του 2007/2008 και την μετάλλαξή
της σε δημοσιονομική κρίση, ως συνέπεια της ιδιωτικοποίησης του κέρδους και
της κοινωνικοποίησης του γιγάντιου κόστους της χρηματοπιστωτικής
κερδοσκοπίας, όπως και της μέσω δανεισμού δημιουργίας πλασματικής
ευημερίας ως συγκάλυψης της συνεχούς διεύρυνσης της ανισότητας, έρχονται
πλέον στο προσκήνιο οι λόγοι που οδήγησαν στη μεγαλύτερη οικονομική κρίση
της οικονομίας της αγοράς μετά το 1929. Κρίση, η οποία είναι ασφαλώς και η
μεγαλύτερη πολιτική και κοινωνική κρίση των δυτικών κοινωνιών μετά τον Β’
Παγκόσμιο Πόλεμο. Η ασυμμετρία, που χαρακτηρίζει την παγκόσμια οικονομία
και την οικονομία στο πλαίσιο της Ε.Ε. και η δραματική διεύρυνση της
ανισότητας που προοδευτικά χαρακτηρίζει την τελευταία τριακονταετία, θέτει
και πάλι σε δοκιμασία το εγχείρημα της νεωτερικότητας και στο πλαίσιο αυτής
της διάβρωσης του πολιτικού και το μεταπολεμικό εγχείρημα της ευρωπαϊκής
ενοποίησης.
Οι τάσεις καταστροφικής δυναμικής
Η επιβολή του παραδείγματος της ακραίας εκδοχής της αγοράς οδηγεί σε δύο
συγκεκριμένες μορφές καταστροφικής δυναμικής. Στις ΗΠΑ, παίρνει τη μορφή
της υπερσυγκέντρωσης του πλούτου, της συρρίκνωσης της μεσαίας τάξης, της
πρωτοφανούς έντασης του κοινωνικού αποκλεισμού και της υποχώρησης της
κοινωνικής κινητικότητας, της αποβιομηχάνισης και της παράλυσης του
πολιτικού συστήματος, λόγω της λυσσαλέας ενορχηστρωμένης αντίδρασης της
Δεξιάς, συμπεριλαμβανομένου και του από αυτήν ελεγχόμενου Ομοσπονδιακού
Ανωτάτου Συνταγματικού Δικαστηρίου, και των υπερσυγκεντρωμένων
οικονομικών συμφερόντων απέναντι σε κάθε προσπάθεια επανασύστασης του
κεϋνσιανού παραδείγματος. Εν ονόματι της ανεξέλεγκτης κερδοσκοπικής
κερδοφορίας επιταχύνεται με αυτό τον τρόπο η υποχώρηση της θέσης της
Αμερικής στον κόσμο, ενώ συγχρόνως εισέρχεται ένας ιδιότυπος υστερικός
ανορθολογισμός στη δημόσια χρήση του λόγου21.
Στην Ευρώπη, παράλληλα, η καταστροφική δυναμική της ακραίας εκδοχής της
αγοράς απειλεί να παρασύρει το μεταπολεμικό εγχείρημα της ευρωπαϊκής
ενοποίησης. Αυτή τη φορά η κρίση του πολιτικού δεν εστιάζεται στον κρατικό
ολοκληρωτισμό. Εστιάζεται στην πολιτική της ανισότητας μέσω και της
θεσμικής κατοχύρωσης του παραδείγματος της αυτορρυθμιζόμενης και
αυτοποιούμενης αγοράς. Αυτή η και θεσμικά επιβαλλόμενη ανισότητα
καταγράφεται ως όρος και απαίτηση των ευρωπαϊκών συνθηκών από το
Maastricht και μετά, λόγω της καταστατικής απόρριψης της διασφάλισης των
όρων αναπαραγωγής της κοινωνίας μέσω επεκτατικών δημοσιονομικών
πολιτικών. Η άσκηση επεκτατικής δημοσιονομικής πολιτικής θεωρείται
Η σχετική βιβλιογραφία για τα ανορθολογικά στοιχεία της αμερικανικής συντηρητικής πολιτικής και
την ενορχηστρωμένη δράση της αμερικανικής Δεξιάς σήμερα είναι ήδη ογκώδης. Ενδεικτικά για την
προβληματική και την συνοπτική επεξεργασία της σχετικής βιβλιογραφίας πρβλ. υποσημείωση 18.
21
96
αντιπαραγωγική και ανορθολογική πολιτική προσπάθεια νόθευσης της
καθαρότητας της αυτορρυθμιστικής λειτουργίας του υποτιθέμενου ορθού
λόγου της αγοράς. Η μόνη προσαρμογή των συνθηκών που γίνεται αποδεκτή
από την συντηρητική γερμανική κυβέρνηση υπό τον όρο «Ένωση
Δημοσιονομικής Σταθερότητας», είναι η (υφεσιογόνος) ένταση της λιτότητας,
της δημοσιονομικής πειθαρχίας και της ανισότητας ως υποτιθέμενης μήτρας της
προσέλκυσης κεφαλαίων, της παραγωγικότητας, της ανταγωνιστικότητας και
της αντιμετώπισης της διόγκωσης του δημοσίου χρέους.
Η επανεμφάνιση των διαχωριστικών γραμμών απειλεί να ορίσει και πάλι το
πολιτικό πεδίο θέτοντας σε κίνδυνο την υπέρβαση των περιχαρακώσεων, την
υπέρβαση των συνοριακών γραμμών. Αυτή τη φορά με την ελάχιστα
συγκεκαλυμμένη μορφή και πολιτική εργαλειοποίηση του οικονομικού
εθνικισμού. Άλλωστε η Λίγκα του Βορρά στην Ιταλία και το οριακά
αποτρεπόμενο σχίσμα της εθνικής οντότητας στο Βέλγιο έχουν ήδη φέρει αυτή
την οικονομική διαχωριστική γραμμή στο προσκήνιο, και μάλιστα στο επίπεδο
του εθνικού κράτους.
Ασφαλώς τα πράγματα δεν χαρακτηρίζονται σήμερα από την αγριότητα του
μεσοπολέμου και την κατάληψη της κοινωνίας από τα πολιτικά άκρα. Τα 60
περίπου χρόνια της επιτυχίας του ευρωπαϊκού εγχειρήματος συγκροτούν
καθοριστικό εμπόδιο στον ανορθολογισμό. Η διάβρωση όμως του εγχειρήματος
αυτού μέσω της προοπτικής της σταδιακής μετάλλαξης της Νομισματικής
Ένωσης, βάσει της οποίας το κοινό νόμισμα θα αποτελούσε τον καθοριστικό
συνδετικό ιμάντα της Ένωσης και τον μηχανισμό εμβάθυνσης της ενοποίησης,
σε εκρηκτικό φυγόκεντρο παράγοντα ανοίγει αρνητικές προοπτικές που
δύσκολα μπορεί κανείς σήμερα να προβλέψει.
Το βήμα της Νομισματικής Ένωσης προτάχθηκε στη διαδικασία της ευρωπαϊκής
ενοποίησης για τους λόγους που ανέφερα πιο πάνω και όχι ως «φυσική»
ωρίμανση της ενοποιητικής διαδικασίας που λογικά θα προϋπέθετε, ή
τουλάχιστον θα καθιέρωνε ταυτοχρόνως την πολιτική και δημοσιονομική
ένωση. Η πρόταξη της πολιτικής και δημοσιονομικής ένωσης θα ήταν η
«φυσική» διαδικασία, η οποία θα είχε δρομολογήσει την σταδιακή νομιμοποίηση
της αλλαγής ταυτότητας της ίδιας της Ένωσης, αλλά και των εθνών-κρατών που
την αποτελούν, υπό τη μορφή της θεσμικής αναδιάρθρωσης της οργάνωσης των
αρμοδιοτήτων (της κυριαρχίας) σε μεταεθνικό, υπερεθνικό-ενωσιακό επίπεδο.
Χωρίς βέβαια να υποτιμηθεί το γεγονός ότι η εθνοκεντρική αντίληψη παραμένει
ισχυρή στην Ευρώπη –με κύριο όχημα τον οικονομικό εθνικισμό και την
αντίληψη της προτεραιότητας της εθνικής πολιτικής- όπως απέδειξε και η
δημοψηφισματική άρνηση της αποδοχής του Ευρωπαϊκού Συντάγματος στη
Γαλλία και την Ολλανδία. Θα πρέπει άλλωστε να σημειωθεί ότι η πρόταξη της
Νομισματικής Ένωσης μάλλον αποπροσανατόλισε την πολιτική στοχοθεσία της
ευρωπαϊκής ενοποίησης, γιατί η πρόταξη ουσιαστικά ανέτρεψε τη λογική
αλληλουχία της ενωσιακής διαδικασίας.
Θέμα προς ανάλυση είναι ασφαλώς το γεγονός, που δεν μπορεί να εξετασθεί
εδώ, ότι ο δημόσιος λόγος στην Ευρώπη και οι πολιτικές δυνάμεις στην
πλειοψηφία τους δεν έπαυσαν να θεωρούν το εθνικό προνομιακό πεδίο έναντι
του ευρωπαϊκού, αναπαράγοντας την υποβάθμιση των ευρωπαϊκών θεσμών
έναντι των εθνικών (ενδεικτικότερη ίσως η περίπτωση του Ευρωκοινοβουλίου,
αλλά και η επιλογή του van Rοmpuy και της Ashton) και την εντύπωση στην
κοινή γνώμη, ότι το ευρωπαϊκό θεσμικό πλαίσιο είναι πάντοτε (τεχνοκρατικά)
97
επικουρικό της εθνικής πολιτικής και συνήθως υπεύθυνο για τις όποιες
αποτυχίες της. Άλλωστε η διακυβερνητική προσπάθεια διαχείρισης της κρίσης
και ειδικότερα οι γερμανικές πρωτοβουλίες –έστω και με το άλλοθι της γαλλικής
συνεργασίας- υποβαθμίζουν το Ευρωκοινοβούλιο και μεταβάλλουν τους
υπόλοιπους ευρωπαϊκούς θεσμούς σε εκτελεστικές γραμματείες, των οποίων η
ελλιπής δημοκρατική νομιμοποίηση είναι έτσι κι αλλιώς εξαρτημένη και
διαμεσολαβημένη από τη θέληση των εθνικών κυβερνήσεων.
Το αποτέλεσμα αυτής της ιδιότυπης και συγκυριακά επιβληθείσας πρόταξης της
Νομισματικής Ένωσης αντί της πολιτικής και δημοσιονομικής ενοποίησης
εμβάθυνε με συνεχώς επιταχυνόμενο ρυθμό την ήδη (προ-ευρώ) υπάρχουσα
οικονομική ασυμμετρία μεταξύ των χωρών που συγκρότησαν την ΟΝΕ
καθιστώντας την κρίση μια από τη μορφή της θεσμικής οργάνωσης της
Νομισματικής Ένωσης προαναγγελθείσα κατάληξη.
Υπ’ αυτούς τους όρους η ισχυρότερη και γι αυτό ηγεμονική οικονομία της
Ένωσης, η Γερμανία, πήρε την πρωτοβουλία της προσπάθειας επίλυσης της
κρίσης, έστω και με την για ιστορικούς λόγους και γι αυτό πολιτικά αναγκαία
αποδοχή της σύμπραξης της Γαλλίας.
Η διστακτικότητα όμως της γερμανικής συντηρητικής κυβέρνησης, αποτέλεσμα
της υποταγής της πολιτικής διαχείρισης στο κυρίαρχο παράδειγμα της ακραίας
εκδοχής της αγοράς, με κομβικό σημείο την θεώρηση της πολιτικής της
ανισότητας ως του μονόδρομου για την επίτευξη ανταγωνιστικότητας, καθιστά
τις προτεινόμενες λύσεις, μέσω του Ταμείου Χρηματοπιστωτικής Σταθερότητας
(EFSF) και της επικείμενης μετεξέλιξής του σε Ευρωπαϊκό Μηχανισμό
Σταθερότητας (ESM), αναποτελεσματικές και το μέλλον της Ένωσης άδηλο.
Χωρίς βέβαια στην ερμηνεία της στάσης της γερμανικής κυβέρνησης να
υποβαθμίζεται το γεγονός της αρνητικής στάσης της πλειοψηφίας των
συντηρητικών ψηφοφόρων απέναντι σε μια προοπτική υπέρβασης της
εθνοκεντρικής λογικής, αλλά και της αρνητικής στάσης του Ομοσπονδιακού
Συνταγματικού Δικαστηρίου της Γερμανίας.
Το δίλημμα τίθεται μεταξύ της επιλογής της πορείας προς μια μεταεθνική
Ευρωπαϊκή Δημοκρατία, ή της πορείας προς μια ασταθή και συνεχώς υπό
διακινδύνευση ευρισκόμενη μεταδημοκρατική Ένωση. Το δεύτερο σηματοδοτεί
την κυριαρχία των οικονομικών υπερσυγκεντρωμένων συμφερόντων και την με
αυτά συνδεδεμένη λογική της διαχείρισης κορυφής από την εκτελεστική εξουσία
των ισχυρότερων κρατών της Ένωσης υπό την κηδεμονία της Γερμανίας.
Το γερμανικό συντηρητικό μοντέλο και μάλιστα με την πιο ήπια μορφή του, την
οποία εκφράζει η κυρία Μέρκελ, και όχι ο κυβερνητικός συνασπισμός στο
σύνολό του, θεωρεί ότι προϋπόθεση για τη διατήρηση της Ένωσης είναι η
λιτότητα, η «προσαρμοσμένη στην αγορά Δημοκρατία», η «marktkonforme
Demokratie», όπως η ίδια έχει υποστηρίξει, ώστε σταδιακά να υποχωρήσει η
υπερχρέωση, να πέσουν οι τιμές και να καταστούν ελκυστικές για το κεφάλαιο
οι παραγωγικές επενδύσεις, λόγω της μείωσης του κόστους και της μέσω αυτής
αύξησης της κερδοφορίας. Η αύξηση της κερδοφορίας θα οδηγήσει σε
επενδύσεις και μέσω αυτής της επενδυτικής δραστηριότητας, θα αυξηθεί η
παραγωγικότητα της οικονομίας της Ευρωζώνης. Πρότυπο είναι και πάλι η
διαδικασία που θα μπορούσαμε να ονομάσουμε «διαδικασία παραγωγικής
ανισότητας», η οποία κατέστησε την Γερμανία την πιο εξαγωγική
ανταγωνιστική οικονομία στον κόσμο μαζί με την Κίνα. Το συντηρητικό αυτό
μοντέλο δεν αναφέρεται όμως στο γεγονός, ότι η Γερμανία, ακριβώς λόγω του
98
πλεονασματικού χαρακτήρα της οικονομίας της, μπόρεσε να διατηρήσει μια,
εντόνως άνισα κατανεμημένη, δυναμική εσωτερική αγορά.
Ουσιαστικά, βάσει αυτού του σκεπτικού του μονόδρομου της λιτότητας, στο
μοντέλο της Bundesbank ως υπόδειγμα για την ΕΚΤ προστίθεται και το μοντέλο
της διαστρωμάτωσης της γερμανικής κοινωνίας. Η επιτευχθείσα δια της Agenda
2010 αναδιάρθρωση της γερμανικής κοινωνίας φαίνεται να θεωρείται όχι μόνον
υπόδειγμα για τις ευρωπαϊκές εθνικές κοινωνίες, αλλά υπόδειγμα για την
διάρθρωση των σχέσεων-ιεραρχήσεων μεταξύ των κρατών της Ένωσης.
Ρεαλιστικά εξετάζοντας την σημερινή κατάσταση στην Ευρώπη αυτό σημαίνει
ουσιαστικά τρία επίπεδα χωρών στο πλαίσιο της Ένωσης: α) Χώρες με
ανταγωνιστική οικονομία με επίκεντρο την Γερμανία, β) χώρες που οριακά
μπορούν να ακολουθήσουν την πορεία που χαράσσει η πρωτοκαθεδρία των
ανταγωνιστικών χωρών και ίσως έχουν προοπτικές ένταξής τους στο
παραγωγικό φάσμα και γ) χώρες οι οποίες, πρωτίστως η Ελλάδα και
δευτερευόντως η Πορτογαλία, αλλά ίσως και η Ισπανία, αν θέλουν να
παραμείνουν στην Νομισματική Ένωση και τελικά στην Ε.Ε. θα πρέπει,
επιβλεπόμενες από την αυστηρή εποπτεία των ανταγωνιστικών χωρών, να
επανέλθουν στο επίπεδο δημόσιας και ιδιωτικής χαμηλής κατανάλωσης
(εσωτερική υποτίμηση) που θα αντιπροσωπεύει την πραγματική τους
παραγωγική επιφάνεια, στο πλαίσιο όμως πάντα της ισχύουσας ασυμμετρίας.
Υπ’ αυτούς τους όρους υποτίθεται ότι δρομολογείται η μελλοντική, και κατά
πάσα πιθανότητα ανέφικτη, προοπτική της επανάκτησης της (σχετικής)
ανταγωνιστικότητάς τους μέσα από την επιβολή της (νεοφιλελεύθερης)
εξίσωσης: φτωχό κράτος + φτωχή μεσαία τάξη + φτωχοί εργαζόμενοι
(συρρίκνωση άμεσων και έμμεσων μισθών)= μεγαλύτερα κέρδη + χαμηλή
φορολόγηση επιχειρήσεων = προσέλκυση επενδυτών = εξαγωγικές επενδύσεις.
