Praktische Theologie - Christian Grethlein Einleitung -Einsichten der Vorgänger: Martin Schian: „Praktische Theologie soll die wissenschaftlichen Fundamente für gesamte Ausrichtung des Pfarramtes legen.“ o Einsicht, dass PTh keine Anwendungswissenschaft ist! o Einsicht, dass PTh eng mit der Pastoraltheologie verknüpft ist Schian, Haendler, Rössler: „Kirche“ ist der zentrale Gegenstand der PTh o Inhaltlich steht der Gottesdienst im Mittelpunkt (so Schian) o Inhaltlich steht die Seelsorge im Mittelpunkt (so Haendler) o Inhaltlich steht die Kirche im Bezug zum Christentum; neuzeitliches Christentum steht im Mittelpunkt (Rössler im Rückgriff auf Trutz Rendtorff) bei Schian dominiert das Interesse an einem geschichtlichen Verständnis der kirchlichen Praxis und an deren konkreter Gestaltung bei Haendler wird das Kirchenverständnis pneumatologisch gedeutet (mit Anteilen in der Tiefenpsychologie) bei Rössler wird christentumstheoretisch argumentiert; der sozialogisch erfasste neuzeitliche Differenzierungsprozess wird hier beachtet -Probleme und Differenzen der „Praktischen Theologie“: Pastoraltheologische Engführung o Zentrierung der PTh auf die Tätigkeit des Pfr. ist in den letzten Jahrzehnten kritisiert worden Rössler als Paradebeispiel, der in seinem Grundriss zwischen „Person, Amt und Beruf des Pfarrers“ unterscheidet o Bereich Diakonie und Schule fristeten Schattendasein (Pfarrer hat hier keine bzw. nur geringe Berührungspunkte); ähnliches gilt für die christliche Publizistik o heute: Anstelle des Glaubenslehrers und -wächters tritt der Kommunikator des Evangeliums hervor, der zuerst die Situation seiner Gesprächspartner sorgfältig wahrnehmen und verstehen muss so wird PTh zur „Theorie der Kommunikation des Evangeliums in der Gegenwart“ Kirchliche bzw. christentumstheoretische Engführung o Marginalisierungsprozess von Kirche als Institution schreitet voran (1930er Jahre noch 95 % Kirchenmitglieder; heute noch etwa 60 %) Problem: 5 Mio. Menschen sind getauft und damit dem Leib Christi angehörig, besitzen aber keine „formale“ Mitgliedschaft mehr o Pluralisierung der Daseins- und Wertorientierung im Zusammenhang mit großen Migrationsbewegungen Trägt ein christentumstheoretisch ausgerichtetes Verhältnis von Religion der Tatsache Rechnung, dass in der Lebenswelt vieler Menschen nicht-christliche Formen des Transzendenzbezuges begegnen, bspw. bei Juden/Muslimen? o bei einer Mehrheit der in der DDR Sozialisierten und ihren Kindern herrscht ein Desinteresse an Kirche und Christentum 1 -(Eigener) Ansatz von Grethlein: Theorie der Kommunikation des Evangeliums in der Gegenwart praktisch-theologische Arbeit steht vor folgenden Herausforderungen o Rückgang der Kirchemitgliedschaft o zunehmende Zahl von Menschen mit anderer Daseins- und Wertorientierung o Siegeszug der neuen elektronischen Medien ERGEBNIS: Das aus der ökumenischen Bewegung stammende Prinzip der „Kommunikation des Evangeliums“ ist hier der Schlüssel -Die Theorie der Kommunikation des Evangeliums ist in dreifacher Weise hilfreich: 1. Praktisch-theologisch a. theologisch benennt „Kommunikation des Evangeliums“ präziser als „Religion“ den Gegenstand praktisch-theologischer Reflexion b. empirisch greift „Kommunikation des Evangeliums“ weiter aus als „Kirche“, die an Bedeutung verliert c. praktisch-theologisch ermöglicht der Rückgriff auf „Kommunikation“ die Integration der traditionellen pastoraltheologischen Perspektive, jetzt aber unter den neuen Bedingungen eines (Pfarr-)Berufes 2. Interdisziplinär a. Kommunikationsbegriff eröffnet vielfältige Möglichkeiten, die Themen und Aufgaben Praktischer Theologie mehrperspektivisch zu erfassen b. Theologie verbindet sich mit Kommunikationswissenschaft, die ihrerseits wieder vielfach mit anderen Wissenschaften verbunden ist 3. Theologisch a. „Kommunikation des Evangeliums“ ermöglicht gute Anschlüsse an heutige Theologie b. Dahlfert: Ev. Theologie als eine „Interpretationspraxis der Kommunikation des Evangeliums“ c. traditionelle Begriffe wie „Lehre“, „Wort Gottes“ oder „Verkündigung“ bezeichnen Kommunikationsformen 4. Theoriecharakter a. trotz allem bleibt festzuhalten: PTh erarbeitet Theorien zum Verständnis der gegenwärtigen Kommunikation des Evangeliums b. PTh ist nicht die Praxis selbst, sondern die Reflexion hierauf c. PTh ist - auch - eine Berufstheorie 2 1. Teil Problemgeschichtliche Einführung: der Gegenstand der Praktischen Theologie -PTh ist keine historische Disziplin, dennoch muss sie perspektivisch auch auf ihre Vergangenheit zurückblicken in früheren Zeiten trat die historische Dimension des Faches in den Hintergrund; sie drohte ein geschichtlicher Abriss des Faches zu sein seit Ende der 1980er wurde die Disziplingeschichte dann im Hinblick auf die problemgeschichtliche Dimension interessant -PTh als solche war lange Zeit eine weithin in der Ev. Theologie angesiedelt erst durch die Öffnung des Vaticanum II gab es auch auf katholischer Seite eine Herausbildung einer PTh mittlerweile bahnt sich eine konfessionsübergreifende Internationalisierung der PTh an o „International Academy of Practical Theology“; „Journal of Pract. Theology“ 1. Kapitel Praktische Theologie - eine moderne Krisenwissenschaft -genauer Beginn einer PTh kann nicht angegeben werden; Eigenständigkeit als Disziplin im 19. Jahrhundert; es gab aber zwei Kontexte, innerhalb derer sich die praktisch-theologische Wissenschaft zu etablieren begann Reform des Theologie-Studiums bzw. der Pfarrer-Ausbildung Aufgabe einer enzyklopädischen Bestimmung von Theologie -erste Professuren für das Fach PTh an ev.-theol. Fakultäten waren 1813 Tübingen und 1821 Berlin -bis heute prägt das „Krisen-Konzept die PTh, und zwar in doppelter Hinsicht: Einerseits thematisiert sie ihre Gegenstände unter dem Gesichtspunkt der Krisen (v.a. drei, siehe unten), andererseits erscheinen die praktisch-theologischen Bemühungen selbst krisenhaft (Ende des 19. Jhs. „schwere Krise“ des Faches - Frage nach dem Gegenstand der PTh) politische, soziale und kulturelle Veränderungen seit Beginn des 19. Jhs., die zur Etablierung des Faches führten o Konfessionalität nahm zu; Bevölkerungsanstieg; Einrichtung von Schulen; Industrialisierung; Unterscheidung von privater und öffentlicher Religion; Möglichkeit des Kirchenaustrittes Herausforderung durch die „Moderne“ um die Wende vom 19. zum 20. Jh., die zu einer methodischen Neubesinnung führten o Wandlung Deutschlands von der Agrar- zur Industrienation; Marginalisierung der Theologie; Jugendbewegung; aufblühende Volkskultur innerhalb der Kirche; Kirche erreicht die Arbeiterschaft; Reform des Theologiestudiums Reformbemühungen seit Ende der 1960er Jahre o DDR; Ölpreisschock (1973); Gastarbeiter; Zahl der Kirchenaustritte stieg an; theologisch: empirische Forschung wird (endlich) in die PTh eingebunden; Anstieg der Gemeinden 1968: 47 Pfarrer auf 100.000 Mitglieder 1990: 74 Pfarrer auf 100.000 Mitglieder -Die Praktische Theologie profilierte sich v.a. durch drei wichtige Impulse: Schleiermachers enzyklopädische Arbeit, die die Theologie als eine positive Wissenschaft mit konstitutivem Bezug auf die Kirchenleitung bestimmt o ihn aber als „Urheber der praktischen Theologie als Wissenschaft zu sehen“ ist nur teilweise richtig C. I. Nitzsch, der die Kirche als Ausgangspunkt und Gegenstand Praktischer Theologie bestimmt C. D. Palmers, die eine ethische Pastoraltheologie vertritt 3 ZUSAMMENFASSUNG: PTh enstand im Laufe des 19. Jhs. Sie sollte wissenschaftlichtheologisch die Herausforderungen für Kirche und Theologie bearbeiten, die die erheblichen politischen, gesellschaftlichen, kulturellen und religiösen Veränderungen aufwarfen. Thematisch standen in der PTh von Anfang an die Kirche und ihr Handeln im Vordergrund. -Vertreter des Faches zu Beginn der „Moderne“ zwischen 19. und 20. Jahrhundert theologisch v.a. die Wort-Gottes Theologie, die zu einer neuen Beschäftigung mit dem Verkündigungsbegriff führte Paul Drews: PTh als empirische Disziplin Friedrich Niebergall: „Lehre von der kirchlichen Gemeindeerziehung auf religionswissenschaftlicher Grundlage“ o Erziehungslehre o Praktische Dogmatik o Religionspsychologie Martin Schian o Beschäftigung mit dem Staat-Kirche Verhältnis (WRV) o neuere Herausforderungen angesichts der Sozialen Frage o Lehr-Auseinandersetzungen wie Amtsenthebungen diverser Pfarrer -sowohl Niebergall als auch Schian wurden nach Kriegsende (1. WK) von Vertretern der Dialektischen Theologie, später: Wort-Gottes-Theologie angegriffen empirisch könne eine PTh niemals sein; Verweis auf dogmatische Einsichten mit der dogmatischen Kritik an der programmatischen Zuwendung zu den konkreten Menschen wurde ein konstitutives Merkmal der bisherigen PTh in Frage gestellt o Folge: Die PTh wurde bis in die 1960er Jahre dogmatisch anästhesiert; für die Theologie insgesamt problematisch wurde die Behauptung einer Sonderstellung der Theologie durch Barth und seine Anhänger Impulse jenseits dogmatischer und ideologischer Überformung lieferten nur einige wenigen Wissenschaftler, hier sind zu nennen: Adolf Allwohn, Wilhelm Stählin und Otto Haendler ZUSAMMENFASSUNG: Am Übergang vom 19. zum 20. Jh. entwickelte die PTh ein eigenständiges Profil. Der empirische Zugang erweis sich angesichts der allgemeinen Herausforderungen in Gesellschaft und Kultur sowie der pastoralen Aufgaben unter veränderten kirchlichen Bedingungen als weiterführend. PTh erforderte Interdisziplinarität mit den Fächern Volkskunde, Psychologie und Soziologie. Der Erste WK führte innerhalb der Theologie zu einer Neubesinnung. Die (erstrebte) exklusive Orientierung am Wort Gottes ließ keinen Raum für eine eigenständige, an der Kultur und dem Gelingen konkreter Kommunikationsprozesse interessierten PTh. Insgesamt zeigt die Entwicklung mit der zunehmenden Emigration der Kirche aus der Gesellschaft, welchen Preis eine Theologie zahlt, die den empirischen Zugang durch die Praktische Theologie ausblendet: Alltagsferne und damit Bedeutungslosigkeit. -wichtige Vertreter der Epoche nach 1960: Karl-Fritz Daibler: PTh als Handlungswissenschaft; PTh als „Theorie der Praxis theologischer und kirchlicher Berufe“ Dietrich Rössler: „PTh ist die Verbindung von Grundsätzen der christlichen Überlieferung mit Einsichten der gegenwärtigen Erfahrung zu der wissenschaftlichen Theorie, die die Grundlage der Verantwortung für die geschichtliche Gestalt der Kirche und für das gemeinsame Leben der Christen in der Kirche bildete. Gert Otto: PTh ist kritische Theorie religiös vermittelter Praxis in der Gesellschaft 4 -es entwickelte sich eine Forschungsspezialisierung innerhalb der PTh, v.a. in Bereiche der Seelsorge Religionspädagogik Kybernetik Homiletik und Liturgik ZUSAMMENFASSUNG: Die Wende der 1960er und 1970er Jahre schloss die PTh an außertheologische Wissenschaften an. Es begegnete nun ein Instrumentarium, das von demoskopischen Verfahren bis hin zu therapeutischen Gesprächstechniken reichte. Ein Problem dieser Zeit war es, den Gegenstand der PTh unter den Bedingungen einer pluralistischen Gesellschaft zu beschreiben -Praktische Theologie in der Gegenwart: Hintergründe (politisch, kulturell, kirchlich) o Vereinigung von BRD und DDR o Klima-Veränderungen o „Bologna-Prozess“ o PISA-Studie o Multikulturalität o Vereinigung der Kirchen im Rahmen der EKD und der verschiedenen konfessionellen Kirchenbünde (VELKD und EKU) o Impulspapier „Kirche der Freiheit“ o Religionswissenschaft als eigenständiges Fach innerhalb der Theologie neue Impulse und Aufbrüche o Manfred Josuttis: stellt die Frage nach dem die PTh leitenden Wirklichkeitsund Religionsverständnis o Wilhelm Gräb: PTh als „Praxistheorie protestantischer Kultur“ o Hans-Günter Heimbrock („Frankfurter Ansatz“): PTh zwischen Postulat des Heiligen als einer Sonderwirklichkeit (Josuttis) und dem Verständnis von Religion als einer Deutung (Gräb) verorten o Marburger Graduiertenkolleg „Religion in der Lebenswelt der Modern“ der einzelne Mensch steht im Mittelpunkt der PTh o Albrecht Grözinger: in der Ästhetik und in der Praktischen Theologie geht es grundsätzlich um das Aufrechterhalten von Spannung, und zwar nicht nur in der Theorie, sondern auch im Handeln o Wilfried Engemann: „Kommunikation des Evangeliums durch Personen auf der Basis von Zeichen in unterschiedlichen Situationen“ [ausgelassen, da für die Prüfung unerheblich: 2. Kapitel Praktische Theologie - Impulse aus der Katholischen Theologie und den USA] -ZUSAMMENFASSUNG DES 1. Teils: Die Entwicklung der PTh im Bereich der deutschen Evangelischen Theologie kann als ein Auf und Ab unterschiedlicher Ansätze und Interessen rekonstruiert werden. Es liegt nahe, PTh als eine Theorie von Balancen zu entwerfen, unter welchen folgendes konkret zu vermitteln ist: forschungspraktisch notwendige Konzentration auf einen klar abgegrenzten Gegenstand steht in Spannung zur lebensweltlichen Weite religiöser und spiritueller Praxis o Problem in der Frage nach dem Kirchenverständnis und -bezug der PTh thematische Verbundenheit mit der Theologie steht in Spannung zur notwendigen Einbeziehung außertheologischer Einsichten und Forschungsstrategien 5 berufspraktische Bedeutung der praktisch-theologischen Disziplinen steht in Spannung zu mehrperspektivischen Zugängen o Problem führt zur Frage nach dem spezifischen Wissenschaftscharakter von Praktischer Theologie zwischen Berufstheorie und allgemeiner Kultur- bzw. Handlungs- bzw. Wahrnehmungswissenschaft -Der Vergleich mit anders verlaufender Profilierung PTh in der Katholischen Kirche und den USA macht auf Defizite (deutscher evangelischer) PTh aufmerksam 2. Teil Kommunikation des Evangeliums in der Gegenwart: empirische und theologische Grundperspektiven -Praktische Theologen unterschiedlicher Provenienz (Engemann, Mette, Osmer) schlagen vor, den Gegenstand ihres Faches mit „Kommunikation des Evangeliums“ (in der Gegenwart) zu bezeichnen Kraemer setzte explizit die Kommunikation des Evangeliums von sonstigen Kommunikationsformen ab; sie galt ihm als „eine Kategorie sui generis“, weil neben dem Mensch der Heilige Geist beteiligt ist -Ernst Lange modifiziert das Verständnis von „Kommunikation des Evangeliums“ signifikant „Wir sprechen von Kommunikation des Evangeliums und nicht von ‚Verkündigung‘ oder gar ‚Predigt‘, weil der Begriff das prinzipiell Dialogische des gemeinten Vorgangs akzentuiert Es ging Lange darum, die theologische und organisatorische Erstarrung der deutschen Kirchen in der Nachkriegszeit aufzulösen und die kirchliche Praxis in Kontakt zur gegenwärtigen Gesellschaft zu bringen -Langes Konzept stieß v.a. bei Wort-Gottes-Theologen auf entschiedenen Widerspruch. Mittlerweile aber hat sich die Situation verändert. Gesellschaftlicher Wandel, v.a. Differenzierungs- und Pluralisierungsprozesse haben Kommunikation zu einem Schlüsselthema in den unterschiedlichsten Wissenschaften gemacht Kommunikation des Evangeliums erfordert sowohl empirische als auch theologische Klärung 3. Kapitel Kommunikation des Evangeliums - begriffliche und hermeneutische Klärungen Begriffsklärungen -Der Begriff Kommunikation: K. ist ein zentrales Thema gegenwärtiger Sozial- und Kulturwissenschaften. Die in der Religionssoziologie lange übliche konzeptionelle Orientierung am Handlungsbegriff tritt seit einiger Zeit hinter die Beschäftigung mit Kommunikation zurück Rede von Kommunikation des Evangeliums in der Theologie gehört in diesen Kontext. Solange Amts- oder Lehrautorität genügten, um Menschen kirchlich zu orientieren, und die (meisten) Menschen in (scheinbar) stabilen Sozialformen lebten, kamen die Störungsanfälligkeit und Kontingenz von Kommunikationsprozessen nicht in den Blick; dies hat sich geändert -Verschiedene Wissenschaften und ihre Beschäftigung mit dem Begriff Kommunikation: Nachrichtentechnik o Infoquelle Sender Kanal Empfänger (Botschaft) Ziel Psychologie o Instanzenlehre Freuds machte darauf aufmerksam, dass eine bloße Konzentration auf die den Kommunizierenden bewussten Aktionen und Ziele, 6 also auf die Ich-Ebene, die die Faktoren unrealistisch verkürzt, die Kommunikation prägen o Schulz von Thun entwirft ein sog. Kommunikationsquadrat (auf der Theorie Bühlers und Watzlawicks), das mittlerweile Grundlage vieler Trainings und Beratungsprozesse ist. Demnach enthält jede Nachricht vier Botschaften Sachinhalt Selbstkundgabe (Ich-Botschaft) Beziehung zwischen den Kommunizierenden Appell o diese vier Ebenen gelten gleichermaßen für den Sender („Zungen“) und den Empfänger („Ohren“) Semiotik o