GROSSER RAT WORTPROTOKOLL 40. Sitzung vom 4. November 2014 von 14.00 Uhr bis 17.00 Uhr (Art. 0632 - 0650) Vorsitzender: Dr. Markus Dieth, Wettingen, Vizepräsident 1 Protokollführung: Rahel Ommerli-Peyer, Ratssekretärin Präsenz: Anwesend 128 Mitglieder (Martin Keller, Obersiggenthal, bis 15.35 Uhr; Bruno Gretener, Mellingen, bis 15.35 Uhr; Marlène Koller, Untersiggenthal, bis 15.40 Uhr; Antoinette Eckert, Wettingen, bis 15.40 Uhr; Edith Saner, Birmenstorf, bis 15.40 Uhr; Kurt Emmenegger, Baden, bis 16.20 Uhr; Urs Plüss, Zofingen, bis 16.35 Uhr; Viviane Hösli, Zofingen, bis 16.35 Uhr; Marco Beng, Berikon, bis 16.40 Uhr, Flurin Burkard, Waltenschwil, bis 16.45 Uhr) Abwesend mit Entschuldigung 12 Mitglieder Entschuldigt abwesend: Dr. Roland Bialek, Buchs; Josef Bütler, Spreitenbach; Thierry Burkart, Baden; Jean-Pierrre Gallati, Wohlen; Thomas Inniger, Hägglingen; Franco Mazzi, Rheinfelden; Ruth Jo. Scheier, Wettingen; Dr. Bernhard Scholl, Möhlin; Sukhwant SinghStocker, Möhlin; Monika Stadelmann, Bad Zurzach; Gottlieb Trachsler, Gontenschwil; Ruedi Weber, Menziken Behandelte Traktanden Seite 0632 Zur Traktandenliste 1669 0633 Postulat Marianne Binder-Keller, CVP, Baden, vom 4. November 2014 betreffend bessere Qualitätskontrolle und Qualitätsmanagement der privaten Schulung beziehungsweise "Homeschooling" im Kanton Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung 1669 0634 Interpellation Martin Brügger, SP, Brugg, vom 4. November 2014 betreffend Verkauf Juraweid in Biberstein; Einreichung und schriftliche Begründung 1670 0635 Interpellation Bruno Gretener, FDP, Mellingen, vom 4. November 2014 betreffend Beschwerdeverfahren "Strassenbauprojekt (Umfahrung Mellingen)" des VCS und WWF gegen den Kanton Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung 1671 0636 Interpellation Andreas Glarner, SVP, Oberwil-Lieli, vom 25. März 2014 betreffend China-Reise von Schulleitungsmitgliedern der Kantonsschule Wohlen und weitere Auslandreisen; Beantwortung und Erledigung 1671 0637 Interpellation Kathrin Scholl-Debrunner, SP, Lenzburg, vom 24. Juni 2014 betreffend Anwendung von § 10 Abs. 6 im Gesetz über die Anstellung von Lehrpersonen GAL; Beantwortung und Erledigung 1678 0638 Motion Wolfgang Schibler, SVP, Bettwil, vom 4. März 2014 betreffend Ruhegehälter der Mitglieder des Regierungsrats; Überweisung an den Regierungsrat 1680 1667 0639 Motion der Fraktionen der BDP, CVP, FDP und SVP (Sprecherin Maya Meier, SVP, Staufen) vom 3. Juni 2014 betreffend periodische, systematische Leistungsanalyse und zusätzliche Befristung von neuen Staatsaufgaben; Überweisung an den Regierungsrat 1687 0640 Interpellation der GLP-Fraktion vom 3. Juni 2014 betreffend Kompensationspflicht von nicht umsetzbaren Sparmassnahmen; Beantwortung und Erledigung 1693 0641 Interpellation der GLP-Fraktion vom 3. Juni 2014 betreffend Nachhaltigkeitsbeurteilung der Sparmassnahmen in Kompetenz des Regierungsrats; Beantwortung und Erledigung 1696 0642 Interpellation der FDP-Fraktion vom 25. März 2014 betreffend Anzahl Projekte, Konzepte und Arbeitsgruppen in den Departementen; Beantwortung und Erledigung 1698 0643 Motion Theres Lepori, CVP, Berikon, vom 7. Januar 2014 betreffend Erweiterung des Steuerabzuges für pflegende Angehörige, welche nicht im gemeinsamen Haushalt leben; Umwandlung in ein Postulat; Überweisung an den Regierungsrat 1703 0644 Motion der Fraktion der Grünen (Sprecherin Irène Kälin, Lenzburg) vom 20. Mai 2014 betreffend Beschränkung des kantonalen Steuerabzugs für den Arbeitsweg; Ablehnung 1709 0645 Motion Alois Huber, SVP, Möriken-Wildegg (Sprecher), Ralf Bucher, CVP, Mühlau, Andrea Moll-Reutercrona, FDP, Sins, Ruedi Weber, Grüne, Menziken, Barbara Portmann-Müller, GLP, Lenzburg, und Rosmarie Groux, SP, Berikon, vom 20. Mai 2014 betreffend Revision des kantonalen Landwirtschaftsgesetzes aufgrund der neuen Agrarpolitik 2014–2017; Überweisung an den Regierungsrat 1714 0646 Postulat Sämi Richner, EVP, Auenstein, vom 1. Juli 2014 betreffend Gesamtüberprüfung der geplanten Strassen- und kantonalen Radroutensanierung Rohr-Auenstein-Rupperswil; Ablehnung 1719 0647 Interpellation Sämi Richner, EVP, Auenstein, vom 3. Juni 2014 betreffend Entsorgung des bei der Ausbaggerung des Klingnauer Stausees anfallenden gifthaltigen Sedimentschlamms; Beantwortung und Erledigung 1723 0648 Auftrag der Fraktion der Grünen vom 25. März 2014 betreffend Erneuerung Gründungsvertrag der Nordostschweizerischen Kraftwerke AG (NOK); Ablehnung 1726 0649 Interpellation Martin Christen, SP, Spreitenbach, vom 25. März 2014 betreffend Altlasten der AKWs Beznau 1 und 2 auf dem Grund des Atlantik; Beantwortung und Erledigung 1730 0650 Interpellation Martin Christen, SP, Spreitenbach, vom 4. März 2014 betreffend Gefahren und Risiken der Altreaktoren Beznau 1 und 2; Beantwortung und Erledigung 1734 1668 Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Ich begrüsse Sie zur 40. Sitzung der Legislaturperiode 2013/2016. 0632 Zur Traktandenliste Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Es liegt uns ein Ordnungsantrag vor. Sämi Richner stellt einen Antrag zur Traktandenliste. Er beantragt, die Traktanden Nr. 22 und 23 auf circa 16.15 Uhr vorzuziehen. Dies, damit er bei der Behandlung dieser Vorstösse noch dabei sein kann. Unseres Erachtens ist dieser Ordnungsantrag zulässig. Nachdem Sie keine Fragen haben oder andere Anträge stellen, möchte ich über diesen Antrag abstimmen. Abstimmung Dem Ordnungsantrag von Sämi Richner wird mit 100 gegen 17 Stimmen zugestimmt. 0633 Postulat Marianne Binder-Keller, CVP, Baden, vom 4. November 2014 betreffend bessere Qualitätskontrolle und Qualitätsmanagement der privaten Schulung beziehungsweise "Homeschooling" im Kanton Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung Von Marianne Binder-Keller, CVP, Baden, und 30 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgendes Postulat eingereicht: Text: Ich bitte den Regierungsrat folgende Massnahmen zu prüfen: Personen, welche Kinder privat schulen möchten, haben einen Grundlagenkurs in Didaktik an einer Pädagogischen Hochschule zu absolvieren. Kinder, welche zu Hause geschult werden, müssen obligatorisch an Leistungschecks teilnehmen, welche seit dem Schuljahr 2013/14 an den Volksschulen der Kantone Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt und Solothurn schrittweise eingeführt worden sind, um die Bildungsziele zu überprüfen. Pro Semester soll mindestens ein unangemeldeter (!) Besuch der häuslichen Schulung durch das Inspektorat Volksschule stattfinden, samt Berichterstattung über die fachliche, didaktische und pädagogische Qualität des Unterrichts an die zuständige Schulpflege. Erhebung eines Erfolgsmonitorings bei den Übertritten an die Volksschule und weiterführende Schulen. Erhebung eines Monitorings über die Gründe, weshalb Eltern ihre Kinder nicht in die Volksschule schicken. Einführung einer Bewilligungspflicht und nicht nur eine Meldepflicht für Kinder, welche zu Hause geschult werden. Begründung: Gemäss § 4 Abs. 4 des kantonalen Schulgesetzes kann die Schulpflicht auch im Rahmen einer privaten Schulung erfüllt werden. Die private Schulung steht – wie auch die Privatschulen – unter staatlicher Aufsicht (§ 58a Abs. 1 SchG). Das Schulgesetz verlangt, dass bei einer solchen häuslichen Schulung durch die Eltern, Pflegeeltern oder durch eine Drittperson der genügende Unterricht nachgewiesen werden muss (§ 58 Abs. 3 SchG). Geht es um die Qualitätskontrolle über die private Schulung und den Auflagen an diese nimmt es der Kanton Aargau jedoch im interkantonalen Vergleich ausserordentlich locker. Es braucht im Gegensatz zu beinahe allen Kantonen weder eine Bewilligung, noch ein Lehrdiplom, es werden keine Vor- 4. November 2014 Art.-Nr. 0632-0633 1669 schriften gemacht bezüglich der Lehrmittel, der Unterrichtsführung, es existiert kein Monitoring über die Gründe, weshalb Kinder nicht zur Schule geschickt werden, es gibt keine Erkenntnisse über Erfolg oder Misserfolg im Zusammenhang mit Übertritten in die Volksschule oder in weiterführende Schulen. Die Kontrolle des Unterrichtes erfolgt einmal pro Jahr, eine externe Evaluation existiert nicht. Zudem besteht nur eine Meldepflicht, aber keine Bewilligungspflicht, obwohl in § 58a Abs. 2 des Schulgesetzes von "Bewilligungsvoraussetzungen" die Rede ist. Wenn man das ausgebaute Qualitätsmanagement für öffentliche Schulen und Privatschulen vergleicht: Unterrichtsbesuche durch die Schulleitung, Mitarbeitergespräche, gegenseitiges Hospitieren, externe Evaluation, ist das Homeschooling eindeutig im Graubereich. Die Bundesverfassung sagt, der Grundschulunterricht müsse ausreichend und obligatorisch sein. Das Aargauer Schulgesetz nennt ausdrücklich eine Schulpflicht, die auch in Privatschulen oder in privater Schulung (Homeschooling) erfüllt werden kann, doch es ist Aufgabe des Staates, ausreichenden Unterricht zu gewährleisten. Der verfassungsmässige Auftrag, wonach jedes Kind einen Anspruch hat auf eine angemessene Bildung, wird bei der Qualitätssicherung und der Qualitätskontrolle der privaten Schulung zu wenig ernst genommen. 0634 Interpellation Martin Brügger, SP, Brugg, vom 4. November 2014 betreffend Verkauf Juraweid in Biberstein; Einreichung und schriftliche Begründung Von Martin Brügger, SP, Brugg, wird folgende Interpellation eingereicht: Text und Begründung: Der Biobetrieb mit Restaurant ist am Jurasüdfuss gelegen und bewirtschaftet rund 50 ha Fläche (davon Eigenland 41.7 ha). Der Juraweidhof, im Eigentum des Kantons Aargau, soll verkauft werden. In den letzten 22 Jahren wurden – neben den Direktzahlungen des Bundes – für die Ökologisierung des staatseigenen Betriebes Juraweid beachtliche Gelder des Kantons in Beratungen, ökologisch motivierte Bewirtschaftungsbeiträge und Pflanzgut investiert. Der Landwirtschaftsbetrieb wurde bis in die 90er Jahre sehr intensiv bewirtschaftet. Die meisten Wiesen und Weiden waren stark gedüngt, artenarm und in dieser sommertrockenen Lage krautreich mit offenem Boden und vielen Unkräutern. Aufgrund der Kritik von Bauernseite (Ausscheidung von Schutzzonen im Rahmen der Kulturlandplanung, Vorbildfunktion des Kantons) und in Absprache mit der Gemeinde Biberstein wurde der Betrieb Juraweid auf sein Extensvierungspotenzial und die Schaffung artenreicher Lebensräume v. a. im Grünland untersucht. Die Ergebnisse wurden im Rahmen der Kulturlandplanung, eines kantonalen Bewirtschaftungsvertrages und in Absprache mit dem Bewirtschafter, umgesetzt. Zum beabsichtigten Verkauf der Juraweid stellen sich folgende Fragen: Wie begründet der Regierungsrat diese Verkaufsabsicht? Warum soll der Kanton Aargau auf dem Gebiet einer multifunktionalen Landwirtschaft seine aktive Vorreiterrolle und einen Vorzeigebetrieb aufgeben? Warum wird in Kauf genommen, dass mit dem Verkauf der Juraweid 22 Jahre Engagement des Kantons im Bereich Synergien zwischen Landwirtschaft und Naturschutz auf einem Staatsbetrieb verloren gehen? Hat sich der Regierungsrat vor dem Verkauf mit dieser Vorgeschichte befasst? Wurde sie beachtet und ist sich der Regierungsrat der getätigten Investitionen bewusst? Wie stellt er sicher, dass diese Investitionen in Zukunft ihre Wirkung entfalten und dass die Kontinuität für den eigeschlagenen Weg garantiert wird? Warum wurde in den Ausschreibungsunterlagen des Betriebes mit keinem Wort auf diese ökologischen und landschaftlichen Werte des Betriebs eingegangen (heute weist der Betrieb ca. 36 % ökologische Ausgleichsflächen aus. Ein Teil davon, ca. 5 ha, sind mittels Nutzungsplanung geschützt; die restlichen Flächen, rund 13 ha, haben einen befristeten Schutz). 4. November 2014 Art.-Nr. 0634 1670 Wurde vor dem Verkaufsentscheid im Departement Bau, Verkehr und Umwelt, bei der Abteilung Landschaft und Gewässer, fachliche Fragen und Investitionen geklärt und durch die Fachabteilung eine Strategie für die nötige Kontinuität entwickelt? 0635 Interpellation Bruno Gretener, FDP, Mellingen, vom 4. November 2014 betreffend Beschwerdeverfahren "Strassenbauprojekt (Umfahrung Mellingen)" des VCS und WWF gegen den Kanton Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung Von Bruno Gretener, FDP, Mellingen, und 26 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende Interpellation eingereicht: Text und Begründung: Am 11. Mai 2011 fand die Volksabstimmung über die Umfahrung Mellingen statt. Mit 60.1 % stimmte die Aargauer Bevölkerung dem Kredit für die Umfahrung Mellingen klar und deutlich zu. In der Folge wurden zahlreiche Einwendungen beim Regierungsrat eingereicht, welche dieser mit Entscheid vom 20. März 2013 allesamt abwies. Im April 2013 reichten der VCS Aargau sowie der WWF Aargau eine gemeinsame Beschwerde gegen den Entscheid des Regierungsrates ein. Aus der Presse mussten wir vor Kurzem entnehmen, dass das Verwaltungsgericht nach nunmehr 1 ½ Jahren zum Schluss kam, dass ein von den Beschwerdeführern verlangtes Gutachten bei der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) einverlangt werden soll. Die lange Bearbeitungszeit ist aus Sicht der betroffenen Bevölkerung unverständlich und inakzeptabel. Zudem muss befürchtet werden, dass zukünftig auch bei weiteren unbestrittenen Strassenbauprojekten unnötige und unberechtigte Beschwerden eingereicht werden im Wissen, dass die Projekte aufgrund der (zu) langen Verfahrensdauer beim Verwaltungsgericht auf längere Zeit verzögert werden können. Ich bitte den Regierungsrat daher – allenfalls in Rücksprache mit der Justizleitung – folgende Fragen zu beantworten. Sollte der Regierungsrat der Meinung sein, dass er für die Beantwortung der Fragen nicht zuständig sei oder aus anderen Gründen nicht antworten möchte, erwarte ich zumindest eine ausführliche Stellungnahme zu den folgenden der Justizleitung. 1. Wann genau hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass das besagte Gutachten von der ENHK einverlangt werden soll? 2. Weshalb wurde das Gutachten der ENHK nicht schon früher eingefordert, beispielsweise nach einer ersten Sichtung der Beschwerdeunterlagen? 3. Ist es überhaupt üblich, dass in Beschwerdeverfahren in einem ersten Schritt überprüft wird, ob allenfalls noch weitere Unterlagen/Gutachten eingefordert werden müssen? Falls nein, weshalb nicht? 4. Sind Regierungsrat/Justizleitung der Meinung, dass dieses Beschwerdeverfahren effizient genug durchgeführt wird, wenn 1 ½ Jahre verstreichen, bis ein Gutachten eingefordert wird? 5. Weshalb wurde der Gemeinderat Mellingen über den Entscheid nicht in Kenntnis gesetzt, bzw. musste den Sachverhalt aus der Presse entnehmen? 6. Bis wann wird das Gutachten der ENHK vorliegen, bzw. welche Frist wurde der Kommission zur Ausarbeitung des Gutachtens gesetzt? 7. Bis wann gedenkt das Verwaltungsgericht einen Beschwerdeentscheid zu fällen? 0636 Interpellation Andreas Glarner, SVP, Oberwil-Lieli, vom 25. März 2014 betreffend ChinaReise von Schulleitungsmitgliedern der Kantonsschule Wohlen und weitere Auslandreisen; Beantwortung und Erledigung (vgl. Art. 0403) Mit Datum vom 18. Juni 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet. 4. November 2014 Art.-Nr. 0635-0636 1671 Vorbemerkungen 1. Rechtliche Grundlagen der Weiterbildung Für die Mitglieder der Schulleitung mit Prorektoratsaufgaben gelten sowohl die Verordnung über die Weiterbildung der Lehrpersonen (Weiterbildungsverordnung Lehrpersonen) vom 15. November 2006 (SAR 411.215), da sie immer auch unterrichten, als auch die Verordnung über die Weiterbildung des Personals (Weiterbildungsverordnung) vom 22. September 2004 (SAR 160.621), da Prorektorinnen beziehungsweise Prorektoren in ihrer Leitungsfunktion den Regelungen für das Verwaltungspersonal unterstehen. Beide Verordnungen definieren die Weiterbildung und das Interesse des Arbeitgebers an der Weiterbildung der Angestellten. 2. Die Kostentragung Für Lehrpersonen ist die Kostentragung durch die Anstellungsbehörde in der Weiterbildungsverordnung Lehrpersonen geregelt. Eine Rückerstattungspflicht beziehungsweise eine Kostentragungspflicht der Lehrperson besteht dann, wenn die Weiterbildungskosten Fr. 7'000.– übersteigen. In der Weiterbildungsverordnung (des Verwaltungspersonals), welche für Mitglieder der Schulleitung mit Prorektoratsaufgaben massgeblich ist, ist die Kostentragung in gleichem Sinn geregelt: Bei externen Weiterbildungen in hohem Interesse des Kantons übernimmt dieser mindestens 50 % der Weiterbildungskosten. Bei externen Weiterbildungen in beidseitigem Interesse übernimmt er bis 50 % der Weiterbildungskosten. (§§ 12 Abs. 1 respektive 13 Abs. 1). 3. Zur Genehmigung von Auslandreisen Gemäss § 10 der Verordnung über Spesen, Sitzungsgelder und übrige Entschädigungen vom 31. Januar 2001 (SAR 165.171) bedürfen Auslandreisen des Verwaltungspersonals der Zustimmung der Anstellungsbehörde, namentlich der Departementsleitung. Davon ausgenommen sind Dienstreisen im grenzüberschreitenden Verkehr bis 300 km ab Landesgrenze. Diese Regelung gilt daher auch für Mitglieder von Schulleitungen kantonaler Schulen, auch wenn die Anstellungsbehörde der Prorektorin beziehungsweise des Prorektors die Rektorin beziehungsweise der Rektor ist. Prorektorinnen beziehungsweise Prorektoren sind zwar auch Lehrpersonen, aber gleichwohl und vor allem Verwaltungsangestellte. Im Fall der Lehrpersonen und Schulleitungsmitglieder sind deshalb all diejenigen Auslandreisen mit dem Berufsauftrag begründbar, die mit den nachfolgenden Zielsetzungen erfolgen: Reisen, die gemäss der Weiterbildungsverordnung Lehrpersonen1 zur Unterrichtsbefähigung notwendig sind. Dazu gehören Weiterbildungen im fremdsprachigen Ausland o für den Immersionsunterricht in der entsprechenden Sprache o für die Unterrichtsbefähigung im Bildungsgang des International Baccalaureate (IB). Reisen, die der Teilnahme an Fachveranstaltungen, Kongressen etc., dienen, wenn diese in einem Bezug zur Lehrtätigkeit oder zur Führungsfunktion stehen. Weiter gehört die Begleitung von Schülerinnen und Schülern ins Ausland zum Berufsauftrag, da Auslandreisen und Auslandkontakte in den Mittelschulen ein Teil des Curriculums sind. Solche Reisen finden im Rahmen von Projektwochen und Exkursionen statt und im Austausch mit anderen Schulen, zum Beispiel im Rahmen von nationalen und internationalen Programmen, wie dem Comenius-Programm. 1 Weiterbildungsverordnung Lehrpersonen; § 18 Abs. 3: "Weiterbildungen liegen in hohem Interesse des Kantons wenn a) die Kompetenzerweiterung für die Aufgabenerfüllung sehr wertvoll ist und vom Departement Bildung, Kultur und Sport nach erfolgter Absprache mit der Anstellungsbehörde verlangt wird, b) sie für die vorgesehenen Einsatzmöglichkeiten der Lehrpersonen (Zusatzqualifizierungen für die Übernahme neuer Aufgaben) notwendig sind." § 25: Globalbudget; Kompetenzen der Schulleitung Abs. 1: Die Schulleitung verfügt im Rahmen ihres Globalbudgets über finanzielle Mittel für die individuellen und gemeinsamen Weiterbildungen ihrer Lehrpersonen. Abs. 2: Die Schulleitung entscheidet im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten und je nach Interessenslage des Kantons über a) die Ausrichtung von Beiträgen an die Kosten für individuelle Weiterbildungen, b) die Durchführung von gemeinsamen Weiterbildungen. Abs. 3 Das Interesse bestimmt sich nach § 18 Abs. 3. 4. November 2014 Art.-Nr. 0636 1672 Die Kostentragung dieser Aktivitäten ist in § 6 des Dekrets über die Mittelschulen (Mittelschuldekret) vom 20. Oktober 2009 (SAR 423.120) geregelt. Reise, Exkursionen, Projektwochen etc. sind Teil der Jahresplanung und auf die Stundentafel abgestimmt und werden von der Anstellungsbehörde der Lehrpersonen, der Schulleitung, bewilligt (siehe nachfolgende Antwort zur Frage 5). 4. Reisen, die nicht den Weiterbildungsverordnungen unterstehen Im Rahmen der bestehenden Regelung in § 10 der Verordnung über Spesen, Sitzungsgelder und übrige Entschädigungen sind daher Auslandreisen, welche Lehrpersonen oder Schulleitungsmitglieder tätigen, die nicht in einem engen Bezug zur Lehrtätigkeit oder zur Führungsfunktion an der Schule stehen oder die nicht in der Begleitung von Schülerinnen und Schülern erfolgen vom Departement Bildung, Kultur und Sport zu bewilligen. Darunter wäre auch die Weiterbildungsreise der beiden Prorektoren der Kantonsschule Wohlen nach China gefallen, die von der Schweizerischen Zentralstelle für die Weiterbildung der Mittelschullehrpersonen (wbz cps) organisiert wurde, und zwar nicht weil ihr der Bezug zur Führungsfunktion gefehlt hätte, sondern weil sie ohne Teilnahme der Schülerschaft in der Unterrichtszeit stattfand und zu über 2/3 von der Schule finanziert wurde (siehe auch Antwort zur Frage 11). Zur Frage 1: "Wie viele Angestellte des Kantons Aargau nehmen an der aktuellen China-Reise teil?" Es nahmen zwei Prorektoren der Kantonsschule Wohlen teil. Zur Frage 2: "Welches ist der Zweck dieser Reise?" Die Reise hatte zum Ziel, Einblicke zu gewinnen in das chinesische Bildungssystem und in aktuelle Entwicklungen der chinesischen Gesellschaft und Wirtschaft. Es sollten Möglichkeiten geprüft werden für die Kontaktnahme zwischen Schulen in China und in der Schweiz: Ziel dieser Kontaktnahme ist die Sensibilisierung der Schülerinnen und Schüler in der Schweiz für China und die chinesische Sprache und Kultur. Die aargauischen Prorektoren hatten den Auftrag, die Möglichkeiten auszukundschaften, um ein Schüleraustauschprogramm aufzubauen. Zur Frage 3: "Wie hoch sind die Kosten dieser Reise?" Die gesamten Kosten betrugen Fr. 8'961.–. Zur Frage 4: "Wer trägt die Kosten?" Von den gesamten Kosten übernahm die Kantonsschule Wohlen Fr. 6'361.– oder 71 %. Den Restbetrag von Fr. 2'600.– bezahlten die beiden Prorektoren. Zur Frage 5: "Welchen Konti der Staatsrechnung werden solche Exkursionen belastet?" Reisen, in welchen Lehrpersonen die Schülerinnen und Schüler begleiten, werden der Kostenart 31710000 "Exkursionen, Schulreisen und Lager" belastet. Reisen zur Weiterbildung der Lehrpersonen, die in Zusammenhang mit ihrer Lehrtätigkeit stehen und Reisen zur Weiterbildung der Mitglieder der Schulleitung, welche in einem Zusammenhang mit ihrer Führungsaufgabe stehen, werden ebenfalls dem Globalbudget der Schule belastet, namentlich den Kostenarten 30900001 "Ausbildung Lehrpersonen" und 31700003 "Spesen Lehrpersonen" sowie 30900000 "Ausbildung Verwaltungspersonal" und 31700000 "Spesen Verwaltungspersonal". Die China-Reise der beiden Prorektoren 4. November 2014 Art.-Nr. 0636 1673 der Kantonsschule Wohlen wurde den Kostenarten "Ausbildung Lehrpersonen" und "Spesen Lehrpersonen" belastet. Die Finanzierung von Reisen wird wie folgt budgetiert: Mit dem Globalbudget wird eine Pauschale für die Weiterbildung ausgerichtet in der Höhe von insgesamt Fr. 330'000.– für alle Mittelschulen, welche unter anderem die Vergütung von Reisekosten, aber auch alle weiteren Bildungsaktivitäten der Lehrpersonen beinhaltet. Pro Vollzeitäquivalent ergibt dies rund Fr. 650.–, pro Lehrperson rund Fr. 400.–. Den Lehrpersonen werden maximal Fr. 700.– an die Reisekosten vergütet. Die Schülerinnen und Schüler bekommen in der Regel keinen Reisebeitrag (siehe § 6 Mittelschuldekret), müssen aber die Einwilligung der Eltern einholen, wenn die Kosten zum Beispiel der verbindlichen Schwerpunktfachreise mehr als Fr. 400.– betragen. Die voraussichtlichen Reisekosten werden mit der Ausschreibung der Reise immer frühzeitig bekanntgegeben, so dass Schülerinnen und Schüler abwägen können, ob sie zum Beispiel im Rahmen der schulischen Projektwochen an einer freiwilligen Reise teilnehmen wollen. In Härtefällen werden die Kosten ganz oder teilweise erlassen und von der Schule übernommen (siehe § 41 Abs. 4 Mittelschuldekret). Mit dem Globalbudget wird eine Pauschale für Beiträge Exkursionen, Schulreisen, Lager ausgerichtet in der Höhe von Fr. 500.– pro Abteilung. Zur Frage 6: "Welche anderen Auslandreisen haben Angestellte von kantonalen Schulen in den letzten fünf Jahren unternommen? Antworten mit folgenden Angaben erbeten: a) b) c) d) e) f) g) Welche Schule? Zeitraum der Reisen? Kosten? Zahler? Grösse der Delegationen? Ziel? Zielerreichung? Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über alle Auslandreisen der sechs Tagesmittelschulen für den Zeitraum Schuljahr 2009/10 bis Schuljahr 2013/14. Bei den Reisen handelt es sich zum grössten Teil um Projektwochen oder Sprachaufenthalte in mitteleuropäischen Kulturstädten. Sie werden in der Regel durch die Mittelschulen selber organisiert. Die Aargauische Maturitätsschule für Erwachsene führt keine Reisen durch. 4. November 2014 Art.-Nr. 0636 1674 Tabelle 1. Übersicht über die Auslandreisen der Mittelschulen Jahr Destinationen 2009/10 2009/10 2009/10 2009/10 2009/10 2009/10 2009/10 2009/10 2009/10 2010/11 2010/11 2010/11 2010/11 2010/11 2010/11 2010/11 2010/11 2011/12 2011/12 2011/12 2011/12 2011/12 2011/12 2011/12 2011/12 2012/13 2012/13 2012/13 2012/13 2012/13 2012/13 2012/13 2012/13 versch. Europa Schulische Projektwoche versch. Europa, China Studienreisen versch. Europa Schwerpunktfachwoche Gymnasium versch. Europa Abschlussreisen Sevilla, Oxford Sprachaufenthalte S+S Frankreich Velowoche versch. Europa Klassenaustausch England Sprachaufenthalt LP / Immersion Süditalien Projektwoche Vulkanismus versch. Europa Schulische Projektwoche versch. Europa, China Studienreisen und Schüleraustausch versch. Europa Schwerpunktfachwoche Gymnasium versch. Europa Abschlussreisen versch. Europa Sprachaufenthalte S+S Italien Sozialpraktikum Frankreich Velowoche Schweden, Rumänien Klassen- u. EU-Comenius Austausch versch. Europa Schulische Projektwoche versch. Europa, China, Indien Studienreisen und Schüleraustausch versch. Europa Schwerpunktfachwoche Gymnasium versch. Europa Abschlussreisen versch. Europa Sprachaufenthalte S+S Italien Sozialpraktikum versch. Europa Klassen- u. EU-Comenius Austausch Mainz (1) persönliche Weiterbildung versch. Europa Schulische Projektwoche versch. Europa, China, Indien Studienreisen und Schüleraustausch versch. Europa Schwerpunktfachwoche Gymnasium versch. Europa Abschlussreisen Italien Sozialpraktikum Frankreich Velowoche versch. Europa Klassen- u. EU-Comenius Austausch China Bildungsreise Rektor; Kontaktaufnahme für Austausch Deutsche Börse/EZB Bildungsreise LP Wirtschaft & Recht Frankfurt Darmstadt Entgegennahme der MINT-Auszeichnung England, USA Sprachaufenthalt LP / Immersion versch. Europa Schulische Projektwoche versch. Europa, China, Indien Studienreisen und Schüleraustausch versch. Europa Schwerpunktfachwoche Gymnasium versch. Europa Abschlussreisen versch. Europa Sprachaufenthalte S+S China Studienreise Prorektoren; Kontaktaufnahme für Austausch 2012/13 2012/13 2012/13 2013/14 2013/14 2013/14 2013/14 2013/14 2013/14 Ziel Anzahl LP Total Anzahl SL Anzahl S+S Kosten Schule in Fr. 339 17'500 955 52'256 285 18'902 237 14'155 49 2'100 34 300 67 2'710 0 11'265 21 1'400 488 25'900 881 49'202 400 25'232 278 15'075 116 4'200 8 719 28 0 54 0 599 33'900 1244 62'272 356 18'517 207 13'980 123 7'000 9 700 29 0 0 300 199 13'300 1076 72'567 502 21'744 269 16'247 20 700 34 0 95 0 0 900 26 87 30 22 3 3 4 2 1 38 80 40 22 6 1 4 4 48 100 33 22 10 1 9 1 21 368 35 25 1 4 11 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 2 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 15 2 4 30 49 27 28 5 0 0 2 0 0 0 0 0 0 2 0 0 0 453 647 269 283 60 0 5'000 1'000 8'385 21'000 35'712 17'500 17'434 3'500 6'361 1189 6 10371 618'934 Organisator Schule Schule Schule Schule Schule Schule Schule andere Schule Schule Schule Schule Schule Schule Schule Schule Schule Schule Schule Schule Schule Schule Schule Schule Universität Mainz Schule Schule Schule Schule Schule Schule Schule wbz Schule andere andere Schule Schule Schule Schule Schule wbz Glossar: Studienreisen: themenzentrierte Spezialwochen; finden unter grosser Mitarbeit der Schülerinnen und Schüler abteilungsintern statt, meist im 3. Gymnasium und der 3. WMS/IMS und FMS. Schulische Projektwochen: finden abteilungsübergreifend und themenbezogen statt, können in allen Klassen eingeplant werden. Schwerpunktfachreisen: können in der 4. Klasse des Gymnasiums in einzelnen Schwerpunktfächern stattfinden Zur Frage 7: "Welchen Sinn sieht der Regierungsrat hinter solchen Reisen in ferne Länder und Kontinente?" Reisen bildet. Die Weiterbildung zur Unterrichtsbefähigung oder in Zusammenhang mit der Funktion als Schulleitungsmitglied ist im Gesetz über die Grundzüge des Personalrechts (Personalgesetz, PersG) vom 16. Mai 2000 (SAR 165.100) nicht bloss gewährleistet sondern gleichsam verlangt, hat doch der Regierungsrats ein Interesse daran, dass das Staatspersonal mit den Entwicklungen im jeweiligen Fachbereich Schritt hält. So hält das Personalgesetz fest: § 19 Betriebliche Bildung 1 Der Regierungsrat schafft die Voraussetzungen für eine nachhaltige Personalentwicklung und regelt die entsprechende Aus-, Fort- und Weiterbildung. 2 Die betriebliche Bildung fördert nebst den funktionsbezogenen Fähigkeiten und der langfristig flexiblen Einsatzbereitschaft auch die allgemeine Fach-, Selbst- und Sozialkompetenz. 4. November 2014 Art.-Nr. 0636 1675 Analog ist dies im Gesetz über die Anstellung von Lehrpersonen (GAL) vom 17. Dezember 2002 (SAR 411.200) geregelt: § 21 Personalentwicklung 1 Der Kanton schafft die Voraussetzungen für eine nachhaltige Personalentwicklung. Der Regierungsrat regelt die entsprechende Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrpersonen sowie deren Finanzierung. 2 Die Personalentwicklung fördert nebst den funktionsbezogenen Fähigkeiten und der langfristig flexiblen Einsatzbereitschaft auch die allgemeine Fach-, Selbst- und Sozialkompetenz. An den Mittelschulen sind internationale Kontakte, wenn es um die Unterrichtsbefähigung und die Weiterbildung im Bereich des Immersionsunterrichts geht, zwingend. Kontakte zum Ausland sind in Zusammenhang mit dem Curriculum der Mittelschulen nicht bloss bereichernd sondern eine wichtige Ergänzung. Die Lehrpläne der Mittelschulen, insbesondere des Gymnasiums, stellen viele Bezüge her zur internationalen Entwicklung in den einzelnen Fachbereichen. Die seriöse Vorbereitung für die wissenschaftliche Arbeitsweise an den international vernetzten Hochschulen setzt dies gleichsam voraus, machen doch weder Wissenschaft noch Forschung an den Landesgrenzen halt. Wenn also ein Teil der Weiterbildung in internationalem Kontext erfolgt, so ist dies im Interesse eines aktuellen Unterrichts und somit der Qualität der Maturität und der Erlangung der allgemeinen Studierfähigkeit gemäss Art. 5 Abs. 1 der Verordnung des Bundesrats/Reglement der EDK über die Anerkennung von gymnasialen Maturitätsausweisen (MAR) vom 16. Januar 1995 (SAR 400.710). Damit wird auch ein Beitrag an die "allgemeine Gesellschaftsfähigkeit" geleistet, die in Art. 5 Abs. 4 MAR festgehalten ist: Art. 5 Bildungsziel 4 Maturandinnen und Maturanden finden sich in ihrer natürlichen, technischen, gesellschaftlichen und kulturellen Umwelt zurecht, und dies in Bezug auf die Gegenwart und die Vergangenheit, auf schweizerischer und internationaler Ebene. Sie sind bereit, Verantwortung gegenüber sich selbst, den Mitmenschen, der Gesellschaft und der Natur wahrzunehmen. Zur Frage 8: "Lassen sich solche Exkursionen vor dem Gebot des haushälterischen Umgangs mit Steuergeldern und der sog. "Entlastungsmassnahmen" rechtfertigen?" In den vergangenen fünf Jahren besuchten rund 5'400 Schülerinnen und Schüler die Mittelschulen, die von rund 800 Lehrpersonen, verteilt auf rund 500 Vollzeitäquivalente unterrichtet wurden. Wie in Antwort zur Frage 6 aufgeführt, betrugen die durchschnittlichen Reisekosten pro teilnehmende Lehrperson Fr. 521.– Pro Schuljahr wurden im Schnitt Fr. 124'000.– für Bildung und Weiterbildung in Form von Reisen aufgewendet. Pro Schüler und Jahr macht dies Fr. 23.– aus. Nach Ansicht des Regierungsrats zeugt dies von einem haushälterischen Umgang mit Steuergeldern und ist gerechtfertigt. Was die Reise der beiden Prorektoren der Kantonsschule Wohlen nach China anbelangt, fällt die Antwort anders aus. Der von der Schule geleistete Beitrag an die Reise ist sicher an der Obergrenze des noch vertretbaren. Bezüglich der Bewilligungspflicht solcher Reisen vergleiche die Antwort zur Frage 11. Zur Frage 9: "Welches ist der praktische Nutzen solcher Reisen?" Der Nutzen von Auslandreisen für Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Mittelschulausbildung, für Lehrpersonen und Schulleitungsmitglieder im Rahmen der Lehre an den Mittelschulen und der Führung derselben ist breitgefächert. Einerseits geht es um Unterrichtsbefähigung für den Unterricht (zum Beispiel Immersion) und um das Kennenlernen von Schulen, Schulsystemen, Schülerinnen und Schülern im Ausland, von fremden Gesellschaften, Kulturen und Lebensformen, um den Aufbau von Austauschprogrammen. Daraus lassen sich viele Bezüge zum Fachunterricht herstellen. Bildung und Wissen machen an den Landesgrenzen nicht halt. 4. November 2014 Art.