oktober - Advent-Verlag Lüneburg

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OKTOBER
Morgens: Jesaja 17–19
Abends: Epheser 5,17–33
SA 07.23 · SU 19.00 · KW 40
1
Dienstag
So leid es mir tut:
Aus Mangel an Zeit/Personal konnten die Andachten für
dieses Quartal nicht aufbereitet werden.
Die vorliegende Fassung ist eine maschinelle
Konvertierung vom Druck-PDF in Word. Eine
andere/bessere Datei kann ich den Webmastern diesmal
nicht zur Verfügung stellen.
Sollte sich jemand die Mühe machen, die Texte zu
bereinigen, könnte er mir diese Datei senden, damit ich
sie allen Webmastern auf unserer Internetseite zur
Verfügung stellen kann.
Ich hoffe, dass wir fürs nächste Jahr wieder die bereinigte
Form der Andachten liefern können.
Elí Diez-Prida
[email protected]
OKTOBER
Morgens: Jesaja 17–19
Abends: Epheser 5,17–33
SA 07.23 · SU 19.00 · KW 40
1
Dienstag
„Auch bis in euer Alter bin ich derselbe, und ich
will euch tragen, bis ihr grau werdet. Ich habe es
getan; ich will heben und tragen und erretten.“
Jesaja 46,4
Das Thema „älter werden“ ist so wichtig, dass die
UNO ihm Ende 1990 den von da an jeweils am 1.
Oktober stattfindenden International Day of Older
Persons (Weltweiter Tag der älteren Menschen)
gewidmet hat. Da die Weltbevölkerung statistisch
immer älter wird und die Menschen (erfreulicherweise) immer länger leben, sind der Umgang mit
älteren Menschen und ihre Teilhabe am sozialen
Leben sowie das Einbringen ihres Potenzials zu
immer stärker beachteten Themen geworden. Zahlreiche Autoren haben sich inzwischen – mehr oder
weniger ernst- oder anekdotenhaft – mit dieser Problematik auseinandergesetzt.
Eine geniale Bearbeitung des Themas ist der
deutsch-österreichische Film „Die Spätzünder“, in
dem Rocco, ein zum Sozialdienst im Seniorenheim
verdonnerter Sträfling (von Jan Josef Liefers gespielt),
mit seiner Oldie-Band „Rocco und die Herzschrittmacher“ den ersten Preis eines Musikwettbewerbs
gewinnt. Da die Heimleitung den Bewohnern absolute Ruhe und ein ereignisarmes, freudloses Dasein
verordnet hat, müssen die betagten Musiker und
Musikerinnen heimlich im Keller proben, was sie
nicht daran hindert, mit einem Riesenspaß bei der
Sache zu sein und ihr volles Potenzial zu entfalten.
Altwerden ist nichts für Feiglinge, betitelte Joachim Fuchsberger seine Autobiografie. Sicherlich
hat er Recht, wobei die wahre Herausforderung am
Älterwerden wohl in erster Linie darin besteht, sich
der eigenen Defizite und körperlichen Schwächen
nicht zu schämen und einen neuen, andersartigen
Lebensabschnitt zu akzeptieren. Das gelingt so
manchen nach ihrem aktiven Berufsleben leider
nicht. Die Bejahung dieses neuen Lebensabschnitts
kann völlig neue Perspektiven und Möglichkeiten
eröffnen, vielleicht auch noch einmal einen Neuanfang in einem anderen Umfeld unter veränderten
Bedingungen. Das kann spannend und herausfordernd sein, aber man braucht Mut dazu!
Eine Konstante bleibt jedoch: Unser Gott, der
uns ein ganzes Leben begleitet, bis in die Ewigkeit: „Auch bis in euer Alter bin ich derselbe, und
ich will euch tragen!“ Das gibt uns Hoffnung und
Zuversicht. Und wir alle können auch heute völlig
gelassen mit unserem Älterwerden umgehen und
uns auf Neues einlassen!
Heidemarie Klingeberg
OKTOBER
Morgens: Jesaja 20–22
Abends: Epheser 6
SA 07.24 · SU 18.57 · KW 40
2
Mittwoch
„Denn ich bin hungrig gewesen und ihr habt
mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen
und ihr habt mir zu trinken gegeben … Was ihr
getan habt einem von diesen meinen geringsten
Brüdern, das habt ihr mir [Jesus] getan.“
Matthäus 25,35a.40b
Es war spät am Abend. Ich stand im Untergeschoss
des Stuttgarter Bahnhofs und wartete auf die nächste U-Bahn nach Ostfildern. In solchen Situationen
beobachte ich gern die Leute und versuche zu erahnen, wie sie ihr Leben gestalten.
Oft begegnen mir Menschen, die gerade von
einem Konzert, einem Fußballspiel oder sonst einer
Veranstaltung kommen. Ihre Kleidung weist jedenfalls darauf hin. Meist sind junge Pärchen unterwegs, die – wie ich – froh sind, dass so spät noch
Straßenbahnen fahren.
An diesem Abend fiel mir nichts Besonderes
auf – bis ich in einiger Entfernung einen Stadtstreicher entdeckte, der von einem zum anderen ging
und seine Hand ausstreckte. Ich kannte ihn. Er war
mir schon ein paar Mal in der Stadt begegnet und
aufgefallen. Die Not war ihm anzusehen. Diesmal
wollte ich ihn nicht leer ausgehen lassen. Ich griff
nach meiner Geldbörse. Einen Euro hielt ich für
angemessen. Wenn jeder so viel geben würde …
Die meisten Passanten ließen ihn abblitzen. Bis
er zu einem älteren Herrn kam, der wohlgekleidet
wie ich einfach dastand und wartete. Als der verlotterte Mann die Hand ausstreckte, zog der Herr
sein Portemonnaie aus der Manteltasche, entnahm
einen Zehn-Euro-Schein und legte ihn lächelnd
in die Hand des Bettlers. Er lächelte zurück. Sie
wechselten kein Wort, aber ich hatte irgendwie
den Eindruck, als würden sie sich kennen. Wortlos verschwand der Geldschein in der ausgebeulten
Hosentasche. Danach drehte er sich zur Seite und
steuerte mit etwas schnellerem Schritt als vorher
auf die Rolltreppe zu. Als er an mir vorbeikam,
wusste ich nicht, was ich tun sollte. Er blieb nicht
stehen, sondern ging einfach an mir und den neben
mir Stehenden vorüber.
Ich hielt den Euro noch in meiner Hand … Ich
war beschämt. Die Begegnung des Stadtstreichers
mit dem älteren Herrn konnte ich nicht vergessen.
Das Lächeln auf ihren Gesichtern sehe ich heute
noch.
Wie oft habe ich mich schon gefragt, ob es sinnvoll ist, einem Stadtstreicher etwas in den Hut zu
werfen oder in die Hand zu geben. Warum frage
ich eigentlich danach?
Günther Machel
OKTOBER
Morgens: Jesaja 23–25
Abends: Philipper 1
SA 07.26 · SU 18.55 · KW 40
TAG DER DEUTSCHEN EINHEIT
3
Donnerstag
Daher kann er auch allen, die sich durch ihn
Gott nahen, vollkommene Errettung schenken;
er lebt ja allezeit, um fürbittend für sie einzutreten.
Hebräer 7,25 (Albrecht-Bibel)
Am 3. Oktober 1567 wurde Pietro Carnesecchi in
Rom von der Inquisition zum Feuertod verurteilt,
weil er seit 1540 die „häretische, falsche, unverschämte und skandalöse Lehre“ der Rechtfertigung
aus dem Glauben allein gelehrt hatte.
Für uns Menschen des „ökumenischen“ Zeitalters
klingen solche Berichte wie ein Raunen aus längst
vergangener Zeit. Haben nicht am Ende des 20.
Jahrhunderts Rom und der Lutherische Weltbund
gerade in der Rechtfertigungslehre einen „Grundkonsens“ festgestellt? Hat nicht der gegenwärtige
Papst dies als einen „Meilenstein“ in der Geschichte
der Annäherung der Kirchen bezeichnet? Behaupten nicht manche Ökumeniker sogar, die ganze
Sache der Reformation sei ein großes Missverständnis gewesen?
Tatsächlich gibt es heute bei den Begriffen wie
Gnade, Glaube und Werke eine Annäherung zwi-
schen Katholiken und der Reformation. Der Kern
der Sache freilich – kirchliche Heilsvermittlung oder
direkter Glaubenszugang zu Gott – bleibt davon
unberührt.
Für den Verfasser des Hebräerbriefes gelangt der
Gläubige über den Hohenpriester Christus direkt zu
Gott. Eine Heilsvermittlung über einen irdischen
Priester sowie der kirchliche Sakramentenmystizismus waren den ersten Christen unbekannt. Für sie
galt nur das eine, am Kreuz vollendete Opfer von
Jesus, der eine und sündlose Priester Christus und
die durch ihn vermittelte Lossprechung von Sünden. Hier knüpfte die Reformation wieder an und
befreite die Menschen aus der angemaßten Heilshierarchie (Papst, Bischof, Priester) und aus dem
sakramentalen Heilsautomatismus.
Das biblische Evangelium sichert uns zu, dass
wir jederzeit und an jedem Ort ohne menschliche
Vermittlung den himmlischen Hohenpriester anrufen dürfen, der uns Vergebung und Hilfe gewährt,
solange wir im Glauben stehen (Hbr 4,16; 10,22–23).
Diese Botschaft von der Nichtigkeit menschlicher
Heilsinstanzen und menschlicher Gebote hin zum
direkten Weg zu Gott über den Glauben ist eine Botschaft der persönlichen Befreiung und des Friedens.
Unabhängig vom Urteil Anderer über mich darf ich
im Glauben mein Herz zu Gott erheben und meiner
Annahme bei ihm gewiss sein. Danke, Herr, für dieses wunderbare Vorrecht!
Hans Heinz
OKTOBER
Morgens: Jesaja 26–27
Abends: Philipper 2
SA 07.27 · SU 18.53 · KW 40
4
Freitag
Seid alle Zeit fröhlich, betet ohne Unterlass, seid
dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille
Gottes in Christus Jesus an euch.
1. Thessalonicher 5,16–18
Einem Arzt fiel ein 96-jähriger Heimbewohner auf,
der stets zufrieden und freundlich war. Als er ihn
nach seinem Geheimnis fragte, lächelte der Alte
verschmitzt: „Ich nehme täglich zwei Pillen ein, die
mir helfen.“
Erstaunt erwiderte der Arzt: „Die habe ich Ihnen
doch gar nicht verschrieben!“
Lächelnd entgegnete der Alte: „Das können Sie
auch gar nicht, Herr Doktor. Am Morgen nehme
ich die Pille Dankbarkeit und am Abend die Pille
Zufriedenheit. Diese Tabletten haben ihre Wirkung
noch nie verfehlt.“
Der Arzt meinte daraufhin: „Da haben Sie Recht,
Dieses Rezept werde ich gerne weiterempfehlen.“
Während ich diese Zeilen schreibe, habe ich die
Gelegenheit, das Rezept auszuprobieren. Vor unserem Haus haben Bauarbeiter die Telefonkabel beim
Baggern zerrissen. Nach zwei Tagen kam ein Tech-
niker von der Telefongesellschaft, um den Schaden
zu reparieren, aber er ging unverrichteter Dinge
wieder weg, denn dafür sei ein anderer Techniker
zuständig. Bei der Aussicht, erneut Tage warten zu
müssen, wollte ich aus der Haut fahren und mich
beschweren. Doch dann besann ich mich darauf,
zufrieden und geduldig abzuwarten.
Wie leicht und schnell verlieren wir Menschen
die Balance! Dankbarkeit und Zufriedenheit sind
geistliche Eigenschaften, um die zu bitten Paulus
den Christen in Thessalonich eindringlich empfahl. Gott will unser Herz durch den Heiligen Geist
mit seiner unerschöpflichen Liebe füllen. Jesus hat
dafür sein Leben am Kreuz für jeden einzelnen hingegeben. Wenn das kein Grund ist, fröhlich und
dankbar zu sein!
Starten wir noch heute die Medikation mit den
zwei „Wunderpillen“! Morgens gleich nach dem
Aufwachen eine „Pille“ Dankbarkeit: dafür, dass
wir überhaupt aufgewacht sind und auch für die
Aussicht, diesen Tag mit Gott zu erleben. Abends
die „Pille“ Zufriedenheit: nach dem Dank für das
am Tag Erlebte die Bitte um Gelassenheit im Blick
auf das, was wir nicht geschafft haben, und um
Zufriedenheit mit dem Erreichten.
Adam Schiller
Der Dank ist eine Gewalt, vor der alle finsteren
Mächte weichen. (Hermann Bezzel)
Zufriedenheit wandelt in Gold, was immer sie
berührt. (Benjamin Franklin)
OKTOBER
Morgens: Jesaja 28–29
Abends: Philipper 3
SA 07.29 · SU 18.51 · KW 40
5
Sabbat
Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern
von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes
geht.
Matthäus 4,4b
Erntedank. Das Getreide wuchs gut in unserem
Land; es gibt genügend Brot und in außerordentlicher Vielfalt. Wir werden immer satt. Unser Körper wird durch Brot mit Energie versorgt – durch
Mineralstoffe, Ballaststoffe und Vitamine. Es fehlt
an nichts, und es gibt noch viele andere Lebensmittel in reicher Auswahl.
Das war nicht immer so. Nach dem Zweiten
Weltkrieg hatten wir – selbst auf dem Dorf lebend –
quasi nichts zu essen. Zahllosen Menschen auf der
Welt geht es heute genauso.
Erntedank. Wir feiern in der Gemeinde. Ein
reicher Gabentisch steht vorne. Wir geben ab von
unserem Reichtum – an ärmere Menschen. Und das
ist gut so.
Gottes Wort wird auch als „Brot“ bezeichnet.
Eine Bibel kann bei uns jeder kaufen – problemlos,
ungestraft. Wir dürfen Gottesdienste besuchen, in
denen Gottes Wort gepredigt wird. Öffentlich. Wir
dürfen Bibelkreise abhalten, Bücher über Gott lesen,
christliche Radio- und Fernsehsendungen produzieren, senden und anhören bzw. ansehen. Wir dürfen
Urlaub mit Christen machen, an Bibelfreizeiten teilnehmen – alles möglich. Wort Gottes, Lebensbrot in
Hülle und Fülle!
Brot nützt unserem Körper nur, wenn wir es
essen. Auch Gottes Wort entfaltet seine Kraft, wenn
wir es zu uns nehmen, lesen, verinnerlichen, damit
leben, es ausleben. „Der Mensch lebt nicht nur von
Brot“, sagte Jesus. Auch der Bäcker und die Brotverkäuferin im Supermarkt, die am Brot verdienen,
kommen an diesem Satz nicht vorbei: „Er lebt von
jedem Wort, das Gott spricht.“ (GNB) Leben, das
gelingen soll, braucht mehr als irdisches Brot, nämlich Orientierung, Zuspruch, Korrektur, Lebenssinn
und ein Ziel.
Erntedank. Dank für die Ernte, für das Brot, für
das Lebensbrot!
„Ich bin das Brot des Lebens“, sagte Jesus (Joh
6,35b). Wir sind auf ihn angewiesen, wenn wir
nicht hungern wollen – hungern nach Sinn, hungern nach Ewigkeit. Darum bitte ich: „Brich mir
das Lebensbrot, o lieber Herr, wie du das Brot einst
brachst am stillen Meer … Du bist ja selber, Herr,
das Lebensbrot, dein teures Wort macht frei von
Sünd’ und Tod!“ (Wir loben Gott, Nr. 102)
Albrecht Höschele
Wie gefällt Ihnen dieses Andachtsbuch?
Autoren und Verlagsteam haben ihr Bestes gegeben, damit Sie durch diese Andachten nicht nur
angesprochen, sondern auch in Ihrer Beziehung
zu Gott gestärkt werden. Wir würden uns sehr
freuen, wenn das gelungen ist!
Wenn Ihnen dieses Andachtsbuch (bzw. Andachtskalender) Freude bereitet, denken Sie bitte
daran, rechtzeitig die Ausgabe für 2014 zu bestellen – für Sie selbst oder für Menschen, denen
Sie zum Jahreswechsel ein wertvolles Geschenk
machen möchten.
Am besten gleich erledigen (Adressen siehe
Rückseite), denn erfahrungsgemäß wird es am
Jahresende knapp und dann könnte die von
Ihnen bevorzugte Fassung (Buch bzw. Abreißkalender) vergriffen sein.
Würden Sie gern das eine oder andere Thema,
das in den Andachten angesprochen wurde, vertiefen? Dann sehen Sie sich unsere Buchempfehlungen am Ende des Buches an. Es sind alles sehr
lebensnahe, leicht verständliche Bücher, die sich
auch zum Weitergeben an interessierte Freunde
eignen.
Weiterhin viel Segen beim Lesen der Andachten während der drei nächsten Monate!
Das Redaktionsteam des Advent-Verlags
Bezugsquellen fürs Andachtsbuch 2014
(Preis im Internet oder auf Anfrage)
Advent-Verlag (Deutschland)
Pulverweg 6, 21337 Lüneburg
Tel.: 0800 238 36 80 (kostenlos aus dem Festnetz)
bzw. 04131 9835-02, Fax: 04131 9835-500
Online-Shop: www.adventist-media.de
Top Life Center Wegweiser-Verlag (Österreich)
Prager Straße 287, 1210 Wien
Tel.: 01 229 4000, Fax: 01 229 4000 599
Internet: www.toplife-center.com
Advent-Verlag (Schweiz)
Leissigenstrasse 17, 3704 Krattigen
Tel.: 033 654 10 65, Fax: 033 654 44 31
Internet: www.advent-verlag.ch
OKTOBER
Morgens: Jesaja 30–31
Abends: Philipper 4
SA 07.31 · SU 18.48 · KW 41
Erntedankfest
6
Sonntag
Ein Mann war in Jerusalem, mit Namen Simeon;
und dieser Mann war fromm und gottesfürchtig
und wartete auf den Trost Israels, und der Heilige Geist war mit ihm.
Lukas 2,25
Wir wissen nichts über den Beruf, das Vermögen
und den Familienstand von Simeon. Wahrscheinlich gehörte er eher zu jenem Teil der Bevölkerung,
der nicht aus dem Vollen schöpfen konnte. Allerdings verrät uns der Text, dass er in Jerusalem
wohnte.
Diese Stadt hatte eine lange Geschichte und
dazu eine besondere. Bedeutende Männer der Bibel
hatten hier gelebt und gewirkt. Dabei erinnern wir
uns an die Könige David und Salomo. Aber das lag
schon rund 1000 Jahre zurück. Die großen Propheten Jesaja und Jeremia traten hier auf. Um 450 v.
Chr. kamen Esra und Nehemia nach Jerusalem. Sie
hatte Gott berufen, den Wiederauf bau der Stadt
zum Abschluss zu bringen und dem geistlichen
Leben neue Impulse zu geben.
Man könnte weitere Namen nennen. Aber das
Wahrzeichen und der Stolz der Stadt war ohne
Frage der Tempel. Die frommen Juden glaubten:
„Wo das Heiligtum steht, da ist Gott gegenwärtig.“
(Siehe 2 Mo 25,8.) Mehrfach in jedem Jahr strömten
aus dem ganzen Land -zigtausend Menschen in die
heilige Stadt, um große Feste zu feiern. Das erlebten
Pilger und Einheimische als besondere Höhepunkte.
Trotz ihrer großen Geschichte und Tradition
bot die heilige Stadt keine Gewähr dafür, „fromm
und gottesfürchtig“ zu werden wie Simeon. Auch
Deutschland ist dafür ein beredtes Beispiel. In vier
Jahren werden wir das 500-jährige Reformationsjubiläum feiern. Die Vorbereitungen dazu sind schon
lange angelaufen. Doch was ist aus der Reformation in der Lutherstadt Wittenberg geworden? Dort
gehörten 1945 90 Prozent der Einwohner zur evangelischen Kirche; heute sind es noch elf Prozent.
Kein Wittenberger wird allein dadurch Lutheraner
oder ein Christ, dass er bereits seit Jahrzehnten dort
lebt.
Wir können den Gedanken noch etwas weiter
spinnen. Die Mitgliedschaft in einer Kirche ist keine
Garantie dafür, auch fromm zu werden. Der Chemnitzer Evangelist Theo Lehmann brachte es einmal
so auf den Punkt: „Aus einem Handwagen, der in
einer Garage parkt, wird kein Auto, egal, wie lange
es darin steht.“
Simeon wurde anscheinend „fromm und gottesfürchtig“, weil er auf das Werben des Heiligen Geistes reagierte und sich für ihn öffnete. Das ist bis
heute der Weg dazu.
Wilfried Krause
OKTOBER
Morgens: Jesaja 32–33
Abends: Kolosser 1
SA 07.32 · SU 18.46 · KW 41
7
Montag
Fällt euch Reichtum zu, so hängt euer Herz nicht
daran.
Psalm 62,11b
Das ahnten wir doch schon immer: Fahrer von teuren Autos sind im Straßenverkehr rücksichtsloser.
Sie verletzen die Verkehrsregeln häufiger als Fahrer von Mittelklassewagen. Außerdem lügen und
täuschen Angehörige der Oberschicht eher als Mitglieder unterer Schichten. Das bestätigte eine wissenschaftliche Untersuchung der Universität Kalifornien.
Beobachtet wurde dabei unter anderem an einer
Kreuzung, an der die Vorfahrt mit Stopp-Schildern
geregelt war, ob und welche Autos anderen die Vorfahrt nahmen. Das Ergebnis: Fahrer von teuren
Wagen missachteten häufiger die Verkehrsregeln.
Sie ignorierten auch Fußgänger an einem Zebrastreifen wesentlich öfter.
Verschiedene Beobachtungen ließen die Wissenschaftler schlussfolgern, dass reiche Menschen eine
positivere Einstellung zur Gier haben. Sie nehmen
sich, was sie haben wollen, und verletzen dabei eher
die gängigen Regeln.
Warum sollte jemand, der es sich leisten kann,
nicht ein großes, teures Auto fahren? Denn reich
und teuer sind relative Begriffe. Für einen Afrikaner
auf dem Land, der schon von einem Fahrrad nur
träumen kann, ist bereits ein altes, verbeultes Auto
ein Luxusgegenstand. Wir dagegen würden solch
ein Fahrzeug eher als „Rostlaube“ bezeichnen. Deshalb ist der Begriff „Reichtum“ kein Synonym für
hohe Geldsummen.
Es geht in dem zitierten Bibeltext um etwas
anderes. Die Aufforderung „hängt euer Herz nicht
daran“ ist eine Anfrage an jeden von uns: Beherrschen mich die Dinge, die ich besitze – ganz gleich,
ob es viele oder wenige sind? Oder kann ich sie
auch loslassen? Wo bestimmte Dinge die Herrschaft angetreten haben, ist die Gier nicht weit: Ich
möchte noch mehr davon! Dann besteht die Gefahr,
die schützenden Grenzen, die uns Gott auch in der
Bibel gegeben hat, zu verletzen.
Gefahren lauern auf beiden Seiten. Das lesen wir
schon in Sprüche 30,9: „Habe ich zu viel, so sage
ich vielleicht: ‚Wozu brauche ich den HERRN? ‘ Habe
ich zu wenig, so fange ich vielleicht an zu stehlen.“
(GNB)
Es mag ja sein, dass Fahrer teurer Autos rücksichtsloser im Straßenverkehr sind. Dennoch besteht
kein Grund, mit dem Finger auf Andere zu zeigen.
Auch wer nur einen Kleinwagen fährt, kann sein
Herz an Dinge hängen, die ihn auf einen falschen
Weg führen.
Holger Teubert
OKTOBER
Morgens: Jesaja 34–36
Abends: Kolosser 2
SA 07.34 · SU 18.44 · KW 41
8
Dienstag
Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle
Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind.
Römer 8,28
Oftmals wird dieser Bibeltext dazu verwendet, Menschen über schwere Schicksalsschläge hinwegzutrösten: „Es dient ja alles zu deinem Besten!“
Doch mancher leidende Mensch fragt sich: Was
soll an dem Leiden gut sein? Ist Leid nicht sinnlos?
Das folgende Gleichnis kann uns eine Teilantwort
geben.
„Es war einmal ein weiser Mann. Der lebte in
einem alten Haus inmitten eines großen Gartens.
Eines Tages hörte der Mann eine Stimme: „Geh und
sammle bei den Menschen die Stunden, die nicht
sein sollten!“
Der Mann folgte der Stimme und ließ sich überall dorthin führen, wo es Stunden gab, die nicht
sein sollten. Er sammelte Stunden, in denen Menschen ihr Liebstes verloren hatten. Er sammelte
Stunden, in denen ein Mensch schlimme Schmerzen aushalten musste. Er sammelte Stunden ohne
Trost, Stunden, in denen das Leben eine Last war,
Stunden des Zorns, Stunden der Trauer und Stunden
der Einsamkeit. Der Mann sammelte sie alle ein.
Dann wanderte er zurück in seinen Garten und
legte die Stunden wie Samen in die Erde. Da fiel
der Regen auf die Erde, die Sonne gab ihr Licht und
schließlich bedeckte der Schnee alles. Im nächsten
Frühling wuchsen Blumen und Bäume, und die
Menschen kamen und bestaunten alles. So einen
schönen Garten hatten sie noch nie gesehen!“
Schwere Stunden, Schicksalsschläge und Leiden
können in der Tat Früchte in unserem Leben hervorbringen, die wir vorher nicht erahnt hätten.
Was könnte das bei mir sein? Ich bin durch
Leiden milder, nachsichtiger und verständnisvoller geworden. Ich kann mich durch die eigenen
schmerzlichen Erfahrungen besser in Andere einfühlen, kann mitleiden und sie besser trösten. Ich
habe mich besser kennengelernt – meine Charaktereigenschaften, meine Tragfähigkeit und meine
Belastungsgrenze.
Und Gott? Wo ist er in all dem, das mir widerfährt? Eine genauere Übersetzung gibt unseren
Andachtstext so wieder: „Wir wissen aber, dass
denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken.“ (EB) Gott schickt das Leiden nicht; es ist
auch an sich nicht gut. Gott schaut auch nicht
tatenlos zu, sondern kann aus all den leidvollen
Erfahrungen noch etwas Gutes werden lassen.
Er kann auf krummen Linien gerade schreiben.
Roland E. Fischer
OKTOBER
Morgens: Jesaja 37–38
Abends: Kolosser 3
SA 07.36 · SU 18.42 · KW 41
9
Mittwoch
Darum sollt ihr meine Satzungen halten und
meine Rechte. Denn der Mensch, der sie tut, wird
durch sie leben; ich bin der HERR.
3. Mose 18,5
Das Leben scheint aus einer endlosen Kette von Entscheidungen zu bestehen. Das beginnt mit den kleinen, alltäglichen Dingen wie: Was soll ich anziehen? Was werde ich essen? Mit welchen Terminen
und Aktivitäten fülle ich den heutigen Tag? Kann
ich mir leisten, eine Stunde schwimmen zu gehen?
Oder: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen? Was
geht vor, der berufliche Erfolg oder die persönliche
Zufriedenheit? Karriere oder Familie?
Allzu leicht verzettelt man sich, wenn man alles
auf einmal zu erreichen versucht. Es stimmt eben:
Man kann nicht auf zwei Hochzeiten gleichzeitig
tanzen.
Zum Glück gibt es verschiedene Hilfsangebote,
um im Leben die richtigen Prioritäten zu setzen.
Der Blick in die Bibel liefert Antworten auf die
Frage nach den Prioritäten des Lebens, nach seinem
Sinn. Jesus Christus stellte die Menschen immer
wieder vor diese Frage. Einmal sagte er: „Darum
sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir
essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir
uns kleiden? ... Trachtet am ersten nach dem Reich
Gottes …“ (Mt 6,31.33a) Und bei einer anderen
Gelegenheit fragte er: „Was hat ein Mensch davon,
wenn er die ganze Welt gewinnt, aber zuletzt sein
Leben verliert? Womit will er es dann zurückkaufen? “ (Mt 16,26 GNB)
Richtschnur und Maßstab für ein in diesem Sinne gelingendes Leben sind in der Bibel die Gebote.
Sie wollen uns helfen zu entscheiden, wie wir uns
verhalten sollen, die Prioritäten richtig zu setzen,
und zu verhindern, dass wir uns verzetteln und
unseren Leitstern verlieren.
Die alten Gebote der Bibel haben für viele Menschen der modernen Gesellschaft ihre Strahlkraft
verloren. Dabei gäbe es im Blick auf die Bibel und
ihre großen Ideale manches zu entdecken, das auch
dem modernen Menschen in Zeiten von Burnout
und Depressionen, von Mobbing am Arbeitsplatz
und im Internet unendlich gut täte. Die Gebote sind
nämlich nicht das Gängelband, mit dem Gott uns
an der kurzen Leine halten möchte. Vielmehr steht
hinter den Geboten ein Gott, der den Menschen
zutraut, ihre Umgebung zum Guten hin zu verändern.
Und in jedem Gebot steckt auch seine Zusage:
„Der Mensch, der sie tut, wird durch sie leben!“
Beate Strobel
OKTOBER
Morgens: Jesaja 39–40
Abends: Kolosser 4
SA 07.37 · SU 18.40 · KW 41
10
Donnerstag
[Hiob sagte:] „Ich wartete auf das Gute, und es
kam das Böse; ich hoffte auf Licht, und es kam
Finsternis.“
Hiob 30,26
Ein chinesisches Sprichwort sagt: „Niemand, der
Gutes getan hat, hat nicht Enttäuschungen erlebt.“
Es gibt wohl kaum jemanden, der vor Enttäuschungen verschont geblieben ist. Das Wort Enttäuschung
hat zunächst eine positive Bedeutung, nämlich aus
einer Täuschung herausgerissen zu werden. Andererseits besagt es, dass einer Erwartung nicht entsprochen wurde.
Enttäuschungen können zu harten Anfechtungen werden. Nicht nur Hiob erlebte das, wie unser
Andachtswort zeigt. Von Jesus wird berichtet, dass
er weinen musste, weil sich die Bewohner Jerusalems der von ihm angebotenen Erlösung verschlossen hatten (Mt 23,37; Lk 19,41).
Wenn wir enttäuscht werden, meinen wir oft,
andere seien daran schuld. Meist geben wir uns
selbst zu wenig Rechenschaft darüber, wie viele
Enttäuschungen wir anderen bereitet haben. Wenn
wir gute Vorsätze gefasst haben, erleben wir häufig
nach einiger Zeit, dass wir wieder ins gleiche Fahrwasser zurückgefallen sind, und sind enttäuscht
über uns selbst.
Es gibt aber auch Enttäuschungen, die ihre Ursache in falschen Gottesvorstellungen haben. Wir
meinen, Gott müsse uns vor Krankheiten und Leid
bewahren, weil wir seine Weisungen bezüglich einer
gesunden Lebensführung beachten. Einige Enttäuschungen könnten wir uns als Christen ersparen,
wenn wir nicht einem Idealbild der Gemeinde huldigen würden. Eine vollkommene Gemeinde gab es
weder in der Urchristenheit noch unter den frühen
Adventisten.
Enttäuschungen können für uns aber zu Brücken, ja sogar zum Segen werden. Es ist ein Irrtum
anzunehmen, dass wir Menschen nur durch den
Erfolg vorwärtskommen. Thomas A. Edison, der
Erfinder der Glühbirne, berichtete, dass er Hunderte Misserfolge erlebte, ehe er Erfolg hatte. Enttäuschungen aufgrund von Misserfolgen sollten uns
zum Nachdenken bringen.
Jede Enttäuschung ist das Loskommen von einer
Täuschung, also ein Schritt hin zur Wahrheit. Nicht
selten aber müssen wir Leiden in Kauf nehmen.
Diese werden durch die Gewissheit erträglicher,
„dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten
mitwirken“ (Röm 8,28 EB).
Manfred Böttcher
OKTOBER
Morgens: Jesaja 41–42
Abends: 1. Thessalonicher 1
SA 07.39 · SU 18.37 · KW 41
11
Freitag
Wie lange muss ich noch warten? Wann gehst du
endlich mit denen ins Gericht, die es auf mich
abgesehen haben?
Psalm 119,84 (Hoffnung für alle)
Es war nach dem 2. Weltkrieg im Sommer 1945:
Wir wurden aus unserer Heimat Schlesien vertrieben und landeten in der Mark Brandenburg.
Unser Vater, im Krieg Soldat, war wahrscheinlich
in Gefangenschaft geraten. Werden wir etwas von
ihm hören? Werden wir ihn wiedersehen? Wenn ja,
wann? Wie lange werden wir warten müssen?
Monate später erreichte uns seine erste Post: eine
vorgedruckte Karte aus einem polnischen Kriegsgefangenenlager. Das machte uns Hoffnung, aber die
Frage blieb: Wie lange noch? Nach vier Jahren kam
er endlich in die neue Heimat. Die alte Heimat mit
allem, was er in den Jahren davor erworben hatte,
war dahin. Und er erzählte, dass er in Gefangenschaft in besonderer Weise an die Juden denken
musste, die nach Babel verschleppt wurden und
auch die Frage stellten: „Herr, wie lange noch? “
Auch uns bewegt ja diese Frage wie schon Johann
Sebastian Bach (1685–1750): „Liebster Herr Jesu, wo
bleibst du so lange? Komm doch, mir wird hier auf
Erden so bange. Komm doch, und wenn es dir also
gefällt, nimm mich aus dieser so angstvollen Welt.“
Das hat sicher auch die Jünger von Jesus bewegt.
Seine Antwort lautete: „Niemand weiß, wann das
Ende kommen wird, weder die Engel im Himmel
noch der Sohn. Den Tag und die Stunde kennt nur
der Vater.“ (Mk 13,32 Hfa)
Wir sollten uns nicht auf Spekulationen über
den Zeitpunkt der Wiederkunft von Jesus einlassen,
sondern vielmehr das tun, was wir können: Gottes
Liebe erwidern, sie in Wort und Tat weitergeben
und die Erlösung durch Jesus bezeugen. Gott erwartet von uns ein offenes Herz, das auf seine Liebe mit
fröhlichem Vertrauen antwortet. Das kann sich in
vielem äußern: dem Andern vergeben, statt unsern
Ärger an ihm auszulassen; den Andern segnen,
statt zu fluchen; einander umarmen, statt einander auf die Nerven zu gehen; Andere loben, statt
sie schlecht zu machen … Gott erwartet von uns
nicht eine lückenlose Theologie, sondern dass wir
seinen Willen tun und unseren Nächsten so lieben
wie uns selbst.