Semiotik als Lehre von den Zeichen umfasst das ganze Gebiet der Kommunikation o Engemann versteht in Aufnahme von Ecos Theorie Kommunikation als „Mitteilungs- und Partizipationsgeschehen“ und rekonstruiert die Kommunikation des Evangeliums als einen semiotisch analysierbaren Prozess. Kommunikation vollzieht sich demnach durch Personen auf der Basis von Zeichen in bestimmten Situationen mit bestimmten Zielen o Kommunikationsprozesse beziehen sich auf bestimmte Codes Wortsprachen: Sprach-Codes; Sprech-Codes Körpersprachen: Kinetische oder textile Codes Klangsprachen: Akustische oder musikalische Codes Objektsprachen: Raum-Codes soziale Sprachen: Hierarchische oder szenische Codes Soziolinguistik o die an einer Kommunikation Beteiligten benötigen einen gemeinsamen Kommunikationscode, um einen Verständigungsprozess beginnen zu können Ritualtheorie o Ausganspunkt ist die von John Austin formulierte Einsicht, dass Äußerungen auch als Handlungen verstanden werden können. Offenkundig tritt dies z.B. bei Rechtsakten wie dem standesamtlichen Eheschluss zu Tage das „Ja“ hat weitreichende Folgen Systemtheorie o Niklas Luhmann machte auf die „Unwahrscheinlichkeit der Kommunikation“ aufmerksam o Kommunikation als je eigenes System, in dem der Akzent einmal auf „Mitteilung“, ein anderes Mal auf „Information“ oder schließlich auf „Verstehen“ liegt. Kommunikation ist keineswegs auf den Austausch zwischen Personen beschränkt o Luhmann markiert durch die Trennung von - unzugänglichem - Bewusstsein und Kommunikation das Problem, das durch Kommunikation (zwar unwahrscheinlich, aber) mögliche Verstehen überhaupt festzustellen Handlungstheorie o universalpragmatische Perspektive von Jürgen Habermas o Kommunikation kommt in handlungstheoretischer Perspektive Unterscheidung zwischen „instrumentellem“, „strategischem“ und „kommunikativem“ Handeln o kommunikatives Handeln kennzeichnet, dass das Ergebnis nicht von vorneherein feststeht, sondern erst im Kommunikationsprozess ermittelt wird 7 Poststrukturalismus o Michel Focault: „Machtförmigkeit von Kommunikation“ o Störungen von Kommunikation zeihen besondere Aufmerksamkeit auf sich o symmetrische Kommunikation setzt eine egalitäre Rollenzuweisung voraus und eine mediale Struktur, die gleichberechtigte Gegenseitigkeit erlaubt; solche Symmetrie ist oft nicht möglich Bsp.: Der Experte hat Fachwissen, das seinen Gesprächspartnern oft nicht zur Verfügung steht -Herausforderung für die Kommunikation ergibt sich aus Standardisierung und Individualisierung und v.a. durch die Einbeziehung des - meist gernerationenspezifischen Mediatisierungsprozesses ERGEBNIS: „Evangelium“ als Inhalt von Kommunikation ist keine feststehende Größe unabhängig von der konkreten Kommunikation. Die genauere Bedeutung von „Evangelium“ wird erst im Kommunikationsprozess generiert und ist grundsätzlich ergebnisoffen bis hin zur Erschließung neuer Wirklichkeit -Der Begriff Evangelium: beim Evangeliumsbegriff begegnen erhebliche Unterschiede: Während M. Josuttis das „Heilige“ und die Begegnung mit ihm im Zentrum der Aufmerksamkeit sieht, nimmt diese Stelle bei W. Gräb das sog. „entsubstantialisiertes“ Glaubensverständnis ein. I. Karle greift dagegen auf das Luhmann’sche Religionsverständnis zurück etc. Grethlein: Plädoyer für eine sorgfältige bibschliche Klärung des leitenden THEOLOGISCHEN Begriffes Evangelium o Paulus: „euangelion“ wird stets im Singular verwandt; unterschiedliche Bedeutungen: die Kommunikation des Evangeliums wird pleonastisch formuliert (1Kor 15,1) das Evangelium wird (von einem Herold) proklamiert (Gal 2,2) das Evangelium wird zu erkennen gegeben (1Kor 15,1) das Evangelium wird gelehrt (Gal 1,12) das Evangelium wird zur Besprechung vorgelegt (Gal 2,2) das Evangelium wird überliefert (1Kor 15,1) das Evangelium wird aufgenommen (2Kor 11,4) o Evangelien: hier wird als erstes programmatisch konstatiert: „das Evangelium von Jesus Christus, dem Sohn Gottes“ (Mk 1,1) das Evangelium selbst begegnet teilweise als personale Interaktion (Mk 1,14) Begriffe der Gottesherrschaft, der Botschaft Jesu (euangelion), als Vermittlung der Nähe der Gottesherrschaft Evangelium als Erzählen von Gleichnissen und Parabeln Evangelium als gemeinschaftliches Feiern (Mahlgemeinschaft) Evangelium als Hilfe zum Leben (Wunderheilungen) Die Kirche nahm die biblisch vorgegebenen Kommunikationsmodi auf und etablierte hieraus Handlungsfelder (Gottesdienst, Abendmahl, Seelsorge etc.) ERGEBNIS: Es ist wichtig, den doppelten medientheoretischen Sinn von „Evangelium“ zu beachten, als Übertragungs- und als Speichermedium. Beide Male geht es um Interaktionen: das eine Mal in einem aktuellen, ergebnisoffenen, das andere Mal in einem abgeschlossenen und interpretierbaren Modus. 8 Die Untersuchungen zum „historischen Jesus“ und seinen „echten und unechten Jesusworten“ sind hier nicht von Belang, denn: Lehr- und Lernprozesse, gemeinschaftliches Feiern und Helfen zum Leben bilden die wesentlichen Ausdrucksformen christlicher Nachfolge. -Der Begriff Religion: Begriff ist heute zur Beschreibung des Gegenstandes der PTh problematisch im 19. Jh. wurde der Begriff spätestens zu einem Allgemeinbegriff neuprotestantischer Theologie, um zwischen kirchlicher Lehre und (davon abweichend) konkreter Glaubenspraxis zu unterscheiden, aber zugleich deren Zusammenhang festzuhalten o noch D. Rössler versteht Religion in diesem Sinne: „Religion ist v.a. gelebte Religion. Sie ist unsichtbar. Sie tritt nicht in Erscheinung. Sie ist in der Praxis des gelebten Lebens enthalten, und sie kann darin nicht ohne weiteres isoliert oder bloßgelegt werden...Andererseits ist Religion objektivierte, formulierte oder tradierte Religion.“ schwierig hierbei: Multireligiosität wird ebenso übergangen wie die derzeitige aktuelle Religionsverteilung in Deutschland viel kritischer als in der PTh wird der Begriff „Religion“ in der Religionswissenschaft thematisiert o Abgrenzung Gemeinsamkeiten des Begriffs „Religion“: „Gott“ bspw. schließt den Buddhismus aus o bei einem gemeinsamen Begriff wie „Transzendenz“ ist es schwierig „Religion“ und „Kultur“ voneinander abzugrenzen Bei der Beschäftigung mit außereuropäischen und nichtchristlichen „Religionen“ wird deutlich, wie stark der Religionsbegriff ein durch das europäische Christentum, besonders den Protestantismus geprägtes Konzept ist ERGEBNIS: Im Alltag erscheinen Menschen, die „religiös“ sind, aber mit dem vom Christlichen her definierten Begriff wenig oder nichts gemein haben; ABER: Religion als Begriff hat als protestantische Unterscheidungskategorie nach wie vor Bedeutung. Er eröffnet den Blick für den Bereich des (westlichen) Christentums über kirchliche Lehre und Organisation hinaus auf die individuellen Einstellungen und Vorstellungen der Menschen -Der Begriff Spiritualität: in der neueren Religionssoziologie (und der PTh) tritt teilweise der Begriff der Spiritualität an die Stelle dessen, was bisher als „Religion“ bezeichnet wurde Religionssoziologisch dient „Spiritualität“ dazu, moderne, nicht oder kaum organisierte Strömungen zu erfassen, innerhalb deren Menschen Transzendenzerfahrungen machen Probleme des Begriffes: o wie Religion entstammt „Spiritualität“ auch dem christlichen Kulturkreis o ursprünglich im franz. Sprachbereich angesiedelt, dort im Ordenskatholizismus o in den 1970er Jahren griff die „Ökumenische Bewegung“ den Begriff auf in einem Gebet wurde formuliert „Wir sehnen uns nach einer neuen Spiritualität, die unser Planen, Denken und Handeln durchdringt.“ o „Spiritualität“ tauchte auch im interreligiösen Dialog auf; Impulse aus Buddhismus oder Meditationspraktiken wurden hierunter vereinnahmt o engl. „spiritual“ wurde zu einer anthropologischen Kategorie o Letztlich fand der Begriff auch Eingang in die Evangelische Theologie und Kirche. Hier ersetzte der Begriff „Spiritualität“ zum einen die als antquiert empfundene „Frömmigkeit“; zum anderen sollte er einen Anschluss an die sog. „gelebte Religion“ sichern 9 Kennzeichen modernen „Spiritualität“ nach Hubert Knoblauch o sie ist institutionen- und organisationskritisch o sie ist ganzheitlich ausgerichtet o sie betont die subjektiven Erfahrungen der Transzendenz Durch die Kennzeichnung Knoblauchs ist deutlich, dass religiöse Erfahrungen, die früher wenigen Virtuosen vorbehalten waren, jetzt auf einmal massenhaft in Blogs und Internet-Foren auftauchen o Die Transzendenzerfahrung wird popularisiert o Bsp: Neigung zum Pilgern ERGEBNIS: Das von Knoblauch skizzierte Konzept der Spiritualität weist wichtige Züge in der Einstellung und Praxis heutiger Zeitgenossen auf. Er weist auch mehrfach auf dessen Nähe zum Protestantismus mit seinem Erfahrungsbezug hin, der an die Stelle klerikaler Vermittlung tritt. Nicht von ungefähr zeigt sich eine gewisse Zurückhaltung evangelischer Theologie im Hinblick auf den Begriff „Spiritualität“. Denn hier droht die Betonung der menschlichen Aktivität, etwa in Form meditativer Übungen. Die Rechtfertigungsbotschaft scheint in den Hintergrund gedrängt zu werden. Die mit „Spiritualität“ erfassten Bemühungen sind Herausforderungen zu christlichen Lebensformen. Begriffe wie „spirituelle Gestalt von Praktischer Theologie“ oder „christliche Spiritualität“ sind begrifflich nicht glücklich gewählt (Grethlein). Bei näherem Hinsehen setzen diese nämlich „Regelmäßigkeit und Verbindlichkeit“ voraus, eine Kontinuität, die der von Knoblauch beschriebenen „spirituellen“ Suche gerade nicht entspricht. ZUSAMMENFASSUNG der begrifflichen Klärungen: Die Spannung zwischen Redundanz und Selektion macht darauf aufmerksam, dass Kommunikation sich auf Bekanntes beziehen muss (also das „klassische“ Verständnis von Begriffen wie Religion), zugleich aber darüber hinausweist (neuere Einflüsse auf althergebrachte Begriffe). Diese Einsicht ermöglicht ein genaueres Verständnis von „Evangelium: Das Wirken Jesu knüpft in seinen drei Kommunikationsmodi des Lehrens und Lernens gemeinschaftlichen Feierns Helfens zum Leben an bestehende Traditionen an, rückt diese jedoch in den neuen Horizont der anbrechenden Gottesherrschaft. Hermeneutische Klärungen -Pluralismus des Evangeliums: schon Jesu Botschaft wurde von seinen Jüngern in unterschiedlichen Formen der Nachfolge rezipiert o zu dem kleinen Kreis von Anhänger, die Jesus auf seiner Wanderschaft begleiteten, gesellten sich viele anderen; diese blieben in ihren Familien, Berufen und Orten und gestalteten dort ihr Leben in der Perspektive der anbrechenden Gottesherrschaft o Speichermedium der Geschichte: Neues Testament mit unterschiedlichen Büchern unterschiedlicher Herkunft von Beginn an gab es unter Christen verschiedene Lebensformen schließlich entwickelten sich auch unterschiedliche Formen christlicher Gemeinschaft o orthodoxe, katholische, evangelische Kirchen 10 Die pluralen Formen der Kommunikation des Evangeliums entwickelten sich nicht konfliktlos, es gab immer wieder Versuche, „Evangelium“ auf eine eindimensionale Doktrin oder Oranisationsform zu reduzieren -Differenzierung der Religionserfahrung: Gert Otto: Unterscheidung von „Religion 1“ und „Religion 2“ o Religion 1: Identitätssuche des Menschen durch Usprungsvergewisserung, durch Rückversicherung im ewig Gleichen o Religion 2: Anlehnung nach vorne (Messianismus) ist orientiert an der noch ausstehenden Aufhebung aller Entfremdungen, an der Erneuerung aller Verhältnisse, in denen der Mensch ein „verschlossenes“ Wesen ist Wilhelm Gräb: Religion 1 als ursprüngliche Form; sie gilt ihm - mit Schleiermacher als „Quelle allen Lebens" Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK) unterscheidet zwischen o primärer Religionserfahrung o sekundärer Religionserfahrung Andreas Feldtkeller: medientheoretische Beobachtung, dass sich eine Religion durch die schriftliche Fixierung sprachlicher Äußerungen verändert o ursprünglich als existentielle Erfahrungen erlebt, besteht ein Bedürfnis nach Verschriftlichung der Ereignisse o Verschriftlichung geht regelmäßig mit einer Theologisierung einher o primäre Religionserfahrung=grundlegende Schicht menschlicher Religiosität; sekundäre Religionserfahrung=Verschriftlichung/Theologisierung des Erfahrenen ERGEBNIS: Die Kommunikation des Evangeliums vollzieht sich in der Spannung von unmittelbar die Menschen betreffenden Bezügen (Abstammungsgemeinschaft, Erde, Zeit) und diese kritisch überschreitenden Einsichten (in Form von Schriften) o eine einseitige Orientierung am schriftlich fixierten Offenbarungszeugnis droht den Zusammenhang mit dem tatsächlichen Leben der Menschen zu verlieren o umgekehrt läuft eine Reduktion des Christlichen auf das Kreatürliche Gefahr, wichtige Impulse des Evangeliums zu verspielen -Kulturhermeneutische Unterscheidungen: Es ist wichtig, das Verhältnis der Kommunikation des Evangeliums zu ihrem kulturellen Kontext zu reflektieren und dafür Gesichtspunkte zu erarbeiten fast zeitgleich mit der Entstehung der PTh tauchte am Beginn des 19. Jhs. die Mission als eine besonders benannte Form christlicher Praxis auf o doch schon zu Beginn des 20. Jhs. trat die Missionsthematik wieder in den Hintergrund; Friedrich Niebergall widmete ihr in seinem zweibändigen praktisch-theologischen Lehrbuch nur noch zwei Seiten spätestens nach dem II. WK trat das historische Problem der Verbindung von Mission und Kolonialismus bzw. Imperialismus zu Tage o in der ökum. Bewegung bemühte man sich um ein theologisches Verständnis von Mission o Konzept: Missio Dei - weniger als Lehre, mehr als Lebensstil formuliertes Konzept o Erst das Zusammenleben verschiedener Religionen eröffnet die Möglichkeit zum Dialog und schließlich zum eigenen Zeugnis. So ist das „Fest der eigentliche Ort, den Fremden kennenzulernen, wie es umgekehrt für den 11 Fremden die beste Möglichkeit bietet, uns wahrzunehmen und uns in unserer Identität kennenzulernen.“ Dritte internationale Konsultation der Studiengruppe „Gottesdienst und Kultur“ des Lutherischen Weltbundes im Jahr 1996 wurde ein Dokument erstellt, das allgemein für eine praktisch-theologische Hermeneutik der Kontextualisierung von Bedeutung ist. Es macht auf eine vierfache Wechselwirkung zwischen Gottesdienst und Kultur aufmerksam. Gottesdienst ist o kulturübergreifend Elemente wie Taufe, Abendmahl, Schriftlesung etc. finden sich in allen christlichen Kirchen o kontextuell jeweilige Kultur prägt die Feier des Gottesdienstes o kontrakulturell bzw. kulturkritisch christliche Feier steht auch immer in einem gewissen Widerspruch zur eigenen Kultur, insofern diese dem Evangelium widerspricht o kulturell wechselwirkend gegenseitige Beeinflussung der Kulturen im Gottesdienst; besonders in multikulturell zusammengesetzten Gemeinden anzutreffen ZUSAMMENFASSUNG der hermeneutischen Klärungen: Medientheoretisch evident und kasualtheoretisch erprobt ist die Unterscheidung zwischen primärer und sekundärer Religionserfahrung. Das Wissen um die Bedeutung beider Religionserfahrungen für die Kommunikation des Evangeliums verhindert den Aufbau unfruchtbarer Gegensätze. Es begründet eine Praxis, die die Balance zwischen alltäglichen Gegebenheiten und der schriftlichen Fixierung des christlichen Grundimpulses hält. Die Studiengruppe des Lutherischen Weltbundes definierte den Gottesdienst im Rahmen der Kultur. Vor allem die Dimensionen der Kontextualisierung und der Kulturkritik sind praktisch-theologisch wichtig. Die erste erfordert das Ernstnehmen der konkreten kulturellen Situation, die zweite verhindert die bloße Annahme/Akzeptanz des Bestehenden. [im Detail ausgelassen, da für die Prüfung unerheblich: 4. Kapitel Kommunikation des Evangeliums - empirische Grundbedingungen] im Grunde geht es hier um die Problematik, vor der evangelische Religionspraxis steht; hierzu zählen äußere Einflüsse o demographischer Wandel, Multikulturalitätsanstieg, Aufschwung der neuen Medien, politische Veränderungen, Globalisierung, differenziertes Familienbild (Patchwork) etc. als zweites stehen innerkirchliche Einflüsse wie o Mitgliederrückgang, Kirchendistanzierung, Taufen im Verhältnis zu Beerdigungen gering etc. 12 5. Kapitel Kommunikation des Evangeliums - theologische Grundbestimmungen -Kommunikation vollzieht sich - wie bereits erwähnt - auf drei verschiedene Weisen: durch das Lehren und Lernen, im gemeinschaftlichen Feiern und beim Helfen zum Leben diese drei Bereiche sind im Wirken Jesu untrennbar miteinander verbunden Evangelium: im Modus des Lehrens und Lernens Anthropologischer Hintergrund o Grundvoraussetzung: Weltoffenheit, Sozialität o persönlichkeitsfördernde Lernprozesse fordern (nach Nipkow) eine verlässliche Umwelt, Vertrauen und sprachliche Kommunikation Biblische Grundlagen o AT: große Bedeutung der sinnlichen Wahrnehmung des Hörens und des Sprechens, bspw. Jes 50,4f. „Der Herr JHWH hat mir eine Schülerzuge gegeben. Damit ich verstünde, dem Mündigen zu antworten, erweckt er ein Wort...