-Nr. 0636 1676 Wie in der Antwort zur Frage 7 ausgeführt, ist ein übergeordnetes Ziel der gymnasialen Ausbildung die allgemeine Gesellschaftsreife beziehungsweise die Vorbereitung auf anspruchsvolle Aufgaben in der Gesellschaft, das andere übergeordnete Ziel ist die allgemeine Studierfähigkeit. Beide Ziele können heute nicht erlangt werden, wenn die Formen und Auswirkungen der internationalen Vernetzung in allen Lebensbereichen nicht ausreichend thematisiert werden. Reisen in einem Bildungskontext leisten dazu einen Beitrag. Der Qualität der Mittelschulen ist dies zuträglich. Zur Frage 10: "Warum werden diese Reisen nicht in den Ferien veranstaltet?" Die Reise nach China wurde von der Schweizerischen Zentralstelle für die Weiterbildung der Mittelschullehrpersonen (wbz cps) organisiert. Sie wurde schweizweit ausgeschrieben. Im schweizerischen föderalistischen Bildungssystem bleiben knapp vier Wochen im Jahresverlauf, während denen alle Lehrpersonen und Schulleitungsmitglieder gemeinsame unterrichtsfreie Zeit haben: etwa zwei Wochen zwischen Weihnachten und Neujahr und zwei Wochen während der Sommerferien. Dies lässt für die interkantonale Ausschreibung solcher Reisen kaum Raum, müssten doch zum Beispiel die Schulen im Zielland während der Unterrichtszeit besucht werden können. Es wird aber künftig in Zusammenhang mit der Bewilligung solcher Reisen von Seite des Departements Bildung, Kultur und Sport darauf geachtet werden, dass diese in der unterrichtsfreien Zeit stattfinden. Zur Frage 11: "Gibt es verwaltungsinterne Richtlinien, welche die zunehmenden Reise-Aktivitäten der aargauischen Lehrpersonen regeln?" Es ist keineswegs so, dass die Reise-Aktivitäten der aargauischen Lehrpersonen der Mittelschulen ins Ausland aktuell häufiger stattfinden als vor einigen Jahren, wie die Auflistung zur Frage 6 zeigt. Denn in den vergangenen fünf Jahren sind auch die Schülerzahlen um 14 % gewachsen. Die verwaltungs- und schulinternen Richtlinien für die Reisen, die zum Curriculum der Mittelschulen gehören, sind genügend. Es wird jedoch künftig sichergestellt, dass Reisen von Lehrpersonen oder Schulleitungsmitglieder, die nicht in Zusammenhang mit der Weiterbildung für ihre Berufstätigkeit oder in Begleitung von Schülerinnen und Schülern stehen, in der unterrichtsfreien Zeit und privat finanziert stattfinden werden. Können sie begründetermassen nicht in die unterrichtsfreie Zeit gelegt werden, müssen sie vom Departement BKS bewilligt werden. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 5'824.–. Andreas A. Glarner, SVP, Oberwil-Lieli: Es ist schier unglaublich: Da gehen – oder besser gesagt fliegen – zwei Prorektoren einer Kantonsschule einfach so kurz nach China, und der Steuerzahler bezahlt den überwiegenden Teil dieses als Vergnügungsreise zu deklarierenden Trips. Aber dem nicht genug: Das Ganze findet nicht etwa innerhalb der mehr als grosszügig bemessenen 13 Wochen Ferien – pardon, der unterrichtsfreien Zeit – statt. Nein, man fliegt natürlich während der Schul- oder Unterrichtszeit. Doch der Regierungsrat scheint für einmal einsichtig, so antwortet er doch: "Was die Reise der beiden Prorektoren der Kantonsschule Wohlen nach China anbelangt, fällt die Antwort anders aus. Der von der Schule geleistete Beitrag an die Reise ist sicher an der Obergrenze des noch vertretbaren. Es wird jedoch künftig sichergestellt, dass Reisen von Lehrpersonen oder Schulleitungsmitgliedern, die nicht im Zusammenhang mit der Weiterbildung für ihre Berufstätigkeit oder der Begleitung von Schülerinnen und Schülern stehen, in der unterrichtsfreien Zeit und privat finanziert stattfinden werden. Können sie begründetermassen nicht in die unterrichtsfreie Zeit gelegt werden, müssen sie vom Departement BKS bewilligt werden." Ich danke dem Regierungsrat für seine offenen Worte und die klare Aufstellung über die "fliegenden Klassenzimmer". Ich bin von der Antwort befriedigt. 4. November 2014 Art.-Nr. 0636 1677 Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort befriedigt. Das Geschäft ist erledigt. 0637 Interpellation Kathrin Scholl-Debrunner, SP, Lenzburg, vom 24. Juni 2014 betreffend Anwendung von § 10 Abs. 6 im Gesetz über die Anstellung von Lehrpersonen GAL; Beantwortung und Erledigung (vgl. Art. 0506) Mit Datum vom 20. August 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet. Vorbemerkungen § 10 des Gesetzes über die Anstellung von Lehrpersonen (GAL) vom 17. Dezember 2002 (SAR 411.200) lautet wie folgt: § 10 Auflösung des Anstellungsverhältnisses a) Fristen und Termine 1 Die Vertragsparteien können das Anstellungsverhältnis jederzeit im gegenseitigen Einvernehmen beendigen. 2 Das Anstellungsverhältnis endet ohne Kündigung a) bei Erreichen der durch Dekret festgelegten Altersgrenze; b) mit Ablauf eines befristeten Vertrags; c) … 3 Bei unbefristeten Verträgen gelten für die ordentliche Kündigung folgende beidseitigen Mindestfristen: a) im ersten Anstellungsjahr 1 Monat; b) ab dem zweiten Anstellungsjahr 3 Monate. Vorbehalten bleibt § 4 Abs. 2. 4 Das Anstellungsverhältnis kann im ersten Anstellungsjahr auf Ende eines Monats, ab dem zweiten Anstellungsjahr auf Ende eines Schulhalbjahrs beendet werden. 5 Im Anstellungsvertrag kann eine längere Kündigungsfrist vereinbart werden. 6 Werden aus organisatorischen oder wirtschaftlichen Gründen ganze Organisationseinheiten aufgehoben oder andere Umstrukturierungen vorgenommen, wird ein Sozialplan ausgearbeitet. Absatz 6 entspricht § 9 Abs. 5 des Gesetzes über die Grundzüge des Personalrechts (Personalgesetz, PersG) vom 16. Mai 2000 (SAR 165.100). Den Materialien zum Personalgesetz lässt sich entnehmen, dass ursprünglich für im Fall der Aufhebung von ganzen Verwaltungseinheiten oder der Vornahme anderer Umstrukturierungen lediglich eine Verlängerung der Kündigungsfrist vorgesehen gewesen war. Der Grosse Rat beschloss dann aber eine eher programmatische Regelung zum Sozialplan, zu der es keine weitergehenden Verfahrensnormen gibt. Es handelt sich deshalb um eine Ordnungsvorschrift, die verfassungskonform und im Rahmen der allgemeinen Grundprinzipien des schweizerischen Verwaltungsrechts auszulegen und anzuwenden ist (insbesondere unter Berücksichtigung des Öffentlichen Interesses, der Verhältnismässigkeit, der Rechtsgleichheit und von Treu und Glauben; vgl. § 2 Verfassung des Kantons Aargau vom 25. Juni 1980 sowie §§ 3 und 4 Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege [Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG] vom 4. Dezember 2007). Aus § 10 Abs. 6 GAL können daher keine direkten Ansprüche abgeleitet werden. Selbst wenn man ergänzend zur Auslegung von § 10 Abs. 6 GAL die seit dem 1. Januar 2014 geltenden Art. 335h–335k des Schweizerischen Obligationenrechts (OR) beiziehen wollte, wird aus den genannten bundesrechtlichen Bestimmungen des Privatrechts ersichtlich, dass nicht in jedem Fall eine Verhandlungspflicht greift. So kommt Art. 335i Abs. 1 lit. b OR nämlich nur dann zur Anwendung, wenn der Arbeitgeber beabsichtigt, innert 30 Tagen mindestens 30 Arbeitnehmern aus Gründen zu kündigen, die in keinem Zusammenhang mit ihrer Person stehen. Da es sich beim Anhang zum GAL aber um einen statischen Verweis handelt, können die oben genannten bundesrechtlichen Normen ohnehin nicht eins zu eins auf den vorliegenden Fall angewendet werden (Stand: 1. Januar 1998; vgl. § 7 GAL). 4. November 2014 Art.-Nr. 0637 1678 Zur Frage 1: "Welche konkreten (mit Beispielen untermauerten) Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit § 10 Abs. 6 zur Anwendung kommt?" In der (00.187) Botschaft des Regierungsrats des Kantons Aargau an den Grossen Rat vom 24. Mai 2000 zur ersten Lesung des Gesetzes über die Anstellung von Lehrpersonen (GAL) wurde Absatz 6 wie folgt kommentiert: "Abs. 6 regelt die Aufhebung von ganzen Organisationseinheiten. Hier muss es sich um ganze, geschlossene Gruppen handeln, also beispielsweise eine Aufhebung der Kindergärten oder der Realschule. Die Aufhebung einzelner Schulabteilungen fällt nicht unter diese Bestimmung." Die Ausarbeitung eines Sozialplans kann dann in Betracht gezogen werden, wenn Lehrpersonen mit einer bestimmten Lehrfunktion nicht mehr weiter beschäftigt werden können, so beispielsweise, wenn Textiles Werken, Werken oder Hauswirtschaft an der Volksschule nicht mehr angeboten würden und die betroffenen Lehrpersonen mit einer altrechtlichen Ausbildung (Monofach) nicht mehr weiterbeschäftigt werden könnten. Durch eine Verbreiterung in der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung dürften sich solche Risiken weitgehend vermeiden lassen. Zur Frage 2: "Welche rechtlichen Voraussetzungen waren bei der Strukturreform nicht gegeben, so dass auf einen Sozialplan verzichtet werden konnte?" Die Ausarbeitung eines Sozialplans aufgrund der Strukturreform war nicht erforderlich und wäre unverhältnismässig gewesen, weil der Grossteil der überzähligen Lehrpersonen an der Oberstufe an der Primarschule eingesetzt werden kann. Die Strukturreform kam zudem nicht überraschend. Für die betroffenen Lehrpersonen bestand ein Vorlauf, um sich auf einen solchen Wechsel vorzubereiten oder sich anderweitig neu zu orientieren. Es sollen keine Anreize für Lehrpersonen, einen Wechsel an die Primarschule abzulehnen, geschaffen werden. Die Situation liess sich somit nicht mit Betriebsschliessungen im Sinne der Normierung des OR zum Sozialplan (Art. 335h–335k OR) vergleichen. Es lag im öffentlichen Interesse, dass möglichst viele der überzähligen Oberstufenlehrpersonen an die Primarschule wechseln. Der Kanton wollte diesem nicht mit einem Sozialplan zuwiderhandeln. Vielmehr setzte der Kanton auf flankierende Massnahmen wie zum Beispiel auf eine Besitzstandsregelung für Lehrpersonen, die von der Oberstufe an die Primarschule oder an den Kindergarten gewechselt haben (vgl. § 41c Dekret über die Löhne der Lehrpersonen [Lohndekret Lehrpersonen, LDLP] vom 24. August 2004). Die Strukturreform sollte im Übrigen nicht zu einer automatischen und damit unverhältnismässig grossen Anzahl vorzeitiger Pensionierungen führen. Dies hätte gegenüber anderen Lehrpersonen, denen zum Beispiel aufgrund sinkender Schülerzahlen gestützt auf § 11 Abs. 1 lit. a GAL gekündigt werden muss, Rechtsungleichheiten geschaffen. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'281.–. Kathrin Scholl-Debrunner, SP, Lenzburg: Beim Lesen der juristischen Vorbemerkungen wird einem schwindlig – dies nicht nur aufgrund des Juristendeutschs, sondern auch wegen des Kopfschüttelns über die doch abenteuerlich anmutenden formalistischen Klimmzüge. Es wird von öffentlichem Interesse und Verhältnismässigkeit, wie auch von Treu und Glauben gesprochen, von Verfassung, Obligationenrecht, Verwaltungsrechtspflegegesetz. Es wird zitiert und relativiert. Doch auf die zwei simplen und eindeutig formulierten Fragen nimmt die Antwort auf meine Interpellation kaum Stellung. Ob es diesen Paragrafen eventuell nicht wirklich gibt? Der Regierungsrat lässt einen wichtigen Teil des Paragrafen 10 Abs. 6 GAL (Gesetz über die Anstellung von Lehrpersonen) schlicht unerwähnt. Es heisst: " ..... ganze Organisationseinheiten aufgehoben oder andere Umstrukturierungen vorgenommen ....." Es lässt sich vielleicht darüber streiten, ob der Wegfall eines ganzen Oberstufenjahrgangs eine aufgehobene Organisationseinheit ist oder nicht. Aber sicher war die Strukturreform eine grössere Umstrukturierung – inhaltlich, räumlich, organisatorisch und personell. 4. November 2014 Art.-Nr. 0637 1679 Es gab durchaus Lehrpersonen, die aufgrund ihrer Ausbildung nicht mehr weiter beschäftigt werden konnten. Zahlenmässig ist es wohl richtig, dass die wegfallenden Pensen der Oberstufe nun an der Primarschule zusätzlich anfallen. Der Regierungsrat hat einfach vergessen, dass hinter diesen Zahlen Menschen stehen, die mehr Wertschätzung verdient hätten. Die Antwort des Regierungsrats lässt die Vermutung zu, er hätte sich gegen unerwünschte Ansprüche seitens der betroffenen Lehrpersonen vorauseilend zur Wehr setzen wollen. Insbesondere folgende Aussage in der Beantwortung zur Frühpensionierung irritiert: "Die Strukturreform sollte im Übrigen nicht zu einer automatischen und damit unverhältnismässig grossen Anzahl vorzeitiger Pensionierungen führen." Im Dekret über die Frühpensionierungen war und ist nie ein Automatismus vorgesehen. Und das ist auch gut so. Fazit: Es gibt keine saubere rechtliche Begründung für die Haltung des Bildungsdirektors, ein Sozialplan sei nicht notwendig. Viel wichtiger ist jedoch die Erkenntnis, dass die betroffenen Lehrpersonen auf wenig Wertschätzung und Verständnis stiessen. Dies ist unverständlich und in Anbetracht des Lehrpersonenmangels auch unklug. Letztlich sind es rund 30 Personen, die keine oder keine genügende Lösung gefunden haben: Einige erkrankten, ein paar wenige werden zurzeit noch durch das RAV (Regionales Arbeitsvermittlungszentrum) betreut. Diese Zahlen zeigen deutlich auf, dass es zynisch ist, von Unverhältnismässigkeit zu sprechen. Härtefälle lassen sich nie ganz vermeiden, jedoch unnötige Verletzungen durch die Art und Weise des Umgangs. Ich bin mit der Antwort nicht zufrieden. Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Die Interpellantin erklärt sich von der Antwort nicht befriedigt. Das Geschäft ist erledigt. 0638 Motion Wolfgang Schibler, SVP, Bettwil, vom 4. März 2014 betreffend Ruhegehälter der Mitglieder des Regierungsrats; Überweisung an den Regierungsrat (vgl. Art. 0344) Mit Datum vom 11. Juni 2014 beantragt der Regierungsrat, die Motion mit folgender Begründung abzulehnen: Der Motionär verlangt, dass die Ruhegehälter der Regierungsrätinnen und Regierungsräte gemäss Dekret über die Ruhegehälter der Mitglieder des Regierungsrates vom 27. Mai 1975 (SAR 153.550) reduziert werden sollen. Vorstösse mit ähnlichem Inhalt wurden schon mit den (06.261 und 06.38) Motionen von Katharina Kerr Rüesch vom 12. Dezember 2006 und vom 14. März 2006 eingereicht, mit welchen eine Gleichstellung der Regierungsrätinnen und Regierungsräte mit den Staatsangestellten bezüglich der beruflichen Vorsorge verlangt wurde. In beiden Fällen folgte der Grosse Rat dem Regierungsrat und lehnte beide Motionen ab. Die Grundzüge der damaligen Argumentation des Regierungsrats haben auch heute noch Gültigkeit. Das Dekret über die Ruhegehälter der Mitglieder des Regierungsrates sieht vor, dass in Abhängigkeit von Amtszeit, Eintritts- und Austrittsalter, Höhe des letzten Jahresgehalts als Mitglied des Regierungsrats und krankheitsbedingtem Rücktritt höchstens 50 % der bei Ausscheiden aus dem Amt bezogenen Jahresgrundbesoldung zuzüglich Teuerungszulagen ausgerichtet werden. Beträgt die Amtszeit weniger als 12 Amtsjahre oder erfolgt der Eintritt erst nach Erreichen des 55. Altersjahrs, wird das Ruhegehalt für jedes nicht geleistete Amtsjahr gekürzt. Eine Kürzung ist ebenfalls vorgesehen, wenn ein ehemaliges Mitglied des Regierungsrats ein höheres Jahreseinkommen (inklusive Ruhegehalt) als die Jahresbesoldung eines amtierenden Mitglieds erzielt. Das Ruhegehalt hat bis zum Erreichen des ordentlichen AHV-Alters den Charakter eines Einkommensersatzes und ab Alter 65 die Bedeutung einer beruflichen Rente. Einkaufsmöglichkeiten in die Pensionskasse sind nicht vorgesehen. Es handelt sich hierbei um eine massvolle Lösung, welche weder betragsmässig noch bezüglich der Voraussetzungen mit nicht gerechtfertigten Abgangsentschädigungen in der Privatwirtschaft vergli- 4. November 2014 Art.-Nr. 0638 1680 chen werden kann. Faktisch ist es so, dass Rücktritte von Amtsträgern zumeist in einem Alter erfolgen, in dem der Eintritt ins ordentliche Rentenalter nur noch wenige Jahre entfernt ist. Das Amt eines Regierungsrats wird meist während einer eigentlichen Lebensabschnittsphase ausgeübt und bildet dementsprechend in der Regel den Höhepunkt der berufliche Karriere; die 20 ehemaligen Mitglieder des Aargauer Regierungsrats mit Amtsantritt seit 1950 waren bei Amtsantritt durchschnittlich rund 48 Jahre alt und schieden nach knapp 13 Jahren im 61. Altersjahr aus dem Amt aus. Das Amt des Regierungsrats ist eine spezielle Position und nicht vergleichbar mit Kaderstellen der obersten Hierarchie in der öffentlichen Verwaltung oder der Privatwirtschaft. Eigenheiten dieses politischen Amts rechtfertigen die Höhe der finanziellen Entschädigung der Regierungsratsmitglieder während und nach ihrer Amtszeit insbesondere deshalb, weil die besonderen Bedingungen eine grosse Herausforderung für die Amtsträgerinnen und Amtsträger während ihrer Amtszeit darstellen und ihnen zudem den Wiedereinstieg ins ordentliche Berufsleben nachweislich erschweren: Die physischen und psychischen Anforderungen an die Mitglieder des Regierungsrats sind in den letzten Jahren stark gestiegen: Die Geschäftslast und die Erwartungen an die Exekutivmitglieder haben stetig zugenommen. Es wird vorausgesetzt, dass sie ihre ganze Zeit und Überzeugung einsetzen und persönliche Bedürfnisse – auch nach beruflicher Weiterentwicklung und Weiterbildung oder Neuorientierung – hinten anstellen. Mitglieder der kantonalen Exekutive sind Politikerinnen und Politiker, die ihr Amt aufgrund einer Volkswahl antreten, sich alle vier Jahre einer Wiederwahl stellen müssen, in ausgeprägtem Mass Personen der Öffentlichkeit sind und, ob verschuldet oder unverschuldet, Konsequenzen durch eine negative Bewertung ihrer Arbeit in der Öffentlichkeit in Kauf nehmen müssen. Gerade eine Abwahl oder ein Rücktritt unter schwierigen Umständen mit entsprechender medialer Aufmerksamkeit sind nicht imagefördernd und erschweren einen nahtlosen Übergang ins ordentliche Berufsleben zusätzlich. Solche Fälle können im Kanton Aargau wie auch in anderen Kantonen dokumentiert werden. Regierungsratsmitglieder sollen ihr Amt völlig unabhängig ausüben. Deshalb bestehen zahlreiche Unvereinbarkeiten mit anderen politischen Ämtern oder sonstigen Nebenerwerbstätigkeiten. Zunehmend wird aus Gründen der Public Corporate Governance auch die Einsitznahme in Steuerungsgremien von staatsnahen Betrieben infrage gestellt und eine Tätigkeit nach Rücktritt oder Abwahl in einem Fachgebiet, in welchem der ehemalige Amtsträger schon als Regierungsrat tätig war, wird von den Medien und der Öffentlichkeit oft kritisch beurteilt. Die heute in der Berufswelt sehr wesentliche Netzwerkpflege findet während der Amtszeit zwar statt; dabei steht aber viel weniger die Person als vielmehr das Amt und der Kanton im Vordergrund. Zudem ist selbst dabei die Einhaltung einer gewissen Distanz und Unabhängigkeit geboten. Mit einer angemessenen finanziellen Entschädigung während und nach der Amtszeit soll diese Unabhängigkeit ermöglicht werden. Ein Vergleich mit anderen Kantonen und dem Bund zeigt, dass der Kanton Aargau über keine aussergewöhnlich grosszügige Entschädigung seiner Exekutivmitglieder nach Ausscheiden aus dem Amt verfügt. Die verschiedenen Lösungen sind dabei nur bedingt vergleichbar, da in anderen Kantonen unterschiedliche Kriterien wie Alter oder Ausscheidegrund oder zusätzliche Versicherungselemente zur Anwendung kommen. Eine ähnliche Lösung wie der Kanton Aargau kennt der Bund: Ein zurückgetretenes oder abgewähltes Mitglied der Landesregierung erhält – wie es die aargauische Lösung auch vorsieht – ein Ruhegehalt in der Höhe einer halben Jahresbesoldung. Dabei gilt eine Mindestamtszeit von vier Jahren. Die Kantone Bern, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Zürich und Luzern sehen für ihre ehemaligen Regierungsrätinnen und Regierungsräte ein Ruhegehalt von 65 % (Bern und Basel-Stadt) beziehungsweise 60 % (Basel-Landschaft und Zürich) und 55 % (Luzern) des versicherten Lohns vor. Die Ruhegehälter stellen jedoch eine Leistung der Pensionskasse dar und lassen sich nur eingeschränkt vergleichen, da die Berechnungsgrundlage aus versicherungstechnischen Gründen (Koordinationsabzug, allfällige Teuerungszulagen, getätigte Einkäufe und daraus resultierende Steuerabzüge, allfällige Abzüge, unterschiedliche Beiträge und Umwandlungssätze etc.) unterschiedlich sein kann. Wie der Kanton Aargau tätigt der Kanton Basel-Landschaft nur entsprechend der geleisteten Amtszeit Abzüge auf das Ruhegehalt. In den Kantonen Zürich, Basel-Stadt, Luzern und Bern wird neben der Amtszeit auch das Rücktrittsalter berücksichtigt. Beispielsweise wird also derselbe Rentensatz auf einen Berner Regierungsrat A im Alter von 52 Jahren mit Rücktritt oder Abwahl nach zwei Amts- 4. November 2014 Art.-Nr. 0638 1681 jahren wie auf einen Regierungsrat B im Alter von 37 nach einer Amtszeit von acht Jahren angewendet (15 %), während A im Kanton Aargau 20 % und B 38 % erhalten würde. Im Kanton Basel-Stadt würde A rund 37 % und B rund 27 %, in Zürich erhält A in jedem Fall (abgesehen von den Freizügigkeitsleistungen) kein Ruhegehalt und B bei freiwilligem Rücktritt 40 % und bei unverschuldeter Nichtwiederwahl 45 %. Wenige kleine Kantone kennen kein Ruhegehalt oder sehen lediglich Abgangsentschädigungen vor. Diese Kantone müssen ihre Regierungsrätinnen und Regierungsräte wie das Personal aber zumindest in der beruflichen Vorsorge versichern und können wie beispielsweise der Kanton Zug teilweise hohe Sparbeiträge entrichten, das heisst bei Rücktritt oder Abwahl werden Freizügigkeitsleistungen ausgerichtet. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'281.–. Wolfgang Schibler, SVP, Buchs: Meine Motion zu einer Reduktion der Ruhegehälter – nicht etwa ein ersatzloses Streichen – wird unter anderem mit der Begründung abgelehnt, dass die Grundzüge der Argumentation der abgelehnten Motion von Katharina Kerr Rüesch, SP, aus dem Jahre 2006 auch heute noch ihre Gültigkeit hätten. Zur Erinnerung: Katharina Kerr Rüesch forderte die Gleichstellung der Regierungsratsmitglieder mit den Staatsangestellten bezüglich die berufliche Vorsorge. Nun, ich werde Ihnen erläutern, warum die Begründung nicht mehr zutrifft: Die Zeiten und die Gesellschaft haben sich seit 2006 geändert, und die Wahrnehmung des Steuerfrankens durch den Steuerzahler hat sich wesentlich verändert. In der Ablehnung meiner Motion wird unter anderem gesagt, dass die Höhe der finanziellen Entschädigungen der Regierungsratsmitglieder während und nach der Amtszeit gerechtfertigt sei, weil nebst der hohen Belastung auch der Wiedereinstieg ins ordentliche Berufsleben nachweislich erschwert sei. Dazu halte ich Folgendes fest: Ich habe nur Einwände gegen die Höhe der Ruhegehälter, nicht aber gegen die Höhe der Löhne während der Amtszeit. Kein Wort davon steht in meiner Motion! Ich halte auch fest, dass mich die konkreten Nachweise – Zitat – "des erschwerten Wiedereinstiegs ins ordentliche Berufsleben" doch sehr interessieren würden, und ich hoffe sehr, dass unser Regierungsrat auch sein Amt als einen ordentlichen Beruf bezeichnet. Weiter halte ich fest, dass die meisten Amtsinhaber nach dem Rücktritt sehr wohl von der Netzwerkpflege während der Amtszeit profitieren können, wenn sie das denn möchten. Denn die Sache und der Mensch sind in diesem Amt untrennbar miteinander verbunden. Das lässt sich gar nicht vermeiden. Ich halte auch fest, dass die Unvereinbarkeit des Regierungsratsamts mit anderen politischen Ämtern oder anderen Nebenerwerbstätigkeiten nur während der aktiven Amtszeit besteht, jedoch nicht mehr nach dem Rücktritt oder der Abwahl. Als Letztes halte ich fest, dass mit der Ablehnung meiner Motion ein Zeichen gesetzt wird – und zwar ein negatives Zeichen: Es soll überall gespart werden, aber bloss nicht bei den Regierungsratsmitgliedern. Verglichen wird auch mit der Bundeslösung. Die sei ähnlich. Nun, wenn der Bund eine Lösung hat, heisst das doch nicht a priori, dass diese Lösung gut und zeitgemäss ist. Denn auch diese Lösung wird nicht mehr verstanden. Sie wurde thematisiert, hinterfragt und kritisiert. Auf Kantonsebene zeigen neueste Erhebungen, dass inzwischen über die Hälfte der Kantone die Zeichen der Zeit erkannt hat; sie kennen bereits andere Systeme oder sind auf dem Weg, das System "Ruhegehalt" abzulösen. Und der Aargau? Meine Damen und Herren, überall soll gespart werden. Unser Kanton steht vor finanz- und auch sozialpolitisch grossen Herausforderungen. Die Steuerzahler – das sind wir – werden Jahr für Jahr mehr und mehr belastet. Seit meine Motion am 28. Juni dieses Jahres in der Presse thematisiert wurde, hatte ich die Möglichkeit, mit unzähligen Leuten aller Couleurs zu sprechen. Und wissen Sie was? Kaum einer oder eine wusste, dass ehemaligen Regierungsratsmitgliedern zu Lasten des Kantons – sprich der Steuergelder – lebenslang ein Ruhegeld ausbezahlt wird. Die Kommentare der Bürgerinnen und Bürger waren recht eindeutig. Denn im Zeitalter der Sparübungen versteht nun wirklich niemand mehr, warum seine Steuergelder in jährliche Ruhegelder von 150'000 Franken pro 4. November 2014 Art.-Nr. 0638 1682 Einzelperson fliessen sollen, wenn es – wie andere Kantone aufzeigen – schon verschiedene Alternativen gibt. Mit der Annahme der Motion hätte der Regierungsrat Gelegenheit gehabt, weitere sinnvolle und akzeptable Alternativen zum Ruhegeld aufzuzeigen. Er tut es nicht. Damit überstrapaziert er das Verständnis der Bevölkerung und ignoriert deren Gerechtigkeitsempfinden. Also tun Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, nicht dasselbe wie unser Regierungsrat. Tragen Sie nicht weiterhin zu einer längst nicht mehr verstandenen Besitzstandswahrung bei. Zeigen Sie, dass zumindest das Parlament willens ist, auch seinen Beitrag zu diesem Sparprogramm zu leisten. Da ich mich nun nicht auf den Pfad eines Postulats umlenken lasse, bitte ich Sie um ein Ja zu meiner Motion. Sagen auch Sie, meine Damen und Herren: Ja, der Regierungsrat soll seinen Teil zum Sparprogramm beitragen. Sagen Sie: Ja, wir Parlamentarier haben die Zeichen der Zeit erkannt. Und sagen Sie: Ja, wir stellen den Auftrag Sparen über die Einzelinteressen. Mit einem Ja können Sie Ihrer Wählerschaft mit gutem Gewissen und – vor allem dann im Wahljahr 2016 – jederzeit offen und lächelnd gegenübertreten. Andreas A. Glarner, SVP, Oberwil-Lieli: Auch hier ist es schier unglaublich. Der Regierungsrat streicht im Rahmen der endlich durchgeführten Leistungsanalyse von Drucksachen bis Schulklassen so ziemlich alles weg, was ihm in den Weg und Sinn kommt; nur bei sich selbst, da wird der Regierungsrat nicht fündig. Eigentlich noch verständlich, denn an sich denken die vier Wohltäter und die Wohltäterin ja zuletzt. Auch wenn es hier für einmal durchaus mehr als angebracht gewesen wäre. So wollte der gute Wolfgang Schibler den fünf Unbeugsamen mit einer Motion, die nicht einmal sie selbst, sondern erst ihre Nachfolger betroffen hätte, zu Hilfe eilen. Doch weit gefehlt: Der Regierungsrat weist dieses Ansinnen von sich, im vollen Wissen, dass im Parlament genügend Grossrätinnen und Grossräte sitzen, die hoffen, dereinst auch selbst einmal in den Genuss dieser üppigen Rente zu kommen. Doch eines darf ich den hier anwesenden Grossrätinnen und Grossräten in Erinnerung rufen: Sie sind vom Volk gewählt und haben dieses hier zu vertreten und nicht ihre allfällig ureigensten Interessen. Und dass das Volk in dieser Frage hinter uns steht, dessen sind wir uns gewiss. Sollten Sie also diese Motion ablehnen, so wird der Motionär im Alleingang eine Volksinitiative starten und diese mit Sicherheit auch gewinnen. Alle, die heute diese Motion ablehnen, müssen sich noch vor den nächsten Wahlen vorwerfen lassen, die ureigensten Interessen, statt den Volkswillen vertreten zu haben. Stimmen Sie der Motion zu. Marie-Louise Nussbaumer, SP, Obersiggenthal: Hier, wie anderswo: Das hatten wir doch auch schon! Wer erinnert sich nicht. Wenn die SVP jetzt davon spricht, dass das Volk hinter ihr steht, verweise ich gerne auf das Jahr 2006. Aber es geht ja um die Sache und um einen Vorstoss. Wir wollen mal schauen, ob er, wenn er von rechts kommt, mehr Chancen hat! Wie gesagt, dieser Vorstoss ist eigentlich eine Zusammenfassung der beiden Vorstösse von Katharina Kerr Rüesch aus dem Jahre 2006. 2006 haben wir gesagt, die heutige Ruhestandsregelung für Regierungsräte sei eine Luxuslösung – das sagen wir immer noch. Das hat nichts mit dem heutigen Umfeld und der gegenwärtigen Sparhysterie zu tun. Geänderte Zeiten sehen wir hier auch nicht. An der Argumentation des Regierungsrats hat sich aber auch nichts geändert. So meinte er damals, das Ruhestandsgehalt biete "keine Luxuslösung". Und was, fragte der Regierungsrat ganz kläglich, wenn ein Regierungsmitglied aus dem Amt scheidet und keine Stelle findet? Ja was denn, meine Herren beziehungsweise meine Dame? Und was, wenn dies einem gewöhnlich Sterblichen, einer gewöhnlich Sterblichen, geschieht? Der Vorstoss wurde im Jahr 2006 mit 77 gegen 36 Stimmen eindeutig abgelehnt. Die APK-Revision (Aargauische Pensionskasse) für das kantonale Personal kam erst später. Sie brachte fürs Personal höhere Beiträge, mehr Beitragsjahre sowie ein höheres Rentenalter. Sie brachte den Primatswechsel, was ein Abschieben des Versicherungsrisikos auf die Versicherten bedeutete. Fürs Personal hiess es also: Länger arbeiten, mehr bezahlen, weniger bekommen. Diese massive 4. November 2014 Art.-Nr. 0638 1683 Verschlechterung geschah unter Mithilfe und mit dem Segen des Regierungsrats, der für sich selber an seiner komfortableren Ruhestandslösung nichts, aber auch gar nichts, änderte und immer noch nicht ändern will. Seit 1975 zahlt ein Regierungsmitglied 6,0 Prozent Beiträge, kann mit 60 Jahren in Pension gehen und erhält nach dem Ausscheiden aus dem Amt ein volles oder anteilmässiges "Ruhegehalt" von 50,0 Prozent der Jahresbesoldung plus Teuerung – garantiert und im Leistungsprimat. Das ist mehr, als das Personal je bekam, und es ist noch viel mehr, als dieses seit der Revision der APK noch bekommt. Damit lässt sich tatsächlich schön ruhen! Am liebsten wäre uns nach wie vor, wenn das Dekret über die Ruhegehälter der Mitglieder des Regierungsrats aufgehoben würde und sowohl die aktiven als auch die künftigen Mitglieder des Regierungsrats bei der APK versichert würden – und zwar zu den gleichen Bedingungen wie das Staatspersonal und die Lehrpersonen. Und wenn es für die Zeit der Vorpension irgendein Ruhestandsge-halt braucht, dann soll dieses bitte ausserhalb der APK für den Notfall, und bitte nur für diesen, geregelt werden. Ansonsten lässt sich eine Bevorzugung der Exekutive wirklich nicht mehr rechtfertigen. Ich zitiere gerne unsere liebe ehemalige Kollegin Katharina Kerr Rüesch: "Ich bin natürlich der Meinung, dass wir möglichst gute Regierungsmitglieder brauchen, die unabhängig agieren sollten. Ich erwarte aber, dass dies mit einem sehr guten Lohn – das ist immer noch so – in der aktiven Zeit möglich sein sollte. Wer ein Regierungsratsamt anstrebt, weiss, was er oder sie auf sich nimmt. Bisher musste noch niemand in den Regierungsrat gezwungen werden, es gab immer genügend Interessierte für dieses Amt. Und der Aargau wird nicht unregierbar, wenn der Regierungsrat eine andere Altersversicherung bekommt." Und dann noch ein Satz aus dem Referat des ehemaligen Grossrats Jürg Stüssi-Lauterburg, SVP, aus dem Jahre 2007: "Dass im Hinblick auf die Zukunft etwas geschehen muss, liegt auf der Hand. Unser früherer Ratskollege Dieter Märki hat das vor einigen Jahren schon thematisiert. Es war damals nicht die richtige Zeit. Nun liegt uns mit Katharina Kerr Rüeschs Vorstoss ein sehr vernünftiger Vorschlag auf dem Tisch. Er kommt diesmal aus einer anderen Partei, aber wir lassen uns diesmal hoffentlich aus lächerlicher Parteieneifersucht nicht dazu verführen, ihn abzulehnen." Leider taten Sie es dann doch. Wir tun es heute nicht! Auch wenn die Argumentation von Wolfgang Schibler nicht unbedingt dafür spricht, dass wir ihn unterstützen wollen. Sie wäre eigentlich ein Grund, den Vorstoss abzulehnen. Auch da könnte ich von einer Neidgesellschaft reden, die Sie immer wieder ansprechen, auch da müsste ich sagen: Sind Sie sicher, dass Sie die Zeichen der Zeit erkannt haben? Oder ist es vielleicht doch nur das Wahljahr, das Sie eben auch angesprochen haben? Höhere Steuern und Leistungsanalyse? Ist es wirklich nur das? Aber ich hinterfrage jetzt nicht alles. Wir unterstützen den Vorstoss trotzdem. Sander Mallien, GLP, Baden: Auch wir von der GLP sind der Meinung, dass die Anregungen von Kollege Schibler sehr moderat sind und die heutige Ruhestandsregelung nicht mehr zeitgemäss ist. Daneben steht sie in krassem Gegensatz zur heutigen Handhabung bei normalen Arbeitnehmenden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch Wähler können sich irren. Leider kommt es hin und wieder vor, dass sich eine in ein Exekutivamt gewählte Person bald einmal als zur Amtsausübung ungeeignet erweist. Zur Illustration verweise ich auf einen Stadtpräsidenten, welcher sich in den letzten Monaten nicht nur fachlich und zeitlich als völlig überfordert erwiesen hat, sondern auch noch moralisch. Meine Damen und Herren, ein Exekutivmitglied, das gute Leistungen erbringt, hat selbst im fortgeschrittenen Alter keine Mühe, eine ansehnlich dotierte Anschlussaufgabe zu finden. Aber ein goldener Fallschirm für Blindgänger ist nicht mehr zeitgemäss und erst noch ungerecht anderen Arbeitnehmern gegenüber, welche unverschuldet ihre Stelle verlieren – dies geschieht immer öfters – und von der Arbeitslosenversicherung bereits nach zwei Jahren ausgesteuert werden. Die GLP wird die Motion Schibler unterstützen. 4. November 2014 Art.