Während wir warten, sollen wir beten: „Dein
Reich komme“ (Mt 6,10a), und für die Aufrichtung
der Herrschaft Christi im Leben vieler Menschen
heute wirken.
Heinz Weigmann
OKTOBER
Morgens: Jesaja 43–44
Abends: 1. Thessalonicher 2
SA 07.41 · SU 18.35 · KW 41
12
Sabbat
In sechs Tagen hat der HERR Himmel, Erde und
Meer mit allem, was lebt, geschaffen. Am siebten
Tag aber ruhte er.
2. Mose 20,11 (Gute Nachricht Bibel)
Heute ist wieder Sabbat – wie jede Woche einmal.
Ein Tag wie jeder andere Wochentag? Gewiss nicht,
sonst hätte der Herausgeber dieser Andachten diesen Tag nicht rot hervorgehoben.
Der Sabbat fällt aus dem Rahmen. Er ist mehr als
ein gewöhnlicher Tag. Am Sabbat lädt Gott uns ein,
alle Arbeit beiseite zu lassen, um mit ihm Gemeinschaft zu pflegen und auch über Dinge nachzudenken, die für unsere Zukunft entscheidend sind.
Eine dieser Fragen lautet: Kommt es darauf an, dem
Leben mehr Tage, oder den Tagen mehr Leben hinzuzufügen?
Wie oft hören wir ältere Menschen sagen: „Wo
sind die Jahre bloß geblieben? “! Manchmal spüren wir so etwas wie Traurigkeit im Unterton, als
suchten sie nach Antworten auf unausgesprochene
Fragen wie: Welche Chancen habe ich verpasst?
Welchen Traum würde ich gern noch verwirkli-
chen? Gab es Schicksalsschläge, die mich in meiner
Lebensplanung gelähmt haben? Hat mir der Mut
gefehlt, meinem Leben eine andere Richtung zu
geben?
In Gottes ewig gültigen Ordnungen, den Zehn
Geboten, beginnt das vierte mit der Aufforderung:
„Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligest.“
(2 Mo 20,8) „Gedenken“ meint mehr, als diesen
Tag nur besonders vorzubereiten oder einen Gottesdienst zu besuchen. Mit dem Angebot, einen ganzen Tag von der Arbeit zu ruhen, bietet uns Gott
so etwas wie einen Ausweg aus dem Hamsterrad
der Hektik und Betriebsamkeit, eine Chance, aus
der Herrschaft des Materiellen auszubrechen, einen
Anker in der Zeit.
Der Segen, den Gott uns durch diesen Tag vermitteln will, verleiht unserem Leben nicht mehr
Länge, sondern mehr Tiefe; er erhöht nicht die
Quantität, sondern die Qualität des Lebens, weil
er uns (unter vielem anderen) mit Herzensfrieden
erfüllt. Wir bekommen einen festen Bezug zu Gott,
der die Quelle der Zuversicht, Zufriedenheit und
Hoffnung ist.
Am Sabbat über unser Leben nachdenken –
wa-rum nicht? Weil Christus, der Herr des Sabbats
(Mk 2,28), unser Schöpfer und Erlöser ist, wird uns
dieses Nachdenken nicht depressiv stimmen, sondern mit der Freude über seine Erlösung und der
Hoffnung auf ewiges Leben auf der neuen Erde
anstecken.
Ralf R. Eigenbrodt
OKTOBER
Morgens: Jesaja 45–46
Abends: 1. Thessalonicher 3
SA 07.42 · SU 18.33 · KW 42
13
Sonntag
„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit
ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit allem
Denken.“ Matthäus 22,37 (Albrecht-Übersetzung)
Ein Sprichwort behauptet: „Man ist nicht, was man
zu sein denkt, sondern man ist, was man denkt.“
Das bedeutet: Jeder Tat geht ein entsprechender
Gedanke voraus. Jesus wies darauf hin, dass unsere
Gedanken aus unserem Herzen kommen (Mt 15,19).
In der Bibel ist „Herz“ das Zentrum von Denken,
Fühlen und Wollen. Darum schließt Gott mit ganzem Herzen zu lieben ein, ihn auch mit unserem
Denken zu lieben.
Manfred Lütz, Psychotherapeut, Arzt und Theologe, berichtet in seinem Buch GOTT: Eine kleine
Geschichte des Größten, die Hirnforschung habe
„enthüllt, dass das Gehirn … sich im Laufe des
Lebens je nach den Eindrücken, die es empfängt,
und den Tätigkeiten, die es steuert, entwickelt. Das
hat große Vorteile, da die Gehirnregionen, die man
weniger braucht, im Laufe der Zeit immer kleiner
werden und diejenigen Hirnteile, die man verstärkt
nutzt, sich vergrößern. So wird die Region, die für
die Bewegung des kleinen Fingers der linken Hand
zuständig ist, bei Geigenspielern mit der Zeit immer
größer, so dass sie schließlich um ein Mehrfaches
umfangreicher ist als bei ‚normalen‘ Menschen.
Es ist also nicht so, dass Menschen, die eine große
Gehirnregion für den linken kleinen Finger reserviert haben, Geigenspieler werden, sondern im
Wesentlichen umgekehrt … Das Gehirn entwickelt
im Laufe des Lebens sozusagen bestimmte Trampelpfade, die es dann immer wieder benutzen kann.“
(S. 78f.)
Womit wir uns intensiv beschäftigen, welche
Bilder wir auf uns einwirken lassen, welche Bücher
wir lesen, mit welchen Menschen wir Gemeinschaft
pflegen, das alles erweitert verschiedene Gehirnregionen und lässt andere schrumpfen.
Weil unsere Gedanken die Quelle alles Guten
und Bösen sind, werden wir „von Gott durch Veränderung“ unserer „Denkweise in neue Menschen“
verwandelt, wie Paulus schrieb (Röm 12,2b NLB).
„Für seine Gedanken wird niemand bestraft“,
erklärte das Römische Recht. Das stimmt nur hinsichtlich der weltlichen Gerichtsbarkeit; wir bestrafen uns nämlich selbst, wenn wir dem Bösen in
unserem Denken Raum geben und die Verbindung
zu unserem Erlöser schwächen. Darum: „Richtet
eure Gedanken auf das … was rein, liebenswert
und ansprechend ist, auf alles, was Tugend heißt
und Lob verdient.“ (Phil 4,8 GNB)
Joachim Hildebrandt
OKTOBER
Morgens: Jesaja 47–49
Abends: 1. Thessalonicher 4
SA 07.44 · SU 18.31 · KW 42
14
Montag
Denn der HERR war mit Joseph, und was er tat,
dazu gab der HERR Glück.
1. Mose 39,23b
Ich kann mich noch sehr genau an den schweren
Autounfall erinnern, bei dem ich schwer verletzt
wurde. Ein betrunkener Autofahrer hatte mich, als
ich 20 Jahre alt war, an einer Kreuzung im wahrsten Sinne des Wortes über den Haufen gefahren
und mich samt Auto (das völlig demoliert wurde) in
eine Baugrube geschoben. Wie durch ein Wunder
überlebte ich den Unfall schwer verletzt. Die Ärzte
versorgten mich, so gut es ging und meine Mutter
wachte an meinem Bett. Nach drei Wochen wurde
ich entlassen und konnte ohne Unterbrechung mein
Studium fortsetzen. Ich habe einige innere Vernarbungen davongetragen, die mich heute nur noch
minimal behindern.
Bei diesem Unfall kann man sicherlich von
Glück sprechen, dass ich ihn überlebt habe. Ich
bin allerdings der festen Überzeugung, dass bei
dem Unglück Gott seine Hand schützend über mich
gehalten hat, wie er auch die Hand über Josef hielt,
als der durch Höhen und Tiefen ging.
Wenn wir uns Glück wünschen, dann denken
wir vielleicht an einen Sechser im Lotto, und meinen, alle Probleme wären damit gelöst. Sind bei diesem Glück dann auch wirklich alle glücklich? Sind
damit alle Probleme gelöst?
Oder denken wir an die vielen Schauspieler,
Musiker oder berühmte Personen, die zwar viel Geld
haben, aber keinesfalls glücklich sind. Wir brauchen nur eine Tageszeitung oder Illustrierte aufzuschlagen und schon lesen wir von deren Scheidungen, Abhängigkeiten usw. Woran liegt es, dass
wir Menschen oft nicht glücklich sind, obwohl wir
„Glück haben“?
Zu dem, was Josef tat, „gab der HERR Glück“.
Gott wünscht sich für jeden, der wie Josef mit ihm
lebt, ein erfülltes und segensreiches Leben trotz
Leid. Nach einer langen „Durstphase“ erlebte Josef,
wie Gott sich zu ihm bekannte und ihm letztendlich ein glückliches und für Andere segensreiches
Leben ermöglichte.
Auch Jesus erlebte sehr schwere Stunden während seiner Zeit unter uns Menschen. Dennoch war
er (laut Dorothee Sölle) „der glücklichste Mensch,
der je gelebt hat“, weil er mit seinem Vater innig
verbunden lebte und die Rettung der Menschen
vollbrachte. Durch ihn fanden und finden Millionen ein glückliches, erfülltes und sogar das ewige
Leben!
Johannes Weigmann
OKTOBER
Morgens: Jesaja 50–52
Abends: 1. Thessalonicher 5
SA 07.46 · SU 18.29 · KW 42
15
Dienstag
Als [Laban] den Stirnreif und die Armreifen an
den Händen seiner Schwester gesehen hatte und
die Worte Rebekkas, seiner Schwester, gehört
hatte: „So hat mir der Mann gesagt“, da kam er
zu dem Mann, und siehe, er stand bei den Kamelen am Brunnen.
1. Mose 24,30
Es glänzte so golden in der Sonne. Da war doch
etwas an der Schwester, was sie vor wenigen Stunden
noch nicht trug. Und was Rebekka erzählte, klang
fast wie ein Märchen. Laban hatte das Gespür für
gewinnbringende Geschäfte. Rasch lud er den Gast
ein und versorgte ihn fürstlich. Bevor der Besucher wieder auf brach, ließ er reichlich wertvolle
Geschenke da. Laban hatte sich nicht getäuscht.
Auch in seinem weiteren Leben hielt Laban
immer wieder nach lohnenden Geschäften Ausschau. Dabei machte er sich um die Fragen der
Moral wenig Gedanken. Darum fiel es ihm nicht
schwer, selbst seinen Neffen Jakob kräftig auszunutzen und übers Ohr zu hauen. Doch dann verlor er an einem Tag seine beiden Töchter und elf
Enkelkinder. „Haben wir ihm doch gegolten wie die
Fremden, denn er hat uns verkauft und unseren
Kaufpreis verzehrt“ – so redeten die Töchter über
ihren Vater (1 Mo 31,15).
Worauf richtest du deinen Blick? Welche Gedanken bewegen dich, wenn Geld und Gold in deine
Reichweite gelangen? Auch Gläubige sind in der
Gefahr, ihre Gesinnung und ihre Ziele auf dem
Altar des Materialismus zu opfern. Jeden Tag wird
uns suggeriert, dass Besitz und Wohlstand die Quellen wahren Glückes und echter Freude sind. Dabei
ist es dieser Irrglaube, der täglich unseren Planeten ruiniert – und auch jene, die dieser Denkweise
Glauben schenken.
Ganz anders als Laban war seine Schwester
Rebekka. Aus tief im Herzen verwurzelter Freundlichkeit heraus hatte sie für den Diener Abrahams
und dessen Kamele das viele Wasser aus dem tiefen Brunnen geschöpft. Nicht ein Gedanke an Lohn
war der Antrieb ihres Handelns gewesen. So ein
junges Mädchen konnte Gott gebrauchen: Sie wurde Isaaks Frau und später eine der Stammmütter
unseres Erlösers Jesus Christus.
Solltest du heute ein Superangebot, ein besonderes Geschäft präsentiert bekommen, so werde
still und frage dich, ob es sich wirklich lohnt. Was
unser Leben froh und glücklich macht, ist nicht das
Ergebnis unserer Geschäftigkeit, sondern das sind
Gottes Geschenke an uns.
Albrecht Förster
OKTOBER
Morgens: Jesaja 53–55
Abends: 2. Thessalonicher 1
SA 07.48 · SU 18.27 · KW 42
16
Mittwoch
Wenn ein Hausvater wüsste, zu
in der Nacht der Dieb kommt,
wachen und nicht in sein Haus
sen.
welcher Stunde
so würde er ja
einbrechen lasMatthäus 24,43
Am 22. Mai 2008 bekam Robert Salisbury auf der
Arbeit einen Anruf. Eine Dame wollte sein Pferd
haben. Er wäre ja umgezogen und bräuchte seine
alten Sachen nicht mehr. So hätte sie es in einer
Internet-Anzeige gelesen. Robert war entsetzt.
„Nein, ich bin nicht umgezogen! Und ich will auch
nichts verschenken!“ Alarmiert sprang er in sein
Auto und raste nach Hause. Dort tummelten sich
30 Leute, die gerade sein Hab und Gut in Kisten
packten. Auf seine Vorhaltungen zeigten sie ihm
die Internet-Anzeige. Er musste die Polizei rufen.
Jesus ermahnte seine Nachfolger zur Wachsamkeit und gebrauchte dabei das Bild des Hausvaters,
der vom Einbruch eines Diebes nicht überrascht
werden möchte. Wer wach ist, den trifft die Wiederkunft von Christus nicht unvorbereitet.
Auch in unserem jetzigen Leben heißt es: Wach
sein, Augen aufmachen! Die modernen Medien
stoßen uns viele Fenster auf; sie erweitern unseren
Horizont. Über Internet, Fernsehen und die sozialen
Netzwerke können wir am Leben vieler Menschen
teilhaben. Das ist eine große Bereicherung; gleichzeitig öffnet der Datenaustausch aber auch gefährliche Türen. Wir werden immer stärker zum gläsernen Menschen. Je stärker wir uns dem Einfluss
der Medien aussetzen, umso mehr werden wir von
ihnen geprägt.
Wir merken vielleicht gar nicht, dass uns biblische Prinzipien wie Ehrlichkeit, Treue, Respekt
vor dem Mitmenschen schon weitgehend gestohlen worden sind. An jedem Tag sieht der Fernsehzuschauer, wie Ehepartner sich betrügen, Freunde
sich verraten und wie aus Geldgier geschachert, ja
sogar gemordet wird. Zucken wir bei einer frechen
oder bösartigen Antwort zusammen? Wo bleibt
unsere Empörung, wenn die Würde der Frau zu
Boden getrampelt wird, weil sie zum reinen Sexobjekt degradiert wird? Drückt es uns den Hals zu,
wenn Männer als schlaffe Versager dargestellt werden? Regt es uns auf, wenn Freunde sich gegenseitig
beschimpfen? Wenn sie fluchen oder Gott verspotten? Oder haben wir uns daran gewöhnt?
Auch hier ist unsere Wachsamkeit gefragt! Lassen wir uns von den Medien nicht ausplündern!
Nicht nur unsere persönlichen Daten sind gefährdet, sondern auch das, was uns wertvoll und heilig
ist!
Sylvia Renz
OKTOBER
Morgens: Jesaja 56–58
Abends: 2. Thessalonicher 2
SA 07.49 · SU 18.25 · KW 42
17
Donnerstag
„Lieber Gajus! Ich hoffe, dass es dir gut geht und
du an Leib und Seele so gesund bist wie in deinem Glauben.“ 3. Johannes 2 (Hoffnung für alle)
„Hauptsache gesund!“ das hören wir oft. Und auch
wir selbst wünschen uns Gesundheit und beten darum. Doch wer ist wirklich gesund und was bedeutet
Gesundheit überhaupt? Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) versteht darunter den „Zustand des
vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen
Wohlbefindens“. Ist das zu hoch gegriffen? Wer
kann das von sich sagen?
Ärzte sind bescheidener; sie erklären Gesundheit
als Abwesenheit von Krankheit. Was aber ist unter
Krankheit zu verstehen? Beginnt der körperliche
Verschleiß nicht schon sehr früh?
Eine dritte, sehr nachdenkenswerte Definition
formulierte die Schweizer Philosophin Jeanne
Hersch (1910 –2000) so: „Gesundheit ist die Fähigkeit, mit Krankheit, Behinderungen und Schädigungen leben zu können.“ Es gibt Menschen mit
schweren Behinderungen, die dennoch – ganz in
diesem Sinne – gesünder sind als mancher bodygestylte Muskelprotz.
Ein herausragendes biblisches Beispiel ist der
Apostel Paulus. Wir wissen nicht genau, woran er
litt, aber es muss ihn gequält haben, denn er sprach
von einem „Stachel im Fleisch“, der ihn – so schlussfolgerte er schließlich nach der Enttäuschung über
die Nichterhörung seiner Gebete um Heilung – vor
Überheblichkeit bewahren sollte (2 Kor 12,7 GNB).
So wichtig eine gesunde Lebensweise (Ernährung, Bewegung, Entspannung) auch ist: Die eigentliche, tiefere Gesundheit kommt von innen;
sie ist ein Geschenk Gottes. Als junger Pastor habe
ich sehr viel Kraft an Krankenbetten empfangen,
obwohl ich doch zum Trösten hingegangen war.
Diese Erfahrungen haben mich tief bewegt.
Johannes wünschte seinem Glaubensbruder
Gajus Gesundheit „in jeder Hinsicht“ (NLB) bzw.
„an Leib und Seele“ (Hfa). So wünschen wir das
auch untereinander. Der Apostel wusste: Entscheidend ist das innere Leben. Letztlich sind wir erst
dann wirklich gesund, wenn wir Frieden mit Gott
gefunden haben!
Dieter Leutert
Wenn Friede mit Gott meine Seele durchdringt, ob
Stürme auch drohen von fern, mein Herze im Glauben doch allezeit singt: Mir ist wohl, mir ist wohl in
dem Herrn! (Wir loben Gott, Nr. 244,1)
OKTOBER
Morgens: Jesaja 59–61
Abends: 2. Thessalonicher 3
SA 07.51 · SU 18.23 · KW 42
18
Freitag
In der Gemeinde von Antiochia gab es eine Reihe von Propheten und Lehrern; es waren Barnabas, Simeon … Manaën, der zusammen mit dem
Fürsten Herodes erzogen worden war, und Saulus. Apostelgeschichte 13,1 (Gute Nachricht Bibel)
In diesem Bibeltext werden die Namen einiger Personen genannt. Bei zwei von ihnen besteht eine
besondere Verbindung, weil sie zusammen aufgewachsen waren, wie Lukas erwähnte. Der eine ist
uns eher unbekannt, der zweite ist berühmt geworden.
Der erste hieß Manaën und war später ein Lehrer in der ersten Christengemeinde in Antiochia. Er
hatte Jesus Christus näher kennengelernt und ihn
als seinen Erlöser und Herrn angenommen. Manaën stellte sein Leben und seine Gaben Gott zur Verfügung, und so wurde er zu einem Werkzeug des
Segens für die damals noch junge Gemeinde in
Antiochia.
Der zweite war der Fürst Herodes Antipas. Auch
er lernte Jesus Christus persönlich kennen. Lukas
berichtete: „Herodes freute sich sehr, Jesus kennenzulernen. Er hatte schon viel von ihm gehört und
immer gehofft, einmal Zeuge eines seiner Wunder
zu werden. Er stellte Jesus eine Frage nach der anderen, aber Jesus gab keine Antwort.“ (Lk 23,8–9 NLB)
Die Neugier des Herodes schlug um in Hass. Er
und seine Soldaten zeigten Jesus offen ihre Verachtung. Er trieb seinen Spott mit Jesus, ließ ihm ein
Prunkgewand umhängen und schickte ihn zu Pilatus zurück. „An diesem Tag wurden Herodes und
Pilatus, die bis dahin verfeindet gewesen waren,
Freunde.“ (V. 11–12 NLB) Ein Freund Jesu zu werden, hat er abgelehnt.
Welchen Wert hat der Sohn Gottes für uns? Gleichen wir einem Manaën oder einem Herodes? Der
eine wurde zum Segen für andere Christen, der
andere verachtete den, der ihn allein vor dem kommenden Gericht hätte retten können.
Sich für oder gegen Jesus entscheiden – vor dieser Wahl steht auch heute noch jeder Mensch. Wer
sich für Jesus Christus entscheidet, wählt das Leben,
denn er ist „der Weg, die Wahrheit und das Leben“
(Joh 14,6).
Erlösung ist nur durch Jesus möglich. Er, der
geschmäht und verachtet wurde und schließlich
für unsere Sünden am Kreuz auf Golgatha gestorben ist, will uns erlösen. Nehmen wir ihn doch als
unseren persönlichen Erlöser an und wir werden
leben – für immer!
Klaus Schulz
OKTOBER
Morgens: Jesaja 62–64
Abends: 1. Timotheus 1
SA 07.53 · SU 18.20 · KW 42
19
Sabbat
Es war dir mein Gebein nicht verborgen, als ich
im Verborgenen gemacht wurde, als ich gebildet
wurde unten in der Erde.
Psalm 139,15
Auf den ersten Blick mutet es fremdartig an, dass
David dichtete, er sei „unten in der Erde“ gebildet
worden. Weiß er denn nicht, dass er ein Embryo im
Mutterleib war und als Baby geboren wurde? Sicher,
denn zwei Verse zuvor heißt es: „Im Leib meiner
Mutter hast du mich gebildet.“ David wusste nicht
nur, dass Menschen gezeugt und geboren werden,
sondern er glaubte auch, dass dahinter Gottes Handeln steht.
Dabei sah er Zeugung, Geburt und Wachstum
nicht nur allgemein als Teil der Schöpfung Gottes. „Du hast mich im Mutterleib geformt“, schrieb
David. Dass es ihn als Menschen gab, begriff er als
Idee und Tat Gottes. Selbst als noch niemand die
Schwangerschaft seiner Mutter bemerkte, hatte Gott
ihn schon im Blick, weil Gott wollte, dass er lebt.
Warum sagte er: „Ich wurde kunstvoll gebildet tief
unten auf Erden“?
David kannte die Schöpfungsgeschichte. Dort
wird erzählt, dass Gott den ersten Menschen aus
Erde formte und ihm den „Lebensatem“ einhauchte, sodass er „ein lebendiges Wesen“ wurde (1 Mo
2,7 GNB). David erkannte daraus nicht nur, wie
unglaublich kunstvoll der Mensch gemacht ist, sondern er glaubte auch, dass Gott bei der Erschaffung
Adams ihn bereits im Auge hatte. David nahm
die Schöpfung persönlich. Der Schöpfungsbericht
war für ihn nicht einfach eine Auskunft über den
Anfang der Menschheit, sondern hatte ganz persönliche Bedeutung für sein Leben. So wie nicht
bezweifelt werden kann, dass Gott Adam wollte,
als er ihn schuf, so unzweifelhaft war es für David
auch, dass Gott ihn genau so gewollt hatte.
Darf ich das so auch für mein Leben glauben?
„Schon bevor er die Welt erschuf, hat er uns vor
Augen gehabt“, lesen wir im Neuen Testament (Eph
1,4 GNB). Damit werden wir eingeladen, die Schöpfung und Erlösung durch Jesus Christus genauso
persönlich zu nehmen, wie es David tat. Und nicht
nur das: „Aus Liebe hat er uns dazu bestimmt, seine Söhne und Töchter zu werden.“ (Eph 1,5 GNB)
Welche Freude und Lebensgewissheit entsteht,
wenn diese Zusagen Gottes persönlich geglaubt
werden, spüre ich in den Worten des Apostels
Johannes: „Seht doch, wie sehr uns der Vater geliebt
hat! Seine Liebe ist so groß, dass er uns seine Kinder nennt. Und wir sind es wirklich: Gottes Kinder!“
(1 Joh 3,1 GNB)
Lothar Wilhelm
OKTOBER
Morgens: Jesaja 65–66
Abends: 1. Timotheus 2
SA 07.54 · SU 18.18 · KW 43
20
Sonntag
David sprach zu [Mephiboschet]: Fürchte dich
nicht, denn ich will Barmherzigkeit an dir tun
um deines Vaters Jonatan willen und ich will dir
alle Felder deines Vaters Saul zurückgeben; du
aber sollst täglich an meinem Tisch essen.
2. Samuel 9,7
Ich hatte eine schöne Kindheit. Gern denke ich
an mein Elternhaus zurück, in dem ich Liebe und
Geborgenheit erfuhr; an meine Freunde und die
gemeinsamen Spiele. Solch eine behütete Kindheit
erlebt nicht jeder. Mephiboschet erging es völlig
anders. Zwar wa-ren die ersten fünf Jahre seines
Lebens glücklich, doch dann kam die Katastrophe.
Ein einziger Tag veränderte alles: Sein Großvater
Saul und sein Vater Jonatan wurden von Feinden
getötet; er fiel auf der Flucht seiner Amme aus den
Armen und war fortan an beiden Füßen gelähmt
(2 Sam 4,4). Seine Lebensqualität war auf dem Tiefpunkt angekommen. Sein neues Zuhause wurde LoDabar genannt, das heißt: wortlos, sprachlos (2 Sam
9,4). Vielleicht deutet es darauf hin, dass sein Leben
fortan von Sprachlosigkeit geprägt war.
Sprachlosigkeit gibt es vielfach auch heute: in
Ehen und Familien, in Anfechtung, Not und Glaubenskrisen. Wie schwer müssen solche Situationen
zu ertragen sein! Man fühlt sich nicht mehr verstanden; man führt sein Leben vereinsamt, quasi
im Schatten. Dann aber erlebte Mephiboschet etwas
Unerhörtes. König David trat in sein Leben: „Ich
will Barmherzigkeit an dir tun …“ Dem Gemiedenen galt die Zusage der Barmherzigkeit. Das war zu
viel des Guten; er hatte sich schließlich mit einem
Leben im Schatten arrangiert. Die Botschaft von der
Barmherzigkeit musste ihn geradezu „geschüttelt“
haben. Er erlebte noch einmal eine Lebenskrise,
dieses Mal durch etwas unerwartet Wunderbares,
die kaum fassbare Güte des Königs. Er erfuhr eine
Erschütterung durch die ihm erwiesene Barmherzigkeit. Mit einem Leben im Schatten hatte er sich
abgefunden; nun erlebte er die Lebenswende aufgrund erfahrener Barmherzigkeit, Güte und Liebe.
Es macht Freude, von dem neuen Leben des
Mephiboschet zu lesen. Endlich war er wieder zu
Hause in Jerusalem und sogar am Tisch des Königs.
Er genoss diese tägliche Tischgemeinschaft; die
Sprachlosigkeit war Vergangenheit. Und was er zum
Leben brauchte, lag für ihn bereit; es gab Nahrung,
Zuwendung, Gemeinschaft. Barmherzigkeit hatte
ihn und sein Leben neu gemacht.
Wir können die grenzenlose Barmherzigkeit Gottes in Jesus Christus erfahren, die unser Leben neu
macht (siehe Tit 3,4– 6).
Hartwig Lüpke
OKTOBER
Morgens: Jeremia 1–2
Abends: 1. Timotheus 3
SA 07.56 · SU 18.16 · KW 43
21
Montag
Der Herr antwortet: „Weil den Hilflosen Gewalt
angetan wird und die Armen leiden, will ich eingreifen, um sie zu retten, ich will denen helfen,
die sich danach sehnen!“
Psalm 12,6 (Neues Leben Bibel)
Im Hallenschwimmbad entspanne ich mich am
liebsten. Nachdem ich eine halbe Stunde das Wasser genossen habe, kann ich wunderbar auf einer
Liege ausruhen. Und das besonders beim wohltuenden Lärm und Gejohle der Kinder, wenn sie
sich bespritzen oder sich auf der Wasserrutsche austoben. Das gibt mir ein Gefühl der Harmonie. Die
Kinder spielen, freuen sich, sind ausgelassen. Die
Welt scheint in Ordnung zu sein.
Szenenwechsel. In einer Ausgabe der Zeitschrift Cicero (Juni 2011) las ich von Kinderarbeit
in Bang-ladesch. 158 Millionen Kinder zwischen
fünf und zwölf Jahren müssen unter schwersten
Bedingungen ohne Arbeitsschutz in Fabriken und
Steinbrüchen arbeiten. Viele erhalten keinen Lohn;
sie werden als Sklaven ausgebeutet. Ich lese von
Kindersoldaten, von Kinderprostituierten und von
Kindesmissbrauch. Es ist schlecht bestellt um die
Kinder in unserer Welt. Wer kann das aushalten?
Wo ist die Gerechtigkeit, wenn die Seele dieser Kleinen zerstört wird? Wie lange noch wird es diese
Zustände geben? Viele Fragen und wenige Antworten. Wir sehnen uns nach Heilung – und werden sie
doch nicht finden auf dieser Welt.
Gott hilft den Hilflosen, denen, die Unrecht leiden, und denen, die sich nicht wehren können. Das
ist die Botschaft unseres Psalmtextes. Der Glaube
an die Gerechtigkeit Gottes scheint die einzige Möglichkeit, die Ungerechtigkeit ertragen zu können.
Wir wissen nicht, wann und wie Gott sie schaffen
wird, aber er macht es wahr – spätestens in seinem
Gericht.
Schon dem Philosophen Voltaire (1694–1778)
war klar, dass dieses Leben die Antworten nicht hat:
„Einzig die Hoffnung auf ein anderes Leben hält
uns davon ab, an diesem zu verzweifeln.“ (Zitiert in
Susan Neiman, Das Böse denken, S. 213) Gott gibt
seinen Leuten Mut und Hoffnung. Jesus bekräftigt
das in der Bergpredigt: „Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.“ (Mt 5,4)
Ich sehne mich danach, dass die traurigen, missbrauchten und leidenden Kinder wieder lachen können. Ich freue mich auf den Tag, wenn sie unbeschwert spielen, ausgelassen toben und mit viel
Radau das Wasserrutschen genießen. Gott wird’s
tun. „Ich will eingreifen, um sie zu retten“, sagt er.
Daran glaube ich ganz fest.
Roland Nickel
OKTOBER
Morgens: Jeremia 3–5
Abends: 1. Timotheus 4
SA 07.58 · SU 18.14 · KW 43
22
Dienstag
Ein Mann aus vornehmer Familie reiste in ein
fernes Land, um sich dort zum König über sein
eigenes Land einsetzen zu lassen und dann
zurückzukehren. Vor der Abreise rief er zehn seiner Diener zu sich und gab ihnen Geld, jedem
ein Pfund. „Arbeitet damit, bis ich wiederkomme!“, sagte er.
Lukas 19,12–13 (Neue Genfer Übersetzung)
Harold Camping ist ein frommer Mann, der viel
in der Bibel liest. Dabei entdeckte der Amerikaner,
dass manche Prophezeiungen eine Zeitangabe enthalten, die man entschlüsseln kann. Er berechnete
schließlich ein Datum für die Entrückung der Gläubigen in den Himmel. Daraufhin gründete er ein
Radiomissionswerk und hielt unzählige Predigten,
um die Menschen zur Bekehrung aufzurufen. Viele
glaubten ihm, gaben ihre Arbeitsstellen auf, verkauften ihre Häuser und spendeten den Erlös seiner
Evangelisationskampagne.
Schließlich kam der ersehnte Tag – der 6. September 1994 – aber nichts geschah. Doch Harold
Camping ließ nicht locker, und setzte weitere Daten
fest – zuletzt den 21. Oktober 2011. Später räumte
er zerknirscht ein, dass er sich in allem geirrt hatte.
Ein anderer Prediger namens William Miller
berechnete etwa 190 Jahre zuvor die Wiederkunft
von Jesus auf das Jahr 1843. Auch er begann zu
predigen, und viele glaubten an die baldige Wiederkunft. Samuel Snow präzisierte dann seine Berechnungen auf den 22. Oktober 1844. Viele gaben ihr
bisheriges Leben auf. Als an dem Tag Christus nicht
wiederkam, brach die Millerbewegung auseinander.
Glücklicherweise gab es einige Gläubige, die
nach dieser „großen Enttäuschung“ noch genauer in
der Bibel forschten. Sie entdeckten, dass die Vorhersage in Daniel 8,14 ein Ereignis im Himmel meint
und nicht die Wiederkunft, die man laut Jesus nicht
berechnen kann (Mt 24,36). Sie erkannten, dass der
Auftrag, von dem im obigen Gleichnis von dem
anvertrauten Silbergeld die Rede ist, die beste Möglichkeit ist, die Zeit bis dahin zu nutzen. Wir sind
die Diener, denen der Herr Fähigkeiten, Mittel, Ideen
und Kraft anvertraut hat. Damit sollen wir arbeiten, um in dieser Welt Menschen für Christus zu
gewinnen und praktische Nächstenliebe zu üben.
Die aus der Millerbewegung entstandene Kirche der
Siebenten-Tags-Adventisten hat enorme missionarische und soziale Aktivitäten entfaltet und dadurch
Millionen Menschen zu Christus geführt.
Jeder Gläubige ist eingeladen, in seinem Umfeld
die Liebe Christi weiterzugeben – mit allem, was
ihm von Gott anvertraut wurde.
Thomas Lobitz
OKTOBER
Morgens: Jeremia 6–8
Abends: 1. Timotheus 5
SA 07.59 · SU 18.12 · KW 43
23
Mittwoch
Der Heilige Geist hilft uns in unserer Schwäche.
Denn wir wissen ja nicht einmal, worum oder
wie wir beten sollen. Doch der Heilige Geist betet
für uns mit einem Seufzen, das sich nicht in
Worte fassen lässt. Römer 8,26 (Neues Leben Bibel)
Vor Jahren bat mich eine Freundin, ihr doch einmal
ein Gebet aufzuschreiben, so wie ich immer beten
würde. Sie war es nicht gewöhnt, frei zu beten. Bis
dahin wusste ich nicht, wie schwer es manchen
Menschen fällt, ein Gebet mit eigenen Worten zu
formulieren, selbst wenn sie ganz allein sind und
niemand zuhört. Der Gedanke, vor Gott müsse alles
perfekt, wohl überlegt und gut formuliert sein, hindert sie, ein persönliches Gebet zu sprechen. Aber
wer Gott als liebenden himmlischen Vater kennt,
weiß, dass er dies nicht erwartet. Er bietet uns an:
„Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten
und du sollst mich preisen.“ (Ps 50,15)
Diese Bibeltextangabe (50-15) wurde mir schon
als Kind als „Telefonnummer“ Gottes vermittelt.
