Hans-Werner Bierhoff, RUB Wie wird jemand zum Narzissten?

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Textzusammenfassung für „Narzissmus im Vormarsch: Herausforderung für
die Schule“
Hans-Werner Bierhoff, RUB
Wie wird jemand zum Narzissten?
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Zwillingsstudien gehen von einer genetischen Komponente des pathologischen Narzissmus
aus.
Aber auch das soziale Umfeld und der Erziehungsstil der Eltern scheinen eine wichtige Rolle
bei der Entwicklung narzisstischer Züge zu spielen.
Drei Formen des Erziehungsverhaltens, die zu Narzissmus führen können:
● sehr nachgiebig & mild
(das Kind lernt, dass es eine besondere Person ist, die sich alles erlauben kann)
● überinvolviert & manipulativ
(das Kind entwickelt keine Unabhängigkeit, so dass es immer auf der Suche nach
Anerkennung durch andere ist)
● kalt, streng & mit hohen Erwartungen verbunden
(das Kind soll hohe Leistungsstandards erfüllen, bekommt dafür aber wenig elterliche
Liebe zurück, was zu einer Fehlentwicklung der eigenen Identität führt)
Elternverhalten wird auf verschiedenen Dimensionen beschrieben:
● Wärme

Akzeptanz, Liebe, Unterstützung des Kindes
● Monitoring

Beachtung dessen, was das Kind tut; Etablierung von Regeln
● psych. Kontrolle 
Manipulations- und Kontrollversuche der Eltern, z.B.
Liebesentzug oder Vorwürfe
Erziehungsstil
Hypothese
nachgiebig &
mild
(„permissiv“)
Narzissmus hängt positiv mit Wärme und negativ mit Monitoring zusammen
(nach Heinz Kohut).
überinvolviert &
manipulativ
(„kontrollierend“)
Narzissmus hängt positiv mit Wärme und psychologischer Kontrolle
zusammen (nach Heinz Kohut).
kalt & streng
(„autoritär“)
Narzissmus hängt negativ mit Wärme und positiv mit Monitoring und
psychologischer Kontrolle zusammen (nach Otto Kernberg).
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Horton, Bleau & Drwecki (2006) prüften diese Vorhersagen in zwei Studien mit Studierenden
und Schülern.
Sie gehen davon aus, dass es eine gesunde und eine ungesunde Form des Narzissmus gibt:
▪ gesunder Narzissmus
 positive Verknüpfung mit Selbstwert, negativer Zusammenhang mit Depressionen
▪ ungesunder Narzissmus
 negativer Zusammenhang mit Selbstwert; charakterisiert durch überzogene
Ansprüche und ausbeuterische Tendenzen; spiegelt zwischenmenschliche
Schwierigkeiten des Narzissten wider
In der Studie wurden Narzissmus (NPI), Selbstwert sowie die genannten Dimensionen des
Elternverhaltens erfasst.
Tatsächlich scheint es so zu sein, dass liebevolle (hohe Wärme) Eltern narzisstische
Tendenzen in ihrem Kind fördern, während beachtende Eltern Narzissmus bremsen.
Die Schlüsseldimension für die Entwicklung ungesunder Tendenzen scheint die
psychologische Kontrolle zu sein, da diese ausschließlich mit ungesundem Narzissmus positiv
zusammenhängt.
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Ratschläge für Eltern
● Interessieren Sie sich für Ihr Kind und richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf seine Aktivitäten!
● Dosieren Sie Wärme und Zuneigung in angemessener Weise; meiden Sie Übertreibungen!
● Versuchen Sie nicht, Ihr Kind durch Methoden der psychologischen Kontrolle zu anipulieren!
● Ermöglichen Sie Ihrem Kind dadurch die Entwicklung eines stabilen und positiven
Selbstbewusstseins!