-Nr. 0638 1684 Maya Bally Frehner, BDP, Hendschiken: Die BDP hegt sehr wohl Sympathien für das Anliegen von Wolfgang Schibler. Wir sind jedoch der Meinung, dass der Auftrag für eine Motion etwas schwammig ist und nicht zum gewünschten Resultat führen könnte. Wir sind auch der Meinung, dass der Kanton Aargau nicht grundsätzlich über eine Luxuslösung verfügt. Und wenn man weiterhin davon ausgeht, dass tatsächlich die meisten Regierungsmitglieder erst mit 61 Jahren zurücktreten, gibt es nicht unbedingt Handlungsbedarf. Da es aber in Zukunft sehr wohl vermehrt möglich sein könnte, dass ein Regierungsrat bereits mit 50 oder 55 Jahren ausscheidet, ist es unserer Ansicht nach lohnend, das System diesbezüglich zu durchleuchten und Lösungen zu prüfen. Ein Ruhegehalt ist ein Ruhegehalt. Dieses erhält jemand, wenn er wirklich im Ruhestand ist und nicht, wenn er mit 50 oder 55 ein Amt abgibt. Wir sind deshalb im Clinch, weil wir der Meinung sind, der Auftrag sei etwas dürftig. Wir hätten tatsächlich ein Postulat vorgezogen, um genau zu prüfen, welche Lösungen es gibt. Ich kann jetzt noch nicht sagen, wer wie abstimmt. Einem Postulat jedoch hätten wir einstimmig zugestimmt. Bei einer Motion kann ich jetzt noch nichts sagen. So oder so, wir sind der Meinung, die Lösung sollte überdacht werden, aber auf eine andere Art und Weise. Robert Obrist, Grüne, Schinznach: Wir Grünen lehnen die Motion ab. Das Ruhegehalt hat bis zum Erreichen des ordentlichen AHV-Alters den Charakter eines Einkommensersatzes und ab dem 65. Altersjahr die Bedeutung einer beruflichen Rente. Einkaufsmöglichkeiten in die Pensionskasse sind nicht vorgesehen. Es handelt sich keinesfalls um einen goldenen Fallschirm; angesichts der von den Mitgliedern des Regierungsrats erbrachten Leistungen und Verantwortlichkeiten nicht einmal um einen silbernen. Die Regelung ist massvoll, und sie gewährleistet eine unabhängige Amtsausübung. Berücksichtigt werden müssen auch die eingeschränkten Betätigungsfelder nach der Amtszeit. Grossrat Schibler "schlägt den Sack Ruhegehalt und meint den Esel" oder vielleicht auch die weibliche Form dieses Grautieres mit vier Buchstaben. Kritik an der Amtsführung der in den Regierungsrat gewählten Personen soll offen und konstruktiv erfolgen. Rücktrittsforderungen und Kürzungen des Ruhegehalts sind nicht angebracht. Wir sind gegen die Reduktion der Ruhegehälter, so wie wir auch gegen die meisten Sparmassnahmen des Regierungsrats sind. Wir sind in unserer Haltung durch das Votum von Herrn Glarner bestärkt worden. Hier wird diskutiert und nicht erpresst. Peter Voser, CVP, Killwangen: Die Motion Wolfgang Schibler verlangt mindestens eine Reduktion der Ruhegehälter des Regierungsrats gemäss heutigem Dekret. Die CVP lehnt die Motion ab, weil sie zu eng gefasst und zwingend ist. Wir würden aber ein Postulat unterstützen, welches einen detaillierten Bericht über die gesamte Situation verlangt, inklusive einer Versicherungslösung, so wie es das BVG (Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenenund Invalidenvorsorge) vorsieht. Aus unserer Sicht ist nicht die Höhe der Entschädigung das eigentliche Problem, sondern dass das Ruhegehalt nicht gesetzeskonform ist. Störend ist auch, dass die angesparten Gelder aus früheren Tätigkeiten nicht eingebracht werden müssen. Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch, es gibt aber Ausnahmen. Ob allerdings der Regierungsrat in der Vorsorgefrage als Ausnahme gilt, wissen wir nicht. Einige andere Kantone haben die gleiche Lösung wie wir – auch der Bundesrat kennt ein Ruhegehalt. Ob diese Regelung noch zeitgemäss ist und es keine besseren Lösungen gibt, sollten wir erneut abklären. Mit dem Dekret über die Ruhegehälter sind viele Fragen nicht definitiv geklärt. Ein Beispiel: Sollte sich ein verheirateter Regierungsrat scheiden lassen, steht wohl seine Frau finanziell im Regen. Bei einer angesparten Versicherungslösung hätte sie Anspruch auf die Hälfte des Kapitals. Beim Ruhegehalt gibt es aber kein angespartes Kapital. Die Leistungen an die ehemaligen Regierungsmitglieder werden der laufenden Rechnung belastet. Wenn wir eine Versicherungslösung anstreben und das Gehalt des Regierungsrats unverändert bei 300'000 Franken liegt, beträgt der versicherte Lohn circa 272'000 Franken. Die Rente der Angestellten liegt bei circa 60,0 Prozent des versicherten Lohns. Das würde bedeuten, dass ein Regierungsrat eine Rente von circa 163'000 Franken erhalten würde – also deutlich mehr als die 4. November 2014 Art.-Nr. 0638 1685 heutige Lösung mit dem Ruhegehalt. Dies allerdings nur, wenn bei Amtsantritt genügend Kapital mitgebracht wurde oder wenn während der Regierungszeit zusätzliche freiwillige Einkäufe stattgefunden haben. Die Entschädigungen zeitlich zu limitieren geht allerdings nicht, denn Versicherungsleistungen werden immer auf Lebzeiten ausbezahlt. Es kann wohl nicht der Fall sein, dass die AHVoder die BVGGelder nach zehn oder nach 15 Jahren nicht mehr ausbezahlt werden. Darum ist klar, dass auch ein Ruhegehalt, sofern es anstelle einer Versicherungsleistung zum Tragen kommt, nicht eine bestimmte Laufzeit haben kann. Aus diesen Gründen lehnen wir die Motion ab. Matthias Jauslin, FDP, Wohlen: Die FDP wird die Motion ebenfalls ablehnen. Es ist richtig, das Ruhegehalt, wie es jetzt auf dem Tisch liegt, ist nicht mehr zeitgemäss. Es kann nicht nachvollzogen werden, warum ein Regierungsrat oder eine Regierungsrätin auf Lebenszeit 150'000 Franken oder noch mehr erhalten soll, ohne dass er oder sie sich bei diesen BVG-Lösungen oder bei diesen Einzahlungen paritätisch beteiligt hat. Für die FDP steht eine Versicherungslösung im Vordergrund, ähnlich wie sie Peter Voser skizziert hat. Das ist der richtige Weg. Da in der Motion keine aktuellen Regierungsräte und Regierungsrätinnen angesprochen sind, gehen wir davon aus, dass genügend Zeit ist, um hier gute Lösungen zu suchen. Diese Lösung muss eine Versicherungslösung sein, meine Damen und Herren. Das muss nicht einfach eine Kürzung des Ruhegehalts sein, wie jetzt vom Motionär gefordert wird, sondern das muss eine grundlegend neue Aufarbeitung dieser Finanzierung sein. Wir gehen davon aus, dass sich der Regierungsrat tatsächlich Gedanken machen muss, wenn diese Motion abgelehnt wird. Sollten von Seiten des Regierungsrats keine Lösungen kommen, werden wir selbstverständlich mit politischen Mitteln nochmals einen Vorstoss bringen. Ich bitte Sie, im Sinne einer richtigen Lösung, diese Motion abzulehnen und das ganze System zu hinterfragen und neu aufzuarbeiten. Urs Plüss, EVP, Zofingen: Das Ruhegehalt alleine betrachtet scheint schon etwas merkwürdig und ist nicht mehr zeitgemäss. Aber man muss ja immer alles zusammen betrachten: Das Ruhegehalt, den Lohn, die Vorsorgeleistungen usw. Da muss man zusammen etwas erarbeiten. Bei der Festsetzung des Lohns sind uns Grenzen gesetzt. Dies, weil der Lohn des Direktionspräsidenten der AKB (Aargauische Kantonalbank) jetzt daran gekoppelt ist. Wir würden dann diesen Lohn automatisch auch nach oben anpassen. Da sind uns die Hände gebunden. Ich schliesse mich aber meinem Kollegen Jauslin an, dass diese Motion die falsche Lösung ist. Sie bietet uns kein zeitgemässes Instrument. Wir könnten uns ein Postulat besser vorstellen. Da die aktiven Regierungsräte nicht direkt betroffen sind – ich gehe jetzt mal davon aus – haben wir wirklich genügend Zeit, dies aufzuarbeiten. Noch ein Hinweis: Der amerikanische Präsident Barack Obama hat etwa 300'000 US-Dollar Jahresgehalt. Er hat kein Ruhegehalt. Er kann aber seinen Lebensunterhalt mit Vorträgen aufbessern. Für jeden gehaltenen Vortrag erhält er zwischen 300'000 und 500'000 Franken. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass irgendjemand für Roland Brogli eine halbe Million Franken bezahlt. Ganz ehrlich, missverstehen Sie mich bitte nicht. Ich will Roland Broglis Qualitäten nicht infrage stellen. Trotzdem, eine halbe Million Franken sind doch etwas viel. Deswegen lehnt die EVP die Motion ab, würde aber ein Postulat unterstützen. Roland Brogli, Landammann, CVP: Die vorliegende Motion verlangt eindeutig, dass die Ruhegehälter der Regierungsrätinnen und Regierungsräte reduziert werden sollen – und zwar auf der Basis des geltenden Dekrets. Die bestehende Regelung im Dekret über die Ruhegehälter der Mitglieder des Regierungsrats hat zum Inhalt, dass bei Ausscheiden aus dem Amt das Ruhegehalt höchstens 50,0 Prozent des bisherigen Lohns beträgt. Einen Einfluss auf die Höhe des Ruhegehalts hat neben der Dauer der Amtszeit auch das Eintritts- und Austrittsalter. So wird bei einer Amtszeit von weniger als 12 Jahren oder bei Amtsantritt erst nach Erreichen des 55. Altersjahrs das Ruhegehalt für jedes nicht geleistete Amtsjahr um 3,0 Prozent gesenkt. 4. November 2014 Art.-Nr. 0638 1686 Erzielt ein ehemaliges Mitglied des Regierungsrats ein höheres Jahreseinkommen als die Jahresbesoldung eines amtierenden Mitglieds, wird das Ruhegehalt gekürzt. Die bestehende Regelung, die vor allem den Charakter einer beruflichen Rente hat, sieht keine Einkaufsmöglichkeit in die Pensionskasse vor. Der Regierungsrat ist der Meinung, dass die bisherige Lösung massvoll ist und weder betragsmässig noch bezüglich der Voraussetzungen mit einem "goldenen Fallschirm" verglichen werden kann. Die Erfahrung zeigt, dass die Rücktritte von Amtsträgern meist kurz vor dem Eintritt ins Rentenalter erfolgen. Das Amt wird meist während längerer Zeit ausgeübt und bildet normalerweise den Höhepunkt der beruflichen Karriere. Dies zeigt auch ein Blick auf die bisherigen Amtsinhaber seit 1950. Diese waren beim Amtsantritt durchschnittlich rund 48 Jahre alt und schieden nach knapp 13 Jahren, im Alter von 61 Jahren, aus dem Amt aus. Ich selbst liege bereits über dem Durchschnitt. Das Amt des Regierungsrats ist eine spezielle Position, die nur bedingt mit Kaderstellen, beispielsweise in der öffentlichen Verwaltung, verglichen werden kann. Aufgrund der starken öffentlichen Exposition kann – verschuldet oder unverschuldet – eine negative Beurteilung für die Amtsinhaber Konsequenzen haben, beispielsweise die Abwahl. Die hohe Belastung im Amt erlaubt kaum berufliche Weiterentwicklung und Weiterbildung im angestammten Beruf. Die Unabhängigkeit des Regierungsrats soll unbedingt gewährleistet bleiben. Überlegungen zur Zeit nach dem Austritt und allfällige künftige Erwerbsquellen dürfen keine Rolle spielen. Mittlerweile wird ein Amtsträger, der nach seinem Austritt eine Tätigkeit in seinem ehemaligen Fachgebiet anstrebt, von den Medien und der Öffentlichkeit kritisch beobachtet. Ein Vergleich mit anderen Kantonen und dem Bund zeigt immer noch, dass der Kanton Aargau über keine aussergewöhnlich grosszügige Lösung verfügt. Ich kann Ihnen sagen: Es ist klar, der Regierungsrat fühlt sich mit dieser Lösung nicht unterbedient. Die verschiedenen Regelungen sind dabei eben auch – das muss man auch berücksichtigen – nur eingeschränkt vergleichbar, da unterschiedliche Kriterien oder zusätzliche Versicherungselemente zur Anwendung kommen. Aus all diesen Gründen bitte ich Sie namens des Regierungsrats, die Motion abzulehnen. Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Der Motionär ist mit der Ablehnung nicht einverstanden; auch nicht mit der Umwandlung in ein Postulat. Abstimmung Die Motion wird mit 76 gegen 49 Stimmen überwiesen. 0639 Motion der Fraktionen der BDP, CVP, FDP und SVP (Sprecherin Maya Meier, SVP, Staufen) vom 3. Juni 2014 betreffend periodische, systematische Leistungsanalyse und zusätzliche Befristung von neuen Staatsaufgaben; Überweisung an den Regierungsrat (vgl. Art. 0461) Mit Datum vom 13. August 2014 erklärt sich der Regierungsrat bereit, die Motion entgegenzunehmen und beantragt mit folgender Begründung die gleichzeitige Abschreibung: Seit dem 1. Januar 2006 erfolgt die Staatsleitung des Kantons Aargau mit dem System der wirkungsorientierten Verwaltungsführung (WOV). Im Rahmen des Projekts WOV-FIREL wurden die staatlichen Führungsinstrumente weiterentwickelt und das neue harmonisierte Rechnungsmodell 2 (HRM2) eingeführt. Der bisherige Planungs- und Budgetierungsprozess sowie die dazugehörigen rechtlichen Grundlagen wurden dabei umfassend überprüft und wo notwendig angepasst. Der Grosse Rat hat am 5. Juni 2012 in 2. Beratung der Änderung des Gesetzes über die wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und Finanzen (GAF; SAR 612.300) zugestimmt und das neue GAF sowie das dazugehörige Dekret über die wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und Finanzen (DAF; SAR 612.310) verabschiedet. 4. November 2014 Art.-Nr. 0638 1687 Die Verfassung des Kantons Aargau und das GAF verlangen einen ausgeglichenen Staatshaushalt und eine laufende Überprüfung der Leistungen. Weiter sind die Grundlagen für ein wirkungsvolles Controlling inklusive Wirkungsprüfung sowie die Möglichkeit für den Erlass von befristeten Gesetzen und Dekreten bei neuen Aufgaben festgelegt: Verfassung des Kantons Aargau § 116 Finanzhaushalt und Finanzplanung 1 Der Finanzhaushalt ist sparsam, wirtschaftlich, konjunkturgerecht und auf die Dauer ausgeglichen zu führen. Die Einhaltung dieser Grundsätze ist durch eine ausreichende Kontrolle zu überprüfen. 2 Der Kanton und die Gemeinden sorgen für eine umfassende Aufgaben- und Finanzplanung, die mit der Finanzplanung des Bundes in Einklang zu halten ist. 3 Die Aufgaben und Ausgaben sind laufend auf ihre Notwendigkeit und Zweckmässigkeit sowie auf ihre finanziellen Auswirkungen und ihre Tragbarkeit hin zu überprüfen. Gesetz über die wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und Finanzen (GAF): § 2 Grundsätze der Aufgabenerfüllung 1 Die Steuerung der Aufgabenerfüllung erfolgt zusammen mit der Festlegung der Finanzen. Aufgaben und Finanzen sind miteinander zu verknüpfen. 2 Die zur Erfüllung der Aufgaben erbrachten Leistungen (Geld-, Sach- oder Dienstleistungen) sind auf ihre Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit zu überprüfen. Die Aufgaben sind mit dem besten Kosten-/Nutzen-Verhältnis zu erfüllen. 3 Aufgaben sind auf ihre Notwendigkeit und Tragbarkeit zu prüfen. Neue Aufgaben sind nach Massgabe ihrer Wichtigkeit, Dringlichkeit sowie unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Entwicklung anzugehen. § 42 Controlling 1 Das Controlling umfasst die Abstimmung von Zielen und Tätigkeiten mit den Finanzen, die Planung der Massnahmen sowie die Steuerung und Durchführung von periodischen Wirkungsprüfungen. 2 Die Steuerungsinstanzen stellen ein stufengerechtes Controlling sicher. Der Regierungsrat regelt die Ausführung nach Anhörung des Büros des Grossen Rats, der Justizleitung, der Finanzkontrolle und der beauftragten Person für Öffentlichkeit und Datenschutz durch Verordnung. § 47 Erprobung neuer Formen 1 Zur Erprobung neuer Formen der staatlichen Leistungserbringung oder ihrer Steuerung können Pilotvorhaben durchgeführt werden. 2 Soweit die Kompetenzen des Regierungsrats dafür nicht ausreichen, legt der Grosse Rat durch befristete Gesetze oder Dekrete die inhaltlichen Ziele, die Rahmenbedingungen, die Dauer und seine Mitwirkung fest. Der Grundsatz der permanenten und systematischen Überprüfung von staatlichen Aufgaben ist somit im Rechtssetzungsprozess fest verankert. Die wirkungsorientierte Verwaltungsführung basiert für die kurz- und mittelfristige Steuerung auf den Instrumenten "Aufgaben- und Finanzplan (AFP)" sowie "Jahresbericht mit Jahresrechnung". Diesen beiden Instrumenten übergeordnet ist das langfristig ausgerichtete Entwicklungsleitbild (ELB). Bei neuen Aufgaben kann das Instrument des Planungsberichts eingesetzt werden. Sowohl auf strategischer wie auch auf operativer Ebene findet dabei ein systematisches Controlling statt. Die nachfolgende Abbildung zeigt die Instrumente im Steuerungskreislauf. 4. November 2014 Art.-Nr. 0639 1688 Das ELB legt als langfristiges Planungsinstrument die Ziele des Regierungsrats für den Zeithorizont von zehn Jahren fest. Es wird alle vier Jahre aktualisiert und dem Grossen Rat zur Kenntnisnahme vorgelegt (§ 7 GAF). Der AFP als kurz- und mittelfristiges Planungsinstrument bricht die Zielvorgaben des ELB auf die nächsten vier Jahre herunter. Der Grosse Rat beschliesst das Budget (§ 13 Abs. 1 GAF) und genehmigt die Planjahre, wobei er für den nächsten AFP eigene Vorstellungen formulieren kann (§ 12 GAF). Der Grosse Rat hat somit im Rahmen der parlamentarischen Beratung zum AFP die Möglichkeit, Einfluss auf die Ausgestaltung der Aufgabenbereichspläne zu nehmen und spezifische Änderungen zu den Vorgaben des Regierungsrats zu verlangen. So kann er Anpassungen an den aufgabenseitigen (Entwicklungsschwerpunkte und Ziele) und finanziellen Steuergrössen vornehmen. Im Rahmen der AFP-Erstellung findet verwaltungsintern bereits eine flächendeckende, systematische und ganzheitliche Aufgabenüberprüfung inklusive Finanzcontrolling statt. Während drei Eingaberunden werden die staatlichen Aufgaben unter anderem bezüglich deren Notwendigkeit und Zweckmässigkeit hin überprüft und falls nötig entsprechend angepasst. Der grösste Einfluss des Parlaments auf die staatliche Aufgabenerfüllung und das Aufgabenportfolio erfolgt aber in seiner Rolle als Gesetzgeber. Im Rahmen der jeweiligen Gesetzgebungsprozesse kann er für die Notwendigkeit neuer Aufgaben beziehungsweise Anpassungen bei der Aufgabenerfüllung eine systematische Aufgabenkritik vornehmen. Vertiefende Wirkungsprüfungen in Form von Evaluationen erfolgen punktuell. Evaluiert werden sollen vor allem Geschäfte von besonderer politischer oder strategischer Bedeutung, solche von finanzieller Relevanz, mit Innovationscharakter, beispielsweise auch bezüglich Kooperationsformen und von wirtschaftlicher Bedeutung. So wurden in der Vergangenheit strategische Änderungen bei der Aufgabenerfüllung beziehungsweise neue Aufgaben evaluiert: Pforte Arbeitsmarkt: Dreijährige Pilotphase mit anschliessender Evaluation Evaluation der dualen Polizeiorganisation WOV-Evaluation (führte zur Weiterentwicklung der Führungsinstrumente) Vertiefte Evaluationen können aus ressourcengründen nicht flächendeckend erfolgen. Der Grosse Rat hat aber im Rahmen der Beratung von Botschaften die Möglichkeit, zielgerichtete Evaluationen von Vorhaben zu fordern und entsprechende Ressourcen bereitzustellen. Aus Sicht des Regierungsrats sind aufgrund der obigen Ausführungen keine weiteren Anpassungen der rechtlichen Grundlagen erforderlich. Flächendeckende, periodische und systematische Leistungsanalysen sind aus Sicht des Regierungsrats dann vorzunehmen, wenn es die finanzielle Situation des Kantons notwendig macht. Eine starre Regelung ist sowohl aus Kosten-Nutzen- 4. November 2014 Art.-Nr. 0639 1689 Überlegungen wie auch aufgrund der bereits vorhandenen Interventionsmöglichkeiten nicht angezeigt. Die Forderung nach vermehrter Befristung von neuen staatlichen Aufgaben ist im Einzelfall zu prüfen und kann vom Grossen Rat während des Gesetzgebungsverfahrens umgesetzt werden. Im Vergleich zur Bundesebene werden im Kanton Aargau, wie auch in anderen Kantonen, wenige Wirkungsüberprüfungen durchgeführt. Hier besteht noch Potenzial, wobei neben den notwendigen Ressourcen auch Fachpersonal für die Durchführung beziehungsweise Begleitung von externen Evaluationen vorhanden sein muss. Aufgrund der aktuellen Ressourcenlage musste der Regierungsrat das Vorhaben, zentral Wirkungsprüfungen durchzuführen, zurückstellen (vgl. Massnahme 100-12 'Verzicht auf eine zentrale Koordination der Wirkungsprüfung'). Diese Absicht soll aber zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgegriffen werden. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 2'107.–. Maya Meier, SVP, Staufen: Mit der Begründung, dass bereits genügend Instrumente zur Verfügung stehen würden, will der Regierungsrat die gemeinsame Motion der BDP, CVP, FDP und SVP abschreiben. Selbstverständlich sind uns diese Gesetze und Prozesse bekannt. Genauso, wie sie auch dem Regierungsrat bekannt sind. Trotzdem ist es so, dass wir in Zeiten, wo die Wirtschaft wächst und die Steuereinnahmen sprudeln – und notabene jedes Jahr noch mehr anwachsen – Defizite schreiben und auch weiterhin Defizite budgetieren. Wir haben unsere Reserven, welche eigentlich für wirtschaftlich schlechte Zeiten gedacht gewesen wären, jetzt aber in guten Zeiten für die Verschleierung der effektiven Defizite vollständig aufgebraucht. Und erst jetzt beraten wir die Leistungsanalyse und budgetieren weiterhin strukturelle Defizite. Diese Situation an sich beweist doch, dass das aktuelle System alleine nicht genügt und unsere Motion nicht einfach so abgeschrieben werden kann. Deshalb votiere ich als Sprecherin der vier Fraktionen gegen die Abschreibung unserer Motion. Nur wenn wir künftig einen systematischen Prozess etablieren, indem wir die Staatsleistungen periodisch überprüfen und auf die Kernaufgaben reduzieren, können wir Sonderübungen, welche sowieso immer zu spät kommen, in der Zukunft vermeiden und strukturelle Defizite verhindern. Um dies zu erreichen, könnte man § 2 des Gesetzes über die wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und Finanzen (GAF) mit einem neuen Abs. 4 ergänzen. Dieser neue Absatz könnte beispielsweise wie folgt lauten: "Der Regierungsrat führt pro Legislatur mindestens einmal eine vertiefte Leistungsanalyse in jedem Aufgabenbereich durch. Die Analyse kann entweder gleichzeitig in allen Aufgabenbereichen oder gestaffelt erfolgen. Er berichtet über deren Ergebnisse dem Grossen Rat." Ich bin überzeugt, dass wir mit dieser Systematik mit relativ geringem Aufwand auch der Verfassung besser Rechnung tragen, welche in § 116 Abs. 3 verlangt, dass die Aufgaben und Ausgaben laufend auf ihre Notwendigkeit und Zweckmässigkeit sowie auf ihre finanziellen Auswirkungen und ihre Tragbarkeit zu überprüfen sind. Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Die Motionärin ist mit der Abschreibung nicht einverstanden. Marie-Louise Nussbaumer, SP, Obersiggenthal: Wir halten es hier wie fast immer mit dem Regierungsrat: Die WOV-Gesetzgebung (Wirkungsorientierte Verwaltungsführung) reicht als Grundlage sehr wohl aus, um die geforderte regelmässige Leistungsanalyse zu ermöglichen. Und dass es gemacht wird, dafür werden Sie, liebe Grossrätinnen und Grossräte, schon sorgen, wenn es der Regierungsrat nicht von sich aus selber macht. Ich mache Sie allerdings dann darauf aufmerksam, dass nichts von nichts kommt und dass Wirkungsprüfungen, Verwaltungsanalysen, Evaluationen, Leistungsanalysen etc. eben nicht vom Himmel fallen, sondern dass Sie dafür Aufträge erteilen können, aber auch die finanziellen und personellen Ressourcen zur Verfügung stellen müssen. 4. November 2014 Art.-Nr. 0639 1690 Jetzt aber noch zum Lieblingswort oder zum Unwort des Tages: Die "Sunset-Klausel" gefällt mir heute besonders gut. Auch hier komme ich gerne wieder auf das Jahr 2007 zurück – vielleicht bin ich wirklich schon zu lange hier. Auch hier, alle paar Jahre wieder. Über die Befristung von Staatsaufgaben und konkret von Gesetzen haben wir uns ebenfalls im Jahr 2007 ausführlich unterhalten. Inhaltlich – und nachdem er 640 Erlasse und rund 12'000 Paragraphen des Aargauischen Rechts hat überprüfen lassen – kam der Regierungsrat damals zum Schluss, dass der "Sunset-Klausel" ein interessantes, dynamisches Moment innewohnt, dass sie aber dennoch nicht prinzipiell, sondern nur dort einzusetzen sei, wo es sach- und zweckgerecht sei. Eine Befristung eines Erlasses garantiere noch längst nicht seine Qualität. Diese müsse auf allen Stufen – auch mit Wirkungsanalysen und Kontrollen der Erlasse – überprüft werden, und das tue der Regierungsrat natürlich regelmässig und wenn immer nötig. Oberstes Prinzip sei aber auch hier die Rechtssicherheit. Aus dieser ergäbe sich eine klare Begrenzung ihrer Anwendung. Dann wurde anhand von sechs Lebenssachverhalten – offensichtlich ein Begriff aus der Rechtsprechung – gezeigt, wie und nach welchen Kriterien eine solche Überprüfung von Erlassen vor sich gehen könne, und welche eventuell zeitlich begrenzt werden könnten. Grundsätzlich werde heute im Rahmen der Vorbereitung des Normkonzepts für neue Erlasse verlangt, dass die Begrenzung derselben a priori geprüft werde. Was wollen Sie mehr? Da hat man ganz viel geschrieben. Was daraus geworden ist, wissen wir seit heute Vormittag gut. In Anlehnung an die damalige Kommissionsmeinung ist es für uns immer noch unbestritten, dass jede Staatshandlung, also auch die Legiferierung, immer wieder der Überprüfung bedarf. Ebenso unbestritten ist, dass die "Sunset-Klausel" als Grundprinzip dafür nicht geeignet ist. Ein damaliges Grossratsmitglied meinte dazu: "Damit würde eine politische Aufgabe im Prinzip in das Gesetzgebungsverfahren verpflanzt; das wäre ein Trugschluss. "Sunset" ist nur eines der möglichen Instrumente für die Durchführung einer Aufgabenüberprüfung. Eine prinzipielle Einführung einer "SunsetLegislation", sozusagen zur zusätzlichen Aufgabenüberprüfung, würde über das Ziel hinausschiessen." Liebe Kollegin Meier, lieber Kollege Giezendanner, lassen Sie mich so schliessen, wie unsere vorhin schon erwähnte ehemalige Kollegin damals geschlossen hat. Für die Befristung des Gesetzes wurde der ordnungspolitische Begriff "Sunset-Legislation" gewählt. "Sunset" oder Befristung? Na ja. Mir gefällt eigentlich der Sonnenuntergang besser, hauptsächlich deshalb, weil er für mich seit 180 Jahren ironisch besetzt ist. Die literarische Referenz findet sich in einem Gedicht von Heinrich Heine aus dem "Buch der Lieder" von 1827. Das Fräulein stand am Meere Das Fräulein stand am Meere Und seufzte lang und bang, Es rührte sie so sehre Der Sonnenuntergang. „Mein Fräulein! Sein Sie munter, Das ist ein altes Stück; Hier vorne geht sie unter Und kehrt von hinten zurück.“ Barbara Portmann-Müller, GLP, Lenzburg: Die Grünliberalen teilen einen Teil der Grundhaltung dieses Vorstosses, nämlich einen ausgeglichenen Staatshaushalt zu erreichen und Leistungen immer wieder auf Effizienz und Effektivität zu überprüfen. Dennoch sind wir über diese Motion nicht glücklich. Weshalb? Wir erachten die heutigen Regelungen als ausreichend. Wir haben eine Verfassung, wir haben gesetzliche Regelungen, die wir aber anwenden müssen. Es ist eigentlich unser Job, unsere Aufgabe hier im Grossen Rat, insbesondere beim Aufgaben- und Finanzplan und insbesondere in der Kommission KAPF (Kommission für Aufgabenplanung und Finanzen), dafür zu sorgen, dass hier nichts aus dem Ruder läuft und dass diese Prüfungen vorgenommen werden. Wir 4. November 2014 Art.-Nr. 0639 1691 müssen uns selber an der Nase nehmen. Was jetzt mit diesem Vorstoss passiert, ist, dass wir noch mehr Kompetenz Richtung Exekutive schieben. Davor möchten wir warnen. Es ist dann der Regierungsrat, der schaut. Der Regierungsrat ist der Auftraggeber von Evaluationsberichten. Wie Sie wissen, kommen die meisten Evaluationen ja so heraus, wie das der Auftraggeber gewünscht hat. Zudem kostet das – siehe heute Morgen Standortförderungsgesetz. Die grössten Profiteure dieser Übung wären Beratungsfirmen. Wollen wir das wirklich? Wir sind der Meinung: Lieber nicht! Machen wir unsere Aufgabe hier drin und in Kommissionen. Machen wir sie ernsthaft, dann braucht es diesen Vorstoss nicht. Wir werden ihn ablehnen. Ralf Bucher, CVP, Mühlau: Es stellt sich die Frage, ob es alle paar Jahre eine umfassende Leistungsanalyse braucht – wir haben gesehen, es ist immer wieder eine umfassende Spardebatte geführt worden – oder ob es besser wäre, permanent und mit institutionalisierten Instrumenten eine Leistungsanalyse vorzunehmen. Dabei sollen eben verschiedene Aufgabenbereiche vertieft überprüft werden und der Nutzen hinterfragt werden. Dann bräuchte es eben gerade keine "Sunset-Legislation", sondern man würde das Gesetz oder eine Aufgabe abschaffen, wenn es oder sie keinen Nutzen mehr hätte. Man könnte auch darüber diskutieren – wie wir das auch schon gefordert haben – ob man Aufgabenbereiche extern analysieren lassen sollte. Das muss nicht permanent so sein, kann in bestimmten Aufgabenbereichen aber sinnvoll sein. Um wirklich etwas abzuschaffen oder zu sparen braucht es einen gewissen Druck. Wir haben während der Debatte der Leistungsanalyse – beim Blick in die Vergangenheit – gesehen, dass mit Mass-nahmen, die vorher heilig waren, plötzlich gespart werden kann. Diesen Druck will die CVP-Fraktion aufrechterhalten und hält an der Motion fest. Lieber mehrere ständige kleine Leistungsanalysen, als alle paar Jahre eine umfassende. Robert Obrist, Grüne, Schinznach: Der Regierungsrat zeigt in seiner Antwort die heute angewandten Instrumente und deren Handhabung auf. Von den Leiterinnen oder Leitern der Departemente erwarten wir, dass die verantwortliche Person der Regierung eine kontinuierliche Leistungsanalyse als Kernaufgabe versteht und auch wahrnimmt. Dem Grossen Rat stehen zweckmässige und auch gutgenutzte Werkzeuge zur Verfügung, um Fehlentwicklungen festzustellen und allfällige überbordende Aktivitäten der Verwaltung zu erkennen und zu stoppen. Diese werden insbesondere in den Diskussionen des AFP von den Fachkommissionen und der KAPF angewandt und sind aus unserer Sicht ausreichend. Im Weiteren schliessen wir uns der Essenz der Voten der SP und der GLP an und lehnen diese Motion ab. Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Wir haben einen Antrag auf Ablehnung. Lilian Studer, EVP, Wettingen: Wir von der EVP haben von Anfang an gesagt, dass wir dafür sind, dass immer wieder eine Leistungsanalyse gemacht wird und man überprüft, ob die Aufgaben noch korrekt sind oder ob man etwas ändern muss. Da stimmen wir dem Anliegen dieses Vorstosses zu und sind derselben Meinung. Trotzdem gibt es Gründe, warum wir diese Motion in dieser Form ablehnen. Wir – das haben wir jetzt einige Male gehört – haben genügend Instrumente, um dieses Anliegen umzusetzen. Die Frage ist: Wird das bis anhin schon getan? Meines Erachtens gehört dies auf die ständige Traktandenliste. Der Regierungsrat muss die Aufgaben auf ihre Zweckmässigkeit überprüfen. Der Grosse Rat ist auch vif genug, immer wieder mit Vorstössen nachzuhaken, wenn er mit etwas nicht einverstanden ist oder wenn er das Gefühl hat, gewisse Aufgaben seien überflüssig oder müssten geändert werden. Schlussendlich müssen wir uns überlegen, wie teuer es uns zu stehen kommt, wenn wir diesen Vorstoss überweisen. Maya Meier hat einige Male das grosse Defizit erwähnt, das wir haben. Dem ist so. Wir brauchen einen ausgeglichenen Staatshaushalt. Da ist jeder oder jede von uns gefragt und muss seine Aufgabe erledigen. Ich möchte Sie aber trotzdem an die Steuergesetzrevision erinnern: Da haben wir gesagt, wir hätten ein Defizit und bräuchten einen ausgeglichenen Staatshaushalt. Wir könnten uns 4. November 2014 Art.-Nr. 0639 1692 dieses und jenes nicht leisten. Wir haben es uns aber geleistet. Nun müssen wir uns selber an der Nase nehmen. Wir dürfen momentan keinen grösseren Druck auf die Verwaltung und den Regierungsrat ausüben, da wir zurzeit mit der Leistungsanalyse genügend zu tun haben. Diese muss zuerst abgeschlossen werden. Dann sehen wir, wie wir weiterfahren. Aber zurzeit dient es niemandem, diesen Druck aufrecht zu erhalten. Ich bitte Sie, diese Motion abzulehnen. Roland Brogli, Landammann, CVP: Der Kanton Aargau kennt bereits den Grundsatz der permanenten systematischen Überprüfung staatlicher Aufgaben. Dieser Grundsatz steht in der Kantonsverfassung und ist deshalb bereits gesetzlich verankert. Bereits im Rahmen der jährlichen Steuerungsprozesse mit den Instrumenten Aufgaben- und Finanzplan sowie Jahresbericht und Jahresrechnung und mit dem langfristig ausgerichteten Entwicklungsleitbild findet ein systematisches Controlling sowohl auf strategischer wie auch auf operativer Ebene statt. Der Grosse Rat hat im Rahmen der AFP-Beratungen jederzeit die Möglichkeit, Anpassungen bei den Aufgaben und den Finanzen vorzunehmen. Vertiefende Wirkungsprüfungen in Form von Evaluationen oder Leistungsanalysen können aus Ressourcengründen nicht in kurzen Abständen fixiert werden und flächendeckend erfolgen, sondern nur punktuell. Evaluiert werden sollen vor allem Geschäfte von besonderer Bedeutung oder besonderem Innovationscharakter. Abschliessend lässt sich sagen, dass aus Sicht des Regierungsrats keine weiteren Anpassungen der rechtlichen Grundlagen erforderlich sind. Eine starre Regelung ist nicht zweckmässig, da sowohl Kosten-Nutzen-Überlegungen als auch die bereits bestehenden parlamentarischen Mitbestimmungsmöglichkeiten dies gar nicht erforderlich machen. Deshalb nimmt der Regierungsrat die Motion selbstverständlich entgegen, beantragt aber gleichzeitig deren Abschreibung. Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Die Entgegennahme ist bestritten. Abstimmung Die Motion wird mit 81 gegen 37 Stimmen überwiesen. Die gleichzeitige Abschreibung wird mit 80 gegen 40 Stimmen abgelehnt. Die Motion ist somit an den Regierungsrat überwiesen. 