Ουσιαστικά πρόκειται, τουλάχιστον ως προς την τρίτη κατηγορία κρατών, για
μία ιδιόρρυθμη ερμηνεία του μοντέλου μέσω του οποίου α) ενσωματώθηκε η
Ανατολική στη Δυτική Γερμανία, όπου βέβαια η δυναμική της εθνικής
αλληλεγγύης, παρ’ όλες τις εντάσεις, άμβλυνε το εισοδηματικό χάσμα και
διαμόρφωσε μια άλλη ποιότητα οικονομικής υποστήριξης (1,5 τρις ευρώ έχει
κοστίσει μέχρι σήμερα η ενσωμάτωση της Ανατολικής Γερμανίας), και β)
πραγματοποιήθηκε κατά την τελευταία δεκαετία (Agenda 2010) η
αναδιάρθρωση της γερμανικής κοινωνίας υπό όρους εργαλειοποίηση της
κοινωνικής ανισότητας ως ανταγωνιστικού πλεονεκτήματος.
Πολιτική αναδιάρθρωσης και αναδιανομής εισοδημάτων και συρρίκνωσης του
κοινωνικού κράτους μέσω της οποίας επετεύχθη η αύξηση της κερδοφορίας των
κεφαλαίων με αποτέλεσμα α) την διατήρηση των συγκριτικών πλεονεκτημάτων
της Γερμανίας ως τόπου εγκατάστασης της βιομηχανικής παραγωγής και β) την
αύξηση της ανταγωνιστικότητας και παραγωγικότητας της μεταποίησης γιατί
παρέμειναν ελκυστικές οι επενδύσεις στη βιομηχανία, πράγμα που απέτρεψε τη
μεταστροφή των επενδύσεων προς τον χρηματοπιστωτικό τομέα, όπως έχει
συμβεί κυρίως στις Η.Π.Α και στο Ηνωμένο Βασίλειο. Και πάλι βέβαια ο
βιομηχανικός και ανταγωνιστικός χαρακτήρας της γερμανικής παραγωγικής
βάσης αποτελεί την καθοριστική προϋπόθεση εφαρμογής του μοντέλου, αλλά
αγνοείται από αυτό το διαφαινόμενο σκεπτικό εφαρμογής του στις άλλες χώρες
της Ένωσης. Αυτό συμβαίνει επειδή προφανώς η μορφή της
ανταγωνιστικότητας της γερμανικής βιομηχανίας, που αποτελεί την πηγή της
αναπαραγωγής της ασύμμετρης σχέσης πλεονασμάτων/ελλειμμάτων εντός της
99
Ευρωζώνης, δεν τίθεται υπό αμφισβήτηση από τη γερμανική κυβέρνηση, ενώ η
βιομηχανική παραγωγή, ή έχει συρρικνωθεί, ή είναι ουσιαστικά ανύπαρκτη
(Ελλάδα) στον ευρωπαϊκό Νότο. Για να μείνουμε στο πλαίσιο της εικόνας αυτού
του υποδείγματος μεταφοράς του μοντέλου εσωτερικής αναδιανομής και
διαστρωμάτωσης της γερμανικής κοινωνίας, η Ελλάδα μπορεί να παραμείνει
στην Ένωση ως ένα είδος χώρας-Ηartz 4 εφόσον και όσον αποδέχεται και
υλοποιεί τους όρους που θέτει η αυστηρή εποπτεία και η επιβολή ραγδαίας
εσωτερικής υποτίμησης22.
Διαφορετικά η Ελλάδα, ως ειδική και παραδειγματική περίπτωση (Sonderfall)
μη προσαρμόσιμης χώρας, είναι αναγκασμένη να οδηγηθεί στην απόλυτα
καταστροφική επιστροφή στη δραχμή και προφανώς και στον εξοστρακισμό
της από την Ε.Ε. Τελικά βέβαια στο ότι το δίλημμα τίθεται με αυτό τον τρόπο,
εστιάζεται και η τρομακτική ευθύνη της ελληνικής πολιτικής τάξης. Οι ως άνω
παρατηρήσεις, σχετικά με την γερμανική ευρωπαϊκή πολιτική και τη γερμανική
οικονομία, με κανέναν τρόπο δεν αναιρούν το ανορθολογικό περιεχόμενο των
πελατειακών σχέσεων, τη φορολογική ασυλία και την από αυτήν προκύπτουσα
φοροδιαφυγή που οδήγησε στην υποκατάσταση της είσπραξης φόρων από τον
εξωτερικό δανεισμό, την παθολογία της σχέσης δημοσίου-ιδιωτικού, την
κρατικιστική ετερονομία της οικονομίας και την αποσύνδεση μισθών και
εισοδημάτων από την παραγωγικότητα που οδήγησαν τη χώρα μας για
πολλοστή φορά στη χρεοκοπία και αποτελούν τους καθοριστικούς παράγοντες
του γιγαντιαίου ελλείμματος του ισοζυγίου πληρωμών και της ελλιπέστατης
παραγωγικότητας της εργασίας στην Ελλάδα. Ειδικότερα δεν σχετικοποιούν τις
τεράστιες ευθύνες της καταστροφικής κυβερνητικής περιόδου 2004-2009 και
την διαπραγματευτική αποχή, ή ανικανότητα, μετά το 2009, που οδήγησε στην
σπειροειδή καθοδική γραμμή επιδείνωσης της ύφεσης ήδη για πέμπτη συνεχή
χρονιά.
Το ουσιαστικό ευρωπαϊκό πρόβλημα όμως δεν είναι η Ελλάδα, αλλά αν η Ένωση
μπορεί να διατηρηθεί υπ’ αυτές τις συνθήκες και αν η Ένωση μπορεί να υπάρξει,
στο πλαίσιο του σημερινού ανταγωνιστικού πολυπολικού κόσμου, ως μια
υπολογίσιμη οντότητα. Ο επαπειλούμενος από την αποτυχία των πειραμάτων
διάσωσης επανακατακερματισμός της Ευρώπης σε έθνη-κράτη και η
κατάρρευση του ευρωπαϊκού οικοδομήματος, εφόσον δεν υπάρξει πολιτική
αντίδραση στη συντηρητική προβληματική και αναποτελεσματική διαχείριση
των επιπτώσεων της δημοσιονομικής κρίσης, θα σήμαινε απλώς την
περιθωριοποίηση της Ευρώπης και τελικά την περιθωριοποίηση και της
Γερμανίας στο πλαίσιο της νέας παγκόσμιας πολυπολικής πραγματικότητας.
Το καθοριστικό πρόβλημα βρίσκεται στην λανθάνουσα επανεμφάνιση των
διαχωριστικών γραμμών. Με τη μορφή του οικονομικού εθνικισμού οι
διαχωριστικές γραμμές αναδεικνύονται και πάλι ως προοπτική έκπτωσης του
Σύμφωνα με την Agenda 2010, που κωδικοποιεί την στρατηγική συρρίκνωσης των κοινωνικών
παροχών και καθήλωσης ημερομισθίων, μισθών και συντάξεων για την επανάκτηση της
ανταγωνιστικότητας της γερμανικής οικονομίας μέσω της προσέλκυσης κεφαλαίων, η κατηγορία
εισοδημάτων Hartz4 αποτελεί το κατώτατο επίπεδο κοινωνικών παροχών για ανέργους που έχουν
παραμείνει πέραν του έτους εκτός αγοράς εργασίας και πιθανολογείται ότι δεν πρόκειται πλέον να
επανενταχθούν σε αυτήν. Η κατηγοριοποίηση αυτή των εισοδημάτων και παροχών ονομάστηκε έτσι
λόγω του Peter Hartz, σύμβουλου του καγκελαρίου Schröder για θέματα μεταρρύθμισης των
εργασιακών σχέσεων και του συνταξιοδοτικού συστήματος, ο οποίος είναι ο εμπνευστής των σχετικών
προτάσεων. Ο Hartz, υπεύθυνος διαχείρισης ανθρώπινου δυναμικού της VW καταδικάστηκε αργότερα
για διαφθορά.
22
100
πολιτικού. Το ζητούμενο είναι μια πειστική και αποτελεσματική διαδικασία που
θα επαναφέρει τη Δημοκρατία στο προσκήνιο και θα αντιμετωπίσει με επιτυχία
τις διάφορες μορφές έκφρασης της ισχύος και αντοχής του παραδείγματος της
ακραίας εκδοχής της αγοράς και της αναπαραγόμενης αυτοεξαπάτησης σχετικά
με τις δυνατότητες του μεμονωμένου έθνους-κράτους υπό τις συνθήκες της
παγκοσμιοποίησης23.
Ausgewählte Literatur
Die Kursteilnehmer entnehmen
Anmerkungen des Basistextes
die
ausgewählte
Literatur
aus
den
Bildungsmedien / DVDs
(Die mit dem Eurocomenius-Preis prämierte historische Dokumentation
ist von höchster Qualität. Trotz der Sprachschwierigkeit (holländisch) ist
das Film- und Bildmaterial absolut geeignet um die Thematik den
Kursteilnehmern näher zu bringen)
Dokumentation
Produktionsdaten
Abbildung:
Titel:
Retrospect 1900 - 2000 / Retrospect, De geschiedenis
van de 20e eeuw. Kroniek encyclopedie
documentaires
Medienart:
CD Rom
Herausgeber:
Academic Service, Schoonhoven
Η πληρέστερη θεωρητική προσπάθεια ανάλυσης του πολιτικού μορφώματος της Ε.Ε. και της
θεσμικής ιδιαιτερότητας που συνιστά αυτό είναι η σχετική ανάλυση του Δημήτρη Τσάτσου. Πρβλ.
Τσάτσος, Δημήτρης: Ευρωπαϊκή συμπολιτεία. Για μια ευρωπαϊκή Ένωση των Κρατών, των Λαών, των
Πολιτών και του Ευρωπαϊκού Συνταγματικού Πολιτισμού, Λιβάνης, Αθήνα 2007. Πρβλ. επίσης και
Habermas Jürgen: Zur Verfassung Europas. Ein Essay, Edition Suhrkamp, Berlin 2011 όπου
εξετάζεται η ίδια προβληματική μετά την έκρηξη της δημοσιονομικής κρίσης και τις
μεταδημοκρατικού χαρακτήρα επιπτώσεις των αποτυχημένων προσπαθειών επίλυσής της.
23
101
Hersteller-Land:
Niederlande
Hersteller-Ort:
Schoonhoven
Hersteller-Jahr:
2000
Produktumfang:
6 CD-ROM
Begleitmaterial:
Handbuch im CD-ROM-Format, Seiten
Systemvoraussetzungen:
Multimedia-PC mit Pentium-Prozessor(ab 133 MHz);
Windows 95/98; Windows NT (mit 48 MB RAM);
Windows 2000 (mit 128 MB RAM); mindestens 200
MB Festplattenspeicher; 20-fach CD-ROM-Laufwerk
oder schneller; von Windows unterstόtzte 16-BitSoundkarte; Grafikkarte 800x600 Pixel Auflφsung
oder hφher und 65000 Farben und hφher;
ISBN/
Mediennummer:
90-395-1278-7
Inhalt
Abstract:
Die CD-ROM "Retrospect 1900 - 2000" besteht aus
sechs CD-RÖM und ist die niederlδndische Fassung
der multimediale Zeitreise in die deutsche
Nachkriegsgeschichte mit Fotos, Texten, Grafiken,
Dokumenten, Video- und Audio-Clips; mit Einfόhrung,
Ausschnitten, Sprechertexten, Schrifttexten und
Hintergrundinformationen. The CD-ROM "Retrospect
1900 - 2000" consists of 6 CD-ROMs and is the dutch
version of multimedial time trevel in the german after
war history with photoes, texts, graphics, documents,
video and audio clips; with introduction, abstracts,
speaker texts and background information.
Inhalt:
vgl. Bewertung
Retrieval
Bildungsbereich:
Sekundarstufe II, Weiterbildung/Fortbildung,
Erwachsenenbildung
Bildungskategorie:
ethische Bildung, europolitische Bildung, historische
Bildung, politische Bildung
EthikThemenfeld:
4. Gewalt und Ausgrenzung
4.1. Gewalt und Verfolgung in der Zeit von 1933 bis
1945 – Zeitzeugen und Zeitzeugnisse
4.2. Gewalt und Ausgrenzung in der Zeit von 1945
bis 1989 – Zeitzeugen und Zeitzeugnisse
6. Bόrger und Gesellschaft
6.1. Der Einzelne und die Gesellschaft
6.2. Die Gesellschaft fόr den Einzelnen
Schlagwort:
Zeitgeschichte, Geschichte, Politik, Gesellschaft, Welt,
Europa, Deutschland, Nachschlagewerk/Lexikon,
Ethik, history, ethics
Systematik:
Ethik, Geschichte, Politische Bildung, Weiterbildung
Auszeichnung
Auszeichnungs-Art:
Euromedia-Medaille
Auszeichnungs-Jahr: 2000
Auszeichnungs-Ort:
Hagen
Auszeichnungs-text:
Kategorie: Zeitgeschichtliche Bildung CD-ROM:
Retrospect. De geschiedenis van de 20e eeuw. Kroniek
102
– encyclopedie – documentaires (Retrospect. Die
Geschichte des 20. Jahrhunderts. Chronik –
Enzyklopδdie – Informationsmaterial) Academic
Service, Schoonhoven; Digital Publishing, Mόnchen
Die sechsteilige CD-ROM-Sammlung ‚Retrospect‘ ist
ein Lexikon und eine ausfόhrliche Chronik όber
Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und
Technik im zwanzigsten Jahrhundert,
zusammengestellt durch den Verlag Academic Service
Schoonhoven in Zusammenarbeit mit Digital
Publishing Mόnchen. Die speziell auf die Niederlande
bezogenen Artikel wurden fόr diese Ausgabe extra
eingefόgt. Sie nehmen ungefδhr ein Viertel dieser
Ausgabe ein. Auf dem niederlδndischen Markt ist
Retrospect zur Zeit das Multimedianachschlagewerk
fόr die gesamte Geschichte des 20. Jahrhunderts. Die
sechs CD-ROM beinhalten insgesamt 20.000 Artikel,
mehr als drei Stunden Filmmaterial, 12 Stunden
authentische Tondokumente, 10.000 Fotos, Karten
und Illustrationen, sowie Informationsmaterial, das
auf authentischen Quellen basiert. In dem
Dokumentationsmaterial werden bestimmte
historische Themen in zehn bis fόnfzehn Minuten mit
Hilfe von gesprochenem Text, Video, Bild und Ton
dargestellt. Die Chronik enthδlt Zeitleisten (time
labels). Die Biographien und das Lexikon bieten einen
Schatz an Informationen und verschiedenen
Zugangsmφglichkeiten. Insgesamt liefert ‚Retrospect‘
zum Beispiel 200.000 anklickbare, kontextbezogene
Verweise zu nδheren Information όber bestimmte
Personen und Geschehnisse. Folgendes
Dokumentationsmaterial ist auf den CD-ROM
enthalten: CD-ROM 1: Beginn des Jahrhunderts,
Niedergang der alten Welt Europa, Zwischen den
beiden Weltkriegen; CD-Rom 2: Zeitalter der
Diktatoren, Am Vorabend des Zweiten Weltkrieges,
Der Zweite Weltkrieg; CD-Rom 3: Umsturz in China,
Beginn des Kalten Krieges, Das Rote Imperium; CDRom 4: Das Ende der Kolonialmδchte, Aufrόstung und
Entspannung, Naturkatastrophen und Unglόcke; CDRom 5: Krise in Indo-China, Krisenherd Mittlerer
Osten, Der neue Zeitgeist; CD-Rom 6: Europδische
Einheit, Wende im Osten, Deutschland
wiedervereinigt, Hin zu einer neuen Weltordnung?
Um die groίe Menge an Material so benutzerfreundlich
wie mφglich anzubieten, wurde SmartCD entwickelt.
Diese raffinierte Technologie funktioniert
folgendermaίen: auf jeder CD-ROM ist das komplette
Material von „Retrospect„ zu finden, mit Ausnahme
von Dokumentarfilmen und Ton- und Bildfragmenten.
Diese sind auf sechs CD-ROM verteilt. Beim Suchen
fordert das Programm dazu auf, nur fόr bestimmte
Bild- oder Tonfragmente eine andere CD-ROM in das
Laufwerk einzulegen. Das Programm wird nicht
unterbrochen, es geht aber nur weiter, wenn die
richtige CD-Rom im Laufwerk liegt. Hierdurch kann
man seine Suche auf einfache Weise nachvollziehen.
Ein weiterer Vorteil von SmartCD ist, daί Retrospect
103
arbeitet, ohne Festplattenspeicher in Beschlag zu
nehmen. ‚Retrospect‘ ist eine deutsch-niederlδndische
Co-Produktion, wobei der Inhalt όberwiegend vom
deutschen Partner zusammengestellt wurde. In
Anbetracht des relativ kleinen niederlδndischen
Sprachraums hat die Jury jedoch viel Respekt fόr den
Unternehmergeist des niederlδndischen Partners. Am
wichtigsten ist, daί diese sechsteilige CD-Rom
vollstδndig den Kriterien genόgt, um mit der
Comenius-Medaille ausgezeichnet zu werden.
‚Retrospect‘ bietet hervorragende Bildungssoftware
fόr die Schule und fόr die
Erwachsenenbildung/allgemeine Weiterbildung. Es
handelt sich um ein pδdagogisch, inhaltlich und
gestalterisch herausragendes Bildungsmedium, das
die Auszeichnung mit der Euro-Comenius-Medaille
ohne Vorbehalt verdient. In den letzten Jahren wird in
den Niederlanden immer wieder όber Mφglichkeiten
diskutiert, die heranwachsende Generation mit
Zeitgeschichte vertraut zu machen. ‚Retrospect‘ zeigt
historische Prozesse. Das statische Bild der
Vergangenheit wird durch den multimedialen Zugang
zu einem dynamischen Bild, das Entwicklungen auf
auίergewφhnlich faszinierende Weise visualisiert und
hφrbar macht. ‚Retrospect‘ bietet alle Mφglichkeiten
die Bedeutung von Entwicklungen zu entdecken. Die
sechs CD-RÖM ermφglichen dem Benutzer, sich die
Vergangenheit als sinnvolles Ganzes vorzustellen,
zwingen ihm aber keine menschlichen oder
gesellschaftlichen Werte auf. Die Verlage Academic
Service, Schoonhoven, und Digital Publishing,
Mόnchen, werden fόr die Entwicklung der
didaktischen Multimedia-Software „Retrospect - De
geschiedenis van de 20e eeuw. Kroniek (Retrospect Die Geschichte des 20. Jahrhunderts)„ mit der EuroComenius-Medaille 2000 der GPI ausgezeichnet.