Gott sagt uns: Ich bin immer für dich da; du kannst
Tag und Nacht zu mir kommen, ohne Voranmel-
dung und Vermittlung. Formulierungen sind dabei
nicht wichtig; was das Herz sagt, das zählt. Und das
Beruhigende ist, dass der Heilige Geist unsere Herzensanliegen versteht und zum Vater bringt. Selbst
einen Seufzer übersetzt er.
Ich bete gerne. Meistens finde ich auch Worte
für meine Anliegen; aber manchmal fehlen sie mir
auch, besonders, wenn ich Gott anbeten möchte.
Dann singe ich einfach ein Anbetungslied. Gelegentlich bin ich abends auch zu müde, um nach
Worten zu suchen. Dann bete ich ein altes Kinderlied: „Müde bin ich, geh zur Ruh, schließe beide
Augen zu; Vater lass die Augen dein über meinem
Bette sein. Hab ich Unrecht heut getan, sieh es, lieber Gott, nicht an. Deine Gnad und Jesu Blut macht
ja allen Schaden gut. Alle, die mir sind verwandt,
Gott lass ruh’n in deiner Hand. Alle Menschen, groß
und klein, sollen dir befohlen sein.“ Dies genau sind
auch Herzensgedanken von mir.
Beim Beten kommt ein Kind zum Vater. Ob mit
eigenen Worten, einem Lied, einem Gedicht oder
auch ohne Worte: nichts ist verkehrt. Wichtig ist,
dass wir überhaupt zu ihm gehen.
Marli Weigt
Vater, ich komme jetzt zu dir, als dein Kind lauf
ich in deine Arme. Ich bin geborgen, du stehst zu
mir, lieber Vater. Vater, bei dir bin ich zu Hause,
Vater bei dir berge ich mich. Vater, bei dir finde
ich Ruhe, o mein Vater, ich liebe dich.
(Daniel Jakobi, Leben aus der Quelle, Nr. 118)
OKTOBER
Morgens: Jeremia 9–11
Abends: 1.Timotheus 6
SA 08.01 · SU 18.10 · KW 43
24
Donnerstag
Da kam Amalek und kämpfte gegen Israel in
Refidim. Da sprach Mose zu Josua: „Erwähle uns
Männer, zieh aus und kämpfe gegen Amalek.
Morgen will ich oben auf dem Hügel stehen mit
dem Stab Gottes in meiner Hand.“ 2. Mose 17,8–9
Nach dem Auszug aus Ägypten, noch bevor die
Israeliten den Sinai, den Berg der Gesetzgebung,
erreichten, überfiel das Nomadenvolk der Amalekiter ihre Nachhut. Offenbar fürchteten die Amalekiter um ihr Weideland. Mose ließ daraufhin ein
kleines Heer unter der Führung Josuas zusammenstellen. Er selbst wollte zur gleichen Zeit auf einer
Anhöhe beten, von der aus das Kampffeld zu übersehen war.
Es wurde also an zwei Fronten gekämpft: An der
einen stand das unerfahrene Heer Josuas im Tal,
an der anderen betete Mose auf dem Hügel. Welcher Zusammenhang zwischen den beiden Fronten
bestand, ist Vers 11 zu entnehmen: „Solange Mose
seine Hände mit dem Stab erhoben hatte, behielten
die Israeliten im Kampf die Oberhand; ließ er die
Hände sinken, waren die Amalekiter überlegen.“
(Hfa) Als mit der Zeit dem Mose die Arme schwer
wurden, erhielt er durch Aaron und Hur Unterstützung, bis die Sonne unterging. „So konnte Josua das
Heer der Amalekiter besiegen.“ (V. 13)
Dieser alte Bericht vermittelt zwei wichtige Lehren. Erstens: Gott verzichtet nicht darauf, dass wir
selbst etwas tun, denn er hat uns Kräfte und Fähigkeiten gegeben. Lebendiger Glaube ist nicht untätig, sondern bestrebt, die eigenen Möglichkeiten
sinnvoll einzusetzen. Und zweitens: Unser Bemühen
führt erst durch das Gebet, d. h. durch Gottes Hilfe
zum Erfolg. Knapp und klar hat Jesus das später
so zusammengefasst: „Ohne mich könnt ihr nichts
tun.“ (Joh 15,5b)
Mönche des späten Mittelalters kleideten diese
Erkenntnis in das Lateinische „Ora et labora“. Die
Adventisten, die das Predigerseminar in Friedensau
(Möckern bei Magdeburg) bauten, mauerten diese
Worte in den Giebel des Schulgebäudes ein: „Bete
und arbeite.“ Daraus ist sprichwörtlich geworden:
„Bete, als hülfe kein Arbeiten, arbeite, als hülfe kein
Beten!“
Hinter den Menschen (Predigern, Missionaren
usw.), die wie Josua an der vorderen Front „den
guten Kampf des Glaubens“ kämpfen (1 Tim 6,12),
stehen Glaubensgeschwister, deren Gebet der Gemeinde siegen hilft. Jeder von uns wird an mindestens einer dieser Kampflinien gebraucht! An welcher bist du dabei?
Gerhard Zahalka
OKTOBER
Morgens: Jeremia 12–14
Abends: 2. Timotheus 1
SA 08.3 · SU 18.08 · KW 43
25
Freitag
„Jetzt habe ich große Angst. Soll ich deshalb
beten: Vater, bewahre mich vor dem, was bald
auf mich zukommt? Nein, denn ich bin in die
Welt gekommen, um diese Stunde zu durchleiden. Vater, lass deinen Namen gerühmt und
geehrt werden!“
Johannes 12,27–28a (Hoffnung für alle)
Ich denke, dass wir alle schon einmal große Angst
gehabt haben. Konkrete Anlässe dazu finden wir in
unserem Alltag genug – ob es die Angst vor einer
anstehenden Prüfung oder einem angekündigten
Gespräch mit dem Chef ist, die Angst vor dem Verlust der Arbeitsstelle oder die vor der Diagnose beim
Arztbesuch.
So unterschiedlich die Anlässe sein mögen, so
sehr ähneln sich unsere Gebete in solchen Situationen. Wir bitten Gott darum, er möge doch die Situation retten, uns eine neue Chance geben, uns im
Beruf zu bewähren, oder eine Krankheit heilen oder
sie zumindest zum Stillstand bringen. Am Ende soll
gut werden, was gut werden kann. Darum geht es
uns in der Regel.
Als Jesus mit den Menschen, die ihm nahestanden, über seine Angst sprach, wusste er genau, was
auf ihn zukommen würde. Die Zeit seiner Verhaftung und Hinrichtung stand unmittelbar bevor.
Und ausgerechnet in dieser verzweifelten Situation
lese ich nicht die Bitte, alles möge gut werden. Hier
geht es nicht darum, dass eine ängstigende Situation sich zu Gunsten von Jesus klärt. Sein Gebet:
„Vater, lass deinen Namen gerühmt und geehrt
werden!“ stellt sein eigenes Wohlergehen völlig in
den Hintergrund.
Man könnte nun sagen, dieses Gebet könne
nicht als Vorbild für unser Beten dienen. Schließlich hatte Jesus ja eine ganz besondere Gottesbeziehung. Aber in der Kirchengeschichte gibt es viele
Berichte über Christen, die in den schlimmsten
Augenblicken ihres Lebens ein Gebet oder Loblied
auf den Lippen hatten.
Mich fordert dieses Gebet von Jesus heraus. Ich
möchte dich zu einem Experiment einladen: Lass
uns heute nicht unsere Sorgen und Probleme, nicht
unsere Ängste in den Mittelpunkt unserer Gebete
stellen, sondern mit Jesus beten: In diesem Moment
habe ich entsetzliche Angst vor dem, was mich heute erwartet. Aber ich weiß, dass du, Vater, bei mir
sein willst. Und ich bitte dich, dass heute durch mein
Leben dein Name gerühmt und geehrt wird.
Ich wünsche dir in den Momenten deiner größten Angst die befreiende Gewissheit der Gegenwart
Gottes.
Tobias Friedel
OKTOBER
Morgens: Jeremia 15–17
Abends: 2. Timotheus 2
SA 08.5 · SU 18.06 · KW 43
ÖSTERR. NATIONALFEIERTAG
26
Sabbat
Dabei ist mir [Paulus] klar … dass ich noch nicht
am Ziel bin. Doch ich setze alles daran, das Ziel
zu erreichen, damit der Siegespreis einmal mir
gehört, wie ich jetzt schon zu Jesus Christus
gehöre. Wie gesagt, meine lieben Brüder und
Schwestern, ich weiß genau: Noch habe ich den
Preis nicht in der Hand. Aber eins steht fest: Ich
will alles vergessen, was hinter mir liegt, und
schaue nur noch auf das Ziel vor mir.
Philipper 3,12–13 (Hoffnung für alle)
„Alles vergessen“ – wie soll das gehen?
Ich befand mich im Foyer des Gottesdienstsaales. Jemand sagte mir etwas Unangenehmes, und
ich ärgerte mich darüber. Ich ging in den Saal und
setzte mich in die erste Reihe, denn ich sollte gleich
die Predigt halten. Ich betete: „Lieber Gott, ich soll
jetzt dein Wort verkündigen, aber das möchte ich
nicht mit Ärger im Bauch tun. Nimm mir bitte dieses Gefühl weg!“ Kaum hatte ich diesen Satz ausgesprochen, wurde mein Gebet erhört. Heute weiß
ich nicht mehr, wer und was der Auslöser meiner
Reaktion war.
Bei anderen Erfahrungen gelingt das „Vergessen“ nicht. Insbesondere, wenn es um widerfahrenes Unrecht geht, möchten viele, dass Gott die Erinnerung ausradiert. Um Gedächtnisschwund bitten?
Das kann doch nicht ernst gemeint sein. Wahrscheinlich bleibt mir lange gegenwärtig, was vorgefallen ist oder wer mich beispielsweise beleidigt
hat, aber ich rechne es ihm nicht auf irgendeinem
Schuldkonto an, weil es längst bereinigt wurde. Vergessen ist es nicht (was entgegen landläufiger Meinung in der Bibel auch gar nicht gefordert wird),
aber vergeben. Das reicht aus.
Vor allem – und darauf bezog sich der Apostel Paulus in unserem Andachtswort – soll meine
ganze Lebensorientierung nach vorne ausgerichtet
sein. Der Zusammenhang obiger Bibeltexte macht
deutlich, dass es damals Christen gab, die sich ihrer
besonderen Fortschritte in der Heiligung rühmten.
Paulus tat das nicht.
Betreibe nicht jeden Tag „geistliche Nabelschau“.
„Vergiss es!“, sagt man zu verschiedenen Gelegenheiten im Volksmund – das heißt: Kümmere dich
nicht mehr darum. Deine Selbsteinschätzung
kann je nach Stimmung sehr schwanken. Lebe mit
Christus Tag um Tag und überlass ihm die letzte
Bewertung. Sie wird ehrlich, aber auch barmherzig
ausfallen. Was dir gestern ge- oder misslungen ist,
braucht dein Leben heute nicht zu bestimmen, aber
dein Streben nach dem von Gott vorgegebenen Ziel
sollte es.
Josef Butscher
OKTOBER
Morgens: Jeremia 18–19
Abends: 2. Timotheus 3
SA 07.06 · SU 17.05 · KW 44
(Ende der Sommerzeit)
27
Sonntag
Von uns allen wurde der Schleier weggenommen, sodass wir die Herrlichkeit des Herrn wie
in einem Spiegel sehen können. Und der Geist
des Herrn wirkt in uns, sodass wir ihm immer
ähnlicher werden und immer stärker seine Herrlichkeit widerspiegeln.
2. Korinther 3,18 (Neues Leben Bibel)
Es ist ein strahlend schöner Herbsttag – tief blauer Himmel, leuchtende Herbstfarben der Bäume,
bereits schneebedeckte Gipfel. Auf unserer Bergwanderung kommen wir hoch oben an einem See
vorbei, der klein, flach und ganz unscheinbar ist,
aber umgeben von hohen, schneebedeckten Bergen.
In seiner glatten Wasseroberfläche spiegeln sich die
Gipfel so klar, dass es uns schwerfällt, uns von diesem eindrucksvollen Bild zu trennen.
Eine Stunde später erreichen wir einen Wasserfall. Tosend stürzt er über große Felsen in die Tiefe.
In einer waghalsigen Kletterpartie versuchen wir,
ihm möglichst nahe zu kommen. Von der gewal-
tigen, brausenden Kraft des Wassers sind wir sehr
beeindruckt. Dann treten wir den Rückweg an.
In einiger Entfernung glitzert plötzlich etwas.
Als wir näherkommen, sehen wir einen ganz kleinen Bach, eher ein flaches Rinnsal, das sich seinen Weg durch trockenes Gras, braune Erde und
Steinbrocken bahnt. Wir hätten es gar nicht wahrgenommen, wenn sich nicht das Sonnenlicht in
unzähligen strahlenden Lichtreflexen darin gespiegelt hätte.
Beim Weitergehen wird mir plötzlich bewusst,
dass dieses kleine, unscheinbare Rinnsal deutlicher
das Sonnenlicht widergespiegelt hat als der große,
beeindruckende Wasserfall.
Wie oft meinen wir, es müsste etwas Beeindruckendes geschehen, damit wir Gott in dieser Welt
sehen, bezeugen und verherrlichen können. Wir
verausgaben uns manchmal in rauschendem Aktivismus und kräftezehrenden Strategien. Vielleicht
würde mehr von Gottes Wesen in unserem Leben
sichtbar werden, wenn wir in aller Stille seine Nähe
suchen, auf ihn hören und ihm zugewandt leben
würden, damit sein Licht sich in uns spiegeln kann.
Großer Gott, bitte lass mich heute dir zugewandt
sein, damit das Licht deiner Kraft und deiner Liebe
sich in meinem Leben spiegeln kann.
Angelika Gmehling
OKTOBER
Morgens: Jeremia 20–21
Abends: 2. Timotheus 4
SA 07.08 · SU 17.03 · KW 44
28
Montag
Da brachte Andreas, der Bruder von Simon
Petrus, ein Kind zu ihnen. „Hier ist ein Junge,
der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische mitgebracht.“
Johannes 6,8–9 (Hoffnung für alle)
Ambivalent nennt man etwas, das zwei konträre
Seiten hat, das widersprüchlich ist oder zwiespältig
gesehen werden kann. So auch die Beschreibung des
Jüngers Andreas. Er war es immerhin, der seinen
Bruder Simon überhaupt erst mit Jesus bekanntgemacht hatte. Er hatte den Messias „entdeckt“,
nicht sein Bruder Simon, den Jesus dann Petrus
nannte (Joh 1,40 –42). Und doch wird der Name
des Andreas gern mit dem Zusatz „der Bruder von
Simon Petrus“ versehen. Mit anderen Worten: Dich
kennt keiner, aber wenn man deinen Bruder nennt,
weiß jeder Bescheid.
Ob Andreas das immer so gefallen hat – gewissermaßen schon durch die Namensnennung ein
Anhängsel seines Bruders zu sein?
Am Anfang der Bibel finden wir einen Bericht,
dass ein Bruder den anderen umbrachte, weil er
meinte, der wäre bei Gott besser angesehen als er.
Doch so dachte Andreas nicht.
Minderwertigkeitsgefühle haben keine Chance,
wenn man weiß, wer man ist. Ich glaube, dass
Andreas es wusste. Er war eigenständig genug, sich
auf die Suche nach dem Messias, dem erhofften
Befreier und Erlöser, zu machen. Und er fand ihn!
Und er war aufmerksam anderen Menschen gegenüber. So aufmerksam, dass er in der Menge der vielen Tausend Zuhörer einen Jungen bemerkte, der
ein kleines Bündel mit Essen trug, jene berühmten
fünf Brotfladen und zwei Fische, aus denen Jesus im
Speisungswunder die Nahrung für die große Menschenmenge schuf.
Philippus hatte in der gleichen Situation die Kasse der kleinen Jüngergruppe im Blick (V. 7) und die
anderen Freunde von Jesus machten sich Gedanken,
wie man die Veranstaltung ohne Probleme auflösen
konnte. Andreas aber sah den kleinen Jungen.
Das finde ich anrührend. So konnte jemand,
der sonst meist in der zweiten Reihe steht und eher
durch den Namen seines Bruders als durch seinen eigenen identifiziert wird, den Auslöser für ein
Wunder liefern, das vielen Menschen nützte.
Das sollte uns allen, die wir mehr von der
„stillen Sorte“ und nach innen gekehrt sind, Mut
machen. Auch für uns hat Gott Platz in seinem
Werk, auch wir sind bei Jesus gern gesehen und
werden gebraucht. Wer weiß, wo das heute nötig
wird!
Matthias Müller
OKTOBER
Morgens: Jeremia 22–23
Abends: Titus 1
SA 07.10 · SU 17.01 · KW 44
29
Dienstag
Da nahm Samuel einen Stein und stellte ihn
auf zwischen Mizpa und Schen und nannte ihn
„Eben-Eser“ und sprach: „Bis hierher hat uns der
HERR geholfen.“
1. Samuel 7,12
Es war in einem überfüllten Raum irgendwo in
Deutschland in den 1920er-Jahren. Die Luft, von
Hunderten qualmender
Zigarren getrübt, hing
schwer über der Versammlung. Zwei Stunden lang
breitete sich der Redner sehr emotional über das
Thema aus, dass es keinen Gott gäbe.
Auf die Frage, ob jemand Einwände vorzubringen habe, meldete sich eine alte Dame und erzählte
dann ihre Erfahrung: „Als vor vielen Jahren mein
Mann im Krieg gefallen ist, wusste ich nicht, wie
ich mich und meine kleinen Kinder durchbringen
sollte. In meiner Verzweiflung bat ich Gott um Hilfe.
Und ich kann heute bezeugen, dass er mich bisher
kein einziges Mal im Stich gelassen hat!“
Auch bei den Israeliten ist nicht alles reibungslos verlaufen. Ständig sahen sie sich auf der Wüstenwanderung aufgrund von Rückschlägen mit
der Frage konfrontiert: „Ist der HERR unter uns oder
nicht? “ (2 Mo 17,7b)
Als der Prophet Samuel Jahrhunderte später
innehielt und auf die Ereignisse der Vergangenheit
zurückblickte, kam er dankbar zu dem Ergebnis:
„Bis hierher hat uns der HERR geholfen!“
Ist es nicht auch bei uns so gewesen? Was haben
wir bisher erlebt, seit wir uns auf ein Leben mit Gott
eingelassen haben? Haben wir nicht seine gnädige
Hilfe erfahren? Ist nicht auch aus negativen Erlebnissen manches Positive erwachsen? Möglicherweise mussten wir manche Ängste, verzweifeltes Warten, allerlei Tränen und einiges Leid durchmachen.
Aber können wir nicht wie Samuel bekennen, dass
uns der Herr immer wieder seine Liebe bewiesen
und uns wunderbar geholfen hat?
Die Frage nach der Existenz Gottes ist damit
beantwortet: Wir glauben ihm, weil wir immer wieder rückblickend feststellen können: Bis hierher hat
uns Gott, unser HERR, geholfen. Was uns passiert ist,
war kein bloßer Zufall, sondern sein Plan, uns zu
verdeutlichen, dass er größtes Interesse daran hat,
dass wir sein Geschenk der Erlösung annehmen
und die Ewigkeit mit ihm verbringen.
Jakob Wieck
Dankbarkeit ist das Gedächtnis des Herzens.
( Jean Baptiste Massieu)
OKTOBER
Morgens: Jeremia 24–26
Abends: Titus 2
SA 07.12 · SU 16.59 · KW 44
30
Mittwoch
Einige Kinder wurden zu Jesus gebracht. Er sollte
ihnen die Hand auflegen und für sie beten. Doch
die Jünger fuhren die Leute an, ihn nicht zu stören. Aber Jesus sagte: „Lasst die Kinder zu mir
kommen. Haltet sie nicht zurück! Denn das Himmelreich gehört ihnen.“ Und er legte ihnen die
Hände auf und segnete sie, bevor er weiterzog.
Matthäus 19,13–15 (Neues Leben Bibel)
Hattest du schon einmal beim Beten das Gefühl,
du könntest Gott mit deinem Anliegen stören? Oder
dein Gebet wäre nicht gut genug? Würdest du gern
eine persönliche Beziehung zu Gott auf bauen, hast
aber den Eindruck, du seist zu fehlerhaft dafür?
Oder zu jung? Hat dir schon jemand den Weg zu
Gott verbaut?
Einige Kinder erlebten das. Sie wollten mit Jesus
reden und Zeit mit ihm verbringen, aber seine Mitarbeiter hielten sie davon ab. Die Jünger hatten
wohl den Eindruck, dass die Kinder noch zu klein
wären und Jesus nur belästigen würden. Sie fuhren
sie und ihre Eltern richtig an, was ihnen denn einfiele, Jesus stören zu wollen.
Ich kann mir vorstellen, dass einige der Kinder
erschrocken zusammengezuckt sind, den Kopf hängen ließen und leise davontrotten wollten. Vielleicht
hat eines der Kinder den Jüngern insgeheim Recht
gegeben. „Ich bin einfach noch zu klein. Es war
dumm von mir, zu Jesus gehen zu wollen.“
Ich finde es fantastisch zu lesen, wie Jesus hier
reagierte. Laut und deutlich sagte er: „Haltet sie
nicht zurück! Denn das Himmelreich gehört ihnen.“
Er berührte jedes einzelne Kind und segnete es. Er
nahm sich Zeit für die Kinder; erst danach zog er
weiter.
So reagiert Jesus: Wenn jemand zu ihm kommen will, dem gehört das Himmelreich, weil Jesus
es ihm zuspricht. Jesus hat alles dafür getan, um
Trennendes zwischen sich und den Menschen aus
dem Weg zu räumen: „Denn Gott hat die Welt so
sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab,
damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verlorengeht,
sondern das ewige Leben hat.“ (Joh 3,16 NLB)
Wenn du zu Jesus kommen möchtest, kannst du
dir sicher sein: Niemand hat das Recht, dir den Weg
zu ihm zu verbauen. Gott selbst hat das Trennende fortgeräumt. Lies den Andachtstext noch einmal
und setze dort, wo „Kinder“ steht, deinen Namen
ein. Gott will, dass du zu ihm kommst. Er will dir
einen Platz in seinem Reich schenken, Zeit mit dir
verbringen und dich segnen. Geh zu ihm; er wird
dich mit offenen Armen empfangen!
Sandra Wagner
OKTOBER
Morgens: Jeremia 27–29
Abends: Titus 3
SA 07.13 · SU 16.57 · KW 44
31
Donnerstag
Dein Wort ist eine Leuchte für mein Leben, es
gibt mir Licht für jeden nächsten Schritt.
Psalm 119,105 (Gute Nachricht Bibel)
In Adventgemeinden spielt das Wort Gottes eine
wichtige Rolle. Der erste Teil des Gottesdienstes
ist dem Bibelgespräch in Gruppen gewidmet; keine Predigt, in der nicht ein Bibeltext zitiert wird;
und die meisten Adventisten besitzen mehr als eine
Bibel (wenn sie auch nicht immer eine zum Gottesdienst mitbringen). Das alles hört sich zwar gut an,
aber damit ist noch nicht die Frage beantwortet:
Welche Bedeutung hat Gottes Wort für mich über
den Gottesdienst hinaus?
Es geht nämlich um mehr, als dass jemand den
religiösen Wert der Bibel bejaht. Es genügt auch
nicht, Gottes Wort zur Diskussionsgrundlage oder
zur Fundgrube für religiöse (Streit-)Gespräche zu
machen.
„Licht für jeden nächsten Schritt“ bedeutet: Gottes Wort will uns leiten und an den Stellen den Weg
zeigen, wo Entscheidungen in unserem Leben fallen. Es hat die Kraft, die Dunkelheit und Sünde aus
unserem Herzen zu vertreiben, Mut zu machen und
Trost zu spenden. Das freilich nur unter der Bedingung, dass wir sein Wort ernst nehmen und uns
danach richten.
Trotz aller Bibelkenntnis tun wir uns oft schwer,
unseren Alltag und Gottes Wort miteinander in
Verbindung zu bringen. Dabei weisen die bildhaften Ausdrücke des oben zitierten Psalms deutlich in
eine bestimmte Richtung: Wer auf dem Weg nicht
weiter weiß, sollte erst einmal stehenbleiben, in der
Dunkelheit nach einem Licht Ausschau halten und
Orientierungspunkte suchen. Dann kann es geschehen, dass er im Licht des Wortes Gottes dort einen
Ausweg entdeckt, wo alles aussichtslos schien, neuen Mut oder neue Hoffnung schöpft oder (wieder)
einen Sinn im Leben findet.
Martin Luther war seinerzeit als Mönch zweifellos ein frommer Mann, dennoch wurde er von Zweifeln und Anfechtungen geplagt. Doch dann erlebte
er, wie Worte aus dem Römerbrief ihn direkt beeinflussten. Als er begriff, dass Gott uns aus Gnade in
Christus dessen Gerechtigkeit ohne eigene Werke
zurechnet, wurde er ein neuer Mensch, ein „lebendiger“ Christ. Später schrieb er: „Es ist kein größer
Ding, als dass wir glauben können, dass Gott mit
uns redet.“
Gottes Wort will für uns Licht sein „für jeden
nächsten Schritt“. Reicht denn das aus? Ja, es reicht,
wenn wir eben diese Schritte auf dem von Gott
gewiesenen Weg gehen!
Günther Hampel
NOVEMBER
Morgens: Jeremia 30–31
Abends: Philemon
SA 07.15 · SU 16.55 · KW 44
1
Freitag
Als Jesus sah, welche Einsicht dieser Mann besaß,
sagte er zu ihm: „Du bist nicht weit vom Reich
Gottes entfernt.“
Markus 12,34a (Neues Leben Bibel)
Ein Theologe fragte Jesus: „Welches von allen Geboten ist das wichtigste? “ (V. 28 NLB) Offensichtlich
gehörte er zu den Wenigen seiner Zunft, die dem
Rabbi aus Nazareth keine Falle stellen wollten, sondern an einer ehrlichen Antwort interessiert waren.
So teilte ihm Jesus seine Erkenntnis ohne Umschweife mit. Ganz oben auf der Werteskala stand für ihn
das Doppelgebot „Liebe Gott von ganzem Herzen
…“ und „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“
Daraufhin bewertete der Schriftgelehrte Jesu Antwort schulmeisterlich mit einem „sehr gut“ und
gab zu verstehen, dass er dem jungen Rabbi voll
zustimmte. Dieses verbale Zuspiel nahm Jesus auf
und entgegnete ihm: „Du bist nicht weit vom Reich
Gottes entfernt.“
Wie ist die Aussage zu verstehen? Wollte sie Jesus
eher als Lob verstanden wissen oder überwog der
mahnende Charakter? Sicher beabsichtigte Jesus,
ihn zu ermutigen. Er wollte ihm sagen: „Lieber
Mann, ich kann dir bestätigen, dass bei dir die
Richtung stimmt. Mach weiter so.“ Zugleich hören
wir einen anderen Ton: „Mein Freund, es wäre schade, wenn du bei dieser Erkenntnis stehen bleibst.“
Was mag Jesus bewogen haben, den Gelehrten
zu loben und ihn zugleich anzuspornen, weiterzugehen? Bereits am Ende der Bergpredigt nannte
er jene klug, die seine Rede hören und auch tun.
Offensichtlich standen die Theologen seiner Zeit in
der Gefahr, die Theorie bestens zu beherrschen, aber
in der Praxis eher schwach zu sein. Jesus sagte dem
Volk kurz vor seiner Verhaftung: „Alles nun, was
[die Schriftgelehrten] euch sagen, das tut und haltet, aber nach ihren Werken sollt ihr nicht handeln;
denn sie sagen’s zwar, tun’s aber nicht.“ (Mt 23,3)
Bis heute verfolgt uns dieses zwiespältige Erscheinungsbild. Gottesdienstbesucher und Bibelleser sind
in der Regel recht gut mit der Lehre Jesu vertraut.
Manchmal wird dem Pastor Zustimmung signalisiert. Wenn aber das Gehörte nicht im Alltag angewandt wird, dann fehlt der entscheidende zweite
Schritt.
Hier merken wir, wie der doppeldeutige Satz „Du
bist nicht weit vom Reich Gottes entfernt“ auch uns
berührt. Nachfolge Jesu ähnelt der Fahrschule: Der
theoretische Teil ist unverzichtbar, reicht aber allein
nicht aus, um verantwortungsvoll am Straßenverkehr teilzunehmen. So müssen die Lehren von Jesus
auch ausgelebt werden.
Wilfried Krause
NOVEMBER
Morgens: Jeremia 32–33
Abends: 1. Petrus 1
SA 07.17 · SU 16.54 · KW 44
2
Sabbat
Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den
Toten, so wird dich Christus erleuchten.
Epheser 5,14b
Diese Worte sind kein unsanfter Ruf an einen Langschläfer, der morgens nicht aus den Federn findet,
sondern es ist ein Weckruf an Menschen, die sich
im Sündenschlaf und Sündentod befinden. Es ist
kein Weckruf, sondern ein Erweckungsruf. Eine
Erweckung ist das Dringendste, was wir als Christen brauchen, während wir auf die Wiederkunft
von Jesus warten.
Die Mehrheit der Christen ist nicht nur müde,
sondern schläft so tief, dass noch so gutgemeinte menschliche Bemühungen keine Erweckung
zustande bringen können. Wir brauchen eine wirkliche Erweckung, keine nur fieberhafte menschliche
Aktivität. Früher musste man Autos noch mit einer
Kurbel starten. Wenn allerdings der Kraftstofftank
leer war, konnte man so fieberhaft mit der Kurbel
drehen, dass einem der Schweiß von der Stirn lief:
ein Motorstart war ausgeschlossen. Alles blieb tot,
kalt und lautlos.
Was ist echte Erweckung? Sie ist und bleibt ein
Wunder Gottes – genauso wie eine Totenauferweckung. Sie kann nur durch das Wirken des Heiligen Geistes zustande kommen. Wenn er nicht wirkt
bzw. wenn wir uns seinem Wirken in den Weg stellen, werden all unsere Bemühungen scheitern.
Als der Geist Gottes zu Pfingsten in Fülle herniederkam, waren die Auswirkungen durch nichts und
niemand einzudämmen (siehe Apg 2). An einem
Tag ließen sich sogar 3000 Menschen taufen.
Wie gelangen wir zu einer echten Erweckung?
Sie kann nicht organisiert, nie von Menschen
„gemacht“ werden, sondern die Voraussetzungen
sind: Reue, Sündenbekenntnis, völlige Hingabe an
Christus, Umkehr von verkehrten Wegen und vor
allem ernstes Gebet in Gemeinschaft (als Gruppe
oder Gemeinde).
Ellen White schrieb dazu: „Unser himmlischer
Vater gibt denen, die ihn darum bitten, den Heiligen
Geist bereitwilliger, als Eltern ihren Kindern Gutes
geben. Aber es ist unsere Aufgabe, durch Bekenntnis [der Sünden], Demut, Reue und ernsthaftes
Gebet die Bedingungen zu erfüllen, unter denen
Gott versprochen hat, uns seinen Segen zu geben.
Eine Erweckung kann nur als Antwort auf Gebet
erwartet werden.“ (Für die Gemeinde geschrieben,
Bd. 1, S. 128, rev.; zitiert nach Unser größtes Bedürfnis, S. 65)
Herr, schenke uns die ersehnte Erweckung und
beginne damit bei mir!
Reinhold Paul
NOVEMBER
Morgens: Jeremia 34–36
Abends: 1. Petrus 2
SA 07.19 · SU 16.52 · KW 45
3
Sonntag
Gott gebe euch viel Gnade und Frieden durch die
Erkenntnis Gottes und Jesu, unseres Herrn!
2. Petrus 1,2
„Wenn dein Gott tot ist, nimm doch meinen!“
Dieser Aufkleber an Autos sagt zwar nicht, welcher Gott hier angeboten wird, doch er drängt zu
der Frage: Wie ist dein Gott? Stimmt dein Gottesbild mit dem überein, was uns Gott über sich in
der Heiligen Schrift mitgeteilt hat? Oder sind deine
Anschauungen über Gott von übernommenen Vorstellungen oder von deinen Wünschen geprägt?
Auch wir Christen unterliegen der Gefahr, „die
Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes in ein Bild
gleich dem eines Menschen zu verwandeln“ (Röm
1,23). Falsche Gottesvorstellungen hindern viele
Menschen daran, ein Vertrauensverhältnis zu ihm
aufzubauen.
Manche Christen wenden sich von Gott ab, weil
er ihre Erwartungen nicht erfüllt hat – die zu erfüllen er gar nicht versprochen hat. Andere wiederum
wollen mit ihm nichts zu tun haben, weil sie auf
seine Forderungen nicht eingehen möchten und
Gehorsam seinen Geboten gegenüber als unzumutbar ansehen.
Unser Andachtstext weist darauf hin, dass Gottes
Gnade und sein Friede umso mehr in uns Raum finden, je tiefer unsere Gotteserkenntnis reicht. Darum
darf unser Bemühen nie aufhören, Gott immer besser zu erkennen. Er versichert uns: „Wenn ihr mich
von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich
von euch finden lassen.“ (Jer 29,13b–14a)
Mit außerordentlichem Eifer suchte der Mönch
Martin Luther Gott. Er quälte sich im Kloster mit
einem Gott, vor dem er nicht bestehen konnte. Erst
durch das eifrige Studium des Römerbriefes fand
er den Gott, vor dem man wegen der eigenen Sünden nicht ständig Angst haben muss, sondern der
allen Gläubigen durch Christus aus Gnade Vergebung, Gerechtigkeit und inneren Frieden schenkt.
Das führte ihn zu einer radikalen Abwendung von
einem falschen, bedrückenden Gottesverständnis.
Wir verdanken also der Reformation eine Hinwendung zu dem wahren Gott, wie er uns in seinem
Wort begegnet.
Joachim Hildebrandt
Gott, von dir sich abwenden, heißt fallen.
Zu dir sich hinwenden, heißt aufstehen.
In dir bleiben, heißt sicheren Bestand haben.
Gott, dich verlassen, heißt sterben.
Zu dir heimkehren, heißt zum Leben erwachen.