0640 Interpellation der GLP-Fraktion vom 3. Juni 2014 betreffend Kompensationspflicht von nicht umsetzbaren Sparmassnahmen; Beantwortung und Erledigung (vgl. Art. 0468) Mit Datum vom 13. August 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet. Vorbemerkungen Im Rahmen der Leistungsanalyse wurden alle Aufgaben und Leistungen, die der Kanton erbringt, systematisch analysiert und kritisch hinterfragt. Im Fokus stand dabei die Frage, wie die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger wirtschaftlich, kostengünstig und mit dem besten Nutzen erfüllt werden können. Die Leistungsanalyse erfolgte systematisch und flächendeckend über alle Aufgabenbereiche und Leistungsgruppen. Im Sinne einer Zweckkritik wurde untersucht, ob die richtigen Leistungen erbracht werden. Die Kriterien dafür ergeben sich aus dem Prüfauftrag aus Verfassung und Gesetz (Notwendigkeit, Zweckmässigkeit, finanzielle Auswirkungen, Tragbarkeit). Weiter wurden im Sinne einer Vollzugskritik die wichtigsten Leistungen entlang der Kriterien Steuerungsform, Effektivität, Effizienz, Wirtschaftlichkeit und Verursacherprinzip beurteilt. 4. November 2014 Art.-Nr. 0639 1693 Die Interpellanten gehen bei ihren Fragen davon aus, dass "gemäss (14.82) Botschaft Sparmassnahmen, welche aus verschiedenen Gründen nicht umgesetzt werden können, kompensiert werden müssen". Diese Annahme ist nicht aus der Botschaft abzuleiten; eine Kompensationspflicht nicht umsetzbarer Massnahmen besteht nicht. Hingegen ist zu beachten, dass sich ein Verzicht auf die Umsetzung einer Massnahme ohne eine finanzielle Kompensation unmittelbar auf die Finanzierungsrechnung des Kantons auswirkt. Aus diesem Grund wurden die aufgrund der Anhörung nicht weiter verfolgten Massnahmen mit vertretbaren neuen Massnahmen kompensiert (vgl. Kapitel 4.1 "Anpassung der Massnahmen aufgrund Anhörung" der (14.82) Botschaft an den Grossen Rat vom 2. April 2014). Aufgrund der nicht zutreffenden Annahme der Interpellanten einer generellen Kompensationspflicht werden die Fragen im Folgenden zusammenfassend beantwortet: Frage 1: "Auf welcher Stufe bzw. innerhalb welcher Einheit müssen diese kompensiert werden?" Frage 2: "Welche Begründung führt der Regierungsrat an für die Kompensationspflicht?" Frage 3: "Wie sachgerecht wird diese Bestimmung erachtet, obwohl kein lineares Sparziel pro Einheit vorgegeben wurde?" Frage 4: "Wird dadurch nicht der Auftrag der Leistungsanalyse, nämlich eine vertiefte Analyse der Notwendigkeit von Leistungen vorzunehmen, ad absurdum geführt? Gedenkt der Regierungsrat anlässlich der zweiten Beratung einen weniger irrführenden Titel zu benutzen?" Frage 5: "Welche Einheit wird mit dem Sparpaket wie stark (absolut sowie prozentual zu ihrem Budgetanteil) betroffen (Stand nach Versand Botschaft)?" Frage 6: "Welche Bedeutung kommt dabei dem Kostendeckungsgrad zu?" Frage 7: "Werden kooperative Einheiten durch diese Bestimmung bestraft, weil sie allenfalls vorab viele konstruktive Sparideen eingebracht hatten?" Frage 8: "Entspricht eine Sparmassnahme nicht dem politischen Willen des Parlaments (z. B. im Rahmen von AFP-Beratungen letztes und dieses Jahr) und wurde deshalb eine relevante Grösse im AFP verändert, woraus schliesst der Regierungsrat, dass der politische Willen eine Kompensation innerhalb derselben Einheit vorsieht?" Frage 9: "Kann sich der Regierungsrat vorstellen, auf die zweite Beratung auf die Kompensationspflicht verzichten und anstelle davon aus den gemachten Vorschlägen weiteres Sparpotential zu eruieren?" Zusammenfassende Antwort zu den Fragen Es gibt keine Kompensationspflicht nicht umsetzbarer Massnahmen für die entsprechenden Organisationseinheiten. Über den gesamten Kanton hingegen soll das Ziel der Leistungsanalyse, das strukturelle Defizit zu beseitigen, und eine langfristige Entlastung des Finanzhaushalts erreicht werden. Denn gesunde öffentliche Finanzen sind ein wesentlicher Aspekt der nachhaltigen Entwicklung. Sie bestimmen den finanziellen Handlungsspielraum heutiger und künftiger Generationen und die Möglichkeit des Staats, seine Aufgaben im sozialen und ökologischen Bereich auch künftig wahrnehmen zu können. So verpflichten denn auch sowohl die Verfassung des Kantons Aargau (Kantonsverfassung) als auch § 2 des Gesetzes über die wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und Finanzen (GAF) den Kanton zu einer sparsamen, wirtschaftlichen, konjunkturgerechten und auf die Dauer ausgeglichenen Haushaltsführung. Die Aufgaben und Ausgaben sind laufend auf ihre Notwendigkeit und Zweckmässigkeit sowie auf ihre finanziellen Auswirkungen und ihre Tragbarkeit hin zu überprüfen (§ 116 Abs. 1 und 3 Kantonsverfassung). Weil sich die strukturellen Defizite aus 4. November 2014 Art.-Nr. 0640 1694 heutiger Sicht ohne die vollständige Umsetzung der mit der Leistungsanalyse einhergehenden Entlastungen nicht beheben lassen, wurden im Rahmen der Erarbeitung des Massnahmenpakets für die Botschaft zur 1. Beratung einzelne Massnahmen aufgrund der Anhörung mit vertretbaren Massnahmen kompensiert. Nach der definitiven Beratung der Leistungsanalyse und des Aufgabenund Finanzplans (AFP) 2015–2018 durch den Grossen Rat im Herbst 2014 wird der Regierungsrat die Situation neu beurtei-len. Wenn Massnahmen durch den Grossen Rat gestrichen werden und dadurch ein Defizit im Budgetjahr 2015 und/oder in den Planjahren 2016–2018 bestehen bleibt, müssen im Rahmen des AFP-Prozesses 2016–2019 weitere Massnahmen ergriffen werden. Sowohl für die Leistungsanalyse als auch den AFP gilt der Grundsatz gemäss § 2 Abs. 1 GAF, wonach die Steuerung der Aufgabenerfüllung zusammen mit der Festlegung der Finanzen erfolgt. Bei Anpassungen der finanziellen Ressourcen ist demnach konsequent auch immer die dahinter stehende Aufgabe sowie die Leistungserbringung zu prüfen und umgekehrt. Die eingangs beschriebene Analyse der Leistungen, die diese Verknüpfung von Aufgaben und Finanzen vornimmt, stellt sicher, dass unabhängig von der Optik der Betroffenheit von Organisationseinheiten sachgerechte und umsetzbare Massnahmen formuliert werden. Damit werden keine einzelnen Aufgabenbereiche bestraft oder bessergestellt, und es gibt keinen Anlass, die Bezeichnung "Leistungsanalyse" anzupassen. Im Hinblick auf die 2. Beratung der Leistungsanalyse prüfte der Regierungsrat nach der Ablehnung von Massnahmen durch den Grossen Rat in 1. Beratung Ersatzmassnahmen. Bei den Ersatzmassnahmen handelt es sich wiederum nicht um Kompensationen pro Organisationseinheit, sondern um Massnahmen, die die beschriebenen Kriterien erfüllen und die umsetzbar sind. Es ist Aufgabe des Regierungsrats, bestehenden rechtlichen Handlungsspielraum bezüglich Art und Weise sowie Umfang der Leistungserbringung unter Beachtung der beschriebenen Kriterien und Grundsätzen auszuloten. Schliesslich ist es ist mit ein Ziel der Leistungsanalyse, den Kostendeckungsgrad der staatlichen Leistungen insgesamt zu verbessern. Gemäss § 4 GAF haben Verursachende und Nutzniessende besonderer Leistungen des Staats die zumutbaren Kosten zu tragen. Zur Verstärkung des Verursacherprinzips und des Kostendeckungsprinzips umfasst die Leistungsanalyse deshalb in Bereichen mit einer deutlichen Kostenunterdeckung auch Massnahmen, die eine Gebührenanpassung vorsehen. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'989.–. Barbara Portmann-Müller, GLP, Lenzburg: Die ganze Geschichte dieser Leistungsanalyse wird für uns Grünliberale immer absurder und abstruser. Die Antwort zu unserer Interpellation stellt ein weiteres Puzzleteil einer mittlerweile missratenen und aus dem Ruder gelaufenen Übung dar. Unsere Annahme der Kompensationspflicht sei irrig und in der Botschaft nicht enthalten. Nun: Man öffne das Dokument im Word und aktiviere die Funktion "Suchen“ und suche einmal nach den Wörtern kompensiert und Kompensation. Und siehe da, es gibt Treffer und sämtliche Treffer führen zu Kompensationen innerhalb der gleichen Abteilung. Das stimmt mit diversen Aussagen überein, die dem Vernehmen nach verwaltungsintern gemacht worden seien. Aber seis drum, Schwamm drüber. Die Grünliberalen sind froh, dass der Regierungsrat erkannt hat, dass eine Kompensation innerhalb derselben Abteilung sein wohlklingend "Leistungsanalyse" genanntes Projekt absurd machen würde – und zwar so absurd, dass das beim besten Willen nicht geht. Dass sich der Regierungsrat aber erlaubt hat, die wichtigsten Fragen gar nicht zu beantworten, grenzt an eine Frechheit beziehungsweise es zeigt unseres Erachtens die Hilflosigkeit gegenüber der Eigendynamik dieser Vorlage. Wir haben diese Fragen deshalb nochmals eingereicht. Zudem sind wir selbst am Analysieren der Spareffekte pro Einheit und pro Bereich. Und ich kann schon jetzt vorwegnehmen: Die Resultate, insbesondere im Bereich Umwelt, sind äusserst aussagekräftig. Kein Wunder, wollte man diese Frage nicht beantworten. Wer weiss, vielleicht könnte sie doch zu einer Abstimmungsniederlage führen? Die Grünliberalen sind – nett ausgedrückt – nicht zufrieden mit der Beantwortung. 4. November 2014 Art.-Nr. 0640 1695 Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Namens der Interpellantin erklärt sich Barbara Portmann-Müller von der Antwort nicht befriedigt. Das Geschäft ist erledigt. 0641 Interpellation der GLP-Fraktion vom 3. Juni 2014 betreffend Nachhaltigkeitsbeurteilung der Sparmassnahmen in Kompetenz des Regierungsrats; Beantwortung und Erledigung (vgl. Art. 0469) Mit Datum vom 13. August 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet. Vorbemerkungen Der Zustand und die Perspektiven des öffentlichen Haushalts bestimmen den finanziellen Handlungsspielraum heutiger und künftiger Generationen. Gesunde Staatsfinanzen sind die Voraussetzung, damit die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Zielsetzungen dauerhaft und wirksam verfolgt werden können. Die Verfassung des Kantons Aargau verpflichtet deshalb den Kanton zu einer sparsamen, wirtschaftlichen, konjunkturgerechten und auf die Dauer ausgeglichenen Haushaltsführung. Ebenso sind die Aufgaben und Ausgaben laufend auf ihre Notwendigkeit und Zweckmässigkeit sowie auf ihre finanziellen Auswirkungen und ihre Tragbarkeit hin zu überprüfen. Der Regierungsrat handelt nach diesen Grundsätzen einer nachhaltigen und stabilen Finanzpolitik und setzt alles daran, strukturelle Defizite zu vermeiden. Das bereits in den Jahresrechnungen 2012 und 2013 erkennbare strukturelle Defizit in der Grössenordnung der verwendeten Mittel der Ausgleichsreserve steigt – wie in der 1. Beratung der (14.82) Botschaft Leistungsanalyse dargelegt – im aktuellen Rechnungsjahr 2014 weiter an. Ohne die Umsetzung der mit der Leistungsanalyse einhergehenden Entlastungen lassen sich diese strukturellen Defizite aus heutiger Sicht nicht beheben. Bei den vorgesehenen Entlastungsmassnahmen wurde systematisch darauf geachtet, dass untragbare, längerfristige Auswirkungen in den Nachhaltigkeitsdimensionen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt vermieden werden. Allerdings sind bei einem Entlastungspaket in dieser Grössenordnung punktuelle, kurzfristige Auswirkungen von einzelnen Massnahmen in einzelnen Leistungsbereichen nicht zu vermeiden. Im Sinne einer ganzheitlichen Interessenabwägung ist die Regierung aber überzeugt, dass die längerfristig negativen Auswirkungen von strukturellen Defiziten wesentlich schwerwiegender sind, als kurzfristig unerwünschte Wirkungen einzelner Entlastungsmassnahmen. Zur Frage 1: "Wurde bei den Massnahmen in Kompetenz Regierungsrat eine Nachhaltigkeitsbeurteilung vorgenommen?" Die Leistungsanalyse berücksichtigt systematisch und flächendeckend Nachhaltigkeitskriterien. Auf der Stufe der Leistungsgruppen wurden die wichtigsten Leistungen nach den Kriterien Steuerungsform, Effektivität, Effizienz, Wirtschaftlichkeit und Verursacherprinzip untersucht und beurteilt mit dem Fokus auf einen wirkungsorientierten und effizienten Ressourceneinsatz. Der effiziente und wirksame Einsatz der begrenzten Ressourcen ist eine wesentliche Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung. Ebenso ist das Verursacherprinzip ein Grundsatz der Nachhaltigkeit. Weiter wurden im Rahmen der Definition der eigentlichen Massnahmen mögliche Auswirkungen auf eine nachhaltige Entwicklung berücksichtigt. Bei allen Massnahmen wurden die Auswirkungen auf Ziele, Finanzen und Stellen sowie auf verschiedene weitere Akteure und die drei Nachhaltigkeitsdimensionen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt beurteilt. Die Ergebnisse sind in den entsprechenden Massnahmenblättern dokumentiert (vgl. Beilagen 5 und 6 der Botschaft Leistungsanalyse vom 20. August 2014 zur 2. Beratung). Die Massnahmen der Leistungsanalyse sind auf verschiedenen Ebenen angesiedelt: Gewisse Massnahmen sind der operativen Ebene zuzuordnen (Beispiel: 425-14 Zusätzliche Revisoren), während andere Massnahmen eher der strategischen Ebene angehören (Beispiel: 645-02 Reduktion Ziele Naturschutzprogramm Wald 4. Etappe). Grundsätzlich eignen sich vertiefende Nachhaltigkeitsbeur- 4. November 2014 Art.-Nr. 0641 1696 teilungen mit den heute gängigen Methoden und Instrumenten eher für Handlungen auf der strategischen Ebene. Bei operativen Massnahmen sind die Erkenntnisse aus einer vertieften Nachhaltigkeitsbeurteilung oft bescheiden. Eine flächendeckende Anwendung einer vertieften Nachhaltigkeitsbeurteilung über alle Massnahmen ist deshalb aus methodischen Gründen aber auch aus Gründen der Effizienz nicht sinnvoll. Der Aufwand würde die Erkenntnisse nicht rechtfertigen. Zur Frage 2: "Wenn nein, weshalb nicht?" Siehe Antwort zur Frage 1. Zur Frage 3: "Wenn ja, weshalb wurde diese bis heute nicht öffentlich zugänglich gemacht?" Die einzelnen Massnahmen der Leistungsanalyse werden laufend an neue Erkenntnisse und Entscheide angepasst. Die Massnahmenblätter mit Massnahmen in der Kompetenz des Grossen Rats wurden mit dem damaligen Stand im Rahmen der Botschaft Leistungsanalyse zur 1. Beratung veröffentlicht. Die Massnahmenblätter mit Massnahmen in der Kompetenz des Regierungsrats beziehungsweise der Gerichte Kanton Aargau und der Finanzkontrolle werden im Rahmen der Botschaft zur 2. Beratung der Leistungsanalyse veröffentlicht. Zur Frage 4: "Weshalb sind die Informationen zu diesen Massnahmen äusserst spärlich?" Siehe Antwort zur Frage 3. Zur Frage 5: "Veröffentlicht der Regierungsrat weitere vertiefte Abklärungen inkl. Nachhaltigkeitsbeurteilung zu diesen Massnahmen bevor der Aufgaben- und Finanzplan beraten wird? Wenn nein, weshalb nicht?" Siehe Antwort zur Frage 3. Zur Frage 6: "Wie ist angesichts der kaum vorhandenen Informationen die Aussage betreffend grösstmöglicher Transparenz zu werten? Bedeutet diese, dass der Gesamt-Regierungsrat auch nicht über mehr Informationen als Grundlage seines Entscheids verfügte, als öffentlich zugänglich ist?" Der Regierungsrat war bei seinen Beratungen zur Leistungsanalyse im Besitz der für die Beurteilung der Massnahmen notwendigen Grundlagen. Dazu gehörten auch vertiefende Analysen zu einzelnen Themen der Leistungsanalyse sowie der jeweilige Stand der ausführlichen Massnahmenblätter sowohl zu den Massnahmen in der Kompetenz des Grossen Rats wie auch zu den Massnahmen in der Kompetenz des Regierungsrats. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'192.–. Barbara Portmann-Müller, GLP, Lenzburg: Die Grünliberalen begrüssen, dass der Regierungsrat im Rahmen der 2. Beratung der Leistungsanalyse nun mehr Informationen zu den Massnahmen in der Kompetenz des Regierungsrats veröffentlicht hat. Wir lesen in der Antwort, dass bei den vorgesehenen Entlastungsmassnahmen systematisch darauf geachtet wurde, dass untragbare, längerfristige Auswirkungen in den Nachhaltigkeitsbereichen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt vermieden werden, dass aber kurzfristig negative Auswirkungen möglich seien. 4. November 2014 Art.-Nr. 0641 1697 Wir staunen darüber, dass die Kürzungen beim von der Leistungsanalyse übermässig betroffenen Bereich Umwelt dieser Nachhaltigkeitsprüfung Stand gehalten haben, ist er doch im Kern betroffen. Ein für das Gesamtbudget kleiner, aber für die Nachhaltigkeit immens wichtiger Teil wurde nach Ansicht der Grünliberalen mit Absicht – oder fast noch schlimmer unwillentlich – abgestraft, warum auch immer. Die Dimension ist enorm. Die Grünliberalen sind keine Partei, die die Welt so simpel in "Sparen ist immer richtig“ oder "kein Discount-Kanton“ aufteilen mögen. Unsere Haltung leitet sich aus Interpretation der Zahlen ab, und diese sind, wie gesagt, aussagekräftig. Wir bedauern sehr, dass der Regierungsrat trotz verschiedener Gelegenheiten weder den Mut hatte, diese Zahlen durch Beantwortung unserer Fragen zu veröffentlichen noch – und besser – rechtzeitig in dem Bereich korrigierend einzugreifen, sondern nach dem Motto "Augen zu und durch“ zu handeln scheint. Wir sind dennoch mit der Antwort teilweise zufrieden. Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Namens der Interpellantin erklärt sich Barbara Portmann-Müller von der Antwort teilweise befriedigt. Das Geschäft ist erledigt. 0642 Interpellation der FDP-Fraktion vom 25. März 2014 betreffend Anzahl Projekte, Konzepte und Arbeitsgruppen in den Departementen; Beantwortung und Erledigung (vgl. Art. 0423) Mit Datum vom 2. Juli 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet. Vorbemerkungen Projekte, Konzepte und Arbeitsgruppen werden für die Interpellationsbeantwortung wie folgt definiert: Als solche werden gegenwärtig laufende Projekte mit einem Zusatzaufwand von gesamthaft mindestens Fr. 100'000.– (oder 50 Stellenprozenten jährlich) in den Organisationseinheiten der Zentralverwaltung betrachtet. Neben dieser quantitativen Abgrenzung war ausserdem abzuwägen, ob ein Vorhaben ausreichend Projekt- oder Konzeptcharakter hat (Merkmale von Projekten: Anstoss durch Auftrag, Veränderung/Lösungsentwicklung als Ziel, einmaliger Durchlauf, definiertes Ende, zeitliche, finanzielle, personelle oder andere Begrenzung, projektspezifische Organisation). Bauprojekte (insbesondere der Immobilien Aargau, der Abteilung Tiefbau, der Abteilung Landschaft und Gewässer und der Abteilung Verkehr inklusive den damit verbundenen Vorbereitungsaufwand) wurden nicht berücksichtigt; dasselbe gilt für Projekte, die über den Swisslos-Fonds finanziert werden. Eine eindeutige Unterscheidung zwischen Projekten und Konzepten ist nicht möglich, da ein Konzept immer Bestandteil eines Projekts ist und grössere Konzepte ein Projekt darstellen. Detailinformationen lassen sich der als Beilage vorliegenden Übersicht "Projekte und Konzepte der Kantonalen Verwaltung" entnehmen. Referenzgrösse bildet grundsätzlich der Aufgaben- und Finanzplan (AFP) 2014–2017. Zur Frage 1: "Welche kleinen und grossen Projekte laufen aktuell in den fünf Departementen?" Die Zahlen stellen sich pro Departement und Staatskanzlei wie folgt dar: Staatskanzlei 6 Departement Volkswirtschaft und Inneres 12 Departement Bildung, Kultur und Sport 26 Departement Finanzen und Ressourcen 26 Departement Gesundheit und Soziales 15 4. November 2014 Art.-Nr. 0642 1698 Departement Bau, Verkehr und Umwelt 15 Zur Frage 2: "Welche Konzepte werden zurzeit erarbeitet?" Unter den Projektbegriff fallen gemäss den Ausführungen unter den Vorbemerkungen auch Konzepte. Ihre Zahl lässt sich demgemäss nicht gesondert ausweisen. Zur Frage 3: "Wie ist die zeitliche Planung dieser Konzepte? Wie lange laufen sie schon, wann sollen sie abgeschlossen sein?" Detaillierte Angaben können der Übersicht in der Beilage entnommen werden (vgl. Spalten 4 und 5). Zur Frage 4: "Wie viele Stellenprozente werden für die Projekte, wie viele für die Erarbeitung der Konzepte eingesetzt?" Die Übersicht in der Beilage zeigt in Spalte 6 die eingesetzten Stellenprozente 2013 und 2014 auf. 2014 werden pro Departement und Staatskanzlei summiert folgende Personalressourcen benötigt: Staatskanzlei 130 % Departement Volkswirtschaft und Inneres 2'730 % Departement Bildung, Kultur und Sport 1'360 % Departement Finanzen und Ressourcen 2'705 % Departement Gesundheit und Soziales 1'090 % Departement Bau, Verkehr und Umwelt 440 % Zur Frage 5: "Welche Kosten entstehen und sind budgetiert sowohl für die Entwicklung der Projekte als auch für die Entwicklung der Konzepte (aktueller Stand, und budgetierte Gesamtkosten)? Sind bereits Folgekosten für die Umsetzung der Projekte und Konzepte absehbar resp. in den Planjahren eingestellt?" Die Übersicht in der Beilage zeigt in den Spalten 7–9 den Aufwand 2013, die in den AFP-Jahren 2014–2017 notwendigen finanziellen Ressourcen und ob in den Jahren ab 2018 Folgeaufwände entstehen werden. Bezogen auf das laufende Budget 2014 können die Aufwände pro Departement und Staatskanzlei wie folgt totalisiert werden (auf Fr. 10'000.– gerundet): Staatskanzlei Fr. 1'350'000.– Departement Volkswirtschaft und Inneres Fr. 12'700'000.– Departement Bildung, Kultur und Sport Fr. 8'100'000.– Departement Finanzen und Ressourcen Fr. 13'560'000.– Departement Gesundheit und Soziales Fr. 2'570'000-– Departement Bau, Verkehr und Umwelt Fr. 2'600'000.– 4. November 2014 Art.-Nr. 0642 1699 Zur Frage 6: "Wo und wie werden diese Projekte im AFP aufgeführt, wie erfolgt die Steuerung und wo sind die notwendigen Ressourcen vorgesehen?" Für den Ausweis der Projekte im Aufgaben- und Finanzplan gelten die Grundsätze des Gesetzes über die wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und Finanzen (GAF; SAR 612.300). Die Steuerung erfolgt bei aufgabenbereichsrelevanten Projekten sachlich über den jeweiligen Entwicklungsschwerpunkt und/oder finanziell über die finanziellen Steuergrössen im Globalbudget beziehungsweise in der Investitionsrechnung im jeweiligen Aufgabenbereich (vgl. hierzu Spalte 10 der Übersicht in der Beilage). Detailliertere Zahlen zu Krediten insbesondere in der Kompetenz des Grossen Rats finden sich in den jeweilige Botschaften und den Aufgabenbereichs- und Leistungsgruppenplänen. Diese können über das Management-Informations-System (MIS) des Grossen Rats eingesehen werden. Zur Frage 7: "Auf welche Projekte/Konzepte könnte im Sinne einer Priorisierung und konsequenten Fortführung der Leistungsanalyse in den Planjahren am ehesten verzichtet werden bzw. bei welchen Projekten/ Konzepten hätte ein Verzicht/Abbruch keine oder nur geringe negative Auswirkungen?" Grundsätzlich ist ein Abbruch oder Verzicht bei den meisten Projekten und Konzepten nicht sinnvoll, da bereits Aufwendungen getätigt wurden, welche verloren gehen würden (und die Projekte teilweise kurz vor dem Abschluss stehen). Ein allfälliger Verzicht, eine Redimensionierung oder eine Aufschiebung muss deshalb in erster Linie bei der Auftragserteilung in Betracht gezogen werden. Die Übersicht in der Beilage zeigt in Spalte 11 die Auswirkungen eines Verzichts pro Projekt auf. Nachstehend werden zudem jene Projekte pro Departement und Staatskanzlei aufgelistet, die im Rahmen der Leistungsanalyse beziehungsweise aufgrund der allgemeinen finanziellen Restriktionen bereits aufgegeben oder eingeschränkt worden sind beziehungsweise auf die verzichtet wird: Staatskanzlei Projekt Chancen- und Risikomanagement (CHARM) Zentrale Koordination der Wirkungsprüfung Departement Volkswirtschaft und Inneres Ersatz Interaktives Schiesskino der Kantonspolizei Ersatz Gegensprechanlage der Kantonspolizei Mobile Rapportierung Computerunterstützte Fahrzeugprüfungen (CUFA) Ablösung Software Elektronisches Archiv Erneuerung und Erweiterung Geschäftskontrolle (GIGA+) Kataster der öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen (ÖREB) Elektronische Führung der Strafverfahrensakten Departement Bildung, Kultur und Sport Neuorganisation Instrumentalunterricht Volksschule Optimierung Führungsstrukturen Volksschule Einführung Deutschschweizer Lehrplan im Kanton Aargau (Verschiebung Lehrplan 21) Einführung Französischunterricht in der 5. Klasse der 4. November 2014 Art.-Nr. 0642 1700 Primarschule (Verschiebung zusammen mit Lehrplan 21) Verstetigung Erhöhung Kantonsbeitrag an Kosten von eidgenössischen Prüfungen (von Fr. 750.– auf Fr. 2'000.–) Departement Finanzen und Ressourcen Umsetzung des Geo-Informationsgesetzes (GeolG) und des Kantonalen GeolG Ablösung der Informatiksysteme für die Veranlagung natürlicher Personen und für die Grundstückschätzungen Ausbau der E-Government-Plattform Erneuerung des Intranets Einführung einer elektronischen Datenablage Umsetzung der Network Security Policy Departement Gesundheit und Soziales Fachstelle Bienensicherheit Umsetzung Neobiota-Strategie Departement Bau, Verkehr und Umwelt Ersatzbeschaffung Oelwehrfahrzeuge Diverse Förderprogramme Energie Ersatzbeschaffung Forstfahrzeug Naturschutzprogramm Wald; 4. Etappe Zur Frage 8: "Welche externen Stellen werden für Projekte, Konzepte und Arbeitsgruppen beigezogen? Wie hoch belaufen sich die entsprechenden direkten Kosten und indirekten Kosten (Bspw. 140 Experten aus dem Gesundheitswesen des ganzen Kantons diskutieren einen halben Tag lang einige Thesen in Aarau)?" Externe Stellen sind in den meisten Fällen Bestandteile von externen Aufträgen und werden nicht separat vom Projektaufwand erfasst. Es liegt jeweils in der Kompetenz des Auftragnehmers, wie viel Stellenprozente er für eine zu erbringende Leistung an den Kanton einsetzt. Insofern können die externen Stellen in der Übersicht nicht separat aufgeführt werden. Indirekte Kosten werden in der Übersicht nicht ausgewiesen, da unmöglich oder nicht mit vernünftigem Aufwand erhoben werden konnte, wie hoch diese sind. Zudem ist der Begriff "indirekte Kosten" nicht genau definierbar. Zur Frage 9: "Die FDP-Fraktion möchte ab 2015 zusätzliche 50 Stellen in der Kernverwaltung einsparen. Wie viele Stellen kann und will der Regierungsrat pro Departement in welchen Konzepten und Projekten einsparen?" Im Rahmen der Leistungsanalyse wurde systematisch und flächendeckend geprüft, ob und wo Einsparungen bei Leistungen auf Ebene der Leistungsgruppen vorgenommen werden können. Die Leistungsanalyse umfasst deshalb auch eine Prüfung der mit den Leistungen verbundenen Konzepte und Projekte und schlägt verschiedene Massnahmen in diesem Bereich vor. Die Massnahmen der Leistungsanalyse haben somit insgesamt auch Auswirkungen auf die Stellen. Gegenüber dem AFP 2014–2017 werden durch die Leistungsanalyse 7 ordentliche Stellen und rund 14 Projektstellen beim Verwaltungspersonal eingespart. Weiter werden geplante Stellenerhöhungen nicht realisiert. Der Regierungsrat misst der Stellenentwicklung aber auch weiterhin eine grosse Bedeutung zu. Er hat bereits im AFP 2014–2017 eine generelle Plafonierung der ordentlichen Stellen umgesetzt und für das Budget 2015 ebenfalls eine generelle Plafonierung der ordentlichen Stellen gemäss Stellenplan 2014 beschlossen. Zudem prüft der Regierungsrat vor dem Hintergrund der weiterhin 4. November 2014 Art.-Nr. 0642 1701 angespannten Finanzlage des Kantons weitere Anstrengungen in diesem Bereich. Projektstellen werden nach Abschluss der Projekte konsequent abgebaut. In der Antwort zur Frage 7 wird dargelegt, dass der Regierungsrat im Rahmen der Leistungsanalyse bereits auf Projekte verzichtet. Zudem gilt, dass Projekte vielfach dazu führen, dass bestehende und neue Aufgaben effizienter, mit weniger Personalaufwand, erfüllt werden können. Dies zeigt sich beispielsweise augenfällig am Projekt GRUNAG (Informatisiertes Grundbuch im Kanton Aargau), mit dem 12 Stellen abgebaut werden können. Ein Verzicht auf weit fortgeschrittene Projekte und Konzepte ist wenig sinnvoll, weshalb der Fokus eher auf Projekte und Konzepte in Planung gelegt wird. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 15'795.–. Dr. Lukas Pfisterer, FDP, Aarau: Im Namen der FDP-Fraktion danke ich dem Regierungsrat für die Beantwortung. Wir stellen fest, dass der Regierungsrat diese Interpellation schnell beantwortet hat, und damit sind wir zufrieden. Die Antwort gibt eine Übersicht über die bestehenden Projekte und Konzepte. Und Sie alle haben anhand der umfangreichen A3-Tabellen gesehen, dass es sehr viele Konzepte und Projekte gibt. Dazu mache ich drei Bemerkungen: Erstens zum Begriff der Projekte und Konzepte: Entscheidend war der Begriff dieser Projekte und Konzepte. Der Regierungsrat hat diese bei 100'000 Franken beziehungsweise bei 50 Stellenprozenten jährlich angesetzt. Das war in der Interpellation so nicht enthalten. Wir hatten nach kleinen und nach grossen Projekten gefragt. Wir vermuten deshalb, dass es noch sehr viele kleine Projekte unterhalb der vom Regierungsrat festgelegten Schwelle gibt. Bekanntlich macht auch Kleinvieh Mist, oder – anders gesagt – benötigt Ressourcen. Insofern ist die Antwort des Regierungsrats teilweise unvollständig. Zweitens zu den Antworten: Sie konnten es nachlesen. Der Umfang dieser aufgezeigten Konzepte und Projekte beträgt knapp 41 Millionen Franken oder 85,5 Stellen. Das ist eine erhebliche Anzahl. Dabei sind die externen Kosten und Stellen nicht enthalten, denn diese sind vom Regierungsrat nicht erhoben worden. Wir stellen deshalb fest, dass keine Übersicht über die Vollkosten besteht und der Regierungsrat sie nicht kennt. In Zeiten der Leistungsanalyse sind wir hierüber einigermassen erstaunt. Drittens zur Liste: Der Regierungsrat führt aus, dass er auf einige Projekte aus Kostengründen verzichtet hat. Das stimmt sicher und wird hier auch anerkannt. Jedoch sind die von ihm dazu aufgeführten Projekte und Konzepte nicht immer gut gewählt. Ich nenne Beispiele: Im Departement Bildung, Kultur und Sport die Neuorganisation des Instrumentalunterrichts oder die Optimierung der Führungsstrukturen der Volksschule oder die Einführung des Lehrplans 21. Das sind keine eigentlichen Verzichte aus finanziellen Gründen, sondern Verzichte, die aus politischen Gründen erfolgten, weil dem Regierungsrat hier Gegenwind entstand und er deshalb "zurückkrebste". Auch die Aussage in der Liste betreffend Folgekosten ist nicht immer verständlich oder erfolgt einseitig, zum Beispiel die Pforte Arbeitsmarkt. Sie erinnern sich, dass wir hier kürzlich über Geld gesprochen haben. Der Regierungsrat möchte die Pforte Arbeitsmarkt verstetigen und auf den ganzen Kanton ausweiten. Gemäss Liste sollen jedoch keine Folgekosten entstehen. Wir werden den Regierungsrat dann gerne daran erinnern. Fazit: Die Antwort des Regierungsrats ist rasch erfolgt und gibt eine erste gute Übersicht. Aber sie hat auch die Befürchtung aufgezeigt, dass viele Konzepte und Projekte am Laufen sind. Viele kleine Projekte wurden nicht erwähnt. Dem Regierungsrat fehlt offensichtlich eine gewisse Gesamtschau. Wir stellen hier infrage, wie er so den Verfassungsauftrag erfüllen will, wonach die Aufgaben und Ausgaben laufend auf ihre Notwendigkeit zu überprüfen sind. In diesem Sinne ist die FDP-Fraktion teilweise zufrieden. Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Namens der Interpellantin erklärt sich Lukas Pfisterer von der Antwort teilweise befriedigt. Das Geschäft ist erledigt. 4. November 2014 Art.-Nr. 0642 1702 0643 Motion Theres Lepori, CVP, Berikon, vom 7. Januar 2014 betreffend Erweiterung des Steuerabzuges für pflegende Angehörige, welche nicht im gemeinsamen Haushalt leben; Umwandlung in ein Postulat; Überweisung an den Regierungsrat (vgl. Art. 0326) Mit Datum vom 14. Mai 2014 beantragt der Regierungsrat, die Motion mit folgender Begründung abzulehnen: Der Regierungsrat geht mit den Motionären einig, was die gesellschaftliche Bedeutung der Betreuung von pflegebedürftigen Eltern durch Angehörige angeht. Unsere Gesellschaft ist in zunehmendem Mass auf Personen angewiesen, welche die professionelle Pflege zu Hause entlasten beziehungsweise erst ermöglichen. Damit kann der Eintritt in stationäre Langzeiteinrichtungen hinausgezögert oder gar ganz verhindert werden. Dies ist nicht nur aus finanziellen Überlegungen, sondern auch im Kontext des sich abzeichnenden Fachkräftemangels wesentlich. Darüber hinaus anerkennt der Regierungsrat die Leistungen von pflegenden Angehörigen als wichtigen Beitrag zur Solidarität in unserer Gesellschaft und zur Lebensqualität im Alter. Entsprechend sind pflegende Angehörige Bestandteil der Strategie "ambulant vor stationär" (Verankerung in Strategie 17 der Gesundheitspolitischen Gesamtplanung [GGpl]) und der Sozialplanung. Zudem ist ihre Bedeutung im Leitsatz 11 der Aargauer Alterspolitik verankert: "Im Kanton Aargau sind pflegende Angehörige anerkannt und unterstützt." Allerdings soll die Anerkennung und Unterstützung aus den in Kapitel 2 aufgeführten Gründen nicht über das Steuerrecht erfolgen. Deshalb lehnt der Regierungsrat die Motion ab. 1. Ausgangslage 1.1 Bisherige parlamentarische Vorstösse Eine Anpassung des Steuergesetzes, wie sie von den Motionären angeregt wird, wurde bereits in einigen parlamentarischen Vorstössen gefordert. Ende 2002 strebte die Fraktion der Grünen eine Änderung des Steuergesetzes mit Blick auf freiwillig geleistete Arbeit in Rahmen von Institutionen an. Die Motion und somit die Möglichkeit eines solchen Abzugs wurde vom Regierungsrat abgelehnt, da dies im Widerspruch zum geltenden Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) vom 14. Dezember 1990 steht. Aus demselben Grund wurde die von der SP-Fraktion Ende 2004 eingereichte Motion betreffend gesetzlichen Steuerabzug für Freiwilligenarbeit vom Regierungsrat abgelehnt. Im Postulat vom 4. Mai 2010 forderte Urs Leuenberger – mit Blick auf mögliche Anreizsysteme im Gesundheitswesen – ebenfalls eine Änderung des Steuergesetzes. Damit eine Pflege durch Angehörige nicht aus finanziellen Gründen verhindert wird, sollte die Möglichkeit von finanziellen Abgeltungen oder Steuerabzüge eingeführt werden. Die Pflege sollte nach wie vor auf freiwilliger Basis erfolgen, doch sollten die negativen finanziellen Folgen für Angehörige abgefedert werden können. Nach wiederholter Prüfung wurde auch dieses Postulat abgelehnt. Die Möglichkeit des Steuerabzugs widerspricht dem übergeordneten Bundesrecht. Ebenso wird festgehalten, dass die Einführung eines neuen Steuerabzugs dem allgemeinen Besteuerungssystem nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit widersprechen und das Steuerrecht sowie dessen Vollzug verkomplizieren würde. 