LAUDATIO von Univ.-Prof. Dr. Joan Hemels,
Amsterdam, im Namen der Jury
Laudator:
Univ.-Prof. Dr. Joan Hemels
Bewertung
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104
Dimitris Charalambis
3.7. Evaluierungs- und Weiterbildungsangebot für
Multimediaprodukte und Bildungsmedien zur
politischen und zeitgeschichtlichen
Erwachsenenbildung: Der Begriff des Politishen
und der Politik.Semantische Konvergenzen und
Divergenzen. (In griechischer Sprache)
Weiterbildungsmodul 4
Basistext 4
Η έννοια του πολιτικού και της πολιτικής.
Σημασιολογικές αποκλίσεις και συγκλίσεις περιεχομένων
Η χρηματοπιστωτική κρίση του 2007/2008 και η μετάλλαξή της σε κρίση του δημοσίου
χρέους, ως συνέπεια της διάσωσης των τραπεζών από τα κράτη, δηλαδή από το σύνολο
της κοινωνίας, ανέδειξε το πολιτικό της περιεχόμενο. Η «πολιτικοποίηση» της κρίσης
όμως δεν είναι απλώς αποτέλεσμα της κρατικής παρέμβασης και της ανάγκης πολιτικής
διαχείρισης του γιγάντιου κοινωνικού κόστους της χρηματοπιστωτικής κερδοσκοπίας.
Το ουσιαστικό περιεχόμενο της κρίσης είναι πολιτικό, γιατί το κάθε φορά κυρίαρχο
παράδειγμα που διέπει την οικονομία της αγοράς εκφράζει μια συγκεκριμένη
συγκρότηση των κοινωνικών σχέσεων, των σχέσεων εξουσίας. Την σημασιοδοτεί, την
επιβάλλει και την αναπαράγει, έως ότου η κανονιστική δύναμη του πραγματικού θέσει
τα όρια εκείνα που οδηγούν στην αλλαγή του παραδείγματος.
Συνήθως τα όρια παίρνουν τη μορφή μιας θεμελιώδους κρίσης του μέχρι τότε
κυρίαρχου παραδείγματος. Tο βάθος, η ένταση και η διάρκεια αυτής της κρίσης
εξαρτώνται από τη δυσκολία ανάδειξης και επιβολής του νέου παραδείγματος.
Εξαρτώνται δηλαδή από την ανθεκτικότητα του ισχύοντος παραδείγματος και τη
δύναμη, ή αδυναμία των τάσεων υπέρβασής του. Στην πράξη αυτό σημαίνει, ότι η
αντοχή του ακόμη ισχύοντος παραδείγματος, παρά τις καταστροφικές συνέπειές του,
εξαρτάται από τη διάβρωση των όρων ανάδειξης μιας εναλλακτικής δυνατότητας, ενός
εναλλακτικού παραδείγματος. Διάβρωση, την οποία η ίδια η ισχύς του έχει επιφέρει.
Το πολιτικό και η πολιτική
Ο άνθρωπος είναι ζώον πολιτικόν. Ο άνθρωπος καθίσταται άνθρωπος εν πόλει. Είναι
άνθρωπος γιατί σχεδιάζει, διαμορφώνει, συγκροτεί την πόλη, ως τον χώρο τιθάσευσης
της βίας, η οποία τιθάσευση είναι αυτή που επιτρέπει τη συμβίωση. Με μια πιο
σύγχρονη, ήτοι νεωτερική (στη βάση της διφυούς ιδιότητας του ανθρώπου ως
ιδιώτη/πολίτη) και όχι πρωτοπολιτική – όπως η αριστοτελική – διατύπωση, μπορούμε
να ορίσουμε το πολιτικό, ως τον τρόπο, τη διαδικασία μέσω της οποίας ένας αριθμός
ανθρώπων, ένα (αδιάρθρωτο) πλήθος συγκροτείται σε κοινωνία. Όπου κοινωνία δεν
είναι απλά ένα άμορφο πλήθος – αντικείμενο επί του οποίου ασκεί εξουσία ένας
(προσυμβολαιικός) κυρίαρχος, ούτε μια καθ’ οιονδήποτε τρόπο συνεκτική κοινότητα
πεπρωμένου (Volksgemeinschaft/Schicksalsgemeinschaft).
Το σημασιολογικό περιεχόμενο της έννοιας κοινωνία αναδεικνύεται μέσω της
ωρίμανσης και διαμόρφωσής της από τον διαφωτισμό, τις χειραφετητικές
επαναστάσεις του 18ου αιώνα (και του προηγηθέντος αιώνα των αγγλικών
επαναστάσεων), το σοσιαλιστικό κίνημα του 19ου αιώνα και την υπέρβαση των
ολοκληρωτισμών του 20ου αιώνα. Αυτή η γενεσιουργός διαδικασία αναδεικνύει την
έννοια της κοινωνίας ως την δικαιοκρατικά οργανωμένη συμβίωση ελευθέρων και ίσων
ατόμων – υποκειμένων φορέων δικαιωμάτων και ελευθεριών. Η λαϊκή κυριαρχία και η
διάκριση των εξουσιών, υπό την θεμελιωτική δέσμευση της αξίας του ανθρώπου, η
οποία είναι ο πυρήνας του πρακτικού λόγου του ηθικού κανόνα που ως υπερθετικό
Δίκαιο (Maus) καθορίζει το κανονιστικό πλαίσιο της έννομης τάξης, είναι τα θεμέλια της
δικαιοκρατικής οργάνωσης της κοινωνίας24. Αυτή είναι η θεσμική και οργανωτική
μορφή του πλέγματος εγγυήσεων της ισχύος των δικαιωμάτων και ελευθεριών, η οποία
υλοποιεί τον τρόπο – πολιτικής – συγκρότησης αυτής της (νεωτερικής) κοινωνίας. Το
πολιτικό είναι ο τόπος του νεωτερικού εγχειρήματος και η διαδικασία αναζήτησής του
ταυτίζεται με την επίτευξη του συγκεκριμένου χαρακτήρα της κανονιστικής
οργάνωσης, η οποία αναδεικνύει τον τόπο ως το ζητούμενο. Η εσωτερική λογική της
διαδικασίας είναι τελεολογικού χαρακτήρα, χωρίς αυτό να σημαίνει, ότι η οδύσσεια δεν
επιδέχεται ανατροπές, οπισθοδρομήσεις, ή/και ίσως ανυπέρβλητα εμπόδια
πραγμάτωσης - επικράτησης (Χαραλάμπης, 2010)25.
Γι’ αυτό και η διαδικασία θα πρέπει να χαρακτηρισθεί ως ατελής και το εγχείρημα –
πάντοτε – ανολοκλήρωτο (Habermas). Η πραγματική ιστορική πορεία δεν δεσμεύεται
από την τελεολογική απαίτηση ισχύος που ενυπάρχει στη συγκρότηση της έννοιας του
πολιτικού, η οποία, ως αναστοχαστική κατασκευή, είναι προϊδέαση και σκοπός
συγχρόνως.
Στο εγχείρημα αυτό της αναζήτησης και κατασκευής η κατανόηση της έννοιας της
κοινωνίας (της πόλης) και ιδιαίτερα της έννοιας του ενταγμένου στην οργανωμένη
κοινωνία (στην ευταξία της πόλης) ανθρώπου είναι αυτή που καθιστά δυνατή την
νοηματοδότηση του πολιτικού, και κατ’ επέκταση και της έννοιας του πολιτισμού, ως
αποτέλεσμα της συγκεκριμένης νοηματικής σύνδεσης της έννοιας της αξίας του
ανθρώπου και της έννοιας του πολιτικού ως έννοιες σημασιολογικής συνάρθρωσης. Αν
η συνάρθρωση αυτή δεν επιτευχθεί ή απορριφθεί, τότε έχουμε την ταυτόχρονη
έκπτωση της έννοιας του ανθρώπου και της έννοιας του πολιτικού.
Στην πρόσφατη ευρωπαϊκή ιστορία η ανατροπή αυτής της συνάρθρωσης αποτέλεσε
συγκεκριμένη ιστορική εμπειρία, η οποία συμπυκνώνεται σε μια έννοια – εικόνα –
ιστορική πραγματικότητα, στο Auschwitz. Η ολοκληρωτική άρνηση της συνάρθρωσης
της αξίας του ανθρώπου και του πολιτικού δεν αποτελεί, όπως η καρλσμιτιανή
προσέγγιση και οι μετανεωτερικοί επίγονοί της υποστηρίζουν, την απόλυτη έκφραση
Η έννοια της αξίας του ανθρώπου προϋποθέτει και απαιτεί την υπόστασή του ως φορέα
δικαιωμάτων και ελευθεριών ως übergesetzliches
[Radbruch, Gustav (2003):
Rechtsphilosophie, Heidelberg, C.F. Müller UTB], ή überpositives [Maus, Ingeborg (1994):
Zur Aufklärung der Demokratietheorie, Frankfurt a.M., Suhrkamp] Recht (υπερνομικό ή
υπερθετικό Δίκαιο), που θετικοποιείται στην συνταγματική κατοχύρωση των θεμελιωδών
δικαιωμάτων και ελευθεριών. Υπό αυτήν την έννοια η αρμοδιότητα της αρμοδιότητας του
κυρίαρχου (Kompetenz- Kompetenz) δεν είναι απεριόριστη, αλλά υπόκειται στις αξιακές
προϋποθέσεις (αξία του ανθρώπου, ο άνθρωπος ως φορέας δικαιωμάτων και ελευθεριών) που
αποτελούν το sine qua non της θεμελίωσης του δημοκρατικού, συνταγματικού Κράτους
Δικαίου. Άλλωστε, ακριβώς γι’ αυτόν το λόγο, ο κυρίαρχος (λαός) έχει την ικανότητα της
πλήρους νομικής αυτοδιάθεσης.
25
Αναλυτικότερα γι’ αυτήν την προβληματική πρβλ.: Χαραλάμπης (2010, σελ. 297-341)
24
106
του πολιτικού, αλλά την ολοκληρωτική άρνησή του (Agamben, 2003, 2004)26. Γι’ αυτό
και συνέπεια της άρνησης είναι η αυτοκαταστροφή, αφού η συνάρθρωση είναι στην
κυριολεξία η μόνη βιώσιμη κοινωνική προοπτική. Η πορεία της ναζιστικής Γερμανίας,
τουλάχιστον μετά την απόπειρα στις 20-7-1944, είναι η πιο ενδεικτική περίπτωση
αυτής της αυτοκαταστροφικής συνέπειας.
Είναι, κατά τη γνώμη μου, προφανές ότι η μόνη δυνατή νοηματοδότηση του πολιτικού
ενσωματώνει την έννοια της Δημοκρατίας, και μάλιστα υπό όρους ισχύος και τυπικών
και ουσιαστικών δικαιωμάτων ως τέλους (σκοπού), αλλά και ως εννοιολογικά
πρωτογενώς ενυπάρχουσας κανονιστικής προϋπόθεσης. Πρωτογενώς ενυπάρχουσα
προϋπόθεση του σημαντικού περιεχομένου της έννοιας του πολιτικού, αφού η έννοια
ωριμάζει και τείνει προς την ολοκλήρωσή της ως εγχείρημα-σκοπός τελεολογικής και
όχι εσχατολογικής λογικής, μέσω της ιστορικής πορείας χειραφέτησης από τις διάφορες
μορφές ετερονομίας και νόθευσής της (Χαραλάμπης, 2010).
Το πολιτικό, ως ιστορική και νοηματική differentia specifica του εγχειρήματος της
νεωτερικότητας επιτρέπει ουσιαστικά δύο αναγνώσεις της πολιτικής.
Η πολιτική, ή αποτελεί σύνολο δράσεων που εντάσσονται στη λογική της πραγμάτωσης
του πολιτικού και αποτελεί έκφραση της διαδικασίας ανάδειξής του, ή αποτελεί σύνολο
δράσεων με στόχο τη διακοπή της διαδικασίας συγκρότησης του πολιτικού, ή την
αναίρεσή του ή την περιθωριοποίησή του27.
Το κλασικό φιλελεύθερο παράδειγμα της αγοράς
Αναμφίβολα τα έργα των Foucault και Agamben αποτελούν την πιο ουσιαστική
μετανεωτερική προσέγγιση στην έννοια του πολιτικού. Ανατρέποντας τη λογική της
«δομικής ταυτότητας» του φουκωικής προέλευσης παραδείγματος του Agamben περί
βιοπολιτικής και κυριαρχίας, πρέπει να επισημανθεί, ότι το Auschwitz είναι η απόλυτη
άρνηση του πολιτικού. Το στρατόπεδο συγκέντρωσης αποτελεί την υλική απαξίωσηαπόρριψη του πολιτικού (ευ ζην – βίος) και την βιολογική αποϋποκειμενοποίηση (ζην) του
ανθρώπου, ως έκπτωσης κάθε έννοιας της αξίας του ανθρώπου και της μεταβολής του (der
“Muselmann”) σε απογυμνωμένο από κάθε ιδιότητα σώμα (das nackte Leben). Πρβλ.
Agamben, Giorgio (2003): Homo sacer. Die souveräne Macht und das nackte Leben,
Frankfurt a.M., Suhrkamp, σελ. 127 κ.ε. Η ίδια ανατροπή ισχύει και για την κατάσταση
ανάγκης/εξαίρεσης (Ausnahmezustand). Πρβλ. και Agamben, Giorgio (2004):
Ausnahmezustand, Frankfurt a.M., Suhrkamp. Το ψευδεπίγραφο π.χ. «θετικό» δίκαιο του Γ’
Ράιχ δεν είναι δυνατόν να χαρακτηριστεί θετικό δίκαιο (χαρακτηρισμός που αποτέλεσε το
καθοριστικό επιχείρημα-άλλοθι για την αποενοχοποίηση της στάσης των δικαστών κατά την
περίοδο της ναζιστικής δικτατορίας), αφού το βουλησιαρχικό-αναρθολογικό του υπόβαθρο
υποκαθιστά τις αρχές (Grundnorm) και το κανονιστικό περιεχόμενο που όριζαν το
δημοκρατικό θετικό δίκαιο (ενδεικτική η «καθαρή θεωρία του δικαίου» της Σχολής του
Kelsen) με την αυθαιρεσία της ανορθολογικής/παρανοϊκής (καρλσμιανής) απόφασης της
απόλυτης απαξίωσης της αξίας του ανθρώπου. Η βούληση του συντακτικού και του κοινού
νομοθέτη μπορεί να εμφανίζεται και στον Kelsen αξιακώς ουδέτερη, υπό την έννοια της
υποκειμενικής θεωρίας της αξίας και της αναφοράς σε επιμέρους κοσμοθεωρητικές αξιακές
μήτρες, αλλά προϋποθέτει την αυτονομία και την ελευθερία αντιπροσωπευομένων και
αντιπροσώπων. Ως εκ τούτων η «τυραννία των αξιών» του Carl Schmitt δεν είναι παρά
ωμότατη άρνηση της Δημοκρατίας.
27
Για μια άλλη ανάγνωση της διαφοράς πολιτικού και πολιτικής και ειδικότερα για τις
διάφορες μορφές της «πολιτικής σκέψης ως σκέψης περί του πολιτικού» και την
«εκθεμελίωση» του πολιτικού ως καθοριστικού στοιχείου της διαφοροποίησης μεταξύ
πολιτικού και πολιτικής θα πρέπει κανείς να προσφύγει σε κριτικές μετανεωτερικές
προσεγγίσεις, κυρίως μετά το 1989 και σε αναφορά με το έργο του Carl Schmitt και της
Hanna Arendt υπό την επιρροή της «γαλλικής» ερμηνείας του έργου του Heidegger.
26
107
Το κυρίαρχο παράδειγμα της οικονομικής επιστήμης σήμερα βασίζεται στο κλασικό
φιλελεύθερο παράδειγμα της αγοράς ως θεμέλιο των υλικών όρων της νεωτερικής
συγκρότησης της κοινωνίας. Το ελεύθερο, αυτόνομο υποκείμενο εμφανίζεται στη σκηνή
της ιστορίας και εισάγει το εγχείρημα της νεωτερικότητας. Το δικαίωμα στην
ιδιοκτησία και η προστασία της ιδιοκτησίας αποτελούν την εγγύηση της αυτονομίας
και της ελευθερίας του υποκειμένου. Είναι αυτό το δικαίωμα στην ιδιοκτησία που
περιορίζει το απολυταρχικό κράτος και εισάγει τη διαδικασία εκδημοκρατισμού. Η
προστασία της ιδιοκτησίας (αρνητική ελευθερία, ελευθερία από τον καταναγκασμό)
διασφαλίζει την υλική υπόσταση και αυτονομία του υποκειμένου, του επιτρέπει να
αντιμετωπίσει τους εκβιασμούς της εξουσίας του απολυταρχικού κράτους και τελικά να
την αντικαταστήσει με την εξουσία των από αυτό εκλεγμένων αντιπροσώπων του
(θετική ελευθερία).