“ zum Wahrnehmen der Taten JHWHs gehört auch das Auge, doch Vergangenes kann nicht mehr gesehen, sondern nur noch zur Sprache gebracht werden o AT: auch der Begriff „Tora“ (Weisung) impliziert Lehr- und Lernprozesse o NT: Lehr- und Lernprozesse waren in Jesu Kommunikation des Evangeliums grundlegend Jesus - Rabbi; Jünger - Schüler Als Adressaten seiner Lehre rücken die Evangelien aber immer wieder auch das Volk in den Mittelpunkt o NT: Das Leiden und Sterben Jesu zeigt, dass es sich im Verhältnis zu seinen Jüngern um keine Hierarchie im üblichen Sinn von oben nach unten handelt. Historische Formen o Christliche Lehrer im 2./3. Jh. in drei Formen: Wanderlehrer, Katecheten (Lehrer im Auftrag und als Amtsträger in der Gemeinde), freie Lehrer diese bemühten sich um den Wahrheitsanspruch des Christentums (Apologeten) unter Zuhilfenahme bspw. der Philosophie die Organisationsform der christlichen „Schule“ zeigt bereits in der Frühzeit des Christentum, dass es jenseits der Gemeindestrukturen schon Orte der Kommunikation des Evangeliums gab o Taufkatechumenat: 3./4. Jh. v.a. durch das dem Hippolyt zugeschriebene Werk „Traditio Apostolica“ Lehr- und Lernprozess zur Zulassung zur Taufe als die Kindertaufe gängig wurde, hatte die exklusive Ausrichtung des Taufkatechumenats auf Erwachsene und das Fehlen von Lehr- und Lernprozessen für Kinder problematische Konsequenzen o Klosterschulen: Klöster als Inseln der Gelehrsamkeit - hier entstand eine eigene Institution für die christliche Erziehung von Kindern seit etwa Beginn des 6. Jhs. das Kloster firmierte als „schola“, es war eine „Lebensschule“ o Reformatorischer Impuls: Der Wegfall der selbstverständlich erscheinenden gemeinsamen Glaubensüberzeugung erforderte verstärkte Bildungsbemühungen, um die Differenzen (zum Katholizismus) zu kennen und die eigene Zugehörigkeit (zum Protestantismus) zu verstehen Krise des Schulwesens/generell sehr geringer Bildungsstand führten zu Veränderungen der Lehr- und Lernschaft 13 für Luther hatte Bildung soteriologische Qualität; dies führte er in insegesamt drei Schriften aus: „An den christlichen Adel deutscher Nation.“ (1520), „An die Ratsherrn aller Städte des deutschen Lands, dass sie christliche Schulen aufrichten und halten sollen“ (1524), „Eine Predigt, dass man Kinder zur Schulen halten solle“ (1530) Der Kleine Katechismus war an Familien, und hier v.a. an die Väter gerichtet, in denen Luther die Verpflichtung zur Erziehung der Kinder sah er galt forthin auch als „Laienbibel“ o Aufgeklärter Religionsunterricht: Infragestellung der unangefochtenen Traditionen und Lehrinhalte; Herausbildung der Pädagogik als eigenständiger Wissenschaft; Verstaatlichung des Schulwesens o Kritik schulischen Religionsunterrichtes: F.D.E. Schleiermacher distanzierte sich vom schulischen Religionsunterricht Unterricht in Religion sah er als völligen Widerspruch an er sah in der Familie, v.a. in der Mutter den Ort, an dem Religion gespürt werden kann, da Religion nur in einem „dynamischen Lebenszusammenhang“ weitergegeben werden kann o Verschulung religiöser Erziehung: staatliche Aufsicht über den Religionsunterricht im 19. Jh. o ZUSAMMENFASSUNG: Kommunikation des Evangeliums im Modus von Lehr- und Lernprozessen steht unter dem Vorzeichen des Lehrerseins Jesu. Lehr- und Lernprozesse finden an unterschiedlichen Orten, v.a. im Haus, in der Kirche und in der Schule, aber auch im Freien statt. Zusammenhang mit anderen Modi der Kommunikation des Evangeliums o Liturgische Bildung: die Tatsache, dass der Kl. Katechismus in einen Morgenund Abendsegen sowie in Tischgebete mündet, weist bei den Reformatoren auf einen selbstverständlichen Zusammenhang zwischen Lernen und Liturgie auf. In neuester Zeit wird „liturgische Bildung“ als didaktisches und methodisches Thema bedacht. o Diakonische Bildung: Alte Kirche und Klosterschulen fassen das Christsein als umfassende Lebensform auf. Hier geht es auch um die Hilfe zum Leben. Grundfragen o Evangelium als Lehr- und Lerngegenstand: Religionslehrer beschäftigen sich seit langem mit der Frage nach der Lehrbarkeit der „Religion“, worunter (selbstverständlich) der christliche Glaube verstanden wurde. Evangelium kann als „Speichermedium“ (Evangelien, NT), zugleich aber auch als „Übertragungsmedium“ (Kommunikation öffnet die Aufmerksamkeit für die Liebe Gottes) schulrechtlich versucht man diese Spannung dadurch zu lösen, dass Religion zwar ordentliches Lehrfach ist, die Eltern aber ihre Kinder hiervon abmelden können o Bibel als Unterrichtsgegenstand: Die Bibeldidaktik hat versuch inhaltlich zu klären, welche Texte für wen bedeutungsvoll sind; zum anderen umfasst sie die methodische Reflexion der angemessenen Zugänge zum Medium Bibel 14 Evangelium: im Modus des gemeinschaftlichen Feierns Anthropologischer Hintergrund o im kulturwissenschaftlichen Sprachgebrauch gehören Fest und Feiern zusammen Feste transzendieren den Alltag; von daher ist das gemeinschaftliche Feiern kulturgeschichtlich eine alte Kommunikationsform o Feste sind konstitutive Lebensbejahung und Ausrichtung auf die Zukunft; kommuniziert wird mit allen Sinnen o ihren kommunikativen Punkt haben Feste in Feiern; sie finden i.d.R. an besonderen Orten statt Biblische Grundlagen o AT: drei Kommunikationsformen durch „Opferkult, Gebet und Schriftfrömmigkeit“ verschiedene Orte: Tempel, Haus, Synagoge Feste und Festkalender im AT o NT: Sprachlich fällt hier das weitgehende Fehlen kultischer Terminologie auf; auch die für den antiken Kult wichtige Funktion des Priesters findet sich im NT nicht Jesus nahm aber selbstverständlich am Tempel- und Synagogengottesdienst teil. Doch sprengte er an mehreren Stellen die dabei vorausgesetze kultische Vorstellungswelt: Unterscheidung rein/unrein wurde zurückgewiesen Kritik an der ökonomischen Basis des Tempelkultes Jesus beanspruchte die Vollmacht, Sünden zu vergeben im NT besteht wie im AT eine große Nähe des gemeinschaftlichen Feierns zum Kommunkationsmodus des Helfens zum Leben Abendmahl und Taufe demonstrieren dies in herausragender Form Historische Formen o Mahlfeier: 1./2. Jh., das gemeinschaftliche Feiern, in dessen Zentrum ein Mahl stand, wurde in ein komplexes kultisches Gefüge transformiert; aus dem Abendmahl, bei dem die Christen gemeinsam aßen und tranken, wurde die Eucharistiefeier als kultischer Ritus, separiert von der Sättigung o Benediktionelle [gottesdienstliche] Volksfrömmigkeit: Im Mittelalter ist zum einen die Entwicklung zu beobachten, dass die Kirche traditionell innerfamiliäre Segnungen adaptierte. Zum anderen wuchs die Zahl der am Rande des kirchlichen Gottesdienstes praktizierten Benediktionen stark an erst ab Spätantike/Frühmittelalter setzte die Verkirchlichung der Eheschließung an erst ab 6. Jh. wurde auch die Bestattung aus der Familie heraus in einen kirchlichen Rahmen eingebunden o Reformatorischer Impuls: gegen das Benediktionswesen erhob Martin Luther Protest; er schildert drei große Missbräuche: 1. dass Gottesdienste allein gelesen und gesungen wurden in den Kirchen (Tagzeitengebete), 2. Einkehr von Fabeln, Lügen in Gesänge und Predigten (Predigten über Heiligenlegenden), 3. der Glaube ist im Rahmen dieses Gottesdienstverständnisses untergegangen (Werkgerechtigkeit) Luther rückte den Christusbezug ins Zentrum des Gottedienstes Luthers Reformen führten zu einer starken Verbalisierung der Kommunikation des Evangeliums 15 o Unterricht in der Religion: 17. Jh. bedeutete (nach Sträter) „eine Krise der Kirchlichkeit, die sich in einer Krise der kirchlichen Verkündigung manifestierte“; Predigten lösten nicht den reformatorischen Anspruch ein, in der Gemeinde Glauben zu wecken und zu stärken; für die Aufklärung galt dann eine Differenzierung zwischen Theologie und Religion als grundlegend o Festreligion: Niedergang der Festkultur (anhand des Weihnachtsfestes) „Die häusliche Weihnachtsfeier war auf das kirchliche Fest und damit auch die biblische Festlegende bezogen; die Feiernden standen nicht selten zu bestimmten kirchlichen Inhalten wie der Jungfrauengeburt oder dem Inkarnationsdogma in Distanz Brücke zwischen familiärer Feier und kirchlichem Festgottesdienst schlugen die Lieder wie „Stille Nacht“ o Agendarische Verfestigung: 19. Jh.: Herausbildung eine im Kontext des Bürgertums als Leitmodell der Lebensführung stehende familiäre Form der Kommunikation des Evangeliums starke Ausrichtung an der primären Religionserfahrung spätestens ab Ende der 1970er wurde deutlich, dass der einheitlich geordnete agendarische Gottesdienst keinen hinreichenden Raum für die gemeinschaftliche Feier bot Zusammenhang mit anderen Modi der Kommunikation des Evangeliums o Von der Mimesis zur Volksbildung: Teilnehmende an den wöchentlichen Mahlfeiern reihten sich in die im Wirken des irdischen Jesus beginnende Tischgemeinschaft ein; daneben bestanden von Anfang an verbale Formen der Lehre wie Schriftlesung und deren Auslegung. Einen Abbruch des Zusammenhangs zwischen Kommunikation des Evangeliums im Modus gemeinschaftlicher Feier und im Modus des Lehrens und Lernens stellt die mittelalterliche Liturgieentwicklung dar. Später bestand die Lehre und das Lernen durch die Botschaften der Predigt o Helfen zum Leben und Feiern: nach Ulrike Suhrs besteht die größte Nähe zwischen Gottesdienst und Diakonie im Abendmahl. Hier ist noch an das klassische Sättigungsmahl zu denken, dass zahlreiche Hungernde stärkte; im Laufe der Zeit ging die Ausrichtung am diakonischen Auftrag allerdings verloren, heute berichten nur noch ökumenische Erfahrungen im Bereich von Heilungsgottesdiensten („healing rites“) von solchen Verknüpfungen Grundfragen o Wahrer - falscher Gottesdienst: Unterscheidung erfolgt biblisch lediglich auf der Inhaltsebene; heute ist dies differenzierter zu betrachten (Separierung Kult vom Alltag etc.) o Pluriformität: unter der Hand hat sich der Begriff „Hauptgottesdienst“ nach der preußischen Agende von 1822 herausgebildet; dieser Begriff (Sonntag vormittag, möglichst mit Abendmahl) ist aber Problematisch, denn biblisch ist ja schon die Zusammenkunft von zwei oder drei im Namen Christi das Entscheidende, nicht der Vollzug des Ritus auch hebt die Bezeichnung „Hauptgottesdienst“ einen exklusiv in der Organisation Kirche begangenen Vollzug heraus; damit wertet sie andere Orte der Kommunikation des Evangeliums ab wie Familie, Schule, Diakonie oder Medien 16 Evangelium: im Modus des Helfens zum Leben -Jesus verband bei der Kommunikation des Evangeliums im Modus des Helfens zum Leben das soziale bzw. heilende Tun mit der Zusage der Sündenvergebung -später entwickelten sich daraus die Zusammenhänge der Diakonie und der Beichte/Buße bzw. später der Seelsorge Anthropologischer Hintergrund o Da jeder Mensch anders ist, benötigt eine Hilfe zum Leben besonderes Feingefühl; es gilt die grundlegende Bedeutung sozialen Verhaltens für die Entwicklung der Menschheit und des Menschen im Auge zu behalten Biblische Grundlagen o Helfen zum Leben ist ein Kommunikationsmodus, der sich als roter Faden durch die gesamte Bibel zieht o AT: Grundlegend ist hier das Gebot der Nächstenliebe (Lev 19,18); weiter finden sich Schutzbestimmungen für Arme, Fremde und Behinderte (Lev 19,9f., 13,14); es finden sich auch die Möglichkeit des Sündenbekenntnisses und der göttlichen Vergebung - festlichen Ausdruck findet dies im Größen Versöhnungstag (Jom Kippur) o NT: v.a. in zwei Geschichten geht es konkret um das Helfen: in der Geschichte der Heilung des (wohl) an Epilepsie erkrankten Sohnes (Mk 9,14-29) und der Genesung der kranken Tochter (Mt 15,21-28) - folgende Elemente finden sich hier Hilfsbedürftiger kann sich nicht selbst helfen zunächst kümmern sich die Angehörigen um den Hilfebedürftigen; irgendwann reicht deren Hilfsbereitschaft nicht mehr Insistieren des dem Hilfebedürftigen nahestehenden Helfers ggü. dem „professionellen Helfer“ Jesus Gewährung der Hilfe durch Jesus o NT: Das Helfen zum Leben ist kein einfaches, magisches Hantieren, sondern eine ergebnisoffene Kommunikation, in der die Kommunizierenden miteinander ringen; Der Glaube steht im Zentrum der Heilungen durch Jesus (dein Glaube hat dir geholfen etc.) Historische Formen o Altkirchliches Diakonat: um etwa 100 n.Chr. begegnet das Diakonat in einer Zweiheit mit dem Amt der Bischöfe (Episkopen); vor der Herausbildung des monarchischen Episkopats genossen beide Ämter (Bischof und Diakon) ein sehr hohes Ansehen; der Diakon hatte nach Apg 6,1-3 herausragende Bedeutung für die materielle Versorgung von Gemeindegliedern; auch bei wichtigen Feiern am Sonntag (Sättigungsmahl) kam ihm eine Sonderrolle zu durch die Trennung von Sättigungsmahlzeit und Eucharistiefeier verlor diese Funktion an Bedeutung später: Einordnung des Diakonats in das durch Bischof und Presbyter (Priester) angeführte Ämtergefüge o Buße: Als Grunddatum christlicher Existenz galt von Anfang an die Taufe in der Praxis kam es zu Verfehlungen; so kam es u.a. zur Einführung einer zweiten Buße, später zur kirchlichen Beichte dies wiederum war der Beginn der christlichen Seelsorge o Klösterliche Caritas: nach Zusammenbruch des (west)römischen Reichs und im Zuge der Christianisierung germanischer Stämme stellte sich ein strukturelles Problem dar Kirche war städtisch geprägt, auf dem Land gab es kaum Versorgung Hilfesuchende fanden immer mehr Zuwendung durch die Klöster 17 Bruderschaften und Frauengemeinschaften übernahmen im Hinblick auf die Kommunikation des Evangeliums im Hinblick auf die Hilfe zum Leben eine bedeutende Rolle o Reformatorische Impulse: Karl der Große (742-814) hatte bereits die Armenfürsorge für sich in Anspruch genommen. Von daher war das Hilfehandeln grundsätzlich als Aufgabe der Obrigkeit bewusst, ohne dass dies durchgehend so praktiziert worden wäre; Luther und noch stärker Zwingli nahmen den Staat in die Pflicht zur Hilfe für die Armen, Schwachen und Kranken zwei Probleme für die Kommunikation des Evangeliums ergaben sich hieraus: Erstens besteht eine dichte Verknüpfung mit staatlichen Einrichtungen, die einer verwaltungsmäßigen Logik folgen. Der ganzheitliche Ansatz des Helfens zum Leben, der auch das Verhältnis zu Gott umfasst, tritt hierbei zurück. Zweitens ist die reformatorische Kritik an der Werkgerechtigkeit hiermit theologisch in Einklang zu sehen. Sie verkürzt die Kommunikation des Evangeliums um eine Dimension, die für den christlichen Grundimpuls konstitutiv ist o Hilfe durch Erziehung: Pietismus (v.a. Spener) wies auf die soziale Notlage nach dem 30-jährigen Krieg hin; August Hermann Francke nahm die Anstöße auf und etablierte die Franckeschen Stiftungen, die bis heute bestehen hier galt ein enger Zusammenhang von christlicher Motivation, Zuwendung zu den Armen und erzieherischem Impetus sowie ökonomischer Ausrichtung Verbindung von Armenfürsorge und erzieherischem Handeln wurde wichtig o Diakonissen: biblisch zeigen schon die Ämter der Witwen und weiblichen Diakonissen eine besondere Wertschätzung der Frauen; Theodor Fliedner (1800-1864) etablierte als erster das Amt der Diakonissen; Gründungen diverser Einrichtungen für Frauen etc. o Innere Mission: durch J.H. Wichern begründete Diakonie nahm Institutionsgestalt an; erste Hälfte des 19. Jhs. wurde hierfür prägend; Vorläufer war der Centralausschuss zur Inneren Mission, der auf dem Wittenberger Kirchentag 1848 gegründet wurde Gründung des Rauhen Hauses Hamburg; Krankenpflegerschule etc. Zusammenhang mit anderen Modi der Kommunikation des Evangeliums o Berufsbildung: schon die frühzeitige Herausbildung des Diakonats verweist auf die implizite Tendenz zur Ausbildung von Berufen bei dieser Kommunikationsform o Gemeinschaftliches Feiern: Für Menschen in prekären Lebensverhältnissen haben Feste und Feiern als Unterbrechungen des - notvoll erlebten - Alltags eine große Bedeutung; Menschen „am Rand der Gesellschaft“ finden hier eine Integration, die im Alltag nur schwer möglich ist heute mehr und mehr durch das Konzept der Inklusion verwirklicht Grundfragen o Organisationsform: Nebeneinander von individuellem und organisiertem Helfen stellt ein Problem dar o Berufs- und Lebensform: Helfen als Beruf steht in Gegensatz zum freiwilligen Helfen als Christ; die Diversität von Zugehörigkeit zu einer christlich motivierten Gemeinschaft und erfolgreichem Helfen zum Leben und - auf der anderen Seite - professionalisierte Hilfe (in Form von Diakonie; Caritas) etc. stehen in einem Spannungsverhältnis (auch im Bezug Staat/Kirche) 18 ZUSAMMENFASSUNG DES 2. Teils: Kommunikation des Evangeliums vollzieht sich nach Begriffs- und hermeneutischen Klärungen - in einem empirischen Rahmen. Dabei ist sorgfältig zu beachten, wo sich neue Möglichkeiten ergeben und wo Entwicklungen stattfinden, die dem christlichen Grundimpuls widersprechen. Theologisch ergibt die christentumsgeschichtliche Rekonstruktion drei Modi der Kommunikation des Evangeliums Modus Lehren und Lernen Modus gemeinschaftlichen Feierns Modus des Helfens zum Leben 3. Teil Kommunikation des Evangeliums in der Gegenwart: praktische Perspektiven -I.U. Dalferth: „In den Disziplinen der praktischen Theologie geht es in differenzierter Weise um die grundlegenden Gestaltungsaufgaben, wie und als was das Evangelium heute wem auf welche Weise zu kommunizieren ist und kommuniziert werden kann...