In dir weilen, heißt leben. (Augustinus)
NOVEMBER
Morgens: Jeremia 37–39
Abends: 1. Petrus 3
SA 07.20 · SU 16.50 · KW 45
4
Montag
Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie
im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot
gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie
auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns
von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die
Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Matthäus 6,9–13
Jesus betete während seines irdischen Dienstes oft
lange und intensiv zu seinem Vater – und das hatte entsprechende Auswirkungen. Bei ihm holte er
sich Kraft und Wegweisung. Solch eine Stärkung
wünschten sich auch seine Jünger (Lk 11,1). Darum
lehrte er sie dieses „Mustergebet“ (V. 2–4).
Wie er selbst dürfen auch wir Gott „Vater“ nennen: „unser Vater“. Das ist ein Wunder: Der Mensch
redet zum lebendigen, allmächtigen Gott vertrauensvoll wie zu einem Vater, und Gott hört ihn,
erhört sein Gebet – nicht wie ein Automat, sondern
in fürsorgender Liebe – eben wie ein guter Vater
(siehe Mt 6,7–8).
„Dein Name werde geheiligt.“ Wir treten für
Gottes Ehre und Heiligkeit ein – in unserem Leben
und auch im Leben Anderer. Mit der Bitte „Dein
Reich komme“ bringen wir unsere Sehnsucht nach
der Rückkehr von Jesus zum Ausdruck. Die dritte
Bitte kann man so wiedergeben: „Verschaff deinem
Willen Geltung, auf der Erde genauso wie im Himmel.“ (GNB) Wenn wir sie beten, erklären wir uns
bereit, Gottes Willen zu tun.
Bei der Bitte um das tägliche Brot ist all das
Lebensnotwendige eingeschlossen. Auch die Bitte
um Vergebung haben wir täglich nötig; der Nachsatz „wie auch wir unseren Schuldnern vergeben
haben“ (EB) mahnt unsere Vergebungsbereitschaft
an. Die Bitte um Schutz vor Versuchungen mahnt
uns zugleich, vor Versuchungen die Türen zu verschließen. Die Bitte um Erlösung vom Bösen betrifft
dieses Leben (Unrecht und Tod), aber auch die
endgültige Befreiung von dem Bösen am Ende der
Weltzeit.
Am Ende dieses Gebets verherrlichen wir noch
einmal Gott mit der Gewissheit seiner Herrschaft
und dem Lob seiner Macht und Herrlichkeit.
Solch ein Mustergebet kann für junge Christen
eine gute Hilfe sein. Erfahrene Gläubige erinnert
es an die Grundanliegen, die in jedes morgendliche Gebet gehören. Welch Vorrecht ist es, einen so
wunderbaren Vater im Himmel zu haben, mit dem
wir reden können und der sich um uns kümmert!
Albrecht Höschele
NOVEMBER
Morgens: Jeremia 40–42
Abends: 1. Petrus 4
SA 07.22 · SU 16.48 · KW 45
5
Dienstag
Josef brachte auch seinen Vater Jakob zum Pharao. Jakob begrüßte den Herrscher mit einem
Segenswunsch. Der Pharao fragte ihn nach seinem Alter und Jakob erwiderte: „130 Jahre lebe
ich jetzt als Fremder auf dieser Erde. Mein Leben
ist kurz und leidvoll im Vergleich zu meinen Vorfahren, die heimatlos wie ich auf dieser Erde lebten.“
1. Mose 47,7–8 (Gute Nachricht Bibel)
Im Jahr 1791 wanderten meine Vorfahren nach
Südosteuropa aus, weil dort die Lebensbedingungen
besser waren. Sie machten das Land urbar, bauten
sich Häuser und lebten glücklich als Fremde. 153
Jahre später, als der zweite Weltkrieg tobte, mussten
sie Hals über Kopf fliehen, um ihr Leben zu retten.
Sie kamen in das Land ihrer Väter zurück, wieder
als Fremde. Es dauerte lange, bis sie hier heimisch
wurden.
Heimisch fühlte sich Abraham in Mesopotamien. Doch Gott wies ihn an: „Verlass deine Heimat … und zieh in das Land, das ich dir zeigen
werde!“ (1 Mo 12,1 GNB) So lebte Abraham im
Land Kanaan als Fremder. Er zog mit seinen Vieh-
herden von einem Weideplatz zum anderen und
wurde nicht sesshaft. Auch sein Sohn Isaak und
sein Enkel Jakob lebten als Fremde im Land, ohne
die Gewohnheiten der Kanaaniter mit ihrem Götzendienst anzunehmen. Sie starben dort, wurden
dort begraben, und fühlten sich doch nicht zu Hause, denn sie warteten „auf die Stadt, die einen festen
Grund hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist“
(Hbr 11,10).
Auch wir als Christen sind – biblisch gesehen –
„Heimatlose“ auf dieser Erde. Diese alte Welt wird
eines Tages vergehen. Wir sind hier unterwegs zur
himmlischen Heimat, dem neuen Jerusalem. Gott
bereitet es für alle vor, die an Jesus glauben und
ihm vertrauen.
Dort wird es auch keine Angst geben, die Heimat wieder verlassen zu müssen. Wenn Gott alles
neu geschaffen haben wird, wird das Dasein als
Fremde für immer beendet sein. Bis diese Hoffnung
in Erfüllung geht, leben wir im Glauben als Pilger
in die himmlische Heimat – ähnlich wie Abraham.
Worauf gründen wir diese Gewissheit? Kurz
bevor Jesus am Kreuz starb und am dritten Tag auferstand, sagte er zu seinen Jüngern: „Es gibt viele
Wohnungen im Haus meines Vaters, und ich gehe
voraus, um euch einen Platz vorzubereiten. Wenn
es nicht so wäre, hätte ich es euch dann so gesagt? “
(Joh 14,2 NLB)
Ich freue mich auf diese neue Heimat!
Adam Schiller
NOVEMBER
Morgens: Jeremia 43–45
Abends: 1. Petrus 5
SA 07.24 · SU 16.47 · KW 45
6
Mittwoch
Philippus machte sich auf die Suche nach Nathanael und erzählte ihm: „Wir haben den gefunden, von dem Mose und die Propheten geschrieben haben! Es ist Jesus, der Sohn von Josef aus
Nazareth.“ „Aus Nazareth!“, rief Nathanael aus.
„Kann denn aus Nazareth etwas Gutes kommen?“
Johannes 1,45–46a (Neues Leben Bibel)
Frauen können nicht einparken und Männer nicht
zuhören. Beamte sind faul, Politiker korrupt, Professoren langweilig, Bodybuilder dumm. Solche Sätze
hat wohl jeder schon einmal gehört, und bestimmt
haben wir uns des Öfteren darüber geärgert. Trotzdem erwischen wir uns auch selbst manchmal bei
dieser Art des Denkens. Oder wir pflegen sie sogar
mehr oder weniger unbewusst – ganz nach dem
Motto „typisch Mann“, „typisch Frau“ oder „einfach typisch“!
Nathanael ging es damit nicht anders. Nazareth war damals ein so unbedeutender Ort in den
Hügeln von Galiläa, dass es selbst für ihn, einen
Galiläer, schwer vorstellbar war, dass der ange-
kündigte Messias ausgerechnet von dort kommen
könnte.
Noch viel unglaublicher war dies für die gebildeten religiösen Führer in Jerusalem (siehe Joh 7,52).
In ihren Augen waren die Galiläer ungebildet und
primitiv, keine reinen Juden (weil dort viele nichtjüdische Einwanderer lebten), eigenartig (wegen ihres
komischen Dialekts) und religiös abgefallen (wie
die ganze Landbevölkerung).
Was hier geschah, ist typisch für dieses Denken:
Wir nehmen eine „Schublade“, „beschriften“ sie
mit der gängigen Bezeichnung für eine Menschengruppe (Frauen, Männer, Ostfriesen, Bayern …) und
ordnen ihr sehr vereinfachte Eigenschaften zu. Auf
diese Weise schaffen wir „Ordnung“ in unserem
Kopf und sind in der Lage, sehr schnell Entscheidungen zu treffen. Häufig reicht uns dafür schon
eine Information aus: „Jesus kommt aus Nazareth
in Galiläa? Dann kann er nicht der Messias sein!“
Spätestens dann, wenn ich selbst von Anderen
in eine „Schublade“ gesteckt werde und mich ungerecht behandelt fühle, merke ich, dass diese Art des
Denkens mir und auch Anderen nicht gerecht wird.
Philippus hat Nathanael (und mir) geholfen,
diese Falle zu umgehen: „Komm mit und überzeuge dich selbst!“ (Joh 1,46b NLB) Unser Umlernen
beginnt mit der Bereitschaft, den Anderen persönlich kennenzulernen. Den Mut dazu wünsche ich
uns allen!
Jörg Böhrnsen
NOVEMBER
Morgens: Jeremia 46–47
Abends: 2. Petrus 1
SA 07.26 · SU 16.45 · KW 45
7
Donnerstag
Deshalb werdet nicht müde zu tun, was gut
ist. Lasst euch nicht entmutigen und gebt nie
auf, denn zur gegebenen Zeit werden wir auch
den entsprechenden Segen ernten. Lasst uns
jede Gelegenheit nutzen, allen Menschen Gutes
zu tun, besonders aber unseren Brüdern und
Schwestern im Glauben.
Galater 6,9–10 (Neues Leben Bibel)
In der heutigen Zeit gibt es verstärkt Bemühungen,
benachteiligten, verarmten und notleidenden Menschen zu helfen. Manche Nichtbeteiligte (darunter
auch Christen) stellen sich die Frage, ob sich das
denn überhaupt lohne und was es bringe.
Am Anfang des Galaterbriefes erinnerte Paulus
an Gottes Angebot für alle Menschen: Gott hat seinen Sohn für uns gegeben, damit alle, die an ihn
glauben, ewiges Leben erlangen können. Das ist
Gottes größtes Geschenk an uns. Wer jedoch meint,
selbst etwas dem hinzufügen zu müssen, was Christus für unsere Erlösung getan hat, zeigt nur sein
Misstrauen gegen Gottes Zusage.
Am Ende seines Briefes forderte nun Paulus die
Christen auf, jede Gelegenheit wahrzunehmen,
Gutes an jedermann zu tun und darin nicht müde
zu werden – aus Dankbarkeit, dass Gott sie so reich
beschenkt hat!
Da in unserer Gesellschaft viele Menschen keine
Beziehung mehr zu Gott haben, wird unser Zeugnis
erst durch unser Gutestun „beglaubigt“ und glaubwürdig – besonders dann, wenn es sich nicht allein
auf Freunde und jene beschränkt, die uns sympathisch sind, sondern auch die Hilfsbedürftigen, die
Verachteten und die Randsiedler der Gesellschaft
umfasst.
Weil es vorkommt, dass gut gemeinte Bemühungen nicht gewürdigt, häufig nicht einmal mit
Dank bedacht werden, entsteht schnell die Frage:
Ist der Betreffende es wert, dass wir ihm weiter
Gutes erweisen? Unser Andachtswort ist eindeutig:
Lasst uns nicht müde werden, Gutes zu tun, denn
wir leben doch selbst von Gottes unverdienter Liebe.
Paulus versicherte: „Zu gegebener Zeit werden
wir den Segen“ dafür ernten, spätestens dann,
wenn wir aus dem Mund von Jesus die Worte hören
werden: „Kommt, ihr seid von meinem Vater gesegnet, ihr sollt das Reich Gottes erben … Was ihr für
einen der Geringsten meiner Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr für mich getan!“ (Mt
25,34.40 NLB)
Manfred Böttcher
NOVEMBER
Morgens: Jeremia 48–49
Abends: 2. Petrus 2
SA 07.27 · SU 16.44 · KW 45
8
Freitag
Sündigt nicht, wenn ihr zornig seid, und lasst die
Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.
Epheser 4,26 (Neues Leben Bibel)
Die Menschen vom Stamm der Makassas auf der
indonesischen Insel Sulawesi können ihre Wut oder
ihren Zorn mit 60 verschiedenen, fein abgestimmten Begriffen zum Ausdruck bringen. So wichtig
scheint dieses Gefühl für die Bewohner der Insel zu
sein. Wenn ein alter, weiser Mann von einem jüngeren Mann beleidigt wird, so gibt es ein bestimmtes Wort für diese gerechtfertigte Wut. „Amundjumundju“ ist dagegen ein körperlicher Ausdruck von
Wut und bedeutet wörtlich übersetzt „ein zorniges
Vorschieben der Lippe“. Wenn jemand bei den alten
Makassas so reagiert, dann kündigt er eine unbändige Wut an, bei der gleich etwas passieren wird.
Im Deutschen gibt es neben dem Ausdruck „Wut“
für dieses heftige Gefühl lediglich noch die Begriffe „Zorn“, „Groll“ und „Ärger“, aber dennoch kennen wir alle diese Verstimmungen, die schwerwiegende Folgen haben können. Horaz (65–8 v. Chr.)
behauptete sogar: „Der Zorn ist ein kurzer Wahnsinn.“ Die Bibel warnt vor den Folgen eines ungezügelten Zorns: „Ein Narr lässt seinem Zorn freien
Lauf, aber ein Weiser hält ihn zurück.“ (Spr 29,11
NLB)
In unserem Andachtstext ging Paulus noch
einen Schritt weiter. Er akzeptierte dieses negative
Gefühl, wies aber darauf hin, dass wir dabei nicht
in Sünde fallen sollen: „Sündigt nicht, wenn ihr zornig seid.“ Das bedeutet: Lasst euch nicht zu etwas
hinreißen, das ihr hinterher bereut. Oft sind es
Empfindlichkeiten und Missverständnisse, die unseren Ärger hochkochen lassen. Solche Dinge können
meist durch eine Aussprache oder eine Entschuldigung schnell aus der Welt geschafft werden.
Paulus riet: „Lasst die Sonne nicht über eurem
Zorn untergehen.“ Je länger man wartet, desto
schwerer fällt der Schritt zur Versöhnung, wie dieses
Bild verdeutlicht: Wenn zwei Personen auf einer Eisscholle treiben und diese durch den Zorn zerbricht,
so vergrößert sich die Entfernung voneinander, je
länger man auf seiner Scholle bleibt. Manchmal
gelingt der Sprung zurück überhaupt nicht mehr,
weil die Kluft unüberwindbar geworden ist.
Über die Pythagoreer wurde gesagt: Wenn sie
sich im Zorn zu Beleidigungen hinreißen ließen,
gaben sie sich vor Sonnenuntergang die rechte
Hand und verabschiedeten sich mit einem Gruß.
Wäre das nicht auch etwas für uns? Marit Krejcek
NOVEMBER
Morgens: Jeremia 50
Abends: 2. Petrus 3
SA 07.29 · SU 16.42 · KW 45
9
Sabbat
Doch weil der Pharao sich die Frau Abrams
genommen hatte, bestrafte der HERR ihn mit
einer schweren Krankheit, ihn und alle andern
in seinem Palast. Da ließ der Pharao Abram
rufen und sagte zu ihm: „Warum hast du mir
das angetan? Du hättest mir doch sagen können, dass sie deine Frau ist! Aber du hast sie für
deine Schwester ausgegeben, nur deshalb habe
ich sie mir zur Frau genommen.“
1. Mose 12,17–19a (Gute Nachricht Bibel)
Beinahe hätte ich diese Geschichte in der „Kinderstunde“ im Hausgottesdienst ausgelassen. Was sollten die Kinder damit schon anfangen? Aber dann
wurde mir bewusst, dass diese Geschichte eine
wichtige Lehre für Kinder (und natürlich auch für
Erwachsene) enthält. Zugegeben: Ich bezweifelte, ob
die dreijährige Salome sie verstehen würde, aber ihr
sechsjähriger Bruder konnte es schon.
Halten wir uns das vor Augen: Kurz, nachdem
Gott Abram (er wurde später in Abraham umbenannt) mehrfach erschienen und ihm großartige
Verheißungen gegeben hatte, zog Abram wegen
einer Hungersnot in Kanaan nach Ägypten. Weil er
Angst hatte, man würde ihn umbringen, um ihm
seine schöne Frau Sara wegzunehmen, bat er sie zu
sagen, dass sie seine Schwester wäre (1 Mo 12,10 –
13). Das stimmte zwar zum Teil (sie war seine Halbschwester, siehe 1 Mo 20,12), verbarg aber eindeutig
seine wahre Beziehung zu ihr.
Dem Pharao wurde tatsächlich diese schöne,
fremde Frau empfohlen; er ließ sie zu sich in den
Palast holen und gab Abram einen hohen Brautpreis an Tieren dafür (1 Mo 12,14–16). Der schwieg!
Wie konnte er um seiner Sicherheit und seines Vorteiles willen seine Frau in solch eine Lage bringen?
Und dann geschah das schier Unfassbare: Gott
bestrafte nicht Abram, sondern den Pharao, der in
dieser Sache doch unschuldig war!
Häufig bekommen Kinder von ihren gläubigen
Eltern (teils unbewusst) vermittelt, dass Gott nur
die Gehorsamen segne und die bestrafe, die seine
Gebote übertreten. Wenn man gesündigt hat, könne man seine Hilfe nicht erwarten. Auch erwachsene Christen denken (noch) manchmal so.
Diese Geschichte wirft ein ganz anderes Licht
auf Gottes Handeln und seine Treue zu seinen Kindern! Darüber kann man nur staunen!
Werner E. Lange
NOVEMBER
Morgens: Jeremia 51–52
Abends: 1. Johannes 1
SA 07.31 · SU 16.40 · KW 46
10
Sonntag
Wie habe ich dein Gesetz so lieb! Täglich sinne
ich ihm nach … denn es ist ewiglich mein Schatz.
Psalm 119,97–98
Ausgerechnet in der eritreischen Armee hatte Isaac
den christlichen Glauben kennengelernt. Sein
Trupp war überfallen worden, 450 Soldaten starben, er allein überlebte. „Du bist nicht umsonst am
Leben geblieben, Gott hat noch etwas mit dir vor!“,
meinte einer seiner Mitkämpfer und schenkte ihm
eine Bibel. Er las sie heimlich, versteckte sie jedes
Mal wieder – gut eingepackt – im Wüstensand. Sein
Schatz wurde ihm immer wertvoller. Schließlich
kam es doch ans Licht, dass er in der Bibel gelesen
hatte.
Isaac wurde verhaftet, gefoltert und sollte seinem
christlichen Glauben abschwören. Gemeinsam mit
anderen Christen steckte man ihn in einen Stahlcontainer, der nur einmal am Tag für eine Stunde
geöffnet wurde. Statt sich sofort auf ihre spärliche
Nahrung zu stürzen, nutzten die Gefangenen das
Tageslicht, um einen Blick auf die wenigen Bibelseiten zu werfen, die sie heimlich untereinander
austauschten. In Eritrea sind schätzungsweise 1000
Christen in solchen Gefängniscontainern inhaftiert.
(Quelle: Open Doors)
Ja, die Bibel ist ein gefährliches Buch! Die Regierungen aller Länder, in denen Christen verfolgt
werden, fürchten dieses Buch und verbieten seine
Lektüre und Verbreitung, denn es ist Gottes Wort,
das Menschen begeistert und verändert, ihnen neues Leben gibt, die Angst wegnimmt, uns Mut macht
und Kraft gibt. Kein Wunder, dass es viele wie der
Psalmist und Isaac als einen Schatz ansehen.
Die Adventgemeinde war von Anfang an eine
Gemeinde des Wortes. Ihre Gründung war das
Ergebnis intensiven Bibelstudiums. Bis heute ist sie
die Glaubensgemeinschaft, die am konsequentesten
an der biblischen Botschaft festhält. Umso erstaunlicher ist, dass im Jahr 2010 auf der Generalkonferenzversammlung in Atlanta eine Studie veröffentlicht wurde, die besagt, dass nur noch 51 Prozent
der Adventisten regelmäßig in ihrer Bibel lesen.
Manchmal frage ich mich, wann wir es bemerken würden, wenn über Nacht alle unsere Bibeln
verschwunden wären. Am nächsten Morgen? Am
folgenden Sabbat? Vielleicht erst nach Wochen –
oder überhaupt nicht?
Für verfolgte Christen ist das Wort Gottes das
Lebenselixier. Warten wir nicht auf schwierige Zeiten, sondern nutzen wir diese Kraftquelle jeden Tag!
Heidemarie Klingeberg
NOVEMBER
Morgens: Klagelieder 1–2
Abends: 1. Johannes 2
SA 07.33 · SU 16.39 · KW 46
11
Montag
Verlässt du dich auf den zerbrochenen Rohrstab
Ägypten, der jedem, der sich darauf stützt, in die
Hand dringt und sie durchbohrt?
Jesaja 36,6a
Klarer Fall, magst du jetzt denken: Wer sich auf die
„Welt“ (Ägypten) verlässt, der erleidet Schaden. Ein
zweiter Blick auf die Rolle Ägyptens in der Geschichte des Volkes Gottes zeigt aber ein etwas anderes
Bild.
Während einer Hungersnot fand Abram in
Ägypten Hilfe (1 Mo 12,10). Jahre später verwehrte
Gott Isaak, wegen einer Hungersnot Hilfe in Ägypten zu suchen (1 Mo 26,2). Im Rahmen der Josefgeschichten (1 Mo 37ff.) wurde Ägypten zunächst
Zufluchtsort für Josef selbst. Als Jahre später eine
Hungersnot Josefs Familie in ihrer Heimat bedrohte, wurde Ägypten für Jakob und seine Sippe zum
Rettungs- und Zufluchtsort. In der Zeit der alttestamentlichen Propheten waren politische und militärische Bündnisse mit Ägypten gegen Gottes Willen.
Und einige Jahrhunderte später wies Gott Josef und
Maria an, mit dem neugeborenen Jesus Zuflucht in
Ägypten zu suchen (Mt 2,13).
War die Suche nach Zuflucht in Ägypten nun
nach Gottes Willen oder nicht? Manchmal Ja und
manchmal Nein. In unserem persönlichen Leben
wie auch in der Gemeinde kommen wir bei der
Frage, wo wir gottgewollte Hilfe finden, aus eben
diesem Grund oft nicht weiter. Allein menschliche
Erfahrungswerte greifen zu kurz. Oft finden die Vertreter gegensätzlicher Positionen nachvollziehbare
biblische Begründungen für ihre Haltung. Aber ist
damit auch schon der Wille Gottes in der momentanen Situation geklärt?
Für mich ergibt sich daraus, dass Gott den besseren Überblick hat, wo wir jeweils Hilfe und Zuflucht
finden bzw. von wem wir lernen können oder auch
nicht. Unsere menschlichen Erfahrungswerte können hilfreich sein und sollten in unsere Entscheidungen, wie wir unser Leben mit Gott führen wollen, einfließen. Aber viel entscheidender ist, wie
Gott uns führen will – und das kann manchmal
überraschend anders sein, als wir es uns vorstellen.
Dazu ein Wort des weisen Salomo: „Verlass dich auf
den HERRN von ganzem Herzen, und verlass dich
nicht auf deinen Verstand, sondern gedenke an ihn
in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen.“ (Spr 3,5– 6)
Ich wünsche dir für den heutigen Tag, dass du
über allen Erfahrungswerten Gottes Stimme hörst
und ihr folgen kannst, auch wenn dich seine Weisung überrascht.
Ottmar Wander
NOVEMBER
Morgens: Klagelieder 3–5
Abends: 1. Johannes 3
SA 07.34 · SU 16.37 · KW 46
12
Dienstag
Über dem allen, mein Sohn, lass dich warnen;
denn des vielen Büchermachens ist kein Ende,
und viel Studieren macht den Leib müde.
Prediger 12,12
Wir leben in einer Zeit, in der sich das Wissen in
immer kürzer werdenden Zeiträumen verdoppelt.
Schon lange weiß niemand mehr alles, und Bücher
gibt es so viele, dass wir bewusst auswählen müssen. Enzyklopädien sind so schnell überholt, dass
sie nur noch in digitaler Form erscheinen. Zu den
Büchern kommen noch Zeitschriften, das Internet
und andere Medien hinzu, die uns mit Wissen versorgen.
Die Kinder lernen in der Schule immer mehr und
auch im Beruf müssen wir uns lebenslang weiterbilden. Wer nicht auf dem aktuellen Stand ist, verliert
schnell den Anschluss. Lernen gehört zu unserem
Leben und viele Annehmlichkeiten des heutigen
Lebens gäbe es gar nicht, wenn nicht frühere Generationen durch ihr Wissen die Voraussetzungen
dafür geschaffen hätten.
Raubt unser Verlangen, immer mehr wissen zu
wollen, uns so viel Zeit, dass uns für das wirklich
Wichtige im Leben, für die Pflege von Beziehungen
(zu Gott, zu unserer Familie und zu unseren Mitmenschen) keine Zeit mehr bleibt?
Ein junger, wissbegieriger König wollte alles
Wichtige über das Leben erfahren und bat deshalb
die Weisen seines Landes, das aufzuschreiben. Sie
machten sich an die Arbeit und legten dem König
schließlich 1000 Bücher vor. Der war inzwischen
60 Jahre alt und wollte deshalb alles kürzer haben.
Nach weiteren zehn Jahren war alles auf 100 Bände reduziert. „Schreibt nur das Allerwichtigste“,
sagte der König zu ihnen. Als alles nur noch ein
Buch umfasste, lag ihr Herr schon im Sterben. Die
Gelehrten sollten das Ergebnis ihres Forschens nun
in einem Satz zusammenfassen. Dieser lautete: „Die
Menschen leben, leiden und sterben. Was wichtig
ist und überlebt, ist die Liebe, die wir von Gott empfangen und geschenkt bekommen.“
Unserem Andachtswort folgt auch eine Zusammenfassung in einem Satz: „Lasst uns die Hauptsumme aller Lehre hören: Fürchte Gott und halte
seine Gebote; denn das gilt für alle Menschen.“
(Pred 12,13) Ehrfurcht vor Gott und Liebe zu ihm
zeigt sich nicht zuerst in unserem Wissen – so wichtig dies auch ist – sondern darin, dass wir das tun,
was uns sein Wort und speziell seine Gebote sagen.
Wir sollen Täter des Wortes sein und nicht nur
Hörer (Jak 1,22).
Günter Schlicke
NOVEMBER
Morgens: Hesekiel 1–2
Abends: 1. Johannes 4
SA 07.36 · SU 16.36 · KW 46
13
Mittwoch
Nach großer Aufregung und heftigen Auseinandersetzungen zwischen ihnen und Paulus und
Barnabas beschloss man, Paulus und Barnabas und einige andere von ihnen sollten wegen
dieser Streitfrage zu den Aposteln und Ältesten
nach Jerusalem hinaufgehen.
Apostelgeschichte 15,2 (Einheitsübersetzung)
Eine Fabel erzählt: Es herrschte Streit im Tierreich
um ein altes Wasserloch. Die Tiere im Urwald
waren aufgebracht und in zwei Parteien gespalten.
Die einen wollten das Wasserloch zuschütten, weil
in der Nähe eine Quelle entstanden war; die andern
wollten es erhalten, weil man schon seit Generationen daran gewöhnt war und die Quelle zu weit weg
lag. Die Schildkröte sagte: „Ich mag keinen Streit,
der Konflikt lässt sich sowieso nicht lösen. Ihr regt
mich zu sehr auf!“ Und sie zog den Kopf ein und
verkroch sich unter ihrem Panzer. Der Bär umarmte
die anderen Tiere: „Ich will mich ja gar nicht streiten. Vergessen wir doch den Konflikt, und lasst uns
gute Freunde sein.“ Darauf sagte der Tiger: „Gute
Freunde sein hilft uns nicht weiter, wir müssen das
Problem lösen. Ich weiß, wie wir es machen. Notfalls ziehe ich die Lösung auch alleine durch.“
„Ja“, sagte darauf der schlaue Fuchs, „wir müssen das Problem schon lösen. Aber suchen wir doch
einen Kompromiss: Jeder gibt ein bisschen nach
und jeder gewinnt ein bisschen.“
Lange Zeit hatte die weise Eule zugehört, dann
meldete sie sich zu Wort: „Halbe Lösungen sind keine Lösungen, weil keiner damit richtig zufrieden
ist. Wir brauchen einen Weg, wo der Konflikt offen
angesprochen, das Problem gelöst wird und alle
zufrieden sind.“
„Wie willst du denn das machen? “ fragten die
Tiere.
„Wir werden sehen“, antwortete die Eule und rief
alle Tiere zusammen …
Konflikte gibt es überall: in der Ehe, in der Familie, im Freundeskreis und auch in der Gemeinde.
Selbst in der Urgemeinde kamen Streit und Zwiespalt auf, wie wir unserem Andachtswort entnehmen können.
Da hilft es nicht, das Problem zu verdrängen,
vorschnell nach Harmonie zu trachten, eine Lösung
auf Biegen und Brechen durchzuziehen oder faule
Kompromisse zu schmieden. Eine Lösung gibt es
nur, wenn alle zusammenkommen, offen und fair
miteinander reden und eine gemeinsame Lösung
suchen. In der Urgemeinde ist das damals gelungen. Es funktioniert auch heute noch.
Roland E. Fischer
NOVEMBER
Morgens: Hesekiel 3–4
Abends: 1. Johannes 5
SA 07.38 · SU 16.35 · KW 46
14
Donnerstag
[Jesus sagte:] „Kommt alle her zu mir, die ihr
euch abmüht und unter eurer Last leidet! Ich
werde euch Ruhe geben.“
Matthäus 11,28 (Hoffnung für alle)
„Unter Korruption versteht man den Missbrauch
einer Vertrauensstellung als Funktionsträger …
zum persönlichen Vorteil … Der wichtigste Faktor,
der aus ehrlichen Menschen korrupte Menschen
macht, heißt Macht … Macht führt dazu, dass man
,Wasser predigt, aber selbst Wein trinkt‘ (Heinrich
Heine) … Denn wer sich mächtig fühlt, der unterliegt selbst weniger der Regelung durch Andere …“
(Prof. Manfred Spitzer, „Korrupt ist jeder – mehr
oder weniger“, Nordwestzeitung 19.1.2012)
Auch im Bereich der Religion und des Glaubens
gab es zu allen Zeiten das Problem des Machtmissbrauchs an meist hilflosen Opfern. An einer Auseinandersetzung mit diesem Thema kam auch Jesus
nicht vorbei, wie wir z. B. seinem Gebet in Matthäus 11,25 entnehmen können: „Mein Vater …
Ich danke dir, dass du die Wahrheit vor den Klugen
und Gebildeten verbirgst und sie den Unwissenden
enthüllst.“ (Hfa)
Wie stand es denn um das einfache Volk zur Zeit
von Jesus? Sie mussten glauben und tun, was ihnen
angeordnet wurde. Sie wurden abhängig gemacht
von menschlichen Regeln und Gesetzen – einer
Last, die nur sehr schwer zu tragen und zu ertragen
war. Während die einen unter dieser Knechtschaft
demütig litten, wurden andere – wie z. B. die Zöllner – in Form von Machtmissbrauch selbst korrupt.
Doch ein Problem hatten wohl alle – die Mächtigen
und die Geknechteten, die Gebildeten und Unwissenden, die Armen und die Reichen: Sie suchten
nach innerem Frieden, nach dem Sinn des Lebens,
nach Ruhe und Angenommensein. Und daran hat
sich bis heute nichts geändert.
Wer aber wird diese Ruhe finden? Wer darf sie
dauerhaft erleben? Jeder, der die Einladung von
Jesus annimmt, wie unser Andachtstext sagt. Er
wird den Unterschied zwischen menschlichem
Zwang und der göttlichen Herrschaft kennenlernen.
Die Einladung von Jesus gilt auch uns heute:
„Lasst euch von mir in den Dienst nehmen und
lernt von mir! Ich meine es gut mit euch und sehe
auf niemanden herab. Bei mir findet ihr Ruhe für
euer Leben. Mir zu dienen ist keine Bürde für euch,
meine Last ist leicht.“ (V. 29–30 Hfa) Ich kann
jedem aus eigener Erfahrung nur empfehlen, diese
Einladung anzunehmen!
Waltraud Schneider-Kalusche
NOVEMBER
Morgens: Hesekiel 5–7
Abends: 2. Johannes
SA 07.39 · SU 16.33 · KW 46
15
Freitag
O Herr, welch unermessliche Vielfalt zeigen deine Werke! Sie alle sind Zeugen deiner Weisheit,
die ganze Erde ist voll von deinen Geschöpfen.
Psalm 104,24 (Hoffnung für alle)
Haben wir auch schon so empfunden? Wie vor
Jahrtausenden kann die Schöpfung noch heute in
ihrer Vielfalt, Farbenpracht und Zweckmäßigkeit
entzücken, wenn wir uns ein offenes Auge, Ohr
und Herz dafür bewahren. Der Psalmsänger konnte noch nicht wissen: dass Gott die Millionen von
Dingen und Lebewesen – unsere gesamte materielle
Welt – aus nur 92 Elementen erschuf, die ihrerseits
aus winzigen Teilchen, den Atomen, bestehen. Dieses Wissen sollte unsere Bewunderung des Schöpfers vergrößern.
Ein Atom ist unvorstellbar klein und leicht. Keine
Waage kann sein Gewicht messen, kein Mikroskop
kann es sichtbar machen. Und doch ist es da und
lässt sich nachweisen. Man müsste etwa 100 Millionen Wasserstoffatome aneinanderlegen, wollte man
die Länge eines einzigen Zentimeters erreichen. Ein
Vergleich kann uns helfen, diese Dimensionen zu
erfassen: Angenommen, wir würden die Welt hundertmal vergrößern, dann wären wir Menschen
halb so groß wie der Berliner Fernsehturm, und
die Maikäfer so groß wie Stiere; aber das Wasserstoffatom wäre noch nicht zu sehen. Nach erneuter
hundertfacher Vergrößerung wären wir Menschen
doppelt so groß wie der höchste Berg der Welt; die
Maikäfer wären Ungeheuer von 300 Metern Länge
– vom Atom wäre immer noch nichts zu sehen.
Auch eine dritte Vergrößerung würde es nicht
sichtbar machen; erst nach der vierten, bei der ein
Ei die Größe unserer Erde und die Bakterien die der
Wale hätten, würde das Atom in der Größe einer
Weinbeere in unser Blickfeld kommen. Diese winzigen Atome hat der Schöpfer in unermesslicher Zahl
geschaffen, zu unzählbaren Molekülen zusammengefügt und durch sie die materielle Welt und die
Lebewesen aufgebaut. In einem Felsbrocken von
einem Kubikmeter Größe befinden sich 27 Trillionen Atome (diese Zahl hat 18 Nullen). Wer kann
schon solche Zahlen begreifen?