1.2 Entwicklungen auf nationaler Ebene Auf nationaler Ebene wurde ebenfalls eine Reihe von parlamentarischen Initiativen im Zusammenhang mit pflegenden Angehörigen ergriffen. Nationalrat Rudolf Joder forderte beispielsweise im Jahr 2012, dass Eltern, welche ihre schwerkranken oder schwerbehinderten Kinder zu Hause pflegen, bessere Unterstützung erhalten (12.470). Im selben Jahr brachte Jean-François Steiert ein, dass die Pauschalentschädigung für die Hilfe und Pflege zu Hause von den Steuern befreit werden soll (12.453). Ebenso in den Räten beziehungsweise im Eidgenössischen Departement des Inneren (EDI) aufgenommen wurden die (11.412 und 11.411) parlamentarischen Initiativen Lucrezia Meier- 4. November 2014 Art.-Nr. 0643 1703 Schatz. Einerseits soll die gesetzliche Grundlage erarbeitet werden, um pflegenden Angehörigen eine Auszeit zu ermöglichen. Andererseits sollen pflegende Angehörige eine Betreuungszulage erhalten. Zur Beantwortung der beiden letztgenannten Initiativen hat das EDI ein Projekt lanciert. Ergebnisse und konkrete Massnahmen zur Verbesserung der Situation in der Pflege durch Angehörige und zur Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und der Angehörigenpflege werden voraussichtlich Ende 2014 vorliegen. Nebst den parlamentarischen Initiativen werden im Rahmen von Projekten praktische Erfahrungen gesammelt. Beim Projekt "Family Care Plus" der Stiftung Careum wird beispielsweise die Anstellung von pflegenden und betreuenden Angehörigen durch die Spitex untersucht. 2. Steuerabzug für pflegende Angehörige: steuerrechtliche Überlegungen Der Betreuungsabzug ist heute in § 42 Abs. 1 lit. d des Steuergesetzes (StG) und in § 28 der Verordnung zum Steuergesetz (StGV) geregelt. In den letzten Jahren wurde der Betreuungsabzug im Kanton Aargau jeweils in rund 1'100 Fällen geltend gemacht, wobei die Tendenz leicht steigend war. Voraussetzungen für die Gewährung dieses Sozialabzugs sind, dass die pflegebedürftige Person im gemeinsamen Haushalt betreut wird, diese Person eine Hilflosenentschädigung der AHV oder IV bezieht und dass die Steuerpflichtigen nicht nach den ortsüblichen Ansätzen für Hauspflegepersonal entschädigt werden. Beschlossen wurde dieser Abzug bei der Totalrevision 1998. Ein weitergehender Betreuungsabzug lehnte die vorberatende Kommission zur 2. Lesung ab, primär aufgrund der damit zu erwartenden Schwierigkeiten im Vollzug. Mit der Voraussetzung "im gemeinsamen Haushalt" wurde für die Gewährung dieses Sozialabzugs ein griffiges Kriterium festgelegt. Griffig ist dieses Kriterium zum einen, weil es klar vorgibt, in welchen Fällen ein Betreuungsabzug gewährt werden kann und in welchen nicht. Für vereinzelte Grenzfälle, bei denen die betagten Eltern beispielsweise im Stöckli wohnen, wurde den Steuerbehörden ein Ermessenspielraum eingeräumt. Griffig ist das Kriterium zum andern auch, da es für die Gemeindesteuerämter in der Regel ohne grösseren Aufwand feststellbar ist, ob die Voraussetzung "Betreuung im gemeinsamen Haushalt" erfüllt ist. Da zudem der gemeinsame Haushalt für sich allein bereits als ausrechend starkes Indiz für die Betreuung betrachtet wird, müssen die Gemeindesteuerämter nicht zusätzlich überprüfen, ob eine effektive Betreuung auch tatsächlich stattfindet. Ohne die Voraussetzung "im gemeinsamen Haushalt" ergäbe sich für den Gesetzgeber ein grosser Regelungsbedarf. Zu definieren wäre, in welcher Art und Weise die Betreuung zu erfolgen hat und welches die zeitlichen Anforderungen sind, damit es für die Geltendmachung eines Betreuungsabzugs genügt. Auch wäre festzulegen, ob in Fällen, in denen mehrere Personen für die Betreuung aufkommen, nur die hauptbetreuende Person oder alle Beteiligten einen Abzug geltend machen können. Falls mehrere Personen den Abzug geltend machen können, wäre zu bestimmen, ob jeweils alle Beteiligten den ganzen Abzug oder nur einen Anteil davon zu Gut haben. Welcher Personenkreis für den Abzug grundsätzlich infrage kommt, wäre ebenfalls festzulegen. Dabei wäre eine Beschränkung auf Angehörige, wie es aus der Motion herausinterpretiert werden kann, gegenüber dem heutigen Betreuungsabzug teilweise ein Rückschritt, da die geltende Regelung diesbezüglich keine Einschränkung kennt. Sind die oben genannten gesetzgeberischen Fragen schon anspruchsvoll, so würde der Vollzug eines erweiterten Betreuungsabzugs noch ungleich grössere Probleme mit sich bringen. Die Gemeindesteuerämter müssten einen grossen Aufwand betreiben, wenn sie dabei der gebotenen Untersuchungspflicht nachkommen wollten. In vielen Fällen wäre es nicht nur aufwendig, sondern vor allem auch schwierig festzustellen, ob und durch wen eine Betreuung in welchem Ausmass tatsächlich stattfindet. Insbesondere in Fällen, in denen eine pflegebedürftige Person durch mehrere Verwandte betreut würde, könnte sich (je nach Regelung) die Aufteilung eines Abzugs beziehungsweise die Feststellung, wer am meisten betreut, oftmals als schwierig erweisen. Dabei ist davon auszugehen, dass sich die verschiedenen Verwandten oder allenfalls auch die hilfsbereiten Nachbarn bezüglich ihres Anteils an der Betreuung nicht immer einig wären. Gemäss Kenntnisstand des Kantonalen Steueramts gewährt neben dem Kanton Aargau nur noch der Kanton Basel-Landschaft einen Betreuungsabzug für die Betreuung von pflegebedürftigen 4. November 2014 Art.-Nr. 0643 1704 Personen. Der gemeinsame Haushalt ist auch hier eine Voraussetzung dafür. Im StHG ist dieser Abzug nicht vorgesehen, da Steuerabzüge grundsätzlich nur bei geldmässiger Belastung vorgesehen sind, jedoch nicht aufgrund von persönlichem Arbeitseinsatz. (Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leis-tungsfähigkeit). Der bestehende § 42 Abs. 1 lit. d stellt insofern eine Ausnahme dar, die auch aus diesem Grund nicht noch ausgebaut werden sollte. Der mit der vorgeschlagenen Erweiterung des Betreuungsabzugs verbundene Mehraufwand der Behörden für Abklärungen und Administration sowie die erhöhten Deklarationsanforderungen für die betreffenden Steuerpflichtigen stehen somit auch im Gegensatz zur ständigen Forderung von Politik und Steuerpflichtigen nach Vereinfachung des Steuerwesens. 3. Strategien und Vorhaben im Kanton Aargau Auch wenn die Anerkennung und Unterstützung von pflegenden Angehörigen aufgrund dieser Überlegungen nicht über das Steuerrecht erfolgen kann, fallen unterstützenden Massnahmen im Rahmen der Strategie "ambulant vor stationär" (Verankerung in Strategie 17 der GGpl) und der Sozialplanung sowie mit Blick auf die Umsetzung des eingangs zitierten Leitsatzes eine wichtige Bedeutung zu. Beispielsweise werden von der Fachstelle Alter regionale Informationsveranstaltungen in Zusammenarbeit mit relevanten Organisationen durchgeführt, damit sich pflegende Angehörige niederschwellig über (Entlastungs-)Angebote und Unterstützungsmöglichkeiten informieren können. Ergänzend dazu soll das im Rahmen der Sozialplanung vorgesehene Projekt "work & care" Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Behörden zum Thema Berufstätigkeit und Angehörigenpflege sensibilisieren. Des Weiteren werden die Entwicklungen auf nationaler Ebene aktiv verfolgt und gegebenenfalls weitere Aktivitäten im Rahmen der erwähnten Strategien lanciert. Dem Regierungsrat ist bewusst, dass die demografische Entwicklung die Leistungen und Dienste der Angehörigen beansprucht und weiter fordern wird. Entsprechend setzt er sich im Rahmen der genannten Strategien und unter Einbezug von Organisationen und Gemeinden für diese wichtige gesellschaftliche Ressource ein. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'635.–. Theres Lepori, CVP, Berikon: Zu eng gefasst ist meines Erachtens der Betreuungsabzug zugunsten pflegender Angehöriger in § 42 Abs. 1 lit. d des Steuergesetzes; in einer Zeit, in welcher wir wissen, dass Pflegebetroffene, aber auch wir als Gesellschaft und Staat, auf jegliche Unterstützung, die privat von pflegenden Angehörigen geleistet wird, angewiesen sind. Anerkennende Worte tun gut, Taten sollten aber auch folgen. In den zurückliegenden 16 Jahren, seit dem Bestehen dieses Paragrafen, haben sich die hier tragenden gesellschaftlichen Faktoren erheblich verändert. Demographie, Individualismus, lose Familienstrukturen, Mobilität; um nur einige wenige Faktoren im Zusammenhang mit den zu pflegenden und betreuenden Personen zu nennen. Die Auflistung in der regierungsrätlichen Antwort zu grossrätlichen Vorstössen im kantonalen wie auch nationalen Parlament zu diesem Themenkreis zeigt deutlich das wachsende Bedürfnis nach Veränderung in Bezug auf die Wertschätzung pflegender Angehöriger. So bin auch ich als Stiftungsratsmitglied im Careum Zürich gespannt auf die Auswertung des diesbezüglichen nationalen Projekts "Family Care Plus". Die Gesellschaft, die Wirtschaft, aber auch der Staat auf kantonaler Ebene, sollten ihren Part übernehmen und entsprechende Beschlüsse fassen. Ich anerkenne die aufgeführten Schwierigkeiten beim Vollzug meiner Forderung. Ich erachte sie aber als marginal. "Wo ein Wille, da ein Weg!" Dies gilt auch hier. So könnte zum Beispiel der Arzt oder die pflegebedürftige Person in einem Schreiben deklarieren, wer als Angehöriger die Hauptarbeit leistet und daher abzugsberechtigt ist. Die Hilfsbedürftigkeit ist durch die AHV/IV (Altersund Hinterlassenenversicherung / Invalidenversicherung) bereits ausgewiesen. Eine Vereinfachung und Harmonisierung der direkten Steuern wird seit 30 Jahren gefordert. Es gäbe wirkungsvollere und umfassendere Möglichkeiten, als gerade hier ein Exempel zu statuieren. Mein Fazit: So schön, so wohltuend anerkennende Worte für pflegende Angehörige sind; sie genügen zum heutigen Zeitpunkt nicht mehr. 4. November 2014 Art.-Nr. 0643 1705 "Ambulant vor stationär" als Strategie oder, eher gesagt, als Forderung und der Hinweis "arrangezvous" gelten nicht! Dieser sinnvolle, wirtschaftliche und von der Wirksamkeit her hervorragende Paradigmenwechsel muss von allen gestützt werden. Es ist nicht einzig das Problem unserer Gesundheitsdirektorin, weil die Strategie in der gesundheitspolitischen Gesamtplanung aufgeführt ist, nein! Es steht als interdisziplinäre Aufgabe in der Verantwortung aller Regierungsräte, um weitere Ressourcen gegen den Pflegemangel aktivieren zu können. Der Steuerabzug für pflegende Angehörige könnte einen kleinen, weiteren Beitrag dazu leisten. Weiter ist das Bildungsdepartement aufgefordert, sich verstärkt zu engagieren, damit endlich die nötigen Ausbildungsstrukturen in den Schulen zur Sicherung des Nachwuchses in adäquater Qualität und adäquatem Umfang realisiert werden. Ich nenne als Stichworte HFGS (Höhere Fachschule Gesundheit und Soziales) und BFGS (Berufsfachschule Gesundheit und Soziales). Das Problem des manifesten Personalmangels im Gesundheitswesen betrifft uns alle; tragen wir daher Sorge zu pflegenden Angehörigen! Ich beantrage die Umwandlung meiner Motion betreffend Erweiterung des Steuerabzugs für pflegende Angehörige, welche nicht im gemeinsamen Haushalt leben, in ein Postulat, und bitte um Entgegennahme durch den Regierungsrat und die Unterstützung des Grossen Rats. Der Abzug ist vertretbar, weil er auf 3'000 Franken pro Jahr limitiert ist. Besten Dank. Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Die Motionärin hat die Motion in ein Postulat umgewandelt. Dr. Jürg Knuchel, SP, Aarau: Lassen Sie mich gleich zu Beginn festhalten: Die SP-Fraktion lehnt die vorliegende Motion auch in der Form eines Postulats grossmehrheitlich ab. Wir teilen mit der Motionärin zwar die Wertschätzung der Freiwilligenarbeit bei der Pflege betagter und hilfsbedürftiger Menschen. Diese Freiwilligenarbeit, welche häufig von den nächsten Angehörigen geleistet wird, ist eine wertvolle Unterstützung der professionellen spitalexternen Krankenpflege. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an unsere Pflegeinitiative, welche pflegebedürftige Menschen vor einer übermässigen Kostenbeteiligung bei der ambulanten Pflege schützen, also die ambulante Pflege unterstützen wollte, auch gemäss dem Grundsatz "ambulant vor stationär". Es ist eigenartig, dass die Motionärin diese Stossrichtung damals nicht unterstützen mochte. Wo liegt der Unterschied? Im Gegensatz zur Pflegeinitiative geht es bei der vorliegenden Motion respektive dem Postulat nicht um die materielle Unterstützung von pflegebedürftigen, häufig in bescheidenen Verhältnissen lebenden Menschen, sondern es geht um einen reinen Steuerabzug zugunsten der Angehörigen. Dieser sogenannte Betreuungsabzug ist im kantonalen Steuergesetz zwar vorgesehen, er ist aber auch ganz klar definiert und kann nur dann geltend gemacht werden, wenn die pflegebedürftigen Personen eine Hilflosenentschädigung beziehen. Das heisst, sie müssen bei alltäglichen Verrichtungen, namentlich beim An- und Auskleiden, beim Aufstehen und Absitzen, beim Abliegen, beim Essen, bei der Körperpflege etc. regelmässig auf Hilfe angewiesen sein. Nur dann ist dieser Abzug zulässig. Eine solche Hilfe kann nur dann – wie es vom Gesetzgeber zu Recht verlangt wird – glaubwürdig geltend gemacht werden, wenn jemand tatsächlich im gleichen Haushalt lebt. Solche alltäglichen Hilfeleistungen kann man nicht einzelsprungweise oder "à distance" leisten. Das ist unmöglich. Das heisst, die Forderung, die hier gestellt wird, käme einer ungerechtfertigten und kaum kontrollierbaren Ausweitung dieser Steuererleichterung gleich. Eine solche Steuererleichterung, von welcher in erster Linie Besserverdienende profitieren würden, ist nicht opportun, schon gar nicht in einer Zeit, in der von gleicher Seite gleichzeitig schmerzhafte Sparpakete geschnürt werden. Wir bitten Sie deshalb, dieser Motion und auch dem Postulat nicht zur Überweisung zu verhelfen. Clemens Hochreuter, SVP, Aarau: Die Motionärin hat in ihrem Vorstoss ein wichtiges Thema aufgegriffen. Die Thematik der Pflege im Alter wird in den kommenden Jahren weiter an Wichtigkeit gewinnen. Die Demografie lässt sich nicht aufhalten. Viele ältere Personen wollen solange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben und nicht in ein Pflegeheim gehen – oder erst später, wenn sie es denn müssen. 4. November 2014 Art.-Nr. 0643 1706 Mit der Stossrichtung im Postulat wird die Freiwilligenarbeit gestärkt und anerkannt. Angehörige, welche die häufig anstrengende Pflege auf sich nehmen, erhalten auf diese Weise eine Entlastung und auch Anerkennung. Bereits heute gibt es in § 42 Steuergesetz die Möglichkeit eines Betreuungsabzugs, wobei vorausgesetzt wird, dass die pflegenden Angehörigen im gleichen Haushalt wohnen. Hand aufs Herz, in der heutigen Zeit ist dies eine unnötige und nicht mehr angebrachte Einschränkung und eigentliche Ungleichbehandlung der pflegenden Angehörigen. Die Thematik ist wichtig, weshalb den hehren Absichten in der Alterspolitik im Kanton Aargau nun auch Taten folgen sollen. Sonst bleibt der Leitsatz Nr. 11 inhaltlos, der da lautet: "Im Kanton Aargau sind pflegende Angehörige anerkannt und unterstützt." Auch die in der regierungsrätlichen Antwort stehenden Massnahmen unter Kapitel 3 (Strategien und Vorhaben im Kanton Aargau) sind sehr vage. Der Vorstoss unterstützt zudem die kantonale Strategie "ambulant vor stationär". Die Ermöglichung eines längeren Aufenthalts zu Hause kommt günstiger, als der frühzeitige Eintritt in ein Pflegeheim und macht mit Sicherheit die Steuerausfälle mehr als wett. Zusätzlich entlastet es die Gemeinden, die bekanntlich die zuständige Staatsstufe bei der Pflegefinanzierung sind. Der Vorschlag des vorliegenden Postulats ist prüfenswert. In diesem Sinne unterstützen wir den Vorstoss in der Form eines Postulats. Die Erweiterung des Steuerabzugs auf pflegende Angehörige, welche nicht im gemeinsamen Haushalt wohnen, macht gesellschaftspolitisch, volkswirtschaftlich und auch aus Sicht der Gemeinden Sinn. Wir begrüssen die Umwandlung des Vorstosses in ein Postulat, da es trotz aller Sympathie für die Sache einige Punkte gibt, die genauer geklärt werden müssen. Dazu gehören die konkrete Umsetzung im Steuergesetz, ein möglichst unbürokratischer Vollzug dieser Massnahme durch die Steuerämter sowie die Sicherstellung, dass kein Bundesgesetz verletzt wird. Renata Siegrist-Bachmann, GLP, Zofingen: Für einmal sind wir einig mit der SVP. Wir legen auch die Hand aufs Herz. Wer von uns lebt denn noch mit seinen Eltern im selben Haushalt? Trotzdem kann es vorkommen, dass pflegebedürftige Menschen der älteren Generation auf die Hilfe ihrer Kinder angewiesen sind, um möglichst lange in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben zu können. Die Thematik ist uns allen hinlänglich bekannt. Als Hauptargument wird bei der Ablehnung der Motion auf die mangelnde Praktikabilität bei der Umsetzung des Steuerabzugs hingewiesen. Unseres Erachtens hat dies aber vor allem mit der Formulierung "im selben Haushalt lebend“ zu tun. Es kann ja jemand im selben Haushalt leben und trotzdem ausser Haus ein Vollzeitpensum bewältigen. Diese Person würde dann jedoch finanziell entlastet werden, obwohl eine Hilfe fast nicht möglich ist. Umgekehrt ist es zum Beispiel bei einer Tochter oder einem Sohn, die zwar im gleichen Haus, aber in einer anderen Wohnung leben oder etwas weiter weg in der Nachbarschaft wohnen und regelmässig ihre Eltern pflegen. Sie müssen ihr Arbeitspensum dafür reduzieren und Wegkosten in Kauf nehmen. Sie haben einen Einkommensverlust und Wegkosten und werden steuerlich nicht entlastet. Beide leisten aber den gleichen Dienst an der Gesellschaft und tragen damit zur Entlastung bei den Gesundheitskosten bei. Vielleicht ist es richtig, dass die Entlastung über den Steuerabzug tatsächlich nicht die praktikabelste Lösung ist. Vielleicht gäbe es andere Anreize. Es ist aber eine Möglichkeit, die Pflege möglichst innerfamiliär zu gewährleisten und dafür einen Anreiz zu schaffen. Vielleicht wäre es in Anbetracht des oft erwähnten Grundsatzes "ambulant vor stationär“ der richtige Moment, um über ein allfällig neues Bonussystem nachzudenken. Wir hegen die Hoffnung, dass der Kanton Aargau in dieser Angelegenheit abermals findig ist und vielleicht auch den Mut hat, wiederum eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Es wäre spannend, ein zeitgemässes, den heutigen Lebensumständen und der heutigen Demografie angepasstes Bonusmodell, das schlussendlich auch die Gesundheitskosten im Rahmen zu halten hilft, kennenzulernen. Aus diesen Gründen, und weil wir im Grundsatz mit der Motionärin einig sind, lehnen wir zwar die vorliegende Motion ab, sind aber gerne bereit, ein Postulat, das weitere abklärende Massnahmen zulässt, zu unterstützen. 4. November 2014 Art.-Nr. 0643 1707 Lilian Studer, EVP, Wettingen: Vonseiten der EVP gibt es einige Gründe, diese Motion beziehungsweise das Postulat abzulehnen. 1. Wir unterstützen eher eine Vereinfachung des Steuergesetzes. 2. Wieder wird nur eine begrenzte Gruppe angesprochen. Was passiert mit allen anderen Freiwilligen, die sich auch enorm engagieren und wichtige Dienste leisten? 3. Scheinbar ist das Anliegen nicht bundesrechtskonform. Doch das Anliegen einfach zur Ablehnung zu empfehlen, widerstrebt uns. Uns ist das Anliegen, die pflegenden Angehörigen zu entlasten, wichtig. Die Frage lautet, ob dieser Vorstoss das richtige Instrument ist. Beispielsweise sind pensionierte Personen, die ihre pflegenden Angehörigen entlasten, eher auf andere Unterstützung angewiesen. Gründe für eine Überweisung des Vorstosses wären für uns zum Beispiel, dass die monetäre freiwillige Spende abgezogen werden darf, nicht jedoch die vielen auf freiwilliger Basis geleisteten Arbeitsstunden. Ich nenne einen weiteren Punkt. Trotz grossem Arbeitseinsatz und dem Wunsch der verwandten Personen, ihre pflegebedürftigen Angehörigen zu unterstützen und zu pflegen, ist es nicht immer angezeigt, auch noch im selben Haushalt zu leben. Man will ja immer nur das Beste, aber aus emotionalen Gründen ist es nicht immer unbedingt das Beste, wenn die pflegenden Angehörigen auch noch in der gleichen Wohnung wohnen. Dies weiss ich aus eigener Erfahrung genau. Ich erwähne ein Beispiel: Meine Mutter hat meine an Alzheimer erkrankte Grossmutter rund um die Uhr betreut. Die Grossmutter hat nicht in der gleichen Wohnung, aber im selben Haus gelebt. Es war eine riesige Belastung, und zwar wegen der emotionalen Nähe und aufgrund der vielen Arbeit. Aber sie wohnte nicht im selben Haushalt – und dahin geht ja die Stossrichtung dieses Postulats. Deshalb ist das Postulat für uns unterstützenswert. Fazit: Die Stossrichtung der Motion ist unterstützenswert, insbesondere da es jetzt in ein Postulat umgewandelt wurde. Einige Mitglieder der EVP hätten sich mit der Motion ein bisschen schwer getan. Darum können wir den Vorstoss jetzt unterstützen. Egal, ob dieser Vorstoss nun überwiesen wird oder nicht, auf der Traktandenliste müssen weiterhin die Angehörigenentlastung und Anreize stehen. Dies muss immer wieder überprüft und stetig bearbeitet werden. Robert Obrist, Grüne, Schinznach: Das Postulat ist zwar gut gemeint, und Ähnliches wurde von uns Grünen im Jahr 2002 für eine etwas anders ausgerichtete Arbeit auch schon gefordert. Damals ging es um die Freiwilligenarbeit im Rahmen von Institutionen. Die Antwort des Regierungsrats zeigt auf, dass die gesetzgeberischen Fragen sehr anspruchsvoll sind. Aber vor allem kann der Vollzug nicht mit einem einigermassen vertretbaren Aufwand gestaltet werden. Dies insbesondere, weil Leistungen für nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Angehörige anvisiert werden. Wir hinterfragen Steuerabzüge grundsätzlich. Ihre Einführung führt immer zu Abgrenzungsproblemen, zu Schwierigkeiten im Vollzug und zu Ungerechtigkeiten. Das werden wir auch im unmittelbar folgenden Geschäft aufzeigen. Anstelle von Steuerabzügen erachten wir innovative Systeme als zweckmässiger; wie Gutschriften für geleistete Freiwilligenarbeit für künftig zu beziehende Leistungen, beispielsweise im Betreuungsbereich. Wir werden auch das Postulat ablehnen. Roland Brogli, Landammann, CVP: Menschen, die Angehörige mit Hingabe pflegen, verdienen eine grosse Wertschätzung, da sind wir uns einig. Weil die Pflege durch Angehörige so wichtig ist, ist die Thematik in der Strategie "ambulant vor stationär" in der Sozialpolitik und in einem Leitsatz der Aargauer Alterspolitik verankert. Der Regierungsrat will die pflegenden Angehörigen durch verschiedene Massnahmen weiter unterstützen. Der Regierungsrat hat in seiner Beantwortung der Motion auch verschiedene Beispiele von Unterstützungsmassnahmen erwähnt. Man kann aber nicht einfach alles mehrfach unterstützen, also einerseits mit eigentlichen Unterstützungsmassnahmen, andererseits zusätzlich zu diesen Massnahmen noch mit Steuerabzügen. Eine geldmässige Unterstützung in Form eines erweiterten Steuerabzugs, das heisst die Ausdehnung des Abzugs auf Personen ausserhalb des gemeinsamen Haushalts, lehnt der 4. November 2014 Art.-Nr. 0643 1708 Regierungsrat deshalb klar ab. Es wurden schon früher drei in die gleiche Richtung zielende parlamentarische Vorstösse abgelehnt, weil das Steuerrecht kein geeignetes Instrument zur Förderung der privaten Pflege ist. Der beantragte Steuerabzug widerspräche dem für die Kantone verbindlichen Steuerharmonisierungsgesetz. Er passt auch systematisch nicht in unser Steuersystem, weil die Steuerabzüge ausschliesslich geldmässige Ausgaben, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der leistenden Personen schmälern, kompensieren sollen. Persönliche Arbeitsleistungen oder Zeitaufwendungen werden im schweizerischen Steuerrecht nicht abgebildet. Es gibt im Bundesrecht deshalb bisher konsequenterweise nirgendwo einen Abzug für eine reine Arbeitsleistung, weder im Zusammenhang mit einer Betreuung noch im Zusammenhang mit unentgeltlicher Sozialarbeit. Im kantonalen Recht kennen wir eine einzige Ausnahme: Der Kanton Aargau ist einer von nur zwei Kantonen, zusammen mit Basel-Landschaft, der seit 2001 einen einfachen und einfach nachvollziehbaren Betreuungsabzug kennt. Der heutige Abzug in Form eines Pauschalabzugs ist aber eingeschränkt und einfach zu vollziehen, weil die pflegebedürftige Person im gleichen Haushalt wie die pflegende Person leben muss. Vorausgesetzt wird auch, dass sie eine Hilflosenentschädigung der AHV oder der IV bezieht. Schliesslich würde der Abzug überproportionale Vollzugsschwierigkeiten und eine generelle Verkomplizierung des Steuerrechts bewirken. Der Regierungsrat hat in seiner Beantwortung diese Schwierigkeiten konkret aufgezeigt. Aus all diesen Gründen empfiehlt Ihnen der Regierungsrat, die in ein Postulat umgewandelte Motion abzulehnen. Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Die Motion wurde in ein Postulat umgewandelt. Somit stimmen wir über das Postulat ab. Abstimmung Das Postulat wird mit 79 gegen 41 Stimmen überwiesen. 0644 Motion der Fraktion der Grünen (Sprecherin Irène Kälin, Lenzburg) vom 20. Mai 2014 betreffend Beschränkung des kantonalen Steuerabzugs für den Arbeitsweg; Ablehnung (vgl. Art. 0444) Mit Datum vom 13. August 2014 beantragt der Regierungsrat, die Motion mit folgender Begründung abzulehnen: Die Eidgenössischen Räte haben mit Schlussabstimmung vom 20. Juni 2013 den Bundesbeschluss über Finanzierung und Ausbau der Eisenbahninfrastruktur (FABI) verabschiedet. Der Bundesbeschluss revidiert verschiedene Artikel der Bundesverfassung. Parallel dazu haben die Eidgenössischen Räte am 21. Juni 2012 das Bundesgesetz über Finanzierung und Ausbau der Eisenbahninfrastruktur beschlossen. Dieses Bundesgesetz ändert verschiedene Gesetze, unter anderem das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) und das Steuerharmonisierungsgesetz (StHG). Das Schweizer Stimmvolk hat den Verfassungsänderungen am 9. Februar 2014 zugestimmt. Zurzeit läuft bis zum 25. September 2014 die Referendumsfrist zum Bundesgesetz über Finanzierung und Ausbau der Eisenbahninfrastruktur vom 21. Juni 2013. Der Bundesrat hat mit Bundesratsbeschluss vom 2. Juni 2014 erklärt, dass sowohl die Bundesverfassungsänderungen als auch die Gesetzesänderungen auf den 1. Januar 2016 in Kraft gesetzt werden unter Vorbehalt einer allfälligen Volksabstimmung aufgrund des zustande gekommenen Referendums. 4. November 2014 Art.-Nr. 0644 1709 Nach geltendem Recht können die unselbstständig erwerbenden Personen alle notwendigen Fahrkosten zwischen Wohn- und Arbeitsort als Gewinnungskosten steuerlich in Abzug bringen. Soweit zumutbar, können allerdings nur die Kosten des öffentlichen Verkehrs in Abzug gebracht werden. Was zumutbar ist und was nicht, ergibt sich aus der Rechtsprechung. Mit der Revision des DBG wird der Fahrkostenabzug auf Fr. 3'000.– begrenzt. Mit dieser Massnahme bei der direkten Bundessteuer gelangt der Bund jährlich zu rund 200 Millionen Franken Steuermehreinnahmen. Diese Einnahmen fliessen in den Bahninfrastrukturfond (BIF), mit dem künftig der Unterhalt, die Erneuerung und der Ausbau der Bahninfrastruktur finanziert werden. Der Regierungsrat hat FABI aus den folgenden Gründen unterstützt: Der Ausbau der Bahninfrastruktur ist notwendig und auch im Interesse des Kantons Aargau, weil auch im Aargau entsprechende Projekte geplant sind. Mit diesen Verbesserungen kann dem Bevölkerungswachstum und der Verkehrsnachfrage im Kanton Aargau begegnet werden. Dabei entlastet ein attraktives öV-Angebot die teilweise stark befahrenen Strassen, was im Interesse aller ist. Generell ist die verkehrliche Erreichbarkeit der Aargauer Regionen ein wichtiger Standortfaktor. Bevölkerung und Wirtschaft profitieren von einer guten Verkehrsanbindung und von attraktiven öV-Angeboten und letztlich auch von einem bestmöglichen Erhalt der gerade im Kanton Aargau noch guten Umweltbedingungen. Aus diesen Gründen hat sich der Regierungsrat im November 2013 auch gegen die Standesinitiative "Verzicht auf Abzockerei der Aargauer Pendler" gestellt. Die Standesinitiative ist in der Folge vom Grossen Rat nicht überwiesen worden. Die seinerzeitige Stellungnahme des Regierungsrats zu FABI und den damit verbundenen Gesetzesänderungen stand somit in klarem Zusammenhang mit der Finanzierung der Bahninfrastruktur. Es ging dem Regierungsrat nicht darum, die Mehreinnahmen aus der Begrenzung des Pendlerabzugs für andere Zwecke als die Finanzierung des öffentlichen Verkehrs beziehungsweise der Bahninfrastruktur zu verwenden. Deshalb hat er sich bisher nie dafür ausgesprochen oder gar in Aussicht gestellt, auch auf kantonaler Ebene den Pendlerabzug beschränken zu wollen. Im Kanton Aargau ist eine Begrenzung des Pendlerabzugs aus verschiedenen Gründen nicht angezeigt. So ist der Aargau ein Kanton mit ausgeprägt dezentralen Strukturen, was bedeutet, dass viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit dem Privatfahrzeug zur Arbeit pendeln. Insbesondere für strukturschwache Gebiete und Randregionen hätte eine Begrenzung des Pendlerabzugs negative Auswirkungen auf die Standortattraktivität. Im Übrigen greifen die von der Motionärin angeführten Argumente für die Beschränkung des kantonalen Steuerabzugs für den Arbeitsweg aus Sicht des Regierungsrats – und mit Blick auf die Diskussion auf Bundesebene – zu kurz beziehungsweise erscheinen in Bezug auf die Ziele im Zusammenhang mit der Finanzierung der Bahninfrastruktur als nicht zielführend. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'871.–. Irène Kälin, Grüne, Lenzburg: Steuerabzüge setzen mitunter falsche Anreize; dies gilt insbesondere für den Pendlerabzug. Dank dem Ja zu FABI (Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur) wurde er auf Bundesebene nun auf 3'000 Franken pro Jahr begrenzt. Was für den Bund richtig ist, wäre auch für den Kanton Aargau angezeigt. Gerade heute, da wir vor einem riesigen Sparpaket mit vielen schmerzlichen Massnahmen stehen, wäre eine Beschränkung des Pendlerabzugs auf kantonaler Ebene eine dringend benötigte Mehreinnahmequelle für unsere kantonale Kasse. Plus/minus 60 Millionen Franken könnten in unsere Kantonskasse fliessen. Es ist mir unverständlich, wie der Regierungsrat in seiner Beantwortung der Motion zu folgender Aussage kommt: "Im Kanton Aargau ist eine Begrenzung des Pendlerabzugs aus verschiedenen Gründen nicht angezeigt." Wir sparen an allen Ecken und Enden. Wie kann der Regierungsrat so locker auf diese Mehreinnahmen verzichten? 4. November 2014 Art.-Nr. 0644 1710 Aber nicht nur aus aktueller Not, sondern auch aus Gründen der Steuergerechtigkeit und im Hinblick auf unsere stetig zunehmende Mobilität und deren negative Folgen, wäre eine Beschränkung des Pendlerabzugs auf kantonaler Ebene zu begrüssen. Denn ein unbegrenzter steuerlicher Pendlerabzug setzt falsche Anreize für lange Pendeldistanzen. Wir alle wissen, dass die Mobilität in der Schweiz stetig wächst und auf Strassen und Schienen – auch im Kanton Aargau – immer mehr Engpässe entstehen. Dies stellt nicht nur grosse Herausforderungen an die Infrastruktur, sondern hinterlässt auch in Umwelt und Landschaft immer tiefere Spuren. Unsere Verkehrssysteme, sowohl Schienen wie auch Strassen, kommen an ihre Kapazitätsgrenzen und die Mobilitätskosten steigen stark an. Wobei die externen Kosten der Mobilität in der Regel vom allgemeinen Steuersubstrat bezahlt werden müssen. Deshalb ist es nötig, dass der Kanton Anreize schafft, um kurze Pendlerwege in Fuss- und Velodistanz zu fördern. Dass Pendlerabzüge von mehreren 10'000 Franken geltend gemacht werden können, ist ein Unding und mindert die Steuereinnahmen unseres Kantons. Mit einem hohen Pendlerabzug bezahlen insbesondere Autofahrer, je weiter sie pendeln, desto weniger Steuern. Denn auch ein Generalabonnement (GA) 2. Klasse kostet nur wenig mehr als 3'000 Franken pro Jahr. Fazit: Je mehr man pendelt und die Infrastruktur beansprucht, desto mehr kann man von den Steuern abziehen und desto weniger bezahlt man an die anfallenden Kosten. Das ist weder logisch noch gerecht. Mit unserer Motion der Beschränkung des kantonalen Pendlerabzugs könnte man also zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Millionen von Steuermehreinnahmen für unseren Kanton, die wir dringend brauchen, und keine steuerlichen Anreize mehr zur Förderung der Mobilität, die uns sowieso davonrennt. Jürg Caflisch, SP, Baden: Der Regierungsrat argumentiert in seiner Stellungnahme zur Motion haarscharf am Thema vorbei. Mit keinem Wort geht er auf die Argumente der falschen Anreize des heutigen Pendlerabzugs ein, also auf die negativen ökologischen Auswirkungen und die durch das Pendeln verursachten Gesundheitskosten. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) und das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) schreiben in einer aktuellen Studie, dass eines der effektivsten Mittel gegen die Zersiedelung, welche speziell den Autoverkehr aber auch die S-Bahnen in den letzten Jahren sprunghaft hat ansteigen lassen, die Streichung von Subventionen des Pendelns wären. Die FABI-Vorlage fand auch im Kanton Aargau eine solide Mehrheit. Die Kosten von FABI müssen aber nicht nur vom Bund, sondern auch von den Kantonen finanziert werden. Darum ist es absolut gerechtfertigt, wenn die Subventionen für das Pendeln auch im Kanton Aargau etwas gedämpft werden. Sie werden nicht abgeschafft, aber sie werden gedämpft. Der durch und durch bürgerliche Regierungsrat des Kantons Zürich hat soeben eine Vorlage in die Vernehmlassung geschickt, die genau eine solche Beschränkung des Pendlerabzugs auf 3'000 Franken pro Jahr vorsieht. In der Antwort auf meine Interpellation zu den Pendlerabzügen sprach der Regierungsrat von Pendlerabzügen von zum Teil mehreren 10'000 Franken im Kanton Aargau. Das sind Summen, die einfach nicht mehr erklärbar sind. Dass der Kanton Aargau in Zeiten einer exzessiven Sparpolitik auf Einnahmen in Höhe von 32 Millionen Franken verzichten möchte – dazu kommen noch 30 Millionen Franken für die Gemeinden hinzu – ist absolut unverständlich und zeigt den wahren Spargeist. Die Haltung des Regierungsrats ist mutlos. Ich hoffe, das Parlament ist hier etwas aufgeschlossener. Die SP-Fraktion unterstützt die Motion. Adriaan Kerkhoven, GLP, Brugg: Die Grünliberalen unterstützen den Vorstoss der Grünen, wenn es darum geht, keine zusätzlichen Anreize für eine nicht nachhaltige Verwendung unserer Ressourcen im Kanton Aargau zu schaffen. Es ist keine nachhaltige Lösung, für Kosten, welche Pendler bereits heute durch verstopfte Infrastruktur und durch ständig überlastete Strassen verursachen – und für die der Kanton Aargau geradestehen muss – zusätzliche Anreize durch Abzüge zu schaffen, die in 4. November 2014 Art.-Nr. 0644 1711 die Millionen gehen. Es kann nicht sein, dass Personen, die die Infrastruktur am stärksten beanspruchen, auch noch dafür belohnt werden, indem sie bei den Steuern Abzüge vornehmen können. Zur heutigen Zeit ist es ein absoluter Unsinn, die Verschwendung der natürlichen Ressourcen mit Subventionen und indirekten Anreizen zu fördern. Man produziert Lärm, hebt die Unfallstatistik an, treibt Leute in die Asthmakliniken und schafft mit Geldern auch noch Anreize für diesen Unsinn. Es ist auch unverantwortlich, wenn der Regierungsrat diese Kosten weiterhin nicht einnehmen will, muss er doch ständig für diese Situation geradestehen. Der Kanton muss beispielsweise die Polizei finanzieren und weitere Aspekte mittragen, die einfach auf die Gesellschaft abgewälzt werden. Diejenigen, die diese Infrastruktur am stärksten nützen, sollen zusätzlich noch am allerwenigsten Steuern bezahlen. Das ist eine absolute Unlogik. Die Grünliberalen sind geschlossen für eine Beschränkung des Pendlerabzugs. Ich persönlich wäre für einen Pendlerabzug von 5'000 Franken pro Jahr, sodass man sich beispielsweise ein GA 1. Klasse leisten könnte, wenn man wirklich eine weite Strecke fahren muss. Es gibt Leute, die pendeln müssen. Es können nicht alle an ihrem Wohnort arbeiten. Aber es sollen keine zusätzlichen Anreize geschaffen werden, die das Pendeln geradezu attraktiv gestalten. Roland Basler, BDP, Oftringen: Die BDP-Fraktion wird diese Motion, welche eine Begrenzung des kantonalen Steuerabzugs für den Arbeitsweg fordert, bachab schicken oder sollte ich besser sagen, auf den Mond schiessen? Denn die Raketen pendeln ja, und es kommen zumindest Teile davon wieder zurück. In der Begründung geben die Motionärinnen den Autopendlern die Schuld an Übergewicht, Diabetes und Herzkreislauferkrankungen. Nun haben die Raucher endlich Gesellschaft bekommen. Auch behaupten Sie, Autopendler würden sich selbst weniger bewegen und dazu noch die Mobilität der restlichen Bevölkerung einschränken. Ja, das ist eine Pauschalisierung, die ich so auch nicht unterstützen kann. Die steuerlichen Abzüge sind doch nicht der wahre Grund, wieso die Menschen sich ein Haus auf dem Land kaufen. Wir alle wissen, der Kanton Aargau ist ein Kanton der wunderschönen Regionen. Und genau diese Regionen sollten wir am Leben erhalten und dafür sorgen, dass die Menschen nicht aufgrund von fehlenden Anreizen die strukturschwachen Gebiete verlassen. Natürlich ist es eine Tatsache, dass einige Aargauer Regionen nicht optimal durch den ÖV erschlossen sind und sich der Arbeitsweg ohne Auto übermässig in die Länge ziehen kann. Man stelle sich vor, alle Autofahrerinnen und Autofahrer würden auf den ÖV umsteigen! Dann bräuchten wir in Zukunft S-Bahnzüge mit drei oder vier Etagen! Aus Sicht der BDP ist es wichtig, dass man auch hier eine optimale Verteilung erreicht, damit weder ÖV noch MIV (motorisierter Individualverkehr) kollabieren, obwohl beide Systeme schon heute an ihre Grenzen stossen. Die BDP ist einstimmig gegen die Überweisung dieser Motion. Werner Müller, CVP, Wittnau: Die CVP-Fraktion erachtet den begrenzten Pendlerabzug in Höhe von 3'000 Franken pro Jahr als falschen Ansatz. Denn die Begrenzung benachteiligt Personen, welche in ländlichen Regionen wohnen, dort keine Arbeit finden und daher einen längeren Arbeitsweg in Kauf nehmen müssen. Die Standortattraktivität der ländlichen Regionen wird durch diese Begrenzung massiv vermindert. Im Gegensatz dazu wird die Zentralisierung der Wohnbevölkerung gefördert. Die Arbeitgeber verlangen heutzutage vermehrt flexible Arbeitszeiten von den Arbeitnehmern. Daher ist es oft nicht möglich, mit dem ÖV rechtzeitig am Arbeitsplatz zu erscheinen. Mit dem begrenzten Pendlerabzug werden diese Personen massiv benachteiligt. Zudem wird einmal mehr die Mittelschicht finanziell belastet. Die in der Motion erwähnten Abzüge von mehr als 10'000 Franken sind bestimmt Einzelfälle, welche möglicherweise von den Steuerbehörden zu wenig genau überprüft wurden. Eine höhere Begrenzung könnten wir uns allenfalls vorstellen. Eine Mehrheit der CVP-Fraktion wird die Motion ablehnen. 4. November 2014 Art.-Nr. 0644 1712 Herbert H. Scholl, FDP, Zofingen: Ich habe es gut, die meisten Argumente zu dieser Motion sind bereits vorgetragen worden. Wir kennen sie. Die freisinnige Fraktion beurteilt die Argumente, welche gegen die Überweisung dieser Motion sprechen, als die stärkeren. Unser Kanton ist bekanntlich der Kanton der Regionen. Wir wollen den Speckgürtel zwischen Baden, Lenzburg, Aarau – mit der Fortsetzung nach Zofingen – nicht weiter stärken. Wir wollen im Gegenteil dafür sorgen, dass auch die Regionen überleben können. Wir sind froh, dass es viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Regionen gibt, die mangels Arbeitsplätzen in diesen Regionen im Speckgürtel oder in Zürich und anderswo arbeiten können. Der Regierungsrat hat konsequent gehandelt und seinerzeit bei der Unterstützung der FABI-Initiative bezüglich des Bundesverfassungsartikels gesagt, dass die Begrenzung des Pendlerabzugs im Bundesrecht auf 3'000 Franken pro Jahr zwar zweckmässig ist, dass er aber wegen der besonderen Lage unseres Kantons diese Pendlerabzugsbegrenzung nicht ins kantonale Steuerrecht übernehmen will. Diese Haltung unterstützen wir und bitten Sie, die Motion abzulehnen. Urs Plüss, EVP, Zofingen: Die EVP-Fraktion begrüsst und befürwortet die Motion. Uns ist klar, ohne Pendeln geht es nicht. Wir sind ein Kanton der Regionen, und man muss zu seiner Arbeitsstelle gehen. Es stellt sich aber die Frage, arbeitet man dort, wo man wohnt oder wohnt man dort, wo man arbeitet. Bei uns sind es die ökologischen Aspekte, die als sehr wichtig gewichtet werden. Wir können es uns künftig fast nicht mehr leisten, wie bisher zu pendeln. In einer Interpellation wurde bereits beantwortet, wie viele Leute über 10'000 Franken pro Jahr als Pendlerabzug abziehen können. Das ist eine ganze Menge, und ich glaube nicht, dass in diesen Fällen das Steueramt nicht konkret hingeschaut hat. In diesem Saal hat es auch einige Befürworter der Ecopop-Initiative. Vielleicht kommt jetzt eine Ecopop-Initiative für den Kanton Aargau, damit wir den Siedlungsdruck von Zürich nicht mehr im Aargau haben. Es sind ja dann alles Aargauer Bürger, die von Zürich zugezogen sind und dann nach Zürich pendeln. In der Folge machen sie den Pendlerabzug geltend und zahlen so weniger Steuern. Aber man könnte ja hier weiter und weiter gehen, aber das hat gar keinen Effekt. Ein Nebeneffekt wäre, dass die Verwaltung auch viel schlanker werden würde, denn die meiste Zeit braucht eine Steuerbehörde heute bei der Überprüfung des Pendlerabzugs. Sollte er wegfallen oder pauschal nur noch 3'000 Franken betragen, könnten wir hier ganz viele Verwaltungskosten sparen. Benjamin Giezendanner, SVP, Rothrist: Die Diskussion ist nahezu erschöpft. Ich möchte aber gleichwohl die anfänglich gefallenen Voten kommentieren. Wir fallen wieder zurück in den Grabenkampf "Strasse gegen Schiene". Es wird behauptet, der Schienenverkehr sei ökologisch sehr sinnvoll, und der Strassenverkehr sei noch immer eine Dreckschleuder. Aber das wissen Sie doch selbst, das sind Ihre ideologischen Bilder, die Sie weiterhin haben, und die aber nicht korrekt sind. Das Schlimme daran ist, Sie greifen die Regionen mit diesem Vorstoss an. Sie wollen die Regionen, die nicht am öffentlichen Verkehr angeschlossen sind, schwächen und zusätzlich noch eine Steuererhöhung einführen. Für mich persönlich ist es ein Angriff auf die Arbeit und auf die Leute, die nachts arbeiten müssen. Es ist ein Angriff auf Leute, die auf das Fahrzeug angewiesen sind, weil sie vielleicht in einem Unternehmen einen guten Job haben, dieses aber 50 Kilometer entfernt ist. Es ist schade, dass wir hier wieder in dieses Muster zurückfallen und nicht sehen, dass es ein Handschlag der bürgerlichen Seite war, als diese sagte, FABI werde mit 200 Millionen Franken finanziert. Auch die SVP-Fraktion lehnt diesen Vorstoss ab. Ich bitte Sie, wieder das Gesamte zu betrachten und im Strassenverkehr nicht diese Links-Rechts-Politik zu betreiben. Ich möchte, dass wir zusammenarbeiten und nicht diese Grabenkämpfe austragen müssen. Roland Brogli, Landammann, CVP: Der Regierungsrat lehnt dieses Anliegen ab. Wir haben uns seinerzeit, wie es Grossrat Herbert H. Scholl bemerkt hat, im Rahmen der FABI-Vernehmlassung 4. November 2014 Art.-Nr. 0644 1713 entsprechend geäussert. Ich will nur noch einige wenige Punkte anfügen, die noch nicht besonders erwähnt wurden: 1. Der Kanton Aargau weist ausgeprägte dezentrale Strukturen auf, deshalb pendeln sehr viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Von der Begrenzung wären rund 95'000 steuerpflichtige Personen respektive rund 28,0 Prozent aller Steuerpflichtigen betroffen. Alle diese Personen würden gegenüber der heute geltenden Lösung schlechter gestellt werden. 2. Die Begrenzung hätte wegen der dezentralen Strukturen negative Auswirkungen auf die Standortattraktivität der Randgebiete unseres Kantons. 3. Die Arbeitswegkosten sind berufsnotwendig und daher gemäss dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit steuerlich abziehbar. Eine Begrenzung würde diesem in der Bundesverfassung statuierten Grundsatz widersprechen. Da das Bundesgericht ja bekanntlich die Bundesgesetze nicht korrigieren darf, bliebe die Missachtung der Bundesverfassung allerdings ohne Folgen. 4. Eine Begrenzung des Pendlerabzugs bei den unselbstständig Erwerbenden bewirkt eine Ungleichbehandlung gegenüber den Selbstständigerwerbenden, die die Arbeitswegkosten weiterhin abziehen können. Eine Begrenzung auch bei den Selbstständigerwerbenden wäre administrativ faktisch nicht oder nur mit sehr grossem administrativem Aufwand durchzusetzen. 5. Eine Begrenzung würde die auf 2014 und 2015 beschlossenen Steuerentlastungen gerade für den Mittelstand teilweise wieder rückgängig machen. In Würdigung all dieser Umstände empfehle ich Ihnen namens des Regierungsrats, die Motion abzulehnen. Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Die Motionäre stellen sich gegen die Ablehnung. Abstimmung Die Motion wird mit 76 gegen 36 Stimmen abgelehnt. 0645 Motion Alois Huber, SVP, Möriken-Wildegg (Sprecher), Ralf Bucher, CVP, Mühlau, Andrea Moll-Reutercrona, FDP, Sins, Ruedi Weber, Grüne, Menziken, Barbara PortmannMüller, GLP, Lenzburg, und Rosmarie Groux, SP, Berikon, vom 20. Mai 2014 betreffend Revision des kantonalen Landwirtschaftsgesetzes aufgrund der neuen Agrarpolitik 2014– 2017; Überweisung an den Regierungsrat (vgl. Art. 0447) Mit Datum vom 13. August 2014 beantragt der Regierungsrat, die Motion mit folgender Begründung abzulehnen beziehungsweise er erklärt sich bereit, sie als Postulat entgegenzunehmen: Die Motionäre verlangen eine Anpassung des kantonalen Landwirtschaftsgesetzes aufgrund der zahlreichen Änderungen der Bundesgesetzgebung im Bereich Landwirtschaft mit der neuen Agrarpolitik 2014–2017 (AP 14–17). Gleichzeitig soll der Kanton die Co-Finanzierung für die freiwilligen Bundesprogramme im Aargau flächendeckend sicherstellen. Parallel zur AP 14–17 auf Stufe Bund hat der Regierungsrat auf kantonaler Ebene angesichts der angespannten Finanzlage im Rahmen der Leistungsanalyse zahlreiche Sparmassnahmen beschliessen müssen. Der Massnahmenbeitrag der Landwirtschaft von maximal 1 Million Franken pro Jahr (rund 20 % des Sachaufwands) und der zusätzliche 5 %-Stellenabbau sind zeitgemäss und insgesamt tragbar. Die beiden Planungsprozesse – AP 14–17 auf Bundesebene und die Leistungsanalyse auf Kantonsebene – wurden unabhängig voneinander beschlossen und waren zeitlich nicht aufeinander abge- 4. November 2014 Art.-Nr. 0645 1714 stimmt. Sie führten deshalb zu Zielkonflikten. Während bei den Bundesumweltprogrammen (Biodiversität- sowie neu auch Landschaftsqualitätsprojekte) eine Co-Finanzierung anderer Trägerschaften von 10 % verlangt wird, hat der Regierungsrat – so weit als möglich – die Streichung von Co-Finanzierungen durch den Kanton beschlossen. Sichergestellt bleibt die Co-Finanzierung durch den Kanton für bestehende Vernetzungsprojekte in den Vorranggebieten nach kantonalem Richtplan. Nach Ansicht des Regierungsrats sind deshalb die Gemeinden vermehrt in Pflicht zu nehmen. Dies hat er bereits in der Beantwortung der (13.258) Interpellation betreffend Auswirkungen der Agrarpolitik 2014–2017 und der Leistungsanalyse auf die Aargauer Landwirtschaft vom 3. Dezember 2013, entsprechend ausgeführt. Der Regierungsrat hat durchaus Verständnis für die ihm in der Motion unterbreiteten Anliegen. Er ist sich bewusst, dass die Aargauer Landwirtschaft durch die Umsetzung der AP 14–17 rund ein Viertel der Direktzahlungen oder knapp 40 Millionen Franken verlieren wird, wenn die Bäuerinnen und Bauern in den nächsten vier Jahren auf den Paradigmenwechsel der neuen Agrarpolitik nicht reagieren. Mit den neuen Bundesumweltprogrammen Biodiversität und Landschaftsqualität könnten maximal 30 von diesen 40 Millionen Franken Direktzahlungen kompensiert werden. Bedingung ist, dass die Gemeinden die Co-Finanzierung von 10 % übernehmen, ansonsten fliessen die Direktzahlungen und Steuererträge in andere Kantone. Eine Änderung des geltenden Landwirtschaftsgesetzes des Kantons Aargau (LwG AG) vom 13. Dezember 2011 (SAR 910.200) ist aus Sicht des Regierungsrats nicht erforderlich. § 41 Abs. 1 LwG AG räumt dem Kanton die Möglichkeit ein, landwirtschaftlichen Betrieben, die besondere ökologische Anforderungen erfüllen oder in anderer Weise besondere Leistungen im öffentlichen Interesse erbringen, finanzielle Abgeltungen zu gewähren. Angesichts der Kann-Bestimmung lässt sich daraus aber auch kein zwingend formulierter Auftrag für eine Co-Finanzierung bei freiwilligen Bundesumweltprogrammen ableiten. Eine Gesetzesänderung ist nur dann zwingend, wenn der Kanton oder die Gemeinden zur Co-Finanzierung verpflichtet werden und damit keine Freiwilligkeit für entsprechende Beitragszahlungen mehr besteht. Aus den genannten Gründen lehnt der Regierungsrat die Entgegennahme des Vorstosses als Motion ab. Er ist hingegen bereit, den Vorstoss als Postulat entgegenzunehmen, um die offenen Fragen der Auswirkungen der neuen Agrarpolitik 14–17 des Bundes, insbesondere der Co-Finanzierung der neuen Bundesprogramme Biodiversität und Landschaftsqualität, zwischen Kanton und Gemeinden, zu prüfen. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'370.–. Alois Huber, SVP, Möriken-Wildegg: Mit der Agrarpolitik 2014 – 2017, insbesondere durch den markanten Richtungswechsel im Direktzahlungssystem zugunsten der Ökologie, wurden auf Bundesebene in der Bundesgesetzgebung zahlreiche Änderungen im Bereich Landwirtschaft vorgenommen. Um die neuen Massnahmen auch im Aargau korrekt und zielorientiert umzusetzen, muss das kantonale Landwirtschaftsgesetz, insbesondere im Bereich der ökologischen Leistungen, angepasst werden. Hier fordern die Motionäre zwingend, dass der Kanton die Co-Finanzierung von 10,0 Prozent für die freiwilligen Bundesprogramme der Landschaftsqualität und der Vernetzung übernimmt. Nur so kann sichergestellt werden, dass sich alle Landwirte im Kanton Aargau gleichberechtigt an den genannten Ökoprogrammen beteiligen können. Müssten, wie vom Regierungsrat vorgeschlagen, die Gemeinden für die Co-Finanzierung aufkommen, wären hier die finanzschwachen ländlichen Gemeinden stark benachteiligt; sind doch gerade in diesen die gewünschten Flächen und Objekte zahlreich vorhanden. An den Infoveranstaltungen der Regionalverbände, welche für die Erarbeitung und Umsetzung der Ökoprogramme verantwortlich sind, haben genau diese Gemeinden grosse Bedenken angemeldet. Einige haben eine Beteiligung an der Co-Finanzierung aus finanziellen Gründen bereits jetzt schon abgelehnt. Um eine gerechte Ausgangssituation für alle Bauernfamilien und die Gemeinden im Kanton Aargau zu erhalten, ist es 4. November 2014 Art.-Nr. 0645 1715 überaus notwendig, dass der Kanton die Trägerschaft der Co-Finanzierung von 10,0 Prozent übernimmt. Wie der Regierungsrat in seinem Antwortschreiben festhält, ist eine Gesetzesänderung nur zwingend, wenn eine Verpflichtung der Co-Finanzierung eingegangen werden soll. Um die Planungssicherheit für alle Beteiligten zu erhalten, sollte gerade vom Kanton eine solche Verpflichtung sichergestellt werden. Mit der Sicherstellung der Co-Finanzierung der Bundesprogramme durch den Kanton profitieren die Natur, die Landschaft sowie die Bevölkerung durch aktive Naherholungsräume, die Bauernfamilien und nicht zuletzt die Gemeinden und der Kanton, welche mit den geschätzten Einnahmen für die Landwirte von 30 Millionen Franken Direktzahlungen einiges an Steuern erhalten. Deshalb halten wir an unserer Motion fest. Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Die Motionäre sind mit der Umwandlung in ein Postulat nicht einverstanden. Rosmarie Groux, SP, Berikon: Die SP-Fraktion unterstützt das Festhalten an der Motion betreffend Revision des kantonalen Landwirtschaftsgesetzes aufgrund der neuen Agrarpolitik des Bundes grossmehrheitlich. Es erscheint uns wichtig, dass die Mitfinanzierung von Aufwertungsprogrammen des Bundes kantonal geregelt ist, und dass nicht die Gemeinden in die Pflicht genommen werden. Mit der jetzt vorliegenden Kann-Regulierung sollten die Gemeinden 10,0 Prozent der Beiträge übernehmen, wenn sie denn wollen und finanziell in der Lage sind. In der heutigen finanziell angespannten Lage der Gemeinden durch den Rückgang der Steuereinnahmen werden neue Ausgaben sicher nicht gerne übernommen, auch wenn niemand den Nutzen für die Natur und Landschaft anzweifelt. Aber auf die Beiträge des Bundes zu verzichten, ist für die Landwirtschaft und die Ökologie nicht sinnvoll. Also holen wir das Geld vom Bund ab und investieren als Kanton trotz Leistungsanalyse weiterhin in die Biodiversität und die Landschaftsqualität. Wie gesagt, die SP stimmt dem Festhalten an der Motion grossmehrheitlich zu. Heinz Graf, BDP, Oberrohrdorf: Es gibt im Land einen bekannten Spruch: Bei den Bauern lernt man jammern. Dieses ist bei der BDP angekommen. Die BDP nimmt in diesem Fall die Bauernfamilien ernst und sieht die Problematik der neuen Agrarpolitik, dass im Durchschnitt pro Betrieb 5'000 Franken wegfallen. Es kann noch schlimmer kommen: Ermöglicht der Kanton Aargau keine flächendeckende Umsetzung der freiwilligen Programme, wie die Vernetzung der Biodiversitätsförderflächen oder die Landschaftsqualität, gehen circa 40 Millionen Franken verloren. Leider haben wir einen Zielkonflikt zwischen der Leistungsanalyse auf Kantonsebene und der Agrarpolitik 2014 – 2017 auf Bundesebene. Sie wurden zeitlich unabhängig voneinander beschlossen und führten deshalb zu einem Zielkonflikt. Diesen können wir heute korrigieren. Es ist der BDP ein Anliegen, dass man die aargauischen Landwirte ernst nimmt, die zu den Verlierern der neuen Agrarpolitik des Bundes gehören. Diejenigen grossen Landgemeinden, welche von der CoFinanzierung ungerecht hoch betroffen werden, sollen diesbezüglich entlastet werden. Die BDP unterstützt das Anliegen der Motionäre und stimmt der Motion einstimmig zu. Gertrud Häseli, Grüne, Wittnau: Die Grünen unterstützen eine flächendeckende Umsetzung der Programme im Bereich Biodiversität und Landschaftsqualität. Die vom Kanton vorgeschlagene Lösung, die Aufgabe auf die über 200 Aargauer Gemeinden zu übertragen, schafft mehr Probleme, als Lösungen ermöglicht werden. Biodiversität und Landschaftsqualität sind Anliegen, die uns alle angehen. Gerne würden die Bauern von ihren Produzentenpreisen leben, aber das würde wohl eine Verdoppelung oder eine Verdreifachung der Lebensmittel bedeuten. Und dies können wir uns kaum leisten. Dies ist auch der Grund, warum Direktzahlungen ausbezahlt werden. Ich möchte darum bitten, die Motion zu überweisen. 4. November 2014 Art.-Nr. 0645 1716 Ralf Bucher, CVP, Mühlau: Die CVP ist erfreut, dass der Regierungsrat Handlungsbedarf erkennt und das Anliegen der Motionäre aufnimmt, indem er es als Postulat entgegennehmen will. Es geht insbesondere um die Co-Finanzierung der mit der neuen Agrarpolitik geschaffenen Landschaftsqualität und den Vernetzungsbeiträgen. Der Bund bezahlt an diese Programme 90,0 Prozent – wir haben es gehört – der Kanton Aargau will die Restfinanzierung von 10,0 Prozent den Gemeinden überlassen. Das trifft insbesondere die ländlichen Gemeinden überproportional stark und würde wohl dazu führen, wie auch schon erwähnt, dass die einen Gemeinden die Kosten übernehmen und andere nicht. Dies wiederum vergrössert die jetzt schon hohe Bürokratie und erschwert die Umsetzung. In Vorranggebieten, wo der Kanton die Vernetzung übernehmen will, jedoch nicht die Landschaftsqualität. In Nichtvorranggebieten trägt rund ein Drittel bereits jetzt die Kosten für die Vernetzung, während ein Drittel nichts bezahlt. Die Natur und die Bauern wären die Leidtragenden, weil nämlich eine Gemeinde ihre Biodiversitätsförderflächen vernetzt, dies jedoch nur bis zur Gemeindegrenze tun kann. Komplizierter wird es für die vielen Bauernfamilien, die in verschiedenen Gemeinden Land bewirtschaften und am einen Ort etwas für ihre Leistungen bekommen, am anderen Ort nicht. Ganz zu schweigen von der Umsetzung in den Gemeinden selber. Gemäss Schreiben der kantonalen Gemeindeabteilung müssen dort die Bauernfamilien in den Ausstand treten, wenn es um die Finanzierung geht. Dumm nur, wenn dann die Hälfte der Anwesenden den Saal verlassen muss, was in einer ländlichen Gemeinde nicht selten der Fall wäre. Langer Rede kurzer Sinn: Die CVP will eine Entlastung der Gemeinden, eine Verminderung der Bürokratie bei der Abrechnung, eine Möglichkeit für die Bauern, wegfallende Direktzahlungen zu kompensieren und gleichzeitig etwas für die Natur und die Biodiversität tun – dies notabene insbesondere mit Geldern vom Bund, die sonst in andere Kantone fliessen. Eine aktuelle Bemerkung: Heute hat das BLW (Bundesamt für Landwirtschaft) beschlossen, dass der Faktor für den Übergangsbeitrag viel tiefer ausfallen wird. Das hat damit zu tun, dass die Gelder für die freiwilligen Programme in diesem Jahr vor allem in die anderen Kantone fliessen, welche diese freiwilligen Programme schon umsetzen. Somit stimmt die Aussage nicht, die gestern in der Aargauer Zeitung stand, dass die Bauern dieses Jahr rund 15 Millionen Franken verlieren. Es werden rund 18 – 20 Millionen Franken sein. Die CVP unterstützt die Bauern via Aufgaben- und Finanzplan (AFP), damit hier bereits ab 2015 eingegriffen werden kann. Längerfristig will die CVP dies gesetzlich verankern und unterstützt deshalb die Motion. Die CVP ist gegen die Überweisung als Postulat. Kathrin Hasler, SVP, Hellikon: Als Gemeindeammann einer kleinen, landwirtschaftlich geprägten, finanzschwachen Gemeinde kann ich die Verlagerung der 10,0 Prozent der Co-Finanzierung des neuen Bundesprogramms Landschaftsqualität und der bestehenden Vernetzungsprogramme auf die Gemeinden nicht akzeptieren. Als Verlierer der neuen Agrarpolitik des Bundes mit finanziellen Einbussen bei den Direktzahlungen sind die Landwirte gezwungen, bei diesen Projekten mitzumachen. In einer Zeit, in welcher durch die Agrarpolitik mit zusätzlichen finanziellen Ausfällen zu rechnen ist, müssen die 10,0 Prozent der Co-Finanzierung, Vernetzung von Ökoflächen und der Landschaftsqualitätsbeiträge auch in unserem Kanton gesichert werden. Der Kanton Aargau kann mit einer Investition von 1 Million Franken 9 Millionen Franken vom Bund für diese Programme auslösen. Der Aargau hat – im Gegensatz zu vielen anderen Kantonen – im AFP keine zusätzlichen Mittel für die Umsetzung dieser Programme eingestellt und möchte diese Kosten nun den Gemeinden übertragen. In der Umsetzung würde das bedeuten, wie bereits erwähnt, dass die Gemeinden an den Gemeindeversammlungen für die acht Jahre laufenden Verträge einen Kredit holen müssen. Somit riskieren wir eine ungleiche Behandlung der Landwirte, weil es Gemeinden geben würde, die diese Beiträge genehmigen und andere Gemeinden, die diese Beiträge nicht bewilligen würden. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass es im Sinne eines jeden Landwirtes ist, die Kulturlandschaft zu erhalten und zu fördern. Aber mit den zunehmenden Ökoprogrammen gefährden wir die Versorgungssicherheit, und unsere Bauern werden zu Landschaftsgärtnern. Politisch und 4. November 2014 Art.-Nr. 0645 1717 gesellschaftlich müssen wir diskutieren, ob wir wollen, dass die Landwirtschaft bei der einheimischen Produktion immer mehr eingeschränkt wird oder ob wir wollen, dass unsere Landwirtschaft die einheimische Versorgung sicherstellen kann. Ich bitte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Motion zu unterstützen. Damit wird die Finanzierung der beiden Projekte gesichert, ohne die Gemeinden zusätzlich zu belasten. Daneben profitieren unsere Landwirte finanziell von diesen Programmen. Barbara Portmann-Müller, GLP, Lenzburg: Nur ein paar Ergänzungen oder Würdigungen aus Sicht der GLP: Die Agrarpolitik ist Bundesaufgabe. Sie wurde dort beschlossen. Die Grundhaltung dieser Agrarpolitik sollte auch in die kantonale Gesetzgebung beziehungsweise in deren Auslegung einfliessen. Diese Grundhaltung entspricht der GLP – die Vorstellung könnte durchaus noch weiter gehen. Aber sie entspricht ihr insofern, als dass gewisse Giesskannenbeiträge nun durch leistungsbezogene Abgeltungen abgelöst wurden. Es ist auch festzuhalten, dass es in dieser Agrarpolitik nicht nur Verlierer gibt, sondern auch sehr viele Gewinner. Denn insgesamt bleibt der Kuchen in etwa gleich gross. Für Verlierer gibt es speziell geschaffene, abfedernde Beiträge – das soll auch nicht vergessen werden, auch wenn es vielleicht etwas weniger ist, als erwartet. Die GLP unterstützt dieses Anliegen aber sehr, denn gute Projekte dienen den Bauern, der Landschaft, der Bevölkerung, den Gemeinden, der Natur und der Biodiversität. Das Festhalten an der Motion ist auch gerechtfertigt, denn eine klare Gesetzgebung ist sinnvoll. Dabei soll bitte die Gelegenheit genützt werden, um möglicherweise bestehende Zielkonflikte zwischen der kantonalen Gesetzgebung, der Leistungsanalyse und der Agrarpolitik des Bundes zu eliminieren. Insbesondere legen wir auch dem Regierungsrat ans Herz, das Konstrukt der Vorranggebiete zu überprüfen. Da gibt es auch den Aktionsplan Biodiversität und verschiedene andere Themenbereiche auf Bundesebene, die in diesem Sinne angeschaut werden müssten. Wir bitten Sie, an der Motion festzuhalten. Marie-Louise Nussbaumer, SP, Obersiggenthal: Meine Kollegin Rosmarie Groux hat Sie darüber informiert, dass die SP-Fraktion diese Motion mit grosser Mehrheit unterstützen will. Wir unterstützen sie, weil wir wollen, dass die Programme für Biodiversität und Landschaftsqualität im ganzen Kanton durchgeführt werden können – und zwar zu gleichen Bedingungen. Wenn es in unserer Fraktion trotzdem Grossrätinnen und Grossräte gibt, die sich der Stimme enthalten wollen, dann liegt es daran, dass wir die aktuell laufenden Diskussionen in den Kommissionen rund um Leistungsanalyse, Budget und AFP nicht so gut ausblenden können, wie Sie es hier anscheinend können, oder wie es einzelne Anspruchsgruppen offensichtlich gut können. Ich persönlich sehe hier wirklich die Bauern, die mit diesem Vorstoss wieder einmal das alte Vorurteil bestätigen, dass ihnen jedes mögliche oder unmögliche Argument nur recht ist, um vom Staat die finanziellen Mittel abzuholen. Bei 200 vom Regierungsrat beantragten Sparmassnahmen machen Sie alle – ungeachtet aller Härte für Umwelt oder Bildung – gern mit und streichen sogar noch munter weiter. Bei allem und allen anderen, nur nicht bei sich selber – da richten Sie gerne mit grosser Kelle an! 13 oder gar mehr Millionen Franken – kein Problem. Wir haben es ja, wenn es denn für die Bauern ist. Die übrigen Verlierer – nicht des Bundes, sondern des Kantons – die interessieren uns anscheinend eher weniger. Roland Brogli, Landammann, CVP: Warum lehnt der Regierungsrat die Motion ab, ist aber bereit, den Vorstoss als Postulat entgegenzunehmen? Wie aus unserer Antwort ersichtlich, wurden die beiden Planungsprozesse der neuen Agrarpolitik 2014 – 2017 des Bundes auf Bundesebene und unsere Leistungsanalyse zeitlich nicht aufeinander abgestimmt. Sie konnten nicht aufeinander abgestimmt werden, weil sie zeitlich unterschiedlich gelagert waren. Der Zielkonflikt mit der Leistungsanalyse wurde bereits erwähnt. Der Regierungsrat ist aber bereit, die neuen Auswirkungen der Agrarpolitik 2014 – 2017 des Bundes, insbesondere die Fragen der neuen Co-Finanzierung, der Vernetzungs- und Landschaftsqualitätsprojekte, zu prüfen. Dazu kommt, dass ein zwingend formulierter Auftrag für die Co-Finanzierung angesichts der KannBestimmungen im bestehenden Landwirtschaftsgesetz nicht zielführend ist, da ansonsten der 4. November 2014 Art.-Nr. 0645 1718 Kanton seinen Handlungsspielraum auch für die Zukunft, falls diese 10,0 Prozent wieder ändern würden, verlieren würde. Für das Anliegen der Motionäre braucht es gar keine Gesetzesänderung. Die Kann-Vorschrift im Gesetz genügt. Ich möchte an dieser Stelle aber nochmals betonen, dass sich der Kanton keineswegs ganz aus der Co-Finanzierung der Bundesprogramme zurückziehen will. Für die bestehenden Vernetzungsprojekte in den sogenannten Vorranggebieten stellt er die Co-Finanzierung nach wie vor sicher. Gleichzeitig möchte er aber auch die Gemeinden, namentlich bei den Landschaftsqualitätsbeiträgen, vermehrt in die Pflicht nehmen. Das ist hier auch eine entscheidende Frage. Die entsprechenden Zahlen sind schliesslich in der Botschaft zur Leistungsanalyse – in der Bilanz dieser Botschaft – berücksichtigt. Und wenn Sie hier eine Veränderung vornehmen wollen, dann steigen die Nettoentlastungen der Gemeinden noch mehr und im Gegenzug unsere Belastungen auf kantonaler Seite auch. Zugleich haben sowohl die Kommissionen UBV (Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und Raumordnung) als auch die AVW (Allgemeine Verwaltung) im Rahmen der Beratung des AFP und der Leistungsanalyse verdeutlicht, dass sie eine flächendeckende Umsetzung der Landschaftsqualitätsund Vernetzungsbeiträge wünschen. Aus all diesen Gründen bitte ich Sie, diese Motion als Motion abzulehnen – und sie als Postulat zu überweisen. Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Die Motionäre sind gegen die Entgegennahme als Postulat, halten also an der Form der Motion fest. Abstimmung Die Motion wird mit 109 gegen 0 Stimmen überwiesen. 0646 Postulat Sämi Richner, EVP, Auenstein, vom 1. Juli 2014 betreffend Gesamtüberprüfung der geplanten Strassen- und kantonalen Radroutensanierung Rohr-Auenstein-Rupperswil; Ablehnung (vgl. Art. 0520) Mit Datum vom 3. September 2014 beantragt der Regierungsrat, das Postulat mit folgender Begründung abzulehnen: 1. Übergeordnete Planung kantonale Radrouten Am 16. Januar 2001 setzte der Grosse Rat das kantonale Radroutennetz im Richtplan fest. Die kantonale Arbeitsgruppe Zweiradverkehr (KAZ) legte in der Folge gemäss Beschluss des Grossen Rats mit den Regionalplanungsverbänden und den Gemeinden die definitive Linienführung und Führungsart fest und schlug dem Grossen Rat kleinere Korrekturen am Netz vor. Am 2. November 2004 beschloss der Grosse Rat diese Anpassungen. Im kantonalen Radroutennetz sind die R510 (Radwegverbindung) entlang der K 244 Aarau Rohr– Rupperswil–Brugg, die R751 Hunzenschwil–Rupperswil und die R812 Rupperswil–Auenstein festgehalten. Dieses Konzept hat weiterhin Gültigkeit und entspricht auch den damaligen Aussagen von alt Regierungsrat Peter C. Beyeler. Die Vorhaben werden mit dem Ziel einer Gesamtlösung abschnittsweise nach Projektfortschritt umgesetzt. 