Το δικαίωμα στην ιδιοκτησία ανατρέπει τις φεουδαρχικές εξαρτήσεις, υποβιβάζει την
απόλυτη μοναρχία σε ιστορική μεταβατική περίοδο, η οποία σταδιακά ή και
επαναστατικά υποχωρεί μπροστά στην επιβολή της αυτονομίας του υποκειμένου και
θεμελιώνει την αγορά (διάκριση δημοσίου-ιδιωτικού) ως τον κεντρικό μηχανισμό
οργάνωσης της παραγωγής (αγορά εργασίας) και της διανομής εμπορευμάτων,
υπηρεσιών και κερδών. Η υλική παραγωγή και αναπαραγωγή της κοινωνίας
διαμεσολαβείται από την αγορά, η οποία αναδεικνύεται σε καθοριστική οργανωτική
αρχή. Υπ’ αυτούς τους όρους οι λειτουργίες του κράτους αποκτούν σταδιακά ένα νέο
συγκεκριμένο περιεχόμενο και επικεντρώνονται στην ανατροπή, ή τιθάσευση όλων των
παραγόντων που θα μπορούσαν να σταθούν εμπόδιο στην απρόσκοπτη λειτουργία της
αγοράς.
Οι συμμετέχοντες στην αγορά ακολουθούν το ατομικό τους συμφέρον. Η μόνη ηθική
που γνωρίζουν είναι η ηθική του ατομικού συμφέροντος. Η (φυσική, ουσιαστικά
ενστικτώδης) επιδίωξη του ατομικού συμφέροντος τοποθετείται στο κέντρο της
οικονομικής λειτουργίας και αυτός ο σχεδόν αυτιστικός εγωκεντρισμός θέτει σε
λειτουργία έναν αυτοματισμό, ο οποίος κατασκευάζει τον καλύτερο δυνατό κόσμο της
αναδυόμενης ατομικής ιδιοκτησίας. Η επιδίωξη του ατομικού συμφέροντος των
συμμετεχόντων στην αγορά λειτουργεί σαν ένα αόρατο χέρι (Adam Smith) που οδηγεί
στην υλοποίηση του συμφέροντος όλων, στην εξυπηρέτηση του γενικού συμφέροντος.
Το ατομικό συμφέρον είναι το κέντρο βάρους αυτού του συστήματος που διαμορφώνει
το παράδειγμα της αγοράς ως αντικειμενικοποιημένης ισχύος του ορθού λόγου, ο
οποίος δεν χρειάζεται κανένα θεό, κανένα θρησκευτικό δόγμα και καμιά ηθική πέραν
της ηθικής του ατομικού συμφέροντος για να λειτουργήσει αποτελεσματικά. Η
επιδίωξη του ατομικού συμφέροντος αρκεί. Η εκκοσμικευμένη μεταφυσική του
παραδείγματος της αγοράς επιβάλλεται και επιβάλλει την υποτιθέμενη ισορροπία που
πραγματώνει το γενικό συμφέρον (Vogl, 2010)28.
Στο πλαίσιο του κλασικού φιλελεύθερου παραδείγματος, η ισορροπία της αγοράς, ως
αποτέλεσμα της αυθορμησίας της οικονομικής πράξης των συμμετεχόντων σε αυτήν,
ταυτίζεται με την κοινωνική ισορροπία και ως εκ τούτου, αυτόματα, με την
πραγμάτωση του γενικού συμφέροντος.
Η εκβιομηχάνιση και η υπαγωγή της εργασίας στο κεφάλαιο (Marx) εντάσσει τον
ανταγωνισμό στο μοντέλο της ισορροπίας της αγοράς, που μέσω αυτής της ισορροπίας
επιτυγχάνει την ιδανική ισορροπία κόστους – τιμής. Η μετάφραση των αξιών σε τιμές
μέσω της αγοράς αναδεικνύει την τιμή στην αντικειμενική έκφραση του ορθού λόγου
της αγοράς και το παράδειγμα σε ένα σύστημα τιμών. Σ’ αυτό το σύστημα οι τιμές των
πάσης φύσεως αγαθών δεν αποτελούν μόνο την πληροφορία περί της
πραγματικότητας, αλλά ταυτίζονται με την πραγματικότητα, είναι η πραγματικότητα. Η
τιμή είναι η μορφή με την οποία ο ορθός λόγος της αγοράς συστηματικοποιεί και
εντάσσει στο κυρίαρχο παράδειγμα την πραγματικότητα. Οι βάσεις του αλάνθαστου
και αυτορυθμιζόμενου της αγοράς έχουν τεθεί. Κρίσεις υπάρχουν ακόμη. Όμως αυτές
28
Γι’ αυτήν τη σχέση αγοράς και εκκοσμίκευσης πρβλ. Vogl (2010, σελ. 31-82).
108
θεωρείται ότι λειτουργούν ως κάθαρση από εξωγενείς παράγοντες, οι οποίοι έχουν
νοθεύσει τη λειτουργία του καθαρού λόγου της αγοράς.
Ο πιο ουσιαστικός εξωγενής παράγοντας που μπορεί να δημιουργήσει τριβές και
αποσταθεροποιητικές ταλαντώσεις στον τέλειο αυτό κόσμο του παραδείγματος της
ισορροπίας της αγοράς είναι η πολιτική. Όσο η πολιτική εντάσσεται στη λογική και
στην υπηρεσία του παραδείγματος το παράδειγμα μένει αλώβητο.
Ο αιώνας της επανάστασης στην Αγγλία (1603-1714), η ανάδειξη των ορίων της
απόλυτης μοναρχίας (Habeas Corpus, Magna Charta)29 και κυρίως η αμερικανική και η
γαλλική επανάσταση έθεσαν το αυτόνομο και ελεύθερο υποκείμενο, που επιδιώκει το
ατομικό του συμφέρον, ως πρωταγωνιστή της αγοράς στο κέντρο του κόσμου. Οι
επαναστατικές διακηρύξεις εξέφρασαν όμως μια θεμελιώδη αντίφαση μεταξύ της
ιστορικής πραγματικότητας και της απαίτησης ισχύος των δικαιωμάτων και
ελευθεριών.
Το Habeas Corpus δεν αποτελεί το κείμενο-θεμέλιο των ελευθεριών, αφού αυτές μόνο με
τη διεύρυνση των πολιτικών δικαιωμάτων (από την κατάσταση του υπηκόου στην ιδιότητα
του πολίτη) υπερβαίνουν πραγματικά την ολιγαρχικής μορφής οριοθέτησή τους
(Χαραλάμπης, 1998), αλλά αποτέλεσε το θεμέλιο της ανάδειξης του δικαστικού σώματος ως
διακριτής εξουσίας, η οποία έθεσε όρια στην αυθαιρεσία της απόλυτης μοναρχίας και
θεμελίωσε την ανεξαρτησία της δικαστικής εξουσίας. Ειδικά: Halliday, D. Paul (2010):
Habeas Corpus, Cambridge, Massachusetts and London England, The Belknap Press of
Harvard University Press
29
109
Ιστορική πραγματικότητα και απαίτηση ισχύος των δικαιωμάτων
Όλοι οι άνθρωποι είναι φορείς αναπαλλοτρίωτων δικαιωμάτων διακηρύσσει ο Jefferson
και οι συγγραφείς των Federalist Papers (Hamilton, Madison, Jay), ορίζοντας με αυτήν
τη διατύπωση την πεμπτουσία της επαναστατικής πράξης. Όμως ουσιαστικά ως
άνθρωποι νοούνται οι ελεύθεροι, λευκοί, ενήλικοι άνδρες – ιδιοκτήτες, έστω και αν η
γαλλική διακήρυξη έδωσε προς στιγμήν την εντύπωση ότι τα όρια της πλήρους
ανθρώπινης ιδιότητας δεν είναι προκαθορισμένα από την ατομική ιδιοκτησία.
Ο homo oeconomicus του φιλελεύθερου παραδείγματος της αγοράς (Τσουκαλάς, 1991)
είναι ο αποδέκτης των διακηρύξεων. Όμως η απαίτηση των διακηρύξεων ξεπερνά τα
όριά του. Με τη βιομηχανική επανάσταση και την υπαγωγή της εργασίας στο κεφάλαιο
απελευθερώνεται μια δυναμική, η οποία, με τη μορφή του αγώνα για την καθιέρωση
της καθολικής ψηφοφορίας σχετικοποιεί και τελικά ανατρέπει το κριτήριο της
ιδιοκτησίας ως το καθοριστικό κριτήριο της ανθρώπινης ιδιότητας. Αυτή η δυναμική
δεν σταματά όμως εκεί. Μέσα από το κίνημα της πολιτικής χειραφέτησης των γυναικών
και μέσα από την κατάρρευση της αποικιοκρατίας αποδεσμεύει την ιδιότητα του
ανθρώπου από όλους τους προκαθορισμούς που αναφέρονται στην καταγωγή, στο
φύλο, στη φυλή ή στην εθνική ή θρησκευτική ταυτότητα. Die Gattung findet sich selbst
(Marx), το είδος ανακαλύπτει τον εαυτό του, για να οδηγηθεί στην ανάδειξη της
οικουμενικότητας της νοηματοδότησης της νεωτερικής έννοιας του ανθρώπου ως
έννοιας πραγματικής αφαίρεσης (Χαραλάμπης, 1998).
Αυτή η διαδικασία εκδημοκρατισμού καθορίζει το εγχείρημα της νεωτερικότητας, το
εγχείρημα της – ανολοκλήρωτης – ολοκλήρωσης του πολιτικού.
Η Aντίδραση
Η αντίδραση στη διαδικασία εκδημοκρατισμού κατά τον 19ο αιώνα, παίρνει τρεις
κύριες μορφές. Η πρώτη θα μπορούσε να θεωρηθεί ως η προσπάθεια καθυστέρησης, ή
αναβολής του αναπόφευκτου και παίρνει τη μορφή της εκλογίκευσης του περιορισμού
των πολιτικών δικαιωμάτων, ως αναγκαίας από τα πράγματα επιβαλλόμενης συνθήκης
(τιμηματική ψήφος κλπ). Η δεύτερη παίρνει τη μορφή της μετωπικής αντίδρασης στο
εγχείρημα της νεωτερικότητας και θεμελιώνεται στον ανορθολογισμό του εθνικισμού
και του ρατσισμού για να οδηγηθεί στην απόλυτη άρνηση της αξίας του ανθρώπου από
τον φασιστικό και ναζιστικό ολοκληρωτισμό στον 20ο αιώνα (Sternhell, 2009, Winkler,
2009, Χαραλάμπης,1998).
Η τρίτη μορφή της άρνησης του εκδημοκρατισμού στηρίχτηκε στη θεμελιακή άρνηση
της ατομικής ιδιοκτησίας και της οικονομίας της αγοράς, στην πρόταξη της ιδέας της
απόλυτης ισότητας έναντι της ελευθερίας, στην άρνηση της αυτονομίας και ελευθερίας
του υποκειμένου και στη θεώρηση της διαδικασίας εκδημοκρατισμού και της
διεύρυνσης της ισχύος των πολιτικών δικαιωμάτων ως ιδεολογικής κάλυψης (ψευδής
συνείδηση) της από την ιδιοκτησία αναπαραγόμενης ανισότητας στο πλαίσιο της
ταξικής σύγκρουσης. Αυτή η μορφή της αντίδρασης, υπό το πρίσμα ενός ιδιόμορφου
συνδυασμού της οικονομιστικής – εξελικτικής ερμηνείας της ιστορίας και του πολιτικού
βολονταρισμού της πρωτοπορίας της εργατικής τάξης, οδήγησε μέσα από το σχίσμα
του εργατικού κινήματος (1916) στην εγκαθίδρυση του κομματικά ελεγχόμενου
κρατικού ολοκληρωτισμού του υπαρκτού σοσιαλισμού.
Καθολική ψηφοφορία και θεσμική ασυγχρονία
Ο αγώνας για την επιβολή της καθολικής ψηφοφορίας εισάγει μια δυναμική που απειλεί
να μεταβάλλει τη σχέση μεταξύ πολιτικής και οικονομίας του κλασικού
φιλελευθερισμού.
110
Η διεύρυνση των συμμετεχόντων στη διαδικασία λήψης αποφάσεων φαίνεται να
επαληθεύει την ερμηνεία της πολιτικής ως απειλής για το κλασικό φιλελεύθερο
παράδειγμα. Η αναπαραγωγή της κεφαλαιοκρατικής σχέσης απαιτεί τη διεύρυνση της
προστασίας και προς τον πόλο της εργασίας.
Σε συνδυασμό με τη διεύρυνση του εκλεκτορικού σώματος, που σηματοδοτεί και την
πραγματική διάσταση της εθνικής ολοκλήρωσης (Rosanvallon, 1992 και Rorty, 1998) η
θεσμική αναδιοργάνωση των όρων αναπαραγωγής της κεφαλαιοκρατικής σχέσης
καθίσταται αναγκαία συνθήκη για τη διατήρηση του καπιταλιστικού συστήματος υπό
συνθήκες δημοκρατικής διακυβέρνησης. Αυτό στην πράξη σημαίνει αναδιάρθρωση της
θεσμικής οργάνωσης στη βάση της αναδιανομής πόρων, ώστε η θεσμική κατοχύρωση
της υποχώρησης της ανισότητας, μέσω της τιθάσευσης της από την αγορά
αναπαραγόμενης βίας, να επιτρέψει τις διαδικασίες συναίνεσης που προοπτικά θα είναι
σε θέση να διασφαλίσουν την αναπαραγωγή της κεφαλαιοκρατικής σχέσης.
Η δυναμική του χρηματοπιστωτικού κεφαλαίου απέτρεψε για ένα διάστημα αυτή την
αναγκαία μετάλλαξη του κυρίαρχου φιλελεύθερου παραδείγματος. Η εκμηχάνιση της
γεωργίας και η ραγδαία εφαρμογή νέων τεχνολογιών στην αγροτική παραγωγή
περιόριζε δραματικά την απασχόληση στον γεωργικό τομέα, ενώ οι κερδοφόρες
επενδύσεις στον χρηματοπιστωτικό τομέα απέτρεπαν επενδύσεις στη μεταποίηση, οι
οποίες θα μπορούσαν να εντάξουν το πλεονάζον πλέον εργατικό δυναμικό στη
βιομηχανική παραγωγή, να διευρύνουν την πραγματική οικονομία και να
αναδιαρθρώσουν την κατανομή του εισοδήματος. Το καθοριστικό πλαίσιο αυτής της
αυτοκαταστροφικής πορείας του φιλελεύθερου παραδείγματος ήταν η ρυθμιστική
αποχή του κράτους που άφηνε ελεύθερο το πεδίο στις αντιπαραγωγικές δυνάμεις της
ανισότητας. Η διατήρηση της κατανάλωσης, χωρίς αναδιανομή μέσω δανεισμού και η
έξαρση της κερδοσκοπίας στο χρηματιστήριο καθυστέρησε την έκρηξη της αντίφασης
μεταξύ της γιγάντιας ανισότητας που παρήγαγε η οικονομία της αγοράς και της
ανάγκης παραγωγικής επέκτασης αλλά και διασφάλισης της καπιταλιστικής οικονομίας
από κοινωνικές εκρήξεις. Άλλωστε η δεκαετία πριν το 1929 και η δεκαετία πριν το 2007
είναι οι ιστορικές περίοδοι με τον υψηλότερο δείκτη ανισότητας30. Επρόκειτο πλέον για
την εσωτερική αντίφαση ενός πολιτικού συστήματος, του οποίου η οργανωτική –
θεσμική διάρθρωση ανταποκρινόταν πολύ περισσότερο στην ολιγαρχική δομή της προ
της καθολικής ψηφοφορίας περιόδου, παρά στην αναδιαρθρωτική απαίτηση που
αναδείκνυε η καθιέρωση της καθολικής ψηφοφορίας. H θεσμική οργάνωση του
κράτους, παρέμενε ουσιαστικά ενταγμένη στη λογική του πολιτικού αποκλεισμού του
κλασικού φιλελευθερισμού, ενώ η διεύρυνση των πολιτικών δικαιωμάτων (καθιέρωση
της καθολικής ψηφοφορίας) απαιτούσε την – αναγκαία – οργανωτική και θεσμική
προσαρμογή του, που θα αποτελούσε και τον όρο sine qua non της βιομηχανικής
ανάπτυξης.
Η ανάδειξη του νέου παραδείγματος
Η εκδήλωση αυτής της αντίφασης πήρε τη μορφή του σεισμού που έπληξε την
οικονομία το 1929. Η αναγκαία αναπροσαρμογή εισάγεται από τα μέτρα της
κυβέρνησης Roosevelt, τα οποία υπό το γενικό όρο New Deal σηματοδοτούν μια άλλη
σχέση οικονομίας και πολιτικής και τα οποία, μέσω της πρωτοφανούς ανάπτυξης της
βιομηχανικής παραγωγής λόγω του πολέμου και της κυριαρχίας του βιομηχανικού
κεφαλαίου μετά τον πόλεμο, αποδίδουν πραγματικά κατά την μεταπολεμική περίοδο.
Πρβλ. και τα συγκριτικά στοιχεία που παραθέτει ο Max Otte στην εισαγωγή του στην
επεξεργασμένη γερμανική επανέκδοση της πρώτης αμερικανικής έκδοσης του 1954 της
ανάλυσης του Galbraith για την κρίση του 1929. Στο: Galbraith, John Kenneth (2008): Der
grosse Crash. 1929, München, FinanzBuch Verlag, σελ. 13. Ειδικότερα για τα αμερικανικά
οικονομικά στοιχεία: http://www.census.gov/hhes/www/income/income.html.