“ -Im Rückgriff auf die Botschaft Jesu gilt: Das Evangelium als die Botschaft von der anbrechenden Gottesherrschaft bzw. von der wirksamen Liebe Gottes ereignet sich in kommunikativen Vollzügen Diakonie und Medien gehören ebenfalls hierzu o Insofern Kirche (griech. „kyriake“: zum Herrn gehörig) den Bereich der Kommunikation des Evangeliums bezeichnet, ereignet sich - in theologischer Perspektive - auch in diesen Sozialfomen Kirche. Sie sind aber kein Bestandteil der Kirche als eines verwaltungsmäßig geordneten Gefüges mit rechtlichem Rahmen und bestimmten Befugnissen einzelner Positionen. -Innerhalb der kirchlichen Sozialformen begegnen Menschen, die die Kommunikation des Evangeliums in besonderer Weise fördern (Ehren-, Neben- oder Hauptamtliche) -Angelegte Konzepte: Kap. 6: aus klassischer Kirchentheorie wird eine Theorie der Sozialform, in denen das Evangelium kommuniziert wird Kap. 7: aus Pastoraltheologie wird eine Theorie der Tätigkeiten, deren Aufgabe die Förderung des Evangeliums ist Kap. 8: nimmt in kommunikationstheoretischer Perspektive das in den klassischen Disziplinen der Praktischen Theologie Bearbeitete auf 6. Kapitel Kommunikation des Evangeliums - in verschiedenen Sozialformen [Kirchentheorie] -in der praktisch-theologischen Kirchentheorie wird gegenwärtig verbreitet die Luhmannsche Systemtheorie rezipiert einerseits öffnet sie den Blick für Kommunikation andererseits verengt sie diesen aber durch den an der Begrifflichkeit Transzendenz Immanenz orientierten Religionsbegriff Folge: PTh bleibt in einer theologisch problematischen Verkirchlichung der Kommunikation des Evangeliums verhaftet -Konzept der Kommunikation des Evangeliums (nach Grethlein) hat den Vorteil, dass das Konzept theologisch begründet im Wirken und Geschick Jesu ist, empirisch in Form der drei Modi von Kommunikation anschlussfähig für die Gegenwart. Kommunikation des Evangeliums lässt sich nicht nur auf (organisierte) Kirche beschränken! o dies untermauert auch der Begriff „ekklesia“ des NT: er meint sowohl Hausgemeinde, Ortsgemeinde als auch die weltweite Ökumene o die drei Formen heute sind Familie, Ortsgemeinde, (Landes)Kirche 19 -Familie als grundlegender Kommunikationsraum -Eltern und Großeltern haben den positivsten Einfluss „auf die Entwicklung des Verhältnisses zu Religion, Glauben und Kirche.“ -Familienangehörige sind am häufigsten Gesprächspartner zu „religiösen Themen“ Begriffsklärung o historisch dominierte bis zum Ende des 18. Jh. die Rede vom „Haus“, also einer nicht nur Eltern und Kinder, sondern weitere Verwandte und auch andere, wie Knechte und Mägde, umfassenden Sozialform mit ökonomischer Ausrichtung erst danach gewinnt der Begriff „Familie“ als eine Blutsverwandte umfassende Größe Bedeutung o ab dem 19. Jh. steht dann endgültig die „Familie“ im Vordergrund o heute gestaltet sich die Situation wiederum anders: die Erweiterung des Familienverständnisses auf die sog „multilokale Mehrgenerationenfamilie“ (Lauterbach) muss angenommen werden für die Theorie der Komm. des Ev. ist eine Gemeinsamkeit der verschiedenen Formen wichtig: die besondere Form der Vertrautheit Grundlegende Kompetenzen bilden sich in der Familie heraus; die Schule ist dann eine Weiterführung Historische Entwicklung o AT: Beziehungen zwischen den familiär verbundenen Generationen bilden im AT den Hintergrund für die Kommunikation über und Mit Gott. Die Beziehung zu Gott wird vornehmlich in der Sprache familialer Beziehungen formuliert (Domsgen). Gott wird als Vater, Hausherr, als Mutter oder Ehemann angesprochen es finden sich im AT aber auch Konkurrenzsituationen zwischen Gott und der Familie; Verwandte sollen sich nicht zur Verehrung fremder Götter verführen lassen (Dtn 13,7-12) o NT: Ambivalenz kennzeichnet das Geschehen. Dem damals ungewöhnlichen Verbot der Ehescheidung (Mt 5,27-32), also einer Stabilisierung der Familie, steht eine Aufforderung entgegen, um Jesu willen mit der eigenen Familie zu brechen (Mt 10,37), sich sogar der traditionellen Verpflichtung familiärer Pietät zu entziehen (Mt 8,21f.) diese Ambivalenz kann als Spannung zwischen primärer und sekundärer Religionserfahrung bezeichnet werden o Taufe: nach den ersten expliziten Berichten über Kindertaufen wurden kleine Kinder mit ihren Eltern getauft; dies änderte sich aufgrund des Verständnisses von der Erbsündenlehre; Eltern traten in der Taufe zurück, der dem Kind die Gotteskindschaft vermittelt und es damit von der Erbsünde befreien sollte Paten wurden zu den neuen geistlichen Eltern hier begegnet also bereits zu Beginn des christlichen Lebens eine Spannung; nicht die biologischen Eltern, sondern die Paten als geistliche Eltern bekennen in dem Reinigungsritus der Taufe stellvertretend den Glauben o Zölibat: Zuspitzung erhielt die sexual- und familienfeindliche Tendenz im Zwangszölibat für Kleriker; entsprechend der hierarchischen Stufung zwischen Klerikern und Laien implizierte der Klerikerzölibat eine Geringschätzung von Ehe und Familie 20 o o o o mit dieser sexualfeindlichen Ausrichtung war durchgehen eine Geringschätzung der Frauen verbunden Reformation: v.a. Luther bracht mit der familienfeindlichen Tradition des Zölibats; er betonte stets die große Bedeutung des Hauses und der familiären Beziehungen für das christliche Leben bei ihm überwiegt stets das erzieherische und katechetische Interesse an Haus und Familie Unterscheidung von Klerikern und Laien verwarf er; Priestertum aller Gläubigen Vater und! Mutter galten Luther als „der kinder Apostel, Bischoff, Pfarrer, ynn dem sie das Euangelion yhn kundt machen.“ (WA 10II, 301) Die Reformation wertete das Haus ekklesiologisch zur Gemeinde auf dies hatte nicht nur positive Folgen: bspw. entwickelte sich eine starke Intimisierung, die Familien wurden kleiner, eine Abschottung (Weihnachtsfest des bürgerlichen Wohnzimmers) manifestierte sich; zweitens trat die Luther so wichtige Ausrichtung auf „Gottes Lob und Ehre“ zurück hinter die Erziehung zu anständigen, lebenstüchtigen Menschen Separation von Familie: Luthers Familienideal mit seinen katechetischen Absichten konnte sich explizit wohl nirgends durchsetzen; er selbst war skeptisch, was sich in seinem Engagement für die Einrichtung von Schulen zeigte; im 18. Jh. entwickelte sich im Bürgertum ein Familienbild, das kulturell sehr wirksam war, aber ohne religiöse Legitimation auskam im 18. Jh. etablierte sich flächendeckend der Konfirmandenunterricht; Zahl der Schulen nahm zu; hinzu traten Medien wie die Moralischen Wochenzeitschriften 19. Jh.: Familie verlor in den Augen der Geistlichen an Bedeutung für die Kommunikation des Evangeliums; pastorales Engagement richtete sich auf die Kirchengemeinden; Ernst Lange kennzeichnet die „vereinskirchliche Gemeinde“ im 19. Jh. sogar als „familienfeindlich“ ERGEBNIS: Ambivalenz der Beurteilung von Familie durchzieht die gesamte Christentumsgeschichte. Im Zuge des bürgerlichen Familienbildes und der Verkirchlichung des Christentums kam es zu einer Isolierung von Familie. Das „Gemeindeleben“ schienen ihre Bedeutung für die Kommunikation des Ev. abzulösen. Rechtlicher Rahmen o Art. 6 GG: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.“ der Familie kommt verfassungsrechtlich höchste Bedeutung zu die Bestimmungen erstrecken sich später auf den religiösen Bereich (Art 7 Abs. 3) o Gesetz über die religiöse Kindererziehung (1921) setzt die Religionsmündigkeit auf 14 Jahre fest o BVerfG: Familie als Funktion einer „Beistandsgemeinschaft“ körperliches, seelisches und geistiges Wohl der Familienmitglieder; erstreckt sich auf immaterielle Sorge und materielle Versorgung Gegenwärtige Situation o Familie heute: auf den ersten Blick fallen heute recht unterschiedliche Sozialformen auf, die unter dem Namen „Familie“ figurieren; gleichzeitig gibt 21 es aber auch Gemeinsamkeiten, bspw. im Hinblick auf Familie als „Beistandsgemeinschaft“ Franz-Xaver Kaufmann: „In modernen Gesellschaften ist die Familie zum einzigen institutionalisierten Lebensbereich geworden, in dem das Äußern von Gefühlen [...] als erlaubt [...] gilt, und in dem Gefühlsäußerungen als Ausdruck der Personhaftigkeit (und nicht z.B. als psychische Labilität) gelten.“ Der Familie kommt grundsätzliche Bedeutung für die Erziehung der Kinder zu; aber auch andere äußere Einflüsse (KiTa usw.) „mischen“ hier schon mit; auch werden oft Pflegeleistungen für ältere Familienmitglieder übernommen (14 % der 40-65 Jährigen sorgen für ein älteres Familienmitglied) Festzuhalten bleibt: Unter den Bedingungen größerer Mobilität und sich angleichender Geschlechterrollen substituiert die multilokale Mehrgenerationenfamilie das vorneuzeitliche „Haus“ // trotz der Leistungen innerhalb der Familie besteht in der heutigen Gesellschaft eine „strukturelle Rücksichtslosigkeit“ ggü. der Familie Problem der Anforderung an Arbeitsplätzen in Einklang mit Pflege bspw. ist eine Herausforderung o Lehren und Lernen: hier muss unterschieden werden zwischen impliziter und expliziter religiöser Erziehung; im Kleinkindalter steht das nonverbale Agieren im Vordergrund (Mutter beugt sich lächelnd über das Kind - Kind lacht; biblisch im Bild des Aaronitischen Segens verwirklicht) Aufwachsen und Bildung des Kindes werden durch Wohnsituation, materielle Ausstattung usw. der Familie geprägt Rituale, die eine implizite Religionsbildung darstellen können bspw. das Zu-Bett-Bringen sein; Singen von Liedern (Das Kind wird von Gott beschützt) Angebote wie Krabbelgottesdienste, Kindergottesdienste etc. o Gemeinschaftliches Feiern: Weihnachtsgottesdienst als familiär begangenes Fest steht immer noch im Mittelpunkt; diese familiären Weihnachtsfeste ermöglichen eine intergenerationelle Zusammenkunft neben Weihnachten sind v.a. die Kasualien mit der Kirche verbunden; die Kritik der Wort-Gottes-Theologen (Stichwort: U-Boot-Christen) ist in der neueren Forschung widerlegt worden; nicht nur Taufe und Bestattung, sondern auch Trauung, Konfirmation und Einschulung öffnen einen Raum, in dem die gemeinschaftliche Feier den Menschen bei der Deutung eines wichtigen Übergangs im Leben hilft diese Feiern stehen immer mehr (aufgrund der „Durchmischung“ von Religiosität) unter ökumenischer Perspektive o Helfen zum Leben: Erziehung und Pflege geben schon einen Hinweis auf das Engagement zur Hilfe zum Leben; als biblischer Hintergrund könnten hier die „Werke der Barmherzigkeit“ dienen (Mt 25,31ff.) ZUSAMMENFASSUNG: Viele Familien sind eine „Ekklesia“, die der Unterstützung bedarf. Organisierte Kirche hat hier eine wichtige Aufgabe. Dabei geht es nicht darum, Familien in das Gemeindeleben zu integrieren. Vielmehr sind Familien in ihrem Gemeinde-Sein zu unterstützen. 22 Weiterführende Impulse o Tauferinnerung: Taufe als Fest bringt zu Ausdruck, dass sich die „Ekklesia“ (Familie/Haus) vermehrt hat; abgesehen von dramaturgischen Problemen legt sich v.a. bei der Taufe von kleinen Kindern ein besonderer Taufgottesdienst nahe Einbindung in den Sonntagsgottesdienst ist nicht unbedingt zu empfehlen (Unruhe, gegenseitiges Stören der Tauffamilien, Gemeinde des Sonntagsgottesdienste) man sollte eine Möglichkeit der Erinnerung schaffen dürfen: dies vollzieht sich heute durch mediale Erinnerung in Bild und Film außerdem sollte ein möglichst gut zu merkender Termin gewählt werden. Die zweiten Feiertage an Ostern, Pfingsten und Weihnachten sind hierfür prädestiniert o Kindergottesdienst: immer weniger Kindern nehmen am KiGoDi teil (Wochenendmobilität der Familien; Alternative Medien, Vereine; größere Distanz zu religiösen Inhalten bei den Erzieherinnen im Kindergarten etc. können Gründe hierfür sein) Transformation vom Kindergottesdienst zu einem Gottesdienst speziell für Kinder ist zu überlegen Sonntag ist heute Bestandteil der größeren Zeiteinheit Wochenende; für viele Familien ist dies der einzige Tag für gemeinsame Unternehmungen, frei von beruflichen Obligationen; hiermit kollidiert der „klassische“ Sonntagsgottesdienst - viele Kinder bleiben weg Forderung: Zeitliche Verlagerung des Godi für Kinder auf Samstagvormittag oder Freitagnachmittag; dann kann der Gottesdienst für Kinder ein Teil der Multilokalen Mehrgenerationenfamilie werden o Trauerhilfe: v.a. im Rahmen von Fehl- oder Totgeburten; allgemeine Verlängerung des Lebenserwartung sensibilisiert Menschen für die Schrecken eines frühen Todes; besonders Tot- und Fehlgeburten stellen junge Familien vor große Belastungen seelsorgerliche Begleitung selbstverständlich, darüber hinaus evtl. Feier zur Namensgebung: Eine Selbsthilfe-Initiative regte dazu die Bereitstellung sog. Mosekörbchen an; das tote Neugeborene wird in ein Weidenkörbchen gelegt, damit sich die Eltern von ihm verabschieden können; ein Tuch verhüllt evtl. Missbildungen; in einem liturgischen Akt wird das Kind ausgesegnet, dabei kann ihm ein Name gegeben werden (Ritus S. 355) o Offene Fragen: Ökumenisches Zusammensein der multireligiösen multilokalen Mehrgenerationenfamilie; v.a. stoßen sich ev. Christen an der Verweigerung zur Teilnahme an der kath. Eucharistiefeier; weiteres Problem: nicht alle Menschen leben in familiären Zusammenhängen (bei 40-50 jährigen etwa 20%) Welche Bedeutung haben Kinder für menschliches Leben? Die Kommunikation des Evangeliums steht dem starren Festhalten an der Kirchenspaltung ebenso entgegen wie dem Ausklammern von Kindern und damit der Zukunft aus der Lebenspraxis. 23 -Schule als Lebensraum für Heranwachsende -Hein-Elmar Tenorth: „In Schulen (wenn auch nicht nur dort) erwerben die Heranwachsenden die Kulturfertigkeiten, mit denen sie am Alltag moderner Gesellschaften teilnehmen können; in Schulen erwerben sie aber auch Kompetenzen, ihr Leben selbst als einen Lernprozess zu verstehen und zu gestalten...“ -Schule ist auch - aus historischen und sachlichen Gründen - eine wichtige Institution für die Kommunikation des Evangeliums -Schwierigkeit: Es soll sich nicht um „Kirche in der Schule“ handeln Begriffsklärung o ähnlich wie Familie sind Schulen pluriform (Kinder unterschiedlichen Alters, verschiedene Größen, verschiedene Schularten, unterschiedliche soziale und geographische Umgebungen, verschiedene Trägerschaften) o gleichzeitig haben Schulen aber auch Gemeinsamkeiten (Lehr- und Lernprozesse sind raumzeitlich verselbstständigt, Notwendigkeit zum symbolisch vermittelten Lernen [der „normale“ Alltag ist nicht direkt vorhanden], Lehr- und Lernprozesse finden in einem besonderen sozialen Setting statt, Schule organisiert das Lernen formal [es soll nicht von der konkreten Person abhängig sein]) Historische Entwicklung von Schule im heutigen Sinn kann man erst ab der zweiten Hälfte des 19. Jhs. sprechen o Schulleben: Begriff taucht erstmals 1826 auf; wichtiger Bestandteil der Schule ist die Schulandacht (bzw. der Schulgottesdienst) o Kindgemäßer Religionsunterricht: Im 19. Jh. griff der Staat - zunächst in enger Verbindung mit der Kirche - auf den RU zu; gegen diese Verbindung protestierten Lehrer: ihre positive, auf die Förderung der Kinder gerichtete und damit zugleich ggü. kirchlich-dogmatischem Zugriff kritische Ausrichtung kam im Zwickauer Manifest (1907) zu Ausdruck sächsische Landessynode wies 1909 die Lehrer zurück und beharrte auf kirchlicher Aufsicht und Katechismusunterricht o Orientierung am Wort Gottes: Trotz der WRV (1919) blieb das Volksschulwesen de facto konfessionell geprägt; Nazis drängten den RU an den Rand der Schule (Eckstunden; in höheren Klassen entfiel er komplett; Zahl der RUlehrer sank rapide); nach 1945: „Kirche in der Schule“ - „Evangelische Unterweisung“ trat an die Stelle von RU Folgen dieses (letzten) Ansatzes: Isolation des RU; exklusive Orientierung an Bibel, Gesangbuch, Katechismus und Kirchengeschichte; durch die Entwicklung der hermeneutischen Pädagogik geriet die Ev. Unterweisung vollends ins Abseits o Schülerorientierung: ab ca. 1965 zwangen die hohen Anmeldequoten für RU zu einem Umdenken; Hans-Bernhard Kaufmann forderte erstmals eine „Orientierung an den Problemen der Schüler“; Bildungsziel wurde die „Befähigung zum Christsein“ (Grethlein) o ERGEBNIS: Die Institution Schule stellt für die Kommunikation des Evangeliums eine besondere Chance, aber ebenso eine Gefährdung dar. Traditionelle Verankerung ermöglicht fast allen Jugendlichen eine langjährige, regelmäßige Konfrontation mit der Kommunikation des Evangeliums im Kontext von Lehren und Lernen sowie im Modus gemeinschaftliches Feiern (SchulGDe); ist das Ergebnis hiervon aber immer zufriedenstellen? 