2. Aarebrücken Rupperswil-Auenstein Eine Auswertung der polizeilich erfassten Unfälle für die Jahre 2009–2014 ergab insgesamt drei Unfälle. Davon betraf ein Unfall einen Langsamverkehrsteilnehmer, die übrigen zwei Unfälle ereigneten sich zwischen Teilnehmenden des motorisierten Verkehrs. 4. November 2014 Art.-Nr. 0645 1719 Der Ausbau der beiden Aarebrücken für den Langsamverkehr ist Bestandteil der kantonalen Radroute und unbestritten. Im September 2009 machte alt Regierungsrat Peter C. Beyeler in einem Brief an die Gemeinde Auenstein folgende Aussage (Auszug): "Wir sehen vor, dass die Frage der Aarebrücke vorgezogen behandelt wird, sodass bis Mitte 2011 ein Vorprojekt über die Radroutenführung auf der Brücke vorliegen kann. Vorlaufend muss aus heutiger Sicht der Zustand der Brücken abgeklärt werden. Wir streben an, dass der Aareübergang für die Fussgänger und Radfahrer bis 2014 modernisiert ist." Für die beiden einstreifigen Brücken über die Aare und über den Unterwasserkanal, welche im Eigentum und in der Erhaltungspflicht der Kraftwerk Rupperswil Auenstein (KRA) stehen, wurden letztes Jahr die Zustandsüberprüfungen (mit Materialprüfungen) und umfangreiche statische Nachrechnungen ausgeführt. Anschliessend wurden diese Arbeiten, welche als Planungsgrundlagen für den Ausbau der Radwegverbindung dienen, durch einen Prüfingenieur unter der Leitung der Abteilung Tiefbau überprüft. Diese Arbeiten werden zurzeit verifiziert und im Spätsommer abgeschlossen. Im Herbst 2014 wird die Abteilung Tiefbau auf dieser Basis die Ausarbeitung eines Vorprojekts auslösen. Bevor ein Ausbau der Radwegverbindung durch den Kanton Aargau erfolgen kann, müssen die beiden Flussbrücken in seinem Eigentum stehen. Die Abteilung Tiefbau versuchte mit der SBB als heutige und künftige Betreiberin bezüglich der Übernahme der Brücken eine Lösung zu finden. Da die Konzessionsverhandlungen zu wenig fortschreiten, mussten die Verhandlungen sistiert werden. Auf eine vorgezogene Behandlung des Brückendossiers, wie dies im oben angeführten Schreiben vom 18. September 2009 angetönt wurde, ist die SBB nicht eingetreten. Die Abteilung Tiefbau wird alles daran setzen, mit den SBB die Behandlung des Brückendossiers voranzutreiben. Parallel dazu wird sie die Projektierung weiter vorantreiben, damit ein unnötiger Zeitverlust vermieden werden kann. Zurzeit sind aber verlässliche Angaben über einen möglichen Baubeginn des Ausbaus der Flussbrücken für den Langsamverkehr nicht möglich. Im Frühjahr 2015 wird das KRA dringend anstehende Reparaturarbeiten an beiden Brücken ausführen lassen, damit der Betrieb weiterhin gewährleistet werden kann. 3. Kreisel Rotholz Rupperswil Im Zusammenhang mit der dringend notwendigen Belagssanierung (Belag über 40-jährig) an der K 244 Aarau Rohr–Rupperswil wurde mit den Gemeinden und der KAZ der Ausbaustandard der R510 und der R812 festgelegt. In Absprache mit dem Gemeinderat Rupperswil wurde ein entsprechendes Projekt gestartet. Dieses beinhaltet eine Belagsverstärkung, beidseitige Radstreifen, im Innerort (ab der Abzweigung Käterlistrasse bis Rotholzweg) südseitig der Kantonsstrasse einen Gehweg und anstelle der versetzten Einmündungen Käterlistrasse und K 471 (Auensteinerstrasse) einen Kreisel. Die K 471 mündet heute spitzwinklig in die K 244 (Aarauerstrasse) ein. Mit dem Verschieben der Einmündung ostwärts auf die Höhe der Käterlistrasse und dem Erstellen eines Kreisels werden zwei versetzt in die K 244 einmündende Strassen kreuzungsgleich zusammengeführt. Eine Unfallauswertung für die Knotenbereiche K 244/K 471 und K244/Käterlistrasse für die Jahre 2009–2014 ergab insgesamt fünf Unfälle. Mit dem vorliegenden Projekt können folgende Punkte verbessert werden: • Bessere Übersicht auf kleinerem Raum • Reduktion der Geschwindigkeit im Einmündungsbereich der Querstrassen in die K 244 • Reduktion der Geschwindigkeit in Fahrtrichtung Rupperswil innerorts (Einfahrtsbremse) • Erhöhung der Sicherheit für die Radfahrerbeziehungen und bessere Anbindung zum Innerortsrespektive Siedlungsgebiet Die Einwohnergemeindeversammlung Rupperswil stimmte am 23. November 2012 dem Kreiselprojekt zu und genehmigte den Gemeindeanteil von 1,05 Millionen Franken an den auf 3,17 Millionen Franken veranschlagten Gesamtkosten. Das Projekt lag im Oktober/November 2013 öffentlich auf; 4. November 2014 Art.-Nr. 0646 1720 zurzeit werden die zwei eingegangenen Einwendungen behandelt. Der Baubeginn ist für 2016 in Koordination mit den nachfolgend beschriebenen Arbeiten an der K 471 vorgesehen. 4. Kantonsstrasse K 471 zwischen Aarebrücken und Kreisel Rotholz, Brücke Steinerkanal Die Kantonsstrasse K 471 wurde 2011 für die Markierung eines Radstreifens verbreitert, die Brücke über den Steinerkanal weist aber immer noch die alte Fahrbahnbreite von 5 m auf und bildet dadurch eine Gefahr. Im Oktober 2009 hat die KRA als bisherige Eigentümerin eine Zustandsüberprüfung der Brücke in Auftrag gegeben. Im entsprechenden Zustandsbericht wurde Instandsetzungsbedarf für die Brücke ausgewiesen. Statt viel Geld in eine reine Instandsetzung der Brücke über den Steinerkanal zu investieren und ein gefährliches Engnis zu erhalten soll die Brücke der heutigen Strassenbreite angepasst werden. Die Abteilung Tiefbau hat deshalb die Brücke in ihr Eigentum übernommen, und die KRA hat die Kosten, welche für die Instandsetzung hätten aufgewendet werden sollen, als Abgeltung ausbezahlt. Momentan steht das Projekt für den Brückenausbau kurz vor dem Abschluss. Die Projektauflage findet voraussichtlich im Herbst 2014 statt, der Baubeginn ist für 2016 geplant. Gleichzeitig werden die ausstehenden Deckbelagsarbeiten auf dem ganzen Streckenabschnitt ausgeführt. 5. Schlussfolgerung Die einzelnen Projekte im Raum Aarau Rohr-Rupperswil-Auenstein sind auf ein schlüssiges Gesamtkonzept ausgerichtet, welches die Bedürfnisse sämtlicher Verkehrsteilnehmenden abdeckt. Jedes einzelne Projekt führt zu einer Verbesserung der Situation bezüglich Sicherheit und Langsamverkehr, unabhängig von der Reihenfolge der Realisierung. Der Regierungsrat erachtet es nicht als sinnvoll, realisierungsreife Projekte zurückzustellen, weil benachbarte Projekte verzögert oder blockiert werden. Es wäre nicht Ziel führend, die Ausbau- und Sanierungsplanungen der Kantonsstrasse zwischen Rupperswil und Rohr wie im Postulat gefordert zu stoppen und eine Gesamtüberprüfung der geplanten Strassen- und kantonalen Radroutensanierung Rohr-Auenstein-Rupperswil vorzunehmen. Die ebenfalls geforderte Gesamtplanung der Radrouten von Rohr bis Rupperswil (Dorf) und Schwimmbad Auenstein/Rupperswil ist im Rahmen der übergeordneten Planung für die kantonalen Radrouten bereits erfolgt. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 2'343.–. Jürg Caflisch, SP, Baden: Die SP unterstützt das Postulat. Die Situation bei der einspurigen AareBrücke ist tatsächlich gefährlich, und es drängt sich eine rasche Lösung auf. Auch die Überprüfung des Kreisels Rotholz drängt sich auf. Die Euphorie des früheren Baudirektors für solche Lösungen, also die Lösung durch Kreisel, ist hinlänglich bekannt. Tatsächlich macht ein Kreisel oft Sinn, aber eben nicht immer. In diesem Fall sind erhebliche Zweifel angebracht; daher macht eine nochmalige sorgfältige Prüfung Sinn. Grundsätzlich findet es die SP problematisch, wenn ein Regierungsrat unter dem Druck eines drohenden Gerichtsverfahrens Versprechungen macht, die dann im weiteren Projektverfahren zur Makulatur werden. In einem demokratischen Rechtsstaat ist das keine gute Politik. Die SP unterstützt das Postulat. Eugen Frunz, SVP, Obersiggenthal: Die SVP wird das Postulat ablehnen. Ich möchte hier nicht auf die Polemik eingehen, die Sämi Richner mit einem früheren Regierungsrat in dieser Sache gehabt hat. Es gab Auseinandersetzungen in Bezug auf die sachlichen Inhalte der Problemlösungen der angeführten Teilstücke. Zur Begründung: Meine Damen und Herren, inzwischen sind Fakten auf dem Tisch; und aufgrund dieser ist eine Beurteilung vorzunehmen. Es gibt viele Aspekte, und ich gehe nicht einzeln auf diese ein; Sie haben den Vorstoss gelesen. Die verlangte Ausarbeitung eines Gesamtkonzepts verursacht grössere Probleme. Ein Stopp der Ausbau- und Sanierungsplanungen sowie eine Neubeurteilung 4. November 2014 Art.-Nr. 0646 1721 der Gesamtsituation machen keinen Sinn. Es ist besser, die punktuellen Planungen weiterzuführen. Ich bitte Sie wirklich, hier die Gesamtlösung zu betrachten, und die Problematiken, die hiermit verbunden sind – vor allem mit dem Eigentum der Brücken – zu berücksichtigen. Wir finden das Auseinanderbrechen und nochmalige Aufrollen des politischen Prozesses, welche kaum zu einer besseren Lösung führen werden, sehr problematisch. Sämi Richner, es tut mir leid, Ihnen heute kein Abschiedsgeschenk machen zu können. Aber ich weiss auch, dass Sie dieses gar nicht akzeptieren würden, weil das politischer Filz wäre. Und ich nehme an, dass Sie das auch heute ertragen können. Sämi Richner, EVP, Auenstein: Warum geht es bei der Ergänzung der Aare-Brücke von Rupperswil und Auenstein nicht vorwärts? Diese Ergänzung wurde eigentlich versprochen, auch als Gegenleistung. Aufgrund dieses Versprechens haben wir keine Beschwerde eingereicht. Warum geht es nicht vorwärts? Es ist richtig, dass diese Brücke von Auenstein und Rupperswil dem Kraftwerk gehört. Doch der Kanton könnte sie bald übernehmen. Wenn das Kraftwerk sie reparieren würde, könnte der Kanton sie gratis übernehmen. Dann würde es vorwärts gehen. Aber der Kanton möchte noch ein bisschen Geld vom Kraftwerk; deshalb geht es nicht vorwärts. Ich muss sagen, in Auenstein herrscht nur Kopfschütteln, dass man im Rotholz für 3,1 Millionen Franken einen Kreisel bauen lässt, den niemand für nötig hält. Dafür hat man Geld. Aber die Brücke vorzeitig übernehmen und so auf ein paar Franken verzichten, das möchte man nicht. Das begreifen wir Auensteiner nicht. Es betrifft eben vor allem Auenstein. Wenn die Kinder aus Rupperswil in die Badi möchten, sind aber auch sie betroffen. Ich bin überzeugt, wenn wir vor Gericht gegangen wären, hätte dies hohe Kosten verursacht, und der Auenpark wäre noch nicht gebaut worden. Dies wäre sicher schade. Wenn man jedoch auf rechtliche Schritte verzichtet, sollte man annehmen können, dass sich der Regierungsrat an seine Zusagen hält, die er in einem Schreiben machte, welches in einer Mediation entstanden ist. Ich weiss nicht, um wie viel Geld es bei der Brücke geht – vielleicht 100'000 Franken oder so. Aber man könnte ja stattdessen auf den unnötigen Kreisel verzichten. Ich komme nochmals auf den Kreisel zurück. An diesem Standort besteht kein Problem wegen zu hohen Verkehrsfrequenzen. Um 18.00 Uhr, wenn man in Hunzenschwil kaum über die Strasse gelangen kann, besteht an besagtem Standort kein solches Problem. Dann müsste man ja überall Kreisel bauen. Das begreife ich nicht ganz. Offensichtlich hat der Kanton zu viel Geld. In der Strassenkasse ist offensichtlich noch sehr viel Geld vorhanden; deshalb kann man so etwas bauen. Aber eigentlich ist es mir ein Anliegen, dass es endlich vorwärts geht mit dieser Brücke. Dies ist auch das nahezu einstimmige Anliegen aus Auenstein. Deshalb plädiere ich für ein Ja. Stephan Attiger, Regierungsrat, FDP: Ich habe Verständnis für Sämi Richner und den Vorstoss. Nur, der Vorstoss zielt in die falsche Richtung. Ich habe Verständnis, dass man das Projekt bei der Brücke beschleunigen will. Dafür habe ich wirklich Verständnis. Ich habe jedoch kein Verständnis dafür, dass man jetzt die Sanierung der Kantonsstrasse mit dem neuen Projekt infrage stellt. Der Kreisel führt dazu, dass wir eine Kreuzung weniger haben. Ich möchte daran erinnern, dass die Gemeindeversammlung Rupperswil am 23. November 2012 dem Kreditanteil der Gemeinde von über 1,0 Million Franken zugestimmt hat. Eine Gemeindeversammlung stimmt nicht einem Kredit von über 1,0 Million Franken zu, wenn es diesen nicht braucht. Da bitte ich Sie wirklich, die demokratischen Prozesse zu respektieren. Die Gemeindeversammlung hat den Kredit genehmigt. Demzufolge bitte ich darum, das Projekt jetzt nicht wieder infrage zu stellen. Für den Ausbau der Brücke habe ich Verständnis. Jetzt ist es aber so – und ich kann einfach die heutige Situation beurteilen – dass der Konzessionär nicht bereit ist, eine Lösung für die Brücke zu diskutieren, wenn nicht über die Gesamtkonzession verhandelt werden kann. Die Brücken gehören heute dem Kraftwerk. Die Konzession läuft im Jahr 2018 aus. Wir sind jetzt am Verhandeln für die neue Konzession. Selbstverständlich will der Konzessionär eine Verlängerung; er will natürlich ein Pfand nicht frühzeitig hergeben. 4. November 2014 Art.-Nr. 0646 1722 Wir haben die Projektierung aber gestartet; so verlieren wir keine Zeit. Sobald wir die Brücke ins Eigentum übernehmen können, können wir das Projekt schnell realisieren. Die Projektierung ist gestartet. Wir wollen vorwärts machen, aber die Brücke muss Eigentum des Kantons sein. Ich persönlich habe mit dem Eigentümer verhandelt. Er will eine gesamtheitliche Lösung, was aus seiner Sicht ja auch verständlich ist. Ich bin überzeugt, wenn wir die Verhandlungen jetzt nach der Projektierung weiterführen, verlieren wir nicht allzu viel Zeit. Aber ich gebe zu, das Versprechen, das damals gemacht wurde, wurde nicht eingehalten. Darum habe ich Verständnis für den Vorstoss. Aber der Vorstoss beinhaltet auch Angelegenheiten, die wir jetzt nicht mehr ändern können. Ich bitte Sie wirklich, zu respektieren, dass die Gemeinde jetzt vorwärts machen will. Die Kantonsstrasse müssen wir jetzt sanieren; der Belag ist über 40-jährig. Wir können das nicht aufschieben. Wir müssen die Strasse sanieren, wir müssen die Knoten sanieren. Deshalb sage ich wirklich zu, dass wir bei der Brücke vorwärts machen. Ich bitte Sie aufgrund dieser Überlegungen, das Postulat entweder zurückzuziehen oder abzulehnen. Leider kann ich Sämi Richner auch kein Geschenk machen. Mir wäre ein Chanson fast lieber gewesen als dieses Postulat. Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Der Regierungsrat empfiehlt Ablehnung des Postulats. Der Postulant hält an der Überweisung fest. Abstimmung Das Postulat wird mit 72 gegen 32 Stimmen abgelehnt. 0647 Interpellation Sämi Richner, EVP, Auenstein, vom 3. Juni 2014 betreffend Entsorgung des bei der Ausbaggerung des Klingnauer Stausees anfallenden gifthaltigen Sedimentschlamms; Beantwortung und Erledigung (vgl. Art. 0489) Mit Datum vom 27. August 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet. Vorbemerkungen Der Grosse Rat fasste am 8. November 2011 seinen Beschluss für das Projekt zur Reaktivierung des Seitenarms im Klingnauer Stausee. Dem Kredit von 2,44 Millionen Franken lag das damalige Bauprojekt 2010 zugrunde. Dieses Projekt sah eine vollständige Wiedereinleitung der Sedimente in den Rhein im Umfang von ca. 40'000 m3 vor. In der Zwischenzeit wurde das Projekt verbessert und wird von vielen Beteiligten grundsätzlich positiv beurteilt. Das neue Bauprojekt 2014 lag vom 26. Mai 2014 bis zum 25. Juni 2014 öffentlich auf. Die im Rahmen der öffentlichen Auflage eingegangenen Einwendungen und Rückmeldungen werden geprüft. Zur Frage 1: "Bereits bei der Beratung der Kreditvorlage habe ich den Regierungsrat auf die alternative Entsorgungsmöglichkeit durch mechanisch physikalische Trennung der Sedimente hingewiesen. Das Material für den neuen unterirdischen Durchmesserbahnhof in Zürich wurde flüssig an die Oberfläche befördert und anschliessend in einer Anlage getrennt. Nach der Kreditsprechung hat sich noch ein zweites Ingenieurbüro bei mir gemeldet, welches eine saubere Entsorgungstechnik im Angebot hat. Dieser zweite Anbieter wurde via Aarg. Fischereiverband dem Kanton bekannt gemacht." Zur Frage 1.1: "Hat der Kanton bei diesen alternativen Entsorgungsanbietern Offerten eingeholt?" Der Bauauftrag zur Realisierung des Seitenarms im Klingnauer Stausee unterliegt dem Submissionsdekret und muss öffentlich ausgeschrieben werden. Die Entsorgung ist ein wichtiger Projektbestandteil. Aus vergaberechtlicher Sicht ist das Einholen von Offerten bei potenziellen Auftragnehmern vor der öffentlichen Ausschreibung zu unterlassen. Allerdings enthalten die mit der Submission 4. November 2014 Art.-Nr. 0646 1723 des Bauprojekts 2010 eingereichten Offerten Entsorgungsvarianten im Sinne der Frage des Antragstellers. Zur Frage 1.2: "Wenn ja, wie hoch wären die Kosten?" Eine gesamthafte Entsorgung der anfallenden Sedimentmenge von insgesamt 28'000 m3 wurde als Option geprüft und mit der Begleitkommission diskutiert. Die Projektkosten würden sich in diesem Fall auf etwa 3,7 Millionen Franken belaufen. Zur Frage 1.3:"Wenn nein, ist der Kanton bereit dieses Versäumnis nachzuholen?" -/- Zur Frage 2: "In jüngster Zeit haben Forschungsanstalten auf einen eigentlichen Giftcocktail in unseren Gewässern aufmerksam gemacht. Dafür seien viele verschiedene Stoffe in kleinen Mengen verantwortlich, von der Antibabypille bis zu den Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft. Deshalb soll in den Kläranlagen eine zusätzliche Reinigungsstufe eingebaut werden. Aber auch die neuen Gewässerraumvorschriften lassen grüssen. Das obwohl die Vorschriften betreffend Einnahme der Pillen immer eingehalten, jeder Landwirt der Pflanzenschutzmittel einsetzt eine Spezialprüfung bestanden haben muss. Aber auch sein Ausbringgerät, die Spritze, muss regelmässig die Prüfung bestehen." Zur Frage 2.1: "Ich erwarte vom Regierungsrat eine wissenschaftlich fundierte Antwort, weshalb die leicht unter dem Grenzwert mit Schwermetallen, PAK (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) und PCB (po-lychlorierte Biphenyle) belasteten 20'000 Kubikmeter nicht zu diesem Giftcocktail beitragen sollen (PCBs sind hochgiftig, krebsfördernd und akkumulieren sich in der Nahrungskette)?" Die chemische wie auch die ökomorphologische Qualität der Aargauischen Gewässer ist dem Regierungsrat wichtig. Aus diesem Grund wurde im Klingnauer Stausee eine detaillierte Beprobung der angelandeten Sedimente im geplanten Seitenarm durchgeführt, um ein umfassendes Bild der in den Sedimenten enthaltenen Stoffe zu erhalten. In Abstimmung mit dem Bundesamt für Umwelt werden für die zur Wiedereinleitung vorgesehenen Sedimente die Empfehlungen der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) vorsorglich berücksichtigt. Die IKSR sieht für die chemische Belastung der Sedimente eine Klassifizierung mit fünf Belastungsstufen (blau, grün, gelb, orange, rot) vor. Nur bei Sedimenten mit oranger und roter Einstufung liegt eine relevante Belastung vor. Die Mittelwerte der Ergebnisse der Sedimentuntersuchungen innerhalb des projektierten Seitenarms liegen allesamt unterhalb der Grenze für eine relevante Belastung. Konkret: Die Werte der Schwermetalle und PAK liegen im blauen Bereich. Die Belastung mit PCB liegt im gelben Bereich und somit ebenfalls unterhalb der Grenze für eine relevante Belastung. Die Betrachtung der Einzelproben zeigt jedoch, dass knapp ein Drittel der Proben eine relevante Belastung mit PCB aufweisen. Die relevanten Belastungen sind räumlich konzentriert und vorrangig in drei Bereichen anzutreffen. Diese Bereiche werden ausgebaggert und in Deponien entsorgt. Dadurch wird die chemische Belastung der wieder einzuleitenden Sedimente stark reduziert und dem Vorsorgeprinzip wird mit entsprechenden Mehrkosten zusätzlich Rechnung getragen. Zur Frage 3: "Jahr für Jahr nimmt der Kanton Aargau über 40 Millionen Franken (2013 44,7) an Wasserzinsen ein. Ich bin daher der Meinung, dass es mehr als gerechtfertigt ist giftige Sedimente anständig zu entsorgen, auch wenn es etwas mehr kostet. Weshalb teilt der Regierungsrat die Meinung des Interpellanten nicht?" 4. November 2014 Art.-Nr. 0647 1724 Der Regierungsrat teilt die Auffassung des Interpellanten, dass giftige Sedimente anständig zu entsorgen sind und setzt dies im vorliegenden Fall entsprechend den geltenden gesetzlichen Bestimmungen um (vgl. Antwort 2.1). Zur Frage 4: "Der Fischerverein Turgi-Siggenthal besitzt einen Fischteich. Ein Bach fliesst hinein und dieser bringt nicht nur Wasser sondern auch Geschiebe und Feinmaterial mit. Jahrelang wurden Forellen gezüchtet und der Öffentlichkeit zum Verkauf angeboten. Die Sedimente wurden durch "Weiherspülungen" alle paare Jahre dem Unterlauf übergeben. Bis der Kanton verlangte, dass wenn der Verein Fische im Teich grossziehe (sozusagen "mäste") und verkaufe, die Sedimente von einer Spezialfirma abgesaugt und als Sondermüll entsorgt werden müsse. Verständlicherweise verzichtet der Verein seither auf die Fischzucht und den Fischverkauf aus ihrem Teich. Es kann angenommen werden, dass die jungen Sedimente im Teich im Vergleich zu jenen im Klingnauer Stausee praktisch unbelastet waren und trotzdem wurden vom Kanton drastische Massnahmen verhängt." Zur Frage 4.1: "Wie begründet der Regierungsrat diese Anordnung im Lichte der Ausbaggerung des Klingnauer Stausees?" Grundsätzlich sind die Sedimente in einer Fischzucht organischer Natur. Durch die Fütterung gelangen grössere Mengen Nährstoffe in den Teich. Die Sedimente enthalten in der Folge grosse Mengen Nährstoffe (Ausscheidungen der Fische und deren Abbauprodukte). Solche Stoffe führen zu einer Überdüngung, Sauerstoffzehrung und Veränderung des pH-Werts. Dies stellt nun die relevante Belastung aus Sicht des Gewässerschutzes dar, weshalb die Ableitung der Sedimente in ein öffentliches Gewässer nicht bewilligungsfähig ist. Es hat schon Fälle von Fischsterben (wegen Sauerstoffmangel im Gewässer) durch die Ableitung solcher Sedimente gegeben. Diese Belastung kann nicht mit der stofflichen Belastung in den Sedimenten im Klingnauer Stausee verglichen werden. Zur Frage 4.2: "Wird da nicht mit verschiedenen Ellen gemessen? Sieht der Kanton den Splitter im Auge des Kleinen, aber seinen Balken im Auge nicht?" Der Fischereiverein verzichtete nicht wegen den kantonalen Auflagen auf den Betrieb der Fischzucht mit kommerzieller Nutzung sondern wegen der Gebührenerhöhung aus dem Jahr 2002. Die jährlichen Nutzungsgebühren für einen Weiher von 500 m2 betragen bei einer kommerziellen Nutzung Fr. 600.– pro Jahr, bei einem Fischweiher ohne kommerzielle Nutzung hingegen lediglich Fr. 200.– pro Jahr. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 2'166.–. Sämi Richner, EVP, Auenstein: Ich beginne mit der vierten Frage; diese ist ein wenig einfacher. Der Fischerverein Turgi-Siggenthal hatte einen Fischteich. Einen Teich hat er immer noch, aber Fische hat es darin keine mehr. Der Fischerverein hatte eine extensive Fischzucht. Periodisch machte er Spülungen; es gab jedoch nie Probleme. Der Kanton verfügte dennoch, dass die Sedimente durch eine Spezialfirma entsorgt werden müssten. Diese Kosten wären ins Unermessliche gestiegen. Wenn man jemanden von Möriken mit seiner Entsorgungsfirma hätte kommen lassen müssen, gäbe das teure Forellen. Diese wären fast unbezahlbar geworden. In der Antwort steht, die Forellen wären aufgrund der Erhöhung der Nutzungsgebühr von 200 Franken auf 600 Franken, welche im Jahr 2002 stattgefunden hat, zu teuer geworden. Diese Antwort ist falsch. Diese 400 Franken hätte der Fischerverein mit dem Fischverkauf problemlos aufbringen können. So komme ich bereits zum Schluss. Der Kanton sieht Splitter, aber den Balken in seinen Augen nicht. Ich komme nun zur Hauptfrage meiner Interpellation: Warum tragen PCB (Polychlorierte Biphenyle) im Sedimentmaterial vom Klingnauer Stausee, das in den Rhein gelangt, zum Cocktail bei, diejenigen vom Kanton aber nicht? Diese Frage wurde nicht beantwortet. Stattdessen wurde eine frühere Antwort einfach hinein kopiert. 4. November 2014 Art.-Nr. 0647 1725 Bei meinen Recherchen bin ich jedoch auf ein relevantes Dokument gestossen: Das Stockholmer Abkommen aus dem Jahre 2004, welches die Schweiz ratifiziert hat. Dieses ist eine internationale Vereinbarung über das sogenannte "dreckige Dutzend", in der Fachsprache "persistent organic pollutants (pop)". Das Stockholmer Abkommen besagt, dass man diese auf keinen Fall in die Umwelt gelangen lassen sollte, und zwar in keinerlei Konzentration – so habe ich es zumindest verstanden. Die Entsorgung nach Aargauer Art, den Dreck in den Rhein zu pumpen, auch in geringer Konzentration, verstösst meines Erachtens gegen das Stockholmer Abkommen, das höher zu werten ist als die Empfehlung der internationalen Kommission zum Schutz des Rheins. Ich befürchte, die Gerichte werden entscheiden, wie die Sedimente zu entsorgen sind – falls man überhaupt baggern will. Das ist eine andere Frage. Aber ich meine, es wäre gescheiter, das Geld für die teurere und sauberere Variante einzusetzen und die Entsorgung sauber durchzuführen, als es den Anwälten zu geben. Es kostet zwar ein wenig mehr. Aber wenn man weiss, welchen Betrag der Kanton Aargau jährlich an Wasserzinsen einnimmt – 40 bis 45 Millionen Franken – sollte man sich eine saubere Entsorgung leisten können. Mit der Antwort bin ich nicht zufrieden. Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Der Interpellant erklärt sich mit der Antwort nicht zufrieden. Das Geschäft ist erledigt. 0648 Auftrag der Fraktion der Grünen vom 25. März 2014 betreffend Erneuerung Gründungsvertrag der Nordostschweizerischen Kraftwerke AG (NOK); Ablehnung (vgl. Art. 0397) Mit Datum vom 25. Juni 2014 beantragt der Regierungsrat, den Auftrag mit folgender Begründung abzulehnen: Die Axpo Holding AG ist der gemeinsame Stromproduzent der Nordostschweizer Kantone und befindet sich zu 100 % im Eigentum der öffentlichen Hand. Der Kanton Aargau ist an dem Unternehmen mit 14 % direkt beteiligt. Weitere 14 % werden von der AEW Energie AG gehalten. Die AEW Energie AG gehört zu 100 % dem Kanton Aargau. Das Aktienkapital von 370 Millionen Franken setzt sich wie folgt zusammen: Kanton Zürich Elektrizitätswerke des Kantons Zürich (EKZ) Kanton Aargau AEW Energie AG 18,342 % 18,410 % 13,975 % 14,026 % St. Gallisch-Appenzellische Kraftwerke (SAK) 12,501 % Elektrizitätswerk Kanton Thurgau (EKT) Kanton Schaffhausen Kanton Glarus Kanton Zug 12,251 % 7,875 % 1,747 % 0,873 % Wie für sämtliche Beteiligungen des Kantons hat der Regierungsrat auch für die Axpo Holding AG und die AEW Energie AG jeweils eine Eigentümerstrategie verfasst.2 Die Eigentümerstrategien wurden am 12. September 2008 dem Grossen Rat als Planungsbericht zugestellt und am 29. Oktober 2008 infolge der Finanzmarktkrise zur Neubeurteilung zurückgezogen. Die Rahmenbedingungen im Energiesektor haben sich zwischenzeitlich weiter grundlegend verändert und sind in elementaren Bereichen noch nicht klar festgelegt (zum Beispiel Strommarktliberalisierung, Energieabkommen EU, Energiestrategie 2050 etc.). Wie bei jeder Aktiengesellschaft, liegt es in der Verantwortung des Verwaltungsrats, auf Basis der gesetzlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen die Unternehmensstrategie an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. Als Grundlage dazu sollen die Eigentümerstrategien 2 https://www.ag.ch/de/dfr/finanzen/beteiligungen/eigentuemerstrategien/eigentuemerstrategien_1.jsp 4. November 2014 Art.-Nr. 0647 1726 des Kantons Aargau für die Axpo Holding AG (Direktbeteiligung) und die AEW Energie AG (IndirektBeteiligung) dienen. Die Eigentümerstrategie soll festlegen, welche Ziele und Stossrichtungen der Kanton im Rahmen seiner Beteiligung in den Verwaltungsrat einbringen soll. Aufgrund der Eigentümerverhältnisse (28 %-Anteil) ist der Kanton Aargau auf die Zusammenarbeit mit weiteren Eigentümern angewiesen. Der Regierungsrat verfolgt die Absicht, die Eigentümerstrategie in den nächsten Monaten zu überarbeiten und dabei auch die anderen Eigentümerkantone einzubeziehen. Sollte es sich dabei zeigen, dass eine Vertragsanpassung des NOK-Gründungsvertrags sinnvoll und notwendig ist, würden die notwendigen Schritte unter Einbezug der übrigen Aktionäre eingeleitet. Der Auftrag fordert, dass der Regierungsrat dem Grossen Rat innert drei Jahren einen neuen Konkordatsvertrag vorzulegen hat. Mit dem neuen Vertrag müssen alle Partner (9 Kantone) einverstanden sein. Die Verhandlungen sind anspruchsvoll und aufwendig. Entsprechende Erfahrung wurden mit dem vergleichbaren Projekt Hexagon3 gemacht. Es ist unrealistisch, dass die geforderte Frist von 3 Jahren eingehalten werden kann. Der Regierungsrat lehnt deshalb den Auftrag ab. Zu den Begründungen und Zielen für einen erneuerten NOK-Gründungsvertrag nimmt der Regierungsrat im Einzelnen wie folgt Stellung: Die Axpo hat sich auf die neue Situation eingestellt. Sie ist im teilgeöffneten Markt bereits positioniert. Ihre Tochterunternehmen im Ausland unterstehen europäischem Recht. Als Miteigentümer beurteilt der Kanton Aargau die Risiken im Rahmen der Eigentümerstrategie. Das Risikomanagement der Axpo analysiert das unternehmerische Gesamtrisiko innerhalb der Vorgaben des Verwaltungsrats. Der Kanton Aargau ist über seine Vertreter im Verwaltungsrat der Axpo Holding umfassend über die aktuelle Risikosituation des Konzerns informiert. Der NOK-Gründungsvertrag aus dem Jahr 1914 ist zwischenzeitlich in einigen Bereichen nicht mehr aktuell. Für die Versorgungssicherheit haben wesentliche Elemente aber nach wie vor ihre Gültigkeit (zum Beispiel Liefer- und Abnahmeverpflichtungen, Verbot Aktienverkauf an Dritte etc.). Die überholten Paragrafen verursachen in der Praxis keine Einschränkungen. Der NOK-Gründungsvertrag stellt die Basis der Zusammenarbeit zwischen den Eigentümern dar. Es ist sinnvoll, zuerst in einer Eigentümerstrategie die Ziele und Stossrichtungen festzulegen. Erfahrungen bei dem Projekt Hexagon haben gezeigt, wie wichtig ein gemeinsames Vorgehen ist. Das wirtschaftliche und regulatorische Umfeld stellen die Axpo und die Kantonswerke vor grosse Herausforderungen. Dies betrifft insbesondere die Vertriebsstrukturen, wo mögliche Synergien zu nutzen sind. Entsprechenden Abklärungen werden gegenwärtig durchgeführt. Zu den im Energiegesetz formulierten Zielen leistet die Axpo bereits heute wesentliche Beiträge. So steht eine sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Stromversorgung auch bei der Axpo an erster Stelle. Die Axpo ist die grösste Produzentin erneuerbarer Energie in der Schweiz, besitzt im Aargau vier Wasserkraftwerke und ist an weiteren sieben beteiligt. Mit dem Bau des Pumpspeicherwerks "Linthal 2015" mit einer elektrischen Leistung von 1'000 MW leistet die Axpo einen wichtigen Beitrag zur Vorhaltung von Leistung für eine sichere Stromversorgung. Die Botschaft zum ersten Massnahmenpaket zur Energiestrategie 2050 wurde dem Bundesparlament zur Beratung unterbreitet. Das Ergebnis der Beratung liegt noch nicht vor. Aussagen im Zusammenhang mit der Axpo wären zum heutigen Zeitpunkt verfrüht. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'517.–. Gertrud Häseli, Grüne, Wittnau: Wir sind Mitbesitzer der Axpo, unserem Energieversorger. In Zusammenarbeit mit neun Kantonen wird elektrische Energie produziert und damit gehandelt. Die 3 Projekt "Hexagon" verfolgte 1999–2003 den Zusammenschluss der an der Axpo beteiligten Kantonswerke mit der NOK unter dem Dach der Axpo Holding. Nachdem das Zürcher Stimmvolk in einer Volksabstimmung vom 10. Juni 2001 die Umwandlung seines Elektrizitätswerks in eine Aktiengesellschaft abgelehnt hatte, wurde das Projekt aufgegeben. 4. November 2014 Art.