Erwachsen sein Datei

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Wie erwachsen sind Sie eigentlich?
http://www.persoenlichkeits-blog.de/article/4403/wie-erwachsen-sind-sie-eigentlich sho 1/11
Älter wird man von allein. Aber auch erwachsen? Aktuelle Probleme im beruflichen und privaten
Bereich kann man auf dem Hintergrund von unbewussten Konflikten aus der Herkunftsfamilie
klären und bearbeiten. Dabei wird immer wieder schmerzlich bewusst, wie tief wir in manchen
Situationen noch in kindliche Verhaltensmuster verstrickt sind.
Dafür gibt es viele Beispiele:

Ein Mitarbeiter ärgert sich über eine ungerechte Rüge seines Vorgesetzten. Anstatt dies in
einem Gespräch zu klären, lässt er sich von seinem Hausarzt für eine Woche krankschreiben.

Im Projekt lief etwas schief. Anstatt nach der Ursache und Lösungsmöglichkeiten zu suchen,
brüllt der Projektleiter alle zusammen (“Alles Idioten hier!”). Keiner traut sich, den Leiter auf
sein unpassendes Verhalten hinzuweisen.

Jemand stellt sein Auto im absoluten Halteverbot ab. Als er nach einer Viertelstunde den
Strafzettel am Scheibenwischer entdeckt, wirft er ihn zornentbrannt auf die Straße und hat
den Rest des Tages schlechte Laune.
Aber woran erkennt man, ob man erwachsen ist?
Zentral ist dabei aus meiner Sicht die geglückte Ablösung von den Eltern. Der Erwachsene geht dabei
seinen eigenen Weg im Leben und bleibt gleichzeitig mit den Eltern in einer guten Weise verbunden.
Gelingt dies nicht oder versäumt man diese, kann es passieren, dass man als Erwachsener in
bestimmten Situationen mit anderen zu kindlichen Strategien greift.
Doch diese Ablösung ist nicht leicht, passiert selten von selbst und ist meist mit äußeren oder
inneren Konflikten und heftigen Gefühlen verbunden. In der Arbeit mit Menschen erlebe ich vier
Formen von Nicht-Erwachsensein:
1. Anpassung
Hier verhält sich der Erwachsene so, wie es die Eltern von ihm erwarten. Oft wohnt man dann
geographisch in der Nähe, besucht sich oft oder hält die Nähe über sehr häufige Besuche oder
Telefonate.
Die Beteiligten finden dabei gar nichts Seltsames, bezeichnen es als ein “inniges Verhältnis”. Nur der
Partner oder Außenstehende wundern sich, prallen aber mit ihren Ansichten an der familiären Front
regelmäßig ab.
2. Rebellion
Hier ist es andersherum, der Erwachsene tut genau das Gegenteil von dem, was die Eltern oder
andere Autoritätspersonen von ihm erwarten. Oft zieht man dabei absichtlich sehr weit weg vom
Wohnort der Eltern, um so für mögliche Besuche eine gute Ausrede zu haben.
Doch Rebellion ist Anpassung mit umgekehrtem Vorzeichen — und genau so leicht vorhersagbar. In
der Pubertät ist Rebellion eine wichtige Strategie, um sich von den Eltern abzugnabeln. Doch manche
Menschen reagieren im gesetzten Alter noch pubertär und bekämpfen lustvoll “die da oben”.
Bisweilen findet man dann im Betriebsrat oder einer Gewerkschaft auch ein äußerlich akzeptiertes
Schlachtfeld für den inneren Guerillakrieg.
3. Kontaktabbruch
Manche Erwachsene sind von den Eltern so verletzt oder enttäuscht, dass sie seit Jahren keinen
Kontakt mehr zu ihnen haben und ihrem eigenen Kind sogar die Großeltern verweigern.
So notwendig einem eine solche Kontaktsperre für das eigene psychische Wohlergehen vorkommen
mag, es ist keine gute Lösung. Für beide Seiten nicht. Denn auf der inneren Leinwand bleiben die
Eltern damit riesengroß und furchterregend und man selber klein und schwach.
Das entspricht aber nicht der Realität. Eltern und erwachsene “Kinder” sind gleich groß, sind auf
Augenhöhe, doch wenn die inneren Bilder das äußere Geschehen überlagern, scheint manchem der
Kontaktabbruch als einzige Waffe. Oft auch, um die Eltern nachträglich zu bestrafen oder sich zu
rächen.
4. Unberechtigte Erwartungen
Ich bin immer wieder erstaunt, wie gestandene Männer oder Frauen von ihren — oft hochbetagten
Eltern erwarten, dass diese sich noch ändern müssten. Sie erwarten eine Entschuldigung für
erlittenes Unrecht, nicht erhaltene Wärme oder Verständnis usw.
Auch hier zeigt sich, wie ein Erwachsener sein Wohlergehen noch abhängig macht vom vermeintlich
“richtigen” oder “gerechten” Verhalten eines Elternteils. Und der Erwachsene ist vielleicht 45 Jahre
alt — und die Mutter 79!
Doch wie löst man sich von den Eltern?
Das hat meist weniger mit äußeren Handlungen zu tun, sondern mehr mit einer Veränderung der
inneren Einstellung zu den Eltern. Doch ist diese Änderung der eigenen Landkarte oft nicht leicht und
fast immer von heftigen Gefühlen begleitet. Vor diesen Gefühlen fürchten sich viele Erwachsene und
die vier oben beschriebenen Verhaltensweisen helfen ja auch zuverlässig, diese Emotionen nicht
oder weniger zu spüren.
Aber Nichtgefühltes ist nicht verschwunden. Der unaufgelöste Konflikt besteht weiterhin. Weniger
zwischen dem Erwachsenen und den Eltern, denn manchmal sind die Eltern ja auch längst tot. Der
Konflikt lagert als giftiger “Restmüll” in dem Menschen selbst als innere Spannung.
Wenn Sie Ihren Frieden mit Ihren Eltern machen wollen, hier einige hilfreiche Betrachtungsweisen:

Ihre Eltern haben Ihnen Ihr Bestes gegeben.
Das mag nicht das Beste gewesen sein, das vorstellbar ist, aber es war das Beste, was Ihre
Eltern im Rahmen ihrer Möglichkeiten zur Verfügung hatten.
Meist können Eltern nur das weiter geben, was Sie selbst als Kind bekommen haben. Und
gerade ältere Erwachsene hatten Eltern, die noch den Krieg erleben und verarbeiten
mussten. Und infolgedessen mehr mit Existenzfragen beschäftigt waren als mit Themen der
bestmöglichen Erziehung. Sie selber mussten “funktionieren” und verlangten das unbewusst
auch von Ihnen.

Ihre Eltern schulden Ihnen nichts mehr.
Ihre Mutter hat Sie unter Schmerzen und Gefahr für das eigene Leben geboren. Ihre Eltern
haben Sie unter großen Mühen und Entbehrungen großgezogen. Mit anderen Worten: der
Job Ihrer Eltern ist getan, sonst wären Sie jetzt nicht hier und könnten das lesen.
Ihre Eltern haben Ihnen das Wichtigste geschenkt: das Leben. Was Sie jetzt daraus machen,
liegt ganz bei Ihnen. So lange Sie noch darauf warten, dass Ihre Eltern sich ändern, etwas
einsehen, sich entschuldigen, machen Sie sich kleiner und abhängig.

Ihre Eltern waren und sind “nur” Menschen.
Es sind nicht die bewundernswerten Vorbilder von früher — aber auch nicht die Monster, als
die Sie Ihnen vielleicht als Siebenjährigem vorkamen. Es sind einfach ganz normale Leute mit
Vorzügen und Schwächen.
Und Elternsein ist keine leichte Aufgabe. Das merkt man spätestens mit eigenen Kindern.
Und früher gab es kaum vernünftige Erziehungsratgeber und wenig Diskussion oder
Bewusstheit für elterliche und kindliche Belange.