24 Rechtlicher Rahmen o Art 7 Abs. 3 GG „Der RU ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach.“ Ausnahmen bilden die sog. Bremer Klausel, Hamburg (RU unter lutherischer Verantwortung) und Brandenburg (LER) o Gesetz über die religiöse Kindererziehung (1921) o Kruzifixurteil des BVerfG o Recht auf negative Religionsfreiheit ist unbenommen (Abmeldung vom RU jederzeit möglich) in Schulen mit kirchlicher Trägerschaft ist dies aber meist ein Grund, den Schulvertrag auflösen zu können Gegenwärtige Situation o Schule heute: Schule ist heute weitgehen in rechtlich-administrativer Steuerung eingebettet, d.h.: überwiegend staatliche Trägerschaft, kanonisierte Inhalts- und Zielvorgaben (inkl. Prüfungsanforderungen), Entwicklung eines flächendeckenden, gleichwertigen Bildungsangebots insgesamt „hochgradige Verrechtlichung aller Vorgänge“ (Fend) gesellschaftliche Umstände machen es Schülern nicht leicht, einen „Sinn“ im Lernen zu entdecken Komm. des Ev. bietet hier die Möglichkeit, auch die für das Lernen grundlegende Frage des Lebenssinnes zu bearbeiten o Lehren und Lernen: in der religionspädagogischen Forschung steht nach wie vor der RU im Mittelpunkt; aus der Perspektive der Kommunikation des Evangeliums relativiert sich dessen Bedeutung bzw. wird in Zusammenhänge gestellt, die bisher nicht berücksichtigt wurden Grundsatzproblem von Schule: Industriemäßiger Zeittakt Signal: Alles Lernbare ist in dieser Zeit zu begreifen und umzusetzen; täglich mindestens fünfmal Umstellung der Fächer Aus den genannten Gründen legt es sich nahe, die Thematisierung der Kommunikation des Evangeliums im Raum der Schule nicht exklusiv auf den Unterricht zu beschränken Zwang zur Notenvergabe hemmt die „Kommunikation des Evangeliums“ folgende Projekte (nach Bernd Schröder) könnten für den Schulalltag ertragreich sein: unterrichtsbezogene Projekte, SchulGD, Schulseelsorge, Schulsozialarbeit, schulnahe Jugendarbeit o Gemeinschaftliches Feiern: Herausforderung, den Zusammenhang mit dem Kirchenjahr und den Umgang mit dem Pluralismus im Bereich der Daseinsund Werteorientierung herzustellen, Beispiele: Ferienzeiten fallen oft mit den christlichen Hochfesten (Ostern, Weihnachten) zusammen Multireligiosität nimmt auch in der Schule immer mehr zu Forderung: Gemeinschaftliche Feiern sind deshalb ökumenisch bzw. multi- oder interreligiös zu begehen o ein Beharren auf bestimmter konfessioneller Prägung zeigte, dass die Kommunikation der Botschaft des Evangeliums dann meist gänzlich verschwindet o Helfen zum Leben: Unterricht eröffnet die Möglichkeit, praktisch Erlebtes nicht nur kritisch zu reflektieren, sondern in eine biblische Perspektive zu rücken 25 Schulinterne Lernmöglichkeiten wie Mediation, gegenseitige Hilfeleistung usw. o ZUSAMMENFASSUNG: Schule bietet in Deutschland für die Kommunikation des Evangeliums große Chancen. Von diesem Konzept ausgehend ist eine enge Verbindung von unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Lehr- und Lernprozessen anzustreben. Dies alles darf aber zu keiner Eigenlogik führen, da die Zugriffe durch Staat wie durch Kirche dann gefährdet würden Weiterführende Impulse o Kirchliche Schulen: Geben die Möglichkeit zur Nachbarschaftlichkeit in die Gemeinden; insgesamt gibt es 1.134 Evangelische Schulen Ziele können hier sein: Comenius Prinzip des „Unterrichten mit spirituellem Spürsinn“ oder die Didaktik von M. Wagenschein, Stichwort „Bildungsdidaktik als Lehrkunst“ o Inklusion: Schulen spiegeln die jeweilige gesellschaftliche und kulturelle Realität wider. Daher ist es logisch, dass sich eine UN-Konvention 2009 dazu entschied „Menschen mit Behinderung nicht aufgrund von Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem auszuschließen“ verschiedene Graduierungen (Inklusion I, II und III) sind hier zu differenzieren Inklusion steht im Spannungsverhältnis zum vielerorts noch praktizierten konfessionellen Differenzierung des RU o Seelsorge-Raum: Es ist wichtig, an der Schule einen Raum zu schaffen, in dem das Evangelium in Form von Beratung kommuniziert werden kann o Offene Fragen: Wie lässt sich die - meist von außen vorgegebene Kommunikationsform des Unterrichts mit der Möglichkeit zur Kommunikation des Evangeliums in Einklang bringen? -Kirche zwischen Institution und Organisation -(evangelische) Kirche(n) in Deutschland stehen unter Druck; seit 1969, dem ersten Jahr mit mehr als 100.000 Austritten, haben fast 6 Mio. Menschen die Ev. Kirche verlassen; etwa 5 Mio. Menschen leben in Deutschland, die getauft, aber nicht mehr Mitglieder der Kirche sind; hieraus ergibt sich die Notwendigkeit der Begriffsklärung „Kirche“ Begriffsklärung o „Kirche“ hat drei Bedeutungsebenen: 1. Gottesdienst, 2. das Gebäude, 3. eine Institution bzw. Organisation o NT: ekklesia - hebr. qahal=Versammlung o Luther: übersetzt ekklesia durchgehend mit Gemeinde o bei Kirche als Organisation müssen drei Ebenen unterschieden werden: Ortsebene (Kirchengemeinde), regionale/mittlere Ebene (Dekanate bzw. Kirchenreise), Landeskirchen sowie ihre Zusammenschlüsse (EKD/VELKD) Historische Entwicklung o Spannungen: ersten Christen traten in die Tischgemeinschaft Jesu ein und seine Taufe; bereits früh entstehen erste Spannungen u.a. um das Abendmahl (1Kor 11,17), um die Versorgung der Witwen (Apg 6,1-7) o Sakralisierung: 2./3. Jh. bildet eine hierarchische Ämterstruktur aus sowie eigene liturgische Formen und einen eigenen sakralen Bereich; Trias Bischof Presbyter - Diakon sowie Unterscheidung Klerus/Laien; außerdem: Herausbildung einer orthodoxen Lehre (nulla salus extra ecclesia) 26 o o o o o Resultat: Aus der Botschaft von der anbrechenden Gottesherrschaft Jesu Christi wurde im 4. Jh. ein System der Daseins- und Wertorientierung, das die Funktion der das Reich integrierenden „Religio“ üernahm Verstaatlichung: Kaiser Konstantin - Mailänder Edikt; Theodosius I. (481) Christentum als Staatsreligion; durch die Verknüpfung der Kirche mit dem Staat entstand eine Struktur, die keinen erkennbaren Zusammenhang mit der Kommunikation des Evangeliums mehr bot Reformbemühungen: erste Reformbemühungen durch Wycliff/Hus; prägendster Einschnitt aber durch Martin Luther: „...denne es weiß gottlob ein Kind von 7 Jahren, was die Kirche si, nämlich die heiligen Gläubigen und ,die Schäflin, die ihres Hirten Stimme hören‘“ heilig war kein Attribut für Dinge, sondern Bezeichnung für alle Getauften (Priestertum aller Gläubigen) kommunikative Vollzüge rückten in den Mittelpunkt der Kirche: Predigen, Taufen, Abendmahl feiern Am schwächsten ausgeprägt war der reformatorische Impuls hinsichtlich des Helfens zum Leben; nicht von ungefähr fehlt in CA7 ein Hinweis auf das Helfen zum Leben Konfessionalisierung: Kirchenspaltung im Gefolge der Reformation; Konfessionskirchen als eigenständige Gestalten des Christentums; während katholisch das „Amt“ große Bedeutung hatte, kamen auf evangelischer Seite den Universitäten eine große Bedeutung zu - in beiden Kirchen aber dominierte die Lehre bis heute beharrt die katholische Kirche auf der Exklusion Evangelischer vom Abendmahl; damit werden mögliche Differnzierungsgewinne durch die Konfessionalisierung verspielt; die Kirchenspaltung behindert die Kommunikation des Evangeliums Volkskirche: Wichern hatte mit „Volkskirche“ 1848 das Programm für eine „religiöse Revitalisierung des gesamten“ Volkslebens formuliert Fechtner: drei Dimensionen, die auf das Konzept Volkskirche aufmerksam machen besonderes Verhältnis der Kirchen zum Staat, Status einer KdöR bestimmte Partizipation vieler Menschen an Kirche; zwischen kirchlicher Lehre und der tatsächlichen Einstellung der Kirchenmitglieder besteht eine erhebliche Spannung grundsätzlicher Anspruch auf öffentliche Teilhabe von Kirche ERGEBNIS: (Organisierte) Kirche ist ein wichtiger Ort der Kommunikation des Evangeliums. Sie eröffnet Räume für Lehr- und Lernprozesse, gemeinschaftliches Feiern und Helfen zum Leben. Es besteht aber die große Gefahr, dass sich Kirche bzw. kirchliche Amtsträger an die Stelle der Kommunikation des Evangeliums setzen. Rechtlicher Rahmen o Kirche ist in doppelter Hinsicht ein rechtliches Thema: Erstens in der Verbindung zum Staat (Staatskirchenrecht), zweitens in der rechtlichen Konstitution innerhalb der Kirchen (Kirchenrecht); lange vermischten sich beide Ebenen bis zur Staats-Kirchen-Trennung der WRV (Art. 137 Abs.1), die heute noch ihre Gültigkeit besitzt (Anschlussparagraph Art. 140 GG) 27 o Staatskirchenrecht: Grundlegend ist Art. 140 GG i.V.m. Art. 136-139 sowie 141 WRV; in der Praxis kommt v.a. Art. 137 Abs 5 WRV zum tragen; Der Körperschaftsstatus ermöglicht den Kirchen, staatsanalog zu agieren, indem sie öffentlich-rechtliche Untergliederungen mit Rechtsfähigkeit bilden, Beamtenverhältnisse begründen und Steuern erheben; hinzu kommen viele Vorteile als KdöR wie Vergünstigungen und Befreiungen im Steuerrecht etc.; Staatkirchenverträge zwischen einzelnen Landeskirchen und Bundesländern regeln teilweise bis ins Detail gehend einzelne Funktionen der Kirchen; Haupteinnahmequelle der Kirchen ist die Kirchensteuer o Kirchenrecht: Erst seit dem 19. Jh. stellt sich die Frage nach einem eigenständigen evangelischen Kirchenreht; R.Sohms These: „Das Kirchenrecht steht mit dem Wesen der Kirche in Widerspruch“ und „Das Wesen der Kirche ist geistlich, das Wesen des Rechts weltlich“ Sohm konstatierte zu Recht eine Spannung für die ev. Kirche im Gegensatz zum kath. CIC ist ev. Recht nicht „ius divinum“, sondern „ius humanum“ und damit vorübergehender Natur Gegenwärtige Situation o Ev. Kirche ist wohl gegenwärtig in Deutschland die am besten empirisch erforschte Organisation o Kirche heute: Schloz schildert die Situation der ev. Kirchen als „relative Stabilität“. Die Verbundenheit der Kirchenmitglieder hat sich nur wenig verändert, ein gutes Drittel bezeichnet sich als sehr oder ziemlich verbunden, ein Viertel kaum oder gar nicht. Dazu kommen dauerhaft hohe Austrittszahlen, die aber an der Verbundenheit nichts ändern; langsam ansteigende Zahlen von Wiedereintritten Kirche wird zunehmend als Kasualkirche verstanden; außerdem soll sich Kirche um „Alte, Kranke und Behinderte“ kümmern und „um Probleme von Menschen in sozialen Notlagen“ in der Einstellung vieler Mitglieder erscheint die Kirche immer noch als eine staatsanaloge Institution; Kirchenmitgliedschaft durch Taufe, keine eigenständige Entscheidung o Lehren und Lernen: bis heute kann ev. Kirche als „Bildungsinstitution“ charakterisiert werden; RU spielt hierbei die größte Rolle, aber auch Gemeindepädagogik, KU und Schulgottesdienste; Veränderungen im Bereich der Familie führen zum Ausbau von Kindergärten bzw. Kindertagesstätten gegenwärtig sind ca. 50 % aller KiTas in Trägerschaft der Ev. oder Kath. Kirche; etwa 61.000 Mitarbeiter dies stellt erhebliche Anforderungen an die religionspädagogische Kompetenz der Erzieher; enge Kooperation mit dem theologisch visierten Pfarrer ist unabdingbar Konfirmandenunterricht wurde im Laufe der Jahre zu „Konfirmandenarbeit“, es gibt heute vielgestaltige Organisationsformen wie: Einzelstunden, Blockstunden; Nachmittage, Konfitage, Wochenendseminare, Seminarwochen in den Ferien, Konfirmandenpraktikum in der Gemeinde, Exkursionen, Kurssystem (Pflicht- und Wahlkurse), Ferienseminare in 7-10 Tagen, übergemeindliche Konfitage (KonfiCamp) 67 % der Jugendlichen loben ihre Konfi-Zeit insgesamt 28 o o o o Schwachstellen der Konfiarbeit: Gottesdienst (wird als langweilige empfungen), Unterrichtsstruktur (enger Zeittakt), Dominanz von Methoden wie dem Unterrichtsgespräch EKD weit werden etwa 7% der Konfis währen ihrer Konfizeit getauft Erwachsenenbildung ist noch ein relativ junges Feld kirchlicher Bildung; 1961 Gründung der Ev. Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung; Alten- bzw. Seniorenbildung als zunehmendes Feld Lebenskundlicher Unterricht im Rahmen des Militärseelsorgevertrages Gemeinschaftliches Feiern: Gottesdienste als besonderes Kennzeichen von Kirche; in der Perspektive der Kommunikation des Evangeliums weitet sich allerdings das Gottesdienstverständnis; Beschränkung auf den sog. normalen SonntagsGD (10 Uhr) muss sich ändern Hauptformen heute: GDA, PredigtGD, TaufGD, Stundengebete, BenediktionsGD besondere Adressatengruppen: KinderGD, FamilienGD, JugendGD, GD, die sich an mit kirchlicher Praxis weniger Vertraute wenden (z.B. Thomas-Messe, GoSpecial), GD in bestimmten Bereichen wie Krankenhaus, Altenheim, JVA oder Schule besondere GD im Kirchenjahr: Weihnachts- oder Oster GD, ErntedankGD, Buß- und BettagsGD massenmedial kommunizierte Feiern: FersehGD, InternetGD -Gemeinsam ist diesen verschiedenen liturgischen Formen das symbolbezogene Kommunikationsgeschehen, in dem mehrere Menschen untereinander und mit Gott im Medium der biblischen Tradition kommunizieren Gemeinschaftliches Feiern II: Besuch des SonntagsGD bei etwa 4%; insgesamt aber hohe Zahl an Kirchenbesuchern an Festtagen (sog. Festtagkirchgänger), ähnlich attraktiv wie Heilig Abend sind GD an Übergängen im Lebenslauf (Konfirmation, Taufen) alternative GD-Konzepte: GD am Abend; andere Raumgestaltung, bestimmte Zielgruppen, Unterschied zur herkömmlichen Kirchenmusik, liturgische Rollen werden neu bestimmt, Team bereitet die Gottesdienste vor Helfen zum Leben: AT: ethisches Handeln galt den Propheten als Erkennungszeichen rechten Gottesdienstes; Jesus nahm diesen Ansatz auf, vorzüglicher Ort hierfür war das gemeinschaftliche Mahl; Gabenbereitung, Geldkollekte und Fürbittengebet sind heute Elemente im Gottesdienst, die Helfen zum Leben im Blick haben Seelsorge und Pastoralpsychologie als eigenständige Bereiche ZUSAMMENFASSUNG: (Organisierte) Kirche ist ein wichtiger - aber keineswegs der einzige - Ort der Kommunikation des Evangeliums in seinen verschiedenen Modi. Das Ineinander von Lehr- und Lehnprozessen und gemeinschaftlichem Feiern spiegelt gut deren sachlichen Zusammenhang wider. Leider lässt sich Ähnliches in nur geringem Maße für den Modus des Helfens zum Leben festhalten. Alternative Gottesdienste öffnen sich für heutige Kommunikationsformen. Bei den Kasualien sind oft die drei Modi der Kommunikation des Evangeliums miteinander verbunden. Nach solchen Kontextualisierungen und Verknüpfungen der Modi der Komm. des Ev. ist Ausschau zu halten 29 Weiterführende Impulse o Kirchenreform Impulspapier „Kirche der Freiheit“ wachsen gegen den Trend in vier Kernbereichen (Geistliche Profilierung; Schwerpunktsetzung; Beweglichkeit in den Formen, Außenorientierung) Herbert Lindner empfiehlt „die Begleitung der Übergänge des Lebens zum Fokus der gemeindlichen Angebote zu mahen“ Uta Pohl-Patalongs Ansatz der „kirchlichen Orte“: „Gemeinst sind damit ebenso bisherige Parochien, wie Tagungshäuser, kirchlich genutzte Räume in Krankenhäusern, Schulen und Gefängnissen und jegliche Gebäude, in denen bisher kirchliche Arbeit geleistet wird, teils mit gleichen Aufgabengebieten, teils mit unterschiedlichen Schwerpunkten“ o Konfirmandenarbeit: Hoyaer Modell: „Der traditionelle KU mit zwei aufeinanderfolgenden Jahren wurde auf das 4. und 8. Schuljahr verteilt, wobei das zweite Jahr unverändert unter der Leitung des Pfarrers stattfand. Dagegen erteilen im ersten Jahr Eltern im Wohnzimmer oder in Gemeinderäumen kleinen Gruppen von Vorkonfis den Unterricht Konficamps wichtig, da dies ein guter Ansatz ist (miteinander leben, evangelische Jugendkultur schaffen, nachhaltige Lernprozesse anstoßen etc.) o