-Nr. 0648 1727 Grundlage der Zusammenarbeit ist im 100-jährigen NOK-Vertrag (Nordostschweizerische Kraftwerke AG) geregelt. Die Regierung betont, der Vertrag sei nicht hinderlich für die Zusammenarbeit. Ist er aber förderlich? Wir stellen fest: Nein. Produktion und Handel haben sich in den letzten 100 Jahren sehr verändert und müssen sich in den nächsten 30 Jahren noch stark verändern. Leider will sich niemand bewegen. Die Energiepreise sind im Keller, die Stromproduktion mit Wasserkraft lohnt sich nicht mehr. Billigstrom aus Braunkohle und aus den AKWs (Atomkraftwerken) überschwemmt unseren Markt. Unserer Meinung nach muss die Nachfolgerin der NOK, die Axpo, es sofort an die Hand nehmen, sich neue Regeln zu geben. Stromproduktion in der Schweiz muss sich wieder lohnen. Auch ausländische CO2-Bilanzen müssen uns interessieren, und im Preis für Atomstrom müssen alle Kosten enthalten sein. Wir dürfen nicht Energie auf Kosten unserer Kinder nutzen. Die Neufassung dieses Regelwerks muss ein Schritt in die richtige Richtung sein. Die Axpo braucht ein neues Geschäftsmodell. Wir bitten Sie, unserem Auftrag zuzustimmen. Rolf Ryser, SVP, Würenlingen: Einmal mehr müssen wir hier leeres Stroh dreschen, statt unsere wertvolle Zeit sinnvollen Aufgaben zuwenden zu können. Die wahren Hintergründe zu diesem Auftrag dürften wohl allen hier im Saal bekannt sein. Selbstverständlich sind wir von der SVP gegenüber Neuerungen mehr als offen. Aber was macht es für einen Sinn, einen Gründungsvertrag aus dem Jahr 1914 neu zu fassen, der noch nie, noch gar nie, Anlass zu Problemen gegeben hat? Oder muss ich sagen, zu verschlimmbessern? Es geht doch den Grünen nicht in erster Linie um formale Anpassung, sondern um eine Behinderung der mehr oder weniger freien Marktwirtschaft. Die gut funktionierende Unternehmensstrategie der heutigen Axpo an veränderte Rahmenbedingungen, sprich erneuerbare Energien, anzupassen, liegt einzig und allein in der Verantwortung des Verwaltungsrats. Und dieser ist von den sieben Gründungskantonen gewählt und macht seine Sache ausgezeichnet. Und wir wollen nun, wenn es nach dem Willen der Grünen geht, mit dem Einbezug der Politik eine ausgezeichnet funktionierende Führungsstruktur behindern. Das kann doch nicht sein. Das wollen und dürfen wir nicht. Nur nebenbei gesagt: Die Axpo ist die grösste Produzentin erneuerbarer Energien in der Schweiz. Sie besitzt alleine im Aargau vier Wasserkraftwerke und ist an sieben weiteren beteiligt. Zudem leistet die Axpo mit dem Bau des Pumpspeicherwerks Linthal 2015, mit einer elektrischen Leistung von 1000 Megawatt, einen überaus wichtigen Anteil zur Speicherung von Leistung für eine sichere Stromversorgung. Wir sehen zum heutigen Zeitpunkt absolut keinen Grund, auf den Auftrag der Grünen einzutreten und lehnen diesen vollumfänglich ab. Barbara Portmann-Müller, GLP, Lenzburg: Ich mache es kurz: Die Grünliberalen sehen den Handlungsbedarf nach diesen vielen Jahren, die da vergangen sind; die Formulierungen sind wirklich etwas lustig. Hingegen können wir dem Auftrag nicht zustimmen, so wie er formuliert ist, mit der Klausel "innert dreier Jahre". Wir schlagen den Auftragsverfassern, den Grünen, vor, diese drei Wörter zu streichen. Das kann man ja beim Auftrag im Laufe der Debatte. Dann könnten wir dem Auftrag zustimmen, ansonsten müssen wir ihn ablehnen; wir erachten das schlichtweg als nicht möglich. Martin Christen, SP, Spreitenbach: Die SP-Fraktion unterstützt einstimmig den Auftrag der Grünen, den NOK-Vertrag anzupassen, den Regierungsrat zu verpflichten, Verhandlungen aufzunehmen und innert dreier Jahre, oder auch vier oder fünf, einen neuen Konkordatsvertrag vorzulegen. Den regierungsrätlichen Argumenten, warum der Auftrag abzulehnen sei, können wir nur teilweise respektive kaum respektive nicht folgen. Offenbar lehnt er diesen Vorstoss einzig und allein aufgrund Punkt 3 ab, der ihm eine 3-jährige Frist für einen erneuerten Konkordatsvertrag setzt; den übrigen Punkten stimmt er ja eigentlich zu. Er unterstützt diese ja, indem er zum Beispiel auf Seite 2 schreibt, dass er sowieso die Absicht habe, unter Einbezug der anderen Eigentümerkantone die Eigentümerstrategie zu überarbeiten und dabei auch eine Vertragsanpassung des NOKGründungsvertrags zu überprüfen. 4. November 2014 Art.-Nr. 0648 1728 Die gegenwärtigen Abschreibungen in Milliardenhöhe, die zahlreichen Entlassungen und die zu erwartenden Verluste zeigen in aller Deutlichkeit, dass es die Axpo in der Vergangenheit verpasst hat, das Stromgeschäft mittel- und langfristig den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen und zukunftsgerichtet und auf erneuerbare Energien setzend ins 21. Jahrhundert zu führen. Bitte unterstützen auch Sie diesen Auftrag der Fraktion der Grünen. Dr. Martina Sigg, FDP, Schinznach: In einem Punkt müssen wir der Grünen Partei Recht geben: Sie verlangt, dass der Gründungsvertrag der Nordostschweizerischen Kraftwerke AG aus dem Jahr 1914 nach 100 Jahren zu erneuern sei und den heutigen Gegebenheiten angepasst werden muss. Heute agiert das Unternehmen der Nordostschweizer Kantone ohne politisch definierten Auftrag. Die im Vertrag aus dem Jahr 1914 vorgesehene Verpflichtung zur günstigen Abgabe von Strom an die Kantonswerke wird durch die vollständige Marktliberalisierung ohnehin aufgehoben. Vonseiten der Axpo wird erklärt, dass zwischen ihr, Kantonen und Kantonswerken ein Konsens bestehe, wonach der NOK-Vertrag gar nicht mehr im Wortlaut umgesetzt werden könne, sondern die Grundzüge sinngemäss den neuen Erfordernissen angepasst würden. Vorstösse der FDP, der letzte im Jahr 2009, eine neue Eigentümerstrategie auszuarbeiten, sind leider im Sand verlaufen. Es besteht Handlungsbedarf. Die Rahmenbedingungen im Energiesektor haben sich zwischenzeitlich grundlegend verändert und sind in elementaren Bereichen noch nicht klar festgelegt. Die Festlegung der Unternehmensstrategie ist Aufgabe des Verwaltungsrats der Axpo, wie bei jeder Aktiengesellschaft. Als Grundlage dienen dazu unter anderem die Eigentümerstrategien des Kantons Aargau für die Axpo Holding und die AEW Energie AG. Aufgrund der Eigentümerverhältnisse ist der Kanton Aargau auf die Zusammenarbeit mit den anderen Eigentümern angewiesen. Eine neue Eigentümerstrategie muss wohl überlegt und frei von ideologischen Vorstellungen sein. Sonst wird der Stromkonzern handlungsunfähig. Zudem wäre der Regierungsrat angesichts der fortschreitenden Marktliberalisierung schlecht beraten, ein neues Konkordat auszuarbeiten, so wie es der Auftrag fordert. Der Regierungsrat verfolgt laut Antwort zum Auftrag die Absicht, die Eigentümerstrategie in den nächsten Monaten zu überarbeiten und dabei auch die anderen Eigentümerkantone einzubeziehen. Als Basis dient dabei die Energiestrategie 2050 des Bundes. Wir warten das Ergebnis dieser Verhandlungen ab und lehnen zusammen mit dem Regierungsrat den Auftrag der Grünen ab. Esther Gebhard-Schöni, EVP, Möriken-Wildegg: Namens der EVP kann ich es kurz machen: Wir glauben auch, dass es Anpassungen brauchen wird. Aber die Energiepolitik ist in Bewegung. Es ist wichtig, sich in einer solchen Phase den Handlungsspielraum zu bewahren. Für die Erneuerung des Vertrags ist aus unserer Sicht jetzt nicht der richtige Zeitpunkt; deshalb lehnt die EVP den Auftrag ab. Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Die Sprecherin der Fraktion der Grünen, Gertrud Häseli, hat mir mitgeteilt, dass sie im Namen der Auftragsteller Ziffer 3 des Auftrags abgeändert haben möchte. Der Passus "innert dreier Jahre" soll gestrichen werden. Ziffer 3 lautet neu "Der Regierungsrat hat dem Grossen Rat einen erneuerten Konkordatsvertrag vorzulegen." Diese Änderung ist gemäss § 41 Abs. 4 des Geschäftsverkehrsgesetzes möglich. Ich bitte den Baudirektor um eine Stellungnahme. Stephan Attiger, Regierungsrat, FDP: Ich fange beim Antrag an. Die Streichung der Klausel "innert dreier Jahre" ist eine Linderung, aber keine Heilung des Auftrags. Grundsätzlich würde ich den Antrag auch mit der Streichung "innert dreier Jahre" ablehnen. Warum? Ich glaube tatsächlich auch, dass der Gründungsvertrag nicht noch einmal 100 Jahre hält. Aber jetzt einen neuen Gründungsvertrag auszuarbeiten – es wurde gesagt – ist sicherlich kein idealer Zeitpunkt, und ich bin überzeugt, dass wir zuerst eine Eigentümerstrategie ausarbeiten müssten. Sie können nicht sagen, dass nichts unternommen wurde. Sie sehen das auch in den Unterlagen; man hat das Projekt Hexagon diskutiert. Da sehen Sie auch die Schwierigkeit, mit den verschiedenen Kantonen und Organisationen eine Einigung herbeizuführen. Hexagon ist gestorben. Wir müssen neue Ansätze finden, wie der Konzern zusammen mit den Kantonswerken in die Zukunft geht; und dies während der Strommarktliberalisierung, in der wir mittendrin stecken. 4. November 2014 Art.-Nr. 0648 1729 Die Axpo ist ja die Tochter der Kantonswerke, und nicht umgekehrt. Deshalb müssen wir über die Eigentümerstrategien der Kantonswerke die Eigentümerstrategie der Axpo finden; und dann, wenn wir das Konstrukt haben, allenfalls den Gründungsvertrag anpassen. Wir können froh sein, dass wir noch den Gründungsvertrag haben. Mit diesem wird wesentlich geregelt, wie die Zusammenarbeit funktionieren soll. Es ist so, die Formulierungen und Sprachmodi stimmen heute nicht mehr, aber inhaltlich sind wir gar nicht so weit weg vom Gründungsvertrag. Ich bitte Sie wirklich, alle drei Anträge abzulehnen. Zum Vorwurf, dass sich die Axpo nicht den neuen Herausforderungen stellt: Das muss ich zurückweisen. Die Axpo hätte es wie andere öffentliche Stromproduzenten machen können – Sie konnten es heute in der Zeitung lesen. Es gibt Konzerne, die haben ihre Geschäftserfolge damit verstärkt, dass sie Beteiligungen an Kohlekraftwerken gekauft haben. Das war bis jetzt nicht die Strategie der Axpo. Die Axpo steht insbesondere zur Wasserkraft und macht Investitionen in die Wasser- und die Windkraft. Ich bitte Sie, das zu respektieren. Die Situation ist schwierig, aber die Axpo hat sich besser verhalten als der Durchschnitt der Branche, auch wenn im Moment gerade in der Wasserkraft Abschreibungen anstehen. Ich bitte Sie, die Anträge abzulehnen, auch wenn "innert dreier Jahre" gestrichen wird. Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Wir stimmen somit über den geänderten Wortlaut des Auftrags ab. Sind Sie damit einverstanden? Dies scheint der Fall zu sein. Abstimmung Geänderte Fassung des Auftrags Die Überweisung des geänderten Auftrags wird mit 84 gegen 32 Stimmen abgelehnt. Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Nach Rücksprache mit Daniel Hölzle wird seine Motion aufgrund der fortgeschrittenen Zeit auf die nächste Sitzung verschoben. Sie sind damit einverstanden. Somit fahren wir mit Traktandum 26 weiter. 0649 Interpellation Martin Christen, SP, Spreitenbach, vom 25. März 2014 betreffend Altlasten der AKWs Beznau 1 und 2 auf dem Grund des Atlantik; Beantwortung und Erledigung (vgl. Art. 0402) Mit Datum vom 4. Juni 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet. Zur Frage 1: "Wie viele Fässer atomarer Abfälle (Gesamtgewicht?) wurden insgesamt von den AKWs Beznau 1 und 2 wann und wo im Atlantik versenkt?" Für die Schweiz hat in den Jahren 1969–1983 das Eidgenössische Institut für Reaktorforschung (EIR, heute Paul Scherrer Institut) an der Verklappung teilgenommen. Seit 1972 wurden auch Abfälle aus dem Kontrollbereich des Bundesamts für Gesundheit (Forschung, Industrie, Medizin) und aus den Kernkraftwerken (KKW) übernommen. Insgesamt wurden 7'420 Fässern mit einem Gesamtgewicht von 5'341 t versenkt. Über 99,9 % des Gewichts entfallen auf die Beton- und Stahlverpackung. Von den 5'341 t stammten rund 2'153 t (40,3 %) aus KKW. Wie gross der Anteil KKW Beznau 1 und 2 daran war, erschliesst sich aufgrund der uns zugänglichen Informationen nicht. Die Schweiz hat sich an internationalen Versenkungsaktionen beteiligt. Diese fanden an drei Standorten im Atlantik statt. Die versenkten schwach- und mittelaktiven Abfälle lagern auf einer durchschnittlichen Tiefe von 400 m. Die Standorte sind mindestens 700 km von den Küsten entfernt. 4. November 2014 Art.-Nr. 0648 1730 Zur Frage 2: "Wie setzte sich dieses radioaktive Material zusammen? Trifft es zu, dass ausschliesslich schwach- und mittelradioaktive Abfälle auf diese Weise "entsorgt" wurden? Kann ausgeschlossen werden, dass teilweise auch hochradioaktives Material dabei war? Kann ebenfalls ausgeschlossen werden, dass die Betreiber von Beznau 1 und 2 radioaktive Abfälle in anderen Meeren, z. B. im Mittelmeer, verklappen liessen?" Es wurden ausschliesslich schwach- und mittelaktive Abfälle, also keine hochaktiven Abfälle, versenkt. 85 % der versenkten Aktivitäten entfallen auf das Tritium. Es handelte sich hier vorwiegend um Abfälle aus der Herstellung von Leuchtfarben und Ionisationsmeldern für die Medizin, Industrie und Forschung. Tritium wird unter anderem zur Markierung bestimmter Substanzen verwendet. Uns ist nur die Verklappung im Nordatlantik bekannt. Zur Frage 3: "Ist bekannt, in welchem Zustand sich die vor Jahrzehnten im Meer versenkten Fässer heute befinden? Welche Gefahren können für welche Zeiträume von ihnen ausgehen?" Es war nie die Absicht, die Radioaktivität in den Fässern dauernd zurückzuhalten. Durch den Zerfall der kurzlebigen radioaktiven Stoffe (die geringe Radioaktivität der versenkten Abfälle baut sich innert weniger Jahrzehnte auf ein unbedenkliches Niveau ab) wurde die im Meer lagernde Menge an radioaktiven Stoffen deutlich verringert. Dies war Teil des damaligen Entsorgungskonzepts. Für die Meeresversenkung radioaktiver Abfälle sind von der Nuklear-Energie-Agentur (NEA) der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) und von der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) detaillierte Vorschriften und Richtlinien herausgegeben worden, welche den Abfallproduzenten vorgeschrieben haben, wie die radioaktiven Abfälle zu verfestigen und zu verpacken sind. Bei den damals im EIR und in den Kernkraftwerken gebräuchlichen Verfestigungs- und Verpackungsverfahren mussten diese Vorschriften umgesetzt werden. Während mehreren Jahren wurde ein internationales Überwachungsprogramm mit Schweizer Beteiligung durchgeführt. Dieses zeigte, dass die Versenkungen zu keinen unzulässigen Strahlenbelastungen geführt haben. Das "Coordinated Research and Environmental Surveillance Programme relevant to sea disposal of radioactive waste (CRESP)" der OECD ist 1981 zustande gekommen. Seit der Gründung hat sich die Schweiz mittels des "Programme de recherche océanique suisse pour l’élimination des déchets radioactifs (PROSPER)" aktiv am CRESP beteiligt. Aus dem Schlussbericht des CRESP ist zu entnehmen, dass die Versenkungsaktionen zu schwachen individuellen und kollektiven Strahlenexpositionen geführt haben. Diese Bewertung gilt auch für die Belastung der Meeresfauna. Eine Fortsetzung des Überwachungsprogramms hat die NEA aus diesem Grund und wegen des beschlossenen Verbots von weiteren Versenkungsaktionen aufgegeben. Zur Frage 4: "Wann wurde in unserem Kanton auf Regierungsebene erstmals von dieser Art des "Verschwindenlassens" atomaren Mülls Kenntnis genommen? Unterstützten die damaligen Regierungsräte diese billigste Form der "Endlagerung?" Im Zusammenhang mit der Erarbeitung des Atomgesetzes von 1960 (heute Kernenergiegesetz) wurde die Abfallfrage diskutiert. Eine IAEO-Expertengruppe kam im gleichen Jahr zum Schluss, dass schwach und mittelstark aktive Abfälle gefahrlos im Meer versenkt werden können, sofern gewisse Bedingungen eingehalten werden (Verdünnungsprinzip). Dem Regierungsrat war diese Art der Entsorgung bekannt. Aus heutiger Sicht wäre eine Verklappung von radioaktiven Abfällen nicht mehr gerechtfertigt. 4. November 2014 Art.-Nr. 0649 1731 Zur Frage 5: "Wie hoch waren die damaligen Gesamtkosten der Atommüll-Versenkung? Mit welchen Totalkosten müsste heute für die nach heutigem Wissensstand "sachgerechte" Entsorgung dieses atomaren Abfalls gerechnet werden?" Der Anteil der durch Abfälle aus den KKW verursachten Kosten betrug Fr. 1'200'792.–. In der Kostenstudie 2011 sind auch die Kosten für die Entsorgung hochaktiver Abfälle integriert. Aufgrund des vollständig neuen Entsorgungskonzepts ist ein Vergleich der Kosten nicht aussagekräftig. Zur Frage 6: "Wie beurteilt der Regierungsrat aus heutiger Sicht und unter Berücksichtigung der Erfahrungen mit der Sondermülldeponie Kölliken die damalige "aus-den-Augen-aus-dem-Sinn"Strategie der AKW- Betreiber?" Mit Kernenergiegesetz, Entsorgungsprogramm und Sachplan geologische Tiefenlager verfügt die Schweiz heute über die notwendigen Grundlagen und Instrumente für eine sichere Entsorgung radioaktiver Abfälle im Inland. Ein sachlicher Zusammenhang mit der Sondermülldeponie Kölliken besteht nicht. Zur Frage 7: "Wie beurteilt der Regierungsrat die damaligen Aktionen von Greenpeace, die schliesslich zu einem Verklappungsverbot geführt haben? Wäre es denkbar, dass ohne den mutigen Einsatz dieser Umweltorganisation noch heute radioaktive Abfälle aus Beznau 1 und 2 auf dem Meeresgrund endgelagert würden? – Weshalb sind Spenden an diese Umweltorganisation in unserem Energiekanton nicht von den Steuern abziehbar?" Das Protokoll vom 7. November 1996 zum Übereinkommen von 1972 über die Verhütung der Meeresverschmutzung durch das Einbringen von Abfällen und anderen Stoffen verbietet die Verbrennung auf See von Abfällen und anderen Stoffen und schränkt die Liste der Abfälle, die noch eingebracht werden dürfen, erheblich ein. Insbesondere verbietet es das Einbringen sämtlicher radioaktiver Abfälle. Es untersagt auch die Ausfuhr von Abfällen oder sonstigen Stoffen in andere Länder zum Zweck einer Einbringung. Nach Artikel 6 des Protokolls verpflichten sich die Vertragsparteien, die Ausfuhr von Abfällen oder sonstigen Stoffen in andere Länder zum Zweck des Einbringens oder der Verbrennung auf See nicht zu erlauben. Diese Bestimmungen stützen sich auf das Basler Übereinkommen vom 22. März 1989 (SR 0.814.05; AS 1992 1125 2934) über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung. Seit 1983 hat die Schweiz keine radioaktiven Abfälle zum Einbringen ins Meer exportiert. Die für den September 1983 geplante Aktion wurde wegen eines Boykotts des Versenkungsschiffs durch die britische Seeleutegewerkschaft abgesagt. Am 21. Oktober 1992 beschloss der Bundesrat, dass die Schweiz definitiv auf die Beseitigung radioaktiver Abfälle durch Einbringen ins Meer verzichtet. Der Bundesbeschluss betreffend das Protokoll von 1996 zum Übereinkommen von 1972 über die Verhütung der Meeresverschmutzung durch das Einbringen von Abfällen und anderen Stoffen trat 2000 in Kraft. Freiwillige Zuwendungen an Greenpeace Zürich sind von den Steuern abziehbar 4. 4 Zuwendungsliste des kantonalen Steueramtes vom 31. Januar 2013, https://www.ag.ch/media/kanton_aargau/dfr/dokumente_3/steuern/natuerliche_personen/merkblaetter_np/2012_liste_zuwendungen_a.pdf 4. November 2014 Art.-Nr. 0649 1732 Zur Frage 8: "Ist der Regierungsrat bereit, sich dafür einzusetzen, dass die Betreiber von Beznau 1 und 2 auf eigene Kosten abklären lassen, a) in welchem Zustand sich die von den Aargauer AKWs im Meer versenkten Fässer befinden b) welche mittel- und langfristigen Gefahren sie für das maritime Leben und die Fischerei darstellen c) unter welchen Umständen und mit welchen Kostenfolgen eine Bergung sowie die nach heutigem Wissensstand sachgerechte Endlagerung dieser Aargauer Atommüllfässer möglich ist?" Aus dem Schlussbericht des CRESP ist zu entnehmen, dass die Versenkungsaktionen zu schwachen individuellen und kollektiven Strahlenexpositionen geführt haben. Diese Bewertung gilt auch für die Belastung der Meeresfauna. Eine Fortsetzung des Überwachungsprogramms hat die NEA aus diesem Grund und wegen des beschlossenen Verbots von weiteren Versenkungsaktionen aufgegeben. Zur Frage 9: "Ist der Regierungsrat bereit, sich für die Bergung und die möglichst sichere Endlagerung dieser Atommüll-Fässer einzusetzen?" Eine Bergung ist aus der Sicht der Sicherheit nicht notwendig (vgl. Antwort zur Frage 8). Zur Frage 10: "Wo genau lagern die von Beznau 1 und 2 seit 1961 produzierten schwach-, mittelund hochradioaktiven Abfälle, die nicht im Meer versenkt wurden?" Beznau 1 wurde erst 1969 in Betrieb genommen; deshalb sind bis dahin keine radioaktiven Abfälle angefallen. Bis ein Endlager gebaut wird, werden alle radioaktiven Abfälle auf dem Kraftwerksareal oder im Zwischenlager Würenlingen gelagert. Abfälle, welche ins Ausland zur Wiederaufarbeitung überführt worden sind, kommen nach und nach zurück. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'930.–. Martin Christen, SP, Spreitenbach: In meiner ersten Interpellation ging es erstens darum, daran zu erinnern, dass zu Beginn der Atomstromproduktion äusserst fahrlässig mit den radioaktiven Abfällen umgegangen wurde. "Aus den Augen aus dem Sinn", lautete die Parole, genauso wie bei der Entsorgung des übrigen Sondermülls, beispielsweise in Kölliken. So wurden denn 7'420 mit Atommüll gefüllte Fässer im Atlantik versenkt, womit die Schweiz weltweit am zweitmeisten atomare Abfälle aller über Atomkraftwerke verfügenden Staaten auf diese skandalöse Weise entsorgte. Zweitens ging es mir darum, aufzuzeigen, dass noch heute, und bis weit über das nächste Jahrtausend hinaus, auf dem Meeresgrund ein Teil des Atommülls – dieser sogenannten sauberen Energie – vor sich hinrostet und hin strahlt. Natürlich trägt der jetzige Regierungsrat keinerlei Verantwortung für die damaligen Schandtaten der AKW-Betreiber. Ich danke ihm denn auch für die Beantwortung der Fragen, wenigstens jener, die er tatsächlich beantwortet hat. Leider habe ich vergeblich darauf gehofft, dass der heutige Regierungsrat, dem es selbst ja nie im Leben in den Sinn kommen würde, irgendwelchen Sondermüll irgendwo ins Meer kippen zu lassen, über die damalige Art der Endlagerung sein Bedauern, und sei dieses noch so klein, ausdrückt. Nichts dergleichen ist geschehen. Wenn man die Antworten liest, bekommt man sogar den Eindruck, der heutige Regierungsrat bedaure viel mehr, dass die frühere billige, einfache, schnelle und unkomplizierte Möglichkeit, den Atommüll – zack – einfach ins Meer zu werfen, seit 1996 nicht mehr besteht. 4. November 2014 Art.-Nr. 0649 1733 Greenpeace und ihren Aktivisten, die unter Einsatz ihres Lebens die AKW-Staaten stoppen konnten, den Atommüll in die Meere zu kippen, und anderen Umweltorganisationen, die gegen die Verschmutzung der Meere kämpfen, sind wir alle zu Dank verpflichtet – auch wir Aargauerinnen und Aargauer. Davon ist die regierungsrätliche Antwort leider weit entfernt! Immerhin ist die Schweiz daran, das Atommüllproblem auf etwas seriösere, jedoch unglaublich teure, Art zu lösen – natürlich bei uns im Kanton Aargau. Ich bin mit einigen Antworten nicht zufrieden und auch insgesamt bin ich mit der Beantwortung der Interpellation nicht zufrieden. Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort nicht befriedigt. Das Geschäft ist erledigt. 0650 Interpellation Martin Christen, SP, Spreitenbach, vom 4. März 2014 betreffend Gefahren und Risiken der Altreaktoren Beznau 1 und 2; Beantwortung und Erledigung (vgl. Art. 0350) Mit Datum vom 30. April 2014 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet. Grundsätzliche Bemerkungen Die Gesetzgebung auf dem Gebiet der Kernenergie ist Sache des Bundes (Art. 90 Bundesverfassung). Die in der Interpellation beziehungsweise in der Studie "Risiko Altreaktoren Schweiz" thematisierten Aspekte sind übergeordnet zum grössten Teil im Kernenergiegesetz (KEG) geregelt. Das KEG bezweckt insbesondere den Schutz von Mensch und Umwelt vor den Gefahren der Kernenergie. Die Schutzmassnahmen umfassen insbesondere den Einsatz qualitativ hochwertiger Bauteile, gestaffelte Sicherheitsbarrieren, die mehrfache Ausführung und die Automation von Sicherheitssystemen, den Aufbau einer geeigneten Organisation mit qualifiziertem Personal sowie die Förderung eines ausgeprägten Sicherheitsbewusstseins. Für den Fall, dass gefährliche Mengen radioaktiver Stoffe freigesetzt werden, sind Notfallschutzmassnahmen zur Begrenzung des Schadenausmasses vorzubereiten. Der Bundesrat regelt, welche Schutzmassnahmen erforderlich sind. Die Aufsicht über die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben in Bezug auf die nukleare Sicherheit hat das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI). Es ordnet alle zur Einhaltung der nuklearen Sicherheit notwendigen und verhältnismässigen Massnahmen an. Nach dem Unfall in Fukushima hat das ENSI die Teilnahme aller Kernkraftwerke in der Schweiz am EU-Stresstest verfügt. Der EU-Stresstest ist eine Neubewertung des Risikos unter Berücksichtigung der Erfahrungen von Fukushima. Das Kernkraftwerk Beznau (KKB) hat bei diesem Test sehr gut abgeschnitten und erfüllt sämtliche von der EU-Kommission als kritisch hervorgehobenen Punkte (http://www.ensi.ch/de/dossiers/eu-stresstest/). Der Regierungsrat ist überzeugt, dass das ENSI in der Lage ist, die Sicherheit der Kernkraftwerke in der Schweiz richtig zu beurteilen und die notwendigen Massnahmen zum Erhalt und Ausbau der Sicherheit erkennt und durchsetzt. Er sieht deshalb keine Notwendigkeit, die Studie "Risiko Altreaktoren Schweiz" vertieft überprüfen zu lassen. Zur Frage 1: "Wie beurteilt der Regierungsrat die in dieser Studie gemachten Aussagen über a) die stets wachsende Gefahr eines schweren Störfalls, ausgelöst durch Alterungsprozesse, b) die Nachrüstungen, die das Sicherheitsniveau nur unzulänglich verbessern, c) die Unzulänglichkeit von Wahrscheinlichkeitsberechnungen über die Kernschadenhäufigkeit, d) die Korrosionsanfälligkeit sicherheitsrelevanter Anlageteile, e) die ungenügende Sicherheit des Brennelementlagerbeckens?" 4. November 2014 Art.-Nr. 0649 1734 Zur Frage 1a: Die Einhaltung der Sicherheitsanforderungen in Kernkraftwerken (KKW) wird laufend überwacht. Zudem wird jedes KKW alle zehn Jahre einer umfassenden Sicherheitsüberprüfung unterzogen. KKW müssen ausserdem für einen Betrieb über 40 Jahre hinaus einen Langzeitbetriebsnachweis erbringen. Gemäss Aufsichtsbehörde sind die gesetzlichen Vorgaben für den Langzeitbetrieb erfüllt (vgl. Beantwortung zur [12.72] Interpellation Martin Christen, SP, Turgi, vom 27. März 2012 betreffend Wahrheitsgehalt der Aussagen des CEO der Axpo Holding AG zur Sicherheit der AKWs Beznau 1 und 2). Zur Frage 1b: Im KKB werden bis zum Abschluss des Projekts AUTANOVE (neue Autarke Notstrom-Versorgung) 2,5 Milliarden Franken in Nachrüstungen und Erneuerungen investiert. In einem Fachgutachten betreffend Sicherheitsmängel des KKB würdigte das Ökoinstitut Darmstadt im Herbst 2012 die momentan laufenden Nachrüstungen des Kraftwerks und erwähnte explizit auch Stärken des KKB wie die hohe Diversität der Notstrom- und der Kühlwasserversorgung (vgl. Beantwortung zur [12.269] Interpellation Martin Christen, SP, Turgi, vom 30. Oktober 2012 betreffend gravierende Sicherheitsmängel der Atomkraftwerke Beznau 1 und 2). Zur Frage 1c: Es ist Aufgabe des ENSI zu beurteilen, ob die verwendeten Methoden adäquat sind. Zur Frage 1d:Fragen zu Korrosionsschäden im Stahlcontainment wurden bereits in der (12.72) Interpellation beantwortet (vgl. Antwort zur Frage 1a). Die in der Studie erwähnten Reaktordruckbehälterdeckel, die Alloy 600 enthalten, werden während den Revisionsabstellungen 2014 respektive 2015 durch ein Produkt ohne Alloy 600 ersetzt. Zur Frage 1e:Im Rahmen des Nachweises des KKB zur Beherrschung des 10'000-jährlichen Erdbebens gemäss PEGASOS Refinement Projekt wurde gezeigt, dass das BrennelementLagerbecken den aktuellsten Erdbebenanforderungen mit wesentlichen Sicherheitsmargen standhalten. Bei den Versorgungssystemen des Beckenkühlsystems ist dieser Schutzgrad nicht vollumfänglich vorhanden. Aus diesem Grund wird momentan ein zusätzliches, erdbeben- und überflutungssicheres, zweisträngiges Beckenkühlsystem nachgerüstet. Zur Frage 2: "Als wie glaubwürdig erscheinen dem Regierungsrat a) der Autor dieser Studie, b) die in dieser Studie gemachten Schlussfolgerungen?" Der Autor der Studie, Dipl.-Ing. Dieter Majer, ist dem Regierungsrat nicht bekannt. Deshalb kann er seine Glaubwürdigkeit und seine Kenntnisse der schweizerischen Gesetzgebung nicht beurteilen. Zur Frage 3: "Ist der Regierungsrat bereit, sich ernsthaft Gedanken zu machen über a) die sofortige Abschaltung von Beznau 1 und 2, b) die verheerenden Auswirkungen einer möglichen Kernschmelze in Beznau 1 und/oder 2, c) die Rolle des aargauischen Regierungsrates "im Exil" aufgrund der Unbewohnbarkeit des Kantons Aargau nach einer Kernschmelze, d) die Umsiedlung von Hunderttausenden von Aargauerinnen und Aargauern nach einem GAU, e) die Verantwortung des Regierungsrates des Kantons Aargau gegenüber der aargauischen Bevölkerung im Falle eines schweren AKW-Unfalls?" 4. November 2014 Art.-Nr. 0650 1735 Die Aufrechterhaltung der Stromversorgungssicherheit ohne Kernkraftwerke stellt eine grosse Herausforderung für die Schweiz dar; gerade während der kritischen Übergangsphase nach 2020, wenn die Bezugsrechte für Strom aus französischen Kernkraftwerken auslaufen. Der Weiterbetrieb der bestehenden Kernkraftwerke leistet einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit. Solange die Sicherheit gewährleistet ist, sieht der Regierungsrat keine Veranlassung, sich für eine sofortige Abschaltung des KKB einzusetzen (vgl. Beantwortung zur [12.217] Interpellation der Fraktion der Grünen vom 28. August 2012 betreffend vorgesehene Investitionen der Axpo Holding AG von 700 Millionen Franken in die Sicherheit der Reaktoren von Beznau I und II). Bestehende Notfallschutzmassnahmen und Organisationen werden regelmässig umfangreich beübt und die Prozesse und Zusammenarbeit werden laufend weiterentwickelt. Der Kanton Aargau ist mit dem kantonalen Führungsstab (KFS) und dem kantonalen Katastrophen Einsatzelement (KKE) im Rahmen seiner Möglichkeiten auf die Bewältigung von Grossereignissen und ausserordentlichen Lagen auf dem Kantonsgebiet vorbereitet. Derzeit befindet sich der Bericht der "interdepartementalen Arbeitsgruppe zur Überprüfung der Notfallschutzmassnahmen bei Extremereignissen" (IDA NOMEX) in der Schweiz in der Vernehmlassung. Der Bericht umschreibt gesetzliche und organisatorische Massnahmen im Bereich des Notfallschutzes als Folge der Ereignisse in Japan. Neu sind auch Szenarien berücksichtigt, welche die radiologische Freisetzung von Fukushima überschreiten. Fragen zum Gefahrenpotenzial von Kernenergieanlagen, zur Notfallplanung und zu Evakuierungsplänen hat der Regierungsrat bereits umfassend beantwortet (vgl. Beantwortungen [12.269] Interpellation Martin Christen, SP, Turgi, vom 30. Oktober 2012 betreffend gravierende Sicherheitsmängel der Atomkraftwerke Beznau 1 und 2; [11.84] Interpellation René Kunz, SD, Reinach, vom 15. März 2011 betreffend Sicherheit der Kernkraftwerke im Kanton Aargau; [11.80] Interpellation der SP-Fraktion (Sprecher Martin Christen) vom 15. März 2011 betreffend Erdbebenund Hochwassersicherheit der Aargauer AKWs sowie die Notfallschutzkonzepte für die AKWs Beznau 1, 2 und Leibstadt; [09.109] Interpellation Martin Christen, Turgi, vom 31. März 2009 betreffend Gefahrenpotenzial der Kernkraftwerke Beznau I und II, Leibstadt und Gösgen; [08.351] Interpellation Martin Christen, Turgi, vom 25. November 2008 betreffend Gefahrenpotenzial eines möglichen Endlagers für radioaktive Abfälle im Kanton Aargau). Zur Frage 4: "Wie beurteilt der Regierungsrat die unterschiedlichen Risiken a) durch die Nutzung der Geothermie ("Erdbebengefahr") im Vergleich zu b) der Nutzung der Atomenergie durch die Altreaktoren Beznau 1 und 2?" Die Stromproduktion mit Geothermie befindet sich im Forschungs- beziehungsweise im Entwicklungsstadium. Es wird noch viele Jahre dauern, bis der Beitrag der Geothermie zur Stromversorgung in der Schweiz absehbar ist. Die pro Bohrlochpaar gewinnbare Leistung ist begrenzt. So wären für den Ersatz der beiden Blöcke in Beznau etwa 200 Geothermiekraftwerke von der Grössenordnung des abgebrochenen Projekts in Basel notwendig. Der Charakter der Risiken der beiden Anlagentypen ist sehr unterschiedlich. Bei der Geothermie ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es in der Bauphase zu Schäden kommen kann, das Schadensausmass jedoch begrenzt. Bei der Kernenergie ist es umgekehrt: Das Risiko eines Unfalls ist sehr gering, das Schadenspotenzial aber sehr gross. Da die Geothermie sich noch in der Entwicklungsphase befindet, sind die Risiken im Gegensatz zur Kernenergie noch weniger erforscht. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 2'402.–. Martin Christen, SP, Spreitenbach: Ausgangslage meiner zweiten Interpellation war das Gutachten des Atomexperten Dieter Majer, des ehemaligen Leiters der deutschen Atomaufsicht. Darin kommt 4. November 2014 Art.-Nr. 0650 1736 der AKW-Sicherheitsfachmann zum Schluss: "Insbesondere die Anlagen Mühleberg und Beznau sollten wegen der in dieser Studie sichtbar gewordenen Sicherheitsdefizite unverzüglich abgeschaltet werden." Bei uns laufen sie insgesamt wohl über 60 Jahre, aber dieser Experte kommt zum Schluss, dass diese Anlagen sofort abgestellt werden müssen. Den Antworten des Regierungsrats ist zu entnehmen, dass er weiterhin unerschütterlich hinter den Beteuerungen von ENSI (Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat) und AKW-Betreibern steht. Er hegt nicht den geringsten Zweifel an den von ENSI und den Betreibern herbeigerechneten Sicherheitsbeurteilungen und sieht folgerichtig "keine Notwendigkeit, die Studie "Risiko Altreaktoren Schweiz" vertieft überprüfen zu lassen." Da kann ich nur sagen, das ist schade und fahrlässig. Denn beim Verfasser handelt es sich um den ehemals höchsten Atomsicherheitsexperten Deutschlands mit über 30-jähriger Erfahrung, der wahrscheinlich in Sicherheitsfragen über mehr Erfahrung, fundiertere Kenntnisse und über ein umfassenderes Wissen verfügt als das ganze ENSI zusammen. Natürlich nicht mehr aktuell sind verschiedene regierungsrätliche Aussagen, zum Beispiel jene bezüglich der Atomstromlieferungen aus Frankreich, die nach 2020 zu einer Stromlücke führen sollten. Heute sind ja diese Atomstromimporte ein Verlustgeschäft und verteuern den Strom der Konsumentinnen und Konsumenten. Ebenso verhält es sich mit den 2,5 Milliarden Franken teuren Investitionen für Nachrüstungen und Erneuerungen der weltweit ältesten Atomkraftwerke. Sie verbessern die Sicherheit nur rudimentär und sind, wie die gewaltigen Abschreibungen in Höhe von 1,5 Milliarden Franken zeigen, alles andere als wirtschaftlich. Ich danke dem Regierungsrat für die Beantwortung der Fragen, bin damit jedoch nicht zufrieden. Dr. Markus Dieth, CVP, Wettingen: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort nicht befriedigt. Das Geschäft ist erledigt. Ich schliesse an dieser Stelle die Sitzung. 4. November 2014 Art.-Nr. 0650 1737