Vom narzisstischen Ausnutzen zum Bullying
Die Rolle der Aggressionsbefürwortung
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Wiederkehrende Handlungen von einem oder mehreren Schülern mit dem Ziel, einem
anderen Schüler Leid zuzufügen oder diese zu bedrängen
● Formen von Bullying:
▪ Verbales Bullying: z.B. jemanden beschimpfen
▪ Physisches Bullying: z.B. jemanden schlagen
▪ Indirektes Bullying: z.B. jemanden ignorieren
● Narzissmus ist ein multidimensionales Konstrukt:
▪ Gefühl von Grandiosität und Überlegenheit
▪ Selbstsucht und Egoismus
▪ Ausnutzung von anderen
▪ Mangel an Empathie
Streben nach Bewunderung
● Vielen Studien belegen einen Zusammenhang zwischen Narzissmus und Aggression, sowohl
bei Erwachsenen als auch bei Kindern und Jugendlichen im asiatischen und nicht-asiatischen
Bereich
● Narzissten zeigen eher proaktive als reaktive Aggression und verwenden diese auch
instrumentell (Ausnutzung)
● Besonders die narzisstische Ausnutzung hängt mit Aggression zusammen
● Daher kann ein Zusammen hang zwischen Narzissmus und Bullying angenommen
werden: Bullying entspricht proaktiver (=instrumenteller, nichtprovozierter) Aggression
● Annahme: Der Zusammenhang zwischen narzisstischer Ausbeutung und Bullying wird
vermittelt durch Aggressionsbefürwortung
● Aggressionsbefürwortung: Normative Meinung, dass Aggression akzeptabel ist (s. Huesmann,
1988)
● Grundlegende Annahmen:
● Narzissmus hängt positiv mit Aggressionsbefürwortung zusammen
● Aggressionsbefürwortung hängt wiederum positiv mit Bullying zusammen
● Narzissmus hängt positiv mit Bullying zusammen
Versuchsteilnehmer:
● 241 Jungen und 219 Mädchen einer Grundschule in Singapur, Alter zwischen 9 und
13 (Durchschnitt 10,6)
● 181 Jungen und 160 Mädchen einer Mittelschule in Singapur, Alter zwischen 12 und
16 (Durchschnitt 13,9)
● Die Fragebögen wurden in der Schule ausgefüllt
● Alle Fragebögen wurden in englischer Sprache ausgehändigt, da Englisch die
Unterrichtssprachein Singapur ist
● Bullying zusammen
Fragebögen:
● Narzissmus: Narcissistic Personality Questionnaire for Children-Revised (NPQC-R, Ang &
Raine, 2009), nur die Ausbeutungs-Subskala (12 Items)
● Aggressionsbefürwortung: Normative Beliefs about Aggression Scale (NOBAGS, Huesmann &
Guerra, 1997), Berechnung eines Gesamtscores aus 20 Items
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Bullying: Bullying Questionnaire (vgl. UK: Jolliffe & Farrington, 2006) aus 7 Items über
physische, verbale und indirekte Aggression
Ergebnisse
● Narzisstische Ausbeutung ist signifikant positiv mit Aggressionsbefürwortung und mit
Bullying korreliert
● Aggressionsbefürwortung ist signifikant mit Bullying korreliert
● Außerdem wird der Zusammenhang zwischen narzisstischer Ausbeutung und Bullying zu 53%
von Aggressionsbefürwortung mediiert
Narzisstische
Ausbeutung
Narzisstische
Ausbeutung
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Bullying
Aggressionsbefürwortung
Bullying
Der Zusammenhang zwischen narzisstischer Ausbeutung und Bullying wird also durch die
Norm der Aggressionsbefürwortung hergestellt
Einschränkung der Generalisierbarkeit: Stichprobe besteht aus asiatischen Kindern und
Jugendlichen
Schlussfolgerung: Narzissmus hängt tatsächlich mit proaktiver, instrumenteller Aggression
zusammen, wie sie durch das Bullying repräsentiert wird
Praktische Implikationen:
● Zur Reduktion von Bullying ist es sinnvoll bei den Kognitionen über aggressives
Verhalten anzusetzen (z.B. Norm der Aggressionsbefürwortung)