Abendmahl mit Kindern: schon Kinder und Vorkonfis zum Abendmahl zulassen; sonst werden sie ausgeschlossen aus der Gemeinschaft mit Christus, was im biblischen Widerspruch steht („Lasset die Kinder zu mir kommen“) o Offene Fragen: Relativierung von (organisierter) Kirche i.e.S. Sie wird in Beziehung zu anderen Sozialräumen gesetzt und hat ihre Funktion darin, die Kommunikation des Evangeliums an diesen Orten zu unterstützen. Es ist offen, ob die ev. Landeskirchen diesen entlastenden und zugleich kirchliche Arbeit neu orientierenden Perspektivwechsel vollziehen bestehende Verwaltungsformen (einschl. Kirchensteuer= Kirchenmitgliedschaft) müssen überdacht werden -Diakonie als Organisation am Markt -Handlungsfelder der Diakonie werden von einer großen Mehrheit der Bevölkerung als wichtig angesehen; der explizite Wunsch nach einem christlichen Hintergrund haben aber nur noch ca. 46%; 36% ist dieser Hintergrund gar nicht wichtig -unterschiedliche Probleme in den unterschiedlichen Bereichen der „Gemeindediakonie“, „verbandlichen Diakonie“ und der „unternehmerischen Diakonie“ Begriffsklärung o NT: diakonein in drei Kontexten 1. Ausrichten einer Botschaft; 2. allgemeine Tätigkeit 3. im Haushalt; Gemeinsam ist diesen Kontexten die vermittelnde Tätigkeit tätige Nächstenliebe ist nur eine Form des im NT genannten „diakonein“ Es geht insgesamt um die Vermittlung von Gottes Zuwendung zu den Menschen. Damit ist „Diakonie“ konstitutiv für die Kirche 30 Historische Entwicklung o Diakonie entstand aus der Notlage vieler Menschen im Zuge der Industrialisierung und der Herausbildung einer bürgerlichen Gemeinschaft mit zivilgesellschaftlichem Engagement o Innere Mission und Diakonie: Angeregt durch Erweckungsbewegung und vielfältige regionale Initiativen entwickelte J.H. Wichern das Konzept der IM; wesentlicher Bestandteil war die Diakonie, verstanden als Armenpflege es entstanden bis heute spannungsvolle Balancen, so etwa zwischen materieller Hilfe und missionarisch-erzieherischem Ansatz; zwischen Handeln auf der intimen sozialen Ebene der Familie und anstaltsförmigen Einrichtungen; zwischen privater Initiative und institutionellem Handeln in Staat und Kirche o Weitere Entwicklungen: Beginn staatlicher Sozialpolitik (Bismarck); Gleichschaltungspoltik der Nazis erzwang wieder eine Verkirchlung; 1957: Vereinigung von Hilfswerk und IM; 1975 „Diakonisches Werk der EKD“; Ausbau des Sozialstaates in der BRD in den 1960er und 1970er Jahren; seit etwa den 1990er Jahren Wettbewerb zwischen den frei-gemeinnützigen und neuen, am ökonomischen Gewinn orientierten Unternehmen letztgenannten Prozess treibt die EU voran; 1996: Gründung der „Eurodiaconia“ in Brüssel Rechtlicher Rahmen o Diakonie und Staat: diakonische Einrichtungen haben unterschiedliche Rechtsformen (e.V., KdöR, GmbH, Stiftungen); Diakonie steht in doppelter Weise in Beziehung zum Staat: zum einen durch ihre sozialrechtliche Stellung als Träger der freien Wohlfahrtspflege, zum anderen durch die Zugehörigkeit zur Kirche o Diakonie und Kirche: Diakonie gehört zu einer „Wesens- und Lebensäußerung“, so die 1948 verabschiedete Grundordnung der EKD; einzelne Träger gehören i.d.R. einem Diakonischen Werk als Dachverband an; Probleme gibt es v.a. in arbeitsrechtlicher Hinsicht (sog. Dritter Weg) Gegenwärtige Situation o Diakonie heute: einer der größten Arbeitgeber (im Bereich der unternehmerischen Diakonie waren 443.744 Menschen im Jahr 2007 beschäftigt); in der Gemeindediakonie nur etwa 1000 Menschen hauptamtlich beschäftigt größte diakonische Einrichtung wahrscheinlich die v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel mit einem Jahresumsatz von ca. 700 Mio Euro es ist darauf zu achten, dass Helfen zum Leben sich in konkreter Kommunikation zwischen Menschen vollzieht, nicht hinter innerorganisatorischer Kommunikation zurücktritt o Lehren und Lernen: Berufsspezialisierungen im sozialpädagogischen und pflegerischen Arbeitsumfeld; Fort- und Weiterbildungen (v.a. Telefonseelsorge) o Gemeinschaftliches Feiern: In der Tätigkeit von Diakonen; Fürbittengebet o Helfen zum Leben: Diakonie ist wesentlich durch helfende Kommunikation bestimmt; dabei muss Helfen als ein ergebnisoffener Kommunikationsprozess verstanden werden 31 o ZUSAMMENFASSUNG: Diakonie bezeichnet eine christlich motivierte, organisierte Sozialform. In ihr tritt die Kontextualität der Kommunikation des Evangeliums hervor. Es stellt sich aber die Frage nach der kulturkritischen Dimension des Evangeliums. Sowohl die Abhängigkeit vom Staat als auch eine nur ökonomische Ausrichtung sind zweifellos Gefährdungen eines Helfens, das sich durch Gabe und Gegenseitigkeit genauer bestimmen lässt und damit Asymmetrien relativiert. Weiterführende Impulse o Diakonische Kompetenz: für diese ist die Differenzierung nach „Fach-, Personal-, Sozial- und Umsetzungskompetenz“ nötig (Horstmann) Präsenz als grundlegende diakonische Praxis: hierzu gehört Achtsamkeit auf beide an der Kommunikation Beteiligten im Sinne von Nächsten- und Selbstliebe o Interkulturelle Seelsorge: Menschen, die aus anderen Kulturen stammen, sind in höherem Maße erwerbslos und damit (in der Regel) ärmer als aus Deutschland Stammende. Dazu treten häufig Sprachschwierigkeiten und die Konfrontation mit ungewohnten Verhaltensweisen und Einstellungen - hier muss interkulturelle Seelsorge anknüpfen o Diakonie als Unternehmen: Dienstleistung, betriebswirtschaftlich als „Leistungen, die unmittelbar am Menschen erbracht werden“ steht einer Entmündigung der Hilfsbedürftigen entgegen. Damit wird der Gegenseitigkeit des Helfens Rechnung getragen. So kann auch der Begriff „Kunde“ interpretiert werden. An die Stelle der Fürsorge tritt der wahlfähige Mensch. o Offene Fragen: Diakonie befindet sich - wieder einmal - in einem Umbruch; Eingriffe des Staates in den Bereich sozialen Handelns sollen finanzielle Einsparungen bringen, was aber von Fachleuten bezweifelt wird Wenn es zutrifft, dass soziales Handeln wesentlich Umgang mit gesellschaftlicher Exklusion ist, dann bietet die Kirche mit ihrer liturgischen Praxis ein Potenzial für diakonische Inklusionsprozesse -Medien als offener Kommunikationsraum Begriffsklärung o Jede Kommunikation vollzieht sich medial, also vermittelt o Für die Komm. des Ev. ist von Bedeutung, dass sie in jedem Medium möglich ist. Ob es aber tatsächlich zu einer Beziehung des Gehörten bzw. Geschehenen auf den christlichen Grundimpuls kommt, ist eine rezeptionsästhetische Frage. So kann ein und derselbe Film für die eine Zuschauerin eine Ermutigung für ihren Glauben sein, währen er für einen anderen lediglich spannend erscheint Historische Entwicklung o Presse: Eine wichtige Voraussetzung für christlich ausgerichtete Publizistik war die Gründung von Verlagen; „Allgemeine Kirchenzeitung“ (1822), „Evangelische Kirchenzeitung“ (1827), „Evangelisch-sozialer Preßverband für die Provinz Sachsen“ (1892); „Evangelischer Presseverband für Deutschland“ (EPD) im Jahr 1910; „Evangelischer Pressedienst“, (Epd), der bis heute besteht, wurde 1918 gegründet bis heute stellen evangelische Presse und Agenturwesen wichtige Formen kirchlicher Arbeit dar. 32 kritischer ist die Lage bei überregionalen Zeitungen. So konnte bspw. die Zeitschrift „Christ und Welt“ - trotz Fusion mit dem katholischen „Rheinischen Merkur“ auf die Dauer nicht überleben inzwischen hat die EKD durch das Magazin „Chrismon“ als Beilage in großen überregionalen Blättern ein Nachfolgemodell etabliert o Radio: beim Hörfunk engagierte sich die Ev. Kirche von Anfang an; 1924 erste „religiöse Morgenfeier“; zwei wichtige Charakteristika der Kommunikation durch das Mesdium Radio: 1.) private Rezeptionssituation, 2. Unterhaltungsmedium Karl Barth bestreitet die Berechtigung kirchlicher Öffentlichkeitsarbeit; er wandte sich gegen eine „Propaganda“ von Kirche o Fernsehen: 1954 erste Ausstrahlung des „Wort zum Sonntag“; seit 1955 (bis 1983) Ausstralung sog. Vespergottesdienste; seit 1986 jeden Sonntag im ZDF der „Sonntagsgottesdienst“ - in ökumenischem Wechsel o Kirchliches Konzept: 1973 - Gründung des „Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik“ (GEP) Rechtlicher Rahmen o Grundlegend ist die Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG die im Artikel genannte Pressefreiheit erstreckt sich auf Druckmedien, Rundfunk und Film/Fernsehen, bezeichnet also faktisch eine Medienfreiheit Staat darf nicht direkt in die Pressefreiheit eingreifen o Von Bedeutung für die kirchliche Arbeit ist das sog. Drittsenderecht. Demnach haben die Sender den Kirchen (und jüdischen Gemeinden) auf Wunsch Sendezeiten einzuräumen. Dies gilt ebenfalls für den privaten Rundfunk. Durch diese Möglichkeit kann die Ev. Kirche bis heute auf einen eigenen kostspieligen - Sender verzichten. Sie hält lediglich an einigen Sendern wie dem Bibel.TV und dem 98.2 Radio Paradiso Anteile Gegenwärtige Situation o Evangelische Publizistik heute: Grundtendenz für die Kirchengebietspresse: deutlicher Rückgang; Gemeindebriefe vergrößerten aber ihre Reichweite in den letzten 20 Jahren; auch im Fernsehen zeichnet sich eine positive Tendenz ab. Der sonntägliche ZDF-Gottesdienst ist die einzige Sendung im öffentlichrechtlichen Fernsehen, deren Einschaltquote trotz zunehmender Konkurrenz ansteigt o Lehren und Lernen: 1975: Evangelischer Erwachsenenkatechismus, 2010 in achter Auflage; stark auf gemeinde- und religionspädagogische Arbeit zielt die 1960 aus dem Filmverleih „Matthias-Film“ hervorgegangene Filmgesellschaft „EIKON“; vielfältige online-Präsenz der Landeskirchen, der EKD und zunehmend auch von Dekanaten und Gemeinden o Gemeinschaftliches Feiern: für das Radio ist festzuhalten, dass Wortbeiträge zurücktreten und die Musik den meisten Raum einnimmt; Radiosender N-Joy des NDR hat die Sendung „Like in heaven“ im Programm; ZDF-Gottesdienst das Fernsehen konstituiert sich heute als eine „mediale agora“ (Magin/Schwier), zum Zweiten realisiert der Fernsehgottesdienst ökumenische Dimension in herausragender Weise; der Hauptvorwurf, beim Fernsehgottesdienst würde keine Gemeinschaft zu Stande kommen, 33 entkräfteten Charlotte Magin und Helmut Schwier durch den Begriff der „communio medialis“ o Helfen zum Leben: Im Bereich der Lebenshilfe ermöglichen die Medien ein vielfältiges, unüberschaubares Angebot; Telefonseelsorge ebenso wie GebetsChats, die Bandbreite ist riesig o ZUSAMMENFASSUNG: Bedeutung der Medienarbeit anhand von vier Thesen Medienarbeit ist eine Lebens- und Wesensäußerung der Kirche Immer mehr Menschen nehmen Kirche nur noch medial vermittelt wahr Das kirchliche Medienangebot nutzt die ganze Palette der Printmedien wie der elektronischen Medien Die Kirchenmitglieder sind mit dem Medienangebot der Kirche oft zu wenig vertraut Es fällt außerdem der konfessions-, teilweise wohl sogar religionsübergreifende Charakter der Kommunikation des Ev. auf Weiterführende Impulse: o Beteiligung: Vor allem dem Internet sind egalitäre Kommunikationsformen immanent. Davon profitiert bereits die Seelsorge (niedrige Zugangsschwelle) o Netzwerke: netzwerkartige Kommunikationen (Facebook) sind für Menschen selbstverständliche Begleiter im Alltag o Offene Fragen: Verhältnisbestimmung von personaler zu apersonaler Kommunikation 7. Kapitel Kommunikation des Evangeliums - durch verschiedene Tätigkeiten [Pastoraltheologie] -Die Theorie der Kommunikation des Evangeliums beschränkt sich nicht nur auf die Pastoraltheologie, sondern nimmt alle Berufe und Beschäftigungen in den Blick, die die Kommunikation des Evangeliums fördern. 1 Mio. Ehrenamtliche über 400.000 Hauptamtliche in der Diakonie über 200.000 Hauptamtliche in der Kirche o etwa 22.000 aktive Pfarrer -Ehrenamtliche/freiwillige Tätigkeiten -Auf jeden Fall benötigen Kirche und Diakonie das Engagement von Menschen, die ohne Bezahlung und ohne Streben nach einer hauptberuflichen Anstellung ihre Zeit und Kraft zur Verfügung stellen. Das gilt gleichermaßen für alle drei Modi der Komm. des Evangeliums -es sind aber auch Probleme mit dem Helfen verbunden; bspw. können durch Pfarrer bestimmte Personengruppen zur Mitarbeit animiert werden, die eher eigene Probleme bearbeiten als sich anderen Menschen zuzuwenden Historische Entwicklung o Ehrenamt fand bisher in der PTh nur wenig Beachtung, dabei ist es konstitutiv für Kirche o Alte Kirche und Mittelalter: Von Anfang an wurden wichtige Funktionen ohne Vergütung ausgeübt; gänzlich ohne finanzielle Gratifikation (bis heute) ist das Patenamt; Der Ausbau des Priesterstandes führte zur Tendenz, zunhemend Hauptamtliche zu beschäftigen; Ineinander von geistlichen und weltlichen Befugnissen im Mittelalter; immer wieder aber auch Laienprediger 34 o Reformatorische Impulse: Luther begründet die Gemeindestruktur vom Priestertum aller Gläubigen her; Calvin - vier Ämter Lehre (Pastoren, Doktoren/Lehrer, Älteste, Diakone); Ehrenamt gewinnt in der Reformation enormes Gewicht; Paten sollen „die Sach mit Ernst und rechtem Glauben handeln“; Obrigkeit sollte pädagogische und diakonische Verantwortung übernehmen; wichtige ehrenamtliche Tätigkeit war die der Pfarrfrau o Weitere Entwicklungen: in den 1820er Jahren setzte sich allmählich die presbyterial-synodale Verfassung in den evangelischen Kirchen durch; erheblicher Einfluss der Nicht-Pfarrer auf die Kirchenleitung; Aufbau diakonischer Tätigkeiten, Helferinnen in den Sonntagsschulen, Laienprediger; allgemeine Professionalisierung sozialer und pflegerischer Berufe o ZUSAMMENFASSUNG: Ehrenamtliche Arbeit hat ihre Anfänge schon am Beginn des Christentums. Gemeinsam ist allen Ehrenamtlichen, dass sie unersetzlich waren bzw. sind, und zwar keineswegs nur aus ökonomischen Gründen. Vielmehr stehen sie für den „Lebensweltbezug“ kirchlicher und diakonischer Arbeit Rechtlicher Rahmen o kirchenrechtlich sind die leitenden Tätigkeiten Ehrenamtlicher besonders geregelt (Mitgliedschaften im Kirchenvorstand, Synode und Kirchenleitung) Wahlrecht; Ordnungen zur Nachberufung etc. in manchen Landeskirchen hat immer der Pfarrer den Vorsitz im Kirchenvorstand; in anderen darf der Pfarrer ihn nicht haben usw. o manche Ehrenämter sind an Ausbildungen gebunden (Telefonseelsorge, Krankenhausseelsorge) Gegenwärtige Situation o Freiwilligendienst: Menschen, die in der Bundesrepublik eine freiwillige Tätigkeit übernehmen ca. 23 Mio.! mit steigender Tendenz Interessant ist, dass die Bereitschaft der Bevölkerung zur ehrenamtlichen Tätigkeit in den letzten zehn Jahren stärker gewachsen ist als deren tatsächliche Ausübung Motivation zur ehrenamtlichen Tätigkeit: Orientierung am Gemeinwohl und an eigenen Interessen o Kirchliche Ehrenämter: 70% der Ehrenamtlichen sind Frauen; inhaltlich sind Ehrenamtliche in allen Modi der Kommunikation des Evangeliums tätig Lehr- und Lernprozesse: Teamer im Rahmen der Konfiarbeit gemeinschaftliches Feiern: Prädikanten, Lektoren; Kindergottesdienst Helfen zum Leben: Hospizkreise, Telefonseelsorge o Attraktivität: für die Unterstützung der Ehrenämtler sind die sog. fünf „B’s“ wichtig: Beginnen: Rahmenbedingungen klären (Zeitdauer, Ressourcen) Begleiten: regelmäßige Gespräche, Unterstützung bei Konflikten, Informationen über Ziele der Arbeit Beteiligen: Ehrenamtliche in Entscheidungsprozesse einbinden Bezahlen: Ehrenamt ist unentgeltlich, aber nicht umsonst; Ehrenamtliche müssen wissen, wie sie ihre Auslagen erstattet bekommen, selbstverständlich und nicht als Bittsteller Beenden: Zeitlich begrenztes Ehrenamt muss mit gutem Gewissen beendet werden können 35 Reformvorschläge o Ehrenamt und Gemeinde: Soziale Räume mit vielfältigen Möglichkeiten zum Austausch, zum gemeinsamen Leben und Feiern etablieren (Foitzik) o Ehren- und Hauptamt: Hauschildt schlägt die Unterscheidung von drei Formen der ehrenamtlichen Seelsorge vor ehrenamtliche Alltagsseelsorge (alltagsnah, niedrigschwellig, wird gewöhnlich übersehen) den Professionellen zuarbeitende Seelsorge (Besuchsdienste in Gemeinde oder Krankenhaus; Mitarbeiter müssen erkennen, wo und wann professionelle Seelsorge notwendig wird) die semiprofessionelle Seelsorge (Annäherung an den professionellen Standard mit entsprechender Aus- und Fortbildung) Ausblick o Es gibt in der evangelischen Kirche von ihrem tauftheologischen Ansatz (Priestertum aller Gläubigen) keine Tätigkeit, von der grundsätzlich ein Getaufter auszuschließen ist. Vielmehr ist die Kommunikation des Evangeliums in ihren drei Modi Ausdruck und Aufgabe jedes christlichen Lebens o Kooperation der Freiwilligen mit Pfarrern und mit Menschen aus