Selbst die unsichtbaren Atome und die Moleküle
zeugen, wie unser Andachtswort sagt, von der Vielfalt der Werke Gottes und von seiner Weisheit. Sie
bestätigen die Worte, die Augustinus von Hippo
(354–430) zugeschrieben werden: „Gott ist in den
kleinsten Dingen am größten.“ Das ist ein weiterer
Grund, unseren Schöpfer heute zu bewundern, ihm
zu danken und ihn zu loben.
Paul Gerhard Wiesenberg
NOVEMBER
Morgens: Hesekiel 8–10
Abends: 3. Johannes
SA 07.41 · SU 16.32 · KW 46
16
Sabbat
„… damit sie alle eins seien. Wie du, Vater, in
mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns
sein.“
Johannes 17,21a
Viele Gläubige sehnen sich danach, in ihren
Gemeinden Einigkeit – das Einssein – zu erleben.
Damit meinen sie oft, dass es keine Spannungen
und Meinungsunterschiede geben darf. Ist diese Art
von Einssein das, was Jesus in seinem hohenpriesterlichen Gebet (Joh 17) meinte, und zwar sowohl
im Blick auf die einzelnen Gemeinden als auch auf
die gesamte Christenheit (wie viele Ausleger meinen)?
Jesus betete hier nicht für das Miteinander der
Gemeindeglieder, sondern für das persönliche Einssein der Gläubigen mit ihm und dem Vater. So wie
er mit dem Vater eins war und ist, so sollten alle,
die durch das Zeugnis der Apostel zum Glauben
kommen (V. 20), mit ihm eins sein, d. h. zu ihm
eine enge Beziehung haben und mit ihm verbunden leben.
Jesus zählte auf, was gläubige Menschen erkannt
haben und wie er sie beschenken wollte: Die Gläu-
bigen wissen, dass Gott seinen Sohn in diese Welt
gesandt hat, weil er sie liebt (V. 23b). Christus
hat ihnen seine Herrlichkeit gegeben (V. 22), d. h.
Glanz und Ehre für die Erlösten, die zu einem neuen Leben auferstehen und Christus in seiner Herrlichkeit sehen werden (V. 24). Sie dürfen Erlösungsgewissheit haben, weil sie wissen, was Jesus auch
weiterhin für sie tut: „Und ich habe ihnen deinen
Namen [das Wesen des Vaters] kundgetan und werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich
liebst, in ihnen sei und ich in ihnen.“ (V. 26)
Sie leben so, dass die Menschen um sie herum
erkennen, dass Gott die Welt liebt und Christus der
von Gott gesandte Erlöser ist (V. 23). Weil Gottes
Liebe in ihnen ist, werden sie dann auch das neue
Gebot Jesu erfüllen können: „Ihr sollt einander lieben! Genauso wie ich euch geliebt habe, sollt ihr
einander lieben! An eurer Liebe zueinander werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid“ (Joh
13,34–35 GNB)
Unterschiedliche Sichtweisen und kontroverse Diskussionen sind kein Zeichen dafür, dass es
das persönliche Einssein mit Jesus in der Gemeinde nicht gibt oder die Einigkeit bei offenen Fragen
nicht möglich wäre.
Jeder, der aus dieser von Jesus erbetenen Beziehung mit ihm und dem Vater lebt, wird zur Liebe
untereinander und damit auch zum Gemeindefrieden beitragen können.
Harald Weigt
NOVEMBER
Morgens: Hesekiel 11–13
Abends: Hebräer 1
SA 07.43 · SU 16.31 · KW 47
17
Sonntag
„Seht, ich [Gott, der Herr] öffne eure Gräber; ich
lasse euch als mein Volk aus euren Gräbern steigen.“
Hesekiel 37,12 (Neues Leben Bibel)
Es geschah nicht an einem Volkstrauertag, sondern mitten im Sommer des Jahres 2011: Der Präsident unserer Kirche, Pastor Ted Wilson, besuchte
die Theologische Hochschule Friedensau. Ein Programmpunkt war die Führung durch den Ort und
die anschließende Fahrt mit dem „Trabbi“ der Hochschule über das Gelände. Die sich auflösende Nationale Volksarmee der DDR schenkte uns Anfang der
1990er-Jahre einen Trabant-Kübelwagen. Es ist ein
Cabrio, das ich häufig nutze, um Gästen das weitläufige Gelände der Hochschule zu zeigen.
Auf der Fahrt wollte ich am kircheneigenen Friedhof nur kurz anhalten, aber Ted Wilson bestand
darauf, auszusteigen und die Gräber zu besichtigen.
Viele gläubige Menschen liegen auf diesem Friedhof
begraben und es wurde richtig spannend, als ich
ihm einiges über sie erzählte.
Es lag nahe, dass wir uns dabei die Szene aus
unserem Andachtstext vergegenwärtigt haben. Was
wird das für ein großartiges Ereignis sein, wenn
die Gräber sich öffnen und die auferweckten Gläubigen heraussteigen! Dem Prophet Hesekiel wurde
das plastisch gezeigt; der Apostel Paulus bekräftigte diese Hoffnung, die bei der Wiederkunft Christi
Wirklichkeit wird: „Denn der Herr selbst wird mit
einem lauten Befehl, unter dem Ruf des Erzengels
und dem Schall der Posaune Gottes vom Himmel
herabkommen. Dann werden zuerst alle Gläubigen,
die schon gestorben sind, aus ihren Gräbern auferstehen.“ (1 Ths 4,16 NLB)
Dann wird einiges los sein auf dem kleinen
Friedensauer Friedhof. Leben statt Tod, Lebendigkeit statt Ruhe und Stille werden an diesem Tage in
Friedensau einziehen. Und die Gläubigen in Christus werden dann mit ihm ewig leben. Als Pastor
Wilson, seine Begleiter und ich uns das bildlich vor
Augen führten, wurden wir tief berührt. In solch
einem Augenblick werden die Probleme der Kirche
und das Management der Hochschule nebensächlich. Denn die Auferstehung ist unsere Hoffnung.
Dafür leben wir, dafür arbeiten wir; dafür haben
Gläubige gelitten und manche sind für die Sache
Gottes gestorben.
Sich vorzustellen, dass die Vielen auferstehen
werden, dass Christus ihnen neues Leben schenkt
und sie – zusammen mit den dann Lebenden – mitnimmt in seine neue Welt, schenkt uns Hoffnung,
Zuversicht und Kraft. Auch schon für den heutigen
Tag!
Roland Nickel
NOVEMBER
Morgens: Hesekiel 14–15
Abends: Hebräer 2
SA 07.45 · SU 16.29 · KW 47
18
Montag
Während Petrus im Gefängnis saß, betete die
Gemeinde inständig für ihn zu Gott … Als [die
Dienerin Rhode] seine Stimme erkannte, war sie
so durcheinander vor Freude, dass sie ohne die
Tür zu öffnen wieder zu den anderen zurücklief. „Petrus steht vor der Tür!“, rief sie. „Du bist
von Sinnen“, meinten die anderen. Und als sie
darauf beharrte, kamen sie zu dem Schluss: „Es
muss wohl sein Engel sein.“ … Als sie schließlich
die Tür öffneten und ihn sahen, waren sie außer
sich vor Staunen.
Apostelgeschichte 12,5.14–16 (Neues Leben Bibel)
Ein erhörtes Gebet brachte einer Baptistengemeinde
in den USA eine Schadensersatzklage ein: In einer
kleinen Ortschaft im Bundesstaat Texas wollte ein
Wirt seine Kneipe erweitern. Dagegen setzte sich die
örtliche Baptistengemeinde mit Behördeneingaben
und Gebeten zur Wehr. Die Folge: Etwa eine Woche
vor der Wiedereröffnung schlug ein Blitz in Drummonds Bar ein; das Gebäude brannte ab.
Die Christen rühmten – etwas vorlaut – die
„Macht des Gebets“. Denn der Wirt verklagte die
Gemeinde auf Schadensersatz: „Mittelbar oder unmittelbar“ sei sie für die Zerstörung des Hauses verantwortlich. Das wiederum stritt die Gemeinde ab.
Nun hatte der Richter, der das Urteil sprechen sollte, ein Problem: „Ich weiß nicht, wie ich in dieser
Sache entscheiden soll. Nach Aktenlage haben wir
hier einen Wirt, der jetzt an die Macht des Gebets
glaubt, und eine christliche Gemeinde, die nicht
mehr daran glauben will.“
Wer also ernsthaft betet, sollte damit rechnen,
dass Gott sein Gebet erhört! Eher selten tut er es
so spektakulär und nicht immer sofort – und auch
nicht immer so, wie wir uns das vorstellen. Aber
wenn Gott uns „beim gebeteten Wort“ nimmt, dürfen wir mit Überraschungen rechnen – wie die ersten Christen, als sie gemeinsam um die Befreiung
des Petrus beteten.
Die junge Dienerin erkannte sofort, dass Gott die
Gebete erhört hatte, und freute sich so sehr darüber, dass sie vergaß, Petrus die Tür zu öffnen. Die
„frommen Beter“ hielten sie für nicht zurechnungsfähig und suchten sofort nach plausiblen Erklärungen für das, was ihnen zu wunderbar vorkam. Was
erwarteten sie denn als Antwort auf ihre Gebete?
Welch eine Vorstellung von Gott hatten sie?
Was erwarten wir, wenn wir für Andere beten?
Wie groß (oder klein) ist mein Gott? Was und wie
viel traue ich ihm eigentlich zu?
Herr, ich will dir kindlich vertrauen – wie damals
die Dienerin Rhode!
Elí Diez-Prida
NOVEMBER
Morgens: Hesekiel 16–17
Abends: Hebräer 3
SA 07.46 · SU 16.28 · KW 47
19
Dienstag
Lasst euch von Gott als lebendige Steine in seinen geistlichen Tempel einbauen.
1. Petrus 2,5a (Neues Leben Bibel)
Ein Farbiger berichtete einmal folgende Geschichte: „Bei uns im Dorf hatte ein Mann seine Hütte
auf ein paar Pfähle gestellt, weil er am Fluss wohnte. Eines Tages entdeckte er an den Pfählen einige
faule Stellen. Da ging er und holte ein sehr scharfes Messer. Damit schnitt er die faulen Stellen aus,
aber das Schneiden machte ihm so viel Freude, dass
er gar nicht aufhören konnte. Die Pfähle wurden
immer dünner, und auf einmal brachen sie ab und
die Hütte lag im Wasser.
Der Mann konnte gerade noch an Land schwimmen, bevor ihn die Krokodile bemerkten, und so
ging er zum weißen Vater [dem Missionar] und fragte ihn, wieso das so gekommen sei. Der weiße Vater
antwortete: ‚Wenn man an Pfählen herumschnitzt,
dann werden sie immer dünner, und schließlich
brechen sie ab. Das hättest du eigentlich wissen
können. Aber du hattest so viel Freude am Schneiden, dass du nicht aufhören konntest und gar nicht
merktest, wie die Pfähle immer dünner wurden, bis
du samt der Hütte im Wasser lagst. Besser wäre es
gewesen, du hättest ein paar neue Pfähle eingerammt. Ist es besser, einen Unterbau zu stärken oder
zu schwächen? ‘ Da dachte der Mann daran, wie er
ins Wasser gefallen war, und an die Krokodile, und
sagte: ‚Ich glaube, es ist besser, ihn zu stärken.‘“
(Aus: Michael Horatczak, Obolungwe oder ein Neger
in Europa, Herder-Verlag 1961, S. 117f.)
In der Bibel wird die Gemeinde mit einem Haus
verglichen. Gibt es daran „faule“ Stellen? Wenn
man genau hinsieht, leider mehr als genug. Was
ist zu tun? Hilft es, die faulen Stellen herauszuschneiden? Manche würden gern alles Fehlerhafte
entfernen. Dabei halten sie sich an die von ihnen
für heilig erklärte Devise: „Lieber klein und rein.“
Eine sündlose Gemeinde hat es nie gegeben und
wird es auch nie geben! Statt dauernd auf ihre
Unzulänglichkeiten zu starren, statt dauernd – im
übertragenen Sinne – daran herumzuschneiden,
sollte man sich lieber bemühen, die Gemeinde zu
bauen, und wenn es sein muss, auch morsche Pfähle zu ersetzen und neue einzurammen.
„Lasst euch von Gott als lebendige Steine in seinen geistlichen Tempel einbauen“, das heißt: Bringt
euch selbst mit aller Liebe und mit euren Kräften
ein, um die Gemeinde mitzugestalten. Die Beurteilung darüber, was sich schlussendlich als standfest
erweisen wird, können wir getrost Gott überlassen.
Josef Butscher
NOVEMBER
Morgens: Hesekiel 18–19
Abends: Hebräer 4
SA 07.48 · SU 16.27 · KW 47
20
Mittwoch
Legt von euch ab den alten Menschen mit seinem früheren Wandel, der sich durch trügerische Begierden zugrunde richtet. Erneuert euch
aber in eurem Geist und Sinn und zieht den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist in
wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit.
Epheser 4,22–24
Im Frühjahr 2011 gelang Chirurgen des Bingham
and Women’s Hospital in Boston (USA) eine spektakuläre Operation. Dem Texaner Dallas Wiens
wurde ein komplett neues Gesicht transplantiert. Weil der 26-Jährige während seiner Arbeit
auf einer Hebebühne mit einer Starkstromleitung
in Berührung gekommen war, erlitt er schwerste
Gesichtsverbrennungen. Das Ärzteteam tauschte in
einer 15-stündigen Operation Nase, Lippen, Haut,
Gesichtsmuskeln und -nerven gegen die eines anonymen Spenders aus, der bei einem Unfall ums
Leben gekommen war.
Nach der Operation bedankte sich Dallas Wiens
überschwänglich: „Ich kann niemals mit Worten
ausdrücken, was für mich getan wurde … Für mich
fühlt sich das neue Gesicht an wie mein eigenes.“
(Nach Zeitungsmeldungen vom 11. Mai 2011.)
Erneuerung ist etwas Wunderbares – vor allem
dann, wenn Zerstörtes wiederhergestellt wird. Im
Falle des überglücklichen Texaners ging es „nur“
um das Äußere. Christus bietet den Erlösten eine
viel tiefer greifende, echte Umgestaltung an. Ihm
geht es um das Innere des Menschen, sein Denken,
Fühlen, Wollen und Handeln. Auch hier soll etwas
Entstelltes wiederhergestellt werden, nämlich das
Wesen des Menschen, wie er von Gott ursprünglich
gedacht war – als sein Ebenbild und damit Ausdruck seiner Liebe und Gerechtigkeit.
Diese Wiederherstellung ist Teil des Planes Gottes mit den Menschen. Die Sünde – der Zustand des
Getrenntseins von Gott – wurde durch das Sterben
und die Auferstehung Christi überwunden. Somit
wurde die Ursache beseitigt, die unser Wesen zerstört hat. Damit die Erneuerung bei uns wirkt –
sozusagen der „neue Mensch“ in uns hinein „transplantiert“ werden kann – ist es nötig, „den Sohn
Gottes immer besser kennenzulernen, sodass unser
Glaube zur vollen Reife gelangt und wir ganz von
Christus erfüllt sind“ (Eph 4,13 NLB).
Schauen wir also auf Christus! Beschäftigen wir
uns mit seinem Leben und seinen Worten, dann
geschieht diese Umwandlung tatsächlich. Für heute
ist der Anfang schon gemacht.
Thomas Lobitz
NOVEMBER
Morgens: Hesekiel 20.21
Abends: Hebräer 5
SA 07.49 · SU 16.26 · KW 47
21
Donnerstag
Meine Gnade ist alles, was du brauchst! Denn
gerade wenn du schwach bist, wirkt meine Kraft
ganz besonders an dir.
2. Korinther 12,9a (Hoffnung für alle)
Der jüdische Rabbiner Paulus sah Jesus in einer
Vision und erkannte in ihm den Messias. Er stellte sein Leben ganz in den Dienst der Mission und
gründete in vielen Städten neue Christengemeinden. An vielen Orten schlug ihm erbitterter Widerstand entgegen, doch davon ließ er sich nicht beirren. Prügelstrafen, Haft, Schiff bruch, Folter – all
das konnte ihn nicht aufhalten.
Man sollte meinen, dieser zähe Bursche sei ein
Muster an Gesundheit und Ausdauer gewesen.
Doch in seinen Briefen gestand Paulus, dass er
unter Schmerzen litt, die ihm das Leben manchmal
unerträglich machten. Dreimal hatte er Gott angefleht, ihn von diesem Leiden zu befreien (V. 7–8).
Doch Gott gab ihm die Antwort des Andachtstextes.
Und Paulus akzeptierte dieses Nein. Er grummelte und klagte nicht darüber, sondern schrieb:
„Darum will ich vor allem auf meine Schwach-
heit stolz sein. Dann nämlich erweist sich die Kraft
Christi an mir. Und so trage ich alles, was Christus
mir auferlegt hat – alle Misshandlungen und Entbehrungen, alle Verfolgungen und Ängste. Denn
ich weiß: Gerade wenn ich schwach bin, bin ich
stark.“ (V. 9b–10 Hfa) Wie können wir zu einer solchen Einstellung finden?
Vor vielen Jahren bekam ein Architekt den Auftrag, einen Saal des Herrscherpalastes künstlerisch
auszugestalten. Er wollte die Wände mit riesigen
Spiegeln verkleiden. Doch als die erste Schiffsladung mit den Spiegeln aus Paris eintraf, entdeckte
der Bauherr entsetzt, dass alle Spiegel zertrümmert
waren! Er ließ den Scherbenhaufen auf den Müllplatz bringen und verständigte den Architekten von
diesem Unglück. Der ließ alle Scherben wieder in
Kisten schaufeln und zum Palast zurückbringen.
Die zerbrochenen Spiegel sollten in noch kleinere
Teile zerlegt werden. Aus diesen winzigen Teilchen
komponierte der Architekt ein leuchtendes Spiegelmosaik. Die Wände funkelten wie Diamanten.
Gerade durch das Zerbrechen der Spiegel wurde
ihre Schönheit herausgehoben, denn nun standen
nicht mehr die Spiegel im Mittelpunkt, sondern das
Licht, das von den zahllosen Minispiegeln zurückgeworfen wurde.
So kann mancher „Zerbruch“ in unserem Leben
etwas Großes zum Vorschein bringen: die Macht
Gottes, die uns auch im Unglück stehenbleiben
lässt.
Sylvia Renz
NOVEMBER
Morgens: Hesekiel 22.23
Abends: Hebräer 6
SA 07.51 · SU 16.25 · KW 47
22
Freitag
Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für
euch.
1. Petrus 5,7
„Herr,
könntest du nicht den Regen abstellen,
wenigstens für ein paar Minuten? “ Ich hätte nie
gewagt, ganz offiziell darum zu beten – es kam
mir nur so in den Sinn an diesem total verregneten
Morgen auf dem Weg zu unserer TV-Werkstatt.
Unser Fernsehgerät brauchte ein Update, wie das
halt so ist bei den modernen Geräten von heute.
Und Feuchtigkeit jeder Art war das Letzte, was
dieses Wunderwerk der Unterhaltungselektronik
gebrauchen konnte. Daher machte ich mir Sorgen.
Aber ganz ehrlich: Ich hatte nicht ernsthaft damit
gerechnet, dass der große Gott auch eine derart
profane Bitte erhören würde. Es ging ja wirklich
nur um ein Fernsehgerät. Aber er ist immer für eine
Überraschung gut. Und er überraschte mich auch
an diesem trüben Vormittag.
Kaum hatten wir den Parkplatz erreicht, hörte
der Regen schlagartig auf. Für wenige Augenblicke
brach sogar die Sonne durch, sodass wir nicht nur
trockenen Fußes die Werkstatt erreichten, sondern
das empfindliche Gerät auch problemlos über den
Hof transportieren und in den Kofferraum stellen
konnten. Der Regen legte tatsächlich eine Pause
ein, bis wir zu Hause waren und das Fernsehgerät wieder an seinem gewohnten Platz in unserem
Wohnzimmer stand – und setzte ganz heftig wieder
ein, als die Arbeit getan war.
Ich werde diese ganz besondere Erfahrung niemals vergessen. Bis zu diesem Vormittag hätte ich
niemals gewagt, Gott mit derart profanen Sorgen
zu belästigen. Seit diesem Erlebnis traue ich ihm
buchstäblich alles zu, im besten Sinne des Wortes,
denn ich weiß: Kein Problem ist zu groß, als dass er
es nicht lösen könnte, und keine Sorge zu klein, als
dass er sich nicht mit aller Liebe und Barmherzigkeit darum kümmern würde.
Wenn mir jemand sagt: „Ich vertraue dem Herrn
nur die wirklich wichtigen Dinge an“, dann antworte ich: „Wer den Herrn so einschränkt, der versäumt das Beste in seinem Leben.“ Gott will sich
nämlich wirklich um alles kümmern, was uns Sorgen macht, und genau das will er auch heute tun.
„Er sorgt für euch“, versicherte Petrus. So ist er. Er
möchte auch heute unser Helfer sein und uns an
diesem Tag begleiten.
Behalte ihn in Gedanken, vertraue ihm alle deine Sorgen an (ob in der Andacht am Morgen oder
ganz spontan) – und lass dich von ihm überraschen, denn er meint es auf der ganzen Linie gut
mit dir!
Friedhelm Klingeberg
NOVEMBER
Morgens: Hesekiel 24–26
Abends: Hebräer 7
SA 07.53 · SU 16.24 · KW 47
23
Sabbat
Denke an den Sabbattag, um ihn heilig zu halten. Sechs Tage sollst du arbeiten und all deine
Arbeit tun, aber der siebte Tag ist Sabbat für den
HERRN, deinen Gott. Du sollst an ihm keinerlei
Arbeit tun, du und dein Sohn und deine Tochter, dein Knecht und deine Magd und dein Vieh
und der Fremde bei dir, der innerhalb deiner Tore
wohnt. Denn in sechs Tagen hat der HERR den
Himmel und die Erde gemacht, das Meer und
alles, was in ihnen ist, und er ruhte am siebten
Tag; darum segnete der HERR den Sabbattag und
heiligte ihn.
2. Mose 20,8–11 (Elberfelder Bibel)
Es gibt immer wieder notwendige Amputationen
von Gliedmaßen infolge schwerster Verletzungen
oder Erkrankungen. Wer davon betroffen ist, leidet zeitlebens daran, weil Abgetrenntes nicht mehr
nachwächst. Am tragischsten sind Fehlamputationen, die aufgrund von Verwechslungen passieren.
So hatte man am 16. Juni 2010 im Krankenhaus St.
Johann in Tirol einer 91-jährigen Frau versehentlich
zunächst das gesunde rechte Bein amputiert, bevor
wenige Tage später auch das kranke abgenommen
wurde. Wie schrecklich!
Was hat das mit unserem Andachtstext zu tun?
Auf den ersten Blick sicher nichts, doch ist nicht vor
allem am „völlig gesunden“ 4. Gebot eine überaus
unangemessene „Amputation“ vorgenommen worden? Diese ausführlichste göttliche Weisung innerhalb des Dekalogs hat man derart „verstümmelt“,
dass davon im evangelischen Katechismus nur
noch fünf Wörter übriggeblieben sind: „Du sollst
den Feiertag heiligen.“
Solch ein drastischer Eingriff kann nicht im
Sinne dessen sein, der die Zehn Gebote selbst aufgeschrieben und seinem Volk übergeben hatte. Bei
dieser von Menschen gemachten „Amputation“
wurden vier wesentliche Aussagen abgeschnitten: 1.
Die Nennung des von Gott eingesetzten Ruhetages,
nämlich des Sabbats, als ein von Gott gesegneter
und geheiligter siebter Wochentag. 2. Der Arbeitsauftrag für die restlichen sechs Werktage. 3. Die
generelle Sabbatruhe für Mensch und Vieh. 4. Die
Beschreibung Gottes als den Schöpfer der Welt.
Gerade der letzte Punkt hat dazu beigetragen,
die Erinnerung an Gott als den Schöpfer allen
Lebens in Vergessenheit geraten zu lassen. Doch
wie können wir auf eine Neuschöpfung durch Jesus
Christus hoffen, wenn wir die erste Schöpfung nicht
für tatsächlich geschehen halten?
Jürgen Schammer
NOVEMBER
Morgens: Hesekiel 27–29
Abends: Hebräer 8
SA 07.54 · SU 16.23 · KW 48
24
Sonntag
Dass aber die Toten auferstehen, darauf hat auch
Mose gedeutet beim Dornbusch, wo er den Herrn
nennt Gott Abrahams und Gott Isaaks und Gott
Jakobs [2 Mo 3,6]. Gott aber ist nicht ein Gott der
Toten, sondern der Lebenden; denn ihm leben sie
alle.
Lukas 20,37–38
Der wahrscheinlich letzte Song, den Johnny Cash,
der bekannte amerikanische Country-Sänger, vor
seinem Tod schrieb, hat die Auferstehungshoffnung
zum Thema. Titel und Refrain stammen aus 1. Korinther 15,55: „Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist
dein Stachel? “ Dem Triumph des Todes folgt ein
Lobpreis des Lebens („Du bist ein heller Weg“).
Dann drückt der Sänger seine Hoffnung aus, in der
Auferstehung Jesus zu begegnen („Der Erlöser wird
ihm winken“). Das Leben davor gleiche einer Fahrt
auf stürmischer See. Er bittet Gott, sein Schiff zu
lenken und ihn dann und wann in einen sicheren
Hafen und schließlich in den „Hafen des Lichts“ zu
leiten, dorthin, wo alles leicht und hell sein wird.
„Wohin gehen die Toten? “, fragen sich viele
Menschen – nicht nur am Totensonntag. Jesus sagt,
sie sind in Gott geborgen, sie „leben ihm“; d. h. sie
sind ihm in seiner Erinnerung gegenwärtig. Sie, die
wie Abraham, Isaak und Jakob längst verstorben
und nach dem Zeugnis der Bibel und unserer eigenen Erfahrung zu „Staub“ geworden sind, bleiben
in Gottes Gedanken lebendig. Und weil weder der
Tod noch das Grab Gottes letztes Ziel sind – denn
er will die Gläubigen an seinem immerwährenden
Leben teilhaben lassen – blickt der Schöpfer auf sie
schon als seine neuen Geschöpfe in der Auferstehung.
Darum ist der Tod für Christen nur ein „Tödlein“, wie Martin Luther sagte. Wenn man ihn „in
Christus anschaut“, dann muss man ihn nicht
mehr fürchten. Sterben mag zwar bitter sein, aber
wenn wir uns am Glauben ausrichten, so werde es
für uns einen „süßen Tod“ geben. Zwar ist der Tod
für den Menschen etwas anderes als für das Tier,
denn an der menschlichen Todesfurcht zeigt sich,
dass der Mensch für das Leben geschaffen ist. Das
Leben aber ist für den Christen wesentlich nicht
ein Wachsen und Vergehen, sondern eigentlich ein
ewiges Bleiben, denn im Glauben ist er schon vom
Tod zum Leben hindurchgedrungen (Joh 5,24) und
besitzt von da an das ewige Leben (1 Joh 5,11–12).
Herr, wir danken dir für die Zusage, dass wir mit
Jesus Christus das wahre und ewige Leben bereits
besitzen und auf die Auferstehung der Gerechten
hoffen dürfen.
Hans Heinz
NOVEMBER
Morgens: Hesekiel 30.31
Abends: Hebräer 9
SA 07.56 · SU 16.22 · KW 48
25
Montag
Aber ich habe gegen dich, dass du deine erste
Liebe verlassen hast.
Offenbarung 2,4 (Elberfelder Bibel)
Heute feiern wir unseren 23. Hochzeitstag, und ich
habe ihn nicht vergessen! 23 Jahre sind kein Rekord
oder Jubiläum und doch scheint es mir – wenn ich
mich im Freundeskreis und der Gemeinde umsehe
–, dass viele schon früher aufgegeben haben. Ehe
ist oftmals zu anstrengend, zu schwierig, zu kompliziert.
Viele dieser Ehepaare waren sehr verliebt, als
sie ihre gemeinsame Lebensreise begannen. Sie
freuten sich, Zeit mit dem Partner zu verbringen.
Sie zählten die Stunden und Minuten, bis sie sich
wiedersahen. Sie redeten viel miteinander, sie kochten füreinander, sie hielten einander an der Hand.
Irgendetwas lief schief, irgendwann erschien alles
einfach zu schwer zu sein; die Verletzungen konnten nicht mehr heilen.
Unser heutiger Bibeltext beschreibt die frühe
Christengemeinde, die trotz Verfolgung und innerer
Probleme versuchte, Christus nicht aus den Augen
zu verlieren. Jesus lobte viele Dinge in der Gemeinde von Ephesus: die Werke, die Mühe, das Ausharren, das genaue Prüfen der Wahrheit, das Leiden
für Jesus (Off b 2,2–3). Aber dann steht da dieser
eine Satz: „Ich habe gegen dich, dass du deine erste
Liebe verlassen hast“! (V. 4 EB)
Die erste Liebe zu Jesus ist eine besondere Liebe.
Das ist etwas anderes als Leidenschaft und Lust. Da
ist ein Gegenüber, jemand, der die Sehnsucht in mir
stillen kann – die Sehnsucht nach Gemeinschaft mit
Gott und nach Ganzheit, die Sehnsucht nach Eden
und ein Vorgeschmack auf die neue Schöpfung.
In meiner Arbeit verbringe ich (dienstlich) viele
Stunden mit der Bibel. Auch nehme ich an vielen
Sitzungen teil, in denen über wichtige theologische
Fragen nachgedacht wird. Und doch merke ich: Das
alles bewahrt mich nicht davor, dass die erste Liebe
zu Jesus verlorengehen kann. Jesus weist uns auf
ein Gegenmittel hin: „Bedenkt, von welcher Höhe
ihr herabgestürzt seid! Kehrt um und handelt wieder so wie zu Beginn!“ (Off b 2,5 GNB)
Erinnere dich und kehre um. Höre auf deine
Sehnsucht. Lass dich von dieser Sehnsucht zu den
Füßen Jesu leiten. Gib ihm deine Hand und sag
dem, der dich unendlich liebt: „Ja, ich will – heute,
morgen, und bis in die Ewigkeit.“ Nach 23 Jahren
möchte ich das nicht nur wieder meiner Frau sagen,
sondern auch dem, der mich geschaffen hat, mich
sehr gut kennt – und mich dennoch liebt!
Gerald A. Klingbeil
NOVEMBER
Morgens: Hesekiel 32.33
Abends: Hebräer 10,1–18
SA 07.57 · SU 16.21 · KW 48
26
Dienstag
Gedenkt an eure Lehrer, die euch das Wort Gottes gesagt haben.
Hebräer 13,7a
Heute vor 186 Jahren – im Jahr 1827 – wurden in
Gorham im US-Bundesstaat Maine (ganz im Nordosten gelegen), Zwillinge geboren: Ellen und Elisabeth Harmon. Ihr Vater war ein armer Hutmacher.
Die Eltern zogen mit ihren acht Kindern später
nach Portland. Dort hatte Ellen mit neun Jahren
einen schweren Unfall. Ein Stein traf sie so unglücklich im Gesicht, dass sie wochenlang um das Überleben kämpfte. Sie genas, konnte aber die Schule
nicht mehr besuchen.
Hier fängt das Staunen an: Wie konnte Ellen, die
mit 18 Jahren James White heiratete, trotz dieser
Behinderung und ihrer nur vierjährigen Schulbildung so viele Briefe, Artikel und Bücher schreiben,
die weitreichende Ratschläge bezüglich christlicher
Lebensführung, Erziehung und Gesundheit enthalten, und solche wegweisenden Reden halten? Und
das in einer Zeit, in der Frauen in der Öffentlichkeit
wenig Einfluss hatten! Als Gott sie mit 17 Jahren
zu einer prophetischen Aufgabe berief, meinte sie
wie einst Mose und Jeremia: „Das kann ich nicht!“
Sie war schüchtern und lebte zurückgezogen. Aber
nachdem sie den Auftrag angenommen hatte,
wuchs mit der Aufgabe ihre Kraft.
Auf den wenigen Bildern, die es von ihr gibt, sieht
man eine strenge Frau – aber der Eindruck täuscht:
„Unsere Oma war eine heitere Frau“, erzählten später ihre Enkel. „Sie konnte viel lachen.“
Ellen White lebte in einer Männerwelt, aber die
Männer der Adventgemeinde hörten (meist) auf
sie und respektierten ihren Rat. Taten sie es nicht,
merkten sie bald, dass sie falsch gelegen hatten.
Sie war nah am Puls der Zeit. Damals trugen
Frauen lange, schwere Röcke, die den Schmutz der
Straße aufwirbelten. „Das ist unvernünftig, macht
sie kürzer!“, empfahl sie. Was sie traurig machte,
war die Art und Weise, wie Meinungsverschiedenheiten in der Gemeinde ausgetragen wurden. Sie
schrieb 1885: „Es ist ein großes Übel, das unter uns
in großem Ausmaß existiert … alles infrage zu stellen und zu kritisieren, was ein Anderer tut, und so
aus Maulwurfshügeln Berge zu machen.“ (Zitiert in
Medical Ministry, S. 297)
Für Menschen, die uns geistlich begleitet und
mit Vorbild, Ermutigung und Ermahnung zur Seite gestanden haben, sollten wir Gott immer wieder
danken. Und – falls sie noch leben – würden sie sich
sicher sehr darüber freuen, von uns persönlich ein
Wort des Dankes und der Wertschätzung zu hören.
Lothar Reiche
NOVEMBER
Morgens: Hesekiel 34–36
Abends: Hebräer 10,19–39
SA 07.59 · SU 16.20 · KW 48
27
Mittwoch
Gott hat euch zur Freiheit berufen, meine Brüder
und Schwestern! Aber missbraucht eure Freiheit
nicht als Freibrief zur Befriedigung eurer selbstsüchtigen Wünsche, sondern dient einander in
Liebe.
Galater 5,13 (Gute Nachricht Bibel)
Als unsere Tochter klein war, hatte sie eine Lieblingspuppe, die überallhin mitmusste. Dazu gehörte
ein roter Koffer, in dem alle Puppenkleider verstaut
wurden. Dann bekam sie einen Roller geschenkt.