● Kognitive Mechanismen bieten ein bedeutsames Veränderungspotenzial
● Empathietraining könnte zusätzliche Intervention sein
● Außerdem könnte es hilfreich sein, Gemeinsamkeiten zwischen Täter und Opfer zu
identifizieren (da Ähnlichkeit narzisstische Aggression verhindert)
Zusammenhang von proaktiver und reaktiver Aggression mit offenem und
verdecktem Narzissmus
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Zweidimensionales Konstrukt:
▪ Offener Narzissmus: Angeberei, Selbstverherrlichung, Streben nach Bewunderung
von anderen
▪ Verdeckter Narzissmus: Hypersensitivität, Ängstlichkeit und Unsicherheit, aber
Genusssucht und Arroganz in Beziehungen
▪ Anspruchsdenken und Ausbeutung sind Charakteristika beider Formen
▪ Offener Narzissmus gilt eher als destruktiv für persönliche Beziehungen
Den meisten Individuen wohnt mehr als eine Form von Aggressivität inne
▪ Häufig Unterscheidung zwischen proaktiver und reaktiver Aggression
Studien belegen, dass offener Narzissmus positiv mit reaktiver und proaktiver Aggression
zusammenhängt
7 Unterdimensionen von offenem Narzissmus:
▪ Autorität, Selbstgenügsamkeit, Anspruchsdenken, Ausbeutungstendenz, Eitelkeit,
Angeberei & Überlegenheit
▪ Besonders Anspruchsdenken und Ausbeutungstendenz scheinen relevante
Prädiktoren für Aggression sein
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Zusammenhänge mit verdecktem Narzissmus wurden bislang nicht beschrieben
Überprüfen, ob offener und verdeckter Narzissmus in unterschiedlicher Weise mit proaktiver
und reaktiver Aggression zusammenhängen
Annahmen:
● Offener Narzissmus hängt mit proaktiver Aggression zusammen
● Offener und verdeckter Narzissmus hängen positiv mit reaktiver Aggression zusammen
● Die 7 Unterdimensionen von offenem Narzissmus hängen unterschiedlich mit Aggression
zusammen
● Außerdem soll die Rolle des Geschlechts als Moderator untersucht werden
Versuchsteilnehmer:
● 674 italienische Schüler einer Höheren Schule (343 weiblich und 331 männlich),
Durchschnittsalter 15,5 Jahre
Fragebögen:
● Reaktive und proaktive Aggression: Reactive-Proactive Questionnaire (RPQ; Raine et al.,
2006) 23 Items
● Narzissmus:
▪ Offener Narzissmus: Narcissistic Personality Inventory (NPI; Raskin & Terry, 1988)
▪ Verdeckter Narzissmus: Hypersensitive Narcissism Scale (HSNS; Hedin & Cheek,
1997)
Ergebnisse
● Jungen haben im Vergleich zu Mädchen
▪ höhere proaktive Aggressivität
▪ und auch höhere Narzissmus-Werte
● Der offene Narzissmus ist ein signifikanter Prädiktor für proaktive und reaktive Aggression
▪ Die Subskala Selbstgenügsamkeit ist nicht mit Aggression verbunden
▪ Angeberei hängt mit beiden Formen von Aggression zusammen
▪ Autorität, Ausbeutung und Eitelkeit sind Prädiktoren von proaktiver Aggression
▪ Anspruchsdenken und Überlegenheit sind Prädiktoren von reaktiver Aggression
▪ Der verdeckte Narzissmus sagt lediglich reaktive Aggression voraus
● Alle Zusammenhänge sind vom Geschlecht unabhängig
● Narzissmus erklärt in dieser Studie ca. ein Fünftel der Variation in der Aggression
● Bei Jugendlichen scheint offener Narzissmus ein Prädiktor für reaktive und für proaktive
Aggression zu sein
▪ Erklärungsansatz: gefährdete Selbstüberschätzung
▪ Verdeckter Narzissmus hängt positiv mit reaktiver Aggression zusammen
Eine mögliche Reaktion auf erhöhte Emotionalität und Hypersensibilität scheint Aggression zu sein
Unterschiedliche Zusammenhänge mit den Subdimensionen des offenen Narzissmus.