entsprechenden Professionen ist wichtig o Fort- und Weiterbildungen sind unabdingbar -Pfarrberuf -Beruf des evangelischen Pfarrers ist fast 500 Jahre alt und hat sich mehrfach gewandelt -Grethlein: Pfarrberuf künftig als „theologischen Beruf“ etablieren; dies ermöglicht die Unterscheidung von Priestertum aller Gläubigen und Pfarrer, zum anderen ist es eine Tatsache, dass der theologische Studienabschluss heute Voraussetzung für den Pfarrberuf ist Historische Entwicklung o Klerikalisierung: In den Pastoralbriefen des NT finden sich Nachrichten von der Einsetzung eines Gemeindeleiters (1Tim 4,14); durch Handauflegung wird ihm der Heilige Geist übertragen; Bischofsamt in der Alten Kirche wurde mit priesterlich-kultischen Funktionen ausgestattet; ursprünglich selbstständige Dienste wurde in die Hierarchie integriert und zu Weihestufen auf dem Weg zum Priester; bischöfliche Diözesen gliederten sich in Parochien o Mittelalter: Ausbau des Messwesens führte zu einem Anschwellen der Klerikerzahl und damit zu Qualitätsproblemen; geregelte Ausbildung war nicht vorgesehen; Priester galten als Vermittler göttlicher Heilsgaben; Ansehen der Priester war am Vorabend der Reformation durch Verarmung und moralische Verfehlungen auf einem Tiefpunkt angelangt o Reformatorische Impulse: Priestertum aller Getauften (Gläubigen), damit Neubestimmung des Amtes; dennoch erschien ein eigenes Amt nötig, um die Menschen in ihrer Priesterschaft zu unterstützen; Pfarrer sollen „geschickt sein, die schrifft verstehen und auslegen, der sprachen kundig seien und reden können“ (WA 22,184) Luther trat stets für eine gute Ausbildung der Pfarrer ein Aufhebung des Zölibats war ein enormer Einschnitt in bisherige Tradition; Luther begründete damit das evangelische Pfarrhaus 36 o Entwicklung des Pfarrberufes: Visitationen Ende der zwanziger Jahre des 16. Jahrhunderts stießen auf ein gravierendes finanzielles Problem der Pfarrer; diese mussten durch landwirtschaftliche Tätigkeiten ihre Existenz sichern; über Jahrhunderte zog sich der Kampf um eine zufriedenstellende Alimentierung erst etwa ab 1830 entsprach das Gehalt eines Pfarrers ungefähr demjenigen staatlicher Bediensteter mit vergleichbarer Ausbildung in der Phase der Orthodoxie führte die Konzentration auf die dogmatisch korrekte Lehre mancherorts zu Trübungen im Verhältnis zur Gemeinde während des 30-jährigen Krieges wurde das Pfarrhaus mancherorts zu einer wichtigen seelsorgerischen und diakonischen Einrichtung in der Zeit der Aufklärung wandten sich die Pfarrer in volkserzieherischer Absicht der ganzen Bevölkerung zu Mitte des 19. Jhs. erreichte der gesellschaftliche Einfluss der evangelischen Pfarrer in Deutschland seinen Höhepunkt; sie stellten damals die größte Gruppe der Gebildeten (etwa 1/3 der Akademiker waren Pfarrer) durch die fortschreitende Modernisierung geriet der Pfarrberuf ab der zweiten Hälfte des 19. Jhs. unter Druck diese Reduktion führte zu einer Konzentration des Pfarrberufes auf die Kirchengemeinde und ihr „Leben“ o Konkurrierende Pfarrbilder: spätestens seit Ende des Ersten WK wird um das Profil des Pfarrers gerungen Wort-Gottes-Theologie nahm diese Profilierung dahingehend auf, dass der Pfarrer als „Zeuge“ einer Botschaft fungierte, die unabhängig von der konkreten Kommunikationssituation zu existieren schien politisch erwies sich dies in der Konfrontation mit der nationalsozialistischen Ideologie als günstig WGT verhinderte die Anpassung an die Verfälschung des Christentums durch die Deutschen Christen nach 1945: restaurative kulturelle Gesamtstimmung; im Zentrum des Pfarrberufs stand die Kerngemeinde Mitte der 1960er machte sich neben dem gesellschaftlichen Aufbruch auch eine Neuausrichtung des Berufes breit Pfarrer als „der demokratische Teamleiter“ und „der engagierte Sprecher ethisch orientierter Bürgerinitiativen“ zwischen 1958 und 1991 öffneten alle evangelischen Landeskirchen Frauen den Zugang zum Pfarramt o ZUSAMMENFASSUNG: Die funktionale Ausrichtung des ev. Pfarrberufes auf die Kommunikation mit anderen Menschen ermöglicht und erfordert eine sensible Adaption des jeweiligen Kontextes. Der Pfarrberuf ist eine recht bunte Berufsformation: Einzelne Gelehrte, die in den Abendstunden historischen Fragen nachgehen, stehen neben dogmatisch aufgerüsteten Verkündigern, hochkirchlich gesinnte Kollar-Träger neben frauenbewegten Pfarrerinnen, geistliche Begleiter neben Managern usw. Rechtlicher Rahmen o 1939: erstes ev. Pfarrdienstrecht in der ev.-luth. Kirche Bayerns 37 o Staatliches Recht: Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV „Jede Religionsgemeinschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.“ als KdöR kann die Kirche öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse begründen Pfarrdienstrecht stark am Beamtenrecht angelehnt wichtig ist das Beicht- und Seelsorgegeheimnis im Hinblick auf Straftaten (§ 197 Abs. 2 StGB) o Kirchenrecht: CA 14 als Ausgangspunkt; Im Einzelnen wird zwischen der Ordination als einer geistlichen Handlung und dem Pfarrdienstverhältnis als einem rechtlich geordneten Dienst- und Treueverhältnis unterschieden Unabhängigkeit der Pfarrer auf Grund ihrer besonderen Aufgabe ritt in der strikten Trennung zwischen Disziplinarverfahren und Verfahren im Zuge einer Lehrbeanstandung zu Tage EKD erarbeitete 2010 ein (Rahmen-)Pfarrdienstrecht, das noch durch die Synoden der Landeskirchen bestätigt werden muss gleichgeschlechtliche Ehen im Pfarrhaus sind hier am heftigsten umstritten Gegenwärtige Situation o Statistische Befunde: Berufsprestige Skala listete Pfarrer/Geistliche stets auf Rang 2 bzw. 3; 2011 rutschte das Ansehen auf Rang 7 von insgesamt 18 Berufen ab - Arzt, Krankenschwester, Lehrer, Handwerker, Ingenieur, Hochschulprofessor und Rechtsanwalt liegen nun vor dem Pfarrer/Geistlichen hierfür ist v.a. der Missbrauchsskandal in den katholischen Kirchen verantwortlich o Gegenwärtige Situation: 1910 betreuten 16.000 Pfarrer 37 Mio. Evangelisch; 2000 betreuten 24.000 Pfarrer 26,6 Mio. Evangelische insgesamt ist eine Feminisierung des Berufsstandes zu erkennen Becker: es gibt nicht den einen „Pfarrberuf“, sondern nur „Pfarrberufe“ o Einstellungen: Pfarrer als Schlüsselfigur für den Zugang der Kirchenmitglieder zur Kirche; Ansehen in der Bevölkerung ist höher als das der Kirche Die für Kirche festgestellte Marginalisierungstendenz erreich demnach ebenfalls den Pfarrberuf durchschnittliche Arbeitszeit: zwischen 55 und 60 Stunden 20% Verwaltung/Management 4-5% Seelsorge o Veränderungen in der Arbeitsorganisation: Bemühungen zur sog. Personalführung; Einführung von neuen Formen wie dem jährlischen Mitarbeitergespräch; auffällig ist bei den meisten Pfarrern die geringe Kooperationsfähigkeit bzw. -bereitschaft. Nur Berufsanfänger zählen Teamwork als eine Schlüsselkompetenz. Reformvorschläge o Andersartigkeit des Pfarrers: Josuttis formulierte „Der Pfarrer ist anders.“; V.a. die zur Kommunikation des Evangeliums gehörende Kulturkritik kommt hierin zum Ausdruck; Pfarrer werden einer besonderen „Zone“ zugeordnet, die 38 anderen Menschen nur durch ihre Führung zugänglich wird; das Priestertum aller Gläubigen wird hier vergessen o Pastorale Profession: Isolde Karle versteht den Pfarrberuf als Profession: „Mit dem Begriff der Profession sind in historischer Perspektive zunächst einmal bestimmte akademische Berufe gemeint, die mit der spätmittelalterlichfrühmodernen Gliederung der Universität identisch ist: Mediziner, Juristen und Theologen. Alle Professionen beziehen sich auf zentrale menschliche Fragen und Probleme wie Krankheit, Schuld und Seelenheil.“ Problem: zu wenig werden die Tendenzen zur Deprofessionalisierung betrachtet; diese hängen mit dem Marginalisierungsprozess der Kirchen zusammen o Pastorale Person: Michael Klessmann hebt aus seiner pastoralpsychologischen Perspektive die „Bedeutung der Persönlichkeit“ für den Pfarrberuf hervor. Problem: Überforderung der Amtsträger; Leitbild des „verwundeten Heiler“ Spannung zwischen der theologisch gebotenen Symmetrie und der durch den Vorsprung an theologischem Sachwissen gegebene Asymmetrie Ausblick o Kommunikationstheoretisch geht es darum, die durch das theologische Expertenwissen gegebene funktionale Asymmetrie in der Beziehung zu den Gemeindegliedern und die grundsätzliche Symmetrie in der Beziehung zwischen den Getauften in eine Balance zu bringen, die die Kommunikation des Evangeliums fördert. Pfarrtätigkeit ist damit nicht nur auf die Ortsgemeinde, sondern auch auf die Hausgemeinde, also die multilokalen Mehrgenerationenfamilien, sowie die Ökumene bezogen o Insgesamt ist die Situation des evangelischen Pfarrberufs stabil, die Probleme jedoch unübersehbar. Ansehen geht zurück Kontakt zu den Menschen verengt sich Tätigkeit ist fast zur Hälfte durch innerkirchliche Verwaltung bestimmt Kooperationsinteresse ist gering o Der Pfarrberuf muss als „theologischer Beruf“ verstanden werden (Grethlein) Die Pfarrer haben durch ihre Ausbildung besondere Kenntnisse zur Erschließung des Speichermediums Evangelium, die sie in den grundsätzlich symmetrischen Kommunikationsprozessen der Interpretationsgemeinschaft der Getauften einzubringen haben -Andere kirchliche Berufe Diakone, Küster, Kantoren, Diakonissen im Zuge der Ablösung vom Staat etablierte sich ein weiterer Berufsstand in der Kirche: der Kirchenjurist Religionslehrer, Publizisten, Gemeindepädagogen ZUSAMMENFASSUNG: Die Herausbildung kirchlicher Berufe verdankt sich funktionalen Notwendigkeiten und adaptiert allgemein gesellschaftliche Differenzierungsprozesse. Sie steht, auch hinsichtlich der Stellenbeschreibung und der Entlohnung, in der Spannung zwischen dem christlichen Grundimpuls und dem konkreten professionstypischen Kontext 39 Sowohl die konkreten Anstellungsträger als auch die Beschäftigungsformen unterscheiden sich im Bereich der kirchlichen Mitarbeiter, die keine Pfarrer sind. o MAV, kirchliche Dienstgemeinschaft 8. Kapitel Kommunikation des Evangeliums - mit verschiedenen Methoden [Einzeldisziplinen der PTh] -Im Modus des Lehrens und Lernens steht die Kommunikation über Gott im Mittelpunkt, im gemeinschaftlichen Feiern steht die Kommunikation mit Gott im Mittelpunkt, beim Helfen zum Leben steht die von Gott kommende Kraft im Mittelpunkt -Grundbedingungen: Zeiten und Orte -Kirchenjahr und Kirchengebäude entstanden in jahrhundertelangen Prozessen; seit einiger Zeit stehen sie in einem Wettbewerb mit anderen Zeitrhythmen und Orten Zeiten o Grethlein deutet das Kirchenjahr als Versuch, die primäre Religionserfahrung und den christlichen Grundimpuls aufeinander zu beziehen und in eine im Alltag praktikable Gestalt zu transformieren o Reformvorschläge: seit Längerem erweisen sich Gottesdienste am Abend bzw. in der Nacht als attraktiv; Feiern am Heiligabend oder in der Osternacht nehmen die besondere Situation auf Fechtner: Das Kirchenjahr sollte in Gestalt eines „Vier-FelderSchemas“ strukturiert werden im Weihnachtsfestkreis geht es um „Anfänglich leben“ Osterfestkreis als Bedeutung für „aus dem Tod heraus“ „Pfingstliche Zeit“ steht unter dem Motto „Aufbruch ins Leben“ (bspw. sollen hier Urlaubserfahrungen aufgenommen werden „Späte Zeit des Kirchenjahres“ steht unter dem Motto „im Glauben reifen“ Orte o Gegenwärtig unterhalten die ev. Kirchen in Deutschland etwa 21.000 Kirchen und Kapellen o Reformvorschläge: Kirchengebäude müssen neu genutzt werden (nicht nur für den Sonntagsgottesdienst eine Stunde lang), Stichwort Kirchenraumpädagogik Zusammenfassung o Grundsätzlich kann das Evangelium immer und überall kommuniziert werden. In der heutigen Situation ist es wichtig, sich in reformatorischer Tradition auf die Funktionalität von kirchlichen Zeit- und Raumkonzepten zu besinnen. Versuche zur Umnutzung von Kirchengebäuden oder deren didaktische Erschließen können als erste Ansätze gelten. Funktionsveränderungen von Kirchen können so als neue Akzentsetzungen innerhalb der Kommunikation des Evangeliums verstanden werden, nicht als „Entweihungen“ o.ä. 40 -Lehren und Lernen: Kommunikation über Gott -Grundlegend für die Kommunikation des Evangeliums ist der Modus des Lehrens und Lernens, denn so erfahren Menschen von Gottes Wirken und lernen ihr Leben neu zu verstehen Predigt kann als elaborierte Kommunikationsform verstanden werden in dieser Form kommt der Authentizität der Kommunizierenden ebenfalls große Bedeutung zu vorzüglichste Medium hier ist die Bibel Erzählen o in der Bibel ist diese Kommunikationsform zentral; methodisch wird sie v.a. in der Predigt und Religionspädagogik reflektiert o Vor der Verschriftlichung hatten Erzählungen v.a. mimetischen Charakter, der die Nachhaltigkeit des Erzählten förderte o in der Bibel ist das Wirken Jesu von Nazareth als Erzählung konzipiert; auch hier hat die Erzählung mimetischen Charakter auch in der Taufe kommt dies zum Ausdruck o Systematische Bestimmungen: Während in den USA bereits länger die Bedeutung des Narrativen („story“) in der Theologie präsent war, gab in Deutschland 1973 ein Literaturwissenschaftlicher, Harald Weinrich, einen wichtigen Anstoß hierzu o Methodik: Traditionell spielt das Erzählen in der Religionspädagogik eine große Rolle C.G. Salzmann (gest. 1811) nannte Erzählen das „wirksamste Mittel, um Kindern Religion beyzubringen“ Wort-Gottes-Theologie legte einen Schwerpunkt auf das Erzählen speziell biblischer Geschichten o eine den mimetischen Charakter von Erzählung aufnehmende Methode ist das Bibliodrama o das kommunikative Potenzial des Erzählens wurde auch für die Predigt entdeckt. Zum einen stellt dabei - v.a. am Beginn einer Predigt - ein erzählendes Element in verdichteter Form einen Bezug zur Lebenswirklichkeit her. Zum anderen kann die ganze Predigt eine erzählte Geschichte sein (Engemann) o weitere Kommunikationsformen: Bilder, Bücher, Filme o INSGESAMT gewinnt in der heutigen Mediengesellschaft das Erzählen biblischer Geschichten als face-to-face-Kommunikation neue Attraktivität Miteinander Sprechen o heute ist die Fähigkeit zum Sprechen (fast) jedem Menschen angeboren o Sprechen dient wesentlich der sozialen Abstimmung und der Verständigung o Biblische Perspektiven: Die Bibel ist voll von Gesprächen unterschiedlichster Art, nicht selten Kontroversen um Leben oder Tod Jesus entfaltete seine Botschaft mitunter in Streitgesprächen er wurde aber auch - wie in Mt 15,24 - von einer Gesprächspartnerin überzeugt und korrigierte seine eigene Position o Systematische Bestimmung: im Zuge der ökumenischen Bewegung bildeten sich vielfältige Dialoge zwischen verschiedenen Konfessionen mit dem Ziel der Einheit heute werden auch Dialoge mit Vertretern nichtchristlicher Glaubensgemeinschaften geführt 41 o Methodik: In Unterricht und Seelsorge ist eine offene Gesprächssituation als grundlegen für Kommunikation des Evangeliums anerkannt zuerst im Bereich der Katechetik realisiert Seelsorge konzentriert sich auf das Gespräch zweier Personen; hierbei sind folgende Punkte wichtig Wertschätzung Empathie und das Verbalisieren von emotionalen Gesprächsinhalten Echtheit und Kongruenz o weitere Kommunikationsformen: neue Formen der elektronischen Kommunikation; das gemeinsame Schweigen (Meditation) Predigen o Predigen ist eine, für viele Menschen wohl die charakteristischste Kommunikationsform evangelischer Kirche o methodisch kommt der Dialogizität eine Schlüsselrolle für ein angemessenes Verständnis der Predigt zu rezeptionsästhetische Perspektive ermöglich hier einen Zugang der Kasualpredigt kommt hier besondere Bedeutung zu, insofern hier der konkreten Situation besondere Bedeutung zukommt Predigen vereint sowohl das Erzählen als auch das Miteinander sprechen o Anthropologisch-kulturgeschichtliche Grundlagen: Öffentliche Reden sind in Gesellschaften wichtige Instrumente der Integration bzw. des Ringens hierum drei Funktionen der Rede: Belehren Bewegen Erfreuen o Biblische Perspektive: dass im Christentum gepredigt wird, verdankt sich der Bibel Bergpredigt (Mt 5-7) Missionsreden des Paulus/Areopagrede (Apg 17,16-34) o Systematische Bestimmungen: Eine Durchsicht durch die Predigtgeschichte in der Alten Kirche ergibt eine Pluriformität der Gestaltung und Probleme, die bis heute in die Homiletik beschäftigen: unterschiedliche Zeiten: Sonn- und feiertags, aber auch wochentags, morgens und abends unterschiedliche Länge mitunter wird die Abwesenheit der Gemeindeglieder getadelt, manchmal der große Zustrom gelobt Unruhe und Ablenkungen wurden gerügt o Reformatoren hoben die Bedeutung der Höhrer hervor; Predigt