30
111
Η νέα αυτή σχέση οικονομίας και πολιτικής σηματοδοτεί την ανατροπή του κλασικού
φιλελεύθερου παραδείγματος και την αναδιάρθρωση του κράτους και της έννομης
τάξης, μέσω της σταδιακής διαδικασίας θεσμικής τιθάσευσης της βίας της αγοράς, η
οποία, τουλάχιστον στο δυτικό βιομηχανικό κόσμο, πήρε την πιο καθαρή μορφή της με
τη θεμελίωση της κεϋνσιανής συναίνεσης από το κοινωνικό κράτος.
Στην ηπειρωτική Ευρώπη η θεμελιακή αυτή αντίφαση οδήγησε στην κρίση του
μεσοπολέμου, στην έκρηξη της αντίδρασης μέσω της φασιστικής και ναζιστικής
δικτατορίας, στην αποκοπή του πιο υποανάπτυκτου τμήματος του καπιταλιστικού
κόσμου από την οικονομία της αγοράς μέσω της κομμουνιστικής δικτατορίας και τέλος
στην τραγωδία της φυλετικά οριζόμενης απαξίωσης της ζωής (Shoah) και στον Β΄
Παγκόσμιο Πόλεμο.
Οι εμπειρίες και τα τραύματα της οικονομικής κρίσης του 1929, της οικονομικής και
κοινωνικής κρίσης του μεσοπολέμου, του φασισμού, του ναζισμού, της βιομηχανικής
οργάνωσης της γενοκτονίας, των ασύλληπτων καταστροφών του πολέμου, της απειλής
της κομμουνιστικής δικτατορίας και η ανάγκη ανοικοδόμησης της Ευρώπης και της
γενικότερης σταθεροποίησης του καπιταλιστικού συστήματος και της δημοκρατίας
οδήγησαν στη συμφωνία του Bretton Woods το 1944 και λίγο αργότερα στη διαδικασία
της ευρωπαϊκής ενοποίησης. Η συμφωνία του Bretton Woods αποτέλεσε το ρυθμιστικό
πλαίσιο της παγκόσμιας καπιταλιστικής οικονομίας και κατέστησε δυνατή την επιβολή
του κεϋνσιανού παραδείγματος και της κεϋνσιανής συναίνεσης στο εσωτερικό των
ανεπτυγμένων βιομηχανικών χωρών της Δύσης (Χαραλάμπης, 1998).
Στη νέα αυτή δημοκρατία της κοινωνικής οικονομίας της αγοράς, με διάφορες
διαβαθμίσεις έντασης στις επιμέρους μεταπολεμικές δημοκρατίες, η απαίτηση της
διασφάλισης και εγγύησης των υλικών όρων συμμετοχής οδήγησε στην ανάδειξη της
υλικότητας της συμμετοχής υπό τη μορφή μιας νέας γενιάς δικαιωμάτων, των
κοινωνικών δικαιωμάτων. Οδήγησε στην ανάδειξη μιας νέας γενιάς ατομικών
δικαιωμάτων, αφού τα κοινωνικά δικαιώματα αποτελούν την ουσιαστική επέκταση της
προστασίας των υλικών όρων ύπαρξης, αυτονομίας, ελευθερίας που εξασφάλιζε η
προστασία της ατομικής ιδιοκτησίας και σε αυτούς που δεν είχαν de facto ιδιοκτησία, ή
που η μόνη τους ιδιοκτησία ήταν αυτή της, χρονικά πεπερασμένης, εργατικής τους
δύναμης.
Η εμβάθυνση του σεβασμού και της προστασίας της αξίας του ανθρώπου, της
ουσιαστικής νοηματοδότησης της ανθρώπινης αξιοπρέπειας, μέσω της καθιέρωσης των
κοινωνικών δικαιωμάτων, διαμόρφωσε τους όρους υπέρβασης της τυπικής ισότητας με
τη μορφή θεσμικής κατοχύρωσης ουσιαστικών περιεχομένων υλικής διασφάλισης της
κοινωνικής, οικονομικής και πολιτικής συμμετοχής με όρους διανεμητικής δικαιοσύνης.
Η ωρίμανση αυτή του πολιτικού ανέδειξε νέες μορφές κοινωνικής διαπραγμάτευσης,
νέες διαδικασίες λήψης αποφάσεων και διαμόρφωσε το μεταπολεμικό ρυθμιστικό
πλαίσιο της λειτουργίας της αγοράς. Σ’ αυτό το ρυθμιστικό πλαίσιο η αυτονομία των
εργασιακών συμβάσεων μεταξύ εργοδοσίας και συνδικάτων, ο ελάχιστος μισθός, η
διάρθρωση του λεγόμενου έμμεσου μισθού και η διανεμητική λειτουργία της
προοδευτικής φορολογικής κλίμακας αποτέλεσαν τους κύριους δείκτες της
διανεμητικής δικαιοσύνης που χαρακτήριζε την κοινωνική διάσταση της λειτουργίας
της αγοράς.
Η κοινωνική συναίνεση που επετεύχθη στη βάση του κοινωνικού κράτους είχε τρία
καθοριστικά αποτελέσματα. Πρώτον οδήγησε, και στις ΗΠΑ (όπου ίσχυσε η πιο ήπια
μορφή του κράτους πρόνοιας) και στην Ευρώπη, σε μια πρωτοφανή στην ιστορία της
οικονομίας της αγοράς επίτευξη κοινωνικής δικαιοσύνης. Δεύτερον, μέσω και λόγω
αυτής, οδήγησε στην ταχύτατη αύξηση του εθνικού προϊόντος και στην επιτάχυνση της
εφαρμογής τεχνολογικών καινοτομιών και στο επίπεδο της παραγωγής και στο επίπεδο
της κατανάλωσης. Τρίτον, λόγω των ανωτέρω, επέτρεψε τη διεύρυνση της κοινωνικής
κινητικότητας.
Η πολιτική, ήτοι οι πολιτικές ρυθμίσεις της αναπαραγωγής της κεφαλαιοκρατικής
σχέσης, δεν νοείται πλέον ως παράγοντας αποσταθεροποίησης του οικονομικού
112
παραδείγματος. Το νέο παράδειγμα της κεϋνσιανής συναίνεσης περιθωριοποιεί την
ακραία εκδοχή της αγοράς, αποσυνθέτει τη μεταφυσική του καθαρού λόγου του
κλασικού φιλελεύθερου παραδείγματος και συμφιλιώνει την πολιτική με το πολιτικό.
Το τέλος της μεταπολεμικής κεϋνσιανής συναίνεσης
Η αντίστροφη μέτρηση αρχίζει ήδη κατά τη δεκαετία του ’70. Το καθοριστικό στοιχείο
ήταν η σταδιακή απελευθέρωση των αγορών και η με αυτή συνδεδεμένη διαδικασία
παγκοσμιοποίησης. Το ζητούμενο είναι η αποσύνδεση της οικονομίας από το πολιτικό,
οργανωτικό και θεσμικό πλαίσιο στο οποίο ήταν ενταγμένη (Χαραλάμπης, 1998 σελ.
191 κ.ε.). Η αποσύνδεσή της από τις δεσμεύσεις του πολιτικού και η επέκταση και
διάχυσή της στο πολιτικό κενό του υπερεθνικού χώρου. Αυτή η διεθνοποίηση του
κεφαλαίου παρήγαγε μια νέα ασυμμετρία στη σχέση της οικονομίας με το πολιτικό. Το
πολιτικό παρέμεινε εντεταγμένο στο εθνικό οργανωτικό θεσμικό πλαίσιο και ως εκ
τούτου έγινε αντικείμενο αναπαραγόμενων διαδικασιών αξιακής του έκπτωσης, ενώ το
κεφάλαιο, ελεύθερο από εθνικές ρυθμιστικές πολιτικές διαμορφώνει, μετά την
κατάρρευση του συστήματος του Βretton Woods, πολιτικά αρρύθμιστες υπερεθνικές
αγορές, οι οποίες δεν υπόκεινται πλέον σε όρους κοινωνικής διαπραγμάτευσης.
Η μετάθεση, μετεγκατάσταση της παραγωγής εκτός των κλασικών βιομηχανικών
χωρών και η διεθνοποίηση του χρηματοπιστωτικού κερδοσκοπικού κεφαλαίου
χαρακτηρίζει αυτή την διαδικασία παγκοσμιοποίησης. Η αποσύνδεση του
κερδοσκοπικού κεφαλαίου από τη λεγόμενη πραγματική οικονομία διαμορφώνει τους
νέους όρους της πολιτικής και επαναφέρει στο προσκήνιο την πολιτική της ανισότητας,
την πολιτική ως άρνηση, ως έκπτωση του πολιτικού.
Οι τρεις κύριοι λόγοι που αποτέλεσαν το εφαλτήριο της υποχώρησης του κεϋνσιανού
παραδείγματος είναι συνοπτικά οι εξής:
α) Η γιγάντια υπερεθνική αναδιανομή πλούτου, που υπήρξε το αποτέλεσμα της πρώτης
και της δεύτερης πετρελαϊκής κρίσης παρήγαγε έναν πρωτοφανή όγκο κεφαλαίων
(πετροδολάρια), ο οποίος κινούμενος εκτός παραγωγικής διαδικασίας αναζήτησε
υψηλή κερδοφορία στον χρηματιστηριακή αγορά. Οι διαχειριστές αυτών των
κεφαλαίων αποκτούν σύντομα τεράστια επιρροή στην αγορά, λόγω της ουσιαστικά
αστείρευτης ρευστότητας των κεφαλαίων που διαχειρίζονται.
β) Το κόστος παραγωγής στις δυτικές βιομηχανικές χώρες αυξάνει συνεχώς, λόγω του
κόστους του κοινωνικού κράτους και της διαπραγματευτικής δυνατότητας των
συνδικάτων και παρ’ όλο που αυτό συμβαδίζει με την συνεχή αύξηση της
καταναλωτικής δύναμης, περιορίζει τις δυνατότητες κερδοφορίας του κεφαλαίου.
Αποτέλεσμα είναι, πρώτον η μετεγκατάσταση της παραγωγής σε χώρες όπου το
κοινωνικό κράτος είναι άγνωστο και δεύτερον η μετάλλαξη των τραπεζών σε
επενδυτικές τράπεζες δραστηριοποιούμενες εκτός παραγωγής στο πεδίο της
χρηματιστηριακής αγοράς, όπου η κερδοφορία είναι πολλαπλώς υψηλότερη απ’ ό,τι
στην παραγωγή.
Η μετεγκατάσταση της παραγωγής, αλλά και η είσοδος στον παγκόσμιο καταμερισμό
της εργασίας νέων χωρών (η Ιαπωνία αρχικά, οι λεγόμενες τίγρεις της Νοτιοανατολικής
Ασίας αργότερα και μέχρι την κρίση του 1997-98, και σήμερα οι χώρες του BRIC και
κυρίως η Κίνα) ανατρέπει τις ισορροπίες του κοινωνικού ανταγωνισμού και λειτουργεί
αποσταθεροποιητικά για το κοινωνικό κράτος. Παράλληλα η νέα τεχνολογική
επανάσταση στο πεδίο της παραγωγής περιορίζει την απασχόληση, αποσταθεροποιεί
τις διαπραγματευτικές δυνατότητες των εργαζομένων και σε συνδυασμό με την
μετεγκατάσταση οδηγεί στο φαινόμενο της οικονομικής μεγέθυνσης χωρίς
απασχόληση (Χαραλάμπης, 1998). Η εξέλιξη αυτή, που σήμερα αρχίζει να πλήττει και
τις αναδυόμενες οικονομίες, σε συνδυασμό με τη γήρανση των ευρωπαϊκών κοινωνιών,
αυξάνει το κόστος του κοινωνικού κράτους ενώ συγχρόνως περιορίζει τους πόρους του.
Άλλωστε η μεγέθυνση χωρίς απασχόληση πλήττει ήδη και τον χρηματοπιστωτικό
113
τομέα, λόγω του συνδυασμού μετεγκατάστασης (κυρίως σε Σιγκαπούρη και Χονγκ
Κονγκ) και αυτοματοποίησης των συναλλαγών.
Το κοινωνικό κράτος στοχοποιείται πλέον, ως ο καθοριστικός συντελεστής του
περιορισμού της ανταγωνιστικότητας λόγω της διόγκωσης του κόστους παραγωγής,
ενώ η λογική της προοδευτικής διαβάθμισης της φορολογικής κλίμακας ανατρέπεται,
ώστε να απελευθερωθούν κεφάλαια, αφού το κοινωνικό κράτος περιορίζει την
κερδοφορία και γι’ αυτό την επενδυτική δραστηριότητα. Το ότι τα κεφάλαια αυτά
επενδύονται στον χρηματοπιστωτικό τομέα είναι απλά λογικό, αφού εκεί
επιτυγχάνονται και τα μεγαλύτερα κέρδη, ενώ για το γεγονός ότι δεν επενδύονται στην
παραγωγή θεωρείται υπεύθυνο το κοινωνικό κράτος που περιορίζει την κερδοφορία…
Η συρρίκνωση του κοινωνικού κράτους εγκαινιάζεται από τις κυβερνήσεις Thatsher και
Reagan με το αίτημα του μικρότερου κράτους, δηλαδή του όσον το δυνατόν μικρότερου
και ασθενέστερου κοινωνικού κράτους. Η πολιτική παύει να είναι παράγοντας
αποσταθεροποίησης του φιλελεύθερου παραδείγματος. Αντίθετα γίνεται ο ουσιαστικός
παράγοντας επανεγκαθίδρυσής του στο κέντρο της οικονομικής και κοινωνικής
διεργασίας, και πάλι ως διαδικασίας έκπτωσης του πολιτικού (Krugman, 2003 και
Thompson, 2007)31.
Η ένταξη της Κίνας στην παγκόσμια αγορά (1978) λειτουργεί ως περαιτέρω εγγυητής
της πολιτικής της ανισότητας, ως περαιτέρω εγγυητής της επαναθεμελίωσης της
ανισότητας της κεφαλαιοκρατικής σχέσης. Η ολοκληρωτική εξουσία του
κομμουνιστικού κόμματος εξασφαλίζει την πειθάρχηση των εργαζομένων και αναιρεί
κάθε διαπραγματευτική δυνατότητα του πόλου της εργασίας, συνεπικουρούμενη από
την πίεση του γιγάντιου εφεδρικού εργατικού δυναμικού των πάμπτωχων αγροτικών
στρωμάτων και από την, μέσω της ένταξης στην παραγωγική διαδικασία, εμφάνιση της
προοπτικής εξόδου από τη φτώχεια, για πρώτη φορά στη σύγχρονη ιστορία της Κίνας.
Συγχρόνως η εμφάνιση μιας συνεχώς αυξανόμενης μεσαίας τάξης στην Κίνα και στην
Ινδία, αλλά και στις άλλες χώρες του BRIC, υποκαθιστά τις απώλειες αγοράς στις οποίες
οδηγεί η συρρίκνωση των εισοδημάτων και της μεσαίας τάξης στην Αμερική και στην
Ευρώπη. Ακόμα κι αν οι νέες αυτές μεσαίες τάξεις δεν υπερβαίνουν το 20% έως 30%
του πληθυσμού των χωρών των αναδυόμενων οικονομιών και η καταναλωτική τους
δύναμη είναι ακόμα συγκριτικά υποδεέστερη αυτής των κλασικών βιομηχανικών
χωρών, σε απόλυτους αριθμούς ο όγκος τους είναι γιγάντιος και μπορούμε πλέον να
αναγνωρίσουμε και μία, παράλληλα προς την παραγωγή, μετατόπιση και της
καταναλωτικής δύναμης προς την Ανατολή και ως εκ τούτου και της κερδοφορίας των
επενδύσεων στην παραγωγή. Άλλωστε η μετατόπιση της βιομηχανικής παραγωγής από
τη Δύση προς την Ανατολή σταδιακά αναιρεί ή θα αναιρέσει, σύμφωνα με τους κανόνες
της οικονομικής της τεχνολογίας (Βερναρδάκης, 2006), την τεχνολογική υπεροχή της
Δύσης, ως τελικά λογική συνέπεια της υπεροχής του φιλελεύθερου παραδείγματος. Οι
αγορές επενδυτικών αγαθών και οι επενδύσεις των αναδυόμενων οικονομιών και
κυρίως της Κίνας όχι μόνο πλέον στη μεταποίηση και τις υποδομές, αλλά και σε τομείς
παραγωγής και υπηρεσιών υψηλής τεχνολογίας διεθνώς και κυρίως στην Ευρώπη, η
οποία λόγω της κρίσης στην ευρωζώνη αναζητεί κεφάλαια, επιταχύνει αυτή τη
διαδικασία.
Ο Thompson (Thompson, J. Michael (2007): The Politics of Inequality. A Political History
of the Idea of Economic Inequality in America, New York, Columbia University Press)
συστηματοποιεί τις πολιτικές της ανισότητας ως καθοριστικού πυρήνα της πολιτικής στις
ΗΠΑ. Το έργο του Krugman [ενδεικτικά: Krugman, Paul (2008): Η συνείδηση ενός
προοδευτικού, Αθήνα, Πόλις] αποτελεί την πιο συστηματική ανάλυση της πολιτικής της
ανισότητας κατά την τελευταία τριακονταετία και της διαδικασίας συρρίκνωσης του
κοινωνικού κράτους και των επιπτώσεων της πολιτικής της Δεξιάς στις ΗΠΑ. Σήμερα ο
Krugman φαίνεται να είναι μια μοναχική εξαίρεση της κεϋνσιανής προσέγγισης στο πλαίσιο
της κυριαρχίας του νεοφιλελεύθερου παραδείγματος.
