GSE Allgemein Indien - Rotary Distrikt 1930

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GSE – Austausch im Februar 2010 zum Distrikt 3240 in Indien
Allgemeine Beurteilung der heutigen Situationen in Indien
Die Republik Indien ist hinsichtlich der Fläche das siebt größte, hinsichtlich der
Einwohnerzahl nach China der zweitgrößte Staat der Erde. Das Land, das sich vom
Himalaya im Norden bis in die inneren Tropen im Süden erstreckt, birgt enorme
Gegensätze: Es gibt eine Vielzahl von Sprachen, Kulturen, Ethnien,
Glaubensrichtungen und Lebensstilen.
Als Besucher, der zum ersten Mal nach Indien kommt, hatte ich das Gefühl, dass
Indien sehr schnell auf alle Sinne einwirkt und dadurch Eindrücke verstärkt werdenes ist laut, bunt und vielfältig-ein Land voller Paradoxien.
Trotz allem hat man das Gefühl was Beständiges zu spüren.
Zunächst war ich nur überwältigt, doch mit der Zeit enthüllte das Land mit mehr als
einer Milliarde Menschen seine Pracht und seine Vielfalt - sei es in den alten
Tempelanlagen, in der vielseitigen Handwerkskunst, in den Aromen und Farben der
Märkte oder auch der „Würde“, die das Land ausstrahlt.
Viele Traditionen werden nach wie vor gelebt. Die Kultur Indiens scheint ein Mosaik
aus Tausenden von Elementen zu sein: Alte Wurzeln bestehen immer noch, durch
äußere Einflüsse geprägt und regional unterschiedlich entwickelt erkennt man schnell
die Differenzen in den Regionen.
Religion und Rituale durchziehen das tägliche Leben der Inder.
Soziale Hierarchien erscheinen nach wie vor sehr streng. Es herrscht immer noch
eine sehr patriarchalische Familienstruktur mit arrangierten Ehen und Pflichten, die
über individueller Freiheit stehen. Zudem wird Indien geprägt durch Armut,
Analphabetismus und dem Kastenwesen, vor allem in den ländlichen Gegenden. Nur
22% der Inder gehören der oberen Kaste an, die eins gemeinsam haben: Sie alle
besitzen Macht.
Frauen erfahren oft keine Gleichberechtigung, Mädchen gelten in vielen
Gemeinschaften immer noch als unerwünschte Last, weil, wenn Sie heiraten eine
Mitgift aufgebracht werden muss, was häufig eine große finanzielle Belastung für die
Familie darstellt.
Heute haben die Frauen das Recht zu wählen und auch Eigentum zu besitzen.
Scheidungen sind immer noch die Ausnahme und verursachen, dass die Frau von der
Gesellschaft ausgegrenzt wird.
In vielen Familien wird nach einem sogenannten Verhaltenskodex "Manu" gelebt, der
besagt, dass die Frau erst essen darf, wenn der Mann gegessen hat, dass die Frau
nicht sitzen darf, wenn der Mann steht, dass sie nicht vor ihm schlafen darf, dass sie
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vor ihm aufstehen soll, dass sie sich nicht rächen soll, wenn er sie mit Verachtung
straft und dass sie nicht die Geduld verlieren soll, wenn er sie misshandelt.
Diese traditionelle, veraltete und konservative Sicht der indischen Frau findet sich
jedoch hauptsächlich bei den Indern (ca. 70-80%), die auf dem Land leben, wieder.
Erfreulicherweise sind auch Entwicklungen abzuzeichnen, die diesem alten
Rollenverständnis ganz und gar nicht entsprechen.
"Gleichberechtigung" in der Familie und in der Ehe ist ebenfalls seit geraumer Zeit
keine Seltenheit mehr. Die berufstätige Frau oder Ehefrau bewahrt sich durch ihre
Arbeit Selbstständigkeit und Unabhängigkeit.
Abschließend kann man sagen, dass die Rolle der indischen Frau sich verändert und
auch wiederum nicht verändert hat. Auch in diesem Punkt bleibt Indien ein Land der
Extreme.
Indische Tischmanieren: Die meisten Inder essen mit der rechten Hand. Auf keinen
Fall darf die linke Hand benutzt werden, sie ist für die Hygiene auf der Toilette
reserviert. Das Glas hingegeben, darf auch mit der linken Hand genommen werden.
Es gehört zum guten Ton, sich vor uns nach dem Essen die Hände zu waschen.
Polizei, Feuerwehr und innere Sicherheit
Der Nordosten Indiens hat mit spezifischen Sicherheitsproblemen zu kämpfen,
welche sich aufgrund der topografischen Lage und der Nähe zu Gefährderstaaten
wie bspw. Bangladesch ergeben. Die besuchten Bundesstaaten haben deshalb im
Hinblick auf die aktuelle Terrorlage große Probleme. Indien begegnet dem
Terrorismus im eigenen Land und "beheimatet" unzählige terroristische
Gruppierungen, die mitunter auch offen gegen den Staat und alle seine
Einrichtungen aufbegehren.
Die Polizei, das Militär und auch private Sicherheitsdienste sind deshalb im Kampf
gegen diese immerwährende Gefahr stark gebunden. Aufgrund des akuten
Kräftemangels (der wohl bei allen Sicherheitsbehörden weltweit vorherrscht), gelingt
es ihnen mehr schlecht als recht, sich dieser Thematik zu widmen. Deshalb bleiben
die originären Polizeiaufgaben hier unberücksichtigt. Aber wer kümmert sich schon
um Verkehrs-, Umwelt- und Polizeirecht, wenn er sich tagtäglich der konkreten
Terrorgefahr gegenüber sieht?
Ein weiterer Aspekt ist das Gesamtsystem Indien. Es wird offen über Korruption,
welche alle Ebenen und Bereiche des Staatssystems bestimmt, gesprochen. Jeder
ist Teil dieses aus westlicher Sicht gesehen "kranken" Systems und ist auch
gehalten, seinen Platz darin einzunehmen. Andernfalls wird man als störend
empfunden, was nicht selten drakonische Konsequenzen nach sich zieht. Diesen
Kreis zu durchbrechen erscheint allerdings kaum möglich. Auch vor dem Hintergrund
der sehr schlechten Bezahlung und der widrigen Arbeitsumgebung, kann der
Korruption nicht in geeigneter Weise begegnet werden.
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Die Feuerwehren im Nordosten sind mit Nichten mit den hiesigen gut ausgebildeten
und leistungsfähigen Einheiten zu vergleichen. Es gibt weder ausreichende
Schutzausrüstung für die Einsatzkräfte noch die notwendigen Führungs- und
Einsatzmittel für einen tauglichen Feuerwehreinsatz. In den Metropolen zeichnet sich
hier ein anderes Bild. Hier finden sich modern ausgestattete und sehr wohl gut
ausgebildete Einheiten.
Abschließend bleibt festzustellen, dass infolge der systematisch vorhandenen
Korruption, dem Mangel an Ausrüstungsgegenständen und adäquaten
Ausbildungsstellen im Grunde katastrophale Verhältnisse vorherrschen. Dies
natürlich aus westlicher, europäischer Sichtweise beurteilt. Allerdings ist der Inder
von Haus aus auch nicht in dem Maße verwöhnt, wie es der Europäer ist. Man nimmt
die Situation, all ihre Unzulänglichkeiten und die Korruption als gegeben hin.
Dennoch ist es erstaunlich, dass trotz der beschriebenen Mängel über den Weg der
Tradition und Riten das öffentliche Leben bestimmt und in einigermaßen geordnete
Bahnen geleitet wird.
Das GSE-Team
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