An einem nasskalten Herbsttag wollten wir spazieren gehen, natürlich mit dem Roller, aber die Puppe
und der Koffer sollten auch mit. Wir Eltern erhoben Einwände: „Beides wird nicht gehen, dann fällt
dir die Puppe oder der Koffer vom Roller und alles
wird dreckig!“ Nein, die Einwände galten nicht.
Alles musste mit. Wir waren noch nicht weit, da
passierte es. Der Koffer fiel runter, sprang auf und
alles landete in der Pfütze. Das Geschrei war groß.
Typisch Vater konnte ich es mir nicht verkneifen zu
sagen: „Wir haben es dir ja vorher gesagt!“ Worauf
sie ärgerlich entgegnete: „Und warum habt ihr es
mir dann nicht verboten?!“
Geht es uns nicht allen so ähnlich? Menschen
nehmen sich die Freiheit zu tun, was sie wollen.
Wenn es dann aber schlimm ausgeht und sie unter
den negativen Folgen leiden, dann fragen sie:
„Warum lässt Gott das zu? “ Wir wurden von Gott
zur Freiheit berufen. Sie ist Ausdruck von Vertrauen
und Liebe und verleiht uns Würde. Gott ist die Freiheit so wichtig, dass er die Möglichkeit zur falschen
Entscheidung nicht ausschloss, weil sie zur Freiheit
gehört. Mit seinen Geboten warnt er zwar vor den
negativen Folgen aus dem Missbrauch der Freiheit,
aber er verhindert sie nicht auf ihre Kosten. Das ist
nicht leicht zu verstehen – und noch schwerer zu
ertragen.
Weil sie die negativen Folgen der Freiheit fürchten, neigen Menschen dazu, einander die Freiheit
zu nehmen. Die Diktatur des Proletariats war gut
gemeint, endete aber mit dem Bau von Mauern. In
der Gemeinde gehen fromme Menschen manchmal mit Andersdenkenden so um, dass es denen
die Luft zum Atmen nimmt. Die Freiheit ist nicht
nur gefährdet, sondern auch gefährlich. Was ist die
Lösung? „Dient einander in Liebe!“ Freiheit lässt
sich nicht mit Gewalt verteidigen. Sie kann sich nur
da entfalten, wo Menschen einander mit Vertrauen und Güte begegnen. Wo wir ehrlich fragen: Wie
kann ich dem Anderen beistehen oder helfen?, werden wir davor bewahrt, uns auf seine Kosten durchzusetzen und die Freiheit, zu der wir berufen sind,
bleibt bewahrt.
Lothar Wilhelm
NOVEMBER
Morgens: Hesekiel 37–39
Abends: Hebräer 11,1–19
SA 08.00 · SU 16.19 · KW 48
28
Donnerstag
Ich [Paulus] habe den guten Kampf gekämpft,
den Lauf vollendet und bin im Glauben treu
geblieben.
2. Timotheus 4,7 (Neues Leben Bibel)
Wer so wie der Apostel Paulus gekämpft hat, dem
wird die Gewissheit geschenkt, nicht vergeblich
gekämpft zu haben. Darin ist er uns ein Vorbild.
Es gibt solche Vorbilder auch heute, aber sie sind
rar geworden. Jugendliche brauchen sie. Wie sieht
es mit dir und mir diesbezüglich aus?
In einer Abiturklasse fragten einmal die Schüler
den Schulleiter: „Sagen Sie uns bitte, wann sich ein
Leben gelohnt hat, und wann es sich nicht gelohnt
hat. Sie haben doch Karriere gemacht!“ Der Direktor war Mathematiker und kein Religionslehrer,
aber er gab den Schülern eine treffende und hilfreiche Antwort: „Wenn Sie sich am lieben Gott verrechnet haben, hat sich das Leben nicht gelohnt.“
Viele Rechenfehler im Leben können korrigiert
werden, sogar Fehler in der Lebensführung. Doch
wer Gott aus seinem Leben ausklammert, entzieht
seinem Leben Fundament und Ziel. Die ganze
Lebensaufgabe wird unbrauchbar, sinnlos und leer.
Kardinal Faulhaber (1869–1952) wurde von
Albert Einstein (1879–1955) einmal gefragt, was er
tun würde, sollte die Mathematik beweisen, dass
sein Glaube falsch sei. Darauf gab der Kardinal
prompt zur Antwort: „Ich würde geduldig warten,
bis Sie Ihren Rechenfehler gefunden haben.“
Wohl dem, der sich seines Glaubens an Gott so
gewiss sein kann! Ob sich dahinter Überheblichkeit
verbergen mag? Nicht, wenn derjenige die Versprechen Gottes in Anspruch nimmt und sich seinem
Willen unterstellt. Der Hebräerbrief fordert uns
auf, in der Bemühung, „ein heiliges Leben nach
dem Willen Gottes zu führen“, nicht nachzulassen
(12,14b NLB). Die Heiligung fordert unseren vollen Einsatz, aber dieser Einsatz geschieht nicht aus
eigener Kraft, sondern in der Kraft von Jesus Christus, die sich gerade in jenen am eindrucksvollsten
entfaltet, die sich ihrer Schwachheit bewusst sind (2
Kor 12,9).
Im lebenslangen Prozess der Heiligung wird
unser Charakter dem Wesen von Christus immer
ähnlicher. Ein guter Kampf des Glaubens ist es,
wenn wir erleben: „Unser Leben wird durch [Christus] geheiligt“ (1 Kor 1,30 NLB).
Ich wünsche uns für den heutigen Tag, dass wir
mit Jesus eng verbunden bleiben und ihm in jeder
Situation die Treue halten und die Ehre geben.
Egon Schramm
NOVEMBER
Morgens: Hesekiel 40.41
Abends: Hebräer 11,20–40
SA 08.02 · SU 16.19 · KW 48
29
Freitag
Als Potifar das hörte, packte ihn der Zorn. Er ließ
Josef festnehmen und in das königliche Gefängnis bringen. 1. Mose 39,20 (Gute Nachricht Bibel)
Josef landete im Gefängnis, weil sein Chef Potifar
der Lüge seiner Frau glaubte. Das ist sehr ungerecht, zumal Josef immer treu und zuverlässig seine
Arbeit verrichtet hatte. Doch nun saß er im Gefängnis, und vermutlich gingen ihm viele Fragen durch
den Kopf.
Dennoch scheint Josef nicht verbittert gewesen
zu sein, denn er verhielt sich so, dass der Aufseher
des Gefängnisses schon bald seine Fähigkeiten und
seine Vertrauenswürdigkeit erkannte und alle Aufgaben an Josef delegierte (V. 22–23).
Hatte Josef je die Chance, die Ungerechtigkeit,
die ihm durch Potifar widerfahren war, richtigzustellen? In der Bibel ist nichts mehr von Potifar oder
einer Begegnung zwischen ihm und Josef berichtet.
In meinem Leben bin ich stets darauf bedacht,
dass mir Recht geschieht und Unrecht nicht auf
mir sitzenbleibt. Ich bin immer schnell dabei, mich
zu verteidigen, und wenn der Andere am längeren
Hebel sitzt, dann schmolle ich auch einmal.
Josef scheint nichts dergleichen getan zu haben.
Sicherlich war er über das Unrecht, das man ihm
angetan hatte, traurig, vielleicht auch wütend.
Aber er scheint beschlossen zu haben, sich von dieser Sache nicht niederdrücken zu lassen und diesem
Unrecht keine Macht über sein Leben zu geben.
Können wir das auch? Können wir Unrecht, das
uns angetan wurde, loslassen und vergeben, und
weiter aufrichtig und geradlinig unser Leben führen, ohne zu verbittern? Geht das wirklich so einfach?
Josef konnte es. In dieser Geschichte steht immer
wieder der kleine Satz „… und der Herr war mit
Josef“ (in V. 2.21.23). Vielleicht ist das der Schlüssel:
Gott war mit ihm.
Wo Gott ist und wo wir Gott Platz einräumen, werden wir dennoch manchmal – wie Josef
– Unrecht erfahren. Vielleicht werden wir auch nie
die Möglichkeit haben, uns zu verteidigen oder
die Sache richtigzustellen. Dennoch: Wo Gott mit
uns ist und wir mit ihm, werden wir nicht verbittert sein, sondern können Anderen vergeben und
erfahren: Gott hilft auch dabei und schenkt uns die
Kraft dazu.
Herr, lass mich über das Unrecht, das mir
geschieht, nicht bitter werden. Hilf, dass ich es loslassen und in deine Hand legen kann!
Stephanie Kelm
NOVEMBER
Morgens: Hesekiel 42–44
Abends: Hebräer 12
SA 08.03 · SU 16.18 · KW 48
30
Sabbat
Erhebe deine Stimme wie ein Horn und verkünde meinem Volk sein Vergehen und dem Haus
Jakob seine Sünden!
Jesaja 58,1b (Elberfelder Bibel)
Ist diese Botschaft heute noch zeitgemäß oder verprellen wir damit nur unsere Mitmenschen? In
der Annahme, dass nur Botschaften der Liebe und
Gnade die Menschen retten, hat mancher Theologe
die Worte Sünde und Schuld aus seinem Wortschatz
verbannt. Gott sieht das anders und fordert seine
Diener auf, Dinge, die nicht in Ordnung sind, in
seinem Volk klar und deutlich anzusprechen.
Wer schon einmal in einer fremden Stadt ohne
Navigationsgerät unterwegs war, weiß, dass nur
eine einzige Fehlentscheidung an einer der vielen
Kreuzungen in eine völlig falsche Richtung führen kann. So ist es auch in unserem Leben: Sünde
und Schuld bringen uns vom rechten Weg ab. Die
Geschichte des Volkes Israel ist ein trauriges Beispiel
dafür, dass Abweichungen von dem Weg, den Gott
vorgegeben hatte, nicht die Ausnahme, sondern die
Regel waren.
Das Tragische ist, dass wir – ohne ein Eingreifen von außen – häufig unsere Situation falsch einschätzen. Wir glauben, alles sei in Ordnung, und
erkennen erst am Ende mit Erschrecken, dass wir
das Ziel verfehlt haben. Davor möchte Gott jeden
Menschen bewahren. Deshalb hat uns der heutige
Andachtstext zweierlei zu sagen:
Lass Dich korrigieren! Nimm Kritik ernst und
weise sie nicht vorschnell zurück. „Mängelanzeigen“ sind nicht angenehm, aber sie bieten eine
große Chance zur Verbesserung. Dazu müssen wir
innehalten und unseren tatsächlichen Zustand im
Lichte des Wortes Gottes gründlich überprüfen. Er
zeigt uns nicht nur, wie wir sein sollen, sondern
schenkt uns zugleich die notwendige Kraft zur Veränderung.
Habe den Mut, Unrecht beim Namen zu nennen!
Mit einem Dritten über das Versagen und die Schuld
deines Nächsten zu sprechen, das ist keine Kunst.
Aber es kostet Mut, zu dem Betroffenen zu gehen
und ihn direkt anzusprechen, wie Jesus seine Nachfolger angewiesen hat (Mt 18,15). Dabei sollten wir
nicht vorwurfsvoll, lieblos oder taktlos vorgehen,
sondern in der Liebe und Gesinnung von Christus.
Am besten kann diesen seelsorgerlichen Dienst
derjenige tun, der niemals vergisst, dass er selbst
täglich auf Gottes Güte und Geduld angewiesen ist,
der bereit ist, zuzuhören und sich in die Lage des
Anderen zu versetzen, bevor er seinen Mund auftut.
Albrecht Förster
DEZEMBER
Morgens: Hesekiel 45.46
Abends: Hebräer 13
SA 08.05 · SU 16.17 · KW 49
1
Sonntag
Denn uns ist ein Kind geboren …
Jesaja 9,5
Erwartungsvoll betritt eine Schulklasse unsere Einrichtung, um das Angebot „Heimlichkeiten im
Advent“ kennenzulernen.
Weihnachtsbäckerei,
Geschenkwerkstatt, Weihnachtsliederraten
und
weihnachtliche Kleindarsteller sind die Stationen
auf dem Programm. Bei Letzteren lesen und spielen die Kinder die Rolle von Maria und Joseph, sind
Kaiser Augustus, König Herodes, einer von seinen
Ratgebern oder stellen die drei Weisen aus dem
Morgenland dar. Die Aufführung endet an der
Krippe. Die Kinder knien davor, werden still und
beten an. Auf diese Weise sind sie mittendrin, nicht
nur dabei. „Denn uns ist ein Kind geboren!“
Uns? Jawohl, da steht wirklich uns. Darüber
mache ich mir meine Gedanken. Ich stelle mir
bildlich vor, es würde heute passieren. Wie könnte das ablaufen? Die Krippe fände nicht unsere
Zustimmung; wir würden uns um eine geeignetere
Unterkunft kümmern. Außerdem hat ein Stall eine
begrenzte Kapazität. Wer dürfte unmittelbar an der
Krippe dabei sein? Natürlich welche von uns, „denn
uns ist ein Kind geboren“!
Doch das Geschehen verlief anders: Ein Engel
informierte zuerst eine Handvoll Hirten. Das waren
sehr einfache Leute, die im Abseits der Gesellschaft
lebten – ohne Sicherheiten und Hoffnung. Für sie
machte Gott eine Lichtshow am Himmel und der
Engel sagte: „Euch ist heute der Heiland geboren.“
Wieso denn das? Ich denke uns ist er geboren. Doch
gerade mit diesen einfachen Zeitgenossen schrieb
Gott Geschichte. Sie befanden sich an der Krippe
quasi in der ersten Reihe und wurden zu Evangelisten, obwohl sie ungebildete Leute waren.
Dann wurde es noch einmal hell am Himmel.
Dieses Mal für jene, die genauer hinsahen. Ein
Stern brachte Menschen auf die Idee, sich auf den
Weg nach Bethlehem zu machen. Moment mal –
gehören Sterndeuter auch zu uns? Erstaunlich, wie
weit Gott den Kreis zog!
Die Wohlhabenden aus dem Orient beschenkten
Jesus mit Gold, Weihrauch und Myrre. Auffällig ist,
dass sie, die „Reichen“, den beschwerlicheren Weg
zur Krippe hatten. Und wo waren unsere Leute –
diejenigen, die sich in der Prophetie gut auskannten? Ich weiß es nicht. Ich weiß aber: Jetzt ist eine
gute Zeit, um Arme und Reiche, Junge und Alte,
Laien und Gebildete einzuladen, sich auf den Weg
zu Jesus zu machen. Denn uns ist schon lange ein
Kind geboren!
Jürgen Weller
DEZEMBER
Morgens: Hesekiel 47.48
Abends: Jakobus 1
SA 08.06 · SU 16.17 · KW 49
2
Montag
Lachen hat seine Zeit …
Prediger 3,4b
Unlängst schenkte mir jemand ein Buch mit dem
Titel „Selig sind die Humorvollen“. Das ist allerdings keine „Seligpreisung“ aus dem Munde Jesu.
Er nannte die Leidtragenden, die Sanftmütigen und
Andere glücklich (Mt 5,3–11), doch die Humorvollen fehlen in seiner Auflistung. Können wir uns
vorstellen, dass Jesus solch einen Satz („Selig sind
die Humorvollen“) aussprechen würde? Und wenn
ja, wie würde er den zweiten Teil formulieren? („ …
denn sie werden gesünder sein“?)
Wer Humor besitzt, kann Missgeschicke leichter
ertragen. Ein Mensch mit dieser Gabe ist fähig, die
miese Stimmung in einer Gruppe aufzuhellen. Wer
oft lacht, erhält seine Seele gesund. An humorvolle
Stunden denkt jeder gern und lange zurück. Und
auch der Körper profitiert vom Humor: Kranke, die
viel lachen, werden schneller gesund.
Der Andachtstext von Salomo bestätigt, dass
Lachen zu unserem Leben gehört. Dabei stellt sich
die Frage, ob Gott auch Humor besitzt. Ich kann
mir nur schwer vorstellen, dass ein humorloser
Schöpfer imstande gewesen wäre, so viele, teilweise
lustig aussehende Tiere zu schaffen. Wenn Jesus an
einer Hochzeitsfeier teilnahm oder ein Fest besuchte, hat er bestimmt nicht wie ein Trauerkloß herumgehangen. Nicht zuletzt war Jesus als Kinderfreund
bekannt. Das setzt diese Gabe geradezu voraus. Wie
oft mag er sich am „Kindermund“ erfreut haben!
Ich bin sicher, schon damals regten die Kleinen die
Lachmuskeln an.
Das heutige Andachtswort fordert geradezu heraus, Kinder zu Wort kommen zu lassen. Im Urlaub
im Allgäu sah ein Junge ein Kalb, das gerade bei
der Kuh saugte. Die Mutter erklärte dem Dreijährigen: „Als du noch klein warst, hast du auch bei
deiner Mama getrunken.“ Zu Hause angekommen,
erzählte er der Oma seine Allgäuer Erlebnisse und
meinte: „Als Mama noch eine Kuh war, habe ich
auch bei ihr getrunken.“
Was ist aber, wenn mir nicht zum Lachen zumute ist? Salomo sagte: „Ein jegliches hat seine Zeit …
weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit.“ (Pred
3,1.4) Es geht nicht darum, krampfhaft fröhlich zu
sein.
Immer wieder beeindruckt es mich, wie das leidgeprüfte Volk der Juden selbst in schwersten Zeiten
den Humor nicht verlor. Sie setzten ihn als eine
Waffe zum Überleben ein.
Nicht jeder von uns besitzt die Gabe des Humors,
doch Erlöste haben es leichter, fröhlich zu sein.
Wilfried Krause
DEZEMBER
Morgens: Daniel 1.2
Abends: Jakobus 2
SA 08.07 · SU 16.16 · KW 49
3
Dienstag
Christus ist deshalb für alle gestorben, damit
alle, die leben, nicht länger für sich selbst leben,
sondern für Christus, der für sie gestorben und
auferstanden ist.
2. Korinther 5,15 (Hoffnung für alle)
Wir drehen uns um die eigene Achse – das fällt
heute schon bei Kindern auf. Sagte man früher:
„Der Michael und ich …“, heißt das heute: „Ich
und der Michael …“ Und statt zu beten: „Dein Wille geschehe“, denken selbst viele Christen nur noch
an sich nach dem Motto: „Des Menschen Wille ist
sein Himmelreich.“
Wer daran festhält, nur für sich selbst zu leben,
verpasst das Leben, das Jesus schenkt. Wer für
sich selbst lebt, lebt in der Trennung von Gott (die
einfachste Definition von „Sünde“) und schadet
nicht nur sich selbst, sondern beraubt auch seinen
Schöpfer und Erlöser: Er enthält ihm seine Gaben
und Fähigkeiten vor, seine Zeit, seine Energie, sein
Geld. Leben wir für uns selbst, stecken wir das „in
die eigene Tasche“, was Gott uns zu treuen Händen
anvertraut hat.
Die Sünde (Einzahl), für die Jesus Christus starb,
hat nicht vor allem mit unserem moralischen Versagen und unseren falschen Taten (Sünden in der
Mehrzahl) zu tun, sondern damit, dass wir – von
Jesus getrennt – ohne eine Vertrauensbeziehung zu
ihm (Sünde in der Einzahl, siehe Joh 16,9a) egozentrisch leben und weder für ihn noch für unsere Mitmenschen. Wir ehren nicht ihn, sondern sind auf
die eigene Ehre bedacht.
Jesus ist gestorben, um uns aus diesem verhängnisvollen Kreislauf zu befreien. Wenn wir unsere
Ausweglosigkeit einsehen und ihn als Herrn und
Erlöser annehmen, macht er uns frei von unserem
Egoismus; wir beginnen, für ihn zu leben, der sich
ganz und gar für uns aufgeopfert hat. Bei Jesus finden wir unsere wahre Identität. Indem wir uns von
ihm führen lassen, entfalten sich die Gaben, die
Gott uns verliehen hat – und zwar umso besser, je
mehr wir sie ihm und unseren Mitmenschen in den
Dienst stellen.
Wer diese Befreiung erlebt und nicht mehr
zuerst nach der Erfüllung seiner Wünsche trachtet, sondern nach „dem Reich Gottes und nach
seiner Gerechtigkeit“ (Mt 6,33), wird erleben, wie
ihm alles andere zufällt, was er zum Leben wirklich braucht. So hat es Jesus in seiner Bergpredigt
versprochen: „Wenn ihr für ihn lebt und das Reich
Gottes zu eurem wichtigsten Anliegen macht, wird
er euch jeden Tag geben, was ihr braucht.“ (NLB)
Albrecht Höschele
DEZEMBER
Morgens: Daniel 3.4
Abends: Jakobus 3
SA 08.09 · SU 16.16 · KW 49
4
Mittwoch
Barsillai, der Gileaditer, kam herab von Roglim
und zog mit dem König [David] an den Jordan,
um ihn über den Jordan zu geleiten. Und Barsillai war sehr alt, wohl achtzig Jahre. Er hatte den
König versorgt, als er in Mahanajim war.
2. Samuel 19,32–33
König David durchlitt gerade eine der schlimmsten
Erfahrungen seines Lebens. In seiner Jugend hatte
er jahrelang vor Saul, seinem Vorgänger auf dem
Thron, fliehen müssen; nun aber war es sein eigener Sohn, der ihm nach dem Leben trachtete! Absalom war es gelungen, die Herzen des Volkes – vor
allem der jungen Generation – zu stehlen und hatte
eine Rebellion angezettelt, um seinen Vater zu entthronen.
In dieser kritischen, ja fast hoffnungslosen Situation, trat ein den meisten Bibellesern wohl unbekannter 80-jähriger Mann auf, dessen Herz im
vorgerückten Alter weiterhin treu für seinen König
schlug. Barsillai ließ sich nicht von der Euphorie
des Volkes für Absalom anstecken. Er tat, was ihm
möglich war, und versorgte David und die wenigen,
die zum König hielten, im Exil mit Lebensmitteln
(2 Sam 17,27–29). Obwohl er nicht wissen konnte,
wie die Sache ausgehen würde, blieb er David treu
ergeben.
Nach der Niederschlagung des Aufstandes begleitete Barsillai David zurück nach Jerusalem bis
an den Jordan. David lud seinen Wohltäter ein,
fortan am Königshof zu leben; Barsillai aber war
sich seines Alters bewusst, lehnte dankend ab und
verabschiedete sich. (2 Sam 19,34–38).
Gott gibt auch alten Menschen Möglichkeiten,
sich für andere, auch jüngere, einzusetzen. Als ich
18 Jahre alt war und mich in einer kritischen Phase
befand, war es ein Ehepaar im Alter von über 70
Jahren, das mich häufig zu sich nach Hause einlud und mir Mut machte, mich für Christus zu entscheiden. Leider erlebten es diese liebenswürdigen
Rentner nicht mehr, dass ich Prediger wurde.
Auch in einer Kirchengemeinde gibt es viele
Aufgaben, die von rüstigen Senioren übernommen
werden können. Wohl denen, die sich bis ins hohe
Alter für ihre Gemeinde einsetzen, selbst wenn sie
Enttäuschungen und Undankbarkeit erlebt haben.
Viele unter uns Älteren können dankbar bezeugen, dass Gott sie stets geführt und getragen hat.
Die Dankbarkeit eines Älteren ist jungen Menschen
ein glaubwürdigeres Zeugnis als viele fromme Worte.
Manfred Böttcher
DEZEMBER
Morgens: Daniel 5–7
Abends: Jakobus 4
SA 08.10 · SU 16.15 · KW 49
5
Donnerstag
Du aber, HERR, bist der Schild, der mich schützt,
meine Ehre bist du allein. Du selbst richtest mich
immer wieder auf.
Psalm 3,4 (Neue Genfer Übersetzung)
Im Jahr 1988 ging eine Geschichte durch die
Medien, die vor nicht allzu langer Zeit auch verfilmt wurde (Der Ruf der Wale). Ein Walelternpaar
mit seinem Jungen wurde durch einen zu frühen
und sehr harten Wintereinbruch unweit des kleinen
Inuit-Städtchens Point Barrow im Norden Alaskas
von Eismassen in einer Bucht eingeschlossen. Es
war nur eine Frage der Zeit, bis auch das letzte verbliebene Atemloch zufrieren und die drei unter der
geschlossenen Eisdecke zugrunde gehen würden.
Retter gingen daran, alle 20 Meter Löcher in das
15 cm dicke Eis zu sägen, um so der kleinen Walfamilie Stück für Stück den kilometerlangen Weg
zum offenen Meer zu bahnen. Schließlich gelang
es mit der Hilfe eines russischen Eisbrechers, die
letzte dicke Eisbarriere zu durchbrechen. Die amerikanisch-russische Zusammenarbeit war ein kleines
Frühlingszeichen in der ansonsten eher frostigen
politischen Welt jener Jahre. Das Waljunge überlebte die Prozedur leider nicht, aber beide Eltern
schwammen unter den Augen der Medien aus aller
Welt hinaus in die Freiheit.
Die Geschichte erinnert mich an den Weg, den
Gott mit uns geht. Er schafft uns immer wieder
„Atemlöcher“, bei denen wir „auftauchen“ und
„Luft holen“ können. Es ist gut, wenn wir Menschen um uns haben, die uns in schwierigen Situationen beistehen, uns ermutigen und aufrichten.
Dafür gibt es die Gemeinde, dafür gibt es Familie
und Freunde.
Der Andachtstext jedoch weist auf einen Stärkeren hin. Gott ist unser Schild und er ist es, der uns
immer wieder aufrichtet. Er sieht die Wolken, die
sich über uns zusammenziehen. Er sieht den Kummer, den uns Andere vielleicht bereiten. Er sieht die
Enttäuschung, die wir uns selbst eingebrockt haben
– und das möglicherweise zum wiederholten Male.
Dennoch: Er ist da und richtet uns immer wieder
auf. Ihm liegt noch viel mehr an uns, als den Tierschützern an der Rettung der Wale.
Richten wir auch heute den Blick zu ihm, schauen wir auf, atmen wir durch. Der Schöpfer des Himmels und der Erde vergisst seine Kinder nicht, selbst
wenn es Tage geben sollte, an denen man unsicher
werden könnte, ob seine Zusagen noch gelten. Vertrauen wir darauf: Er hält, was er verspricht!
Matthias Müller
DEZEMBER
Morgens: Daniel 8–10
Abends: Jakobus 5
SA 08.11 · SU 16.15 · KW 49
6
Freitag
Die Liebe fügt niemandem Schaden zu.
Römer 13,10a (Neues Leben Bibel)
Wladimir Klitschko, der amtierende Boxweltmeister im Schwergewicht und Doktor der Sportwissenschaft, ist kein ganz gewöhnlicher Mensch. Schon
die 1,98 Meter und 110 Kilogramm machen ihn zu
einer imposanten Erscheinung. Von 60 Kämpfen hat
er 57 gewonnen, davon 50 durch K. o. Seine Kampftechnik hat ihm den Beinamen „Dr. Stahlhammer“
eingebracht. Klitschko ist nach eigenen Aussagen
kaltblütig und emotionslos – jedenfalls im Kampf.
Wenn er jedoch seinem Bruder Vitali beim Boxen
zuschaut, kann er es kaum ertragen. Auf die Frage
eines Reporters, ob er auch gegen seinen Bruder
antreten würde, antwortete er: „Nicht um alles Geld
in dieser Welt. Ich frage Sie: Was kostet das Herz
Ihrer Mutter? “ (Time, 14.5.2012)
Ein kaltblütiger Boxer mit Herz? So scheint es.
Für Klitschko gibt es offensichtlich einen entscheidenden Unterschied zwischen seinem Bruder und
den anderen Boxkämpfern, gegen die er im Ring
antritt. Er ist doch mein Bruder! Wie könnte ich
gegen ihn kämpfen, ihn k.o. schlagen, auf die Bretter schicken? Niemals!
Genau. Man kann gegen einen Gegner kämpfen, einem Bruder
aber muss
man beistehen.
Undenkbar, dass ich ihm Schaden zufügen oder
Böses antun könnte. Kains Brudermord ist das erste
und zugleich größte Verbrechen in der Geschichte
der Menschheit. Jeder Mord ist Brudermord!
Aus Sicht der Bibel resultiert zwischenmenschliche Schuld stets aus einem Mangel an Liebe.
Umgekehrt gibt es kein anderes Gesetz als das
Gebot der Liebe. „Wer den anderen liebt, hat damit
das Gesetz Gottes erfüllt.“ (Röm 13,8 NLB) „Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses“ (V. 10a), sie fügt
ihm keinen Schaden zu. Der Nächste aber ist mein
Mitmensch und mein Bruder – selbst der vermeintliche Gegner und erbitterte Feind. Die einzig logische
Konsequenz daraus lautet: „Die Liebe fügt niemandem Schaden zu.“ (NLB)
Wie könnten wir es da ertragen, wenn jemandem Unrecht geschieht, wenn Menschen schlechtgeredet und Falschaussagen verbreitet werden
(Rufmord)? Wie könnten wir schweigen oder wegschauen, wenn Menschen ausgegrenzt und diffamiert werden – auch im Namen der Moral und der
Religion? Die Menschen, denen ich heute begegne,
sind meine Schwestern und Brüder. Ich will sie als
solche ansehen und behandeln, sie unterstützen
und ihnen beistehen. Und ich darf hoffen, dass sie
es genauso tun.
Rolf J. Pöhler
DEZEMBER
Morgens: Daniel 11.12
Abends: Judas
SA 08.12 · SU 16.15 · KW 49
7
Sabbat
Darum lasst uns nicht mehr einer den anderen
richten; sondern richtet vielmehr darauf euren
Sinn, dass niemand seinem Bruder einen Anstoß
oder Ärgernis bereite.
Römer 14,13
Einen Jahresrückblick im Fernsehen schloss der
Kommentator mit dem Satz: „Diese Welt ist kein
Paradies.“ Daran wird wohl niemand zweifeln.
Fachleute haben kürzlich herausgefunden, dass
Streit und Ärgernisse zugenommen haben.
Unser Andachtstext weist darauf hin, dass auch
Gottes Gemeinden kein Paradies sind. Nachfolger
von Jesus haben immer noch mit ihrem sündhaften Wesen zu kämpfen. „Wo Menschen sind, da
menschelt es.“ Alles nicht so tragisch? Ja, wenn die
Folgen nicht so tragisch wären. Streit belastet das
Gemeindeleben, vergiftet die Atmosphäre. Daran
stoßen sich manche so sehr, dass sie die Gemeinde
wechseln oder verlassen. Andere schließen sich deshalb erst gar nicht der Gemeinde an. Es ist äußerst
bedrückend zu erfahren, dass man durch liebloses
Verhalten einen Menschen aus der Gemeinde vertrieben hat.
Paulus erklärte uns, wie wir besser miteinander umgehen können. Zuerst kommt es darauf an,
selbst darauf bedacht zu sein, keinen Anlass zum
Ärgernis zu geben, weder durch Worte noch durch
anstößiges Verhalten. Da dies weder mir noch meinen Mitchristen immer gelingt, sollen wir lernen,
mit den Querelen positiv umzugehen; nicht Öl ins
Feuer gießen, sondern helfen, das Feuer zu löschen.
Wie das möglich wird, erklärte Paulus in Römer 14
und 15: Nicht richten und nicht verurteilen, denn
beides steht nur Gott zu; den Anderen achten und
nicht miteinander rivalisieren; nicht rechthaberisch
sein, sondern andere Auffassungen gelten lassen;
den Schwachen tragen und sich in dessen Denken
und Situation hineinversetzen; barmherzig, weitherzig und zugleich selbstkritisch sein; Unrecht vergeben, wie Gott uns vergibt. So können wir verhindern, dass Gottes Gemeinde und ihre Glieder durch
unsere Schwächen Schaden nehmen.
„Nichts überzeugt stärker als die Liebe und
Gemeinschaft unter Christen. Nichts zerstört die
Einheit der Gemeinde schneller als Antipathien
und Streit unter Christen. Eine schlechtere Werbung
kann es gar nicht geben“, erklärte Klaus Baschang.
Ich weiß, das alles ist leichter geschrieben als getan.
Dennoch erwartet Jesus von uns, dass wir Friedensstifter sind (Mt 5,9 EB) – auch und vor allem in der
Gemeinde! Wenn wir ihn ernstlich darum bitten,
wird er uns die Kraft dazu geben.
Joachim Hildebrandt
DEZEMBER
Morgens: Hosea 1–4
Abends: Offenbarung 1
SA 08.13 · SU 16.14 · KW 50
8
Sonntag
HERR, leite mich in deiner Gerechtigkeit um meiner Feinde willen; ebne vor mir deinen Weg! Denn
in ihrem Munde ist nichts Verlässliches; ihr Inneres ist Bosheit. Ihr Rachen ist ein offenes Grab;
mit ihren Zungen heucheln sie.
Psalm 5,9–10
Was tun, wenn Menschen, denen man vertraut,
einem frech ins Gesicht lügen? Wenn man erfährt,
dass sie hinterrücks alles tun, um einem zu schaden? Und dann kommen, um erneut verlogenfreundlich aufzutreten – als wäre nichts geschehen?
Schlimmer noch: wenn sie einen trösten wollen
für das, woran sie selbst nach Kräften mitgewirkt
haben?
Wir sollen unsere Feinde lieben, sagt Jesus in der
Bergpredigt, weil es keine Kunst ist, die zu mögen,
die einen auch gern haben (Mt 5,44.46). Natürlich ist es richtig, auch im Angesicht von Heuchelei
anständig und freundlich zu bleiben. Man will sich
ja nicht selbst auf ein niedriges Niveau begeben.
Manches wird man auch gelassen ertragen können, weil es gar nicht die Mühe lohnt, jede kleine
Gemeinheit zu enttarnen.
Von permanenter Selbstverleugnung ist allerdings in der Bibel nicht die Rede – im Gegenteil:
Wer Nächste und Fernste – seine Gegner – respektiert, der darf auch ein Auge auf sich selbst und
das eigene Wohlbefinden haben. Dazu gehört es,
gegebenenfalls Klartext zu reden, Andere damit zu
konfrontieren, was sie Dritten gegenüber an Hetze
oder Kritik geäußert haben. Wichtig ist dabei, nicht
gleich spontan loszulegen, denn die Wut ist eine
sehr schlechte Ratgeberin.
Man kann sich Zeit nehmen und sich überlegen,
was einen an der Heuchelei so trifft. Und welchen
Respekt man für sich einfordert, nämlich dass man
dem Anderen ein offenes Wort wert sein möchte.