31
114
γ) Ο όγκος της κυκλοφορίας των κεφαλαίων, η αναδιάρθρωση του διεθνούς εμπορίου
και του καταμερισμού της εργασίας, ήδη από τα τέλη της δεκαετίας του ’60 και
συγκεκριμένα το γιγάντιο κόστος του πολέμου του Βιετνάμ και το ελλειμματικό
ισοζύγιο πληρωμών των ΗΠΑ ανάγκασαν την κυβέρνηση Νixon να αποδεσμεύσει το
δολάριο από τον κανόνα χρυσού και τις ισοτιμίες των νομισμάτων από το δολάριο,
πράγμα που σήμανε και το πανηγυρικό τέλος της συμφωνίας του Bretton Woods. Η
κατάργηση του συστήματος των σταθερών ισοτιμιών άνοιξε τις πύλες της οικονομίας
στην παγκόσμια κερδοσκοπία και σήμανε το τέλος της διεθνούς οικονομικής
μεταπολεμικής σταθερότητας και ως εκ τούτου και το τέλος των όρων σταθερότητας
που είχαν επιτρέψει την ανάδειξη του κοινωνικού κράτους. Ενώ η κατάρρευση της
Σοβιετικής Ένωσης και το τέλος του ψυχρού πολέμου ολοκλήρωσε τον παγκόσμιο
χαρακτήρα της οικονομίας της αγοράς.
Ίσως το πιο καθοριστικό σημείο της στροφής στην παγκόσμια οικονομία να είναι η
κατάργηση του νόμου Glass – Steagall του 1933 το 1999 από την κυβέρνηση Clinton. H
κατάργηση δηλαδή του διαχωρισμού των απλών τραπεζών (που δέχονται
αποταμιεύσεις και δανείζουν επιχειρήσεις και νοικοκυριά) από τις επενδυτικές
τράπεζες (κερδοσκοπικές επενδύσεις στα χρηματιστήρια, αγοραπωλησίες
«καινοτόμων» χρηματοπιστωτικών προϊόντων, επενδύσεις υψηλού ρίσκου στην αγορά
παραγώγων, επισφαλών δανείων κ.λπ.).
Από τη στιγμή εκείνη αρχίζει το κερδοσκοπικό πανηγύρι που οδηγεί την παγκόσμια
οικονομία (κυρίως βέβαια τη δυτική και πρωτίστως την αμερικανική) στην
χρηματοπιστωτική κρίση του 2007/2008 και στη συνέχεια στη δημοσιονομική κρίση
του 2009/2010, η οποία και συνεχίζεται, χωρίς το πανηγύρι να έχει τελειώσει.
Η ακραία εκδοχή της αγοράς
Το κεφάλαιο, ελεύθερο από τις δεσμεύσεις της αναπαραγωγής της κεφαλαιοκρατικής
σχέσης, λόγω της μετατόπισης της παραγωγικής διαδικασίας, ή της απειλής αυτής της
μετατόπισης, αποδεσμευόμενο από τις όποιες ρυθμίσεις της χρηματοπιστωτικής
λειτουργίας και από το κόστος της φορολογίας που επέφερε η συρρίκνωση του
προοδευτικού χαρακτήρα της φορολογικής κλίμακας, επενδύει στον εαυτό του.
Νέα χρηματοπιστωτικά προϊόντα σχεδιάζονται και κατασκευάζονται, ή ήδη υπάρχοντα
ανασύρονται από το περιθώριο και τίθενται στο κέντρο των κερδοσκοπικών
επενδύσεων. Η χρηματοπιστωτική «βιομηχανία» παράγει τα «καινοτόμα προϊόντα»
της; Παράγωγα, σύνθετα χρηματοπιστωτικά πακέτα, εγγυήσεις εξασφάλισης κινδύνου
(CDOs, CDSs), τιτλοποιήσεις υποθηκών και δανείων, μοχλεύσεις κεφαλαίων, swaps
παντός τύπου (συναλλαγές επιτοκίων, συναλλάγματος, τιμών, εγγυήσεων κ.λπ.),
στοιχήματα προοπτικών αγοράς ή πώλησης, παράγωγα συναλλάγματος κ.λπ.,
προστίθενται στην κερδοσκοπία συναλλάγματος, τιμών πρώτων υλών, ενέργειας και
τροφίμων.
Η στιγμή των μαθηματικών έχει φθάσει. Καινοτόμα χρηματοπιστωτικά προϊόντα
σχεδιάζονται και τιτλοποιούνται, ενώ οι οίκοι πιστωτικής αξιολόγησης παρακολουθούν
και εγγυώνται την αξία τους. Η αυτοποίηση και αυτοαναφορά του συστήματος φτάνει
το ιστορικό της ζενίθ. Το παράδειγμα του αποτελεσματικού, αλάνθαστου καθαρού
λόγου της ελεύθερης από τις ανορθολογικές επεμβάσεις του πολιτικού αγοράς αγγίζει
πλέον την κοσμική του αποκάλυψη. Ο εξοστρακισμός της πραγματικής κοινωνίας, η
απώθηση του πολιτικού επιτρέπει την επιβολή της καθαρότητας της ακραίας εκδοχής
της αγοράς.
Με τη βοήθεια της τεχνολογίας της πληροφορικής και την χρήση ταχύτατων
ηλεκτρονικών υπολογιστών συστηματοποιείται το παρελθόν ως βάση επεξεργασίας και
υπολογισμού μελλοντικών πιθανοτήτων. Πίνακες, διαγράμματα και εξισώσεις
διαφορικού λογισμού υπολογίζουν τις προοπτικές των τιμών ως δεσμευτικών δεικτών
115
ενός μελλοντικού παρόντος που προκύπτει από τον σημερινό υπολογισμό του
μέλλοντος (Vogl, 2010 σελ. 83 κ.ε., Fox, 2009)32.
Ο χρόνος και η προσδοκία του μελλοντικού αποτελέσματος συγκροτεί άλλωστε τον
πυρήνα της κερδοσκοπικής λειτουργίας. Η μαθηματική δέσμευση των πιθανών
αποκλίσεων της πορείας των τιμών, η μαθηματική δέσμευση της πιθανότητας
εξασφαλίζει τον έλεγχο του μέλλοντος. Οι κρίσεις εξοβελίζονται από το παράδειγμα,
αφού η καθαρότητά του έχει εξοβελίσει, έχει υποτάξει μαθηματικά το πολιτικό, την
κοινωνία, την λειτουργία του πραγματικού κόσμου. Το παράδειγμα του κόσμου ως
πλέγματος και σχέσεων τιμών ταυτίζει τον υπολογισμό της μεταβλητότητας των τιμών
με τον ορθολογικό, καθαρό από εξωοικονομικούς παράγοντες έλεγχο της
πραγματικότητας. Η διαμεσολάβηση της πραγματικότητας από τις τιμές και η ταύτισή
της με αυτές δεν αποτελεί μόνο καθαρή μετανεωτερική θεώρηση της πραγματικότητας,
αλλά εντάσσοντάς την στη μαθηματική δέσμευση των πιθανοτήτων ενσωματώνει
ελεγκτικά την απροσδιοριστία της.
Σύμφωνα με τα στοιχεία του ΔΝΤ ο όγκος των συναλλαγών συναλλάγματος είχε φθάσει
το 2010 τα 995 τρισ. δολάρια, ο όγκος των συναλλαγών παραγώγων τα 601 τρισ., ο
όγκος των συναλλαγών μετοχών και ομολόγων τα 87 τρισ., ενώ ο όγκος των
παραγομένων αγαθών και υπηρεσιών, δηλαδή το Παγκόσμιο Ακαθάριστο Προϊόν (η
πραγματική οικονομία), ανήρχετο σε 63 τρισ. δολάρια33. Και όλα αυτά παρά την
τραπεζική κρίση του 2007/2008.
Η αντοχή της ακραίας εκδοχής της αγοράς
Πολλοί πίστεψαν ότι ο σεισμός της Λισσαβόνας της εκκοσμικευμένης οικονομικής
θεοδικίας επήλθε το Σεπτέμβριο του 2007 με την κατάρρευση της Τράπεζας Lehman. Η
κρίση της αγοράς ενυπόθηκων δανείων, η τιτλοποίηση των οποίων είχε αποτελέσει τη
βάση του σχεδιασμού και της σύνθεσης των παραγώγων, μετέτρεψε τη γιγάντια
κερδοφορία και τα ακόμη μεγαλύτερα αναμενόμενα κέρδη στη μεγαλύτερη κρίση της
οικονομίας μετά το 1929. 12 εκατ. άνθρωποι στις Η.Π.Α. δεν ήταν πλέον σε θέση να
πληρώσουν τα στεγαστικά ή καταναλωτικά δάνεια που είχαν συνάψει και που ήταν η
βάση του οικοδομήματος της χρηματοπιστωτικής «καινοτομίας» (Rajan, 2010, Stiglitz,
2010, Shiller, 2008).
Η εικονική πραγματικότητα της αλάνθαστης, αυτορυθμιζόμενης και αποτελεσματικής
αγοράς κατέρρευσε μαζί με τον μαθηματικό έλεγχο των πιθανοτήτων,
συμπαρασύροντας την εικονική πραγματικότητα της ευημερίας, η οποία, μέσω του
δανεισμού, είχε καλύψει την πραγματικότητα της γιγάντιας ανισότητας των
επιπτώσεων της αποβιομηχάνισης και της επί 30 χρόνια τουλάχιστον συνεχιζόμενης
αναδιανομής του εισοδήματος υπέρ μιας όλο και ισχυρότερης κοινωνικής μειοψηφίας,
στο πλαίσιο της επιταχυνόμενης ασυμμετρίας του διεθνούς οικονομικού συστήματος.
Αυτή η ασυμμετρία, κυρίως μέσω της αγοράς αμερικανικών ομολόγων από την Κίνα
είχε δημιουργήσει τη γιγάντια ρευστότητα κεφαλαίων, η οποία επέτρεψε την εικονική
πραγματικότητα της γενικευμένης ευημερίας.
Ενδεικτική είναι η ανάλυση του Vogl για τον ανορθολογισμό του «καθαρού λόγου» της
εξίσωσης διαφορικού λογισμού των Black, Scholes και Merton, η οποία ως εξίσωση BlackScholes αποτελεί την κατ’ εξοχήν αναγνωρισμένη εξίσωση τιμολόγησης χρηματοπιστωτικών
προϊόντων. Γι’ αυτό άλλωστε στους Scholes και Merton απενεμήθη το βραβείο Nobel 1997.
Ο Fox [Fox, Justin (2009): The Myth of the Rational Market, New York, Harper Collins]
αναδεικνύει και αναλύει ειδικότερα τον ανορθολογισμό των «ορθολογικών» θεωριών που
καθόρισαν την χρηματιστηριακή και χρηματοπιστωτική αγορά.
33
Der Spiegel, „Gelduntergang. Die zerstörerische Macht der Finanzmärkte“ No 34, 22-82011 σελ. 60 κ.ε.
32
116
Όμως η διάσωση των τραπεζών και του τραπεζικού συστήματος από το κράτος, η
παρέμβαση δηλαδή της ορατής χειρός από τη στιγμή που η αόρατη απεδείχθη
ανύπαρκτη, δεν είχε ως αποτέλεσμα την αλλαγή του παραδείγματος.
Η κεϋνσιανής λογικής παρέμβαση είχε ως μοναδικό στόχο τη διάσωση του
χρηματοπιστωτικού κεφαλαίου και οδήγησε στην κοινωνικοποίηση των ζημιών και
στην αναπαραγωγή της ιδιωτικοποίησης του κέρδους.
Η διάσωση του χρηματοπιστωτικού κεφαλαίου είχε και έχει ένα γιγάντιο
δημοσιονομικό κόστος, το οποίο και αποτέλεσε τον αμέσως επόμενο στόχο της
κερδοσκοπίας του διασωθέντος χρηματοπιστωτικού κεφαλαίου. Η κρίση δεν περιόρισε
την κυριαρχία του. Αντίθετα την ενέτεινε, εμβαθύνοντας την οικονομική ανισότητα,
μέσω της πρωτοφανούς νέας αναδιανομής πόρων που ήταν και είναι απαραίτητη για
να καλυφθεί το κόστος του ανορθολογισμού του υποτιθέμενου καθαρού λόγου του
παραδείγματος της απόλυτης εκδοχής της αγοράς. Άλλωστε η δημοσιονομική κρίση
διευκόλυνε και τη μετάθεση των ευθυνών. Αν για τη χρηματοπιστωτική κρίση ήταν
υπεύθυνες οι επενδυτικές τράπεζες, τότε για τη δημοσιονομική υπεύθυνα είναι τα
κράτη και όχι οι τράπεζες. Παρόλο που το επιχείρημα αποκρύπτει τις ευθύνες των
τραπεζών και επαναπροσανατολίζει την ανεξέλεγκτη ροή των πόρων προς τις
(επενδυτικές) τράπεζες και όχι προς την παραγωγική διαδικασία, αναδεικνύει αθέλητα
το γεγονός, ότι ο συνδυασμός πολιτικών της ανισότητας και δανεισμού με στόχο τη
διαμόρφωση της εικονικής πραγματικότητας της ευημερίας, είναι αυτός που συγκροτεί
τον πυρήνα της υπαγωγής της πολιτικής στην απόλυτη εκδοχή της αγοράς.
Η κρίση του πολιτικού δεν εστιάζεται στον κρατικό ολοκληρωτισμό, όπως στον
μεσοπόλεμο. Εστιάζεται στην ανθεκτικότητα της πολιτικής της ανισότητας (Crouch,
2011), η οποία, είτε με τη μορφή της λυσσαλέας ενορχηστρωμένης αντίδρασης της
Δεξιάς στις ΗΠΑ απέναντι σε κάθε προσπάθεια επανασύστασης του κεϋνσιανού
παραδείγματος, είτε με τη μορφή της θεσμικής κατοχύρωσης του ισοσκελισμένου
προϋπολογισμού ως υποδομής του παραδείγματος της αποτελεσματικής αγοράς,
συνεπικουρούμενη από την αναβίωση του (οικονομικού) εθνικισμού, περιθωριοποιεί
και πάλι το πολιτικό. Ήδη η συνθήκη του Maastricht είχε θεμελιώσει την ελλειμματική
οργανωτική μορφή της ευρωζώνης (μονοδιάστατη λειτουργία της κεντρικής
ευρωπαϊκής τράπεζας, έλλειψη κοινής οικονομικής και δημοσιονομικής πολιτικής) και
τον «χρυσό κανόνα» του ισοσκελισμένου προϋπολογισμού.
Αυτή τη φορά, η περιθωριοποίηση του πολιτικού δεν παίρνει τη μορφή του
εθνικιστικού, ή/και ρατσιστικού ανορθολογισμού, αλλά εμφανίζεται με τη δύναμη του
υποτιθέμενου καθαρού λόγου της απόρριψης των αναγκαίων όρων αναπαραγωγής της
κοινωνίας, ως ανορθολογικής πίεσης στην ισχύ του ορθού λόγου της αγοράς
(Ordoliberalism). Θέση η οποία εστιάζεται στην απόρριψη κάθε πολιτικής
πρωτοβουλίας που θα περιόριζε την εσωτερική ασυμμετρία της ευρωζώνης και η οποία
κωδικοποιείται στην απόρριψη της μεταβολής της Νομισματικής Ένωσης σε
«μεταβιβαστική ένωση» (transfers union).
Η παγκόσμια οικονομική ασυμμετρία, λόγω της μετεγκατάστασης της βιομηχανικής
παραγωγής, η οικονομική ανισότητα και η εμβάθυνση της, λόγω του δημοσιονομικού
κόστους και της ανακατανομής των φορολογικών βαρών, που συγκεκριμενοποιούν την
αναπαραγωγή της συμπαρασύροντας και τις μεσαίες τάξεις, δεν συρρικνώνουν απλώς
το κοινωνικό κράτος και τα εισοδήματα. Θέτουν επί τάπητος την ίδια την υπόσταση της
Δημοκρατίας και εν τέλει και πάλι το εγχείρημα της νεωτερικότητας. Τη στιγμή μάλιστα
που τα κοινωνικά δικαιώματα συρρικνώνονται και τα πολιτικά εξουδετερώνονται
εξαρτώμενα από την κρίση των οίκων αξιολόγησης, ως εκφραστών της κυριαρχίας του
χρηματοπιστωτικού κεφαλαίου, η αποτελεσματικότητα του αυταρχισμού και του
ολοκληρωτισμού, αυτή τη φορά στο πλαίσιο της καπιταλιστικής οικονομίας και της
ακραίας εκδοχής της αγοράς, εμφανίζεται ως εναλλακτική λειτουργική λύση. Η γοητεία
της οικονομικής αποτελεσματικότητας του κινεζικού αυταρχισμού μοιάζει
ακαταμάχητη και ταυτίζεται με την «από τη Δύση απολεσθείσα ηθική της εργασίας»
(Ferguson, 2011).
117
Η απειλή είναι τελικά η μεταδημοκρατία της απόλυτης επιβολής των οικονομικών
συμφερόντων. Το ζητούμενο είναι, σύμφωνα με τη διατύπωση του Habermas34, η
διάσωση της αξιοπρέπειας, της Δημοκρατίας. Το ζητούμενο είναι η απελευθέρωση του
πολιτικού από την καταστροφική δύναμη της νεοφιλελεύθερης πολιτικής της
ανισότητας (Habermas, 2011).
Στις ΗΠΑ η καταστροφική δυναμική του παραδείγματος της ακραίας εκδοχής της
αγοράς, παίρνει τη μορφή της υπερσυγκέντρωσης του πλούτου, της συρρίκνωσης της
μεσαίας τάξης, της πρωτοφανούς έντασης του κοινωνικού αποκλεισμού, της
αποβιομηχάνισης και της παράλυσης του πολιτικού συστήματος, λόγω κυρίως της
ενορχηστρωμένης δράσης της αντίδρασης, που επιταχύνει την υποχώρηση της θέσης
της Αμερικής στον κόσμο35.
