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ÖSTERREICHISCHE LITERATUR
Arthur Schnitzler
1. Lies den folgenden Auszug (Text 1) aus dem Briefwechsel zwischen Arthur Schnitzler und
Sigmund Freud. Welche Qualitäten bescheinigt Freud seinem Brieffreund?
2. Stelle Schnitzlers „Traumnovelle“ dar. Gib zunächst den Inhalt wieder und charakterisiere
Fridolin und Albertine, die beiden Protagonisten. Erkläre anschließend, inwieweit das
Dargestellte den tiefenpsychologischen Theorien Freuds entspricht.
3. Fasse den Auszug aus der „Deutsch-Österreichischen Tages-Zeitung“ (1922, Text 2)
zusammen. Was wird Schnitzler vorgeworfen? Erläutere dies an seinen Werken „Der
Reigen“, „Leutnant Gustl“ und „Fräulein Else“. Woran übt Schnitzler Kritik?
4. Gib die wesentlichen Aussagen des Artikels (Text 3) wieder. Begründe, welche Kritik Arthur
Schnitzler möglicherweise an der heutigen Gesellschaft üben würde.
Text 1:
Sigmund Freud in einem Brief an Arthur Schnitzler (14. Mai 1922):
„Ihr Determinismus wie Ihre Skepsis - was die Leute Pessimismus heißen -, Ihr Ergriffensein von den
Wahrheiten des Unbewussten, von der Triebnatur des Menschen, Ihre Zersetzung der kulturellkonventionellen Sicherheiten, das Haften Ihrer Gedanken an der Polarität von Lieben und Sterben, das alles
berührte mich mit einer unheimlichen Vertrautheit. [...] So habe ich den Eindruck gewonnen, dass Sie durch
Intuition - eigentlich aber in Folge feiner Selbstwahrnehmung - alles das wissen, was ich in mühseliger Arbeit
an anderen Menschen aufgedeckt habe.“
Text 2:
Auszug aus „Deutsch-Österreichische Tages-Zeitung“, Wien. (24. April 1922):
„Das im Wiener Rathause versammelte arische Wien erhebt in schärfster Weise Einspruch gegen die
weitere Aufführung der zahlreichen, jüdischen, auf die Vergiftung unserer Volksseele abzielenden
Schweinereien auf unseren Wiener Schaubühnen, insbesondere gegen die weitere Aufführung von
Schnitzlers >Reigen<. Nicht die Befriedigung künstlerischer Bedürfnisse, sondern die Ausnützung der leicht
zu erregenden erotischen Triebe, die Vernichtung aller der jüdischen Geistesrichtung entgegenstehenden
einfachen sittlichen Empfindungen ist der Zweck dieser Aufführungen. Geld- und Machtgier waren schon
immer die Triebkräfte allen jüdischen Handelns.[...] Kein anständiger Deutscher wird diese Verherrlichung
eines jüdischen Dichters mitmachen.“
Text 3:
http://oe1.orf.at/artikel/305688 14.05.2012
Subtiler Psychologe
Arthur Schnitzler zum 150. Geburtstag
Mit Gustav Klimt hat er nicht nur das Geburtsjahr, sondern auch die Herkunft gemein: Wien feiert in diesem
Jahr den 150. Geburtstag Arthur Schnitzlers. Die deutschsprachige Theatergemeinde feiert mit.
Geschrei und Gebrüll in den Logen, Bänke und Sessel fliegen durch den Zuschauerraum: Zimperlich ging
das Wiener Publikum nicht um mit dem Dramatiker Arthur Schnitzler. Sein „Reigen“ stieß bei der ersten
Aufführungsserie in seiner Heimatstadt 1921 auf so wenig Gegenliebe, dass die Bühnenarbeiter zu
Wasserschläuchen griffen, um den Tumult aufzulösen.
„Der Reigen“ war nicht das einzige Stück Schnitzlers, das einen Skandal und Prozesse auslöste. Heute ist
das Werk des Wieners Dauerbrenner auf deutschsprachigen Bühnen. Am 15. Mai vor 150 Jahren wurde
Schnitzler geboren.
Der Gesellschaft einen Spiegel vorgehalten
In seinen Dramen und Erzählungen hielt Schnitzler der Gesellschaft an der Wende vom 19. ins 20.
Jahrhundert den Spiegel vor. Angeregt von neuen Erkenntnissen der Psychologie, die mit Sigmund Freud
ebenfalls in Wien zu Hause war, nahm der Sohn aus großbürgerlichem jüdischen Haus die Motivationen
menschlichen Tuns und die unterschwelligen Konflikte im Zusammenleben unter die Lupe.
Seine Dissertation verfasste Schnitzler über Hypnose, mit Sigmund Freud, der etwa gleichzeitig Medizin
studierte, verband ihn auch später wohlwollender Austausch und das gemeinsame Interesse am
Unterdrückten. „So habe ich den Eindruck gewonnen“, schrieb Freud zu Schnitzlers 60. Geburtstag, „dass
Sie durch Intuition - eigentlich aber in Folge feiner Selbstwahrnehmung - alles das wissen, was ich in
mühseliger Arbeit an anderen Menschen aufgedeckt habe.“
Freuds Annahmen zur Traumdeutung interessierten ihn ebenso wie die Vorstellung des Unbewussten wenn er auch stets in kritischer Distanz dazu blieb und vor Spekulation warnte. Schnitzler studierte Medizin
und assistierte einem damals bekannten Psychiater. Gleichzeitig entwickelte er großes schriftstellerisches
Interesse und fand schnell Aufnahme im richtungsweisenden Wiener Literatenzirkel um Hermann Bahr.
Verbotener „Professor Bernhardi“
Schon bald verband Schnitzler beide Begabungen. Mit dem Schauspiel „Der einsame Weg“, das 1904
uraufgeführt wurde, oder der Tragikomödie „Das weite Land“ (1911) schuf er Gesellschaftsdramen, in denen
er menschliche Motive analysierte. Er zeigte die Sexualität als primären Handlungsantrieb seiner Figuren,
offenbarte Unterschwelliges und stieß damit die bürgerliche Welt vor den Kopf.
In seiner Heimat blieb „Professor Bernardi“ bis zum Zerfall der Donaumonarchie 1918 verboten und wurde
auch dann heftig kritisiert. Dabei offenbarte die Kritik der Zeitgenossen zunehmend antisemitische Züge,
während sich Schnitzler selbst in einer Briefnotiz „keineswegs als einen jüdischen Dichter, sondern als einen
deutschen Dichter“ definierte.
Der Siegeszug des Antisemitismus blieb Schnitzler knapp erspart: Schon nach dem Selbstmord seiner
Tochter Lili im Jahr 1928, die er nach der Scheidung von seiner Frau Olga Gussmann allein aufgezogen
hatte, war Schnitzler tief erschüttert. Am 21. Oktober 1931 starb er 69-jährig an einer Hirnblutung. Sein
Ehrengrab im alten israelitischen Teil des Wiener Zentralfriedhofs befindet sich neben Friedrich Torberg und
Gerhard Bronner.
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