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Angeberei, Autorität, Ausbeutung und Eitelkeit hängen mit proaktiver Aggression zusammen
▪ Anscheinend soll Aggression dazu genutzt werden, Macht zu demonstrieren
▪ Anspruchsdenken hängt besonders mit der reaktiven Form von Aggressivität
zusammen
▪ Grübeln über eigene Ansprüche und Ungerechtigkeitsempfinden
▪ Selbstgenügsamkeit hängt mit keiner Aggressionsform zusammen. Diese Facette von
Narzissmus kann adaptiv und gesund sein
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Textzusammenfassung für „Narzissmus im Vormarsch: Herausforderung für
die Schule“
Hans-Werner Bierhoff, RUB
Kognitive Schemata und Narzissmus
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Einer der Begründer der kognitiven Verhaltenstherapie: Aaron T. Beck
Der Ansatz der kognitiven Therapie ist nachweislich höchst effektiv bei der Veränderung
dysfunktionaler Denk- und Verhaltensweisen
▪ Narzissten lernen beispielsweise gezielt über bestimmte Sichtweisen nachzudenken
und diese von Verzerrungen zu befreien
 Berechtigte Meinungen, Sichtweisen und Vermutungen
● Therapie stützt sich auf ein Geflecht aus Theorien, welche dabei helfen, verzerrte und häufig
selbstschädigende Wahrnehmungen zu verändern
● Methode: Aufmerksamkeit auf Selbstgespräch richten und den Wahrheitsgehalt innerer
Dialoge testen
● Begründer der Schema Therapie: Jeffrey Young
● Grundlage: Kognitive Therapie von Beck
● Das Modell bietet einen übergeordneten und effektiven Ansatz zum Umgang mit Narzissmus
● Schema Therapie ist ein integratives psychotherapeutisches Modell:
● Kombination von bewährten kognitiven und behavioralen Techniken mit anderen
gängigen Therapieformen:
● Interpersonale, emotionsbasierte und Gestalttherapie
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Die Schema Therapie verzeichnet große Erfolge im Umgang mit schwierigen Patienten
Fehlanpassungen werden in der Kindheit oder im Jugendalter ausgelöst
Entstehen durch frühe negative Ereignisse, bei denen fundamentale Bedürfnisse nicht
befriedigt wurden
Schemata beruhen auf Annahmen oder Kognitionen und beinhalten außerdem Emotionen
und körperliche Gefühle
Die Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes ist beeinflusst durch genetische und
Umweltfaktoren
Wenn dysfunktionalen Schemata angeregt werden, werden Entscheidungen und Verhalten
durch frühere Ereignisse beeinflusst
Die Wahrnehmung wird also unbewusst verzerrt
Fehlerhafte kognitive Schemata , die im Zusammenhang mit Narzissmus
stehen
1. Misstrauen / Missbrauch
● Die Erwartung, dass andere einen verletzen, missbrauchen, demütigen, betrügen, belügen
oder ausnutzen
● Begleitet von dem Gefühl, dass diese Verletzungen absichtlich sind oder das Ergebnis
besonderer Fahrlässigkeit
● Häufig entsteht das Gefühl immer betrogen zu werden und immer Pech zu haben
● Narzissten glauben, dass Personen nur nett zu ihnen sind, wenn diese sie ausnutzen wollen
● Sie vermeiden Intimität und sind anderen gegenüber stets skeptisch, was ihre Motive angeht
2. Emotionale Deprivation
● Erwartung, dass andere nicht die eigene Sehnsucht nach emotionaler Unterstützung erfüllen
● 3 Formen von Deprivation:
▪ Deprivation von Fürsorge: Mangel an Aufmerksamkeit, Zuneigung, Wärme oder
Gesellschaft
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▪
Deprivation von Empathie: Mangel an Verständnis, Zuhören, Selbstoffenbarung oder
wechselseitiger Austausch von Gefühlen
▪ Deprivation von Schutz: Mangel an Dauerhaftigkeit der Beziehung, Führung oder