Στην Ευρώπη, το θεμελιώδες βήμα αυτής της καταστροφικής δυναμικής θα είναι η
κατάρρευση της Ευρωζώνης και της Ε.Ε. Η κατάρρευση τελικά του καθοριστικού
πολιτισμικού και πολιτικού εγχειρήματος της μεταπολεμικής Ευρώπης ως προοπτικής
της διαμόρφωσης μιας κοινότητας Δικαίου, όπου η έννοια του πολίτη συμπυκνώνει τη
διαδικασία υπέρβασης των εθνικών ορίων της Δημοκρατίας, ίσως υπό τη μορφή της
ομοσπονδίας ή της συνομοσπονδίας.
Υπό την καθοδήγηση των συντηρητικών δυνάμεων της Γερμανίας36, η θεμελιωμένη στη
συνθήκη της Λισσαβόνας διακυβερνητική λογική37 της – αναποτελεσματικής –
διαχείρισης της κρίσης και η ηθικολογική και γι’ αυτό αντιδημοκρατική και αντίθετη
προς την πολιτική της γερμανικής σοσιαλδημοκρατίας ερμηνεία του κυρίαρχου
οικονομικού μοντέλου, σηματοδοτούν την προσπάθεια αναπαραγωγής αλλά και
επέκτασης της ανισότητας όχι μόνον στο εσωτερικό των ευρωπαϊκών εθνικών
κοινωνιών, αλλά και στην ίδια τη μορφή της διάρθρωσης των σχέσεων μεταξύ των
κρατών-μελών της Νομισματικής Ένωσης (Χαραλάμπης, 2012). Άλλωστε η Γερμανία
είναι η μόνη χώρα που διατήρησε τον βιομηχανικό της χαρακτήρα και τη δυναμική της
Habermas, Jürgen (2011) „Rettet die Würde der Demokratie“, Frankfurter Allgemeine
Zeitung 5-11-2011, σελ. 31. Αναλυτικά για το επιχείρημα του Habermas για την κρίση και τις
προοπτικές της Ευρώπης: Habermas, Jürgen (2011): Zur Verfassung Europas. Ein Essay,
Berlin, Suhrkamp
35
Η σχετική βιβλιογραφία και αρθρογραφία είναι αχανής. Για μία συνοπτική ανάλυση των
φαινομένων αυτών στις ΗΠΑ και των αντιδράσεων στην Ευρώπη βλ. Χαραλάμπης (2012).
36
Στη Γερμανία το τραυματικό σύνδρομο του υπερπληθωρισμού της Βαϊμάρης διακατέχει
την πολιτική και την οικονομική σκέψη κυρίως του συντηρητικού χώρου. Υποβαθμίζονται
όμως συνειδητά οι λόγοι που οδήγησαν στον υπερπληθωρισμό. Το γεγονός δηλαδή ότι ο
υπερπληθωρισμός ήταν α) αποτέλεσμα της οικονομικής κατάρρευσης (1920-1922), λόγω των
καταστροφικών/ληστρικών όρων της συνθήκης των Βερσαλλιών και β) αποτέλεσμα της
αποπληθωριστικής πολιτικής του Brüning (1930-1932). Προφανώς αυτή η υποβάθμιση
καθίσταται αναγκαία, ώστε να αποενοχοποιηθεί η σήμερα εφαρμοζόμενη πολιτική λιτότητας
και αποπληθωρισμού ως η μοναδική μέθοδος για τον υποτιθέμενο εξορθολογισμό της
οικονομίας. Η ιστορία δεν είναι όμως η μόνη εξήγηση. Η αγωνία για το μέλλον των υψηλών
αποταμιεύσεων της μεσαίας τάξης στη Γερμανία αναπαράγει με πολύ συγκεκριμένο τρόπο το
φόβο του πληθωρισμού.
37
Στην πράξη πρόκειται για τον γαλλογερμανικό άξονα στον οποίο η Γαλλία είναι
ουσιαστικά το άλλοθι της γερμανικής ηγεμονικής θέσης. Το ενδεικτικότερο ίσως δημόσιο
κείμενο για τις θέσεις των συντηρητικών δυνάμεων στη Γερμανία είναι οι «16 θέσεις για την
κατάσταση της Νομισματκής Ένωσης» των φίλων του Ινστιτούτου Ifo του Μονάχου
(Bogenberger Erklärung), που δημοσιοποιήθηκαν στην Frankfurter Allgemeine Zeitung δύο
ημέρες πριν τη συμφωνία των Βρυξελλών (09-12-2011) στις 07-12-2011, σελ. 12 και 13.
Όπως ασφαλώς και οι τοποθετήσεις των Axel Weber (τέως Πρόεδρος της Bundesbank),
Jürgen Stark (τέως επικεφαλής οικονομολόγος της ΕΚΤ), Jens Weidmann (νυν Πρόεδρος της
Bundesbank), Jörg Asmussen (υπεύθυνος διεθνών οικονομικών σχέσεων της ΕΚΤ) και HansWerner Sinn (Διευθυντής του Ινστιτούτου Ifo).
34
118
βιομηχανικής της παραγωγής και ανταγωνιστικότητας (Agenda 2010) και γι’ αυτό
αντιμετώπισε με επιτυχία την οικονομική κρίση και σταθεροποίησε την οικονομική
κυριαρχία της στην Ευρώπη.
Η αυτόματη επιβολή κυρώσεων στους παραβάτες του «χρυσού κανόνα» του
ισοσκελισμένου προϋπολογισμού και κυρίως η πρόταση της γερμανικής κυβέρνησης να
ανατεθεί στο Δικαστήριο της Ευρωπαϊκής Ένωσης ο έλεγχος και η τιμωρία των
παραβατών της από τη λογική του κεφαλαίου οριζόμενης συγκεκριμένης μορφής της
δημοσιονομικής πειθαρχίας, καταλήγει στην ανάδειξη μιας συγκεκριμένης πολιτικής
άρνησης του πολιτικού. Το ίδιο ισχύει ασφαλώς και για την απόφαση συνταγματικής
κατοχύρωσης από όλες τις χώρες της ευρωζώνης, όπως έχει ήδη γίνει στη Γερμανία, του
«χρυσού κανόνα» του ισοσκελισμένου προϋπολογισμού βασισμένου στα
εξωπραγματικά όρια του χρέους (60% του ΑΕΠ) και του ελλείμματος (3% του ΑΕΠ, το
οποίο πλέον απαιτείται να υποχωρήσει στο 0,5% του ΑΕΠ) που είχε θέσει η συμφωνία
του Maastricht. Είναι άλλωστε πολιτισμικά ιδιαίτερα ενδιαφέρον ότι στη γερμανική
γλώσσα η έννοια του χρέους και της ενοχής ταυτίζονται στο σημασιολογικό
περιεχόμενο της έννοιας Schuld. Σύμφωνα με αυτήν την συντηρητική λογική η πολιτική
της ανισότητας επιβάλλει, ως προϋπόθεση sine qua non της αποδοχής της διατήρησης
της ευρωζώνης, την τιμωρία των οφειλετών ως ενόχων38. Έστω και αν με αυτό τον
τρόπο η ύφεση και η ανισότητα δυνητικά ολοκληρώνουν τον κύκλο της έκπτωσης του
πολιτικού και αφήνουν ανοικτή την προοπτική της διάλυσης της Νομισματικής Ένωσης
και της ΕΕ.
Οι παρατηρήσεις αυτές δεν σχετικοποιούν ασφαλώς το ανορθολογικό περιεχόμενο των
πελατειακών σχέσεων, τη φορολογική ασυλία και την από αυτήν προκύπτουσα
φοροδιαφυγή, την παθολογία της σχέσης δημοσίου-ιδιωτικού, την κρατικιστική
ετερονομία της οικονομίας, την αποσύνδεση των μισθών και εισοδημάτων από την
παραγωγικότητα και τον αντιπαραγωγικό και καταναλωτικό χαρακτήρα της
οικονομίας που οδήγησαν τη χώρα μας για πολλοστή φορά στη χρεοκοπία.
Το τέλος δεν έχει όμως ακόμη προδιαγραφεί. Η κανονιστική δύναμη του πραγματικού
του μεταπολεμικού ευρωπαϊκού εγχειρήματος θα αποδειχθεί, πιστεύω, ισχυρότερη από
την πολιτική της ανισότητας που διαβρώνει τα θεμέλιά του, γιατί το διακύβευμα είναι
θεμελιώδες. Όπως διαπιστώνει ο Radoslaw Sikorski, υπουργός εξωτερικών της
Πολωνίας, το δίλημμα είναι απλό και αναπόφευκτο: “deeper integration or collapse”.
Ήδη η συμφωνία της 9ης Δεκεμβρίου 2011 μπορεί μεν να θεμελιώνει τη γερμανική
συντηρητική και περιοριστική αρχιτεκτονική λιτότητας και πειθάρχησης των
ευρωπαϊκών κοινωνιών αναπαράγοντας τις πολιτικές της ανισότητας, μέσω της
διακρατικής
συμφωνίας
της
«Ένωσης
Δημοσιονομικής
Σταθερότητας»
(Fiskalunion/Stabilitätsunion) των 17+8, αλλά τουλάχιστον υπεραμύνεται καταρχήν
της ευρωπαϊκής ενοποίησης, έστω και αν αγνοεί επιδεικτικά και αναπαράγει την
εσωτερική οικονομική ασυμμετρία της ευρωζώνης, υπαναχωρεί ως προς την
αναδιάρθρωση του χρέους που κατέχουν οι ιδιωτικές τράπεζες (εκτός της υπό
κατάρρευση ελληνικής περίπτωσης) και μεταφέρει αρμοδιότητες και ευρωπαϊκά
κεφάλαια στο ΔΝΤ. Ασφαλώς η υφεσιογόνος γερμανική λογική της λιτότητας
(ανισότητας) είναι επικίνδυνη και ανίκανη να αποτρέψει την πορεία της κρίσης. Όμως η
διατήρηση της Ένωσης και ο διαχωρισμός της από την ακραία αγγλική λογική της
αγοράς, διαμορφώνουν δυνητικά τις προϋποθέσεις για αλλαγή της πολιτικής, όταν η
συντηρητική γερμανική αρχιτεκτονική αποδειχθεί ότι αγνοεί την στατική του
ευρωπαϊκού οικοδομήματος, είναι τελικά αρνητική για την ίδια τη Γερμανία και
«Schädliche deutschnationale Kraftmeierei» (σε ελεύθερη απόδοση: επιζήμια και
υπερφίαλη επίδειξη ισχύος γερμανικού μεσοπολεμικού εθνικιστικού τύπου) χαρακτήρισε ο
Helmut Schmidt αυτή τη στάση του χριστιανοδημοκρατικού-φιλελεύθερου συνασπισμού
στην εισαγωγική ομιλία του στο συνέδριο του σοσιαλδημοκρατικού κόμματος στις 4-122011.http://www.spd.de
(http://www.youtube.com/watch?v=OYQxYuU6GwI&feature=player_embedded)
38
119
περιθωριοποιεί την Ευρώπη και στο πεδίο της διεθνούς πολιτικής39. Όμως το ύψος του
κόστους αυτής της καθυστέρησης και αναβλητικότητας είναι άγνωστο και θα είναι
τεράστιο, όπως αποδεικνύει και το κόστος δανεισμού (εκτός των γερμανικών
ομολόγων) παρά τις όποιες «ιστορικές συμφωνίες».
Το τι θα σήμαινε η κατάρρευση της Ευρωζώνης και κατά συνέπεια της Ε.Ε. είναι για μας
που ζήσαμε την μεταπολεμική εξηκονταετία ουσιαστικά αδιανόητο. Η εμπειρία του
ευρωπαϊκού εθνικισμού, η υποχώρηση της παγκόσμιας ρυθμιστικής δύναμης των ΗΠΑ
και η μεταβλητότητα του σύγχρονου πολυπολικού κόσμου καθιστούν αυτή την
προοπτική σίγουρα τρομακτική. Προοπτική μίας «crisis of apocalyptic proportions»,
όπως επισημαίνει και πάλι ο Sikorski40, μιας θεμελιώδους κρίσης του πολιτικού.
Η απειλή της μεταδημοκρατίας είναι ήδη προ των πυλών. Η πολιτική της
«marktkonforme Demokratie», της προσαρμοσμένης στην αγορά Δημοκρατίας που
επαγγέλλεται η κ. Μέρκελ είναι η επικίνδυνη κληρονομιά της Margaret Thatcher, έστω
κι αν η λογική του «καπιταλισμού του Ρήνου» δεν πρόκειται να απαρνηθεί το
βιομηχανικό χαρακτήρα της γερμανικής οικονομίας, ο οποίος είναι και το καθοριστικό
πλεονέκτημά της. Συγχρόνως το έλλειμμα και το δημόσιο χρέος μεταβάλλονται στο
μεγαλύτερο εκβιασμό των αγορών απέναντι στις εθνικές κοινωνίες. Η «marktkonforme
Demokratie» είναι η αποδοχή αυτού του εκβιασμού και η προσαρμογή της πολιτικής
στους όρους που αυτός θέτει με πυρήνα και αποτέλεσμα τη θεμελίωση και την
εμβάθυνση της ανισότητας.
Ausgewählte Literatur
Βιβλιογραφία
α) Άρθρα
Χαραλάμπης, Δημήτρης (2010): “Η συγκρότηση του πολιτικού ως τέλος, αλλά
όχι ως έσχατον του κανονιστικού εγχειρήματος της νεωτερικότητας”, στο: Ι.
Στράγγας, Χαρ. Παπαχαραλάμπους: Σκοπός, τελεολογία και δίκαιο. ΑθήναΘεσσαλονίκη, Εκδόσεις Σάκκουλα, Baden-Baden, Nomos Verlag, Paris, L’
Harmattan σελ. 297-341
Ήδη η στροφή της ΕΚΤ, υπό τη νέα προεδρία του Draghi, προς μία μορφή πολιτικής
ποσοτικής χαλάρωσης (quantitative easing), ώστε να επανακτήσουν ρευστότητα οι ιδιωτικές
τράπεζες (έχουν ήδη διοχετευθεί ένα δις ευρώ) σηματοδοτεί ίσως την αρχή μιας σταδιακής
αλλαγής της πολιτικής της ΕΚΤ παρά τις αντιδράσεις της Bundesbank που φοβάται
πληθωριστικές επιπτώσεις. Παρόλα αυτά η πολιτική αυτή δεν αναιρεί το γεγονός της
εμβάθυνσης της εξάρτησης των κρατών-μελών της Ένωσης από τις ιδιωτικές τράπεζες τη
διατήρηση των υψηλών επιτοκίων του δημόσιου δανεισμού (αύξηση ελλείμματος και
χρέους), αφού οι τράπεζες δανειζόμενες με ελάχιστο επιτόκιο δανείζουν με πολύ υψηλότερο
και την αύξηση της δύναμης των οίκων αξιολόγησης αφού είναι οι κριτές της δανειοληπτικής
φερεγγυότητας των κρατών της Ευρωζώνης.
40
Sikorski, Radoslaw (2011) “I fear Germany’s power less than her inactivity” Financial
Times 29-11-2011, σελ. 13.
39
120
Χαραλάμπης, Δημήτρης (2012): “Οι έννοιες του αγαθού και του συμφέροντος
στην κανονιστική πολιτική θεωρία και οι επιπτώσεις της απορρύθμισης”, στο: Ι.
Στράγγας, Χαρ. Παπαχαραλάμπους: Αγαθό, συμφέρον και δίκαιο, ΑθήναΘεσσαλονίκη, Εκδόσεις Σάκκουλας, Baden-Baden, Nomos Verlag, Paris, L’
Harmattan
β) Βιβλία
Βερναρδάκης, Νίκος (2006): Οικονομική της τεχνολογίας, Τόμος Α’, Αθήνα,
Τυπωθήτω- Δαρδανός
Crouch, Colin (2011): The Strange Non-Death of Neoliberalism, Cambridge,
Polity Press
Ferguson, Niall (2011): Civilization. The West and the Rest, London, Allen Lane
Rajan, G. Raghuram (2010): Fault Lines, Princeton and Oxford, Princeton
University Press
Rorty, Richard (1998): Achieving Our Country. Leftist Thought in Twentieth
Century America, Cambridge Massachusetts, Harvard University Press.
Rosanvallon, Pierre (1992): Le sacre du citoyen. Histoire du suffrage universelle
en France, Paris, Gallimard.
Shiller, J. Robert (2008): The Subprime Solution, Princeton and Oxford, Princeton
University Press
Sternhell, Zeev (2009): Ο αντι-διαφωτισμός, Αθήνα, Πόλις
Stiglitz, Joseph (2010): Freefall America. Free Markets and the Sinking of the
World Economy, New York, Norton and Company
Τσουκαλάς, Κωνσταντίνος (1991): Είδωλα πολιτισμού. Ελευθερία, ισότητα και
αδελφότητα στη σύγχρονη πολιτεία, Αθήνα, Θεμέλιο.
Vogl, Joseph (2010): Das Gespenst des Kapitals, Zürich, diaphanes
Χαραλάμπης, Δημήτρης (1998): Παγκοσμιοποίηση και Δημοκρατία. Η έννοια του
ανθρώπου στη Νεωτερικότητα: Πραγματική αφαίρεση και ορθός λόγος, Αθήνα,
Ίδρυμα Σάκη Καράγιωργα/Εξάντας
Winkler, Heinrich August (2009): Geschichte des Westens, Bd.I., München, Beck
Bildungsmedien / DVDs
Man kann die DVDs vom Unterrichtsmodul 1 und 3 einsetzen oder weitere DVDs
aus dem Schatz der Eurocomenius-Preise auswählen.