Trotzdem kann es sein, dass das alles nichts
bringt. Dein Gegenüber ist vielleicht zu feige oder
zu faul, sich der Mühe einer Auseinandersetzung zu
unterziehen oder sich zu entschuldigen. „In ihrem
Munde ist nichts Verlässliches“, heißt es in den Psalmen. „Mit ihren Zungen heucheln sie!“ Da hilft nur
Distanz und ein klares Signal, was man von der
oder dem Anderen keinesfalls mehr haben möchte:
Nähe oder Gespräche, in denen so getan wird, als
sei alles in bester Ordnung.
Man sollte es sich einfach gönnen: den Umgang
mit Menschen, die – anders als die im Psalm
beschriebenen – zuverlässig und warmherzig sind,
die die Wahrheit sagen, auch wenn sie unbequem
ist, und dies taktvoll und aus Liebe und Respekt
tun.
Beate Strobel
DEZEMBER
Morgens: Hosea 5–8
Abends: Offenbarung 2
SA 08.14 · SU 16.14 · KW 50
9
Montag
[Jesus sagte:] „Wer mich aber verleugnet vor den
Menschen, den will ich auch verleugnen vor
meinem himmlischen Vater.“
Matthäus 10,33
Eine junge Frau aus nichtchristlicher Familie interessierte sich für die Bibel und sah sich unter christlichen Gemeinden um. Da stellte sie fest, dass viele
Gemeindemitglieder sich zwiespältig jenen gegenüber verhielten, die sie nicht besonders mochten.
In deren Gegenwart waren sie sehr freundlich, aber
kaum waren sie abwesend, redeten sie schlecht über
sie.
Diese Beobachtung gab mir zu denken: Was
alles umfasst der Tatbestand, Jesus zu verleugnen?
Sicher nimmt sich jeder Christ wie Petrus vor, ihn
niemals zu verleugnen. Wir verleugnen Jesus, wenn
wir aus Angst dann schweigen, wenn wir von ihm
erzählen und uns als seine Nachfolger bekennen
könnten.
Ellen G. White schrieb: „Wer Christus bekennen
will, muss natürlich eine lebendige Beziehung zu
ihm haben. Man kann nicht anderen etwas weiter-
geben, was man selber nicht hat. Christus bekennen heißt nämlich nicht, in beredten Worten von
ihm zu sprechen oder seine Lehren zu vertreten. Es
ist durchaus möglich, sich der Worte Jesu zu bedienen, ohne dass dabei etwas von seinem Geist und
seiner Liebe mitschwingt. Was aber nicht im Geiste
Christi geschieht, dient ihm nicht, gleichgültig welches Bekenntnis dabei abgelegt wird.
Jesus verleugnen heißt nicht nur, sich von ihm
abzuwenden oder sich gegen ihn zu stellen. Man
kann ihn auch durch törichtes Geschwätz oder
unaufrichtiges Verhalten verunehren. Christus wird
auch verleugnet, wo man seine Pflichten vernachlässigt, fragwürdigen Vergnügungen nachgeht, sich
der Welt anzupassen sucht oder starrsinnig an der
eigenen Meinung festhält. Wo man sich so verhält,
wird offenbar, dass man nicht vom Geist Christi
regiert wird.“ (Der Sieger, S. 262)
Christ zu sein ist nicht nur eine Frage des Erkennens. Wir können Christus nur in dem Maße
bezeugen, wie wir seiner Gesinnung und seinem
Geist Raum in unserem Herzen geben. Deshalb ist
es eigentlich verwunderlich, dass wir ganze Strecken unseres Lebens ohne die nötige Verbindung
mit ihm gehen.
Herr, lass mich dich vor Augen behalten. Gib mir
Kraft, dich heute durch mein Leben zu bekennen!
Heiner Lachmann
DEZEMBER
Morgens: Hosea 9–11
Abends: Offenbarung 3
SA 08.16 · SU 16.14 · KW 50
10
Dienstag
Zur Freiheit hat uns Christus befreit! Galater 5,1
Vor 65 Jahren, am 10. Dezember 1948, wurde in
Paris die Charta der Vereinten Nationen mit der
Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet. Deshalb gilt der 10. Dezember weltweit als
Tag der Menschenrechte.
Nach zwei Weltkriegen, „die unsagbares Leid
über die Menschheit gebracht haben“ (Präambel),
wollten sich die Staaten der Völkergemeinschaft zu
einer Organisation (UNO) zusammenschließen,
um sich gemeinsam gegen alle Arten von Tyrannei
zu wehren.
In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte heißt es in Artikel 18: „Jeder hat das Recht
auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit;
dieses Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion
oder seine Weltanschauung zu wechseln, sowie die
Freiheit, seine Religion oder seine Weltanschauung
allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich
oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst
und Kulthandlungen zu bekennen.“
Gewissensfreiheit und Achtung vor der menschlichen Würde war für Adventisten schon immer ein
hohes Gut. Schon im Januar 1886 erschien mit der
von Ellet J. Waggoner und Alonzo T. Jones gegründeten Zeitschrift The American Sentinel (heute:
Liberty) ein Magazin „zur Förderung der Menschenrechte im zivilen und religiösen Leben“, das
sich entschieden auch für die Trennung von Kirche und Staat einsetzt. Die 1893 von Adventisten
gegründete International Religious Liberty Association (IRLA) war die erste internationale Vereinigung
zum Schutz der Gewissensfreiheit. Auch sie feiert in
diesem Jahr ein Jubiläum – 120 Jahre. Die IRLA
setzt sich über alle staatlichen und konfessionellen
Grenzen hinaus für Glaubens- und Gewissensfreiheit aller Religionen ein.
Wir leben in Deutschland mit einer der besten
Verfassungen der Welt. Menschenrechte und Gewissensfreiheit sind uns garantiert. Nehmen wir sie in
Anspruch, setzen wir uns für sie ein (wenn nötig,
auch vor Gericht und in der Öffentlichkeit), und
vor allem: Üben wir sie gegenüber unseren Mitmenschen, ob es sich um unsere Geschwister im
Glauben oder um Angehörige anderer Religionen
handelt!
Zur Freiheit hat uns Christus befreit! Die schließt
auch die Freiheit zur Ausübung des Glaubens gemäß
der eigenen Erkenntnis und des eigenen Gewissens
ein. Nutzen wir diese Freiheit – auch heute!
Heidemarie Klingeberg
DEZEMBER
Morgens: Hosea 12–14
Abends: Offenbarung 4
SA 08.17 · SU 16.14 · KW 50
11
Mittwoch
Seid wachsam und nüchtern!
1. Petrus 5,8a (Gute Nachricht Bibel)
Immer wieder muss ich darüber schmunzeln, wenn
ich höre oder lese, wie Autofahrer in brenzlige Situationen geraten, weil sie sich blind auf das Navigationsgerät verlassen haben. Kürzlich las ich von
drei Studenten aus Tokio, dass sie im Watt steckenblieben, weil sie auf dem direkten Weg die australische Insel Stradbroke erreichen wollten. Dieser aber
führte über 15 km Meer!
So zufrieden ich mit dem Navigationsgerät in
meinem Wagen auch bin – mehrmals hat sich
bereits bewährt, dass ich der freundlichen Stimme
nicht blind gefolgt bin, sondern meinen Kopf eingeschaltet bzw. die altbewährte gedruckte Karte konsultiert habe.
Es gibt einiges, was wir kritisch hinterfragen
bzw. sorgfältig prüfen sollten: E-Mails zum Beispiel,
die uns auffordern, auf einen Link zu klicken, weil
die Post ein Paket wegen unvollständiger Adresse
(angeblich) nicht liefern konnte; aber auch Berichte
über Träume oder Visionen, durch die Gott etwas
gesagt oder verordnet haben soll, das nicht durch
sein Wort (die „gedruckte Karte“) gedeckt wird. Und
selbst Predigten, die uns auf Anhieb begeistern und
unsere Neugier befriedigen, sollten wir nachträglich
in Ruhe wieder anhören, die Bibelzitate im Zusammenhang lesen, Gott um Schärfung unseres Urteilsvermögens bitten und mit Anderen darüber reden.
So verstehe ich persönlich den Rat des Apostels
Petrus, wachsam und nüchtern zu sein. Das war
sicher zu allen Zeiten ratsam, denn „euer Feind,
der Teufel, schleicht um die Herde wie ein hungriger Löwe. Er wartet nur darauf, dass er jemand von
euch verschlingen kann“ (1 Ptr 5,8b GNB). Aber für
uns, die wir in der letzten Zeit der Geschichte leben,
ist besondere Wachsamkeit geboten, denn Satan
„weiß, dass er wenig Zeit hat“ (Off b 12,12).
Nur ungern will ich mich vom Teufel „motivieren“ lassen, wachsam und nüchtern zu sein. Viel
lieber nehme ich mir Jesus Christus als Vorbild:
Weil er alles mit der Heiligen Schrift prüfte, konnte er bei der Versuchung in der Wüste souverän
reagieren und siegen. Statt den Versuchen seiner
„Fans“ nachzugeben, suchte er einen kühlen Kopf
im Gebet bei seinem Vater, als sie ihn zum König
krönen wollten. Selbst die gutgemeinten, aber nicht
zielführenden Vorschläge seiner Jünger wehrte er
ab, weil er nur der „Navigationsstimme“ seines
Vaters völlig vertraute.
Danke, Herr, dass wir von dir lernen können,
wachsam und nüchtern zu sein!
Elí Diez-Prida
DEZEMBER
Morgens: Joel 1–4
Abends: Offenbarung 5
SA 08.18 · SU 16.14 · KW 50
12
Donnerstag
Darum geben wir nicht auf. Wenn auch unsere körperlichen Kräfte aufgezehrt werden, wird
doch das Leben, das Gott uns schenkt, von Tag
zu Tag erneuert.
2. Korinther 4,16 (Hoffnung für alle)
In einer Zeitschrift las ich einen Artikel mit der Überschrift: „Stärkungsmittel – verlorene Hoffnung“!
Die Beurteilung der geprüften Stärkungsmittel fiel
sehr negativ aus. Die Hoffnung, dank dieser Mittel
dem Leistungs- und Erfolgsdruck besser gewachsen
zu sein, sei trügerisch. Dennoch geben die Bundesbürger über 200 Millionen Euro jährlich dafür aus.
Auch Werbefilme gaukeln uns vor, dass durch
die Einnahme bestimmter Pillen alles besser werden kann. Ältere Menschen können angeblich wieder wie in jungen Jahren herumhüpfen. Aber auch
Jüngere sollen damit ihre Leistung steigern können, um für Prüfungen und die Anforderungen im
Berufsleben fit zu sein.
Unser Tagestext bestätigt, was nicht zu leugnen
ist: Unsere Lebenskräfte nehmen mit dem Älterwerden ab. „Unsere körperlichen Kräfte werden
aufgezehrt“ (Lutherübersetzung: „unser äußerer
Mensch verfällt“), schrieb Paulus an die Christen in
Korinth. Wir sollten uns – bei aller empfehlenswerten Vorbeugung und gesunden Lebensweise – damit
abfinden.
Das ist aber kein Grund zu resignieren, den Mut
zu verlieren oder gar aufzugeben: denn der innere Mensch wird durch „das Leben, das Gott uns
schenkt, von Tag zu Tag erneuert“. Wie häufig hätte
Paulus während seines Dienstes aufgeben können,
hätte er nur die Müdigkeit, den Schmerz oder die
Kritik vor Augen gehabt, die er immer wieder erlebte. Weil er selbst diese innere Belebung und Erneuerung seines Vertrauens, seiner Opferbereitschaft
und Liebe erlebte, konnte er den Christen schreiben:
„Lasst euch in eurem Denken erneuern durch den
Geist, der euch geschenkt ist.“ (Eph 4,23 GNB)
Gerade wenn wir uns schwach fühlen, kann
Gott seine Kraft umso stärker zur Geltung kommen
lassen. Als Gott zu Paulus sagte: „Meine Gnade ist
alles, was du brauchst. Meine Kraft zeigt sich in deiner Schwäche“, wurde er innerlich ruhig: „Nun bin
ich zufrieden mit meiner Schwäche, damit die Kraft
von Christus durch mich wirken kann.“ (2 Kor 12,9
NLB)
Den Älteren gilt außerdem die Zusage aus Jesaja
46,4: „Ich werde euch tragen, bis euer Haar vom
Alter ergraut. Ich habe es getan und ich werde euch
weiterhin tragen. Ich werde euch auf meine Schulter laden und euch retten.“ (NLB)
Klaus Schulz
DEZEMBER
Morgens: Amos 1–3
Abends: Offenbarung 6
SA 08.19 · SU 16.14 · KW 50
13
Freitag
Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen,
und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.
Jesaja 42,3a
Studium abgeschlossen, Bewerbungen geschrieben, die gewünschte Stelle in einem großen Betrieb
erhalten – was will ein junger Mensch mehr?
Nach einiger Zeit erhielt der junge Ingenieur den
Auftrag, ein großes Projekt umzusetzen. Er kam
gut voran, doch dann passierte ihm ein eklatanter
Fehler. Der Firma entstand ein Schaden im sechsstelligen Euro-Bereich. Den konnte auch der Abteilungsleiter nicht mehr geheim halten, und so ging
die Sache in die Führungsetage, direkt zum Chef.
Da sitzt er nun, der junge Mann, und lässt die
Ansprache über sich ergehen. Als der Chef zu Ende
ist, sagt der Ingenieur: „Na, dann geh ich mal und
hole mir meine Papiere!“ „Was wollen Sie? Sie sind
mein teuerster Mitarbeiter; ich habe gerade mehrere
hunderttausend Euro in Ihre Ausbildung gesteckt.
Glauben Sie etwa, da werfe ich Sie raus? “
Es ist gut, wenn Andere nicht nur unsere Fehler
sehen, sondern das Lernpotenzial, das für uns dar-
in steckt. Genau das meint unser Andachtswort im
Hinblick auf Gott. Er hätte mehr als eine Berechtigung, jeden von uns „zu entlassen“. Wie häufig
versagen wir im Umgang miteinander! Wie häufig gehen wir der Sünde auf den Leim – trotz aller
Warnungen! Wie häufig verursachen wir schwere
Verletzungen!
Wir gehörten „gekündigt“, doch es ist wie bei
dem obigen Chef: Du bist viel zu wertvoll, als dass
Gott dich fallen lassen würde. Du bist viel zu wertvoll, als dass Gott auf dich verzichten wollte. Statt
uns mal so richtig den Kopf zu waschen, mit Krankheit oder Unglück zu bestrafen, uns die „Suppe auslöffeln zu lassen“, erweist sich Gott als liebender
Vater, der ein „Das-geschieht-dem-aber-zurecht“
nicht kennt.
Wir Menschen lassen den Anderen sein Versagen manchmal gern durchleiden, weil er ja selbst
schuld ist. Manche richten sich daran auf, dass es
ihm nun verdientermaßen schlecht geht. Doch Gott
kennt solche Gefühle bösartiger Genugtuung nicht.
Er wendet sich stattdessen jedem Versager in grenzenloser Barmherzigkeit zu, was der Andachtstext
über den Messias prophezeit und Jesus in seinem
Dienst erfüllte.
Für Gott sind wir seine Kinder, um die er sich
intensiv kümmert und deren Leben er lebenswert
und erfolgreich machen will. Deshalb kanzelt er
uns nicht ab, sondern ermutigt uns und baut uns
auf!
Heinz-Ewald Gattmann
DEZEMBER
Morgens: Amos 4–6
Abends: Offenbarung 7
SA 08.19 · SU 16.14 · KW 50
14
Sabbat
Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht,
sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.
2. Timotheus 1,7
Furcht kann und wird sich unser immer wieder
einmal bemächtigen. Die Macht der Angst aber ist
nicht Gottes Prinzip. Er hat uns seinen Geist gegeben – und der hat andere Qualitäten. Er ist der Geist
der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.
Für Kraft steht im Grundtext des Neuen Testamentes dynamis. Erstaunlich, wie treffsicher Alfred
Nobel seine Erfindung bezeichnete: Dynamit. Denn
der wesentliche Unterschied zu Nitroglyzerin (dem
Stoff, aus dem Dynamit hergestellt wird) ist die kontrollierte Sprengkraft. Nitroglyzerin dagegen geht
bei Erschütterungen und bei bestimmten Temperaturen hoch.
Das kennen wir doch auch: In manchen Gesprächen steigt die „Betriebstemperatur“; wir erhitzen
uns immer mehr. Man gewinnt den Eindruck, dass
gleich die Bombe platzt. Stößt man uns herum,
ecken wir an, wird es anstößig, dann könnte uns
nicht nur der Kragen platzen. Wir sind kurz davor,
in die Luft zu gehen. Das geschieht nicht geräuschlos, da ist kein Schutz für die Umgebung. Denn das
Merkmal einer Explosion ist eben, dass sie unkontrolliert losbricht. Deshalb muss ein „NitroglyzerinMensch“ immer in Watte gepackt werden. Er ist
stets für unliebsame Überraschungen bereit und
kann ohne Voranmeldung hochgehen.
Gottes „Dynamit“ aber ist die Kraft der Liebe – eine Explosion, die Leben schafft, statt es zu
gefährden oder gar zu zerstören. In seinem Relief
Auferstehung deutete Ernst Barlach die Sprengkraft
Gottes an: Christus schießt explosionsartig aus der
Grube, sprengt die Pforten des Todes. Die Arme ausgebreitet – als Gekreuzigter erkennbar – umarmt er
das Leben.
So wirkt das „Dynamit“ der Liebe. In Gott ist
dieses Paradox aufgelöst: Die Liebe kann Feinde
vernichten, indem sie sie in Freunde verwandelt.
Festungen der Angst werden gesprengt, denn
„Furcht ist nicht in der Liebe“.
Und dann gibt es noch das „Dynamit“ der
Besonnenheit. Wo die Macher längst ihr Pulver
verschossen haben, bleiben Beter beherzt am Drücker. Wo scharfe Argumente wie Seifenblasen zerplatzen, wirkt das behutsame Wort heilsam. Wo
die Planierraupe der Rechthaberei jedes aufrichtige
Pflänzchen platt macht, erhellt der Besonnene die
düstere Stimmung mit seiner Strahlkraft und richtet
Niedergedrückte auf.
Werner Jelinek
DEZEMBER
Morgens: Amos 7–9
Abends: Offenbarung 8
SA 08.20 · SU 16.14 · KW 51
15
Sonntag
Stellt euch vor, einer von euch hat hundert Schafe und eines davon verläuft sich. Lässt er dann
nicht die neunundneunzig allein in der Steppe
weitergrasen und sucht das verlorene so lange,
bis er es findet? Lukas 15,4 (Gute Nachricht Bibel)
Es geht hier nicht um Hirtenromantik oder Tierschutz. Sicher liebten die Menschen damals ihre
Tiere, aber die waren keine Haustiere, sondern ihr
Kapital. Wenn von hundert Tieren eines verloren
geht, dann würden Finanzberater heute sagen:
„Peanuts! Abschreiben!“ Aber für den, der zusehen
muss, wie viel Monat am Ende des Geldes noch verbleibt, wäre das ein erheblicher Verlust.
Daher hatte Jesus, der sich hier gerade mit ein
paar schlecht gelaunten Pharisäern herumschlagen
musste, sicherlich die Lacher auf seiner Seite: Man
stelle sich nur einen Pharisäer vor, der einem rebellischen Schaf hinterherläuft (in der Antike betrachtete
man das Laufen von Männern als nicht würdevoll)!
Das Problem, das die murrenden Pharisäer mit
Jesus hatten, war, dass er sich mit Sündern abgab
(V. 2). Das ist wohl das erste Problem der Frommen:
Sie sind offensichtlich in der Lage, Sünder zu identifizieren. Sie wissen, wer rechts und wer links ist,
wer Recht hat und wer nicht. Der fromme Eiferer
tut genau das, wovon Jesus in dem Gleichnis vom
Unkraut im Weizen abrät: nämlich vor der Ernte
schon zu sortieren. Warum? Zunächst einmal, weil
es offensichtlich schlechte Laune macht. „Sie murrten“, steht zwei Verse vorher.
Das Gleichnis vom verlorenen Schaf hat aber
einen anderen Leitbegriff. Dem Wort „murren“
steht nämlich gleich dreimal das Wort „Freude“
gegenüber (V. 5–7). Gott freut sich über Menschen,
die wissen, dass sie Sünder sind und sich wieder zu
ihm wenden. Ja, der ganze Himmel freut sich.
Jesus stritt den Vorwurf, dass er sich mit Sündern abgebe, also gar nicht ab; im Gegenteil, er
bestätigte ihn. Und durch die Blume (das Gleichnis
mit dem Schaf ) sagte er zusätzlich: Und wisst ihr
was? Ich habe auch noch Freude dabei. Das ist kein
schönes Gleichnis für diejenigen, die schon jetzt zu
den Guten zählen und meinen, alle Anderen genau
identifizieren zu können. Aber es ist ein festliches,
fröhliches und befreiendes Gleichnis für alle, die
schon einmal festgestellt haben: Sünder – damit bin
auch ich gemeint.
Wer dieses Verlorensein selbst erlebt hat und wer
weiß, wie sich Nachhausekommen anfühlt, der
kennt die Freude, von der Jesus hier spricht.
Dennis Meier
DEZEMBER
Morgens: Obadja
Abends: Offenbarung 9
SA 08.21 · SU 16.14 · KW 51
16
Montag
Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts
ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.
Epheser 5,8b–9
Im Zusammenhang mit diesem Text von Paulus
kommt mir ein Kinderlied in den Sinn. Wir haben
es früher gern gesungen, manchmal auch mit einer
Kerze in der Hand. Es heißt: „In der Welt ist’s dunkel, leuchten müssen wir. Du in deiner Ecke, ich in
meiner hier.“
Wir klagen oft wie Menschen, die nicht an Gott
glauben, darüber, dass es so viel Elend in dieser
Welt gibt und so viel Schlimmes passiert. Ja, wir leiden auch an all dem Bösen in unserer Umwelt; wir
kennen diese Art von Dunkelheit. Vielleicht fühlen
wir uns manchmal hilflos in unserer „Ecke“. Aber
da gibt es Hoffnung. Das einzige Mittel gegen Dunkelheit ist Licht. Je dunkler es ist, desto heller und
hilfreicher erscheint selbst das kleinste Licht.
Wenn du an Jesus glaubst und weißt, dass du
von ihm angenommen bist, dann bist du ein Kind
des Lichts. Er will in dir die guten Eigenschaften
fördern, mit denen du Anderen leuchten kannst.
Gute Eigenschaften machen das Miteinander hell
und freundlich und geben positive Impulse. Paulus
schrieb an die Christen in Galatien: „Der Geist Gottes … lässt als Frucht eine Fülle von Gutem wachsen, nämlich: Liebe, Freude und Frieden, Geduld,
Freundlichkeit und Güte, Treue, Bescheidenheit und
Selbstbeherrschung.“ (Gal 5,22–23a GNB) Alle diese Eigenschaften tun uns gut. Sie sind die Lichtlein,
mit denen wir Anderen und uns selbst den Alltag
hell machen können.
Jesus sagte: Stellt euer Licht „auf einen Leuchter;
so leuchtet es allen, die im Hause sind“ (Mt 5,15b).
Darum sollen wir immer mehr Gottes gute Eigenschaften in uns reifen lassen, um im Namen Jesu
Licht in diese bedrückend dunkle Welt zu bringen –
zum Trost, zur Freude, zur Ermutigung, damit Menschen aufatmen können.
Jeder, der schon einmal in völliger Finsternis war,
weiß, dass bereits das kleine Licht eines Streichholzes die Dunkelheit vertreibt und von Angst befreit.
Also leuchte! Mache Freude, schenke eine liebevolle
Geste, ein Lächeln, ein gutes Wort, eine hilfreiche
Hand, Geduld und Güte – und womit du sonst noch
leuchten kannst. Gott segne dich dabei! Marli Weigt
Mach aus mir einen Regenbogen, der alle Farben
enthält, in denen dein Licht sich bricht.
(Dom Hélder Câmara)
DEZEMBER
Morgens: Jona 1–4
Abends: Offenbarung 10
SA 08.22 · SU 16.14 · KW 51
17
Dienstag
Denn darin sind die Menschen gleich: Alle sind
Sünder und haben nichts aufzuweisen, was Gott
gefallen könnte. Aber was sich keiner verdienen
kann, schenkt Gott in seiner Güte: Er nimmt uns
an, weil Jesus Christus uns erlöst hat.
Römer 3,22b–24 (Hoffnung für alle)
Warum fällt es uns so schwer, es als ein Geschenk
anzusehen, dass Gott uns von unserer Schuld
befreien und als seine Kinder annehmen will? Weshalb haben Religionen und Heilslehren Zulauf, die
den Menschen die Hauptlast für ihre Erlösung aufbürden?
Ein Grund dafür ist offenbar, dass sich manche
Menschen nicht besonders schuldig fühlen, weil
sie meinen, sich vorbildlich zu verhalten. Dieses
tugendhafte Leben gleiche ihre gelegentlichen Fehltritte aus – ähnlich wie ein Wald, der als Ersatz
für einen Kahlschlag an einer anderen Stelle angepflanzt wird. Eine „Begnadigung“ meinen sie nicht
nötig zu haben; sie erarbeiten sich ihre Entlastung
lieber selbst. Wissenschaftliche Untersuchungen haben bestätigt, dass dieses moralische Empfinden
offenbar zu unserer mentalen Grundausstattung
gehört. So fanden Forscher der Universität Toronto
heraus, dass Versuchspersonen, die Ökoprodukte
erworben hatten, anschließend eher dazu neigten,
zu stehlen oder zu betrügen. Dieses scheinbar überraschende Ergebnis erklärten die Wissenschaftler
damit, dass die Teilnehmer meinten, sie hätten mit
dem Kauf von Ökolebensmitteln einen moralischen
Kredit erworben, mit dem sie ein Fehlverhalten an
anderer Stelle bezahlen könnten. Zahlreiche ähnliche Studien hatten vergleichbare Ergebnisse (Süddeutsche Zeitung vom 23. Mai 2012).
Deshalb funktionierte der Ablasshandel so gut –
sowohl im Mittelalter als auch in seiner säkularen
Variante, beispielsweise in Form einer freiwilligen
CO2 -Abgabe bei Flugreisen. Doch der Apostel Paulus weist in unserem Andachtstext derartige Überlegungen entschieden zurück. Alle Menschen sind
vor Gott schuldig geworden – auch du und ich. Ein
„Abarbeiten“ dieser Schuld ist nicht möglich. Diese
Einsicht widerspricht zwar unseren natürlichen
Impulsen, ist aber die unabdingbare Voraussetzung
dafür, die Güte Gottes zu begreifen und das Erlösungsgeschenk annehmen zu können. Sie bewahrt
uns auch davor, uns moralisch über unsere Mitmenschen zu erheben.
Möge der Heilige Geist uns helfen, unseren wahren Zustand zu erkennen und die Gabe der Erlösung
wirklich als ein Geschenk anzunehmen.
Thomas Lobitz
DEZEMBER
Morgens: Micha 1–3
Abends: Offenbarung 11
SA 08.23 · SU 16.15 · KW 51
18
Mittwoch
Rächt euch niemals selbst, sondern überlasst die
Rache dem Zorn Gottes. Denn es steht geschrieben: „Ich allein will Rache nehmen; ich will das
Unrecht vergelten“, spricht der Herr.
Römer 12,19 (Neues Leben Bibel)
Rache zu üben liegt seit dem Sündenfall in der
Natur des Menschen. Auf den ersten Seiten der
Bibel lesen wir von den Anfängen der Kultur, von
Zither- und Flötenspielern, im gleichen Atemzug
aber auch von finsteren Rachegelüsten: „Kain soll
siebenmal gerächt werden, aber Lamech siebenundsiebzigmal.“ (1 Mo 4,24) Das Liebliche und Schöne
lag immer dicht neben dem Finsteren und Bösen.
Wir greifen heute nicht zum Knüppel, sondern
verfügen über „feinere“, versteckte Methoden nach
dem Motto: „Dem werd’ ich’s zeigen!“ Rache und
Vergeltung haben uns Menschen unendliches Leid
gebracht. Meist hindert uns der Stolz daran, Nachsicht zu üben.
Der heutige Andachtstext erinnert daran, dass
wir es Gott überlassen sollten, Rache zu üben. Wer
das nicht tut, maßt sich ein Recht Gottes an und
bestraft sich letztlich selbst.
Der russisch-kirgisische Schriftsteller Tschingis
Aitmatow (1928–2008) erzählte in seinem Buch
Kindheit in Kirgisien (1998) ein Erlebnis aus dem
Krieg. Der Vater war in einem Lager ums Leben
gekommen. Die Mutter, eine Tante und die Kinder
fristeten ein kümmerliches Dasein in einem kirgisischen Dorf. Das Einzige, was sie hatten, war eine
Kuh. Die Kuh war ihr Leben. Doch eines Morgens
sah der junge Tschingis entsetzt: Die Kuh war ihnen
gestohlen worden! Wahnsinnig vor Wut griff er sich
ein Gewehr und zog hinaus in die Steppe, den Dieb
zu stellen und zu töten.
Nach Stunden des Umherirrens begegnete er
einem alten, ärmlich gekleideten Mann. Sie kamen
ins Gespräch und der Alte warnte ihn: „Du sollst
einen Menschen nicht einmal in Gedanken töten,
auch wenn er ein verfluchter Dieb ist … Das Leben
selbst bestraft jeden, der solches Übel anrichtet …
Die Strafe wird ihm ewig auf den Fersen sein, sich
mit ihm schlafen legen und mit ihm aufstehen.
Aber dir wird das Leben Glück bringen, wenn du
heimkehrst und aufhörst, an Mord zu denken. Geh
heim Söhnchen, und erzähl’s deiner Mutter, geh
heim! Denk nie mehr an Mord, ganz gleich, welches Übel man dir zufügt.“
Rache – egal in welcher Form – zerfrisst unsere Seele; der Verzicht auf Rache aber bringt uns
lebenslangen Segen.
Dieter Leutert
DEZEMBER
Morgens: Micha 4.5
Abends: Offenbarung 12
SA 08.23 · SU 16.15 · KW 51
19
Donnerstag
Die Herrschaft Hiskias, des Sohnes von Ahas,
über Juda begann im dritten Jahr der Regierungszeit König Hoscheas, des Sohnes Elas, in
Israel. Er war 25 Jahre alt, als er König wurde,
und er regierte 29 Jahre in Jerusalem. Seine Mutter war Abi, die Tochter Secharjas. Hiskia tat,
was dem Herrn gefiel, so wie sein Stammvater
David vor ihm.
2. Könige 18,1–3 (Neues Leben Bibel)
Die Geschichte von Völkern wird häufig anhand
der Reihenfolge der Könige dargestellt. Heute würde
man die Regierungschefs oder die Präsidenten nennen. Soweit ich es überschaue, kommt heute kaum
jemand Mitte Zwanzig an die politische Spitze eines
Staates. Und durch die Wahlen bedingt sind zwei
oder gar drei Legislaturperioden im Amt schon
lange.
Hiskia kam mit 25 an die Regierung und führte den Staat Juda fast 30 Jahre lang. Zu seiner
Zeit wurde die Nation als eine Monarchie geführt
und deshalb kam in der Regel der älteste Sohn des
amtierenden Königs als Nachfolger auf den Thron,
so auch Hiskia. Was war von seiner Regierungszeit
berichtenswert? Im Bibeltext wird seine Mutter Abi
erwähnt und sein Glaube an Gott nach dem Vorbild seines Stammvaters, König David.
Manchmal frage ich mich, was wohl Chronisten
über mein Leben, über das Leben der zurzeit Verantwortlichen in Politik, Gesellschaft oder Religion
schreiben würden. Was würde ein von Gott inspirierter Berichterstatter heute über das Leben eines
Menschen schreiben? Hat er getan, was dem Herrn
wohlgefiel? Oder würde der Bericht – wie bei vielen
anderen Königen im alten Juda und Israel – lauten:
„Er tat, was dem Herrn missfiel“?
Wenn man Geschichtsbücher studiert, kann
man durchaus unterschiedliche Darstellungen über
das Leben wichtiger Persönlichkeiten finden. Wer
die aktuelle Politik und Kultur des Landes beobachtet, weiß, dass Bewertungen der Führungspersonen nicht immer gleich lauten. Was ist wirklich
wichtig? Wird Gott im Rückblick auf den heutigen
Tag sagen: Diese Frau, dieser Mann, dieses Kind hat
heute etwas Gutes für Andere getan?
Es ist wichtig, täglich Gottes Führung zu erbitten, etwas von der Liebe Gottes Anderen weiterzugeben und das Leben der Mitmenschen mit einem
ermutigenden Wort zu erhellen. Anerkennung für
den Einsatz ermutigt; Hoffnung auf Gott führt zur
Hoffnung im eigenen Leben. Weil wir uns der Vergänglichkeit irdischer Werte bewusst sind, lasst uns
heute göttliche Werte leben.
Gerhard Wagner
DEZEMBER
Morgens: Micha 6.7
Abends: Offenbarung 13
SA 08.24 · SU 16.15 · KW 51
20
Freitag
Wie sich im Wasser das Angesicht spiegelt, so ein
Mensch im Herzen des andern.
Sprüche 27,19
Nur wenige wissen, dass die Narzisse ihren Namen
von einem Jüngling der griechischen Sage erhalten
hat. Laut Pausanias verschmähte Narzissos die Liebe der Nymphe Echo und wurde dafür mit unstillbarer Selbstliebe bestraft. Eines Tages setzte er sich
an einen See, um sich seines Spiegelbildes zu erfreuen, woraufhin durch göttliche Fügung ein Blatt ins
Wasser fiel und es durch die erzeugten Wellen trübte. Schockiert von der vermeintlichen Erkenntnis, er
sei hässlich, starb er. Nach seinem Tode wurde er in
eine Narzisse verwandelt. Mit Narzissmus bezeichnet man deshalb die Verliebtheit in sich selbst; die
eitle oder krankhafte Selbstbewunderung.
Davor möchte Gott uns bewahren. Unsere Mitmenschen können und sollen uns dabei helfen.
Wenn wir den Eindruck haben, dass jemand unser
eigenes Spiegelbild ist, erkennen wir seine Schwächen als unsere. Und wenn der Andere uns sagt,
wie er uns sieht, sollten wir seine Aussagen überdenken. Das ist die Chance, uns selbst gegenüber
kritisch zu sein und Schwächen und ungute Eigenarten zu verändern.