Anleitung durch andere
● Gefühl, dass keiner seine Bedürfnisse befriedigen kann und ihn keiner so liebt, wie er ist
● Daher strebt der Narzisst nach Unabhängigkeit, Perfektion und Erfolg
3. Schandhaftigkeit / Scham
● Gefühl, dass man selbst nutzlos, schlecht, ungewollt oder minderwertig ist und dass man
nicht von anderen geliebt werden kann
● Häufig auch hypersensitive Reaktionen auf Kritik, Ablehnung, Schuldgefühle und Unsicherheit
in der Gegenwart von anderen
● Gefühl vom Scham bezüglich vermeintlicher eigener Schwachstellen
● Der Narzisst fühlt sich nicht liebenswert und schämt sich für sich selbst
● Davon lenkt er sich z.B. durch Arbeitssucht ab und strebt nach Anerkennung
4. Anspruchsdenken / Großartigkeit
● Annahme, dass man anderen überlegen ist und daher besondere Rechte und Privilegien
besitzt
● Meinung, dass man selbst alles bekommen und tun sollte, was man möchte, ungeachtet der
Kosten für andere
● Stetiger Wettbewerb mit anderen und Streben nach Dominanz und Erfolg
● Das Markenzeichen des Narzissten: Er verlangt ständig eine Sonderbehandlung und träumt
von Grandiosität
● Er gibt sich überlegen und wichtig, auch als Ablenkung von der eigenen Fehlerhaftigkeit
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●
Insgesamt hat Young 18 fehlangepasste kognitive Schemata benannt
Die weiteren sind:
● Abbruchtendenz / Instabilität
● Soziale Isolation / Distanzierung
● Abhängigkeit / Inkompetenz
● Vulnerabilität für Leid und Krankheit
● Unterentwicklung des Selbst
● Misserfolg
● Selbst-Aufopferung
● Pessimismus
● Emotionale Unterdrückung
● Bestrafung
5. Unzulängliche Selbstkontrolle / Selbstdisziplin
● Unfähigkeit, sich selbst zu kontrollieren und Frustration zu ertragen, um eigene Ziele zu
erreichen und Gefühlsausbrüche zu verhindern
● Man versucht, Unannehmlichkeiten wie Konflikte, Schmerz oder Verantwortung zu
vermeiden, allerdings auf Kosten von Selbsterfüllung, Commitment oder Integrität
● Narzisst akzeptiert keine Grenzen und hat geringe Toleranz für
Unannehmlichkeiten
● Er besteht darauf das zu bekommen, was er will, und akzeptiert keine
Wartezeiten und kein „Nein“
6. Unterwerfung
● Exzessive Abgabe von Kontrolle an andere, um Ärger, Vergeltung und Verlassenwerden zu
vermeiden
● 2 Formen:
▪ Unterwerfung von Bedürfnissen: Unterdrückung eigener Präferenzen und Wünsche
▪ Unterwerfung von Emotionen: Unterdrückung von Emotionsausdrücken, besonders
von Ärger
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●
●
●
Gefühl, dass eigene Meinungen oder Gefühle für andere nicht wichtig sind
Angestaute Emotionen können sich in passiver Aggression, psychosomatischen Symptomen
oder unkontrollierten Gefühlsausdrücken entladen
Kontrolle oder kontrolliert werden: Narzissten kontrollieren gerne, können aber auch in die
gegenteilige Haltung verfallen
7. Unbeugsame Standards / Das Überkritische
● Die Überzeugung, dass man sich anstrengen muss, um hohe Leistungsstandards zu erreichen
● Diese Tendenz kann zu hoher Selbstkritik führen, was negative Auswirkung auf die eigene
Gesundheit, den Selbstwert und das Wohlbefinden hat
● 3 Formen:
▪ Perfektionismus: übermäßige Beachtung von Details und Unterschätzung der
eigenen Leistung
▪ Rigide Regeln: besonders hohe moralische, ethische, kulturelle oder religiöse
Anforderungen
▪ Überwachung von Zeit und Leistung, um mehr zu schaffen
● Verzicht auf Spontaneität und Spaß, um alles perfekt zu machen
● Gefühl von Rastlosigkeit, wenn etwas nicht nach Plan läuft
8. Streben nach Anerkennung und Bestätigung