Anmerkungen
Vom 5. bis 6. Februar 2010 wurde an der Universität Erfurt die internationale
Tagung ‘Religion in der niederländischen Gesellschaft. Mitgestalterin oder
1
121
Auβenseiterin?’ von den Lehrstühlen für Kirchenrecht (Prof. Dr. Myriam Wijlens) und
Liturgiewissenschaft (Prof. Dr. Benedikt Kranemann) veranstaltet. Für die
Bearbeitung des vorliegendes Textes habe ich mich inspirieren lassen von dem
Erfurter Sammelband Religion –Kultur – Bildung. Religiöse Kulturen im
Spannungsfeld von Ideen und Prozessen der Bildung, herausgegeben von Benedikt
Kranemann, Vasilios N. Makrides & Andrea Schulte, Münster: Aschendorff, 2008
(Vorlesungen des Interdisziplinären Forums Religion der Universität Erfurt, Nr. 5),
mit der Einleitung ‘Religion – Kultur – Bildung’ der Herausgeber (S. 7-10) und
verschiedenen Beiträgen zur islamischen, christlichen und jüdischen Bildung, zum
Thema Religion und Menschenbildung, sowie dem Themenfeld Erwachsenenbildung.
2
Thom Meens, “Bagger op het blog”, in: Tageszeitung de Volkskrant, vom 27. März
2010.
Vgl. Tamara Witschge, (In)difference online. The openness of public discussion on
immigration [Dissertation Universiteit van Amsterdam/The Amsterdam School of
Communication Research (ASCoR)], Amsterdam: ASCoR, 2007.
4
Idem, S. 100.
5
Diese, für mich neue, zweite Bedeutung entdeckte ich in dem Beitrag von Myriam
Wijlens, “‘Alle Menschen haben das unveräuβerliche Recht auf educatio’ (Vaticanum
II, GE 1) – das Recht der katholischen Kirche”, in: Kranemann, Makrides & Schulte
(Hrsg.), Religion – Kultur - Bildung (siehe Anm. 1), S. 175-191, hier S. 176.
6
Siehe: Joan Hemels, Regulierung, Selbstregulierung und Medienkompetenz in den
Niederlanden. Die Entwicklung und die öffentliche Debatte, Hilversum: Nederlands
Instituut voor de Classificatie van Audiovisuele Media (NICAM) 2005 (NICAM
Dossier 4); auch auf: http://www.kijkwijzer.nl/upload/download_pc/7.pdf.. Das
niederländische System ‘Kijkwijzer’ wird positiv bewertet in: tv diskurs.
Verantwortung in audiovisuellen Medien 13/2009, Nr. 4 (Sonderheft “Kijkwijzer! Das
System der Selbstklassifizierung in den Niederlanden”); später auch auf Englisch
erschienen: tv diskurs, 14/2010, Nr. 3 (‘special edition’ “Kijkwijzer! The Dutch SelfClassification System”). Siehe auch: www.kijkwijzer.nl
7
Siehe das Interview “Empfehlenswert! Das niederländische Onlinesystem
mediasmarties informiert über Medien, die Kindern guttun”, von Claudia Mikat mit
Cathy Spierenburg, der Leiterin von mediasmarties, in: tv diskurs. Verantwortung in
audiovisuellen Medien, 16/2012, Nr. 1 (Themanummer “Kinder vor der Kiste. Was sie
sehen und wie sie damit umgehen”), S. 46-49. Siehe auch: www.mediasmarties.nl
8
Vgl Joan Hemels, Geloven in communicatie. Religie in de media, Kampen:
Uitgeverij Kok, 2009, S. 230, 268 und 281.
9
Atte Jongstra, “Liturgie. Uitgesproken schijnheiligheid. Lieddichter Huub
Oosterhuis botst met censor Cor Mennen”, in: Tageszeitung NRC Handelsblad,
Beilage “Cultureel Supplement”, vom 26. März 2010.
10
Vgl. Walter Goddijn, Jan Jacobs & G.érard van Tillo (Hrsg.), Tot vrijheid geroepen.
Katholieken in Nederland: 1945-2000, Baarn: Uitgeverij Ten Have, 1999.
3
Vgl. Joan Hemels, “Massamedia”, in: Goddijn, Jacobs & Van Tillo (Hrsg.), Tot
vrijheid geroepen (siehe Anm. 10), S. 137-150, 251-262, 367-375 und 477-485.
12
Vgl. ausführlicher: Hemels, Geloven in communicatie (siehe Anm. 8) und idem,
Journalistiek en religie in de actuele cultuurbeleving, Amsterdam: Otto Cramwinckel
Uitgever, 1999. Die vier Kabinette unter Leitung von Jan Peter Balkenende förderten
im ersten Dezennium des 21. Jahrhunderts auch das öffentliche Debatt über die
11
122
Normverwässerung und die Bedeutung von Moral und Werten. Siehe.: L. M. [Bertus]
de Rijk, Religie, normen, waarden. Een kritische blik op een maatschappelijk debat,
Amsterdam: Uitgeverij Bert Bakker, 2006.
13
Siehe für den vollständigen Text dieser Erklärung der Brückenbauer:
http://www.bruggenbouwers.com/2010/01/11/vijf-vernieuwde-principes -voorreligiejournalistiek/ .
14
N.N., “James Kennedy: kerk moet zijn als een stad op een berg” [anlässlich: James
C. Kennedy, Stad op een berg. De publieke rol van protestantse kerken, Zoetermeer:
Uitgeverij Meinema, 20102], in: Tageszeitung Trouw, Beilage de “Verdieping”, vom
2. Februar 2010.
15
Alexander Rinnooy Kan, “Onzeker land, in strijd met zichzelf”, in: Tageszeitung
NRC Handelsblad, wöchentliche Beilage “Bücher”, vom 12. Februar 2010
[anlässlich: James C. Kennedy, Bezielende verbanden. Gedachten over religie,
politiek en maatschappij in het moderne Nederland, Amsterdam: Uitgeverij Bert
Bakker, 2009].
16
Emile Hakkenes, “Kerken maken zichzelf overbodig”, in: Tageszeitung Trouw,
Beilage “de Verdieping”, vom 2. Februar 2010 [anlässlich: G.erard Dekker, Heeft de
kerk zichzelf overleefd? Beschouwingen over de rol van de kerk in de moderne
samenleving, Zoetermeer: Uitgeverij Meinema, 2009].
17
Vgl. einem Aufsatz von Stig Hjarvard, “The mediatization of society. A theory of
the media as agents of social and cultural change”, in: Nordicom Review, 29/2008, S.
105-134, hier S. 105.
Joan Hemels, “Medien und religiöse Sehnsucht. Ein aktuelles Diskussionsthema in
den Niederlanden”, in: Communicatio Socialis. Themenheft “Blickpunkt Religion und
Medien”, 36/ 2003, S. 97-129.
19
Ulrich Saxer (Hrsg.), Medien-Kultur-Kommunikation, Opladen: Westdeutscher
Verlag (Publizistik Sonderheft 2/1998).
20
Michael Schmolke,“Religionskommunikation durch Medien”, in: Saxer (Hrsg.),
Medien-Kultur- Kommunikation (siehe Anm. 19), S. 199-214, hier S. 212.
21
Denis McQuail, McQuail’s mass communication theory, London/Thousand
Oaks/New Dehli: Sage Publications, 20055, S. 553.
22
Hent de Vries & Samuel Weber (eds.), Religion and media. Stanford, CA: Stanford
University Press, 2001. Siehe für die religionswissenschaftliche Themen der letzten
zehn Jahren in den Niederlanden auch Willem B. Drees, Religion and science in
context. A guide to the debates, London: Routledge, 2010, und in Bezug zu der
Bundesrepublik Deutschland Nicolai Hannig, Die Religion der Öffentlichkeit. Kirche,
Religion und Medien in der Bundesrepublik 1945-1980, Göttingen: Wallstein Verlag,
2010.
23
Vgl verschiedene Aufsätze in: Helmuth Rolfes & Angela A. Zukowski (eds.),
Communicatio socialis. Challenge of theology and ministry in the Church. Festschrift
für Franz-Josef Eilers, Kassel: Kassel University Press, 2007, somit: Franz-Josef
Eilers, Communicating church. Social communication documents. An introduction,
Manila: Logos (Divine Word) Publications, 2011; idem, “Social communication –
Development of a Vatican II concept”, in: Verbum SVD, 51/2009, Nr. 1, S. 21-32;
idem, Communicating in community. Introduction to social communication, Manila:
Logos (Divine Word) Publications, 20094 , und idem, Communicating in ministry and
mission. Introduction to pastoral and evangelizing communication, Manila: Logos
18
123
(Divine Word) Publications, 20093. Wie Eilers betont, existiert das Begriff‚ “soziale
Kommunikation” seit mehr als vierzig Jahren, und zwar seit der Veröffentlichung des
Konzilsdokument Inter Mirifica, aber gibt es praktisch nirgendwo nähere
Überlegungen, was er wirklich bedeutet und beinhaltet. Dabei enthält er seiner
Meinung nach spezielle Herausforderungen und Bestimmungen für kirchliche
Aktivitäten, Forschung und Lehre, die sich aus einer Vision ergeben, die besonders
wichtig sei für die moderne Zeit und die klarer wird, wenn man Ursprung und
Entwicklung des Begriffs betrachtet.
24
“Hardhorende paus“, Kommentar in: Tageszeitung NRC Handelsblad, vom 25.
März 2010.
25
Wim Deetman, Nel Drayer, Peter Kalbfleisch, Harald Merckelbach, Marit Monteiro
& Gerard de Vries, Seksueel misbruik van minderjarigen in de Rooms-Katholieke
Kerk, Amsterdam: Uitgeverij Balans, 2011, 2 Bnde. Es erschien nicht nur eine
wissenschaftliche, sondern auch eine populäre Ausgabe des Endberichts.
26
Bert Wagendorp, “De paus”, in: Tageszeitung de Volkskrant, vom 27. März 2010.
27
Siehe auch die Homepage www.akademie-wien.at).
28
Dieses Merkmal des Theologie- und Religionsstudiums in Groningen war ein
wichtiger Grund bei der Entscheidung des Frühjahrs 2010, die protestantische
theologische Universität
(Protestantse Theologische Universiteit, PThU) die im Auftrag der protestantischen
Kirche in den Niederlanden (Protestantse Kerk in Nederland, PKN) für die
Ausbildung der protestantischen Pfarrer verantwortlich ist, am Anfang des
Studienjahres 2012-2013 von den theologischen Studiengängen in Utrecht, Leiden
und Kampen nach Groningen und Amsterdam (Vrije Universiteit) zu übersiedeln. Die
Universitäten in Utrecht und Leiden werden ihre theologische und/oder
religionswissenschaftliche Bachelor- und Masterstudien weiterführen können. Wer
jedoch protestantischer Pfarrer werden möchte soll nach dem Bachelorabschluss der
Universität wechseln. Die Niederlassung der PThU in Kampen wird aufgehoben. Die
orthodox-protestantische Universität der nicht zur PKN gehörenden, erst 1944
gegründeten “Gereformeerde Kerken vrijgemaakt”, bleibt in Kampen ansässig
29
H.-J. Nannen, “Generation Online – Anforderungen an das Medium der Zukunft”,
in: MUT – Medien und Transformation. Sonderbeilage zu den Medientagen München,
28. – 30.10.09, S. 6.
30
Die Darstellung von Religionen in Schweizer Massenmedien: Zusammenprall der
Kulturen oder Förderung des Dialogs? Schlussbericht. Ein Projekt im Rahmen des
Nationalen Forschungsprogramms “Religionsgemeinschaften, Staat und Gesellschaft
(NFP 58)”. Projektleitung: Prof. Dr. Urs Dahinden, Hochschule für Technik und
Wirtschaft HTW Chur. Weitere Informationen zum Projekt: http://www.nfp58.ch/d
projekte religion.cfm?projekt=63
Im Rahmen dieses NFP-58-Forschungsprojekts entstanden u.a. die folgenden
Publikationen: Carmen Koch, Religion in den Medien. Eine quantitative
Inhaltsanalyse von Medien in der Schweiz, Konstanz: UVK Universitätsverlag
Konstanz, 2012; Urs Dahinden & Carmen Koch, “Mediale Darstellung von Religion
aus der Perspektive der Kommunikations- und Medienwissenschaft”, in: Constanze
Jecker (Hrsg.), Religionen im Fernsehen. Fakten Analysen, Zukunftsperspektiven,
Konstanz: UVK Universitätsverlag Konstanz, 2011, S. 99-112; Urs Dahinden,
Carmen Koch, Vinzenz Wyss und Guido Keel, “Representation of Islam and
Christianity in the Swiss media”, in: Journal of Empirical Theology, 24/2011, S. 197208, und Urs Dahinden & Vinzenz Wyss, “Spezialisierung im
124
Journalismus”Allgemeiner Trend? Herausforderungen durch das Thema Religion”, in:
Beatrice Dornbach & Thorsten Quandt (Hrsg.), Spezialisierung im Journalismus,
Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften/GWV Fachverlage GmbH, 2009, S.
123-136.
Als Einstieg zu diesem Abschnitt möchte ich die in Kreisen von niederländischen
Theologen und Religionswissenschaftlern meiner Meinung nach relativ unbekannte
Zeitschrift Communicatio Socialis, die “Internationale Zeitschrift für Kommunikation
in Religion, Kirche und Gesellschaft”, wie der Untertitel inzwischen lautet,
hervorheben. Sie wurde 1968 in Münster von einem Dreigestirn, das die
Aufmerksamkeit des Zweiten Vatikanischen Konzils für Medienfragen wach halten
möchte, gegründet. Insbesondere beabsichtigten die Gründer-Herausgeber Franz-Josef
Eilers, Karl R. Höller und Michael Schmolke, das Gedankengut des nicht so
gelungenen Konzildokuments Inter Mirifica weiter zu entwickeln. Seit einigen Jahren
31
wird Communicatio Socialis redaktionell von dem Studiengang Journalistik der
Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt betreut.
Vincent Wyss & G.uido Keel, “Religion surft mit. Journalistische
Inszenierungsstrategien zu religiösen Themen”, in: Communicatio Socialis, 42/2009,
S. 351-364.
33
Carmen Koch, “Das Politische dominiert. Wie schweizer Medien über Religionen
berichten”, in: Communicatio Socialis, 49/2009, S. 365-382.
34
Koch, “Das Politische dominiert, ibidem (siehe Anm. 33), S. 369-370.
35
Vgl. Joan Hemels, “Faith and journalism under strain. Some observations with
relation to printed media in the Netherlands”, in: Hans Geybels, Sara Mels & Michel
Walrave (eds.), Faith and media. Analysis of faith and media: representation and
communication, Bruxelles/Bern/Berlin/Frankfurt am Main/New York/Oxford/Wien:
P.I.E. Peter Lang, 2009, S. 105-133.
36
Seit März 2007 wurden zwölf amerikanische Zeitungen eingestellt. Siehe: Beate
Uerlings, “Leser verzweifelt gesucht”, in: Rheinische Merkur, vom 5. November
2009.
32
Joan Hemels, “The revival of religion in Dutch journalism. A case study in a
multireligious society”, in: Communicatio Socialis, 40/2007, S. 129-157, und idem,
“A Dutch miracle? The rediscovery of religion by journalists in the Netherlands”, in:
Rolfes & Zukowski (eds.), Communicatio socialis. Challenge of theology and
ministry in the Church (siehe Anm. 23), S. 224-245.
38
Stephan Russ-Mohl, “Qualität inszenieren. Ein Buch über Anspruch und
Wirklichkeit im Journalismus”, in: Neue Zürcher Zeitung, vom 1. Dezember 2009
(anlässlich: Klaus Arnold, Qualitätsjournalismus. Die Zeitung und ihr Publikum,
Konstanz: UVK Universitätsverlag Konstanz, 2009.
39
Dane S. Claussen (ed.), Sex, religion, media, New York, NY: Rowman & Littlefield
Publishers, 2002.
40
Eric Gormly [Buchbesprechung von Claussen (ed.), siehe Anm. 39], in: Journalism
& Mass Communication Quarterly 79/2002, special issue “Mythology in Journalism”,
S. 509-511, hier S. 510.
37
125
Bericht “Rooms-katholieken kampen met imagoprobleem”, in: Tageszeitung
Nederlands Dagblad (orthodox-protestantisch) vom 11. März 2004 und “RK Kerk
kampt met imagoprobleem”, in: Brabants Dagblad (eine regionale, allgemeine
Tageszeitung mit katholischen Wurzeln). Seitdem blieb das Imageverlust der
katholischen Kirche ein Dauerthema in den Medien.
42
Hemels, Geloven in communicatie (siehe Anm. 8), S. 217-247.
43
Birgit Donker, in ihrer wöchentlichen Rubrik “De lezer schrijft over te veel
aandacht voor r.k.-misbruik. De krant antwoordt”, in: NRC Handelsblad, Beilage
“Opinie & Debat” vom 3.-4. April 2010. Die Journalisten Joep Dohmen (NRC
Handelsblad) und Robert Chesal (Radio Nederland Wereldomroep), die sich in den
Niederlanden eingehend mit der Missbrauchaffäre beschäftigten, wurden
ausgezeichnet. Sie verteidigten ihre Arbeitsweise öfters: Siehe u.a. das Interview mit
Linda Nab, “Spitten in een verborgen geschiedenis”, in: Villamedia, [Fachblatt der
niederländischen Journalisten], 2/2010, Nr. 6 vom 26. März, S. 10-13, und Joep
Dohmen, Vrome zondaars. Misbruik in de Rooms-Katholieke Kerk, Rotterdam: NRC
Boeken, 2010.
44
Ein zweites Endbericht der Kommision-Deetman in Bezug zu psychischer und
physischer Gewaltanwendung in Internaten für Jugendliche wird Ende 2012/Anfang
2013 erwartet.
41
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