Sie brauchen Ihren Eltern nicht verzeihen oder vergeben.
Das ist nicht angemessen. Wer vergibt oder verzeiht, kommt sich schnell großherzig und edel
vor. Und wird innerlich dann größer als die bösen und uneinsichtigen Eltern. Es gibt aber
gar nichts zu verzeihen.
Denn was Ihnen Ihre Eltern möglicherweise angetan haben, hatte nichts mit Ihnen zu tun.
Und viel mehr mit den unverarbeiteten Konflikten Ihrer Eltern, mit deren Hilflosigkeit und
Überforderung in bestimmten Situationen.
Glauben Sie nicht? Schauen Sie ein paar Folgen von “Super-Nanny” und Sie können bei
anderen Eltern sehen, wie diese sich durch Vier– oder Fünfzehnjährige an den Rand der
Verzweiflung bringen lassen, rumbrüllen und zuschlagen. Nicht weil die Kinder böse sind
oder die Eltern, sondern weil die Eltern mit ihrer Rolle überfordert sind.
Doch diese Einsichten allein helfen meistens nicht. Es braucht die emotionale Auseinandersetzung
mit den Eltern. Das geht selten mit den realen Eltern. Oft würden Sie mit Ihren Fragen oder Gefühlen
von ihnen nicht verstanden werden oder Sie erfahren nur Rechtfertigungen oder vehementes
Abstreiten, wenn Sie über Schwieriges sprechen wollen.
Die gute Nachricht dabei: Sie brauchen Ihre realen Eltern dazu nicht.
Hier ein Experiment, um etwas über Ihre Bindung zu Ihren Eltern bzw. die Ablösung zu erfahren.
Setzen Sie sich an einen ruhigen Platz, an dem Sie ein paar Minuten ungestört sind. Schließen Sie Ihre
Augen und richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihren Körper, Ihre Gefühle und Ihre Gedanken.
Anders gesagt: werden Sie innerlich achtsam.
Dann stellen Sie sich mit geschlossenen Augen Ihre beiden Eltern vor, wie diese in einem für Sie
passenden Abstand vor Ihnen stehen.
Beobachten Sie, was sich Ihnen verändert, wenn Sie Ihre Eltern innerlich vor sich sehen oder spüren.
Spannt sich etwas an? Atmen Sie schneller? Bekommen Sie ein komisches Gefühl? Haben Sie einen
bestimmten Gedanken?
Jetzt kommt das Experiment. Sagen Sie laut zu Ihren Eltern den Satz: “Ihr seid meine Eltern — und
ich achte Euch.”
Beobachten Sie genau, was vielleicht schon jetzt beim Lesen dieses Experiments in Ihnen abläuft.
Und was Sie, wenn Sie das Experiment machen, alles in Ihnen passiert.
“”
Auf diese Weise können Sie erleben, auf welche Weise Sie mit Ihren Eltern derzeit verbunden sind.
Ängstlich, vorwurfsvoll, ablehnend, skeptisch? Oder wohlwollend und im Frieden.
Ich kann Sie beruhigen: viele Menschen haben ungeklärte Themen mit ihren Eltern, die sich auf die
unterschiedlichste Weise zeigen können. Zum Beispiel in der Partnerschaft, wie ich am Beispiel von
nicht abgelösten Männern in meinem ersten Buch beschrieben habe.
Manchmal ist es auch hilfreich, sich professionelle Unterstützung bei dieser Ablösungsarbeit zu
holen, denn die dabei auftretenden inneren Konflikte und Gefühle können heftig sein. Unterstützend
kann zum Beispiel eine tiefenpsychologisch orientierte Psychotherapie oder eine Familienaufstellung
sein.
Eine andere Möglichkeit ist, Ihre ungeklärten Eltern-Themen im Beruf kreativ zu bearbeiten, wie es
beispielsweise mein Lieblingskomiker hier tut:
http://www.youtube.com/watch?v=NChyZufvrPI&feature=player_embedded
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