● Exzessives Streben nach Anerkennung und Aufmerksamkeit von anderen, um ein stabiles
Selbstwertgefühl zu konstruieren
● Der eigene Selbstwert ist vornehmlich von der Reaktion anderer abhängig
● Häufig Überbetonung des eigenen Status und der Macht
● Konsequenz sind unbefriedigende Entscheidungen oder Angst vor Ablehnung
● Ständige Suche nach Bestätigung und Aufmerksamkeit
● Dies kann als Überkompensation der eigenen Einsamkeit und Unzulänglichkeit verstanden
werden
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Textzusammenfassung für „Narzissmus im Vormarsch: Herausforderung für
die Schule“
Hans-Werner Bierhoff, RUB
Konkrete Tipps zum Umgang mit narzisstischen Menschen
●
Personen mit narzisstischen Eigenschaften brauche Erfolge um ihrem überhöhten Selbstbild
zu entsprechen
● Sie stellen hohe Erwartungen an sich selbst und fühlen sich durch Misserfolge bedroht
 Narzisstische Menschen lassen sich im Leistungsbereich nur ungern übertreffen
 Erfolge werden selbstattribuiert, Misserfolge fremdattribuiert
 Bedrohliche Leistungsrückmeldungen werden abgewertet oder deren Quelle wird
herabgesetzt
 Umgekehrt messen sie positiven Rückmeldungen eine hohe Gültigkeit zu
 Narzissten halten diejenigen, die sie positiv bewerten für besonders kompetent
 bestimmte Situationen werden in manchen Fällen gemieden (z.B.
Prüfungssituationen) oder durch ‚Selbsthandicaps‘ neutralisiert
● Personen mit narzisstischen Eigenschaften brauchen Erfolge, um ihrem überhöhten
Selbstbild zu entsprechen
● Sie stellen hohe Erwartungen an sich selbst und fühlen ich durch Misserfolge bedroht
 Wichtig:
 überzogenes Leistungsideal klar machen
 Realistische Erwartungen fördern
 vermitteln, dass Fehler machen nichts schlimmes ist und nichts daran ändert, dass
man als Person wertvoll ist
 Herabsetzungen und Anschuldigungen nicht persönlich nehmen
 Kritik nie personenbezogen sondern sachlich und konstruktiv vermitteln
● narzisstische Personen sind abhängig von äußerem Lob und Anerkennung
● sie brauchen die Bewunderung anderer Personen zur Stärkung ihres Selbstwertgefühls und
zur Bestätigung ihrer Großartigkeitsüberzeugung
 Wichtig:
 intrinsische Motivation aufbauen
 erkennen, dass man etwas für sich selbst tut und nicht für andere
 Fähigkeit zum Selbstlob fördern
 realistische Erwartungen fördern
 positive Selbstidentität aufbauen
● Fokus auf dem Selbst ohne Rücksicht auf andere
● Machtorientierung und Instrumentalisierung anderer zur Zielerreichung
● Verlogenheit, Arroganz, mangelnde Impulskontrolle, aggressive Ausbrüche
 Wichtig:
 Soziale Kompetenzen trainieren:
- Üben, die Bedürfnisse anderer wahrzunehmen und zu respektieren
- Richtiges ‚Streiten‘ lernen und den Umgang mit Konflikten
- Kompromissfähigkeit fördern
- mehr kommunale, expressive Eigenschaften fördern:
anderen helfen ihre Ziele zu erreichen, konstruktive
Teilnahme an sozialen Beziehungen statt Ausbeutung
 Möglichkeiten zum Umgang mit stresshaften Situationen aufzeigen, Affektregulation
und Frustrationstoleranz üben
● Intensiver Medienkonsum vermittelt narzisstische Rollenmodelle
● Narzisstische Promis als Vorbilder
● Druck von den Eltern, die überzeugt sind, ein besonderes Kind zu haben
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 Wichtig:
 Bewusstsein schaffen für übersteigerte Erwartungen und Ideale
 Eigenverantwortung und soziale Verantwortung in Balance bringen
 Positive Selbstidentität schaffen
 Integriertes Selbst: realistisches Selbstwertgefühl
 Stabile Identität: (selbst-)sicheres Identitätsgefühl (nicht abhängig von
anderen)