sollte der Glaubenserbauung dienen Ernst Lange: Konzept der Kommunikation des Evangeliums; Bearbeiter A (Vorarbeiten; historisches Umfeld), Bearbeiter B (setting im Gottesdienst, Interpretation gegenwärtig existentieller Fragen etc.) Umberto Eco: Theorie vom „offenen“ Kunstwerk; Theorie der „offenen“ Predigt (G.M. Martin) 42 o Methodik: Engemann zieht aus dem Grundsatz der „taktischen Ambiguität) methodische Konsequenzen für die Predigt rezeptionsästhetisch gegebene (faktische) Ambiguität, also die mehrfache Interpretationsmöglichkeit des Gehörten wird bewusst eingesetzt, um sich mit den Hörern zu verständigen: „Es geht um eine Predigt, die dem Hörer bestimmte Verstehensmöglichkeiten verweigert und andere vorschlägt, um eine Predigt, die - gehalten zwischen Sinnverweigerung und Sinngenerierung - den Hörer zu je konkreter Sinnbildung anleitet. „ eine Predigt nach Engemann muss eine klar aufgebaute, verständliche Rede sein empirische Rezeptionsforschung in der Predigt nach Schwier mit vier Hinweisen: Zuhörer erwarten „eine enge Verbindung von Bibel- und Lebensbezug“ „Verständlichkeit und Lebendigkeit“ - große Bedeutung hat die Person des Predigers kurze Predigt - 11 bis 12 Minuten insgesamt erwarten die Zuhörer eine „durch das Evangelium in Zuspruch und Einspruch ermöglichte Orientierung, Vergewisserung und Erneuerung, die wiederum ihrerseits lebenspraktische, geistige, theologische und spirituelle Aspekte besitzen und konkret freisetzen“ M. Nicol/A. Deeg: Im Wechselschritt zur Kanzel; Predigt soll mit „Moves&Structure“ aufgebaut Spannung gewinnen o Weitere Kommunikationsformen: Gesprächsgottesdienste; Kreuzverhör ZUSAMMENFASSUNG: Die wesentliche Grundlage der christlichen Kommunikation über Gott ist die Bibel. Durchweg fällt die Pluriformität der Kommunikationsmodi auf. Es ist offen, welche Bedeutung zukünftig der bisher für den Protestantismus grundlegenden Kommunikationsform des Predigens zukommen wird. Eine an überholten Vorstellungen von Kommunikation orientierte Predigt im Sinne einer autoritären Verkündigung scheint ungeeignet. Neuere homiletische Ansätze versuchen Predigt in die Kommunikationssituation einer pluralistischen Gesellschaft zu transformieren. Es wird sich zeigen, inwieweit diese Ansätze die tatsächliche Predigtpraxis reformieren und dem Predigen neue Relevanz schaffen. -Gemeinschaftliches Feiern: Kommunikation mit Gott -Insgesamt kommt bei den vorgestellten Methoden der Kommunikation des Evangeliums dem Leib große Bedeutung zu Beten o das Gebet beruht auf der Bedürftigkeit jedes Menschen, die sich in Wünschen und Bitten äußert o das Gebet drückt aber auch die Gemeinschaft des Menschen mit einem Gegenüber aus, von dem er sich Gutes erhofft und mit dem er in Kontakt zu treten versucht eine solche allgemeine Bestimmung des Betens erklärt, warum Enttäuschungen das Beten nicht zum Verschwinden bringen. Dazu weist sie auf die Dialogizität als grundlegend hin 43 o Biblische Perspektiven: Im AT vollzieht sich das Beten nicht nur verbal, sondern mit begleitenden Handlungen; im NT tritt, v.a. durch Jesus, das Bittgebet in den Vordergrund, was Jesu Botschaft von der anbrechenden Gottesherrschaft entsprach; bei Paulus wiederrum liegt das Schwergewicht auf dem Dankgebet - Bitten wurden vornehmlich in Fürbitten transformiert o Systematische Bestimmung: Im Mittelalter führte die Abkoppelung des lateinischen liturgischen Gebets vom alltäglichen Gebet der Menschen zu einer schweren Gebetskrise; Die Reformatoren betonten demgegenüber wieder den kommunikativen Charakter des Gebets; Gebet war für die Reformation als kommunikativer Vollzug der Beziehung zu Gott als Vater grundlegend neue Herausforderungen unter dem Stichwort des „interreligiösen Gebets“; Elemente können gemeinsame Stille, Annäherung im Modus des Fragens; Klage vor Gott; gemeinsame Bitte; Fürbitte für andere sein o Methodik: das Beten muss, wie jede Kommunikationsform, gelernt werden. In pädagogischer Perspektive erweist sich hier die Mimesis als wichtigste Lernform. Ein betender Mensch nimmt einen anderen, etwa sein Kind, in das eigene Beten hinein; bei kleinen Kindern ist wohl häufig der Übergang vom Tag zur Nach beim Zubettgehen der Zeitpunkt für eine erste Begegnung mit dem Beten dieses Gebet befreit von Angst und schafft Vertrauen auch die schulische Religionsdidaktik oder gemeindepädagogische Lernprozesse können der Gemeinde ein „gemeinsames“ Beten vermitteln o Weitere Kommunikationsformen: radikale Ausweitung des Gebetsverständnisses (alles auch nicht-gesprochene und gedachte ist Gebet [so schon Luther]); stumme Kontemplation; Meditation Singen o widersprüchliche Situation des Singens in der heutigen Gesellschaft „Eine selbstverständliche Singtradition ist abgebrochen, das Singen muss neu gestiftet werden.“ (Leube) Auf der anderen Seite gibt es einen Boom des Gesangs: „In KaraokeShows kann man seinem Lieblingsstar nacheifern. Gospelprojekte ziehen viele Menschen an. In Fußballstadien, bei Rockkonzerten und auf Kirchentagen lassen Menschenmassen ihre Stimmen erschallen“. Gesangsunterricht wird stärker nachgefragt. (Christa Kirschbaum) o Das Singen ist eine eigene, nicht aus dem Sprechen entstandene Ausdrucksform; Singen war stets mit Bewegung verbunden o Biblische Perspektiven: Im AT erfahren wir von der großen Macht des Singens und Musizierens (bei David, den Psalmen etc.); Paulus unterscheidet zwei Formen des Psalmengesanges, den mit „Geist“ und den mit „Verstand. Ekstatische und Verständliches stehen nebeneinander. o Systematische Bestimmungen: Luther förderte Musik in allen Spielarten. Theologisch galt sie ihm als eine Schöpfungsgabe Gottes. Der Gemeindegesang bot den wenig sprachfähigen Menschen die Möglichkeit zur aktiven liturgischen Partizipation. Auch förderte das Singen die Verbreitung von Luthers Lehre. heute ist das Singen in Kirchen „vorgeschrieben“, anhand der Liedtafeln vorne, anhand des Gesangsbuches etc. o Methodik: es bestehen einige Reformvorschläge (Pop-/Gospelmusik etc.) 44 o Weitere Kommunikationsformen: gesungene Glossolalie; Instrumentalmusik; Tanz Abendmahl feiern o Die tatsächliche Feier hatte unterschiedlichste Formen, die kaum Gemeinsamkeiten erkennen lassen: verschiedene Zugangsbedingungen unterschiedlichste Orte Zeit und Häufigkeit variierte Feiergestalt wandelte sich bis zur Unkenntlichkeit (zuerst Sättigungsmahl, heute nur Oblate und Wein) o Essen und Trinken sind lebensnotwendig. Das gemeinsame Einnehmen der Mahlzeit stiftet Gemeinschaft und Erinnerung (im Bezug auf Jesu letztes Mahl mit seinen Jüngern) o Biblische Perspektiven: Jesu letzte Mahlzeit mit seinen Jüngern kommt enorme Bedeutung zu. Es ist fraglich, ob er eine Wiederholung intendierte; Paulus arbeitet die inhaltliche Spezifizierung des Mahles heraus. Durch die Metaphorisierung des Brotes (1Kor 10,16f.) begründete er die besondere Gemeinschaft der am Mahl teilnehmenden (solidarische Gemeinschaft) o Systematische Bestimmungen: Karl-Adolf Bauer hat den im Einzelnen spannungsvollen Zusammenhang von Sinn- und Feiergestalt des Abendmahls herausgearbeitet: Das Mahl ist ein Hinweis auf die erst anbrechende Gottesherrschaft Es besteht ein Zusammenhang zwischen Abendmahl und Diakonie (in Form der Sättigung der Armen/Bedürftigen) im Abendmahl vollzieht sich eine liturgische „Zeitaufhebung“ besonders durch die Kirchengeschichte ist auch der Zusammenhang Taufe - Abendmahl wichtig geworden o Methodik: Bei der Atmosphäre der Feier geht es zentral um deren kulturelle Kontextualisierung. Die Feiernden bringen ihre sonstigen Erfahrungen mit und interpretieren das Erlebte in diesem Kontext; Die Abendmahlsfeier in einer City-Kirche nimmt übliche Formen einer Party in einer individualisierten Gesellschaft auf. Die einen essen und trinken, die andern sprechen miteinander usw.; immer noch ein Problembereich ist die Zulassung von Kindern zum Abendmahl o Weitere Kommunikationsformen: sog. euchatristische Nüchternheit (schon im 4. Jh. belegt); ZUSAMMENFASSUNG: Menschen kommunizieren mit Gott, nicht nur im Christentum. Inhaltlich zentral ist die Einstellungen der Menschen, der zu Gott in Beziehung setzende Charakter der Formen der Kommunikation mit Gott. Durch die „Erziehung des Wunsches“ ergeben sich neue kognitive Einsichten; beim Singen findet dagegen die affektive Seite ihren Ausdruck. Die vielfältigen Transformationen der Feiergestalt des Abendmahls und die unübersehbare Spannung zwischen Feier- und Sinngestalt markieren wichtige Herausforderungen praktischtheologischer Arbeit. 45 -Helfen zum Leben: Kommunikation von Gott her -Theologisch gesehen ist die Zuwendung Gottes zu den Menschen die Grundlage jeder Kommunikation mit ihm. Sie bedarf der menschlichen Vermittlung Segnen o „Segen“ scheint Hochkonjunktur zu haben (Kalender, irische Segenswünsche, etc.) o Segen bezieht sich auf die Sehnsucht des Menschen nach Wohlergehen. Von Anfang an ist bei Segen und Fluch die „Grenze zur Magie“ fließend erst die Theologisierung des Segens ermöglichte eine Grenzziehung o Biblische Perspektiven: atl. Erzählungen wissen noch von der Segens- und Fluchkraft in einem vortheologischen Sinn (Num 22-24). Ein ursprünglich familiärer Kontext muss hierbei angenommen werden (Erstgeburtssegen durch Isaak - Gen 27); im Neuen Testament werden von Jesus nur zwei Peronalbenediktionen berichtet: die Segnung der Kinder (Mk 10,16) und der Jünger beim Abschied (Lk 24,50); für Paulus wurde Christus als „Segen“ verstanden (Eph 1,3-14) o Systematische Bestimmung: zwei problematische Tendenzen in der Alten Kirche (Primat des Danks wich der Abwehr des Bösen, dem Exorzismus; die Segnenden nahmen Versatzstücke anderer Handlungen wie z.B. Weihwasser auf, um die Wirkung des Segens eigenmächtig zu verstärken); Reformatoren lehnten diese „sichtbaren“ Zeichen ab o Methodik: Traditionell - und biblisch begründet - vollzieht sich eine Personalbenediktion unter Handauflegung; sog. Sachbenediktionen sind nur Sinnvoll, wenn deren Verwendung durch Menschen im Vordergrund steht o Weitere Kommunikationsformen: eng mit dem Segen verbunden ist das Stehen, es bringt „Achtung, Aufmerksamkeit, Ehrerbietung zum Ausdruck“; Knien als weitere Form; komplementäre Kommunikationsform des Segnens ist das Fluchen (dieses Phänomen beschäftig z.B. Fantasy-Filme oder die entsprechende Literatur) Heilen o Heilen ist eine alte Kommunikationsform, die konstitutiv zur Kommunikation des Evangeliums gehört, heute aber in den deutschen Kirchen zu fehlen scheint. o Seit alters her existieren Vorstellungen von Göttern/Gott und Dämonen o Biblische Perspektiven: Im AT begegnen keine exakten Begrifflichkeiten für „krank“ oder „gesund“, es wird aber von Menschen in einem „Zustand der Schwäche, der Schlaffheit und Erschöpfung, also der irgendwie gebrochenen Lebenskraft“ (Wolff) berichtet; Im NT wird häufig von Heilungen durch Jesus berichtet, hierbei zeigt sich aber keine einheitliche Auffassung von Krankheit und Heilung; ebenso zeugt das NT von Krankensalbungen o Systematische Bestimmungen: Entsprechend der allgemeinen Tendenz zur Klerikalisierung vollzog sich im frühen Christentum eine Beschränkung des rituellen Handelns auf den Priester - bis hin zur Krankensalbung (die bis heute in der kath. Kirche ein Sakrament ist); Luther kritisierte diese Fehlentwicklung; das II. Vaticanum revidierte endlich die unbiblische Konzeption der Letzten Ölung - die Krankensalbung wurde wieder in den Vordergrund gerückt; in der anglikanischen Kirche existiert die Unterscheidung zwischen cure und healing. Sie eröffnet die Möglichkeit einer sinnvollen Kooperation mit den Ärzten 46 o Methodik: liturgisch gibt es einen vierschrittigen Aufbau von Salbungsgottesdiensten: Ssich einfinden, sich öffnen: Süren, atmen, schweigen, singen, beten Hören, dass Gott gut tut: Ansprache Erleben, dass Gott gut tut: Salbung Geleit nach draußen o Die Begegnung in der Seelsorge ist ein wichtiger Ort für die Kommunikation des Evangeliums im Modus des Heilens o Weitere Kommunikationsformen: Buße/Beichte Taufen o Kommunikation von Gott her kommt in besonderer Weise im Taufakt zur Darstellung. o Das Wasser steht im Zentrum der Taufe; es dient der Reinigung und Erfrischung. Als Quelle ermöglicht es Leben; als Urflut bedroht und zerstört es dieses o Biblische Perspektiven: christliche Taufe entstand im Kontext der zeitgenössischen jüdischen Täuferbewegung, zu der u.a. Johannes der Täufer gehörte. Die Taufe Jesu durch ihn ist eine wichtige Grundlage, ohne dass eine direkte historische Herleitung möglich ist; älteste Berichte von Taufen finden sich in der Apg; es gibt pluriforme Deutungen der Taufe T. zur Sündenvergebung in der T. wird der Heilige Geist empfangen T. vereint den Getauften mit Christus T. führt in eine neue Gemeinschaft T. wird mit Rechtfertigung und Heiligung gleichgesetzt T. verleiht die Kindschaft Abrahams T. ist eine Wiedergeburt T. ist eine „Beschneidung“ (Kol 2,11) o Systematische Bestimmung: drei problematische Reduktionen im Laufe der Zeit (nach Grethlein) Taufe verlor ihren katechetischen (bzw. pädagogischen) Kontext, als die Kindertaufe aufkam Firmung - da vom Bischof vollzogen, gewann an Bedeutung, da die Taufe „nur“ der Priester durchführte ab Ende des 12. Jh.: Kommunion der Getauften sei unnötig o Reformatoren: Luther versuchte die Taufe als von Christus gebotene Handlung in ihrer Bedeutung zu stärken und kritisierte z.B. die Sakramentalisierung der Firmung, die nominalistische Prägung von Luthers Theologie verhinderte aber eine eigenständige Würdigung der Taufsymbole Marginalisierungsprozess der Taufe schritt in Pietismus und Aufklärung voran Barth kritisierte die Kindertaufe, verbot sie aber nicht seit Ende der 1960er Jahre rückt die Frage nach einer angemessenen Taufpraxis wieder in den Mittelpunkt praktisch-theologischer Überlegungen o Methodik: fünf Glaubenssymbole machen die Taufe aus: Kreuz, Wasser, Namen, Handauflegung und Kerze; Tauferinnerung kommt ebenfalls Schlüsselbedeutung zu o Weitere Kommunikationsformen: enger Zusammenhang zwischen Taufe und Exozismus, der Absage an das Böse (abrenuntiatio diaboli) 47 ZUSAMMENFASSUNG: Während magisches Handeln versucht, zum eigenen, meist materiellen Vorteil Gott bzw. göttliche Kräfte zu instrumentalisieren, zeichnet sich die Kommunikation des Evangeliums durch ihre Dialogizität und Ergebnisoffenheit aus. Gottes Freiheit wird nicht angetastet. Differenzierung von „cure“ und „healing“ beschreibt präzise den Bereich des Heilens und die heute Herausforderung im Rahmen der evangelischen Kirchen Taufe eröffnet durch ihre Symbole einen breiten Deutungsraum, der biographie- und situationsbezogen zu profilieren und rituell zu inszenieren ist. ZUSAMMENFASSUNG DES 3. TEILS: PTh, die die Kommunikation des Evangeliums in der Gegenwart erforscht, modifiziert frühere praktisch-theologische Ansätze, die pastoraltheologisch, kirchen- oder religionstheoretisch ausgerichtet waren. Von einem solchen Ansatz Praktischer Theologie treten wichtige Herausforderungen gegenwärtiger Kommunikation des Evangeliums zu Tage: erfordert Balance zwischen Kontextualisierung und Kulturkritik Frage nach der medialen Form hinzu kommt das Problem der konfessionellen Spaltung Schließlich mündet eine auf die Kommunikation des Evangeliums bezogene PTh in die Analyse konkreter Methoden. Auffällig ist, dass den drei elementaren Kommunikationsformen des Erzählens, des Betens und des Segnens eine große Kontinuität besitzen: Sie sind kulturübergreifend und bieten so das Fundament der Kommunikation des Evangeliums und des Dialogs mit anderen Predigen, Abendmahl feiern und Taufen sind dagegen spezifisch christlich zu verorten. Hier stellt sich die Aufgabe, die jeweilige Sinngestalt in eine allgemein verständliche Feiergestalt zu transformieren Miteinander Sprechen, Singen und Heilen stehen in der Mitte: Sie werden heute zum einen in besonderen Bereichen gepflegt (Schule, Kirchenmusik, Pflege- und Gesundheitswesen), zum anderen werden sie alltagsweltlich v.a. in den Familien praktiziert Nach dem praktisch-theologischen Ansatz der Kommunikation des Evangeliums müssen junge Menschen durch das Theologie-Studium befähigt werden, die Komm. des Ev. in ihren verschiedenen Sozial-, Tätigkeits- und Ausdrucksformen vermitteln zu können. Dazu benötigen sie einen Zugang zu den biblisch-theologischen, christentumsgeschichtlichen und erfahrungswissenschaftlichen Forschungen. Eine solche mehrperspektivische Wahrnehmung ist dann die Basis für eine Förderung der zukünftigen Komm. des Ev. 48