Geschieht das gegenseitige Spiegeln in Liebe,
wird es das Leben sehr bereichern. Dann sagen wir
nicht nur: „Gut, dass es dich gibt“, sondern meinen
es auch so. Denn der Nächste ist uns auch dazu
gegeben, dass wir an uns von Gott ein paar Schönheitskorrekturen vornehmen lassen.
Weit mehr als üblich kann in uns verändert
werden, wenn sich gläubige Menschen zuerst vor
Gott „spiegeln“ und dann mit dieser Voraussetzung
einer im anderen. Denn Gott sieht jeden Menschen
nicht nur wie er ist, sondern auch, wie er durch sein
Wirken noch werden kann. Wer die Eigenschaften
seines Nächsten nur vom Augenblick der Wahrnehmung registriert, kann sehr frustriert werden; wer
ihn aber auch immer schon ein Stück besser sieht,
bringt für sich und den Anderen eine stark motivierende Hoffnung ins Spiel.
Der Apostel Paulus schrieb: „Wir alle sehen in
Christus mit unverhülltem Gesicht die Herrlichkeit
Gottes wie in einem Spiegel. Dabei werden wir selbst
in das Spiegelbild verwandelt und bekommen mehr
und mehr Anteil an der göttlichen Herrlichkeit. Das
bewirkt der Herr durch seinen Geist.“ (2 Kor 3,18
GNB) Setzen wir uns dem Wirken des Geistes Gottes
aus, dann schafft er in uns etwas Neues und Gutes,
das unsere Vorstellungskraft weit übersteigt.
Josef Butscher
DEZEMBER
Morgens: Nahum 1–3
Abends: Offenbarung 14
SA 08.24 · SU 16.16 · KW 51
Winteranfang
Ihr seid das Salz der Erde.
21
Sabbat
Matthäus 5,13a
„Salz der Erde“ sind die Gläubigen. Salz ist lebenswichtig. Schon ein paar Körner sind spürbar. So soll
die Kirche wichtig für die ganze Welt sein. Allerdings ist es nicht die große Aufmerksamkeit, die die
Kirche braucht. Viel Salz braucht man nicht, nur
ein paar wenige Teelöffel für einen großen Topf
Suppe. Salz muss man nicht herausschmecken,
aber dennoch merkt man, wenn es fehlt.
Wenn es keine Kirche gäbe, was fehlte dann? Wo
würde man Abschied nehmen von tragisch Verunglückten? Wer sollte so etwas wie Telefonseelsorge
machen? An wen könnte man sich wenden, wenn
das Leben problematisch wird oder zu Ende geht?
Vieles geschieht in den Kirchen – ganz unspektakulär. Das ist gut so.
In mir steckt der Wunsch, dass meine Kirchengemeinde groß herauskommt. Etwas Sensationelles
müsste geschehen, sodass die Massen herbeiströmen, sogar die Fernsehsender kommen. Es müsste etwas ausgehen von meiner Gemeinde, das die
ganze Stadt erfasst – vielleicht sogar ein paar Wunder. Das wär’s doch. Ich bin mit diesem Wunsch
nicht allein, viele Christen denken so. Selbst die, die
nie zur Kirche gehen, erhoffen Großes von ihr. Sie
sagen: „In der Kirche ist ja nichts los. Ja, es müsste
richtig etwas los sein in der Kirche.“
Jesus sagte über die Gemeinde in seiner Erzählung vom Weltgericht noch etwas anderes: „‚Denn
ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir zu essen
gegeben. Ich bin durstig gewesen und ihr habt mir
zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen
und ihr habt mich aufgenommen. Ich bin nackt
gewesen und ihr habt mich gekleidet. Ich bin krank
gewesen und ihr habt mich besucht. Ich bin im
Gefängnis gewesen und ihr seid zu mir gekommen.‘
Dann werden ihm die Gerechten antworten und
sagen: ‚Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen
…? ‘“ (Mt 25,35–37) Mit anderen Worten: Am Ende,
wenn abgerechnet wird, wird der Richter feststellen
– sinngemäß: Ich bin hungrig gewesen in Afrika,
ihr habt Hilfe geschickt. Ich musste von Hartz 4
leben, ihr habt einen Mittagstisch und eine Kleiderkammer eingerichtet. Ich bin ein Asylbewerber
gewesen, ihr habt mich freundlich aufgenommen.
Ich bin verzweifelt gewesen, ihr hattet Zeit, mir
zuzuhören. Dann – so erwartet es Jesus – werden
die Gläubigen fragen: „Wann haben wir das alles
getan? “ Es stand in keiner Zeitung. So soll Kirche
sein.
Bernhard Oestreich
DEZEMBER
Morgens: Habakuk 1–3
Abends: Offenbarung 15
SA 08.25 · SU 16.16 · KW 52
22
Sonntag
Der HERR ist in seinem heiligen Tempel. Es sei vor
ihm stille alle Welt!
Habakuk 2,20
Von Jahr zu Jahr wird die Welt unruhiger und lauter. An Flugplätzen und Durchgangsstraßen wird
der Lärm immer unerträglicher und macht Menschen krank.
Der lebensfeindliche „Lärm“, den der Prophet
Habakuk beklagte, ist anderer Art; denn er selbst
wird laut gegenüber Gott: „Wie lange soll ich
schreien, und du willst nicht hören? “ (Hab 1,2a)
Und dann hält er Gott vor, dass die Welt voll Bosheit, Jammer, Raub und Frevel ist; Gewalt geht vor
Recht, Menschen werden übervorteilt, es ergehen
verkehrte Urteile und die gerechte Sache kann nicht
gewinnen (V. 3–4).
Nachdem der Prophet aufgezählt hat, was alles
schief läuft in dieser Welt, muss er erst einmal tief
Luft holen. Und dann gibt er Gott Gelegenheit, sich
zu äußern: „Hier stehe ich auf meiner Warte und
stelle mich auf meinen Turm und schaue und sehe
zu, was er mir sagen und antworten werde auf das,
was ich ihm vorgehalten habe.“ (Kap. 2,1)
Erstaunlich, dass Gott sich auf solch einen dreisten und fordernden Ton einlässt! Aber seine Antwort
ist klar und eindeutig und enthält einen Auftrag an
den Propheten: Alles Unrecht in der Welt wird bei
Gott registriert, nichts wird übersehen, und dem
Durcheinander in der Welt setzt Gott sein planmäßiges Handeln entgegen, wie er es jeweils durch seine
Propheten ankündigen lässt. Darauf können gläubige Menschen sich verlassen. Manchmal braucht
es viel Geduld, aber seine Zusagen sind zuverlässig.
Und für die Zeit des Wartens gilt: „Der Gerechte aber
wird durch seinen Glauben leben.“ (V. 4)
Nachdem der Prophet diese Antwort auf seine Fragen erhalten hat, sieht er zwar immer noch
Unrecht und Gewalt in seiner Umwelt; aber er sieht
auch, dass ein Leben ohne oder gegen Gott keine
Zukunft hat. Und während er anfangs laut beklagt
hat, dass Gott dem heillosen Treiben der Menschen
scheinbar schweigend und tatenlos zuschaut, weiß
er es jetzt besser: „Aber der HERR ist in seinem heiligen Tempel. Es sei vor ihm stille alle Welt!“ (V.
20) Und weil er sich selbst in dieses Stillesein einbezieht und Gottes Handeln im Weltgeschehen und
in seinem Leben vertraut, kommt nun ein neuer
Grundton in sein Leben: „Aber ich will mich freuen
des HERRN und fröhlich sein in Gott, meinem Heil.“
(Kap. 3,18)
Danke, großer Gott, dass du alle Fäden in der
Hand hältst und im Weltgeschehen und in unserem
Leben das letzte Wort haben wirst! Johannes Fiedler
DEZEMBER
Morgens: Zefanja 1–3
Abends: Offenbarung 16
SA 08.25 · SU 16.17 · KW 52
23
Montag
„Siehe, ich verkündige euch große Freude, die
allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren.“
Lukas 2,10 –11a
In der Adventszeit fiel mir ein Bild in die Hände,
auf dem ein geschmückter Weihnachtsbaum abgebildet war, unter dem Berge von Geschenken lagen.
Daneben stand in großen Lettern: „Die wichtigsten
Dinge zu Weihnachten sind gar keine Dinge!“
Zunächst dachte ich: Das mag schon sein, aber
Dinge sind doch auch wichtig – gerade zu Weihnachten. Doch dann begriff ich, was der Schreiber
meinte. Wahrscheinlich haben wir uns alle so an
Dinge gewöhnt, dass das eigentliche Geschehen,
dessen wir uns an Weihnachten erinnern sollten, in
den Hintergrund gerückt wird. Als Kind dachte ich
immer: Was werde ich wohl in diesem Jahr bekommen? Heute frage ich: Was soll man Menschen
schenken, die schon alles haben?
Hand aufs Herz: Drehen sich unsere Gedanken
nicht viel zu sehr um „Dinge“? Dabei möchte Gott
unsern Blick von den „Dingen“ weg zu einer Person
hin lenken: „Heute ist euch der Retter geboren worden, in der Stadt Davids: Christus, der Herr!“, verkündigten Engel den überraschten Hirten auf dem
Feld (Lk 2,11 GNB).
Haben wir es nicht alle schon erfahren, dass
man um eines Menschen willen bereit war, „Dinge“
aufzugeben? Was bedeutet schon all das, was wir
zu Weihnachten schenken oder geschenkt bekommen, wenn wir es an dem messen, was uns Gott
in der Gabe seines Sohnes beschert hat? Geschenke
können erfreuen, aber Jesus bringt das Heil; Gaben
schaffen Befriedigung, aber der Herr schafft unvergängliches Leben. Vielleicht erlebt es mancher von
uns in diesem Jahr, dass ihm der Retter, der in der
Stadt Davids geboren wurde, wichtiger ist als die
Geschenke.
„Was ist los“, fragte der Pastor, „ihr seid ja plötzlich so still geworden? “ „Wir sehen die Krippe nicht
mehr!“, rief ein Kind aufgeregt. „Die Geschenke stehen davor!“ Ein Junge fügte hinzu: „Aber die sollen doch nur Nebensache sein!“ Das traf den Kern,
das Schenken richtig einzuordnen. Nun halfen viele
fleißige Hände, die Pakete so aufzustellen, dass der
Blick zur Krippe wieder frei war.
Diese anschauliche Predigt haben alle begriffen: Geschenke? – Ja! Vorbereitungen? – Ja! Aber sie
dürfen nur den Rahmen bilden zu der eigentlichen
Weihnachtsfreude: „Euch ist heute der Heiland
geboren.“
Günther Hampel
DEZEMBER
Morgens: Haggai 1.2
Abends: Offenbarung 17
SA 08.26 · SU 16.18 · KW 52
Heiligabend
24
Dienstag
[Der Engel sagte zu den Hirten:] „Heute ist euch
der Retter geboren worden, in der Stadt Davids:
Christus, der Herr!“
Lukas 2,11 (Gute Nachricht Bibel)
Beim grausamen Warschauer Aufstand im Herbst
1944 wurde die 15-jährige Blandyna L. von ihrer
Familie getrennt. Plötzlich befand sie sich in einem
überfüllten Viehwaggon – zur Zwangsarbeit nach
Deutschland deportiert. In Werl musste sie als
Nummer 15516 täglich zwölf Stunden am Fließband in einer Munitionsfabrik schuften. Nur in der
halbstündigen Mittagspause, bei der es Kartoffelschalensuppe und Steckrüben zu essen gab, durften
die Frauen zur Toilette gehen. Ein kriegsversehrter
deutscher Ingenieur überwachte und misshandelte
die Frauen. Er schlug auch Blandyna während der
Arbeit ins Gesicht. Sie war diesen harten Anforderungen nicht gewachsen, fand in der Werkhalle
einen Strick und war fest entschlossen, ihrem Leben
ein Ende zu setzen.
Während sie sich nach einem geeigneten Baum
umsah, hörte sie die Melodie des Liedes „Stille
Nacht“ – ein Weihnachtslied, das auch sie in ihrer
Sprache kannte. Es war der Abend des 24. Dezember. Ihre ganze Not, Anspannung und Ausweglosigkeit entlud sich in hemmungslosem Weinen. Sie
ließ den Strick fallen und kehrte in die Baracke
zurück. „Dieses Lied hat mir das Leben gerettet“,
sagte sie später.
In der Nacht, als Jesus geboren wurde, bewachten Hirten ihre Herden auf dem Feld. Plötzlich
trat der Engel Gottes zu ihnen und Gottes Licht
umstrahlte sie. Die Hirten erschraken sehr, aber
der Engel sagte: „Fürchtet euch nicht! Ich verkünde
euch eine Botschaft, die das ganze Volk mit großer
Freude erfüllt: Heute ist für euch … der lang ersehnte Retter zur Welt gekommen. Es ist Christus, der
Herr.“ (Lk 2,8–11 Hfa) So ist auch der, von dem die
Engel sangen, Blandynas persönlicher Lebensretter
geworden. Einen anderen Retter gab und gibt es
nicht. Der Mensch hat unsere Welt durch die Sünde
in den Tod gerissen, aber sie zu retten, das vermag
er nicht. Es haben sich schon viele als Retter angeboten, doch anstatt zu retten, haben sie die Welt
nicht selten noch tiefer ins Elend gestoßen.
Jesus ist und bleibt allein der Retter – nicht nur
der Welt, sondern er will auch dein und mein Retter
werden. Wenn wir das Lied so ernst nehmen, wie
Blandyna es in jener Nacht tat, finden wir bei ihm
Rettung. „Welt ging verloren, Christ ward geboren,
Freue dich, ja freue dich, o Christenheit!“
Reinhold Paul
DEZEMBER
Morgens: Sacharja 1–4
Abends: Offenbarung 18
SA 08.26 · SU 16.18 · KW 52
1. WEIHNACHTSTAG
25
Mittwoch
Als der festgesetzte Zeitpunkt da war, sandte Gott
seinen Sohn, geboren von einer Frau und dem
Gesetz unterstellt. Galater 4,4 (Neues Leben Bibel)
Gott wurde als Mensch in diese Welt geboren.
Über 2000 Jahre ist das jetzt her. Seitdem denkt die
Christenheit besonders in den Advents- und Weihnachtstagen an dieses Ereignis.
„Alle Jahre wieder“ – wie gesungen wird –
kommt zwar nicht das Christuskind auf die Erde,
pflegt man aber die Bräuche und Zeremonien:
Weihnachtsmärkte werden aufgebaut und Geschenke gekauft, Nadelbäume werden aufgestellt und
geschmückt und Lichter angezündet, Lieder werden
gesungen und Gottesdienste abgehalten. Für manche ist das eine nette Tradition, die sie mit schönen
Erinnerungen und angenehmen Gefühlen verbinden.
Was aber ist der Sinn dieses Festes? Wozu kam
Jesus in diese Welt? Paulus macht das in den folgenden Versen deutlich: „Gott sandte ihn, um uns
… als seine Kinder anzunehmen.“ (V. 5 NLB) Wir
Menschen waren fern von Gott, hatten uns ihm
entfremdet, ja wir waren bezüglich unserer Sünde
und Schuld wie Gefangene. Aber durch Jesus Christus sind wir wieder frei geworden. Wir wurden Gott
nahe gebracht, sind zu Söhnen bzw. Töchtern Gottes geworden.
Daran möchte uns die Advents- und Weihnachtszeit erinnern: an Jesus Christus zu glauben,
mit Gott zu leben, ja, Kinder Gottes zu sein! Ist das
auch für dich der wahre Grund, Weihnachten zu
feiern?
Roland E. Fischer
Ein Mensch, der als ein Taufscheinchrist,
lang nicht mehr fromm gewesen ist,
beschließt, es wieder mal zu wagen,
in den Advents- und Weihnachtstagen.
Er kauft sich Weihnachtskranz und Baum,
singt Lieder und, man glaubt es kaum,
geht in die Kirche dann und wann,
auch zündet er sich Kerzen an.
Wie er dann so in Stimmung kommt,
denkt er, ob es ihm wohl auch frommt,
der Sache auf den Grund zu gehen
und nach dem Sinn des Fests zu sehen.
Der Taufscheinchrist merkt, echt berührt,
wohin Weihnachten ihn jetzt führt:
wollt’ vormals er sich fromm gebärden,
will er, dank Jesus, gläubig werden!
(Roland E. Fischer)
DEZEMBER
Morgens: Sacharja 5–8
Abends: Offenbarung 19
SA 08.26 · SU 16.19 · KW 52
2. WEIHNACHTSTAG
26
Donnerstag
Freut euch immerzu, mit der Freude, die vom
Herrn kommt! Und noch einmal sage ich: Freut
euch!
Philipper 4,4 (Gute Nachricht Bibel)
Man kann sich darüber nur wundern: Es gibt Menschen, denen man selbst im Urlaub oder an Feiertagen (zum Beispiel während der Weihnachtszeit)
keine große Freude anmerkt. Ich hatte einmal
einen Chef, der kam meist zu Beginn der Woche
mit einem mürrischen Gesicht ins Büro. Wir fragten uns immer wieder: Was hat der Mann bloß am
Wochenende gemacht? Von Freude war ihm äußerst
selten etwas anzumerken – welch freudloser Alltag!
Paulus wandte sich mit seinen Worten an Christen – also auch an uns. Er forderte direkt zur Freude
auf. Und er hat Recht, wenn er sie uns eindringlich nahelegt. Es gehört zu einem Christen, dass
er ein freudiger Mensch ist; denn die Gewissheit
der Vergebung von Schuld und Fehlverhalten und
die Hoffnung auf ein ewiges Leben sind mehr als
genug Gründe, sich zu freuen und auch Freude zu
verbreiten!
Häufig fehlt uns der Blick für all die mehr oder
weniger bedeutsamen Dinge, die uns freudig stimmen können. Paulus schrieb weiter an die Philipper:
„Macht euch keine Sorgen, sondern wendet euch in
jeder Lage an Gott und bringt eure Bitten vor ihn.
Tut es mit Dank für das, was er euch geschenkt
hat.“ (V. 6 GNB)
Der größte Grund zur Freude ist wohl der, dass
Jesus Christus auch für uns als Retter geboren wurde. So sagte es der Engel den Hirten: „Ich bringe
eine gute Botschaft für alle Menschen! Der Retter –
ja, Christus, der Herr – ist … geboren worden!“ (Lk
2,20b.11 NLB) Als Gerettete sind wir nun Geliebte
Gottes.
Jesus drückte es so aus: „Wie mich mein Vater
liebt, so liebe ich euch auch. Bleibt in meiner Liebe! … Das sage ich euch, damit meine Freude in
euch bleibe und eure Freude vollkommen werde.“
(Joh 15,9.11) Vollkommene, unvergängliche Freude
finden wir nur durch Christus und in der Gemeinschaft mit ihm.
Hans Wilhelm
Bald wird uns leuchten Gottes ewges Licht, / freue
dich, Seele, und verzage nicht! / Lass die Klagen
schweigen, wenn das Lied erschallt / fröhlichen
Glaubens: Unser Herr kommt bald! / Quelle des
Lebens und der Freude Quell, / du machst das Dunkel meiner Seele hell. / Du hörst mein Beten, hilfst
aus aller Not, / Jesus, mein Heiland, mein Herr und
Gott. (Leben aus der Quelle, Nr. 272)
DEZEMBER
Morgens: Sacharja 9–12
Abends: Offenbarung 20
SA 08.26 · SU 16.20 · KW 52
27
Freitag
Denn ich allein weiß, was ich mit euch vorhabe:
Ich, der Herr, werde euch Frieden schenken und
euch aus dem Leid befreien. Ich gebe euch wieder Zukunft und Hoffnung.
Jeremia 29,11 (Hoffnung für alle)
Am 27. Dezember 2009 berichteten die Medien von
drei Höhlenforschern, die in einer Grotte in den
Pyrenäen eingeschlossen waren. Sieben Höhlenforscher wollten die Grotte über Weihnachten kartographieren, hatten jedoch nicht mit einer plötzlich einsetzenden Schneeschmelze gerechnet. Ein
unterirdischer Fluss schwoll rasant an und schnitt
drei Forschern den Weg ab. Die vier anderen befanden sich in einem Außenlager und konnten Alarm
geben. Dann begann eine Rettungsaktion mit bis
zu 36 Helfern im Wettlauf gegen die Zeit.
Am Ende brachte das Wetter die Rettung: Der
unterirdische Fluss verlor an Gewalt und die Eingeschlossenen konnten ihn aus eigener Kraft überwinden. „Ein wahres Wunder der Natur“ freute sich
der Leiter des Bergungsteams. Einer der Geretteten
erklärte: „Wir wussten, dass man uns holen würde
und dass es mehrere Tage dauert.“
Wenn ich solche Berichte höre, kann ich nur
staunen. Es ist wahrhaftig ein Wunder, dass alle
Forscher wieder unversehrt aus der Grotte herauskamen. Schade ist allerdings, dass letzten Endes
„der Natur“ die Ehre für dieses Wunder zugeschrieben wurde.
Wem vertraust du und woran klammerst du
dich, wenn du Probleme hast? Hoffst du darauf,
dass dir schon irgendjemand helfen wird oder gar
darauf, dass deine Probleme sich von allein lösen?
Ich möchte Gott an meinem Leben teilhaben lassen
und meine Sorgen und Nöte vor ihn bringen. Wenn
ich ein Wunder erlebt habe, möchte ich Gott die
Ehre geben und dies vor Anderen bekennen.
Wir haben einen wunderbaren Schöpfer, der sich
um uns kümmert, wenn wir ihn darum bitten. Jeder
Mensch braucht eine Hoffnung – und dies nicht
nur in schwierigen Lebenssituationen. Gott hat uns
durch seinen Sohn Jesus Christus ein wunderbares
Geschenk gemacht: das Geschenk der Erlösung. Er
wartet darauf, dass du dein Herz öffnest und ihm
dein Leben anvertraust.
Was der Tag heute auch mit sich bringen mag,
wir brauchen uns keine Zukunftssorgen zu machen,
denn Gott hat durch Jeremia versprochen: „Ich
gebe euch Hoffnung und Zukunft.“
Jeanette Schehrer
DEZEMBER
Morgens: Sacharja 13.14
Abends: Offenbarung 21
SA 08.27 · SU 16.21 · KW 52
28
Sabbat
Jakob erwiderte: „Ich lasse dich nicht los, bevor
du mich gesegnet hast!“ … Jakob nannte die
Stätte Pnuël – „Angesicht Gottes“ –, denn er sagte: „Ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht
gesehen und trotzdem bin ich noch am Leben!“
1.Mose 32,27.31 (Neues Leben Bibel)
Am Grenzfluss Jabbok rang Jakob, der künftige Erzvater, nachts mit einem ihm Unbekannten, den er
zunächst für einen Feind hielt. Es war ein Kampf
auf Leben und Tod. Dieser Unbekannte versetzte
ihm solch einen Hüftschlag, dass die Hüfte verrenkt wurde, wodurch der Ringkampf entschieden
war. Jakob wusste nun aber, dass sein Gegner übermenschlich war: Es war Gott selbst! Trotz seiner
Niederlage gab sich Jakob weiterhin kämpferisch
mit den Worten: „Ich lasse dich nicht los, bevor du
mich gesegnet hast.“ Nachdem er seinen Namen
auf Rückfrage genannt (und damit seine Sündhaftigkeit bekannt) hatte, erhielt er den Segen. Hinkend, aber gesegnet, zog er seines Weges.
Immer wieder erleben und erleiden wir unsere
Grenzen, zum Beispiel die Grenze unserer Bela-
stungs- und Leistungsfähigkeit. Auch Alter und
Krankheit sind bittere Grenzen, die oft mutterseelenallein durchlitten werden. Und wenn sich der
Tod anmeldet, werden oft nach einem inneren Ringen ganz neue Schwerpunkte gesetzt. Wohl dem,
der sich in schweren Zeiten auf Gott verlässt, sich
dann auf einen „Kampf“ mit Gott einlässt und vor
ihm kapituliert – sich ihm hingibt.
Bis Jakob zu diesem Punkt kam, hatte er stets
versucht, mit eigener Schlauheit, eigenen Strategien, Lug und Betrug die Probleme zu lösen. Nicht
umsonst war er als Betrüger bekannt (siehe 1 Mo
27,36). In der Nacht des Ringens wurde ihm aber
klar: Ohne den besonderen Segen Gottes kann ich
nicht meinem Bruder begegnen und mein Leben
nicht weiterführen.
Bist du auch schon einmal in deinem Leben an
deine existenziellen Grenzen gekommen? Ich erinnere mich an derartige schmerzliche Situationen,
in denen ich Gott bat, mich geistig und geistlich
gesunden zu lassen. Er hat meine Gebete erhört. Ich
habe bis heute Segnungen erfahren, für die ich endlos dankbar bin. Diese Dankbarkeit, die aus meinem Ringen mit Gott erwuchs, war die tragende
Kraft für mein vertrauensvolles Verhältnis zu ihm.
Auch David erlebte die Nähe und Liebe Gottes
sehr deutlich. Aus seiner Erfahrung heraus stammt
sein Rat: „Befiehl dem HERRN deine Wege und hoffe
auf ihn, er wird’s wohlmachen.“ (Ps 37,5)
Wilfried Meier
DEZEMBER
Morgens: Maleachi 1
Abends: Offenbarung 22,1–5
SA 08.27 · SU 16.22 · KW 1
29
Sonntag
„Nackt bin ich
gekommen, und
sterbe. Der Herr
Herr hat es mir
sei der Name des
aus dem Leib meiner Mutter
nackt werde ich sein, wenn ich
hat mir alles gegeben und der
wieder weggenommen. Gelobt
Herrn!“
Hiob 1,21 (Neues Leben Bibel)
Als der Zug „Pacific Express“ am 29. Dezember 1876
die Stadt Erie in Pennsylvania mit zwei Lokomotiven und elf Anhängern um 18 Uhr verließ, hatte
er aufgrund der starken Schneefälle über zwei Stunden Verspätung.
Als der Zug die neuartige Brücke über den Ashtabula River überquerte, nur etwa 100 Meter vom
Bahnhof von Ashtabula in Ohio entfernt gelegen,
hörten die Passagiere plötzlich ein lautes krachendes Geräusch. Die Brücke brach zusammen; nur
die vordere Lokomotive schaffte es aufs sichere
Festland. Die zweite Lokomotive stürzte mitsamt
den elf Anhängern 20 Meter in die Tiefe. Der Fluss
war zwar gefroren, aber weil die Waggons aus Holz
waren und die Öfen und Lampen darin mit Kerosin
befeuert wurden, gingen viele von ihnen in Flam-
men auf. Wer den Sturz überlebte, der verbrannte;
wer das Feuer überlebte, der ertrank möglicherweise, denn die Hitze des Feuers ließ das Eis des Flusses
schmelzen, und einige Waggons gingen unter.
Unter den 92 Toten (von 159 Passagieren) waren
auch Philipp Paul Bliss und seine Ehefrau Lucy. Bliss
war einer der bekanntesten US-amerikanischen Komponisten von Erweckungsliedern. Unter anderem
dichtete er das Lied „Almost persuaded“ (dt.: „Völlig
entschlossen, dir zu vertrauen“, Wir loben Gott, Nr.
210) und vertonte das bekannte Lied „When Peace
Like a River …“ (dt.: „Wenn Friede mit Gott meine
Seele durchdringt“, Wir loben Gott, Nr. 244).
Bliss war auf der Reise zu einer Missionsveranstaltung, um die musikalische Begleitung der Evangelisation zu koordinieren und zu leiten. Er war
also für einen guten Zweck unterwegs, als er im
Alter von nur 38 Jahren tödlich verunglückte!
Bei solchen und ähnlichen Ereignissen sind wir
schockiert, fragen nach dem Warum und bekommen doch keine Antwort. Und was tun wir, wenn
uns ein schweres Schicksal erreicht? Klagen wir
Gott an?
Im Andachtstext lesen wir, was Hiob sagte, als
unsägliches Leid über seine Familie hereingebrochen war und er alle seine Kinder und seine gesamte Habe verloren hatte. Wohl dem, der mitten im
Leid sein Vertrauen zu Gott nicht über Bord wirft,
auch wenn er nicht begreifen kann, warum Gott
das alles zulässt.
Holger Hentschke
DEZEMBER
Morgens: Maleachi 2
Abends: Offenbarung 22,6–13
SA 08.27 · SU 16.23 · KW 1
30
Montag
Wie goldene Äpfel auf einer silbernen Schale, so
ist ein rechtes Wort zur rechten Zeit.
Sprüche 25,11 (Hoffnung für alle)
Zu diesem weisen Wort des Königs Salomo gibt es
viele Zitate, die das Thema vertiefen und uns heute
etwas nachdenklich machen sollen, zum Beispiel:
„Manchmal rede ich, wo ich schweigen sollte,
und manchmal schweige ich, wo ich reden sollte.“ Es ist oft nicht leicht, das eine vom anderen zu
unterscheiden. Und manchmal würden wir mehr
Gutes bewirken, wenn wir einfach den Mund hielten: „Selig, wer nichts zu sagen hat und trotzdem
schweigt. Selig, wer nichts zu verschweigen hat, und
doch nicht alles sagt.“
Im Neuen Testament beschreibt der Apostel Jakobus sehr anschaulich, welch ein gewaltiges „Mordwerkzeug“ die Zunge sein kann: „So kann auch
die Zunge, so klein sie auch ist, enormen Schaden
anrichten. Ein winziger Funke steckt einen großen
Wald in Brand! Die Zunge ist wie eine Flamme
und kann eine Welt voller Ungerechtigkeit sein.“
(Jak 3,5– 6a NLB) Aus diesem Grunde hat jemand
gesagt: „Das meiste Leid, das Menschen aushalten
müssen, wird nicht durch Hände oder Waffen zugefügt, sondern durch den Mund.“
Es ist bedauerlich – so Jakobus weiter –, dass wir
Menschen es gelernt haben, wilde Tiere zu zähmen,
es aber nicht schaffen, unsere Zunge im Zaum zu
halten (V. 7–8). Ein Wort kann ein Wegweiser oder
ein Sperrschild sein, eine Brücke oder ein Schlagbaum, ein Schlüssel oder ein Vorhängeschloss, ein
Pflaster für eine Wunde oder eine Ohrfeige.
Unser Andachtswort betont die positive Seite:
„Ein rechtes Wort zur rechten Zeit“ kann weiterhelfen, Angst vertreiben, motivieren oder Mut machen,
Verbindung schaffen, Mauern niederreißen, Vorurteile abbauen, aus Verzweiflung befreien, Hoffnung wecken, den Ausweg zeigen ...
Es gibt ein Lied, in dem heißt es: „Lehre mich
die Worte wägen, ehe sie die Zunge spricht. Mir ist
viel daran gelegen, denn die Luft verweht sie nicht
… Halte durch die Zucht der Gnade, mir die Zunge
stets im Zaum. Sonst entstehet leicht ein Schade
und der Leichtsinn merkt es kaum.“ (Wir loben
Gott, Nr. 284) Und von Manfred Siebald stammt
der Liedtext: „Gib mir die richtigen Worte, gib mir
den richtigen Ton. Worte, die deutlich für jeden von
dir reden – gib mir genug davon. Worte, die klären,
Worte, die stören, wo man vorbeilebt an dir; Wunden zu finden und sie zu verbinden – gib mir die
Worte dafür.“ (Leben aus der Quelle, Nr. 268,1)
Gerhard Mellert
DEZEMBER
Morgens: Maleachi 3
Abends: Offenbarung 22,14–21
SA 08.27 · SU 16.23 · KW 1
31
Dienstag
Auch Omri tat, was der Herr verabscheute; er
trieb es schlimmer als alle seine Vorgänger.
1. Könige 16,25 (Hoffnung für alle)
Das hört sich ja nicht wie ein schmeichelhafter
Nachruf an! Der König Omri (er regierte 885–874 v.
Chr.) kommt in dieser Beurteilung überhaupt nicht
gut weg. Solche Beurteilungen finden sich regelmäßig am Ende der Geschichte jedes israelischen und
jüdischen Herrschers im Buch der Könige.
Insgesamt 16 kurze Verse beschäftigen sich in
der gesamten Bibel mit Omri – viel Gutes ist nicht
dabei. Wenn man allerdings anfängt, in außerbiblischer Literatur nach Omri zu suchen, dann taucht
sein Name überraschenderweise relativ häufig auf.
Eine Inschrift auf der bekannten Mescha-Stele (dem
Moabiterstein) aus dem Jahre 840 v. Chr. berichtet:
„Omri war König über Israel und bedrängte Moab
viele Tage.“ Der Schwarze Obelisk, ein Gedenkstein
aus der Zeit des neu-assyrischen Königs Salmanassar (827 v. Chr.) beschreibt in Text und Bild, wie
„Jehu, Sohn des Omris“ dem assyrischen König Tribut zahlte.
Ein Jahrhundert später wurde der assyrische
König Sargon II. (722–705 v. Chr.) in zwei verschiedenen Inschriften mit dem Titel „Eroberer Samariens und des gesamten Landes des Hauses Omris“
genannt. Das bedeutet, dass das Volk Israel für mehr
als 150 Jahre mit dem Namen Omri in Verbindung
gebracht wurde. Innen- und außenpolitisch muss
er also einiges geleistet haben, um zu solch einem
Status zu gelangen, der nur wenigen Königen von
Israel und Juda in der altorientalischen Geschichtsschreibung zuteil geworden ist.
Ganz anders liest es sich in der Bibel. Das rückt
unsere Kriterien für ein erfolgreich gelebtes Leben
auf dramatische Weise zurecht. Während Omri es
anscheinend zu einer historisch wichtigen Persönlichkeit brachte – und das sogar auf internationaler Ebene –, liest sich sein biblischer Nachruf eher
bedrückend: „Omri tat, was der Herr verabscheute;
er trieb es schlimmer als alle seine Vorgänger.“
Die letzten Tage eines Jahres eignen sich gut
dafür, eine Art Zwischenbilanz unseres Lebens
zu ziehen: Was sind unsere Ziele und Prioritäten?
Wonach streben wir auf dieser Welt? Ist es Erfolg
und Status oder sind es Werte, die auch Ewigkeitsbestand haben? Ich wünsche mir und dir, dass es
unser lebendiges Verhältnis zu Gott ist, das uns
zutreffend beschreibt und uns mit Zuversicht an der
Schwelle zu einem neuen Jahr erfüllt.
Martin Klingbeil
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