 Den Schülern helfen herauszufinden, was man will und wer man ist, was man
erreichen möchte und was man erreichen kann
 Unrealistische Überzeugungen und Erwartungen abbauen
 Gruppenstruktur fördern (Gruppenarbeit)
 Schüler lernen, sich in eine Gruppe einzufügen, auch mal zurückzustecken, anderen
mit Respekt zu begegnen und gemeinsam Lösungen zu finden
 Videoaufzeichnungen
 Analyse und Diskussion von Negativ- und Positivbeispielen
 Erkennen von destruktiven Verhaltensweisen
 Herausstellung alternativer Verhaltensweisen
 Rollenspiele
 Einübung neuer Verhaltensweisen
 Gedankendisputation
 dysfunktionale Gedanken erkennen, in Frage stellen und durch konstruktive ersetzen
 Sowohl ein permissiver, verwöhnender Erziehungsstil als auch emotionale Kälte und
Vernachlässigung können narzisstische Eigenschaften bei Kindern hervorrufen
 wichtig bei der Kindererziehung:
 wertschätzende, akzeptierende Haltung
 Sicherheit und Geborgenheit geben
 klare Grenzen setzen und konsequent bleiben
 Empathie und Mitgefühl vermitteln Im Allgemeinen:
 vermitteln, dass das Kind um seiner selbst willen geliebt wird, ohne etwas dafür tun
zu müssen
 Bemühungen belohnen und nicht nur Erfolg
 dem Kind nicht permanent sagen, es sei etwas Besonderes
Umgang mit Personen mit narzisstischen Eigenschaften
●
●
Im Allgemeinen:
▪ Kindern und Jugendlichen mit wertschätzender, akzeptierender Haltung begegnen
▪
ihnen vermitteln, dass sie als Person akzeptiert werden
▪ Kritik und Zurechtweisungen sachlich formulieren (nicht personbezogen) und
alternative, gewünschte Verhaltensweisen aufzeigen
▪ Klare Regeln aufstellen, die für alle gelten und konsequent durchsetzen
▪ narzisstische Schüler nicht anders behandeln als alle anderen auch
Im Schulalltag:
▪ Schüler für positive Dinge loben
▪ Unerwünschtes Verhalten ignorieren bzw. unterbinden
▪ Bei Missachtung der Regeln die (vorher ausgemachten) Konsequenzen folgen lassen
▪ Hausaufgaben kontrollieren (zur Vermeidung von Selbsthandicaps)
▪ Bei Gruppenarbeit darauf achten, dass jeder mitarbeitet und seinen Teil beiträgt
▪ evtl. Kenntlichmachung wer was gemacht hat (zur Vermeidung der
Instrumentalisierung anderer)
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Wichtig für den Pädagogen selbst:
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▪
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▪
▪
Sich bewusst sein, dass Diskussionen mit betroffenen Personen nahezu unmöglich
sind, da kein Einsehen vorhanden ist und tatsächlich auch eine andere (verzerrte)
Wahrnehmung vorliegt
Sich bewusst sein, dass Betroffene Schwierigkeiten mit Konflikten haben, abwertend
und mitunter aggressiv reagieren können
abwertende und verletzende Reaktionen sowie Übergriffe nicht persönlich nehmen
Sich zur Gewohnheit machen, sich innerlich abzugrenzen
Auch die eigenen Bedürfnisse und Wünsche im Blick behalten
Nicht ständig zurückstecken nur um Konflikte zu vermeiden
Eigene Sicherheit, Selbstbewusstsein und Souveränität wahren
Wahren der eigenen Integrität, Schlagfertigkeit, Entschiedenheit und Standfestigkeit
1. Selbstsicher bleiben
 jeder, der sich klein macht, lädt andere dazu ein, auf ihm herumzutrampeln
2. Zurückspiegeln
 Übergriffe oder Vorwürfe aufgreifen und auf den anderen anwenden
3. Bewahren der Leichtigkeit
 z.B. mit Humor oder der „Danke, gleichfalls“-Technik den anderen neutralisieren
4. Sich distanzieren
 Ganz bei sich bleiben und nicht emotional reagieren, sich innerlich abgrenzen um
sich selbst zu schützen
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